Erreg~ - infektio.de · Klavikula, Rippen und das Schambein überdurchschnittlich häufig...

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ZEITSCHRIFT FÜR ISSN 0722/5067 Informationen für Ärzte und Apotheker zur rationalen lnfiktionstherapie Juli/August 1993 -14.jahrg. Übersicht Infektiöse Osteomyelitis Die Osteomyelitis ist definiert als eine Entzündung des Knochenmarkes und des umgebenden kortikalen Knochens. Un- terschieden wird die akute Verlaufsform von der chronischen Osteomyelitis; die Übergänge sind allerdings fließend. Von einer chronischen Form wird dann gesprochen, wenn klinische oder radiolo- gische Symptome längerals sechs Wochen persistieren. Da eine Meldepflicht nicht besteht, sind die Angaben über die Häufigkeit ungenau; nach einer Unter- suchung aus Neuseeland ist von einer jährlichen Inzidenz von 30 Fällen pro 100.000 Kindern und Jugendlichen und von 5/100 .000 Fällen im Erwachsenen- alter auszugehen. Die Häufigkeit nimmt im höherenAlter ab 60 Jahren zu; Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Bakterien sind mit Abstand die wich- tigsten einer Osteomyelitis; Pilze, Viren, Rickettsien, Spirochäten oder Protozoen werden äußerst selten, jedoch vermehrt bei abwehrgeschwächten Pa- tienten gefunden. Der häufigste Erreger ist S. aureus, wobei allerdings zunehmend auch Enterobakterien isoliert werden können. Das ätiologische Spektrum ist eng mit dem Lebensalter der Patienten verknüpft. So kommen bei Neugebo- renen neben Staphylokokken genauso häufig B-Streptokokken und E. coli vor, während bei mehr als 90% der Kinder und Jugendlichen Staphylokokken, gelegent- lich auch Streptokokken oder H . influen- zae nachgewiesen werden. In weniger als 30% verursachen bei Erwachsenen koagulase-negative Staphylokokken, in weniger als 10% P. aeruginosa, S. marces- cens und E. coli neben dem Leitkeim S.aureus (60%) eine akute Osteomyelitis. Osteomyelitiden nach Fußsohlenverlet- zungen von Turnschuh-tragenden Kin- dern werden in 90% von P. aeruginosa hervorgerufen. Grundsätzlich lassen sich drei rathogene- tische Mechanismen unterscheiden: (1) Die hämatogene Streuung eines Infek- tionsherdes mit Bakteriämie und sekun- därer Absiedlung im Knochen; dies stellt den häufigsten Infektionsweg bei Kindern und Jugendlichen dar. Er wird zuneh- mend auch bei Patienten mit intravasku- lären Kathetern sowie drogenabhängigen Personen beobachtet. (2) Die direkte Ein- bringung von Erregern bei offenen Frak- turen infolge eines Trauma oder einer Operation. Die Häufigkeit einer Osteo- myelitis bei offenen Frakturen liegt bei über 20%. Eine Zerstörungvon Knochen- anteilen mit Perfusionsstörungen erhöht die Gefahr der Entwicklung einer Infek- tion auch bei geschlossenen Frakturen. (3) Die Infektion des Knochens durch einen benachbarten Infektionsherd nach Verletzung von Haut und Weichteilen, was besonders bei älteren Patienten mit chronisch -arterieller Verschlußkrankheit gesehen wird. Begünstigende Faktoren sind eine geschwächte lokale Immun - abwehr, zum Beispiel bei Diabetikern sowie das Vorliegen von Fremdkörpern im Knochen. Liegt eine hämatogene Osteomyelitis vor, sind bei Kindern und Jugendlichen Humerus, Femur und Tibia, bei Er- Inhalt 4'93 Übersicht Seite 25-27 - Infektiöse Osteomyelitis Empfehlungen zur Bewertung von Chemotherapeutika (10) Seite 27 - Pharmakakinetik VI/Interaktionen Neueinführung Seite 27-28 - Liposomales Amphotericin B (AM BISOM E) - Proguanil (PALUDRINE) Makrolide Seite 29-30 - Clarithromycin oder Penicillin bei Tonsillopharyngitis? - Clarithromycin bei Nlycobacterium avium-Infektionen - Azithromycin bei Chlamydia trachomatis-Infektionen Interaktion Seite 30 - Itraconazol und Digoxin Resistenz Seite 30-32 - Antibiotika-Empfindlichkeit der Bacteroides fragilis-Gruppe - Weltweite Zunahme der Penicillin-Resistenz - Penicillin-Resistenz von Pneumokokken in Deutschland Antimikrobielle und antiparasitäre Chemotherapeutika- Seite 31 eine aktuelle Bewertung (40) - Antimalaria-Substanzen II Mittel der Wahl Seite 32 - Therapie der Brucellose - Tobramycin-Aerosol bei zystischer Fibrose 25

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ZEITSCHRIFT FÜR ISSN 0722/5067

Informationen für Ärzte und Apotheker zur rationalen lnfiktionstherapie Juli/August 1993 -14.jahrg.

Übersicht Infektiöse Osteomyelitis Die Osteomyelitis ist definiert als eine Entzündung des Knochenmarkes und des umgebenden kortikalen Knochens. Un­terschieden wird die akute Verlaufsform von der chronischen Osteomyelitis; die Übergänge sind allerdings fließend. Von einer chronischen Form wird dann gesprochen, wenn klinische oder radiolo­gische Symptome längerals sechs Wochen persistieren. Da eine Meldepflicht nicht besteht, sind die Angaben über die Häufigkeit ungenau; nach einer Unter­suchung aus Neuseeland ist von einer jährlichen Inzidenz von 30 Fällen pro 100.000 Kindern und Jugendlichen und von 5/100.000 Fällen im Erwachsenen­alter auszugehen. Die Häufigkeit nimmt im höherenAlter ab 60 Jahren zu; Männer sind häufiger betroffen als Frauen.

Bakterien sind mit Abstand die wich­tigsten Erreg~ einer Osteomyelitis; Pilze, Viren, Rickettsien, Spirochäten oder Protozoen werden äußerst selten, jedoch vermehrt bei abwehrgeschwächten Pa­tienten gefunden. Der häufigste Erreger ist S. aureus, wobei allerdings zunehmend auch Enterobakterien isoliert werden können. Das ätiologische Spektrum ist eng mit dem Lebensalter der Patienten verknüpft. So kommen bei Neugebo­renen neben Staphylokokken genauso häufig B-Streptokokken und E. coli vor, während bei mehr als 90% der Kinder und Jugendlichen Staphylokokken, gelegent­lich auch Streptokokken oder H . influen­zae nachgewiesen werden. In weniger als 30% verursachen bei Erwachsenen koagulase-negative Staphylokokken, in weniger als 10% P. aeruginosa, S. marces­cens und E. coli neben dem Leitkeim S.aureus (60%) eine akute Osteomyelitis . Osteomyelitiden nach Fußsohlenverlet­zungen von Turnschuh-tragenden Kin­dern werden in 90% von P. aeruginosa hervorgerufen.

Grundsätzlich lassen sich drei rathogene­tische Mechanismen unterscheiden: (1) Die hämatogene Streuung eines Infek­tionsherdes mit Bakteriämie und sekun­därer Absiedlung im Knochen; dies stellt

den häufigsten Infektionsweg bei Kindern und Jugendlichen dar. Er wird zuneh­mend auch bei Patienten mit intravasku­lären Kathetern sowie drogenabhängigen Personen beobachtet . (2) Die direkte Ein­bringung von Erregern bei offenen Frak­turen infolge eines Trauma oder einer Operation. Die Häufigkeit einer Osteo­myelitis bei offenen Frakturen liegt bei über 20%. Eine Zerstörungvon Knochen­anteilen mit Perfusionsstörungen erhöht die Gefahr der Entwicklung einer Infek­tion auch bei geschlossenen Frakturen.

(3) Die Infektion des Knochens durch einen benachbarten Infektionsherd nach Verletzung von Haut und Weichteilen, was besonders bei älteren Patienten mit chronisch -arterieller Verschlußkrankheit gesehen wird . Begünstigende Faktoren sind eine geschwächte lokale Immun­abwehr, zum Beispiel bei Diabetikern sowie das Vorliegen von Fremdkörpern im Knochen. Liegt eine hämatogene Osteomyelitis vor, sind bei Kindern und Jugendlichen Humerus, Femur und Tibia, bei Er-

Inhalt 4'93 Übersicht Seite 25-27 - Infektiöse Osteomyelitis

Empfehlungen zur Bewertung von Chemotherapeutika (10) Seite 27 - Pharmakakinetik VI/Interaktionen

Neueinführung Seite 27-28 - Liposomales Amphotericin B (AM BISOM E) - Proguanil (PALUDRINE)

Makrolide Seite 29-30 - Clarithromycin oder Penicillin bei Tonsillopharyngitis? - Clarithromycin bei Nlycobacterium avium-Infektionen - Azithromycin bei Chlamydia trachomatis-Infektionen

Interaktion Seite 30 - Itraconazol und Digoxin

Resistenz Seite 30-32 - Antibiotika-Empfindlichkeit der Bacteroides fragilis-Gruppe - Weltweite Zunahme der Penicillin-Resistenz - Penicillin-Resistenz von Pneumokokken in Deutschland

Antimikrobielle und antiparasitäre Chemotherapeutika- Seite 31 eine aktuelle Bewertung (40) - Antimalaria-Substanzen II

Mittel der Wahl Seite 32 - Therapie der Brucellose - Tobramycin-Aerosol bei zystischer Fibrose

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wachsenen zusätz lich di e Wirbelkörper, Klavikula, Rippen und das Sch ambein überdurch schnittli ch häufig betroffen. Die Infektion beginnt in der M etaphyse in unmittelbarer Nähe zur Wachstumszone, was bei Neuge borenen zu erheb lichen Stö rungen des Knochenlängenwachs­tums bei nicht adäquater Beh andlung führen kann. Die Infektion breitet sich bis zum Periost aus, wo sich subperiostale Ab­szesse ausbilden, die zum Teil nach außen spontan drainieren. Durch Perfusionsstö­rungen kann es zur Ausb ildung von avita ­len Knochensequestern kommen , die eine absolute Operationsindikation dar­stell en.

Kindliche Osteomyeliti s: Die hämato­gene Osteomyelitis äußert sich im allge­meinen als akute Infektion mit Fieber, Schmerzen, Schwellung, Rötung und Funktionsei nsch rä nkun g der betro ffe nen Extremität. Die Diagnose stützt sich neben der Klinik auf den Nachwe is von Erregern in Blutkulturen oder aus direkt gewonnenem Aspirat und den charakte­ristischen radio logischen Ze ichen , die allerdings erst nach zwei bis d rei Wochen eindeutig werden . Bei der H älfte der Fäll e findet sich ein extraossäre r Infektions­fokus. Der Nachweis einer Leuko zytose mit Linksverschiebung sowie eine er­höhte Blutsenkunggeschwindigkeit bzw. C-reaktives Protein (CRP) erhärten die Diagnose. In zweifelhaften Fä llen ist eine Technetium-99-Szintigraphie m 80% oder die deu tlich strahl enbelastendere Gallium- 67-Szintigraphie in 91 % be­weisend. Eine computertomographische Unte rsuch ung ist ni ch t sensitiver, während eine NM R-U ntersuchung schon nach 36 Stunden entzündliche Verände­rungen ze igen kann.

Behandlun _;_ Basis jede r gez ieh en anti­biotischen Behandlung ist die Erreger­identifi zierung, so daß eine Knochen­punktion zur mikrobiologischen und histologischen Untersuchung anges trebt werden soll te. Die an tibio tisch e Therapie muß in ausreichender Dosierung und Dauer verabreicht werden . Die initiale, kalku lierte Behandlung ohne Kenntni s des aktuellen Erregeres berü cksichtigt das altersabhängige Erregerspektrum . Mittel der Wahl für Patienten o hne Penicillin­allergie sind daher Isoxazolylpenicilline, zum Beispiel Flucloxacillin (STAPHY­LEX) 4 x 37,5 mg/ kg/Tag intravenös. Alternativ werden Cephalospo rine der 2. Generation wie Cefotiam (SPIZEF), Cefuroxim (ZINACEF) oder Clinda­mycin (SOBELIN) 4 x 6 mg/ kg/ Tag bzw. Vancomycin (VANCOMYCIN LILLY) 2 x 20 mg/ kg/Tag verabreicht. Ko nzentra­tionen im Knochen entsprechen denen im Blu t, da keine Blut-Knochenbarriere besteht. Allerd ings kann die antimikro­bielle Aktivität der Antibiotika im chemi­schen Milieu des Abszesses deutlich red uziert se in . Auch werden keine aus-

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reichenden Konzentrationen in Kno­chensequester erreicht, so daß neben der medikamentösen Behandlung das opera­tive Vorgehen fürd en Behandlungserfolg, insbesondere bei Knochensequestern und Abszeßbildung, entscheidend ist. Die vollständige Ausräumung und Ent­fernung des avitalen Gewebes ist eine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Antibiotika . Dies gilt insbesondere bei Knochenentzündungen nach Fußsohlen­ve rletzungen. Mittel der Wah I ist in diesen Fällen Ceftazidim (FORTUM).

Eine ora le Verabreichung der Antibiotika ist möglich, sofern entsprechende Serum­konzentrationen wie bei parenteraler Gabe erreicht werd en können . Gold­standard ist die intravenöse Initi al­behandlung und o rale Sequenztherapie, we nn (1) eine eindeutige klinische Besse­rung eingetreten ist, (2) der Erreger auf das Antibiotikum sensibel ist und (3) die Behandlung mittels Serumbakterizidie­test (SBA) oder Serumkonzentrationsun­tersuchungen überwacht werden kann . SBA-Titer von über 1:2 gelten als aus­reichend . Geeignete Substanzen sind Flucloxacillin oder C lindam ycin jeweils 50 m g/kg/ Tag. Aufgrund ihres Nebenwir­kungsprofils sind Chinolone bei Kindern und Jugendlichen nicht indiziert.

Die Dauer der Beh andlung h ängt wesent­lich vom individuell en Behandlungs­verlauf ab ; im allgemeinen beträgt die parenterale Th erapiephase ein bis drei Wochen, die o rale Phase vier b is sechs Wochen . Eine Verlängerung der antibioti­schen Behandlung ist dann notwendig, wenn keine Normalisierung der Blut­senkung oder des CRP erreicht werden kann .

Erwachsene: Die Diagnostik der Er­wachsenen-Osteomyelitis bas iert auf den gleichen Param etern wie im Kindesa lter. All erdings kann ein redu ziertes Schm erz­empfinden bei Diabetes mellitus oder eh ronisch-arterieller Verschi ußkrankheit d ie Diagnose verzögern. Die Röntgen­untersuchung belegt das Ausmaß der Entzündung mit Nachweis von Sequeste r und Betei ligung der umgebenden Weich­teile. Mit der CT- oder NMR-Unter­suchung läß t sich das Ausmaß der Knochendes truktion am genauesten darstellen .

Behandl ung_;_ Mi t wenigen Ausnahmen ist die Osteomyelitis im Erwachsenenalter eine Erkrankung, die operativ versorgt werden muß. Die Behandlungszie le sind (1) das radikal e Debridement der avitalen Knochen-und Weichteilgewebe , (2) lo­kale und sys temische antimikrobielle Behandlung nach Gewinnung geeigneter Untersuchungsmaterialien, (3) Wieder­herstellung der Stabilität der Extremität, (4) verzögerter Wundverschluß sowie (5) je nach Indikation Transplantation von Knochen, Muskel oder H aut. Die lo kale

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Antibiotikagabe kann mit der Einlage von Antibiotika-imprägnierten Partikeln oder über Saug-Spülsysteme erreicht werd en .

Eine antibiotische Initialbehandlung be­inhaltet neben einem semisynthetischen Penicillin, zum Beispiel Mezlocillin (BAYPEN), Piperacillin (PIPRIL) oder einem Cephalosporin, wie Ceftazidim, ein Aminoglykosid und Clindamycin. Die Behandlung muß den mikrobiolo­gischen Befunden angepaßt werden . Zu berücksichtigen ist, daß häufig poly­mikrobielle Infektionen vorl iegen . Die Therapiedauer muß individualisiert und häufi g über Monate, Jahre oder sogar lebenslänglich durchgeführt werden.

Eine wichtige Alternative im Hinblick auf die Reduzierun g von Kosten und Bela­stung fürden Patienten ist die Etablierung ein er ora len antibiotischen Behandlung. Geeignete Substan zklassen sind Chino­lo ne , wie Ciprofloxacin (C IPROBAY), Ofloxacin (TARIVID) oder Pefloxacin (PEFLACIN), o ral e Cephalosporine so­wie Clindamycin. Mit Ciproflox acin in einer Dosierung von 2 x 750 mg/Tag können klinische Heilungsraten nach entsprechender chirurgischer Behand­lung von 66% erreicht werden; eine Erregereliminierung ge lingt in über 55 % bei S. aureus- und in über 80% bei P. aeru­ginosa- Infektionen . Ähnliche H eilungs­raten wurden auch von Ofloxacin (2 x 400 mg/ d) und Pefloxacin mitgeteilt . Zu berücksichtigen sind Resistenzent­wicklungen von S. aureus und P. aeru­ginosa, di e in Einze lfä ll en gegenü ber China ionen auftraten . Selten fanden sich auch gegen Ceftazidim resistente Pseudomonaden und Enterobacter spp., während über resistente S. aureus­Stämme gegen Penicillinen oder Cephalosporinen bisher nicht berich tet wurde.

Tuberkulöse Osteomyelitis: Mykobak­terien können sowohl bei abwehr­geschwächten Kind ern, Jugendlichen als auch Erwachsenen in se ltenen Fällen eine Osteomyelitis hervorrufen. Neben M . tuberculosis sind auch nichttuberku­löse Mykobakterien auslösende Erreger. Die klinische Symptomatik ist blande und wenig spezifisch , so daß die Diagnose häufig erst nach Monaten geste llt wird. Die Behandlung basiert auf einer Langze ittherapie über neun Monate mit den herkömmlichen Tuberkulo­statika, wie Isoniazid (ISOZID, NEO­TEBEN u . a.), Rifampicin (RIFA, RI­MACTAN u .a.), Pyrazinamid (PYRA­FAT) oderEthambutol (MYAMBUTOL). Eine chirurgische Sanierung ist nur bei Wirbelkörper-Osteomyeli tis zur Stabili­sierung notwendig, wenn die Stabi lität des Spinalkanals gefährdet ist und/oder n eurologische Ausfa ll erscheinunge n auf­treten .

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Pilz-Osteomxelitis : Knocheninfektionen durch Pilze werden nach hämatogener Dissemination, besonders bei immun­supprimierten Patienten beobachtet . Die häufigsten Erreger sind Candida spp., Kryptokokkus neofarmans und Asper­gillus fumigatus. Die Therapie beinhaltet Amphotericin B (AMPHOTERICIN B), häufig in Kombination mit Flucytosin (ANCOTIL). Die Erfahrungen mit oralen Antimykotika sind begrenzt.Die Behand­lung mit Ketoconazol (NIZORAL) oder Fluconazol (DIFLUCAN) bei Infek­tionen durch Hefen sowie Itraconazol (SEMPERA) bei Aspergillusinfektionen ist daher nicht gesichert.

ZUSAMMENFASSUNG: Die Osteo­myelitis ist eine überwiegend durch Bakterien hervorgerufene Infektion des Knochens, des Knochenmarks und der subperiostalen Schichten. Häufigster Keim ist S. aureus. Pathogenetisch werden drei Entstehungswege unter­schieden: hämatogen besonders bei Kindern, exogen-traumatisch und aus den umgebenden Weichteilen per conti­nuitatem überwiegend bei Erwachsenen. Die Diagnostik stützt sich im wesent­lichen auf die klinischen Erscheinungen und bildgebenden Verfahren wie Röntgen-, CT- und NMR-Untersuchung sowie Szintigraphie. Die Behandlung beinhaltet sowohl chirurgische Verfahren zur Beseitigung von avitalen Knochen­sequestern, Stabilisierung und Wund­deckung als auch die antibiotische Therapie. Hierzu ist die Gewinnung von geeigneten Untersuchungsmaterialien fiir die mikrobiologische Aufarbeitung obligat. Eine parenterale Initialtherapie kann von einer oralen Sequenztherapie mit einer Gesamtdauer von mindestens vier bis sechs Wochen abgelöst werden, wenn ein Therapiemonitoring gewähr­leistet ist. Bei Erwachsenen stellen orale Chinolone eine wichtige Bereicherung dar, da hiermit eine ambulante, kosten­günstige und effektive Langzeittherapie möglich ist.

Dirschl, D.R. et al. Drugs45:29- 43 , 1993 Peterson , L. R. et al. Am.J.Med.86: 801-807,1989 Gentry, L. 0. et al. Antimicrob. Agents Chemother. 35: 538- 541, 1991 Gentry, L. 0. Ann . Intern . Med. 11: 986- 987, 1991

Neueinführung Liposomales Amphotericin B (AMBISOME)- ein bewährtes Antimykotikum in neuer Verpackung Amphotericin Bist seit mehrals 30 Jahren der Goldstandard der systemischen, anti­mykotischen Therapie. Die gute Wirk­samkeit wird allerdings durch die ausge-

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Empfehlungen zur Bewertung von Chemotherapeutika (10} Pharmakakinetik VI I Interaktionen Von jedem neuen antimikrobiell wirksamen Pharmakon sollten mögliche Interaktionen, wie sie bei vielen häufig multimorbiden Patienten auftreten können, bekannt sein . Die pharmakakinetisch wirksamen Interaktionen sollten von denen mit toxikologischer Auswirkung unterschieden werden. Pharmakakinetisch können Interaktionen bei den Prozessen der Resorption, Distribution und/oder Elimination auftreten.

Resoq2tionsinteraktionen. Medikamenten-Interaktionen hinsichtlich der gastro­intestinalen Resorption treten häufig als physiko-chemische Interaktionen zwischen zwei oder mehr Pharmaka bzw. mit Nahrungsbestandteilen auf. Auch der Einfluß von unterschiedlichen Nahrungsbestandteilen oder der gleichzeitig verabreichten Pharmaka auf die Entleerung des Magens, die gastrointestinale Motilität und den Blutfluß können pharmakakinetische Auswirkungen haben . Die Geschwindigkeit und der Umfang der Resorption oral verabreichter Chemotherapeutika kann erheb­lich beeinflußt werden, wobei sowohl die Serummaximalkonzentrationen wie aber auch die Flächen unter der Serumkonzentrationskurve (wichtigster Parameter der Bioverfügbarkeit) sich verändern können . Beispiel für eine derartige Interaktion ist die Chelatbildung von Fluorochinolonen bei gemeinsamer Gabe mit Antazida und daraus resultierender deutlicher Verminderung der Bioverfügbarkeit. Der gleiche Effekt spielt eine Rolle bei der Kombination von Aluminium-haitigen Antazida mit Isoniazid (NEOTEBEN) und gilt auch für Antazida mit Ketoconazol (NIZORAL) oder auch Lincomycine mit Kaolin-Peptiden, Penicillinen mit ß-Blockern, Rifam­picin (RIFA u.a.) mit Aminosalizylsäure, Sulfonamiden mit Digoxin, Tetrazykline mit Antazida, Eisen, Wismut sowie Zinksulfat. Neuere orale Cephalosporin-Ester wie z. B. Cefuroxim-Axetil (ELOBACT, ZINN AT) zeigen eine erhöhte Resorption mit Nahrung, Cefpodoxim-Proxetil (PODOMEXEF, ORELOX) weist eine verringerte Bioverfügbarkeit bei gleichzeitiger Nahrungsaufnahme auf.

Interaktionen auf der Ebene des Metabolismus und der Verteilung Hier sind insbesondere Interaktionen hepatischer Art mit Konkurrenz um ent­sprechende Enzymsysteme zu nennen wie z.B. bei der Verabreichung von Theophyllin mit Fluorochinolonen, Makroliden, einigen Tetrazyklinen, Vidarabin. Andere metabolische Interaktionen können bei Tetrazyklinen in Kombination mit Rifampicin, Phenytoin, Barbituraten, Carbamazepin auftreten, gleichfalls sind zahlreiche metabolische Interaktionen beim Rifampicin mit Antikoagulantien, Barbituraten, Benzodiazepinen und anderen Pharmaka bekannt.

Interaktionen auf der Ebene der Elimination Hier sind zumeist konkurrierende Mechanismen um die unterschiedlichen meta­bolischen (hepatische) wie auch renalen Ausscheidungsmechanismen von Bedeu­tung. Beispiele sind Aminoglykosid-Antibiotika in Kombination mit nicht­steroidalen Antirheumatika, PAS sowie ß-Laktamantibiotika in Kombination mit Probenicid, Erythromycin (ERYTHROCIN u. a.) zusammen mit Kortikosteroiden, Aciclovir (ZOVIRAX) in Kombination mit Narkotika und Probenicid, Trime­thoprim mit Digoxin.

Bei oralen Chemotherapeutika sollte vom Hersteller eine klare Empfehlung abgegeben werden, ob die jeweilige Substanz nüchtern oder zusammen mit bzw. nach der Nahrungsaufnahme eingenommen werden kann .

Evans, W. E. et al. Applied Pharmacokinetics; Applied Therapeutics , San Francisco 1990

sprochen schlechte Verträglichkeit und die geringe Löslichkeit deutlich beein­trächtigt. Verschiedene Versuche zur Modifizierung des Moleküls wurden unternommen; die Einbettung in Lipo­somen war soweit erfolgreich, daß jetzt die Zulassung einer entsprechenden Formulierung erfolgte.

Struktur und Wirkung Amphotericin B ist gekennzeichnet durch die unterschiedlichen physikochemischen Eigenschaften des Moleküls. Einerseits existiert ein lipophiles Strukturelement aus sieben konjugierten Doppelbindungen, auf der anderen Seite dominieren

Hydroxylgruppen. Als Resultat ist eine schlechte Löslichkeit zu beobachten, die in den üblichen Formulierungen durch die Zugabe des Lösungsvermittlers Natriumdesoxycholat behoben wird.

Die Liposomen, in die Amphotericin B eingelagert ist, sind unilamellar und bestehen aus Sojaphosphatidylcholin, Cholesterol und Distearoylphosphati­dylglycerol. Die Liposomen werden durch Gefriertrocknung in eine lage­rungsstabile Form überführt. Saccharose und ein Succinatpuffer sind weitere Hilfs­stoffe, die die Kryoprotektion und Stabilität gewährleisten. Amphotericin B wird in die

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Zeitsch rift für C hem otherap ie

Membranhüll e inkorpo riert und kann durch Verschmelzung des Liposoms m it der Pilzzelle in selbige gelangen. Der Wi rkungsm echanismus wird d urch d ie Formu lierung nich t beeinflußt . W ie weit das Wirkungsspektrum erwei tert wird , ist Gegenstand der Forschung.

Pharmakakinetik Wie schon für das ko nventionell e Am­photericin B ist d ie D aten lage fü r das Iiposomale Amphotericin B eher unbe­friedi gend. Vom konventione ll en Am­photericin B ist bekan n t, daß die Sub­stanz überwiegend gespeichert wird , der M etabo lismus ist unbekann t und die terminale H albwertzei t li egt bei etwa zwei Wochen . Für Iiposom ales Ampho te­ricin B wurde ein e terminale H albwe rtzei t von 26 bis 38 Stunden angegeben .Eben so wie konven tio nell es Ampho tericin B wird auch Iiposomal es Amphotericin B überwiegend in der Leber gespeichert .

Therapeutische Wirksamkeit Die Einbettung in die Liposom en er­m ögl icht eine höhere Dosierung, so kann die tägliche D osis auf b is zu 3 mg/ kg KG gesteigert werden . In verschiedenen Stud ien wu rd e dokumen tiert, daß Pa­tienten, die zuvor mit konventionellem Amph otericin B behandelt wo rd en waren und bei denen entweder di e N ephro­toxizität oder eine m ange lnde antimyko­tische Wirksamke it einen Therapiewechsel erfo rd erlich machte , Iiposomales Am­photericin B gut vertru ge n und therapeu­tische Erfo lge erreich t werden konn ten.

Es fehl en all erdings noch prospektive, rando misierte Studien , in de nen die Wirksamkeit vo n liposomalem und ko nventio ne ll em Am photericin B mit­einander verglichen wurden .

Die Behandl ung mit liposomalem Am­photericin B erfo rdert d ie gena ue Be­achtung der H erstell ungsvorsch ri ften fü r di e Infusio nslösungen . Die Iiposomale Dispersio n kann n icht meh r mit den üblichen Memb ranfiltern steril fi ltri ert werd en . Für die intravenöse Infusio n läßt der H erstell er nur einen Fil ter zu , dessen mittl erer Po rendurchmesse r n ich t klei ner ist als 1,0 }-Lm; anderenfall s werden auch die Liposom en aus der Lösung fi ltriert .

Die neuartige gal enische Zubereitung hat ihren Pre is, so kostet d ie 50 mg-Ampulle 65 3,- DM (Stand 5/ 93) . Bei einer mehr­wöchigen Behandlung mit Dosieru ngen vo n 2-3 mg/ kg KG können so mit leicht m ehrere zehntausend D M zusammen­ko mmen .

Unerwünschte Wirkungen Es muß berücksich tigt werden , daß d ie Angaben von Patienten stammen , di e einerse its unter schweren Grunderkran­kungen litten und andererseits zum größten Teil schon m it konventio nell em Ampho teri cin B behande lt worden waren.

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Eben so wie nach Gabe vo n konventio­nellem Am photericin B zeigten sich auch nach Anwe ndung von liposom alem Am­pho tericin B in erster Linie Reaktionen der N iere wie H ypokaliämie (20 %) und ein Anstieg des Serumkreatinins. Es wurden allerdings auch Fälle beobachtet, bei denen sich eine durch konventionelles Ampho tericin B vorgeschädigte Nieren­funktion unter Gabe von liposomalem Ampho tericin B verb esse rte. Fieber und Schüttelfrost, die sonst häufig zu beo b­achten sind , traten nach In fusio n vo n liposom alem Ampho teri cin B selten auf.

Bislang liegen nur als vo rl äufig zu be­zeichne nde Erkenntnisse zur Verträglich­keit der n euen Zubereitung vor; di ese deuten im Vergleich zum konventionell en Ampho tericin B auf eine deutli che Redu­zierung der unerwünschten Wirkungen hin .

ZUSAMMENFASSUNG: Liposomales Amphotericin B (AMBISOME) stellt eine neuartige Zubereitung eines be­währten Antimykotikums dar. Erste Ergebnisse deuten auf eine verbesserte Wirksamkeit und Verträglichkeit hin. Die erheblichen Kosten dieserTherapieform und die limitierte Datenlage lassen einen verbreiteten Einsatz von liposomalem Amphotericin B zur Zeit nicht sinnvoll erscheinen; es sollte eher als Mittel der Reserve betrachtet werden.

Literatur : auf Anfrage bei der Redakti o n

Proguanil (PALUDRINE)- eine nicht so neue Substanz zur Malariaprophylaxe

Schon seit J ahren h at Proguanil (PALU DRI NE) einen festen Platz in der Prophylaxe der M alaria, allerdings wurde der Arzne istoff erst kürzli ch in Deutschland zugelasse n . D amit entfällt die No twend igkeit von langwie rigen Bestellungen und Im porten aus Nach­barl ändern.

Struktur und Wirkung Proguanil ist ein Prodrug und ein schwacher In hibi to r der Dihydrofo lsäurered uktase der Plasm odien, erst die M etabolisieru ng zum Cycloguanil füh rt zu einer aus­reichenden Wirkung gegen dieses Enzym . D ie Affin itä t zum entsprechenden Säuge­tieren zym ist wesentli ch geringer.

Antiparasitäre Wirkung Proguanil wirkt gegen Gewebsschizonten , insbesondere von P. falci parum , un d gegen Blu tsch izonten. Die Substanz zeigt keine W irkung gegen d ie sexuellen Formen . Die Ei nsa tzmöglichkeite n werden durch zune hmende Resis tenzen von P. falci­parum begrenzt .

Pharmakakinetik D as M alariamittel kann nur oral verab­reich t we rden; es steh t keine Zubereitung für die parenterale Anwend ung zu r Ver-

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fügung, daher kann die abso lute Bio­verfügbarke it nicht angegeben werden . Die Resorp tion wird auf m ehr als 90 % geschätzt . Die Spitzenkon zentra­tionen im Plasm a werden drei Stunden nach Einnahme von 100 mg Proguanil­hydrochlo rid erreicht . In der Leber werden etwa 20 % der M uttersubstanz zum aktiven Cycloguanil m etabolisiert ; dieser Prozentsatz variiert in der Gesamtpopulation und es gibt Person en, die zu d iesem M etabolisierungsschritt nicht in der Lage sind (4 % der Kaukas ier und 13 % der Orientalen ). Inwieweit dieser M angel zu einem Versagen der Prophylaxe führen kann , wird gegen­wärtig untersucht.

Die Plas m ahalbwertze it von Proguanil liegt bei 16 Stunden , die des M etaboliten ist m it zwei Stunden deutli ch kürzer. Steady-S tate-Bedingungen für das Cyclo­guanil werden vier Tage nach täglicher Einnahme von 100 mg oder 200 mg Proguanil erreich t. Etwa 60% der Mutter­substanz werden unverändert über die Niere elim iniert.

Wirksamkeit Für einen therapeutischen Ein satz ist die Freise tzung des aktiven Metaboliten zu langwierig, daher hat Proguanil se inen Platz nu r in der Prophylaxe. Die Kombination vo n Proguanil und C hlo roquin wird zur Langzeitprophy­laxe gegen P. vivax und P. fa lciparum empfo hlen, Voraussetzung ist allerdings eine ausreichende Empfindlichkeit der Plasmodien gegen Proguanil. Insbe­sondere in Südos tasien ist diese Kombination n icht m ehr ausreichend. In der Ko mbi natio n kö nnen Proguan il und C hloroquin auch bei Schwangeren und Kind ern zur Prophylaxe angewandt werden .

Verträgli chkeit In prophylaktischen Dos ierungen ist Proguani l ein gu t verträgliches Medi ka­ment. Leichte gastrointestinale Störungen können auftreten und selten wurde vo n H aarausfall , H autreaktionen un d M und­ul zera berich tet. Störungen des hämato­poe tischen Systems wurden bei Patienten mit N ierenschäden beobachtet, daher ist bei diesen Patienten besondere Vorsicht geboten .

ZUSAMMENFASSUNG : Proguanil (PALUDRINE) ist in Kombination mit Chloroquin (RESOCHIN u. a.) ein be­währtes Mittel zur Malariaprophylaxe, lokale Resistenzentwicklungen müssen allerdings berücksichtigt werden. Die Kombination aus Proguanil und Chloro­quin eignet sich fiir eine Langzeitprophy­laxe über Monate und ggf.Jahre. Progua­nil ist gut verträglich, aber bei Patienten mit gestörter Nierenfunktion ist Vorsicht geboten. Lite ratur : auf Anfrage bei der Redakti o n

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Zeitschrift für Chemotherapie

Makrolide Clarithromycin oder Penicillin bei Tonsillopharyngitis?

Die Behandlung der durch ß-hämoly­sierende Streptokokken der Gruppe A ausgelösten TonsiBopharyngitis erfolgt üblicherweise über zehn Tage mit Peni­cillin. Die bisherige Alternativtherapie bei Patienten mit einer Allergie gegen Penicillin war Erythromycin (ERY­THROCIN u. a.). Die vorliegende rando­misierte, einfach blinde, multizentrische Studie in 30 ambulanten Praxen sollte analysieren, wieweit ein modernes Makrolid- Clarithromycin (KLACID)­als Nachfolgepräparat des Erythromycin ebenfalls bei dieser Indikation wirksam ist und gut verträglich eingesetzt werden kann. 453 Patienten (mittleres Lebens­alter 30 Jahre, 60% Männer) mit einer mikrobiologisch oder serologisch ge­sicherten Pharyngitis durch A-Strepto­kokken wurden in die Studie einge­schlossen. Die Patienten mußten zumin­destens einen von drei Befunden auf­weisen, die aus einem pharyngealen Erythem bzw. eitrigem Exsudat, ge­schwollenen schmerzhaften Zervikal­lymphknoten oder Fieber bestanden. 226 Patienten erhielten zweimal 250 mg Clarithromycin täglich und 227 Patienten nahmen dreimal 250 mg Penicillin V (ISOCILLIN u. a.) ein. Die Behandlungs­dauer sollte zehn Tage umfassen. Die wichtigsten Kontrollparameter hinsicht­lich der vergleichenden Beurteilung beider Therapieregime waren Hals­schmerzen, Pharynxödeme oder Exsu­dat, Lymphknotenschwellungen, Fieber, Abdominalschmerzen, Kopfschmerzen, Medikamenten-bedingte Unverträglich­keitsreaktionen und bakteriologisches Ergebnis. Die klinischen Ergebnisse stimmten mit 97% erfolgreicher Behand­lung in beiden Gruppen überein . Bei den anderen Parametern (Halsschmerzen, pharyngeale Befunde sowie Beseitigung der Erreger) ergaben sich statistisch gerade signifikant günstigere Befunde für Clari­thromycin. Hinsichtlich der Neben­wirkungen zeigten sich keine Unter­schiede.

FOLGERUNG DES AUTORS: In einer vergleichenden multizentrischen Be­handlungsstudie bei der Streptokokken­bedingten TonsiBopharyngitis ergaben sich mit Penicillin V (ISOCILLIN u. a.) im Vergleich zu Clarithromycin (KLA­CID) keine wesentlichen Unterschiede hinsichtlich des klinischen Behandlungs­erfolges; bezüglich einiger Symptome, w1e dem Verschwinden der Hals­schmerzen sowie der pharyngealen Symptome, ließ sich fiir Clarithromycin ein günstigeres Ergebnis erreichen. -

Die Kommentare zu dieser Studie weisen allerdings daraufhin, daß Makrolide nur bei einer Penicillinallergie eingesetzt werden sollten, da die etwas günstigeren Ergebnisse die deutlich höheren Kosten der Makrolidtherapie nicht aufWiegen.

Schrock, C. G. ]. Farn. Pract . 35:622- 626, 1992

Wirksamkeit von Clarithromycin gegenüber Mycobacterium avium-Infektionen

Die disseminierte Mycobacterium avium complex-Infektion gehört zu den Spät­manifestationen der AIDS-Erkrankung. Bei der Autopsie von verstorbenen HIV­infizierten Patienten kann eine Mycobac­terium avium complex-Infektion bei 23 bis 50% nachgewiesen werden. Die Behandlung ist schwierig, da in vitro zumindest gegenüber den herkömm­lichen Antituberkulotika Resistenzen bestehen. In vitro-Daten haben bisher gezeigt, das Clarithromycin (KLACID) eine Wirksamkeit gegenüber Mycobacte­rium avium complex-Stämmen besitzt . Eineamerikanische Arbeitsgruppe unter­suchte in einer randomisierten, Placebo­kontrollierten Studie, welchen Einfluß die Gabe von Clarithromycin auf die disseminierte Mycobacterium avium complex-Infektion bei AIDS-Patienten hat. 15 Männer mit einer weit fortge­schrittenen AIDS-Erkrankung nahmen an der Untersuchung teil. Die Patienten wurden in zwei Gruppen randomisiert. Die erste Gruppe erhielt primär für sechs Wochen Clarithromycin in einer Dosie­rung von 1000 mg oral zweimal täglich, daran schloß sich eine sechswöchige Therapie mit Rifampicin (RIFA u. a.), Isoniazid (ISOZID u. a.), Ethambutol (EMB-FATOL u. a.) und Clofazimin (in Deutschland nicht im Handel) an. Die zweite Gruppe erhielt primär für sechs Wochen Placebo, daran anschließend Clarithromycin und die anderen vier oben genannten Medikamente. Zur Er­folgskontrolle der Therapie wurden Blut­kulturen herangezogen. Es wurde die Anzahl der Kolonie-bildenden Einheiten/ ml Blut bei Beginn und im Laufe der Therapie alle zwei Wochen bestimmt. Die MHK-90 der isolierten Stämme von Mycobacterium avium complex betrug für Clarithromycin 8 11g/ml vor Beginn der Therapie. Alle acht Patienten, die initial mit Clarithromycin in Mono­therapie behandelt worden waren, zeigten im Verlauf der ersten sechs Wochen ein deutliches Absinken der Kolonie-bildenden Einheiten. In sechs der acht Fälle kam es zur vollständigen Negativierung der Blutkulturen für Mycobacterium avium complex. Sieben der acht Patienten konnten nach sechs Wochen auf das Folgeregime mit Placebo und den oben genannten vier Medi­kamenten gesetzt werden. Bei vier

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Patienten kam es unter dieser Therapie zu einem Wiederanstieg der Kolonie­bildenden Einheiten/ mi Blut. Drei Patienten blieben kulturell negativ. Von den Patienten, die initial mit Placebo behandelt worden waren, zeigten fünf einen progredienten Verlauf der Er­krankung mit ansteigenden Zahlen der Kolonie-bildenden Einheiten für Myco­bacterium avium complex. Bei drei Patienten wurde nach sechs Wochen auf die Therapie mit Clarithromycin plus den vier oben genannten Medikamenten gewechselt, bei allen dreien kam es zu einem deutlichen Absinken der KBE/ ml.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Clari­thromycin (KLACID) hat eine deutliche antimykobakterielle Wirkung gegenüber Mycobacterium avium complex. Offen­sichtlich profitieren Patienten mit AIDS und disseminierter Mycobacterium avium complex-lnfektion von emer Therapie mit Clarithromycin.

Dautzenberg, B. et al. Am. Rev. Respir. Dis. 144: 564- 569, 1991

Azithromycin in der Behandlung der Urethritis und Cervicitis durch Chlamydia trachomatis

Chlamydia trachomatis ist in den USA und Europa der am häufigsten sexuell übertragene Krankheitserreger. In den USA wird die lnzidenz auf mehrere Millionen Fälle pro Jahr geschätzt. Während die akuten Auswirkungen der Infektion nur mäßig ausgeprägt sind, verursacht die Erkrankung gefürchtete Spätfolgen. Neben Hodenentzündungen und Endometritiden, sind akute Eier­stockentzündungen sowie ektopische Schwangerschaften und Infertilität nach Tubenobstruktion als Folgen der Chlamydien-Infektion beschrieben. Dar­über hinaus kann bei infizierten Schwan­geren eine Infektion der Kinder unter der Geburt erfolgen, die zu einer neonatalen Konjunktivitis und Pneumonie führen kann. Die bisherige Standardtherapie der Chlamydia trachomatis-Infektion besteht in der siebentägigen Gabe von Doxycyclin (VIBRAMYCIN u. a.) oder einem Makrolid-Antibiotikum. Wegen der in der Regel nur mit geringer Sympto­matik ablaufenden Primärinfektion kommt es bei der siebentägigen Therapie jedoch häufig zu vorzeitigen Therapieabbrüchen.

Eineamerikanische Arbeitsgruppe unter­suchte jetzt die Wirksamkeit einer Ein­maldosis von Azithromycin (ZITHRO­MAX) bei der Behandlung derChlamydia trachomatis-Infektion. Azithromycin ge­hört zu der Gruppe der Azalide, die eine enge Verwandtschaft zu den Makroliden besitzen. In vitro zeigt die Substanz eine gute antimikrobielle Aktivität gegenüber Chlamydien und Myko­plasmen. An der offenen randomisierten

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Zeitschrift für Chemotherapie

Studie nahmen insgesamt 299 Frauen und 158 Männer mit einem positiven Chlamydia trachomatis-Antigentest teil. Ausgewertet wurden in der Untersuchung lediglich diejenigen 266 Patienten, bei denen eine positive Kultur für Chla­mydia trachomatis vorlag. 141 Patienten erhielten einmal 1 g Azithromycin und 125 Patienten zweimal 100 mg Doxy­cyclin täglich über sieben Tage. In der Azithromycin-Gruppe wurden 4% Therapieversager festgestellt, in der Doxycyclin-Gruppe hingegen nur 2 OJo. Im follow up der Untersuchung, an dem allerdings nicht alle Patienten teilnahmen, gelang es zwischen dem 21. und 35. Tag bei keinem der mit Azithromycin-behandelten 112 Patienten mehr, eine positive Kultur für Chla­mydia trachomatis zu erhalten, in der Doxycyclin-Gruppe wurde von 102 nachuntersuchten Patienten eine posi­tive Kultur registriert. Die bakterio­logische Heilungsrate nach der Azithro­mycin-Therapie war bei den Frauen mit 97% vergleichbar hoch wie bei den Männern mit 95 OJo. 17% der Patienten aus der mit Azithromycin behandelten Gruppe und 20 OJo der Patienten aus der mit Doxycyclin behandelten Gruppe klagten unter der Therapie über milde bis mäßige Nebenwirkungen, wobei es sich hauptsächlich um gastro­intestinale Symptome handelte. Ein Therapieabbruch war in keinem Fall notwendig.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Die einmalige Gabe von 1 g Azithromycin (ZITHROMAX) ist in der Therapie der unkomplizierten Chlamydia tracho­matis-Infektion in gleichem Maße effektivwie die Standardbehandlung mit der siebentägigen Gabe von Doxycyclin (VIBRAMYCIN u .a.).

Martin, D.H. et al. N . Engi.J.Med.327: 921-925,1992

Interaktion Interaktion zwischen ltraconazol und Digoxin Es ist bekannt, daß Azol-Antimykotika den Metabolismus ve rschiedener Arznei­mittel beeinflussen können. Dieneueren Triazolantimykotika Fluconazol (DI­FLUCAN) und Itraconazol (SEMPERA) zeigen bisher weniger Interaktionen als Ketoconazol (NIZORAL). Inzwischen sind allerdings zwei Fallberichte zu Inter­aktionen von Itraconazol mit Digoxin erschienen.

Die erste Mitteilung handelt von einem 68 Jahre alten Mann, dessen Sporothrix schenckii-Osteoarthritis mit ltraconazol behandelt wurde und der gleichzeitig 0,25 mg Digoxin (DIGACIN u . a.) pro

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Tag einnahm und heftige Unverträglich­keitsreaktionen zeigte. Plasmabestim­mungen wiesen eine Verdopplung der Digoxinkonzentration aus. Nach einer Halbierung der Digoxindosis normali­sierte sich das Befinden des Patienten .

Im zweiten Bericht wurde der Zustand eines 69 Jahre alten Mannes beschrieben, der 2,5 Jahre mit Digoxin (0,125 mg) behandelt worden war und wegen einer sternalen Osteomyelitis mit Itraconazol in steigender Dosierung (von 100 auf 400 mg pro Tag) behandelt wurde. Nach neuntägiger Itraconazolbehand­lung traten gastrointestinale Symptome auf (Übelkeit und Erbrechen), aber erst nach 35 Tagen tauchte der Verdacht auf eine Digoxinintoxikation auf, zu diesem Zeitpunkt sah der Patient einen gelben Hof um Objekte. Die Digoxinkonzen­tration betrug zu diesem Zeitpunkt 5, 9 nmol/1 und normalisierte sich nach einem zeitweiligen Absetzen der Sub­stanz.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Bei gleichzeitiger Gabe von ltraconazol (SEMPERA) und Digoxin (DIGACIN u. a.) sollte der Digoxinspiegel im Plasma kontrolliert werden und die Digoxin­dosis gegebenenfalls reduziert werden. Die Patienten sollten zusätzlich regel­mäßig nach unspezifischen gastrointesti­nalen Symptomen gefragt werden, da diese einen ersten Hinweis auf eine Digoxinintoxikation geben können.

Rex, J. Ann. Intern. Med. 116: 525, 1992 Sachs, M. K. et al. Clin. lnfect. Dis. 16:400- 403, 1993

Resistenz Antibiotika-Empfindlichkeit der Bacteroides fragilis-Gruppe in Europa

In einer Studie der europäischen Gesell­schaft für klinische Mikrobiologie und lnfektiologie wurde in den Jahren 1988 bis 1989 in 22 Laboratorien aus 15 euro­päischen Ländern die Empfindlichkeit von 12 Antibiotika gegen 1.189 Isolate der Bakteroides fragilis-Gruppe unter­sucht. Keine Resistenz ergab sich gegen­über Metronidazol [(CLONT u. a.); break point 8 mg/1] und es fand sich nur ein resistenter Keim gegenüber Chloram­phenicol [(PARAXIN u . a.); break point 8 mg/1]. Eine niedrige Resistenzquote fand sich für Imipenem [(ZIENAM); 0,3 OJo bei 4 mg/ l],Amoxicillin / Clavulan­säure [(AUGMENTAN); 1% bei 8 mg/1], Cefoxitin [(MEFOXITIN); 3% bei 32 mg/ 1], Mezlocillin [(BAYPEN); 6% bei 64 mg/ 1] und Clindamycin [(SOBE­LIN); 9% bei 4 mg/ 1] . Resistenzen fanden sich in der Regel für Ampicillin [(BINO-

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TAL); 93% bei 4 mg/1], Ciprofloxacin [(CIPROBAY); 56% bei 4 mg/ 1] und Tetrazykline (64% bei 4 mg/1). Bacte­roides fragilis der häufigste untersuchte Keim, war im allgemeinen der sensibelste. Eine Resistenz gegen diesen Erreger war selten und betrug z. B. für Cefotetan (APATEF) 4% bei 32 mg/1 und für Ceftazidim (FORTUM) 12% bei 32 mg/ 1. Zwischen den einzelnen Ländern und Laboratorien bestanden nur kleine allerdings gelegentlich auch signifikante Resistenzunterschiede . Am häufigsten fiel die Resistenz gegenüberClindamycin bei Bacteroides fragi lis in Südeuropa auf.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Diese europäische Studie zeigte, daß gegen die Keime der Bacteroides fragilis­Gruppe ausreichend aktive Substanzen zur Verfugung stehen. Als Mittel der Wahl kann unverändert Metronidazol (CLONT u. a.) angesehen werden.

Phi ll ips, I. et al. Eur.J. Cl in Microbiol. 11 : 292-304, 1992

Weltweite Zunahme der Penicillinresistenz

Zu Beginn der Antibiotika-Ära waren Isolate von Streptococcus pneumoniae durchweg extrem empfindlich gegenüber Penicillinen. In den letzten zwei Dekaden ist es weltweit jedoch zu einererheblichen Veränderung der Resistenzsituation von Pneumokokken gegenüber Penicillin ge­kommen. In Südafrika wurde über Resistenzquoten zwischen sieben und 25% bei Pneumokokken-Isalaten von Kindern berichtet. Hohe Resistenzraten wurden ebenfalls mitgeteilt aus Neu­Mexiko (14,5%), Oklahoma (15,5%), Papua Neuguinea (22 %) und Spanien (35 OJo). Aus Ungarn wird in einer multi­zentrischen Studie aus 23 diagnostischen mikrobiologischen Laboratorien eben­fa lls über sehr ungünstige Zahlen berichtet. Von 1986 bis 1989 stieg bei insgesamt jährlich weit über 4.000 unterschied­lichen Pneumokokken die Penicillin­resistenz von 42% auf 51% an. Bei Isolaten von Kindern wurden Resistenz­quoten von über 70% gegenüber Peni­cillin gefunden. Besonders beunruhigend war dabei, daß über 70 OJo der Penicillin­resistenten Pneumokokken auch resistent waren gegenüberTetrazyklinen, Erythro­mycin (ERYTHROCIN u. a.) und Co­trimoxazol (BACTRIM u . a.) sowie zu über 30% gegenüber Chloramphenicol (PARAXIN u. a.) . Ein repräsentativer ungarischer Stamm wurde molekular­biologisch in New York untersucht (A. Thomas) und zeigte veränderte Penicillin-bindende Proteine mit Resi­stenz dieses Stammes gegenüber den lytischen und abtötenden Wirkungen des Penicillins.

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FOLGERUNG DER AUTOREN: Die erschreckend hohen Resistenzzahlen aus Ungarn weisen auf die Notwen­digkeit einer adäquaten und rationa­len antibiotischen Verschreibungspolitik mit großen Restriktionen hin. Weiter­hin folgert aus diesen Zahlen, daß Pneumokokken in vielen Ländern heute unbedingt hinsichtlich ihrer Penicillin­empfindlichkeit untersucht werden müssen.

Marton, A. et al. J. lnfect. Dis. 163: 542- 548, 1992

Penicillin-Resistenz von Pneumokokken in Deutschland

Antibiotika-resistente Pneumokokken, auch Penicillin-resistente Stämme, werden in zunehmender Zahl im europäischen Raum isoliert (Spanien über 40%, Ungarn über 50%, Frankreich über 15 %) (vgl. ZCT 1193). In der vorliegenden Mitteilung wurden von einem Aachener Universitätslabor für Mikrobiologie 131 Streptococcus pneumoniae-Stämme hinsichtlich ihrer Antibiotikaempfind­lichkeit untersucht, wobei diese Bakterien größtenteils von Patienten mit syste­mischen Infektionen stammten. Die Empfindlichkeit dieser Stämme wurde für Penicillin G, Erythromycin (ERYTHRO­CIN u. a.), Chloramphenicol (PARAXIN u. a.), Tetrazyklin (diverse Präparate), Ofloxacin (TARIVID) und Ciprofloxacin (CIPROBAY) bestimmt. Von 100 der 131 Pneumokokkenstämme aus ganz Deutschland konnte die Art des klini­schen Materials ermittelt werden. Von den 100 Stämmen rekrutierten sich 60 aus Blutkulturen, 15 aus Liquor cerebrospi­nalis, fünf aus Pleurapunktaten, sechs aus Bronchiallavagen und sieben aus Sputen. Von den 131 Pneumokokkenstämmen erwiesen sich 121 (92,4 %) als empfind­lich für Penicillin G (MHK;;;;; 0,06 mg/ 1), acht Stämme zeigten sich als mäßig empfindlich (MHK E;; 0,125 und;;;;; 1 mg/ 1). Bemerkenswert waren zwei Stämme, die als hochgradig Penicillin-resistent eingestuft werden mußten (MHK über 2 mg/ 1). Die hochgradig Penicillin­resistenten Bakterien stammten zum einen aus der Bronchialabsaugung eines spanischen Kindes und zum anderen von einem Patienten mit einer bakteriämisch verlaufenden Pneumokokken-Pneumonie (Blutkulturen und Sputum positiv) . Die hochresistenten Stämme boten auch relativ hohe MHK-Werte für ver­schiedene Cephalosporine, nur Cefo­taxim (CLAFORAN) zeigte mit MHK-Werte von 0,5 mg/ 1 eine sehr gute Wirksamkeit . 10,7 % aller unter­suchten Pneumokokkenstämme waren resistent gegenüber Tetrazyklin, eine Erythromycin-Resistenz wurde bei 3,8% beobachtet .

Juli/August 1993 - 14.jahrg.

Antimikrobielle und antiparasitäre Chemotherapeutika - eine aktuelle Bewertung ( 40) Substanzen mit Wirkung gegen Malaria II Warenzeichen: Mefloquin (LARIAM), Halofantrin (HALFAN), Proguanil (PALUDRINE), Pyrimethamin + Sulfadoxin (FANSIDAR).

Allzeroeine Bemerkungen : Mefloquin, Halofantrio und Proguanil sind in den IetztenJahren in Deutschland auf den Markt gekommen. Proguanil wird als jüngst zugelassene Substanz in dieser Ausgabe ausführlich als Neueinführung (Seite 28) besprochen.

Wirkungsmechanismus : Die Wirkung von Mefloquin wird in Verbindung gebracht mit einer Störung des Hämoglobinabbaus, weiterhin wird eine DNA-Interkalation und die Möglichkeit der pH -Verschiebung in den Vakuolen der Parasiten diskutiert. Auch für Halofantrio ist eine Störung des Hämoglobinabbaus im Gespräch. Pyrime­thamin ist ein Hemmstoff der Dihydrofolsäurereduktase und wirkt in Kombination mit Sulfadoxin synergistisch.

AntiRarasitäre Eigenschaften: Mefloquin und Halofantrio wirken gegen Blut­schizonten insbesondere von Chloroquin-sensiblen und -resistenten P. falciparum­Stämmen. Es werden inzwischen vermehrt Resistenzen von P. falciparum sowohl gegen Mefloquin als auch gegen Halofantrio beobachtet.

Pharmakakinetische Eigenschaften : Mefloquin steht nur zur enteralen Anwendung zur Verfügung. Die Spitzenkonzentrationen im Blut werden 6 bis 24 Stunden nach der Einnahme erreicht, die Eliminationshalbwertzeit liegt zwischen 14 und 28 Tagen. Mefloquin hat eine hohe Plasmaeiweißbindung (98 %). H alofantrio wird nach oraler Gabe nur mäßig und mit großer Variabilität resorbiert. Die gleichzeitige Einnahme des Medikamentes mit einer Mahlzeit verbessert die Resorption deutlich . Halo­fantrio wird metabolisiert und ein Metabolit, das N-Desbutylhalofantrin, ist auch pharmakologisch aktiv, die Halbwertzeit liegt bei 90-110 Stunden.

Pyrimethamin wird nach oraler Anwendung gut resorbiert. Das Arzneimittel wird in großem Umfang metabo lisiert und mit einer Halbwertzeit von vier bis sechs Tagen eliminiert. Der Kombinationspartner Sulfa doxin wird auch enteral gut resorbiert und mit einer Halbwertzeit von fünfbis neun Tagen eliminiert. TheraReutische Anwendung~ Der Einsatz von Mefloquin sollte auf die Kurzzeit­prophylaxe und Behandlung von chloroquinresistenten P. fa lciparum-Infektionen beschränkt werden, um eine schnelle Resistenzentwicklung zu vermeiden . Halo­fantrio wird ebenfalls zur Therapie der chloroquinresistenten P. falciparum-Malaria eingesetzt. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit liegt in der sog. Stand-by-Therapie, bei der die Substanz nur nach Auftreten entsprechender Symptome und fehlender ärztlicher Behandlungsmöglichkeit eingenommen wird . Die Anwendung von Pyri­methamin in der Prophylaxe wird durch die verbreiteten Resistenzen eingeschränkt. Der Einsatz in Kombination mit Sulfadoxin zur Prophylaxe ist stark zurück­gegangen, nachdem häufiger lebensbedrohliche, allergische Reaktionen aufgetreten sind. Zur Behandlung der chloroquinresistenten P.falciparum-Malaria wird die Kombination noch eingesetzt.

Unerwünschte Reaktionen: Mefloquin wird im allgemeinen gut vertragen, es können aber Übelkeit, Benommenheit und bradykarde Herzrhythmusstörungen auftreten . Die Fähigkeit zur Steuerung von Fahrzeugen ist auch noch bis zu drei Wochen nach Beendigung der Einnahme beeinträchtigt. Nach Gabe von Halofantrio wurden abdominale Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen und Haut­ausschläge beobachtet-Jüngstwurde von akuten intravasalen Hämolysenundeinem arhythmogenen Potential der Substanz berichtet. Pyrimethamin wird in prophylak­tischen Dosierungen gut vertragen, nur selten treten Blutdyskrasien,Hautausschläge und Erbrechen auf. Nach prophylaktischer Gabe der Kombination aus Pyrime­thamin und Sulfadoxin sind lebensbedrohliche allergische Reaktionen aufgetreten wie das Stevens-Johnson-Syndrom und die toxische epidermale Nekrolyse ; diese Reaktionen werden dem Sulfadoxin zugeschrieben . Zusammenfassende Bewertung~ Mit Mefloquin und Halofantrio stehen zwei vergleichsweise neue Substanzen zur Behandlung der chloroquinresistenten P. falci­parum-Malaria zur Verfügung. Mefloquin kann auch zur Kurzzeitprophylaxe eingesetzt werden. Die Stand-by-Therapie mit Halofantrio stellt eine Alternative zur medikamentösen Prophylaxe dar. Die Kombination aus Pyrimethamin und Sulfadoxin sollte wegen der Gefahr allergischer Reaktionen nicht mehr zur Prophylaxe eingese tzt werden. Proguanil (siehe Neueinführung) ist in der Kombination mit Chloroquin für die Langzeit­prophylaxe gegen sensible Plasmodien geeignet, diese Kombination kann auch Schwangeren und Kindern gegeben werden.

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FOLGERUNG DER AUTOREN: Das offenbar vermehrte Auftreten von Pneu­mokokken mit verminderter Penicillin­empfindlichkeit auch in Deutschland unterstreicht die Notwendigkeit, andere Antibiotika bei der in vitro-Empfindlich­keitsprüfung von Isolaten aus syste­mischen Infektionen zu analysieren. In Abhängigkeitvon der Infektionslokali­sation kommen bei Erkrankungen durch hochgradig Penicillin-resistente Pneumo­kokken vor allem parenterale Cephalo­sporine der dritten Generation, Glyko­peptide oder neuere Chinaionderivate in Betracht. Reiner! , R. R. et al. Medizinische Klinik 88:357- 361 , 1993

Mittel der Wahl Therapie der Brucellose Die Behandlung der Brucellose ist unver­ändert problematisch wegen der relativ hohen Rezidivneigung dieser Infektion. In einer spanischen Studie wurden zwischen Juli 1980 und August 1987 ins­gesamt 330 Patienten mit einer kulturell oder serologisch eindeutig gesicherten Brucellose mit sechs unterschiedlichen antibiotischen Therapieregimen behandelt. Die antibiotischen Behandlungsgruppen bestanden aus folgenden Mono- bzw. Kombinationstherapieformen. Gruppe 1: 1.200 mg Rifampicin (RIFA u. a.) ein­mal täglich für sieben Tage, gefolgt von 600 mg täglich über 21 Tage zusammen mit 200 mg Doxycyclin (VIBRAMYCIN u. a.) täglich über 28 Tage; Gruppe 2: Co-trimoxazol forte (BACTRIM FORTE u. a.) dreimal eine Tablette täglich über zehn Tage, dann zweimal eine Tablette über vier Wochen und danach zweimal eine Co-trimoxazol-Tablette bis zum sechsten Monat; Gruppe 3: 200 mg Doxycyclin täglich über sechs Wochen; Gruppe 4: 1 g Streptomycin (STREPTO­STENAT u. a.) täglich intramuskulärüber drei Wochen zusammen mit 200 mg Doxycyclin täglich über sechs Wochen; Gruppe 5: 900 mg Rifampicin täglich plus 200 mg Doxycyclin über sechs Wochen; Gruppe 6: 1 g Streptomycin täglich (intra­muskulär) über zwei Wochen plus 200 mg Doxycyclin täglich über sechs Wochen. Bei der Analyse der Ergebnisse waren die Kombinationsgruppen mit Streptomycin erfolgreicher als die Kombinationen, die Rifampicin enthielten. Zwischen den Rifampicin-enthaltenden Kombinationen und den Monotherapieformen (Co­trimoxazol bzw. Doxycyclin) ergaben sich keine Unterschiede. Bei 93 Ofo der Patienten wurde eine gute Verträglichkeit beobachtet .

FOLGERUNG DER AUTOREN: Von sechs unterschiedlichen antibiotischen Behandlungsformen der Brucellose er­wies sich die Kombination von Strepto-

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mycin plus Doxycyclin als die erfolg­reichste. Zwischen einer Kombinations­behandlung mit Rifampicin (RIFA u. a.) plus Doxycyclin (VIBRAMYCIN u. a.) oder einer Monotherapie mit Doxycyclin bzw. Co-trimoxazol (BACTRIM u. a.) ergaben sich klinisch keine Unterschiede.

Montejo,J. M. et al. Clin. Infect. Dis. 16: 671 - 676, 1993

Hochdosiertes Tobramycin-Aerosol bei zystischer Fibrose

Endobronchiale Infektionen mit Pseudo­monas aeruginosa sind eine der häufigen Ursachen für einen progressiven Krank­heitsverlauf und letztlich verantwortlich für die hohe Letalität der Patienten mit zystischer Fibrose. Aminoglykoside mit antibakterieller Aktivität gegen Pseudo­monas aeruginosa gelangen nur unzu­reichend in das endobronchiale Sekret und benötigen hohe intravenöse Dosie­rungen um wirksame Konzentrationen am Infektionsort zu gewährleisten. Diese hohen Dosierungen bedeuten insbeson­dere bei längerer Therapie ein hohes Risiko für nephrotoxische und ototoxische Unverträglichkeitsreaktionen. In vielen Ambulanzen und Behandlungszentren ftir Patienten mit zystischer Fibrose ist die lokale Applikation von Aminoglykosid­antibiotika eine Standardbehandlung. Allerdings gibt es hierzu wenig kontrol­lierte Studien. An sieben nordamerikani­schen Behandlungszentren wurden 71 Pa­tienten in eine kontrollierte Studie einge­schlossen. Die erste Gruppe von Patienten

Juli/August 1993 -14.jahrg.

Gebühr bezahlt

erhielt 600 mg Tobramycin in Aerosol­form täglich über 28 Tage, gefolgt von einer Kochsalzinhalation über zwei 28-tägige Perioden. Die Gruppe zwei erhielt zunächst Placebo (Kochsalz) über 28 Tage gefolgt von Tobramycin (GERNEBCIN) über zwei 28 Tage-Perioden. Die 600 mg Tobramycindosis wurde in 30 ml einer 0,45 prozentigen Kochsalzlösung (einge­stellt auf einen pH zwischen 6,85 und 7,05) in dreimal täglichen Inhalations­sitzungen appliziert. Um die Doppelblind­anordnung zu gewährleisten wurden beide Lösungen (mit und ohne Tobramy­cin) mit 1 mg Chininhydrochlorid pro ml versetzt.- Bei den Ergebnissen zeigte sich, daß in der ersten 28 Tagesperiode mit Tobramycin die Einsekundenkapazität signifikant um 9,7% gegenüber der Placebo­gruppe anstieg. Weiterhin wurde die Anzahl der Pseudomonas aeruginosa­Stämme im Sputum um den Faktor 100 während aller Tobramycin-Applikations­perioden vermindert. Es konnten keine ototoxischen oder nephrotoxischen Reaktionen registriert werden. Bei 14 Ofo der Patienten (gleich verteilt in beiden Gruppen) konnten resistente Pseudomonas aeruginosa-Stämme isoliert werden.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Die kurzzeitige Aerosolapplikation von hoch­dosiertem Tobramycin (GERNEBCIN) bei Patienten mit einer klinisch stabilen zysti­schen Fibrose erwies sich als wirksame und sichere Behandlung fiirdie endobronchiale Infektion mit Pseudomonas aeruginosa. Ramsey, B. W. et al. N. Engl.J. Med . 328 : 1740-1746, 1993