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ForschungsVerbund Erneuerbare Energien Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven Positionspapier des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien Dieses Positionspapier wurde verfasst vom Fachausschuss „Zukunft der erneuerbaren Wärme“ des ForschungsVerbundes Erneuerbare Energien Gerhard Stryi-Hipp (Leiter des Fachausschusses, Fraunhofer ISE) Prof. Dr. Frank Baur (IZES) Frieder Borggrefe (DLR) Norman Gerhardt (Fraunhofer IWES) Dr. Andreas Hauer (ZAE) Juri Horst (IZES) Prof. Dr. Ernst Huenges (GFZ) PD Oliver Kastner (GFZ) Dr. Volker Lenz (DBFZ) Dr. Niklas Martin (FVEE) Michael Nast (ehem. DLR) Manuel Riepl (ZAE) Gunther Rockendorf (ISFH) Dr. Matthias Rzepka (ZAE) Dr. Peter Schossig (Fraunhofer ISE) Dietmar Schüwer (Wuppertal Institut) Prof. Dr. André Thess (DLR) Prof. Daniela Thrän (DBFZ) Franziska Wunschick (FVEE) Christian Wuschig (ZAE)

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ForschungsVerbund Erneuerbare Energien

Erneuerbare Energien im Wärmesektor –Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven

Positionspapier des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien

Dieses Positionspapier wurde verfasst vom Fachausschuss „Zukunft der erneuerbaren Wärme“ des ForschungsVerbundes Erneuerbare Energien

Gerhard Stryi-Hipp (Leiter des Fachausschusses, Fraunhofer ISE)Prof. Dr. Frank Baur (IZES)Frieder Borggrefe (DLR)Norman Gerhardt (Fraunhofer IWES)Dr. Andreas Hauer (ZAE)Juri Horst (IZES)Prof. Dr. Ernst Huenges (GFZ)PD Oliver Kastner (GFZ)Dr. Volker Lenz (DBFZ)Dr. Niklas Martin (FVEE)Michael Nast (ehem. DLR)Manuel Riepl (ZAE)Gunther Rockendorf (ISFH)Dr. Matthias Rzepka (ZAE)Dr. Peter Schossig (Fraunhofer ISE)Dietmar Schüwer (Wuppertal Institut) Prof. Dr. André Thess (DLR)Prof. Daniela Thrän (DBFZ)Franziska Wunschick (FVEE)Christian Wuschig (ZAE)

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Impressum

Herausgeber

ForschungsVerbund Erneuerbare Energien (FVEE) Renewable Energy Research AssociationBüro Berlin-Mitte: Anna-Louisa-Karsch-Str. 2 • 10178 Berlin • Tel.: 030 288-7565-71Büro Berlin-Adlershof: Kekuléstr. 7 • 12489 Berlin • Tel.: 030 8062-17138E-Mail: [email protected] • www.fvee.de

Layout, Grafik

Hoch3 GmbH – Design- und Werbeagentur

Druck

Bonifatius GmbH – Druck I Buch I Verlag

Berlin, September 2015

Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven

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Inhalt

Das Wichtigste in Kürze .......................................................................................................... 4

1 Einführung und Zielsetzung .............................................................................................. 6

2 Zielsetzungen und Sachstand des regulatorischen Rahmens ........................................... 6

3 Charakteristik des Wärme-/Kältemarktes .......................................................................... 8

4 Wärme- und Kälte-Technologien: Aufgaben, Marktdurchdringung und Potenziale ........ 9

4.1 Solarthermie ................................................................................................................. 9 4.2 Biomasse .................................................................................................................... 11 4.3 Wärmepumpen ........................................................................................................... 14 4.4 Kälte .......................................................................................................................... 15 4.5 Tiefengeothermie ........................................................................................................ 17

5 Wärme- und Kälte-Systemkomponenten: Aufgaben, Marktdurchdringung und Potenziale ................................................................................................................. 18

5.1 Systemintegration von Wärme-/Kältetechnologien .............................................................. 18 5.2 KWK ................................................................................................................................... 19 5.3 Wärmespeicher ................................................................................................................... 20 5.4 Heizen mit EE-Strom/Power to Heat (PtH) ........................................................................... 22 5.5 Wärmenetze und kommunale Wärmepläne ........................................................................ 22

6 Empfehlungen für den Ausbau nachhaltiger Wärme- und Kälte-Technologien ............. 23

6.1 Technologieübergreifende Empfehlungen ........................................................................... 23 6.2 Systemintegration von Wärme-/Kältetechnologien .............................................................. 24 6.3 Solare Wärme ..................................................................................................................... 25 6.4 Biomasse ............................................................................................................................ 26 6.5 Wärmepumpen ................................................................................................................... 28 6.6 Kälte ................................................................................................................................... 28 6.7 Tiefengeothermie ................................................................................................................ 28 6.8 KWK ................................................................................................................................... 28 6.9 Wärmespeicher ................................................................................................................... 29 6.10 Power to Heat (PtH) ............................................................................................................ 30 6.11 Wärmenetze und kommunale Wärmepläne ........................................................................ 30

7 Fazit ................................................................................................................................. 30

Positionspapier des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien

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Die Energiewende ist bislang stark stromfokussiert,obwohl sie nur als Strom-, Wärme- und Mobilitäts-wende erfolgreich sein kann. Trotz großer Potenzialeim Bereich Effizienz und erneuerbare Energien weistdie Wärmewende in den letzten Jahren kaum Fort-schritte auf. Im Jahr 2014 hatten die erneuerbarenEnergien in Deutschland einen Anteil von 10,9 % ander gesamten Wärmeversorgung im Gegensatz zu26,2 % an der Brutto-Stromversorgung.

Allerdings ist die Energiewende im Wärmesektor auchwesentlich schwieriger umsetzbar als im Stromsektor.Denn in Bezug auf Technologien, Marktstrukturen,Akteursvielfalt und Kostenstrukturen weist der Wär-mesektor eine deutlich größere Heterogenität als derStromsektor auf, was die Umsetzung einer effizientenPolitik erschwert. Mittlerweile liegen umfangreichePraxiserfahrungen mit Politikinstrumenten im Wär-mesektor vor, so dass die Umsetzung einer erfolgrei-chen Wärmewende mit einer adäquaten, berechen-baren, konsistenten und konsequenten Politikmöglich ist.

Im Interesse einer erfolgreichen Umsetzung der Ener-giewende plädiert der FVEE für eine deutliche Stär-kung des Wärmesektors in der Energiepolitik und dieUmsetzung einer entschiedenen und langfristig an-gelegten Politik der Wärmewende, die den besonde-ren Anforderungen des Wärmesektors gerecht wird.Diese muss auf einer fundierten Analyse aufbauenund den spezifischen Bedingungen im Wärmesektorgerecht werden.

Als Beitrag zu einer fundierten Diskussion über ad-äquate Politikinstrumente in der Wärmewende hatder FVEE mit seinen Mitgliedsinstituten das vorlie-gende Positionspapier erstellt. Dieses gibt einen um-fassenden Überblick über die Herausforderungen undHandlungsoptionen im Wärmesektor und bietetdamit eine wichtige Orientierung. Das Papier dientzur Standortbestimmung, kann aber fundierte Stu-dien nicht ersetzen, die für ein vertieftes Verständnisdringend erforderlich sind.

Das FVEE-Positionspapier stellt die möglichen Lösungs -ansätze im Wärmemarkt vor und beschreibt die Rolleder wichtigsten Technologien, die für eine nachhal-tige Wärmeversorgung erforderlich sind: Solarther-mie, Biomasse, Wärmepumpen und Tiefengeother-mie. Auch die Kälteversorgung mit erneuerbarenEnergien wird diskutiert. Weiter geht das Papier aufdie Herausforderungen in der Systemintegration unddie Systemtechnologien ein: Kraft-Wärme-Kopplung(KWK), Wärmespeicher, Heizen mit EE-Strom sowieWärmenetze und kommunale Wärmepläne. Unter

Berücksichtigung der Entwicklungspotenziale dieserTechnologien liefert das Papier Empfehlungen für dieWärmewende.

Eine erfolgreiche Wärmewende muss insbesondereden spezifischen Bedingungen des Wärmemarktesgerecht werden. Dieser ist geprägt von einer großenHeterogenität und hohen Komplexität, was Eigen -tümer und Betreiber, Heiztechnologien und Anlagen-größen, sowie Gebäudetypen und Anwendungs -felder angeht. Dabei ist seine künftige Entwicklungstark von externen Faktoren abhängig, beispielsweiseder Entwicklung fossiler Energiepreise, den Entwick-lungen im Stromsektor (Power to heat) und den Fort-schritten bei der Gebäudeeffizienz. Eine große Her-ausforderung stellt auch die Infrastrukturfrage dar,denn im Gegensatz zum Stromsektor sind verschie-dene Infrastrukturlösungen möglich, beispielsweiseeine dezentrale Beheizung mit Biogas (Gasnetz), Wärmepumpen (Stromnetz) oder Holz kombiniertmit Solarwärme sowie eine zentrale Wärmeversor-gung mit Kraft-Wärme-Kopplung (Nahwärmenetze).Aufgrund der fehlenden Sicherheit künftiger Entwick-lungen sind Infrastrukturentscheidungen im Wärme -sektor mit einem hohen Investitionsrisiko behaftet.Weiter erschweren die starken saisonalen Wärme -bedarfsschwankungen eine verstärkte Nutzung vonStrom im Wärmesektor.

Eine erfolgreiche Wärmewende erfordert:

• sowohl eine verstärkte Politik zum Ausbau erneu-erbarer Energien und der Umsetzung vonEffizienz maßnahmen, als auch eine verstärkte Forschungsförderung, um die großen Technolo-giepotenziale zu heben,

• sowohl marktstimulierende als auch regulatori-sche Maßnahmen,

• die Erarbeitung eines langfristig angelegten Transformationskonzeptes und einer berechen -baren und verlässlichen Förderpolitik, um die not-wendige Investitionssicherheit herzustellen,

• konkrete und differenzierte Zielsetzungen, um derHeterogenität der Marktakteure, Investoren undTechnologien gerecht zu werden und

• eine wissenschaftlich fundierte Bewertung derZiel- und Handlungsoptionen und die Erarbeitungeines Konsenses, wie das angestrebte Zielsystemstrukturiert und der Transformationsprozess ge-staltet werden soll.

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Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven

Das Wichtigste in Kürze

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Anforderungen an die Förderpolitik sind:

• stärkere Adressierung des Gebäudebestands durchAnreize oder durch Pflichten, zur signifikanten Erhöhung der energetischen Sanierungsrate auf3% pro Jahr,

• Abgleich, Harmonisierung und Vereinfachung derverschiedenen regulatorischen Instrumente imWärme- und Kältemarkt (EEWärmeG, EnEV, etc.),

• regelmäßige Überprüfung der Praxistauglichkeitund Wirksamkeit der Instrumente,

• Verpflichtung zur Prüfung der Nutzung erneuer-barer Energien für Gebäudeeigentümer, die ihreWärmeanlagen modernisieren, inklusive einer Prü-fung der Option Nahwärmeversorgung,

• stärker ertragsorientierte Ausgestaltung der För-derinstrumente, verbunden mit der Ausstattungder EE-Wärmeerzeugungsanlagen mit Messein-richtungen zur Effizienz- bzw. Ertragskontrolle,

• verpflichtende Erstellung von Gebäudesanierungs-fahrplänen und

• wissenschaftlich fundierte Erarbeitung von Aus-bauplänen für Nahwärmenetze mit EE und KWKund Entwicklung von politischen Instrumenten zurUmsetzung derselben.

Der Wärmesektor bedarf einer verstärktsystemischen Betrachtung:

• Ein integriertes Energiekonzept für Wärme, Kälte,Strom und Mobilität unter Berücksichtigung mög-licher Effizienzfortschritte ist zu entwickeln, ausdem die Ziele für den Wärmesektor abzuleitensind. Denn eine optimierte nachhaltige Wärme-versorgung hängt von der Ausgestaltung desStrom- und Mobilitätssektors ab.

• Auch eine nachhaltige Wärmeversorgung wirddurch eine Lösungsvielfalt für unterschiedliche Anwendungstypen, Größenklassen, Investorenetc. geprägt sein. Es sind deshalb Konzepte zur Systemintegration zu entwickeln, die diese Vielfaltermöglichen und daraus Vorteile gewinnen.

• Die Kopplung des Strom- und Wärmesystemsnimmt kontinuierlich zu, wobei die Perspektivenund Auswirkungen bislang nicht bekannt sind. Essind deshalb wissenschaftliche Studien erforder-lich, die die mögliche Rolle des Stromsektors imWärmemarkt untersuchen und fundiert bewerten.

• Es ist zu prüfen, inwieweit die bisher eher auf Einzelanlagen ausgerichteten Fördermaßnahmendurch systemtechnische Ansätze ergänzt werdenkönnen.

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Positionspapier des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien

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Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven

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Die Bundesregierung strebt bis zum Jahr 2050 einweitgehend CO2-neutrales, auf erneuerbaren Ener-gien aufbauendes Energiesystem an. Dies kann nurerreicht werden, wenn nicht nur im Stromsektor, son-dern mit vergleichbarer Intensität auch in den Sekto-ren Wärme/Kälte sowie Verkehr eine grundlegendeTransformation stattfindet.

Der Sektor Wärme/Kälte ist seit 2008 nahezu unver-ändert für mehr als die Hälfte (57–59%) des Endener-gieverbrauchs verantwortlich 1. Dennoch hat die Po-litik für den Wärme-/Kältesektor relativ bescheideneZiele zum Ersatz der fossilen Wärmequellen durch erneuerbare Energien gesetzt. So soll der Anteil dererneuerbaren Energien (EE) von 9,8 % im Jahr 2012auf 14% im Jahr 2020 gesteigert werden.

Trotzdem ist es unsicher, ob im Bereich Wärme auf-grund der bescheidenen Marktentwicklung die fürdas Jahr 2020 gesetzten Ziele tatsächlich erreichtwerden.

Das vorliegende FVEE-Positionspapier will einen Bei-trag zur Weiterentwicklung des Wärme-/Kältemarktesim Gebäudesektor2 leisten, indem es die Komplexitätund die Heterogenität des Wärme/Kälte- Sektors, dieHerausforderungen und zu überwindenden Barrierenbei seiner Transformation und mögliche Lösungsan-sätze vorstellt. Es erläutert die Rolle der einzelnenTechnologien und deren Entwicklungsbedarf undgibt Empfehlungen zur Weiterentwicklung. Der FVEEwill damit zu einer Versachlichung und Intensivierungder Diskussion im Wärme-/Kältemarkt beitragen, umdie Markteinführung der EE zu beschleunigen unddie Energieeffizienz3 zu steigern.

1 Einführung und Zielsetzung

Der Gesetzgeber verfolgt das Ziel, bis 2050 einen klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen. Des-halb muss durch Auflagen und Anreizsysteme derWärmebedarf von Gebäuden signifikant gesenkt unddie Wärmebereitstellung weitgehend auf EE umge-stellt werden. Eine wesentliche Herausforderung fürdie Gestaltung des regulatorischen Rahmens im Wär-mebereich liegt sowohl in der großen Vielfalt dertechnischen Wärmeversorgungsoptionen als auchder Heterogenität des Gebäudebestands und der Eigentümer und Betreiber. Anders als im Stromsektor,wo das elektrische Netz einen direkten Zugang zuallen Akteuren bietet, ist die Steuerung des Wärme-sektors durch ein einfaches System wie das EEG nichtmöglich. Dies hat zu einer großen Komplexität desregulatorischen Rahmens im Wärmemarkt geführt. Auf Bundesebene werden die EE im Wärmebereichseit Mitte der 1990er-Jahre durch Zuschüsse imMarktanreizprogramm (MAP) und dessen Vorläuferngefördert, später kamen zinsgünstige Darlehen derKfW hinzu. Im Neubau wurden diese seit 2009 durcheine Nutzungspflicht gemäß dem Erneuerbare-Ener-gien-Wärmegesetz EEWärmeG ersetzt. In Baden-

Württemberg gilt seit 2010 das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWärmeG) mit einer Nutzungspflicht auchbei Heizanlagenaustausch. Die Energieeinsparverord-nung (EnEV) setzt Anreize zur Nutzung erneuerbarerEnergien, indem der fossile Gesamtprimärenergie -bedarf eines Gebäudes begrenzt wird.

EEWärmeG

Das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG)ist zum 1. Januar 2009 in Kraft getreten und formuliertdas Ziel, den Anteil der erneuerbaren Energien amEndenergieverbrauch für Wärme und Kälte bis 2020auf 14 % zu steigern. Der Anteil erreichte 8,9 % imJahr 2010 und 9,9 % im Jahr 20144. Das Gesetz ver-pflichtet Bauherren von Neubauten, einen Mindestan-teil der Wärmeversorgung durch erneuerbare Energienbereitzustellen. Alternativ erkennt das Gesetz auch Ersatzmaßnahmen zur Reduzierung des Energiebe-darfs im Gebäudebereich an: Nutzung von Abwärme,zusätzliche Dämmmaßnahmen, Wärmeversorgungaus Fernwärmenetzen oder Kraft-Wärme-Kopplung.

2 Zielsetzungen und Sachstand des regulatorischen Rahmens

1 Zahlen für 2013: 29,6% Raumwärme/-kälte, 5,5% Warmwasser, 22,8% Prozesswärme/-kälte, Quelle: ARGE Energiebilanzen.2 Das vorliegende Papier konzentriert sich auf die Deckung des Gebäudewärme- und -kältebedarfs mittels erneuerbarer Energien. Zweifelsfrei ist

Prozesswärme- und kälte ebenfalls ein sehr wichtiges Thema, soll hier jedoch aufgrund der speziellen Anforderungen an Technik und Integrationsowie der anders gearteten Anforderungen von Seiten der Akteure (z. B. Unternehmen als Investoren) nur am Rande behandelt werden.

3 Wenn im folgenden Text von einer „nachhaltigen Wärmeversorgung“ die Rede ist, so bezeichnet dieser Begriff eine klimafreundliche, auf erneuer -baren Energien und Energieeffizienz basierende Wärmeversorgung.

4 Quelle: Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat) im Auftrag des BMWi, 25.03.2015

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Positionspapier des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien

Der Ende 2012 vorgelegte Erfahrungsbericht zum EEWärmeG untersucht sowohl die Nutzung von erneuerbaren Energien und Ersatzmaßnahmen imNeubau als auch die Nutzung von erneuerbarenEnergien im Wärmemarkt insgesamt. Evaluiert wurdeder Zeitraum zwischen 1. Januar 2009 und 31. De-zember 2011. Die Erreichung des 14 %-Zieles wirdim Erfahrungsbericht als „unsicher“ bezeichnet. Ausdem Erfahrungsbericht geht hervor, dass der Einsatzvon erneuerbaren Energien v. a. im Neubau zwareine wachsende Rolle spielt, im Gebäudebestandaber kaum voran kommt. Die im EEWärmeG mögli-chen „Ersatzmaßnahmen“ werden im Neubau sehrhäufig angewendet, vor allem Effizienzmaßnahmen.

MAP

Im Gebäudebestand ist das Marktanreizprogramm(MAP) das zentrale Förderinstrument für Investitio-nen in erneuerbare Energien zur Deckung des Be-darfs an Wärme und Kälte. Durch das MAP werdenunter Beachtung des im EEWärmeG vorgegebenengesetzlichen Rahmens erneuerbare Energien imWärme- und Kältemarkt finanziell gefördert. Aufgabedes MAP ist es, im Interesse des Klimaschutzes undder begrenzten Verfügbarkeit fossiler Energieressour-cen zu einer nachhaltigen Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien beizutragen. Es ist somit einwichtiges Instrument zur Zielerreichung im Wärme-bereich.

Das für Förderungen zur Verfügung stehende staat -liche Budget hatte in den vergangenen Jahren ein Volumen von ca. 350 Mio. Euro pro Jahr. Die Förder-zuschüsse wurden zu etwa gleichen Teilen durch dasBundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle(BAFA) und die KfW vergeben. Das BAFA fördert diekleineren Anlagen mit direkten Investitionszuschüs-sen und die KfW die größeren Anlagen durch kosten-günstige Kredite mit Teilschulderlass. Seit Beginn derMAP-Förderung im Jahr 1999 wurden über 1,7 Mio.Anlagen mit insgesamt ca. 2,1 Mrd. Euro gefördertund Investitionen in Höhe von über 20 Mrd. Euro angestoßen. Den großen Erfolgen des MAP standenin der Vergangenheit immer wieder auch Engpässein der Mittelbereitstellung wegen zu geringer oderzu spät freigegebener Budgets gegenüber, wasmehrfach zu einem für die Branche schädlichen„Stop and Go“ führte.

EnEV

Die Energieeinsparverordnung (EnEV) trat im Februar2002 in Kraft und ersetzte damals die gültige Wär-meschutzverordnung von 1995 sowie die Heizungs-anlagenverordnung von 1998. Erstmalig wurde mitihr ein ordnungspolitisches Instrument im Gebäude-sektor eingeführt, das sowohl die Effizienz der Ge-bäudehülle als auch die der Anlagentechnik adres-siert. Die Anforderungen der EnEV sind differenziertnach Neubau und Bestandsgebäude (bei Sanierung)sowie nach Wohn- und Nichtwohngebäuden. Je nachangewandtem Berechnungsverfahren müssen be-stimmte Grenzwerte bei den Bauteilen (max. U-Wertebeim Bauteilverfahren) oder beim Primärenergiebe-darf des Gesamtgebäudes (max. QP,Ref -Werte undmax. Transmissionswärmeverlust H’T beim Referenz-gebäudeverfahren) eingehalten werden. Bei der Einhaltung der geforderten maximalen Primärener-giebedarfe besteht weitgehend Wahlfreiheit, ob siedurch gute Dämmung, durch effiziente (KWK, Wär-merückgewinnung ...) oder durch erneuerbare Anlagentechnik realisiert wird.

Die EnEV wurde vielfach novelliert. Bis einschließlichSeptember 2009 waren ihre Anforderungen, gemes-sen an den Effizienzpotenzialen und dem Stand derTechnik, relativ schwach. Erst mit der EnEV 2009 und2014 (die z. T. erst 2016 wirksam wird) wurden Stan-dards gesetzt, die in Richtung „Niedrigenergiehaus“gehen. Bemerkenswert ist die mehrfache und zuletztrelativ starke Absenkung der in der EnEV definiertenPrimärenergiefaktoren für Strom5, die in hohemMaße strombasierte Heizungstechnologien begüns -tigt.

2016 soll die EnEV erneut novelliert werden unddabei europäische Vorgaben umsetzen, u. a. die Ein-führung des Niedrigstenergiegebäudestandards füröffentliche Gebäude (ab 2019) und für private Ge-bäude (ab 2021) nach der EU-GebäuderichtlinieEPBD vom 19. Mai 2010. Im Zuge der EnEV-Novelleplant das BMUB, die Verordnung besser mit dem EEWärmeG abzugleichen.

Ausblick

Vor dem Hintergrund der hohen Komplexität imWärmemarkt empfiehlt es sich, die Weiterentwick-lung regulatorischer Instrumente auf Basis eineslangfristigen Gesamtkonzepts für die Wärmeversor-gung zu führen. Die Bundesregierung plant dement-sprechend. Das BMWi hat in seiner 10-Punkte-Ener-gie-Agenda vom Juni 2014 angekündigt, bis Ende2015 eine umfassende Gebäudestrategie zu verab -schie den.6

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5 Der Faktor wurde schrittweise von 3,0 (EnEV 2002) auf 2,7 (EnEV 2007), 2,6 (EnEV 2009), 2,4 (EnEV 2014) sowie 1,8 (im Jahr 2016) gesenkt.6 BMWi, Zentrale Vorhaben Energiewende für die 18. Legislaturperiode (10-Punkte-Energie-Agenda), Berlin, Juni 2014

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Der Wärme-/Kältemarkt weist eine Reihe von Charak-teristiken auf, die ihn vom Strommarkt deutlich un-terscheiden und seine Steuerung erschweren:

• Er ist geprägt von einer großen Heterogenitätund hohen Komplexität, was die Eigentümer undBetreiber, die Heiztechnologien und Anlagengrö-ßen sowie die Gebäudetypen betrifft, in denendie Anlagen eingesetzt werden.

• Er weist eine sehr starke Abhängigkeit von derEntwicklung global geprägter fossiler Energie-preise (Erdgas, Erdöl) auf, die nicht verlässlichprognostizierbar sind.

• Er weist eine kontinuierlich zunehmende Ver-schränkung mit dem Stromsektor auf durch densteigenden Einsatz von Wärmepumpen, Kraft-Wärme-Kopplung und Power-to-Heat-Techno -logien, sodass Lösungsansätze für das Strom-Wärme-System gefunden werden müssen.

• Der künftige Wärmebedarf und die Heiztechnikhängen vom künftigen Stand der Gebäude -effizienz ab. Der Gebäudebestand bietet große Potenziale zur Reduktion des Wärmebedarfs,deren Erschließung jedoch kapitalintensiv ist undin vielen Millionen Einzelobjekten jeweils ange-passt erfolgen muss. Die Umsetzung erfolgt inder Regel durch das lokale Handwerk.

• Der künftige Wärmemarkt ist mit unterschied -lichen Infrastrukturen denkbar. In Frage kommendezentrale Beheizung mit Biogas (Gasnetz), Wärmepumpen (Stromnetz) oder Holz kombi-niert mit Solarwärme sowie zentrale Wärme -versorgung mit Kraft-Wärme-Kopplung (Nahwär-menetze). Unsicherheiten über den künftigenWärmemarkt und die Entwicklung fossiler Ener-giepreise führen dazu, dass langfristige Infrastruk-turentscheidungen (Bau von Nahwärme- undGasnetzen) mit einem hohem Investitionsrisikobehaftet sind.

• Der Ausbau der EE in der Wärmeversorgung mussdie Nutzungsgrenzen von Biomasse, tiefer Geo-thermie und Solarthermie berücksichtigen.

• Die starken saisonalen Bedarfsschwankungen fürWärme erschweren eine verstärkte Nutzung vonStrom im Wärmesektor.

Darüber hinaus prägen individuelle Gewohnheiten,Werte und Einstellungen die Entscheidungen von Gebäudeeigentümern für oder gegen den Einsatz erneuerbarer Wärme:• Im Altbaubestand mit vielfach ineffizienten, aber

noch funktionierenden Heizanlagen werden Ge-

bäude oft erst bei Besitzerwechsel saniert oderwenn veraltete Technologien ausfallen. Diese Gewohnheiten sind mit den bestehenden regu-latorischen Maßnahmen kaum zu beeinflussen.

• Fehlendes Wissen und negative Einstellungen vonGebäudeeigentümern gegenüber dem Sanie-rungsaufwand, der Ästhetik, der Funktionalität,der Komplexität, der Wirtschaftlichkeit und denKosten erneuerbarer Wärmetechnologien wirkender Entscheidung für eine energetische Sanierungentgegen.

• Das Unabhängigkeitsstreben eines Teils der Ver-braucher („persönliche Energieautarkie“) undökologisch motivierte Investitionsentscheidungensind nennenswerte Treiber, jedoch in einigenTechnologiebereichen zu schwach verbreitet, umden Markt spürbar zu beeinflussen.

Sozio-ökonomische Effekte beeinflussen das Inves ti -tionsverhalten im Wärmemarkt entscheidend. Gebäu-deeigentümer bzw. Bauherren wägen mit dem vor-handenen Wissen ab, ob sich eine Investition inerneuerbare Wärmetechnologien lohnt und ob ausrei-chend Kapital vorhanden ist. Sind diese Bedingungennicht erfüllt, wird die Sanierungsinvestition entwederzugunsten fossiler Wärmetechnologien getroffen odergar nicht realisiert. Das hat folgende Gründe:

• Fehlendes Wissen über die Wirtschaftlichkeit resultiert in Unsicherheit der Entscheider über die„richtige“ Wahl des Energieträgers bzw. Versor-gungssystems und den richtigen Zeitpunkt der Sanierung.

• Diskontinuität in der Förderung erhöht diese Unsicherheit der Sanierungsentscheidung.

• Die Eigentumsstruktur des Wohnungsbestands inDeutschland (Mietquote ca. 53 %7) dämpft dieDynamik energetischer Sanierungen: Sanierungs-bedingte Mietkostenerhöhungen, die nicht ingleichem Umfang durch eingesparte Nebenkos -ten kompensiert werden, bedeuten für viele Mieter eine finanzielle Überforderung. Deshalbregelt der gesetzliche Rahmen, dass Vermieter dieKos ten für energetische Sanierungen nur be-grenzt an die Mieter weitergeben können. Für die Wohnungseigentümer mindert dies die Wirt-schaftlichkeit der Investition.

• Der energetische Standard eines Gebäudes (Gebäudehülle) hat Einfluss auf die Effizienz undWirtschaftlichkeit der Anlagentechnik. So unter-scheidet sich ein (unsaniertes) Bestandsgebäudevon einem Neubau z. B. durch einen höheren

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Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven

3 Charakteristik des Wärme-/Kältemarktes

7 Statistisches Bundesamt: Mikrozensus – Zusatzerhebung 2010: „Bestand und Struktur der Wohneinheiten – Wohnsituation der Haushalte“, Abbildung 4

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Kapitel 4 fasst die aktuelle Situation und die Poten-ziale der wesentlichen Wärme-/Kältetechnologien aufder Basis erneuerbarer Energien zusammen. Die dar-aus resultierenden Empfehlungen folgen im Kapitel 6.

4.1 Solarthermie

Aufgabe, Wechselwirkungen und Perspektiven im Strom-Wärme-SystemSolarthermische Anlagen wandeln Sonnenlicht inWärme um, die meist zur Trinkwassererwärmung undzur Unterstützung der Raumheizung von Wohnge-bäuden genutzt wird. Die Solarthermie spart ohneweitere infrastrukturelle Voraussetzungen wie z. B.Stromnetzausbau oder umfassende Gebäudemaß-nahmen fossile Brennstoffe und Biomasse ein undvermeidet den sommerlichen Verbrauch von Gas undÖl für Niedertemperaturwärme weitgehend. Solar-wärme kann auch in Wärmenetze eingespeist und fürindustrielle Anwendungen genutzt werden, wobeidie Technik jeweils anzupassen und zu beachten ist,dass bei steigendem Bedarfstemperaturniveau die Solarwärmeerträge sinken.

Solarthermie benötigt in Mitteleuropa immer eineZusatzwärmequelle oder einen ausreichend großenWärmespeicher (Saisonalspeicher) zur Versorgung instrahlungsarmen Zeiten. Grundsätzlich können Son-nenkollektoren mit allen anderen gebäudetypischen

Wärmeerzeugern kombiniert werden. Da die Investi-tionskosten der restlichen Wärmeanlage in der Regelnicht reduziert werden können, muss sich die Wirt-schaftlichkeit allein durch die Endenergieeinsparungergeben, was bislang in vielen Fällen nur schwer erreichbar ist.

In Wohngebäuden ist Solarthermie eine wesentlicheMaßnahme zur Energieeinsparung im Wärmebereich,da sie problemlos 60 % des Energiebedarfs zur Trink-wassererwärmung deckt. Energieeffiziente Gebäudesollten daher nur in Ausnahmefällen auf solare Wärmeverzichten. Mit den etwas teureren Kombianlagenkann auch die Raumwärmebereitstellung unterstütztwerden. Sogenannte Solaraktivhäuser mit solaren Deckungsanteilen über 50 % am Gesamtwärmebedarfsind neben Passivhäusern ein möglicher Lösungswegfür die von der EU bis 2021 für den Neubau geforder-ten Niedrigstenergiegebäude.

Die Einspeisung von Solarwärme in Nahwärmenetzeermöglicht die solare Versorgung von Gebäudenohne geeignete Dachflächen und die Installation vongroßen Wasserspeichern, die als saisonale Wärme-speicher hohe solare Deckungsanteile ermöglichen.Anlagen in Dänemark zeigen, dass dies zu relativgünstigen Kosten realisiert werden kann. Solare Nah-wärme kann auch den Betrieb von Kraft-Wärme-Kopp lungsanlagen (KWK-Anlagen) optimieren helfen,da diese bei Stromüberschuss im Sommer abgeschal-

Wärme- und Leistungsbedarf und höhere Vorlauf-temperaturen.

• Die Wohnungswirtschaft ist räumlich inhomogenstrukturiert. Einerseits sind in einigen Regionen(z. B. des Ruhrgebietes oder im Osten Deutsch-lands) die Akteure mit den gesetzlichen Anforde-rungen zur energetischen Sanierung (EnEV) bzw.mit der Integration erneuerbarer Wärme oft finanziell überfordert. In Regionen mit hohenMietpreisen und -erträgen, insbesondere in denzentralen Metropolen, ist zwar das Kapital fürenergetische Sanierungen vorhanden, oftmals istaber wegen der bereits hohen Mieten die weitere Anhebung (der Kaltmiete) nicht mehr sozialverträglich möglich.

In Gebieten mit hohem Nachfragedruck auf demWoh nungsmarkt sind die Mieten schon jetzt so starkgestiegen, dass sehr aufwändige energe tische Sanie-rungen negative soziale Auswirkungen mit sich brin -gen können.

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Solarthermie-Anlage© BSW

Positionspapier des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien

4 Wärme- und Kälte-Technologien: Aufgaben,Marktdurchdringung und Potenziale

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tet werden können. Eine zunehmende Bedeutungder Solarthermie wird künftig in der Prozesswärme -erzeugung erwartet, da hier wie bei der Trinkwasser-bereitung ein ganzjährig konstanter Wärmebedarfbesteht und Skaleneffekte durch größere Anlagen er-zielt werden können. Hemmend wirken dabei bislangjedoch die Vielzahl divergierender Prozessabläufesowie hohe Anforderungen an die Rentabilität.

Die Photovoltaik (PV) wies in den letzten 10 Jahrensehr starke, die Solarthermie dagegen nur geringe Kostensenkungen auf, weshalb die Nutzung der PVals Alternative zur Solarthermie auch für die Wärmeer-zeugung interessant geworden ist. Zu berücksichtigenist hierbei, dass bei direkter Wärmeerzeugung mit Solarstrom die PV-Anlage etwa die dreifache Flächeeiner solarthermischen Anlage benötigt. Dieser Flä-chenvorteil entfällt allerdings, wenn der PV-Strom eineWärmepumpe antreibt, dann sind allerdings die zu-sätzlichen Investitions kosten zu berücksichtigen. Aufvielen Dächern von Ein- und Zweifamilienhäusernkann genügend Solarstrom erzeugt werden, um denJahreswärmebedarf des Gebäudes bei guter Däm-mung mit einer Wärmepumpe rechnerisch zu decken.Diese Deckung stellt sich aber nur in der Jahresbilanzein, weil die Solarstromerzeugung überwiegend imSommerhalbjahr anfällt und der Wärmebedarf, derdurch die Wärmepumpen gedeckt werden soll, über-wiegend im Winterhalbjahr. Deshalb ist ein massiverAusbau von PV plus Wärmepumpen nur dann system-kompatibel, wenn andere (nachhaltige) Stromquellendie Stromunterversorgung im Winter und neueStromlasten (z. B. Power-to-Gas) das Stromüberange-bot im Sommer ausgleichen. Da der Ertrag einer PV-Anlage nicht vom Temperaturniveau des zu ver-sorgenden Prozesses abhängt, hat diese einen Vorteilbei der Prozesswärmeversorgung. Dies macht deut-lich, dass ein Vergleich von Solarthermie und Photo-voltaik in der Wärmeversorgung eine umfassende Systembewertung erfordert.

Solarstrahlung spielt eine wichtige Rolle in nachhal-tigen Energiesystemen, da sie dezentral und nahezuunbegrenzt zur Verfügung steht. Um sie deutlich stär-ker in solarthermischen Systemen zu nutzen, müssenin erster Linie der Sanierungsstau im Heizungskelleraufgelöst und Kostensenkungen realisiert werden. Dadie industrielle Kollektorproduktion bereits deutlichoptimiert wurde, müssen die Kostensenkungen vorallem durch Optimierung und Vereinfachung der Systemtechnik sowie durch reduzierten Vertriebs-und Montageaufwand realisiert werden.

Um deutlich höhere Solarthermieanteile in der Wär-meversorgung zu erreichen, müssen darüber hinausdie solaren Deckungsanteile in den Gebäuden erhöhtwerden und Marktsegmente mit bislang geringemVolumen (v. a. Mehrfamilienhäuser und industrielleProzesswärme) entwickelt werden. Darüber hinaus ist

zu untersuchen, wie das Erfolgsmodell der großen so-larthermischen Freiflächenanlagen in Dänemark aufDeutschland übertragen werden kann. Weiterhin istdie Verfügbarkeit geeigneter Flächen in Deutschlandspezifisch zu analysieren (vgl. Diskussion um PV-Frei-flächenanlagen).

Marktdurchdringung der solaren WärmeDer Markt der Solarwärmeanlagen hat sich seit demJahr 2008 etwa halbiert. Im Jahr 2013 wurden ca. 1 Mio. m2 Solarkollektoren installiert, im Jahr 2014schrumpfte der deutsche Markt nochmals um ca.10%. Eine Besserung zeichnet sich aktuell nicht ab.Das hat vor allem folgende Ursachen:

• Die Solarthermie ist eine Zusatzwärmequelle, diesich über Brennstoffeinsparungen refinanzierenmuss. Bei den heutigen Preisen für Solaranlagenund den immer noch relativ günstigen fossilenEnergien wird die Wirtschaftlichkeit meist nichterreicht.

• Für Neubauten wählt nur eine Minderheit derBauherren Solarthermie zur Erfüllung der Pflich-ten gemäß EEWärmeG.

• Die Förderquote von ca. 15 % an der Investitions-summe im Rahmen des Marktanreizprogrammsstellt für die Hausbesitzer unter den aktuellenRandbedingungen keinen ausreichenden Anreizdar. Bei Mehrfamilienhäusern besteht zudem dasHemmnis, dass die Investitionskosten oft nichtvollständig bzw. nicht ohne Probleme vom Eigen-tümer auf die Mieter umgelegt werden können.

• Die zunehmende Komplexität von Heizungsanla-gen erhöht die Anforderungen an das installie-rende Handwerk, das mit Nachwuchsproblemenzu kämpfen hat. Dies erhöht tendenziell die Män-gelhäufigkeit und senkt die Installationsbereit-schaft. Zudem sind häufig in anderen Handwer -kerbereichen (z. B. der Bädersanierung) höhereMargen zu erzielen.

• Die steigende Konkurrenz durch die Photovoltaikin Bezug auf Investitionsmittel und Dachflächensetzt den Solarwärmemarkt zusätzlich unterDruck. Aufgrund der starken Präsenz der Photo-voltaik in der Öffentlichkeit nimmt die Wahrneh-mung der Solarwärme durch potenzielle Kundenab.

Potenziale für die weitere Optimierung undForschungsbedarfAufgrund der genannten Marktbarrieren wurden vonden deutschen und europäischen Solarthermie- Technologieplattformen übergeordnete Ziele für For-schung und Entwicklung definiert:

1) Reduzierung der Kosten der Solarwärme aus Sichtder Investoren (Kosten für Komponenten, Ver-trieb, Installation und Wartung),

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Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven

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2) Erhöhung der solaren Deckungsanteile am Wär-mebedarf eines Gebäudes und

3) Erschließung bislang kaum erschlossener Markt-segmente für die Solarthermie (Mehrfamilienhäu-ser, Prozesswärme, Nahwärme)

Diese Ziele können durch folgende F&E-Maßnahmenerreicht werden:

• Optimierung der hydraulischen und regelungs-technischen Kopplung aller Komponenten derWärmeversorgungssysteme (Solarthermie, Nach-heizwärmeerzeuger, Speicher etc.) einschließlichder Weiterentwicklung von Systemreglern sowieFunktions- und Ertragskontrollverfahren zur Erkennung und Meldung von Anlagenfehlern.

• Weiterentwicklung von Gebäuden mit hohen solarthermischen Deckungsanteilen (über 50 %,sog. SolarAktivHäuser), damit sie erstens einewettbewerbsfähige Lösung für den von der EU-Gebäuderichtlinie bis 2021 geforderten Niedrigstenergiegebäudestandard (Nearly zero-energy buildings) bei Neubauten darstellen undzweitens die erhöhten Anforderungen bei Be-standssanierung mit dem Ziel der Kostensenkungund Integration in die allgemeine Bautechnik erfüllen.

• Weiterentwicklung von Hybridsystemen ausSolar wärme und Wärmepumpen, Erarbeitung adäquater Auslegungsregeln und optimierter Re-gelung sowie Abschätzung des Marktpotenzials.

• Durchführung von Felduntersuchungen zur um-fassenden Evaluation der Qualität ausgeführterAnlagen in Bezug auf Funktion, Ertrag und End-energieeinsparung unter Berücksichtigung vonHilfsenergien. Daraus Ableitung des Verbesse-rungspotenzials in Bezug auf Technik, Funktions-kontrolle, Normung und Zertifizierung sowie Formulierung von Anforderungen in Förderpro-grammen und gesetzlichen Regelungen.

• Entwicklung von optimierten Systemreglern, u. a.durch die Integration neu entwickelter Prognose-verfahren.

• Potenzialanalyse zur solarthermischen Unterstüt-zung vorhandener Nah- und Fernwärmesys teme,Analyse der Akzeptanz in Verbindung mit großensolarthermischen Freiflächenanlagen (insbeson-dere im Kontext der Diskussion um große PV-Frei-flächenanlagen), Entwicklung einer Technologie-und Umsetzungsroadmap zur Erschließung die-ses Marktsegmentes.

• Durchführung von wissenschaftlich basiertenmarktnahen Untersuchungen zur Frage, wie dienotwendige Halbierung der Endkundenpreise fürdie Solarwärme erreicht werden kann, auch unterBetrachtung möglicher Änderungen der bisheri-gen Vertriebswege.

4.2 Biomasse

Nutzungsformen und Wechselwirkungen imStrom-Wärme-SystemBiomasse kann in vielfältiger Art und Weise ener -getisch genutzt werden. Als einzige erneuerbareEnergiequelle kann sie sowohl Strom und Wärme alsauch Kraftstoffe für den Mobilitätssektor bereitstellen.Der energetische Einsatz von Biomasse im Strom-Wärme-System muss begrenzte Biomassepotenzialeund konkurrierende Nutzungen (v. a. Naturschutz,Ernährung, Bau und Chemie) berücksichtigen. Dersteigende Preis der Biomasse befördert eine zuneh-mend werthaltige Nutzung – bevorzugt in Kaskaden– und eine stringente Ausrichtung an Effizienzkrite-rien. Insofern wird die energetische Biomassenutzungzumindest außerhalb der Verwertung von Reststoffenvielfach als Übergangstechnologie verstanden. Als„Speicher option“, die zum Ausgleich der Residuallastaus fluktuierend einspeisenden EE Einsatz findet, kanndie Biomasse – insbesondere in Form von Biogas/Bio-methan – bereits kurz- bis mittelfristig erhebliche Bei-träge zur bedarfsgerechten Stromerzeugung liefern.Diese Ausgleichsoption ist konkurrenzfähig gegen-über anderen Ausgleichsoptionen und zudem amMarkt eingeführt. Die KWK bietet die Möglichkeit, diefreigesetzte Energie möglichst weitgehend zu verwer-ten, was standortnahe Wärmesenken voraussetzt.

In Deutschland stammen zurzeit fast 90 % der erneu-erbaren Wärme aus Biomasse, vor allem aus Holz.Aufgrund der insbesondere durch die energetischeNutzung gestiegenen Nachfrage und der genanntenKonkurrenzsituation haben vormals kostenfreie Holz-sortimente (z. B. Sägewerksnebenprodukte) deutlichan Wert gewonnen. Deshalb verschiebt sich auch aufgrund der ökologischen Vorzüge die Nachfragefür die energetische Verwertung im Wärmesektor inRichtung biogener Reststoffe. Auch qualitativschlechtere Sortimente des Holzsektors (z. B. aus derLandschaftspflege) werden verstärkt verlangt. Dies erhöht jedoch die Anforderungen an die Qualität derBrennstoffbereitstellung sowie an die Verfügbarkeitemissionsärmerer Feuerungs- und Konversionstech-niken. Für die Konversion der Biomasse zu Wärme

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Positionspapier des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien

Holzpellets © Agentur für Erneuerbare Energien

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stehen verschiedene technische Verfahren zur Verfü-gung. Als etabliert kann die Verbrennung fester Holz-biomassen in unterschiedlichen Leistungsgrößen gel-ten, wobei neben der alleinigen Wärmeversorgungmittels Biomasse bereits heute Kombi-Lösungen mitfossilen Kesseln, solarthermischen Anlagen und Wär-mepumpen im praktischen Einsatz sind. Für die ge-koppelte Strom- und Wärmebereitstellung gibt esfunktionierende Systeme ab wenigen kW bis zu meh-reren MW elektrischer Leistung. Die Mitverbrennungholzartiger Biomasse in Kohlekraftwerken ist mit Anteilen von bis zu 5 Energieprozent nachgewiesen. In Einzelfällen werden flüssige Bioenergieträger zurWärmebereitstellung eingesetzt (Ethanolöfen, Heiz-ölbeimischungen und Pflanzenöl-BHKW mit Wärme-auskopplung). Diese Ansätze haben sich am Marktaus verschiedenen ökonomischen und technischenGründen bisher nicht durchgesetzt. Gleichwohl existieren 200 bis 250 MW an stillgelegten oder mitanderen Brennstoffen betriebenen Pflanzenöl-BHKW,die bei günstigen Marktbedingungen wieder in dasEnergiesystem integriert werden könnten.

Mit dem verstärkten Ausbau der Biogas-Gewinnungdurch anaerobe Vergärung hat die Nutzung vonKWK-Wärme aus Biogas- und (über das Gasnetz versorgte) Biomethan-BHKW in den letzten Jahrendeutlich zugenommen.

Angesichts der sich anbahnenden Knappheit im Be-reich der Biomasse-Versorgung sowie aufgrund dererzielbaren Temperaturniveaus der Verbrennungspro-zesse, die in einem Bereich von 800 bis 1200 °C liegen, erscheint ein Einsatz biomasse-basierterWärme vorrangig im baulichen Bestand und hier ins-besondere als KWK-Anwendung sowie im Bereich derIndustrie als Prozesswärme sinnvoll.

Marktdurchdringung der Bioenergie im WärmebereichFeste Biomasse: Seit 2001 hat die Nutzung festerBiomasse als primäre Heizungsquelle im Neubau starkzugenommen. Holzfeuerungen haben einen Anteilvon etwa 80 % an der aus erneuerbaren Energien erzeugten Wärme erreicht. Das EEWärmeG erkenntEinzelraumfeuerungsanlagen nur bedingt an; dies istdann der Fall, wenn die Wärme über integrierte Wassertaschen an einen Heizkreislauf eines Zen tral -heiz systems abgegeben wird. Es handelt sich bei denberücksichtigten Anlagen daher in erster Linie umZentralheizungen. Aus der Statistik kann der Anteil derfesten Biomasse in Neubauten bis 2010 nur abge-schätzt werden. Dieser macht im Wohngebäudebe-reich etwa 87 % des Anteils der „sonstigen verwen-deten Heizenergie“ aus, im Nichtwohngebäude-bereich etwa 75 %. Seit 2011 liegen durch eine Erweiterung des Erhebungsbogens spezifischereDaten vor. Gemessen an der Anzahl der genehmigten

Gebäude stellten die Biomasseheizungsanlagen imJahr 2011 einen relativen Anteil von etwa 5,4 % inWohngebäuden, im Nichtwohngebäudebereich von14,4% dar.

Flüssige Biomasse findet bislang weder in Reinformnoch als Beimischung zum Heizöl in bedeutsamenMengen Einsatz. Vereinzelt werden, allerdings mit ge-ringer Relevanz, biogene Altfette und Altöle zu Heiz-ölsubstituten verarbeitet und vermarktet. Aufgrundwieder gesunkener Pflanzenölpreise ist die Nutzungin kleinen BHKW mit weitgehender Wärmeauskopp-lung in den letzten Jahren leicht angestiegen. Es istzu berücksichtigen, dass die flüssige Biomasse bislangals einzige Fraktion einer Nachhaltigkeitsverordnungunterliegt. Zudem sind Pflanzenöle aus Raps ein Koppelprodukt zum Rapsschrot bzw. Rapskuchen, diebeide ein sehr proteinreiches Futtermittel darstellen.Die Bedeutung der flüssigen Biomasse könnte imZuge einer Re-Etablierung bestehender Pflanzenöl-KWK-Anlagen als Beitrag zur bedarfsgerechtenStromerzeugung im Bereich der dezentralen Wärme-versorgung steigen.

Gasförmige Biomasse: Die Errichtung von Biogas-anlagen war bisher stark von der Anreizwirkung desEEG abhängig. Gab es vor dem Jahr 2000 nur wenigeBiogasanlagen, so hat der Ausbau mit dem EEG 2004stark zugenommen. Mit der Novelle 2012 ist derZubau deutlich zurückgegangen und mit der Novelle2014 kam er – trotz noch vorhandener Ausbaupoten-ziale – fast gänzlich zum Erliegen. Aufgrund des be-grenzt steigerungsfähigen Energiepflanzenanbausund unter Berücksichtigung von Flächennutzungs-konkurrenzen und zukünftigen Nachhaltigkeitsanfor-derungen ergibt sich, dass der Zuwachs der – größ-tenteils leitungsgebundenen – Wärme aus Biogaskünftig unter den derzeitigen ökonomischen Rah-menbedingungen vor allem aus der Optimierung desAnlagenbestandes resultieren muss. Daher könntenAnsätze z. B. im Sinne eines „Anlagenpoolings“ zurUmsetzung angepasster Wärmenetze sowie zurErmög lichung der Gasaufbereitung und -einspeisungan Bedeutung gewinnen.

Potenziale für die weitere OptimierungOptimierungspotenziale für die Wärmebereitstellungaus Biomasse ergeben sich insbesondere in• der Weiterentwicklung der Kessel hin zu emis -

sionsarmen, hocheffizienten Systemen,• gezielterem Einsatz von Biomassetechnologien

unter Berücksichtigung der jeweiligen Versor-gungsfrage,

• einer besseren Ausrichtung auf eine nachhaltigesowie langfristig verfügbare Rohstoffbasis und

• der stärkeren Verzahnung der Infrastruktur- undStadtentwicklungsplanung.

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Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven

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Die Wirkungsgrade von Wärmebereitstellungsan lagenauf Biomassebasis liegen bei 85 bis 90 %. Seit einigenJahren sind Biomasse-Brennwertgeräte (insbesonderefür die Verfeuerung von Pellets) und Abgas kon den -sationsanlagen (für große Holzhackschnitzelfeuerun-gen) am Markt erhältlich, die höhere Wirkungsgradeermöglichen. Die Praxis zeigt jedoch, dass die Sys -teme häufig im Jahresdurchschnitt lediglich eine Effi-zienz von rund 75 %, zum Teil sogar unter 70 %, erreichen. Insofern ist neben der Erhöhung der Nenn-wirkungsgrade auch auf die Opti mierung der Jahres-nutzungsgrade zu achten. Entsprechende Schulungender Heizungsbauer, Auslegungshinweise und vorallem deutlich verbesserte Systemregler können dieJahreseffizienz um 5 bis 10%-Punkte erhöhen.

Im Bereich der Einzelraumfeuerungsanlagen werdenverstärkt die Emissionen in den Blick genommen, daKleinfeuerungsanlagen für einen erheblichen Teil dergesundheitsschädlichen Feinstaubemissionen verant-wortlich sind 8. Die Forschung konzentriert sich in die-sem Zusammenhang insbesondere auf primär- undbetriebsseitige Minderungsansätze sowie integrierteAbscheidemechanismen (u. a. auch mit katalytischerWirkung).

Eine wichtige Herausforderung stellt die zunehmendnotwendige Systemintegration von Biomasseanlagendar. Im Zusammenhang mit einer verstärkten Nut-zung von solarthermischer Wärmebereitstellung,Wärme aus Wärmepumpen und Wärme aus Über-schussstrom werden die Biomassefeuerungsanlagendeutlich flexibler werden müssen, um die verbleiben-den Versorgungslücken effizient und emissionsarm zuschließen. In Verbindung mit intelligenten Regelsys -temen wird die Biomasse zunehmend zur Absiche-rung von Zeiten eingesetzt werden, in denen wederWärme aus anderen erneuerbaren Quellen oder ausAbwärme ausreichend zur Verfügung steht nochÜberschussstrom angeboten wird.

Aufgrund der Integrationsmöglichkeiten der Bio-masse im Strom- und Wärmesektor und des hohenTemperaturniveaus der Umwandlung wird die Bio-masse künftig vor allem im Bereich hocheffizienterKWK-Technologien oder in Wärmeanwendungen imAltbau als Brückenfunktion relevant werden. Dies giltzumindest für die nächsten Dekaden, bis die energe-tische Sanierung oder der Gebäudeersatz erfolgtsind. Im Bereich der Privathaushalte werden daherdie Weiterentwicklung der Biomasseheiz systeme hinzu Biomasse-KWK-Systemen und die intelligenteKombination mit anderen erneuerbaren Energien inden Fokus rücken.

Die gezielte Nutzbarmachung von nicht-holzartigenNebenprodukten und Reststoffen (z. B. Stroh, Laub,Landschaftspflegeheu) stellt eine weitere wichtigeOption für künftige Anwendungen dar und bedarfder Weiterentwicklung der Brennstoffaufbereitungs-verfahren, der Biomasseanlagen und der Entwicklungpreisgünstiger aber zuverlässiger Abscheidertechno-logien auch für kleine Leistungsbereiche.

Im Rahmen eines auf Biomasse gestützten Ausbausder gekoppelten Strom- und Wärmeerzeugung imSinne des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes (KWKG)bestehen im Bereich der leitungsgebundenen Sys -teme zur Wärmeversorgung von Gebäuden bereitsheute besonders hohe Effizienzpotenziale. Diesereher zentrale Ansatz zur Versorgung größerer Raum-einheiten bietet bei einem zunächst biomassebasier-ten Betrieb hinreichende Flexibilität im Hinblick aufden zukünftigen Einsatz von alternativen oder ergän-zenden Energieträgern. Außerdem bietet er dieMöglichkeit, auf der Basis einer bereits installiertenInfrastruktur zeitnah auf technologische Innovatio-nen zu reagieren und diese in die Wärmeverbund-konzeption zu integrieren. Zur generellen Realisie-rung leitungsgebundener Systeme ist eine stärkereVerzahnung zwischen Infrastruktur- und Bauleitpla-nung erforderlich.

Dringender Handlungsbedarf besteht im Hinblick aufeine biogene Wärmeversorgung, die auf Reststoffenbasiert und die Effizienz der Abfallverbrennungsanla-gen steigert. Diese werden vielfach noch entsor-gungsorientiert betrieben. Der Paradigmenwechselhin zu einer versorgungsorientiert ausgerichtetenKreislaufwirtschaft, in der anfallende Abwärmeströmeweitestgehend genutzt werden, hat vielfach nochnicht stattgefunden. Die Erschließung dieser Poten-ziale gewinnt an Bedeutung, da mit dem gefordertenAusbau stofflicher Biomasse-Nutzungen in Form vonKaskadenprozessen der biogene Anteil in den zu ver-brennenden Abfällen über den bisherigen Wert von50 % hinaus ansteigen wird. Darüber hinaus bietennicht vollständig ausgelastete Abfallentsorgungsan-lagen mit effizienter Wärmenutzung die Option,hochkontaminierte Biomassen zu behandeln.

Die Mitverbrennung von Biomasse (Holz, Kompak-tate) in Kohlekraftwerken zeigt unter der Voraus -setzung effizienter Anlagenkonzepte mit einer weit-reichenden Auskopplung von Fernwärme grund-sätzlich positive ökobilanzielle Effekte. Jedoch sind diemöglichen Auswirkungen auf dezentrale Nutzungs-optionen, auf die stoffliche Nutzung von Holz undauf die ILUC-Effekte (indirect land use change) durchpotenzielle Importe von Holz noch nicht genügend

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Positionspapier des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien

8 Laut UBA übersteigen die Feinstaubemissionen aus Kleinfeuerungsanlagen mittlerweile die aus Motoren von LKW und PKW, wobei mit der Novellierung der Kleinanlagenfeuerungsverordnung (1.BImSchV) 2010 rechtliche Vorgaben zur Minderung gesetzt wurden, die zunehmend grei-fen werden.

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untersucht, sodass hier ein weiterer Forschungsbe-darf festgestellt werden kann. Die Torrefizierung (Rös tung) und Kompaktierung von Biomassen kannlogis tische und betriebstechnische Vorteile für dieMitverbrennung aufweisen.

Forschungsbedarf• Erforschung und Etablierung von hinreichend

umfassenden aber gleichzeitig leicht anzuwen-denden Systemen zur Sicherung der Nachhaltig-keit bei der Gewinnung von Biomasse

• Erforschung und Entwicklung geeigneter Metho-den zum Monitoring der energetischen Bio mas -senutzung im Wärmebereich und zur Abschät-zung von zukünftigen Anwendungsgebieten derenergetischen Biomassenutzung (2050)

• Zu berücksichtigen ist dabei der regionale Kon -text und die Verbundoptionen (Einzelgebäude -lösung versus Wärmenetze inkl. eingebundenerSpeicher) sowie die Kombination mit anderen EE.

• Erarbeitung interkommunaler Strategien zur Wär-meversorgung im Sinne von Prioritätsgebietenbiogener Wärme unter Einbeziehung der Infra-struktur- und Bauleitplanung, des zu erwartendendemographischen Wandels und des Wandels derEnergieversorgung

• Entwicklung und Optimierung von Biomasse-KWK-Anlagen im Leistungsspektrum von weni-gen kWel bis ca. 5 MWel unter Nutzung noch zu erforschender thermodynamischer und thermo-chemischer Grundlagen für ein breites Brenn-stoffband (Reststoffe und agrarische Nebenpro-dukte) mit hoher Flexibilität im Betrieb

• Entwicklung von Emissionsminderungsoptionen• Erforschung und Entwicklung von Systemreglern

zum Verbund der verschiedenen erneuerbarenWärmeoptionen und zum Verbund mit demStromnetz sowie mit Mobilitätsoptionen der Zukunft

4.3 Wärmepumpen

Werden anstelle von Öl- oder Gaskesseln Wärme-pumpen installiert, so tritt der Energieträger Stroman die Stelle von fossilen Brennstoffen. Kurz- bis mit-telfristig führt dies zur erhöhten Auslastung vonKohle-, Gas- oder Atomkraftwerken. Wärmepumpennutzen aber auch Strom aus EE oder KWK-Anlagen,der sonst hätte abgeregelt werden müssen. Langfris -tig ist daher die Relevanz von Wärmepumpen für denKlimaschutz gesichert. Schon kurzfristig ist neben derPerspektive einer direkten Nutzung von „Überschuss-strom“ auch die CO2-Wirksamkeit eines höherenStromverbrauches durch Wärmepumpen mit derDeckelungswirkung des europäischen CO2-Markteszu reflektieren. Derzeit wirkt sich aber dieser Deckel

wegen eines Überangebots an CO2-Zertifikaten nichtaus.

Langfristig können die Klimaziele nur mit deutlichenAnteilen von Wärmepumpen am Wärmemarkt kos -ten effizient erreicht werden. Je höher ihre Effizienz,die Jahresarbeitszahl (JAZ) ist, desto früher und destostärker treten die positiven Wirkungen ein. SolangeWärmepumpen noch nicht zu relevanten Teilen mitÜberschussstrom aus KWK und EE betrieben werden,sollten daher die in den derzeitigen Wärmegesetzengeltenden strengen Anforderungen an die JAZ beibe-halten werden. Der derzeitige Trend zu Luft-Wärme-pumpen, der sich auf geringere Inve s titionskostenstützt und zudem von vermeidbaren Fehlern bei aus-geführten Erdsondenbohrungen profitiert, weist indie falsche Richtung. Wenn man die höheren Strom-kosten der Luft/Wärmepumpen während der gesam-ten Lebensdauer berücksichtigt, sind erdgekoppelteWärmepumpen nicht nur klimafreundlicher, sondernhäufig auch wirtschaftlicher. Bei weiterhin sinkendenPreisen für PV-Anlagen gewinnt ihre Kombination mitWärmepumpen an Bedeutung.

Wärme wird besonders in der kalten und dunklenJahreszeit benötigt. Die Wärmepumpen sind dahergerade dann in Betrieb, wenn die Nachfrage nachStrom ohnehin hoch ist. Die damit verbundenen zusätzlichen Lastspitzen können durch einen netz -geführten Betrieb der Wärmepumpen abgefangenwerden. Für eine unterbrechungsfreie Beheizung erfordert dieser allerdings zusätzliche, mit Verlustenbehaftete thermische Pufferspeicher. Aus Systemsichtgünstig ist auch die Kombination von Wärmepum-pen mit KWK-Anlagen innerhalb des gleichen Verteil-netzes, da die Wärmepumpen gerade dann Strombenötigen, wenn die KWK-Anlagen an kalten Tagenohnehin in Volllast fahren. Andererseits könnte zu-sätzliche elektrische Leistung aus Gaskraftwerken be-reitgestellt werden und müsste dann allerdings in derKraftwerksplanung berücksichtigt werden. Es sollteaber im Rahmen einer Wärmepumpen-Ausbaustrate-gie auch geprüft werden, ob stattdessen hybri de Sys -teme gegenüber monovalenten Wärmepumpen -systemen vorteilhafter sind. Die Auswirkungen desZubaus von Wärmepumpen auf den Kraftwerksparksind noch zu untersuchen. Sie hängen vom Zu sam -menspiel von Temperatur, Stromlastgang und demAngebot an EE im Verlauf der kalten Jahreszeit ab.Besonderes Interesse sollte auch der Weiterentwick-lung thermisch angetriebener Sorptionswärmepum-pen (Ab- bzw. Adsorptionswärmepumpen) gelten,die analog zu den elektrisch betriebenen Wärme-pumpen Umweltwärme auf ein Nutzwärme-Tempe-raturniveau transformieren, dabei aber Wärme z. B.aus einem Gaskessel (Gas-Wärmepumpe) nutzen. DieAusnutzung fossiler Brennstoffe kann im Vergleich zuBrennwertkesseln damit signifikant erhöht werden. In

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Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven

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bereits verfügbaren Geräten wird dabei von Einspa-rungen im Bereich zwischen 20 % und 30 % ausge-gangen. Gegenüber elektrisch betriebenen Wärme-pumpen entfällt die Mehrbelastung des Stromnetzes.

Forschungsbedarf:• Effizienzerhöhung auf Komponentenebene; v. a.

Untersuchungen zur Prozessführung, zu geeigne-ten Sorptionsmaterialien und zu optimiertenWärmeübertragern,

• Feldtests zur Optimierung der systemtechnischenEinbindung und Regelung,

• Aktivitäten im Bereich Normung und Standardi-sierung zur Unterstützung auf der Herstellungs-,Planungs- und Installationsseite.

4.4 Kälte

Aufgabe, Wechselwirkungen und Perspektiven im Strom-Wärme- und Kälte-SystemDer Einsatz erneuerbarer Energien zur Bereitstellungvon Nutzkälte kann auf unterschiedlichen Wegen erfolgen. Im EEWärmeG wird zur Kälteerzeugung ausEE (neben der direkten Kälteentnahme aus dem Erd-boden bzw. aus Grund/Oberflächenwasser) explizitdie thermische Kälteerzeugung mit Wärme aus er-neuerbaren Energien genannt. Dies adressiert dieNutzung solarer Wärme für den thermischen Antriebvon Kälte- und Klimatisierungsprozessen (Solare Küh-lung; präziser: Solarthermische Kühlung). Das Augen-

merk lag hier in den vergangenen Jahren auf der Demonstration der Funktionsfähigkeit und Zuverläs-sigkeit der Anlagen. Der Einsatzbereich dieser Tech-nologie ist hoch und umfasst klassische Gebäudeküh-lung und -klimatisierung, Prozesskältebereitstellungfür den gewerblichen und industriellen Bereich unddie Möglichkeit der Unterstützung von Kältenetzen(peak-shaving).

In den Analysen zur solaren Kühlung von Gebäudenzeigt sich, dass Anwendungen im mittleren und hö-herem Kälteleistungsbereich vorteilhaft sein können,in denen neben einem hohen Raumkühlbedarf auchhoher und zeitlich langfristiger Warmwasserbedarfbesteht, der ebenfalls über das Solarkollektorfeld be-dient werden kann. Dies beeinflusst die Wirtschaft-lichkeit positiv und erhöht auch das Einsparpotenzialan Primärenergie und Treibhausgas-Emissionen. Bei-spiele für solche Anwendungen sind Hotels und Kliniken sowie die Kühlung von gewerblichen Räu-men mit produktionstechnisch bedingtem hohemWarmwassereinsatz. Diese und vergleichbare Berei-che können einen Ansatzpunkt für die systematischeWeiterentwicklung der Technologie bilden.

Im Komfortwohnungsbau spielt Kühlung eine zuneh-mende Rolle. Aufgrund der relativ kleinen Kälteleis -tungsbereiche und der hohen Kosten ist solarthermi-sche Kühlung hier noch keine Option. EE lassen sichaber auch mit konventioneller elektrischer Kompres-sionskältetechnik einsetzen, wenn durch spezielle systemtechnische Maßnahmen dafür gesorgt wird,dass photovoltaischer Strom durch die Kälteversor-

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Positionspapier des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien

Oberflächennahe Geothermie / Wärme-pumpe © Agentur für Erneuerbare Energien

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gung in höherem Maße als bisher im Gebäude selbstgenutzt wird. Maßnahmen dieser Art können z. B.Kältespeicher und geeignete Regelstrategien sein. Im verarbeitenden Gewerbe finden derzeit insbeson-dere Kombinationen von PV-Dächern mit elektrischenKompressionskälteanlagen Anwendung. Lebens mit -tel produzenten und -logistiker sind Beispiele dafür,dass ein zunehmender Kältebedarf durch hohe Son-neneinstrahlung bedingt ist und dass sich diese Tech-nologie technisch und wirtschaftlich gut in das beste-hende System einbinden lässt.

Marktdurchdringung der EE-KälteTrotz der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der solarenKälte und der nachgewiesenen Funktionsfähigkeitsowie günstiger Umweltbilanzen hat die solare Küh-lung in Deutschland aufgrund der Kostennachteilegegenüber der Kompressionskälte noch keine nen-nenswerte Verbreitung erreicht. Daran haben auchbisherige Fördermaßnahmen kaum etwas verändert.Insgesamt liegen die Herstellungszahlen thermischangetriebener Kälteeinheiten deutscher Herstellernoch im dreistelligen Bereich; davon wird nur einkleiner Anteil in Anlagen mit solarthermischem Antrieb eingesetzt.

Die Frage nach den Ursachen der bisher ausblei-bende Marktdurchdringung der solaren Kühlungadressiert mehrere Ebenen:

• Neben dem Aufbau eines Kollektorfeldes ist auchein zusätzlicher hoher investiver Aufwand für diethermisch betriebene Kälteeinheit erforderlich.Die Kosten dieser Kälteeinheit übersteigen in der Regel noch deutlich die Kosten einer konven-tionellen kältetechnischen Einheit (elektrisch be-triebene Kompressionskälteanlage). In den letz-ten Jahren sind zwar die Preise für Ab- bzw.Adsorptionskältemaschinen durch eine langsamsteigen de Nachfrage für das Einsatzgebiet Abwär-menutzung gesunken, die spezifischen Investiti-onskosten pro Nennkälteleistung sind dennochhoch. Dies betrifft insbesondere kleinere Anlagenfür die Einzelgebäudekühlung.

• Der technische Aufwand zum Aufbau einer sola-ren Kühlung ist vergleichsweise hoch und ver-langt eine planerische und installationsseitige Gesamtsicht von Solar-, Wärme- und Kältetech-nik. Dies beherrschen nicht alle Akteure. Außer-dem erhöht sich der Kostenaufwand für Planungund Installation. Hier macht sich auch ein Mangelan Standardisierung und Normung bemerkbar.Eine Standardisierung und ein hohes Maß an Vorkonfektionierung der Systeme werden in Ver-knüpfung mit flexiblen Bereitstellungsmöglichkei-ten zu wesentlich attraktiveren wirtschaft lichenBedingungen führen, v. a. im Systemverbund der

Anwendungen Heizen, Kühlen und Brauchwarm-wasser.

• Für den Einfamilienwohnungsbau und für dasEinzelwohnungssegment im Bestand spielt diesolare Kühlung derzeit keine Rolle, da die markt-verfügbaren Kälteaggregate in der Leistung zugroß sind. Auch für den Mehrfamiliengebäude-bereich ist die Technik wirtschaftlich zu unattrak-tiv, da die Volllastbetriebsstundenzahl unter dengegebenen klimatischen Randbedingungen imVerhältnis zur Investition gering sind (typischer-weise < 500 h/a);

• In kommerzieller Anwendung in Gewerbe und Industrie sind häufig maßgeschneiderte Einsatz-möglichkeiten zwingend. Die bisherigen Förder-maßnahmen und Randbedingungen der Förde-rung sind für diese Akteure nicht attraktiv genug.Daher wird weitgehend auf Ersatzmaßnahmenzurückgegriffen.

Potenziale für die weitere Optimierung undForschungsbedarf

• Weitere Standardisierung und Vorkonfektionie-rung von thermischen Heiz- und Kühlsystemenunter Einhaltung einer genormten primärenerge-tischen Mindesteffizienz. Dies kann insbesonderedie Attraktivität für den Wohngebäudebereich erhöhen.

• Steigerung der Umwandlungseffizienz derartigerSysteme, um die Kosten zu senken.

• Feldtests in Anlagen mit hohem Kühlbedarf undhohem Brauchwarmwasserbedarf zur system-technischen Standardisierung. Erkenntnisse ausF&E-Arbeiten zur hocheffizienten Rückkühlungkönnen dafür genutzt werden.

• Minimierung des Sekundärenergiebedarfs (v. a.Strom) von thermischen Heiz- und Kühlsystemen.

• Fokussierung der Entwicklung auf gasbetriebeneSorptionswärmepumpen für hohe Temperatur-hübe (Ersatz von Bestandsheizung) und für nie-dertemperierte Umweltwärmequellen (Luft), umdie Anwendungsbreite und Gesamtjahreseffizienzstark zu erhöhen.

• Systemtechnische Ansätze zur Nutzung des PV-Stroms in konventioneller Kälteerzeugung.Untersuchung geeigneter Regelungs- und Spei-cherstrategien, evtl. auch direkte Kopplungsmaß-nahmen.

• In der Ersatzmaßnahme Fernkälte aus Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (KWKK) kann auch derEinsatz solarthermischer Kälteerzeugung im Kältenetz zu Spitzenlastzeiten sinnvoll sein undsollte im Zusammenhang mit geeigneten Kälte-speichertechniken untersucht werden.

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Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven

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4.5 Tiefengeothermie

Aufgabe, Wechselwirkung und Perspektivenim Strom-Wärme-SystemDer Anteil der tiefen Geothermie an der regenerativerzeugten Wärme ist immer noch gering und liegtweit unter dem ausschöpfbaren Potenzial der geo-thermischen Ressourcen. Die tiefe Geothermie nutztWärmereservoire im Untergrund (unterhalb von400m mit Temperaturen über 60 °C) und erlaubtderen Verwendung als Heiz- oder Prozesswärmesowie zur Stromerzeugung.

Nutzbare Lagerstätten in Deutschland sind Heiß -wasseraquifere, Störungszonen und kristalline Gesteine (Niederenthalpiesysteme). Zurzeit werden jedoch nur erstere zur geothermischen Wärmeversor-gung genutzt. Etwa 95 % des geothermischen Potenzials in Deutschland sind nur durch Enhanced(oder Engineered) Geothermal System (EGS)-Tech-nologien erschließbar. Diese nutzen produktivitäts-steigernde Maßnahmen im Reservoir. Für eine zu-künftige Nutzung des Wärmepotenzials unter nochnicht erkundeten geologischen Bedingungen sindnoch große F&E-Anstrengungen notwendig.

Die Erschließung des tiefen geothermischen Wärme-potenzials erfordert erhebliche Investitionen und wirddaher erst ab einer Anlagenleistung im MW-Bereichwirtschaftlich. Im Bereich der tiefen Geothermie gibtes in Deutschland zurzeit 26 Heizwerke und Heiz-kraftwerke mit einer installierten Wärme leistung vonrund 300 MWth. Im Jahr 2014 trug die tiefe Geother-mie mit etwa 350 GWh zur Wärmebereitstellung inDeutschland bei. Die größten geothermischen Heiz-werke haben eine installierte thermische Leistung von40 MW. Derzeit sind etwa 45 neue Anlagen in Bauoder Planung. Die meisten dieser Einrichtungen be-finden sich bisher im Norddeutschen Becken, imOberrheingraben und insbesondere im Süddeut-schen Molassebecken.

Aufgrund der geologischen Gegebenheiten und zumTeil geringen Erfahrung mit der energetischen Nut-zung des tiefen Untergrundes ist eine Wärmebereit-stellung aus tiefer Geothermie noch immer technischanspruchsvoll, insbesondere wenn das geothermischeFluid heißer als 100 °C ist. Technische Herausforde -rungen ergeben sich dabei insbesondere bei derunter tägigen Reservoirerschließung als auch bei der obertägigen Anlagengestaltung. Die relevanten Ther-malwasserparameter (insb. Fördermenge und -tem-peratur sowie Fluidzusammensetzung) können nichtgenau vorausgesagt werden (Fündigkeitsrisiko).Weil die Bohrkosten überproportional mit der Bohr-tiefe ansteigen, das Temperaturprofil jedoch nur pro-portional mit der Tiefe, erfordert die wirtschaftlich erfolgreiche Implementierung einer geothermischenVersorgungsanlage ihre optimale Einbettung in die

Wärmebedarfsstrukturen. Wirtschaftlich ist die tiefeGeothermie bereits heute dort, wo attraktive Wärme-reservoire kostengünstig erschlossen werden können,das Geothermiefluid eine Temperatur unter 100 °C besitzt und geeignete Abnehmerstrukturen existie-ren, vor allem im Alpenvorland im Bayerischen Molassebecken.

Im Vergleich dazu herrschen im Norddeutschen Becken andere Bedingungen vor. Trotz eines großenprognostizierten geothermischen Potenzials ist dortdas Fündigkeitsrisiko aufgrund geologischer Reser-voir-Heterogenitäten oder lückenhafter geologischerDatenlagen noch relativ hoch. Aufgrund einer darausresultierenden geologisch-technischen Komplexitätstehen Wärmeversorger beim Einsatz geothermischerTechnologien vor großen Herausforderungen.

Die Standortgebundenheit geothermischer Anlagenbei begrenzten geologischen Vorkommen an einemOrt, das Fündigkeitsrisiko sowie eine lange Realisie-rungsdauer (von durchschnittlich sieben Jahren) unddamit verbunden ein hoher Kapitalbedarf in einer frühen Projektphase führen dazu, dass große Energie-versorger bisher in Deutschland nur in Ausnahme -fällen geothermische Anlagen betreiben. Bisher prä-gen Stadtwerke bzw. kommunale Energieversorgerdie Eigentümerstruktur.

Marktdurchdringung Die Nutzung der Tiefen Geothermie in Deutschlandist durch eine überschaubare Anzahl bestehenderGeothermieanlagen gekennzeichnet. Seit 2009 gabes nur geringen Zuwachs an geothermischer Wärme-einspeisung. Die Marktdurchdringung, gemessen ander Anzahl der in Planung befindlichen Geothermie-Anlagen, ist rückläufig.

Ökologisch und ökonomisch ist eine gekoppelte Bereitstellung von Strom und Wärme durch geother-mische Systeme vorteilhaft, hinsichtlich rechtlicherund förderungspolitischer Rahmenbedingungen bestehen jedoch Unklarheiten.

Da sich die geologischen Eigenschaften von Standortzu Standort gravierend unterscheiden können, erge-ben sich die besten Erfolge auf der Lernkurve, wennan einem Standort mehrere Bohrungen nieder -gebracht werden. Sowohl beim Bohren ergeben sichdann aufgrund der geologischen Kenntnisse verrin-gerte Kosten als auch beim Betrieb, denn Menge undEigenschaften des geothermischen Fluids sind dannbereits bekannt.

Ordnungspolititsche Instrumente wie die Umwelt -verträglichkeitsprüfung (UVP) oder die Einräumungeines Verbandsklagerechts erhöhen den Realisie-rungszeitraum geothermischer Projekte anstatt tiefeGeothermie gezielt zu fördern.

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Positionspapier des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien

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Potenziale für die weitere Optimierung undForschungsbedarfUm eine wirtschaftliche Nutzung geothermischerRessourcen zu erreichen, sind technologische Weiter-entwicklungen auf allen Stufen des Gesamt systemsnotwendig. Hierzu gehören die Erhöhung der Pla-nungssicherheit bei der Erschließung der Lagerstättensowie der Zuverlässigkeit beim Bau und Betrieb dergeothermischen Anlagen.

• Weiterentwicklung geothermiespezifischer Erkun-dungsmethoden zur Senkung des Fündigkeits -risikos

• Entwicklung innovativer Bohrtechnologien und -strategien zur Reduzierung der Bohrkosten

• Weiterentwicklung von Methoden zur Optimie-rung der Reservoirproduktivität sowie zur Sen-kung des Risikos induzierter Seismizität

• Effizienzerhöhung sowie Standardisierung vonSys temkomponenten (insbesondere bei Pumpen)sowie Entwicklung verfahrenstechnischer Lösun-gen für Korrosion und Scaling mit dem Ziel einesnachhaltigen Anlagenbetriebs

• Durchführung von Untersuchungen sowieDemon stration von geothermischen Anlagen inKombinationen mit anderen EE, auch in Ballungs-zentren und Metropolen

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Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven

5 Wärme- und Kälte-Systemkomponenten: Aufgaben, Marktdurchdringung und Potenziale

5.1 Systemintegration von Wärme-/Kältetechnologien

Sowohl die fossile als auch die erneuerbare Wärme -erzeugung findet gegenwärtig vielfach in Einzelanla-gen statt, d. h. in Einzelhausheizsystemen, die von-einander unabhängig betrieben werden. Danebensind in Ballungsgebieten unterschiedlich große Wär-menetze etabliert, die teilweise von großen fossilenHeizkraftwerken (Fernwärme), aber auch von kleine-ren KWK-Anlagen auf Basis unterschiedlicher Energie -träger bzw. Biomasseheizwerken (Nahwärme) betrie-ben werden.

Mit der zunehmenden Energiebereitstellung aus EEim Strom- und Wärmebereich entstehen unterschied-liche Herausforderungen, die eine stärkere Integra-tion des Strom-Wärme-Systems nahelegen:• Aus Effizienzgründen muss die Nutzung der

Biomasse vor allem in Kraft-Wärme-Kopplung erfolgen, was die Kopplung des Strom-Wärme-Sys tems und den Abgleich der Strom-Wärme- Erzeugung mit saisonal unterschiedlichen Last-profilen für Strom und Wärme erfordert.

• Bei stromgeführter KWK kann eine zunehmendfluktuierende Stromnachfrage zu einer einge-schränkten Verfügbarkeit der Wärmeversorgungführen. Andererseits entsteht in Zeiten des Strom-überschusses durch „Power-to-Heat“ eine zusätz-liche Option der Wärmebereitstellung.

• Klein- und Kleinst-KWK-Anlagen in Einzelobjek-ten, die bislang in den meisten Fällen zur kombi-nierten Wärme- und Eigenstromversorgung die-nen, könnten künftig dazu beitragen, dasStromnetz zu stabilisieren.

• Bisher typische Kombinationen aus erneuerbarenund fossilen Energien sind solarthermische Anla-gen als Ergänzung zu Öl-, Gas- oder Holzkesselnsowie Elektroheizpatronen in Kombination mitStückholzkesseln. In Verbindung mit Niedrigener-giehäusern und Wärmepumpensystemen kom-men vermehrt Holzöfen zur Minderung desStrom bedarfs in den Wintermonaten zum Einsatz.

Zunehmend setzt sich auf allen Entscheidungsebe-nen das Verständnis durch, dass die Energiewende imWärmemarkt nur dann gelingt, wenn der Gebäude-wärmebedarf ausreichend abgesenkt wird. Insofernwird es zukünftig über die Abhängigkeiten hinaus,die bereits im EEWärmeG und in der EnEV vorgese-hen sind, weitergehende verbindende Regelungengeben. Im Zuge der zeitgestaffelten Verschärfungender Gebäudeeffizienzanforderungen und der langfris -tigen Sanierungszeiträume wird es immer größereUnterschiede in den Gebäudewärmebedarfen undden Bedarfskurven geben.

In Verbindung mit den unterschiedlichen Vorteilenund Restriktionen der einzelnen erneuerbarenWärme optionen wird es zu einer weitergehendenAus differenzierung der Lösungskonzepte kommen.Potenziale zur Systemintegration bestehen zum einendurch die verbesserte Kombination unterschiedlichererneuerbarer Energieträger, zum anderen aber auchdurch eine engere Verknüpfung des Strom- und Wär-memarktes. Weil sich Wärme zumindest im Tages -umfang leichter speichern lässt, wird sich die Wärme-bereitstellung zunehmend an den Bedürfnissen derStromnetzstabilität ausrichten müssen. Gleichzeitigwird es Verknüpfungspunkte zwischen Wärmesektor

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und Mobilität geben. Bisher zeigen jedoch viele Ansätze zur Kombination und Systemintegration sowohl ökonomisch als auch energetisch eher nied-rige Gesamteffizienzen. Dies ist vor allem auf nichtoptimal abgestimmte Systemkomponenten und ver-besserungsbedürftige Regelsysteme zurückzuführen.

ForschungsbedarfEs besteht ein umfassender F&E-Bedarf zur Unter -suchung systemtechnischer Fragestellungen: mögli-che nachhaltige (Strom-)Wärme- und Kälte-Sys teme,die gegenseitigen Abhängigkeit ihrer Komponentenund Sektoren sowie die notwendigen Steuer- und Regelstrategien der komplexer werdenden und wei-tergehend integrierten Systeme. Hierzu müssen Methoden zur Systementwicklung und -opti mierung,der Variantenbewertung sowie der Beschreibung undDarstellung der komplexen Sys teme erarbeitet undangewendet werden.

Weiterhin sind notwendig:• die Entwicklung von optimierten Transforma -

tionspfaden, auf denen die identifizierten Ziel -systeme erreicht werden können

• die Bereitstellung von praxisnahen Methoden fürdie Planung. Dabei sind einerseits die techno -logischen Perspektiven der Komponenten undSys teme des Strom-Wärme- und Kälte- Systemsund der Sys teme, in die sie eingebettet sind, zuberücksichtigen (z. B. Gebäudetechnik, Informa-tions- und Kommunikationstechnologie) als auchsoziale, regulatorische und ökonomische Aspektebezüglich der Implementierung (Image der Tech-nologien, Investorentypen und deren Motivationund Handlungsoptionen, Geschäftsmodelle).

5.2 KWK

Aufgabe, Wechselwirkungen und Perspektiven im Strom-Wärme-SystemKraft-Wärme-Kopplung (KWK) 9 ist ein Prozess, derzugleich Strom und Wärme/Kälte erzeugt. Die Ener-gieträger werden wesentlich effizienter genutzt undPrimärenergie wird eingespart. Aufgrund dessen wirdder Ausbau von KWK sowohl von der EuropäischenUnion (EU-Richtlinie 2004/8/EG), wie auch vonDeutschland (KWKG, EnEV, MAP, Energiesteuerge-setz, EEWärmeG) unterstützt. Der Prozess selbst stelltbereits einen Schnittpunkt im Strom-Wärme-Systemdar. Die gekoppelte Erzeugung bedarf daher der zeit-gleichen Nachfrage nach beiden Endenergien oderder Speicherung einer von beiden. Für Wärme undKälte gibt es bereits gute Speichertechnologien, sodass die Gesamteffizienz auch dann gewahrt bleibt,

wenn die Nachfrage nach Strom und Wärme zeitlichauseinanderfällt. Für die Nutzung von Biomasse istdie KWK-Technologie in Deutschland notwendig, umdie Effizienzziele zu erreichen. Der Einsatz wird zu-nehmend durch den Strombedarf gesteuert, um diefluktuierende Einspeisung der erneuerbaren Energienauszugleichen. Wärmeseitig bedürfen KWK-AnlagenStandorte nahe den Verbrauchszentren in Ballungs-gebieten oder Industrie. Die Kapazitäten für die Ver-sorgung mit Raumwärme und Warmwasser werdensich dabei den Gebäudestandards hin zum Passivhausanpassen müssen, sodass dezentrale Nahwärme- Konzepte an Bedeutung gewinnen.

Marktdurchdringung der KWK im WärmebereichNational hat der Ausbau von KWK-Anlagen zuge-nommen, was mitunter an der Anreizwirkung der Eigenerzeugungsprivilegien (Ersparnis der EEG-,KWK- und Offshore-Umlagen, Netzentgelte, Konzes-sionsabgaben, Stromsteuern sowie Steuerbegünsti-gungen bei Brennstoffen) liegt, welche die Wirt-schaftlichkeit der Anlagen deutlich erhöhen.Dennoch sinkt der Anteil des KWK-Stroms an derNettostromerzeugung, da Deutschland zunehmendmehr Strom in Kondensationskraftwerken erzeugtund exportiert. Dies kontrastiert unvorteilhaft mitdem offiziellen Ziel, bis zum Jahr 2020 einen KWK-Anteil von 25 % zu erreichen.

Neue KWK-Kleinanlagen mit 1 kWel sind für Neubau-ten heutigen Dämmstandards konzipiert und in derErprobung. Die Ausbaupotenziale liegen damit nichtnur in der Industrie und in Ballungsgebieten, sondernauch in der Wärmeversorgung von Gebäuden, dienicht an Wärmenetze angeschlossen sind. Mittels Investitionszuschüssen wird der Ausbau von Kleinan-lagen bis 20 kWel gefördert. Rund 11.000 der im Zeit-raum von 2009 bis 2013 zugebauten und durch dasKWKG geförderten 24.000 Anlagen liegen im Leis -tungsspektrum von 2 bis 10 kWel. Das größte Poten-zial besteht aber in der Industrie sowie im Ausbauund der Verdichtung bestehender Wärmenetze inBallungsgebieten.

Potenziale für die weitere Optimierung undForschungsbedarfDie KWK ist eine technisch ausgereifte Technologiein den mittleren und großen Leistungsklassen. In denkleinen und sehr kleinen Leistungsklassen (z. B. fürden dezentralen Einsatz in Einfamilienhäusern) gibtes bereits mehrere nationale wie internationale Hersteller, die erste Anlagen anbieten. Diese müssenihre Langlebigkeit und Wirtschaftlichkeit noch unter Beweis stellen. Investitionskostenzuschüsse und Ein-

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Positionspapier des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien

9 Aus Gründen der Lesbarkeit wird bei der Verwendung des Begriffs „Kraft-Wärme-Kopplung“ in diesem Text auf die explizite Benennung der Kälte-Komponente verzichtet, sie ist jedoch implizit mit eingeschlossen.

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speiseprämien schaffen einen gewissen Ausgleich,doch fehlendes Wissen und mangelnde Akzeptanzsowie rechtliche und organisatorische Hürden sindnoch zu überwinden.

Optimierungsbedarf besteht in den Wärmeverteilnet-zen. Erhebungen verzeichnen dort teils erheb liche Effizienzeinbußen. Doch auch hier sind es wenigertechnische als vielmehr wirtschaftliche Rahmenbedin-gungen, die eine stärkere Nutzung der KWK bisherhemmen.

5.3 Wärmespeicher

Aufgabe, Wechselwirkungen und Perspektiven im Strom-Wärme-SystemWärmespeicher spielen derzeit in erster Linie im Nie-dertemperatur-Sektor als Pufferspeicher für Gebäude-Heizungssysteme eine Rolle. Zukünftig wird die Rollevon Nieder- und Hochtemperatur-Speichern jedochinsbesondere an der Schnittstelle zwischen Strom-und Wärmemarkt (Flexibilisierung der KWK, Power-to-Heat, Heat-to-Power) relevant sein, außerdem inder Einbindung höherer Anteile an Solarthermie indie Wärmeversorgung, für die indus trielle Abwärme-Nutzung oder in Solarthermischen Kraftwerken(CSP). Im Wesentlichen kommt es darauf an, die Anforderungen integrierter Prozesse voneinander zuentkoppeln. An der Schnittstelle zwischen Strom-und Wärmesektor geschieht dies mit dem Ziel, dieFlexibilität der Anlage sowohl in Bezug auf die Strom-und Wärmeseite zu erhöhen und dadurch die spezi-fischen Nachfrageprofile in beiden Sektoren in opti-mierter Weise zu decken.

Wärmespeicher zeichnen sich durch eine hohe Hete-rogenität in der Anwendung und der verwendetenTechnologien aus. Im Vergleich zu Strom lässt sichWärme verhältnismäßig einfach speichern. Die dreiwichtigsten Vorzüge der Wärmespeicherung gegen-über anderen Speichertechnologien sind die ver-gleichsweise niedrigen Kosten, die hohe Zyklenfestig-keit und die hohe Ressourcengenügsamkeit.

Solare Wärme (Solarthermie) ist ebenso wie Windund PV nicht regelbar und schwankt signifikant imtäglichen und jahreszeitlichen Rhythmus. Daher musssolare Wärme zwischengespeichert werden, um be-darfsgerecht zur Verfügung gestellt werden zu kön-nen. Für niedrige solare Deckungsgrade des Gesamt-wärmebedarfs – z. B. zur solaren Unterstützung derWarmwasserbereitung – reichen kleine Warmwasser-Tagesspeicher aus, um das mittägliche Dargebots -maximum bis zu den Bedarfsspitzen für Warmwasser– typischerweise am Vormittag und am Abend – spei-chern zu können. Eine Erhöhung des solaren Ertragesin einem Gebäude ist nur begrenzt durch alleinigeVergrößerung der solarthermischen Anlage erreich-bar. Sollen auch signifikante Anteile des Heizwärme-bedarfs solar gedeckt werden, sind bei Einzelgebäu-den Mehrtageswärmespeicher (z. B. 800 Liter für einEFH) für typische Kombianlagen mit ca. 25 % solarerDeckung des Gesamtwärmebedarfs, Wochenspeicher(z. B. 5.000 Liter für ein EFH) für SolarAktivHäuser mitca. 60 % solarer Deckung und deutlich größere sai-sonale Speicher für eine solare Deckung von 90 % bis100 % erforderlich. Die saisonale Speicherung derWärme bietet sich insbesondere für Nahwärmenetzeauf Quartiersebene an, da große Wärmespeicher mitz. B. 10.000 m3 Wasserinhalt ein sehr gutes Ober -fläche-Volumenverhältnis aufweisen und den Ertrags-überschuss der Solarwärmeanlage im Sommer mitgeringen Verlusten zeitversetzt im Winter zur Behei-zung bereitstellen können. Berechnungen zeigen,dass große saisonale Wärmespeicher langfristig inVerbindung mit Wärmenetzen eine unverzichtbareKomponente im Energiesystem darstellen.

KWK-Anlagen – seien es Heizkraftwerke, die in Fern-wärmenetze einspeisen, seien es BHKWs zur dezen-tralen Objektversorgung – werden bislang überwie-gend wärmegeführt gefahren und können so als„Must-Run“-Anlagen nicht flexibel auf den aktuellenStrombedarf reagieren. Der Einsatz von thermischenSpeichern ermöglicht die zeitliche Entkopplung desStrom- und Wärme-Outputs. Im Falle einer geringenStromnachfrage bei gleichzeitig hoher Wärmenach-frage kann Wärme aus dem Speicher ausgekoppeltwerden, ohne dass die KWK-Anlage am Netz seinmuss. Im Falle einer hohen Stromnachfrage ohnegleichzeitigen Wärmebedarf kann der Speicher gela-den werden. Darüber hinaus können Wärmespeichermit einer elektrischen Widerstandsheizung ausgerü-stet werden, sodass zu Zeiten sehr niedriger oder garnegativer Strompreise der Wärmespeicher mit Stromaus dem Netz aufgeladen oder alternativ negative Regelenergie bereitgestellt werden kann.

Der betriebswirtschaftliche „Wert“ einer mittels Wär-mespeicher flexibilisierten KWK-Anlage liegt darin begründet, dass der Anlagenbetreiber unabhängig

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Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven

Bau eines saisonalenWärmespeichers für ein solares Nahwärmenetz © ZAE Bayern

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von der aktuellen Wärmenachfrage auf die zukünftigerwartete größere Volatilität der Strompreise reagie-ren und zu Hochpreiszeiten Strom an der Börse an-bieten kann, während er zu Niedrigpreiszeiten dieAnlage herunterfahren kann. Im Falle sehr niedrigerStrompreise kann mittels einer elektrischen Wider -stands heizung Wärme zu vergleichsweise geringenKosten produziert werden. Diese liegen bei geeigne-ten energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungenunter den Kosten einer brennstoffbasierten Wärme -erzeugung im Spitzenlastkessel. Darüber hinaus ermöglicht der Speicher auch die Teilnahme an Regel -energie- und Intradaymärkten. Der volkswirtschaftli-che Wert des Speichers und somit einer flexiblenKWK ergibt sich insbesondere aus der Möglichkeit,höhere Anteile an erneuerbaren Energien in dieStromversorgung einzubinden, wenn die Leistungkonventioneller „Must-Run“-Einheiten reduziert wird.Durch den Speicher können die Anlagen auch einenBeitrag zur gesicherten Leis tung und daher einen Bei-trag zur Versorgungssicherheit leisten.

Der „Wert“ des Speichereinsatzes ist je nach Anwen-dung unterschiedlich: Abwärmenutzung und Ein bin - dung von Solarthermie reduzieren Brennstoff verbrauchund -kosten. Speicher, die das Wärmemanagementunterstützen, ermöglichen eine geringere Dimen -sionierung und eine bessere Auslastung der konven-tionellen Wärmeerzeuger, die sich positiv auf Investi-tionskosten, Verschleiß, Effizienz und Emissionenauswirkt. Bei der Verstromung von Abwärme reduziertsich der Bedarf an extern zu beziehendem Strom.

Wärmepumpen in Kombination mit Warmwas-serspeichern: Die Kombination einer Wärmepumpemit einem Niedertemperatur-Speicher erlaubt einestromgeführte Fahrweise des Wärmepumpen-Hei-zungssystems und ermöglicht die Verschiebung derStrom-Nachfrage. Die Wirtschaftlichkeit des Systemshängt signifikant von der zeitlichen Struktur der (End-kunden)-Strompreise, den Investitionskosten und derEffizienz des Gesamtsystems ab. Das System Wärme-speicher plus Wärmepumpe konkurriert mit anderenLastmanagement- und Flexibilitäts-Optionen.

Marktdurchdringung der WärmespeicherSolarthermie: Einzelne Forschungsvorhaben mit Pilotanlagen mit großen saisonalen Wärmespeichernhaben gezeigt, dass es prinzipiell möglich ist, durchEinspeichern des Ertragsüberschusses im Sommer so-lare Deckungsgrade im Bereich von über 50% überdas ganze Jahr zu erhalten. Diese Speicher sind nochnicht wirtschaftlich. Bei weiterer technischer Optimie-rung, Kostenminimierung und gleichzeitiger Steige-rung der Energiepreise kann jedoch langfristig fürgroße Quartiersspeicher der wirtschaftliche Bereicherreicht werden.

Da große Speicher aufgrund des günstigeren Verhält-nisses von Oberfläche zu Volumen geringere Verlusteund deutlich geringere spezifische Investitionskostenaufweisen, werden saisonale Wärmespeicher über-wiegend in solar unterstützten Nahwärmenetzen ein-gesetzt. Als thermische Speicher kommen vor allemErdbecken, Kies-, Wasser-, Erdsonden- oder Aquifer-speicher zum Einsatz.

Thermische Speicher in KWK-gespeisten Nah- undFernwärmenetzen sind in der Regel drucklose Heiß-wasserspeicher (bei ca. 90–99 °C), gelegentlich aberauch Dampfspeicher (120–130 °C) mit einer typi-schen Speichergröße bis zu 12–14 h der Wärmelastdes Wärmenetzes. Hinzu kommen Aquiferspeichermit langen Speicherzyklen von Tagen bis hin zu Mo-naten. Wärmespeicher in KWK-Anlagen sind mittler-weile eine etablierte Technologie. Große Heißwasser-speicher haben Marktreife erreicht, müssen aber, umökonomisch gegen andere Flexibilitäts optionen imStrommarkt zu bestehen, noch weitere Effizienzstei-gerung und Kostensenkungspotenziale ausschöpfen.

ForschungsbedarfForschung muss dazu beitragen, Wärmespeichersys -teme und -komponenten stärker zu standardisieren,um damit Kosten zu senken.

Weitere Forschung für Wärmespeichern sollte sichauch auf deren Systemintegration von richten. Diesbetrifft insbesondere Langzeitspeicher für solareWärme, Speicher in Wärmenetzen und in industriel-len Prozessen sowie in der Objektversorgung. DieKopplung des Wärme- und Stromsektors durch Optimierung der Speicherbeladung und Schichtungmit PV-Strom (direkt oder Umschichtung mit Wärme-pumpe) ist hier ein wichtiger Forschungsgegenstand.Im Bereich saisonaler Wärmespeicher geht es um weitere technische Optimierung und Kostenminimie-rung, damit große Quartierspeicher wirtschaftlich betrieben werden können.

Für Hochtemperatur-Wärmespeicher besteht ein ho her Forschungsaufwand in der Technologieent-wicklung. Grund hierfür ist eine hohe Anzahl an potenziellen Technologien zur Speicherung derWärme. Viele technologische Ansätze z. B. für Latent -wärmespeicherkonzepte oder thermochemischeSpeicher sind noch in der Forschungs- und Entwick-lungsphase. In der Energietechnik werden Latentwär-mespeicher auf der Basis von Salzen zurzeit auf ihreEignung für solarthermische Kraftwerke untersucht.Wichtige technische Herausforderungen der For-schung sind hier die Kopplung von Prozessen durchSpeicher. Unterschiedliche Wärmeströme, Tempera-turniveaus und Zeitpunkte der Verfügbarkeit an derWärmequelle und Bedarf an der Wärmesenke müssendabei mit Hilfe der Wärmespeicher in Einklang ge-bracht werden.

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Positionspapier des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien

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Zudem muss die Forschung die Entwicklung frei skalierbarer Wärmespeicher voranzutreiben, um einestandardisierte Massenanwendung zu ermöglichen.Im Bereich der thermochemischer Speicher verfolgenaktuelle Forschungsarbeiten das Ziel, neue Reaktions-systeme zu identifizieren und die gekoppelten Vor-gänge aus Wärmetransport und Stofftransport zu beherrschen. Bei Latentwärmespeichern kommt esdarauf an, Wärmetauscherstrukturen zu entwickeln,die trotz geringer Wärmeleitfähigkeit der verwende-ten Materialien eine ausreichend hohe Be- und Ent-ladeleistung ermöglichen.

Außerdem müssen die im Labor und als Pilotanlagengetesteten Konzepte auf Industriemaßstab skaliertund in Industrieprozesse integriert werden.

Es ist das Ziel der Forschung, Speicherwirkungsgradevon 90% bei deutlich geringeren Investitionskostenzu realisieren. Große Herausforderungen stellen beigroßen Warmwasserspeichern die turbulenten Strö-mungen innerhalb des Speichers dar, die sowohlSpeicherkapazität als auch Wirkungsgrad erheblich limitieren.

5.4 Heizen mit EE-Strom/Power toHeat (PtH)

PtH (Überschussstrom)Aufgrund zunehmender Anteile an fluktuierenden EEim Stromnetz kommt es immer häufiger vor, dass derNetzeinspeisung aus EE kein entsprechender Strom-bedarf gegenübersteht. Dann sinken die Strompreisean der Börse auf nahezu Null oder sogar darunter.Wenn die dann noch laufenden konventionellenKraftwerke nicht weiter heruntergeregelt werdenkönnen, kann es sinnvoll sein, den überschüssigenStrom zur Wärmeerzeugung zu nutzen, vorzugsweisein der Industrie oder in den großen Wärmespeichernder Fernwärmeversorgung. Diese hybriden Systeme,die hauptsächlich durch Gas-KWK oder Gas-Kesselversorgt werden, können durch einen Elektrodenkes-sel diesen Strom flexibel nutzen. Dadurch lassen sichBrennstoffe einsparen, mit denen sonst die Wärmeerzeugt worden wäre. Dieses Verfahren zur Einspa-rung fossiler Energieträger ist effizienter und insbe-sondere technisch wesentlich einfacher und billigerals die Erzeugung von Gas aus Überschussstrom(Power to Gas, PtG). Zudem wird die Vorhaltung vonnegativer Regelleistung in Zeiten hoher EE-Einspei-sung für PtH immer wichtiger werden.

Die energiewirtschaftliche Bedeutung von PtH ausElektrodenkesseln ist aber noch marginal und wirdauch bei EE-Anteilen unter 70 % an der Stromversor-gung noch sehr beschränkt bleiben. Zwar beträgt dernationale „EE-Überschussstrom“ gemäß Netzent-wicklungsplan für das Jahr 2035 und einem unter-

stelltem EE-Anteil von 67 % ca. 36 TWh (und damitca. 6 % des Wärmebedarfs in den Bereichen Haus-halte und Gewerbe-Handel-Dienstleistungen). Aberunter Berücksichtigung der Einbindung Deutschlandsin Europa sowie der bestehenden Speicher und derneuen flexiblen Verbraucher im Bereich E-Mobilitätund Wärmepumpen reduziert sich der „EE-Über-schussstrom“ auf ca. 1 TWh. Das ist weit weniger als1% des Wärmebedarfs im Bereich Haushalte und Gewerbe-Handel-Dienstleistungen. Erst bei einer wei-teren Erhöhung des EE-Ausbaus im Stromsektor wirdPtH stark zunehmen, um den Strom, der dann nichtmehr von anderen effizienteren Anwendungen ge-nutzt werden kann, flexibel zu verwenden.

In naher bis mittlerer Zukunft sind somit PtH-Tech-nologien nur dann wirtschaftlich, wenn die Wärmeer-zeugung mit dem überschüssigen EE-Strom sehr ein-fach und kostengünstig erfolgen kann und zu diesenZeiten ein entsprechender Wärmebedarf vorhandenist. Voraussetzungen sind eine ausreichende Strom-leitungskapazität zwischen Erzeuger und Speicher,ein sehr günstiger Wärmeerzeuger (Heizstab), ausrei-chende und aufnahmebereite Wärmespeicherkapazi-täten und ein ausreichender Wärmebedarf in ange-messener Zeit nach Beladung des Wärmespeichers.

5.5 Wärmenetze und kommunale Wärmepläne

Wärmenetze sind eine wichtige Voraussetzung für dieNutzung von effizienter KWK, Tiefengeothermie, kostengünstiger solarer Wärme und industrieller Abwärme. Häufig bleiben Potenziale ungenutzt, weiles in Deutschland noch zu wenige Wärmenetze gibt.Um Abhilfe zu schaffen, ist das EEWärmeG in seinerjetzigen Form wenig geeignet, da es auf einzelne Gebäude und nicht auf die Quartiersebene oder son-stige Siedlungseinheiten ausgerichtet ist. Neue Wär-menetze müssen von kollektiv wirksamen Entschei-dungen getragen werden.

Als Initiatoren und Akteure zur Durchführung kollek-tiver Entscheidungen sind die Kommunen und derenGremien besonders geeignet. In Dänemark hat dielangjährige kommunale Wärmeplanung dazu beige-tragen, dass dort bereits heute über 40% des Wär-mebedarfs aus erneuerbaren Energien bereitgestelltwerden und bis zum Jahr 2035 eine Vollversorgungmit erneuerbarer Wärme angestrebt wird.

Jede Kommune hat ihre eigene, unverwechselbareCharakteristik. Dennoch treten bei der Erstellung vonWärmeplänen in allen Kommunen ähnliche Fragenmit strukturellem, technischem oder finanziellemHintergrund auf. In diesen Fällen kann von den über-geordneten Verwaltungsebenen (Land oder Bund)Hilfestellung geleistet werden. Aufgabe der Wissen-

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Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven

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schaft ist es, erstens diejenigen Fragen zu identifizie-ren, die in jeder Gemeinde gestellt werden, und dannzweitens die Elemente zur Beantwortung dieser Fra-gen (z. B. Daten zu Technik und Kos ten) in einem Katalog zusammenzufassen, der jeder Gemeinde zurVerfügung gestellt werden kann.

Darüber hinaus können von der Wissenschaft Min-destanforderungen an die Struktur eines Wärme -planes ausgearbeitet werden, mit denen abgesichertwird, dass spätere Ausarbeitungen des Konzepts

möglich sind, dass die Ergebnisdarstellung auch fürAußenstehende transparent ist, dass ein quantitativerVergleich mit anderen Kommunen möglich wird unddass sich die Ziele der verschiedenen Gemeindenohne die Gefahr von Doppelzählungen zu einem Ge-samtziel auf Landes- oder Bundesebene aufaddierenlassen. Hierfür müssen Leitlinien erarbeitet werden,die den Umfang, die Vorgehensweise, die Dokumen-tation und die Struktur der Darstellung umreißen.

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Positionspapier des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien

6 Empfehlungen für den Ausbau nach hal tigerWärme- und Kälte-Technologien

6.1 Technologieübergreifende Empfehlungen

Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit, den Wärme-markt mit regulatorischen Instrumenten zur Steige-rung der Energieeffizienz und zur Verbreitung von EEzu beeinflussen. Die künftige Wärmepolitik solltedabei folgende technologieübergreifenden Aspekteberücksichtigen:

• Eine beschleunigte Transformation des Wärme -sektors erfordert sowohl einen Technologie-entwicklungsschub durch verstärkte F&E-An strengungen als auch verstärkte Markt- einführungshilfen.

• Die Bedeutung der einzelnen Wärmetechno -logien für eine nachhaltige Wärmeversorgung istnur aus einer ganzheitlichen Betrachtung desEnergie systems und der Verknüpfungen desWärme-, Strom- und Mobilitätssektors zu bewer-ten. Deshalb müssen Instrumente zur Bewer-tung der Rolle von Einzeltechnologien imGesamtenergiesystem Strom-Wärme-Mobi-lität entwickelt werden, wobei energetische,ökologische und ökonomische Aspekte zu be-rücksichtigen sind.

• Zur Erreichung der anspruchsvollen CO2-Minde-rungsziele müssen prinzipiell alle technologischenAnsätze im Bereich Dämmung und EE-Wärme sowohl im Gebäudebestand als auch im Neubaugenutzt werden. Um eine rasche Entwicklungvon Technologien zu erreichen, die sich auf un-terschiedlichem Entwicklungsstand bewegen, isteine technologiespezifische Unterstützungder F&E sowie der Markteinführung erfor-derlich.

• Generell ist bei F&E und Markteinführung einegroße Bandbreite an nachhaltigen Versor-gungsoptionen zu gewährleisten, da sowohldie Investoren in ihren Motivationen und Argu-menten als auch die Anwendungsfälle sehr hete -rogen sind und es deshalb nicht eine ideale Lö-sung gibt, sondern auch künftig eine großeBand breite von Lösungen eingesetzt werden wird.

• Die gesetzlichen Effizienzanforderungen imNeubau müssen weiterhin schrittweise erhöhtwerden, um die Weiterentwicklung der Effizienz-und erneuerbaren Wärmetechnik zu stimulieren.

• Künftig muss der Gebäudebestand wesent-lich stärker adressiert werden, um entwederdurch Anreize (wie z. B. MAP oder Steuerab-schreibung) oder durch Pflichten (wie z. B. Sanie-rungspflicht) eine signifikante Erhöhung derenerge tischen Sanierungsrate auf 3 % jährlich zuerreichen. Die Instrumente und ihre Wirksamkeitsind bekannt, sodass die Politik ent schei dungs -fähig ist.

• Aufgrund der hohen Heterogenität der Markt -akteure, Investoren und Technologien bedarfeine erfolgreiche Wärmewende der Klar-heit und Kontinuität in der Politik, um nen-nenswerte Ergebnisse zu erzielen.

• EEWärmeG und EnEV sowie alle anderen Instru-mente im Wärmemarkt sollten auf ihre Verständ -lichkeit und Klarheit bezüglich ihrer Wirkungauf den Wärmemarkt hin untersucht und besseraufeinander abgestimmt werden, um Zielsetzun-gen und Maßnahmen zur Deckung zu bringen.Außerdem müssen die Praxistauglichkeit undWirksamkeit der Instrumente überprüft werden.

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• Fördermaßnahmen im Wärmesektor sollten, denpositiven Erfahrungen aus dem Stromsektor fol gend, stärker ertragsorientiert ausgestaltetwerden und sich an der Differenz zur Kosten -deckung orientieren. Deshalb sollten alle EE- Wärmeerzeugungsanlagen nachvollziehbare Ein rich tungen zur Effizienzkontrolle bzw. Ertrags-kontrolle aufweisen. Dies könnte z. B. im EEWär-meG festgelegt werden.

• Umsetzungskontrollen von gesetzlichen An-forderungen sollten auf Wirksamkeit hin über-prüft werden und in allen Bundesländern zurPflicht werden.

• Die bisher eher auf Einzelanlagen ausgerichtetenFördermaßnahmen müssen durch systemtech-nische Ansätze ergänzt werden.

• Sinnvoll ist eine verbindliche Einführung von Ge-bäudesanierungsfahrplänen. Dadurch sollvermieden werden, dass einzelne Sanierungs-schritte unkoordiniert und möglicherweise unterZeitdruck erfolgen. Nach Abschluss einer ganzenKette von Teilsanierungen soll sich ein effizientesGanzes ergeben.

Zur Steuerung der Wärmewende ist es erforderlich,dass

• die Wirksamkeit von umgesetzten technischenMaßnahmen zur energetischen Ertüchtigung regelmäßig überprüft wird, wobei der ökonomi-sche Aufwand und die aus der Planung resultie-renden Erwartungswerte berücksichtigt werden,

• bei unter den Erwartungen liegendenErgeb nissen die Systeme entlang der vollstän-digen Wirkungskette von den Komponenten unddem System über Planung, Installation und Be-trieb analysiert werden und

• die Ergebnisse aus diesen transdisziplinär durch-zuführenden Felduntersuchungen genutzt wer-den, um im Rahmen eines langfristig angelegtenkontinuierlichen Verbesserungsprozesseseine zielgerichtete Planung der Wärmewende zuerreichen.

Darüber hinaus sind folgende übergeordnete Punktebei der Weiterentwicklung des Wärmemarktes zu be-rücksichtigen:

• Eine wesentliche Zukunftsaufgabe ist die Auf -lösung des Investitionsstaus in der Wärme - anlagentechnik. Wenn Gebäudeeigentümer ihreWärmeanlagen modernisieren, sollte die Prüfungder Möglichkeiten zur Integration erneuerbarerWärme zur Pflicht werden. Dazu gehört auch derÜbergang von Einzelgebäudeversorgungen zu

Quartiers- bzw. Nahwärme-Versorgungsstruktu-ren mit KWK oder EE. Da Quartiersversorgungennicht von den einzelnen Gebäudeeigentümerngeprüft werden können, sind Konzepte zu ent-wickeln, damit die Prüfung von übergeordnetenInstitutionen durchgeführt werden kann (sieheErstellung von kommunalen Wärmeplänen, Kap. 5.5).

• Nahwärmenetze mit EE und KWK sind für dieUmsetzung nachhaltiger Wärmeversorgungs-strukturen unverzichtbar. Deren Ausbau erfolgtallerdings unter den aktuellen rechtlichen undwirtschaft lichen Rahmenbedingungen nicht mitausreichender Geschwindigkeit. Deshalb müssenAusbaupläne auf Basis von fundierten Hemmnis-analysen wissenschaftlich fundiert erarbeitet undnotwendige politische Instrumente entwickeltwerden.

• In Felduntersuchungen und Evaluationenneuer Technologien müssen kontinuierlich Um-setzungserfahrungen gesammelt und mögliche Konsequenzen auf die Markteinführungspolitikgeprüft werden.

• Kommunikationsmaßnahmen zur Reduzie-rung sozio-kultureller Sanierungshemmnisse soll-ten verstärkt werden (Best-Practice-Sammlungen,Amortisationsrechner, Imagekampagnen).

6.2 Systemintegration von Wärme-/Kältetechnologien

Die Systemintegration der Wärme- und Kältebereit-stellung aus erneuerbaren Energien umfasst eine gemeinsame Betrachtung von Wärmebedarfsreduzie-rung, abgestimmter Nutzung verschiedener erneuer-barer Energiequellen und ihrer zielgerichteten Vernet-zung mit dem Strom- und Mobilitätssektor.

Um das Zusammenspiel der Sanierung von Heizungs-anlagen mit Maßnahmen der Wärmebedarfsminde-rung zu verbessern, sind neben Auslegungs- und Beratungswerkzeugen auch technische Optionen bereitzustellen, die eine einfache Anpassung der Kesselleistungen erlauben (z. B. Leihheizgeräte). Fürdie Umstellung der Heizenergieversorgung auf erneu-erbare Energien gilt es, die unterschiedlichen erneu-erbaren Wärmequellen im optimierten Verbund zu betrachten. Es müssen Beratungs- und Planungswerk-zeuge entwickelt werden, die den jeweils ökologischund ökonomisch günstigsten Mix bestimmen unddem Nutzer vermitteln. Um die sich aus der Kombi-nation der verschiedenen erneuerbaren Energieträger(einschließlich Abwärme und Netzüberschussstrom)ergebenden Vorteile auszuschöpfen, müssen zumeinen die Systemkomponenten für die Teilanwendun-

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Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven

Page 25: Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben ... · ForschungsVerbund Erneuerbare Energien Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven Positionspapier

gen optimiert und leicht verschaltbar gestaltet werden. Zum anderen müssen entsprechende intel-ligente Verbundsystemregler entwickelt und standar-disiert angeboten werden.

Über diese rein wärmetechnischen Aspekte hinausmuss der Systembeitrag von Wärmeversorgungsan-lagen in den Strom- und Mobilitätsmarkt integriertwerden. KWK-Anlagen in unterschiedlichen Leis -tungs bereichen können durch einen angepassten Betrieb zur lokalen Stromnetzstabilisierung und zurBereitstellung der Residuallast beitragen und gleich-zeitig eine sichere Wärmeversorgung bieten. Weiter-gehende Wechselwirkungen zwischen dem Strom-und Wärmemarkt bestehen in heute bereits etab -lierten PtH-Anwendungen, in der Demonstration be-findlichen PtG-Anwendungen sowie mittelfristig inweitergehenden Kombinationen (z. B. im voraus-schauend geplanten Einsatz von Wärmepumpen).

Bei der zunehmenden Integration der Wärmeversor-gung in ein Strom-Wärme- und Kälte-System sindu. a. folgende Aspekte zu berücksichtigen:

• In der Wärmeversorgung wird es auch künftigeine Vielfalt von Lösungen für unterschiedlicheEinsatzbereiche, Verbrauchssituationen, Investo-ren etc. geben. Es sind Konzepte zur Systeminte-gration zu entwickeln, die diese Vielfalt ermög -lichen und daraus Vorteile gewinnen.

• Infrastrukturentscheidungen für das Wärme -system (z. B. Nahwärmenetze, Gasnetze) müssenauf ein integriertes Strom-Wärme-System abzie-len. Deshalb ist es erforderlich, Methoden zurEntscheidungsfindung und Geschäftsmodelle zurUmsetzung zu entwickeln.

• Die einzelnen Bestandteile des Stromsystems (Anteile der verschiedenen EE an der Stromerzeu-gung, Einführung von Stromspeichern, Smart-Grid-Technologien, Regelkraftwerke etc.) müssenim Rahmen einer zunehmenden Integration desStrom-Wärme-Systems überprüft werden, umihre Auswirkungen auf den Wärmesektor zu be-werten.

6.3 Solare Wärme

Die wesentlichen technischen Entwicklungspoten-ziale für die Solare Wärme liegen

• in der Standardisierung mit robusten und kosten-günstigen Kompaktsystemen (Integration von solarthermischem und zweitem Wärmeerzeuger),

• in Gebäuden mit höheren solaren Deckungs -anteilen an der Wärmeversorgung,

• in der Erschließung der solarthermischen Prozess-wärme und

• in solar unterstützten Wärmenetzen. Zentrale Zielsetzung ist eine Verbesserung der Wett-bewerbsfähigkeit durch Kostensenkung der Solarwär -me. Um dies zu erreichen, sind geeignete regulato -rische Rahmenbedingungen und eine Ausweitungder Forschung erforderlich.

Kostensenkungen: Die Installationskosten betragenbei kleinen thermischen Solaranlagen derzeit etwa50% der gesamten Anlagenkosten. Kostensenkun-gen können durch eine weitere Standardisierung derSolaranlagen, vereinfachte Montagekonzepte undderen Integration in die Gebäudehülle sowie durcheine optimierte Einbindung in die Gebäudewärme-versorgung erreicht werden. Kompakte, technischeinfache und robuste Lösungen stehen dabei im Vor-dergrund. Das umfasst die optimierte Anpassung derNachheizung (Kessel oder Wärmepumpe) an dieSonnenwärme und die Integration beider Energie-quellen zu einem Wärmeerzeuger. Vorteile sind ein-fachere Installation und Wartung sowie vereinfachteBedienung und ein reduziertes Fehlerrisiko, wodurchdie Kosten sinken. Mit Kompaktsystemen wird derKundennutzen leichter vermittelbar, was den Ver-triebserfolg erhöht. Dies ermöglicht auch in den Ver-triebsstrukturen eine Kos tenreduktion, die bei derKomponentenherstellung vielfach schon erzielt wurde.

Um in der Markteinführung der Solarthermie eine dynamische Entwicklung anzustoßen, werden fol-gende Maßnahmen empfohlen:

• Entwicklung von Roadmaps mit überprüf -baren Zielen, und zwar sowohl zur Marktent -wicklung durch Förderprogramme, gesetzlicheRegelungen, Öffentlichkeitsarbeit und Normenals auch zu F&E mit dem Ziel, die Kosten zu sen-ken, Technologiefortschritte und Innovationen zuerreichen sowie Marktsegmente und Anwen-dungsfelder zu entwickeln.

• Erhöhung der Mindestanforderung des EE-WärmeG: Der geforderte Beitrag durch Sonnen-kollektoren (zurzeit 15 % des Gesamtwärme be -

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Positionspapier des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien

Außenteststand desTestLab Solar ThermalSystems des © Fraunhofer ISE

Page 26: Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben ... · ForschungsVerbund Erneuerbare Energien Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven Positionspapier

darfs) sollte deutlich angehoben werden, da imZuge des steigenden Wärmestandards im Neu-baubereich der Raumheizbedarf weiter abnimmtund der Anteil der Warmwasserbereit stellung undder Wärmeverteilung kontinuierlich ansteigt. Dienach EEWärmeG pauschaliert geforderten Kollek-torflächen sind entsprechend anzuheben.

• Erhöhung der Fördersätze in den bestehen-den Förderprogrammen: Solarthermische Anlagen sollten im MAP und von der KfW deut-lich stärker gefördert werden mit dem Ziel, dieDeckungslücke zur Wirtschaftlichkeit zu schließen.

• Systematische Markterschließung der Solar -wärme für Mehrfamilienhäuser und Gebäu-deensembles durch Förderprogramme, Anspra-che der Wohnungswirtschaft und begleitendeForschungs-, Entwicklungs- und Demonstrations-projekte.

• Verbesserung der Randbedingungen fürneue Wärmenetze auch außerhalb von Bal-lungsräumen, z. B. durch Anreize zur Erstellungkommunaler Wärmepläne.

• Verbesserung der technischen und wirt -schaft lichen Randbedingungen für die Ein-speisung von Niedertemperaturwärme inWärmenetze, z. B. durch Schaffung von Anrei-zen zur Verringerung der Temperaturen in be -stehenden Wärmenetzen und Entwicklung, Etablierung und Bewertung von neuen Nieder-temperaturnetzen (Low-Ex-Konzepte).

• Weiterentwicklung der einschlägigen Nor-men und Regeln im Wärmebereich mit demZiel, den Nutzen der solarthermischen Kompo-nenten und Anlagen sachgerecht abzubilden undunbillige Hemmnisse für deren Verbreitung abzu-bauen.

• Implementierung von Verfahren zur Garan-tie von solaren Erträgen in größeren Anlagenfür Mehrfamilienhäuser, Gewerbe und Wärme-

netze mit dem Ziel, die geplante Wirtschaftlich-keit von Investitionen nachweisbar zu erreichen.

• Unterstützende Maßnahmen zur weiterensystematischen Erschließung von solarenProzesswärmeanlagen, unter Beibehaltungder Förderquote, mit Definition und Überprüfungvon Kostensenkungszielen.

• Verstärkte Informationen über die Bedeu-tung der Solarthermie als Baustein einernachhaltigen Wärmeversorgung, um sie beipotenziellen Anwendern, Planern und Installa-teuren bekannter und attraktiver zu machen.Dazu gehört auch eine stärkere Bewerbung derFörderprogramme wie auch integrierte Weiter-bildungs- und Schulungssysteme für Planer undInstallateure.

6.4 Biomasse

Biomasse ist eine hochwertige und begrenzte Res source mit vielfachen Nutzungsoptionen (z. B. Ernährung, Futtermittel, Material und Energie) undda rüber hinaus gehenden Funktionen im Ökosystem(z. B. Biodiversität, Erholungsräume). Sie wird imZuge der aus Klimaschutzgründen verfolgten Substi-tution fossiler Kohlenstoffquellen für Energie und Materialien (Bioökonomie) und aufgrund der weiterwachsenden Weltbevölkerung und ihrer Ansprüchekünftig verstärkt nachgefragt werden. Prinzipiell mussdie Biomassebereitstellung und -nutzung unter nach-haltigen Bedingungen erfolgen und bei der Bio -massegewinnung ist die Erhaltung der Schutz- undErholungsfunktion der Natur sicherzustellen. Der Ernährungssicherung muss vor der energetischenNutzung der Biomasse Vorrang eingeräumt werdenund in der Bioökonomie ist die stoffliche Verwendungin Nutzungskaskaden anzustreben.

Für die energetische Biomassenutzung ergeben sichdaraus folgende Empfehlungen:

• die Bereitstellung von Bioenergie sollte nach-rangig zu anderen erneuerbaren Lösungen erfol-gen, niedrigere oder vergleichbare Kosten auf-weisen, und außerdem auf eine höchstmöglicheEffizienz (mindestens 80 % Gesamtnutzungs-grad) im Energiesystem abstellen (KWK-Lösun-gen mit stromnetzstabilisierender Wirkung;Stromkennzahl mindestens 1).

• Generell ist eine bessere Integration von Bio-massekonversionsanlagen in das Wärmever-sorgungskonzept von Gebäuden und Quartierenim Verbund mit anderen erneuerbaren Wärme-quellen zu realisieren, um hohe Jahresnutzungs-grade des Gesamtkonzepts zu gewährleisten und

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Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven

Biogasanlage der Naturgas QuesitzGmbH © DBFZ

Page 27: Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben ... · ForschungsVerbund Erneuerbare Energien Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven Positionspapier

um die Speicherfähigkeit der Biomasse optimalauszunutzen (z. B. kostengünstiges Back-Up fürandere erneuerbare Wärmequellen mittels Einzel-raumfeuerungen mit Wassertaschen).

• Wärmenetzen sollte bei ökonomischer undökologischer Vorteilhaftigkeit unter Berücksichti-gung der Effekte des demographischen WandelsVorrang vor der Nutzung von Biomasse in Einzel-feuerungsanlagen eingeräumt werden. In derderzeitigen Wärmeversorgungsstruktur gibt esnoch vielfältige Optionen, um mittels einer engenVerzahnung von Infrastruktur- und Bauleit -planung (Wärmekataster) zentrale Wärmever -sorgungskonzepte unter Einbeziehung vorhande-ner oder neuer Wärmenetze zu identifizieren undbevorzugt umzusetzen.

• Nicht in Wärmenetze integrierte Biomasse-heizanlagen mit dem Ziel einer alleinigen Ab-deckung der Wärmebedarfe aus Biomasse solltensich zunehmend auf den energetisch nicht odernur schwer sanierungsfähigen Altbaubestand(z.B. denkmalgeschützte Gebäude oder Gebäudemit erhaltenswerter Fassade) konzentrieren.

• Der weitere Ausbau der Wärme aus Biogasmussunter den derzeitigen rechtlichen Rahmenbedin-gungen künftig aus der Optimierung des Anla-genbestandes resultieren. Ansätze im Sinne eines „Anlagenpoolings“ zur Umsetzung angepassterWärmenetze, zur bedarfsgerechten Strom erzeu -gung sowie zur Ermöglichung der Gasaufberei-tung und -einspeisung sollten daher weiter ent-wickelt werden.

• Der direkte Bezug von aufbereitetem Biogas(Biomethan) über das Erdgasnetz ist zwarseit 2009 möglich, kann aber im Sinne des EEWärmeG nur in Kraft-Wärme-Kopplung ge-nutzt werden. Dies sollte, angesichts der vorhan-denen ökobilanziellen Einschätzungen (KWK vorTreibstoff vor Wärme), auch weiterhin so gehand-habt werden. Aus dem gleichen Grund sollteauch der Einsatz flüssiger Bioenergieträger im EEWärmeG auf die Nutzung in KWK-Anlagen beschränkt werden. Insbesondere da in der Öffentlichkeit, trotz vorhandener Nachhaltigkeits-verordnung, beim Einsatz von flüssigen Bioener-gieträgern aus nachwachsenden Rohstoffen dieNachhaltigkeitsbedenken besonders hoch sind.

• Bei der Weiterentwicklung des EEWärmeGsollten sowohl die hier vorgeschlagenen Ansätzeintegriert als auch für alle Kessel und Öfen tech-nische Mindeststandards vorausgesetzt werden.

• Weiterhin sollten die technischen und rechtlichenVoraussetzungen geschaffen werden, um im Wär -mebereich künftig verstärkt nicht-holz artige

Festbrennstoffe einsetzen zu können. Dabeisollte die regionale Verfügbarkeit biogener Rest-stoffe und Nebenprodukte besondere Beachtungfinden.

• Angesichts der zunehmenden stofflichen Bio-massenutzung sind Rahmenbedingungen zuschaffen, die eine vollständige und effiziente Nutzung der (anteilig) biogenen Abwärme aus thermischen Abfallbehandlungsanlagen fördern.Dabei ist die energetische Optimierung der ge-samten Reststoffkette einschließlich der Abfall -verbrennungsanlagen und der gegebenenfallsnoch vorhandenen freien Kapazitäten dringend er-forderlich, um kontaminierte Biomassen aus der vorhergehenden stofflichen Verwertung effizientzu nutzen.

• Die Mitverbrennung von Biomasse in Kohle -kraftwerken kann kurzfristig eine Minderungder Treibhausgasemissionen ermöglichen. Diesedarf aber nur unter strikter Einhaltung von Nach-haltigkeitskriterien – auch bei Importen – undhoher Effizienz der Energieverwertung (KWK)stattfinden. Keinesfalls darf der Betrieb von Kohlekraftwerken durch die Mitverbrennung zeit-lich verlängert werden.

• Essentiell für eine zielführende Weiterentwicklungdes erneuerbaren Wärmemarktes ist ein zeitnahesMonitoring. Hier besteht insbesondere bei denBiomassefeuerungsanlagen ein erheblicher Nach-holbedarf, der in enger Zusammenarbeit mitdem Schornsteinfegerhandwerk zeitnah ange-gangen werden sollte.

Insgesamt sollte Biomasse zukünftig bevorzugt für dieSystemintegration aller erneuerbaren Energien ge-nutzt werden. Das heißt, vorrangig sind erneuerbareWärmeangebote aus der Solarthermie, von effizien-ten Wärmepumpen, aus der Abwärme und aus Über-schussstrom zu erschließen. Biomasse sollte dannmittelfristig nur noch die verbleibenden Bedarfs -lücken schließen. Deshalb ist eine maßgebliche Weiterentwicklung der Flexibilität und der regelungs-technischen Einbindung und Vernetzung der Biomas-sefeuerungsanlagen in kombinierte Wärmeversor-gungskonzepte voranzutreiben. Dabei sollte – unterBeibehaltung hoher Effizienzen der Einzeltechnolo-gien – kurzfristig durch geeignete Regelungskonzepteder Jahresnutzungsgrad kombinierter Systeme ummindestens 5 bis 10 Prozentpunkte angehoben werden. Außerdem kann Biomasse als Brennstoff inKWK auch Strom bereitstellen. Auch hier muss dieEntwicklung der notwendigen Integrationskonzeptezur Absicherung der Stromnetzstabilität und der Versorgungssicherheit gefördert werden.

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Positionspapier des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien

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6.5 Wärmepumpen

Folgende Aktivitäten sollten zum effizienten Einsatzvon Wärmepumpen umgesetzt werden:

• Abbau der regulatorischen und betriebs-wirtschaftlichen Hemmnisse bei der Installa-tion von Erd wärmesonden wenigstens in dengeologisch unkritischen Gebieten, da erdgekop-pelte Wärmepumpen grundsätzlich effizientersind als Luft-Wärmepumpen.

• Verstärkter Einsatz von effizienten Wärmepum-pen im Gebäudebestand (z. B. Hybridsysteme,Einsatz in Heizungsanlagen mit reduzierter Betriebstemperatur).

• Qualitätskontrollen zur Erhöhung der durch-schnittlichen Arbeitszahlen von Wärmepumpen.

• Verstärkung der Forschungs- und Entwick-lungsarbeiten im Bereich effizienter Wärme-pumpen und Systemeinbindung.

• Verbesserung der Datengrundlage, um die Effi zienz von Wärmepumpen durch Maßnahmenim Bereich des installierenden Handwerks zu ver-bessern. Hilfreich wäre die Durchführung des Eva-luationsprogramms, das in den Richtlinien zumMarktanreizprogramm der Bundesregierungschon 2008 angekündigt wurde.

6.6 Kälte

Bei der Umwandlung von erneuerbarer Wärme inKälte ist der benötigte Wärmeaufwand erheblich. Beider Gestaltung von regulatorischen Instrumenten fürWärme und Kälte aus erneuerbaren Energien könntediesem Sachverhalt durch eine veränderte Gewich-tung in der Transformation erneuerbarer Energie inKälte Rechnung tragen. Als Beispiel kann pro Ener-gieeinheit Nutzkälte eine Energieeinheit erneuerbarerWärme größer 1 angesetzt werden.

Die elektrisch betriebene Kompressionskältetechniksollte ins EEWärmeG aufgenommen werden, weil dadurch PV-Strom genutzt werden kann und die so-larthermische Kühlung in diesem Leistungssegmentderzeit nur begrenzt wirtschaftlich konkurrenzfähigist. Es muss durch geeignete regelungstechnischeund anlagentechnische Merkmale (z. B. Kältespei-cher, Betrieb der Kältemaschine nur bei ausreichen-der PV-Leistung, usw.) sichergestellt werden, dass PV-Strom vor Ort für die Kälteversorgung eingesetztwird. Außerdem sollte sichergestellt sein, dass diepassive Gebäudekühlung (durch Verschattung, Redu-zierung interner Wärmelasten und durch freie Küh-lung) Vorrang vor der aktiven Kühlung hat.

6.7 Tiefengeothermie

Folgende Aktivitätsfelder zur Entwicklung einer Wär-meversorgung aus tiefen geothermischen Quellensind von zentraler Bedeutung:

• Das geologische Grundlagenwissen ist durchgeeignete wissenschaftliche Exploration zu för dern mit dem Ziel, relevante geologischeWissens lücken zu schließen und eine öffentlichzugän gliche Datenbasis zu schaffen. Diese wis -sen schaftliche Maßnahme entlastet interessierteWirtschaftsunternehmen von kostenintensiver Explorationstätigkeit und dient der allgemeinenSenkung des geologischen Fündigkeitsrisikos. Indiesem Zusammenhang geht es auch um eine unabhängige Bewertung sicherheitsrelevantergeologischer Fragestellungen.

• Neue Technologien sollten im Rahmen von Demonstrationsprojekten unter Berücksichtigungder Wärmebedarfsstrukturen von den Teilneh-mern am Wärmemarkt implementiert werden.Öffent liche Investitionshilfen bei der Technologie-entwicklung und dem Aufbau von Wärmenetzensind erforderlich.

• Verstärkung der Forschungs- und Entwicklungs-aktivitäten im Bereich der Wechselwirkungen vonuntertägigem Geschehen und obertägigem Anlagenbetrieb zur Steigerung der System-verlässlichkeit, insbesondere bei Temperaturenoberhalb von 100 °C und bei der Nutzung kom-plexer Thermalwasserfluide.

• Tiefengeothermische Projekte sollten bei den vorgeschriebenen berg- und kommunalrecht -lichen Genehmigungsverfahren politisch unterstützt werden, um den strukturellen Vorteilder konventionellen Versorgung aus fossilenBrennstoffen auszugleichen, die als Vergleichs-technologie die Wirtschaftlichkeitsbewertung dertiefen Geothermie maßgeblich beeinflusst. In die-sem Zusammenhang könnte eine Liberalisierungder urbanen Wärmenetze nach dem Vorbild derStrom- und Erdgasnetze zur Integration der tiefenGeothermie in den Wärmemarkt entscheidendbeitragen.

6.8 KWK

KWK und Wärmespeicher sind Bindeglieder zwischendem Strom- und Wärmemarkt und spielen eine wich-tige Rolle bei der Umsetzung der Energiewende. Diefür das Jahr 2020 gesetzten Ziele zum Ausbau derKWK sollten weiterhin verfolgt und geeignete Maß-nahmen ergriffen werden, um diese zu erreichen. DerAusbau der KWK ist notwendig, um energieeffiziente,flexibel regelbare Stromerzeugungskapazitäten zum

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Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven

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Ausgleich der Residuallast zur Verfügung zu haben,die hohen ökologischen Ansprüchen genügen. Dieim Grünbuch genannten Ansätze für die Weiterent-wicklung des KWKG (KWK unter Nutzung von Spei-cheroptionen stärker flexibilisieren, verstärkter Einsatzfür Systemdienstleistungen und vorrangige Förde-rung emissionsarmer Anlagen) weisen in die richtigeRichtung.

Die kurzfristigen Maßnahmen sollten sich auf dieVerbesserung der wirtschaftlichen Situation derKWK konzentrieren, um den Erhalt und weiteren Ausbau von Anlagen sicherzustellen. Ziel ist eine Vermeidung von Technologie-Lock-Ins: Technologie-entwicklungen zur Bereitstellung von Flexibilität imStrom-Wärmesystem sollte sichergestellt werden,auch wenn diese zum jetzigen Zeitpunkt nur einge-schränkt wirtschaftlich sind. Niedrige Börsenstrom-preise hemmen aktuell den Betrieb und den Ausbauder KWK und damit auch eine kostengünstige undeffiziente Flexibilitätsoption durch die Kopplung vonKWK mit Speichern. Nah- und Fernwärmeversorgun-gen sollten durch gezielte Maßnahmen gefördertwerden (Beispiel Dänemark), da sie langfristig einenwichtigen Beitrag zur Kosteneffizienz des Energie -systems und zu einer hohen Systemstabilität leisten.Der FVEE schließt sich dem Vorschlag des Begleitfor-schungsvorhabens zum EEWärmeG an, vorerst aufdie Forderung nach einem anteiligen Einsatz von EEim Rahmen der Ersatzmaßnahme KWK (siehe Art. 13Abs. 2 Unterabsatz 3 der EE-RL 2009/28/EG) zu ver-zichten, um die Wirtschaftlichkeit der KWK-Techno-logie und damit die europarechtlich gewünschteMarktdurchdringung zu wahren. Die Förderdetailssollten aber so ausgestaltet werden, dass der Ausbauanderer erneuerbarer Energien (etwa durch Beiträgeder Solarthermie in den Sommermonaten) nicht behindert wird.

6.9 Wärmespeicher

Für marktfähige Technologien hat sich die Förderungvon Wärmespeichern im Rahmen des Marktanreiz-programms und des KWK-Gesetzes als erstes wirk -sames Mittel erwiesen. Die Vergütung für Speicher-leistung sollte in den kommenden Jahren sinnvollharmonisiert und Anreize sollten zielkonform ausge-richtet werden.

• Die Flexibilisierung der KWK durch Wärmespei-cher ist aus Sicht der System- und Versorgungs -sicherheit und des Klimaschutzes in der langfris -tigen Perspektive zielführend.

• Die Förderung von Wärmespeichern sollte einelangfristige Kosteneffizienz anstreben. Zu-nächst sollten Anreize geschaffen werden, grö-ßere Anlagen in wärmegeführten Wärmenetzen

mit Wärmespeichern nachzurüsten und zu einem späteren Zeitpunkt kleinere Anlagen, derenNachrüstung und Einbindung ins System deutlichkomplizierter und kostenintensiver ist. Davon un-benommen sollte die Fortführung der Wärme-speicherförderung mittels Investitionszuschüssensichergestellt werden.

• Hemmnisse bei der Sektorkopplung zwischenStrom und Wärme sollten abgebaut werden.Anreize im Strom- und Wärmemarkt müssen harmonisiert und ein einheitlicher regulatorischerRahmen der Sektoren geschaffen werden. Derzeitist der Wärmemarkt in Bezug auf CO2-Ziele, Anteil erneuerbarer Energien und Energieeffizienznicht im gleichen Maße wie der Strommarkt reguliert und die Anreize reichen nicht aus, umdie gewünschte Marktdynamik zu erreichen. Sohat z. B. die Vergütung für die Stromerzeugungaus erneuerbaren Energien (EEG) kein entspre-chendes Äquivalent im Wärmemarkt. DurchSchaffung von zielkonformen Anreizen im Wär-memarkt steigen mittelfristig der Bedarf und dieWirtschaftlichkeit von Wärmespeicherlösungen.

• Wärmespeicher können zur Systemstabilität bei-tragen. Deshalb muss der Zugang der Nachfra-geseite zur Bereitstellung von Systemdienst-leistungen im Strommarkt (Regelenergie undIntraday-Markt, sowie Reservekapazitäten) unein-geschränkt gewährleistet werden.

Viele Wärmespeichertechnologien befinden sich nochim Forschungsstadium. Marktbasierte Anreiz- undFördermechanismen greifen hier zu kurz. Pilotpro-jekte im Bereich Hochtemperatur- und Langzeit -speicherung zur technischen und wirtschaftlichenOptimierung der Speicher und Einbindung in Indus -trie- und Kraftwerksprozesse sind weiterhin dringenderforderlich und sollten vorrangig gefördert werden.Für kostengünstige Wärmespeicher sind die imKap. 5.3 genannten Forschungsaktivitäten zu verstär-ken.

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Positionspapier des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien

Keramik-Materialienim Test als Wärmespeicher © DLR

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6.10 Power to Heat (PtH)

Derzeit gibt es noch gravierende Hemmnisse beimEinsatz von PtH, da der Überschussstrom an der Börsezwar nahezu kostenfrei bezogen werden kann, abervom Endverbraucher dennoch die üblichen Auf-schläge für Netznutzung, EEG-Umlage sowie dieSteuern zu bezahlen sind. Hier sollten Regelungenentwickelt werden, die die Nutzung von Überschuss-strom aus erneuerbaren Energien erleichtern. Dabeiist darauf zu achten, dass nur Überschussstrom verheizt wird und nicht etwa ein zusätzlicher, auskonventionellen Kraftwerken zu deckender Strom -bedarf generiert wird, wie es beispielsweise beimNeubau von Nachtspeicherheizungen der Fall ist. Zielder Regelungen ist es, dass das volkswirtschaftlich un sinnige Abschalten von PV- oder Windenergiean-lagen vermieden wird.

Sowohl für den Umgang mit negativen Strompreisenals auch für die Vermeidung von Netzengpässen gibtes konkrete Vorschläge zur Anpassung von heutigenRegelungen im Strommarkt, so dass Strom aus erneu-erbaren Energien, der bisher abgeregelt wird, imWärmesektor künftig betriebswirtschaftlich sinnvollgenutzt werden kann. Dazu gehören eine Absenkungder EEG-Umlage für diesen „Überschuss“-Strom sowiebei mangelnder Durchleitungskapazität Maßnahmen,die dessen erzeugernahe Nutzung ermöglichen. Hier-aus können Kostenentlastungen für den Endverbrau-cher resultieren. Eine technologieneutrale Alternativezu einer Absenkung der EEG-Umlage für PtH stellt dieEinführung einer dynamischen EEG-Umlage dar.

6.11 Wärmenetze und kommunale Wärmepläne

Die Energiewende kann auf lokaler Ebene durch eineintegrale Planung und Umsetzung von Kommunenmeist kostengünstiger und erfolgreicher umgesetztwerden als durch unkoordinierten Aktivitäten einzel-

ner Bauherren. Kommunen verfügen über vielerleiKompetenzen mit kollektiven Auswirkungen, z. B. inder Flächennutzungs- und Bauleitplanung, Wasserver-und Abwasserentsorgung oder in der Ausweisungund Förderung von Sanierungsgebieten. Um die seKompetenzen auch für die Energiewende zu nutzen,sollte das Kompetenz- und Aufgabenspektrum derKommune im Bereich der Daseinsfürsorge ergänztwerden mit der Zuständigkeit für die Erstellungvon langfristig angelegten Wärmeplänen. Dazusind folgende Regelungen erforderlich:

• Erweiterung des Zuständigkeitsbereichs der Kom-munen.

• Hilfen von Bund oder Land bei der Erstellung vonWärmeplänen, z. B. zur Erstellung von landes-oder bundesweiten Wärmeatlanten, die von je -dem Gebäude Lage, Grundfläche, Volumen,Dachausrichtung und Schätzwert für den Wär-mebedarf enthalten. Die Daten wären in einerGIS-kompatiblen (Geographisches Informa tions -sys tem) Form so aufzubereiten, dass auf der kommunalen Ebene Ergänzungen und weitereAuswertungen mit dem zur Verfügung gestelltenGIS-System möglich sind.

• Vorgaben für den strukturellen Aufbau von kom-munalen Wärmeplänen. Durch eine einheitlicheStruktur soll Folgendes erreicht werden:

– Transparenz – Vergleichbarkeit beliebiger Kommunen – Ausweisung des jeweiligen kommunalen Anteils

an der Erreichung des übergeordneten natio-nalen Ziels.

• Zugriffsmöglichkeit auf die Daten der örtlichenEnergieversorger, soweit diese der Erstellung vonWärmeplänen dienlich sind.

• Erstellung von Mindestanforderungen und För-derung von kommunalen Wärmeplänen.

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Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven

7 Fazit

Die Entwicklung einer nachhaltigen Wärmeversor-gung muss deutlich beschleunigt werden, um dieEnergiewendeziele zu erreichen. Der FVEE will mitdiesem Positionspapier seinen Beitrag dazu leisten.Aufgrund der großen Vielfalt und hohen Komplexitätdes Wärme- und Kältemarktes sind in den vergange-nen Jahren unterschiedliche politische Instrumenteentstanden, die nicht optimal aufeinander abge-stimmt sind. Durch strukturelle Bedingungen, wie

z. B. das Fehlen eines alle Akteure verbindenden Net-zes, sowie starke externe Faktoren, wie z. B. Preise fürfossile Energien, ist die politische Beeinflussbarkeitdes Wärme- und Kältemarktes deutlich geringer alsim Strommarkt. Man kann davon ausgehen, dass dieHerausforderungen im Wärme- und Kältemarkt künf-tig noch deutlich zunehmen, da die Anzahl der Tech-nologieoptionen steigt, die Ressourcen im Bereich erneuerbaren Wärmeenergien begrenzt sind und die

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Verzahnung des Wärme- und Kälte-Strom systems anBedeutung gewinnen wird.

Um erfolgversprechende Lösungen für diese Heraus-forderungen zu entwickeln, bedarf es einer systema-tischen, interdisziplinären Bestandsaufnahmeder heutigen und künftigen Herausforderungen imWärme- und Kältemarkt, die über die bisherigen Arbeiten deutlich hinausgeht. Dieses Positionspapierkann dafür eine Grundlage sein, da Experten allerWärme- und Kältedisziplinen des FVEE zusammen -gearbeitet und die jeweilige Situation, Herausforde-rungen und Perspektiven ihrer Technologie und ihresMarktsegmentes beschrieben haben. Zusätzlich wur -den für die einzelnen Sektoren und das Wärme sys -tem Empfehlungen erarbeitet, wie diese weiterent-wickelt werden könnten. Diese Potenzialbeschrei-bungen und Empfehlungen stellen noch kein voll-ständiges und ausgewogenes Gesamtkonzept füreine erfolgreiche Wärmewende dar, bieten allerdingseinen guten Überblick und benennen einen Großteilder zu berücksichtigenden Herausforderungen einererfolgreichen Wärme- und Kältepolitik.

Auf der Bestandsaufnahme aufbauend müssen neueMethoden und Instrumente zur ganzheitlichenAbbildung und Beschreibung des Wärme- undKälte systems entwickelt werden. Mit den bisheri-gen sektorspezifischen Betrachtungen kann ein solchkomplexes System mit seinen vielfältigen gegensei -tigen Beeinflussungen und die zunehmende Verzah-nung mit dem Stromsystem nicht beschrieben werden. Hier sind neue Ansätze zu entwickeln, diedie Komplexität abbilden, ohne vom Nutzer Exper-tenwissen in allen erfassten Sektoren vorauszusetzen. Diese Instrumente sollen dazu genutzt werden, Lösungsansätze zu entwickeln und diese auf ihreWirksamkeit und ihre Nebeneffekte hin zu untersu-chen. Damit soll die Politik, Wirtschaft und Wissen-schaft dabei unterstützt werden, konsistente politi-sche Instrumente zur Entwicklung des Wärme- undKältemarktes bereitzustellen, die dessen Komplexitätund der Langfristigkeit seines Transformationsprozes-ses gerecht werden.

Das vorliegende Positionspapier beschreibt eine Vielzahl detaillierter Empfehlungen zu einzelnenTechnologien und Fragestellungen im Wärme- undKältemarkt, denen hier einige wenige Empfehlungenhinzugefügt werden, die für den Gesamtmarkt gültigund von übergeordneter Bedeutung sind.

Übergeordnete forschungspolitische Empfehlungen sind:

• Die Herausforderungen für konventionelle und erneuerbare Wärmetechnologien und ihre Ent-wicklungspotenziale wurden in den vergangenenJahrzehnten massiv unterschätzt, weshalb im

Vergleich zu Stromtechnologien deutlich gerin-gere Fördermittel für die Forschungsförderungbereitgestellt und die Forschungsinfrastruktur nurwenig ausgebaut wurde. Deshalb muss füreine erfolgreiche Wärmewende sowohl dieMarkteinführung von erneuerbaren Ener-gien in der Wärme- und Kälteversorgung(und Kombination mit der Effizienzsteige-rung) deutlich stimuliert als auch die For-schungsförderung für Wärmetechnologiendeutlich ausgebaut werden.

• Die Kopplung des Strom- und Wärmesystemsnimmt kontinuierlich zu, sowohl bei der Gleich-zeitigkeit der Erzeugung (KWK), als auch bei derNutzung von Strom als Wärmeerzeuger (Wärme-pumpen, Power to Heat). Es muss deshalb um-fassend untersucht werden, welche Rolle derStromsektor künftig im Wärmemarkt spielenkann, wo dabei die Vor- und Nachteile sowiedie Grenzen liegen und welche Rolle derStromsektor unter verschiedenen Randbe-dingungen wahrscheinlich einnehmen wird.

• Wärmeversorgungssysteme werden immer kom-plexer, weshalb die systemtechnische Betrach-tung immer wichtiger wird. Allerdings ist unklar,nach welchen Zielgrößen die Systeme in ihrerStruktur und ihrer Betriebsweise optimiert wer-den, wer hierbei welchen Einfluss nimmt, wer wel-che Steuer- und Regelaufgaben übernimmt undwie die zunehmende Komplexität für Hersteller, Planer, Installateure, Investoren und Nutzer be-herrschbar bleibt. Es muss deshalb erforschtwerden, wie sich Wärme- und Kälteversor-gungssysteme systemisch in ihrer Komplexi-tät erfassen und beschreiben lassen. Daraufaufbauend sind neue Methoden und Instru-mente zu entwickeln, mit deren Hilfe Frage-stellungen in Wärme- und Kältesystemenganzheitlich und systemisch bearbeitet undbeantwortet werden können.

Übergeordnete förderpolitische Empfehlungen sind:

• Die Komplexität des Wärme- und Kältesystemsund die ambitionierten Zielsetzungen der Wär-mewende werden auch künftig einen Instrumen-tenmix von Fordern und Fördern erfordern. Dieverschiedenen Instrumente im Wärme- undKältemarkt sollten abgeglichen, harmoni-siert und möglichst vereinfacht werden. DieWirksamkeit der Instrumente auf die einzelnenTechnologien, Akteure und Marktsegmente mussdazu bewertet und mögliche Interaktionen und„Nebenwirkungen“ auf andere Sektoren betrach-tet werden.

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Positionspapier des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien

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• Die Instrumente und Maßnahmen zur Beschleu-nigung des Transformationsprozesses sollten künf-tig verstärkt die Entwicklung des Gesamt -wärmesystems und nicht nur den Ausbau vonEinzeltechnologien unterstützen. Die Lösungensollen im Idealfall den Ausbau der notwendigenInfrastruktur im Wärme- und Kältemarkt ermögli-chen, Lock-In-Effekte vermeiden, sich an mittel-und langfristigen statt nur an kurzfristigen Ziel -setzungen orientieren und die kurzfristigenSchwankungen von externen Faktoren ausglei-chen können, um den Akteuren im Markt Konti-nuität und Sicherheit zu bieten.

• Die Politik im Wärme- und Kältemarkt bedarfkonkreterer und detaillierterer Zielsetzun-gen, die die Komplexität des Systems unddie technologischen und sozio-ökonomischenEntwicklungen berücksichtigen. Hierzu sinddie Ziel- und Handlungsoptionen wissenschaftlichfundiert zu bewerten und ein Konsens darüberherzustellen, wie das angestrebte Zielsystem struk-turiert und der Transformationsprozess gestaltetwerden soll. Der aktuelle Sanierungsstau im Wär -me- und Kältemarkt und die Unsicherheiten beider Weiterentwicklung der politischen Instrumentesind vor allem verursacht durch die Unsicherheitdarüber, wo sich das Wär me- und Kältesystemlangfristig hin entwickeln wird, welche Techno -logien welche Bedeutung haben werden, wie starksich der Wärmebedarf tatsächlich senken lässt,welche Rolle Strom im Wärme- und Kältemarktspielen wird und wie sich der Transformations -prozess gestaltet angesichts der Verfügbarkeit undder Preisentwicklung von fossilen Energien.

In der Vergangenheit konzentrierte sich das energie-politische Interesse auf den Stromsektor. Daraus resultierten Erfolge, die noch vor wenigen Jahren undenkbar waren. Der Wärmesektor ist unter Berück-sichtigung seiner Kopplungen zu den anderen Sektoren wenigstens ebenso bedeutend. Zukünftigmuss er im politischen und im Forschungsbereichsehr viel stärker als bisher berücksichtigt werden. Die-ses Positionspapier enthält dazu wissenschaftlich fundierte Anregungen, die auf dem Konsens einerVielzahl von Forschungsinstitutionen beruhen.

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Erneuerbare Energien im Wärmesektor – Aufgaben, Empfehlungen und Perspektiven