Erscheinungsformen und Strafbarkeit des Skimmings · Kochheim, Skimming #2.1, Juli 2010 2...

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Kochheim, Skimming #2.1, Juli 2010 1 Zweite überarbeitete Fassung, aktualisiert im Juli 2010 Erscheinungsformen und Strafbarkeit des Skimmings mit Glossar und Rechtsprechungsübersicht

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Kochheim Skimming 21 Juli 2010 1

Zweite uumlberarbeitete Fassung

aktualisiert im Juli 2010

Erscheinungsformen undStrafbarkeit des Skimmings

mit Glossar und Rechtsprechungsuumlbersicht

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 2

Cybercrime im Cyberfahnder

Die Webseite cyberfahnderde widmet sich seit 2007 der Cybercrime ihren Erscheinungsformen und ihrer Strafverfolgung Dazu gehoumlrt die Dar-stellung der technischen Grundlagen soweit sie zum Verstaumlndnis noumltig sind und die Auseinan-dersetzung mit den einschlaumlgigen Gesetzen und der Rechtsprechung

Die Arbeitspapiere im Cyberfahnder fassen die wesentlichen Aufsaumltze Beitraumlge und Meldungen zusammen

Zuletzt ist das Arbeitspapier Netzkommunikation erschienen das sich mit den Grundlagen der Telekommunikation und des Inter-nets befasst Von der Adressie-rung in den Netzen fuumlhrt das Ar-beitspapier uumlber das Routing und

die Verschluumlsselung zu den Manipulationen im Internet von Schurkenprovidern und anderen Netzbetreibern Den Abschluss bildet eine Aus-einandersetzung mit den miteinander verflochte-nen Formen der Cybercrime und des Cyberwar

Alle Beitraumlge in diesem Arbeitspapier sind Neu-veroumlffentlichungen

Mit den wichtigsten Erschei-nungsformen der Cybercrime be-fasst sich das Arbeitspapier Cybercrime Es beschreibt zu-naumlchst die Angriffspunkte gegen die Informations- und Kommuni-kationstechnik die Nummern-

tricks Malware Botnetze den Identitaumltsdiebstahl und die Methoden des Social Engineering Der letzte Teil widmet sich der Underground Econo-my den Schurkenprovidern und den kriminellen Strukturen die sich im Zusammenhang mit der Internetkriminalitaumlt erkennen lassen

Alle Beitraumlge wurden fuumlr diese Zusammenstel-lung uumlberarbeitet Das Kapitel uumlber den Identi-taumltsdiebstahl und das Phishing ist neu und der Teil uumlber die Underground Economy wurde weit-gehend neu gefasst

Als erstes Arbeitspapier in dieser Reihe erschien im Dezember 2009 das zum Thema Skimming ( Arbeitspapier Skimming Fas-sung aus 2009) Bedingt durch neue Erkenntnisse aus der Praxis und klaumlrenden Entscheidungen

des Bundesgerichtshofes von Anfang 2010 wur-de eine gruumlndliche Uumlberarbeitung noumltig

Die zweite Fassung des Arbeitspapiers Skimming ist Ende Februar 2010 erschienen und wird seither fortgeschrieben und aktualisiert Neu ist jetzt vor allem das Beteiligungsmodell und die dazu erstellten Grafiken

Hannover Juli 2010

ThemaAutorVersionStandCover

Impressum

SkimmingDieter Kochheim21125072010U-Bahn-Station Werderstraszlige Hannovercyberfahnderde

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 3

S Inhalt

4 Vorwort

6 A Phaumlnomen Skimming

9 B bargeldloser kartengestuumltzter Zahlungsverkehr

9 1 Faumllschungssicherung

9 2 bargeldloser Zahlungsverkehr

11 3 Autorisierung

11 4 Clearing

11 5 Schadensausgleich

12 6 Ergebnisse

12 7 arbeitsteilige Handlungen beim Skimming

14 C Strafbarkeit14 1 arbeitsteiliges Vorgehen

14 2 einschlaumlgige Normen und Konkurrenzen

16 21 Ausspaumlhen von Daten

16 22 Abfangen von Daten

16 23 PIN-Skimming und Computersabotage

17 24 natuumlrliche Handlungseinheiten

18 3 Faumllschungssicherheit

19 4 Garantiefunktion

20 5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

21 51 Erfolgsort beim Computerbetrug

21 52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

22 53 Vollendung

22 6 Beginn des Versuchsstadiums

23 61 Versuch der Kartenfaumllschung

24 62 Versuch des Computerbetruges

24 63 Ruumlcktritt vom Versuch

25 7 Vorbereitungshandlungen

25 71 Kartenlesegeraumlte

26 72 Kameras

27 73 Tastaturaufsaumltze

27 8 Mittaumlter und Bande

28 81 arbeitsteilige Taumltergruppen

30 82 Tatvollendung durch Cashing

30 83 Tatbeteiligung des Skimmers

32 9 Verabredung zu einem Verbrechen

32 10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

33 101 einschlieszliglich eigenhaumlndiges Cashing

33 102 einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

34 103 mit Absatzabsicht

34 104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

35 Anhang Grafiken zum Beteiligungsmodell

39 11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

39 12 Pruumlfungsschema

39 121 vollendetes Cashing

40 122 Ausspaumlhen von Karten und PIN bei vollendetem Cashing

40 123 Ausspaumlhen von Karten und PIN ohne Cashing

41 13 Fazit

43 D Strafverfahren43 1 geheime Ermittlungen

43 2 Organisierte Kriminalitaumlt

44 E kriminalistische Erfahrungen44 1 Programm

44 2 Garantiefunktion

44 3 Ausspaumlhen

44 31 Vorerkundung

45 32 Spezialisten

45 33 Einsatz

45 4 Abstimmung und Bericht

45 5 Banden

47 Rechtsprechungsuumlbersicht

49 Glossar

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Vorwort

Das Skimming 1 leitet sich ab von dem Skimmer 2 also dem Lesegeraumlt mit dem die Magnetstrei-fen von bdquoIdentitaumltsdokumentenldquo 3 ausgelesen werden koumlnnen Den Taumltern geht es aber nicht um das Ausspaumlhen der Daten auf den Zahlungs-karten und der Persoumlnlichen Identifikationsnum-mern ndash PIN ndash von Bankkunden sondern einzig um die Beute die sich beim Missbrauch ge-faumllschter Zahlungskarten erzielen laumlsst

Das Skimming ist zu einem eintraumlglichen Ge-schaumlft geworden in dem sich gut aufgestellte einheimische und internationale Banden tum-meln

Dieses Arbeitspapier beschreibt ihr Vorgehen die wirtschaftlichen und technischen Hintergruumln-de und die strafrechtlichen Fragen die sich im Zusammenhang mit dem Skimming stellen

Zweite Auflage Version 211

Mit mehreren Anfang 2010 veroumlffentlichten Ent-scheidungen hat der Bundesgerichtshof ndash BGH ndash die Rechtsprechung uumlber das Faumllschen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion praumlzisiert Das erforderte eine umfassende Uumlberarbeitung die-ses Arbeitspapiers im Hinblick auf die Strafbar-keit des Skimmings in den verschiedenen Tat-phasen und zu Aumlnderungen in den von mir ver-tretenen Positionen Alle Zweifelsfragen sind je-doch noch nicht geklaumlrt

Wegen des Auslesen der Magnetstreifen von Zahlungskarten tendiert der BGH entgegen einer fruumlheren Auffassung 4 jetzt dazu dass das Aus-spaumlhen der Magnetstreifen von Zahlungskarten kein Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a Abs 1 StGB ist weil es den Karten an einer besonde-

1 Die Quellenangaben sind wenn moumlglich mit Hyper-links zum Internet versehen2 CF Sicherheitsvorkehrungen Juli 2007CF ist das Kuumlrzel fuumlr bdquoCyberfahnderldquo3 CF Uumlberwachungstechnik Zahlungskarten 180520084 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504

ren Zugangssicherung fehlt 5 In anderer Sache hat das Gericht den Eintritt des Versuchsstadi-ums beim Nachmachen (Faumllschen) von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion praumlzisiert 6 Das reine Ausspaumlhen von Kartendaten ist deshalb grundsaumltzlich noch als Vorbereitungshandlung zum abschlieszligenden Verbrechen beim Cashing anzusehen An der von mir entwickelten Loumlsung das Ausspaumlhen von Kartendaten als den Eintritt in den Versuch der Faumllschung von Zahlungskar-ten zu betrachten (sectsect 152a 152b StGB) halte ich als Moumlglichkeit der juristischen Auslegung fest Den Ausfuumlhrungen im Arbeitspapier lege ich jetzt (Juli 2010) aber die strenge Auslegung zugrun-de dass der Versuch erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen beginnt

Zu allen Einzelheiten einer strafbaren Verbre-chensabrede (sect 30 StGB) hat sich der BGH noch nicht geaumluszligert aber in mehreren Faumlllen die be-treffenden Revisionen verworfen In den Faumlllen der gewerbs- oder bandenmaumlszligigen Begehung duumlrfte das einzeln betrachtete Ausspaumlhen als Verabredung zu einem Verbrechen gemaumlszlig sect 152b StGB gewertet werden wobei nach einer Aumluszligerung des Generalbundesanwalts Tateinheit (sect 52 StGB) mit Tathandlungen aus sect 149 StGB besteht 7 Insoweit verdichtet sich auch die Mei-nung dass die Herstellung und der bdquoUmgangldquo mit praumlparierten Kartenlesegeraumlten nach sect 149 StGB strafbar ist 8 Das gilt aber nicht in Bezug auf Tastaturaufsaumltze und Kameras zum Ausspauml-hen der Persoumlnlichen Identifikationsnummern ndash PIN

Auch die zweite Auflage dieses Arbeitspapiers ist eine Zwischenbilanz in Bezug auf die Rechtspre-chung die sich wegen der Einzelheiten erst ent-wickelt Das gilt nicht nur fuumlr das Skimming son-

5 BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309 S 46 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9 107 Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 539098 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 (noch nicht veroumlffentlicht) Siehe auch Fischer sect 149 StGB Rn 3

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dern auch fuumlr andere Erscheinungsformen der Cybercrime und in neuen Kriminalitaumltsfeldern Sie erfordern meistens eine tiefe Auseinander-setzung mit grundsaumltzlichen Rechtsfragen und stellen hohe Anspruumlche an die Strafverfolger die mit ihnen befasst sind

Das Thema Skimming im Cyberfahnder

Mit dem Thema bdquoSkimmingldquo 9 befasst sich der Cyberfahnder seit dem Sommer 2007 Die erste Fassung des Aufsatzes wurde zum beliebtesten der Webseite Im Mai 2008 wurde der Beitrag neu gefasst 10 und im November 2009 erschien die erste Fassung dieses Arbeitspapiers 11

Das Skimming als Kriminalitaumltsform war zu-naumlchst ein Randthema und ich habe es nicht als einen Teil der Cybercrime 12 im engeren Sinne angesehen Das sehe ich heute anders weil sich die Formen in denen sich die Kriminellen der In-formationstechnik ndash IT ndash und des Internets bedie-nen immer mehr annaumlhern und Mischformen bil-den

Dieses Arbeitspapier fast die Beitraumlge im Cyber-fahnder zusammen und aktualisiert sie Seine Aufgabe ist es auch eine schnelle Orientierung in Bezug auf die durchaus schwierigen Rechts-fragen zu geben die bei der Strafverfolgung we-gen des Skimmings auftreten

Uumlberblick

Zunaumlchst werden die aktuellen Erscheinungsfor-men des Skimmings beschrieben

Dazu wird zwischen dem Skimming im engeren Sinne also dem Ausspaumlhen von Kartendaten und Persoumlnlichen Identifiktionsnummern ndash PIN und dem Cashing unterschieden also dem Miss-brauch gefaumllschter Zahlungskarten an Geldauto-

9 CF Skimming Juli 200710 CF arbeitsteiliges Skimming 1805200811 CF Zwischenbilanz Skimming 1411200912 CF Cybercrime und IT-Strafrecht 08082008

maten die den Beginn und den Abschluss des Tatplanes kennzeichnen

Der zweite Teil widmet sich den finanzwirtschaft-lichen Prozessen des bargeldloser kartenge-stuumltzter Zahlungsverkehrs deren Verstaumlndnis fuumlr die Rechtsfragen noumltig ist Das gilt besonders fuumlr das automatische Autorisierungs- und Clearing-verfahren die den internationalen Zahlungsver-kehr in Echtzeit zulassen Dabei wird jeder Zah-lungsvorgang von der kartenausstellenden Bank gepruumlft und schlieszliglich durch die Uumlbermittlung ei-nes Genehmigungscodes die Garantie zur Aus-zahlung erklaumlrt Diese Mechanismen machen ndash neben Kreditkarten ndash auch Debitkarten zu Zah-lungskarten mit Garantiefunktion

Den umfangreichsten Teil bildet die Auseinan-dersetzung mit der Strafbarkeit des Skimmings Den Abschluss bildet eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung zu arbeitsteiligen Taumlter-gruppen die auch bei der Beteiligung an vorbe-reitenden Handlungen und an Teilakten des Ge-samtplans zur Strafbarkeit am finalen Verbre-chen fuumlhrt Neu sind das Beteiligungsmodell das bei der Systematisierung der Tathandlungen in Bezug auf die einschlaumlgigen Strafvorschriften helfen soll und die dazu entwickelten Grafiken

Das Arbeitspapier schlieszligt mit knappen Anmer-kungen zum Strafverfahrensrecht uumlber krimina-listische Erfahrungen einer Rechtsprechungs-uumlbersicht und einem Glossar

Hannover 25072010

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bdquoSkimmingldquo als kriminel-le Erscheinungsform hat seinen Ausgang beim Ausspaumlhen der auf den Magnetstreifen von Kre-dit- und Zahlungskarten gespeicherten Kartenda-

ten und den Persoumlnlichen Identifikationsnum-mern ndash PIN die von den Bankkunden bei ihren Verfuumlgungen am Geldautomaten eingegeben werden Das Ausspaumlhen der Kartendaten ist ein notwendiger Schritt zur Faumllschung von Zahlungs-karten und das Ausspaumlhen der PIN ein weiterer notwendiger Schritt fuumlr das finale Ziel der Taumlter dem Missbrauch der Zahlungskarten an auslaumln-dischen Geldautomaten wobei sie die Auszah-lung mit den richtigen Kartendaten und der PIN autorisieren lassen muumlssen

Die klassischen Skimming-Taumlter treten in zwei Tatphasen oumlffentlich auf beim Ausspaumlhen von Daten und abschlieszligend beim Missbrauch von Zahlungskarten Anlaumlsslich dieser oumlffentlichen Auftritte erfolgen auch erfahrungsgemaumlszlig die po-lizeilichen Zugriffe Der Faumllschungsvorgang sel-ber wird nach den bisherigen Erkenntnissen vor-wiegend im osteuropaumlischen Ausland unternom-men

Wie jede kriminelle Mode wandelt sich auch das Skimming wobei verfeinerte Methoden zum Einsatz kommen Gegen das Ausspaumlhen der PIN mit einer Kame-ra 13 koumlnnen sich die Bankkunden schuumltzen wenn sie eine Hand uumlber die andere halten mit der sie gerade die Zif-

fernfolge eingeben Das funktioniert dann nicht mehr wenn die Taumlter flach oberhalb der Tastatur

13 CF Kamera 13042009

anbringen 14 oder statt einer Kamera einen Tas-taturaufsatz 15 oder so-gar eine vollstaumlndige Fassade (Front Cover-ing) einsetzen 16 (Bild unten Ruumlckseite eines Tastaturaufsatzes)

Der wechselnde Einsatz verschiedener Karten fuumlr den Zugang zur Bank und fuumlr die Verfuumlgung am Geldautomaten schuumltzt den Kunden dann nicht mehr wenn

der Skimmer direkt am Geldautomaten ange-bracht ist 17

Seit zwei Jahren treten Faumllle des POS-Skim-mings auf 18 POS bedeutet Point of Sale Ge-meint sind die handlichen Terminals an den Kas-sen im Einzelhandel die gleichzeitig die Kar-tendaten auslesen und uumlber ihre Tastatur die PIN aufnehmen 19 Alle notwendigen Daten durchlaufen diese Geraumlte Wenn die Taumlter es schaffen sie entsprechend umzuruumlsten dann

14 CF Sichtblende mit Kamera 26062010 15 CF Tastaturaufsatz 13042009CF Tastaturblende 1304200916 CF Skimming Juli 200717 CF BKA Lagebild OK Zahlungskartenkriminalitaumlt 0111200818 CF POS-Skimming 18052008 CF Datenklau und -missbrauch 1908200819 CF BKA Lagebild OK Manipulation von POS Terminals 01112008

A Phaumlnomen Skimming

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speichern oder senden sie die Dumps 20 an die Taumlter

In Russland wurden unlaumlngst die Geldautomaten selber gehackt um die Dateneingabe vollstaumlndig aufzuzeichnen 21 Vermutlich wurde dazu eine technische Schnittstelle an den Geraumlten genutzt die zur Wartung Funktionspruumlfung oder Aktuali-sierung der Software bestimmt ist

Beide Beispiele zeigen dass die Beschaffung der Kartendaten und PIN auf mehreren Wegen erfolgen kann Sie ist zwar wichtig fuumlr den Tater-folg am Ende zaumlhlt aber das erbeutete Geld und nicht die Methode mit der die Taumlter an die Daten gelangten Die Arbeitsteilung bei dieser Krimina-litaumltsform laumlsst auch spezialisierte bdquoSubunterneh-merldquo zu die sich auf die Beschaffung der Daten beschraumlnken und ihre bdquoRohstoffeldquo an andere Spezialisten verkaufen die sich um das Faumll-schen und das Cashing kuumlmmern

Besonders heimtuumlckisch gingen die Hacker vor die Ende 2008 in die Datenhaltung einer US-amerikanischen Bank eindrangen und die Kar-tendaten einschlieszliglich PIN von 100 Kunden ausspaumlhten 22 Gleichzeitig erhoumlhten sie deren Auszahlungslimit Am 08112008 wurden welt-weit und gleichzeitig an 130 Geldautomaten in 49 Staumldten die gefaumllschten Zahlungskarten ein-gesetzt und damit 9 Millionen US-$ erbeutet

Dieses Beispiel zeigt wie sich die Methoden der Cybercrime in den Formen des Hackings des Ausspaumlhens und des Verfaumllschens von Daten mit denen anderer Kriminalitaumltsformen vermen-gen

Das Skimming ist von seiner Herkunft her eher beim Trickdiebstahl und -betrug angesiedelt 23 weil es ihm urspruumlnglich nur um das Stehlen von Zahlungskarten und ihre Faumllschung ging Es ver-langt handwerkliche Fertigkeiten bei der Herstel-20 vollstaumlndige Kartendaten einschlieszliglich PINCF Fachworte April 200721 CF Skimming an der Quelle 2003200922 CF Skimming-Coup 0602200923 CF Proll-Skimming 18052008CF Beobachtung Trickdiebstahl Juli 2007

lung der eingesetzten Geraumlte besonderes Wis-sen wegen der Auswahl der Geldautomaten und Standorte die sich einerseits zum Ausspaumlhen der erforderlichen Daten und andererseits zum Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten eig-nen sowie logistisches Geschick bei der Instal-lation der Uumlberwachungshardware Die ver-schiedenen Arbeitsschritte im Tatplan ihre wechselnden Anforderungen an die Faumlhig- und Fertigkeiten der Taumlter 24 und die grenzuumlberschrei-tende Logistik des Gesamtplans sprechen fuumlr eine Arbeitsteilung mit einer zentralen planenden und steuernden Instanz

Die bisher gemachten Erfahrungen zeigen dass Skimmer 25 und Casher 26 regelmaumlszligig zu zweit oder dritt auftreten und gelegentlich auch mehre-re Gruppen gleichzeitig handeln Aus den Bildern von Uumlberwachungskameras ist bekannt dass die Taumlter noch am Tatort mobil telefonieren Sie be-richten dann offenbar uumlber den Erfolg ihres Ein-satzes und stimmen sich untereinander ab Aus den Journalen von angegriffenen Geldautomaten ergeben sich Stromunterbrechungen wenn Le-segeraumlte ausgewechselt werden dass zur Funk-tionspruumlfung der praumlparierten Kartenlesegeraumlte und zur Markierung der ausgespaumlhten Zahlungs-kartendaten Testkarten eingesetzt werden 27 An-dere Bilder haben eindrucksvoll gezeigt wie

24 CF Grafik Juni 2008 Wegen der Herstellung von Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fehlt noch der Hinweis auf sect 149 StGB Die Diskussion um die Strafbarkeit wegen des Umgangs mit diesen Geraumlten wurde erst ab Herbst 2008 oumlffentlich25 Skimmer siehe Glossar26 Casher siehe Glossar

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Casher beim Einsatz von White Cards 28

mit ihren Handys telefonieren und sich dabei offenbar die PIN uumlbermitteln las-sen

Die bevorzugten Zeiten fuumlr das Ausspauml-hen liegen auszligerhalb der Bankoumlffnungs-zeiten also ganz besonders ab Freitag Mittag bis uumlber das Wochenende hin-weg Das verbindet die Skimming-Taumlter mit denen beim klassischen Phishing Beiden geht es darum den stoumlrenden Eingriff der Bankmitarbeiter zu unterlau-fen Beim Phishing 29 soll dadurch die Transaktion mit den ausgespaumlhten Da-ten des Onlinebankings abgesichert und beim Skimming das Entdeckungsrisiko verringert werden

Auch das Cashing findet vor Allem am Wochenende und waumlhrend der Nacht statt Nachts haben die Casher die we-nigsten Stoumlrungen durch Bankkunden Publikum und Sicherheitspersonal zu befuumlrchten Um 000 Uhr wird auch in aller Regel das Tageslimit fuumlr die Zahlungskarten umgestellt Das bedeutet dass die Taumlter zwei Tageshoumlchstbetraumlge ergau-nern koumlnnen wenn sie die gefaumllschte Karte vor und nach Mitternacht missbrauchen Aus diesen Gruumlnden bevorzugen sie auch das Wochenende und die Feiertage Hinzu kommt dass in der Nacht von Freitag auf Samstag meistens auch das Wochenlimit storniert wird 30 so dass am Samstag Morgen das neue Wochenlimit ange-griffen werden kann27 Als Testkarte eignet sich jede Magnetkarte also auch Telefonkarten oder Tankkarten Wichtig ist den Taumltern nur dass sie anhand der ihnen bekannten Ei-genschaften der Testkarte den Zeitpunkt und die Rei-henfolge der ausgespaumlhten Daten uumlberpruumlfen und den gesondert beobachteten PIN zuordnen koumlnnen28 White Cards auch White Plastics siehe Glossar29 Mit bdquoklassischem Phishingldquo ist die Verbreitung von Spam-Mails gemeint die die Empfaumlnger zur Preisga-be ihrer Kontozugangsdaten bewegen sollen Zu den jetzt uumlblichen Methoden CF Phishing mit Homebanking-Malware 2210200830 Zum Beispiel HypoVereinsbank HVB Cashkarte Denn Zeit ist Geld S S 2

Dank des maschinenlesbaren Merkmals das nur deutsche Zahlungskarten enthalten muumlssen koumlnnen Faumllschungen mit inlaumlndischen Magnet-streifendaten nur im Ausland zum Cashing ein-gesetzt werden Im europaumlischen Ausland setzt sich durch dass die Geldautomaten statt des Magnetstreifens den EMV-Chip der Zahlungskar-te pruumlfen den die Faumllscher bislang nicht nach-machen koumlnnen Das fuumlhrt immer haumlufiger dazu dass das Cashing im auszligereuropaumlischen Aus-land stattfindet

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Unter dem Gesichtspunkt des klassischen Skim-mings bei dem das Ausspaumlhen und der Miss-brauch gefaumllschter Zahlungskarten in der Oumlffent-lichkeit stattfindet bedarf das Verfahren des bar-geldlosen Zahlungsverkehrs einer besonderen Betrachtung

1 Faumllschungssicherung

Die in Deutschland herausgegebenen Zahlungs-karten 31 verfuumlgen uumlber mehrere Vorrichtungen gegen das Faumllschen der Karte selber 32 Neben dem Unterschriftsfeld den Merkmalen des Auf-drucks und des fuumlr die Individualdaten verwen-deten Schrifttyps (OCR-B 33) sind das besonders der EMV-Chip und das Maschinenlesbare Merk-mal ndash MM

Das MM ist eine Besonderheit die es nur in Deutschland gibt Dabei handelt es sich um einen im Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmal-stoff der eine individuelle Codierung der Karte zulaumlsst 34 Diese Codierung wird im Geldautoma-ten mit einer Pruumlfsumme abgeglichen die auf dem Magnetstreifen der Zahlungskarte gespei-chert ist Es wird jedoch nicht von den Handgerauml-ten im Einzelhandel gepruumlft (POS-Terminal) so dass hier zum Cashing verfaumllschte Zahlungskar-ten eingesetzt werden koumlnnen bei denen der Magnetstreifen der Originalkarte mit fremden Kontodaten beschrieben ist

Der EMV-Chip wird von den groszligen Verbuumlnden fuumlr grenzuumlberschreitend einsetzbare Zahlungs-karten gefordert und ist bereits weit verbreitet 35 Das Kuumlrzel geht auf bdquoElectronic Cash ndash MasterMaestro ndash Visaldquo zuruumlck 36 Der Chip ist

31 Es handelt sich um standardisierte Identitaumltsdoku-mente nach ISOIEC 7810 (Wikipedia)32 CF Zahlungskarten 1805200833 CF Zeichensatz OCR-B Juli 200734 CF Sicherheitsmerkmale und Merkmalstoffe 0602201035 Kartensicherheitde EMV-Chip

zwar programmierbar 37 soll aber nicht manipu-lierbar sein 38 und eine verschluumlsselte Datenkom-munikation ermoumlglichen 39

In den meisten west- und nordeuropaumlischen Staaten erfolgt die Autorisierung anhand der Chip- und nicht mehr anhand der Daten auf dem Magnetstreifen Die Geldautomaten in Teilen Suumld- und Osteuropas beschraumlnken sich jedoch haumlufig auf das Auslesen des Magnetstreifens dessen Daten verhaumlltnismaumlszligig leicht kopiert und uumlbertragen werden koumlnnen

2 bargeldloser Zahlungsverkehr

Beim klassischen Euroscheck verkoumlrperte die Bank des Kunden ihre Zahlungsgarantie in Pa-pierform also durch den Euroscheck selber 40 In Verbindung mit der EC-Karte erfolgte die Autori-sierung durch den Akzeptanten Parallel dazu ent-wickelte die Finanzwirtschaft das System der bar-geld- und papierlosen Zahlungen die unter dem Begriff Point of Sale ndash POS ndash zusammengefasst werden Es kennt zwei Auspraumlgungen die bank-wirtschaftlich entstanden sind und ihre rechtliche Anerkennung erhalten haben Die Lastschrift und der Abbuchungsauftrag 41

36 CF Zahlungskarten mit Garantiefunktion 1304200937 CF Turbulenzen beim bargeldlosen Zahlungsverkehr 0602201038 Mehrere Meldungen lassen daran Zweifel aufkom-menPIN-Pruumlfung im EMV-Verfahren bei EC-und Kreditkarten ausgehebelt Heise online 12022010Bericht PIN-Pruumlfung bei EC- und Kreditkarten unsicherer als angenommen Heise online 19012010Daniel Bachfeld Phish amp Chips Angriff auf das EMV-Verfahren bei Bezahlkarten ct 6201039 EC-Karten-Update soll Fehler beheben ct 32010 S 53 Update fuumlr EC-Karten ct 42010 S 5440 Die Garantie war auf 400 DM beschraumlnkt Auch houml-here Betraumlge konnten mit dem EC angewiesen wer-den der uumlberschieszligende Betrag war dann aber nicht von der Garantie der Bank umfasst

B bargeldloser kartengestuumltzter Zahlungsverkehr

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Bei der Lastschrift verbleibt das Risiko bei dem Akzeptanten Das Lastschriftverfahren ist noch immer im Einzelhandel vertreten wenn zwar die Zahlungskarte des Kunden ausgelesen und ge-pruumlft wird er jedoch mit seiner Unterschrift die Zahlung anweist

Die heute uumlbliche Autorisierung fuszligt auf dem Ab-buchungsauftrag der dem Akzeptanten eine houml-here Auszahlungssicherheit gibt 42 Im Alltag zeigt sich die Autorisierung darin dass nicht nur die Zahlungskarte gepruumlft wird sondern auch die PIN eingegeben werden muss Die damit ausge-loumlste Pruumlfung erfolgt bei der kartenausgebenden

41 CF Einzugsermaumlchtigung und Lastschriftverfahren 200742 Die Einzugsverfahren sind in das SEPA-Uumlberein-kommen aufgenommen worden und gelten jetzt euro-paweit siehe CF Single Euro Payments Area 26012008

Bank der die Transaktionsdaten im elektroni-schen Onlineverfahren uumlbermittelt werden und die einen Genehmigungscode zuruumlckmeldet Der Genehmigungscode ersetzt die im Euroscheck verkoumlrperte Garantiefunktion und enthaumllt eine Auszahlungsgarantie der kartenausgebenden Bank Sie erklaumlrt damit verbindlich dass die Zah-lungskarte akzeptiert wird und der geforderte Be-trag zur Verfuumlgung steht

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3 Autorisierung

Die wesentlichen Sicherungen fuumlr das Autorisie-rungsverfahren 43 bestehen in den Sicherheits-merkmalen der Zahlungskarte in der PIN und schlieszliglich in dem Genehmigungscode den die kartenausgebende Bank an den Akzeptanten meldet 44

Zum Zweck der Autorisierung von Debitkarten 45 liest der auslaumlndische Geldautomaten die Kar-tendaten aus kombiniert sie mit der vom Kunden eingegeben PIN dem Auszahlungsbetrag der Gebuumlhr den Individualmerkmalen des Geldauto-maten und der Uhrzeit Der daraus gebildete Da-tensatz wird uumlber Kommunikationsnetze und durch verschiedene Zwischenstellen (zum Bei-spiel in Deutschland First Data Corporation 46 Finanz IT 47) bis zur kartenausgebenden Bank geleitet 48 Diese pruumlft ob die Karte von ihr aus-gestellt und nicht gesperrt ist die Auszahlung im Ausland erlaubt das Tages- oder Wochenlimit nicht uumlberschritten sind und schlieszliglich ob Kon-todeckung oder ein Uumlberziehungskredit beste-hen Danach sendet die Bank an den Geldauto-

43 Wegen der technischen Einzelheiten ISO 8583 (Wikipedia)44 CF Autorisierung im POS-Verfahren 1304200945 Gemeint sind Zahlungskarten auf Guthabenbasis wobei als Guthaben auch der gewaumlhrte Uumlberzie-hungskredit gilt46 fruumlher Gesellschaft fuumlr Zahlungssysteme - GZS47 Rechenzentrum der Sparkassen48 Siehe Glossar Autorisierung Clearing

maten einen Genehmigungscode zuruumlck 49 der die Auszahlung autorisiert und eine Garantie ent-haumllt dass die autorisierende Bank fuumlr den Aus-zahlungsbetrag buumlrgt 50 51

4 Clearing

Nach der Autorisierung erfolgt bei Debitkarten in aller Regel keine unmittelbare Belastung des Kundenkontos sondern eine Zwischenbuchung auf einem bankinternen Konto 52 Nach der Aus-zahlung erfolgt im Bankenverbund uumlber die Ver-bindungsstellen das Clearingverfahren wobei die gegenseitig bestehenden Forderungen der Verbuumlnde und schlieszliglich der Institute unterein-ander ausgeglichen werden Am Ende wird die Zwischenbuchung der Hausbank gegen das Konto des Kunden aufgeloumlst

Diese Buchung zulasten des Kundenkontos mar-kiert den abschlieszligenden Schadenseintritt im Sinne von sect 263a StGB Er erfolgt erst nach der Autorisierung der Auszahlung und schlieszliglich dem Clearing wenn eine gefaumllschte Zahlungs-karte eingesetzt wurde

5 Schadensausgleich

Beanstandet der Kunde eine Kontobelastung und ist diese auf den Einsatz einer gefaumllschten Zahlungskarte zuruumlckzufuumlhren wird grundsaumltz-lich ein Schadensausgleich durchgefuumlhrt bei dem zunaumlchst die Hausbank des Kunden die Be-49 Der Genehmigungscode lautet bdquo0ldquo Andere Codezif-fern belegen Zeituumlberschreitungen Kartensperren Verwendungsbeschraumlnkungen und andere Ereignis-se Sie fuumlhren immer dazu dass die Transaktion ver-weigert wird50 Siehe auch das Glossar bei kartensicherheitde und das Zitat Kasten oben51 In dem Positionspapier strafbare Vorbereitung und Versuch beim Skimming habe ich noch angenommen dass die Garantie von einer der zwischengeschalteten Clearingstellen geleistet wird Das ist falsch Die Ga-rantie stammt immer von der Bank die die Zahlungs-karte ausgegeben und die einzelne Verfuumlgung autori-siert hat52 Conto pro Diverse ndash CPD

Genehmigungsnummer | Authorisation Code

Die Genehmigungsnummer wird infolge einer Autorisierungsanfrage von der Karten ausge-benden Bank (Issuer) vergeben und wiederum von dem Acquirer an den Haumlndler bestaumltigt Ohne diese Genehmigungsnummer hat der Haumlndler fuumlr die Transaktion keine Zahlungsga-rantie

kartensicherheitde

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lastung gegenbucht und diese Forderung bei der EURO Kartensysteme - EKS 53 - zum Ausgleich anmeldet Stellt sich dabei heraus dass der aus-laumlndische Geldautomat von einer Karte deren Original mit einem EMV-Chip ausgestattet ist nur den Magnetstreifen gepruumlft hat dann haftet im europaumlischen Bankenverbund die auslaumlndi-sche Bank fuumlr den Schaden Auf diese Weise wird ein wirtschaftlicher Druck auf die Betreiber von Geldautomaten aufgebaut der sie zur Mo-dernisierung ihrer Geraumlte und zur Verbesserung der Sicherheitsstandards draumlngt

Dieser Anpassungsdruck funktioniert dann nicht mehr wenn sich das Cashing in das entfernte Ausland verlagern sollte Die Finanzwirtschaft wird dafuumlr neue Formen der Sicherung und des Schadensausgleiches entwickeln muumlssen

6 Ergebnisse

Der erfolgreiche Missbrauch einer Zahlungskarte im Ausland der sich in einer Kontobelastung beim deutschen Bankkunden aumluszligert belegt zu-gleich dass eine erfolgreiche Autorisierung durchlaufen und die inlaumlndische Bank eine Aus-zahlung wegen ihres Gegenwertes garantiert hat (Autorisierung)

Daraus folgt ferner dass im Ausland eine ge-faumllschte Zahlungskarte die gegen Faumllschung be-sonders geschuumltzt ist (Faumllschungssicherung) mit Garantiefunktion verwendet wurde Das qua-lifiziert die Tat zu einem Verbrechen gemaumlszligsect 152b Abs 2 StGB mit einer Mindeststrafe von 2 Jahren Freiheitsstrafe wobei ein gewerbsmauml-szligiges Handeln in diesen Faumlllen grundsaumltzlich an-zunehmen ist

Der finanzwirtschaftliche Schadensausgleich hat dazu gefuumlhrt dass die durch das Skimming bei den Bankkunden eingetretenen Schaumlden im Bankenverbund ausgeglichen wurden Dieses System wird einer besonderen Belastungsprobe ausgesetzt sein wenn sich das Cashing in das auszligereuropaumlische Ausland verlagern sollte

53 Siehe auch EKS ndash Analyse

7 arbeitsteilige Handlungen beim Skimming

Das Skimming ist gepraumlgt von verschiedenen Tat-handlungen die in der Grafik auf der naumlchsten Sei-te wegen ihrer wesentlichen Merkmale zusammen-gefasst werden

Am Anfang steht die Herstellung der Ausspaumlhtech-nik Dazu gehoumlren Kartenlesegeraumlte die spaumlter am Geldautomaten an der Eingangskontrolle oder am Kontoauszugsdrucker installiert werden Fuumlr das Ausspaumlhen der PIN werden entweder Kameras oder Tastaturaufsaumltze verwendet

Alle Geraumlte muumlssen so getarnt werden dass sie den Kunden auf dem ersten Blick nicht auffallen Die Taumlter muumlssen deshalb zunaumlchst auskundschaf-ten welche Geldautomaten und Umgebungen fuumlr den Einsatz ihrer Geraumlte geeignet sind Zur Vorbe-reitung und waumlhrend der Installation muumlssen gele-gentlich Anpassungen am Geldautomaten vorge-nommen werden die auf ein erhebliches Fach- und Erfahrungswissen der Installateure schlieszligen las-sen

Zwei Tatphasen finden in der Oumlffentlichkeit statt Das ist zunaumlchst das eigentliche Ausspaumlhen der Zugangsdaten fuumlr das sich der Begriff des Skim-mings (im engeren Sinne) eingebuumlrgert hat Es um-fasst die Installation der Ausspaumlhtechnik das Aus-spaumlhen selber und den Abbau der (wertvollen) Ge-raumlte Entsprechend der eingesetzten Technik muumls-sen die Geraumlte waumlhrend des Ausspaumlhens uumlberpruumlft werden Besonders dann wenn der Abgriff der Kar-

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tendaten nicht direkt am Geldautomaten erfolgt muumlssen die ausgespaumlhten Kartendaten und PIN synchronisiert werden Das erfolgt haumlufig in der Weise dass die Taumlter Testkarten einsetzen deren Merkmale ihnen gelaumlufig sind

Je nach dem Erfolg des Ausspaumlhens werden die Kundendaten einer oder mehrerer Skimmingangrif-fe zusammengefasst und mit ihnen Dubletten an-gefertigt Es handelt sich meistens um unbedruckte WhiteCards die nur uumlber einen Magnetstreifen ver-fuumlgen und damit den einfachsten Anforderungen der ISO-Norm fuumlr Identitaumltsdokumente genuumlgen Die dazu erforderliche Technik und das Zubehoumlr sind im Einzelhandel erhaumlltlich

Die zweite Tatphase in der Oumlffentlichkeit wird als das Cashing bezeichnet Dabei werden die Dublet-ten bdquogebrauchtldquo um Auszahlungen an Geldautoma-ten zu bewirken

Die in Deutschland uumlblichen Sicherheitsmerkmale das sind vor allem das im Kartenkoumlrper einge-brachte Maschinenlesbare Merkmal ndash MM ndash und der EMV-Chip machen es erforderlich dass die Dubletten im Ausland eingesetzt werden wo die Geldautomaten sie nicht pruumlfen Das zeigt dass auch das Cashing selber die Auskundschaftung ge-eigneter Geldautomaten erfordert

Die gewandelten Erscheinungsformen beim Aus-spaumlhen allen voran das POS-Skimming zeigen dass die hier beschriebene Kriminalitaumltsform Wandlungen unterworfen ist die besonders das Ausspaumlhen selber betreffen Verfeinerte Pruumlfungen der Sicherheitsmerkmale und der beschriebene Schadensausgleich lassen vermuten dass sich das Cashing in andere Laumlnder und Kontinente ver-lagern wird

Das Cashing ist aus krimineller Sicht ein aumluszligerst effektives Instrument der Beuterealisierung Es ist zu befuumlrchten dass es uns noch lange erhalten bleibt

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An die Stelle der fruumlher uumlblichen Euroschecks ist das Autorisierungsverfahren und die mit ihm ver-bundene Genehmigung der kartenausstellenden Bank gegenuumlber der Zahlstelle im POS-Verfah-ren getreten 54

1 arbeitsteiliges Vorgehen

Der Tatplan beim Skimming umfasst bei einer groben Unterteilung drei Arbeitsschritte

1) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

2) Faumllschung von Zahlungskarten

3) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Vor dem Arbeitsschritt 1) ist die Herstellung der teilweise handwerklich anspruchsvollen Skim-ming-Hardware angesiedelt und nach dem Ar-beitsschritt 3) die Beuteverteilung wenn es sich ndash wie uumlblich ndash um eine arbeitsteilig aufgestellte Gruppe von Taumltern handelt

Das arbeitsteilige und wiederholte Vorgehen beim Skimming rechtfertigt regelmaumlszligig die An-nahme eines gewerbsmaumlszligigen Handelns 55 Ein-zeltaumlter die alle Arbeitsschritte persoumlnlich aus-uumlben treten allenfalls in Einzelfaumlllen auf In aller Regel haben wir es mit Taumltergruppen zu tun die sich nur deshalb zusammentun um eine dauer-hafte Einnahmequelle zu haben Das wird auch von den Schaumlden durch Cashing-Aktionen be-legt bei denen mehrere Taumlter gleichzeitig han-deln und binnen weniger Tage mehrere Zehntau-send Euro erbeutet haben

Auf die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Mittaumlterschaft und Bandeneigenschaft wird unten im einzelnen eingegangen

54 Siehe Glossar POS55 Siehe Zitat im Kasten oben rechts BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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2 einschlaumlgige Normen und Konkurrenzen

Das Faumllschen von Zahlungskarten und ihren Ge-brauch hat der Gesetzgeber neben die Vor-schriften uumlber das Faumllschen von Geld und Wert-zeichen gestellt (sectsect 146 ff StGB) Die Strafvor-schriften dienen der Sicherheit und Funktionsfauml-higkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs 56 Die hohen Mindestfreiheitsstrafen mit denen sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB drohen sind von Ver-fassungs wegen nicht zu beanstanden 57

Die Missbrauchshandlung beim Skimming ist im Grunddelikt der Gebrauch falscher inlaumlndischer oder auslaumlndischer Zahlungskarten gemaumlszlig sect

56 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1157 BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008 siehe auch CF Faumllschung von Zahlungskarten 01052009

C Strafbarkeit Gewerbsmaumlszligig handelt wer sich durch wiederhol-te Tatbegehung eine nicht nur voruumlbergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will Liegt diese Absicht vor ist bereits die erste Tat als gewerbsmaumlszligig begangen einzustufen auch wenn es entgegen den ur-spruumlnglichen Intentionen des Taumlters zu weiteren Taten nicht kommt Eine Verurteilung wegen ge-werbsmaumlszligiger Deliktsbegehung setzt daher schon im Grundsatz nicht notwendig voraus dass der Taumlter zur Gewinnerzielung mehrere selbststaumlndige Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden Art ver-wirklicht hat Ob der Angeklagte gewerbsmaumlszligig gehandelt hat beurteilt sich vielmehr nach seinen urspruumlnglichen Planungen sowie seinem tatsaumlchli-chen strafrechtlich relevanten Verhalten uumlber den gesamten ihm anzulastenden Tatzeitraum () Er-forderlich ist dabei stets dass sich seine Wieder-holungsabsicht auf dasjenige Delikt bezieht des-sen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbs-maumlszligigkeit qualifiziert ist

BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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152a Abs 1 Nr 2 StGB 58 In Tateinheit 59 damit steht der Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB 60 dessen Vollendung mit der Auszahlung am Geldautomaten eintritt 61

Die Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist ein selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand (sectsect 152b Abs 1 12 Abs 1 StGB) der im-mer auch die Strafbarkeit des Versuchs umfasst (sect 23 Abs 1 StGB) Unter der Voraussetzung der Gewerbsmaumlszligigkeit erhoumlht sich die Mindeststrafe auf 2 Jahre Freiheitsstrafe (sect 152b Abs 2 StGB)

Der Computerbetrug im Zusammenhang mit dem Cashing ist ein besonders schwerer Fall der sich vom Grundtatbestand des sect 263a Abs 1 StGB durch das weitere Merkmal der Gewerbsmaumlszligig-keit abhebt Er ist auch in dieser Form als Verge-hen zu behandeln (sect 12 Abs 1 StGB) so dass das Gesetz die Strafbarkeit des Versuchs beson-ders anordnen muss (sect 23 Abs 1 StGB) Das geschieht in sect 263 Abs 2 StGB auf den der sect 263a Abs 2 StGB ausdruumlcklich verweist

Dagegen tritt die Faumllschung beweiserheblicher Daten gemaumlszlig sect 269 StGB hinter der spezielleren Vorschrift des sect 152a Abs 1 Nr 1 StGB zuruumlck 62 Das mit ihr verbundene bdquoSpeichernldquo realisiert sich nur bei der Faumllschung selber und nicht auch

58 Strafrahmen Geldstrafe bis 5 Jahre Freiheitsstrafe59 Zur Tateinheit zwischen dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten (sect 152a StGB) und Betrug (sect 263 StGB) BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1760 Fallgruppe Unbefugte Verwendung von DatenBGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 8 Siehe auch BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 3780961 Tateinheit BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3 In der Entscheidung wird kommen-tarlos die falsche Strafvorschrift wegen der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion angewendet naumlmlich sect 152a StGB anstelle von sect 152b StGB Das scheint auch der Staatsanwaltschaft Aachen entgan-gen zu sein die das Urteil mit seiner sowieso schon milde(n) Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren (BGH Rn 7) nicht angegriffen hat62 Grundsaumltzlich zum Verhaumlltnis zwischen Urkunden- und Zahlungsmittelfaumllschung BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

beim Missbrauch der gefaumllschten Zah-lungskarten

Bei genauer Betrachtung greifen auch die Daten-delikte nach sect 202a und sect 202b StGB im Zusam-menhang mit dem Skimming nicht

Entgegen der Auffassung der Revision beruhen die Feststellungen zur nur voruumlbergehenden Zu-ruumlckstellung der Tatausfuumlhrung auf hinreichenden tatsaumlchlichen Anhaltspunkten stellen sich also nicht als bloszlige Vermutung dar Die Begehung von Straftaten wie das bdquoSkimmingldquo bedarf eines erheb-lichen organisatorischen Aufwands insbesondere muumlssen Geraumlte zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten zur Verfuumlgung stehen Dass Taumlter die schon uumlber laumlngere Zeit hellip mit der Vorberei-tung der Tat befasst waren nur wegen des Versa-gens der Stromversorgung eines technischen Hilfsmittels fuumlr das Ersatz beschafft werden kann von der weiteren Ausfuumlhrung des Vorhabens end-guumlltig absehen ist eine lebensfremde Annahme Eine Ersatzbeschaffung erforderte entgegen der Auffassung der Revision hellip keinen neuen Tatent-schluss sondern stellte nur einen von vielen Hand-lungsschritten bis zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten dar Dass die Strafkammer man-gels Anhaltspunkten fuumlr einen endguumlltigen Tatab-bruch davon ausgegangen ist dass ein solcher von dem Angeklagten und seinen Mittaumltern nicht gewollt war und schon deshalb ein Verhindern der Tat noch ein Bemuumlhen darum festzustellen waren ist ein nicht nur moumlglicher sondern ausgesprochen naheliegender Schluss Somit schied ein Ruumlcktritt von der Verabredung eines Verbrechens gemaumlszlig sect 31 StGB aus

Generalbundesanwalt Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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21 Ausspaumlhen von Daten

sect 202a Abs 1 StGB kommt wegen des Ausspauml-hens der Daten auf den Magnetstreifen der Zah-lungskarten der betroffenen Bankkunden nicht in Betracht weil ihm eine besondere Sicherungs-funktion fehlt Das fuumlhrt dazu dass die gespei-cherten Daten in aller Regel mit handelsuumlblichen Lesegeraumlten und Komponenten ausgelesen wer-den koumlnnen

In einer fruumlheren Entscheidung ist der BGH noch von einer Tateinheit zwischen dem Nachmachen von Zahlungskarten und dem Ausspaumlhen von Daten ausgegangen 63 Die Revision fuumlhrte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils weil das Tatsachengericht keine Strafantraumlge festgestellt hat 64 (sect 205 StGB 65) Davon wendet sich der 2 Strafsenat des BGH jetzt in zwei Beschluumlssen ab 66 ohne jedoch zunaumlchst die uumlbrigen Senate be-teiligt zu haben (sect 132 GVG) 67 Andere Senate des Gerichts sind dem inzwischen beigetreten der 1 Strafsenat jedoch mit der Einschraumlnkung dass die Voraussetzungen des sect 202a StGB dann nicht gegeben sind wenn die zum Ausle-sen benutzte Software auch im regulaumlren Handel erhaumlltlich ist 68

63 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 764 Dateninhaber ist danach die kartenausgebende Bank die somit auch strafantragsberechtigt ist eben-da65 Wegen des Ausspaumlhens (sect 202a StGB) und Abfan-gens von Daten (sect 202b StGB) kann die Staatsan-waltschaft jetzt auch das besondere oumlffentliche Inter-esse an der Strafverfolgung bejahen (sect 205 Abs 1 S 2 StGB)66 CF Ausspaumlhen von Daten und das Skimming 14052010BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309 S 4BGH Beschluss vom 18032010 - 4 StR 5550967 Kritisch auch Goya Graumlfin Tyszkiewicz Skimming als Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a StGB HRR 42010 207 (mit Zitat zum Cyberfahnder)68 BGH Beschluss vom 19052010 - 1 ARs 610CF Ausspaumlhen von Magnetstreifen 02072010

22 Abfangen von Daten

Die ausgespaumlhten Kartendaten werden zum Faumll-schen von Zahlungskarten benoumltigt und die PIN zum spaumlter einsetzenden Gebrauch sect 149 Abs 1 StGB beschraumlnkt den Anwendungsbereich fuumlr die Haftung im Vorbereitungsstadium auf die Faumll-schung und bezieht nicht auch den Gebrauch mit ein Daraus folgt dass keine Strafbarkeit wegen des Umgangs mit Geraumlten zum Ausspaumlhen der PIN aus sect 149 StGB abgeleitet werden kann

Wegen des Ausspaumlhens der PIN greift auch das Hackerstrafrecht nicht wenn es unmittelbar an-gewendet wird Es handelt sich dabei weder um ein Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a Abs 1 StGB noch um ein Abfangen von Daten gemaumlszlig sect 202b StGB Verantwortlich dafuumlr ist die Definition von bdquoDatenldquo in sect 202a Abs 2 StGB Das sind nur solche Daten die bereits gespeichert sind oder uumlbermittelt werden Das Uumlbermitteln setzt jedoch eine vorherige Speicherung voraus

Beim Skimming wird die PIN aber bei der Einga-be ausgespaumlht Sie ist der Speicherung und Uumlbermittlung vorgelagert

23 PIN-Skimming und Computersabotage

Das Cashing ist mit der Eingabe von Daten mit dem Ziel verbunden einem Anderen Nachteil zu-zufuumlgen und deshalb auch ein Anwendungsfall der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 1 Nr 2 StGB Diese Strafvorschrift wird im Zusammen-hang mit dem Cashing vom Computerbetrug als dem spezielleren und schwereren Vorwurf ver-draumlngt

sect 303b Abs 5 StGB erweitert jedoch die Straf-barkeit auch auf das Vorbereitungsstadium in-dem er auf sect 202c StGB verweist Dadurch wer-den nicht nur Computerprogramme geschuumltzt sondern ausdruumlcklich auch Passwoumlrter und sonstiger Sicherungscode (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) Der Umgang mit ihnen mit dem Ziel sie zum Cashing zu verwenden steht unter Strafe 69 69 CF Ausspaumlhen der PIN 06122008

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und wird mit einer Houmlchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht

Die Schutzrichtung dieser Normen beschraumlnkt sich jedoch auf Computerprogramme einerseits und PIN (als Passwoumlrter) andererseits nicht aber auf die zum Ausspaumlhen genutzten Geraumlte

Das Sich-Verschaffen von PIN ist somit gemaumlszlig sect 303b Abs 5 StGB in Verbindung mit sect 202c StGB strafbar Es verlangt nach dem Nachweis dass tatsaumlchlich PIN ausgespaumlht wurden

24 natuumlrliche Handlungseinheiten

Aus dem Begriff bdquodieselbe Tatldquo (sect 52 Abs 1 StGB) leitet die Rechtsprechung die natuumlrliche Handlungseinheit ab wobei mehrere Verhal-tensweisen von einem einheitlichen Willen getra-gen werden und raumlumlich-zeitlich so eng mitein-ander verbunden sind dass das gesamte Taumltig-werden objektiv als ein einheitliches und zusam-mengehoumlriges Tun erscheint 70 Sie darf nicht mit der fortgesetzten Handlung verwechselt werden womit von der Rechtsprechung gleichartige Ta-ten mit weitem raumlumlich-zeitlichem Zusammen-hang zusammengefasst wurden Die Handlungs-form der fortgesetzten Handlung hat der BGH 1994 aufgegeben 71 nicht zuletzt deshalb weil sie erhebliche Nachteile fuumlr die Angeklagten barg 72

Eine besondere Auspraumlgung der Handlungsein-heit hat der BGH im Zusammenhang mit Betaumlu-bungsmittelstraftaten entwickelt Insoweit spricht er von einer Bewertungseinheit und fasst damit alle Veraumluszligerungshandlungen des Taumlters zu-sammen wenn das Rauschgift aus derselben 70 lexexaktde natuumlrliche Handlungseinheit71 BGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393 zum Steuerstrafrecht 72 Siehe BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593wenn verschiedene Handlungen (Steuererklaumlrungen) durch den Fortsetzungszusammenhang zusammen gefasst werden dann beginnt ihre Verjaumlhrung erst mit der letzten Tathandlung (sect 78a StGB) Das hat dazu gefuumlhrt dass Steuerstraftaten uumlber Jahrzehnte hin-weg bestraft werden konnten wenn sie denselben Akt oder Modus betrafen

Quelle stammt also aus einer einmaligen Er-werbstat 73

Im Zusammenhang mit dem Skimming spricht der BGH von deliktischen Einheiten die einer-seits zwischen dem Gebrauchen nachgemachter Zahlungskarten und dem damit verbundenen Be-trug und andererseits zwischen den Tathandlun-gen des Nachmachens und des Gebrauchens im Sinne von sect 152a Abs 1 StGB bestehen soweit sie raumlumlich-zeitlich eng verbunden und von ei-nem einheitlichen Vorsatz umschlossen sind 74 Solche deliktischen Einheiten koumlnnen auch die gleichzeitig Faumllschung mehrerer Karten 75 und ih-ren Gebrauch beim Cashing bilden 76

Die praktische Konsequenz daraus ist dass als eine materielle Tat alle Faumllschungen alle Miss-braumluche von Zahlungskarten und alle unmittelbar

73 BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300 mwN74 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 17BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 440875 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 13BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 376 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 8

Ob die Vollendung in mehreren materiellen Taten erfolgt orientiert sich am Handeln des Cashers Anhand der Abbuchungsdaten koumlnnen erfah-rungsgemaumlszlig deutliche Pausen festgestellt wer-den die aber nicht zwingend auf eine Unterbre-chung und die Beendigung einer Tat schlieszligen lassen Zwei Fehlerquellen sind insoweit zu be-trachten

Die Zeitstempel die die Geldautomaten uumlbermit-teln richten sich nach den Einstellungen im Geld-automaten selber und werden nicht synchronisiert Sie koumlnnen von der genauen Zeit abweichen und aus einer anderen Zeitzone stammen

Allein Europa verfuumlgt uumlber mindestens 4 Zeitzo-nen von der die Mitteleuropaumlische Zeit ndash MEZ ndash die verbreitetste ist Die EKS stellt aber die Zeit-stempel der Rechenzentren bei der Autorisierung zur Verfuumlgung so dass die Fehlerquelle abwei-chender Zeitangaben nahezu ausgeschlossen ist

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aufeinander folgenden Ausspaumlhungen von Kon-tozugangsdaten zusammengefasst werden muumls-sen soweit sie einen engen Zusammenhang mit-einander haben Das ist zum Beispiel der Fall wenn Skimmer ihre technischen Geraumlte installie-ren ihre Funktionstuumlchtigkeit gelegentlich uumlber-pruumlfen und die Geraumlte schlieszliglich wieder abbau-en Das Ausspaumlhen bildet dabei einen einheitli-chen Handlungsrahmen wobei der Vorsatz der Taumlter darauf gerichtet ist moumlglichst viele Kun-dendaten bei ihrem Angriff zu erlangen Auch wenn die Taumlter uumlber mehrere Tage hinweg die-selbe Bankfiliale ausspaumlhen und die Technik nur waumlhrend der Bankgeschaumlftszeiten abbauen und anschlieszligend wieder einrichten 77 kann eine de-liktische Einheit bestehen 78

Dasselbe gilt wegen des Cashings wenn die Tauml-ter mit engem zeitlichen Zusammenhang han-deln Eine Zaumlsur kann jedoch dann angenom-men werden wenn die Taumlter ihr Handeln unter-brechen um sich zum Beispiel mit weiteren Du-bletten zu versorgen 79

Im Zusammenhang mit dem Nachmachen und Gebrauchen von Zahlungskarten ist jedenfalls dann das Vorliegen eines minder schweren Fal-les zu pruumlfen wenn es um eine geringe Stuumlck-zahl von Karten geht 80

77 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 978 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 14 leitet das daraus ab dass verschiedene Vorberei-tungshandlungen die sich auf denselben Gegenstand erstrecken nur eine Tat darstellen Die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium beim Skimming wird unten angesprochen79 Siehe BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 9 80 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 12

3 Faumllschungssicherheit

Von der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt dass sich die Faumllschung auch alleine auf die Da-ten auf dem Magnetstreifen beschraumlnken kann 81 In Bezug auf Zahlungskarten hat der BGH jetzt ausgefuumlhrt 82

bdquoFalsch sind Zahlungskarten (mit Garantiefunkti-on) wenn sie faumllschlicherweise den Anschein er-wecken sie seien von demjenigen ausgegeben worden auf den die lesbaren Angaben auf der Karte oder die auf ihr unsichtbar gespeicherten Informationen als Aussteller hinweisen Optische Wahrnehmungsmoumlglichkeit und digitale Maschi-nenlesbarkeit muumlssen nicht gleichzeitig gegeben sein so dass eine falsche Karte nicht die ku-mulative Nachahmung beider Komponenten vor-aussetzt Es genuumlgt dass die Faumllschung entwe-der nur die Urkundenfunktion zum Gegenstand hat - was etwa bei einer gefaumllschten Kreditkarte der Fall ist die nur in ihrem aumluszligeren Erschei-nungsbild einer echten Kreditkarte entspricht aber keinen funktionsfaumlhigen Magnetstreifen oder Mikrochip enthaumllt - oder ein Magnetstreifen bzw ein Mikrochip zwecks ausschlieszliglicher Ver-wendung an Automaten gefaumllscht und auf ein unbedrucktes Stuumlck Plastik oder Pappe geklebt ist ldquo

sect 152a Abs 4 Nr 2 und sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB verlangen gleichermaszligen nach einer be-sonderen Sicherung gegen die Nachahmung durch Ausgestaltung oder Codierung wobei un-klar bleibt ob sie unterschiedliche Sicherheits-merkmale meinen Dafuumlr koumlnnte sprechen dass bei gleichem Wortlaut sect 152a StGB das Verfaumll-schen und Nachmachen und sect 152b StGB die Garantiefunktion in den Vordergrund stellen

Die allgemeine bdquoAusgestaltungldquo der Zahlungskar-ten wird von den Aufdrucken Hologrammen der erhabenen Kartennummer und der Pruumlfnummer (bei Kreditkarten) sowie dem Unterschriftsfeld und dem Vorhandensein des Magnetstreifens

81 Zur Verfaumllschung einer echten Zahlungskarte BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840082 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 11

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oder des EMV-Chips gepraumlgt Als besondere Si-cherungen im Hinblick auf die Kodierung sind an erster Stelle das Maschinenlesbare Merkmal die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Siche-rungsmechanismen im EMV-Chip zu nennen der zudem einen verschluumlsselten Datenverkehr zulassen soll

Im Hinblick auf die Garantiefunktion kommt als gestaltendes Element eine besondere Bedeu-tung dem Label zu das die Karte als eine solche ausweist die am Onlineverfahren zur Autorisie-rung und Genehmigung teilnimmt Die besonde-re Sicherheitsmerkmale in Bezug auf die Garan-tiefunktion sind dieselben die auch zur allgemei-nen Kartensicherheit dienen Das sind vor allem die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Si-cherungsmechanismen im EMV-Chip Von be-sonderer Bedeutung ist insoweit die PIN die im Autorisierungsverfahren gepruumlft wird Im Zusam-menhang mit sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB kommt auch den Verschluumlsselungsmechanismen im EMV-Chip eine besondere Bedeutung zu er ist jedoch noch nicht allgemein verbreitet 83

4 Garantiefunktion

sect 152a Abs 1 StGB schuumltzt inlaumlndische und aus-laumlndische Zahlungskarten und geldwerte Wertpa-piere (Schecks Wechsel) vor ihrer Faumllschung wenn sie von einem Kredit- oder Finanzdienst-leistungsinstitut herausgegeben wurden (sect 152a Abs 4 Nr 1 StGB) und durch ihre Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind (sect 152a Abs 4 Nr 2 StGB) 84 Die-se Voraussetzungen liegen angesichts der be-schriebenen Sicherheitsmerkmale bei den uumlbli-

83 Falsch programmierte EMV-Chips haben Anfang 2010 zu erheblichen Irritationen gefuumlhrt Im Onlinever-fahren zeigt die Kodierung des Magnetstreifens an dass die Karte uumlber einen EMV-Chip verfuumlgt Damit soll das POS-Terminal angewiesen werden den Chip auszulesen und dessen Sicherheitsfunktionen zu nut-zen Mit einfachem Klebeband laumlsst sich der Chip je-doch abdecken so dass das Terminal ihn als defekt betrachtet Darauf beschraumlnkt es sich auf die Pruumlfung des Magnetstreifens84 CF Skimming und Faumllschungsrecht 13042009

chen von Banken herausgegebenen Karten vor 85

Die Garantiefunktion wird darin gesehen dass das die Karte ausgebende Unternehmen sich gegenuumlber Vertragsunternehmen ltverpflichtetgt deren Forderungen gegen den Kartenbenutzer zu bezahlen 86 Diese Definition nimmt sect 152b Abs 4 StGB auf und definiert die Zahlungskarten mit Garantiefunktion als Kredit- Euroscheck- und sonstige Karten die es ermoumlglichen den Aus-steller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen 87 Die Modalitaumlten des Forderungsausgleiches zwischen der Bank und ihrem Kunden wirken sich darauf nicht aus

In Literatur und Rechtsprechung bestehen an der Garantiefunktion keine Zweifel wenn es sich um Kreditkarten handelt bei denen der Auszah-lungsbetrag gegen ein eigenes Konto des Kar-tenausstellers erfolgt Die bekanntesten Kredit-kartenverbuumlnde sind die von American Express Master und Visa 88 Die Autorisierung im Online-verfahren und die damit verbundene Genehmi-gung ohne die keine Verfuumlgung akzeptiert wird ist bei Kredit- und Debitkarten jedoch identisch 89 so dass auch die Debitkarten die an dem Autori-sierungsverfahren teilnehmen koumlnnen Karten

85 Siehe oben Faumllschungssicherung86 BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392 Rn 9Die Entscheidung betrifft den Kredit- und Scheckkar-tenmissbrauch gemaumlszlig sect 266b StGB und unterschei-det deshalb zwischen Einziehungsverfahren und Last-schriftverfahren Im Lastschriftverfahren traumlgt das Ausfallrisiko der Akzeptant so dass die Karten aus-stellende Bank nicht geschaumldigt wird (ebenda)87 Fuumlr die EC-Karte hat der BGH anerkannt dass sie auch dann eine Garantiefunktion hat wenn sie im Lastschriftverfahren eingesetzt wird BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840088 Siehe die Uumlbersicht und Erklaumlrungen bei kartensicherheitde ndash Zahlungsverfahren89 In BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 4 spricht das Gericht unklar von falschen Kreditkar-ten mit Garantiefunktion meint jedoch Kreditkarten als solche die nach Art der ausstellenden Banken be-druckt und mit den Labeln von Visa oder Master ver-sehen waren

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mit Garantiefunktion sind 90 Fuumlr die Strafbarkeit nach sect 152b StGB kommt es nur darauf an dass die Garantiefunktion besteht und nicht auch dar-auf dass der Taumlter sie in Anspruch nehmen will 91

Dem Schutz des sect 152a StGB unterliegen schlieszliglich auch andere Zahlungskarten von Fi-nanzdienstleistungsinstituten zum Beispiel Tank- und Telefonkarten die hier nicht weiter be-trachtet werden

Die vom Gesetzestext genannten Euroschecks und -karten gibt es seit 2002 nicht mehr An ihre Stelle ist das (auch vorher schon praktizierte) Autorisierungsverfahren getreten Wie beim EC-Verfahren 92 geht es ihm um die Garantie des Ausstellers wegen der Auszahlung nur dass die durch den Euroscheck verbuumlrgte und von der EC-Karte autorisierte Garantie uumlbergegangen ist zum Genehmigungscode den der Aussteller in jedem POS-Verfahren uumlbermittelt wenn er die Buchung genehmigt Das EC-Verfahren hat da-durch eine neue Auspraumlgung erfahren Waumlhrend das klassische Modell eine fruumlhe Autorisierung bei der Ausgabe der Schecks durchgefuumlhrt hat erfolgt sie jetzt in Echtzeit durch die Uumlbermittlung des Genehmigungscodes Nicht anders als im al-ten Verfahren erfolgt die Buchung der Forderung gegen die Bank zunaumlchst auf einem ihrer Zwi-schenkonten 93 was der Ausgabe der Euro-schecks gleich kommt Das zeigt auch dass die autorisierende Bank die buchhalterische Haftung fuumlr die betreffende Forderung uumlbernimmt

90 Siehe oben Autorisierung91 BGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 2290892 Das Markenzeichen bdquoECldquo wird jetzt als bdquoelectronic cashldquo fortgefuumlhrt93 Siehe oben Clearing

5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

Das Cashing im Ausland unterliegt gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB dem deutschen Strafrecht Das Aus-spaumlhen im Inland bildet fuumlr den Mittaumlter einen ei-genen Tatort (sect 9 Abs 1 StGB) und fuumlr den Teil-nehmer greifen sect 9 Abs 2 S 1 S 2 StGB We-gen des im Ausland vollendeten Computerbetru-ges tritt der Taterfolg zunaumlchst bei der karten-ausgebenden Bank (Buchung gegen das interne CPD-Konto) und im Zuge des Clearingverfah-rens zulasten des einzelnen Bankkunden ein so dass der Erfolgsort gemaumlszlig sect 9 Abs 1 StGB im Inland liegt

Das Cashing ndash ob im Ausland mit inlaumlndischen oder im Inland mit auslaumlndischen Kartendaten und PIN - stellt sich deshalb als die Vollendung des gewerbsmaumlszligigen Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tatein-heit mit gewerbsmaumlszligigem Computerbetrug ge-maumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB dar 94

Eine Ausnahme bilden die vollstaumlndigen Aus-landstaten in denen das Cashing im Ausland mit auslaumlndischen Kartendaten erfolgt Sie haben keinen inlaumlndischen Handlungs- oder Erfolgsort so dass das Weltrechtsprinzip gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB unmittelbar greift wenn die auslaumlndischen Taumlter im Inland ergriffen werden (sect 9 StPO) oder sich hier niedergelassen haben (sect 8 StPO) Die Taumlter koumlnnen wegen des Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten verfolgt werden nicht aber we-gen Computerbetruges fuumlr den das Weltrechts-prinzip nicht gilt 95

94 Das Landgericht Hannover ist am 17112009 mei-nen rechtlichen Auffassungen gefolgt (rechtskraumlftig seit Ende April 2010)CF Skimming-Rechtsprechung 1811200995 Wegen der Strafverfolgung Deutscher und solcher Auslaumlnder die nicht abgeschoben werden koumlnnen siehe sect 7 Abs 2 StGB

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 49

GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 2

Cybercrime im Cyberfahnder

Die Webseite cyberfahnderde widmet sich seit 2007 der Cybercrime ihren Erscheinungsformen und ihrer Strafverfolgung Dazu gehoumlrt die Dar-stellung der technischen Grundlagen soweit sie zum Verstaumlndnis noumltig sind und die Auseinan-dersetzung mit den einschlaumlgigen Gesetzen und der Rechtsprechung

Die Arbeitspapiere im Cyberfahnder fassen die wesentlichen Aufsaumltze Beitraumlge und Meldungen zusammen

Zuletzt ist das Arbeitspapier Netzkommunikation erschienen das sich mit den Grundlagen der Telekommunikation und des Inter-nets befasst Von der Adressie-rung in den Netzen fuumlhrt das Ar-beitspapier uumlber das Routing und

die Verschluumlsselung zu den Manipulationen im Internet von Schurkenprovidern und anderen Netzbetreibern Den Abschluss bildet eine Aus-einandersetzung mit den miteinander verflochte-nen Formen der Cybercrime und des Cyberwar

Alle Beitraumlge in diesem Arbeitspapier sind Neu-veroumlffentlichungen

Mit den wichtigsten Erschei-nungsformen der Cybercrime be-fasst sich das Arbeitspapier Cybercrime Es beschreibt zu-naumlchst die Angriffspunkte gegen die Informations- und Kommuni-kationstechnik die Nummern-

tricks Malware Botnetze den Identitaumltsdiebstahl und die Methoden des Social Engineering Der letzte Teil widmet sich der Underground Econo-my den Schurkenprovidern und den kriminellen Strukturen die sich im Zusammenhang mit der Internetkriminalitaumlt erkennen lassen

Alle Beitraumlge wurden fuumlr diese Zusammenstel-lung uumlberarbeitet Das Kapitel uumlber den Identi-taumltsdiebstahl und das Phishing ist neu und der Teil uumlber die Underground Economy wurde weit-gehend neu gefasst

Als erstes Arbeitspapier in dieser Reihe erschien im Dezember 2009 das zum Thema Skimming ( Arbeitspapier Skimming Fas-sung aus 2009) Bedingt durch neue Erkenntnisse aus der Praxis und klaumlrenden Entscheidungen

des Bundesgerichtshofes von Anfang 2010 wur-de eine gruumlndliche Uumlberarbeitung noumltig

Die zweite Fassung des Arbeitspapiers Skimming ist Ende Februar 2010 erschienen und wird seither fortgeschrieben und aktualisiert Neu ist jetzt vor allem das Beteiligungsmodell und die dazu erstellten Grafiken

Hannover Juli 2010

ThemaAutorVersionStandCover

Impressum

SkimmingDieter Kochheim21125072010U-Bahn-Station Werderstraszlige Hannovercyberfahnderde

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 3

S Inhalt

4 Vorwort

6 A Phaumlnomen Skimming

9 B bargeldloser kartengestuumltzter Zahlungsverkehr

9 1 Faumllschungssicherung

9 2 bargeldloser Zahlungsverkehr

11 3 Autorisierung

11 4 Clearing

11 5 Schadensausgleich

12 6 Ergebnisse

12 7 arbeitsteilige Handlungen beim Skimming

14 C Strafbarkeit14 1 arbeitsteiliges Vorgehen

14 2 einschlaumlgige Normen und Konkurrenzen

16 21 Ausspaumlhen von Daten

16 22 Abfangen von Daten

16 23 PIN-Skimming und Computersabotage

17 24 natuumlrliche Handlungseinheiten

18 3 Faumllschungssicherheit

19 4 Garantiefunktion

20 5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

21 51 Erfolgsort beim Computerbetrug

21 52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

22 53 Vollendung

22 6 Beginn des Versuchsstadiums

23 61 Versuch der Kartenfaumllschung

24 62 Versuch des Computerbetruges

24 63 Ruumlcktritt vom Versuch

25 7 Vorbereitungshandlungen

25 71 Kartenlesegeraumlte

26 72 Kameras

27 73 Tastaturaufsaumltze

27 8 Mittaumlter und Bande

28 81 arbeitsteilige Taumltergruppen

30 82 Tatvollendung durch Cashing

30 83 Tatbeteiligung des Skimmers

32 9 Verabredung zu einem Verbrechen

32 10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

33 101 einschlieszliglich eigenhaumlndiges Cashing

33 102 einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

34 103 mit Absatzabsicht

34 104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

35 Anhang Grafiken zum Beteiligungsmodell

39 11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

39 12 Pruumlfungsschema

39 121 vollendetes Cashing

40 122 Ausspaumlhen von Karten und PIN bei vollendetem Cashing

40 123 Ausspaumlhen von Karten und PIN ohne Cashing

41 13 Fazit

43 D Strafverfahren43 1 geheime Ermittlungen

43 2 Organisierte Kriminalitaumlt

44 E kriminalistische Erfahrungen44 1 Programm

44 2 Garantiefunktion

44 3 Ausspaumlhen

44 31 Vorerkundung

45 32 Spezialisten

45 33 Einsatz

45 4 Abstimmung und Bericht

45 5 Banden

47 Rechtsprechungsuumlbersicht

49 Glossar

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 4

Vorwort

Das Skimming 1 leitet sich ab von dem Skimmer 2 also dem Lesegeraumlt mit dem die Magnetstrei-fen von bdquoIdentitaumltsdokumentenldquo 3 ausgelesen werden koumlnnen Den Taumltern geht es aber nicht um das Ausspaumlhen der Daten auf den Zahlungs-karten und der Persoumlnlichen Identifikationsnum-mern ndash PIN ndash von Bankkunden sondern einzig um die Beute die sich beim Missbrauch ge-faumllschter Zahlungskarten erzielen laumlsst

Das Skimming ist zu einem eintraumlglichen Ge-schaumlft geworden in dem sich gut aufgestellte einheimische und internationale Banden tum-meln

Dieses Arbeitspapier beschreibt ihr Vorgehen die wirtschaftlichen und technischen Hintergruumln-de und die strafrechtlichen Fragen die sich im Zusammenhang mit dem Skimming stellen

Zweite Auflage Version 211

Mit mehreren Anfang 2010 veroumlffentlichten Ent-scheidungen hat der Bundesgerichtshof ndash BGH ndash die Rechtsprechung uumlber das Faumllschen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion praumlzisiert Das erforderte eine umfassende Uumlberarbeitung die-ses Arbeitspapiers im Hinblick auf die Strafbar-keit des Skimmings in den verschiedenen Tat-phasen und zu Aumlnderungen in den von mir ver-tretenen Positionen Alle Zweifelsfragen sind je-doch noch nicht geklaumlrt

Wegen des Auslesen der Magnetstreifen von Zahlungskarten tendiert der BGH entgegen einer fruumlheren Auffassung 4 jetzt dazu dass das Aus-spaumlhen der Magnetstreifen von Zahlungskarten kein Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a Abs 1 StGB ist weil es den Karten an einer besonde-

1 Die Quellenangaben sind wenn moumlglich mit Hyper-links zum Internet versehen2 CF Sicherheitsvorkehrungen Juli 2007CF ist das Kuumlrzel fuumlr bdquoCyberfahnderldquo3 CF Uumlberwachungstechnik Zahlungskarten 180520084 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504

ren Zugangssicherung fehlt 5 In anderer Sache hat das Gericht den Eintritt des Versuchsstadi-ums beim Nachmachen (Faumllschen) von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion praumlzisiert 6 Das reine Ausspaumlhen von Kartendaten ist deshalb grundsaumltzlich noch als Vorbereitungshandlung zum abschlieszligenden Verbrechen beim Cashing anzusehen An der von mir entwickelten Loumlsung das Ausspaumlhen von Kartendaten als den Eintritt in den Versuch der Faumllschung von Zahlungskar-ten zu betrachten (sectsect 152a 152b StGB) halte ich als Moumlglichkeit der juristischen Auslegung fest Den Ausfuumlhrungen im Arbeitspapier lege ich jetzt (Juli 2010) aber die strenge Auslegung zugrun-de dass der Versuch erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen beginnt

Zu allen Einzelheiten einer strafbaren Verbre-chensabrede (sect 30 StGB) hat sich der BGH noch nicht geaumluszligert aber in mehreren Faumlllen die be-treffenden Revisionen verworfen In den Faumlllen der gewerbs- oder bandenmaumlszligigen Begehung duumlrfte das einzeln betrachtete Ausspaumlhen als Verabredung zu einem Verbrechen gemaumlszlig sect 152b StGB gewertet werden wobei nach einer Aumluszligerung des Generalbundesanwalts Tateinheit (sect 52 StGB) mit Tathandlungen aus sect 149 StGB besteht 7 Insoweit verdichtet sich auch die Mei-nung dass die Herstellung und der bdquoUmgangldquo mit praumlparierten Kartenlesegeraumlten nach sect 149 StGB strafbar ist 8 Das gilt aber nicht in Bezug auf Tastaturaufsaumltze und Kameras zum Ausspauml-hen der Persoumlnlichen Identifikationsnummern ndash PIN

Auch die zweite Auflage dieses Arbeitspapiers ist eine Zwischenbilanz in Bezug auf die Rechtspre-chung die sich wegen der Einzelheiten erst ent-wickelt Das gilt nicht nur fuumlr das Skimming son-

5 BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309 S 46 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9 107 Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 539098 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 (noch nicht veroumlffentlicht) Siehe auch Fischer sect 149 StGB Rn 3

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 5

dern auch fuumlr andere Erscheinungsformen der Cybercrime und in neuen Kriminalitaumltsfeldern Sie erfordern meistens eine tiefe Auseinander-setzung mit grundsaumltzlichen Rechtsfragen und stellen hohe Anspruumlche an die Strafverfolger die mit ihnen befasst sind

Das Thema Skimming im Cyberfahnder

Mit dem Thema bdquoSkimmingldquo 9 befasst sich der Cyberfahnder seit dem Sommer 2007 Die erste Fassung des Aufsatzes wurde zum beliebtesten der Webseite Im Mai 2008 wurde der Beitrag neu gefasst 10 und im November 2009 erschien die erste Fassung dieses Arbeitspapiers 11

Das Skimming als Kriminalitaumltsform war zu-naumlchst ein Randthema und ich habe es nicht als einen Teil der Cybercrime 12 im engeren Sinne angesehen Das sehe ich heute anders weil sich die Formen in denen sich die Kriminellen der In-formationstechnik ndash IT ndash und des Internets bedie-nen immer mehr annaumlhern und Mischformen bil-den

Dieses Arbeitspapier fast die Beitraumlge im Cyber-fahnder zusammen und aktualisiert sie Seine Aufgabe ist es auch eine schnelle Orientierung in Bezug auf die durchaus schwierigen Rechts-fragen zu geben die bei der Strafverfolgung we-gen des Skimmings auftreten

Uumlberblick

Zunaumlchst werden die aktuellen Erscheinungsfor-men des Skimmings beschrieben

Dazu wird zwischen dem Skimming im engeren Sinne also dem Ausspaumlhen von Kartendaten und Persoumlnlichen Identifiktionsnummern ndash PIN und dem Cashing unterschieden also dem Miss-brauch gefaumllschter Zahlungskarten an Geldauto-

9 CF Skimming Juli 200710 CF arbeitsteiliges Skimming 1805200811 CF Zwischenbilanz Skimming 1411200912 CF Cybercrime und IT-Strafrecht 08082008

maten die den Beginn und den Abschluss des Tatplanes kennzeichnen

Der zweite Teil widmet sich den finanzwirtschaft-lichen Prozessen des bargeldloser kartenge-stuumltzter Zahlungsverkehrs deren Verstaumlndnis fuumlr die Rechtsfragen noumltig ist Das gilt besonders fuumlr das automatische Autorisierungs- und Clearing-verfahren die den internationalen Zahlungsver-kehr in Echtzeit zulassen Dabei wird jeder Zah-lungsvorgang von der kartenausstellenden Bank gepruumlft und schlieszliglich durch die Uumlbermittlung ei-nes Genehmigungscodes die Garantie zur Aus-zahlung erklaumlrt Diese Mechanismen machen ndash neben Kreditkarten ndash auch Debitkarten zu Zah-lungskarten mit Garantiefunktion

Den umfangreichsten Teil bildet die Auseinan-dersetzung mit der Strafbarkeit des Skimmings Den Abschluss bildet eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung zu arbeitsteiligen Taumlter-gruppen die auch bei der Beteiligung an vorbe-reitenden Handlungen und an Teilakten des Ge-samtplans zur Strafbarkeit am finalen Verbre-chen fuumlhrt Neu sind das Beteiligungsmodell das bei der Systematisierung der Tathandlungen in Bezug auf die einschlaumlgigen Strafvorschriften helfen soll und die dazu entwickelten Grafiken

Das Arbeitspapier schlieszligt mit knappen Anmer-kungen zum Strafverfahrensrecht uumlber krimina-listische Erfahrungen einer Rechtsprechungs-uumlbersicht und einem Glossar

Hannover 25072010

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 6

bdquoSkimmingldquo als kriminel-le Erscheinungsform hat seinen Ausgang beim Ausspaumlhen der auf den Magnetstreifen von Kre-dit- und Zahlungskarten gespeicherten Kartenda-

ten und den Persoumlnlichen Identifikationsnum-mern ndash PIN die von den Bankkunden bei ihren Verfuumlgungen am Geldautomaten eingegeben werden Das Ausspaumlhen der Kartendaten ist ein notwendiger Schritt zur Faumllschung von Zahlungs-karten und das Ausspaumlhen der PIN ein weiterer notwendiger Schritt fuumlr das finale Ziel der Taumlter dem Missbrauch der Zahlungskarten an auslaumln-dischen Geldautomaten wobei sie die Auszah-lung mit den richtigen Kartendaten und der PIN autorisieren lassen muumlssen

Die klassischen Skimming-Taumlter treten in zwei Tatphasen oumlffentlich auf beim Ausspaumlhen von Daten und abschlieszligend beim Missbrauch von Zahlungskarten Anlaumlsslich dieser oumlffentlichen Auftritte erfolgen auch erfahrungsgemaumlszlig die po-lizeilichen Zugriffe Der Faumllschungsvorgang sel-ber wird nach den bisherigen Erkenntnissen vor-wiegend im osteuropaumlischen Ausland unternom-men

Wie jede kriminelle Mode wandelt sich auch das Skimming wobei verfeinerte Methoden zum Einsatz kommen Gegen das Ausspaumlhen der PIN mit einer Kame-ra 13 koumlnnen sich die Bankkunden schuumltzen wenn sie eine Hand uumlber die andere halten mit der sie gerade die Zif-

fernfolge eingeben Das funktioniert dann nicht mehr wenn die Taumlter flach oberhalb der Tastatur

13 CF Kamera 13042009

anbringen 14 oder statt einer Kamera einen Tas-taturaufsatz 15 oder so-gar eine vollstaumlndige Fassade (Front Cover-ing) einsetzen 16 (Bild unten Ruumlckseite eines Tastaturaufsatzes)

Der wechselnde Einsatz verschiedener Karten fuumlr den Zugang zur Bank und fuumlr die Verfuumlgung am Geldautomaten schuumltzt den Kunden dann nicht mehr wenn

der Skimmer direkt am Geldautomaten ange-bracht ist 17

Seit zwei Jahren treten Faumllle des POS-Skim-mings auf 18 POS bedeutet Point of Sale Ge-meint sind die handlichen Terminals an den Kas-sen im Einzelhandel die gleichzeitig die Kar-tendaten auslesen und uumlber ihre Tastatur die PIN aufnehmen 19 Alle notwendigen Daten durchlaufen diese Geraumlte Wenn die Taumlter es schaffen sie entsprechend umzuruumlsten dann

14 CF Sichtblende mit Kamera 26062010 15 CF Tastaturaufsatz 13042009CF Tastaturblende 1304200916 CF Skimming Juli 200717 CF BKA Lagebild OK Zahlungskartenkriminalitaumlt 0111200818 CF POS-Skimming 18052008 CF Datenklau und -missbrauch 1908200819 CF BKA Lagebild OK Manipulation von POS Terminals 01112008

A Phaumlnomen Skimming

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speichern oder senden sie die Dumps 20 an die Taumlter

In Russland wurden unlaumlngst die Geldautomaten selber gehackt um die Dateneingabe vollstaumlndig aufzuzeichnen 21 Vermutlich wurde dazu eine technische Schnittstelle an den Geraumlten genutzt die zur Wartung Funktionspruumlfung oder Aktuali-sierung der Software bestimmt ist

Beide Beispiele zeigen dass die Beschaffung der Kartendaten und PIN auf mehreren Wegen erfolgen kann Sie ist zwar wichtig fuumlr den Tater-folg am Ende zaumlhlt aber das erbeutete Geld und nicht die Methode mit der die Taumlter an die Daten gelangten Die Arbeitsteilung bei dieser Krimina-litaumltsform laumlsst auch spezialisierte bdquoSubunterneh-merldquo zu die sich auf die Beschaffung der Daten beschraumlnken und ihre bdquoRohstoffeldquo an andere Spezialisten verkaufen die sich um das Faumll-schen und das Cashing kuumlmmern

Besonders heimtuumlckisch gingen die Hacker vor die Ende 2008 in die Datenhaltung einer US-amerikanischen Bank eindrangen und die Kar-tendaten einschlieszliglich PIN von 100 Kunden ausspaumlhten 22 Gleichzeitig erhoumlhten sie deren Auszahlungslimit Am 08112008 wurden welt-weit und gleichzeitig an 130 Geldautomaten in 49 Staumldten die gefaumllschten Zahlungskarten ein-gesetzt und damit 9 Millionen US-$ erbeutet

Dieses Beispiel zeigt wie sich die Methoden der Cybercrime in den Formen des Hackings des Ausspaumlhens und des Verfaumllschens von Daten mit denen anderer Kriminalitaumltsformen vermen-gen

Das Skimming ist von seiner Herkunft her eher beim Trickdiebstahl und -betrug angesiedelt 23 weil es ihm urspruumlnglich nur um das Stehlen von Zahlungskarten und ihre Faumllschung ging Es ver-langt handwerkliche Fertigkeiten bei der Herstel-20 vollstaumlndige Kartendaten einschlieszliglich PINCF Fachworte April 200721 CF Skimming an der Quelle 2003200922 CF Skimming-Coup 0602200923 CF Proll-Skimming 18052008CF Beobachtung Trickdiebstahl Juli 2007

lung der eingesetzten Geraumlte besonderes Wis-sen wegen der Auswahl der Geldautomaten und Standorte die sich einerseits zum Ausspaumlhen der erforderlichen Daten und andererseits zum Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten eig-nen sowie logistisches Geschick bei der Instal-lation der Uumlberwachungshardware Die ver-schiedenen Arbeitsschritte im Tatplan ihre wechselnden Anforderungen an die Faumlhig- und Fertigkeiten der Taumlter 24 und die grenzuumlberschrei-tende Logistik des Gesamtplans sprechen fuumlr eine Arbeitsteilung mit einer zentralen planenden und steuernden Instanz

Die bisher gemachten Erfahrungen zeigen dass Skimmer 25 und Casher 26 regelmaumlszligig zu zweit oder dritt auftreten und gelegentlich auch mehre-re Gruppen gleichzeitig handeln Aus den Bildern von Uumlberwachungskameras ist bekannt dass die Taumlter noch am Tatort mobil telefonieren Sie be-richten dann offenbar uumlber den Erfolg ihres Ein-satzes und stimmen sich untereinander ab Aus den Journalen von angegriffenen Geldautomaten ergeben sich Stromunterbrechungen wenn Le-segeraumlte ausgewechselt werden dass zur Funk-tionspruumlfung der praumlparierten Kartenlesegeraumlte und zur Markierung der ausgespaumlhten Zahlungs-kartendaten Testkarten eingesetzt werden 27 An-dere Bilder haben eindrucksvoll gezeigt wie

24 CF Grafik Juni 2008 Wegen der Herstellung von Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fehlt noch der Hinweis auf sect 149 StGB Die Diskussion um die Strafbarkeit wegen des Umgangs mit diesen Geraumlten wurde erst ab Herbst 2008 oumlffentlich25 Skimmer siehe Glossar26 Casher siehe Glossar

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Casher beim Einsatz von White Cards 28

mit ihren Handys telefonieren und sich dabei offenbar die PIN uumlbermitteln las-sen

Die bevorzugten Zeiten fuumlr das Ausspauml-hen liegen auszligerhalb der Bankoumlffnungs-zeiten also ganz besonders ab Freitag Mittag bis uumlber das Wochenende hin-weg Das verbindet die Skimming-Taumlter mit denen beim klassischen Phishing Beiden geht es darum den stoumlrenden Eingriff der Bankmitarbeiter zu unterlau-fen Beim Phishing 29 soll dadurch die Transaktion mit den ausgespaumlhten Da-ten des Onlinebankings abgesichert und beim Skimming das Entdeckungsrisiko verringert werden

Auch das Cashing findet vor Allem am Wochenende und waumlhrend der Nacht statt Nachts haben die Casher die we-nigsten Stoumlrungen durch Bankkunden Publikum und Sicherheitspersonal zu befuumlrchten Um 000 Uhr wird auch in aller Regel das Tageslimit fuumlr die Zahlungskarten umgestellt Das bedeutet dass die Taumlter zwei Tageshoumlchstbetraumlge ergau-nern koumlnnen wenn sie die gefaumllschte Karte vor und nach Mitternacht missbrauchen Aus diesen Gruumlnden bevorzugen sie auch das Wochenende und die Feiertage Hinzu kommt dass in der Nacht von Freitag auf Samstag meistens auch das Wochenlimit storniert wird 30 so dass am Samstag Morgen das neue Wochenlimit ange-griffen werden kann27 Als Testkarte eignet sich jede Magnetkarte also auch Telefonkarten oder Tankkarten Wichtig ist den Taumltern nur dass sie anhand der ihnen bekannten Ei-genschaften der Testkarte den Zeitpunkt und die Rei-henfolge der ausgespaumlhten Daten uumlberpruumlfen und den gesondert beobachteten PIN zuordnen koumlnnen28 White Cards auch White Plastics siehe Glossar29 Mit bdquoklassischem Phishingldquo ist die Verbreitung von Spam-Mails gemeint die die Empfaumlnger zur Preisga-be ihrer Kontozugangsdaten bewegen sollen Zu den jetzt uumlblichen Methoden CF Phishing mit Homebanking-Malware 2210200830 Zum Beispiel HypoVereinsbank HVB Cashkarte Denn Zeit ist Geld S S 2

Dank des maschinenlesbaren Merkmals das nur deutsche Zahlungskarten enthalten muumlssen koumlnnen Faumllschungen mit inlaumlndischen Magnet-streifendaten nur im Ausland zum Cashing ein-gesetzt werden Im europaumlischen Ausland setzt sich durch dass die Geldautomaten statt des Magnetstreifens den EMV-Chip der Zahlungskar-te pruumlfen den die Faumllscher bislang nicht nach-machen koumlnnen Das fuumlhrt immer haumlufiger dazu dass das Cashing im auszligereuropaumlischen Aus-land stattfindet

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 9

Unter dem Gesichtspunkt des klassischen Skim-mings bei dem das Ausspaumlhen und der Miss-brauch gefaumllschter Zahlungskarten in der Oumlffent-lichkeit stattfindet bedarf das Verfahren des bar-geldlosen Zahlungsverkehrs einer besonderen Betrachtung

1 Faumllschungssicherung

Die in Deutschland herausgegebenen Zahlungs-karten 31 verfuumlgen uumlber mehrere Vorrichtungen gegen das Faumllschen der Karte selber 32 Neben dem Unterschriftsfeld den Merkmalen des Auf-drucks und des fuumlr die Individualdaten verwen-deten Schrifttyps (OCR-B 33) sind das besonders der EMV-Chip und das Maschinenlesbare Merk-mal ndash MM

Das MM ist eine Besonderheit die es nur in Deutschland gibt Dabei handelt es sich um einen im Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmal-stoff der eine individuelle Codierung der Karte zulaumlsst 34 Diese Codierung wird im Geldautoma-ten mit einer Pruumlfsumme abgeglichen die auf dem Magnetstreifen der Zahlungskarte gespei-chert ist Es wird jedoch nicht von den Handgerauml-ten im Einzelhandel gepruumlft (POS-Terminal) so dass hier zum Cashing verfaumllschte Zahlungskar-ten eingesetzt werden koumlnnen bei denen der Magnetstreifen der Originalkarte mit fremden Kontodaten beschrieben ist

Der EMV-Chip wird von den groszligen Verbuumlnden fuumlr grenzuumlberschreitend einsetzbare Zahlungs-karten gefordert und ist bereits weit verbreitet 35 Das Kuumlrzel geht auf bdquoElectronic Cash ndash MasterMaestro ndash Visaldquo zuruumlck 36 Der Chip ist

31 Es handelt sich um standardisierte Identitaumltsdoku-mente nach ISOIEC 7810 (Wikipedia)32 CF Zahlungskarten 1805200833 CF Zeichensatz OCR-B Juli 200734 CF Sicherheitsmerkmale und Merkmalstoffe 0602201035 Kartensicherheitde EMV-Chip

zwar programmierbar 37 soll aber nicht manipu-lierbar sein 38 und eine verschluumlsselte Datenkom-munikation ermoumlglichen 39

In den meisten west- und nordeuropaumlischen Staaten erfolgt die Autorisierung anhand der Chip- und nicht mehr anhand der Daten auf dem Magnetstreifen Die Geldautomaten in Teilen Suumld- und Osteuropas beschraumlnken sich jedoch haumlufig auf das Auslesen des Magnetstreifens dessen Daten verhaumlltnismaumlszligig leicht kopiert und uumlbertragen werden koumlnnen

2 bargeldloser Zahlungsverkehr

Beim klassischen Euroscheck verkoumlrperte die Bank des Kunden ihre Zahlungsgarantie in Pa-pierform also durch den Euroscheck selber 40 In Verbindung mit der EC-Karte erfolgte die Autori-sierung durch den Akzeptanten Parallel dazu ent-wickelte die Finanzwirtschaft das System der bar-geld- und papierlosen Zahlungen die unter dem Begriff Point of Sale ndash POS ndash zusammengefasst werden Es kennt zwei Auspraumlgungen die bank-wirtschaftlich entstanden sind und ihre rechtliche Anerkennung erhalten haben Die Lastschrift und der Abbuchungsauftrag 41

36 CF Zahlungskarten mit Garantiefunktion 1304200937 CF Turbulenzen beim bargeldlosen Zahlungsverkehr 0602201038 Mehrere Meldungen lassen daran Zweifel aufkom-menPIN-Pruumlfung im EMV-Verfahren bei EC-und Kreditkarten ausgehebelt Heise online 12022010Bericht PIN-Pruumlfung bei EC- und Kreditkarten unsicherer als angenommen Heise online 19012010Daniel Bachfeld Phish amp Chips Angriff auf das EMV-Verfahren bei Bezahlkarten ct 6201039 EC-Karten-Update soll Fehler beheben ct 32010 S 53 Update fuumlr EC-Karten ct 42010 S 5440 Die Garantie war auf 400 DM beschraumlnkt Auch houml-here Betraumlge konnten mit dem EC angewiesen wer-den der uumlberschieszligende Betrag war dann aber nicht von der Garantie der Bank umfasst

B bargeldloser kartengestuumltzter Zahlungsverkehr

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Bei der Lastschrift verbleibt das Risiko bei dem Akzeptanten Das Lastschriftverfahren ist noch immer im Einzelhandel vertreten wenn zwar die Zahlungskarte des Kunden ausgelesen und ge-pruumlft wird er jedoch mit seiner Unterschrift die Zahlung anweist

Die heute uumlbliche Autorisierung fuszligt auf dem Ab-buchungsauftrag der dem Akzeptanten eine houml-here Auszahlungssicherheit gibt 42 Im Alltag zeigt sich die Autorisierung darin dass nicht nur die Zahlungskarte gepruumlft wird sondern auch die PIN eingegeben werden muss Die damit ausge-loumlste Pruumlfung erfolgt bei der kartenausgebenden

41 CF Einzugsermaumlchtigung und Lastschriftverfahren 200742 Die Einzugsverfahren sind in das SEPA-Uumlberein-kommen aufgenommen worden und gelten jetzt euro-paweit siehe CF Single Euro Payments Area 26012008

Bank der die Transaktionsdaten im elektroni-schen Onlineverfahren uumlbermittelt werden und die einen Genehmigungscode zuruumlckmeldet Der Genehmigungscode ersetzt die im Euroscheck verkoumlrperte Garantiefunktion und enthaumllt eine Auszahlungsgarantie der kartenausgebenden Bank Sie erklaumlrt damit verbindlich dass die Zah-lungskarte akzeptiert wird und der geforderte Be-trag zur Verfuumlgung steht

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3 Autorisierung

Die wesentlichen Sicherungen fuumlr das Autorisie-rungsverfahren 43 bestehen in den Sicherheits-merkmalen der Zahlungskarte in der PIN und schlieszliglich in dem Genehmigungscode den die kartenausgebende Bank an den Akzeptanten meldet 44

Zum Zweck der Autorisierung von Debitkarten 45 liest der auslaumlndische Geldautomaten die Kar-tendaten aus kombiniert sie mit der vom Kunden eingegeben PIN dem Auszahlungsbetrag der Gebuumlhr den Individualmerkmalen des Geldauto-maten und der Uhrzeit Der daraus gebildete Da-tensatz wird uumlber Kommunikationsnetze und durch verschiedene Zwischenstellen (zum Bei-spiel in Deutschland First Data Corporation 46 Finanz IT 47) bis zur kartenausgebenden Bank geleitet 48 Diese pruumlft ob die Karte von ihr aus-gestellt und nicht gesperrt ist die Auszahlung im Ausland erlaubt das Tages- oder Wochenlimit nicht uumlberschritten sind und schlieszliglich ob Kon-todeckung oder ein Uumlberziehungskredit beste-hen Danach sendet die Bank an den Geldauto-

43 Wegen der technischen Einzelheiten ISO 8583 (Wikipedia)44 CF Autorisierung im POS-Verfahren 1304200945 Gemeint sind Zahlungskarten auf Guthabenbasis wobei als Guthaben auch der gewaumlhrte Uumlberzie-hungskredit gilt46 fruumlher Gesellschaft fuumlr Zahlungssysteme - GZS47 Rechenzentrum der Sparkassen48 Siehe Glossar Autorisierung Clearing

maten einen Genehmigungscode zuruumlck 49 der die Auszahlung autorisiert und eine Garantie ent-haumllt dass die autorisierende Bank fuumlr den Aus-zahlungsbetrag buumlrgt 50 51

4 Clearing

Nach der Autorisierung erfolgt bei Debitkarten in aller Regel keine unmittelbare Belastung des Kundenkontos sondern eine Zwischenbuchung auf einem bankinternen Konto 52 Nach der Aus-zahlung erfolgt im Bankenverbund uumlber die Ver-bindungsstellen das Clearingverfahren wobei die gegenseitig bestehenden Forderungen der Verbuumlnde und schlieszliglich der Institute unterein-ander ausgeglichen werden Am Ende wird die Zwischenbuchung der Hausbank gegen das Konto des Kunden aufgeloumlst

Diese Buchung zulasten des Kundenkontos mar-kiert den abschlieszligenden Schadenseintritt im Sinne von sect 263a StGB Er erfolgt erst nach der Autorisierung der Auszahlung und schlieszliglich dem Clearing wenn eine gefaumllschte Zahlungs-karte eingesetzt wurde

5 Schadensausgleich

Beanstandet der Kunde eine Kontobelastung und ist diese auf den Einsatz einer gefaumllschten Zahlungskarte zuruumlckzufuumlhren wird grundsaumltz-lich ein Schadensausgleich durchgefuumlhrt bei dem zunaumlchst die Hausbank des Kunden die Be-49 Der Genehmigungscode lautet bdquo0ldquo Andere Codezif-fern belegen Zeituumlberschreitungen Kartensperren Verwendungsbeschraumlnkungen und andere Ereignis-se Sie fuumlhren immer dazu dass die Transaktion ver-weigert wird50 Siehe auch das Glossar bei kartensicherheitde und das Zitat Kasten oben51 In dem Positionspapier strafbare Vorbereitung und Versuch beim Skimming habe ich noch angenommen dass die Garantie von einer der zwischengeschalteten Clearingstellen geleistet wird Das ist falsch Die Ga-rantie stammt immer von der Bank die die Zahlungs-karte ausgegeben und die einzelne Verfuumlgung autori-siert hat52 Conto pro Diverse ndash CPD

Genehmigungsnummer | Authorisation Code

Die Genehmigungsnummer wird infolge einer Autorisierungsanfrage von der Karten ausge-benden Bank (Issuer) vergeben und wiederum von dem Acquirer an den Haumlndler bestaumltigt Ohne diese Genehmigungsnummer hat der Haumlndler fuumlr die Transaktion keine Zahlungsga-rantie

kartensicherheitde

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lastung gegenbucht und diese Forderung bei der EURO Kartensysteme - EKS 53 - zum Ausgleich anmeldet Stellt sich dabei heraus dass der aus-laumlndische Geldautomat von einer Karte deren Original mit einem EMV-Chip ausgestattet ist nur den Magnetstreifen gepruumlft hat dann haftet im europaumlischen Bankenverbund die auslaumlndi-sche Bank fuumlr den Schaden Auf diese Weise wird ein wirtschaftlicher Druck auf die Betreiber von Geldautomaten aufgebaut der sie zur Mo-dernisierung ihrer Geraumlte und zur Verbesserung der Sicherheitsstandards draumlngt

Dieser Anpassungsdruck funktioniert dann nicht mehr wenn sich das Cashing in das entfernte Ausland verlagern sollte Die Finanzwirtschaft wird dafuumlr neue Formen der Sicherung und des Schadensausgleiches entwickeln muumlssen

6 Ergebnisse

Der erfolgreiche Missbrauch einer Zahlungskarte im Ausland der sich in einer Kontobelastung beim deutschen Bankkunden aumluszligert belegt zu-gleich dass eine erfolgreiche Autorisierung durchlaufen und die inlaumlndische Bank eine Aus-zahlung wegen ihres Gegenwertes garantiert hat (Autorisierung)

Daraus folgt ferner dass im Ausland eine ge-faumllschte Zahlungskarte die gegen Faumllschung be-sonders geschuumltzt ist (Faumllschungssicherung) mit Garantiefunktion verwendet wurde Das qua-lifiziert die Tat zu einem Verbrechen gemaumlszligsect 152b Abs 2 StGB mit einer Mindeststrafe von 2 Jahren Freiheitsstrafe wobei ein gewerbsmauml-szligiges Handeln in diesen Faumlllen grundsaumltzlich an-zunehmen ist

Der finanzwirtschaftliche Schadensausgleich hat dazu gefuumlhrt dass die durch das Skimming bei den Bankkunden eingetretenen Schaumlden im Bankenverbund ausgeglichen wurden Dieses System wird einer besonderen Belastungsprobe ausgesetzt sein wenn sich das Cashing in das auszligereuropaumlische Ausland verlagern sollte

53 Siehe auch EKS ndash Analyse

7 arbeitsteilige Handlungen beim Skimming

Das Skimming ist gepraumlgt von verschiedenen Tat-handlungen die in der Grafik auf der naumlchsten Sei-te wegen ihrer wesentlichen Merkmale zusammen-gefasst werden

Am Anfang steht die Herstellung der Ausspaumlhtech-nik Dazu gehoumlren Kartenlesegeraumlte die spaumlter am Geldautomaten an der Eingangskontrolle oder am Kontoauszugsdrucker installiert werden Fuumlr das Ausspaumlhen der PIN werden entweder Kameras oder Tastaturaufsaumltze verwendet

Alle Geraumlte muumlssen so getarnt werden dass sie den Kunden auf dem ersten Blick nicht auffallen Die Taumlter muumlssen deshalb zunaumlchst auskundschaf-ten welche Geldautomaten und Umgebungen fuumlr den Einsatz ihrer Geraumlte geeignet sind Zur Vorbe-reitung und waumlhrend der Installation muumlssen gele-gentlich Anpassungen am Geldautomaten vorge-nommen werden die auf ein erhebliches Fach- und Erfahrungswissen der Installateure schlieszligen las-sen

Zwei Tatphasen finden in der Oumlffentlichkeit statt Das ist zunaumlchst das eigentliche Ausspaumlhen der Zugangsdaten fuumlr das sich der Begriff des Skim-mings (im engeren Sinne) eingebuumlrgert hat Es um-fasst die Installation der Ausspaumlhtechnik das Aus-spaumlhen selber und den Abbau der (wertvollen) Ge-raumlte Entsprechend der eingesetzten Technik muumls-sen die Geraumlte waumlhrend des Ausspaumlhens uumlberpruumlft werden Besonders dann wenn der Abgriff der Kar-

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tendaten nicht direkt am Geldautomaten erfolgt muumlssen die ausgespaumlhten Kartendaten und PIN synchronisiert werden Das erfolgt haumlufig in der Weise dass die Taumlter Testkarten einsetzen deren Merkmale ihnen gelaumlufig sind

Je nach dem Erfolg des Ausspaumlhens werden die Kundendaten einer oder mehrerer Skimmingangrif-fe zusammengefasst und mit ihnen Dubletten an-gefertigt Es handelt sich meistens um unbedruckte WhiteCards die nur uumlber einen Magnetstreifen ver-fuumlgen und damit den einfachsten Anforderungen der ISO-Norm fuumlr Identitaumltsdokumente genuumlgen Die dazu erforderliche Technik und das Zubehoumlr sind im Einzelhandel erhaumlltlich

Die zweite Tatphase in der Oumlffentlichkeit wird als das Cashing bezeichnet Dabei werden die Dublet-ten bdquogebrauchtldquo um Auszahlungen an Geldautoma-ten zu bewirken

Die in Deutschland uumlblichen Sicherheitsmerkmale das sind vor allem das im Kartenkoumlrper einge-brachte Maschinenlesbare Merkmal ndash MM ndash und der EMV-Chip machen es erforderlich dass die Dubletten im Ausland eingesetzt werden wo die Geldautomaten sie nicht pruumlfen Das zeigt dass auch das Cashing selber die Auskundschaftung ge-eigneter Geldautomaten erfordert

Die gewandelten Erscheinungsformen beim Aus-spaumlhen allen voran das POS-Skimming zeigen dass die hier beschriebene Kriminalitaumltsform Wandlungen unterworfen ist die besonders das Ausspaumlhen selber betreffen Verfeinerte Pruumlfungen der Sicherheitsmerkmale und der beschriebene Schadensausgleich lassen vermuten dass sich das Cashing in andere Laumlnder und Kontinente ver-lagern wird

Das Cashing ist aus krimineller Sicht ein aumluszligerst effektives Instrument der Beuterealisierung Es ist zu befuumlrchten dass es uns noch lange erhalten bleibt

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An die Stelle der fruumlher uumlblichen Euroschecks ist das Autorisierungsverfahren und die mit ihm ver-bundene Genehmigung der kartenausstellenden Bank gegenuumlber der Zahlstelle im POS-Verfah-ren getreten 54

1 arbeitsteiliges Vorgehen

Der Tatplan beim Skimming umfasst bei einer groben Unterteilung drei Arbeitsschritte

1) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

2) Faumllschung von Zahlungskarten

3) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Vor dem Arbeitsschritt 1) ist die Herstellung der teilweise handwerklich anspruchsvollen Skim-ming-Hardware angesiedelt und nach dem Ar-beitsschritt 3) die Beuteverteilung wenn es sich ndash wie uumlblich ndash um eine arbeitsteilig aufgestellte Gruppe von Taumltern handelt

Das arbeitsteilige und wiederholte Vorgehen beim Skimming rechtfertigt regelmaumlszligig die An-nahme eines gewerbsmaumlszligigen Handelns 55 Ein-zeltaumlter die alle Arbeitsschritte persoumlnlich aus-uumlben treten allenfalls in Einzelfaumlllen auf In aller Regel haben wir es mit Taumltergruppen zu tun die sich nur deshalb zusammentun um eine dauer-hafte Einnahmequelle zu haben Das wird auch von den Schaumlden durch Cashing-Aktionen be-legt bei denen mehrere Taumlter gleichzeitig han-deln und binnen weniger Tage mehrere Zehntau-send Euro erbeutet haben

Auf die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Mittaumlterschaft und Bandeneigenschaft wird unten im einzelnen eingegangen

54 Siehe Glossar POS55 Siehe Zitat im Kasten oben rechts BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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2 einschlaumlgige Normen und Konkurrenzen

Das Faumllschen von Zahlungskarten und ihren Ge-brauch hat der Gesetzgeber neben die Vor-schriften uumlber das Faumllschen von Geld und Wert-zeichen gestellt (sectsect 146 ff StGB) Die Strafvor-schriften dienen der Sicherheit und Funktionsfauml-higkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs 56 Die hohen Mindestfreiheitsstrafen mit denen sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB drohen sind von Ver-fassungs wegen nicht zu beanstanden 57

Die Missbrauchshandlung beim Skimming ist im Grunddelikt der Gebrauch falscher inlaumlndischer oder auslaumlndischer Zahlungskarten gemaumlszlig sect

56 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1157 BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008 siehe auch CF Faumllschung von Zahlungskarten 01052009

C Strafbarkeit Gewerbsmaumlszligig handelt wer sich durch wiederhol-te Tatbegehung eine nicht nur voruumlbergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will Liegt diese Absicht vor ist bereits die erste Tat als gewerbsmaumlszligig begangen einzustufen auch wenn es entgegen den ur-spruumlnglichen Intentionen des Taumlters zu weiteren Taten nicht kommt Eine Verurteilung wegen ge-werbsmaumlszligiger Deliktsbegehung setzt daher schon im Grundsatz nicht notwendig voraus dass der Taumlter zur Gewinnerzielung mehrere selbststaumlndige Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden Art ver-wirklicht hat Ob der Angeklagte gewerbsmaumlszligig gehandelt hat beurteilt sich vielmehr nach seinen urspruumlnglichen Planungen sowie seinem tatsaumlchli-chen strafrechtlich relevanten Verhalten uumlber den gesamten ihm anzulastenden Tatzeitraum () Er-forderlich ist dabei stets dass sich seine Wieder-holungsabsicht auf dasjenige Delikt bezieht des-sen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbs-maumlszligigkeit qualifiziert ist

BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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152a Abs 1 Nr 2 StGB 58 In Tateinheit 59 damit steht der Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB 60 dessen Vollendung mit der Auszahlung am Geldautomaten eintritt 61

Die Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist ein selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand (sectsect 152b Abs 1 12 Abs 1 StGB) der im-mer auch die Strafbarkeit des Versuchs umfasst (sect 23 Abs 1 StGB) Unter der Voraussetzung der Gewerbsmaumlszligigkeit erhoumlht sich die Mindeststrafe auf 2 Jahre Freiheitsstrafe (sect 152b Abs 2 StGB)

Der Computerbetrug im Zusammenhang mit dem Cashing ist ein besonders schwerer Fall der sich vom Grundtatbestand des sect 263a Abs 1 StGB durch das weitere Merkmal der Gewerbsmaumlszligig-keit abhebt Er ist auch in dieser Form als Verge-hen zu behandeln (sect 12 Abs 1 StGB) so dass das Gesetz die Strafbarkeit des Versuchs beson-ders anordnen muss (sect 23 Abs 1 StGB) Das geschieht in sect 263 Abs 2 StGB auf den der sect 263a Abs 2 StGB ausdruumlcklich verweist

Dagegen tritt die Faumllschung beweiserheblicher Daten gemaumlszlig sect 269 StGB hinter der spezielleren Vorschrift des sect 152a Abs 1 Nr 1 StGB zuruumlck 62 Das mit ihr verbundene bdquoSpeichernldquo realisiert sich nur bei der Faumllschung selber und nicht auch

58 Strafrahmen Geldstrafe bis 5 Jahre Freiheitsstrafe59 Zur Tateinheit zwischen dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten (sect 152a StGB) und Betrug (sect 263 StGB) BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1760 Fallgruppe Unbefugte Verwendung von DatenBGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 8 Siehe auch BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 3780961 Tateinheit BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3 In der Entscheidung wird kommen-tarlos die falsche Strafvorschrift wegen der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion angewendet naumlmlich sect 152a StGB anstelle von sect 152b StGB Das scheint auch der Staatsanwaltschaft Aachen entgan-gen zu sein die das Urteil mit seiner sowieso schon milde(n) Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren (BGH Rn 7) nicht angegriffen hat62 Grundsaumltzlich zum Verhaumlltnis zwischen Urkunden- und Zahlungsmittelfaumllschung BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

beim Missbrauch der gefaumllschten Zah-lungskarten

Bei genauer Betrachtung greifen auch die Daten-delikte nach sect 202a und sect 202b StGB im Zusam-menhang mit dem Skimming nicht

Entgegen der Auffassung der Revision beruhen die Feststellungen zur nur voruumlbergehenden Zu-ruumlckstellung der Tatausfuumlhrung auf hinreichenden tatsaumlchlichen Anhaltspunkten stellen sich also nicht als bloszlige Vermutung dar Die Begehung von Straftaten wie das bdquoSkimmingldquo bedarf eines erheb-lichen organisatorischen Aufwands insbesondere muumlssen Geraumlte zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten zur Verfuumlgung stehen Dass Taumlter die schon uumlber laumlngere Zeit hellip mit der Vorberei-tung der Tat befasst waren nur wegen des Versa-gens der Stromversorgung eines technischen Hilfsmittels fuumlr das Ersatz beschafft werden kann von der weiteren Ausfuumlhrung des Vorhabens end-guumlltig absehen ist eine lebensfremde Annahme Eine Ersatzbeschaffung erforderte entgegen der Auffassung der Revision hellip keinen neuen Tatent-schluss sondern stellte nur einen von vielen Hand-lungsschritten bis zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten dar Dass die Strafkammer man-gels Anhaltspunkten fuumlr einen endguumlltigen Tatab-bruch davon ausgegangen ist dass ein solcher von dem Angeklagten und seinen Mittaumltern nicht gewollt war und schon deshalb ein Verhindern der Tat noch ein Bemuumlhen darum festzustellen waren ist ein nicht nur moumlglicher sondern ausgesprochen naheliegender Schluss Somit schied ein Ruumlcktritt von der Verabredung eines Verbrechens gemaumlszlig sect 31 StGB aus

Generalbundesanwalt Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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21 Ausspaumlhen von Daten

sect 202a Abs 1 StGB kommt wegen des Ausspauml-hens der Daten auf den Magnetstreifen der Zah-lungskarten der betroffenen Bankkunden nicht in Betracht weil ihm eine besondere Sicherungs-funktion fehlt Das fuumlhrt dazu dass die gespei-cherten Daten in aller Regel mit handelsuumlblichen Lesegeraumlten und Komponenten ausgelesen wer-den koumlnnen

In einer fruumlheren Entscheidung ist der BGH noch von einer Tateinheit zwischen dem Nachmachen von Zahlungskarten und dem Ausspaumlhen von Daten ausgegangen 63 Die Revision fuumlhrte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils weil das Tatsachengericht keine Strafantraumlge festgestellt hat 64 (sect 205 StGB 65) Davon wendet sich der 2 Strafsenat des BGH jetzt in zwei Beschluumlssen ab 66 ohne jedoch zunaumlchst die uumlbrigen Senate be-teiligt zu haben (sect 132 GVG) 67 Andere Senate des Gerichts sind dem inzwischen beigetreten der 1 Strafsenat jedoch mit der Einschraumlnkung dass die Voraussetzungen des sect 202a StGB dann nicht gegeben sind wenn die zum Ausle-sen benutzte Software auch im regulaumlren Handel erhaumlltlich ist 68

63 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 764 Dateninhaber ist danach die kartenausgebende Bank die somit auch strafantragsberechtigt ist eben-da65 Wegen des Ausspaumlhens (sect 202a StGB) und Abfan-gens von Daten (sect 202b StGB) kann die Staatsan-waltschaft jetzt auch das besondere oumlffentliche Inter-esse an der Strafverfolgung bejahen (sect 205 Abs 1 S 2 StGB)66 CF Ausspaumlhen von Daten und das Skimming 14052010BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309 S 4BGH Beschluss vom 18032010 - 4 StR 5550967 Kritisch auch Goya Graumlfin Tyszkiewicz Skimming als Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a StGB HRR 42010 207 (mit Zitat zum Cyberfahnder)68 BGH Beschluss vom 19052010 - 1 ARs 610CF Ausspaumlhen von Magnetstreifen 02072010

22 Abfangen von Daten

Die ausgespaumlhten Kartendaten werden zum Faumll-schen von Zahlungskarten benoumltigt und die PIN zum spaumlter einsetzenden Gebrauch sect 149 Abs 1 StGB beschraumlnkt den Anwendungsbereich fuumlr die Haftung im Vorbereitungsstadium auf die Faumll-schung und bezieht nicht auch den Gebrauch mit ein Daraus folgt dass keine Strafbarkeit wegen des Umgangs mit Geraumlten zum Ausspaumlhen der PIN aus sect 149 StGB abgeleitet werden kann

Wegen des Ausspaumlhens der PIN greift auch das Hackerstrafrecht nicht wenn es unmittelbar an-gewendet wird Es handelt sich dabei weder um ein Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a Abs 1 StGB noch um ein Abfangen von Daten gemaumlszlig sect 202b StGB Verantwortlich dafuumlr ist die Definition von bdquoDatenldquo in sect 202a Abs 2 StGB Das sind nur solche Daten die bereits gespeichert sind oder uumlbermittelt werden Das Uumlbermitteln setzt jedoch eine vorherige Speicherung voraus

Beim Skimming wird die PIN aber bei der Einga-be ausgespaumlht Sie ist der Speicherung und Uumlbermittlung vorgelagert

23 PIN-Skimming und Computersabotage

Das Cashing ist mit der Eingabe von Daten mit dem Ziel verbunden einem Anderen Nachteil zu-zufuumlgen und deshalb auch ein Anwendungsfall der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 1 Nr 2 StGB Diese Strafvorschrift wird im Zusammen-hang mit dem Cashing vom Computerbetrug als dem spezielleren und schwereren Vorwurf ver-draumlngt

sect 303b Abs 5 StGB erweitert jedoch die Straf-barkeit auch auf das Vorbereitungsstadium in-dem er auf sect 202c StGB verweist Dadurch wer-den nicht nur Computerprogramme geschuumltzt sondern ausdruumlcklich auch Passwoumlrter und sonstiger Sicherungscode (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) Der Umgang mit ihnen mit dem Ziel sie zum Cashing zu verwenden steht unter Strafe 69 69 CF Ausspaumlhen der PIN 06122008

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und wird mit einer Houmlchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht

Die Schutzrichtung dieser Normen beschraumlnkt sich jedoch auf Computerprogramme einerseits und PIN (als Passwoumlrter) andererseits nicht aber auf die zum Ausspaumlhen genutzten Geraumlte

Das Sich-Verschaffen von PIN ist somit gemaumlszlig sect 303b Abs 5 StGB in Verbindung mit sect 202c StGB strafbar Es verlangt nach dem Nachweis dass tatsaumlchlich PIN ausgespaumlht wurden

24 natuumlrliche Handlungseinheiten

Aus dem Begriff bdquodieselbe Tatldquo (sect 52 Abs 1 StGB) leitet die Rechtsprechung die natuumlrliche Handlungseinheit ab wobei mehrere Verhal-tensweisen von einem einheitlichen Willen getra-gen werden und raumlumlich-zeitlich so eng mitein-ander verbunden sind dass das gesamte Taumltig-werden objektiv als ein einheitliches und zusam-mengehoumlriges Tun erscheint 70 Sie darf nicht mit der fortgesetzten Handlung verwechselt werden womit von der Rechtsprechung gleichartige Ta-ten mit weitem raumlumlich-zeitlichem Zusammen-hang zusammengefasst wurden Die Handlungs-form der fortgesetzten Handlung hat der BGH 1994 aufgegeben 71 nicht zuletzt deshalb weil sie erhebliche Nachteile fuumlr die Angeklagten barg 72

Eine besondere Auspraumlgung der Handlungsein-heit hat der BGH im Zusammenhang mit Betaumlu-bungsmittelstraftaten entwickelt Insoweit spricht er von einer Bewertungseinheit und fasst damit alle Veraumluszligerungshandlungen des Taumlters zu-sammen wenn das Rauschgift aus derselben 70 lexexaktde natuumlrliche Handlungseinheit71 BGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393 zum Steuerstrafrecht 72 Siehe BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593wenn verschiedene Handlungen (Steuererklaumlrungen) durch den Fortsetzungszusammenhang zusammen gefasst werden dann beginnt ihre Verjaumlhrung erst mit der letzten Tathandlung (sect 78a StGB) Das hat dazu gefuumlhrt dass Steuerstraftaten uumlber Jahrzehnte hin-weg bestraft werden konnten wenn sie denselben Akt oder Modus betrafen

Quelle stammt also aus einer einmaligen Er-werbstat 73

Im Zusammenhang mit dem Skimming spricht der BGH von deliktischen Einheiten die einer-seits zwischen dem Gebrauchen nachgemachter Zahlungskarten und dem damit verbundenen Be-trug und andererseits zwischen den Tathandlun-gen des Nachmachens und des Gebrauchens im Sinne von sect 152a Abs 1 StGB bestehen soweit sie raumlumlich-zeitlich eng verbunden und von ei-nem einheitlichen Vorsatz umschlossen sind 74 Solche deliktischen Einheiten koumlnnen auch die gleichzeitig Faumllschung mehrerer Karten 75 und ih-ren Gebrauch beim Cashing bilden 76

Die praktische Konsequenz daraus ist dass als eine materielle Tat alle Faumllschungen alle Miss-braumluche von Zahlungskarten und alle unmittelbar

73 BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300 mwN74 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 17BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 440875 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 13BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 376 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 8

Ob die Vollendung in mehreren materiellen Taten erfolgt orientiert sich am Handeln des Cashers Anhand der Abbuchungsdaten koumlnnen erfah-rungsgemaumlszlig deutliche Pausen festgestellt wer-den die aber nicht zwingend auf eine Unterbre-chung und die Beendigung einer Tat schlieszligen lassen Zwei Fehlerquellen sind insoweit zu be-trachten

Die Zeitstempel die die Geldautomaten uumlbermit-teln richten sich nach den Einstellungen im Geld-automaten selber und werden nicht synchronisiert Sie koumlnnen von der genauen Zeit abweichen und aus einer anderen Zeitzone stammen

Allein Europa verfuumlgt uumlber mindestens 4 Zeitzo-nen von der die Mitteleuropaumlische Zeit ndash MEZ ndash die verbreitetste ist Die EKS stellt aber die Zeit-stempel der Rechenzentren bei der Autorisierung zur Verfuumlgung so dass die Fehlerquelle abwei-chender Zeitangaben nahezu ausgeschlossen ist

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aufeinander folgenden Ausspaumlhungen von Kon-tozugangsdaten zusammengefasst werden muumls-sen soweit sie einen engen Zusammenhang mit-einander haben Das ist zum Beispiel der Fall wenn Skimmer ihre technischen Geraumlte installie-ren ihre Funktionstuumlchtigkeit gelegentlich uumlber-pruumlfen und die Geraumlte schlieszliglich wieder abbau-en Das Ausspaumlhen bildet dabei einen einheitli-chen Handlungsrahmen wobei der Vorsatz der Taumlter darauf gerichtet ist moumlglichst viele Kun-dendaten bei ihrem Angriff zu erlangen Auch wenn die Taumlter uumlber mehrere Tage hinweg die-selbe Bankfiliale ausspaumlhen und die Technik nur waumlhrend der Bankgeschaumlftszeiten abbauen und anschlieszligend wieder einrichten 77 kann eine de-liktische Einheit bestehen 78

Dasselbe gilt wegen des Cashings wenn die Tauml-ter mit engem zeitlichen Zusammenhang han-deln Eine Zaumlsur kann jedoch dann angenom-men werden wenn die Taumlter ihr Handeln unter-brechen um sich zum Beispiel mit weiteren Du-bletten zu versorgen 79

Im Zusammenhang mit dem Nachmachen und Gebrauchen von Zahlungskarten ist jedenfalls dann das Vorliegen eines minder schweren Fal-les zu pruumlfen wenn es um eine geringe Stuumlck-zahl von Karten geht 80

77 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 978 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 14 leitet das daraus ab dass verschiedene Vorberei-tungshandlungen die sich auf denselben Gegenstand erstrecken nur eine Tat darstellen Die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium beim Skimming wird unten angesprochen79 Siehe BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 9 80 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 12

3 Faumllschungssicherheit

Von der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt dass sich die Faumllschung auch alleine auf die Da-ten auf dem Magnetstreifen beschraumlnken kann 81 In Bezug auf Zahlungskarten hat der BGH jetzt ausgefuumlhrt 82

bdquoFalsch sind Zahlungskarten (mit Garantiefunkti-on) wenn sie faumllschlicherweise den Anschein er-wecken sie seien von demjenigen ausgegeben worden auf den die lesbaren Angaben auf der Karte oder die auf ihr unsichtbar gespeicherten Informationen als Aussteller hinweisen Optische Wahrnehmungsmoumlglichkeit und digitale Maschi-nenlesbarkeit muumlssen nicht gleichzeitig gegeben sein so dass eine falsche Karte nicht die ku-mulative Nachahmung beider Komponenten vor-aussetzt Es genuumlgt dass die Faumllschung entwe-der nur die Urkundenfunktion zum Gegenstand hat - was etwa bei einer gefaumllschten Kreditkarte der Fall ist die nur in ihrem aumluszligeren Erschei-nungsbild einer echten Kreditkarte entspricht aber keinen funktionsfaumlhigen Magnetstreifen oder Mikrochip enthaumllt - oder ein Magnetstreifen bzw ein Mikrochip zwecks ausschlieszliglicher Ver-wendung an Automaten gefaumllscht und auf ein unbedrucktes Stuumlck Plastik oder Pappe geklebt ist ldquo

sect 152a Abs 4 Nr 2 und sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB verlangen gleichermaszligen nach einer be-sonderen Sicherung gegen die Nachahmung durch Ausgestaltung oder Codierung wobei un-klar bleibt ob sie unterschiedliche Sicherheits-merkmale meinen Dafuumlr koumlnnte sprechen dass bei gleichem Wortlaut sect 152a StGB das Verfaumll-schen und Nachmachen und sect 152b StGB die Garantiefunktion in den Vordergrund stellen

Die allgemeine bdquoAusgestaltungldquo der Zahlungskar-ten wird von den Aufdrucken Hologrammen der erhabenen Kartennummer und der Pruumlfnummer (bei Kreditkarten) sowie dem Unterschriftsfeld und dem Vorhandensein des Magnetstreifens

81 Zur Verfaumllschung einer echten Zahlungskarte BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840082 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 11

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oder des EMV-Chips gepraumlgt Als besondere Si-cherungen im Hinblick auf die Kodierung sind an erster Stelle das Maschinenlesbare Merkmal die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Siche-rungsmechanismen im EMV-Chip zu nennen der zudem einen verschluumlsselten Datenverkehr zulassen soll

Im Hinblick auf die Garantiefunktion kommt als gestaltendes Element eine besondere Bedeu-tung dem Label zu das die Karte als eine solche ausweist die am Onlineverfahren zur Autorisie-rung und Genehmigung teilnimmt Die besonde-re Sicherheitsmerkmale in Bezug auf die Garan-tiefunktion sind dieselben die auch zur allgemei-nen Kartensicherheit dienen Das sind vor allem die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Si-cherungsmechanismen im EMV-Chip Von be-sonderer Bedeutung ist insoweit die PIN die im Autorisierungsverfahren gepruumlft wird Im Zusam-menhang mit sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB kommt auch den Verschluumlsselungsmechanismen im EMV-Chip eine besondere Bedeutung zu er ist jedoch noch nicht allgemein verbreitet 83

4 Garantiefunktion

sect 152a Abs 1 StGB schuumltzt inlaumlndische und aus-laumlndische Zahlungskarten und geldwerte Wertpa-piere (Schecks Wechsel) vor ihrer Faumllschung wenn sie von einem Kredit- oder Finanzdienst-leistungsinstitut herausgegeben wurden (sect 152a Abs 4 Nr 1 StGB) und durch ihre Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind (sect 152a Abs 4 Nr 2 StGB) 84 Die-se Voraussetzungen liegen angesichts der be-schriebenen Sicherheitsmerkmale bei den uumlbli-

83 Falsch programmierte EMV-Chips haben Anfang 2010 zu erheblichen Irritationen gefuumlhrt Im Onlinever-fahren zeigt die Kodierung des Magnetstreifens an dass die Karte uumlber einen EMV-Chip verfuumlgt Damit soll das POS-Terminal angewiesen werden den Chip auszulesen und dessen Sicherheitsfunktionen zu nut-zen Mit einfachem Klebeband laumlsst sich der Chip je-doch abdecken so dass das Terminal ihn als defekt betrachtet Darauf beschraumlnkt es sich auf die Pruumlfung des Magnetstreifens84 CF Skimming und Faumllschungsrecht 13042009

chen von Banken herausgegebenen Karten vor 85

Die Garantiefunktion wird darin gesehen dass das die Karte ausgebende Unternehmen sich gegenuumlber Vertragsunternehmen ltverpflichtetgt deren Forderungen gegen den Kartenbenutzer zu bezahlen 86 Diese Definition nimmt sect 152b Abs 4 StGB auf und definiert die Zahlungskarten mit Garantiefunktion als Kredit- Euroscheck- und sonstige Karten die es ermoumlglichen den Aus-steller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen 87 Die Modalitaumlten des Forderungsausgleiches zwischen der Bank und ihrem Kunden wirken sich darauf nicht aus

In Literatur und Rechtsprechung bestehen an der Garantiefunktion keine Zweifel wenn es sich um Kreditkarten handelt bei denen der Auszah-lungsbetrag gegen ein eigenes Konto des Kar-tenausstellers erfolgt Die bekanntesten Kredit-kartenverbuumlnde sind die von American Express Master und Visa 88 Die Autorisierung im Online-verfahren und die damit verbundene Genehmi-gung ohne die keine Verfuumlgung akzeptiert wird ist bei Kredit- und Debitkarten jedoch identisch 89 so dass auch die Debitkarten die an dem Autori-sierungsverfahren teilnehmen koumlnnen Karten

85 Siehe oben Faumllschungssicherung86 BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392 Rn 9Die Entscheidung betrifft den Kredit- und Scheckkar-tenmissbrauch gemaumlszlig sect 266b StGB und unterschei-det deshalb zwischen Einziehungsverfahren und Last-schriftverfahren Im Lastschriftverfahren traumlgt das Ausfallrisiko der Akzeptant so dass die Karten aus-stellende Bank nicht geschaumldigt wird (ebenda)87 Fuumlr die EC-Karte hat der BGH anerkannt dass sie auch dann eine Garantiefunktion hat wenn sie im Lastschriftverfahren eingesetzt wird BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840088 Siehe die Uumlbersicht und Erklaumlrungen bei kartensicherheitde ndash Zahlungsverfahren89 In BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 4 spricht das Gericht unklar von falschen Kreditkar-ten mit Garantiefunktion meint jedoch Kreditkarten als solche die nach Art der ausstellenden Banken be-druckt und mit den Labeln von Visa oder Master ver-sehen waren

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mit Garantiefunktion sind 90 Fuumlr die Strafbarkeit nach sect 152b StGB kommt es nur darauf an dass die Garantiefunktion besteht und nicht auch dar-auf dass der Taumlter sie in Anspruch nehmen will 91

Dem Schutz des sect 152a StGB unterliegen schlieszliglich auch andere Zahlungskarten von Fi-nanzdienstleistungsinstituten zum Beispiel Tank- und Telefonkarten die hier nicht weiter be-trachtet werden

Die vom Gesetzestext genannten Euroschecks und -karten gibt es seit 2002 nicht mehr An ihre Stelle ist das (auch vorher schon praktizierte) Autorisierungsverfahren getreten Wie beim EC-Verfahren 92 geht es ihm um die Garantie des Ausstellers wegen der Auszahlung nur dass die durch den Euroscheck verbuumlrgte und von der EC-Karte autorisierte Garantie uumlbergegangen ist zum Genehmigungscode den der Aussteller in jedem POS-Verfahren uumlbermittelt wenn er die Buchung genehmigt Das EC-Verfahren hat da-durch eine neue Auspraumlgung erfahren Waumlhrend das klassische Modell eine fruumlhe Autorisierung bei der Ausgabe der Schecks durchgefuumlhrt hat erfolgt sie jetzt in Echtzeit durch die Uumlbermittlung des Genehmigungscodes Nicht anders als im al-ten Verfahren erfolgt die Buchung der Forderung gegen die Bank zunaumlchst auf einem ihrer Zwi-schenkonten 93 was der Ausgabe der Euro-schecks gleich kommt Das zeigt auch dass die autorisierende Bank die buchhalterische Haftung fuumlr die betreffende Forderung uumlbernimmt

90 Siehe oben Autorisierung91 BGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 2290892 Das Markenzeichen bdquoECldquo wird jetzt als bdquoelectronic cashldquo fortgefuumlhrt93 Siehe oben Clearing

5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

Das Cashing im Ausland unterliegt gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB dem deutschen Strafrecht Das Aus-spaumlhen im Inland bildet fuumlr den Mittaumlter einen ei-genen Tatort (sect 9 Abs 1 StGB) und fuumlr den Teil-nehmer greifen sect 9 Abs 2 S 1 S 2 StGB We-gen des im Ausland vollendeten Computerbetru-ges tritt der Taterfolg zunaumlchst bei der karten-ausgebenden Bank (Buchung gegen das interne CPD-Konto) und im Zuge des Clearingverfah-rens zulasten des einzelnen Bankkunden ein so dass der Erfolgsort gemaumlszlig sect 9 Abs 1 StGB im Inland liegt

Das Cashing ndash ob im Ausland mit inlaumlndischen oder im Inland mit auslaumlndischen Kartendaten und PIN - stellt sich deshalb als die Vollendung des gewerbsmaumlszligigen Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tatein-heit mit gewerbsmaumlszligigem Computerbetrug ge-maumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB dar 94

Eine Ausnahme bilden die vollstaumlndigen Aus-landstaten in denen das Cashing im Ausland mit auslaumlndischen Kartendaten erfolgt Sie haben keinen inlaumlndischen Handlungs- oder Erfolgsort so dass das Weltrechtsprinzip gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB unmittelbar greift wenn die auslaumlndischen Taumlter im Inland ergriffen werden (sect 9 StPO) oder sich hier niedergelassen haben (sect 8 StPO) Die Taumlter koumlnnen wegen des Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten verfolgt werden nicht aber we-gen Computerbetruges fuumlr den das Weltrechts-prinzip nicht gilt 95

94 Das Landgericht Hannover ist am 17112009 mei-nen rechtlichen Auffassungen gefolgt (rechtskraumlftig seit Ende April 2010)CF Skimming-Rechtsprechung 1811200995 Wegen der Strafverfolgung Deutscher und solcher Auslaumlnder die nicht abgeschoben werden koumlnnen siehe sect 7 Abs 2 StGB

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 48

BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 49

GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 50

tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 3

S Inhalt

4 Vorwort

6 A Phaumlnomen Skimming

9 B bargeldloser kartengestuumltzter Zahlungsverkehr

9 1 Faumllschungssicherung

9 2 bargeldloser Zahlungsverkehr

11 3 Autorisierung

11 4 Clearing

11 5 Schadensausgleich

12 6 Ergebnisse

12 7 arbeitsteilige Handlungen beim Skimming

14 C Strafbarkeit14 1 arbeitsteiliges Vorgehen

14 2 einschlaumlgige Normen und Konkurrenzen

16 21 Ausspaumlhen von Daten

16 22 Abfangen von Daten

16 23 PIN-Skimming und Computersabotage

17 24 natuumlrliche Handlungseinheiten

18 3 Faumllschungssicherheit

19 4 Garantiefunktion

20 5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

21 51 Erfolgsort beim Computerbetrug

21 52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

22 53 Vollendung

22 6 Beginn des Versuchsstadiums

23 61 Versuch der Kartenfaumllschung

24 62 Versuch des Computerbetruges

24 63 Ruumlcktritt vom Versuch

25 7 Vorbereitungshandlungen

25 71 Kartenlesegeraumlte

26 72 Kameras

27 73 Tastaturaufsaumltze

27 8 Mittaumlter und Bande

28 81 arbeitsteilige Taumltergruppen

30 82 Tatvollendung durch Cashing

30 83 Tatbeteiligung des Skimmers

32 9 Verabredung zu einem Verbrechen

32 10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

33 101 einschlieszliglich eigenhaumlndiges Cashing

33 102 einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

34 103 mit Absatzabsicht

34 104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

35 Anhang Grafiken zum Beteiligungsmodell

39 11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

39 12 Pruumlfungsschema

39 121 vollendetes Cashing

40 122 Ausspaumlhen von Karten und PIN bei vollendetem Cashing

40 123 Ausspaumlhen von Karten und PIN ohne Cashing

41 13 Fazit

43 D Strafverfahren43 1 geheime Ermittlungen

43 2 Organisierte Kriminalitaumlt

44 E kriminalistische Erfahrungen44 1 Programm

44 2 Garantiefunktion

44 3 Ausspaumlhen

44 31 Vorerkundung

45 32 Spezialisten

45 33 Einsatz

45 4 Abstimmung und Bericht

45 5 Banden

47 Rechtsprechungsuumlbersicht

49 Glossar

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 4

Vorwort

Das Skimming 1 leitet sich ab von dem Skimmer 2 also dem Lesegeraumlt mit dem die Magnetstrei-fen von bdquoIdentitaumltsdokumentenldquo 3 ausgelesen werden koumlnnen Den Taumltern geht es aber nicht um das Ausspaumlhen der Daten auf den Zahlungs-karten und der Persoumlnlichen Identifikationsnum-mern ndash PIN ndash von Bankkunden sondern einzig um die Beute die sich beim Missbrauch ge-faumllschter Zahlungskarten erzielen laumlsst

Das Skimming ist zu einem eintraumlglichen Ge-schaumlft geworden in dem sich gut aufgestellte einheimische und internationale Banden tum-meln

Dieses Arbeitspapier beschreibt ihr Vorgehen die wirtschaftlichen und technischen Hintergruumln-de und die strafrechtlichen Fragen die sich im Zusammenhang mit dem Skimming stellen

Zweite Auflage Version 211

Mit mehreren Anfang 2010 veroumlffentlichten Ent-scheidungen hat der Bundesgerichtshof ndash BGH ndash die Rechtsprechung uumlber das Faumllschen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion praumlzisiert Das erforderte eine umfassende Uumlberarbeitung die-ses Arbeitspapiers im Hinblick auf die Strafbar-keit des Skimmings in den verschiedenen Tat-phasen und zu Aumlnderungen in den von mir ver-tretenen Positionen Alle Zweifelsfragen sind je-doch noch nicht geklaumlrt

Wegen des Auslesen der Magnetstreifen von Zahlungskarten tendiert der BGH entgegen einer fruumlheren Auffassung 4 jetzt dazu dass das Aus-spaumlhen der Magnetstreifen von Zahlungskarten kein Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a Abs 1 StGB ist weil es den Karten an einer besonde-

1 Die Quellenangaben sind wenn moumlglich mit Hyper-links zum Internet versehen2 CF Sicherheitsvorkehrungen Juli 2007CF ist das Kuumlrzel fuumlr bdquoCyberfahnderldquo3 CF Uumlberwachungstechnik Zahlungskarten 180520084 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504

ren Zugangssicherung fehlt 5 In anderer Sache hat das Gericht den Eintritt des Versuchsstadi-ums beim Nachmachen (Faumllschen) von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion praumlzisiert 6 Das reine Ausspaumlhen von Kartendaten ist deshalb grundsaumltzlich noch als Vorbereitungshandlung zum abschlieszligenden Verbrechen beim Cashing anzusehen An der von mir entwickelten Loumlsung das Ausspaumlhen von Kartendaten als den Eintritt in den Versuch der Faumllschung von Zahlungskar-ten zu betrachten (sectsect 152a 152b StGB) halte ich als Moumlglichkeit der juristischen Auslegung fest Den Ausfuumlhrungen im Arbeitspapier lege ich jetzt (Juli 2010) aber die strenge Auslegung zugrun-de dass der Versuch erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen beginnt

Zu allen Einzelheiten einer strafbaren Verbre-chensabrede (sect 30 StGB) hat sich der BGH noch nicht geaumluszligert aber in mehreren Faumlllen die be-treffenden Revisionen verworfen In den Faumlllen der gewerbs- oder bandenmaumlszligigen Begehung duumlrfte das einzeln betrachtete Ausspaumlhen als Verabredung zu einem Verbrechen gemaumlszlig sect 152b StGB gewertet werden wobei nach einer Aumluszligerung des Generalbundesanwalts Tateinheit (sect 52 StGB) mit Tathandlungen aus sect 149 StGB besteht 7 Insoweit verdichtet sich auch die Mei-nung dass die Herstellung und der bdquoUmgangldquo mit praumlparierten Kartenlesegeraumlten nach sect 149 StGB strafbar ist 8 Das gilt aber nicht in Bezug auf Tastaturaufsaumltze und Kameras zum Ausspauml-hen der Persoumlnlichen Identifikationsnummern ndash PIN

Auch die zweite Auflage dieses Arbeitspapiers ist eine Zwischenbilanz in Bezug auf die Rechtspre-chung die sich wegen der Einzelheiten erst ent-wickelt Das gilt nicht nur fuumlr das Skimming son-

5 BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309 S 46 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9 107 Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 539098 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 (noch nicht veroumlffentlicht) Siehe auch Fischer sect 149 StGB Rn 3

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 5

dern auch fuumlr andere Erscheinungsformen der Cybercrime und in neuen Kriminalitaumltsfeldern Sie erfordern meistens eine tiefe Auseinander-setzung mit grundsaumltzlichen Rechtsfragen und stellen hohe Anspruumlche an die Strafverfolger die mit ihnen befasst sind

Das Thema Skimming im Cyberfahnder

Mit dem Thema bdquoSkimmingldquo 9 befasst sich der Cyberfahnder seit dem Sommer 2007 Die erste Fassung des Aufsatzes wurde zum beliebtesten der Webseite Im Mai 2008 wurde der Beitrag neu gefasst 10 und im November 2009 erschien die erste Fassung dieses Arbeitspapiers 11

Das Skimming als Kriminalitaumltsform war zu-naumlchst ein Randthema und ich habe es nicht als einen Teil der Cybercrime 12 im engeren Sinne angesehen Das sehe ich heute anders weil sich die Formen in denen sich die Kriminellen der In-formationstechnik ndash IT ndash und des Internets bedie-nen immer mehr annaumlhern und Mischformen bil-den

Dieses Arbeitspapier fast die Beitraumlge im Cyber-fahnder zusammen und aktualisiert sie Seine Aufgabe ist es auch eine schnelle Orientierung in Bezug auf die durchaus schwierigen Rechts-fragen zu geben die bei der Strafverfolgung we-gen des Skimmings auftreten

Uumlberblick

Zunaumlchst werden die aktuellen Erscheinungsfor-men des Skimmings beschrieben

Dazu wird zwischen dem Skimming im engeren Sinne also dem Ausspaumlhen von Kartendaten und Persoumlnlichen Identifiktionsnummern ndash PIN und dem Cashing unterschieden also dem Miss-brauch gefaumllschter Zahlungskarten an Geldauto-

9 CF Skimming Juli 200710 CF arbeitsteiliges Skimming 1805200811 CF Zwischenbilanz Skimming 1411200912 CF Cybercrime und IT-Strafrecht 08082008

maten die den Beginn und den Abschluss des Tatplanes kennzeichnen

Der zweite Teil widmet sich den finanzwirtschaft-lichen Prozessen des bargeldloser kartenge-stuumltzter Zahlungsverkehrs deren Verstaumlndnis fuumlr die Rechtsfragen noumltig ist Das gilt besonders fuumlr das automatische Autorisierungs- und Clearing-verfahren die den internationalen Zahlungsver-kehr in Echtzeit zulassen Dabei wird jeder Zah-lungsvorgang von der kartenausstellenden Bank gepruumlft und schlieszliglich durch die Uumlbermittlung ei-nes Genehmigungscodes die Garantie zur Aus-zahlung erklaumlrt Diese Mechanismen machen ndash neben Kreditkarten ndash auch Debitkarten zu Zah-lungskarten mit Garantiefunktion

Den umfangreichsten Teil bildet die Auseinan-dersetzung mit der Strafbarkeit des Skimmings Den Abschluss bildet eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung zu arbeitsteiligen Taumlter-gruppen die auch bei der Beteiligung an vorbe-reitenden Handlungen und an Teilakten des Ge-samtplans zur Strafbarkeit am finalen Verbre-chen fuumlhrt Neu sind das Beteiligungsmodell das bei der Systematisierung der Tathandlungen in Bezug auf die einschlaumlgigen Strafvorschriften helfen soll und die dazu entwickelten Grafiken

Das Arbeitspapier schlieszligt mit knappen Anmer-kungen zum Strafverfahrensrecht uumlber krimina-listische Erfahrungen einer Rechtsprechungs-uumlbersicht und einem Glossar

Hannover 25072010

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 6

bdquoSkimmingldquo als kriminel-le Erscheinungsform hat seinen Ausgang beim Ausspaumlhen der auf den Magnetstreifen von Kre-dit- und Zahlungskarten gespeicherten Kartenda-

ten und den Persoumlnlichen Identifikationsnum-mern ndash PIN die von den Bankkunden bei ihren Verfuumlgungen am Geldautomaten eingegeben werden Das Ausspaumlhen der Kartendaten ist ein notwendiger Schritt zur Faumllschung von Zahlungs-karten und das Ausspaumlhen der PIN ein weiterer notwendiger Schritt fuumlr das finale Ziel der Taumlter dem Missbrauch der Zahlungskarten an auslaumln-dischen Geldautomaten wobei sie die Auszah-lung mit den richtigen Kartendaten und der PIN autorisieren lassen muumlssen

Die klassischen Skimming-Taumlter treten in zwei Tatphasen oumlffentlich auf beim Ausspaumlhen von Daten und abschlieszligend beim Missbrauch von Zahlungskarten Anlaumlsslich dieser oumlffentlichen Auftritte erfolgen auch erfahrungsgemaumlszlig die po-lizeilichen Zugriffe Der Faumllschungsvorgang sel-ber wird nach den bisherigen Erkenntnissen vor-wiegend im osteuropaumlischen Ausland unternom-men

Wie jede kriminelle Mode wandelt sich auch das Skimming wobei verfeinerte Methoden zum Einsatz kommen Gegen das Ausspaumlhen der PIN mit einer Kame-ra 13 koumlnnen sich die Bankkunden schuumltzen wenn sie eine Hand uumlber die andere halten mit der sie gerade die Zif-

fernfolge eingeben Das funktioniert dann nicht mehr wenn die Taumlter flach oberhalb der Tastatur

13 CF Kamera 13042009

anbringen 14 oder statt einer Kamera einen Tas-taturaufsatz 15 oder so-gar eine vollstaumlndige Fassade (Front Cover-ing) einsetzen 16 (Bild unten Ruumlckseite eines Tastaturaufsatzes)

Der wechselnde Einsatz verschiedener Karten fuumlr den Zugang zur Bank und fuumlr die Verfuumlgung am Geldautomaten schuumltzt den Kunden dann nicht mehr wenn

der Skimmer direkt am Geldautomaten ange-bracht ist 17

Seit zwei Jahren treten Faumllle des POS-Skim-mings auf 18 POS bedeutet Point of Sale Ge-meint sind die handlichen Terminals an den Kas-sen im Einzelhandel die gleichzeitig die Kar-tendaten auslesen und uumlber ihre Tastatur die PIN aufnehmen 19 Alle notwendigen Daten durchlaufen diese Geraumlte Wenn die Taumlter es schaffen sie entsprechend umzuruumlsten dann

14 CF Sichtblende mit Kamera 26062010 15 CF Tastaturaufsatz 13042009CF Tastaturblende 1304200916 CF Skimming Juli 200717 CF BKA Lagebild OK Zahlungskartenkriminalitaumlt 0111200818 CF POS-Skimming 18052008 CF Datenklau und -missbrauch 1908200819 CF BKA Lagebild OK Manipulation von POS Terminals 01112008

A Phaumlnomen Skimming

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 7

speichern oder senden sie die Dumps 20 an die Taumlter

In Russland wurden unlaumlngst die Geldautomaten selber gehackt um die Dateneingabe vollstaumlndig aufzuzeichnen 21 Vermutlich wurde dazu eine technische Schnittstelle an den Geraumlten genutzt die zur Wartung Funktionspruumlfung oder Aktuali-sierung der Software bestimmt ist

Beide Beispiele zeigen dass die Beschaffung der Kartendaten und PIN auf mehreren Wegen erfolgen kann Sie ist zwar wichtig fuumlr den Tater-folg am Ende zaumlhlt aber das erbeutete Geld und nicht die Methode mit der die Taumlter an die Daten gelangten Die Arbeitsteilung bei dieser Krimina-litaumltsform laumlsst auch spezialisierte bdquoSubunterneh-merldquo zu die sich auf die Beschaffung der Daten beschraumlnken und ihre bdquoRohstoffeldquo an andere Spezialisten verkaufen die sich um das Faumll-schen und das Cashing kuumlmmern

Besonders heimtuumlckisch gingen die Hacker vor die Ende 2008 in die Datenhaltung einer US-amerikanischen Bank eindrangen und die Kar-tendaten einschlieszliglich PIN von 100 Kunden ausspaumlhten 22 Gleichzeitig erhoumlhten sie deren Auszahlungslimit Am 08112008 wurden welt-weit und gleichzeitig an 130 Geldautomaten in 49 Staumldten die gefaumllschten Zahlungskarten ein-gesetzt und damit 9 Millionen US-$ erbeutet

Dieses Beispiel zeigt wie sich die Methoden der Cybercrime in den Formen des Hackings des Ausspaumlhens und des Verfaumllschens von Daten mit denen anderer Kriminalitaumltsformen vermen-gen

Das Skimming ist von seiner Herkunft her eher beim Trickdiebstahl und -betrug angesiedelt 23 weil es ihm urspruumlnglich nur um das Stehlen von Zahlungskarten und ihre Faumllschung ging Es ver-langt handwerkliche Fertigkeiten bei der Herstel-20 vollstaumlndige Kartendaten einschlieszliglich PINCF Fachworte April 200721 CF Skimming an der Quelle 2003200922 CF Skimming-Coup 0602200923 CF Proll-Skimming 18052008CF Beobachtung Trickdiebstahl Juli 2007

lung der eingesetzten Geraumlte besonderes Wis-sen wegen der Auswahl der Geldautomaten und Standorte die sich einerseits zum Ausspaumlhen der erforderlichen Daten und andererseits zum Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten eig-nen sowie logistisches Geschick bei der Instal-lation der Uumlberwachungshardware Die ver-schiedenen Arbeitsschritte im Tatplan ihre wechselnden Anforderungen an die Faumlhig- und Fertigkeiten der Taumlter 24 und die grenzuumlberschrei-tende Logistik des Gesamtplans sprechen fuumlr eine Arbeitsteilung mit einer zentralen planenden und steuernden Instanz

Die bisher gemachten Erfahrungen zeigen dass Skimmer 25 und Casher 26 regelmaumlszligig zu zweit oder dritt auftreten und gelegentlich auch mehre-re Gruppen gleichzeitig handeln Aus den Bildern von Uumlberwachungskameras ist bekannt dass die Taumlter noch am Tatort mobil telefonieren Sie be-richten dann offenbar uumlber den Erfolg ihres Ein-satzes und stimmen sich untereinander ab Aus den Journalen von angegriffenen Geldautomaten ergeben sich Stromunterbrechungen wenn Le-segeraumlte ausgewechselt werden dass zur Funk-tionspruumlfung der praumlparierten Kartenlesegeraumlte und zur Markierung der ausgespaumlhten Zahlungs-kartendaten Testkarten eingesetzt werden 27 An-dere Bilder haben eindrucksvoll gezeigt wie

24 CF Grafik Juni 2008 Wegen der Herstellung von Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fehlt noch der Hinweis auf sect 149 StGB Die Diskussion um die Strafbarkeit wegen des Umgangs mit diesen Geraumlten wurde erst ab Herbst 2008 oumlffentlich25 Skimmer siehe Glossar26 Casher siehe Glossar

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Casher beim Einsatz von White Cards 28

mit ihren Handys telefonieren und sich dabei offenbar die PIN uumlbermitteln las-sen

Die bevorzugten Zeiten fuumlr das Ausspauml-hen liegen auszligerhalb der Bankoumlffnungs-zeiten also ganz besonders ab Freitag Mittag bis uumlber das Wochenende hin-weg Das verbindet die Skimming-Taumlter mit denen beim klassischen Phishing Beiden geht es darum den stoumlrenden Eingriff der Bankmitarbeiter zu unterlau-fen Beim Phishing 29 soll dadurch die Transaktion mit den ausgespaumlhten Da-ten des Onlinebankings abgesichert und beim Skimming das Entdeckungsrisiko verringert werden

Auch das Cashing findet vor Allem am Wochenende und waumlhrend der Nacht statt Nachts haben die Casher die we-nigsten Stoumlrungen durch Bankkunden Publikum und Sicherheitspersonal zu befuumlrchten Um 000 Uhr wird auch in aller Regel das Tageslimit fuumlr die Zahlungskarten umgestellt Das bedeutet dass die Taumlter zwei Tageshoumlchstbetraumlge ergau-nern koumlnnen wenn sie die gefaumllschte Karte vor und nach Mitternacht missbrauchen Aus diesen Gruumlnden bevorzugen sie auch das Wochenende und die Feiertage Hinzu kommt dass in der Nacht von Freitag auf Samstag meistens auch das Wochenlimit storniert wird 30 so dass am Samstag Morgen das neue Wochenlimit ange-griffen werden kann27 Als Testkarte eignet sich jede Magnetkarte also auch Telefonkarten oder Tankkarten Wichtig ist den Taumltern nur dass sie anhand der ihnen bekannten Ei-genschaften der Testkarte den Zeitpunkt und die Rei-henfolge der ausgespaumlhten Daten uumlberpruumlfen und den gesondert beobachteten PIN zuordnen koumlnnen28 White Cards auch White Plastics siehe Glossar29 Mit bdquoklassischem Phishingldquo ist die Verbreitung von Spam-Mails gemeint die die Empfaumlnger zur Preisga-be ihrer Kontozugangsdaten bewegen sollen Zu den jetzt uumlblichen Methoden CF Phishing mit Homebanking-Malware 2210200830 Zum Beispiel HypoVereinsbank HVB Cashkarte Denn Zeit ist Geld S S 2

Dank des maschinenlesbaren Merkmals das nur deutsche Zahlungskarten enthalten muumlssen koumlnnen Faumllschungen mit inlaumlndischen Magnet-streifendaten nur im Ausland zum Cashing ein-gesetzt werden Im europaumlischen Ausland setzt sich durch dass die Geldautomaten statt des Magnetstreifens den EMV-Chip der Zahlungskar-te pruumlfen den die Faumllscher bislang nicht nach-machen koumlnnen Das fuumlhrt immer haumlufiger dazu dass das Cashing im auszligereuropaumlischen Aus-land stattfindet

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 9

Unter dem Gesichtspunkt des klassischen Skim-mings bei dem das Ausspaumlhen und der Miss-brauch gefaumllschter Zahlungskarten in der Oumlffent-lichkeit stattfindet bedarf das Verfahren des bar-geldlosen Zahlungsverkehrs einer besonderen Betrachtung

1 Faumllschungssicherung

Die in Deutschland herausgegebenen Zahlungs-karten 31 verfuumlgen uumlber mehrere Vorrichtungen gegen das Faumllschen der Karte selber 32 Neben dem Unterschriftsfeld den Merkmalen des Auf-drucks und des fuumlr die Individualdaten verwen-deten Schrifttyps (OCR-B 33) sind das besonders der EMV-Chip und das Maschinenlesbare Merk-mal ndash MM

Das MM ist eine Besonderheit die es nur in Deutschland gibt Dabei handelt es sich um einen im Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmal-stoff der eine individuelle Codierung der Karte zulaumlsst 34 Diese Codierung wird im Geldautoma-ten mit einer Pruumlfsumme abgeglichen die auf dem Magnetstreifen der Zahlungskarte gespei-chert ist Es wird jedoch nicht von den Handgerauml-ten im Einzelhandel gepruumlft (POS-Terminal) so dass hier zum Cashing verfaumllschte Zahlungskar-ten eingesetzt werden koumlnnen bei denen der Magnetstreifen der Originalkarte mit fremden Kontodaten beschrieben ist

Der EMV-Chip wird von den groszligen Verbuumlnden fuumlr grenzuumlberschreitend einsetzbare Zahlungs-karten gefordert und ist bereits weit verbreitet 35 Das Kuumlrzel geht auf bdquoElectronic Cash ndash MasterMaestro ndash Visaldquo zuruumlck 36 Der Chip ist

31 Es handelt sich um standardisierte Identitaumltsdoku-mente nach ISOIEC 7810 (Wikipedia)32 CF Zahlungskarten 1805200833 CF Zeichensatz OCR-B Juli 200734 CF Sicherheitsmerkmale und Merkmalstoffe 0602201035 Kartensicherheitde EMV-Chip

zwar programmierbar 37 soll aber nicht manipu-lierbar sein 38 und eine verschluumlsselte Datenkom-munikation ermoumlglichen 39

In den meisten west- und nordeuropaumlischen Staaten erfolgt die Autorisierung anhand der Chip- und nicht mehr anhand der Daten auf dem Magnetstreifen Die Geldautomaten in Teilen Suumld- und Osteuropas beschraumlnken sich jedoch haumlufig auf das Auslesen des Magnetstreifens dessen Daten verhaumlltnismaumlszligig leicht kopiert und uumlbertragen werden koumlnnen

2 bargeldloser Zahlungsverkehr

Beim klassischen Euroscheck verkoumlrperte die Bank des Kunden ihre Zahlungsgarantie in Pa-pierform also durch den Euroscheck selber 40 In Verbindung mit der EC-Karte erfolgte die Autori-sierung durch den Akzeptanten Parallel dazu ent-wickelte die Finanzwirtschaft das System der bar-geld- und papierlosen Zahlungen die unter dem Begriff Point of Sale ndash POS ndash zusammengefasst werden Es kennt zwei Auspraumlgungen die bank-wirtschaftlich entstanden sind und ihre rechtliche Anerkennung erhalten haben Die Lastschrift und der Abbuchungsauftrag 41

36 CF Zahlungskarten mit Garantiefunktion 1304200937 CF Turbulenzen beim bargeldlosen Zahlungsverkehr 0602201038 Mehrere Meldungen lassen daran Zweifel aufkom-menPIN-Pruumlfung im EMV-Verfahren bei EC-und Kreditkarten ausgehebelt Heise online 12022010Bericht PIN-Pruumlfung bei EC- und Kreditkarten unsicherer als angenommen Heise online 19012010Daniel Bachfeld Phish amp Chips Angriff auf das EMV-Verfahren bei Bezahlkarten ct 6201039 EC-Karten-Update soll Fehler beheben ct 32010 S 53 Update fuumlr EC-Karten ct 42010 S 5440 Die Garantie war auf 400 DM beschraumlnkt Auch houml-here Betraumlge konnten mit dem EC angewiesen wer-den der uumlberschieszligende Betrag war dann aber nicht von der Garantie der Bank umfasst

B bargeldloser kartengestuumltzter Zahlungsverkehr

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Bei der Lastschrift verbleibt das Risiko bei dem Akzeptanten Das Lastschriftverfahren ist noch immer im Einzelhandel vertreten wenn zwar die Zahlungskarte des Kunden ausgelesen und ge-pruumlft wird er jedoch mit seiner Unterschrift die Zahlung anweist

Die heute uumlbliche Autorisierung fuszligt auf dem Ab-buchungsauftrag der dem Akzeptanten eine houml-here Auszahlungssicherheit gibt 42 Im Alltag zeigt sich die Autorisierung darin dass nicht nur die Zahlungskarte gepruumlft wird sondern auch die PIN eingegeben werden muss Die damit ausge-loumlste Pruumlfung erfolgt bei der kartenausgebenden

41 CF Einzugsermaumlchtigung und Lastschriftverfahren 200742 Die Einzugsverfahren sind in das SEPA-Uumlberein-kommen aufgenommen worden und gelten jetzt euro-paweit siehe CF Single Euro Payments Area 26012008

Bank der die Transaktionsdaten im elektroni-schen Onlineverfahren uumlbermittelt werden und die einen Genehmigungscode zuruumlckmeldet Der Genehmigungscode ersetzt die im Euroscheck verkoumlrperte Garantiefunktion und enthaumllt eine Auszahlungsgarantie der kartenausgebenden Bank Sie erklaumlrt damit verbindlich dass die Zah-lungskarte akzeptiert wird und der geforderte Be-trag zur Verfuumlgung steht

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3 Autorisierung

Die wesentlichen Sicherungen fuumlr das Autorisie-rungsverfahren 43 bestehen in den Sicherheits-merkmalen der Zahlungskarte in der PIN und schlieszliglich in dem Genehmigungscode den die kartenausgebende Bank an den Akzeptanten meldet 44

Zum Zweck der Autorisierung von Debitkarten 45 liest der auslaumlndische Geldautomaten die Kar-tendaten aus kombiniert sie mit der vom Kunden eingegeben PIN dem Auszahlungsbetrag der Gebuumlhr den Individualmerkmalen des Geldauto-maten und der Uhrzeit Der daraus gebildete Da-tensatz wird uumlber Kommunikationsnetze und durch verschiedene Zwischenstellen (zum Bei-spiel in Deutschland First Data Corporation 46 Finanz IT 47) bis zur kartenausgebenden Bank geleitet 48 Diese pruumlft ob die Karte von ihr aus-gestellt und nicht gesperrt ist die Auszahlung im Ausland erlaubt das Tages- oder Wochenlimit nicht uumlberschritten sind und schlieszliglich ob Kon-todeckung oder ein Uumlberziehungskredit beste-hen Danach sendet die Bank an den Geldauto-

43 Wegen der technischen Einzelheiten ISO 8583 (Wikipedia)44 CF Autorisierung im POS-Verfahren 1304200945 Gemeint sind Zahlungskarten auf Guthabenbasis wobei als Guthaben auch der gewaumlhrte Uumlberzie-hungskredit gilt46 fruumlher Gesellschaft fuumlr Zahlungssysteme - GZS47 Rechenzentrum der Sparkassen48 Siehe Glossar Autorisierung Clearing

maten einen Genehmigungscode zuruumlck 49 der die Auszahlung autorisiert und eine Garantie ent-haumllt dass die autorisierende Bank fuumlr den Aus-zahlungsbetrag buumlrgt 50 51

4 Clearing

Nach der Autorisierung erfolgt bei Debitkarten in aller Regel keine unmittelbare Belastung des Kundenkontos sondern eine Zwischenbuchung auf einem bankinternen Konto 52 Nach der Aus-zahlung erfolgt im Bankenverbund uumlber die Ver-bindungsstellen das Clearingverfahren wobei die gegenseitig bestehenden Forderungen der Verbuumlnde und schlieszliglich der Institute unterein-ander ausgeglichen werden Am Ende wird die Zwischenbuchung der Hausbank gegen das Konto des Kunden aufgeloumlst

Diese Buchung zulasten des Kundenkontos mar-kiert den abschlieszligenden Schadenseintritt im Sinne von sect 263a StGB Er erfolgt erst nach der Autorisierung der Auszahlung und schlieszliglich dem Clearing wenn eine gefaumllschte Zahlungs-karte eingesetzt wurde

5 Schadensausgleich

Beanstandet der Kunde eine Kontobelastung und ist diese auf den Einsatz einer gefaumllschten Zahlungskarte zuruumlckzufuumlhren wird grundsaumltz-lich ein Schadensausgleich durchgefuumlhrt bei dem zunaumlchst die Hausbank des Kunden die Be-49 Der Genehmigungscode lautet bdquo0ldquo Andere Codezif-fern belegen Zeituumlberschreitungen Kartensperren Verwendungsbeschraumlnkungen und andere Ereignis-se Sie fuumlhren immer dazu dass die Transaktion ver-weigert wird50 Siehe auch das Glossar bei kartensicherheitde und das Zitat Kasten oben51 In dem Positionspapier strafbare Vorbereitung und Versuch beim Skimming habe ich noch angenommen dass die Garantie von einer der zwischengeschalteten Clearingstellen geleistet wird Das ist falsch Die Ga-rantie stammt immer von der Bank die die Zahlungs-karte ausgegeben und die einzelne Verfuumlgung autori-siert hat52 Conto pro Diverse ndash CPD

Genehmigungsnummer | Authorisation Code

Die Genehmigungsnummer wird infolge einer Autorisierungsanfrage von der Karten ausge-benden Bank (Issuer) vergeben und wiederum von dem Acquirer an den Haumlndler bestaumltigt Ohne diese Genehmigungsnummer hat der Haumlndler fuumlr die Transaktion keine Zahlungsga-rantie

kartensicherheitde

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lastung gegenbucht und diese Forderung bei der EURO Kartensysteme - EKS 53 - zum Ausgleich anmeldet Stellt sich dabei heraus dass der aus-laumlndische Geldautomat von einer Karte deren Original mit einem EMV-Chip ausgestattet ist nur den Magnetstreifen gepruumlft hat dann haftet im europaumlischen Bankenverbund die auslaumlndi-sche Bank fuumlr den Schaden Auf diese Weise wird ein wirtschaftlicher Druck auf die Betreiber von Geldautomaten aufgebaut der sie zur Mo-dernisierung ihrer Geraumlte und zur Verbesserung der Sicherheitsstandards draumlngt

Dieser Anpassungsdruck funktioniert dann nicht mehr wenn sich das Cashing in das entfernte Ausland verlagern sollte Die Finanzwirtschaft wird dafuumlr neue Formen der Sicherung und des Schadensausgleiches entwickeln muumlssen

6 Ergebnisse

Der erfolgreiche Missbrauch einer Zahlungskarte im Ausland der sich in einer Kontobelastung beim deutschen Bankkunden aumluszligert belegt zu-gleich dass eine erfolgreiche Autorisierung durchlaufen und die inlaumlndische Bank eine Aus-zahlung wegen ihres Gegenwertes garantiert hat (Autorisierung)

Daraus folgt ferner dass im Ausland eine ge-faumllschte Zahlungskarte die gegen Faumllschung be-sonders geschuumltzt ist (Faumllschungssicherung) mit Garantiefunktion verwendet wurde Das qua-lifiziert die Tat zu einem Verbrechen gemaumlszligsect 152b Abs 2 StGB mit einer Mindeststrafe von 2 Jahren Freiheitsstrafe wobei ein gewerbsmauml-szligiges Handeln in diesen Faumlllen grundsaumltzlich an-zunehmen ist

Der finanzwirtschaftliche Schadensausgleich hat dazu gefuumlhrt dass die durch das Skimming bei den Bankkunden eingetretenen Schaumlden im Bankenverbund ausgeglichen wurden Dieses System wird einer besonderen Belastungsprobe ausgesetzt sein wenn sich das Cashing in das auszligereuropaumlische Ausland verlagern sollte

53 Siehe auch EKS ndash Analyse

7 arbeitsteilige Handlungen beim Skimming

Das Skimming ist gepraumlgt von verschiedenen Tat-handlungen die in der Grafik auf der naumlchsten Sei-te wegen ihrer wesentlichen Merkmale zusammen-gefasst werden

Am Anfang steht die Herstellung der Ausspaumlhtech-nik Dazu gehoumlren Kartenlesegeraumlte die spaumlter am Geldautomaten an der Eingangskontrolle oder am Kontoauszugsdrucker installiert werden Fuumlr das Ausspaumlhen der PIN werden entweder Kameras oder Tastaturaufsaumltze verwendet

Alle Geraumlte muumlssen so getarnt werden dass sie den Kunden auf dem ersten Blick nicht auffallen Die Taumlter muumlssen deshalb zunaumlchst auskundschaf-ten welche Geldautomaten und Umgebungen fuumlr den Einsatz ihrer Geraumlte geeignet sind Zur Vorbe-reitung und waumlhrend der Installation muumlssen gele-gentlich Anpassungen am Geldautomaten vorge-nommen werden die auf ein erhebliches Fach- und Erfahrungswissen der Installateure schlieszligen las-sen

Zwei Tatphasen finden in der Oumlffentlichkeit statt Das ist zunaumlchst das eigentliche Ausspaumlhen der Zugangsdaten fuumlr das sich der Begriff des Skim-mings (im engeren Sinne) eingebuumlrgert hat Es um-fasst die Installation der Ausspaumlhtechnik das Aus-spaumlhen selber und den Abbau der (wertvollen) Ge-raumlte Entsprechend der eingesetzten Technik muumls-sen die Geraumlte waumlhrend des Ausspaumlhens uumlberpruumlft werden Besonders dann wenn der Abgriff der Kar-

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tendaten nicht direkt am Geldautomaten erfolgt muumlssen die ausgespaumlhten Kartendaten und PIN synchronisiert werden Das erfolgt haumlufig in der Weise dass die Taumlter Testkarten einsetzen deren Merkmale ihnen gelaumlufig sind

Je nach dem Erfolg des Ausspaumlhens werden die Kundendaten einer oder mehrerer Skimmingangrif-fe zusammengefasst und mit ihnen Dubletten an-gefertigt Es handelt sich meistens um unbedruckte WhiteCards die nur uumlber einen Magnetstreifen ver-fuumlgen und damit den einfachsten Anforderungen der ISO-Norm fuumlr Identitaumltsdokumente genuumlgen Die dazu erforderliche Technik und das Zubehoumlr sind im Einzelhandel erhaumlltlich

Die zweite Tatphase in der Oumlffentlichkeit wird als das Cashing bezeichnet Dabei werden die Dublet-ten bdquogebrauchtldquo um Auszahlungen an Geldautoma-ten zu bewirken

Die in Deutschland uumlblichen Sicherheitsmerkmale das sind vor allem das im Kartenkoumlrper einge-brachte Maschinenlesbare Merkmal ndash MM ndash und der EMV-Chip machen es erforderlich dass die Dubletten im Ausland eingesetzt werden wo die Geldautomaten sie nicht pruumlfen Das zeigt dass auch das Cashing selber die Auskundschaftung ge-eigneter Geldautomaten erfordert

Die gewandelten Erscheinungsformen beim Aus-spaumlhen allen voran das POS-Skimming zeigen dass die hier beschriebene Kriminalitaumltsform Wandlungen unterworfen ist die besonders das Ausspaumlhen selber betreffen Verfeinerte Pruumlfungen der Sicherheitsmerkmale und der beschriebene Schadensausgleich lassen vermuten dass sich das Cashing in andere Laumlnder und Kontinente ver-lagern wird

Das Cashing ist aus krimineller Sicht ein aumluszligerst effektives Instrument der Beuterealisierung Es ist zu befuumlrchten dass es uns noch lange erhalten bleibt

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An die Stelle der fruumlher uumlblichen Euroschecks ist das Autorisierungsverfahren und die mit ihm ver-bundene Genehmigung der kartenausstellenden Bank gegenuumlber der Zahlstelle im POS-Verfah-ren getreten 54

1 arbeitsteiliges Vorgehen

Der Tatplan beim Skimming umfasst bei einer groben Unterteilung drei Arbeitsschritte

1) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

2) Faumllschung von Zahlungskarten

3) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Vor dem Arbeitsschritt 1) ist die Herstellung der teilweise handwerklich anspruchsvollen Skim-ming-Hardware angesiedelt und nach dem Ar-beitsschritt 3) die Beuteverteilung wenn es sich ndash wie uumlblich ndash um eine arbeitsteilig aufgestellte Gruppe von Taumltern handelt

Das arbeitsteilige und wiederholte Vorgehen beim Skimming rechtfertigt regelmaumlszligig die An-nahme eines gewerbsmaumlszligigen Handelns 55 Ein-zeltaumlter die alle Arbeitsschritte persoumlnlich aus-uumlben treten allenfalls in Einzelfaumlllen auf In aller Regel haben wir es mit Taumltergruppen zu tun die sich nur deshalb zusammentun um eine dauer-hafte Einnahmequelle zu haben Das wird auch von den Schaumlden durch Cashing-Aktionen be-legt bei denen mehrere Taumlter gleichzeitig han-deln und binnen weniger Tage mehrere Zehntau-send Euro erbeutet haben

Auf die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Mittaumlterschaft und Bandeneigenschaft wird unten im einzelnen eingegangen

54 Siehe Glossar POS55 Siehe Zitat im Kasten oben rechts BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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2 einschlaumlgige Normen und Konkurrenzen

Das Faumllschen von Zahlungskarten und ihren Ge-brauch hat der Gesetzgeber neben die Vor-schriften uumlber das Faumllschen von Geld und Wert-zeichen gestellt (sectsect 146 ff StGB) Die Strafvor-schriften dienen der Sicherheit und Funktionsfauml-higkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs 56 Die hohen Mindestfreiheitsstrafen mit denen sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB drohen sind von Ver-fassungs wegen nicht zu beanstanden 57

Die Missbrauchshandlung beim Skimming ist im Grunddelikt der Gebrauch falscher inlaumlndischer oder auslaumlndischer Zahlungskarten gemaumlszlig sect

56 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1157 BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008 siehe auch CF Faumllschung von Zahlungskarten 01052009

C Strafbarkeit Gewerbsmaumlszligig handelt wer sich durch wiederhol-te Tatbegehung eine nicht nur voruumlbergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will Liegt diese Absicht vor ist bereits die erste Tat als gewerbsmaumlszligig begangen einzustufen auch wenn es entgegen den ur-spruumlnglichen Intentionen des Taumlters zu weiteren Taten nicht kommt Eine Verurteilung wegen ge-werbsmaumlszligiger Deliktsbegehung setzt daher schon im Grundsatz nicht notwendig voraus dass der Taumlter zur Gewinnerzielung mehrere selbststaumlndige Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden Art ver-wirklicht hat Ob der Angeklagte gewerbsmaumlszligig gehandelt hat beurteilt sich vielmehr nach seinen urspruumlnglichen Planungen sowie seinem tatsaumlchli-chen strafrechtlich relevanten Verhalten uumlber den gesamten ihm anzulastenden Tatzeitraum () Er-forderlich ist dabei stets dass sich seine Wieder-holungsabsicht auf dasjenige Delikt bezieht des-sen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbs-maumlszligigkeit qualifiziert ist

BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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152a Abs 1 Nr 2 StGB 58 In Tateinheit 59 damit steht der Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB 60 dessen Vollendung mit der Auszahlung am Geldautomaten eintritt 61

Die Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist ein selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand (sectsect 152b Abs 1 12 Abs 1 StGB) der im-mer auch die Strafbarkeit des Versuchs umfasst (sect 23 Abs 1 StGB) Unter der Voraussetzung der Gewerbsmaumlszligigkeit erhoumlht sich die Mindeststrafe auf 2 Jahre Freiheitsstrafe (sect 152b Abs 2 StGB)

Der Computerbetrug im Zusammenhang mit dem Cashing ist ein besonders schwerer Fall der sich vom Grundtatbestand des sect 263a Abs 1 StGB durch das weitere Merkmal der Gewerbsmaumlszligig-keit abhebt Er ist auch in dieser Form als Verge-hen zu behandeln (sect 12 Abs 1 StGB) so dass das Gesetz die Strafbarkeit des Versuchs beson-ders anordnen muss (sect 23 Abs 1 StGB) Das geschieht in sect 263 Abs 2 StGB auf den der sect 263a Abs 2 StGB ausdruumlcklich verweist

Dagegen tritt die Faumllschung beweiserheblicher Daten gemaumlszlig sect 269 StGB hinter der spezielleren Vorschrift des sect 152a Abs 1 Nr 1 StGB zuruumlck 62 Das mit ihr verbundene bdquoSpeichernldquo realisiert sich nur bei der Faumllschung selber und nicht auch

58 Strafrahmen Geldstrafe bis 5 Jahre Freiheitsstrafe59 Zur Tateinheit zwischen dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten (sect 152a StGB) und Betrug (sect 263 StGB) BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1760 Fallgruppe Unbefugte Verwendung von DatenBGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 8 Siehe auch BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 3780961 Tateinheit BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3 In der Entscheidung wird kommen-tarlos die falsche Strafvorschrift wegen der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion angewendet naumlmlich sect 152a StGB anstelle von sect 152b StGB Das scheint auch der Staatsanwaltschaft Aachen entgan-gen zu sein die das Urteil mit seiner sowieso schon milde(n) Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren (BGH Rn 7) nicht angegriffen hat62 Grundsaumltzlich zum Verhaumlltnis zwischen Urkunden- und Zahlungsmittelfaumllschung BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

beim Missbrauch der gefaumllschten Zah-lungskarten

Bei genauer Betrachtung greifen auch die Daten-delikte nach sect 202a und sect 202b StGB im Zusam-menhang mit dem Skimming nicht

Entgegen der Auffassung der Revision beruhen die Feststellungen zur nur voruumlbergehenden Zu-ruumlckstellung der Tatausfuumlhrung auf hinreichenden tatsaumlchlichen Anhaltspunkten stellen sich also nicht als bloszlige Vermutung dar Die Begehung von Straftaten wie das bdquoSkimmingldquo bedarf eines erheb-lichen organisatorischen Aufwands insbesondere muumlssen Geraumlte zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten zur Verfuumlgung stehen Dass Taumlter die schon uumlber laumlngere Zeit hellip mit der Vorberei-tung der Tat befasst waren nur wegen des Versa-gens der Stromversorgung eines technischen Hilfsmittels fuumlr das Ersatz beschafft werden kann von der weiteren Ausfuumlhrung des Vorhabens end-guumlltig absehen ist eine lebensfremde Annahme Eine Ersatzbeschaffung erforderte entgegen der Auffassung der Revision hellip keinen neuen Tatent-schluss sondern stellte nur einen von vielen Hand-lungsschritten bis zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten dar Dass die Strafkammer man-gels Anhaltspunkten fuumlr einen endguumlltigen Tatab-bruch davon ausgegangen ist dass ein solcher von dem Angeklagten und seinen Mittaumltern nicht gewollt war und schon deshalb ein Verhindern der Tat noch ein Bemuumlhen darum festzustellen waren ist ein nicht nur moumlglicher sondern ausgesprochen naheliegender Schluss Somit schied ein Ruumlcktritt von der Verabredung eines Verbrechens gemaumlszlig sect 31 StGB aus

Generalbundesanwalt Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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21 Ausspaumlhen von Daten

sect 202a Abs 1 StGB kommt wegen des Ausspauml-hens der Daten auf den Magnetstreifen der Zah-lungskarten der betroffenen Bankkunden nicht in Betracht weil ihm eine besondere Sicherungs-funktion fehlt Das fuumlhrt dazu dass die gespei-cherten Daten in aller Regel mit handelsuumlblichen Lesegeraumlten und Komponenten ausgelesen wer-den koumlnnen

In einer fruumlheren Entscheidung ist der BGH noch von einer Tateinheit zwischen dem Nachmachen von Zahlungskarten und dem Ausspaumlhen von Daten ausgegangen 63 Die Revision fuumlhrte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils weil das Tatsachengericht keine Strafantraumlge festgestellt hat 64 (sect 205 StGB 65) Davon wendet sich der 2 Strafsenat des BGH jetzt in zwei Beschluumlssen ab 66 ohne jedoch zunaumlchst die uumlbrigen Senate be-teiligt zu haben (sect 132 GVG) 67 Andere Senate des Gerichts sind dem inzwischen beigetreten der 1 Strafsenat jedoch mit der Einschraumlnkung dass die Voraussetzungen des sect 202a StGB dann nicht gegeben sind wenn die zum Ausle-sen benutzte Software auch im regulaumlren Handel erhaumlltlich ist 68

63 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 764 Dateninhaber ist danach die kartenausgebende Bank die somit auch strafantragsberechtigt ist eben-da65 Wegen des Ausspaumlhens (sect 202a StGB) und Abfan-gens von Daten (sect 202b StGB) kann die Staatsan-waltschaft jetzt auch das besondere oumlffentliche Inter-esse an der Strafverfolgung bejahen (sect 205 Abs 1 S 2 StGB)66 CF Ausspaumlhen von Daten und das Skimming 14052010BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309 S 4BGH Beschluss vom 18032010 - 4 StR 5550967 Kritisch auch Goya Graumlfin Tyszkiewicz Skimming als Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a StGB HRR 42010 207 (mit Zitat zum Cyberfahnder)68 BGH Beschluss vom 19052010 - 1 ARs 610CF Ausspaumlhen von Magnetstreifen 02072010

22 Abfangen von Daten

Die ausgespaumlhten Kartendaten werden zum Faumll-schen von Zahlungskarten benoumltigt und die PIN zum spaumlter einsetzenden Gebrauch sect 149 Abs 1 StGB beschraumlnkt den Anwendungsbereich fuumlr die Haftung im Vorbereitungsstadium auf die Faumll-schung und bezieht nicht auch den Gebrauch mit ein Daraus folgt dass keine Strafbarkeit wegen des Umgangs mit Geraumlten zum Ausspaumlhen der PIN aus sect 149 StGB abgeleitet werden kann

Wegen des Ausspaumlhens der PIN greift auch das Hackerstrafrecht nicht wenn es unmittelbar an-gewendet wird Es handelt sich dabei weder um ein Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a Abs 1 StGB noch um ein Abfangen von Daten gemaumlszlig sect 202b StGB Verantwortlich dafuumlr ist die Definition von bdquoDatenldquo in sect 202a Abs 2 StGB Das sind nur solche Daten die bereits gespeichert sind oder uumlbermittelt werden Das Uumlbermitteln setzt jedoch eine vorherige Speicherung voraus

Beim Skimming wird die PIN aber bei der Einga-be ausgespaumlht Sie ist der Speicherung und Uumlbermittlung vorgelagert

23 PIN-Skimming und Computersabotage

Das Cashing ist mit der Eingabe von Daten mit dem Ziel verbunden einem Anderen Nachteil zu-zufuumlgen und deshalb auch ein Anwendungsfall der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 1 Nr 2 StGB Diese Strafvorschrift wird im Zusammen-hang mit dem Cashing vom Computerbetrug als dem spezielleren und schwereren Vorwurf ver-draumlngt

sect 303b Abs 5 StGB erweitert jedoch die Straf-barkeit auch auf das Vorbereitungsstadium in-dem er auf sect 202c StGB verweist Dadurch wer-den nicht nur Computerprogramme geschuumltzt sondern ausdruumlcklich auch Passwoumlrter und sonstiger Sicherungscode (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) Der Umgang mit ihnen mit dem Ziel sie zum Cashing zu verwenden steht unter Strafe 69 69 CF Ausspaumlhen der PIN 06122008

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und wird mit einer Houmlchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht

Die Schutzrichtung dieser Normen beschraumlnkt sich jedoch auf Computerprogramme einerseits und PIN (als Passwoumlrter) andererseits nicht aber auf die zum Ausspaumlhen genutzten Geraumlte

Das Sich-Verschaffen von PIN ist somit gemaumlszlig sect 303b Abs 5 StGB in Verbindung mit sect 202c StGB strafbar Es verlangt nach dem Nachweis dass tatsaumlchlich PIN ausgespaumlht wurden

24 natuumlrliche Handlungseinheiten

Aus dem Begriff bdquodieselbe Tatldquo (sect 52 Abs 1 StGB) leitet die Rechtsprechung die natuumlrliche Handlungseinheit ab wobei mehrere Verhal-tensweisen von einem einheitlichen Willen getra-gen werden und raumlumlich-zeitlich so eng mitein-ander verbunden sind dass das gesamte Taumltig-werden objektiv als ein einheitliches und zusam-mengehoumlriges Tun erscheint 70 Sie darf nicht mit der fortgesetzten Handlung verwechselt werden womit von der Rechtsprechung gleichartige Ta-ten mit weitem raumlumlich-zeitlichem Zusammen-hang zusammengefasst wurden Die Handlungs-form der fortgesetzten Handlung hat der BGH 1994 aufgegeben 71 nicht zuletzt deshalb weil sie erhebliche Nachteile fuumlr die Angeklagten barg 72

Eine besondere Auspraumlgung der Handlungsein-heit hat der BGH im Zusammenhang mit Betaumlu-bungsmittelstraftaten entwickelt Insoweit spricht er von einer Bewertungseinheit und fasst damit alle Veraumluszligerungshandlungen des Taumlters zu-sammen wenn das Rauschgift aus derselben 70 lexexaktde natuumlrliche Handlungseinheit71 BGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393 zum Steuerstrafrecht 72 Siehe BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593wenn verschiedene Handlungen (Steuererklaumlrungen) durch den Fortsetzungszusammenhang zusammen gefasst werden dann beginnt ihre Verjaumlhrung erst mit der letzten Tathandlung (sect 78a StGB) Das hat dazu gefuumlhrt dass Steuerstraftaten uumlber Jahrzehnte hin-weg bestraft werden konnten wenn sie denselben Akt oder Modus betrafen

Quelle stammt also aus einer einmaligen Er-werbstat 73

Im Zusammenhang mit dem Skimming spricht der BGH von deliktischen Einheiten die einer-seits zwischen dem Gebrauchen nachgemachter Zahlungskarten und dem damit verbundenen Be-trug und andererseits zwischen den Tathandlun-gen des Nachmachens und des Gebrauchens im Sinne von sect 152a Abs 1 StGB bestehen soweit sie raumlumlich-zeitlich eng verbunden und von ei-nem einheitlichen Vorsatz umschlossen sind 74 Solche deliktischen Einheiten koumlnnen auch die gleichzeitig Faumllschung mehrerer Karten 75 und ih-ren Gebrauch beim Cashing bilden 76

Die praktische Konsequenz daraus ist dass als eine materielle Tat alle Faumllschungen alle Miss-braumluche von Zahlungskarten und alle unmittelbar

73 BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300 mwN74 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 17BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 440875 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 13BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 376 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 8

Ob die Vollendung in mehreren materiellen Taten erfolgt orientiert sich am Handeln des Cashers Anhand der Abbuchungsdaten koumlnnen erfah-rungsgemaumlszlig deutliche Pausen festgestellt wer-den die aber nicht zwingend auf eine Unterbre-chung und die Beendigung einer Tat schlieszligen lassen Zwei Fehlerquellen sind insoweit zu be-trachten

Die Zeitstempel die die Geldautomaten uumlbermit-teln richten sich nach den Einstellungen im Geld-automaten selber und werden nicht synchronisiert Sie koumlnnen von der genauen Zeit abweichen und aus einer anderen Zeitzone stammen

Allein Europa verfuumlgt uumlber mindestens 4 Zeitzo-nen von der die Mitteleuropaumlische Zeit ndash MEZ ndash die verbreitetste ist Die EKS stellt aber die Zeit-stempel der Rechenzentren bei der Autorisierung zur Verfuumlgung so dass die Fehlerquelle abwei-chender Zeitangaben nahezu ausgeschlossen ist

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aufeinander folgenden Ausspaumlhungen von Kon-tozugangsdaten zusammengefasst werden muumls-sen soweit sie einen engen Zusammenhang mit-einander haben Das ist zum Beispiel der Fall wenn Skimmer ihre technischen Geraumlte installie-ren ihre Funktionstuumlchtigkeit gelegentlich uumlber-pruumlfen und die Geraumlte schlieszliglich wieder abbau-en Das Ausspaumlhen bildet dabei einen einheitli-chen Handlungsrahmen wobei der Vorsatz der Taumlter darauf gerichtet ist moumlglichst viele Kun-dendaten bei ihrem Angriff zu erlangen Auch wenn die Taumlter uumlber mehrere Tage hinweg die-selbe Bankfiliale ausspaumlhen und die Technik nur waumlhrend der Bankgeschaumlftszeiten abbauen und anschlieszligend wieder einrichten 77 kann eine de-liktische Einheit bestehen 78

Dasselbe gilt wegen des Cashings wenn die Tauml-ter mit engem zeitlichen Zusammenhang han-deln Eine Zaumlsur kann jedoch dann angenom-men werden wenn die Taumlter ihr Handeln unter-brechen um sich zum Beispiel mit weiteren Du-bletten zu versorgen 79

Im Zusammenhang mit dem Nachmachen und Gebrauchen von Zahlungskarten ist jedenfalls dann das Vorliegen eines minder schweren Fal-les zu pruumlfen wenn es um eine geringe Stuumlck-zahl von Karten geht 80

77 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 978 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 14 leitet das daraus ab dass verschiedene Vorberei-tungshandlungen die sich auf denselben Gegenstand erstrecken nur eine Tat darstellen Die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium beim Skimming wird unten angesprochen79 Siehe BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 9 80 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 12

3 Faumllschungssicherheit

Von der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt dass sich die Faumllschung auch alleine auf die Da-ten auf dem Magnetstreifen beschraumlnken kann 81 In Bezug auf Zahlungskarten hat der BGH jetzt ausgefuumlhrt 82

bdquoFalsch sind Zahlungskarten (mit Garantiefunkti-on) wenn sie faumllschlicherweise den Anschein er-wecken sie seien von demjenigen ausgegeben worden auf den die lesbaren Angaben auf der Karte oder die auf ihr unsichtbar gespeicherten Informationen als Aussteller hinweisen Optische Wahrnehmungsmoumlglichkeit und digitale Maschi-nenlesbarkeit muumlssen nicht gleichzeitig gegeben sein so dass eine falsche Karte nicht die ku-mulative Nachahmung beider Komponenten vor-aussetzt Es genuumlgt dass die Faumllschung entwe-der nur die Urkundenfunktion zum Gegenstand hat - was etwa bei einer gefaumllschten Kreditkarte der Fall ist die nur in ihrem aumluszligeren Erschei-nungsbild einer echten Kreditkarte entspricht aber keinen funktionsfaumlhigen Magnetstreifen oder Mikrochip enthaumllt - oder ein Magnetstreifen bzw ein Mikrochip zwecks ausschlieszliglicher Ver-wendung an Automaten gefaumllscht und auf ein unbedrucktes Stuumlck Plastik oder Pappe geklebt ist ldquo

sect 152a Abs 4 Nr 2 und sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB verlangen gleichermaszligen nach einer be-sonderen Sicherung gegen die Nachahmung durch Ausgestaltung oder Codierung wobei un-klar bleibt ob sie unterschiedliche Sicherheits-merkmale meinen Dafuumlr koumlnnte sprechen dass bei gleichem Wortlaut sect 152a StGB das Verfaumll-schen und Nachmachen und sect 152b StGB die Garantiefunktion in den Vordergrund stellen

Die allgemeine bdquoAusgestaltungldquo der Zahlungskar-ten wird von den Aufdrucken Hologrammen der erhabenen Kartennummer und der Pruumlfnummer (bei Kreditkarten) sowie dem Unterschriftsfeld und dem Vorhandensein des Magnetstreifens

81 Zur Verfaumllschung einer echten Zahlungskarte BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840082 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 11

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oder des EMV-Chips gepraumlgt Als besondere Si-cherungen im Hinblick auf die Kodierung sind an erster Stelle das Maschinenlesbare Merkmal die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Siche-rungsmechanismen im EMV-Chip zu nennen der zudem einen verschluumlsselten Datenverkehr zulassen soll

Im Hinblick auf die Garantiefunktion kommt als gestaltendes Element eine besondere Bedeu-tung dem Label zu das die Karte als eine solche ausweist die am Onlineverfahren zur Autorisie-rung und Genehmigung teilnimmt Die besonde-re Sicherheitsmerkmale in Bezug auf die Garan-tiefunktion sind dieselben die auch zur allgemei-nen Kartensicherheit dienen Das sind vor allem die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Si-cherungsmechanismen im EMV-Chip Von be-sonderer Bedeutung ist insoweit die PIN die im Autorisierungsverfahren gepruumlft wird Im Zusam-menhang mit sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB kommt auch den Verschluumlsselungsmechanismen im EMV-Chip eine besondere Bedeutung zu er ist jedoch noch nicht allgemein verbreitet 83

4 Garantiefunktion

sect 152a Abs 1 StGB schuumltzt inlaumlndische und aus-laumlndische Zahlungskarten und geldwerte Wertpa-piere (Schecks Wechsel) vor ihrer Faumllschung wenn sie von einem Kredit- oder Finanzdienst-leistungsinstitut herausgegeben wurden (sect 152a Abs 4 Nr 1 StGB) und durch ihre Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind (sect 152a Abs 4 Nr 2 StGB) 84 Die-se Voraussetzungen liegen angesichts der be-schriebenen Sicherheitsmerkmale bei den uumlbli-

83 Falsch programmierte EMV-Chips haben Anfang 2010 zu erheblichen Irritationen gefuumlhrt Im Onlinever-fahren zeigt die Kodierung des Magnetstreifens an dass die Karte uumlber einen EMV-Chip verfuumlgt Damit soll das POS-Terminal angewiesen werden den Chip auszulesen und dessen Sicherheitsfunktionen zu nut-zen Mit einfachem Klebeband laumlsst sich der Chip je-doch abdecken so dass das Terminal ihn als defekt betrachtet Darauf beschraumlnkt es sich auf die Pruumlfung des Magnetstreifens84 CF Skimming und Faumllschungsrecht 13042009

chen von Banken herausgegebenen Karten vor 85

Die Garantiefunktion wird darin gesehen dass das die Karte ausgebende Unternehmen sich gegenuumlber Vertragsunternehmen ltverpflichtetgt deren Forderungen gegen den Kartenbenutzer zu bezahlen 86 Diese Definition nimmt sect 152b Abs 4 StGB auf und definiert die Zahlungskarten mit Garantiefunktion als Kredit- Euroscheck- und sonstige Karten die es ermoumlglichen den Aus-steller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen 87 Die Modalitaumlten des Forderungsausgleiches zwischen der Bank und ihrem Kunden wirken sich darauf nicht aus

In Literatur und Rechtsprechung bestehen an der Garantiefunktion keine Zweifel wenn es sich um Kreditkarten handelt bei denen der Auszah-lungsbetrag gegen ein eigenes Konto des Kar-tenausstellers erfolgt Die bekanntesten Kredit-kartenverbuumlnde sind die von American Express Master und Visa 88 Die Autorisierung im Online-verfahren und die damit verbundene Genehmi-gung ohne die keine Verfuumlgung akzeptiert wird ist bei Kredit- und Debitkarten jedoch identisch 89 so dass auch die Debitkarten die an dem Autori-sierungsverfahren teilnehmen koumlnnen Karten

85 Siehe oben Faumllschungssicherung86 BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392 Rn 9Die Entscheidung betrifft den Kredit- und Scheckkar-tenmissbrauch gemaumlszlig sect 266b StGB und unterschei-det deshalb zwischen Einziehungsverfahren und Last-schriftverfahren Im Lastschriftverfahren traumlgt das Ausfallrisiko der Akzeptant so dass die Karten aus-stellende Bank nicht geschaumldigt wird (ebenda)87 Fuumlr die EC-Karte hat der BGH anerkannt dass sie auch dann eine Garantiefunktion hat wenn sie im Lastschriftverfahren eingesetzt wird BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840088 Siehe die Uumlbersicht und Erklaumlrungen bei kartensicherheitde ndash Zahlungsverfahren89 In BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 4 spricht das Gericht unklar von falschen Kreditkar-ten mit Garantiefunktion meint jedoch Kreditkarten als solche die nach Art der ausstellenden Banken be-druckt und mit den Labeln von Visa oder Master ver-sehen waren

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mit Garantiefunktion sind 90 Fuumlr die Strafbarkeit nach sect 152b StGB kommt es nur darauf an dass die Garantiefunktion besteht und nicht auch dar-auf dass der Taumlter sie in Anspruch nehmen will 91

Dem Schutz des sect 152a StGB unterliegen schlieszliglich auch andere Zahlungskarten von Fi-nanzdienstleistungsinstituten zum Beispiel Tank- und Telefonkarten die hier nicht weiter be-trachtet werden

Die vom Gesetzestext genannten Euroschecks und -karten gibt es seit 2002 nicht mehr An ihre Stelle ist das (auch vorher schon praktizierte) Autorisierungsverfahren getreten Wie beim EC-Verfahren 92 geht es ihm um die Garantie des Ausstellers wegen der Auszahlung nur dass die durch den Euroscheck verbuumlrgte und von der EC-Karte autorisierte Garantie uumlbergegangen ist zum Genehmigungscode den der Aussteller in jedem POS-Verfahren uumlbermittelt wenn er die Buchung genehmigt Das EC-Verfahren hat da-durch eine neue Auspraumlgung erfahren Waumlhrend das klassische Modell eine fruumlhe Autorisierung bei der Ausgabe der Schecks durchgefuumlhrt hat erfolgt sie jetzt in Echtzeit durch die Uumlbermittlung des Genehmigungscodes Nicht anders als im al-ten Verfahren erfolgt die Buchung der Forderung gegen die Bank zunaumlchst auf einem ihrer Zwi-schenkonten 93 was der Ausgabe der Euro-schecks gleich kommt Das zeigt auch dass die autorisierende Bank die buchhalterische Haftung fuumlr die betreffende Forderung uumlbernimmt

90 Siehe oben Autorisierung91 BGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 2290892 Das Markenzeichen bdquoECldquo wird jetzt als bdquoelectronic cashldquo fortgefuumlhrt93 Siehe oben Clearing

5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

Das Cashing im Ausland unterliegt gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB dem deutschen Strafrecht Das Aus-spaumlhen im Inland bildet fuumlr den Mittaumlter einen ei-genen Tatort (sect 9 Abs 1 StGB) und fuumlr den Teil-nehmer greifen sect 9 Abs 2 S 1 S 2 StGB We-gen des im Ausland vollendeten Computerbetru-ges tritt der Taterfolg zunaumlchst bei der karten-ausgebenden Bank (Buchung gegen das interne CPD-Konto) und im Zuge des Clearingverfah-rens zulasten des einzelnen Bankkunden ein so dass der Erfolgsort gemaumlszlig sect 9 Abs 1 StGB im Inland liegt

Das Cashing ndash ob im Ausland mit inlaumlndischen oder im Inland mit auslaumlndischen Kartendaten und PIN - stellt sich deshalb als die Vollendung des gewerbsmaumlszligigen Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tatein-heit mit gewerbsmaumlszligigem Computerbetrug ge-maumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB dar 94

Eine Ausnahme bilden die vollstaumlndigen Aus-landstaten in denen das Cashing im Ausland mit auslaumlndischen Kartendaten erfolgt Sie haben keinen inlaumlndischen Handlungs- oder Erfolgsort so dass das Weltrechtsprinzip gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB unmittelbar greift wenn die auslaumlndischen Taumlter im Inland ergriffen werden (sect 9 StPO) oder sich hier niedergelassen haben (sect 8 StPO) Die Taumlter koumlnnen wegen des Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten verfolgt werden nicht aber we-gen Computerbetruges fuumlr den das Weltrechts-prinzip nicht gilt 95

94 Das Landgericht Hannover ist am 17112009 mei-nen rechtlichen Auffassungen gefolgt (rechtskraumlftig seit Ende April 2010)CF Skimming-Rechtsprechung 1811200995 Wegen der Strafverfolgung Deutscher und solcher Auslaumlnder die nicht abgeschoben werden koumlnnen siehe sect 7 Abs 2 StGB

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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Vorwort

Das Skimming 1 leitet sich ab von dem Skimmer 2 also dem Lesegeraumlt mit dem die Magnetstrei-fen von bdquoIdentitaumltsdokumentenldquo 3 ausgelesen werden koumlnnen Den Taumltern geht es aber nicht um das Ausspaumlhen der Daten auf den Zahlungs-karten und der Persoumlnlichen Identifikationsnum-mern ndash PIN ndash von Bankkunden sondern einzig um die Beute die sich beim Missbrauch ge-faumllschter Zahlungskarten erzielen laumlsst

Das Skimming ist zu einem eintraumlglichen Ge-schaumlft geworden in dem sich gut aufgestellte einheimische und internationale Banden tum-meln

Dieses Arbeitspapier beschreibt ihr Vorgehen die wirtschaftlichen und technischen Hintergruumln-de und die strafrechtlichen Fragen die sich im Zusammenhang mit dem Skimming stellen

Zweite Auflage Version 211

Mit mehreren Anfang 2010 veroumlffentlichten Ent-scheidungen hat der Bundesgerichtshof ndash BGH ndash die Rechtsprechung uumlber das Faumllschen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion praumlzisiert Das erforderte eine umfassende Uumlberarbeitung die-ses Arbeitspapiers im Hinblick auf die Strafbar-keit des Skimmings in den verschiedenen Tat-phasen und zu Aumlnderungen in den von mir ver-tretenen Positionen Alle Zweifelsfragen sind je-doch noch nicht geklaumlrt

Wegen des Auslesen der Magnetstreifen von Zahlungskarten tendiert der BGH entgegen einer fruumlheren Auffassung 4 jetzt dazu dass das Aus-spaumlhen der Magnetstreifen von Zahlungskarten kein Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a Abs 1 StGB ist weil es den Karten an einer besonde-

1 Die Quellenangaben sind wenn moumlglich mit Hyper-links zum Internet versehen2 CF Sicherheitsvorkehrungen Juli 2007CF ist das Kuumlrzel fuumlr bdquoCyberfahnderldquo3 CF Uumlberwachungstechnik Zahlungskarten 180520084 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504

ren Zugangssicherung fehlt 5 In anderer Sache hat das Gericht den Eintritt des Versuchsstadi-ums beim Nachmachen (Faumllschen) von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion praumlzisiert 6 Das reine Ausspaumlhen von Kartendaten ist deshalb grundsaumltzlich noch als Vorbereitungshandlung zum abschlieszligenden Verbrechen beim Cashing anzusehen An der von mir entwickelten Loumlsung das Ausspaumlhen von Kartendaten als den Eintritt in den Versuch der Faumllschung von Zahlungskar-ten zu betrachten (sectsect 152a 152b StGB) halte ich als Moumlglichkeit der juristischen Auslegung fest Den Ausfuumlhrungen im Arbeitspapier lege ich jetzt (Juli 2010) aber die strenge Auslegung zugrun-de dass der Versuch erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen beginnt

Zu allen Einzelheiten einer strafbaren Verbre-chensabrede (sect 30 StGB) hat sich der BGH noch nicht geaumluszligert aber in mehreren Faumlllen die be-treffenden Revisionen verworfen In den Faumlllen der gewerbs- oder bandenmaumlszligigen Begehung duumlrfte das einzeln betrachtete Ausspaumlhen als Verabredung zu einem Verbrechen gemaumlszlig sect 152b StGB gewertet werden wobei nach einer Aumluszligerung des Generalbundesanwalts Tateinheit (sect 52 StGB) mit Tathandlungen aus sect 149 StGB besteht 7 Insoweit verdichtet sich auch die Mei-nung dass die Herstellung und der bdquoUmgangldquo mit praumlparierten Kartenlesegeraumlten nach sect 149 StGB strafbar ist 8 Das gilt aber nicht in Bezug auf Tastaturaufsaumltze und Kameras zum Ausspauml-hen der Persoumlnlichen Identifikationsnummern ndash PIN

Auch die zweite Auflage dieses Arbeitspapiers ist eine Zwischenbilanz in Bezug auf die Rechtspre-chung die sich wegen der Einzelheiten erst ent-wickelt Das gilt nicht nur fuumlr das Skimming son-

5 BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309 S 46 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9 107 Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 539098 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 (noch nicht veroumlffentlicht) Siehe auch Fischer sect 149 StGB Rn 3

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dern auch fuumlr andere Erscheinungsformen der Cybercrime und in neuen Kriminalitaumltsfeldern Sie erfordern meistens eine tiefe Auseinander-setzung mit grundsaumltzlichen Rechtsfragen und stellen hohe Anspruumlche an die Strafverfolger die mit ihnen befasst sind

Das Thema Skimming im Cyberfahnder

Mit dem Thema bdquoSkimmingldquo 9 befasst sich der Cyberfahnder seit dem Sommer 2007 Die erste Fassung des Aufsatzes wurde zum beliebtesten der Webseite Im Mai 2008 wurde der Beitrag neu gefasst 10 und im November 2009 erschien die erste Fassung dieses Arbeitspapiers 11

Das Skimming als Kriminalitaumltsform war zu-naumlchst ein Randthema und ich habe es nicht als einen Teil der Cybercrime 12 im engeren Sinne angesehen Das sehe ich heute anders weil sich die Formen in denen sich die Kriminellen der In-formationstechnik ndash IT ndash und des Internets bedie-nen immer mehr annaumlhern und Mischformen bil-den

Dieses Arbeitspapier fast die Beitraumlge im Cyber-fahnder zusammen und aktualisiert sie Seine Aufgabe ist es auch eine schnelle Orientierung in Bezug auf die durchaus schwierigen Rechts-fragen zu geben die bei der Strafverfolgung we-gen des Skimmings auftreten

Uumlberblick

Zunaumlchst werden die aktuellen Erscheinungsfor-men des Skimmings beschrieben

Dazu wird zwischen dem Skimming im engeren Sinne also dem Ausspaumlhen von Kartendaten und Persoumlnlichen Identifiktionsnummern ndash PIN und dem Cashing unterschieden also dem Miss-brauch gefaumllschter Zahlungskarten an Geldauto-

9 CF Skimming Juli 200710 CF arbeitsteiliges Skimming 1805200811 CF Zwischenbilanz Skimming 1411200912 CF Cybercrime und IT-Strafrecht 08082008

maten die den Beginn und den Abschluss des Tatplanes kennzeichnen

Der zweite Teil widmet sich den finanzwirtschaft-lichen Prozessen des bargeldloser kartenge-stuumltzter Zahlungsverkehrs deren Verstaumlndnis fuumlr die Rechtsfragen noumltig ist Das gilt besonders fuumlr das automatische Autorisierungs- und Clearing-verfahren die den internationalen Zahlungsver-kehr in Echtzeit zulassen Dabei wird jeder Zah-lungsvorgang von der kartenausstellenden Bank gepruumlft und schlieszliglich durch die Uumlbermittlung ei-nes Genehmigungscodes die Garantie zur Aus-zahlung erklaumlrt Diese Mechanismen machen ndash neben Kreditkarten ndash auch Debitkarten zu Zah-lungskarten mit Garantiefunktion

Den umfangreichsten Teil bildet die Auseinan-dersetzung mit der Strafbarkeit des Skimmings Den Abschluss bildet eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung zu arbeitsteiligen Taumlter-gruppen die auch bei der Beteiligung an vorbe-reitenden Handlungen und an Teilakten des Ge-samtplans zur Strafbarkeit am finalen Verbre-chen fuumlhrt Neu sind das Beteiligungsmodell das bei der Systematisierung der Tathandlungen in Bezug auf die einschlaumlgigen Strafvorschriften helfen soll und die dazu entwickelten Grafiken

Das Arbeitspapier schlieszligt mit knappen Anmer-kungen zum Strafverfahrensrecht uumlber krimina-listische Erfahrungen einer Rechtsprechungs-uumlbersicht und einem Glossar

Hannover 25072010

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bdquoSkimmingldquo als kriminel-le Erscheinungsform hat seinen Ausgang beim Ausspaumlhen der auf den Magnetstreifen von Kre-dit- und Zahlungskarten gespeicherten Kartenda-

ten und den Persoumlnlichen Identifikationsnum-mern ndash PIN die von den Bankkunden bei ihren Verfuumlgungen am Geldautomaten eingegeben werden Das Ausspaumlhen der Kartendaten ist ein notwendiger Schritt zur Faumllschung von Zahlungs-karten und das Ausspaumlhen der PIN ein weiterer notwendiger Schritt fuumlr das finale Ziel der Taumlter dem Missbrauch der Zahlungskarten an auslaumln-dischen Geldautomaten wobei sie die Auszah-lung mit den richtigen Kartendaten und der PIN autorisieren lassen muumlssen

Die klassischen Skimming-Taumlter treten in zwei Tatphasen oumlffentlich auf beim Ausspaumlhen von Daten und abschlieszligend beim Missbrauch von Zahlungskarten Anlaumlsslich dieser oumlffentlichen Auftritte erfolgen auch erfahrungsgemaumlszlig die po-lizeilichen Zugriffe Der Faumllschungsvorgang sel-ber wird nach den bisherigen Erkenntnissen vor-wiegend im osteuropaumlischen Ausland unternom-men

Wie jede kriminelle Mode wandelt sich auch das Skimming wobei verfeinerte Methoden zum Einsatz kommen Gegen das Ausspaumlhen der PIN mit einer Kame-ra 13 koumlnnen sich die Bankkunden schuumltzen wenn sie eine Hand uumlber die andere halten mit der sie gerade die Zif-

fernfolge eingeben Das funktioniert dann nicht mehr wenn die Taumlter flach oberhalb der Tastatur

13 CF Kamera 13042009

anbringen 14 oder statt einer Kamera einen Tas-taturaufsatz 15 oder so-gar eine vollstaumlndige Fassade (Front Cover-ing) einsetzen 16 (Bild unten Ruumlckseite eines Tastaturaufsatzes)

Der wechselnde Einsatz verschiedener Karten fuumlr den Zugang zur Bank und fuumlr die Verfuumlgung am Geldautomaten schuumltzt den Kunden dann nicht mehr wenn

der Skimmer direkt am Geldautomaten ange-bracht ist 17

Seit zwei Jahren treten Faumllle des POS-Skim-mings auf 18 POS bedeutet Point of Sale Ge-meint sind die handlichen Terminals an den Kas-sen im Einzelhandel die gleichzeitig die Kar-tendaten auslesen und uumlber ihre Tastatur die PIN aufnehmen 19 Alle notwendigen Daten durchlaufen diese Geraumlte Wenn die Taumlter es schaffen sie entsprechend umzuruumlsten dann

14 CF Sichtblende mit Kamera 26062010 15 CF Tastaturaufsatz 13042009CF Tastaturblende 1304200916 CF Skimming Juli 200717 CF BKA Lagebild OK Zahlungskartenkriminalitaumlt 0111200818 CF POS-Skimming 18052008 CF Datenklau und -missbrauch 1908200819 CF BKA Lagebild OK Manipulation von POS Terminals 01112008

A Phaumlnomen Skimming

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speichern oder senden sie die Dumps 20 an die Taumlter

In Russland wurden unlaumlngst die Geldautomaten selber gehackt um die Dateneingabe vollstaumlndig aufzuzeichnen 21 Vermutlich wurde dazu eine technische Schnittstelle an den Geraumlten genutzt die zur Wartung Funktionspruumlfung oder Aktuali-sierung der Software bestimmt ist

Beide Beispiele zeigen dass die Beschaffung der Kartendaten und PIN auf mehreren Wegen erfolgen kann Sie ist zwar wichtig fuumlr den Tater-folg am Ende zaumlhlt aber das erbeutete Geld und nicht die Methode mit der die Taumlter an die Daten gelangten Die Arbeitsteilung bei dieser Krimina-litaumltsform laumlsst auch spezialisierte bdquoSubunterneh-merldquo zu die sich auf die Beschaffung der Daten beschraumlnken und ihre bdquoRohstoffeldquo an andere Spezialisten verkaufen die sich um das Faumll-schen und das Cashing kuumlmmern

Besonders heimtuumlckisch gingen die Hacker vor die Ende 2008 in die Datenhaltung einer US-amerikanischen Bank eindrangen und die Kar-tendaten einschlieszliglich PIN von 100 Kunden ausspaumlhten 22 Gleichzeitig erhoumlhten sie deren Auszahlungslimit Am 08112008 wurden welt-weit und gleichzeitig an 130 Geldautomaten in 49 Staumldten die gefaumllschten Zahlungskarten ein-gesetzt und damit 9 Millionen US-$ erbeutet

Dieses Beispiel zeigt wie sich die Methoden der Cybercrime in den Formen des Hackings des Ausspaumlhens und des Verfaumllschens von Daten mit denen anderer Kriminalitaumltsformen vermen-gen

Das Skimming ist von seiner Herkunft her eher beim Trickdiebstahl und -betrug angesiedelt 23 weil es ihm urspruumlnglich nur um das Stehlen von Zahlungskarten und ihre Faumllschung ging Es ver-langt handwerkliche Fertigkeiten bei der Herstel-20 vollstaumlndige Kartendaten einschlieszliglich PINCF Fachworte April 200721 CF Skimming an der Quelle 2003200922 CF Skimming-Coup 0602200923 CF Proll-Skimming 18052008CF Beobachtung Trickdiebstahl Juli 2007

lung der eingesetzten Geraumlte besonderes Wis-sen wegen der Auswahl der Geldautomaten und Standorte die sich einerseits zum Ausspaumlhen der erforderlichen Daten und andererseits zum Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten eig-nen sowie logistisches Geschick bei der Instal-lation der Uumlberwachungshardware Die ver-schiedenen Arbeitsschritte im Tatplan ihre wechselnden Anforderungen an die Faumlhig- und Fertigkeiten der Taumlter 24 und die grenzuumlberschrei-tende Logistik des Gesamtplans sprechen fuumlr eine Arbeitsteilung mit einer zentralen planenden und steuernden Instanz

Die bisher gemachten Erfahrungen zeigen dass Skimmer 25 und Casher 26 regelmaumlszligig zu zweit oder dritt auftreten und gelegentlich auch mehre-re Gruppen gleichzeitig handeln Aus den Bildern von Uumlberwachungskameras ist bekannt dass die Taumlter noch am Tatort mobil telefonieren Sie be-richten dann offenbar uumlber den Erfolg ihres Ein-satzes und stimmen sich untereinander ab Aus den Journalen von angegriffenen Geldautomaten ergeben sich Stromunterbrechungen wenn Le-segeraumlte ausgewechselt werden dass zur Funk-tionspruumlfung der praumlparierten Kartenlesegeraumlte und zur Markierung der ausgespaumlhten Zahlungs-kartendaten Testkarten eingesetzt werden 27 An-dere Bilder haben eindrucksvoll gezeigt wie

24 CF Grafik Juni 2008 Wegen der Herstellung von Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fehlt noch der Hinweis auf sect 149 StGB Die Diskussion um die Strafbarkeit wegen des Umgangs mit diesen Geraumlten wurde erst ab Herbst 2008 oumlffentlich25 Skimmer siehe Glossar26 Casher siehe Glossar

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Casher beim Einsatz von White Cards 28

mit ihren Handys telefonieren und sich dabei offenbar die PIN uumlbermitteln las-sen

Die bevorzugten Zeiten fuumlr das Ausspauml-hen liegen auszligerhalb der Bankoumlffnungs-zeiten also ganz besonders ab Freitag Mittag bis uumlber das Wochenende hin-weg Das verbindet die Skimming-Taumlter mit denen beim klassischen Phishing Beiden geht es darum den stoumlrenden Eingriff der Bankmitarbeiter zu unterlau-fen Beim Phishing 29 soll dadurch die Transaktion mit den ausgespaumlhten Da-ten des Onlinebankings abgesichert und beim Skimming das Entdeckungsrisiko verringert werden

Auch das Cashing findet vor Allem am Wochenende und waumlhrend der Nacht statt Nachts haben die Casher die we-nigsten Stoumlrungen durch Bankkunden Publikum und Sicherheitspersonal zu befuumlrchten Um 000 Uhr wird auch in aller Regel das Tageslimit fuumlr die Zahlungskarten umgestellt Das bedeutet dass die Taumlter zwei Tageshoumlchstbetraumlge ergau-nern koumlnnen wenn sie die gefaumllschte Karte vor und nach Mitternacht missbrauchen Aus diesen Gruumlnden bevorzugen sie auch das Wochenende und die Feiertage Hinzu kommt dass in der Nacht von Freitag auf Samstag meistens auch das Wochenlimit storniert wird 30 so dass am Samstag Morgen das neue Wochenlimit ange-griffen werden kann27 Als Testkarte eignet sich jede Magnetkarte also auch Telefonkarten oder Tankkarten Wichtig ist den Taumltern nur dass sie anhand der ihnen bekannten Ei-genschaften der Testkarte den Zeitpunkt und die Rei-henfolge der ausgespaumlhten Daten uumlberpruumlfen und den gesondert beobachteten PIN zuordnen koumlnnen28 White Cards auch White Plastics siehe Glossar29 Mit bdquoklassischem Phishingldquo ist die Verbreitung von Spam-Mails gemeint die die Empfaumlnger zur Preisga-be ihrer Kontozugangsdaten bewegen sollen Zu den jetzt uumlblichen Methoden CF Phishing mit Homebanking-Malware 2210200830 Zum Beispiel HypoVereinsbank HVB Cashkarte Denn Zeit ist Geld S S 2

Dank des maschinenlesbaren Merkmals das nur deutsche Zahlungskarten enthalten muumlssen koumlnnen Faumllschungen mit inlaumlndischen Magnet-streifendaten nur im Ausland zum Cashing ein-gesetzt werden Im europaumlischen Ausland setzt sich durch dass die Geldautomaten statt des Magnetstreifens den EMV-Chip der Zahlungskar-te pruumlfen den die Faumllscher bislang nicht nach-machen koumlnnen Das fuumlhrt immer haumlufiger dazu dass das Cashing im auszligereuropaumlischen Aus-land stattfindet

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Unter dem Gesichtspunkt des klassischen Skim-mings bei dem das Ausspaumlhen und der Miss-brauch gefaumllschter Zahlungskarten in der Oumlffent-lichkeit stattfindet bedarf das Verfahren des bar-geldlosen Zahlungsverkehrs einer besonderen Betrachtung

1 Faumllschungssicherung

Die in Deutschland herausgegebenen Zahlungs-karten 31 verfuumlgen uumlber mehrere Vorrichtungen gegen das Faumllschen der Karte selber 32 Neben dem Unterschriftsfeld den Merkmalen des Auf-drucks und des fuumlr die Individualdaten verwen-deten Schrifttyps (OCR-B 33) sind das besonders der EMV-Chip und das Maschinenlesbare Merk-mal ndash MM

Das MM ist eine Besonderheit die es nur in Deutschland gibt Dabei handelt es sich um einen im Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmal-stoff der eine individuelle Codierung der Karte zulaumlsst 34 Diese Codierung wird im Geldautoma-ten mit einer Pruumlfsumme abgeglichen die auf dem Magnetstreifen der Zahlungskarte gespei-chert ist Es wird jedoch nicht von den Handgerauml-ten im Einzelhandel gepruumlft (POS-Terminal) so dass hier zum Cashing verfaumllschte Zahlungskar-ten eingesetzt werden koumlnnen bei denen der Magnetstreifen der Originalkarte mit fremden Kontodaten beschrieben ist

Der EMV-Chip wird von den groszligen Verbuumlnden fuumlr grenzuumlberschreitend einsetzbare Zahlungs-karten gefordert und ist bereits weit verbreitet 35 Das Kuumlrzel geht auf bdquoElectronic Cash ndash MasterMaestro ndash Visaldquo zuruumlck 36 Der Chip ist

31 Es handelt sich um standardisierte Identitaumltsdoku-mente nach ISOIEC 7810 (Wikipedia)32 CF Zahlungskarten 1805200833 CF Zeichensatz OCR-B Juli 200734 CF Sicherheitsmerkmale und Merkmalstoffe 0602201035 Kartensicherheitde EMV-Chip

zwar programmierbar 37 soll aber nicht manipu-lierbar sein 38 und eine verschluumlsselte Datenkom-munikation ermoumlglichen 39

In den meisten west- und nordeuropaumlischen Staaten erfolgt die Autorisierung anhand der Chip- und nicht mehr anhand der Daten auf dem Magnetstreifen Die Geldautomaten in Teilen Suumld- und Osteuropas beschraumlnken sich jedoch haumlufig auf das Auslesen des Magnetstreifens dessen Daten verhaumlltnismaumlszligig leicht kopiert und uumlbertragen werden koumlnnen

2 bargeldloser Zahlungsverkehr

Beim klassischen Euroscheck verkoumlrperte die Bank des Kunden ihre Zahlungsgarantie in Pa-pierform also durch den Euroscheck selber 40 In Verbindung mit der EC-Karte erfolgte die Autori-sierung durch den Akzeptanten Parallel dazu ent-wickelte die Finanzwirtschaft das System der bar-geld- und papierlosen Zahlungen die unter dem Begriff Point of Sale ndash POS ndash zusammengefasst werden Es kennt zwei Auspraumlgungen die bank-wirtschaftlich entstanden sind und ihre rechtliche Anerkennung erhalten haben Die Lastschrift und der Abbuchungsauftrag 41

36 CF Zahlungskarten mit Garantiefunktion 1304200937 CF Turbulenzen beim bargeldlosen Zahlungsverkehr 0602201038 Mehrere Meldungen lassen daran Zweifel aufkom-menPIN-Pruumlfung im EMV-Verfahren bei EC-und Kreditkarten ausgehebelt Heise online 12022010Bericht PIN-Pruumlfung bei EC- und Kreditkarten unsicherer als angenommen Heise online 19012010Daniel Bachfeld Phish amp Chips Angriff auf das EMV-Verfahren bei Bezahlkarten ct 6201039 EC-Karten-Update soll Fehler beheben ct 32010 S 53 Update fuumlr EC-Karten ct 42010 S 5440 Die Garantie war auf 400 DM beschraumlnkt Auch houml-here Betraumlge konnten mit dem EC angewiesen wer-den der uumlberschieszligende Betrag war dann aber nicht von der Garantie der Bank umfasst

B bargeldloser kartengestuumltzter Zahlungsverkehr

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Bei der Lastschrift verbleibt das Risiko bei dem Akzeptanten Das Lastschriftverfahren ist noch immer im Einzelhandel vertreten wenn zwar die Zahlungskarte des Kunden ausgelesen und ge-pruumlft wird er jedoch mit seiner Unterschrift die Zahlung anweist

Die heute uumlbliche Autorisierung fuszligt auf dem Ab-buchungsauftrag der dem Akzeptanten eine houml-here Auszahlungssicherheit gibt 42 Im Alltag zeigt sich die Autorisierung darin dass nicht nur die Zahlungskarte gepruumlft wird sondern auch die PIN eingegeben werden muss Die damit ausge-loumlste Pruumlfung erfolgt bei der kartenausgebenden

41 CF Einzugsermaumlchtigung und Lastschriftverfahren 200742 Die Einzugsverfahren sind in das SEPA-Uumlberein-kommen aufgenommen worden und gelten jetzt euro-paweit siehe CF Single Euro Payments Area 26012008

Bank der die Transaktionsdaten im elektroni-schen Onlineverfahren uumlbermittelt werden und die einen Genehmigungscode zuruumlckmeldet Der Genehmigungscode ersetzt die im Euroscheck verkoumlrperte Garantiefunktion und enthaumllt eine Auszahlungsgarantie der kartenausgebenden Bank Sie erklaumlrt damit verbindlich dass die Zah-lungskarte akzeptiert wird und der geforderte Be-trag zur Verfuumlgung steht

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3 Autorisierung

Die wesentlichen Sicherungen fuumlr das Autorisie-rungsverfahren 43 bestehen in den Sicherheits-merkmalen der Zahlungskarte in der PIN und schlieszliglich in dem Genehmigungscode den die kartenausgebende Bank an den Akzeptanten meldet 44

Zum Zweck der Autorisierung von Debitkarten 45 liest der auslaumlndische Geldautomaten die Kar-tendaten aus kombiniert sie mit der vom Kunden eingegeben PIN dem Auszahlungsbetrag der Gebuumlhr den Individualmerkmalen des Geldauto-maten und der Uhrzeit Der daraus gebildete Da-tensatz wird uumlber Kommunikationsnetze und durch verschiedene Zwischenstellen (zum Bei-spiel in Deutschland First Data Corporation 46 Finanz IT 47) bis zur kartenausgebenden Bank geleitet 48 Diese pruumlft ob die Karte von ihr aus-gestellt und nicht gesperrt ist die Auszahlung im Ausland erlaubt das Tages- oder Wochenlimit nicht uumlberschritten sind und schlieszliglich ob Kon-todeckung oder ein Uumlberziehungskredit beste-hen Danach sendet die Bank an den Geldauto-

43 Wegen der technischen Einzelheiten ISO 8583 (Wikipedia)44 CF Autorisierung im POS-Verfahren 1304200945 Gemeint sind Zahlungskarten auf Guthabenbasis wobei als Guthaben auch der gewaumlhrte Uumlberzie-hungskredit gilt46 fruumlher Gesellschaft fuumlr Zahlungssysteme - GZS47 Rechenzentrum der Sparkassen48 Siehe Glossar Autorisierung Clearing

maten einen Genehmigungscode zuruumlck 49 der die Auszahlung autorisiert und eine Garantie ent-haumllt dass die autorisierende Bank fuumlr den Aus-zahlungsbetrag buumlrgt 50 51

4 Clearing

Nach der Autorisierung erfolgt bei Debitkarten in aller Regel keine unmittelbare Belastung des Kundenkontos sondern eine Zwischenbuchung auf einem bankinternen Konto 52 Nach der Aus-zahlung erfolgt im Bankenverbund uumlber die Ver-bindungsstellen das Clearingverfahren wobei die gegenseitig bestehenden Forderungen der Verbuumlnde und schlieszliglich der Institute unterein-ander ausgeglichen werden Am Ende wird die Zwischenbuchung der Hausbank gegen das Konto des Kunden aufgeloumlst

Diese Buchung zulasten des Kundenkontos mar-kiert den abschlieszligenden Schadenseintritt im Sinne von sect 263a StGB Er erfolgt erst nach der Autorisierung der Auszahlung und schlieszliglich dem Clearing wenn eine gefaumllschte Zahlungs-karte eingesetzt wurde

5 Schadensausgleich

Beanstandet der Kunde eine Kontobelastung und ist diese auf den Einsatz einer gefaumllschten Zahlungskarte zuruumlckzufuumlhren wird grundsaumltz-lich ein Schadensausgleich durchgefuumlhrt bei dem zunaumlchst die Hausbank des Kunden die Be-49 Der Genehmigungscode lautet bdquo0ldquo Andere Codezif-fern belegen Zeituumlberschreitungen Kartensperren Verwendungsbeschraumlnkungen und andere Ereignis-se Sie fuumlhren immer dazu dass die Transaktion ver-weigert wird50 Siehe auch das Glossar bei kartensicherheitde und das Zitat Kasten oben51 In dem Positionspapier strafbare Vorbereitung und Versuch beim Skimming habe ich noch angenommen dass die Garantie von einer der zwischengeschalteten Clearingstellen geleistet wird Das ist falsch Die Ga-rantie stammt immer von der Bank die die Zahlungs-karte ausgegeben und die einzelne Verfuumlgung autori-siert hat52 Conto pro Diverse ndash CPD

Genehmigungsnummer | Authorisation Code

Die Genehmigungsnummer wird infolge einer Autorisierungsanfrage von der Karten ausge-benden Bank (Issuer) vergeben und wiederum von dem Acquirer an den Haumlndler bestaumltigt Ohne diese Genehmigungsnummer hat der Haumlndler fuumlr die Transaktion keine Zahlungsga-rantie

kartensicherheitde

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lastung gegenbucht und diese Forderung bei der EURO Kartensysteme - EKS 53 - zum Ausgleich anmeldet Stellt sich dabei heraus dass der aus-laumlndische Geldautomat von einer Karte deren Original mit einem EMV-Chip ausgestattet ist nur den Magnetstreifen gepruumlft hat dann haftet im europaumlischen Bankenverbund die auslaumlndi-sche Bank fuumlr den Schaden Auf diese Weise wird ein wirtschaftlicher Druck auf die Betreiber von Geldautomaten aufgebaut der sie zur Mo-dernisierung ihrer Geraumlte und zur Verbesserung der Sicherheitsstandards draumlngt

Dieser Anpassungsdruck funktioniert dann nicht mehr wenn sich das Cashing in das entfernte Ausland verlagern sollte Die Finanzwirtschaft wird dafuumlr neue Formen der Sicherung und des Schadensausgleiches entwickeln muumlssen

6 Ergebnisse

Der erfolgreiche Missbrauch einer Zahlungskarte im Ausland der sich in einer Kontobelastung beim deutschen Bankkunden aumluszligert belegt zu-gleich dass eine erfolgreiche Autorisierung durchlaufen und die inlaumlndische Bank eine Aus-zahlung wegen ihres Gegenwertes garantiert hat (Autorisierung)

Daraus folgt ferner dass im Ausland eine ge-faumllschte Zahlungskarte die gegen Faumllschung be-sonders geschuumltzt ist (Faumllschungssicherung) mit Garantiefunktion verwendet wurde Das qua-lifiziert die Tat zu einem Verbrechen gemaumlszligsect 152b Abs 2 StGB mit einer Mindeststrafe von 2 Jahren Freiheitsstrafe wobei ein gewerbsmauml-szligiges Handeln in diesen Faumlllen grundsaumltzlich an-zunehmen ist

Der finanzwirtschaftliche Schadensausgleich hat dazu gefuumlhrt dass die durch das Skimming bei den Bankkunden eingetretenen Schaumlden im Bankenverbund ausgeglichen wurden Dieses System wird einer besonderen Belastungsprobe ausgesetzt sein wenn sich das Cashing in das auszligereuropaumlische Ausland verlagern sollte

53 Siehe auch EKS ndash Analyse

7 arbeitsteilige Handlungen beim Skimming

Das Skimming ist gepraumlgt von verschiedenen Tat-handlungen die in der Grafik auf der naumlchsten Sei-te wegen ihrer wesentlichen Merkmale zusammen-gefasst werden

Am Anfang steht die Herstellung der Ausspaumlhtech-nik Dazu gehoumlren Kartenlesegeraumlte die spaumlter am Geldautomaten an der Eingangskontrolle oder am Kontoauszugsdrucker installiert werden Fuumlr das Ausspaumlhen der PIN werden entweder Kameras oder Tastaturaufsaumltze verwendet

Alle Geraumlte muumlssen so getarnt werden dass sie den Kunden auf dem ersten Blick nicht auffallen Die Taumlter muumlssen deshalb zunaumlchst auskundschaf-ten welche Geldautomaten und Umgebungen fuumlr den Einsatz ihrer Geraumlte geeignet sind Zur Vorbe-reitung und waumlhrend der Installation muumlssen gele-gentlich Anpassungen am Geldautomaten vorge-nommen werden die auf ein erhebliches Fach- und Erfahrungswissen der Installateure schlieszligen las-sen

Zwei Tatphasen finden in der Oumlffentlichkeit statt Das ist zunaumlchst das eigentliche Ausspaumlhen der Zugangsdaten fuumlr das sich der Begriff des Skim-mings (im engeren Sinne) eingebuumlrgert hat Es um-fasst die Installation der Ausspaumlhtechnik das Aus-spaumlhen selber und den Abbau der (wertvollen) Ge-raumlte Entsprechend der eingesetzten Technik muumls-sen die Geraumlte waumlhrend des Ausspaumlhens uumlberpruumlft werden Besonders dann wenn der Abgriff der Kar-

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tendaten nicht direkt am Geldautomaten erfolgt muumlssen die ausgespaumlhten Kartendaten und PIN synchronisiert werden Das erfolgt haumlufig in der Weise dass die Taumlter Testkarten einsetzen deren Merkmale ihnen gelaumlufig sind

Je nach dem Erfolg des Ausspaumlhens werden die Kundendaten einer oder mehrerer Skimmingangrif-fe zusammengefasst und mit ihnen Dubletten an-gefertigt Es handelt sich meistens um unbedruckte WhiteCards die nur uumlber einen Magnetstreifen ver-fuumlgen und damit den einfachsten Anforderungen der ISO-Norm fuumlr Identitaumltsdokumente genuumlgen Die dazu erforderliche Technik und das Zubehoumlr sind im Einzelhandel erhaumlltlich

Die zweite Tatphase in der Oumlffentlichkeit wird als das Cashing bezeichnet Dabei werden die Dublet-ten bdquogebrauchtldquo um Auszahlungen an Geldautoma-ten zu bewirken

Die in Deutschland uumlblichen Sicherheitsmerkmale das sind vor allem das im Kartenkoumlrper einge-brachte Maschinenlesbare Merkmal ndash MM ndash und der EMV-Chip machen es erforderlich dass die Dubletten im Ausland eingesetzt werden wo die Geldautomaten sie nicht pruumlfen Das zeigt dass auch das Cashing selber die Auskundschaftung ge-eigneter Geldautomaten erfordert

Die gewandelten Erscheinungsformen beim Aus-spaumlhen allen voran das POS-Skimming zeigen dass die hier beschriebene Kriminalitaumltsform Wandlungen unterworfen ist die besonders das Ausspaumlhen selber betreffen Verfeinerte Pruumlfungen der Sicherheitsmerkmale und der beschriebene Schadensausgleich lassen vermuten dass sich das Cashing in andere Laumlnder und Kontinente ver-lagern wird

Das Cashing ist aus krimineller Sicht ein aumluszligerst effektives Instrument der Beuterealisierung Es ist zu befuumlrchten dass es uns noch lange erhalten bleibt

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An die Stelle der fruumlher uumlblichen Euroschecks ist das Autorisierungsverfahren und die mit ihm ver-bundene Genehmigung der kartenausstellenden Bank gegenuumlber der Zahlstelle im POS-Verfah-ren getreten 54

1 arbeitsteiliges Vorgehen

Der Tatplan beim Skimming umfasst bei einer groben Unterteilung drei Arbeitsschritte

1) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

2) Faumllschung von Zahlungskarten

3) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Vor dem Arbeitsschritt 1) ist die Herstellung der teilweise handwerklich anspruchsvollen Skim-ming-Hardware angesiedelt und nach dem Ar-beitsschritt 3) die Beuteverteilung wenn es sich ndash wie uumlblich ndash um eine arbeitsteilig aufgestellte Gruppe von Taumltern handelt

Das arbeitsteilige und wiederholte Vorgehen beim Skimming rechtfertigt regelmaumlszligig die An-nahme eines gewerbsmaumlszligigen Handelns 55 Ein-zeltaumlter die alle Arbeitsschritte persoumlnlich aus-uumlben treten allenfalls in Einzelfaumlllen auf In aller Regel haben wir es mit Taumltergruppen zu tun die sich nur deshalb zusammentun um eine dauer-hafte Einnahmequelle zu haben Das wird auch von den Schaumlden durch Cashing-Aktionen be-legt bei denen mehrere Taumlter gleichzeitig han-deln und binnen weniger Tage mehrere Zehntau-send Euro erbeutet haben

Auf die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Mittaumlterschaft und Bandeneigenschaft wird unten im einzelnen eingegangen

54 Siehe Glossar POS55 Siehe Zitat im Kasten oben rechts BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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2 einschlaumlgige Normen und Konkurrenzen

Das Faumllschen von Zahlungskarten und ihren Ge-brauch hat der Gesetzgeber neben die Vor-schriften uumlber das Faumllschen von Geld und Wert-zeichen gestellt (sectsect 146 ff StGB) Die Strafvor-schriften dienen der Sicherheit und Funktionsfauml-higkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs 56 Die hohen Mindestfreiheitsstrafen mit denen sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB drohen sind von Ver-fassungs wegen nicht zu beanstanden 57

Die Missbrauchshandlung beim Skimming ist im Grunddelikt der Gebrauch falscher inlaumlndischer oder auslaumlndischer Zahlungskarten gemaumlszlig sect

56 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1157 BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008 siehe auch CF Faumllschung von Zahlungskarten 01052009

C Strafbarkeit Gewerbsmaumlszligig handelt wer sich durch wiederhol-te Tatbegehung eine nicht nur voruumlbergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will Liegt diese Absicht vor ist bereits die erste Tat als gewerbsmaumlszligig begangen einzustufen auch wenn es entgegen den ur-spruumlnglichen Intentionen des Taumlters zu weiteren Taten nicht kommt Eine Verurteilung wegen ge-werbsmaumlszligiger Deliktsbegehung setzt daher schon im Grundsatz nicht notwendig voraus dass der Taumlter zur Gewinnerzielung mehrere selbststaumlndige Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden Art ver-wirklicht hat Ob der Angeklagte gewerbsmaumlszligig gehandelt hat beurteilt sich vielmehr nach seinen urspruumlnglichen Planungen sowie seinem tatsaumlchli-chen strafrechtlich relevanten Verhalten uumlber den gesamten ihm anzulastenden Tatzeitraum () Er-forderlich ist dabei stets dass sich seine Wieder-holungsabsicht auf dasjenige Delikt bezieht des-sen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbs-maumlszligigkeit qualifiziert ist

BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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152a Abs 1 Nr 2 StGB 58 In Tateinheit 59 damit steht der Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB 60 dessen Vollendung mit der Auszahlung am Geldautomaten eintritt 61

Die Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist ein selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand (sectsect 152b Abs 1 12 Abs 1 StGB) der im-mer auch die Strafbarkeit des Versuchs umfasst (sect 23 Abs 1 StGB) Unter der Voraussetzung der Gewerbsmaumlszligigkeit erhoumlht sich die Mindeststrafe auf 2 Jahre Freiheitsstrafe (sect 152b Abs 2 StGB)

Der Computerbetrug im Zusammenhang mit dem Cashing ist ein besonders schwerer Fall der sich vom Grundtatbestand des sect 263a Abs 1 StGB durch das weitere Merkmal der Gewerbsmaumlszligig-keit abhebt Er ist auch in dieser Form als Verge-hen zu behandeln (sect 12 Abs 1 StGB) so dass das Gesetz die Strafbarkeit des Versuchs beson-ders anordnen muss (sect 23 Abs 1 StGB) Das geschieht in sect 263 Abs 2 StGB auf den der sect 263a Abs 2 StGB ausdruumlcklich verweist

Dagegen tritt die Faumllschung beweiserheblicher Daten gemaumlszlig sect 269 StGB hinter der spezielleren Vorschrift des sect 152a Abs 1 Nr 1 StGB zuruumlck 62 Das mit ihr verbundene bdquoSpeichernldquo realisiert sich nur bei der Faumllschung selber und nicht auch

58 Strafrahmen Geldstrafe bis 5 Jahre Freiheitsstrafe59 Zur Tateinheit zwischen dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten (sect 152a StGB) und Betrug (sect 263 StGB) BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1760 Fallgruppe Unbefugte Verwendung von DatenBGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 8 Siehe auch BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 3780961 Tateinheit BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3 In der Entscheidung wird kommen-tarlos die falsche Strafvorschrift wegen der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion angewendet naumlmlich sect 152a StGB anstelle von sect 152b StGB Das scheint auch der Staatsanwaltschaft Aachen entgan-gen zu sein die das Urteil mit seiner sowieso schon milde(n) Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren (BGH Rn 7) nicht angegriffen hat62 Grundsaumltzlich zum Verhaumlltnis zwischen Urkunden- und Zahlungsmittelfaumllschung BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

beim Missbrauch der gefaumllschten Zah-lungskarten

Bei genauer Betrachtung greifen auch die Daten-delikte nach sect 202a und sect 202b StGB im Zusam-menhang mit dem Skimming nicht

Entgegen der Auffassung der Revision beruhen die Feststellungen zur nur voruumlbergehenden Zu-ruumlckstellung der Tatausfuumlhrung auf hinreichenden tatsaumlchlichen Anhaltspunkten stellen sich also nicht als bloszlige Vermutung dar Die Begehung von Straftaten wie das bdquoSkimmingldquo bedarf eines erheb-lichen organisatorischen Aufwands insbesondere muumlssen Geraumlte zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten zur Verfuumlgung stehen Dass Taumlter die schon uumlber laumlngere Zeit hellip mit der Vorberei-tung der Tat befasst waren nur wegen des Versa-gens der Stromversorgung eines technischen Hilfsmittels fuumlr das Ersatz beschafft werden kann von der weiteren Ausfuumlhrung des Vorhabens end-guumlltig absehen ist eine lebensfremde Annahme Eine Ersatzbeschaffung erforderte entgegen der Auffassung der Revision hellip keinen neuen Tatent-schluss sondern stellte nur einen von vielen Hand-lungsschritten bis zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten dar Dass die Strafkammer man-gels Anhaltspunkten fuumlr einen endguumlltigen Tatab-bruch davon ausgegangen ist dass ein solcher von dem Angeklagten und seinen Mittaumltern nicht gewollt war und schon deshalb ein Verhindern der Tat noch ein Bemuumlhen darum festzustellen waren ist ein nicht nur moumlglicher sondern ausgesprochen naheliegender Schluss Somit schied ein Ruumlcktritt von der Verabredung eines Verbrechens gemaumlszlig sect 31 StGB aus

Generalbundesanwalt Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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21 Ausspaumlhen von Daten

sect 202a Abs 1 StGB kommt wegen des Ausspauml-hens der Daten auf den Magnetstreifen der Zah-lungskarten der betroffenen Bankkunden nicht in Betracht weil ihm eine besondere Sicherungs-funktion fehlt Das fuumlhrt dazu dass die gespei-cherten Daten in aller Regel mit handelsuumlblichen Lesegeraumlten und Komponenten ausgelesen wer-den koumlnnen

In einer fruumlheren Entscheidung ist der BGH noch von einer Tateinheit zwischen dem Nachmachen von Zahlungskarten und dem Ausspaumlhen von Daten ausgegangen 63 Die Revision fuumlhrte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils weil das Tatsachengericht keine Strafantraumlge festgestellt hat 64 (sect 205 StGB 65) Davon wendet sich der 2 Strafsenat des BGH jetzt in zwei Beschluumlssen ab 66 ohne jedoch zunaumlchst die uumlbrigen Senate be-teiligt zu haben (sect 132 GVG) 67 Andere Senate des Gerichts sind dem inzwischen beigetreten der 1 Strafsenat jedoch mit der Einschraumlnkung dass die Voraussetzungen des sect 202a StGB dann nicht gegeben sind wenn die zum Ausle-sen benutzte Software auch im regulaumlren Handel erhaumlltlich ist 68

63 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 764 Dateninhaber ist danach die kartenausgebende Bank die somit auch strafantragsberechtigt ist eben-da65 Wegen des Ausspaumlhens (sect 202a StGB) und Abfan-gens von Daten (sect 202b StGB) kann die Staatsan-waltschaft jetzt auch das besondere oumlffentliche Inter-esse an der Strafverfolgung bejahen (sect 205 Abs 1 S 2 StGB)66 CF Ausspaumlhen von Daten und das Skimming 14052010BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309 S 4BGH Beschluss vom 18032010 - 4 StR 5550967 Kritisch auch Goya Graumlfin Tyszkiewicz Skimming als Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a StGB HRR 42010 207 (mit Zitat zum Cyberfahnder)68 BGH Beschluss vom 19052010 - 1 ARs 610CF Ausspaumlhen von Magnetstreifen 02072010

22 Abfangen von Daten

Die ausgespaumlhten Kartendaten werden zum Faumll-schen von Zahlungskarten benoumltigt und die PIN zum spaumlter einsetzenden Gebrauch sect 149 Abs 1 StGB beschraumlnkt den Anwendungsbereich fuumlr die Haftung im Vorbereitungsstadium auf die Faumll-schung und bezieht nicht auch den Gebrauch mit ein Daraus folgt dass keine Strafbarkeit wegen des Umgangs mit Geraumlten zum Ausspaumlhen der PIN aus sect 149 StGB abgeleitet werden kann

Wegen des Ausspaumlhens der PIN greift auch das Hackerstrafrecht nicht wenn es unmittelbar an-gewendet wird Es handelt sich dabei weder um ein Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a Abs 1 StGB noch um ein Abfangen von Daten gemaumlszlig sect 202b StGB Verantwortlich dafuumlr ist die Definition von bdquoDatenldquo in sect 202a Abs 2 StGB Das sind nur solche Daten die bereits gespeichert sind oder uumlbermittelt werden Das Uumlbermitteln setzt jedoch eine vorherige Speicherung voraus

Beim Skimming wird die PIN aber bei der Einga-be ausgespaumlht Sie ist der Speicherung und Uumlbermittlung vorgelagert

23 PIN-Skimming und Computersabotage

Das Cashing ist mit der Eingabe von Daten mit dem Ziel verbunden einem Anderen Nachteil zu-zufuumlgen und deshalb auch ein Anwendungsfall der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 1 Nr 2 StGB Diese Strafvorschrift wird im Zusammen-hang mit dem Cashing vom Computerbetrug als dem spezielleren und schwereren Vorwurf ver-draumlngt

sect 303b Abs 5 StGB erweitert jedoch die Straf-barkeit auch auf das Vorbereitungsstadium in-dem er auf sect 202c StGB verweist Dadurch wer-den nicht nur Computerprogramme geschuumltzt sondern ausdruumlcklich auch Passwoumlrter und sonstiger Sicherungscode (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) Der Umgang mit ihnen mit dem Ziel sie zum Cashing zu verwenden steht unter Strafe 69 69 CF Ausspaumlhen der PIN 06122008

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und wird mit einer Houmlchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht

Die Schutzrichtung dieser Normen beschraumlnkt sich jedoch auf Computerprogramme einerseits und PIN (als Passwoumlrter) andererseits nicht aber auf die zum Ausspaumlhen genutzten Geraumlte

Das Sich-Verschaffen von PIN ist somit gemaumlszlig sect 303b Abs 5 StGB in Verbindung mit sect 202c StGB strafbar Es verlangt nach dem Nachweis dass tatsaumlchlich PIN ausgespaumlht wurden

24 natuumlrliche Handlungseinheiten

Aus dem Begriff bdquodieselbe Tatldquo (sect 52 Abs 1 StGB) leitet die Rechtsprechung die natuumlrliche Handlungseinheit ab wobei mehrere Verhal-tensweisen von einem einheitlichen Willen getra-gen werden und raumlumlich-zeitlich so eng mitein-ander verbunden sind dass das gesamte Taumltig-werden objektiv als ein einheitliches und zusam-mengehoumlriges Tun erscheint 70 Sie darf nicht mit der fortgesetzten Handlung verwechselt werden womit von der Rechtsprechung gleichartige Ta-ten mit weitem raumlumlich-zeitlichem Zusammen-hang zusammengefasst wurden Die Handlungs-form der fortgesetzten Handlung hat der BGH 1994 aufgegeben 71 nicht zuletzt deshalb weil sie erhebliche Nachteile fuumlr die Angeklagten barg 72

Eine besondere Auspraumlgung der Handlungsein-heit hat der BGH im Zusammenhang mit Betaumlu-bungsmittelstraftaten entwickelt Insoweit spricht er von einer Bewertungseinheit und fasst damit alle Veraumluszligerungshandlungen des Taumlters zu-sammen wenn das Rauschgift aus derselben 70 lexexaktde natuumlrliche Handlungseinheit71 BGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393 zum Steuerstrafrecht 72 Siehe BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593wenn verschiedene Handlungen (Steuererklaumlrungen) durch den Fortsetzungszusammenhang zusammen gefasst werden dann beginnt ihre Verjaumlhrung erst mit der letzten Tathandlung (sect 78a StGB) Das hat dazu gefuumlhrt dass Steuerstraftaten uumlber Jahrzehnte hin-weg bestraft werden konnten wenn sie denselben Akt oder Modus betrafen

Quelle stammt also aus einer einmaligen Er-werbstat 73

Im Zusammenhang mit dem Skimming spricht der BGH von deliktischen Einheiten die einer-seits zwischen dem Gebrauchen nachgemachter Zahlungskarten und dem damit verbundenen Be-trug und andererseits zwischen den Tathandlun-gen des Nachmachens und des Gebrauchens im Sinne von sect 152a Abs 1 StGB bestehen soweit sie raumlumlich-zeitlich eng verbunden und von ei-nem einheitlichen Vorsatz umschlossen sind 74 Solche deliktischen Einheiten koumlnnen auch die gleichzeitig Faumllschung mehrerer Karten 75 und ih-ren Gebrauch beim Cashing bilden 76

Die praktische Konsequenz daraus ist dass als eine materielle Tat alle Faumllschungen alle Miss-braumluche von Zahlungskarten und alle unmittelbar

73 BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300 mwN74 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 17BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 440875 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 13BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 376 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 8

Ob die Vollendung in mehreren materiellen Taten erfolgt orientiert sich am Handeln des Cashers Anhand der Abbuchungsdaten koumlnnen erfah-rungsgemaumlszlig deutliche Pausen festgestellt wer-den die aber nicht zwingend auf eine Unterbre-chung und die Beendigung einer Tat schlieszligen lassen Zwei Fehlerquellen sind insoweit zu be-trachten

Die Zeitstempel die die Geldautomaten uumlbermit-teln richten sich nach den Einstellungen im Geld-automaten selber und werden nicht synchronisiert Sie koumlnnen von der genauen Zeit abweichen und aus einer anderen Zeitzone stammen

Allein Europa verfuumlgt uumlber mindestens 4 Zeitzo-nen von der die Mitteleuropaumlische Zeit ndash MEZ ndash die verbreitetste ist Die EKS stellt aber die Zeit-stempel der Rechenzentren bei der Autorisierung zur Verfuumlgung so dass die Fehlerquelle abwei-chender Zeitangaben nahezu ausgeschlossen ist

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aufeinander folgenden Ausspaumlhungen von Kon-tozugangsdaten zusammengefasst werden muumls-sen soweit sie einen engen Zusammenhang mit-einander haben Das ist zum Beispiel der Fall wenn Skimmer ihre technischen Geraumlte installie-ren ihre Funktionstuumlchtigkeit gelegentlich uumlber-pruumlfen und die Geraumlte schlieszliglich wieder abbau-en Das Ausspaumlhen bildet dabei einen einheitli-chen Handlungsrahmen wobei der Vorsatz der Taumlter darauf gerichtet ist moumlglichst viele Kun-dendaten bei ihrem Angriff zu erlangen Auch wenn die Taumlter uumlber mehrere Tage hinweg die-selbe Bankfiliale ausspaumlhen und die Technik nur waumlhrend der Bankgeschaumlftszeiten abbauen und anschlieszligend wieder einrichten 77 kann eine de-liktische Einheit bestehen 78

Dasselbe gilt wegen des Cashings wenn die Tauml-ter mit engem zeitlichen Zusammenhang han-deln Eine Zaumlsur kann jedoch dann angenom-men werden wenn die Taumlter ihr Handeln unter-brechen um sich zum Beispiel mit weiteren Du-bletten zu versorgen 79

Im Zusammenhang mit dem Nachmachen und Gebrauchen von Zahlungskarten ist jedenfalls dann das Vorliegen eines minder schweren Fal-les zu pruumlfen wenn es um eine geringe Stuumlck-zahl von Karten geht 80

77 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 978 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 14 leitet das daraus ab dass verschiedene Vorberei-tungshandlungen die sich auf denselben Gegenstand erstrecken nur eine Tat darstellen Die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium beim Skimming wird unten angesprochen79 Siehe BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 9 80 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 12

3 Faumllschungssicherheit

Von der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt dass sich die Faumllschung auch alleine auf die Da-ten auf dem Magnetstreifen beschraumlnken kann 81 In Bezug auf Zahlungskarten hat der BGH jetzt ausgefuumlhrt 82

bdquoFalsch sind Zahlungskarten (mit Garantiefunkti-on) wenn sie faumllschlicherweise den Anschein er-wecken sie seien von demjenigen ausgegeben worden auf den die lesbaren Angaben auf der Karte oder die auf ihr unsichtbar gespeicherten Informationen als Aussteller hinweisen Optische Wahrnehmungsmoumlglichkeit und digitale Maschi-nenlesbarkeit muumlssen nicht gleichzeitig gegeben sein so dass eine falsche Karte nicht die ku-mulative Nachahmung beider Komponenten vor-aussetzt Es genuumlgt dass die Faumllschung entwe-der nur die Urkundenfunktion zum Gegenstand hat - was etwa bei einer gefaumllschten Kreditkarte der Fall ist die nur in ihrem aumluszligeren Erschei-nungsbild einer echten Kreditkarte entspricht aber keinen funktionsfaumlhigen Magnetstreifen oder Mikrochip enthaumllt - oder ein Magnetstreifen bzw ein Mikrochip zwecks ausschlieszliglicher Ver-wendung an Automaten gefaumllscht und auf ein unbedrucktes Stuumlck Plastik oder Pappe geklebt ist ldquo

sect 152a Abs 4 Nr 2 und sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB verlangen gleichermaszligen nach einer be-sonderen Sicherung gegen die Nachahmung durch Ausgestaltung oder Codierung wobei un-klar bleibt ob sie unterschiedliche Sicherheits-merkmale meinen Dafuumlr koumlnnte sprechen dass bei gleichem Wortlaut sect 152a StGB das Verfaumll-schen und Nachmachen und sect 152b StGB die Garantiefunktion in den Vordergrund stellen

Die allgemeine bdquoAusgestaltungldquo der Zahlungskar-ten wird von den Aufdrucken Hologrammen der erhabenen Kartennummer und der Pruumlfnummer (bei Kreditkarten) sowie dem Unterschriftsfeld und dem Vorhandensein des Magnetstreifens

81 Zur Verfaumllschung einer echten Zahlungskarte BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840082 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 11

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oder des EMV-Chips gepraumlgt Als besondere Si-cherungen im Hinblick auf die Kodierung sind an erster Stelle das Maschinenlesbare Merkmal die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Siche-rungsmechanismen im EMV-Chip zu nennen der zudem einen verschluumlsselten Datenverkehr zulassen soll

Im Hinblick auf die Garantiefunktion kommt als gestaltendes Element eine besondere Bedeu-tung dem Label zu das die Karte als eine solche ausweist die am Onlineverfahren zur Autorisie-rung und Genehmigung teilnimmt Die besonde-re Sicherheitsmerkmale in Bezug auf die Garan-tiefunktion sind dieselben die auch zur allgemei-nen Kartensicherheit dienen Das sind vor allem die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Si-cherungsmechanismen im EMV-Chip Von be-sonderer Bedeutung ist insoweit die PIN die im Autorisierungsverfahren gepruumlft wird Im Zusam-menhang mit sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB kommt auch den Verschluumlsselungsmechanismen im EMV-Chip eine besondere Bedeutung zu er ist jedoch noch nicht allgemein verbreitet 83

4 Garantiefunktion

sect 152a Abs 1 StGB schuumltzt inlaumlndische und aus-laumlndische Zahlungskarten und geldwerte Wertpa-piere (Schecks Wechsel) vor ihrer Faumllschung wenn sie von einem Kredit- oder Finanzdienst-leistungsinstitut herausgegeben wurden (sect 152a Abs 4 Nr 1 StGB) und durch ihre Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind (sect 152a Abs 4 Nr 2 StGB) 84 Die-se Voraussetzungen liegen angesichts der be-schriebenen Sicherheitsmerkmale bei den uumlbli-

83 Falsch programmierte EMV-Chips haben Anfang 2010 zu erheblichen Irritationen gefuumlhrt Im Onlinever-fahren zeigt die Kodierung des Magnetstreifens an dass die Karte uumlber einen EMV-Chip verfuumlgt Damit soll das POS-Terminal angewiesen werden den Chip auszulesen und dessen Sicherheitsfunktionen zu nut-zen Mit einfachem Klebeband laumlsst sich der Chip je-doch abdecken so dass das Terminal ihn als defekt betrachtet Darauf beschraumlnkt es sich auf die Pruumlfung des Magnetstreifens84 CF Skimming und Faumllschungsrecht 13042009

chen von Banken herausgegebenen Karten vor 85

Die Garantiefunktion wird darin gesehen dass das die Karte ausgebende Unternehmen sich gegenuumlber Vertragsunternehmen ltverpflichtetgt deren Forderungen gegen den Kartenbenutzer zu bezahlen 86 Diese Definition nimmt sect 152b Abs 4 StGB auf und definiert die Zahlungskarten mit Garantiefunktion als Kredit- Euroscheck- und sonstige Karten die es ermoumlglichen den Aus-steller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen 87 Die Modalitaumlten des Forderungsausgleiches zwischen der Bank und ihrem Kunden wirken sich darauf nicht aus

In Literatur und Rechtsprechung bestehen an der Garantiefunktion keine Zweifel wenn es sich um Kreditkarten handelt bei denen der Auszah-lungsbetrag gegen ein eigenes Konto des Kar-tenausstellers erfolgt Die bekanntesten Kredit-kartenverbuumlnde sind die von American Express Master und Visa 88 Die Autorisierung im Online-verfahren und die damit verbundene Genehmi-gung ohne die keine Verfuumlgung akzeptiert wird ist bei Kredit- und Debitkarten jedoch identisch 89 so dass auch die Debitkarten die an dem Autori-sierungsverfahren teilnehmen koumlnnen Karten

85 Siehe oben Faumllschungssicherung86 BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392 Rn 9Die Entscheidung betrifft den Kredit- und Scheckkar-tenmissbrauch gemaumlszlig sect 266b StGB und unterschei-det deshalb zwischen Einziehungsverfahren und Last-schriftverfahren Im Lastschriftverfahren traumlgt das Ausfallrisiko der Akzeptant so dass die Karten aus-stellende Bank nicht geschaumldigt wird (ebenda)87 Fuumlr die EC-Karte hat der BGH anerkannt dass sie auch dann eine Garantiefunktion hat wenn sie im Lastschriftverfahren eingesetzt wird BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840088 Siehe die Uumlbersicht und Erklaumlrungen bei kartensicherheitde ndash Zahlungsverfahren89 In BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 4 spricht das Gericht unklar von falschen Kreditkar-ten mit Garantiefunktion meint jedoch Kreditkarten als solche die nach Art der ausstellenden Banken be-druckt und mit den Labeln von Visa oder Master ver-sehen waren

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mit Garantiefunktion sind 90 Fuumlr die Strafbarkeit nach sect 152b StGB kommt es nur darauf an dass die Garantiefunktion besteht und nicht auch dar-auf dass der Taumlter sie in Anspruch nehmen will 91

Dem Schutz des sect 152a StGB unterliegen schlieszliglich auch andere Zahlungskarten von Fi-nanzdienstleistungsinstituten zum Beispiel Tank- und Telefonkarten die hier nicht weiter be-trachtet werden

Die vom Gesetzestext genannten Euroschecks und -karten gibt es seit 2002 nicht mehr An ihre Stelle ist das (auch vorher schon praktizierte) Autorisierungsverfahren getreten Wie beim EC-Verfahren 92 geht es ihm um die Garantie des Ausstellers wegen der Auszahlung nur dass die durch den Euroscheck verbuumlrgte und von der EC-Karte autorisierte Garantie uumlbergegangen ist zum Genehmigungscode den der Aussteller in jedem POS-Verfahren uumlbermittelt wenn er die Buchung genehmigt Das EC-Verfahren hat da-durch eine neue Auspraumlgung erfahren Waumlhrend das klassische Modell eine fruumlhe Autorisierung bei der Ausgabe der Schecks durchgefuumlhrt hat erfolgt sie jetzt in Echtzeit durch die Uumlbermittlung des Genehmigungscodes Nicht anders als im al-ten Verfahren erfolgt die Buchung der Forderung gegen die Bank zunaumlchst auf einem ihrer Zwi-schenkonten 93 was der Ausgabe der Euro-schecks gleich kommt Das zeigt auch dass die autorisierende Bank die buchhalterische Haftung fuumlr die betreffende Forderung uumlbernimmt

90 Siehe oben Autorisierung91 BGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 2290892 Das Markenzeichen bdquoECldquo wird jetzt als bdquoelectronic cashldquo fortgefuumlhrt93 Siehe oben Clearing

5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

Das Cashing im Ausland unterliegt gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB dem deutschen Strafrecht Das Aus-spaumlhen im Inland bildet fuumlr den Mittaumlter einen ei-genen Tatort (sect 9 Abs 1 StGB) und fuumlr den Teil-nehmer greifen sect 9 Abs 2 S 1 S 2 StGB We-gen des im Ausland vollendeten Computerbetru-ges tritt der Taterfolg zunaumlchst bei der karten-ausgebenden Bank (Buchung gegen das interne CPD-Konto) und im Zuge des Clearingverfah-rens zulasten des einzelnen Bankkunden ein so dass der Erfolgsort gemaumlszlig sect 9 Abs 1 StGB im Inland liegt

Das Cashing ndash ob im Ausland mit inlaumlndischen oder im Inland mit auslaumlndischen Kartendaten und PIN - stellt sich deshalb als die Vollendung des gewerbsmaumlszligigen Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tatein-heit mit gewerbsmaumlszligigem Computerbetrug ge-maumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB dar 94

Eine Ausnahme bilden die vollstaumlndigen Aus-landstaten in denen das Cashing im Ausland mit auslaumlndischen Kartendaten erfolgt Sie haben keinen inlaumlndischen Handlungs- oder Erfolgsort so dass das Weltrechtsprinzip gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB unmittelbar greift wenn die auslaumlndischen Taumlter im Inland ergriffen werden (sect 9 StPO) oder sich hier niedergelassen haben (sect 8 StPO) Die Taumlter koumlnnen wegen des Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten verfolgt werden nicht aber we-gen Computerbetruges fuumlr den das Weltrechts-prinzip nicht gilt 95

94 Das Landgericht Hannover ist am 17112009 mei-nen rechtlichen Auffassungen gefolgt (rechtskraumlftig seit Ende April 2010)CF Skimming-Rechtsprechung 1811200995 Wegen der Strafverfolgung Deutscher und solcher Auslaumlnder die nicht abgeschoben werden koumlnnen siehe sect 7 Abs 2 StGB

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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dern auch fuumlr andere Erscheinungsformen der Cybercrime und in neuen Kriminalitaumltsfeldern Sie erfordern meistens eine tiefe Auseinander-setzung mit grundsaumltzlichen Rechtsfragen und stellen hohe Anspruumlche an die Strafverfolger die mit ihnen befasst sind

Das Thema Skimming im Cyberfahnder

Mit dem Thema bdquoSkimmingldquo 9 befasst sich der Cyberfahnder seit dem Sommer 2007 Die erste Fassung des Aufsatzes wurde zum beliebtesten der Webseite Im Mai 2008 wurde der Beitrag neu gefasst 10 und im November 2009 erschien die erste Fassung dieses Arbeitspapiers 11

Das Skimming als Kriminalitaumltsform war zu-naumlchst ein Randthema und ich habe es nicht als einen Teil der Cybercrime 12 im engeren Sinne angesehen Das sehe ich heute anders weil sich die Formen in denen sich die Kriminellen der In-formationstechnik ndash IT ndash und des Internets bedie-nen immer mehr annaumlhern und Mischformen bil-den

Dieses Arbeitspapier fast die Beitraumlge im Cyber-fahnder zusammen und aktualisiert sie Seine Aufgabe ist es auch eine schnelle Orientierung in Bezug auf die durchaus schwierigen Rechts-fragen zu geben die bei der Strafverfolgung we-gen des Skimmings auftreten

Uumlberblick

Zunaumlchst werden die aktuellen Erscheinungsfor-men des Skimmings beschrieben

Dazu wird zwischen dem Skimming im engeren Sinne also dem Ausspaumlhen von Kartendaten und Persoumlnlichen Identifiktionsnummern ndash PIN und dem Cashing unterschieden also dem Miss-brauch gefaumllschter Zahlungskarten an Geldauto-

9 CF Skimming Juli 200710 CF arbeitsteiliges Skimming 1805200811 CF Zwischenbilanz Skimming 1411200912 CF Cybercrime und IT-Strafrecht 08082008

maten die den Beginn und den Abschluss des Tatplanes kennzeichnen

Der zweite Teil widmet sich den finanzwirtschaft-lichen Prozessen des bargeldloser kartenge-stuumltzter Zahlungsverkehrs deren Verstaumlndnis fuumlr die Rechtsfragen noumltig ist Das gilt besonders fuumlr das automatische Autorisierungs- und Clearing-verfahren die den internationalen Zahlungsver-kehr in Echtzeit zulassen Dabei wird jeder Zah-lungsvorgang von der kartenausstellenden Bank gepruumlft und schlieszliglich durch die Uumlbermittlung ei-nes Genehmigungscodes die Garantie zur Aus-zahlung erklaumlrt Diese Mechanismen machen ndash neben Kreditkarten ndash auch Debitkarten zu Zah-lungskarten mit Garantiefunktion

Den umfangreichsten Teil bildet die Auseinan-dersetzung mit der Strafbarkeit des Skimmings Den Abschluss bildet eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung zu arbeitsteiligen Taumlter-gruppen die auch bei der Beteiligung an vorbe-reitenden Handlungen und an Teilakten des Ge-samtplans zur Strafbarkeit am finalen Verbre-chen fuumlhrt Neu sind das Beteiligungsmodell das bei der Systematisierung der Tathandlungen in Bezug auf die einschlaumlgigen Strafvorschriften helfen soll und die dazu entwickelten Grafiken

Das Arbeitspapier schlieszligt mit knappen Anmer-kungen zum Strafverfahrensrecht uumlber krimina-listische Erfahrungen einer Rechtsprechungs-uumlbersicht und einem Glossar

Hannover 25072010

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bdquoSkimmingldquo als kriminel-le Erscheinungsform hat seinen Ausgang beim Ausspaumlhen der auf den Magnetstreifen von Kre-dit- und Zahlungskarten gespeicherten Kartenda-

ten und den Persoumlnlichen Identifikationsnum-mern ndash PIN die von den Bankkunden bei ihren Verfuumlgungen am Geldautomaten eingegeben werden Das Ausspaumlhen der Kartendaten ist ein notwendiger Schritt zur Faumllschung von Zahlungs-karten und das Ausspaumlhen der PIN ein weiterer notwendiger Schritt fuumlr das finale Ziel der Taumlter dem Missbrauch der Zahlungskarten an auslaumln-dischen Geldautomaten wobei sie die Auszah-lung mit den richtigen Kartendaten und der PIN autorisieren lassen muumlssen

Die klassischen Skimming-Taumlter treten in zwei Tatphasen oumlffentlich auf beim Ausspaumlhen von Daten und abschlieszligend beim Missbrauch von Zahlungskarten Anlaumlsslich dieser oumlffentlichen Auftritte erfolgen auch erfahrungsgemaumlszlig die po-lizeilichen Zugriffe Der Faumllschungsvorgang sel-ber wird nach den bisherigen Erkenntnissen vor-wiegend im osteuropaumlischen Ausland unternom-men

Wie jede kriminelle Mode wandelt sich auch das Skimming wobei verfeinerte Methoden zum Einsatz kommen Gegen das Ausspaumlhen der PIN mit einer Kame-ra 13 koumlnnen sich die Bankkunden schuumltzen wenn sie eine Hand uumlber die andere halten mit der sie gerade die Zif-

fernfolge eingeben Das funktioniert dann nicht mehr wenn die Taumlter flach oberhalb der Tastatur

13 CF Kamera 13042009

anbringen 14 oder statt einer Kamera einen Tas-taturaufsatz 15 oder so-gar eine vollstaumlndige Fassade (Front Cover-ing) einsetzen 16 (Bild unten Ruumlckseite eines Tastaturaufsatzes)

Der wechselnde Einsatz verschiedener Karten fuumlr den Zugang zur Bank und fuumlr die Verfuumlgung am Geldautomaten schuumltzt den Kunden dann nicht mehr wenn

der Skimmer direkt am Geldautomaten ange-bracht ist 17

Seit zwei Jahren treten Faumllle des POS-Skim-mings auf 18 POS bedeutet Point of Sale Ge-meint sind die handlichen Terminals an den Kas-sen im Einzelhandel die gleichzeitig die Kar-tendaten auslesen und uumlber ihre Tastatur die PIN aufnehmen 19 Alle notwendigen Daten durchlaufen diese Geraumlte Wenn die Taumlter es schaffen sie entsprechend umzuruumlsten dann

14 CF Sichtblende mit Kamera 26062010 15 CF Tastaturaufsatz 13042009CF Tastaturblende 1304200916 CF Skimming Juli 200717 CF BKA Lagebild OK Zahlungskartenkriminalitaumlt 0111200818 CF POS-Skimming 18052008 CF Datenklau und -missbrauch 1908200819 CF BKA Lagebild OK Manipulation von POS Terminals 01112008

A Phaumlnomen Skimming

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speichern oder senden sie die Dumps 20 an die Taumlter

In Russland wurden unlaumlngst die Geldautomaten selber gehackt um die Dateneingabe vollstaumlndig aufzuzeichnen 21 Vermutlich wurde dazu eine technische Schnittstelle an den Geraumlten genutzt die zur Wartung Funktionspruumlfung oder Aktuali-sierung der Software bestimmt ist

Beide Beispiele zeigen dass die Beschaffung der Kartendaten und PIN auf mehreren Wegen erfolgen kann Sie ist zwar wichtig fuumlr den Tater-folg am Ende zaumlhlt aber das erbeutete Geld und nicht die Methode mit der die Taumlter an die Daten gelangten Die Arbeitsteilung bei dieser Krimina-litaumltsform laumlsst auch spezialisierte bdquoSubunterneh-merldquo zu die sich auf die Beschaffung der Daten beschraumlnken und ihre bdquoRohstoffeldquo an andere Spezialisten verkaufen die sich um das Faumll-schen und das Cashing kuumlmmern

Besonders heimtuumlckisch gingen die Hacker vor die Ende 2008 in die Datenhaltung einer US-amerikanischen Bank eindrangen und die Kar-tendaten einschlieszliglich PIN von 100 Kunden ausspaumlhten 22 Gleichzeitig erhoumlhten sie deren Auszahlungslimit Am 08112008 wurden welt-weit und gleichzeitig an 130 Geldautomaten in 49 Staumldten die gefaumllschten Zahlungskarten ein-gesetzt und damit 9 Millionen US-$ erbeutet

Dieses Beispiel zeigt wie sich die Methoden der Cybercrime in den Formen des Hackings des Ausspaumlhens und des Verfaumllschens von Daten mit denen anderer Kriminalitaumltsformen vermen-gen

Das Skimming ist von seiner Herkunft her eher beim Trickdiebstahl und -betrug angesiedelt 23 weil es ihm urspruumlnglich nur um das Stehlen von Zahlungskarten und ihre Faumllschung ging Es ver-langt handwerkliche Fertigkeiten bei der Herstel-20 vollstaumlndige Kartendaten einschlieszliglich PINCF Fachworte April 200721 CF Skimming an der Quelle 2003200922 CF Skimming-Coup 0602200923 CF Proll-Skimming 18052008CF Beobachtung Trickdiebstahl Juli 2007

lung der eingesetzten Geraumlte besonderes Wis-sen wegen der Auswahl der Geldautomaten und Standorte die sich einerseits zum Ausspaumlhen der erforderlichen Daten und andererseits zum Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten eig-nen sowie logistisches Geschick bei der Instal-lation der Uumlberwachungshardware Die ver-schiedenen Arbeitsschritte im Tatplan ihre wechselnden Anforderungen an die Faumlhig- und Fertigkeiten der Taumlter 24 und die grenzuumlberschrei-tende Logistik des Gesamtplans sprechen fuumlr eine Arbeitsteilung mit einer zentralen planenden und steuernden Instanz

Die bisher gemachten Erfahrungen zeigen dass Skimmer 25 und Casher 26 regelmaumlszligig zu zweit oder dritt auftreten und gelegentlich auch mehre-re Gruppen gleichzeitig handeln Aus den Bildern von Uumlberwachungskameras ist bekannt dass die Taumlter noch am Tatort mobil telefonieren Sie be-richten dann offenbar uumlber den Erfolg ihres Ein-satzes und stimmen sich untereinander ab Aus den Journalen von angegriffenen Geldautomaten ergeben sich Stromunterbrechungen wenn Le-segeraumlte ausgewechselt werden dass zur Funk-tionspruumlfung der praumlparierten Kartenlesegeraumlte und zur Markierung der ausgespaumlhten Zahlungs-kartendaten Testkarten eingesetzt werden 27 An-dere Bilder haben eindrucksvoll gezeigt wie

24 CF Grafik Juni 2008 Wegen der Herstellung von Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fehlt noch der Hinweis auf sect 149 StGB Die Diskussion um die Strafbarkeit wegen des Umgangs mit diesen Geraumlten wurde erst ab Herbst 2008 oumlffentlich25 Skimmer siehe Glossar26 Casher siehe Glossar

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Casher beim Einsatz von White Cards 28

mit ihren Handys telefonieren und sich dabei offenbar die PIN uumlbermitteln las-sen

Die bevorzugten Zeiten fuumlr das Ausspauml-hen liegen auszligerhalb der Bankoumlffnungs-zeiten also ganz besonders ab Freitag Mittag bis uumlber das Wochenende hin-weg Das verbindet die Skimming-Taumlter mit denen beim klassischen Phishing Beiden geht es darum den stoumlrenden Eingriff der Bankmitarbeiter zu unterlau-fen Beim Phishing 29 soll dadurch die Transaktion mit den ausgespaumlhten Da-ten des Onlinebankings abgesichert und beim Skimming das Entdeckungsrisiko verringert werden

Auch das Cashing findet vor Allem am Wochenende und waumlhrend der Nacht statt Nachts haben die Casher die we-nigsten Stoumlrungen durch Bankkunden Publikum und Sicherheitspersonal zu befuumlrchten Um 000 Uhr wird auch in aller Regel das Tageslimit fuumlr die Zahlungskarten umgestellt Das bedeutet dass die Taumlter zwei Tageshoumlchstbetraumlge ergau-nern koumlnnen wenn sie die gefaumllschte Karte vor und nach Mitternacht missbrauchen Aus diesen Gruumlnden bevorzugen sie auch das Wochenende und die Feiertage Hinzu kommt dass in der Nacht von Freitag auf Samstag meistens auch das Wochenlimit storniert wird 30 so dass am Samstag Morgen das neue Wochenlimit ange-griffen werden kann27 Als Testkarte eignet sich jede Magnetkarte also auch Telefonkarten oder Tankkarten Wichtig ist den Taumltern nur dass sie anhand der ihnen bekannten Ei-genschaften der Testkarte den Zeitpunkt und die Rei-henfolge der ausgespaumlhten Daten uumlberpruumlfen und den gesondert beobachteten PIN zuordnen koumlnnen28 White Cards auch White Plastics siehe Glossar29 Mit bdquoklassischem Phishingldquo ist die Verbreitung von Spam-Mails gemeint die die Empfaumlnger zur Preisga-be ihrer Kontozugangsdaten bewegen sollen Zu den jetzt uumlblichen Methoden CF Phishing mit Homebanking-Malware 2210200830 Zum Beispiel HypoVereinsbank HVB Cashkarte Denn Zeit ist Geld S S 2

Dank des maschinenlesbaren Merkmals das nur deutsche Zahlungskarten enthalten muumlssen koumlnnen Faumllschungen mit inlaumlndischen Magnet-streifendaten nur im Ausland zum Cashing ein-gesetzt werden Im europaumlischen Ausland setzt sich durch dass die Geldautomaten statt des Magnetstreifens den EMV-Chip der Zahlungskar-te pruumlfen den die Faumllscher bislang nicht nach-machen koumlnnen Das fuumlhrt immer haumlufiger dazu dass das Cashing im auszligereuropaumlischen Aus-land stattfindet

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 9

Unter dem Gesichtspunkt des klassischen Skim-mings bei dem das Ausspaumlhen und der Miss-brauch gefaumllschter Zahlungskarten in der Oumlffent-lichkeit stattfindet bedarf das Verfahren des bar-geldlosen Zahlungsverkehrs einer besonderen Betrachtung

1 Faumllschungssicherung

Die in Deutschland herausgegebenen Zahlungs-karten 31 verfuumlgen uumlber mehrere Vorrichtungen gegen das Faumllschen der Karte selber 32 Neben dem Unterschriftsfeld den Merkmalen des Auf-drucks und des fuumlr die Individualdaten verwen-deten Schrifttyps (OCR-B 33) sind das besonders der EMV-Chip und das Maschinenlesbare Merk-mal ndash MM

Das MM ist eine Besonderheit die es nur in Deutschland gibt Dabei handelt es sich um einen im Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmal-stoff der eine individuelle Codierung der Karte zulaumlsst 34 Diese Codierung wird im Geldautoma-ten mit einer Pruumlfsumme abgeglichen die auf dem Magnetstreifen der Zahlungskarte gespei-chert ist Es wird jedoch nicht von den Handgerauml-ten im Einzelhandel gepruumlft (POS-Terminal) so dass hier zum Cashing verfaumllschte Zahlungskar-ten eingesetzt werden koumlnnen bei denen der Magnetstreifen der Originalkarte mit fremden Kontodaten beschrieben ist

Der EMV-Chip wird von den groszligen Verbuumlnden fuumlr grenzuumlberschreitend einsetzbare Zahlungs-karten gefordert und ist bereits weit verbreitet 35 Das Kuumlrzel geht auf bdquoElectronic Cash ndash MasterMaestro ndash Visaldquo zuruumlck 36 Der Chip ist

31 Es handelt sich um standardisierte Identitaumltsdoku-mente nach ISOIEC 7810 (Wikipedia)32 CF Zahlungskarten 1805200833 CF Zeichensatz OCR-B Juli 200734 CF Sicherheitsmerkmale und Merkmalstoffe 0602201035 Kartensicherheitde EMV-Chip

zwar programmierbar 37 soll aber nicht manipu-lierbar sein 38 und eine verschluumlsselte Datenkom-munikation ermoumlglichen 39

In den meisten west- und nordeuropaumlischen Staaten erfolgt die Autorisierung anhand der Chip- und nicht mehr anhand der Daten auf dem Magnetstreifen Die Geldautomaten in Teilen Suumld- und Osteuropas beschraumlnken sich jedoch haumlufig auf das Auslesen des Magnetstreifens dessen Daten verhaumlltnismaumlszligig leicht kopiert und uumlbertragen werden koumlnnen

2 bargeldloser Zahlungsverkehr

Beim klassischen Euroscheck verkoumlrperte die Bank des Kunden ihre Zahlungsgarantie in Pa-pierform also durch den Euroscheck selber 40 In Verbindung mit der EC-Karte erfolgte die Autori-sierung durch den Akzeptanten Parallel dazu ent-wickelte die Finanzwirtschaft das System der bar-geld- und papierlosen Zahlungen die unter dem Begriff Point of Sale ndash POS ndash zusammengefasst werden Es kennt zwei Auspraumlgungen die bank-wirtschaftlich entstanden sind und ihre rechtliche Anerkennung erhalten haben Die Lastschrift und der Abbuchungsauftrag 41

36 CF Zahlungskarten mit Garantiefunktion 1304200937 CF Turbulenzen beim bargeldlosen Zahlungsverkehr 0602201038 Mehrere Meldungen lassen daran Zweifel aufkom-menPIN-Pruumlfung im EMV-Verfahren bei EC-und Kreditkarten ausgehebelt Heise online 12022010Bericht PIN-Pruumlfung bei EC- und Kreditkarten unsicherer als angenommen Heise online 19012010Daniel Bachfeld Phish amp Chips Angriff auf das EMV-Verfahren bei Bezahlkarten ct 6201039 EC-Karten-Update soll Fehler beheben ct 32010 S 53 Update fuumlr EC-Karten ct 42010 S 5440 Die Garantie war auf 400 DM beschraumlnkt Auch houml-here Betraumlge konnten mit dem EC angewiesen wer-den der uumlberschieszligende Betrag war dann aber nicht von der Garantie der Bank umfasst

B bargeldloser kartengestuumltzter Zahlungsverkehr

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 10

Bei der Lastschrift verbleibt das Risiko bei dem Akzeptanten Das Lastschriftverfahren ist noch immer im Einzelhandel vertreten wenn zwar die Zahlungskarte des Kunden ausgelesen und ge-pruumlft wird er jedoch mit seiner Unterschrift die Zahlung anweist

Die heute uumlbliche Autorisierung fuszligt auf dem Ab-buchungsauftrag der dem Akzeptanten eine houml-here Auszahlungssicherheit gibt 42 Im Alltag zeigt sich die Autorisierung darin dass nicht nur die Zahlungskarte gepruumlft wird sondern auch die PIN eingegeben werden muss Die damit ausge-loumlste Pruumlfung erfolgt bei der kartenausgebenden

41 CF Einzugsermaumlchtigung und Lastschriftverfahren 200742 Die Einzugsverfahren sind in das SEPA-Uumlberein-kommen aufgenommen worden und gelten jetzt euro-paweit siehe CF Single Euro Payments Area 26012008

Bank der die Transaktionsdaten im elektroni-schen Onlineverfahren uumlbermittelt werden und die einen Genehmigungscode zuruumlckmeldet Der Genehmigungscode ersetzt die im Euroscheck verkoumlrperte Garantiefunktion und enthaumllt eine Auszahlungsgarantie der kartenausgebenden Bank Sie erklaumlrt damit verbindlich dass die Zah-lungskarte akzeptiert wird und der geforderte Be-trag zur Verfuumlgung steht

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 11

3 Autorisierung

Die wesentlichen Sicherungen fuumlr das Autorisie-rungsverfahren 43 bestehen in den Sicherheits-merkmalen der Zahlungskarte in der PIN und schlieszliglich in dem Genehmigungscode den die kartenausgebende Bank an den Akzeptanten meldet 44

Zum Zweck der Autorisierung von Debitkarten 45 liest der auslaumlndische Geldautomaten die Kar-tendaten aus kombiniert sie mit der vom Kunden eingegeben PIN dem Auszahlungsbetrag der Gebuumlhr den Individualmerkmalen des Geldauto-maten und der Uhrzeit Der daraus gebildete Da-tensatz wird uumlber Kommunikationsnetze und durch verschiedene Zwischenstellen (zum Bei-spiel in Deutschland First Data Corporation 46 Finanz IT 47) bis zur kartenausgebenden Bank geleitet 48 Diese pruumlft ob die Karte von ihr aus-gestellt und nicht gesperrt ist die Auszahlung im Ausland erlaubt das Tages- oder Wochenlimit nicht uumlberschritten sind und schlieszliglich ob Kon-todeckung oder ein Uumlberziehungskredit beste-hen Danach sendet die Bank an den Geldauto-

43 Wegen der technischen Einzelheiten ISO 8583 (Wikipedia)44 CF Autorisierung im POS-Verfahren 1304200945 Gemeint sind Zahlungskarten auf Guthabenbasis wobei als Guthaben auch der gewaumlhrte Uumlberzie-hungskredit gilt46 fruumlher Gesellschaft fuumlr Zahlungssysteme - GZS47 Rechenzentrum der Sparkassen48 Siehe Glossar Autorisierung Clearing

maten einen Genehmigungscode zuruumlck 49 der die Auszahlung autorisiert und eine Garantie ent-haumllt dass die autorisierende Bank fuumlr den Aus-zahlungsbetrag buumlrgt 50 51

4 Clearing

Nach der Autorisierung erfolgt bei Debitkarten in aller Regel keine unmittelbare Belastung des Kundenkontos sondern eine Zwischenbuchung auf einem bankinternen Konto 52 Nach der Aus-zahlung erfolgt im Bankenverbund uumlber die Ver-bindungsstellen das Clearingverfahren wobei die gegenseitig bestehenden Forderungen der Verbuumlnde und schlieszliglich der Institute unterein-ander ausgeglichen werden Am Ende wird die Zwischenbuchung der Hausbank gegen das Konto des Kunden aufgeloumlst

Diese Buchung zulasten des Kundenkontos mar-kiert den abschlieszligenden Schadenseintritt im Sinne von sect 263a StGB Er erfolgt erst nach der Autorisierung der Auszahlung und schlieszliglich dem Clearing wenn eine gefaumllschte Zahlungs-karte eingesetzt wurde

5 Schadensausgleich

Beanstandet der Kunde eine Kontobelastung und ist diese auf den Einsatz einer gefaumllschten Zahlungskarte zuruumlckzufuumlhren wird grundsaumltz-lich ein Schadensausgleich durchgefuumlhrt bei dem zunaumlchst die Hausbank des Kunden die Be-49 Der Genehmigungscode lautet bdquo0ldquo Andere Codezif-fern belegen Zeituumlberschreitungen Kartensperren Verwendungsbeschraumlnkungen und andere Ereignis-se Sie fuumlhren immer dazu dass die Transaktion ver-weigert wird50 Siehe auch das Glossar bei kartensicherheitde und das Zitat Kasten oben51 In dem Positionspapier strafbare Vorbereitung und Versuch beim Skimming habe ich noch angenommen dass die Garantie von einer der zwischengeschalteten Clearingstellen geleistet wird Das ist falsch Die Ga-rantie stammt immer von der Bank die die Zahlungs-karte ausgegeben und die einzelne Verfuumlgung autori-siert hat52 Conto pro Diverse ndash CPD

Genehmigungsnummer | Authorisation Code

Die Genehmigungsnummer wird infolge einer Autorisierungsanfrage von der Karten ausge-benden Bank (Issuer) vergeben und wiederum von dem Acquirer an den Haumlndler bestaumltigt Ohne diese Genehmigungsnummer hat der Haumlndler fuumlr die Transaktion keine Zahlungsga-rantie

kartensicherheitde

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lastung gegenbucht und diese Forderung bei der EURO Kartensysteme - EKS 53 - zum Ausgleich anmeldet Stellt sich dabei heraus dass der aus-laumlndische Geldautomat von einer Karte deren Original mit einem EMV-Chip ausgestattet ist nur den Magnetstreifen gepruumlft hat dann haftet im europaumlischen Bankenverbund die auslaumlndi-sche Bank fuumlr den Schaden Auf diese Weise wird ein wirtschaftlicher Druck auf die Betreiber von Geldautomaten aufgebaut der sie zur Mo-dernisierung ihrer Geraumlte und zur Verbesserung der Sicherheitsstandards draumlngt

Dieser Anpassungsdruck funktioniert dann nicht mehr wenn sich das Cashing in das entfernte Ausland verlagern sollte Die Finanzwirtschaft wird dafuumlr neue Formen der Sicherung und des Schadensausgleiches entwickeln muumlssen

6 Ergebnisse

Der erfolgreiche Missbrauch einer Zahlungskarte im Ausland der sich in einer Kontobelastung beim deutschen Bankkunden aumluszligert belegt zu-gleich dass eine erfolgreiche Autorisierung durchlaufen und die inlaumlndische Bank eine Aus-zahlung wegen ihres Gegenwertes garantiert hat (Autorisierung)

Daraus folgt ferner dass im Ausland eine ge-faumllschte Zahlungskarte die gegen Faumllschung be-sonders geschuumltzt ist (Faumllschungssicherung) mit Garantiefunktion verwendet wurde Das qua-lifiziert die Tat zu einem Verbrechen gemaumlszligsect 152b Abs 2 StGB mit einer Mindeststrafe von 2 Jahren Freiheitsstrafe wobei ein gewerbsmauml-szligiges Handeln in diesen Faumlllen grundsaumltzlich an-zunehmen ist

Der finanzwirtschaftliche Schadensausgleich hat dazu gefuumlhrt dass die durch das Skimming bei den Bankkunden eingetretenen Schaumlden im Bankenverbund ausgeglichen wurden Dieses System wird einer besonderen Belastungsprobe ausgesetzt sein wenn sich das Cashing in das auszligereuropaumlische Ausland verlagern sollte

53 Siehe auch EKS ndash Analyse

7 arbeitsteilige Handlungen beim Skimming

Das Skimming ist gepraumlgt von verschiedenen Tat-handlungen die in der Grafik auf der naumlchsten Sei-te wegen ihrer wesentlichen Merkmale zusammen-gefasst werden

Am Anfang steht die Herstellung der Ausspaumlhtech-nik Dazu gehoumlren Kartenlesegeraumlte die spaumlter am Geldautomaten an der Eingangskontrolle oder am Kontoauszugsdrucker installiert werden Fuumlr das Ausspaumlhen der PIN werden entweder Kameras oder Tastaturaufsaumltze verwendet

Alle Geraumlte muumlssen so getarnt werden dass sie den Kunden auf dem ersten Blick nicht auffallen Die Taumlter muumlssen deshalb zunaumlchst auskundschaf-ten welche Geldautomaten und Umgebungen fuumlr den Einsatz ihrer Geraumlte geeignet sind Zur Vorbe-reitung und waumlhrend der Installation muumlssen gele-gentlich Anpassungen am Geldautomaten vorge-nommen werden die auf ein erhebliches Fach- und Erfahrungswissen der Installateure schlieszligen las-sen

Zwei Tatphasen finden in der Oumlffentlichkeit statt Das ist zunaumlchst das eigentliche Ausspaumlhen der Zugangsdaten fuumlr das sich der Begriff des Skim-mings (im engeren Sinne) eingebuumlrgert hat Es um-fasst die Installation der Ausspaumlhtechnik das Aus-spaumlhen selber und den Abbau der (wertvollen) Ge-raumlte Entsprechend der eingesetzten Technik muumls-sen die Geraumlte waumlhrend des Ausspaumlhens uumlberpruumlft werden Besonders dann wenn der Abgriff der Kar-

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tendaten nicht direkt am Geldautomaten erfolgt muumlssen die ausgespaumlhten Kartendaten und PIN synchronisiert werden Das erfolgt haumlufig in der Weise dass die Taumlter Testkarten einsetzen deren Merkmale ihnen gelaumlufig sind

Je nach dem Erfolg des Ausspaumlhens werden die Kundendaten einer oder mehrerer Skimmingangrif-fe zusammengefasst und mit ihnen Dubletten an-gefertigt Es handelt sich meistens um unbedruckte WhiteCards die nur uumlber einen Magnetstreifen ver-fuumlgen und damit den einfachsten Anforderungen der ISO-Norm fuumlr Identitaumltsdokumente genuumlgen Die dazu erforderliche Technik und das Zubehoumlr sind im Einzelhandel erhaumlltlich

Die zweite Tatphase in der Oumlffentlichkeit wird als das Cashing bezeichnet Dabei werden die Dublet-ten bdquogebrauchtldquo um Auszahlungen an Geldautoma-ten zu bewirken

Die in Deutschland uumlblichen Sicherheitsmerkmale das sind vor allem das im Kartenkoumlrper einge-brachte Maschinenlesbare Merkmal ndash MM ndash und der EMV-Chip machen es erforderlich dass die Dubletten im Ausland eingesetzt werden wo die Geldautomaten sie nicht pruumlfen Das zeigt dass auch das Cashing selber die Auskundschaftung ge-eigneter Geldautomaten erfordert

Die gewandelten Erscheinungsformen beim Aus-spaumlhen allen voran das POS-Skimming zeigen dass die hier beschriebene Kriminalitaumltsform Wandlungen unterworfen ist die besonders das Ausspaumlhen selber betreffen Verfeinerte Pruumlfungen der Sicherheitsmerkmale und der beschriebene Schadensausgleich lassen vermuten dass sich das Cashing in andere Laumlnder und Kontinente ver-lagern wird

Das Cashing ist aus krimineller Sicht ein aumluszligerst effektives Instrument der Beuterealisierung Es ist zu befuumlrchten dass es uns noch lange erhalten bleibt

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An die Stelle der fruumlher uumlblichen Euroschecks ist das Autorisierungsverfahren und die mit ihm ver-bundene Genehmigung der kartenausstellenden Bank gegenuumlber der Zahlstelle im POS-Verfah-ren getreten 54

1 arbeitsteiliges Vorgehen

Der Tatplan beim Skimming umfasst bei einer groben Unterteilung drei Arbeitsschritte

1) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

2) Faumllschung von Zahlungskarten

3) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Vor dem Arbeitsschritt 1) ist die Herstellung der teilweise handwerklich anspruchsvollen Skim-ming-Hardware angesiedelt und nach dem Ar-beitsschritt 3) die Beuteverteilung wenn es sich ndash wie uumlblich ndash um eine arbeitsteilig aufgestellte Gruppe von Taumltern handelt

Das arbeitsteilige und wiederholte Vorgehen beim Skimming rechtfertigt regelmaumlszligig die An-nahme eines gewerbsmaumlszligigen Handelns 55 Ein-zeltaumlter die alle Arbeitsschritte persoumlnlich aus-uumlben treten allenfalls in Einzelfaumlllen auf In aller Regel haben wir es mit Taumltergruppen zu tun die sich nur deshalb zusammentun um eine dauer-hafte Einnahmequelle zu haben Das wird auch von den Schaumlden durch Cashing-Aktionen be-legt bei denen mehrere Taumlter gleichzeitig han-deln und binnen weniger Tage mehrere Zehntau-send Euro erbeutet haben

Auf die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Mittaumlterschaft und Bandeneigenschaft wird unten im einzelnen eingegangen

54 Siehe Glossar POS55 Siehe Zitat im Kasten oben rechts BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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2 einschlaumlgige Normen und Konkurrenzen

Das Faumllschen von Zahlungskarten und ihren Ge-brauch hat der Gesetzgeber neben die Vor-schriften uumlber das Faumllschen von Geld und Wert-zeichen gestellt (sectsect 146 ff StGB) Die Strafvor-schriften dienen der Sicherheit und Funktionsfauml-higkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs 56 Die hohen Mindestfreiheitsstrafen mit denen sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB drohen sind von Ver-fassungs wegen nicht zu beanstanden 57

Die Missbrauchshandlung beim Skimming ist im Grunddelikt der Gebrauch falscher inlaumlndischer oder auslaumlndischer Zahlungskarten gemaumlszlig sect

56 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1157 BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008 siehe auch CF Faumllschung von Zahlungskarten 01052009

C Strafbarkeit Gewerbsmaumlszligig handelt wer sich durch wiederhol-te Tatbegehung eine nicht nur voruumlbergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will Liegt diese Absicht vor ist bereits die erste Tat als gewerbsmaumlszligig begangen einzustufen auch wenn es entgegen den ur-spruumlnglichen Intentionen des Taumlters zu weiteren Taten nicht kommt Eine Verurteilung wegen ge-werbsmaumlszligiger Deliktsbegehung setzt daher schon im Grundsatz nicht notwendig voraus dass der Taumlter zur Gewinnerzielung mehrere selbststaumlndige Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden Art ver-wirklicht hat Ob der Angeklagte gewerbsmaumlszligig gehandelt hat beurteilt sich vielmehr nach seinen urspruumlnglichen Planungen sowie seinem tatsaumlchli-chen strafrechtlich relevanten Verhalten uumlber den gesamten ihm anzulastenden Tatzeitraum () Er-forderlich ist dabei stets dass sich seine Wieder-holungsabsicht auf dasjenige Delikt bezieht des-sen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbs-maumlszligigkeit qualifiziert ist

BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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152a Abs 1 Nr 2 StGB 58 In Tateinheit 59 damit steht der Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB 60 dessen Vollendung mit der Auszahlung am Geldautomaten eintritt 61

Die Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist ein selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand (sectsect 152b Abs 1 12 Abs 1 StGB) der im-mer auch die Strafbarkeit des Versuchs umfasst (sect 23 Abs 1 StGB) Unter der Voraussetzung der Gewerbsmaumlszligigkeit erhoumlht sich die Mindeststrafe auf 2 Jahre Freiheitsstrafe (sect 152b Abs 2 StGB)

Der Computerbetrug im Zusammenhang mit dem Cashing ist ein besonders schwerer Fall der sich vom Grundtatbestand des sect 263a Abs 1 StGB durch das weitere Merkmal der Gewerbsmaumlszligig-keit abhebt Er ist auch in dieser Form als Verge-hen zu behandeln (sect 12 Abs 1 StGB) so dass das Gesetz die Strafbarkeit des Versuchs beson-ders anordnen muss (sect 23 Abs 1 StGB) Das geschieht in sect 263 Abs 2 StGB auf den der sect 263a Abs 2 StGB ausdruumlcklich verweist

Dagegen tritt die Faumllschung beweiserheblicher Daten gemaumlszlig sect 269 StGB hinter der spezielleren Vorschrift des sect 152a Abs 1 Nr 1 StGB zuruumlck 62 Das mit ihr verbundene bdquoSpeichernldquo realisiert sich nur bei der Faumllschung selber und nicht auch

58 Strafrahmen Geldstrafe bis 5 Jahre Freiheitsstrafe59 Zur Tateinheit zwischen dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten (sect 152a StGB) und Betrug (sect 263 StGB) BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1760 Fallgruppe Unbefugte Verwendung von DatenBGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 8 Siehe auch BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 3780961 Tateinheit BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3 In der Entscheidung wird kommen-tarlos die falsche Strafvorschrift wegen der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion angewendet naumlmlich sect 152a StGB anstelle von sect 152b StGB Das scheint auch der Staatsanwaltschaft Aachen entgan-gen zu sein die das Urteil mit seiner sowieso schon milde(n) Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren (BGH Rn 7) nicht angegriffen hat62 Grundsaumltzlich zum Verhaumlltnis zwischen Urkunden- und Zahlungsmittelfaumllschung BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

beim Missbrauch der gefaumllschten Zah-lungskarten

Bei genauer Betrachtung greifen auch die Daten-delikte nach sect 202a und sect 202b StGB im Zusam-menhang mit dem Skimming nicht

Entgegen der Auffassung der Revision beruhen die Feststellungen zur nur voruumlbergehenden Zu-ruumlckstellung der Tatausfuumlhrung auf hinreichenden tatsaumlchlichen Anhaltspunkten stellen sich also nicht als bloszlige Vermutung dar Die Begehung von Straftaten wie das bdquoSkimmingldquo bedarf eines erheb-lichen organisatorischen Aufwands insbesondere muumlssen Geraumlte zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten zur Verfuumlgung stehen Dass Taumlter die schon uumlber laumlngere Zeit hellip mit der Vorberei-tung der Tat befasst waren nur wegen des Versa-gens der Stromversorgung eines technischen Hilfsmittels fuumlr das Ersatz beschafft werden kann von der weiteren Ausfuumlhrung des Vorhabens end-guumlltig absehen ist eine lebensfremde Annahme Eine Ersatzbeschaffung erforderte entgegen der Auffassung der Revision hellip keinen neuen Tatent-schluss sondern stellte nur einen von vielen Hand-lungsschritten bis zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten dar Dass die Strafkammer man-gels Anhaltspunkten fuumlr einen endguumlltigen Tatab-bruch davon ausgegangen ist dass ein solcher von dem Angeklagten und seinen Mittaumltern nicht gewollt war und schon deshalb ein Verhindern der Tat noch ein Bemuumlhen darum festzustellen waren ist ein nicht nur moumlglicher sondern ausgesprochen naheliegender Schluss Somit schied ein Ruumlcktritt von der Verabredung eines Verbrechens gemaumlszlig sect 31 StGB aus

Generalbundesanwalt Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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21 Ausspaumlhen von Daten

sect 202a Abs 1 StGB kommt wegen des Ausspauml-hens der Daten auf den Magnetstreifen der Zah-lungskarten der betroffenen Bankkunden nicht in Betracht weil ihm eine besondere Sicherungs-funktion fehlt Das fuumlhrt dazu dass die gespei-cherten Daten in aller Regel mit handelsuumlblichen Lesegeraumlten und Komponenten ausgelesen wer-den koumlnnen

In einer fruumlheren Entscheidung ist der BGH noch von einer Tateinheit zwischen dem Nachmachen von Zahlungskarten und dem Ausspaumlhen von Daten ausgegangen 63 Die Revision fuumlhrte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils weil das Tatsachengericht keine Strafantraumlge festgestellt hat 64 (sect 205 StGB 65) Davon wendet sich der 2 Strafsenat des BGH jetzt in zwei Beschluumlssen ab 66 ohne jedoch zunaumlchst die uumlbrigen Senate be-teiligt zu haben (sect 132 GVG) 67 Andere Senate des Gerichts sind dem inzwischen beigetreten der 1 Strafsenat jedoch mit der Einschraumlnkung dass die Voraussetzungen des sect 202a StGB dann nicht gegeben sind wenn die zum Ausle-sen benutzte Software auch im regulaumlren Handel erhaumlltlich ist 68

63 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 764 Dateninhaber ist danach die kartenausgebende Bank die somit auch strafantragsberechtigt ist eben-da65 Wegen des Ausspaumlhens (sect 202a StGB) und Abfan-gens von Daten (sect 202b StGB) kann die Staatsan-waltschaft jetzt auch das besondere oumlffentliche Inter-esse an der Strafverfolgung bejahen (sect 205 Abs 1 S 2 StGB)66 CF Ausspaumlhen von Daten und das Skimming 14052010BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309 S 4BGH Beschluss vom 18032010 - 4 StR 5550967 Kritisch auch Goya Graumlfin Tyszkiewicz Skimming als Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a StGB HRR 42010 207 (mit Zitat zum Cyberfahnder)68 BGH Beschluss vom 19052010 - 1 ARs 610CF Ausspaumlhen von Magnetstreifen 02072010

22 Abfangen von Daten

Die ausgespaumlhten Kartendaten werden zum Faumll-schen von Zahlungskarten benoumltigt und die PIN zum spaumlter einsetzenden Gebrauch sect 149 Abs 1 StGB beschraumlnkt den Anwendungsbereich fuumlr die Haftung im Vorbereitungsstadium auf die Faumll-schung und bezieht nicht auch den Gebrauch mit ein Daraus folgt dass keine Strafbarkeit wegen des Umgangs mit Geraumlten zum Ausspaumlhen der PIN aus sect 149 StGB abgeleitet werden kann

Wegen des Ausspaumlhens der PIN greift auch das Hackerstrafrecht nicht wenn es unmittelbar an-gewendet wird Es handelt sich dabei weder um ein Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a Abs 1 StGB noch um ein Abfangen von Daten gemaumlszlig sect 202b StGB Verantwortlich dafuumlr ist die Definition von bdquoDatenldquo in sect 202a Abs 2 StGB Das sind nur solche Daten die bereits gespeichert sind oder uumlbermittelt werden Das Uumlbermitteln setzt jedoch eine vorherige Speicherung voraus

Beim Skimming wird die PIN aber bei der Einga-be ausgespaumlht Sie ist der Speicherung und Uumlbermittlung vorgelagert

23 PIN-Skimming und Computersabotage

Das Cashing ist mit der Eingabe von Daten mit dem Ziel verbunden einem Anderen Nachteil zu-zufuumlgen und deshalb auch ein Anwendungsfall der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 1 Nr 2 StGB Diese Strafvorschrift wird im Zusammen-hang mit dem Cashing vom Computerbetrug als dem spezielleren und schwereren Vorwurf ver-draumlngt

sect 303b Abs 5 StGB erweitert jedoch die Straf-barkeit auch auf das Vorbereitungsstadium in-dem er auf sect 202c StGB verweist Dadurch wer-den nicht nur Computerprogramme geschuumltzt sondern ausdruumlcklich auch Passwoumlrter und sonstiger Sicherungscode (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) Der Umgang mit ihnen mit dem Ziel sie zum Cashing zu verwenden steht unter Strafe 69 69 CF Ausspaumlhen der PIN 06122008

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und wird mit einer Houmlchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht

Die Schutzrichtung dieser Normen beschraumlnkt sich jedoch auf Computerprogramme einerseits und PIN (als Passwoumlrter) andererseits nicht aber auf die zum Ausspaumlhen genutzten Geraumlte

Das Sich-Verschaffen von PIN ist somit gemaumlszlig sect 303b Abs 5 StGB in Verbindung mit sect 202c StGB strafbar Es verlangt nach dem Nachweis dass tatsaumlchlich PIN ausgespaumlht wurden

24 natuumlrliche Handlungseinheiten

Aus dem Begriff bdquodieselbe Tatldquo (sect 52 Abs 1 StGB) leitet die Rechtsprechung die natuumlrliche Handlungseinheit ab wobei mehrere Verhal-tensweisen von einem einheitlichen Willen getra-gen werden und raumlumlich-zeitlich so eng mitein-ander verbunden sind dass das gesamte Taumltig-werden objektiv als ein einheitliches und zusam-mengehoumlriges Tun erscheint 70 Sie darf nicht mit der fortgesetzten Handlung verwechselt werden womit von der Rechtsprechung gleichartige Ta-ten mit weitem raumlumlich-zeitlichem Zusammen-hang zusammengefasst wurden Die Handlungs-form der fortgesetzten Handlung hat der BGH 1994 aufgegeben 71 nicht zuletzt deshalb weil sie erhebliche Nachteile fuumlr die Angeklagten barg 72

Eine besondere Auspraumlgung der Handlungsein-heit hat der BGH im Zusammenhang mit Betaumlu-bungsmittelstraftaten entwickelt Insoweit spricht er von einer Bewertungseinheit und fasst damit alle Veraumluszligerungshandlungen des Taumlters zu-sammen wenn das Rauschgift aus derselben 70 lexexaktde natuumlrliche Handlungseinheit71 BGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393 zum Steuerstrafrecht 72 Siehe BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593wenn verschiedene Handlungen (Steuererklaumlrungen) durch den Fortsetzungszusammenhang zusammen gefasst werden dann beginnt ihre Verjaumlhrung erst mit der letzten Tathandlung (sect 78a StGB) Das hat dazu gefuumlhrt dass Steuerstraftaten uumlber Jahrzehnte hin-weg bestraft werden konnten wenn sie denselben Akt oder Modus betrafen

Quelle stammt also aus einer einmaligen Er-werbstat 73

Im Zusammenhang mit dem Skimming spricht der BGH von deliktischen Einheiten die einer-seits zwischen dem Gebrauchen nachgemachter Zahlungskarten und dem damit verbundenen Be-trug und andererseits zwischen den Tathandlun-gen des Nachmachens und des Gebrauchens im Sinne von sect 152a Abs 1 StGB bestehen soweit sie raumlumlich-zeitlich eng verbunden und von ei-nem einheitlichen Vorsatz umschlossen sind 74 Solche deliktischen Einheiten koumlnnen auch die gleichzeitig Faumllschung mehrerer Karten 75 und ih-ren Gebrauch beim Cashing bilden 76

Die praktische Konsequenz daraus ist dass als eine materielle Tat alle Faumllschungen alle Miss-braumluche von Zahlungskarten und alle unmittelbar

73 BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300 mwN74 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 17BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 440875 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 13BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 376 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 8

Ob die Vollendung in mehreren materiellen Taten erfolgt orientiert sich am Handeln des Cashers Anhand der Abbuchungsdaten koumlnnen erfah-rungsgemaumlszlig deutliche Pausen festgestellt wer-den die aber nicht zwingend auf eine Unterbre-chung und die Beendigung einer Tat schlieszligen lassen Zwei Fehlerquellen sind insoweit zu be-trachten

Die Zeitstempel die die Geldautomaten uumlbermit-teln richten sich nach den Einstellungen im Geld-automaten selber und werden nicht synchronisiert Sie koumlnnen von der genauen Zeit abweichen und aus einer anderen Zeitzone stammen

Allein Europa verfuumlgt uumlber mindestens 4 Zeitzo-nen von der die Mitteleuropaumlische Zeit ndash MEZ ndash die verbreitetste ist Die EKS stellt aber die Zeit-stempel der Rechenzentren bei der Autorisierung zur Verfuumlgung so dass die Fehlerquelle abwei-chender Zeitangaben nahezu ausgeschlossen ist

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aufeinander folgenden Ausspaumlhungen von Kon-tozugangsdaten zusammengefasst werden muumls-sen soweit sie einen engen Zusammenhang mit-einander haben Das ist zum Beispiel der Fall wenn Skimmer ihre technischen Geraumlte installie-ren ihre Funktionstuumlchtigkeit gelegentlich uumlber-pruumlfen und die Geraumlte schlieszliglich wieder abbau-en Das Ausspaumlhen bildet dabei einen einheitli-chen Handlungsrahmen wobei der Vorsatz der Taumlter darauf gerichtet ist moumlglichst viele Kun-dendaten bei ihrem Angriff zu erlangen Auch wenn die Taumlter uumlber mehrere Tage hinweg die-selbe Bankfiliale ausspaumlhen und die Technik nur waumlhrend der Bankgeschaumlftszeiten abbauen und anschlieszligend wieder einrichten 77 kann eine de-liktische Einheit bestehen 78

Dasselbe gilt wegen des Cashings wenn die Tauml-ter mit engem zeitlichen Zusammenhang han-deln Eine Zaumlsur kann jedoch dann angenom-men werden wenn die Taumlter ihr Handeln unter-brechen um sich zum Beispiel mit weiteren Du-bletten zu versorgen 79

Im Zusammenhang mit dem Nachmachen und Gebrauchen von Zahlungskarten ist jedenfalls dann das Vorliegen eines minder schweren Fal-les zu pruumlfen wenn es um eine geringe Stuumlck-zahl von Karten geht 80

77 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 978 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 14 leitet das daraus ab dass verschiedene Vorberei-tungshandlungen die sich auf denselben Gegenstand erstrecken nur eine Tat darstellen Die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium beim Skimming wird unten angesprochen79 Siehe BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 9 80 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 12

3 Faumllschungssicherheit

Von der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt dass sich die Faumllschung auch alleine auf die Da-ten auf dem Magnetstreifen beschraumlnken kann 81 In Bezug auf Zahlungskarten hat der BGH jetzt ausgefuumlhrt 82

bdquoFalsch sind Zahlungskarten (mit Garantiefunkti-on) wenn sie faumllschlicherweise den Anschein er-wecken sie seien von demjenigen ausgegeben worden auf den die lesbaren Angaben auf der Karte oder die auf ihr unsichtbar gespeicherten Informationen als Aussteller hinweisen Optische Wahrnehmungsmoumlglichkeit und digitale Maschi-nenlesbarkeit muumlssen nicht gleichzeitig gegeben sein so dass eine falsche Karte nicht die ku-mulative Nachahmung beider Komponenten vor-aussetzt Es genuumlgt dass die Faumllschung entwe-der nur die Urkundenfunktion zum Gegenstand hat - was etwa bei einer gefaumllschten Kreditkarte der Fall ist die nur in ihrem aumluszligeren Erschei-nungsbild einer echten Kreditkarte entspricht aber keinen funktionsfaumlhigen Magnetstreifen oder Mikrochip enthaumllt - oder ein Magnetstreifen bzw ein Mikrochip zwecks ausschlieszliglicher Ver-wendung an Automaten gefaumllscht und auf ein unbedrucktes Stuumlck Plastik oder Pappe geklebt ist ldquo

sect 152a Abs 4 Nr 2 und sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB verlangen gleichermaszligen nach einer be-sonderen Sicherung gegen die Nachahmung durch Ausgestaltung oder Codierung wobei un-klar bleibt ob sie unterschiedliche Sicherheits-merkmale meinen Dafuumlr koumlnnte sprechen dass bei gleichem Wortlaut sect 152a StGB das Verfaumll-schen und Nachmachen und sect 152b StGB die Garantiefunktion in den Vordergrund stellen

Die allgemeine bdquoAusgestaltungldquo der Zahlungskar-ten wird von den Aufdrucken Hologrammen der erhabenen Kartennummer und der Pruumlfnummer (bei Kreditkarten) sowie dem Unterschriftsfeld und dem Vorhandensein des Magnetstreifens

81 Zur Verfaumllschung einer echten Zahlungskarte BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840082 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 11

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oder des EMV-Chips gepraumlgt Als besondere Si-cherungen im Hinblick auf die Kodierung sind an erster Stelle das Maschinenlesbare Merkmal die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Siche-rungsmechanismen im EMV-Chip zu nennen der zudem einen verschluumlsselten Datenverkehr zulassen soll

Im Hinblick auf die Garantiefunktion kommt als gestaltendes Element eine besondere Bedeu-tung dem Label zu das die Karte als eine solche ausweist die am Onlineverfahren zur Autorisie-rung und Genehmigung teilnimmt Die besonde-re Sicherheitsmerkmale in Bezug auf die Garan-tiefunktion sind dieselben die auch zur allgemei-nen Kartensicherheit dienen Das sind vor allem die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Si-cherungsmechanismen im EMV-Chip Von be-sonderer Bedeutung ist insoweit die PIN die im Autorisierungsverfahren gepruumlft wird Im Zusam-menhang mit sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB kommt auch den Verschluumlsselungsmechanismen im EMV-Chip eine besondere Bedeutung zu er ist jedoch noch nicht allgemein verbreitet 83

4 Garantiefunktion

sect 152a Abs 1 StGB schuumltzt inlaumlndische und aus-laumlndische Zahlungskarten und geldwerte Wertpa-piere (Schecks Wechsel) vor ihrer Faumllschung wenn sie von einem Kredit- oder Finanzdienst-leistungsinstitut herausgegeben wurden (sect 152a Abs 4 Nr 1 StGB) und durch ihre Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind (sect 152a Abs 4 Nr 2 StGB) 84 Die-se Voraussetzungen liegen angesichts der be-schriebenen Sicherheitsmerkmale bei den uumlbli-

83 Falsch programmierte EMV-Chips haben Anfang 2010 zu erheblichen Irritationen gefuumlhrt Im Onlinever-fahren zeigt die Kodierung des Magnetstreifens an dass die Karte uumlber einen EMV-Chip verfuumlgt Damit soll das POS-Terminal angewiesen werden den Chip auszulesen und dessen Sicherheitsfunktionen zu nut-zen Mit einfachem Klebeband laumlsst sich der Chip je-doch abdecken so dass das Terminal ihn als defekt betrachtet Darauf beschraumlnkt es sich auf die Pruumlfung des Magnetstreifens84 CF Skimming und Faumllschungsrecht 13042009

chen von Banken herausgegebenen Karten vor 85

Die Garantiefunktion wird darin gesehen dass das die Karte ausgebende Unternehmen sich gegenuumlber Vertragsunternehmen ltverpflichtetgt deren Forderungen gegen den Kartenbenutzer zu bezahlen 86 Diese Definition nimmt sect 152b Abs 4 StGB auf und definiert die Zahlungskarten mit Garantiefunktion als Kredit- Euroscheck- und sonstige Karten die es ermoumlglichen den Aus-steller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen 87 Die Modalitaumlten des Forderungsausgleiches zwischen der Bank und ihrem Kunden wirken sich darauf nicht aus

In Literatur und Rechtsprechung bestehen an der Garantiefunktion keine Zweifel wenn es sich um Kreditkarten handelt bei denen der Auszah-lungsbetrag gegen ein eigenes Konto des Kar-tenausstellers erfolgt Die bekanntesten Kredit-kartenverbuumlnde sind die von American Express Master und Visa 88 Die Autorisierung im Online-verfahren und die damit verbundene Genehmi-gung ohne die keine Verfuumlgung akzeptiert wird ist bei Kredit- und Debitkarten jedoch identisch 89 so dass auch die Debitkarten die an dem Autori-sierungsverfahren teilnehmen koumlnnen Karten

85 Siehe oben Faumllschungssicherung86 BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392 Rn 9Die Entscheidung betrifft den Kredit- und Scheckkar-tenmissbrauch gemaumlszlig sect 266b StGB und unterschei-det deshalb zwischen Einziehungsverfahren und Last-schriftverfahren Im Lastschriftverfahren traumlgt das Ausfallrisiko der Akzeptant so dass die Karten aus-stellende Bank nicht geschaumldigt wird (ebenda)87 Fuumlr die EC-Karte hat der BGH anerkannt dass sie auch dann eine Garantiefunktion hat wenn sie im Lastschriftverfahren eingesetzt wird BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840088 Siehe die Uumlbersicht und Erklaumlrungen bei kartensicherheitde ndash Zahlungsverfahren89 In BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 4 spricht das Gericht unklar von falschen Kreditkar-ten mit Garantiefunktion meint jedoch Kreditkarten als solche die nach Art der ausstellenden Banken be-druckt und mit den Labeln von Visa oder Master ver-sehen waren

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mit Garantiefunktion sind 90 Fuumlr die Strafbarkeit nach sect 152b StGB kommt es nur darauf an dass die Garantiefunktion besteht und nicht auch dar-auf dass der Taumlter sie in Anspruch nehmen will 91

Dem Schutz des sect 152a StGB unterliegen schlieszliglich auch andere Zahlungskarten von Fi-nanzdienstleistungsinstituten zum Beispiel Tank- und Telefonkarten die hier nicht weiter be-trachtet werden

Die vom Gesetzestext genannten Euroschecks und -karten gibt es seit 2002 nicht mehr An ihre Stelle ist das (auch vorher schon praktizierte) Autorisierungsverfahren getreten Wie beim EC-Verfahren 92 geht es ihm um die Garantie des Ausstellers wegen der Auszahlung nur dass die durch den Euroscheck verbuumlrgte und von der EC-Karte autorisierte Garantie uumlbergegangen ist zum Genehmigungscode den der Aussteller in jedem POS-Verfahren uumlbermittelt wenn er die Buchung genehmigt Das EC-Verfahren hat da-durch eine neue Auspraumlgung erfahren Waumlhrend das klassische Modell eine fruumlhe Autorisierung bei der Ausgabe der Schecks durchgefuumlhrt hat erfolgt sie jetzt in Echtzeit durch die Uumlbermittlung des Genehmigungscodes Nicht anders als im al-ten Verfahren erfolgt die Buchung der Forderung gegen die Bank zunaumlchst auf einem ihrer Zwi-schenkonten 93 was der Ausgabe der Euro-schecks gleich kommt Das zeigt auch dass die autorisierende Bank die buchhalterische Haftung fuumlr die betreffende Forderung uumlbernimmt

90 Siehe oben Autorisierung91 BGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 2290892 Das Markenzeichen bdquoECldquo wird jetzt als bdquoelectronic cashldquo fortgefuumlhrt93 Siehe oben Clearing

5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

Das Cashing im Ausland unterliegt gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB dem deutschen Strafrecht Das Aus-spaumlhen im Inland bildet fuumlr den Mittaumlter einen ei-genen Tatort (sect 9 Abs 1 StGB) und fuumlr den Teil-nehmer greifen sect 9 Abs 2 S 1 S 2 StGB We-gen des im Ausland vollendeten Computerbetru-ges tritt der Taterfolg zunaumlchst bei der karten-ausgebenden Bank (Buchung gegen das interne CPD-Konto) und im Zuge des Clearingverfah-rens zulasten des einzelnen Bankkunden ein so dass der Erfolgsort gemaumlszlig sect 9 Abs 1 StGB im Inland liegt

Das Cashing ndash ob im Ausland mit inlaumlndischen oder im Inland mit auslaumlndischen Kartendaten und PIN - stellt sich deshalb als die Vollendung des gewerbsmaumlszligigen Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tatein-heit mit gewerbsmaumlszligigem Computerbetrug ge-maumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB dar 94

Eine Ausnahme bilden die vollstaumlndigen Aus-landstaten in denen das Cashing im Ausland mit auslaumlndischen Kartendaten erfolgt Sie haben keinen inlaumlndischen Handlungs- oder Erfolgsort so dass das Weltrechtsprinzip gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB unmittelbar greift wenn die auslaumlndischen Taumlter im Inland ergriffen werden (sect 9 StPO) oder sich hier niedergelassen haben (sect 8 StPO) Die Taumlter koumlnnen wegen des Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten verfolgt werden nicht aber we-gen Computerbetruges fuumlr den das Weltrechts-prinzip nicht gilt 95

94 Das Landgericht Hannover ist am 17112009 mei-nen rechtlichen Auffassungen gefolgt (rechtskraumlftig seit Ende April 2010)CF Skimming-Rechtsprechung 1811200995 Wegen der Strafverfolgung Deutscher und solcher Auslaumlnder die nicht abgeschoben werden koumlnnen siehe sect 7 Abs 2 StGB

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 48

BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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bdquoSkimmingldquo als kriminel-le Erscheinungsform hat seinen Ausgang beim Ausspaumlhen der auf den Magnetstreifen von Kre-dit- und Zahlungskarten gespeicherten Kartenda-

ten und den Persoumlnlichen Identifikationsnum-mern ndash PIN die von den Bankkunden bei ihren Verfuumlgungen am Geldautomaten eingegeben werden Das Ausspaumlhen der Kartendaten ist ein notwendiger Schritt zur Faumllschung von Zahlungs-karten und das Ausspaumlhen der PIN ein weiterer notwendiger Schritt fuumlr das finale Ziel der Taumlter dem Missbrauch der Zahlungskarten an auslaumln-dischen Geldautomaten wobei sie die Auszah-lung mit den richtigen Kartendaten und der PIN autorisieren lassen muumlssen

Die klassischen Skimming-Taumlter treten in zwei Tatphasen oumlffentlich auf beim Ausspaumlhen von Daten und abschlieszligend beim Missbrauch von Zahlungskarten Anlaumlsslich dieser oumlffentlichen Auftritte erfolgen auch erfahrungsgemaumlszlig die po-lizeilichen Zugriffe Der Faumllschungsvorgang sel-ber wird nach den bisherigen Erkenntnissen vor-wiegend im osteuropaumlischen Ausland unternom-men

Wie jede kriminelle Mode wandelt sich auch das Skimming wobei verfeinerte Methoden zum Einsatz kommen Gegen das Ausspaumlhen der PIN mit einer Kame-ra 13 koumlnnen sich die Bankkunden schuumltzen wenn sie eine Hand uumlber die andere halten mit der sie gerade die Zif-

fernfolge eingeben Das funktioniert dann nicht mehr wenn die Taumlter flach oberhalb der Tastatur

13 CF Kamera 13042009

anbringen 14 oder statt einer Kamera einen Tas-taturaufsatz 15 oder so-gar eine vollstaumlndige Fassade (Front Cover-ing) einsetzen 16 (Bild unten Ruumlckseite eines Tastaturaufsatzes)

Der wechselnde Einsatz verschiedener Karten fuumlr den Zugang zur Bank und fuumlr die Verfuumlgung am Geldautomaten schuumltzt den Kunden dann nicht mehr wenn

der Skimmer direkt am Geldautomaten ange-bracht ist 17

Seit zwei Jahren treten Faumllle des POS-Skim-mings auf 18 POS bedeutet Point of Sale Ge-meint sind die handlichen Terminals an den Kas-sen im Einzelhandel die gleichzeitig die Kar-tendaten auslesen und uumlber ihre Tastatur die PIN aufnehmen 19 Alle notwendigen Daten durchlaufen diese Geraumlte Wenn die Taumlter es schaffen sie entsprechend umzuruumlsten dann

14 CF Sichtblende mit Kamera 26062010 15 CF Tastaturaufsatz 13042009CF Tastaturblende 1304200916 CF Skimming Juli 200717 CF BKA Lagebild OK Zahlungskartenkriminalitaumlt 0111200818 CF POS-Skimming 18052008 CF Datenklau und -missbrauch 1908200819 CF BKA Lagebild OK Manipulation von POS Terminals 01112008

A Phaumlnomen Skimming

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speichern oder senden sie die Dumps 20 an die Taumlter

In Russland wurden unlaumlngst die Geldautomaten selber gehackt um die Dateneingabe vollstaumlndig aufzuzeichnen 21 Vermutlich wurde dazu eine technische Schnittstelle an den Geraumlten genutzt die zur Wartung Funktionspruumlfung oder Aktuali-sierung der Software bestimmt ist

Beide Beispiele zeigen dass die Beschaffung der Kartendaten und PIN auf mehreren Wegen erfolgen kann Sie ist zwar wichtig fuumlr den Tater-folg am Ende zaumlhlt aber das erbeutete Geld und nicht die Methode mit der die Taumlter an die Daten gelangten Die Arbeitsteilung bei dieser Krimina-litaumltsform laumlsst auch spezialisierte bdquoSubunterneh-merldquo zu die sich auf die Beschaffung der Daten beschraumlnken und ihre bdquoRohstoffeldquo an andere Spezialisten verkaufen die sich um das Faumll-schen und das Cashing kuumlmmern

Besonders heimtuumlckisch gingen die Hacker vor die Ende 2008 in die Datenhaltung einer US-amerikanischen Bank eindrangen und die Kar-tendaten einschlieszliglich PIN von 100 Kunden ausspaumlhten 22 Gleichzeitig erhoumlhten sie deren Auszahlungslimit Am 08112008 wurden welt-weit und gleichzeitig an 130 Geldautomaten in 49 Staumldten die gefaumllschten Zahlungskarten ein-gesetzt und damit 9 Millionen US-$ erbeutet

Dieses Beispiel zeigt wie sich die Methoden der Cybercrime in den Formen des Hackings des Ausspaumlhens und des Verfaumllschens von Daten mit denen anderer Kriminalitaumltsformen vermen-gen

Das Skimming ist von seiner Herkunft her eher beim Trickdiebstahl und -betrug angesiedelt 23 weil es ihm urspruumlnglich nur um das Stehlen von Zahlungskarten und ihre Faumllschung ging Es ver-langt handwerkliche Fertigkeiten bei der Herstel-20 vollstaumlndige Kartendaten einschlieszliglich PINCF Fachworte April 200721 CF Skimming an der Quelle 2003200922 CF Skimming-Coup 0602200923 CF Proll-Skimming 18052008CF Beobachtung Trickdiebstahl Juli 2007

lung der eingesetzten Geraumlte besonderes Wis-sen wegen der Auswahl der Geldautomaten und Standorte die sich einerseits zum Ausspaumlhen der erforderlichen Daten und andererseits zum Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten eig-nen sowie logistisches Geschick bei der Instal-lation der Uumlberwachungshardware Die ver-schiedenen Arbeitsschritte im Tatplan ihre wechselnden Anforderungen an die Faumlhig- und Fertigkeiten der Taumlter 24 und die grenzuumlberschrei-tende Logistik des Gesamtplans sprechen fuumlr eine Arbeitsteilung mit einer zentralen planenden und steuernden Instanz

Die bisher gemachten Erfahrungen zeigen dass Skimmer 25 und Casher 26 regelmaumlszligig zu zweit oder dritt auftreten und gelegentlich auch mehre-re Gruppen gleichzeitig handeln Aus den Bildern von Uumlberwachungskameras ist bekannt dass die Taumlter noch am Tatort mobil telefonieren Sie be-richten dann offenbar uumlber den Erfolg ihres Ein-satzes und stimmen sich untereinander ab Aus den Journalen von angegriffenen Geldautomaten ergeben sich Stromunterbrechungen wenn Le-segeraumlte ausgewechselt werden dass zur Funk-tionspruumlfung der praumlparierten Kartenlesegeraumlte und zur Markierung der ausgespaumlhten Zahlungs-kartendaten Testkarten eingesetzt werden 27 An-dere Bilder haben eindrucksvoll gezeigt wie

24 CF Grafik Juni 2008 Wegen der Herstellung von Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fehlt noch der Hinweis auf sect 149 StGB Die Diskussion um die Strafbarkeit wegen des Umgangs mit diesen Geraumlten wurde erst ab Herbst 2008 oumlffentlich25 Skimmer siehe Glossar26 Casher siehe Glossar

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Casher beim Einsatz von White Cards 28

mit ihren Handys telefonieren und sich dabei offenbar die PIN uumlbermitteln las-sen

Die bevorzugten Zeiten fuumlr das Ausspauml-hen liegen auszligerhalb der Bankoumlffnungs-zeiten also ganz besonders ab Freitag Mittag bis uumlber das Wochenende hin-weg Das verbindet die Skimming-Taumlter mit denen beim klassischen Phishing Beiden geht es darum den stoumlrenden Eingriff der Bankmitarbeiter zu unterlau-fen Beim Phishing 29 soll dadurch die Transaktion mit den ausgespaumlhten Da-ten des Onlinebankings abgesichert und beim Skimming das Entdeckungsrisiko verringert werden

Auch das Cashing findet vor Allem am Wochenende und waumlhrend der Nacht statt Nachts haben die Casher die we-nigsten Stoumlrungen durch Bankkunden Publikum und Sicherheitspersonal zu befuumlrchten Um 000 Uhr wird auch in aller Regel das Tageslimit fuumlr die Zahlungskarten umgestellt Das bedeutet dass die Taumlter zwei Tageshoumlchstbetraumlge ergau-nern koumlnnen wenn sie die gefaumllschte Karte vor und nach Mitternacht missbrauchen Aus diesen Gruumlnden bevorzugen sie auch das Wochenende und die Feiertage Hinzu kommt dass in der Nacht von Freitag auf Samstag meistens auch das Wochenlimit storniert wird 30 so dass am Samstag Morgen das neue Wochenlimit ange-griffen werden kann27 Als Testkarte eignet sich jede Magnetkarte also auch Telefonkarten oder Tankkarten Wichtig ist den Taumltern nur dass sie anhand der ihnen bekannten Ei-genschaften der Testkarte den Zeitpunkt und die Rei-henfolge der ausgespaumlhten Daten uumlberpruumlfen und den gesondert beobachteten PIN zuordnen koumlnnen28 White Cards auch White Plastics siehe Glossar29 Mit bdquoklassischem Phishingldquo ist die Verbreitung von Spam-Mails gemeint die die Empfaumlnger zur Preisga-be ihrer Kontozugangsdaten bewegen sollen Zu den jetzt uumlblichen Methoden CF Phishing mit Homebanking-Malware 2210200830 Zum Beispiel HypoVereinsbank HVB Cashkarte Denn Zeit ist Geld S S 2

Dank des maschinenlesbaren Merkmals das nur deutsche Zahlungskarten enthalten muumlssen koumlnnen Faumllschungen mit inlaumlndischen Magnet-streifendaten nur im Ausland zum Cashing ein-gesetzt werden Im europaumlischen Ausland setzt sich durch dass die Geldautomaten statt des Magnetstreifens den EMV-Chip der Zahlungskar-te pruumlfen den die Faumllscher bislang nicht nach-machen koumlnnen Das fuumlhrt immer haumlufiger dazu dass das Cashing im auszligereuropaumlischen Aus-land stattfindet

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Unter dem Gesichtspunkt des klassischen Skim-mings bei dem das Ausspaumlhen und der Miss-brauch gefaumllschter Zahlungskarten in der Oumlffent-lichkeit stattfindet bedarf das Verfahren des bar-geldlosen Zahlungsverkehrs einer besonderen Betrachtung

1 Faumllschungssicherung

Die in Deutschland herausgegebenen Zahlungs-karten 31 verfuumlgen uumlber mehrere Vorrichtungen gegen das Faumllschen der Karte selber 32 Neben dem Unterschriftsfeld den Merkmalen des Auf-drucks und des fuumlr die Individualdaten verwen-deten Schrifttyps (OCR-B 33) sind das besonders der EMV-Chip und das Maschinenlesbare Merk-mal ndash MM

Das MM ist eine Besonderheit die es nur in Deutschland gibt Dabei handelt es sich um einen im Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmal-stoff der eine individuelle Codierung der Karte zulaumlsst 34 Diese Codierung wird im Geldautoma-ten mit einer Pruumlfsumme abgeglichen die auf dem Magnetstreifen der Zahlungskarte gespei-chert ist Es wird jedoch nicht von den Handgerauml-ten im Einzelhandel gepruumlft (POS-Terminal) so dass hier zum Cashing verfaumllschte Zahlungskar-ten eingesetzt werden koumlnnen bei denen der Magnetstreifen der Originalkarte mit fremden Kontodaten beschrieben ist

Der EMV-Chip wird von den groszligen Verbuumlnden fuumlr grenzuumlberschreitend einsetzbare Zahlungs-karten gefordert und ist bereits weit verbreitet 35 Das Kuumlrzel geht auf bdquoElectronic Cash ndash MasterMaestro ndash Visaldquo zuruumlck 36 Der Chip ist

31 Es handelt sich um standardisierte Identitaumltsdoku-mente nach ISOIEC 7810 (Wikipedia)32 CF Zahlungskarten 1805200833 CF Zeichensatz OCR-B Juli 200734 CF Sicherheitsmerkmale und Merkmalstoffe 0602201035 Kartensicherheitde EMV-Chip

zwar programmierbar 37 soll aber nicht manipu-lierbar sein 38 und eine verschluumlsselte Datenkom-munikation ermoumlglichen 39

In den meisten west- und nordeuropaumlischen Staaten erfolgt die Autorisierung anhand der Chip- und nicht mehr anhand der Daten auf dem Magnetstreifen Die Geldautomaten in Teilen Suumld- und Osteuropas beschraumlnken sich jedoch haumlufig auf das Auslesen des Magnetstreifens dessen Daten verhaumlltnismaumlszligig leicht kopiert und uumlbertragen werden koumlnnen

2 bargeldloser Zahlungsverkehr

Beim klassischen Euroscheck verkoumlrperte die Bank des Kunden ihre Zahlungsgarantie in Pa-pierform also durch den Euroscheck selber 40 In Verbindung mit der EC-Karte erfolgte die Autori-sierung durch den Akzeptanten Parallel dazu ent-wickelte die Finanzwirtschaft das System der bar-geld- und papierlosen Zahlungen die unter dem Begriff Point of Sale ndash POS ndash zusammengefasst werden Es kennt zwei Auspraumlgungen die bank-wirtschaftlich entstanden sind und ihre rechtliche Anerkennung erhalten haben Die Lastschrift und der Abbuchungsauftrag 41

36 CF Zahlungskarten mit Garantiefunktion 1304200937 CF Turbulenzen beim bargeldlosen Zahlungsverkehr 0602201038 Mehrere Meldungen lassen daran Zweifel aufkom-menPIN-Pruumlfung im EMV-Verfahren bei EC-und Kreditkarten ausgehebelt Heise online 12022010Bericht PIN-Pruumlfung bei EC- und Kreditkarten unsicherer als angenommen Heise online 19012010Daniel Bachfeld Phish amp Chips Angriff auf das EMV-Verfahren bei Bezahlkarten ct 6201039 EC-Karten-Update soll Fehler beheben ct 32010 S 53 Update fuumlr EC-Karten ct 42010 S 5440 Die Garantie war auf 400 DM beschraumlnkt Auch houml-here Betraumlge konnten mit dem EC angewiesen wer-den der uumlberschieszligende Betrag war dann aber nicht von der Garantie der Bank umfasst

B bargeldloser kartengestuumltzter Zahlungsverkehr

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Bei der Lastschrift verbleibt das Risiko bei dem Akzeptanten Das Lastschriftverfahren ist noch immer im Einzelhandel vertreten wenn zwar die Zahlungskarte des Kunden ausgelesen und ge-pruumlft wird er jedoch mit seiner Unterschrift die Zahlung anweist

Die heute uumlbliche Autorisierung fuszligt auf dem Ab-buchungsauftrag der dem Akzeptanten eine houml-here Auszahlungssicherheit gibt 42 Im Alltag zeigt sich die Autorisierung darin dass nicht nur die Zahlungskarte gepruumlft wird sondern auch die PIN eingegeben werden muss Die damit ausge-loumlste Pruumlfung erfolgt bei der kartenausgebenden

41 CF Einzugsermaumlchtigung und Lastschriftverfahren 200742 Die Einzugsverfahren sind in das SEPA-Uumlberein-kommen aufgenommen worden und gelten jetzt euro-paweit siehe CF Single Euro Payments Area 26012008

Bank der die Transaktionsdaten im elektroni-schen Onlineverfahren uumlbermittelt werden und die einen Genehmigungscode zuruumlckmeldet Der Genehmigungscode ersetzt die im Euroscheck verkoumlrperte Garantiefunktion und enthaumllt eine Auszahlungsgarantie der kartenausgebenden Bank Sie erklaumlrt damit verbindlich dass die Zah-lungskarte akzeptiert wird und der geforderte Be-trag zur Verfuumlgung steht

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3 Autorisierung

Die wesentlichen Sicherungen fuumlr das Autorisie-rungsverfahren 43 bestehen in den Sicherheits-merkmalen der Zahlungskarte in der PIN und schlieszliglich in dem Genehmigungscode den die kartenausgebende Bank an den Akzeptanten meldet 44

Zum Zweck der Autorisierung von Debitkarten 45 liest der auslaumlndische Geldautomaten die Kar-tendaten aus kombiniert sie mit der vom Kunden eingegeben PIN dem Auszahlungsbetrag der Gebuumlhr den Individualmerkmalen des Geldauto-maten und der Uhrzeit Der daraus gebildete Da-tensatz wird uumlber Kommunikationsnetze und durch verschiedene Zwischenstellen (zum Bei-spiel in Deutschland First Data Corporation 46 Finanz IT 47) bis zur kartenausgebenden Bank geleitet 48 Diese pruumlft ob die Karte von ihr aus-gestellt und nicht gesperrt ist die Auszahlung im Ausland erlaubt das Tages- oder Wochenlimit nicht uumlberschritten sind und schlieszliglich ob Kon-todeckung oder ein Uumlberziehungskredit beste-hen Danach sendet die Bank an den Geldauto-

43 Wegen der technischen Einzelheiten ISO 8583 (Wikipedia)44 CF Autorisierung im POS-Verfahren 1304200945 Gemeint sind Zahlungskarten auf Guthabenbasis wobei als Guthaben auch der gewaumlhrte Uumlberzie-hungskredit gilt46 fruumlher Gesellschaft fuumlr Zahlungssysteme - GZS47 Rechenzentrum der Sparkassen48 Siehe Glossar Autorisierung Clearing

maten einen Genehmigungscode zuruumlck 49 der die Auszahlung autorisiert und eine Garantie ent-haumllt dass die autorisierende Bank fuumlr den Aus-zahlungsbetrag buumlrgt 50 51

4 Clearing

Nach der Autorisierung erfolgt bei Debitkarten in aller Regel keine unmittelbare Belastung des Kundenkontos sondern eine Zwischenbuchung auf einem bankinternen Konto 52 Nach der Aus-zahlung erfolgt im Bankenverbund uumlber die Ver-bindungsstellen das Clearingverfahren wobei die gegenseitig bestehenden Forderungen der Verbuumlnde und schlieszliglich der Institute unterein-ander ausgeglichen werden Am Ende wird die Zwischenbuchung der Hausbank gegen das Konto des Kunden aufgeloumlst

Diese Buchung zulasten des Kundenkontos mar-kiert den abschlieszligenden Schadenseintritt im Sinne von sect 263a StGB Er erfolgt erst nach der Autorisierung der Auszahlung und schlieszliglich dem Clearing wenn eine gefaumllschte Zahlungs-karte eingesetzt wurde

5 Schadensausgleich

Beanstandet der Kunde eine Kontobelastung und ist diese auf den Einsatz einer gefaumllschten Zahlungskarte zuruumlckzufuumlhren wird grundsaumltz-lich ein Schadensausgleich durchgefuumlhrt bei dem zunaumlchst die Hausbank des Kunden die Be-49 Der Genehmigungscode lautet bdquo0ldquo Andere Codezif-fern belegen Zeituumlberschreitungen Kartensperren Verwendungsbeschraumlnkungen und andere Ereignis-se Sie fuumlhren immer dazu dass die Transaktion ver-weigert wird50 Siehe auch das Glossar bei kartensicherheitde und das Zitat Kasten oben51 In dem Positionspapier strafbare Vorbereitung und Versuch beim Skimming habe ich noch angenommen dass die Garantie von einer der zwischengeschalteten Clearingstellen geleistet wird Das ist falsch Die Ga-rantie stammt immer von der Bank die die Zahlungs-karte ausgegeben und die einzelne Verfuumlgung autori-siert hat52 Conto pro Diverse ndash CPD

Genehmigungsnummer | Authorisation Code

Die Genehmigungsnummer wird infolge einer Autorisierungsanfrage von der Karten ausge-benden Bank (Issuer) vergeben und wiederum von dem Acquirer an den Haumlndler bestaumltigt Ohne diese Genehmigungsnummer hat der Haumlndler fuumlr die Transaktion keine Zahlungsga-rantie

kartensicherheitde

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lastung gegenbucht und diese Forderung bei der EURO Kartensysteme - EKS 53 - zum Ausgleich anmeldet Stellt sich dabei heraus dass der aus-laumlndische Geldautomat von einer Karte deren Original mit einem EMV-Chip ausgestattet ist nur den Magnetstreifen gepruumlft hat dann haftet im europaumlischen Bankenverbund die auslaumlndi-sche Bank fuumlr den Schaden Auf diese Weise wird ein wirtschaftlicher Druck auf die Betreiber von Geldautomaten aufgebaut der sie zur Mo-dernisierung ihrer Geraumlte und zur Verbesserung der Sicherheitsstandards draumlngt

Dieser Anpassungsdruck funktioniert dann nicht mehr wenn sich das Cashing in das entfernte Ausland verlagern sollte Die Finanzwirtschaft wird dafuumlr neue Formen der Sicherung und des Schadensausgleiches entwickeln muumlssen

6 Ergebnisse

Der erfolgreiche Missbrauch einer Zahlungskarte im Ausland der sich in einer Kontobelastung beim deutschen Bankkunden aumluszligert belegt zu-gleich dass eine erfolgreiche Autorisierung durchlaufen und die inlaumlndische Bank eine Aus-zahlung wegen ihres Gegenwertes garantiert hat (Autorisierung)

Daraus folgt ferner dass im Ausland eine ge-faumllschte Zahlungskarte die gegen Faumllschung be-sonders geschuumltzt ist (Faumllschungssicherung) mit Garantiefunktion verwendet wurde Das qua-lifiziert die Tat zu einem Verbrechen gemaumlszligsect 152b Abs 2 StGB mit einer Mindeststrafe von 2 Jahren Freiheitsstrafe wobei ein gewerbsmauml-szligiges Handeln in diesen Faumlllen grundsaumltzlich an-zunehmen ist

Der finanzwirtschaftliche Schadensausgleich hat dazu gefuumlhrt dass die durch das Skimming bei den Bankkunden eingetretenen Schaumlden im Bankenverbund ausgeglichen wurden Dieses System wird einer besonderen Belastungsprobe ausgesetzt sein wenn sich das Cashing in das auszligereuropaumlische Ausland verlagern sollte

53 Siehe auch EKS ndash Analyse

7 arbeitsteilige Handlungen beim Skimming

Das Skimming ist gepraumlgt von verschiedenen Tat-handlungen die in der Grafik auf der naumlchsten Sei-te wegen ihrer wesentlichen Merkmale zusammen-gefasst werden

Am Anfang steht die Herstellung der Ausspaumlhtech-nik Dazu gehoumlren Kartenlesegeraumlte die spaumlter am Geldautomaten an der Eingangskontrolle oder am Kontoauszugsdrucker installiert werden Fuumlr das Ausspaumlhen der PIN werden entweder Kameras oder Tastaturaufsaumltze verwendet

Alle Geraumlte muumlssen so getarnt werden dass sie den Kunden auf dem ersten Blick nicht auffallen Die Taumlter muumlssen deshalb zunaumlchst auskundschaf-ten welche Geldautomaten und Umgebungen fuumlr den Einsatz ihrer Geraumlte geeignet sind Zur Vorbe-reitung und waumlhrend der Installation muumlssen gele-gentlich Anpassungen am Geldautomaten vorge-nommen werden die auf ein erhebliches Fach- und Erfahrungswissen der Installateure schlieszligen las-sen

Zwei Tatphasen finden in der Oumlffentlichkeit statt Das ist zunaumlchst das eigentliche Ausspaumlhen der Zugangsdaten fuumlr das sich der Begriff des Skim-mings (im engeren Sinne) eingebuumlrgert hat Es um-fasst die Installation der Ausspaumlhtechnik das Aus-spaumlhen selber und den Abbau der (wertvollen) Ge-raumlte Entsprechend der eingesetzten Technik muumls-sen die Geraumlte waumlhrend des Ausspaumlhens uumlberpruumlft werden Besonders dann wenn der Abgriff der Kar-

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tendaten nicht direkt am Geldautomaten erfolgt muumlssen die ausgespaumlhten Kartendaten und PIN synchronisiert werden Das erfolgt haumlufig in der Weise dass die Taumlter Testkarten einsetzen deren Merkmale ihnen gelaumlufig sind

Je nach dem Erfolg des Ausspaumlhens werden die Kundendaten einer oder mehrerer Skimmingangrif-fe zusammengefasst und mit ihnen Dubletten an-gefertigt Es handelt sich meistens um unbedruckte WhiteCards die nur uumlber einen Magnetstreifen ver-fuumlgen und damit den einfachsten Anforderungen der ISO-Norm fuumlr Identitaumltsdokumente genuumlgen Die dazu erforderliche Technik und das Zubehoumlr sind im Einzelhandel erhaumlltlich

Die zweite Tatphase in der Oumlffentlichkeit wird als das Cashing bezeichnet Dabei werden die Dublet-ten bdquogebrauchtldquo um Auszahlungen an Geldautoma-ten zu bewirken

Die in Deutschland uumlblichen Sicherheitsmerkmale das sind vor allem das im Kartenkoumlrper einge-brachte Maschinenlesbare Merkmal ndash MM ndash und der EMV-Chip machen es erforderlich dass die Dubletten im Ausland eingesetzt werden wo die Geldautomaten sie nicht pruumlfen Das zeigt dass auch das Cashing selber die Auskundschaftung ge-eigneter Geldautomaten erfordert

Die gewandelten Erscheinungsformen beim Aus-spaumlhen allen voran das POS-Skimming zeigen dass die hier beschriebene Kriminalitaumltsform Wandlungen unterworfen ist die besonders das Ausspaumlhen selber betreffen Verfeinerte Pruumlfungen der Sicherheitsmerkmale und der beschriebene Schadensausgleich lassen vermuten dass sich das Cashing in andere Laumlnder und Kontinente ver-lagern wird

Das Cashing ist aus krimineller Sicht ein aumluszligerst effektives Instrument der Beuterealisierung Es ist zu befuumlrchten dass es uns noch lange erhalten bleibt

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An die Stelle der fruumlher uumlblichen Euroschecks ist das Autorisierungsverfahren und die mit ihm ver-bundene Genehmigung der kartenausstellenden Bank gegenuumlber der Zahlstelle im POS-Verfah-ren getreten 54

1 arbeitsteiliges Vorgehen

Der Tatplan beim Skimming umfasst bei einer groben Unterteilung drei Arbeitsschritte

1) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

2) Faumllschung von Zahlungskarten

3) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Vor dem Arbeitsschritt 1) ist die Herstellung der teilweise handwerklich anspruchsvollen Skim-ming-Hardware angesiedelt und nach dem Ar-beitsschritt 3) die Beuteverteilung wenn es sich ndash wie uumlblich ndash um eine arbeitsteilig aufgestellte Gruppe von Taumltern handelt

Das arbeitsteilige und wiederholte Vorgehen beim Skimming rechtfertigt regelmaumlszligig die An-nahme eines gewerbsmaumlszligigen Handelns 55 Ein-zeltaumlter die alle Arbeitsschritte persoumlnlich aus-uumlben treten allenfalls in Einzelfaumlllen auf In aller Regel haben wir es mit Taumltergruppen zu tun die sich nur deshalb zusammentun um eine dauer-hafte Einnahmequelle zu haben Das wird auch von den Schaumlden durch Cashing-Aktionen be-legt bei denen mehrere Taumlter gleichzeitig han-deln und binnen weniger Tage mehrere Zehntau-send Euro erbeutet haben

Auf die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Mittaumlterschaft und Bandeneigenschaft wird unten im einzelnen eingegangen

54 Siehe Glossar POS55 Siehe Zitat im Kasten oben rechts BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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2 einschlaumlgige Normen und Konkurrenzen

Das Faumllschen von Zahlungskarten und ihren Ge-brauch hat der Gesetzgeber neben die Vor-schriften uumlber das Faumllschen von Geld und Wert-zeichen gestellt (sectsect 146 ff StGB) Die Strafvor-schriften dienen der Sicherheit und Funktionsfauml-higkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs 56 Die hohen Mindestfreiheitsstrafen mit denen sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB drohen sind von Ver-fassungs wegen nicht zu beanstanden 57

Die Missbrauchshandlung beim Skimming ist im Grunddelikt der Gebrauch falscher inlaumlndischer oder auslaumlndischer Zahlungskarten gemaumlszlig sect

56 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1157 BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008 siehe auch CF Faumllschung von Zahlungskarten 01052009

C Strafbarkeit Gewerbsmaumlszligig handelt wer sich durch wiederhol-te Tatbegehung eine nicht nur voruumlbergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will Liegt diese Absicht vor ist bereits die erste Tat als gewerbsmaumlszligig begangen einzustufen auch wenn es entgegen den ur-spruumlnglichen Intentionen des Taumlters zu weiteren Taten nicht kommt Eine Verurteilung wegen ge-werbsmaumlszligiger Deliktsbegehung setzt daher schon im Grundsatz nicht notwendig voraus dass der Taumlter zur Gewinnerzielung mehrere selbststaumlndige Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden Art ver-wirklicht hat Ob der Angeklagte gewerbsmaumlszligig gehandelt hat beurteilt sich vielmehr nach seinen urspruumlnglichen Planungen sowie seinem tatsaumlchli-chen strafrechtlich relevanten Verhalten uumlber den gesamten ihm anzulastenden Tatzeitraum () Er-forderlich ist dabei stets dass sich seine Wieder-holungsabsicht auf dasjenige Delikt bezieht des-sen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbs-maumlszligigkeit qualifiziert ist

BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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152a Abs 1 Nr 2 StGB 58 In Tateinheit 59 damit steht der Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB 60 dessen Vollendung mit der Auszahlung am Geldautomaten eintritt 61

Die Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist ein selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand (sectsect 152b Abs 1 12 Abs 1 StGB) der im-mer auch die Strafbarkeit des Versuchs umfasst (sect 23 Abs 1 StGB) Unter der Voraussetzung der Gewerbsmaumlszligigkeit erhoumlht sich die Mindeststrafe auf 2 Jahre Freiheitsstrafe (sect 152b Abs 2 StGB)

Der Computerbetrug im Zusammenhang mit dem Cashing ist ein besonders schwerer Fall der sich vom Grundtatbestand des sect 263a Abs 1 StGB durch das weitere Merkmal der Gewerbsmaumlszligig-keit abhebt Er ist auch in dieser Form als Verge-hen zu behandeln (sect 12 Abs 1 StGB) so dass das Gesetz die Strafbarkeit des Versuchs beson-ders anordnen muss (sect 23 Abs 1 StGB) Das geschieht in sect 263 Abs 2 StGB auf den der sect 263a Abs 2 StGB ausdruumlcklich verweist

Dagegen tritt die Faumllschung beweiserheblicher Daten gemaumlszlig sect 269 StGB hinter der spezielleren Vorschrift des sect 152a Abs 1 Nr 1 StGB zuruumlck 62 Das mit ihr verbundene bdquoSpeichernldquo realisiert sich nur bei der Faumllschung selber und nicht auch

58 Strafrahmen Geldstrafe bis 5 Jahre Freiheitsstrafe59 Zur Tateinheit zwischen dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten (sect 152a StGB) und Betrug (sect 263 StGB) BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1760 Fallgruppe Unbefugte Verwendung von DatenBGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 8 Siehe auch BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 3780961 Tateinheit BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3 In der Entscheidung wird kommen-tarlos die falsche Strafvorschrift wegen der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion angewendet naumlmlich sect 152a StGB anstelle von sect 152b StGB Das scheint auch der Staatsanwaltschaft Aachen entgan-gen zu sein die das Urteil mit seiner sowieso schon milde(n) Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren (BGH Rn 7) nicht angegriffen hat62 Grundsaumltzlich zum Verhaumlltnis zwischen Urkunden- und Zahlungsmittelfaumllschung BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

beim Missbrauch der gefaumllschten Zah-lungskarten

Bei genauer Betrachtung greifen auch die Daten-delikte nach sect 202a und sect 202b StGB im Zusam-menhang mit dem Skimming nicht

Entgegen der Auffassung der Revision beruhen die Feststellungen zur nur voruumlbergehenden Zu-ruumlckstellung der Tatausfuumlhrung auf hinreichenden tatsaumlchlichen Anhaltspunkten stellen sich also nicht als bloszlige Vermutung dar Die Begehung von Straftaten wie das bdquoSkimmingldquo bedarf eines erheb-lichen organisatorischen Aufwands insbesondere muumlssen Geraumlte zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten zur Verfuumlgung stehen Dass Taumlter die schon uumlber laumlngere Zeit hellip mit der Vorberei-tung der Tat befasst waren nur wegen des Versa-gens der Stromversorgung eines technischen Hilfsmittels fuumlr das Ersatz beschafft werden kann von der weiteren Ausfuumlhrung des Vorhabens end-guumlltig absehen ist eine lebensfremde Annahme Eine Ersatzbeschaffung erforderte entgegen der Auffassung der Revision hellip keinen neuen Tatent-schluss sondern stellte nur einen von vielen Hand-lungsschritten bis zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten dar Dass die Strafkammer man-gels Anhaltspunkten fuumlr einen endguumlltigen Tatab-bruch davon ausgegangen ist dass ein solcher von dem Angeklagten und seinen Mittaumltern nicht gewollt war und schon deshalb ein Verhindern der Tat noch ein Bemuumlhen darum festzustellen waren ist ein nicht nur moumlglicher sondern ausgesprochen naheliegender Schluss Somit schied ein Ruumlcktritt von der Verabredung eines Verbrechens gemaumlszlig sect 31 StGB aus

Generalbundesanwalt Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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21 Ausspaumlhen von Daten

sect 202a Abs 1 StGB kommt wegen des Ausspauml-hens der Daten auf den Magnetstreifen der Zah-lungskarten der betroffenen Bankkunden nicht in Betracht weil ihm eine besondere Sicherungs-funktion fehlt Das fuumlhrt dazu dass die gespei-cherten Daten in aller Regel mit handelsuumlblichen Lesegeraumlten und Komponenten ausgelesen wer-den koumlnnen

In einer fruumlheren Entscheidung ist der BGH noch von einer Tateinheit zwischen dem Nachmachen von Zahlungskarten und dem Ausspaumlhen von Daten ausgegangen 63 Die Revision fuumlhrte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils weil das Tatsachengericht keine Strafantraumlge festgestellt hat 64 (sect 205 StGB 65) Davon wendet sich der 2 Strafsenat des BGH jetzt in zwei Beschluumlssen ab 66 ohne jedoch zunaumlchst die uumlbrigen Senate be-teiligt zu haben (sect 132 GVG) 67 Andere Senate des Gerichts sind dem inzwischen beigetreten der 1 Strafsenat jedoch mit der Einschraumlnkung dass die Voraussetzungen des sect 202a StGB dann nicht gegeben sind wenn die zum Ausle-sen benutzte Software auch im regulaumlren Handel erhaumlltlich ist 68

63 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 764 Dateninhaber ist danach die kartenausgebende Bank die somit auch strafantragsberechtigt ist eben-da65 Wegen des Ausspaumlhens (sect 202a StGB) und Abfan-gens von Daten (sect 202b StGB) kann die Staatsan-waltschaft jetzt auch das besondere oumlffentliche Inter-esse an der Strafverfolgung bejahen (sect 205 Abs 1 S 2 StGB)66 CF Ausspaumlhen von Daten und das Skimming 14052010BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309 S 4BGH Beschluss vom 18032010 - 4 StR 5550967 Kritisch auch Goya Graumlfin Tyszkiewicz Skimming als Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a StGB HRR 42010 207 (mit Zitat zum Cyberfahnder)68 BGH Beschluss vom 19052010 - 1 ARs 610CF Ausspaumlhen von Magnetstreifen 02072010

22 Abfangen von Daten

Die ausgespaumlhten Kartendaten werden zum Faumll-schen von Zahlungskarten benoumltigt und die PIN zum spaumlter einsetzenden Gebrauch sect 149 Abs 1 StGB beschraumlnkt den Anwendungsbereich fuumlr die Haftung im Vorbereitungsstadium auf die Faumll-schung und bezieht nicht auch den Gebrauch mit ein Daraus folgt dass keine Strafbarkeit wegen des Umgangs mit Geraumlten zum Ausspaumlhen der PIN aus sect 149 StGB abgeleitet werden kann

Wegen des Ausspaumlhens der PIN greift auch das Hackerstrafrecht nicht wenn es unmittelbar an-gewendet wird Es handelt sich dabei weder um ein Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a Abs 1 StGB noch um ein Abfangen von Daten gemaumlszlig sect 202b StGB Verantwortlich dafuumlr ist die Definition von bdquoDatenldquo in sect 202a Abs 2 StGB Das sind nur solche Daten die bereits gespeichert sind oder uumlbermittelt werden Das Uumlbermitteln setzt jedoch eine vorherige Speicherung voraus

Beim Skimming wird die PIN aber bei der Einga-be ausgespaumlht Sie ist der Speicherung und Uumlbermittlung vorgelagert

23 PIN-Skimming und Computersabotage

Das Cashing ist mit der Eingabe von Daten mit dem Ziel verbunden einem Anderen Nachteil zu-zufuumlgen und deshalb auch ein Anwendungsfall der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 1 Nr 2 StGB Diese Strafvorschrift wird im Zusammen-hang mit dem Cashing vom Computerbetrug als dem spezielleren und schwereren Vorwurf ver-draumlngt

sect 303b Abs 5 StGB erweitert jedoch die Straf-barkeit auch auf das Vorbereitungsstadium in-dem er auf sect 202c StGB verweist Dadurch wer-den nicht nur Computerprogramme geschuumltzt sondern ausdruumlcklich auch Passwoumlrter und sonstiger Sicherungscode (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) Der Umgang mit ihnen mit dem Ziel sie zum Cashing zu verwenden steht unter Strafe 69 69 CF Ausspaumlhen der PIN 06122008

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und wird mit einer Houmlchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht

Die Schutzrichtung dieser Normen beschraumlnkt sich jedoch auf Computerprogramme einerseits und PIN (als Passwoumlrter) andererseits nicht aber auf die zum Ausspaumlhen genutzten Geraumlte

Das Sich-Verschaffen von PIN ist somit gemaumlszlig sect 303b Abs 5 StGB in Verbindung mit sect 202c StGB strafbar Es verlangt nach dem Nachweis dass tatsaumlchlich PIN ausgespaumlht wurden

24 natuumlrliche Handlungseinheiten

Aus dem Begriff bdquodieselbe Tatldquo (sect 52 Abs 1 StGB) leitet die Rechtsprechung die natuumlrliche Handlungseinheit ab wobei mehrere Verhal-tensweisen von einem einheitlichen Willen getra-gen werden und raumlumlich-zeitlich so eng mitein-ander verbunden sind dass das gesamte Taumltig-werden objektiv als ein einheitliches und zusam-mengehoumlriges Tun erscheint 70 Sie darf nicht mit der fortgesetzten Handlung verwechselt werden womit von der Rechtsprechung gleichartige Ta-ten mit weitem raumlumlich-zeitlichem Zusammen-hang zusammengefasst wurden Die Handlungs-form der fortgesetzten Handlung hat der BGH 1994 aufgegeben 71 nicht zuletzt deshalb weil sie erhebliche Nachteile fuumlr die Angeklagten barg 72

Eine besondere Auspraumlgung der Handlungsein-heit hat der BGH im Zusammenhang mit Betaumlu-bungsmittelstraftaten entwickelt Insoweit spricht er von einer Bewertungseinheit und fasst damit alle Veraumluszligerungshandlungen des Taumlters zu-sammen wenn das Rauschgift aus derselben 70 lexexaktde natuumlrliche Handlungseinheit71 BGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393 zum Steuerstrafrecht 72 Siehe BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593wenn verschiedene Handlungen (Steuererklaumlrungen) durch den Fortsetzungszusammenhang zusammen gefasst werden dann beginnt ihre Verjaumlhrung erst mit der letzten Tathandlung (sect 78a StGB) Das hat dazu gefuumlhrt dass Steuerstraftaten uumlber Jahrzehnte hin-weg bestraft werden konnten wenn sie denselben Akt oder Modus betrafen

Quelle stammt also aus einer einmaligen Er-werbstat 73

Im Zusammenhang mit dem Skimming spricht der BGH von deliktischen Einheiten die einer-seits zwischen dem Gebrauchen nachgemachter Zahlungskarten und dem damit verbundenen Be-trug und andererseits zwischen den Tathandlun-gen des Nachmachens und des Gebrauchens im Sinne von sect 152a Abs 1 StGB bestehen soweit sie raumlumlich-zeitlich eng verbunden und von ei-nem einheitlichen Vorsatz umschlossen sind 74 Solche deliktischen Einheiten koumlnnen auch die gleichzeitig Faumllschung mehrerer Karten 75 und ih-ren Gebrauch beim Cashing bilden 76

Die praktische Konsequenz daraus ist dass als eine materielle Tat alle Faumllschungen alle Miss-braumluche von Zahlungskarten und alle unmittelbar

73 BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300 mwN74 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 17BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 440875 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 13BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 376 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 8

Ob die Vollendung in mehreren materiellen Taten erfolgt orientiert sich am Handeln des Cashers Anhand der Abbuchungsdaten koumlnnen erfah-rungsgemaumlszlig deutliche Pausen festgestellt wer-den die aber nicht zwingend auf eine Unterbre-chung und die Beendigung einer Tat schlieszligen lassen Zwei Fehlerquellen sind insoweit zu be-trachten

Die Zeitstempel die die Geldautomaten uumlbermit-teln richten sich nach den Einstellungen im Geld-automaten selber und werden nicht synchronisiert Sie koumlnnen von der genauen Zeit abweichen und aus einer anderen Zeitzone stammen

Allein Europa verfuumlgt uumlber mindestens 4 Zeitzo-nen von der die Mitteleuropaumlische Zeit ndash MEZ ndash die verbreitetste ist Die EKS stellt aber die Zeit-stempel der Rechenzentren bei der Autorisierung zur Verfuumlgung so dass die Fehlerquelle abwei-chender Zeitangaben nahezu ausgeschlossen ist

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aufeinander folgenden Ausspaumlhungen von Kon-tozugangsdaten zusammengefasst werden muumls-sen soweit sie einen engen Zusammenhang mit-einander haben Das ist zum Beispiel der Fall wenn Skimmer ihre technischen Geraumlte installie-ren ihre Funktionstuumlchtigkeit gelegentlich uumlber-pruumlfen und die Geraumlte schlieszliglich wieder abbau-en Das Ausspaumlhen bildet dabei einen einheitli-chen Handlungsrahmen wobei der Vorsatz der Taumlter darauf gerichtet ist moumlglichst viele Kun-dendaten bei ihrem Angriff zu erlangen Auch wenn die Taumlter uumlber mehrere Tage hinweg die-selbe Bankfiliale ausspaumlhen und die Technik nur waumlhrend der Bankgeschaumlftszeiten abbauen und anschlieszligend wieder einrichten 77 kann eine de-liktische Einheit bestehen 78

Dasselbe gilt wegen des Cashings wenn die Tauml-ter mit engem zeitlichen Zusammenhang han-deln Eine Zaumlsur kann jedoch dann angenom-men werden wenn die Taumlter ihr Handeln unter-brechen um sich zum Beispiel mit weiteren Du-bletten zu versorgen 79

Im Zusammenhang mit dem Nachmachen und Gebrauchen von Zahlungskarten ist jedenfalls dann das Vorliegen eines minder schweren Fal-les zu pruumlfen wenn es um eine geringe Stuumlck-zahl von Karten geht 80

77 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 978 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 14 leitet das daraus ab dass verschiedene Vorberei-tungshandlungen die sich auf denselben Gegenstand erstrecken nur eine Tat darstellen Die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium beim Skimming wird unten angesprochen79 Siehe BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 9 80 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 12

3 Faumllschungssicherheit

Von der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt dass sich die Faumllschung auch alleine auf die Da-ten auf dem Magnetstreifen beschraumlnken kann 81 In Bezug auf Zahlungskarten hat der BGH jetzt ausgefuumlhrt 82

bdquoFalsch sind Zahlungskarten (mit Garantiefunkti-on) wenn sie faumllschlicherweise den Anschein er-wecken sie seien von demjenigen ausgegeben worden auf den die lesbaren Angaben auf der Karte oder die auf ihr unsichtbar gespeicherten Informationen als Aussteller hinweisen Optische Wahrnehmungsmoumlglichkeit und digitale Maschi-nenlesbarkeit muumlssen nicht gleichzeitig gegeben sein so dass eine falsche Karte nicht die ku-mulative Nachahmung beider Komponenten vor-aussetzt Es genuumlgt dass die Faumllschung entwe-der nur die Urkundenfunktion zum Gegenstand hat - was etwa bei einer gefaumllschten Kreditkarte der Fall ist die nur in ihrem aumluszligeren Erschei-nungsbild einer echten Kreditkarte entspricht aber keinen funktionsfaumlhigen Magnetstreifen oder Mikrochip enthaumllt - oder ein Magnetstreifen bzw ein Mikrochip zwecks ausschlieszliglicher Ver-wendung an Automaten gefaumllscht und auf ein unbedrucktes Stuumlck Plastik oder Pappe geklebt ist ldquo

sect 152a Abs 4 Nr 2 und sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB verlangen gleichermaszligen nach einer be-sonderen Sicherung gegen die Nachahmung durch Ausgestaltung oder Codierung wobei un-klar bleibt ob sie unterschiedliche Sicherheits-merkmale meinen Dafuumlr koumlnnte sprechen dass bei gleichem Wortlaut sect 152a StGB das Verfaumll-schen und Nachmachen und sect 152b StGB die Garantiefunktion in den Vordergrund stellen

Die allgemeine bdquoAusgestaltungldquo der Zahlungskar-ten wird von den Aufdrucken Hologrammen der erhabenen Kartennummer und der Pruumlfnummer (bei Kreditkarten) sowie dem Unterschriftsfeld und dem Vorhandensein des Magnetstreifens

81 Zur Verfaumllschung einer echten Zahlungskarte BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840082 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 11

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oder des EMV-Chips gepraumlgt Als besondere Si-cherungen im Hinblick auf die Kodierung sind an erster Stelle das Maschinenlesbare Merkmal die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Siche-rungsmechanismen im EMV-Chip zu nennen der zudem einen verschluumlsselten Datenverkehr zulassen soll

Im Hinblick auf die Garantiefunktion kommt als gestaltendes Element eine besondere Bedeu-tung dem Label zu das die Karte als eine solche ausweist die am Onlineverfahren zur Autorisie-rung und Genehmigung teilnimmt Die besonde-re Sicherheitsmerkmale in Bezug auf die Garan-tiefunktion sind dieselben die auch zur allgemei-nen Kartensicherheit dienen Das sind vor allem die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Si-cherungsmechanismen im EMV-Chip Von be-sonderer Bedeutung ist insoweit die PIN die im Autorisierungsverfahren gepruumlft wird Im Zusam-menhang mit sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB kommt auch den Verschluumlsselungsmechanismen im EMV-Chip eine besondere Bedeutung zu er ist jedoch noch nicht allgemein verbreitet 83

4 Garantiefunktion

sect 152a Abs 1 StGB schuumltzt inlaumlndische und aus-laumlndische Zahlungskarten und geldwerte Wertpa-piere (Schecks Wechsel) vor ihrer Faumllschung wenn sie von einem Kredit- oder Finanzdienst-leistungsinstitut herausgegeben wurden (sect 152a Abs 4 Nr 1 StGB) und durch ihre Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind (sect 152a Abs 4 Nr 2 StGB) 84 Die-se Voraussetzungen liegen angesichts der be-schriebenen Sicherheitsmerkmale bei den uumlbli-

83 Falsch programmierte EMV-Chips haben Anfang 2010 zu erheblichen Irritationen gefuumlhrt Im Onlinever-fahren zeigt die Kodierung des Magnetstreifens an dass die Karte uumlber einen EMV-Chip verfuumlgt Damit soll das POS-Terminal angewiesen werden den Chip auszulesen und dessen Sicherheitsfunktionen zu nut-zen Mit einfachem Klebeband laumlsst sich der Chip je-doch abdecken so dass das Terminal ihn als defekt betrachtet Darauf beschraumlnkt es sich auf die Pruumlfung des Magnetstreifens84 CF Skimming und Faumllschungsrecht 13042009

chen von Banken herausgegebenen Karten vor 85

Die Garantiefunktion wird darin gesehen dass das die Karte ausgebende Unternehmen sich gegenuumlber Vertragsunternehmen ltverpflichtetgt deren Forderungen gegen den Kartenbenutzer zu bezahlen 86 Diese Definition nimmt sect 152b Abs 4 StGB auf und definiert die Zahlungskarten mit Garantiefunktion als Kredit- Euroscheck- und sonstige Karten die es ermoumlglichen den Aus-steller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen 87 Die Modalitaumlten des Forderungsausgleiches zwischen der Bank und ihrem Kunden wirken sich darauf nicht aus

In Literatur und Rechtsprechung bestehen an der Garantiefunktion keine Zweifel wenn es sich um Kreditkarten handelt bei denen der Auszah-lungsbetrag gegen ein eigenes Konto des Kar-tenausstellers erfolgt Die bekanntesten Kredit-kartenverbuumlnde sind die von American Express Master und Visa 88 Die Autorisierung im Online-verfahren und die damit verbundene Genehmi-gung ohne die keine Verfuumlgung akzeptiert wird ist bei Kredit- und Debitkarten jedoch identisch 89 so dass auch die Debitkarten die an dem Autori-sierungsverfahren teilnehmen koumlnnen Karten

85 Siehe oben Faumllschungssicherung86 BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392 Rn 9Die Entscheidung betrifft den Kredit- und Scheckkar-tenmissbrauch gemaumlszlig sect 266b StGB und unterschei-det deshalb zwischen Einziehungsverfahren und Last-schriftverfahren Im Lastschriftverfahren traumlgt das Ausfallrisiko der Akzeptant so dass die Karten aus-stellende Bank nicht geschaumldigt wird (ebenda)87 Fuumlr die EC-Karte hat der BGH anerkannt dass sie auch dann eine Garantiefunktion hat wenn sie im Lastschriftverfahren eingesetzt wird BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840088 Siehe die Uumlbersicht und Erklaumlrungen bei kartensicherheitde ndash Zahlungsverfahren89 In BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 4 spricht das Gericht unklar von falschen Kreditkar-ten mit Garantiefunktion meint jedoch Kreditkarten als solche die nach Art der ausstellenden Banken be-druckt und mit den Labeln von Visa oder Master ver-sehen waren

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mit Garantiefunktion sind 90 Fuumlr die Strafbarkeit nach sect 152b StGB kommt es nur darauf an dass die Garantiefunktion besteht und nicht auch dar-auf dass der Taumlter sie in Anspruch nehmen will 91

Dem Schutz des sect 152a StGB unterliegen schlieszliglich auch andere Zahlungskarten von Fi-nanzdienstleistungsinstituten zum Beispiel Tank- und Telefonkarten die hier nicht weiter be-trachtet werden

Die vom Gesetzestext genannten Euroschecks und -karten gibt es seit 2002 nicht mehr An ihre Stelle ist das (auch vorher schon praktizierte) Autorisierungsverfahren getreten Wie beim EC-Verfahren 92 geht es ihm um die Garantie des Ausstellers wegen der Auszahlung nur dass die durch den Euroscheck verbuumlrgte und von der EC-Karte autorisierte Garantie uumlbergegangen ist zum Genehmigungscode den der Aussteller in jedem POS-Verfahren uumlbermittelt wenn er die Buchung genehmigt Das EC-Verfahren hat da-durch eine neue Auspraumlgung erfahren Waumlhrend das klassische Modell eine fruumlhe Autorisierung bei der Ausgabe der Schecks durchgefuumlhrt hat erfolgt sie jetzt in Echtzeit durch die Uumlbermittlung des Genehmigungscodes Nicht anders als im al-ten Verfahren erfolgt die Buchung der Forderung gegen die Bank zunaumlchst auf einem ihrer Zwi-schenkonten 93 was der Ausgabe der Euro-schecks gleich kommt Das zeigt auch dass die autorisierende Bank die buchhalterische Haftung fuumlr die betreffende Forderung uumlbernimmt

90 Siehe oben Autorisierung91 BGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 2290892 Das Markenzeichen bdquoECldquo wird jetzt als bdquoelectronic cashldquo fortgefuumlhrt93 Siehe oben Clearing

5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

Das Cashing im Ausland unterliegt gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB dem deutschen Strafrecht Das Aus-spaumlhen im Inland bildet fuumlr den Mittaumlter einen ei-genen Tatort (sect 9 Abs 1 StGB) und fuumlr den Teil-nehmer greifen sect 9 Abs 2 S 1 S 2 StGB We-gen des im Ausland vollendeten Computerbetru-ges tritt der Taterfolg zunaumlchst bei der karten-ausgebenden Bank (Buchung gegen das interne CPD-Konto) und im Zuge des Clearingverfah-rens zulasten des einzelnen Bankkunden ein so dass der Erfolgsort gemaumlszlig sect 9 Abs 1 StGB im Inland liegt

Das Cashing ndash ob im Ausland mit inlaumlndischen oder im Inland mit auslaumlndischen Kartendaten und PIN - stellt sich deshalb als die Vollendung des gewerbsmaumlszligigen Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tatein-heit mit gewerbsmaumlszligigem Computerbetrug ge-maumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB dar 94

Eine Ausnahme bilden die vollstaumlndigen Aus-landstaten in denen das Cashing im Ausland mit auslaumlndischen Kartendaten erfolgt Sie haben keinen inlaumlndischen Handlungs- oder Erfolgsort so dass das Weltrechtsprinzip gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB unmittelbar greift wenn die auslaumlndischen Taumlter im Inland ergriffen werden (sect 9 StPO) oder sich hier niedergelassen haben (sect 8 StPO) Die Taumlter koumlnnen wegen des Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten verfolgt werden nicht aber we-gen Computerbetruges fuumlr den das Weltrechts-prinzip nicht gilt 95

94 Das Landgericht Hannover ist am 17112009 mei-nen rechtlichen Auffassungen gefolgt (rechtskraumlftig seit Ende April 2010)CF Skimming-Rechtsprechung 1811200995 Wegen der Strafverfolgung Deutscher und solcher Auslaumlnder die nicht abgeschoben werden koumlnnen siehe sect 7 Abs 2 StGB

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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speichern oder senden sie die Dumps 20 an die Taumlter

In Russland wurden unlaumlngst die Geldautomaten selber gehackt um die Dateneingabe vollstaumlndig aufzuzeichnen 21 Vermutlich wurde dazu eine technische Schnittstelle an den Geraumlten genutzt die zur Wartung Funktionspruumlfung oder Aktuali-sierung der Software bestimmt ist

Beide Beispiele zeigen dass die Beschaffung der Kartendaten und PIN auf mehreren Wegen erfolgen kann Sie ist zwar wichtig fuumlr den Tater-folg am Ende zaumlhlt aber das erbeutete Geld und nicht die Methode mit der die Taumlter an die Daten gelangten Die Arbeitsteilung bei dieser Krimina-litaumltsform laumlsst auch spezialisierte bdquoSubunterneh-merldquo zu die sich auf die Beschaffung der Daten beschraumlnken und ihre bdquoRohstoffeldquo an andere Spezialisten verkaufen die sich um das Faumll-schen und das Cashing kuumlmmern

Besonders heimtuumlckisch gingen die Hacker vor die Ende 2008 in die Datenhaltung einer US-amerikanischen Bank eindrangen und die Kar-tendaten einschlieszliglich PIN von 100 Kunden ausspaumlhten 22 Gleichzeitig erhoumlhten sie deren Auszahlungslimit Am 08112008 wurden welt-weit und gleichzeitig an 130 Geldautomaten in 49 Staumldten die gefaumllschten Zahlungskarten ein-gesetzt und damit 9 Millionen US-$ erbeutet

Dieses Beispiel zeigt wie sich die Methoden der Cybercrime in den Formen des Hackings des Ausspaumlhens und des Verfaumllschens von Daten mit denen anderer Kriminalitaumltsformen vermen-gen

Das Skimming ist von seiner Herkunft her eher beim Trickdiebstahl und -betrug angesiedelt 23 weil es ihm urspruumlnglich nur um das Stehlen von Zahlungskarten und ihre Faumllschung ging Es ver-langt handwerkliche Fertigkeiten bei der Herstel-20 vollstaumlndige Kartendaten einschlieszliglich PINCF Fachworte April 200721 CF Skimming an der Quelle 2003200922 CF Skimming-Coup 0602200923 CF Proll-Skimming 18052008CF Beobachtung Trickdiebstahl Juli 2007

lung der eingesetzten Geraumlte besonderes Wis-sen wegen der Auswahl der Geldautomaten und Standorte die sich einerseits zum Ausspaumlhen der erforderlichen Daten und andererseits zum Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten eig-nen sowie logistisches Geschick bei der Instal-lation der Uumlberwachungshardware Die ver-schiedenen Arbeitsschritte im Tatplan ihre wechselnden Anforderungen an die Faumlhig- und Fertigkeiten der Taumlter 24 und die grenzuumlberschrei-tende Logistik des Gesamtplans sprechen fuumlr eine Arbeitsteilung mit einer zentralen planenden und steuernden Instanz

Die bisher gemachten Erfahrungen zeigen dass Skimmer 25 und Casher 26 regelmaumlszligig zu zweit oder dritt auftreten und gelegentlich auch mehre-re Gruppen gleichzeitig handeln Aus den Bildern von Uumlberwachungskameras ist bekannt dass die Taumlter noch am Tatort mobil telefonieren Sie be-richten dann offenbar uumlber den Erfolg ihres Ein-satzes und stimmen sich untereinander ab Aus den Journalen von angegriffenen Geldautomaten ergeben sich Stromunterbrechungen wenn Le-segeraumlte ausgewechselt werden dass zur Funk-tionspruumlfung der praumlparierten Kartenlesegeraumlte und zur Markierung der ausgespaumlhten Zahlungs-kartendaten Testkarten eingesetzt werden 27 An-dere Bilder haben eindrucksvoll gezeigt wie

24 CF Grafik Juni 2008 Wegen der Herstellung von Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fehlt noch der Hinweis auf sect 149 StGB Die Diskussion um die Strafbarkeit wegen des Umgangs mit diesen Geraumlten wurde erst ab Herbst 2008 oumlffentlich25 Skimmer siehe Glossar26 Casher siehe Glossar

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Casher beim Einsatz von White Cards 28

mit ihren Handys telefonieren und sich dabei offenbar die PIN uumlbermitteln las-sen

Die bevorzugten Zeiten fuumlr das Ausspauml-hen liegen auszligerhalb der Bankoumlffnungs-zeiten also ganz besonders ab Freitag Mittag bis uumlber das Wochenende hin-weg Das verbindet die Skimming-Taumlter mit denen beim klassischen Phishing Beiden geht es darum den stoumlrenden Eingriff der Bankmitarbeiter zu unterlau-fen Beim Phishing 29 soll dadurch die Transaktion mit den ausgespaumlhten Da-ten des Onlinebankings abgesichert und beim Skimming das Entdeckungsrisiko verringert werden

Auch das Cashing findet vor Allem am Wochenende und waumlhrend der Nacht statt Nachts haben die Casher die we-nigsten Stoumlrungen durch Bankkunden Publikum und Sicherheitspersonal zu befuumlrchten Um 000 Uhr wird auch in aller Regel das Tageslimit fuumlr die Zahlungskarten umgestellt Das bedeutet dass die Taumlter zwei Tageshoumlchstbetraumlge ergau-nern koumlnnen wenn sie die gefaumllschte Karte vor und nach Mitternacht missbrauchen Aus diesen Gruumlnden bevorzugen sie auch das Wochenende und die Feiertage Hinzu kommt dass in der Nacht von Freitag auf Samstag meistens auch das Wochenlimit storniert wird 30 so dass am Samstag Morgen das neue Wochenlimit ange-griffen werden kann27 Als Testkarte eignet sich jede Magnetkarte also auch Telefonkarten oder Tankkarten Wichtig ist den Taumltern nur dass sie anhand der ihnen bekannten Ei-genschaften der Testkarte den Zeitpunkt und die Rei-henfolge der ausgespaumlhten Daten uumlberpruumlfen und den gesondert beobachteten PIN zuordnen koumlnnen28 White Cards auch White Plastics siehe Glossar29 Mit bdquoklassischem Phishingldquo ist die Verbreitung von Spam-Mails gemeint die die Empfaumlnger zur Preisga-be ihrer Kontozugangsdaten bewegen sollen Zu den jetzt uumlblichen Methoden CF Phishing mit Homebanking-Malware 2210200830 Zum Beispiel HypoVereinsbank HVB Cashkarte Denn Zeit ist Geld S S 2

Dank des maschinenlesbaren Merkmals das nur deutsche Zahlungskarten enthalten muumlssen koumlnnen Faumllschungen mit inlaumlndischen Magnet-streifendaten nur im Ausland zum Cashing ein-gesetzt werden Im europaumlischen Ausland setzt sich durch dass die Geldautomaten statt des Magnetstreifens den EMV-Chip der Zahlungskar-te pruumlfen den die Faumllscher bislang nicht nach-machen koumlnnen Das fuumlhrt immer haumlufiger dazu dass das Cashing im auszligereuropaumlischen Aus-land stattfindet

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Unter dem Gesichtspunkt des klassischen Skim-mings bei dem das Ausspaumlhen und der Miss-brauch gefaumllschter Zahlungskarten in der Oumlffent-lichkeit stattfindet bedarf das Verfahren des bar-geldlosen Zahlungsverkehrs einer besonderen Betrachtung

1 Faumllschungssicherung

Die in Deutschland herausgegebenen Zahlungs-karten 31 verfuumlgen uumlber mehrere Vorrichtungen gegen das Faumllschen der Karte selber 32 Neben dem Unterschriftsfeld den Merkmalen des Auf-drucks und des fuumlr die Individualdaten verwen-deten Schrifttyps (OCR-B 33) sind das besonders der EMV-Chip und das Maschinenlesbare Merk-mal ndash MM

Das MM ist eine Besonderheit die es nur in Deutschland gibt Dabei handelt es sich um einen im Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmal-stoff der eine individuelle Codierung der Karte zulaumlsst 34 Diese Codierung wird im Geldautoma-ten mit einer Pruumlfsumme abgeglichen die auf dem Magnetstreifen der Zahlungskarte gespei-chert ist Es wird jedoch nicht von den Handgerauml-ten im Einzelhandel gepruumlft (POS-Terminal) so dass hier zum Cashing verfaumllschte Zahlungskar-ten eingesetzt werden koumlnnen bei denen der Magnetstreifen der Originalkarte mit fremden Kontodaten beschrieben ist

Der EMV-Chip wird von den groszligen Verbuumlnden fuumlr grenzuumlberschreitend einsetzbare Zahlungs-karten gefordert und ist bereits weit verbreitet 35 Das Kuumlrzel geht auf bdquoElectronic Cash ndash MasterMaestro ndash Visaldquo zuruumlck 36 Der Chip ist

31 Es handelt sich um standardisierte Identitaumltsdoku-mente nach ISOIEC 7810 (Wikipedia)32 CF Zahlungskarten 1805200833 CF Zeichensatz OCR-B Juli 200734 CF Sicherheitsmerkmale und Merkmalstoffe 0602201035 Kartensicherheitde EMV-Chip

zwar programmierbar 37 soll aber nicht manipu-lierbar sein 38 und eine verschluumlsselte Datenkom-munikation ermoumlglichen 39

In den meisten west- und nordeuropaumlischen Staaten erfolgt die Autorisierung anhand der Chip- und nicht mehr anhand der Daten auf dem Magnetstreifen Die Geldautomaten in Teilen Suumld- und Osteuropas beschraumlnken sich jedoch haumlufig auf das Auslesen des Magnetstreifens dessen Daten verhaumlltnismaumlszligig leicht kopiert und uumlbertragen werden koumlnnen

2 bargeldloser Zahlungsverkehr

Beim klassischen Euroscheck verkoumlrperte die Bank des Kunden ihre Zahlungsgarantie in Pa-pierform also durch den Euroscheck selber 40 In Verbindung mit der EC-Karte erfolgte die Autori-sierung durch den Akzeptanten Parallel dazu ent-wickelte die Finanzwirtschaft das System der bar-geld- und papierlosen Zahlungen die unter dem Begriff Point of Sale ndash POS ndash zusammengefasst werden Es kennt zwei Auspraumlgungen die bank-wirtschaftlich entstanden sind und ihre rechtliche Anerkennung erhalten haben Die Lastschrift und der Abbuchungsauftrag 41

36 CF Zahlungskarten mit Garantiefunktion 1304200937 CF Turbulenzen beim bargeldlosen Zahlungsverkehr 0602201038 Mehrere Meldungen lassen daran Zweifel aufkom-menPIN-Pruumlfung im EMV-Verfahren bei EC-und Kreditkarten ausgehebelt Heise online 12022010Bericht PIN-Pruumlfung bei EC- und Kreditkarten unsicherer als angenommen Heise online 19012010Daniel Bachfeld Phish amp Chips Angriff auf das EMV-Verfahren bei Bezahlkarten ct 6201039 EC-Karten-Update soll Fehler beheben ct 32010 S 53 Update fuumlr EC-Karten ct 42010 S 5440 Die Garantie war auf 400 DM beschraumlnkt Auch houml-here Betraumlge konnten mit dem EC angewiesen wer-den der uumlberschieszligende Betrag war dann aber nicht von der Garantie der Bank umfasst

B bargeldloser kartengestuumltzter Zahlungsverkehr

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Bei der Lastschrift verbleibt das Risiko bei dem Akzeptanten Das Lastschriftverfahren ist noch immer im Einzelhandel vertreten wenn zwar die Zahlungskarte des Kunden ausgelesen und ge-pruumlft wird er jedoch mit seiner Unterschrift die Zahlung anweist

Die heute uumlbliche Autorisierung fuszligt auf dem Ab-buchungsauftrag der dem Akzeptanten eine houml-here Auszahlungssicherheit gibt 42 Im Alltag zeigt sich die Autorisierung darin dass nicht nur die Zahlungskarte gepruumlft wird sondern auch die PIN eingegeben werden muss Die damit ausge-loumlste Pruumlfung erfolgt bei der kartenausgebenden

41 CF Einzugsermaumlchtigung und Lastschriftverfahren 200742 Die Einzugsverfahren sind in das SEPA-Uumlberein-kommen aufgenommen worden und gelten jetzt euro-paweit siehe CF Single Euro Payments Area 26012008

Bank der die Transaktionsdaten im elektroni-schen Onlineverfahren uumlbermittelt werden und die einen Genehmigungscode zuruumlckmeldet Der Genehmigungscode ersetzt die im Euroscheck verkoumlrperte Garantiefunktion und enthaumllt eine Auszahlungsgarantie der kartenausgebenden Bank Sie erklaumlrt damit verbindlich dass die Zah-lungskarte akzeptiert wird und der geforderte Be-trag zur Verfuumlgung steht

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3 Autorisierung

Die wesentlichen Sicherungen fuumlr das Autorisie-rungsverfahren 43 bestehen in den Sicherheits-merkmalen der Zahlungskarte in der PIN und schlieszliglich in dem Genehmigungscode den die kartenausgebende Bank an den Akzeptanten meldet 44

Zum Zweck der Autorisierung von Debitkarten 45 liest der auslaumlndische Geldautomaten die Kar-tendaten aus kombiniert sie mit der vom Kunden eingegeben PIN dem Auszahlungsbetrag der Gebuumlhr den Individualmerkmalen des Geldauto-maten und der Uhrzeit Der daraus gebildete Da-tensatz wird uumlber Kommunikationsnetze und durch verschiedene Zwischenstellen (zum Bei-spiel in Deutschland First Data Corporation 46 Finanz IT 47) bis zur kartenausgebenden Bank geleitet 48 Diese pruumlft ob die Karte von ihr aus-gestellt und nicht gesperrt ist die Auszahlung im Ausland erlaubt das Tages- oder Wochenlimit nicht uumlberschritten sind und schlieszliglich ob Kon-todeckung oder ein Uumlberziehungskredit beste-hen Danach sendet die Bank an den Geldauto-

43 Wegen der technischen Einzelheiten ISO 8583 (Wikipedia)44 CF Autorisierung im POS-Verfahren 1304200945 Gemeint sind Zahlungskarten auf Guthabenbasis wobei als Guthaben auch der gewaumlhrte Uumlberzie-hungskredit gilt46 fruumlher Gesellschaft fuumlr Zahlungssysteme - GZS47 Rechenzentrum der Sparkassen48 Siehe Glossar Autorisierung Clearing

maten einen Genehmigungscode zuruumlck 49 der die Auszahlung autorisiert und eine Garantie ent-haumllt dass die autorisierende Bank fuumlr den Aus-zahlungsbetrag buumlrgt 50 51

4 Clearing

Nach der Autorisierung erfolgt bei Debitkarten in aller Regel keine unmittelbare Belastung des Kundenkontos sondern eine Zwischenbuchung auf einem bankinternen Konto 52 Nach der Aus-zahlung erfolgt im Bankenverbund uumlber die Ver-bindungsstellen das Clearingverfahren wobei die gegenseitig bestehenden Forderungen der Verbuumlnde und schlieszliglich der Institute unterein-ander ausgeglichen werden Am Ende wird die Zwischenbuchung der Hausbank gegen das Konto des Kunden aufgeloumlst

Diese Buchung zulasten des Kundenkontos mar-kiert den abschlieszligenden Schadenseintritt im Sinne von sect 263a StGB Er erfolgt erst nach der Autorisierung der Auszahlung und schlieszliglich dem Clearing wenn eine gefaumllschte Zahlungs-karte eingesetzt wurde

5 Schadensausgleich

Beanstandet der Kunde eine Kontobelastung und ist diese auf den Einsatz einer gefaumllschten Zahlungskarte zuruumlckzufuumlhren wird grundsaumltz-lich ein Schadensausgleich durchgefuumlhrt bei dem zunaumlchst die Hausbank des Kunden die Be-49 Der Genehmigungscode lautet bdquo0ldquo Andere Codezif-fern belegen Zeituumlberschreitungen Kartensperren Verwendungsbeschraumlnkungen und andere Ereignis-se Sie fuumlhren immer dazu dass die Transaktion ver-weigert wird50 Siehe auch das Glossar bei kartensicherheitde und das Zitat Kasten oben51 In dem Positionspapier strafbare Vorbereitung und Versuch beim Skimming habe ich noch angenommen dass die Garantie von einer der zwischengeschalteten Clearingstellen geleistet wird Das ist falsch Die Ga-rantie stammt immer von der Bank die die Zahlungs-karte ausgegeben und die einzelne Verfuumlgung autori-siert hat52 Conto pro Diverse ndash CPD

Genehmigungsnummer | Authorisation Code

Die Genehmigungsnummer wird infolge einer Autorisierungsanfrage von der Karten ausge-benden Bank (Issuer) vergeben und wiederum von dem Acquirer an den Haumlndler bestaumltigt Ohne diese Genehmigungsnummer hat der Haumlndler fuumlr die Transaktion keine Zahlungsga-rantie

kartensicherheitde

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lastung gegenbucht und diese Forderung bei der EURO Kartensysteme - EKS 53 - zum Ausgleich anmeldet Stellt sich dabei heraus dass der aus-laumlndische Geldautomat von einer Karte deren Original mit einem EMV-Chip ausgestattet ist nur den Magnetstreifen gepruumlft hat dann haftet im europaumlischen Bankenverbund die auslaumlndi-sche Bank fuumlr den Schaden Auf diese Weise wird ein wirtschaftlicher Druck auf die Betreiber von Geldautomaten aufgebaut der sie zur Mo-dernisierung ihrer Geraumlte und zur Verbesserung der Sicherheitsstandards draumlngt

Dieser Anpassungsdruck funktioniert dann nicht mehr wenn sich das Cashing in das entfernte Ausland verlagern sollte Die Finanzwirtschaft wird dafuumlr neue Formen der Sicherung und des Schadensausgleiches entwickeln muumlssen

6 Ergebnisse

Der erfolgreiche Missbrauch einer Zahlungskarte im Ausland der sich in einer Kontobelastung beim deutschen Bankkunden aumluszligert belegt zu-gleich dass eine erfolgreiche Autorisierung durchlaufen und die inlaumlndische Bank eine Aus-zahlung wegen ihres Gegenwertes garantiert hat (Autorisierung)

Daraus folgt ferner dass im Ausland eine ge-faumllschte Zahlungskarte die gegen Faumllschung be-sonders geschuumltzt ist (Faumllschungssicherung) mit Garantiefunktion verwendet wurde Das qua-lifiziert die Tat zu einem Verbrechen gemaumlszligsect 152b Abs 2 StGB mit einer Mindeststrafe von 2 Jahren Freiheitsstrafe wobei ein gewerbsmauml-szligiges Handeln in diesen Faumlllen grundsaumltzlich an-zunehmen ist

Der finanzwirtschaftliche Schadensausgleich hat dazu gefuumlhrt dass die durch das Skimming bei den Bankkunden eingetretenen Schaumlden im Bankenverbund ausgeglichen wurden Dieses System wird einer besonderen Belastungsprobe ausgesetzt sein wenn sich das Cashing in das auszligereuropaumlische Ausland verlagern sollte

53 Siehe auch EKS ndash Analyse

7 arbeitsteilige Handlungen beim Skimming

Das Skimming ist gepraumlgt von verschiedenen Tat-handlungen die in der Grafik auf der naumlchsten Sei-te wegen ihrer wesentlichen Merkmale zusammen-gefasst werden

Am Anfang steht die Herstellung der Ausspaumlhtech-nik Dazu gehoumlren Kartenlesegeraumlte die spaumlter am Geldautomaten an der Eingangskontrolle oder am Kontoauszugsdrucker installiert werden Fuumlr das Ausspaumlhen der PIN werden entweder Kameras oder Tastaturaufsaumltze verwendet

Alle Geraumlte muumlssen so getarnt werden dass sie den Kunden auf dem ersten Blick nicht auffallen Die Taumlter muumlssen deshalb zunaumlchst auskundschaf-ten welche Geldautomaten und Umgebungen fuumlr den Einsatz ihrer Geraumlte geeignet sind Zur Vorbe-reitung und waumlhrend der Installation muumlssen gele-gentlich Anpassungen am Geldautomaten vorge-nommen werden die auf ein erhebliches Fach- und Erfahrungswissen der Installateure schlieszligen las-sen

Zwei Tatphasen finden in der Oumlffentlichkeit statt Das ist zunaumlchst das eigentliche Ausspaumlhen der Zugangsdaten fuumlr das sich der Begriff des Skim-mings (im engeren Sinne) eingebuumlrgert hat Es um-fasst die Installation der Ausspaumlhtechnik das Aus-spaumlhen selber und den Abbau der (wertvollen) Ge-raumlte Entsprechend der eingesetzten Technik muumls-sen die Geraumlte waumlhrend des Ausspaumlhens uumlberpruumlft werden Besonders dann wenn der Abgriff der Kar-

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tendaten nicht direkt am Geldautomaten erfolgt muumlssen die ausgespaumlhten Kartendaten und PIN synchronisiert werden Das erfolgt haumlufig in der Weise dass die Taumlter Testkarten einsetzen deren Merkmale ihnen gelaumlufig sind

Je nach dem Erfolg des Ausspaumlhens werden die Kundendaten einer oder mehrerer Skimmingangrif-fe zusammengefasst und mit ihnen Dubletten an-gefertigt Es handelt sich meistens um unbedruckte WhiteCards die nur uumlber einen Magnetstreifen ver-fuumlgen und damit den einfachsten Anforderungen der ISO-Norm fuumlr Identitaumltsdokumente genuumlgen Die dazu erforderliche Technik und das Zubehoumlr sind im Einzelhandel erhaumlltlich

Die zweite Tatphase in der Oumlffentlichkeit wird als das Cashing bezeichnet Dabei werden die Dublet-ten bdquogebrauchtldquo um Auszahlungen an Geldautoma-ten zu bewirken

Die in Deutschland uumlblichen Sicherheitsmerkmale das sind vor allem das im Kartenkoumlrper einge-brachte Maschinenlesbare Merkmal ndash MM ndash und der EMV-Chip machen es erforderlich dass die Dubletten im Ausland eingesetzt werden wo die Geldautomaten sie nicht pruumlfen Das zeigt dass auch das Cashing selber die Auskundschaftung ge-eigneter Geldautomaten erfordert

Die gewandelten Erscheinungsformen beim Aus-spaumlhen allen voran das POS-Skimming zeigen dass die hier beschriebene Kriminalitaumltsform Wandlungen unterworfen ist die besonders das Ausspaumlhen selber betreffen Verfeinerte Pruumlfungen der Sicherheitsmerkmale und der beschriebene Schadensausgleich lassen vermuten dass sich das Cashing in andere Laumlnder und Kontinente ver-lagern wird

Das Cashing ist aus krimineller Sicht ein aumluszligerst effektives Instrument der Beuterealisierung Es ist zu befuumlrchten dass es uns noch lange erhalten bleibt

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An die Stelle der fruumlher uumlblichen Euroschecks ist das Autorisierungsverfahren und die mit ihm ver-bundene Genehmigung der kartenausstellenden Bank gegenuumlber der Zahlstelle im POS-Verfah-ren getreten 54

1 arbeitsteiliges Vorgehen

Der Tatplan beim Skimming umfasst bei einer groben Unterteilung drei Arbeitsschritte

1) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

2) Faumllschung von Zahlungskarten

3) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Vor dem Arbeitsschritt 1) ist die Herstellung der teilweise handwerklich anspruchsvollen Skim-ming-Hardware angesiedelt und nach dem Ar-beitsschritt 3) die Beuteverteilung wenn es sich ndash wie uumlblich ndash um eine arbeitsteilig aufgestellte Gruppe von Taumltern handelt

Das arbeitsteilige und wiederholte Vorgehen beim Skimming rechtfertigt regelmaumlszligig die An-nahme eines gewerbsmaumlszligigen Handelns 55 Ein-zeltaumlter die alle Arbeitsschritte persoumlnlich aus-uumlben treten allenfalls in Einzelfaumlllen auf In aller Regel haben wir es mit Taumltergruppen zu tun die sich nur deshalb zusammentun um eine dauer-hafte Einnahmequelle zu haben Das wird auch von den Schaumlden durch Cashing-Aktionen be-legt bei denen mehrere Taumlter gleichzeitig han-deln und binnen weniger Tage mehrere Zehntau-send Euro erbeutet haben

Auf die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Mittaumlterschaft und Bandeneigenschaft wird unten im einzelnen eingegangen

54 Siehe Glossar POS55 Siehe Zitat im Kasten oben rechts BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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2 einschlaumlgige Normen und Konkurrenzen

Das Faumllschen von Zahlungskarten und ihren Ge-brauch hat der Gesetzgeber neben die Vor-schriften uumlber das Faumllschen von Geld und Wert-zeichen gestellt (sectsect 146 ff StGB) Die Strafvor-schriften dienen der Sicherheit und Funktionsfauml-higkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs 56 Die hohen Mindestfreiheitsstrafen mit denen sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB drohen sind von Ver-fassungs wegen nicht zu beanstanden 57

Die Missbrauchshandlung beim Skimming ist im Grunddelikt der Gebrauch falscher inlaumlndischer oder auslaumlndischer Zahlungskarten gemaumlszlig sect

56 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1157 BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008 siehe auch CF Faumllschung von Zahlungskarten 01052009

C Strafbarkeit Gewerbsmaumlszligig handelt wer sich durch wiederhol-te Tatbegehung eine nicht nur voruumlbergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will Liegt diese Absicht vor ist bereits die erste Tat als gewerbsmaumlszligig begangen einzustufen auch wenn es entgegen den ur-spruumlnglichen Intentionen des Taumlters zu weiteren Taten nicht kommt Eine Verurteilung wegen ge-werbsmaumlszligiger Deliktsbegehung setzt daher schon im Grundsatz nicht notwendig voraus dass der Taumlter zur Gewinnerzielung mehrere selbststaumlndige Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden Art ver-wirklicht hat Ob der Angeklagte gewerbsmaumlszligig gehandelt hat beurteilt sich vielmehr nach seinen urspruumlnglichen Planungen sowie seinem tatsaumlchli-chen strafrechtlich relevanten Verhalten uumlber den gesamten ihm anzulastenden Tatzeitraum () Er-forderlich ist dabei stets dass sich seine Wieder-holungsabsicht auf dasjenige Delikt bezieht des-sen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbs-maumlszligigkeit qualifiziert ist

BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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152a Abs 1 Nr 2 StGB 58 In Tateinheit 59 damit steht der Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB 60 dessen Vollendung mit der Auszahlung am Geldautomaten eintritt 61

Die Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist ein selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand (sectsect 152b Abs 1 12 Abs 1 StGB) der im-mer auch die Strafbarkeit des Versuchs umfasst (sect 23 Abs 1 StGB) Unter der Voraussetzung der Gewerbsmaumlszligigkeit erhoumlht sich die Mindeststrafe auf 2 Jahre Freiheitsstrafe (sect 152b Abs 2 StGB)

Der Computerbetrug im Zusammenhang mit dem Cashing ist ein besonders schwerer Fall der sich vom Grundtatbestand des sect 263a Abs 1 StGB durch das weitere Merkmal der Gewerbsmaumlszligig-keit abhebt Er ist auch in dieser Form als Verge-hen zu behandeln (sect 12 Abs 1 StGB) so dass das Gesetz die Strafbarkeit des Versuchs beson-ders anordnen muss (sect 23 Abs 1 StGB) Das geschieht in sect 263 Abs 2 StGB auf den der sect 263a Abs 2 StGB ausdruumlcklich verweist

Dagegen tritt die Faumllschung beweiserheblicher Daten gemaumlszlig sect 269 StGB hinter der spezielleren Vorschrift des sect 152a Abs 1 Nr 1 StGB zuruumlck 62 Das mit ihr verbundene bdquoSpeichernldquo realisiert sich nur bei der Faumllschung selber und nicht auch

58 Strafrahmen Geldstrafe bis 5 Jahre Freiheitsstrafe59 Zur Tateinheit zwischen dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten (sect 152a StGB) und Betrug (sect 263 StGB) BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1760 Fallgruppe Unbefugte Verwendung von DatenBGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 8 Siehe auch BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 3780961 Tateinheit BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3 In der Entscheidung wird kommen-tarlos die falsche Strafvorschrift wegen der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion angewendet naumlmlich sect 152a StGB anstelle von sect 152b StGB Das scheint auch der Staatsanwaltschaft Aachen entgan-gen zu sein die das Urteil mit seiner sowieso schon milde(n) Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren (BGH Rn 7) nicht angegriffen hat62 Grundsaumltzlich zum Verhaumlltnis zwischen Urkunden- und Zahlungsmittelfaumllschung BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

beim Missbrauch der gefaumllschten Zah-lungskarten

Bei genauer Betrachtung greifen auch die Daten-delikte nach sect 202a und sect 202b StGB im Zusam-menhang mit dem Skimming nicht

Entgegen der Auffassung der Revision beruhen die Feststellungen zur nur voruumlbergehenden Zu-ruumlckstellung der Tatausfuumlhrung auf hinreichenden tatsaumlchlichen Anhaltspunkten stellen sich also nicht als bloszlige Vermutung dar Die Begehung von Straftaten wie das bdquoSkimmingldquo bedarf eines erheb-lichen organisatorischen Aufwands insbesondere muumlssen Geraumlte zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten zur Verfuumlgung stehen Dass Taumlter die schon uumlber laumlngere Zeit hellip mit der Vorberei-tung der Tat befasst waren nur wegen des Versa-gens der Stromversorgung eines technischen Hilfsmittels fuumlr das Ersatz beschafft werden kann von der weiteren Ausfuumlhrung des Vorhabens end-guumlltig absehen ist eine lebensfremde Annahme Eine Ersatzbeschaffung erforderte entgegen der Auffassung der Revision hellip keinen neuen Tatent-schluss sondern stellte nur einen von vielen Hand-lungsschritten bis zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten dar Dass die Strafkammer man-gels Anhaltspunkten fuumlr einen endguumlltigen Tatab-bruch davon ausgegangen ist dass ein solcher von dem Angeklagten und seinen Mittaumltern nicht gewollt war und schon deshalb ein Verhindern der Tat noch ein Bemuumlhen darum festzustellen waren ist ein nicht nur moumlglicher sondern ausgesprochen naheliegender Schluss Somit schied ein Ruumlcktritt von der Verabredung eines Verbrechens gemaumlszlig sect 31 StGB aus

Generalbundesanwalt Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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21 Ausspaumlhen von Daten

sect 202a Abs 1 StGB kommt wegen des Ausspauml-hens der Daten auf den Magnetstreifen der Zah-lungskarten der betroffenen Bankkunden nicht in Betracht weil ihm eine besondere Sicherungs-funktion fehlt Das fuumlhrt dazu dass die gespei-cherten Daten in aller Regel mit handelsuumlblichen Lesegeraumlten und Komponenten ausgelesen wer-den koumlnnen

In einer fruumlheren Entscheidung ist der BGH noch von einer Tateinheit zwischen dem Nachmachen von Zahlungskarten und dem Ausspaumlhen von Daten ausgegangen 63 Die Revision fuumlhrte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils weil das Tatsachengericht keine Strafantraumlge festgestellt hat 64 (sect 205 StGB 65) Davon wendet sich der 2 Strafsenat des BGH jetzt in zwei Beschluumlssen ab 66 ohne jedoch zunaumlchst die uumlbrigen Senate be-teiligt zu haben (sect 132 GVG) 67 Andere Senate des Gerichts sind dem inzwischen beigetreten der 1 Strafsenat jedoch mit der Einschraumlnkung dass die Voraussetzungen des sect 202a StGB dann nicht gegeben sind wenn die zum Ausle-sen benutzte Software auch im regulaumlren Handel erhaumlltlich ist 68

63 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 764 Dateninhaber ist danach die kartenausgebende Bank die somit auch strafantragsberechtigt ist eben-da65 Wegen des Ausspaumlhens (sect 202a StGB) und Abfan-gens von Daten (sect 202b StGB) kann die Staatsan-waltschaft jetzt auch das besondere oumlffentliche Inter-esse an der Strafverfolgung bejahen (sect 205 Abs 1 S 2 StGB)66 CF Ausspaumlhen von Daten und das Skimming 14052010BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309 S 4BGH Beschluss vom 18032010 - 4 StR 5550967 Kritisch auch Goya Graumlfin Tyszkiewicz Skimming als Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a StGB HRR 42010 207 (mit Zitat zum Cyberfahnder)68 BGH Beschluss vom 19052010 - 1 ARs 610CF Ausspaumlhen von Magnetstreifen 02072010

22 Abfangen von Daten

Die ausgespaumlhten Kartendaten werden zum Faumll-schen von Zahlungskarten benoumltigt und die PIN zum spaumlter einsetzenden Gebrauch sect 149 Abs 1 StGB beschraumlnkt den Anwendungsbereich fuumlr die Haftung im Vorbereitungsstadium auf die Faumll-schung und bezieht nicht auch den Gebrauch mit ein Daraus folgt dass keine Strafbarkeit wegen des Umgangs mit Geraumlten zum Ausspaumlhen der PIN aus sect 149 StGB abgeleitet werden kann

Wegen des Ausspaumlhens der PIN greift auch das Hackerstrafrecht nicht wenn es unmittelbar an-gewendet wird Es handelt sich dabei weder um ein Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a Abs 1 StGB noch um ein Abfangen von Daten gemaumlszlig sect 202b StGB Verantwortlich dafuumlr ist die Definition von bdquoDatenldquo in sect 202a Abs 2 StGB Das sind nur solche Daten die bereits gespeichert sind oder uumlbermittelt werden Das Uumlbermitteln setzt jedoch eine vorherige Speicherung voraus

Beim Skimming wird die PIN aber bei der Einga-be ausgespaumlht Sie ist der Speicherung und Uumlbermittlung vorgelagert

23 PIN-Skimming und Computersabotage

Das Cashing ist mit der Eingabe von Daten mit dem Ziel verbunden einem Anderen Nachteil zu-zufuumlgen und deshalb auch ein Anwendungsfall der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 1 Nr 2 StGB Diese Strafvorschrift wird im Zusammen-hang mit dem Cashing vom Computerbetrug als dem spezielleren und schwereren Vorwurf ver-draumlngt

sect 303b Abs 5 StGB erweitert jedoch die Straf-barkeit auch auf das Vorbereitungsstadium in-dem er auf sect 202c StGB verweist Dadurch wer-den nicht nur Computerprogramme geschuumltzt sondern ausdruumlcklich auch Passwoumlrter und sonstiger Sicherungscode (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) Der Umgang mit ihnen mit dem Ziel sie zum Cashing zu verwenden steht unter Strafe 69 69 CF Ausspaumlhen der PIN 06122008

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und wird mit einer Houmlchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht

Die Schutzrichtung dieser Normen beschraumlnkt sich jedoch auf Computerprogramme einerseits und PIN (als Passwoumlrter) andererseits nicht aber auf die zum Ausspaumlhen genutzten Geraumlte

Das Sich-Verschaffen von PIN ist somit gemaumlszlig sect 303b Abs 5 StGB in Verbindung mit sect 202c StGB strafbar Es verlangt nach dem Nachweis dass tatsaumlchlich PIN ausgespaumlht wurden

24 natuumlrliche Handlungseinheiten

Aus dem Begriff bdquodieselbe Tatldquo (sect 52 Abs 1 StGB) leitet die Rechtsprechung die natuumlrliche Handlungseinheit ab wobei mehrere Verhal-tensweisen von einem einheitlichen Willen getra-gen werden und raumlumlich-zeitlich so eng mitein-ander verbunden sind dass das gesamte Taumltig-werden objektiv als ein einheitliches und zusam-mengehoumlriges Tun erscheint 70 Sie darf nicht mit der fortgesetzten Handlung verwechselt werden womit von der Rechtsprechung gleichartige Ta-ten mit weitem raumlumlich-zeitlichem Zusammen-hang zusammengefasst wurden Die Handlungs-form der fortgesetzten Handlung hat der BGH 1994 aufgegeben 71 nicht zuletzt deshalb weil sie erhebliche Nachteile fuumlr die Angeklagten barg 72

Eine besondere Auspraumlgung der Handlungsein-heit hat der BGH im Zusammenhang mit Betaumlu-bungsmittelstraftaten entwickelt Insoweit spricht er von einer Bewertungseinheit und fasst damit alle Veraumluszligerungshandlungen des Taumlters zu-sammen wenn das Rauschgift aus derselben 70 lexexaktde natuumlrliche Handlungseinheit71 BGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393 zum Steuerstrafrecht 72 Siehe BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593wenn verschiedene Handlungen (Steuererklaumlrungen) durch den Fortsetzungszusammenhang zusammen gefasst werden dann beginnt ihre Verjaumlhrung erst mit der letzten Tathandlung (sect 78a StGB) Das hat dazu gefuumlhrt dass Steuerstraftaten uumlber Jahrzehnte hin-weg bestraft werden konnten wenn sie denselben Akt oder Modus betrafen

Quelle stammt also aus einer einmaligen Er-werbstat 73

Im Zusammenhang mit dem Skimming spricht der BGH von deliktischen Einheiten die einer-seits zwischen dem Gebrauchen nachgemachter Zahlungskarten und dem damit verbundenen Be-trug und andererseits zwischen den Tathandlun-gen des Nachmachens und des Gebrauchens im Sinne von sect 152a Abs 1 StGB bestehen soweit sie raumlumlich-zeitlich eng verbunden und von ei-nem einheitlichen Vorsatz umschlossen sind 74 Solche deliktischen Einheiten koumlnnen auch die gleichzeitig Faumllschung mehrerer Karten 75 und ih-ren Gebrauch beim Cashing bilden 76

Die praktische Konsequenz daraus ist dass als eine materielle Tat alle Faumllschungen alle Miss-braumluche von Zahlungskarten und alle unmittelbar

73 BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300 mwN74 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 17BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 440875 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 13BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 376 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 8

Ob die Vollendung in mehreren materiellen Taten erfolgt orientiert sich am Handeln des Cashers Anhand der Abbuchungsdaten koumlnnen erfah-rungsgemaumlszlig deutliche Pausen festgestellt wer-den die aber nicht zwingend auf eine Unterbre-chung und die Beendigung einer Tat schlieszligen lassen Zwei Fehlerquellen sind insoweit zu be-trachten

Die Zeitstempel die die Geldautomaten uumlbermit-teln richten sich nach den Einstellungen im Geld-automaten selber und werden nicht synchronisiert Sie koumlnnen von der genauen Zeit abweichen und aus einer anderen Zeitzone stammen

Allein Europa verfuumlgt uumlber mindestens 4 Zeitzo-nen von der die Mitteleuropaumlische Zeit ndash MEZ ndash die verbreitetste ist Die EKS stellt aber die Zeit-stempel der Rechenzentren bei der Autorisierung zur Verfuumlgung so dass die Fehlerquelle abwei-chender Zeitangaben nahezu ausgeschlossen ist

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aufeinander folgenden Ausspaumlhungen von Kon-tozugangsdaten zusammengefasst werden muumls-sen soweit sie einen engen Zusammenhang mit-einander haben Das ist zum Beispiel der Fall wenn Skimmer ihre technischen Geraumlte installie-ren ihre Funktionstuumlchtigkeit gelegentlich uumlber-pruumlfen und die Geraumlte schlieszliglich wieder abbau-en Das Ausspaumlhen bildet dabei einen einheitli-chen Handlungsrahmen wobei der Vorsatz der Taumlter darauf gerichtet ist moumlglichst viele Kun-dendaten bei ihrem Angriff zu erlangen Auch wenn die Taumlter uumlber mehrere Tage hinweg die-selbe Bankfiliale ausspaumlhen und die Technik nur waumlhrend der Bankgeschaumlftszeiten abbauen und anschlieszligend wieder einrichten 77 kann eine de-liktische Einheit bestehen 78

Dasselbe gilt wegen des Cashings wenn die Tauml-ter mit engem zeitlichen Zusammenhang han-deln Eine Zaumlsur kann jedoch dann angenom-men werden wenn die Taumlter ihr Handeln unter-brechen um sich zum Beispiel mit weiteren Du-bletten zu versorgen 79

Im Zusammenhang mit dem Nachmachen und Gebrauchen von Zahlungskarten ist jedenfalls dann das Vorliegen eines minder schweren Fal-les zu pruumlfen wenn es um eine geringe Stuumlck-zahl von Karten geht 80

77 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 978 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 14 leitet das daraus ab dass verschiedene Vorberei-tungshandlungen die sich auf denselben Gegenstand erstrecken nur eine Tat darstellen Die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium beim Skimming wird unten angesprochen79 Siehe BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 9 80 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 12

3 Faumllschungssicherheit

Von der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt dass sich die Faumllschung auch alleine auf die Da-ten auf dem Magnetstreifen beschraumlnken kann 81 In Bezug auf Zahlungskarten hat der BGH jetzt ausgefuumlhrt 82

bdquoFalsch sind Zahlungskarten (mit Garantiefunkti-on) wenn sie faumllschlicherweise den Anschein er-wecken sie seien von demjenigen ausgegeben worden auf den die lesbaren Angaben auf der Karte oder die auf ihr unsichtbar gespeicherten Informationen als Aussteller hinweisen Optische Wahrnehmungsmoumlglichkeit und digitale Maschi-nenlesbarkeit muumlssen nicht gleichzeitig gegeben sein so dass eine falsche Karte nicht die ku-mulative Nachahmung beider Komponenten vor-aussetzt Es genuumlgt dass die Faumllschung entwe-der nur die Urkundenfunktion zum Gegenstand hat - was etwa bei einer gefaumllschten Kreditkarte der Fall ist die nur in ihrem aumluszligeren Erschei-nungsbild einer echten Kreditkarte entspricht aber keinen funktionsfaumlhigen Magnetstreifen oder Mikrochip enthaumllt - oder ein Magnetstreifen bzw ein Mikrochip zwecks ausschlieszliglicher Ver-wendung an Automaten gefaumllscht und auf ein unbedrucktes Stuumlck Plastik oder Pappe geklebt ist ldquo

sect 152a Abs 4 Nr 2 und sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB verlangen gleichermaszligen nach einer be-sonderen Sicherung gegen die Nachahmung durch Ausgestaltung oder Codierung wobei un-klar bleibt ob sie unterschiedliche Sicherheits-merkmale meinen Dafuumlr koumlnnte sprechen dass bei gleichem Wortlaut sect 152a StGB das Verfaumll-schen und Nachmachen und sect 152b StGB die Garantiefunktion in den Vordergrund stellen

Die allgemeine bdquoAusgestaltungldquo der Zahlungskar-ten wird von den Aufdrucken Hologrammen der erhabenen Kartennummer und der Pruumlfnummer (bei Kreditkarten) sowie dem Unterschriftsfeld und dem Vorhandensein des Magnetstreifens

81 Zur Verfaumllschung einer echten Zahlungskarte BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840082 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 11

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oder des EMV-Chips gepraumlgt Als besondere Si-cherungen im Hinblick auf die Kodierung sind an erster Stelle das Maschinenlesbare Merkmal die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Siche-rungsmechanismen im EMV-Chip zu nennen der zudem einen verschluumlsselten Datenverkehr zulassen soll

Im Hinblick auf die Garantiefunktion kommt als gestaltendes Element eine besondere Bedeu-tung dem Label zu das die Karte als eine solche ausweist die am Onlineverfahren zur Autorisie-rung und Genehmigung teilnimmt Die besonde-re Sicherheitsmerkmale in Bezug auf die Garan-tiefunktion sind dieselben die auch zur allgemei-nen Kartensicherheit dienen Das sind vor allem die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Si-cherungsmechanismen im EMV-Chip Von be-sonderer Bedeutung ist insoweit die PIN die im Autorisierungsverfahren gepruumlft wird Im Zusam-menhang mit sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB kommt auch den Verschluumlsselungsmechanismen im EMV-Chip eine besondere Bedeutung zu er ist jedoch noch nicht allgemein verbreitet 83

4 Garantiefunktion

sect 152a Abs 1 StGB schuumltzt inlaumlndische und aus-laumlndische Zahlungskarten und geldwerte Wertpa-piere (Schecks Wechsel) vor ihrer Faumllschung wenn sie von einem Kredit- oder Finanzdienst-leistungsinstitut herausgegeben wurden (sect 152a Abs 4 Nr 1 StGB) und durch ihre Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind (sect 152a Abs 4 Nr 2 StGB) 84 Die-se Voraussetzungen liegen angesichts der be-schriebenen Sicherheitsmerkmale bei den uumlbli-

83 Falsch programmierte EMV-Chips haben Anfang 2010 zu erheblichen Irritationen gefuumlhrt Im Onlinever-fahren zeigt die Kodierung des Magnetstreifens an dass die Karte uumlber einen EMV-Chip verfuumlgt Damit soll das POS-Terminal angewiesen werden den Chip auszulesen und dessen Sicherheitsfunktionen zu nut-zen Mit einfachem Klebeband laumlsst sich der Chip je-doch abdecken so dass das Terminal ihn als defekt betrachtet Darauf beschraumlnkt es sich auf die Pruumlfung des Magnetstreifens84 CF Skimming und Faumllschungsrecht 13042009

chen von Banken herausgegebenen Karten vor 85

Die Garantiefunktion wird darin gesehen dass das die Karte ausgebende Unternehmen sich gegenuumlber Vertragsunternehmen ltverpflichtetgt deren Forderungen gegen den Kartenbenutzer zu bezahlen 86 Diese Definition nimmt sect 152b Abs 4 StGB auf und definiert die Zahlungskarten mit Garantiefunktion als Kredit- Euroscheck- und sonstige Karten die es ermoumlglichen den Aus-steller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen 87 Die Modalitaumlten des Forderungsausgleiches zwischen der Bank und ihrem Kunden wirken sich darauf nicht aus

In Literatur und Rechtsprechung bestehen an der Garantiefunktion keine Zweifel wenn es sich um Kreditkarten handelt bei denen der Auszah-lungsbetrag gegen ein eigenes Konto des Kar-tenausstellers erfolgt Die bekanntesten Kredit-kartenverbuumlnde sind die von American Express Master und Visa 88 Die Autorisierung im Online-verfahren und die damit verbundene Genehmi-gung ohne die keine Verfuumlgung akzeptiert wird ist bei Kredit- und Debitkarten jedoch identisch 89 so dass auch die Debitkarten die an dem Autori-sierungsverfahren teilnehmen koumlnnen Karten

85 Siehe oben Faumllschungssicherung86 BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392 Rn 9Die Entscheidung betrifft den Kredit- und Scheckkar-tenmissbrauch gemaumlszlig sect 266b StGB und unterschei-det deshalb zwischen Einziehungsverfahren und Last-schriftverfahren Im Lastschriftverfahren traumlgt das Ausfallrisiko der Akzeptant so dass die Karten aus-stellende Bank nicht geschaumldigt wird (ebenda)87 Fuumlr die EC-Karte hat der BGH anerkannt dass sie auch dann eine Garantiefunktion hat wenn sie im Lastschriftverfahren eingesetzt wird BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840088 Siehe die Uumlbersicht und Erklaumlrungen bei kartensicherheitde ndash Zahlungsverfahren89 In BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 4 spricht das Gericht unklar von falschen Kreditkar-ten mit Garantiefunktion meint jedoch Kreditkarten als solche die nach Art der ausstellenden Banken be-druckt und mit den Labeln von Visa oder Master ver-sehen waren

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mit Garantiefunktion sind 90 Fuumlr die Strafbarkeit nach sect 152b StGB kommt es nur darauf an dass die Garantiefunktion besteht und nicht auch dar-auf dass der Taumlter sie in Anspruch nehmen will 91

Dem Schutz des sect 152a StGB unterliegen schlieszliglich auch andere Zahlungskarten von Fi-nanzdienstleistungsinstituten zum Beispiel Tank- und Telefonkarten die hier nicht weiter be-trachtet werden

Die vom Gesetzestext genannten Euroschecks und -karten gibt es seit 2002 nicht mehr An ihre Stelle ist das (auch vorher schon praktizierte) Autorisierungsverfahren getreten Wie beim EC-Verfahren 92 geht es ihm um die Garantie des Ausstellers wegen der Auszahlung nur dass die durch den Euroscheck verbuumlrgte und von der EC-Karte autorisierte Garantie uumlbergegangen ist zum Genehmigungscode den der Aussteller in jedem POS-Verfahren uumlbermittelt wenn er die Buchung genehmigt Das EC-Verfahren hat da-durch eine neue Auspraumlgung erfahren Waumlhrend das klassische Modell eine fruumlhe Autorisierung bei der Ausgabe der Schecks durchgefuumlhrt hat erfolgt sie jetzt in Echtzeit durch die Uumlbermittlung des Genehmigungscodes Nicht anders als im al-ten Verfahren erfolgt die Buchung der Forderung gegen die Bank zunaumlchst auf einem ihrer Zwi-schenkonten 93 was der Ausgabe der Euro-schecks gleich kommt Das zeigt auch dass die autorisierende Bank die buchhalterische Haftung fuumlr die betreffende Forderung uumlbernimmt

90 Siehe oben Autorisierung91 BGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 2290892 Das Markenzeichen bdquoECldquo wird jetzt als bdquoelectronic cashldquo fortgefuumlhrt93 Siehe oben Clearing

5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

Das Cashing im Ausland unterliegt gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB dem deutschen Strafrecht Das Aus-spaumlhen im Inland bildet fuumlr den Mittaumlter einen ei-genen Tatort (sect 9 Abs 1 StGB) und fuumlr den Teil-nehmer greifen sect 9 Abs 2 S 1 S 2 StGB We-gen des im Ausland vollendeten Computerbetru-ges tritt der Taterfolg zunaumlchst bei der karten-ausgebenden Bank (Buchung gegen das interne CPD-Konto) und im Zuge des Clearingverfah-rens zulasten des einzelnen Bankkunden ein so dass der Erfolgsort gemaumlszlig sect 9 Abs 1 StGB im Inland liegt

Das Cashing ndash ob im Ausland mit inlaumlndischen oder im Inland mit auslaumlndischen Kartendaten und PIN - stellt sich deshalb als die Vollendung des gewerbsmaumlszligigen Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tatein-heit mit gewerbsmaumlszligigem Computerbetrug ge-maumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB dar 94

Eine Ausnahme bilden die vollstaumlndigen Aus-landstaten in denen das Cashing im Ausland mit auslaumlndischen Kartendaten erfolgt Sie haben keinen inlaumlndischen Handlungs- oder Erfolgsort so dass das Weltrechtsprinzip gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB unmittelbar greift wenn die auslaumlndischen Taumlter im Inland ergriffen werden (sect 9 StPO) oder sich hier niedergelassen haben (sect 8 StPO) Die Taumlter koumlnnen wegen des Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten verfolgt werden nicht aber we-gen Computerbetruges fuumlr den das Weltrechts-prinzip nicht gilt 95

94 Das Landgericht Hannover ist am 17112009 mei-nen rechtlichen Auffassungen gefolgt (rechtskraumlftig seit Ende April 2010)CF Skimming-Rechtsprechung 1811200995 Wegen der Strafverfolgung Deutscher und solcher Auslaumlnder die nicht abgeschoben werden koumlnnen siehe sect 7 Abs 2 StGB

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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Casher beim Einsatz von White Cards 28

mit ihren Handys telefonieren und sich dabei offenbar die PIN uumlbermitteln las-sen

Die bevorzugten Zeiten fuumlr das Ausspauml-hen liegen auszligerhalb der Bankoumlffnungs-zeiten also ganz besonders ab Freitag Mittag bis uumlber das Wochenende hin-weg Das verbindet die Skimming-Taumlter mit denen beim klassischen Phishing Beiden geht es darum den stoumlrenden Eingriff der Bankmitarbeiter zu unterlau-fen Beim Phishing 29 soll dadurch die Transaktion mit den ausgespaumlhten Da-ten des Onlinebankings abgesichert und beim Skimming das Entdeckungsrisiko verringert werden

Auch das Cashing findet vor Allem am Wochenende und waumlhrend der Nacht statt Nachts haben die Casher die we-nigsten Stoumlrungen durch Bankkunden Publikum und Sicherheitspersonal zu befuumlrchten Um 000 Uhr wird auch in aller Regel das Tageslimit fuumlr die Zahlungskarten umgestellt Das bedeutet dass die Taumlter zwei Tageshoumlchstbetraumlge ergau-nern koumlnnen wenn sie die gefaumllschte Karte vor und nach Mitternacht missbrauchen Aus diesen Gruumlnden bevorzugen sie auch das Wochenende und die Feiertage Hinzu kommt dass in der Nacht von Freitag auf Samstag meistens auch das Wochenlimit storniert wird 30 so dass am Samstag Morgen das neue Wochenlimit ange-griffen werden kann27 Als Testkarte eignet sich jede Magnetkarte also auch Telefonkarten oder Tankkarten Wichtig ist den Taumltern nur dass sie anhand der ihnen bekannten Ei-genschaften der Testkarte den Zeitpunkt und die Rei-henfolge der ausgespaumlhten Daten uumlberpruumlfen und den gesondert beobachteten PIN zuordnen koumlnnen28 White Cards auch White Plastics siehe Glossar29 Mit bdquoklassischem Phishingldquo ist die Verbreitung von Spam-Mails gemeint die die Empfaumlnger zur Preisga-be ihrer Kontozugangsdaten bewegen sollen Zu den jetzt uumlblichen Methoden CF Phishing mit Homebanking-Malware 2210200830 Zum Beispiel HypoVereinsbank HVB Cashkarte Denn Zeit ist Geld S S 2

Dank des maschinenlesbaren Merkmals das nur deutsche Zahlungskarten enthalten muumlssen koumlnnen Faumllschungen mit inlaumlndischen Magnet-streifendaten nur im Ausland zum Cashing ein-gesetzt werden Im europaumlischen Ausland setzt sich durch dass die Geldautomaten statt des Magnetstreifens den EMV-Chip der Zahlungskar-te pruumlfen den die Faumllscher bislang nicht nach-machen koumlnnen Das fuumlhrt immer haumlufiger dazu dass das Cashing im auszligereuropaumlischen Aus-land stattfindet

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Unter dem Gesichtspunkt des klassischen Skim-mings bei dem das Ausspaumlhen und der Miss-brauch gefaumllschter Zahlungskarten in der Oumlffent-lichkeit stattfindet bedarf das Verfahren des bar-geldlosen Zahlungsverkehrs einer besonderen Betrachtung

1 Faumllschungssicherung

Die in Deutschland herausgegebenen Zahlungs-karten 31 verfuumlgen uumlber mehrere Vorrichtungen gegen das Faumllschen der Karte selber 32 Neben dem Unterschriftsfeld den Merkmalen des Auf-drucks und des fuumlr die Individualdaten verwen-deten Schrifttyps (OCR-B 33) sind das besonders der EMV-Chip und das Maschinenlesbare Merk-mal ndash MM

Das MM ist eine Besonderheit die es nur in Deutschland gibt Dabei handelt es sich um einen im Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmal-stoff der eine individuelle Codierung der Karte zulaumlsst 34 Diese Codierung wird im Geldautoma-ten mit einer Pruumlfsumme abgeglichen die auf dem Magnetstreifen der Zahlungskarte gespei-chert ist Es wird jedoch nicht von den Handgerauml-ten im Einzelhandel gepruumlft (POS-Terminal) so dass hier zum Cashing verfaumllschte Zahlungskar-ten eingesetzt werden koumlnnen bei denen der Magnetstreifen der Originalkarte mit fremden Kontodaten beschrieben ist

Der EMV-Chip wird von den groszligen Verbuumlnden fuumlr grenzuumlberschreitend einsetzbare Zahlungs-karten gefordert und ist bereits weit verbreitet 35 Das Kuumlrzel geht auf bdquoElectronic Cash ndash MasterMaestro ndash Visaldquo zuruumlck 36 Der Chip ist

31 Es handelt sich um standardisierte Identitaumltsdoku-mente nach ISOIEC 7810 (Wikipedia)32 CF Zahlungskarten 1805200833 CF Zeichensatz OCR-B Juli 200734 CF Sicherheitsmerkmale und Merkmalstoffe 0602201035 Kartensicherheitde EMV-Chip

zwar programmierbar 37 soll aber nicht manipu-lierbar sein 38 und eine verschluumlsselte Datenkom-munikation ermoumlglichen 39

In den meisten west- und nordeuropaumlischen Staaten erfolgt die Autorisierung anhand der Chip- und nicht mehr anhand der Daten auf dem Magnetstreifen Die Geldautomaten in Teilen Suumld- und Osteuropas beschraumlnken sich jedoch haumlufig auf das Auslesen des Magnetstreifens dessen Daten verhaumlltnismaumlszligig leicht kopiert und uumlbertragen werden koumlnnen

2 bargeldloser Zahlungsverkehr

Beim klassischen Euroscheck verkoumlrperte die Bank des Kunden ihre Zahlungsgarantie in Pa-pierform also durch den Euroscheck selber 40 In Verbindung mit der EC-Karte erfolgte die Autori-sierung durch den Akzeptanten Parallel dazu ent-wickelte die Finanzwirtschaft das System der bar-geld- und papierlosen Zahlungen die unter dem Begriff Point of Sale ndash POS ndash zusammengefasst werden Es kennt zwei Auspraumlgungen die bank-wirtschaftlich entstanden sind und ihre rechtliche Anerkennung erhalten haben Die Lastschrift und der Abbuchungsauftrag 41

36 CF Zahlungskarten mit Garantiefunktion 1304200937 CF Turbulenzen beim bargeldlosen Zahlungsverkehr 0602201038 Mehrere Meldungen lassen daran Zweifel aufkom-menPIN-Pruumlfung im EMV-Verfahren bei EC-und Kreditkarten ausgehebelt Heise online 12022010Bericht PIN-Pruumlfung bei EC- und Kreditkarten unsicherer als angenommen Heise online 19012010Daniel Bachfeld Phish amp Chips Angriff auf das EMV-Verfahren bei Bezahlkarten ct 6201039 EC-Karten-Update soll Fehler beheben ct 32010 S 53 Update fuumlr EC-Karten ct 42010 S 5440 Die Garantie war auf 400 DM beschraumlnkt Auch houml-here Betraumlge konnten mit dem EC angewiesen wer-den der uumlberschieszligende Betrag war dann aber nicht von der Garantie der Bank umfasst

B bargeldloser kartengestuumltzter Zahlungsverkehr

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Bei der Lastschrift verbleibt das Risiko bei dem Akzeptanten Das Lastschriftverfahren ist noch immer im Einzelhandel vertreten wenn zwar die Zahlungskarte des Kunden ausgelesen und ge-pruumlft wird er jedoch mit seiner Unterschrift die Zahlung anweist

Die heute uumlbliche Autorisierung fuszligt auf dem Ab-buchungsauftrag der dem Akzeptanten eine houml-here Auszahlungssicherheit gibt 42 Im Alltag zeigt sich die Autorisierung darin dass nicht nur die Zahlungskarte gepruumlft wird sondern auch die PIN eingegeben werden muss Die damit ausge-loumlste Pruumlfung erfolgt bei der kartenausgebenden

41 CF Einzugsermaumlchtigung und Lastschriftverfahren 200742 Die Einzugsverfahren sind in das SEPA-Uumlberein-kommen aufgenommen worden und gelten jetzt euro-paweit siehe CF Single Euro Payments Area 26012008

Bank der die Transaktionsdaten im elektroni-schen Onlineverfahren uumlbermittelt werden und die einen Genehmigungscode zuruumlckmeldet Der Genehmigungscode ersetzt die im Euroscheck verkoumlrperte Garantiefunktion und enthaumllt eine Auszahlungsgarantie der kartenausgebenden Bank Sie erklaumlrt damit verbindlich dass die Zah-lungskarte akzeptiert wird und der geforderte Be-trag zur Verfuumlgung steht

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3 Autorisierung

Die wesentlichen Sicherungen fuumlr das Autorisie-rungsverfahren 43 bestehen in den Sicherheits-merkmalen der Zahlungskarte in der PIN und schlieszliglich in dem Genehmigungscode den die kartenausgebende Bank an den Akzeptanten meldet 44

Zum Zweck der Autorisierung von Debitkarten 45 liest der auslaumlndische Geldautomaten die Kar-tendaten aus kombiniert sie mit der vom Kunden eingegeben PIN dem Auszahlungsbetrag der Gebuumlhr den Individualmerkmalen des Geldauto-maten und der Uhrzeit Der daraus gebildete Da-tensatz wird uumlber Kommunikationsnetze und durch verschiedene Zwischenstellen (zum Bei-spiel in Deutschland First Data Corporation 46 Finanz IT 47) bis zur kartenausgebenden Bank geleitet 48 Diese pruumlft ob die Karte von ihr aus-gestellt und nicht gesperrt ist die Auszahlung im Ausland erlaubt das Tages- oder Wochenlimit nicht uumlberschritten sind und schlieszliglich ob Kon-todeckung oder ein Uumlberziehungskredit beste-hen Danach sendet die Bank an den Geldauto-

43 Wegen der technischen Einzelheiten ISO 8583 (Wikipedia)44 CF Autorisierung im POS-Verfahren 1304200945 Gemeint sind Zahlungskarten auf Guthabenbasis wobei als Guthaben auch der gewaumlhrte Uumlberzie-hungskredit gilt46 fruumlher Gesellschaft fuumlr Zahlungssysteme - GZS47 Rechenzentrum der Sparkassen48 Siehe Glossar Autorisierung Clearing

maten einen Genehmigungscode zuruumlck 49 der die Auszahlung autorisiert und eine Garantie ent-haumllt dass die autorisierende Bank fuumlr den Aus-zahlungsbetrag buumlrgt 50 51

4 Clearing

Nach der Autorisierung erfolgt bei Debitkarten in aller Regel keine unmittelbare Belastung des Kundenkontos sondern eine Zwischenbuchung auf einem bankinternen Konto 52 Nach der Aus-zahlung erfolgt im Bankenverbund uumlber die Ver-bindungsstellen das Clearingverfahren wobei die gegenseitig bestehenden Forderungen der Verbuumlnde und schlieszliglich der Institute unterein-ander ausgeglichen werden Am Ende wird die Zwischenbuchung der Hausbank gegen das Konto des Kunden aufgeloumlst

Diese Buchung zulasten des Kundenkontos mar-kiert den abschlieszligenden Schadenseintritt im Sinne von sect 263a StGB Er erfolgt erst nach der Autorisierung der Auszahlung und schlieszliglich dem Clearing wenn eine gefaumllschte Zahlungs-karte eingesetzt wurde

5 Schadensausgleich

Beanstandet der Kunde eine Kontobelastung und ist diese auf den Einsatz einer gefaumllschten Zahlungskarte zuruumlckzufuumlhren wird grundsaumltz-lich ein Schadensausgleich durchgefuumlhrt bei dem zunaumlchst die Hausbank des Kunden die Be-49 Der Genehmigungscode lautet bdquo0ldquo Andere Codezif-fern belegen Zeituumlberschreitungen Kartensperren Verwendungsbeschraumlnkungen und andere Ereignis-se Sie fuumlhren immer dazu dass die Transaktion ver-weigert wird50 Siehe auch das Glossar bei kartensicherheitde und das Zitat Kasten oben51 In dem Positionspapier strafbare Vorbereitung und Versuch beim Skimming habe ich noch angenommen dass die Garantie von einer der zwischengeschalteten Clearingstellen geleistet wird Das ist falsch Die Ga-rantie stammt immer von der Bank die die Zahlungs-karte ausgegeben und die einzelne Verfuumlgung autori-siert hat52 Conto pro Diverse ndash CPD

Genehmigungsnummer | Authorisation Code

Die Genehmigungsnummer wird infolge einer Autorisierungsanfrage von der Karten ausge-benden Bank (Issuer) vergeben und wiederum von dem Acquirer an den Haumlndler bestaumltigt Ohne diese Genehmigungsnummer hat der Haumlndler fuumlr die Transaktion keine Zahlungsga-rantie

kartensicherheitde

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lastung gegenbucht und diese Forderung bei der EURO Kartensysteme - EKS 53 - zum Ausgleich anmeldet Stellt sich dabei heraus dass der aus-laumlndische Geldautomat von einer Karte deren Original mit einem EMV-Chip ausgestattet ist nur den Magnetstreifen gepruumlft hat dann haftet im europaumlischen Bankenverbund die auslaumlndi-sche Bank fuumlr den Schaden Auf diese Weise wird ein wirtschaftlicher Druck auf die Betreiber von Geldautomaten aufgebaut der sie zur Mo-dernisierung ihrer Geraumlte und zur Verbesserung der Sicherheitsstandards draumlngt

Dieser Anpassungsdruck funktioniert dann nicht mehr wenn sich das Cashing in das entfernte Ausland verlagern sollte Die Finanzwirtschaft wird dafuumlr neue Formen der Sicherung und des Schadensausgleiches entwickeln muumlssen

6 Ergebnisse

Der erfolgreiche Missbrauch einer Zahlungskarte im Ausland der sich in einer Kontobelastung beim deutschen Bankkunden aumluszligert belegt zu-gleich dass eine erfolgreiche Autorisierung durchlaufen und die inlaumlndische Bank eine Aus-zahlung wegen ihres Gegenwertes garantiert hat (Autorisierung)

Daraus folgt ferner dass im Ausland eine ge-faumllschte Zahlungskarte die gegen Faumllschung be-sonders geschuumltzt ist (Faumllschungssicherung) mit Garantiefunktion verwendet wurde Das qua-lifiziert die Tat zu einem Verbrechen gemaumlszligsect 152b Abs 2 StGB mit einer Mindeststrafe von 2 Jahren Freiheitsstrafe wobei ein gewerbsmauml-szligiges Handeln in diesen Faumlllen grundsaumltzlich an-zunehmen ist

Der finanzwirtschaftliche Schadensausgleich hat dazu gefuumlhrt dass die durch das Skimming bei den Bankkunden eingetretenen Schaumlden im Bankenverbund ausgeglichen wurden Dieses System wird einer besonderen Belastungsprobe ausgesetzt sein wenn sich das Cashing in das auszligereuropaumlische Ausland verlagern sollte

53 Siehe auch EKS ndash Analyse

7 arbeitsteilige Handlungen beim Skimming

Das Skimming ist gepraumlgt von verschiedenen Tat-handlungen die in der Grafik auf der naumlchsten Sei-te wegen ihrer wesentlichen Merkmale zusammen-gefasst werden

Am Anfang steht die Herstellung der Ausspaumlhtech-nik Dazu gehoumlren Kartenlesegeraumlte die spaumlter am Geldautomaten an der Eingangskontrolle oder am Kontoauszugsdrucker installiert werden Fuumlr das Ausspaumlhen der PIN werden entweder Kameras oder Tastaturaufsaumltze verwendet

Alle Geraumlte muumlssen so getarnt werden dass sie den Kunden auf dem ersten Blick nicht auffallen Die Taumlter muumlssen deshalb zunaumlchst auskundschaf-ten welche Geldautomaten und Umgebungen fuumlr den Einsatz ihrer Geraumlte geeignet sind Zur Vorbe-reitung und waumlhrend der Installation muumlssen gele-gentlich Anpassungen am Geldautomaten vorge-nommen werden die auf ein erhebliches Fach- und Erfahrungswissen der Installateure schlieszligen las-sen

Zwei Tatphasen finden in der Oumlffentlichkeit statt Das ist zunaumlchst das eigentliche Ausspaumlhen der Zugangsdaten fuumlr das sich der Begriff des Skim-mings (im engeren Sinne) eingebuumlrgert hat Es um-fasst die Installation der Ausspaumlhtechnik das Aus-spaumlhen selber und den Abbau der (wertvollen) Ge-raumlte Entsprechend der eingesetzten Technik muumls-sen die Geraumlte waumlhrend des Ausspaumlhens uumlberpruumlft werden Besonders dann wenn der Abgriff der Kar-

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tendaten nicht direkt am Geldautomaten erfolgt muumlssen die ausgespaumlhten Kartendaten und PIN synchronisiert werden Das erfolgt haumlufig in der Weise dass die Taumlter Testkarten einsetzen deren Merkmale ihnen gelaumlufig sind

Je nach dem Erfolg des Ausspaumlhens werden die Kundendaten einer oder mehrerer Skimmingangrif-fe zusammengefasst und mit ihnen Dubletten an-gefertigt Es handelt sich meistens um unbedruckte WhiteCards die nur uumlber einen Magnetstreifen ver-fuumlgen und damit den einfachsten Anforderungen der ISO-Norm fuumlr Identitaumltsdokumente genuumlgen Die dazu erforderliche Technik und das Zubehoumlr sind im Einzelhandel erhaumlltlich

Die zweite Tatphase in der Oumlffentlichkeit wird als das Cashing bezeichnet Dabei werden die Dublet-ten bdquogebrauchtldquo um Auszahlungen an Geldautoma-ten zu bewirken

Die in Deutschland uumlblichen Sicherheitsmerkmale das sind vor allem das im Kartenkoumlrper einge-brachte Maschinenlesbare Merkmal ndash MM ndash und der EMV-Chip machen es erforderlich dass die Dubletten im Ausland eingesetzt werden wo die Geldautomaten sie nicht pruumlfen Das zeigt dass auch das Cashing selber die Auskundschaftung ge-eigneter Geldautomaten erfordert

Die gewandelten Erscheinungsformen beim Aus-spaumlhen allen voran das POS-Skimming zeigen dass die hier beschriebene Kriminalitaumltsform Wandlungen unterworfen ist die besonders das Ausspaumlhen selber betreffen Verfeinerte Pruumlfungen der Sicherheitsmerkmale und der beschriebene Schadensausgleich lassen vermuten dass sich das Cashing in andere Laumlnder und Kontinente ver-lagern wird

Das Cashing ist aus krimineller Sicht ein aumluszligerst effektives Instrument der Beuterealisierung Es ist zu befuumlrchten dass es uns noch lange erhalten bleibt

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An die Stelle der fruumlher uumlblichen Euroschecks ist das Autorisierungsverfahren und die mit ihm ver-bundene Genehmigung der kartenausstellenden Bank gegenuumlber der Zahlstelle im POS-Verfah-ren getreten 54

1 arbeitsteiliges Vorgehen

Der Tatplan beim Skimming umfasst bei einer groben Unterteilung drei Arbeitsschritte

1) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

2) Faumllschung von Zahlungskarten

3) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Vor dem Arbeitsschritt 1) ist die Herstellung der teilweise handwerklich anspruchsvollen Skim-ming-Hardware angesiedelt und nach dem Ar-beitsschritt 3) die Beuteverteilung wenn es sich ndash wie uumlblich ndash um eine arbeitsteilig aufgestellte Gruppe von Taumltern handelt

Das arbeitsteilige und wiederholte Vorgehen beim Skimming rechtfertigt regelmaumlszligig die An-nahme eines gewerbsmaumlszligigen Handelns 55 Ein-zeltaumlter die alle Arbeitsschritte persoumlnlich aus-uumlben treten allenfalls in Einzelfaumlllen auf In aller Regel haben wir es mit Taumltergruppen zu tun die sich nur deshalb zusammentun um eine dauer-hafte Einnahmequelle zu haben Das wird auch von den Schaumlden durch Cashing-Aktionen be-legt bei denen mehrere Taumlter gleichzeitig han-deln und binnen weniger Tage mehrere Zehntau-send Euro erbeutet haben

Auf die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Mittaumlterschaft und Bandeneigenschaft wird unten im einzelnen eingegangen

54 Siehe Glossar POS55 Siehe Zitat im Kasten oben rechts BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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2 einschlaumlgige Normen und Konkurrenzen

Das Faumllschen von Zahlungskarten und ihren Ge-brauch hat der Gesetzgeber neben die Vor-schriften uumlber das Faumllschen von Geld und Wert-zeichen gestellt (sectsect 146 ff StGB) Die Strafvor-schriften dienen der Sicherheit und Funktionsfauml-higkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs 56 Die hohen Mindestfreiheitsstrafen mit denen sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB drohen sind von Ver-fassungs wegen nicht zu beanstanden 57

Die Missbrauchshandlung beim Skimming ist im Grunddelikt der Gebrauch falscher inlaumlndischer oder auslaumlndischer Zahlungskarten gemaumlszlig sect

56 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1157 BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008 siehe auch CF Faumllschung von Zahlungskarten 01052009

C Strafbarkeit Gewerbsmaumlszligig handelt wer sich durch wiederhol-te Tatbegehung eine nicht nur voruumlbergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will Liegt diese Absicht vor ist bereits die erste Tat als gewerbsmaumlszligig begangen einzustufen auch wenn es entgegen den ur-spruumlnglichen Intentionen des Taumlters zu weiteren Taten nicht kommt Eine Verurteilung wegen ge-werbsmaumlszligiger Deliktsbegehung setzt daher schon im Grundsatz nicht notwendig voraus dass der Taumlter zur Gewinnerzielung mehrere selbststaumlndige Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden Art ver-wirklicht hat Ob der Angeklagte gewerbsmaumlszligig gehandelt hat beurteilt sich vielmehr nach seinen urspruumlnglichen Planungen sowie seinem tatsaumlchli-chen strafrechtlich relevanten Verhalten uumlber den gesamten ihm anzulastenden Tatzeitraum () Er-forderlich ist dabei stets dass sich seine Wieder-holungsabsicht auf dasjenige Delikt bezieht des-sen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbs-maumlszligigkeit qualifiziert ist

BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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152a Abs 1 Nr 2 StGB 58 In Tateinheit 59 damit steht der Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB 60 dessen Vollendung mit der Auszahlung am Geldautomaten eintritt 61

Die Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist ein selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand (sectsect 152b Abs 1 12 Abs 1 StGB) der im-mer auch die Strafbarkeit des Versuchs umfasst (sect 23 Abs 1 StGB) Unter der Voraussetzung der Gewerbsmaumlszligigkeit erhoumlht sich die Mindeststrafe auf 2 Jahre Freiheitsstrafe (sect 152b Abs 2 StGB)

Der Computerbetrug im Zusammenhang mit dem Cashing ist ein besonders schwerer Fall der sich vom Grundtatbestand des sect 263a Abs 1 StGB durch das weitere Merkmal der Gewerbsmaumlszligig-keit abhebt Er ist auch in dieser Form als Verge-hen zu behandeln (sect 12 Abs 1 StGB) so dass das Gesetz die Strafbarkeit des Versuchs beson-ders anordnen muss (sect 23 Abs 1 StGB) Das geschieht in sect 263 Abs 2 StGB auf den der sect 263a Abs 2 StGB ausdruumlcklich verweist

Dagegen tritt die Faumllschung beweiserheblicher Daten gemaumlszlig sect 269 StGB hinter der spezielleren Vorschrift des sect 152a Abs 1 Nr 1 StGB zuruumlck 62 Das mit ihr verbundene bdquoSpeichernldquo realisiert sich nur bei der Faumllschung selber und nicht auch

58 Strafrahmen Geldstrafe bis 5 Jahre Freiheitsstrafe59 Zur Tateinheit zwischen dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten (sect 152a StGB) und Betrug (sect 263 StGB) BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1760 Fallgruppe Unbefugte Verwendung von DatenBGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 8 Siehe auch BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 3780961 Tateinheit BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3 In der Entscheidung wird kommen-tarlos die falsche Strafvorschrift wegen der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion angewendet naumlmlich sect 152a StGB anstelle von sect 152b StGB Das scheint auch der Staatsanwaltschaft Aachen entgan-gen zu sein die das Urteil mit seiner sowieso schon milde(n) Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren (BGH Rn 7) nicht angegriffen hat62 Grundsaumltzlich zum Verhaumlltnis zwischen Urkunden- und Zahlungsmittelfaumllschung BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

beim Missbrauch der gefaumllschten Zah-lungskarten

Bei genauer Betrachtung greifen auch die Daten-delikte nach sect 202a und sect 202b StGB im Zusam-menhang mit dem Skimming nicht

Entgegen der Auffassung der Revision beruhen die Feststellungen zur nur voruumlbergehenden Zu-ruumlckstellung der Tatausfuumlhrung auf hinreichenden tatsaumlchlichen Anhaltspunkten stellen sich also nicht als bloszlige Vermutung dar Die Begehung von Straftaten wie das bdquoSkimmingldquo bedarf eines erheb-lichen organisatorischen Aufwands insbesondere muumlssen Geraumlte zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten zur Verfuumlgung stehen Dass Taumlter die schon uumlber laumlngere Zeit hellip mit der Vorberei-tung der Tat befasst waren nur wegen des Versa-gens der Stromversorgung eines technischen Hilfsmittels fuumlr das Ersatz beschafft werden kann von der weiteren Ausfuumlhrung des Vorhabens end-guumlltig absehen ist eine lebensfremde Annahme Eine Ersatzbeschaffung erforderte entgegen der Auffassung der Revision hellip keinen neuen Tatent-schluss sondern stellte nur einen von vielen Hand-lungsschritten bis zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten dar Dass die Strafkammer man-gels Anhaltspunkten fuumlr einen endguumlltigen Tatab-bruch davon ausgegangen ist dass ein solcher von dem Angeklagten und seinen Mittaumltern nicht gewollt war und schon deshalb ein Verhindern der Tat noch ein Bemuumlhen darum festzustellen waren ist ein nicht nur moumlglicher sondern ausgesprochen naheliegender Schluss Somit schied ein Ruumlcktritt von der Verabredung eines Verbrechens gemaumlszlig sect 31 StGB aus

Generalbundesanwalt Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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21 Ausspaumlhen von Daten

sect 202a Abs 1 StGB kommt wegen des Ausspauml-hens der Daten auf den Magnetstreifen der Zah-lungskarten der betroffenen Bankkunden nicht in Betracht weil ihm eine besondere Sicherungs-funktion fehlt Das fuumlhrt dazu dass die gespei-cherten Daten in aller Regel mit handelsuumlblichen Lesegeraumlten und Komponenten ausgelesen wer-den koumlnnen

In einer fruumlheren Entscheidung ist der BGH noch von einer Tateinheit zwischen dem Nachmachen von Zahlungskarten und dem Ausspaumlhen von Daten ausgegangen 63 Die Revision fuumlhrte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils weil das Tatsachengericht keine Strafantraumlge festgestellt hat 64 (sect 205 StGB 65) Davon wendet sich der 2 Strafsenat des BGH jetzt in zwei Beschluumlssen ab 66 ohne jedoch zunaumlchst die uumlbrigen Senate be-teiligt zu haben (sect 132 GVG) 67 Andere Senate des Gerichts sind dem inzwischen beigetreten der 1 Strafsenat jedoch mit der Einschraumlnkung dass die Voraussetzungen des sect 202a StGB dann nicht gegeben sind wenn die zum Ausle-sen benutzte Software auch im regulaumlren Handel erhaumlltlich ist 68

63 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 764 Dateninhaber ist danach die kartenausgebende Bank die somit auch strafantragsberechtigt ist eben-da65 Wegen des Ausspaumlhens (sect 202a StGB) und Abfan-gens von Daten (sect 202b StGB) kann die Staatsan-waltschaft jetzt auch das besondere oumlffentliche Inter-esse an der Strafverfolgung bejahen (sect 205 Abs 1 S 2 StGB)66 CF Ausspaumlhen von Daten und das Skimming 14052010BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309 S 4BGH Beschluss vom 18032010 - 4 StR 5550967 Kritisch auch Goya Graumlfin Tyszkiewicz Skimming als Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a StGB HRR 42010 207 (mit Zitat zum Cyberfahnder)68 BGH Beschluss vom 19052010 - 1 ARs 610CF Ausspaumlhen von Magnetstreifen 02072010

22 Abfangen von Daten

Die ausgespaumlhten Kartendaten werden zum Faumll-schen von Zahlungskarten benoumltigt und die PIN zum spaumlter einsetzenden Gebrauch sect 149 Abs 1 StGB beschraumlnkt den Anwendungsbereich fuumlr die Haftung im Vorbereitungsstadium auf die Faumll-schung und bezieht nicht auch den Gebrauch mit ein Daraus folgt dass keine Strafbarkeit wegen des Umgangs mit Geraumlten zum Ausspaumlhen der PIN aus sect 149 StGB abgeleitet werden kann

Wegen des Ausspaumlhens der PIN greift auch das Hackerstrafrecht nicht wenn es unmittelbar an-gewendet wird Es handelt sich dabei weder um ein Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a Abs 1 StGB noch um ein Abfangen von Daten gemaumlszlig sect 202b StGB Verantwortlich dafuumlr ist die Definition von bdquoDatenldquo in sect 202a Abs 2 StGB Das sind nur solche Daten die bereits gespeichert sind oder uumlbermittelt werden Das Uumlbermitteln setzt jedoch eine vorherige Speicherung voraus

Beim Skimming wird die PIN aber bei der Einga-be ausgespaumlht Sie ist der Speicherung und Uumlbermittlung vorgelagert

23 PIN-Skimming und Computersabotage

Das Cashing ist mit der Eingabe von Daten mit dem Ziel verbunden einem Anderen Nachteil zu-zufuumlgen und deshalb auch ein Anwendungsfall der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 1 Nr 2 StGB Diese Strafvorschrift wird im Zusammen-hang mit dem Cashing vom Computerbetrug als dem spezielleren und schwereren Vorwurf ver-draumlngt

sect 303b Abs 5 StGB erweitert jedoch die Straf-barkeit auch auf das Vorbereitungsstadium in-dem er auf sect 202c StGB verweist Dadurch wer-den nicht nur Computerprogramme geschuumltzt sondern ausdruumlcklich auch Passwoumlrter und sonstiger Sicherungscode (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) Der Umgang mit ihnen mit dem Ziel sie zum Cashing zu verwenden steht unter Strafe 69 69 CF Ausspaumlhen der PIN 06122008

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und wird mit einer Houmlchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht

Die Schutzrichtung dieser Normen beschraumlnkt sich jedoch auf Computerprogramme einerseits und PIN (als Passwoumlrter) andererseits nicht aber auf die zum Ausspaumlhen genutzten Geraumlte

Das Sich-Verschaffen von PIN ist somit gemaumlszlig sect 303b Abs 5 StGB in Verbindung mit sect 202c StGB strafbar Es verlangt nach dem Nachweis dass tatsaumlchlich PIN ausgespaumlht wurden

24 natuumlrliche Handlungseinheiten

Aus dem Begriff bdquodieselbe Tatldquo (sect 52 Abs 1 StGB) leitet die Rechtsprechung die natuumlrliche Handlungseinheit ab wobei mehrere Verhal-tensweisen von einem einheitlichen Willen getra-gen werden und raumlumlich-zeitlich so eng mitein-ander verbunden sind dass das gesamte Taumltig-werden objektiv als ein einheitliches und zusam-mengehoumlriges Tun erscheint 70 Sie darf nicht mit der fortgesetzten Handlung verwechselt werden womit von der Rechtsprechung gleichartige Ta-ten mit weitem raumlumlich-zeitlichem Zusammen-hang zusammengefasst wurden Die Handlungs-form der fortgesetzten Handlung hat der BGH 1994 aufgegeben 71 nicht zuletzt deshalb weil sie erhebliche Nachteile fuumlr die Angeklagten barg 72

Eine besondere Auspraumlgung der Handlungsein-heit hat der BGH im Zusammenhang mit Betaumlu-bungsmittelstraftaten entwickelt Insoweit spricht er von einer Bewertungseinheit und fasst damit alle Veraumluszligerungshandlungen des Taumlters zu-sammen wenn das Rauschgift aus derselben 70 lexexaktde natuumlrliche Handlungseinheit71 BGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393 zum Steuerstrafrecht 72 Siehe BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593wenn verschiedene Handlungen (Steuererklaumlrungen) durch den Fortsetzungszusammenhang zusammen gefasst werden dann beginnt ihre Verjaumlhrung erst mit der letzten Tathandlung (sect 78a StGB) Das hat dazu gefuumlhrt dass Steuerstraftaten uumlber Jahrzehnte hin-weg bestraft werden konnten wenn sie denselben Akt oder Modus betrafen

Quelle stammt also aus einer einmaligen Er-werbstat 73

Im Zusammenhang mit dem Skimming spricht der BGH von deliktischen Einheiten die einer-seits zwischen dem Gebrauchen nachgemachter Zahlungskarten und dem damit verbundenen Be-trug und andererseits zwischen den Tathandlun-gen des Nachmachens und des Gebrauchens im Sinne von sect 152a Abs 1 StGB bestehen soweit sie raumlumlich-zeitlich eng verbunden und von ei-nem einheitlichen Vorsatz umschlossen sind 74 Solche deliktischen Einheiten koumlnnen auch die gleichzeitig Faumllschung mehrerer Karten 75 und ih-ren Gebrauch beim Cashing bilden 76

Die praktische Konsequenz daraus ist dass als eine materielle Tat alle Faumllschungen alle Miss-braumluche von Zahlungskarten und alle unmittelbar

73 BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300 mwN74 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 17BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 440875 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 13BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 376 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 8

Ob die Vollendung in mehreren materiellen Taten erfolgt orientiert sich am Handeln des Cashers Anhand der Abbuchungsdaten koumlnnen erfah-rungsgemaumlszlig deutliche Pausen festgestellt wer-den die aber nicht zwingend auf eine Unterbre-chung und die Beendigung einer Tat schlieszligen lassen Zwei Fehlerquellen sind insoweit zu be-trachten

Die Zeitstempel die die Geldautomaten uumlbermit-teln richten sich nach den Einstellungen im Geld-automaten selber und werden nicht synchronisiert Sie koumlnnen von der genauen Zeit abweichen und aus einer anderen Zeitzone stammen

Allein Europa verfuumlgt uumlber mindestens 4 Zeitzo-nen von der die Mitteleuropaumlische Zeit ndash MEZ ndash die verbreitetste ist Die EKS stellt aber die Zeit-stempel der Rechenzentren bei der Autorisierung zur Verfuumlgung so dass die Fehlerquelle abwei-chender Zeitangaben nahezu ausgeschlossen ist

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aufeinander folgenden Ausspaumlhungen von Kon-tozugangsdaten zusammengefasst werden muumls-sen soweit sie einen engen Zusammenhang mit-einander haben Das ist zum Beispiel der Fall wenn Skimmer ihre technischen Geraumlte installie-ren ihre Funktionstuumlchtigkeit gelegentlich uumlber-pruumlfen und die Geraumlte schlieszliglich wieder abbau-en Das Ausspaumlhen bildet dabei einen einheitli-chen Handlungsrahmen wobei der Vorsatz der Taumlter darauf gerichtet ist moumlglichst viele Kun-dendaten bei ihrem Angriff zu erlangen Auch wenn die Taumlter uumlber mehrere Tage hinweg die-selbe Bankfiliale ausspaumlhen und die Technik nur waumlhrend der Bankgeschaumlftszeiten abbauen und anschlieszligend wieder einrichten 77 kann eine de-liktische Einheit bestehen 78

Dasselbe gilt wegen des Cashings wenn die Tauml-ter mit engem zeitlichen Zusammenhang han-deln Eine Zaumlsur kann jedoch dann angenom-men werden wenn die Taumlter ihr Handeln unter-brechen um sich zum Beispiel mit weiteren Du-bletten zu versorgen 79

Im Zusammenhang mit dem Nachmachen und Gebrauchen von Zahlungskarten ist jedenfalls dann das Vorliegen eines minder schweren Fal-les zu pruumlfen wenn es um eine geringe Stuumlck-zahl von Karten geht 80

77 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 978 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 14 leitet das daraus ab dass verschiedene Vorberei-tungshandlungen die sich auf denselben Gegenstand erstrecken nur eine Tat darstellen Die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium beim Skimming wird unten angesprochen79 Siehe BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 9 80 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 12

3 Faumllschungssicherheit

Von der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt dass sich die Faumllschung auch alleine auf die Da-ten auf dem Magnetstreifen beschraumlnken kann 81 In Bezug auf Zahlungskarten hat der BGH jetzt ausgefuumlhrt 82

bdquoFalsch sind Zahlungskarten (mit Garantiefunkti-on) wenn sie faumllschlicherweise den Anschein er-wecken sie seien von demjenigen ausgegeben worden auf den die lesbaren Angaben auf der Karte oder die auf ihr unsichtbar gespeicherten Informationen als Aussteller hinweisen Optische Wahrnehmungsmoumlglichkeit und digitale Maschi-nenlesbarkeit muumlssen nicht gleichzeitig gegeben sein so dass eine falsche Karte nicht die ku-mulative Nachahmung beider Komponenten vor-aussetzt Es genuumlgt dass die Faumllschung entwe-der nur die Urkundenfunktion zum Gegenstand hat - was etwa bei einer gefaumllschten Kreditkarte der Fall ist die nur in ihrem aumluszligeren Erschei-nungsbild einer echten Kreditkarte entspricht aber keinen funktionsfaumlhigen Magnetstreifen oder Mikrochip enthaumllt - oder ein Magnetstreifen bzw ein Mikrochip zwecks ausschlieszliglicher Ver-wendung an Automaten gefaumllscht und auf ein unbedrucktes Stuumlck Plastik oder Pappe geklebt ist ldquo

sect 152a Abs 4 Nr 2 und sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB verlangen gleichermaszligen nach einer be-sonderen Sicherung gegen die Nachahmung durch Ausgestaltung oder Codierung wobei un-klar bleibt ob sie unterschiedliche Sicherheits-merkmale meinen Dafuumlr koumlnnte sprechen dass bei gleichem Wortlaut sect 152a StGB das Verfaumll-schen und Nachmachen und sect 152b StGB die Garantiefunktion in den Vordergrund stellen

Die allgemeine bdquoAusgestaltungldquo der Zahlungskar-ten wird von den Aufdrucken Hologrammen der erhabenen Kartennummer und der Pruumlfnummer (bei Kreditkarten) sowie dem Unterschriftsfeld und dem Vorhandensein des Magnetstreifens

81 Zur Verfaumllschung einer echten Zahlungskarte BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840082 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 11

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oder des EMV-Chips gepraumlgt Als besondere Si-cherungen im Hinblick auf die Kodierung sind an erster Stelle das Maschinenlesbare Merkmal die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Siche-rungsmechanismen im EMV-Chip zu nennen der zudem einen verschluumlsselten Datenverkehr zulassen soll

Im Hinblick auf die Garantiefunktion kommt als gestaltendes Element eine besondere Bedeu-tung dem Label zu das die Karte als eine solche ausweist die am Onlineverfahren zur Autorisie-rung und Genehmigung teilnimmt Die besonde-re Sicherheitsmerkmale in Bezug auf die Garan-tiefunktion sind dieselben die auch zur allgemei-nen Kartensicherheit dienen Das sind vor allem die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Si-cherungsmechanismen im EMV-Chip Von be-sonderer Bedeutung ist insoweit die PIN die im Autorisierungsverfahren gepruumlft wird Im Zusam-menhang mit sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB kommt auch den Verschluumlsselungsmechanismen im EMV-Chip eine besondere Bedeutung zu er ist jedoch noch nicht allgemein verbreitet 83

4 Garantiefunktion

sect 152a Abs 1 StGB schuumltzt inlaumlndische und aus-laumlndische Zahlungskarten und geldwerte Wertpa-piere (Schecks Wechsel) vor ihrer Faumllschung wenn sie von einem Kredit- oder Finanzdienst-leistungsinstitut herausgegeben wurden (sect 152a Abs 4 Nr 1 StGB) und durch ihre Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind (sect 152a Abs 4 Nr 2 StGB) 84 Die-se Voraussetzungen liegen angesichts der be-schriebenen Sicherheitsmerkmale bei den uumlbli-

83 Falsch programmierte EMV-Chips haben Anfang 2010 zu erheblichen Irritationen gefuumlhrt Im Onlinever-fahren zeigt die Kodierung des Magnetstreifens an dass die Karte uumlber einen EMV-Chip verfuumlgt Damit soll das POS-Terminal angewiesen werden den Chip auszulesen und dessen Sicherheitsfunktionen zu nut-zen Mit einfachem Klebeband laumlsst sich der Chip je-doch abdecken so dass das Terminal ihn als defekt betrachtet Darauf beschraumlnkt es sich auf die Pruumlfung des Magnetstreifens84 CF Skimming und Faumllschungsrecht 13042009

chen von Banken herausgegebenen Karten vor 85

Die Garantiefunktion wird darin gesehen dass das die Karte ausgebende Unternehmen sich gegenuumlber Vertragsunternehmen ltverpflichtetgt deren Forderungen gegen den Kartenbenutzer zu bezahlen 86 Diese Definition nimmt sect 152b Abs 4 StGB auf und definiert die Zahlungskarten mit Garantiefunktion als Kredit- Euroscheck- und sonstige Karten die es ermoumlglichen den Aus-steller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen 87 Die Modalitaumlten des Forderungsausgleiches zwischen der Bank und ihrem Kunden wirken sich darauf nicht aus

In Literatur und Rechtsprechung bestehen an der Garantiefunktion keine Zweifel wenn es sich um Kreditkarten handelt bei denen der Auszah-lungsbetrag gegen ein eigenes Konto des Kar-tenausstellers erfolgt Die bekanntesten Kredit-kartenverbuumlnde sind die von American Express Master und Visa 88 Die Autorisierung im Online-verfahren und die damit verbundene Genehmi-gung ohne die keine Verfuumlgung akzeptiert wird ist bei Kredit- und Debitkarten jedoch identisch 89 so dass auch die Debitkarten die an dem Autori-sierungsverfahren teilnehmen koumlnnen Karten

85 Siehe oben Faumllschungssicherung86 BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392 Rn 9Die Entscheidung betrifft den Kredit- und Scheckkar-tenmissbrauch gemaumlszlig sect 266b StGB und unterschei-det deshalb zwischen Einziehungsverfahren und Last-schriftverfahren Im Lastschriftverfahren traumlgt das Ausfallrisiko der Akzeptant so dass die Karten aus-stellende Bank nicht geschaumldigt wird (ebenda)87 Fuumlr die EC-Karte hat der BGH anerkannt dass sie auch dann eine Garantiefunktion hat wenn sie im Lastschriftverfahren eingesetzt wird BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840088 Siehe die Uumlbersicht und Erklaumlrungen bei kartensicherheitde ndash Zahlungsverfahren89 In BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 4 spricht das Gericht unklar von falschen Kreditkar-ten mit Garantiefunktion meint jedoch Kreditkarten als solche die nach Art der ausstellenden Banken be-druckt und mit den Labeln von Visa oder Master ver-sehen waren

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mit Garantiefunktion sind 90 Fuumlr die Strafbarkeit nach sect 152b StGB kommt es nur darauf an dass die Garantiefunktion besteht und nicht auch dar-auf dass der Taumlter sie in Anspruch nehmen will 91

Dem Schutz des sect 152a StGB unterliegen schlieszliglich auch andere Zahlungskarten von Fi-nanzdienstleistungsinstituten zum Beispiel Tank- und Telefonkarten die hier nicht weiter be-trachtet werden

Die vom Gesetzestext genannten Euroschecks und -karten gibt es seit 2002 nicht mehr An ihre Stelle ist das (auch vorher schon praktizierte) Autorisierungsverfahren getreten Wie beim EC-Verfahren 92 geht es ihm um die Garantie des Ausstellers wegen der Auszahlung nur dass die durch den Euroscheck verbuumlrgte und von der EC-Karte autorisierte Garantie uumlbergegangen ist zum Genehmigungscode den der Aussteller in jedem POS-Verfahren uumlbermittelt wenn er die Buchung genehmigt Das EC-Verfahren hat da-durch eine neue Auspraumlgung erfahren Waumlhrend das klassische Modell eine fruumlhe Autorisierung bei der Ausgabe der Schecks durchgefuumlhrt hat erfolgt sie jetzt in Echtzeit durch die Uumlbermittlung des Genehmigungscodes Nicht anders als im al-ten Verfahren erfolgt die Buchung der Forderung gegen die Bank zunaumlchst auf einem ihrer Zwi-schenkonten 93 was der Ausgabe der Euro-schecks gleich kommt Das zeigt auch dass die autorisierende Bank die buchhalterische Haftung fuumlr die betreffende Forderung uumlbernimmt

90 Siehe oben Autorisierung91 BGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 2290892 Das Markenzeichen bdquoECldquo wird jetzt als bdquoelectronic cashldquo fortgefuumlhrt93 Siehe oben Clearing

5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

Das Cashing im Ausland unterliegt gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB dem deutschen Strafrecht Das Aus-spaumlhen im Inland bildet fuumlr den Mittaumlter einen ei-genen Tatort (sect 9 Abs 1 StGB) und fuumlr den Teil-nehmer greifen sect 9 Abs 2 S 1 S 2 StGB We-gen des im Ausland vollendeten Computerbetru-ges tritt der Taterfolg zunaumlchst bei der karten-ausgebenden Bank (Buchung gegen das interne CPD-Konto) und im Zuge des Clearingverfah-rens zulasten des einzelnen Bankkunden ein so dass der Erfolgsort gemaumlszlig sect 9 Abs 1 StGB im Inland liegt

Das Cashing ndash ob im Ausland mit inlaumlndischen oder im Inland mit auslaumlndischen Kartendaten und PIN - stellt sich deshalb als die Vollendung des gewerbsmaumlszligigen Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tatein-heit mit gewerbsmaumlszligigem Computerbetrug ge-maumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB dar 94

Eine Ausnahme bilden die vollstaumlndigen Aus-landstaten in denen das Cashing im Ausland mit auslaumlndischen Kartendaten erfolgt Sie haben keinen inlaumlndischen Handlungs- oder Erfolgsort so dass das Weltrechtsprinzip gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB unmittelbar greift wenn die auslaumlndischen Taumlter im Inland ergriffen werden (sect 9 StPO) oder sich hier niedergelassen haben (sect 8 StPO) Die Taumlter koumlnnen wegen des Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten verfolgt werden nicht aber we-gen Computerbetruges fuumlr den das Weltrechts-prinzip nicht gilt 95

94 Das Landgericht Hannover ist am 17112009 mei-nen rechtlichen Auffassungen gefolgt (rechtskraumlftig seit Ende April 2010)CF Skimming-Rechtsprechung 1811200995 Wegen der Strafverfolgung Deutscher und solcher Auslaumlnder die nicht abgeschoben werden koumlnnen siehe sect 7 Abs 2 StGB

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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Unter dem Gesichtspunkt des klassischen Skim-mings bei dem das Ausspaumlhen und der Miss-brauch gefaumllschter Zahlungskarten in der Oumlffent-lichkeit stattfindet bedarf das Verfahren des bar-geldlosen Zahlungsverkehrs einer besonderen Betrachtung

1 Faumllschungssicherung

Die in Deutschland herausgegebenen Zahlungs-karten 31 verfuumlgen uumlber mehrere Vorrichtungen gegen das Faumllschen der Karte selber 32 Neben dem Unterschriftsfeld den Merkmalen des Auf-drucks und des fuumlr die Individualdaten verwen-deten Schrifttyps (OCR-B 33) sind das besonders der EMV-Chip und das Maschinenlesbare Merk-mal ndash MM

Das MM ist eine Besonderheit die es nur in Deutschland gibt Dabei handelt es sich um einen im Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmal-stoff der eine individuelle Codierung der Karte zulaumlsst 34 Diese Codierung wird im Geldautoma-ten mit einer Pruumlfsumme abgeglichen die auf dem Magnetstreifen der Zahlungskarte gespei-chert ist Es wird jedoch nicht von den Handgerauml-ten im Einzelhandel gepruumlft (POS-Terminal) so dass hier zum Cashing verfaumllschte Zahlungskar-ten eingesetzt werden koumlnnen bei denen der Magnetstreifen der Originalkarte mit fremden Kontodaten beschrieben ist

Der EMV-Chip wird von den groszligen Verbuumlnden fuumlr grenzuumlberschreitend einsetzbare Zahlungs-karten gefordert und ist bereits weit verbreitet 35 Das Kuumlrzel geht auf bdquoElectronic Cash ndash MasterMaestro ndash Visaldquo zuruumlck 36 Der Chip ist

31 Es handelt sich um standardisierte Identitaumltsdoku-mente nach ISOIEC 7810 (Wikipedia)32 CF Zahlungskarten 1805200833 CF Zeichensatz OCR-B Juli 200734 CF Sicherheitsmerkmale und Merkmalstoffe 0602201035 Kartensicherheitde EMV-Chip

zwar programmierbar 37 soll aber nicht manipu-lierbar sein 38 und eine verschluumlsselte Datenkom-munikation ermoumlglichen 39

In den meisten west- und nordeuropaumlischen Staaten erfolgt die Autorisierung anhand der Chip- und nicht mehr anhand der Daten auf dem Magnetstreifen Die Geldautomaten in Teilen Suumld- und Osteuropas beschraumlnken sich jedoch haumlufig auf das Auslesen des Magnetstreifens dessen Daten verhaumlltnismaumlszligig leicht kopiert und uumlbertragen werden koumlnnen

2 bargeldloser Zahlungsverkehr

Beim klassischen Euroscheck verkoumlrperte die Bank des Kunden ihre Zahlungsgarantie in Pa-pierform also durch den Euroscheck selber 40 In Verbindung mit der EC-Karte erfolgte die Autori-sierung durch den Akzeptanten Parallel dazu ent-wickelte die Finanzwirtschaft das System der bar-geld- und papierlosen Zahlungen die unter dem Begriff Point of Sale ndash POS ndash zusammengefasst werden Es kennt zwei Auspraumlgungen die bank-wirtschaftlich entstanden sind und ihre rechtliche Anerkennung erhalten haben Die Lastschrift und der Abbuchungsauftrag 41

36 CF Zahlungskarten mit Garantiefunktion 1304200937 CF Turbulenzen beim bargeldlosen Zahlungsverkehr 0602201038 Mehrere Meldungen lassen daran Zweifel aufkom-menPIN-Pruumlfung im EMV-Verfahren bei EC-und Kreditkarten ausgehebelt Heise online 12022010Bericht PIN-Pruumlfung bei EC- und Kreditkarten unsicherer als angenommen Heise online 19012010Daniel Bachfeld Phish amp Chips Angriff auf das EMV-Verfahren bei Bezahlkarten ct 6201039 EC-Karten-Update soll Fehler beheben ct 32010 S 53 Update fuumlr EC-Karten ct 42010 S 5440 Die Garantie war auf 400 DM beschraumlnkt Auch houml-here Betraumlge konnten mit dem EC angewiesen wer-den der uumlberschieszligende Betrag war dann aber nicht von der Garantie der Bank umfasst

B bargeldloser kartengestuumltzter Zahlungsverkehr

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Bei der Lastschrift verbleibt das Risiko bei dem Akzeptanten Das Lastschriftverfahren ist noch immer im Einzelhandel vertreten wenn zwar die Zahlungskarte des Kunden ausgelesen und ge-pruumlft wird er jedoch mit seiner Unterschrift die Zahlung anweist

Die heute uumlbliche Autorisierung fuszligt auf dem Ab-buchungsauftrag der dem Akzeptanten eine houml-here Auszahlungssicherheit gibt 42 Im Alltag zeigt sich die Autorisierung darin dass nicht nur die Zahlungskarte gepruumlft wird sondern auch die PIN eingegeben werden muss Die damit ausge-loumlste Pruumlfung erfolgt bei der kartenausgebenden

41 CF Einzugsermaumlchtigung und Lastschriftverfahren 200742 Die Einzugsverfahren sind in das SEPA-Uumlberein-kommen aufgenommen worden und gelten jetzt euro-paweit siehe CF Single Euro Payments Area 26012008

Bank der die Transaktionsdaten im elektroni-schen Onlineverfahren uumlbermittelt werden und die einen Genehmigungscode zuruumlckmeldet Der Genehmigungscode ersetzt die im Euroscheck verkoumlrperte Garantiefunktion und enthaumllt eine Auszahlungsgarantie der kartenausgebenden Bank Sie erklaumlrt damit verbindlich dass die Zah-lungskarte akzeptiert wird und der geforderte Be-trag zur Verfuumlgung steht

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3 Autorisierung

Die wesentlichen Sicherungen fuumlr das Autorisie-rungsverfahren 43 bestehen in den Sicherheits-merkmalen der Zahlungskarte in der PIN und schlieszliglich in dem Genehmigungscode den die kartenausgebende Bank an den Akzeptanten meldet 44

Zum Zweck der Autorisierung von Debitkarten 45 liest der auslaumlndische Geldautomaten die Kar-tendaten aus kombiniert sie mit der vom Kunden eingegeben PIN dem Auszahlungsbetrag der Gebuumlhr den Individualmerkmalen des Geldauto-maten und der Uhrzeit Der daraus gebildete Da-tensatz wird uumlber Kommunikationsnetze und durch verschiedene Zwischenstellen (zum Bei-spiel in Deutschland First Data Corporation 46 Finanz IT 47) bis zur kartenausgebenden Bank geleitet 48 Diese pruumlft ob die Karte von ihr aus-gestellt und nicht gesperrt ist die Auszahlung im Ausland erlaubt das Tages- oder Wochenlimit nicht uumlberschritten sind und schlieszliglich ob Kon-todeckung oder ein Uumlberziehungskredit beste-hen Danach sendet die Bank an den Geldauto-

43 Wegen der technischen Einzelheiten ISO 8583 (Wikipedia)44 CF Autorisierung im POS-Verfahren 1304200945 Gemeint sind Zahlungskarten auf Guthabenbasis wobei als Guthaben auch der gewaumlhrte Uumlberzie-hungskredit gilt46 fruumlher Gesellschaft fuumlr Zahlungssysteme - GZS47 Rechenzentrum der Sparkassen48 Siehe Glossar Autorisierung Clearing

maten einen Genehmigungscode zuruumlck 49 der die Auszahlung autorisiert und eine Garantie ent-haumllt dass die autorisierende Bank fuumlr den Aus-zahlungsbetrag buumlrgt 50 51

4 Clearing

Nach der Autorisierung erfolgt bei Debitkarten in aller Regel keine unmittelbare Belastung des Kundenkontos sondern eine Zwischenbuchung auf einem bankinternen Konto 52 Nach der Aus-zahlung erfolgt im Bankenverbund uumlber die Ver-bindungsstellen das Clearingverfahren wobei die gegenseitig bestehenden Forderungen der Verbuumlnde und schlieszliglich der Institute unterein-ander ausgeglichen werden Am Ende wird die Zwischenbuchung der Hausbank gegen das Konto des Kunden aufgeloumlst

Diese Buchung zulasten des Kundenkontos mar-kiert den abschlieszligenden Schadenseintritt im Sinne von sect 263a StGB Er erfolgt erst nach der Autorisierung der Auszahlung und schlieszliglich dem Clearing wenn eine gefaumllschte Zahlungs-karte eingesetzt wurde

5 Schadensausgleich

Beanstandet der Kunde eine Kontobelastung und ist diese auf den Einsatz einer gefaumllschten Zahlungskarte zuruumlckzufuumlhren wird grundsaumltz-lich ein Schadensausgleich durchgefuumlhrt bei dem zunaumlchst die Hausbank des Kunden die Be-49 Der Genehmigungscode lautet bdquo0ldquo Andere Codezif-fern belegen Zeituumlberschreitungen Kartensperren Verwendungsbeschraumlnkungen und andere Ereignis-se Sie fuumlhren immer dazu dass die Transaktion ver-weigert wird50 Siehe auch das Glossar bei kartensicherheitde und das Zitat Kasten oben51 In dem Positionspapier strafbare Vorbereitung und Versuch beim Skimming habe ich noch angenommen dass die Garantie von einer der zwischengeschalteten Clearingstellen geleistet wird Das ist falsch Die Ga-rantie stammt immer von der Bank die die Zahlungs-karte ausgegeben und die einzelne Verfuumlgung autori-siert hat52 Conto pro Diverse ndash CPD

Genehmigungsnummer | Authorisation Code

Die Genehmigungsnummer wird infolge einer Autorisierungsanfrage von der Karten ausge-benden Bank (Issuer) vergeben und wiederum von dem Acquirer an den Haumlndler bestaumltigt Ohne diese Genehmigungsnummer hat der Haumlndler fuumlr die Transaktion keine Zahlungsga-rantie

kartensicherheitde

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lastung gegenbucht und diese Forderung bei der EURO Kartensysteme - EKS 53 - zum Ausgleich anmeldet Stellt sich dabei heraus dass der aus-laumlndische Geldautomat von einer Karte deren Original mit einem EMV-Chip ausgestattet ist nur den Magnetstreifen gepruumlft hat dann haftet im europaumlischen Bankenverbund die auslaumlndi-sche Bank fuumlr den Schaden Auf diese Weise wird ein wirtschaftlicher Druck auf die Betreiber von Geldautomaten aufgebaut der sie zur Mo-dernisierung ihrer Geraumlte und zur Verbesserung der Sicherheitsstandards draumlngt

Dieser Anpassungsdruck funktioniert dann nicht mehr wenn sich das Cashing in das entfernte Ausland verlagern sollte Die Finanzwirtschaft wird dafuumlr neue Formen der Sicherung und des Schadensausgleiches entwickeln muumlssen

6 Ergebnisse

Der erfolgreiche Missbrauch einer Zahlungskarte im Ausland der sich in einer Kontobelastung beim deutschen Bankkunden aumluszligert belegt zu-gleich dass eine erfolgreiche Autorisierung durchlaufen und die inlaumlndische Bank eine Aus-zahlung wegen ihres Gegenwertes garantiert hat (Autorisierung)

Daraus folgt ferner dass im Ausland eine ge-faumllschte Zahlungskarte die gegen Faumllschung be-sonders geschuumltzt ist (Faumllschungssicherung) mit Garantiefunktion verwendet wurde Das qua-lifiziert die Tat zu einem Verbrechen gemaumlszligsect 152b Abs 2 StGB mit einer Mindeststrafe von 2 Jahren Freiheitsstrafe wobei ein gewerbsmauml-szligiges Handeln in diesen Faumlllen grundsaumltzlich an-zunehmen ist

Der finanzwirtschaftliche Schadensausgleich hat dazu gefuumlhrt dass die durch das Skimming bei den Bankkunden eingetretenen Schaumlden im Bankenverbund ausgeglichen wurden Dieses System wird einer besonderen Belastungsprobe ausgesetzt sein wenn sich das Cashing in das auszligereuropaumlische Ausland verlagern sollte

53 Siehe auch EKS ndash Analyse

7 arbeitsteilige Handlungen beim Skimming

Das Skimming ist gepraumlgt von verschiedenen Tat-handlungen die in der Grafik auf der naumlchsten Sei-te wegen ihrer wesentlichen Merkmale zusammen-gefasst werden

Am Anfang steht die Herstellung der Ausspaumlhtech-nik Dazu gehoumlren Kartenlesegeraumlte die spaumlter am Geldautomaten an der Eingangskontrolle oder am Kontoauszugsdrucker installiert werden Fuumlr das Ausspaumlhen der PIN werden entweder Kameras oder Tastaturaufsaumltze verwendet

Alle Geraumlte muumlssen so getarnt werden dass sie den Kunden auf dem ersten Blick nicht auffallen Die Taumlter muumlssen deshalb zunaumlchst auskundschaf-ten welche Geldautomaten und Umgebungen fuumlr den Einsatz ihrer Geraumlte geeignet sind Zur Vorbe-reitung und waumlhrend der Installation muumlssen gele-gentlich Anpassungen am Geldautomaten vorge-nommen werden die auf ein erhebliches Fach- und Erfahrungswissen der Installateure schlieszligen las-sen

Zwei Tatphasen finden in der Oumlffentlichkeit statt Das ist zunaumlchst das eigentliche Ausspaumlhen der Zugangsdaten fuumlr das sich der Begriff des Skim-mings (im engeren Sinne) eingebuumlrgert hat Es um-fasst die Installation der Ausspaumlhtechnik das Aus-spaumlhen selber und den Abbau der (wertvollen) Ge-raumlte Entsprechend der eingesetzten Technik muumls-sen die Geraumlte waumlhrend des Ausspaumlhens uumlberpruumlft werden Besonders dann wenn der Abgriff der Kar-

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tendaten nicht direkt am Geldautomaten erfolgt muumlssen die ausgespaumlhten Kartendaten und PIN synchronisiert werden Das erfolgt haumlufig in der Weise dass die Taumlter Testkarten einsetzen deren Merkmale ihnen gelaumlufig sind

Je nach dem Erfolg des Ausspaumlhens werden die Kundendaten einer oder mehrerer Skimmingangrif-fe zusammengefasst und mit ihnen Dubletten an-gefertigt Es handelt sich meistens um unbedruckte WhiteCards die nur uumlber einen Magnetstreifen ver-fuumlgen und damit den einfachsten Anforderungen der ISO-Norm fuumlr Identitaumltsdokumente genuumlgen Die dazu erforderliche Technik und das Zubehoumlr sind im Einzelhandel erhaumlltlich

Die zweite Tatphase in der Oumlffentlichkeit wird als das Cashing bezeichnet Dabei werden die Dublet-ten bdquogebrauchtldquo um Auszahlungen an Geldautoma-ten zu bewirken

Die in Deutschland uumlblichen Sicherheitsmerkmale das sind vor allem das im Kartenkoumlrper einge-brachte Maschinenlesbare Merkmal ndash MM ndash und der EMV-Chip machen es erforderlich dass die Dubletten im Ausland eingesetzt werden wo die Geldautomaten sie nicht pruumlfen Das zeigt dass auch das Cashing selber die Auskundschaftung ge-eigneter Geldautomaten erfordert

Die gewandelten Erscheinungsformen beim Aus-spaumlhen allen voran das POS-Skimming zeigen dass die hier beschriebene Kriminalitaumltsform Wandlungen unterworfen ist die besonders das Ausspaumlhen selber betreffen Verfeinerte Pruumlfungen der Sicherheitsmerkmale und der beschriebene Schadensausgleich lassen vermuten dass sich das Cashing in andere Laumlnder und Kontinente ver-lagern wird

Das Cashing ist aus krimineller Sicht ein aumluszligerst effektives Instrument der Beuterealisierung Es ist zu befuumlrchten dass es uns noch lange erhalten bleibt

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An die Stelle der fruumlher uumlblichen Euroschecks ist das Autorisierungsverfahren und die mit ihm ver-bundene Genehmigung der kartenausstellenden Bank gegenuumlber der Zahlstelle im POS-Verfah-ren getreten 54

1 arbeitsteiliges Vorgehen

Der Tatplan beim Skimming umfasst bei einer groben Unterteilung drei Arbeitsschritte

1) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

2) Faumllschung von Zahlungskarten

3) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Vor dem Arbeitsschritt 1) ist die Herstellung der teilweise handwerklich anspruchsvollen Skim-ming-Hardware angesiedelt und nach dem Ar-beitsschritt 3) die Beuteverteilung wenn es sich ndash wie uumlblich ndash um eine arbeitsteilig aufgestellte Gruppe von Taumltern handelt

Das arbeitsteilige und wiederholte Vorgehen beim Skimming rechtfertigt regelmaumlszligig die An-nahme eines gewerbsmaumlszligigen Handelns 55 Ein-zeltaumlter die alle Arbeitsschritte persoumlnlich aus-uumlben treten allenfalls in Einzelfaumlllen auf In aller Regel haben wir es mit Taumltergruppen zu tun die sich nur deshalb zusammentun um eine dauer-hafte Einnahmequelle zu haben Das wird auch von den Schaumlden durch Cashing-Aktionen be-legt bei denen mehrere Taumlter gleichzeitig han-deln und binnen weniger Tage mehrere Zehntau-send Euro erbeutet haben

Auf die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Mittaumlterschaft und Bandeneigenschaft wird unten im einzelnen eingegangen

54 Siehe Glossar POS55 Siehe Zitat im Kasten oben rechts BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

0

2 einschlaumlgige Normen und Konkurrenzen

Das Faumllschen von Zahlungskarten und ihren Ge-brauch hat der Gesetzgeber neben die Vor-schriften uumlber das Faumllschen von Geld und Wert-zeichen gestellt (sectsect 146 ff StGB) Die Strafvor-schriften dienen der Sicherheit und Funktionsfauml-higkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs 56 Die hohen Mindestfreiheitsstrafen mit denen sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB drohen sind von Ver-fassungs wegen nicht zu beanstanden 57

Die Missbrauchshandlung beim Skimming ist im Grunddelikt der Gebrauch falscher inlaumlndischer oder auslaumlndischer Zahlungskarten gemaumlszlig sect

56 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1157 BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008 siehe auch CF Faumllschung von Zahlungskarten 01052009

C Strafbarkeit Gewerbsmaumlszligig handelt wer sich durch wiederhol-te Tatbegehung eine nicht nur voruumlbergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will Liegt diese Absicht vor ist bereits die erste Tat als gewerbsmaumlszligig begangen einzustufen auch wenn es entgegen den ur-spruumlnglichen Intentionen des Taumlters zu weiteren Taten nicht kommt Eine Verurteilung wegen ge-werbsmaumlszligiger Deliktsbegehung setzt daher schon im Grundsatz nicht notwendig voraus dass der Taumlter zur Gewinnerzielung mehrere selbststaumlndige Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden Art ver-wirklicht hat Ob der Angeklagte gewerbsmaumlszligig gehandelt hat beurteilt sich vielmehr nach seinen urspruumlnglichen Planungen sowie seinem tatsaumlchli-chen strafrechtlich relevanten Verhalten uumlber den gesamten ihm anzulastenden Tatzeitraum () Er-forderlich ist dabei stets dass sich seine Wieder-holungsabsicht auf dasjenige Delikt bezieht des-sen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbs-maumlszligigkeit qualifiziert ist

BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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152a Abs 1 Nr 2 StGB 58 In Tateinheit 59 damit steht der Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB 60 dessen Vollendung mit der Auszahlung am Geldautomaten eintritt 61

Die Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist ein selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand (sectsect 152b Abs 1 12 Abs 1 StGB) der im-mer auch die Strafbarkeit des Versuchs umfasst (sect 23 Abs 1 StGB) Unter der Voraussetzung der Gewerbsmaumlszligigkeit erhoumlht sich die Mindeststrafe auf 2 Jahre Freiheitsstrafe (sect 152b Abs 2 StGB)

Der Computerbetrug im Zusammenhang mit dem Cashing ist ein besonders schwerer Fall der sich vom Grundtatbestand des sect 263a Abs 1 StGB durch das weitere Merkmal der Gewerbsmaumlszligig-keit abhebt Er ist auch in dieser Form als Verge-hen zu behandeln (sect 12 Abs 1 StGB) so dass das Gesetz die Strafbarkeit des Versuchs beson-ders anordnen muss (sect 23 Abs 1 StGB) Das geschieht in sect 263 Abs 2 StGB auf den der sect 263a Abs 2 StGB ausdruumlcklich verweist

Dagegen tritt die Faumllschung beweiserheblicher Daten gemaumlszlig sect 269 StGB hinter der spezielleren Vorschrift des sect 152a Abs 1 Nr 1 StGB zuruumlck 62 Das mit ihr verbundene bdquoSpeichernldquo realisiert sich nur bei der Faumllschung selber und nicht auch

58 Strafrahmen Geldstrafe bis 5 Jahre Freiheitsstrafe59 Zur Tateinheit zwischen dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten (sect 152a StGB) und Betrug (sect 263 StGB) BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1760 Fallgruppe Unbefugte Verwendung von DatenBGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 8 Siehe auch BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 3780961 Tateinheit BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3 In der Entscheidung wird kommen-tarlos die falsche Strafvorschrift wegen der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion angewendet naumlmlich sect 152a StGB anstelle von sect 152b StGB Das scheint auch der Staatsanwaltschaft Aachen entgan-gen zu sein die das Urteil mit seiner sowieso schon milde(n) Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren (BGH Rn 7) nicht angegriffen hat62 Grundsaumltzlich zum Verhaumlltnis zwischen Urkunden- und Zahlungsmittelfaumllschung BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

beim Missbrauch der gefaumllschten Zah-lungskarten

Bei genauer Betrachtung greifen auch die Daten-delikte nach sect 202a und sect 202b StGB im Zusam-menhang mit dem Skimming nicht

Entgegen der Auffassung der Revision beruhen die Feststellungen zur nur voruumlbergehenden Zu-ruumlckstellung der Tatausfuumlhrung auf hinreichenden tatsaumlchlichen Anhaltspunkten stellen sich also nicht als bloszlige Vermutung dar Die Begehung von Straftaten wie das bdquoSkimmingldquo bedarf eines erheb-lichen organisatorischen Aufwands insbesondere muumlssen Geraumlte zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten zur Verfuumlgung stehen Dass Taumlter die schon uumlber laumlngere Zeit hellip mit der Vorberei-tung der Tat befasst waren nur wegen des Versa-gens der Stromversorgung eines technischen Hilfsmittels fuumlr das Ersatz beschafft werden kann von der weiteren Ausfuumlhrung des Vorhabens end-guumlltig absehen ist eine lebensfremde Annahme Eine Ersatzbeschaffung erforderte entgegen der Auffassung der Revision hellip keinen neuen Tatent-schluss sondern stellte nur einen von vielen Hand-lungsschritten bis zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten dar Dass die Strafkammer man-gels Anhaltspunkten fuumlr einen endguumlltigen Tatab-bruch davon ausgegangen ist dass ein solcher von dem Angeklagten und seinen Mittaumltern nicht gewollt war und schon deshalb ein Verhindern der Tat noch ein Bemuumlhen darum festzustellen waren ist ein nicht nur moumlglicher sondern ausgesprochen naheliegender Schluss Somit schied ein Ruumlcktritt von der Verabredung eines Verbrechens gemaumlszlig sect 31 StGB aus

Generalbundesanwalt Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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21 Ausspaumlhen von Daten

sect 202a Abs 1 StGB kommt wegen des Ausspauml-hens der Daten auf den Magnetstreifen der Zah-lungskarten der betroffenen Bankkunden nicht in Betracht weil ihm eine besondere Sicherungs-funktion fehlt Das fuumlhrt dazu dass die gespei-cherten Daten in aller Regel mit handelsuumlblichen Lesegeraumlten und Komponenten ausgelesen wer-den koumlnnen

In einer fruumlheren Entscheidung ist der BGH noch von einer Tateinheit zwischen dem Nachmachen von Zahlungskarten und dem Ausspaumlhen von Daten ausgegangen 63 Die Revision fuumlhrte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils weil das Tatsachengericht keine Strafantraumlge festgestellt hat 64 (sect 205 StGB 65) Davon wendet sich der 2 Strafsenat des BGH jetzt in zwei Beschluumlssen ab 66 ohne jedoch zunaumlchst die uumlbrigen Senate be-teiligt zu haben (sect 132 GVG) 67 Andere Senate des Gerichts sind dem inzwischen beigetreten der 1 Strafsenat jedoch mit der Einschraumlnkung dass die Voraussetzungen des sect 202a StGB dann nicht gegeben sind wenn die zum Ausle-sen benutzte Software auch im regulaumlren Handel erhaumlltlich ist 68

63 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 764 Dateninhaber ist danach die kartenausgebende Bank die somit auch strafantragsberechtigt ist eben-da65 Wegen des Ausspaumlhens (sect 202a StGB) und Abfan-gens von Daten (sect 202b StGB) kann die Staatsan-waltschaft jetzt auch das besondere oumlffentliche Inter-esse an der Strafverfolgung bejahen (sect 205 Abs 1 S 2 StGB)66 CF Ausspaumlhen von Daten und das Skimming 14052010BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309 S 4BGH Beschluss vom 18032010 - 4 StR 5550967 Kritisch auch Goya Graumlfin Tyszkiewicz Skimming als Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a StGB HRR 42010 207 (mit Zitat zum Cyberfahnder)68 BGH Beschluss vom 19052010 - 1 ARs 610CF Ausspaumlhen von Magnetstreifen 02072010

22 Abfangen von Daten

Die ausgespaumlhten Kartendaten werden zum Faumll-schen von Zahlungskarten benoumltigt und die PIN zum spaumlter einsetzenden Gebrauch sect 149 Abs 1 StGB beschraumlnkt den Anwendungsbereich fuumlr die Haftung im Vorbereitungsstadium auf die Faumll-schung und bezieht nicht auch den Gebrauch mit ein Daraus folgt dass keine Strafbarkeit wegen des Umgangs mit Geraumlten zum Ausspaumlhen der PIN aus sect 149 StGB abgeleitet werden kann

Wegen des Ausspaumlhens der PIN greift auch das Hackerstrafrecht nicht wenn es unmittelbar an-gewendet wird Es handelt sich dabei weder um ein Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a Abs 1 StGB noch um ein Abfangen von Daten gemaumlszlig sect 202b StGB Verantwortlich dafuumlr ist die Definition von bdquoDatenldquo in sect 202a Abs 2 StGB Das sind nur solche Daten die bereits gespeichert sind oder uumlbermittelt werden Das Uumlbermitteln setzt jedoch eine vorherige Speicherung voraus

Beim Skimming wird die PIN aber bei der Einga-be ausgespaumlht Sie ist der Speicherung und Uumlbermittlung vorgelagert

23 PIN-Skimming und Computersabotage

Das Cashing ist mit der Eingabe von Daten mit dem Ziel verbunden einem Anderen Nachteil zu-zufuumlgen und deshalb auch ein Anwendungsfall der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 1 Nr 2 StGB Diese Strafvorschrift wird im Zusammen-hang mit dem Cashing vom Computerbetrug als dem spezielleren und schwereren Vorwurf ver-draumlngt

sect 303b Abs 5 StGB erweitert jedoch die Straf-barkeit auch auf das Vorbereitungsstadium in-dem er auf sect 202c StGB verweist Dadurch wer-den nicht nur Computerprogramme geschuumltzt sondern ausdruumlcklich auch Passwoumlrter und sonstiger Sicherungscode (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) Der Umgang mit ihnen mit dem Ziel sie zum Cashing zu verwenden steht unter Strafe 69 69 CF Ausspaumlhen der PIN 06122008

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und wird mit einer Houmlchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht

Die Schutzrichtung dieser Normen beschraumlnkt sich jedoch auf Computerprogramme einerseits und PIN (als Passwoumlrter) andererseits nicht aber auf die zum Ausspaumlhen genutzten Geraumlte

Das Sich-Verschaffen von PIN ist somit gemaumlszlig sect 303b Abs 5 StGB in Verbindung mit sect 202c StGB strafbar Es verlangt nach dem Nachweis dass tatsaumlchlich PIN ausgespaumlht wurden

24 natuumlrliche Handlungseinheiten

Aus dem Begriff bdquodieselbe Tatldquo (sect 52 Abs 1 StGB) leitet die Rechtsprechung die natuumlrliche Handlungseinheit ab wobei mehrere Verhal-tensweisen von einem einheitlichen Willen getra-gen werden und raumlumlich-zeitlich so eng mitein-ander verbunden sind dass das gesamte Taumltig-werden objektiv als ein einheitliches und zusam-mengehoumlriges Tun erscheint 70 Sie darf nicht mit der fortgesetzten Handlung verwechselt werden womit von der Rechtsprechung gleichartige Ta-ten mit weitem raumlumlich-zeitlichem Zusammen-hang zusammengefasst wurden Die Handlungs-form der fortgesetzten Handlung hat der BGH 1994 aufgegeben 71 nicht zuletzt deshalb weil sie erhebliche Nachteile fuumlr die Angeklagten barg 72

Eine besondere Auspraumlgung der Handlungsein-heit hat der BGH im Zusammenhang mit Betaumlu-bungsmittelstraftaten entwickelt Insoweit spricht er von einer Bewertungseinheit und fasst damit alle Veraumluszligerungshandlungen des Taumlters zu-sammen wenn das Rauschgift aus derselben 70 lexexaktde natuumlrliche Handlungseinheit71 BGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393 zum Steuerstrafrecht 72 Siehe BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593wenn verschiedene Handlungen (Steuererklaumlrungen) durch den Fortsetzungszusammenhang zusammen gefasst werden dann beginnt ihre Verjaumlhrung erst mit der letzten Tathandlung (sect 78a StGB) Das hat dazu gefuumlhrt dass Steuerstraftaten uumlber Jahrzehnte hin-weg bestraft werden konnten wenn sie denselben Akt oder Modus betrafen

Quelle stammt also aus einer einmaligen Er-werbstat 73

Im Zusammenhang mit dem Skimming spricht der BGH von deliktischen Einheiten die einer-seits zwischen dem Gebrauchen nachgemachter Zahlungskarten und dem damit verbundenen Be-trug und andererseits zwischen den Tathandlun-gen des Nachmachens und des Gebrauchens im Sinne von sect 152a Abs 1 StGB bestehen soweit sie raumlumlich-zeitlich eng verbunden und von ei-nem einheitlichen Vorsatz umschlossen sind 74 Solche deliktischen Einheiten koumlnnen auch die gleichzeitig Faumllschung mehrerer Karten 75 und ih-ren Gebrauch beim Cashing bilden 76

Die praktische Konsequenz daraus ist dass als eine materielle Tat alle Faumllschungen alle Miss-braumluche von Zahlungskarten und alle unmittelbar

73 BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300 mwN74 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 17BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 440875 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 13BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 376 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 8

Ob die Vollendung in mehreren materiellen Taten erfolgt orientiert sich am Handeln des Cashers Anhand der Abbuchungsdaten koumlnnen erfah-rungsgemaumlszlig deutliche Pausen festgestellt wer-den die aber nicht zwingend auf eine Unterbre-chung und die Beendigung einer Tat schlieszligen lassen Zwei Fehlerquellen sind insoweit zu be-trachten

Die Zeitstempel die die Geldautomaten uumlbermit-teln richten sich nach den Einstellungen im Geld-automaten selber und werden nicht synchronisiert Sie koumlnnen von der genauen Zeit abweichen und aus einer anderen Zeitzone stammen

Allein Europa verfuumlgt uumlber mindestens 4 Zeitzo-nen von der die Mitteleuropaumlische Zeit ndash MEZ ndash die verbreitetste ist Die EKS stellt aber die Zeit-stempel der Rechenzentren bei der Autorisierung zur Verfuumlgung so dass die Fehlerquelle abwei-chender Zeitangaben nahezu ausgeschlossen ist

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aufeinander folgenden Ausspaumlhungen von Kon-tozugangsdaten zusammengefasst werden muumls-sen soweit sie einen engen Zusammenhang mit-einander haben Das ist zum Beispiel der Fall wenn Skimmer ihre technischen Geraumlte installie-ren ihre Funktionstuumlchtigkeit gelegentlich uumlber-pruumlfen und die Geraumlte schlieszliglich wieder abbau-en Das Ausspaumlhen bildet dabei einen einheitli-chen Handlungsrahmen wobei der Vorsatz der Taumlter darauf gerichtet ist moumlglichst viele Kun-dendaten bei ihrem Angriff zu erlangen Auch wenn die Taumlter uumlber mehrere Tage hinweg die-selbe Bankfiliale ausspaumlhen und die Technik nur waumlhrend der Bankgeschaumlftszeiten abbauen und anschlieszligend wieder einrichten 77 kann eine de-liktische Einheit bestehen 78

Dasselbe gilt wegen des Cashings wenn die Tauml-ter mit engem zeitlichen Zusammenhang han-deln Eine Zaumlsur kann jedoch dann angenom-men werden wenn die Taumlter ihr Handeln unter-brechen um sich zum Beispiel mit weiteren Du-bletten zu versorgen 79

Im Zusammenhang mit dem Nachmachen und Gebrauchen von Zahlungskarten ist jedenfalls dann das Vorliegen eines minder schweren Fal-les zu pruumlfen wenn es um eine geringe Stuumlck-zahl von Karten geht 80

77 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 978 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 14 leitet das daraus ab dass verschiedene Vorberei-tungshandlungen die sich auf denselben Gegenstand erstrecken nur eine Tat darstellen Die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium beim Skimming wird unten angesprochen79 Siehe BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 9 80 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 12

3 Faumllschungssicherheit

Von der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt dass sich die Faumllschung auch alleine auf die Da-ten auf dem Magnetstreifen beschraumlnken kann 81 In Bezug auf Zahlungskarten hat der BGH jetzt ausgefuumlhrt 82

bdquoFalsch sind Zahlungskarten (mit Garantiefunkti-on) wenn sie faumllschlicherweise den Anschein er-wecken sie seien von demjenigen ausgegeben worden auf den die lesbaren Angaben auf der Karte oder die auf ihr unsichtbar gespeicherten Informationen als Aussteller hinweisen Optische Wahrnehmungsmoumlglichkeit und digitale Maschi-nenlesbarkeit muumlssen nicht gleichzeitig gegeben sein so dass eine falsche Karte nicht die ku-mulative Nachahmung beider Komponenten vor-aussetzt Es genuumlgt dass die Faumllschung entwe-der nur die Urkundenfunktion zum Gegenstand hat - was etwa bei einer gefaumllschten Kreditkarte der Fall ist die nur in ihrem aumluszligeren Erschei-nungsbild einer echten Kreditkarte entspricht aber keinen funktionsfaumlhigen Magnetstreifen oder Mikrochip enthaumllt - oder ein Magnetstreifen bzw ein Mikrochip zwecks ausschlieszliglicher Ver-wendung an Automaten gefaumllscht und auf ein unbedrucktes Stuumlck Plastik oder Pappe geklebt ist ldquo

sect 152a Abs 4 Nr 2 und sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB verlangen gleichermaszligen nach einer be-sonderen Sicherung gegen die Nachahmung durch Ausgestaltung oder Codierung wobei un-klar bleibt ob sie unterschiedliche Sicherheits-merkmale meinen Dafuumlr koumlnnte sprechen dass bei gleichem Wortlaut sect 152a StGB das Verfaumll-schen und Nachmachen und sect 152b StGB die Garantiefunktion in den Vordergrund stellen

Die allgemeine bdquoAusgestaltungldquo der Zahlungskar-ten wird von den Aufdrucken Hologrammen der erhabenen Kartennummer und der Pruumlfnummer (bei Kreditkarten) sowie dem Unterschriftsfeld und dem Vorhandensein des Magnetstreifens

81 Zur Verfaumllschung einer echten Zahlungskarte BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840082 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 11

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oder des EMV-Chips gepraumlgt Als besondere Si-cherungen im Hinblick auf die Kodierung sind an erster Stelle das Maschinenlesbare Merkmal die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Siche-rungsmechanismen im EMV-Chip zu nennen der zudem einen verschluumlsselten Datenverkehr zulassen soll

Im Hinblick auf die Garantiefunktion kommt als gestaltendes Element eine besondere Bedeu-tung dem Label zu das die Karte als eine solche ausweist die am Onlineverfahren zur Autorisie-rung und Genehmigung teilnimmt Die besonde-re Sicherheitsmerkmale in Bezug auf die Garan-tiefunktion sind dieselben die auch zur allgemei-nen Kartensicherheit dienen Das sind vor allem die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Si-cherungsmechanismen im EMV-Chip Von be-sonderer Bedeutung ist insoweit die PIN die im Autorisierungsverfahren gepruumlft wird Im Zusam-menhang mit sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB kommt auch den Verschluumlsselungsmechanismen im EMV-Chip eine besondere Bedeutung zu er ist jedoch noch nicht allgemein verbreitet 83

4 Garantiefunktion

sect 152a Abs 1 StGB schuumltzt inlaumlndische und aus-laumlndische Zahlungskarten und geldwerte Wertpa-piere (Schecks Wechsel) vor ihrer Faumllschung wenn sie von einem Kredit- oder Finanzdienst-leistungsinstitut herausgegeben wurden (sect 152a Abs 4 Nr 1 StGB) und durch ihre Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind (sect 152a Abs 4 Nr 2 StGB) 84 Die-se Voraussetzungen liegen angesichts der be-schriebenen Sicherheitsmerkmale bei den uumlbli-

83 Falsch programmierte EMV-Chips haben Anfang 2010 zu erheblichen Irritationen gefuumlhrt Im Onlinever-fahren zeigt die Kodierung des Magnetstreifens an dass die Karte uumlber einen EMV-Chip verfuumlgt Damit soll das POS-Terminal angewiesen werden den Chip auszulesen und dessen Sicherheitsfunktionen zu nut-zen Mit einfachem Klebeband laumlsst sich der Chip je-doch abdecken so dass das Terminal ihn als defekt betrachtet Darauf beschraumlnkt es sich auf die Pruumlfung des Magnetstreifens84 CF Skimming und Faumllschungsrecht 13042009

chen von Banken herausgegebenen Karten vor 85

Die Garantiefunktion wird darin gesehen dass das die Karte ausgebende Unternehmen sich gegenuumlber Vertragsunternehmen ltverpflichtetgt deren Forderungen gegen den Kartenbenutzer zu bezahlen 86 Diese Definition nimmt sect 152b Abs 4 StGB auf und definiert die Zahlungskarten mit Garantiefunktion als Kredit- Euroscheck- und sonstige Karten die es ermoumlglichen den Aus-steller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen 87 Die Modalitaumlten des Forderungsausgleiches zwischen der Bank und ihrem Kunden wirken sich darauf nicht aus

In Literatur und Rechtsprechung bestehen an der Garantiefunktion keine Zweifel wenn es sich um Kreditkarten handelt bei denen der Auszah-lungsbetrag gegen ein eigenes Konto des Kar-tenausstellers erfolgt Die bekanntesten Kredit-kartenverbuumlnde sind die von American Express Master und Visa 88 Die Autorisierung im Online-verfahren und die damit verbundene Genehmi-gung ohne die keine Verfuumlgung akzeptiert wird ist bei Kredit- und Debitkarten jedoch identisch 89 so dass auch die Debitkarten die an dem Autori-sierungsverfahren teilnehmen koumlnnen Karten

85 Siehe oben Faumllschungssicherung86 BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392 Rn 9Die Entscheidung betrifft den Kredit- und Scheckkar-tenmissbrauch gemaumlszlig sect 266b StGB und unterschei-det deshalb zwischen Einziehungsverfahren und Last-schriftverfahren Im Lastschriftverfahren traumlgt das Ausfallrisiko der Akzeptant so dass die Karten aus-stellende Bank nicht geschaumldigt wird (ebenda)87 Fuumlr die EC-Karte hat der BGH anerkannt dass sie auch dann eine Garantiefunktion hat wenn sie im Lastschriftverfahren eingesetzt wird BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840088 Siehe die Uumlbersicht und Erklaumlrungen bei kartensicherheitde ndash Zahlungsverfahren89 In BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 4 spricht das Gericht unklar von falschen Kreditkar-ten mit Garantiefunktion meint jedoch Kreditkarten als solche die nach Art der ausstellenden Banken be-druckt und mit den Labeln von Visa oder Master ver-sehen waren

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mit Garantiefunktion sind 90 Fuumlr die Strafbarkeit nach sect 152b StGB kommt es nur darauf an dass die Garantiefunktion besteht und nicht auch dar-auf dass der Taumlter sie in Anspruch nehmen will 91

Dem Schutz des sect 152a StGB unterliegen schlieszliglich auch andere Zahlungskarten von Fi-nanzdienstleistungsinstituten zum Beispiel Tank- und Telefonkarten die hier nicht weiter be-trachtet werden

Die vom Gesetzestext genannten Euroschecks und -karten gibt es seit 2002 nicht mehr An ihre Stelle ist das (auch vorher schon praktizierte) Autorisierungsverfahren getreten Wie beim EC-Verfahren 92 geht es ihm um die Garantie des Ausstellers wegen der Auszahlung nur dass die durch den Euroscheck verbuumlrgte und von der EC-Karte autorisierte Garantie uumlbergegangen ist zum Genehmigungscode den der Aussteller in jedem POS-Verfahren uumlbermittelt wenn er die Buchung genehmigt Das EC-Verfahren hat da-durch eine neue Auspraumlgung erfahren Waumlhrend das klassische Modell eine fruumlhe Autorisierung bei der Ausgabe der Schecks durchgefuumlhrt hat erfolgt sie jetzt in Echtzeit durch die Uumlbermittlung des Genehmigungscodes Nicht anders als im al-ten Verfahren erfolgt die Buchung der Forderung gegen die Bank zunaumlchst auf einem ihrer Zwi-schenkonten 93 was der Ausgabe der Euro-schecks gleich kommt Das zeigt auch dass die autorisierende Bank die buchhalterische Haftung fuumlr die betreffende Forderung uumlbernimmt

90 Siehe oben Autorisierung91 BGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 2290892 Das Markenzeichen bdquoECldquo wird jetzt als bdquoelectronic cashldquo fortgefuumlhrt93 Siehe oben Clearing

5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

Das Cashing im Ausland unterliegt gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB dem deutschen Strafrecht Das Aus-spaumlhen im Inland bildet fuumlr den Mittaumlter einen ei-genen Tatort (sect 9 Abs 1 StGB) und fuumlr den Teil-nehmer greifen sect 9 Abs 2 S 1 S 2 StGB We-gen des im Ausland vollendeten Computerbetru-ges tritt der Taterfolg zunaumlchst bei der karten-ausgebenden Bank (Buchung gegen das interne CPD-Konto) und im Zuge des Clearingverfah-rens zulasten des einzelnen Bankkunden ein so dass der Erfolgsort gemaumlszlig sect 9 Abs 1 StGB im Inland liegt

Das Cashing ndash ob im Ausland mit inlaumlndischen oder im Inland mit auslaumlndischen Kartendaten und PIN - stellt sich deshalb als die Vollendung des gewerbsmaumlszligigen Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tatein-heit mit gewerbsmaumlszligigem Computerbetrug ge-maumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB dar 94

Eine Ausnahme bilden die vollstaumlndigen Aus-landstaten in denen das Cashing im Ausland mit auslaumlndischen Kartendaten erfolgt Sie haben keinen inlaumlndischen Handlungs- oder Erfolgsort so dass das Weltrechtsprinzip gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB unmittelbar greift wenn die auslaumlndischen Taumlter im Inland ergriffen werden (sect 9 StPO) oder sich hier niedergelassen haben (sect 8 StPO) Die Taumlter koumlnnen wegen des Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten verfolgt werden nicht aber we-gen Computerbetruges fuumlr den das Weltrechts-prinzip nicht gilt 95

94 Das Landgericht Hannover ist am 17112009 mei-nen rechtlichen Auffassungen gefolgt (rechtskraumlftig seit Ende April 2010)CF Skimming-Rechtsprechung 1811200995 Wegen der Strafverfolgung Deutscher und solcher Auslaumlnder die nicht abgeschoben werden koumlnnen siehe sect 7 Abs 2 StGB

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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Bei der Lastschrift verbleibt das Risiko bei dem Akzeptanten Das Lastschriftverfahren ist noch immer im Einzelhandel vertreten wenn zwar die Zahlungskarte des Kunden ausgelesen und ge-pruumlft wird er jedoch mit seiner Unterschrift die Zahlung anweist

Die heute uumlbliche Autorisierung fuszligt auf dem Ab-buchungsauftrag der dem Akzeptanten eine houml-here Auszahlungssicherheit gibt 42 Im Alltag zeigt sich die Autorisierung darin dass nicht nur die Zahlungskarte gepruumlft wird sondern auch die PIN eingegeben werden muss Die damit ausge-loumlste Pruumlfung erfolgt bei der kartenausgebenden

41 CF Einzugsermaumlchtigung und Lastschriftverfahren 200742 Die Einzugsverfahren sind in das SEPA-Uumlberein-kommen aufgenommen worden und gelten jetzt euro-paweit siehe CF Single Euro Payments Area 26012008

Bank der die Transaktionsdaten im elektroni-schen Onlineverfahren uumlbermittelt werden und die einen Genehmigungscode zuruumlckmeldet Der Genehmigungscode ersetzt die im Euroscheck verkoumlrperte Garantiefunktion und enthaumllt eine Auszahlungsgarantie der kartenausgebenden Bank Sie erklaumlrt damit verbindlich dass die Zah-lungskarte akzeptiert wird und der geforderte Be-trag zur Verfuumlgung steht

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3 Autorisierung

Die wesentlichen Sicherungen fuumlr das Autorisie-rungsverfahren 43 bestehen in den Sicherheits-merkmalen der Zahlungskarte in der PIN und schlieszliglich in dem Genehmigungscode den die kartenausgebende Bank an den Akzeptanten meldet 44

Zum Zweck der Autorisierung von Debitkarten 45 liest der auslaumlndische Geldautomaten die Kar-tendaten aus kombiniert sie mit der vom Kunden eingegeben PIN dem Auszahlungsbetrag der Gebuumlhr den Individualmerkmalen des Geldauto-maten und der Uhrzeit Der daraus gebildete Da-tensatz wird uumlber Kommunikationsnetze und durch verschiedene Zwischenstellen (zum Bei-spiel in Deutschland First Data Corporation 46 Finanz IT 47) bis zur kartenausgebenden Bank geleitet 48 Diese pruumlft ob die Karte von ihr aus-gestellt und nicht gesperrt ist die Auszahlung im Ausland erlaubt das Tages- oder Wochenlimit nicht uumlberschritten sind und schlieszliglich ob Kon-todeckung oder ein Uumlberziehungskredit beste-hen Danach sendet die Bank an den Geldauto-

43 Wegen der technischen Einzelheiten ISO 8583 (Wikipedia)44 CF Autorisierung im POS-Verfahren 1304200945 Gemeint sind Zahlungskarten auf Guthabenbasis wobei als Guthaben auch der gewaumlhrte Uumlberzie-hungskredit gilt46 fruumlher Gesellschaft fuumlr Zahlungssysteme - GZS47 Rechenzentrum der Sparkassen48 Siehe Glossar Autorisierung Clearing

maten einen Genehmigungscode zuruumlck 49 der die Auszahlung autorisiert und eine Garantie ent-haumllt dass die autorisierende Bank fuumlr den Aus-zahlungsbetrag buumlrgt 50 51

4 Clearing

Nach der Autorisierung erfolgt bei Debitkarten in aller Regel keine unmittelbare Belastung des Kundenkontos sondern eine Zwischenbuchung auf einem bankinternen Konto 52 Nach der Aus-zahlung erfolgt im Bankenverbund uumlber die Ver-bindungsstellen das Clearingverfahren wobei die gegenseitig bestehenden Forderungen der Verbuumlnde und schlieszliglich der Institute unterein-ander ausgeglichen werden Am Ende wird die Zwischenbuchung der Hausbank gegen das Konto des Kunden aufgeloumlst

Diese Buchung zulasten des Kundenkontos mar-kiert den abschlieszligenden Schadenseintritt im Sinne von sect 263a StGB Er erfolgt erst nach der Autorisierung der Auszahlung und schlieszliglich dem Clearing wenn eine gefaumllschte Zahlungs-karte eingesetzt wurde

5 Schadensausgleich

Beanstandet der Kunde eine Kontobelastung und ist diese auf den Einsatz einer gefaumllschten Zahlungskarte zuruumlckzufuumlhren wird grundsaumltz-lich ein Schadensausgleich durchgefuumlhrt bei dem zunaumlchst die Hausbank des Kunden die Be-49 Der Genehmigungscode lautet bdquo0ldquo Andere Codezif-fern belegen Zeituumlberschreitungen Kartensperren Verwendungsbeschraumlnkungen und andere Ereignis-se Sie fuumlhren immer dazu dass die Transaktion ver-weigert wird50 Siehe auch das Glossar bei kartensicherheitde und das Zitat Kasten oben51 In dem Positionspapier strafbare Vorbereitung und Versuch beim Skimming habe ich noch angenommen dass die Garantie von einer der zwischengeschalteten Clearingstellen geleistet wird Das ist falsch Die Ga-rantie stammt immer von der Bank die die Zahlungs-karte ausgegeben und die einzelne Verfuumlgung autori-siert hat52 Conto pro Diverse ndash CPD

Genehmigungsnummer | Authorisation Code

Die Genehmigungsnummer wird infolge einer Autorisierungsanfrage von der Karten ausge-benden Bank (Issuer) vergeben und wiederum von dem Acquirer an den Haumlndler bestaumltigt Ohne diese Genehmigungsnummer hat der Haumlndler fuumlr die Transaktion keine Zahlungsga-rantie

kartensicherheitde

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lastung gegenbucht und diese Forderung bei der EURO Kartensysteme - EKS 53 - zum Ausgleich anmeldet Stellt sich dabei heraus dass der aus-laumlndische Geldautomat von einer Karte deren Original mit einem EMV-Chip ausgestattet ist nur den Magnetstreifen gepruumlft hat dann haftet im europaumlischen Bankenverbund die auslaumlndi-sche Bank fuumlr den Schaden Auf diese Weise wird ein wirtschaftlicher Druck auf die Betreiber von Geldautomaten aufgebaut der sie zur Mo-dernisierung ihrer Geraumlte und zur Verbesserung der Sicherheitsstandards draumlngt

Dieser Anpassungsdruck funktioniert dann nicht mehr wenn sich das Cashing in das entfernte Ausland verlagern sollte Die Finanzwirtschaft wird dafuumlr neue Formen der Sicherung und des Schadensausgleiches entwickeln muumlssen

6 Ergebnisse

Der erfolgreiche Missbrauch einer Zahlungskarte im Ausland der sich in einer Kontobelastung beim deutschen Bankkunden aumluszligert belegt zu-gleich dass eine erfolgreiche Autorisierung durchlaufen und die inlaumlndische Bank eine Aus-zahlung wegen ihres Gegenwertes garantiert hat (Autorisierung)

Daraus folgt ferner dass im Ausland eine ge-faumllschte Zahlungskarte die gegen Faumllschung be-sonders geschuumltzt ist (Faumllschungssicherung) mit Garantiefunktion verwendet wurde Das qua-lifiziert die Tat zu einem Verbrechen gemaumlszligsect 152b Abs 2 StGB mit einer Mindeststrafe von 2 Jahren Freiheitsstrafe wobei ein gewerbsmauml-szligiges Handeln in diesen Faumlllen grundsaumltzlich an-zunehmen ist

Der finanzwirtschaftliche Schadensausgleich hat dazu gefuumlhrt dass die durch das Skimming bei den Bankkunden eingetretenen Schaumlden im Bankenverbund ausgeglichen wurden Dieses System wird einer besonderen Belastungsprobe ausgesetzt sein wenn sich das Cashing in das auszligereuropaumlische Ausland verlagern sollte

53 Siehe auch EKS ndash Analyse

7 arbeitsteilige Handlungen beim Skimming

Das Skimming ist gepraumlgt von verschiedenen Tat-handlungen die in der Grafik auf der naumlchsten Sei-te wegen ihrer wesentlichen Merkmale zusammen-gefasst werden

Am Anfang steht die Herstellung der Ausspaumlhtech-nik Dazu gehoumlren Kartenlesegeraumlte die spaumlter am Geldautomaten an der Eingangskontrolle oder am Kontoauszugsdrucker installiert werden Fuumlr das Ausspaumlhen der PIN werden entweder Kameras oder Tastaturaufsaumltze verwendet

Alle Geraumlte muumlssen so getarnt werden dass sie den Kunden auf dem ersten Blick nicht auffallen Die Taumlter muumlssen deshalb zunaumlchst auskundschaf-ten welche Geldautomaten und Umgebungen fuumlr den Einsatz ihrer Geraumlte geeignet sind Zur Vorbe-reitung und waumlhrend der Installation muumlssen gele-gentlich Anpassungen am Geldautomaten vorge-nommen werden die auf ein erhebliches Fach- und Erfahrungswissen der Installateure schlieszligen las-sen

Zwei Tatphasen finden in der Oumlffentlichkeit statt Das ist zunaumlchst das eigentliche Ausspaumlhen der Zugangsdaten fuumlr das sich der Begriff des Skim-mings (im engeren Sinne) eingebuumlrgert hat Es um-fasst die Installation der Ausspaumlhtechnik das Aus-spaumlhen selber und den Abbau der (wertvollen) Ge-raumlte Entsprechend der eingesetzten Technik muumls-sen die Geraumlte waumlhrend des Ausspaumlhens uumlberpruumlft werden Besonders dann wenn der Abgriff der Kar-

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tendaten nicht direkt am Geldautomaten erfolgt muumlssen die ausgespaumlhten Kartendaten und PIN synchronisiert werden Das erfolgt haumlufig in der Weise dass die Taumlter Testkarten einsetzen deren Merkmale ihnen gelaumlufig sind

Je nach dem Erfolg des Ausspaumlhens werden die Kundendaten einer oder mehrerer Skimmingangrif-fe zusammengefasst und mit ihnen Dubletten an-gefertigt Es handelt sich meistens um unbedruckte WhiteCards die nur uumlber einen Magnetstreifen ver-fuumlgen und damit den einfachsten Anforderungen der ISO-Norm fuumlr Identitaumltsdokumente genuumlgen Die dazu erforderliche Technik und das Zubehoumlr sind im Einzelhandel erhaumlltlich

Die zweite Tatphase in der Oumlffentlichkeit wird als das Cashing bezeichnet Dabei werden die Dublet-ten bdquogebrauchtldquo um Auszahlungen an Geldautoma-ten zu bewirken

Die in Deutschland uumlblichen Sicherheitsmerkmale das sind vor allem das im Kartenkoumlrper einge-brachte Maschinenlesbare Merkmal ndash MM ndash und der EMV-Chip machen es erforderlich dass die Dubletten im Ausland eingesetzt werden wo die Geldautomaten sie nicht pruumlfen Das zeigt dass auch das Cashing selber die Auskundschaftung ge-eigneter Geldautomaten erfordert

Die gewandelten Erscheinungsformen beim Aus-spaumlhen allen voran das POS-Skimming zeigen dass die hier beschriebene Kriminalitaumltsform Wandlungen unterworfen ist die besonders das Ausspaumlhen selber betreffen Verfeinerte Pruumlfungen der Sicherheitsmerkmale und der beschriebene Schadensausgleich lassen vermuten dass sich das Cashing in andere Laumlnder und Kontinente ver-lagern wird

Das Cashing ist aus krimineller Sicht ein aumluszligerst effektives Instrument der Beuterealisierung Es ist zu befuumlrchten dass es uns noch lange erhalten bleibt

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An die Stelle der fruumlher uumlblichen Euroschecks ist das Autorisierungsverfahren und die mit ihm ver-bundene Genehmigung der kartenausstellenden Bank gegenuumlber der Zahlstelle im POS-Verfah-ren getreten 54

1 arbeitsteiliges Vorgehen

Der Tatplan beim Skimming umfasst bei einer groben Unterteilung drei Arbeitsschritte

1) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

2) Faumllschung von Zahlungskarten

3) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Vor dem Arbeitsschritt 1) ist die Herstellung der teilweise handwerklich anspruchsvollen Skim-ming-Hardware angesiedelt und nach dem Ar-beitsschritt 3) die Beuteverteilung wenn es sich ndash wie uumlblich ndash um eine arbeitsteilig aufgestellte Gruppe von Taumltern handelt

Das arbeitsteilige und wiederholte Vorgehen beim Skimming rechtfertigt regelmaumlszligig die An-nahme eines gewerbsmaumlszligigen Handelns 55 Ein-zeltaumlter die alle Arbeitsschritte persoumlnlich aus-uumlben treten allenfalls in Einzelfaumlllen auf In aller Regel haben wir es mit Taumltergruppen zu tun die sich nur deshalb zusammentun um eine dauer-hafte Einnahmequelle zu haben Das wird auch von den Schaumlden durch Cashing-Aktionen be-legt bei denen mehrere Taumlter gleichzeitig han-deln und binnen weniger Tage mehrere Zehntau-send Euro erbeutet haben

Auf die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Mittaumlterschaft und Bandeneigenschaft wird unten im einzelnen eingegangen

54 Siehe Glossar POS55 Siehe Zitat im Kasten oben rechts BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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2 einschlaumlgige Normen und Konkurrenzen

Das Faumllschen von Zahlungskarten und ihren Ge-brauch hat der Gesetzgeber neben die Vor-schriften uumlber das Faumllschen von Geld und Wert-zeichen gestellt (sectsect 146 ff StGB) Die Strafvor-schriften dienen der Sicherheit und Funktionsfauml-higkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs 56 Die hohen Mindestfreiheitsstrafen mit denen sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB drohen sind von Ver-fassungs wegen nicht zu beanstanden 57

Die Missbrauchshandlung beim Skimming ist im Grunddelikt der Gebrauch falscher inlaumlndischer oder auslaumlndischer Zahlungskarten gemaumlszlig sect

56 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1157 BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008 siehe auch CF Faumllschung von Zahlungskarten 01052009

C Strafbarkeit Gewerbsmaumlszligig handelt wer sich durch wiederhol-te Tatbegehung eine nicht nur voruumlbergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will Liegt diese Absicht vor ist bereits die erste Tat als gewerbsmaumlszligig begangen einzustufen auch wenn es entgegen den ur-spruumlnglichen Intentionen des Taumlters zu weiteren Taten nicht kommt Eine Verurteilung wegen ge-werbsmaumlszligiger Deliktsbegehung setzt daher schon im Grundsatz nicht notwendig voraus dass der Taumlter zur Gewinnerzielung mehrere selbststaumlndige Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden Art ver-wirklicht hat Ob der Angeklagte gewerbsmaumlszligig gehandelt hat beurteilt sich vielmehr nach seinen urspruumlnglichen Planungen sowie seinem tatsaumlchli-chen strafrechtlich relevanten Verhalten uumlber den gesamten ihm anzulastenden Tatzeitraum () Er-forderlich ist dabei stets dass sich seine Wieder-holungsabsicht auf dasjenige Delikt bezieht des-sen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbs-maumlszligigkeit qualifiziert ist

BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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152a Abs 1 Nr 2 StGB 58 In Tateinheit 59 damit steht der Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB 60 dessen Vollendung mit der Auszahlung am Geldautomaten eintritt 61

Die Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist ein selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand (sectsect 152b Abs 1 12 Abs 1 StGB) der im-mer auch die Strafbarkeit des Versuchs umfasst (sect 23 Abs 1 StGB) Unter der Voraussetzung der Gewerbsmaumlszligigkeit erhoumlht sich die Mindeststrafe auf 2 Jahre Freiheitsstrafe (sect 152b Abs 2 StGB)

Der Computerbetrug im Zusammenhang mit dem Cashing ist ein besonders schwerer Fall der sich vom Grundtatbestand des sect 263a Abs 1 StGB durch das weitere Merkmal der Gewerbsmaumlszligig-keit abhebt Er ist auch in dieser Form als Verge-hen zu behandeln (sect 12 Abs 1 StGB) so dass das Gesetz die Strafbarkeit des Versuchs beson-ders anordnen muss (sect 23 Abs 1 StGB) Das geschieht in sect 263 Abs 2 StGB auf den der sect 263a Abs 2 StGB ausdruumlcklich verweist

Dagegen tritt die Faumllschung beweiserheblicher Daten gemaumlszlig sect 269 StGB hinter der spezielleren Vorschrift des sect 152a Abs 1 Nr 1 StGB zuruumlck 62 Das mit ihr verbundene bdquoSpeichernldquo realisiert sich nur bei der Faumllschung selber und nicht auch

58 Strafrahmen Geldstrafe bis 5 Jahre Freiheitsstrafe59 Zur Tateinheit zwischen dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten (sect 152a StGB) und Betrug (sect 263 StGB) BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1760 Fallgruppe Unbefugte Verwendung von DatenBGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 8 Siehe auch BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 3780961 Tateinheit BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3 In der Entscheidung wird kommen-tarlos die falsche Strafvorschrift wegen der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion angewendet naumlmlich sect 152a StGB anstelle von sect 152b StGB Das scheint auch der Staatsanwaltschaft Aachen entgan-gen zu sein die das Urteil mit seiner sowieso schon milde(n) Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren (BGH Rn 7) nicht angegriffen hat62 Grundsaumltzlich zum Verhaumlltnis zwischen Urkunden- und Zahlungsmittelfaumllschung BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

beim Missbrauch der gefaumllschten Zah-lungskarten

Bei genauer Betrachtung greifen auch die Daten-delikte nach sect 202a und sect 202b StGB im Zusam-menhang mit dem Skimming nicht

Entgegen der Auffassung der Revision beruhen die Feststellungen zur nur voruumlbergehenden Zu-ruumlckstellung der Tatausfuumlhrung auf hinreichenden tatsaumlchlichen Anhaltspunkten stellen sich also nicht als bloszlige Vermutung dar Die Begehung von Straftaten wie das bdquoSkimmingldquo bedarf eines erheb-lichen organisatorischen Aufwands insbesondere muumlssen Geraumlte zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten zur Verfuumlgung stehen Dass Taumlter die schon uumlber laumlngere Zeit hellip mit der Vorberei-tung der Tat befasst waren nur wegen des Versa-gens der Stromversorgung eines technischen Hilfsmittels fuumlr das Ersatz beschafft werden kann von der weiteren Ausfuumlhrung des Vorhabens end-guumlltig absehen ist eine lebensfremde Annahme Eine Ersatzbeschaffung erforderte entgegen der Auffassung der Revision hellip keinen neuen Tatent-schluss sondern stellte nur einen von vielen Hand-lungsschritten bis zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten dar Dass die Strafkammer man-gels Anhaltspunkten fuumlr einen endguumlltigen Tatab-bruch davon ausgegangen ist dass ein solcher von dem Angeklagten und seinen Mittaumltern nicht gewollt war und schon deshalb ein Verhindern der Tat noch ein Bemuumlhen darum festzustellen waren ist ein nicht nur moumlglicher sondern ausgesprochen naheliegender Schluss Somit schied ein Ruumlcktritt von der Verabredung eines Verbrechens gemaumlszlig sect 31 StGB aus

Generalbundesanwalt Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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21 Ausspaumlhen von Daten

sect 202a Abs 1 StGB kommt wegen des Ausspauml-hens der Daten auf den Magnetstreifen der Zah-lungskarten der betroffenen Bankkunden nicht in Betracht weil ihm eine besondere Sicherungs-funktion fehlt Das fuumlhrt dazu dass die gespei-cherten Daten in aller Regel mit handelsuumlblichen Lesegeraumlten und Komponenten ausgelesen wer-den koumlnnen

In einer fruumlheren Entscheidung ist der BGH noch von einer Tateinheit zwischen dem Nachmachen von Zahlungskarten und dem Ausspaumlhen von Daten ausgegangen 63 Die Revision fuumlhrte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils weil das Tatsachengericht keine Strafantraumlge festgestellt hat 64 (sect 205 StGB 65) Davon wendet sich der 2 Strafsenat des BGH jetzt in zwei Beschluumlssen ab 66 ohne jedoch zunaumlchst die uumlbrigen Senate be-teiligt zu haben (sect 132 GVG) 67 Andere Senate des Gerichts sind dem inzwischen beigetreten der 1 Strafsenat jedoch mit der Einschraumlnkung dass die Voraussetzungen des sect 202a StGB dann nicht gegeben sind wenn die zum Ausle-sen benutzte Software auch im regulaumlren Handel erhaumlltlich ist 68

63 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 764 Dateninhaber ist danach die kartenausgebende Bank die somit auch strafantragsberechtigt ist eben-da65 Wegen des Ausspaumlhens (sect 202a StGB) und Abfan-gens von Daten (sect 202b StGB) kann die Staatsan-waltschaft jetzt auch das besondere oumlffentliche Inter-esse an der Strafverfolgung bejahen (sect 205 Abs 1 S 2 StGB)66 CF Ausspaumlhen von Daten und das Skimming 14052010BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309 S 4BGH Beschluss vom 18032010 - 4 StR 5550967 Kritisch auch Goya Graumlfin Tyszkiewicz Skimming als Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a StGB HRR 42010 207 (mit Zitat zum Cyberfahnder)68 BGH Beschluss vom 19052010 - 1 ARs 610CF Ausspaumlhen von Magnetstreifen 02072010

22 Abfangen von Daten

Die ausgespaumlhten Kartendaten werden zum Faumll-schen von Zahlungskarten benoumltigt und die PIN zum spaumlter einsetzenden Gebrauch sect 149 Abs 1 StGB beschraumlnkt den Anwendungsbereich fuumlr die Haftung im Vorbereitungsstadium auf die Faumll-schung und bezieht nicht auch den Gebrauch mit ein Daraus folgt dass keine Strafbarkeit wegen des Umgangs mit Geraumlten zum Ausspaumlhen der PIN aus sect 149 StGB abgeleitet werden kann

Wegen des Ausspaumlhens der PIN greift auch das Hackerstrafrecht nicht wenn es unmittelbar an-gewendet wird Es handelt sich dabei weder um ein Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a Abs 1 StGB noch um ein Abfangen von Daten gemaumlszlig sect 202b StGB Verantwortlich dafuumlr ist die Definition von bdquoDatenldquo in sect 202a Abs 2 StGB Das sind nur solche Daten die bereits gespeichert sind oder uumlbermittelt werden Das Uumlbermitteln setzt jedoch eine vorherige Speicherung voraus

Beim Skimming wird die PIN aber bei der Einga-be ausgespaumlht Sie ist der Speicherung und Uumlbermittlung vorgelagert

23 PIN-Skimming und Computersabotage

Das Cashing ist mit der Eingabe von Daten mit dem Ziel verbunden einem Anderen Nachteil zu-zufuumlgen und deshalb auch ein Anwendungsfall der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 1 Nr 2 StGB Diese Strafvorschrift wird im Zusammen-hang mit dem Cashing vom Computerbetrug als dem spezielleren und schwereren Vorwurf ver-draumlngt

sect 303b Abs 5 StGB erweitert jedoch die Straf-barkeit auch auf das Vorbereitungsstadium in-dem er auf sect 202c StGB verweist Dadurch wer-den nicht nur Computerprogramme geschuumltzt sondern ausdruumlcklich auch Passwoumlrter und sonstiger Sicherungscode (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) Der Umgang mit ihnen mit dem Ziel sie zum Cashing zu verwenden steht unter Strafe 69 69 CF Ausspaumlhen der PIN 06122008

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und wird mit einer Houmlchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht

Die Schutzrichtung dieser Normen beschraumlnkt sich jedoch auf Computerprogramme einerseits und PIN (als Passwoumlrter) andererseits nicht aber auf die zum Ausspaumlhen genutzten Geraumlte

Das Sich-Verschaffen von PIN ist somit gemaumlszlig sect 303b Abs 5 StGB in Verbindung mit sect 202c StGB strafbar Es verlangt nach dem Nachweis dass tatsaumlchlich PIN ausgespaumlht wurden

24 natuumlrliche Handlungseinheiten

Aus dem Begriff bdquodieselbe Tatldquo (sect 52 Abs 1 StGB) leitet die Rechtsprechung die natuumlrliche Handlungseinheit ab wobei mehrere Verhal-tensweisen von einem einheitlichen Willen getra-gen werden und raumlumlich-zeitlich so eng mitein-ander verbunden sind dass das gesamte Taumltig-werden objektiv als ein einheitliches und zusam-mengehoumlriges Tun erscheint 70 Sie darf nicht mit der fortgesetzten Handlung verwechselt werden womit von der Rechtsprechung gleichartige Ta-ten mit weitem raumlumlich-zeitlichem Zusammen-hang zusammengefasst wurden Die Handlungs-form der fortgesetzten Handlung hat der BGH 1994 aufgegeben 71 nicht zuletzt deshalb weil sie erhebliche Nachteile fuumlr die Angeklagten barg 72

Eine besondere Auspraumlgung der Handlungsein-heit hat der BGH im Zusammenhang mit Betaumlu-bungsmittelstraftaten entwickelt Insoweit spricht er von einer Bewertungseinheit und fasst damit alle Veraumluszligerungshandlungen des Taumlters zu-sammen wenn das Rauschgift aus derselben 70 lexexaktde natuumlrliche Handlungseinheit71 BGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393 zum Steuerstrafrecht 72 Siehe BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593wenn verschiedene Handlungen (Steuererklaumlrungen) durch den Fortsetzungszusammenhang zusammen gefasst werden dann beginnt ihre Verjaumlhrung erst mit der letzten Tathandlung (sect 78a StGB) Das hat dazu gefuumlhrt dass Steuerstraftaten uumlber Jahrzehnte hin-weg bestraft werden konnten wenn sie denselben Akt oder Modus betrafen

Quelle stammt also aus einer einmaligen Er-werbstat 73

Im Zusammenhang mit dem Skimming spricht der BGH von deliktischen Einheiten die einer-seits zwischen dem Gebrauchen nachgemachter Zahlungskarten und dem damit verbundenen Be-trug und andererseits zwischen den Tathandlun-gen des Nachmachens und des Gebrauchens im Sinne von sect 152a Abs 1 StGB bestehen soweit sie raumlumlich-zeitlich eng verbunden und von ei-nem einheitlichen Vorsatz umschlossen sind 74 Solche deliktischen Einheiten koumlnnen auch die gleichzeitig Faumllschung mehrerer Karten 75 und ih-ren Gebrauch beim Cashing bilden 76

Die praktische Konsequenz daraus ist dass als eine materielle Tat alle Faumllschungen alle Miss-braumluche von Zahlungskarten und alle unmittelbar

73 BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300 mwN74 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 17BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 440875 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 13BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 376 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 8

Ob die Vollendung in mehreren materiellen Taten erfolgt orientiert sich am Handeln des Cashers Anhand der Abbuchungsdaten koumlnnen erfah-rungsgemaumlszlig deutliche Pausen festgestellt wer-den die aber nicht zwingend auf eine Unterbre-chung und die Beendigung einer Tat schlieszligen lassen Zwei Fehlerquellen sind insoweit zu be-trachten

Die Zeitstempel die die Geldautomaten uumlbermit-teln richten sich nach den Einstellungen im Geld-automaten selber und werden nicht synchronisiert Sie koumlnnen von der genauen Zeit abweichen und aus einer anderen Zeitzone stammen

Allein Europa verfuumlgt uumlber mindestens 4 Zeitzo-nen von der die Mitteleuropaumlische Zeit ndash MEZ ndash die verbreitetste ist Die EKS stellt aber die Zeit-stempel der Rechenzentren bei der Autorisierung zur Verfuumlgung so dass die Fehlerquelle abwei-chender Zeitangaben nahezu ausgeschlossen ist

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aufeinander folgenden Ausspaumlhungen von Kon-tozugangsdaten zusammengefasst werden muumls-sen soweit sie einen engen Zusammenhang mit-einander haben Das ist zum Beispiel der Fall wenn Skimmer ihre technischen Geraumlte installie-ren ihre Funktionstuumlchtigkeit gelegentlich uumlber-pruumlfen und die Geraumlte schlieszliglich wieder abbau-en Das Ausspaumlhen bildet dabei einen einheitli-chen Handlungsrahmen wobei der Vorsatz der Taumlter darauf gerichtet ist moumlglichst viele Kun-dendaten bei ihrem Angriff zu erlangen Auch wenn die Taumlter uumlber mehrere Tage hinweg die-selbe Bankfiliale ausspaumlhen und die Technik nur waumlhrend der Bankgeschaumlftszeiten abbauen und anschlieszligend wieder einrichten 77 kann eine de-liktische Einheit bestehen 78

Dasselbe gilt wegen des Cashings wenn die Tauml-ter mit engem zeitlichen Zusammenhang han-deln Eine Zaumlsur kann jedoch dann angenom-men werden wenn die Taumlter ihr Handeln unter-brechen um sich zum Beispiel mit weiteren Du-bletten zu versorgen 79

Im Zusammenhang mit dem Nachmachen und Gebrauchen von Zahlungskarten ist jedenfalls dann das Vorliegen eines minder schweren Fal-les zu pruumlfen wenn es um eine geringe Stuumlck-zahl von Karten geht 80

77 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 978 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 14 leitet das daraus ab dass verschiedene Vorberei-tungshandlungen die sich auf denselben Gegenstand erstrecken nur eine Tat darstellen Die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium beim Skimming wird unten angesprochen79 Siehe BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 9 80 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 12

3 Faumllschungssicherheit

Von der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt dass sich die Faumllschung auch alleine auf die Da-ten auf dem Magnetstreifen beschraumlnken kann 81 In Bezug auf Zahlungskarten hat der BGH jetzt ausgefuumlhrt 82

bdquoFalsch sind Zahlungskarten (mit Garantiefunkti-on) wenn sie faumllschlicherweise den Anschein er-wecken sie seien von demjenigen ausgegeben worden auf den die lesbaren Angaben auf der Karte oder die auf ihr unsichtbar gespeicherten Informationen als Aussteller hinweisen Optische Wahrnehmungsmoumlglichkeit und digitale Maschi-nenlesbarkeit muumlssen nicht gleichzeitig gegeben sein so dass eine falsche Karte nicht die ku-mulative Nachahmung beider Komponenten vor-aussetzt Es genuumlgt dass die Faumllschung entwe-der nur die Urkundenfunktion zum Gegenstand hat - was etwa bei einer gefaumllschten Kreditkarte der Fall ist die nur in ihrem aumluszligeren Erschei-nungsbild einer echten Kreditkarte entspricht aber keinen funktionsfaumlhigen Magnetstreifen oder Mikrochip enthaumllt - oder ein Magnetstreifen bzw ein Mikrochip zwecks ausschlieszliglicher Ver-wendung an Automaten gefaumllscht und auf ein unbedrucktes Stuumlck Plastik oder Pappe geklebt ist ldquo

sect 152a Abs 4 Nr 2 und sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB verlangen gleichermaszligen nach einer be-sonderen Sicherung gegen die Nachahmung durch Ausgestaltung oder Codierung wobei un-klar bleibt ob sie unterschiedliche Sicherheits-merkmale meinen Dafuumlr koumlnnte sprechen dass bei gleichem Wortlaut sect 152a StGB das Verfaumll-schen und Nachmachen und sect 152b StGB die Garantiefunktion in den Vordergrund stellen

Die allgemeine bdquoAusgestaltungldquo der Zahlungskar-ten wird von den Aufdrucken Hologrammen der erhabenen Kartennummer und der Pruumlfnummer (bei Kreditkarten) sowie dem Unterschriftsfeld und dem Vorhandensein des Magnetstreifens

81 Zur Verfaumllschung einer echten Zahlungskarte BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840082 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 11

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oder des EMV-Chips gepraumlgt Als besondere Si-cherungen im Hinblick auf die Kodierung sind an erster Stelle das Maschinenlesbare Merkmal die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Siche-rungsmechanismen im EMV-Chip zu nennen der zudem einen verschluumlsselten Datenverkehr zulassen soll

Im Hinblick auf die Garantiefunktion kommt als gestaltendes Element eine besondere Bedeu-tung dem Label zu das die Karte als eine solche ausweist die am Onlineverfahren zur Autorisie-rung und Genehmigung teilnimmt Die besonde-re Sicherheitsmerkmale in Bezug auf die Garan-tiefunktion sind dieselben die auch zur allgemei-nen Kartensicherheit dienen Das sind vor allem die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Si-cherungsmechanismen im EMV-Chip Von be-sonderer Bedeutung ist insoweit die PIN die im Autorisierungsverfahren gepruumlft wird Im Zusam-menhang mit sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB kommt auch den Verschluumlsselungsmechanismen im EMV-Chip eine besondere Bedeutung zu er ist jedoch noch nicht allgemein verbreitet 83

4 Garantiefunktion

sect 152a Abs 1 StGB schuumltzt inlaumlndische und aus-laumlndische Zahlungskarten und geldwerte Wertpa-piere (Schecks Wechsel) vor ihrer Faumllschung wenn sie von einem Kredit- oder Finanzdienst-leistungsinstitut herausgegeben wurden (sect 152a Abs 4 Nr 1 StGB) und durch ihre Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind (sect 152a Abs 4 Nr 2 StGB) 84 Die-se Voraussetzungen liegen angesichts der be-schriebenen Sicherheitsmerkmale bei den uumlbli-

83 Falsch programmierte EMV-Chips haben Anfang 2010 zu erheblichen Irritationen gefuumlhrt Im Onlinever-fahren zeigt die Kodierung des Magnetstreifens an dass die Karte uumlber einen EMV-Chip verfuumlgt Damit soll das POS-Terminal angewiesen werden den Chip auszulesen und dessen Sicherheitsfunktionen zu nut-zen Mit einfachem Klebeband laumlsst sich der Chip je-doch abdecken so dass das Terminal ihn als defekt betrachtet Darauf beschraumlnkt es sich auf die Pruumlfung des Magnetstreifens84 CF Skimming und Faumllschungsrecht 13042009

chen von Banken herausgegebenen Karten vor 85

Die Garantiefunktion wird darin gesehen dass das die Karte ausgebende Unternehmen sich gegenuumlber Vertragsunternehmen ltverpflichtetgt deren Forderungen gegen den Kartenbenutzer zu bezahlen 86 Diese Definition nimmt sect 152b Abs 4 StGB auf und definiert die Zahlungskarten mit Garantiefunktion als Kredit- Euroscheck- und sonstige Karten die es ermoumlglichen den Aus-steller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen 87 Die Modalitaumlten des Forderungsausgleiches zwischen der Bank und ihrem Kunden wirken sich darauf nicht aus

In Literatur und Rechtsprechung bestehen an der Garantiefunktion keine Zweifel wenn es sich um Kreditkarten handelt bei denen der Auszah-lungsbetrag gegen ein eigenes Konto des Kar-tenausstellers erfolgt Die bekanntesten Kredit-kartenverbuumlnde sind die von American Express Master und Visa 88 Die Autorisierung im Online-verfahren und die damit verbundene Genehmi-gung ohne die keine Verfuumlgung akzeptiert wird ist bei Kredit- und Debitkarten jedoch identisch 89 so dass auch die Debitkarten die an dem Autori-sierungsverfahren teilnehmen koumlnnen Karten

85 Siehe oben Faumllschungssicherung86 BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392 Rn 9Die Entscheidung betrifft den Kredit- und Scheckkar-tenmissbrauch gemaumlszlig sect 266b StGB und unterschei-det deshalb zwischen Einziehungsverfahren und Last-schriftverfahren Im Lastschriftverfahren traumlgt das Ausfallrisiko der Akzeptant so dass die Karten aus-stellende Bank nicht geschaumldigt wird (ebenda)87 Fuumlr die EC-Karte hat der BGH anerkannt dass sie auch dann eine Garantiefunktion hat wenn sie im Lastschriftverfahren eingesetzt wird BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840088 Siehe die Uumlbersicht und Erklaumlrungen bei kartensicherheitde ndash Zahlungsverfahren89 In BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 4 spricht das Gericht unklar von falschen Kreditkar-ten mit Garantiefunktion meint jedoch Kreditkarten als solche die nach Art der ausstellenden Banken be-druckt und mit den Labeln von Visa oder Master ver-sehen waren

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mit Garantiefunktion sind 90 Fuumlr die Strafbarkeit nach sect 152b StGB kommt es nur darauf an dass die Garantiefunktion besteht und nicht auch dar-auf dass der Taumlter sie in Anspruch nehmen will 91

Dem Schutz des sect 152a StGB unterliegen schlieszliglich auch andere Zahlungskarten von Fi-nanzdienstleistungsinstituten zum Beispiel Tank- und Telefonkarten die hier nicht weiter be-trachtet werden

Die vom Gesetzestext genannten Euroschecks und -karten gibt es seit 2002 nicht mehr An ihre Stelle ist das (auch vorher schon praktizierte) Autorisierungsverfahren getreten Wie beim EC-Verfahren 92 geht es ihm um die Garantie des Ausstellers wegen der Auszahlung nur dass die durch den Euroscheck verbuumlrgte und von der EC-Karte autorisierte Garantie uumlbergegangen ist zum Genehmigungscode den der Aussteller in jedem POS-Verfahren uumlbermittelt wenn er die Buchung genehmigt Das EC-Verfahren hat da-durch eine neue Auspraumlgung erfahren Waumlhrend das klassische Modell eine fruumlhe Autorisierung bei der Ausgabe der Schecks durchgefuumlhrt hat erfolgt sie jetzt in Echtzeit durch die Uumlbermittlung des Genehmigungscodes Nicht anders als im al-ten Verfahren erfolgt die Buchung der Forderung gegen die Bank zunaumlchst auf einem ihrer Zwi-schenkonten 93 was der Ausgabe der Euro-schecks gleich kommt Das zeigt auch dass die autorisierende Bank die buchhalterische Haftung fuumlr die betreffende Forderung uumlbernimmt

90 Siehe oben Autorisierung91 BGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 2290892 Das Markenzeichen bdquoECldquo wird jetzt als bdquoelectronic cashldquo fortgefuumlhrt93 Siehe oben Clearing

5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

Das Cashing im Ausland unterliegt gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB dem deutschen Strafrecht Das Aus-spaumlhen im Inland bildet fuumlr den Mittaumlter einen ei-genen Tatort (sect 9 Abs 1 StGB) und fuumlr den Teil-nehmer greifen sect 9 Abs 2 S 1 S 2 StGB We-gen des im Ausland vollendeten Computerbetru-ges tritt der Taterfolg zunaumlchst bei der karten-ausgebenden Bank (Buchung gegen das interne CPD-Konto) und im Zuge des Clearingverfah-rens zulasten des einzelnen Bankkunden ein so dass der Erfolgsort gemaumlszlig sect 9 Abs 1 StGB im Inland liegt

Das Cashing ndash ob im Ausland mit inlaumlndischen oder im Inland mit auslaumlndischen Kartendaten und PIN - stellt sich deshalb als die Vollendung des gewerbsmaumlszligigen Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tatein-heit mit gewerbsmaumlszligigem Computerbetrug ge-maumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB dar 94

Eine Ausnahme bilden die vollstaumlndigen Aus-landstaten in denen das Cashing im Ausland mit auslaumlndischen Kartendaten erfolgt Sie haben keinen inlaumlndischen Handlungs- oder Erfolgsort so dass das Weltrechtsprinzip gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB unmittelbar greift wenn die auslaumlndischen Taumlter im Inland ergriffen werden (sect 9 StPO) oder sich hier niedergelassen haben (sect 8 StPO) Die Taumlter koumlnnen wegen des Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten verfolgt werden nicht aber we-gen Computerbetruges fuumlr den das Weltrechts-prinzip nicht gilt 95

94 Das Landgericht Hannover ist am 17112009 mei-nen rechtlichen Auffassungen gefolgt (rechtskraumlftig seit Ende April 2010)CF Skimming-Rechtsprechung 1811200995 Wegen der Strafverfolgung Deutscher und solcher Auslaumlnder die nicht abgeschoben werden koumlnnen siehe sect 7 Abs 2 StGB

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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3 Autorisierung

Die wesentlichen Sicherungen fuumlr das Autorisie-rungsverfahren 43 bestehen in den Sicherheits-merkmalen der Zahlungskarte in der PIN und schlieszliglich in dem Genehmigungscode den die kartenausgebende Bank an den Akzeptanten meldet 44

Zum Zweck der Autorisierung von Debitkarten 45 liest der auslaumlndische Geldautomaten die Kar-tendaten aus kombiniert sie mit der vom Kunden eingegeben PIN dem Auszahlungsbetrag der Gebuumlhr den Individualmerkmalen des Geldauto-maten und der Uhrzeit Der daraus gebildete Da-tensatz wird uumlber Kommunikationsnetze und durch verschiedene Zwischenstellen (zum Bei-spiel in Deutschland First Data Corporation 46 Finanz IT 47) bis zur kartenausgebenden Bank geleitet 48 Diese pruumlft ob die Karte von ihr aus-gestellt und nicht gesperrt ist die Auszahlung im Ausland erlaubt das Tages- oder Wochenlimit nicht uumlberschritten sind und schlieszliglich ob Kon-todeckung oder ein Uumlberziehungskredit beste-hen Danach sendet die Bank an den Geldauto-

43 Wegen der technischen Einzelheiten ISO 8583 (Wikipedia)44 CF Autorisierung im POS-Verfahren 1304200945 Gemeint sind Zahlungskarten auf Guthabenbasis wobei als Guthaben auch der gewaumlhrte Uumlberzie-hungskredit gilt46 fruumlher Gesellschaft fuumlr Zahlungssysteme - GZS47 Rechenzentrum der Sparkassen48 Siehe Glossar Autorisierung Clearing

maten einen Genehmigungscode zuruumlck 49 der die Auszahlung autorisiert und eine Garantie ent-haumllt dass die autorisierende Bank fuumlr den Aus-zahlungsbetrag buumlrgt 50 51

4 Clearing

Nach der Autorisierung erfolgt bei Debitkarten in aller Regel keine unmittelbare Belastung des Kundenkontos sondern eine Zwischenbuchung auf einem bankinternen Konto 52 Nach der Aus-zahlung erfolgt im Bankenverbund uumlber die Ver-bindungsstellen das Clearingverfahren wobei die gegenseitig bestehenden Forderungen der Verbuumlnde und schlieszliglich der Institute unterein-ander ausgeglichen werden Am Ende wird die Zwischenbuchung der Hausbank gegen das Konto des Kunden aufgeloumlst

Diese Buchung zulasten des Kundenkontos mar-kiert den abschlieszligenden Schadenseintritt im Sinne von sect 263a StGB Er erfolgt erst nach der Autorisierung der Auszahlung und schlieszliglich dem Clearing wenn eine gefaumllschte Zahlungs-karte eingesetzt wurde

5 Schadensausgleich

Beanstandet der Kunde eine Kontobelastung und ist diese auf den Einsatz einer gefaumllschten Zahlungskarte zuruumlckzufuumlhren wird grundsaumltz-lich ein Schadensausgleich durchgefuumlhrt bei dem zunaumlchst die Hausbank des Kunden die Be-49 Der Genehmigungscode lautet bdquo0ldquo Andere Codezif-fern belegen Zeituumlberschreitungen Kartensperren Verwendungsbeschraumlnkungen und andere Ereignis-se Sie fuumlhren immer dazu dass die Transaktion ver-weigert wird50 Siehe auch das Glossar bei kartensicherheitde und das Zitat Kasten oben51 In dem Positionspapier strafbare Vorbereitung und Versuch beim Skimming habe ich noch angenommen dass die Garantie von einer der zwischengeschalteten Clearingstellen geleistet wird Das ist falsch Die Ga-rantie stammt immer von der Bank die die Zahlungs-karte ausgegeben und die einzelne Verfuumlgung autori-siert hat52 Conto pro Diverse ndash CPD

Genehmigungsnummer | Authorisation Code

Die Genehmigungsnummer wird infolge einer Autorisierungsanfrage von der Karten ausge-benden Bank (Issuer) vergeben und wiederum von dem Acquirer an den Haumlndler bestaumltigt Ohne diese Genehmigungsnummer hat der Haumlndler fuumlr die Transaktion keine Zahlungsga-rantie

kartensicherheitde

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lastung gegenbucht und diese Forderung bei der EURO Kartensysteme - EKS 53 - zum Ausgleich anmeldet Stellt sich dabei heraus dass der aus-laumlndische Geldautomat von einer Karte deren Original mit einem EMV-Chip ausgestattet ist nur den Magnetstreifen gepruumlft hat dann haftet im europaumlischen Bankenverbund die auslaumlndi-sche Bank fuumlr den Schaden Auf diese Weise wird ein wirtschaftlicher Druck auf die Betreiber von Geldautomaten aufgebaut der sie zur Mo-dernisierung ihrer Geraumlte und zur Verbesserung der Sicherheitsstandards draumlngt

Dieser Anpassungsdruck funktioniert dann nicht mehr wenn sich das Cashing in das entfernte Ausland verlagern sollte Die Finanzwirtschaft wird dafuumlr neue Formen der Sicherung und des Schadensausgleiches entwickeln muumlssen

6 Ergebnisse

Der erfolgreiche Missbrauch einer Zahlungskarte im Ausland der sich in einer Kontobelastung beim deutschen Bankkunden aumluszligert belegt zu-gleich dass eine erfolgreiche Autorisierung durchlaufen und die inlaumlndische Bank eine Aus-zahlung wegen ihres Gegenwertes garantiert hat (Autorisierung)

Daraus folgt ferner dass im Ausland eine ge-faumllschte Zahlungskarte die gegen Faumllschung be-sonders geschuumltzt ist (Faumllschungssicherung) mit Garantiefunktion verwendet wurde Das qua-lifiziert die Tat zu einem Verbrechen gemaumlszligsect 152b Abs 2 StGB mit einer Mindeststrafe von 2 Jahren Freiheitsstrafe wobei ein gewerbsmauml-szligiges Handeln in diesen Faumlllen grundsaumltzlich an-zunehmen ist

Der finanzwirtschaftliche Schadensausgleich hat dazu gefuumlhrt dass die durch das Skimming bei den Bankkunden eingetretenen Schaumlden im Bankenverbund ausgeglichen wurden Dieses System wird einer besonderen Belastungsprobe ausgesetzt sein wenn sich das Cashing in das auszligereuropaumlische Ausland verlagern sollte

53 Siehe auch EKS ndash Analyse

7 arbeitsteilige Handlungen beim Skimming

Das Skimming ist gepraumlgt von verschiedenen Tat-handlungen die in der Grafik auf der naumlchsten Sei-te wegen ihrer wesentlichen Merkmale zusammen-gefasst werden

Am Anfang steht die Herstellung der Ausspaumlhtech-nik Dazu gehoumlren Kartenlesegeraumlte die spaumlter am Geldautomaten an der Eingangskontrolle oder am Kontoauszugsdrucker installiert werden Fuumlr das Ausspaumlhen der PIN werden entweder Kameras oder Tastaturaufsaumltze verwendet

Alle Geraumlte muumlssen so getarnt werden dass sie den Kunden auf dem ersten Blick nicht auffallen Die Taumlter muumlssen deshalb zunaumlchst auskundschaf-ten welche Geldautomaten und Umgebungen fuumlr den Einsatz ihrer Geraumlte geeignet sind Zur Vorbe-reitung und waumlhrend der Installation muumlssen gele-gentlich Anpassungen am Geldautomaten vorge-nommen werden die auf ein erhebliches Fach- und Erfahrungswissen der Installateure schlieszligen las-sen

Zwei Tatphasen finden in der Oumlffentlichkeit statt Das ist zunaumlchst das eigentliche Ausspaumlhen der Zugangsdaten fuumlr das sich der Begriff des Skim-mings (im engeren Sinne) eingebuumlrgert hat Es um-fasst die Installation der Ausspaumlhtechnik das Aus-spaumlhen selber und den Abbau der (wertvollen) Ge-raumlte Entsprechend der eingesetzten Technik muumls-sen die Geraumlte waumlhrend des Ausspaumlhens uumlberpruumlft werden Besonders dann wenn der Abgriff der Kar-

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tendaten nicht direkt am Geldautomaten erfolgt muumlssen die ausgespaumlhten Kartendaten und PIN synchronisiert werden Das erfolgt haumlufig in der Weise dass die Taumlter Testkarten einsetzen deren Merkmale ihnen gelaumlufig sind

Je nach dem Erfolg des Ausspaumlhens werden die Kundendaten einer oder mehrerer Skimmingangrif-fe zusammengefasst und mit ihnen Dubletten an-gefertigt Es handelt sich meistens um unbedruckte WhiteCards die nur uumlber einen Magnetstreifen ver-fuumlgen und damit den einfachsten Anforderungen der ISO-Norm fuumlr Identitaumltsdokumente genuumlgen Die dazu erforderliche Technik und das Zubehoumlr sind im Einzelhandel erhaumlltlich

Die zweite Tatphase in der Oumlffentlichkeit wird als das Cashing bezeichnet Dabei werden die Dublet-ten bdquogebrauchtldquo um Auszahlungen an Geldautoma-ten zu bewirken

Die in Deutschland uumlblichen Sicherheitsmerkmale das sind vor allem das im Kartenkoumlrper einge-brachte Maschinenlesbare Merkmal ndash MM ndash und der EMV-Chip machen es erforderlich dass die Dubletten im Ausland eingesetzt werden wo die Geldautomaten sie nicht pruumlfen Das zeigt dass auch das Cashing selber die Auskundschaftung ge-eigneter Geldautomaten erfordert

Die gewandelten Erscheinungsformen beim Aus-spaumlhen allen voran das POS-Skimming zeigen dass die hier beschriebene Kriminalitaumltsform Wandlungen unterworfen ist die besonders das Ausspaumlhen selber betreffen Verfeinerte Pruumlfungen der Sicherheitsmerkmale und der beschriebene Schadensausgleich lassen vermuten dass sich das Cashing in andere Laumlnder und Kontinente ver-lagern wird

Das Cashing ist aus krimineller Sicht ein aumluszligerst effektives Instrument der Beuterealisierung Es ist zu befuumlrchten dass es uns noch lange erhalten bleibt

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An die Stelle der fruumlher uumlblichen Euroschecks ist das Autorisierungsverfahren und die mit ihm ver-bundene Genehmigung der kartenausstellenden Bank gegenuumlber der Zahlstelle im POS-Verfah-ren getreten 54

1 arbeitsteiliges Vorgehen

Der Tatplan beim Skimming umfasst bei einer groben Unterteilung drei Arbeitsschritte

1) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

2) Faumllschung von Zahlungskarten

3) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Vor dem Arbeitsschritt 1) ist die Herstellung der teilweise handwerklich anspruchsvollen Skim-ming-Hardware angesiedelt und nach dem Ar-beitsschritt 3) die Beuteverteilung wenn es sich ndash wie uumlblich ndash um eine arbeitsteilig aufgestellte Gruppe von Taumltern handelt

Das arbeitsteilige und wiederholte Vorgehen beim Skimming rechtfertigt regelmaumlszligig die An-nahme eines gewerbsmaumlszligigen Handelns 55 Ein-zeltaumlter die alle Arbeitsschritte persoumlnlich aus-uumlben treten allenfalls in Einzelfaumlllen auf In aller Regel haben wir es mit Taumltergruppen zu tun die sich nur deshalb zusammentun um eine dauer-hafte Einnahmequelle zu haben Das wird auch von den Schaumlden durch Cashing-Aktionen be-legt bei denen mehrere Taumlter gleichzeitig han-deln und binnen weniger Tage mehrere Zehntau-send Euro erbeutet haben

Auf die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Mittaumlterschaft und Bandeneigenschaft wird unten im einzelnen eingegangen

54 Siehe Glossar POS55 Siehe Zitat im Kasten oben rechts BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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2 einschlaumlgige Normen und Konkurrenzen

Das Faumllschen von Zahlungskarten und ihren Ge-brauch hat der Gesetzgeber neben die Vor-schriften uumlber das Faumllschen von Geld und Wert-zeichen gestellt (sectsect 146 ff StGB) Die Strafvor-schriften dienen der Sicherheit und Funktionsfauml-higkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs 56 Die hohen Mindestfreiheitsstrafen mit denen sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB drohen sind von Ver-fassungs wegen nicht zu beanstanden 57

Die Missbrauchshandlung beim Skimming ist im Grunddelikt der Gebrauch falscher inlaumlndischer oder auslaumlndischer Zahlungskarten gemaumlszlig sect

56 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1157 BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008 siehe auch CF Faumllschung von Zahlungskarten 01052009

C Strafbarkeit Gewerbsmaumlszligig handelt wer sich durch wiederhol-te Tatbegehung eine nicht nur voruumlbergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will Liegt diese Absicht vor ist bereits die erste Tat als gewerbsmaumlszligig begangen einzustufen auch wenn es entgegen den ur-spruumlnglichen Intentionen des Taumlters zu weiteren Taten nicht kommt Eine Verurteilung wegen ge-werbsmaumlszligiger Deliktsbegehung setzt daher schon im Grundsatz nicht notwendig voraus dass der Taumlter zur Gewinnerzielung mehrere selbststaumlndige Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden Art ver-wirklicht hat Ob der Angeklagte gewerbsmaumlszligig gehandelt hat beurteilt sich vielmehr nach seinen urspruumlnglichen Planungen sowie seinem tatsaumlchli-chen strafrechtlich relevanten Verhalten uumlber den gesamten ihm anzulastenden Tatzeitraum () Er-forderlich ist dabei stets dass sich seine Wieder-holungsabsicht auf dasjenige Delikt bezieht des-sen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbs-maumlszligigkeit qualifiziert ist

BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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152a Abs 1 Nr 2 StGB 58 In Tateinheit 59 damit steht der Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB 60 dessen Vollendung mit der Auszahlung am Geldautomaten eintritt 61

Die Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist ein selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand (sectsect 152b Abs 1 12 Abs 1 StGB) der im-mer auch die Strafbarkeit des Versuchs umfasst (sect 23 Abs 1 StGB) Unter der Voraussetzung der Gewerbsmaumlszligigkeit erhoumlht sich die Mindeststrafe auf 2 Jahre Freiheitsstrafe (sect 152b Abs 2 StGB)

Der Computerbetrug im Zusammenhang mit dem Cashing ist ein besonders schwerer Fall der sich vom Grundtatbestand des sect 263a Abs 1 StGB durch das weitere Merkmal der Gewerbsmaumlszligig-keit abhebt Er ist auch in dieser Form als Verge-hen zu behandeln (sect 12 Abs 1 StGB) so dass das Gesetz die Strafbarkeit des Versuchs beson-ders anordnen muss (sect 23 Abs 1 StGB) Das geschieht in sect 263 Abs 2 StGB auf den der sect 263a Abs 2 StGB ausdruumlcklich verweist

Dagegen tritt die Faumllschung beweiserheblicher Daten gemaumlszlig sect 269 StGB hinter der spezielleren Vorschrift des sect 152a Abs 1 Nr 1 StGB zuruumlck 62 Das mit ihr verbundene bdquoSpeichernldquo realisiert sich nur bei der Faumllschung selber und nicht auch

58 Strafrahmen Geldstrafe bis 5 Jahre Freiheitsstrafe59 Zur Tateinheit zwischen dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten (sect 152a StGB) und Betrug (sect 263 StGB) BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1760 Fallgruppe Unbefugte Verwendung von DatenBGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 8 Siehe auch BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 3780961 Tateinheit BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3 In der Entscheidung wird kommen-tarlos die falsche Strafvorschrift wegen der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion angewendet naumlmlich sect 152a StGB anstelle von sect 152b StGB Das scheint auch der Staatsanwaltschaft Aachen entgan-gen zu sein die das Urteil mit seiner sowieso schon milde(n) Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren (BGH Rn 7) nicht angegriffen hat62 Grundsaumltzlich zum Verhaumlltnis zwischen Urkunden- und Zahlungsmittelfaumllschung BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

beim Missbrauch der gefaumllschten Zah-lungskarten

Bei genauer Betrachtung greifen auch die Daten-delikte nach sect 202a und sect 202b StGB im Zusam-menhang mit dem Skimming nicht

Entgegen der Auffassung der Revision beruhen die Feststellungen zur nur voruumlbergehenden Zu-ruumlckstellung der Tatausfuumlhrung auf hinreichenden tatsaumlchlichen Anhaltspunkten stellen sich also nicht als bloszlige Vermutung dar Die Begehung von Straftaten wie das bdquoSkimmingldquo bedarf eines erheb-lichen organisatorischen Aufwands insbesondere muumlssen Geraumlte zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten zur Verfuumlgung stehen Dass Taumlter die schon uumlber laumlngere Zeit hellip mit der Vorberei-tung der Tat befasst waren nur wegen des Versa-gens der Stromversorgung eines technischen Hilfsmittels fuumlr das Ersatz beschafft werden kann von der weiteren Ausfuumlhrung des Vorhabens end-guumlltig absehen ist eine lebensfremde Annahme Eine Ersatzbeschaffung erforderte entgegen der Auffassung der Revision hellip keinen neuen Tatent-schluss sondern stellte nur einen von vielen Hand-lungsschritten bis zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten dar Dass die Strafkammer man-gels Anhaltspunkten fuumlr einen endguumlltigen Tatab-bruch davon ausgegangen ist dass ein solcher von dem Angeklagten und seinen Mittaumltern nicht gewollt war und schon deshalb ein Verhindern der Tat noch ein Bemuumlhen darum festzustellen waren ist ein nicht nur moumlglicher sondern ausgesprochen naheliegender Schluss Somit schied ein Ruumlcktritt von der Verabredung eines Verbrechens gemaumlszlig sect 31 StGB aus

Generalbundesanwalt Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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21 Ausspaumlhen von Daten

sect 202a Abs 1 StGB kommt wegen des Ausspauml-hens der Daten auf den Magnetstreifen der Zah-lungskarten der betroffenen Bankkunden nicht in Betracht weil ihm eine besondere Sicherungs-funktion fehlt Das fuumlhrt dazu dass die gespei-cherten Daten in aller Regel mit handelsuumlblichen Lesegeraumlten und Komponenten ausgelesen wer-den koumlnnen

In einer fruumlheren Entscheidung ist der BGH noch von einer Tateinheit zwischen dem Nachmachen von Zahlungskarten und dem Ausspaumlhen von Daten ausgegangen 63 Die Revision fuumlhrte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils weil das Tatsachengericht keine Strafantraumlge festgestellt hat 64 (sect 205 StGB 65) Davon wendet sich der 2 Strafsenat des BGH jetzt in zwei Beschluumlssen ab 66 ohne jedoch zunaumlchst die uumlbrigen Senate be-teiligt zu haben (sect 132 GVG) 67 Andere Senate des Gerichts sind dem inzwischen beigetreten der 1 Strafsenat jedoch mit der Einschraumlnkung dass die Voraussetzungen des sect 202a StGB dann nicht gegeben sind wenn die zum Ausle-sen benutzte Software auch im regulaumlren Handel erhaumlltlich ist 68

63 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 764 Dateninhaber ist danach die kartenausgebende Bank die somit auch strafantragsberechtigt ist eben-da65 Wegen des Ausspaumlhens (sect 202a StGB) und Abfan-gens von Daten (sect 202b StGB) kann die Staatsan-waltschaft jetzt auch das besondere oumlffentliche Inter-esse an der Strafverfolgung bejahen (sect 205 Abs 1 S 2 StGB)66 CF Ausspaumlhen von Daten und das Skimming 14052010BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309 S 4BGH Beschluss vom 18032010 - 4 StR 5550967 Kritisch auch Goya Graumlfin Tyszkiewicz Skimming als Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a StGB HRR 42010 207 (mit Zitat zum Cyberfahnder)68 BGH Beschluss vom 19052010 - 1 ARs 610CF Ausspaumlhen von Magnetstreifen 02072010

22 Abfangen von Daten

Die ausgespaumlhten Kartendaten werden zum Faumll-schen von Zahlungskarten benoumltigt und die PIN zum spaumlter einsetzenden Gebrauch sect 149 Abs 1 StGB beschraumlnkt den Anwendungsbereich fuumlr die Haftung im Vorbereitungsstadium auf die Faumll-schung und bezieht nicht auch den Gebrauch mit ein Daraus folgt dass keine Strafbarkeit wegen des Umgangs mit Geraumlten zum Ausspaumlhen der PIN aus sect 149 StGB abgeleitet werden kann

Wegen des Ausspaumlhens der PIN greift auch das Hackerstrafrecht nicht wenn es unmittelbar an-gewendet wird Es handelt sich dabei weder um ein Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a Abs 1 StGB noch um ein Abfangen von Daten gemaumlszlig sect 202b StGB Verantwortlich dafuumlr ist die Definition von bdquoDatenldquo in sect 202a Abs 2 StGB Das sind nur solche Daten die bereits gespeichert sind oder uumlbermittelt werden Das Uumlbermitteln setzt jedoch eine vorherige Speicherung voraus

Beim Skimming wird die PIN aber bei der Einga-be ausgespaumlht Sie ist der Speicherung und Uumlbermittlung vorgelagert

23 PIN-Skimming und Computersabotage

Das Cashing ist mit der Eingabe von Daten mit dem Ziel verbunden einem Anderen Nachteil zu-zufuumlgen und deshalb auch ein Anwendungsfall der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 1 Nr 2 StGB Diese Strafvorschrift wird im Zusammen-hang mit dem Cashing vom Computerbetrug als dem spezielleren und schwereren Vorwurf ver-draumlngt

sect 303b Abs 5 StGB erweitert jedoch die Straf-barkeit auch auf das Vorbereitungsstadium in-dem er auf sect 202c StGB verweist Dadurch wer-den nicht nur Computerprogramme geschuumltzt sondern ausdruumlcklich auch Passwoumlrter und sonstiger Sicherungscode (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) Der Umgang mit ihnen mit dem Ziel sie zum Cashing zu verwenden steht unter Strafe 69 69 CF Ausspaumlhen der PIN 06122008

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und wird mit einer Houmlchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht

Die Schutzrichtung dieser Normen beschraumlnkt sich jedoch auf Computerprogramme einerseits und PIN (als Passwoumlrter) andererseits nicht aber auf die zum Ausspaumlhen genutzten Geraumlte

Das Sich-Verschaffen von PIN ist somit gemaumlszlig sect 303b Abs 5 StGB in Verbindung mit sect 202c StGB strafbar Es verlangt nach dem Nachweis dass tatsaumlchlich PIN ausgespaumlht wurden

24 natuumlrliche Handlungseinheiten

Aus dem Begriff bdquodieselbe Tatldquo (sect 52 Abs 1 StGB) leitet die Rechtsprechung die natuumlrliche Handlungseinheit ab wobei mehrere Verhal-tensweisen von einem einheitlichen Willen getra-gen werden und raumlumlich-zeitlich so eng mitein-ander verbunden sind dass das gesamte Taumltig-werden objektiv als ein einheitliches und zusam-mengehoumlriges Tun erscheint 70 Sie darf nicht mit der fortgesetzten Handlung verwechselt werden womit von der Rechtsprechung gleichartige Ta-ten mit weitem raumlumlich-zeitlichem Zusammen-hang zusammengefasst wurden Die Handlungs-form der fortgesetzten Handlung hat der BGH 1994 aufgegeben 71 nicht zuletzt deshalb weil sie erhebliche Nachteile fuumlr die Angeklagten barg 72

Eine besondere Auspraumlgung der Handlungsein-heit hat der BGH im Zusammenhang mit Betaumlu-bungsmittelstraftaten entwickelt Insoweit spricht er von einer Bewertungseinheit und fasst damit alle Veraumluszligerungshandlungen des Taumlters zu-sammen wenn das Rauschgift aus derselben 70 lexexaktde natuumlrliche Handlungseinheit71 BGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393 zum Steuerstrafrecht 72 Siehe BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593wenn verschiedene Handlungen (Steuererklaumlrungen) durch den Fortsetzungszusammenhang zusammen gefasst werden dann beginnt ihre Verjaumlhrung erst mit der letzten Tathandlung (sect 78a StGB) Das hat dazu gefuumlhrt dass Steuerstraftaten uumlber Jahrzehnte hin-weg bestraft werden konnten wenn sie denselben Akt oder Modus betrafen

Quelle stammt also aus einer einmaligen Er-werbstat 73

Im Zusammenhang mit dem Skimming spricht der BGH von deliktischen Einheiten die einer-seits zwischen dem Gebrauchen nachgemachter Zahlungskarten und dem damit verbundenen Be-trug und andererseits zwischen den Tathandlun-gen des Nachmachens und des Gebrauchens im Sinne von sect 152a Abs 1 StGB bestehen soweit sie raumlumlich-zeitlich eng verbunden und von ei-nem einheitlichen Vorsatz umschlossen sind 74 Solche deliktischen Einheiten koumlnnen auch die gleichzeitig Faumllschung mehrerer Karten 75 und ih-ren Gebrauch beim Cashing bilden 76

Die praktische Konsequenz daraus ist dass als eine materielle Tat alle Faumllschungen alle Miss-braumluche von Zahlungskarten und alle unmittelbar

73 BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300 mwN74 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 17BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 440875 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 13BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 376 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 8

Ob die Vollendung in mehreren materiellen Taten erfolgt orientiert sich am Handeln des Cashers Anhand der Abbuchungsdaten koumlnnen erfah-rungsgemaumlszlig deutliche Pausen festgestellt wer-den die aber nicht zwingend auf eine Unterbre-chung und die Beendigung einer Tat schlieszligen lassen Zwei Fehlerquellen sind insoweit zu be-trachten

Die Zeitstempel die die Geldautomaten uumlbermit-teln richten sich nach den Einstellungen im Geld-automaten selber und werden nicht synchronisiert Sie koumlnnen von der genauen Zeit abweichen und aus einer anderen Zeitzone stammen

Allein Europa verfuumlgt uumlber mindestens 4 Zeitzo-nen von der die Mitteleuropaumlische Zeit ndash MEZ ndash die verbreitetste ist Die EKS stellt aber die Zeit-stempel der Rechenzentren bei der Autorisierung zur Verfuumlgung so dass die Fehlerquelle abwei-chender Zeitangaben nahezu ausgeschlossen ist

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aufeinander folgenden Ausspaumlhungen von Kon-tozugangsdaten zusammengefasst werden muumls-sen soweit sie einen engen Zusammenhang mit-einander haben Das ist zum Beispiel der Fall wenn Skimmer ihre technischen Geraumlte installie-ren ihre Funktionstuumlchtigkeit gelegentlich uumlber-pruumlfen und die Geraumlte schlieszliglich wieder abbau-en Das Ausspaumlhen bildet dabei einen einheitli-chen Handlungsrahmen wobei der Vorsatz der Taumlter darauf gerichtet ist moumlglichst viele Kun-dendaten bei ihrem Angriff zu erlangen Auch wenn die Taumlter uumlber mehrere Tage hinweg die-selbe Bankfiliale ausspaumlhen und die Technik nur waumlhrend der Bankgeschaumlftszeiten abbauen und anschlieszligend wieder einrichten 77 kann eine de-liktische Einheit bestehen 78

Dasselbe gilt wegen des Cashings wenn die Tauml-ter mit engem zeitlichen Zusammenhang han-deln Eine Zaumlsur kann jedoch dann angenom-men werden wenn die Taumlter ihr Handeln unter-brechen um sich zum Beispiel mit weiteren Du-bletten zu versorgen 79

Im Zusammenhang mit dem Nachmachen und Gebrauchen von Zahlungskarten ist jedenfalls dann das Vorliegen eines minder schweren Fal-les zu pruumlfen wenn es um eine geringe Stuumlck-zahl von Karten geht 80

77 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 978 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 14 leitet das daraus ab dass verschiedene Vorberei-tungshandlungen die sich auf denselben Gegenstand erstrecken nur eine Tat darstellen Die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium beim Skimming wird unten angesprochen79 Siehe BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 9 80 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 12

3 Faumllschungssicherheit

Von der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt dass sich die Faumllschung auch alleine auf die Da-ten auf dem Magnetstreifen beschraumlnken kann 81 In Bezug auf Zahlungskarten hat der BGH jetzt ausgefuumlhrt 82

bdquoFalsch sind Zahlungskarten (mit Garantiefunkti-on) wenn sie faumllschlicherweise den Anschein er-wecken sie seien von demjenigen ausgegeben worden auf den die lesbaren Angaben auf der Karte oder die auf ihr unsichtbar gespeicherten Informationen als Aussteller hinweisen Optische Wahrnehmungsmoumlglichkeit und digitale Maschi-nenlesbarkeit muumlssen nicht gleichzeitig gegeben sein so dass eine falsche Karte nicht die ku-mulative Nachahmung beider Komponenten vor-aussetzt Es genuumlgt dass die Faumllschung entwe-der nur die Urkundenfunktion zum Gegenstand hat - was etwa bei einer gefaumllschten Kreditkarte der Fall ist die nur in ihrem aumluszligeren Erschei-nungsbild einer echten Kreditkarte entspricht aber keinen funktionsfaumlhigen Magnetstreifen oder Mikrochip enthaumllt - oder ein Magnetstreifen bzw ein Mikrochip zwecks ausschlieszliglicher Ver-wendung an Automaten gefaumllscht und auf ein unbedrucktes Stuumlck Plastik oder Pappe geklebt ist ldquo

sect 152a Abs 4 Nr 2 und sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB verlangen gleichermaszligen nach einer be-sonderen Sicherung gegen die Nachahmung durch Ausgestaltung oder Codierung wobei un-klar bleibt ob sie unterschiedliche Sicherheits-merkmale meinen Dafuumlr koumlnnte sprechen dass bei gleichem Wortlaut sect 152a StGB das Verfaumll-schen und Nachmachen und sect 152b StGB die Garantiefunktion in den Vordergrund stellen

Die allgemeine bdquoAusgestaltungldquo der Zahlungskar-ten wird von den Aufdrucken Hologrammen der erhabenen Kartennummer und der Pruumlfnummer (bei Kreditkarten) sowie dem Unterschriftsfeld und dem Vorhandensein des Magnetstreifens

81 Zur Verfaumllschung einer echten Zahlungskarte BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840082 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 11

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oder des EMV-Chips gepraumlgt Als besondere Si-cherungen im Hinblick auf die Kodierung sind an erster Stelle das Maschinenlesbare Merkmal die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Siche-rungsmechanismen im EMV-Chip zu nennen der zudem einen verschluumlsselten Datenverkehr zulassen soll

Im Hinblick auf die Garantiefunktion kommt als gestaltendes Element eine besondere Bedeu-tung dem Label zu das die Karte als eine solche ausweist die am Onlineverfahren zur Autorisie-rung und Genehmigung teilnimmt Die besonde-re Sicherheitsmerkmale in Bezug auf die Garan-tiefunktion sind dieselben die auch zur allgemei-nen Kartensicherheit dienen Das sind vor allem die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Si-cherungsmechanismen im EMV-Chip Von be-sonderer Bedeutung ist insoweit die PIN die im Autorisierungsverfahren gepruumlft wird Im Zusam-menhang mit sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB kommt auch den Verschluumlsselungsmechanismen im EMV-Chip eine besondere Bedeutung zu er ist jedoch noch nicht allgemein verbreitet 83

4 Garantiefunktion

sect 152a Abs 1 StGB schuumltzt inlaumlndische und aus-laumlndische Zahlungskarten und geldwerte Wertpa-piere (Schecks Wechsel) vor ihrer Faumllschung wenn sie von einem Kredit- oder Finanzdienst-leistungsinstitut herausgegeben wurden (sect 152a Abs 4 Nr 1 StGB) und durch ihre Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind (sect 152a Abs 4 Nr 2 StGB) 84 Die-se Voraussetzungen liegen angesichts der be-schriebenen Sicherheitsmerkmale bei den uumlbli-

83 Falsch programmierte EMV-Chips haben Anfang 2010 zu erheblichen Irritationen gefuumlhrt Im Onlinever-fahren zeigt die Kodierung des Magnetstreifens an dass die Karte uumlber einen EMV-Chip verfuumlgt Damit soll das POS-Terminal angewiesen werden den Chip auszulesen und dessen Sicherheitsfunktionen zu nut-zen Mit einfachem Klebeband laumlsst sich der Chip je-doch abdecken so dass das Terminal ihn als defekt betrachtet Darauf beschraumlnkt es sich auf die Pruumlfung des Magnetstreifens84 CF Skimming und Faumllschungsrecht 13042009

chen von Banken herausgegebenen Karten vor 85

Die Garantiefunktion wird darin gesehen dass das die Karte ausgebende Unternehmen sich gegenuumlber Vertragsunternehmen ltverpflichtetgt deren Forderungen gegen den Kartenbenutzer zu bezahlen 86 Diese Definition nimmt sect 152b Abs 4 StGB auf und definiert die Zahlungskarten mit Garantiefunktion als Kredit- Euroscheck- und sonstige Karten die es ermoumlglichen den Aus-steller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen 87 Die Modalitaumlten des Forderungsausgleiches zwischen der Bank und ihrem Kunden wirken sich darauf nicht aus

In Literatur und Rechtsprechung bestehen an der Garantiefunktion keine Zweifel wenn es sich um Kreditkarten handelt bei denen der Auszah-lungsbetrag gegen ein eigenes Konto des Kar-tenausstellers erfolgt Die bekanntesten Kredit-kartenverbuumlnde sind die von American Express Master und Visa 88 Die Autorisierung im Online-verfahren und die damit verbundene Genehmi-gung ohne die keine Verfuumlgung akzeptiert wird ist bei Kredit- und Debitkarten jedoch identisch 89 so dass auch die Debitkarten die an dem Autori-sierungsverfahren teilnehmen koumlnnen Karten

85 Siehe oben Faumllschungssicherung86 BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392 Rn 9Die Entscheidung betrifft den Kredit- und Scheckkar-tenmissbrauch gemaumlszlig sect 266b StGB und unterschei-det deshalb zwischen Einziehungsverfahren und Last-schriftverfahren Im Lastschriftverfahren traumlgt das Ausfallrisiko der Akzeptant so dass die Karten aus-stellende Bank nicht geschaumldigt wird (ebenda)87 Fuumlr die EC-Karte hat der BGH anerkannt dass sie auch dann eine Garantiefunktion hat wenn sie im Lastschriftverfahren eingesetzt wird BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840088 Siehe die Uumlbersicht und Erklaumlrungen bei kartensicherheitde ndash Zahlungsverfahren89 In BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 4 spricht das Gericht unklar von falschen Kreditkar-ten mit Garantiefunktion meint jedoch Kreditkarten als solche die nach Art der ausstellenden Banken be-druckt und mit den Labeln von Visa oder Master ver-sehen waren

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mit Garantiefunktion sind 90 Fuumlr die Strafbarkeit nach sect 152b StGB kommt es nur darauf an dass die Garantiefunktion besteht und nicht auch dar-auf dass der Taumlter sie in Anspruch nehmen will 91

Dem Schutz des sect 152a StGB unterliegen schlieszliglich auch andere Zahlungskarten von Fi-nanzdienstleistungsinstituten zum Beispiel Tank- und Telefonkarten die hier nicht weiter be-trachtet werden

Die vom Gesetzestext genannten Euroschecks und -karten gibt es seit 2002 nicht mehr An ihre Stelle ist das (auch vorher schon praktizierte) Autorisierungsverfahren getreten Wie beim EC-Verfahren 92 geht es ihm um die Garantie des Ausstellers wegen der Auszahlung nur dass die durch den Euroscheck verbuumlrgte und von der EC-Karte autorisierte Garantie uumlbergegangen ist zum Genehmigungscode den der Aussteller in jedem POS-Verfahren uumlbermittelt wenn er die Buchung genehmigt Das EC-Verfahren hat da-durch eine neue Auspraumlgung erfahren Waumlhrend das klassische Modell eine fruumlhe Autorisierung bei der Ausgabe der Schecks durchgefuumlhrt hat erfolgt sie jetzt in Echtzeit durch die Uumlbermittlung des Genehmigungscodes Nicht anders als im al-ten Verfahren erfolgt die Buchung der Forderung gegen die Bank zunaumlchst auf einem ihrer Zwi-schenkonten 93 was der Ausgabe der Euro-schecks gleich kommt Das zeigt auch dass die autorisierende Bank die buchhalterische Haftung fuumlr die betreffende Forderung uumlbernimmt

90 Siehe oben Autorisierung91 BGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 2290892 Das Markenzeichen bdquoECldquo wird jetzt als bdquoelectronic cashldquo fortgefuumlhrt93 Siehe oben Clearing

5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

Das Cashing im Ausland unterliegt gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB dem deutschen Strafrecht Das Aus-spaumlhen im Inland bildet fuumlr den Mittaumlter einen ei-genen Tatort (sect 9 Abs 1 StGB) und fuumlr den Teil-nehmer greifen sect 9 Abs 2 S 1 S 2 StGB We-gen des im Ausland vollendeten Computerbetru-ges tritt der Taterfolg zunaumlchst bei der karten-ausgebenden Bank (Buchung gegen das interne CPD-Konto) und im Zuge des Clearingverfah-rens zulasten des einzelnen Bankkunden ein so dass der Erfolgsort gemaumlszlig sect 9 Abs 1 StGB im Inland liegt

Das Cashing ndash ob im Ausland mit inlaumlndischen oder im Inland mit auslaumlndischen Kartendaten und PIN - stellt sich deshalb als die Vollendung des gewerbsmaumlszligigen Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tatein-heit mit gewerbsmaumlszligigem Computerbetrug ge-maumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB dar 94

Eine Ausnahme bilden die vollstaumlndigen Aus-landstaten in denen das Cashing im Ausland mit auslaumlndischen Kartendaten erfolgt Sie haben keinen inlaumlndischen Handlungs- oder Erfolgsort so dass das Weltrechtsprinzip gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB unmittelbar greift wenn die auslaumlndischen Taumlter im Inland ergriffen werden (sect 9 StPO) oder sich hier niedergelassen haben (sect 8 StPO) Die Taumlter koumlnnen wegen des Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten verfolgt werden nicht aber we-gen Computerbetruges fuumlr den das Weltrechts-prinzip nicht gilt 95

94 Das Landgericht Hannover ist am 17112009 mei-nen rechtlichen Auffassungen gefolgt (rechtskraumlftig seit Ende April 2010)CF Skimming-Rechtsprechung 1811200995 Wegen der Strafverfolgung Deutscher und solcher Auslaumlnder die nicht abgeschoben werden koumlnnen siehe sect 7 Abs 2 StGB

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 33

Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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lastung gegenbucht und diese Forderung bei der EURO Kartensysteme - EKS 53 - zum Ausgleich anmeldet Stellt sich dabei heraus dass der aus-laumlndische Geldautomat von einer Karte deren Original mit einem EMV-Chip ausgestattet ist nur den Magnetstreifen gepruumlft hat dann haftet im europaumlischen Bankenverbund die auslaumlndi-sche Bank fuumlr den Schaden Auf diese Weise wird ein wirtschaftlicher Druck auf die Betreiber von Geldautomaten aufgebaut der sie zur Mo-dernisierung ihrer Geraumlte und zur Verbesserung der Sicherheitsstandards draumlngt

Dieser Anpassungsdruck funktioniert dann nicht mehr wenn sich das Cashing in das entfernte Ausland verlagern sollte Die Finanzwirtschaft wird dafuumlr neue Formen der Sicherung und des Schadensausgleiches entwickeln muumlssen

6 Ergebnisse

Der erfolgreiche Missbrauch einer Zahlungskarte im Ausland der sich in einer Kontobelastung beim deutschen Bankkunden aumluszligert belegt zu-gleich dass eine erfolgreiche Autorisierung durchlaufen und die inlaumlndische Bank eine Aus-zahlung wegen ihres Gegenwertes garantiert hat (Autorisierung)

Daraus folgt ferner dass im Ausland eine ge-faumllschte Zahlungskarte die gegen Faumllschung be-sonders geschuumltzt ist (Faumllschungssicherung) mit Garantiefunktion verwendet wurde Das qua-lifiziert die Tat zu einem Verbrechen gemaumlszligsect 152b Abs 2 StGB mit einer Mindeststrafe von 2 Jahren Freiheitsstrafe wobei ein gewerbsmauml-szligiges Handeln in diesen Faumlllen grundsaumltzlich an-zunehmen ist

Der finanzwirtschaftliche Schadensausgleich hat dazu gefuumlhrt dass die durch das Skimming bei den Bankkunden eingetretenen Schaumlden im Bankenverbund ausgeglichen wurden Dieses System wird einer besonderen Belastungsprobe ausgesetzt sein wenn sich das Cashing in das auszligereuropaumlische Ausland verlagern sollte

53 Siehe auch EKS ndash Analyse

7 arbeitsteilige Handlungen beim Skimming

Das Skimming ist gepraumlgt von verschiedenen Tat-handlungen die in der Grafik auf der naumlchsten Sei-te wegen ihrer wesentlichen Merkmale zusammen-gefasst werden

Am Anfang steht die Herstellung der Ausspaumlhtech-nik Dazu gehoumlren Kartenlesegeraumlte die spaumlter am Geldautomaten an der Eingangskontrolle oder am Kontoauszugsdrucker installiert werden Fuumlr das Ausspaumlhen der PIN werden entweder Kameras oder Tastaturaufsaumltze verwendet

Alle Geraumlte muumlssen so getarnt werden dass sie den Kunden auf dem ersten Blick nicht auffallen Die Taumlter muumlssen deshalb zunaumlchst auskundschaf-ten welche Geldautomaten und Umgebungen fuumlr den Einsatz ihrer Geraumlte geeignet sind Zur Vorbe-reitung und waumlhrend der Installation muumlssen gele-gentlich Anpassungen am Geldautomaten vorge-nommen werden die auf ein erhebliches Fach- und Erfahrungswissen der Installateure schlieszligen las-sen

Zwei Tatphasen finden in der Oumlffentlichkeit statt Das ist zunaumlchst das eigentliche Ausspaumlhen der Zugangsdaten fuumlr das sich der Begriff des Skim-mings (im engeren Sinne) eingebuumlrgert hat Es um-fasst die Installation der Ausspaumlhtechnik das Aus-spaumlhen selber und den Abbau der (wertvollen) Ge-raumlte Entsprechend der eingesetzten Technik muumls-sen die Geraumlte waumlhrend des Ausspaumlhens uumlberpruumlft werden Besonders dann wenn der Abgriff der Kar-

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tendaten nicht direkt am Geldautomaten erfolgt muumlssen die ausgespaumlhten Kartendaten und PIN synchronisiert werden Das erfolgt haumlufig in der Weise dass die Taumlter Testkarten einsetzen deren Merkmale ihnen gelaumlufig sind

Je nach dem Erfolg des Ausspaumlhens werden die Kundendaten einer oder mehrerer Skimmingangrif-fe zusammengefasst und mit ihnen Dubletten an-gefertigt Es handelt sich meistens um unbedruckte WhiteCards die nur uumlber einen Magnetstreifen ver-fuumlgen und damit den einfachsten Anforderungen der ISO-Norm fuumlr Identitaumltsdokumente genuumlgen Die dazu erforderliche Technik und das Zubehoumlr sind im Einzelhandel erhaumlltlich

Die zweite Tatphase in der Oumlffentlichkeit wird als das Cashing bezeichnet Dabei werden die Dublet-ten bdquogebrauchtldquo um Auszahlungen an Geldautoma-ten zu bewirken

Die in Deutschland uumlblichen Sicherheitsmerkmale das sind vor allem das im Kartenkoumlrper einge-brachte Maschinenlesbare Merkmal ndash MM ndash und der EMV-Chip machen es erforderlich dass die Dubletten im Ausland eingesetzt werden wo die Geldautomaten sie nicht pruumlfen Das zeigt dass auch das Cashing selber die Auskundschaftung ge-eigneter Geldautomaten erfordert

Die gewandelten Erscheinungsformen beim Aus-spaumlhen allen voran das POS-Skimming zeigen dass die hier beschriebene Kriminalitaumltsform Wandlungen unterworfen ist die besonders das Ausspaumlhen selber betreffen Verfeinerte Pruumlfungen der Sicherheitsmerkmale und der beschriebene Schadensausgleich lassen vermuten dass sich das Cashing in andere Laumlnder und Kontinente ver-lagern wird

Das Cashing ist aus krimineller Sicht ein aumluszligerst effektives Instrument der Beuterealisierung Es ist zu befuumlrchten dass es uns noch lange erhalten bleibt

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An die Stelle der fruumlher uumlblichen Euroschecks ist das Autorisierungsverfahren und die mit ihm ver-bundene Genehmigung der kartenausstellenden Bank gegenuumlber der Zahlstelle im POS-Verfah-ren getreten 54

1 arbeitsteiliges Vorgehen

Der Tatplan beim Skimming umfasst bei einer groben Unterteilung drei Arbeitsschritte

1) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

2) Faumllschung von Zahlungskarten

3) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Vor dem Arbeitsschritt 1) ist die Herstellung der teilweise handwerklich anspruchsvollen Skim-ming-Hardware angesiedelt und nach dem Ar-beitsschritt 3) die Beuteverteilung wenn es sich ndash wie uumlblich ndash um eine arbeitsteilig aufgestellte Gruppe von Taumltern handelt

Das arbeitsteilige und wiederholte Vorgehen beim Skimming rechtfertigt regelmaumlszligig die An-nahme eines gewerbsmaumlszligigen Handelns 55 Ein-zeltaumlter die alle Arbeitsschritte persoumlnlich aus-uumlben treten allenfalls in Einzelfaumlllen auf In aller Regel haben wir es mit Taumltergruppen zu tun die sich nur deshalb zusammentun um eine dauer-hafte Einnahmequelle zu haben Das wird auch von den Schaumlden durch Cashing-Aktionen be-legt bei denen mehrere Taumlter gleichzeitig han-deln und binnen weniger Tage mehrere Zehntau-send Euro erbeutet haben

Auf die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Mittaumlterschaft und Bandeneigenschaft wird unten im einzelnen eingegangen

54 Siehe Glossar POS55 Siehe Zitat im Kasten oben rechts BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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2 einschlaumlgige Normen und Konkurrenzen

Das Faumllschen von Zahlungskarten und ihren Ge-brauch hat der Gesetzgeber neben die Vor-schriften uumlber das Faumllschen von Geld und Wert-zeichen gestellt (sectsect 146 ff StGB) Die Strafvor-schriften dienen der Sicherheit und Funktionsfauml-higkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs 56 Die hohen Mindestfreiheitsstrafen mit denen sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB drohen sind von Ver-fassungs wegen nicht zu beanstanden 57

Die Missbrauchshandlung beim Skimming ist im Grunddelikt der Gebrauch falscher inlaumlndischer oder auslaumlndischer Zahlungskarten gemaumlszlig sect

56 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1157 BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008 siehe auch CF Faumllschung von Zahlungskarten 01052009

C Strafbarkeit Gewerbsmaumlszligig handelt wer sich durch wiederhol-te Tatbegehung eine nicht nur voruumlbergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will Liegt diese Absicht vor ist bereits die erste Tat als gewerbsmaumlszligig begangen einzustufen auch wenn es entgegen den ur-spruumlnglichen Intentionen des Taumlters zu weiteren Taten nicht kommt Eine Verurteilung wegen ge-werbsmaumlszligiger Deliktsbegehung setzt daher schon im Grundsatz nicht notwendig voraus dass der Taumlter zur Gewinnerzielung mehrere selbststaumlndige Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden Art ver-wirklicht hat Ob der Angeklagte gewerbsmaumlszligig gehandelt hat beurteilt sich vielmehr nach seinen urspruumlnglichen Planungen sowie seinem tatsaumlchli-chen strafrechtlich relevanten Verhalten uumlber den gesamten ihm anzulastenden Tatzeitraum () Er-forderlich ist dabei stets dass sich seine Wieder-holungsabsicht auf dasjenige Delikt bezieht des-sen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbs-maumlszligigkeit qualifiziert ist

BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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152a Abs 1 Nr 2 StGB 58 In Tateinheit 59 damit steht der Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB 60 dessen Vollendung mit der Auszahlung am Geldautomaten eintritt 61

Die Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist ein selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand (sectsect 152b Abs 1 12 Abs 1 StGB) der im-mer auch die Strafbarkeit des Versuchs umfasst (sect 23 Abs 1 StGB) Unter der Voraussetzung der Gewerbsmaumlszligigkeit erhoumlht sich die Mindeststrafe auf 2 Jahre Freiheitsstrafe (sect 152b Abs 2 StGB)

Der Computerbetrug im Zusammenhang mit dem Cashing ist ein besonders schwerer Fall der sich vom Grundtatbestand des sect 263a Abs 1 StGB durch das weitere Merkmal der Gewerbsmaumlszligig-keit abhebt Er ist auch in dieser Form als Verge-hen zu behandeln (sect 12 Abs 1 StGB) so dass das Gesetz die Strafbarkeit des Versuchs beson-ders anordnen muss (sect 23 Abs 1 StGB) Das geschieht in sect 263 Abs 2 StGB auf den der sect 263a Abs 2 StGB ausdruumlcklich verweist

Dagegen tritt die Faumllschung beweiserheblicher Daten gemaumlszlig sect 269 StGB hinter der spezielleren Vorschrift des sect 152a Abs 1 Nr 1 StGB zuruumlck 62 Das mit ihr verbundene bdquoSpeichernldquo realisiert sich nur bei der Faumllschung selber und nicht auch

58 Strafrahmen Geldstrafe bis 5 Jahre Freiheitsstrafe59 Zur Tateinheit zwischen dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten (sect 152a StGB) und Betrug (sect 263 StGB) BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1760 Fallgruppe Unbefugte Verwendung von DatenBGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 8 Siehe auch BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 3780961 Tateinheit BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3 In der Entscheidung wird kommen-tarlos die falsche Strafvorschrift wegen der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion angewendet naumlmlich sect 152a StGB anstelle von sect 152b StGB Das scheint auch der Staatsanwaltschaft Aachen entgan-gen zu sein die das Urteil mit seiner sowieso schon milde(n) Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren (BGH Rn 7) nicht angegriffen hat62 Grundsaumltzlich zum Verhaumlltnis zwischen Urkunden- und Zahlungsmittelfaumllschung BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

beim Missbrauch der gefaumllschten Zah-lungskarten

Bei genauer Betrachtung greifen auch die Daten-delikte nach sect 202a und sect 202b StGB im Zusam-menhang mit dem Skimming nicht

Entgegen der Auffassung der Revision beruhen die Feststellungen zur nur voruumlbergehenden Zu-ruumlckstellung der Tatausfuumlhrung auf hinreichenden tatsaumlchlichen Anhaltspunkten stellen sich also nicht als bloszlige Vermutung dar Die Begehung von Straftaten wie das bdquoSkimmingldquo bedarf eines erheb-lichen organisatorischen Aufwands insbesondere muumlssen Geraumlte zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten zur Verfuumlgung stehen Dass Taumlter die schon uumlber laumlngere Zeit hellip mit der Vorberei-tung der Tat befasst waren nur wegen des Versa-gens der Stromversorgung eines technischen Hilfsmittels fuumlr das Ersatz beschafft werden kann von der weiteren Ausfuumlhrung des Vorhabens end-guumlltig absehen ist eine lebensfremde Annahme Eine Ersatzbeschaffung erforderte entgegen der Auffassung der Revision hellip keinen neuen Tatent-schluss sondern stellte nur einen von vielen Hand-lungsschritten bis zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten dar Dass die Strafkammer man-gels Anhaltspunkten fuumlr einen endguumlltigen Tatab-bruch davon ausgegangen ist dass ein solcher von dem Angeklagten und seinen Mittaumltern nicht gewollt war und schon deshalb ein Verhindern der Tat noch ein Bemuumlhen darum festzustellen waren ist ein nicht nur moumlglicher sondern ausgesprochen naheliegender Schluss Somit schied ein Ruumlcktritt von der Verabredung eines Verbrechens gemaumlszlig sect 31 StGB aus

Generalbundesanwalt Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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21 Ausspaumlhen von Daten

sect 202a Abs 1 StGB kommt wegen des Ausspauml-hens der Daten auf den Magnetstreifen der Zah-lungskarten der betroffenen Bankkunden nicht in Betracht weil ihm eine besondere Sicherungs-funktion fehlt Das fuumlhrt dazu dass die gespei-cherten Daten in aller Regel mit handelsuumlblichen Lesegeraumlten und Komponenten ausgelesen wer-den koumlnnen

In einer fruumlheren Entscheidung ist der BGH noch von einer Tateinheit zwischen dem Nachmachen von Zahlungskarten und dem Ausspaumlhen von Daten ausgegangen 63 Die Revision fuumlhrte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils weil das Tatsachengericht keine Strafantraumlge festgestellt hat 64 (sect 205 StGB 65) Davon wendet sich der 2 Strafsenat des BGH jetzt in zwei Beschluumlssen ab 66 ohne jedoch zunaumlchst die uumlbrigen Senate be-teiligt zu haben (sect 132 GVG) 67 Andere Senate des Gerichts sind dem inzwischen beigetreten der 1 Strafsenat jedoch mit der Einschraumlnkung dass die Voraussetzungen des sect 202a StGB dann nicht gegeben sind wenn die zum Ausle-sen benutzte Software auch im regulaumlren Handel erhaumlltlich ist 68

63 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 764 Dateninhaber ist danach die kartenausgebende Bank die somit auch strafantragsberechtigt ist eben-da65 Wegen des Ausspaumlhens (sect 202a StGB) und Abfan-gens von Daten (sect 202b StGB) kann die Staatsan-waltschaft jetzt auch das besondere oumlffentliche Inter-esse an der Strafverfolgung bejahen (sect 205 Abs 1 S 2 StGB)66 CF Ausspaumlhen von Daten und das Skimming 14052010BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309 S 4BGH Beschluss vom 18032010 - 4 StR 5550967 Kritisch auch Goya Graumlfin Tyszkiewicz Skimming als Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a StGB HRR 42010 207 (mit Zitat zum Cyberfahnder)68 BGH Beschluss vom 19052010 - 1 ARs 610CF Ausspaumlhen von Magnetstreifen 02072010

22 Abfangen von Daten

Die ausgespaumlhten Kartendaten werden zum Faumll-schen von Zahlungskarten benoumltigt und die PIN zum spaumlter einsetzenden Gebrauch sect 149 Abs 1 StGB beschraumlnkt den Anwendungsbereich fuumlr die Haftung im Vorbereitungsstadium auf die Faumll-schung und bezieht nicht auch den Gebrauch mit ein Daraus folgt dass keine Strafbarkeit wegen des Umgangs mit Geraumlten zum Ausspaumlhen der PIN aus sect 149 StGB abgeleitet werden kann

Wegen des Ausspaumlhens der PIN greift auch das Hackerstrafrecht nicht wenn es unmittelbar an-gewendet wird Es handelt sich dabei weder um ein Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a Abs 1 StGB noch um ein Abfangen von Daten gemaumlszlig sect 202b StGB Verantwortlich dafuumlr ist die Definition von bdquoDatenldquo in sect 202a Abs 2 StGB Das sind nur solche Daten die bereits gespeichert sind oder uumlbermittelt werden Das Uumlbermitteln setzt jedoch eine vorherige Speicherung voraus

Beim Skimming wird die PIN aber bei der Einga-be ausgespaumlht Sie ist der Speicherung und Uumlbermittlung vorgelagert

23 PIN-Skimming und Computersabotage

Das Cashing ist mit der Eingabe von Daten mit dem Ziel verbunden einem Anderen Nachteil zu-zufuumlgen und deshalb auch ein Anwendungsfall der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 1 Nr 2 StGB Diese Strafvorschrift wird im Zusammen-hang mit dem Cashing vom Computerbetrug als dem spezielleren und schwereren Vorwurf ver-draumlngt

sect 303b Abs 5 StGB erweitert jedoch die Straf-barkeit auch auf das Vorbereitungsstadium in-dem er auf sect 202c StGB verweist Dadurch wer-den nicht nur Computerprogramme geschuumltzt sondern ausdruumlcklich auch Passwoumlrter und sonstiger Sicherungscode (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) Der Umgang mit ihnen mit dem Ziel sie zum Cashing zu verwenden steht unter Strafe 69 69 CF Ausspaumlhen der PIN 06122008

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und wird mit einer Houmlchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht

Die Schutzrichtung dieser Normen beschraumlnkt sich jedoch auf Computerprogramme einerseits und PIN (als Passwoumlrter) andererseits nicht aber auf die zum Ausspaumlhen genutzten Geraumlte

Das Sich-Verschaffen von PIN ist somit gemaumlszlig sect 303b Abs 5 StGB in Verbindung mit sect 202c StGB strafbar Es verlangt nach dem Nachweis dass tatsaumlchlich PIN ausgespaumlht wurden

24 natuumlrliche Handlungseinheiten

Aus dem Begriff bdquodieselbe Tatldquo (sect 52 Abs 1 StGB) leitet die Rechtsprechung die natuumlrliche Handlungseinheit ab wobei mehrere Verhal-tensweisen von einem einheitlichen Willen getra-gen werden und raumlumlich-zeitlich so eng mitein-ander verbunden sind dass das gesamte Taumltig-werden objektiv als ein einheitliches und zusam-mengehoumlriges Tun erscheint 70 Sie darf nicht mit der fortgesetzten Handlung verwechselt werden womit von der Rechtsprechung gleichartige Ta-ten mit weitem raumlumlich-zeitlichem Zusammen-hang zusammengefasst wurden Die Handlungs-form der fortgesetzten Handlung hat der BGH 1994 aufgegeben 71 nicht zuletzt deshalb weil sie erhebliche Nachteile fuumlr die Angeklagten barg 72

Eine besondere Auspraumlgung der Handlungsein-heit hat der BGH im Zusammenhang mit Betaumlu-bungsmittelstraftaten entwickelt Insoweit spricht er von einer Bewertungseinheit und fasst damit alle Veraumluszligerungshandlungen des Taumlters zu-sammen wenn das Rauschgift aus derselben 70 lexexaktde natuumlrliche Handlungseinheit71 BGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393 zum Steuerstrafrecht 72 Siehe BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593wenn verschiedene Handlungen (Steuererklaumlrungen) durch den Fortsetzungszusammenhang zusammen gefasst werden dann beginnt ihre Verjaumlhrung erst mit der letzten Tathandlung (sect 78a StGB) Das hat dazu gefuumlhrt dass Steuerstraftaten uumlber Jahrzehnte hin-weg bestraft werden konnten wenn sie denselben Akt oder Modus betrafen

Quelle stammt also aus einer einmaligen Er-werbstat 73

Im Zusammenhang mit dem Skimming spricht der BGH von deliktischen Einheiten die einer-seits zwischen dem Gebrauchen nachgemachter Zahlungskarten und dem damit verbundenen Be-trug und andererseits zwischen den Tathandlun-gen des Nachmachens und des Gebrauchens im Sinne von sect 152a Abs 1 StGB bestehen soweit sie raumlumlich-zeitlich eng verbunden und von ei-nem einheitlichen Vorsatz umschlossen sind 74 Solche deliktischen Einheiten koumlnnen auch die gleichzeitig Faumllschung mehrerer Karten 75 und ih-ren Gebrauch beim Cashing bilden 76

Die praktische Konsequenz daraus ist dass als eine materielle Tat alle Faumllschungen alle Miss-braumluche von Zahlungskarten und alle unmittelbar

73 BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300 mwN74 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 17BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 440875 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 13BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 376 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 8

Ob die Vollendung in mehreren materiellen Taten erfolgt orientiert sich am Handeln des Cashers Anhand der Abbuchungsdaten koumlnnen erfah-rungsgemaumlszlig deutliche Pausen festgestellt wer-den die aber nicht zwingend auf eine Unterbre-chung und die Beendigung einer Tat schlieszligen lassen Zwei Fehlerquellen sind insoweit zu be-trachten

Die Zeitstempel die die Geldautomaten uumlbermit-teln richten sich nach den Einstellungen im Geld-automaten selber und werden nicht synchronisiert Sie koumlnnen von der genauen Zeit abweichen und aus einer anderen Zeitzone stammen

Allein Europa verfuumlgt uumlber mindestens 4 Zeitzo-nen von der die Mitteleuropaumlische Zeit ndash MEZ ndash die verbreitetste ist Die EKS stellt aber die Zeit-stempel der Rechenzentren bei der Autorisierung zur Verfuumlgung so dass die Fehlerquelle abwei-chender Zeitangaben nahezu ausgeschlossen ist

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aufeinander folgenden Ausspaumlhungen von Kon-tozugangsdaten zusammengefasst werden muumls-sen soweit sie einen engen Zusammenhang mit-einander haben Das ist zum Beispiel der Fall wenn Skimmer ihre technischen Geraumlte installie-ren ihre Funktionstuumlchtigkeit gelegentlich uumlber-pruumlfen und die Geraumlte schlieszliglich wieder abbau-en Das Ausspaumlhen bildet dabei einen einheitli-chen Handlungsrahmen wobei der Vorsatz der Taumlter darauf gerichtet ist moumlglichst viele Kun-dendaten bei ihrem Angriff zu erlangen Auch wenn die Taumlter uumlber mehrere Tage hinweg die-selbe Bankfiliale ausspaumlhen und die Technik nur waumlhrend der Bankgeschaumlftszeiten abbauen und anschlieszligend wieder einrichten 77 kann eine de-liktische Einheit bestehen 78

Dasselbe gilt wegen des Cashings wenn die Tauml-ter mit engem zeitlichen Zusammenhang han-deln Eine Zaumlsur kann jedoch dann angenom-men werden wenn die Taumlter ihr Handeln unter-brechen um sich zum Beispiel mit weiteren Du-bletten zu versorgen 79

Im Zusammenhang mit dem Nachmachen und Gebrauchen von Zahlungskarten ist jedenfalls dann das Vorliegen eines minder schweren Fal-les zu pruumlfen wenn es um eine geringe Stuumlck-zahl von Karten geht 80

77 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 978 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 14 leitet das daraus ab dass verschiedene Vorberei-tungshandlungen die sich auf denselben Gegenstand erstrecken nur eine Tat darstellen Die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium beim Skimming wird unten angesprochen79 Siehe BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 9 80 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 12

3 Faumllschungssicherheit

Von der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt dass sich die Faumllschung auch alleine auf die Da-ten auf dem Magnetstreifen beschraumlnken kann 81 In Bezug auf Zahlungskarten hat der BGH jetzt ausgefuumlhrt 82

bdquoFalsch sind Zahlungskarten (mit Garantiefunkti-on) wenn sie faumllschlicherweise den Anschein er-wecken sie seien von demjenigen ausgegeben worden auf den die lesbaren Angaben auf der Karte oder die auf ihr unsichtbar gespeicherten Informationen als Aussteller hinweisen Optische Wahrnehmungsmoumlglichkeit und digitale Maschi-nenlesbarkeit muumlssen nicht gleichzeitig gegeben sein so dass eine falsche Karte nicht die ku-mulative Nachahmung beider Komponenten vor-aussetzt Es genuumlgt dass die Faumllschung entwe-der nur die Urkundenfunktion zum Gegenstand hat - was etwa bei einer gefaumllschten Kreditkarte der Fall ist die nur in ihrem aumluszligeren Erschei-nungsbild einer echten Kreditkarte entspricht aber keinen funktionsfaumlhigen Magnetstreifen oder Mikrochip enthaumllt - oder ein Magnetstreifen bzw ein Mikrochip zwecks ausschlieszliglicher Ver-wendung an Automaten gefaumllscht und auf ein unbedrucktes Stuumlck Plastik oder Pappe geklebt ist ldquo

sect 152a Abs 4 Nr 2 und sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB verlangen gleichermaszligen nach einer be-sonderen Sicherung gegen die Nachahmung durch Ausgestaltung oder Codierung wobei un-klar bleibt ob sie unterschiedliche Sicherheits-merkmale meinen Dafuumlr koumlnnte sprechen dass bei gleichem Wortlaut sect 152a StGB das Verfaumll-schen und Nachmachen und sect 152b StGB die Garantiefunktion in den Vordergrund stellen

Die allgemeine bdquoAusgestaltungldquo der Zahlungskar-ten wird von den Aufdrucken Hologrammen der erhabenen Kartennummer und der Pruumlfnummer (bei Kreditkarten) sowie dem Unterschriftsfeld und dem Vorhandensein des Magnetstreifens

81 Zur Verfaumllschung einer echten Zahlungskarte BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840082 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 11

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oder des EMV-Chips gepraumlgt Als besondere Si-cherungen im Hinblick auf die Kodierung sind an erster Stelle das Maschinenlesbare Merkmal die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Siche-rungsmechanismen im EMV-Chip zu nennen der zudem einen verschluumlsselten Datenverkehr zulassen soll

Im Hinblick auf die Garantiefunktion kommt als gestaltendes Element eine besondere Bedeu-tung dem Label zu das die Karte als eine solche ausweist die am Onlineverfahren zur Autorisie-rung und Genehmigung teilnimmt Die besonde-re Sicherheitsmerkmale in Bezug auf die Garan-tiefunktion sind dieselben die auch zur allgemei-nen Kartensicherheit dienen Das sind vor allem die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Si-cherungsmechanismen im EMV-Chip Von be-sonderer Bedeutung ist insoweit die PIN die im Autorisierungsverfahren gepruumlft wird Im Zusam-menhang mit sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB kommt auch den Verschluumlsselungsmechanismen im EMV-Chip eine besondere Bedeutung zu er ist jedoch noch nicht allgemein verbreitet 83

4 Garantiefunktion

sect 152a Abs 1 StGB schuumltzt inlaumlndische und aus-laumlndische Zahlungskarten und geldwerte Wertpa-piere (Schecks Wechsel) vor ihrer Faumllschung wenn sie von einem Kredit- oder Finanzdienst-leistungsinstitut herausgegeben wurden (sect 152a Abs 4 Nr 1 StGB) und durch ihre Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind (sect 152a Abs 4 Nr 2 StGB) 84 Die-se Voraussetzungen liegen angesichts der be-schriebenen Sicherheitsmerkmale bei den uumlbli-

83 Falsch programmierte EMV-Chips haben Anfang 2010 zu erheblichen Irritationen gefuumlhrt Im Onlinever-fahren zeigt die Kodierung des Magnetstreifens an dass die Karte uumlber einen EMV-Chip verfuumlgt Damit soll das POS-Terminal angewiesen werden den Chip auszulesen und dessen Sicherheitsfunktionen zu nut-zen Mit einfachem Klebeband laumlsst sich der Chip je-doch abdecken so dass das Terminal ihn als defekt betrachtet Darauf beschraumlnkt es sich auf die Pruumlfung des Magnetstreifens84 CF Skimming und Faumllschungsrecht 13042009

chen von Banken herausgegebenen Karten vor 85

Die Garantiefunktion wird darin gesehen dass das die Karte ausgebende Unternehmen sich gegenuumlber Vertragsunternehmen ltverpflichtetgt deren Forderungen gegen den Kartenbenutzer zu bezahlen 86 Diese Definition nimmt sect 152b Abs 4 StGB auf und definiert die Zahlungskarten mit Garantiefunktion als Kredit- Euroscheck- und sonstige Karten die es ermoumlglichen den Aus-steller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen 87 Die Modalitaumlten des Forderungsausgleiches zwischen der Bank und ihrem Kunden wirken sich darauf nicht aus

In Literatur und Rechtsprechung bestehen an der Garantiefunktion keine Zweifel wenn es sich um Kreditkarten handelt bei denen der Auszah-lungsbetrag gegen ein eigenes Konto des Kar-tenausstellers erfolgt Die bekanntesten Kredit-kartenverbuumlnde sind die von American Express Master und Visa 88 Die Autorisierung im Online-verfahren und die damit verbundene Genehmi-gung ohne die keine Verfuumlgung akzeptiert wird ist bei Kredit- und Debitkarten jedoch identisch 89 so dass auch die Debitkarten die an dem Autori-sierungsverfahren teilnehmen koumlnnen Karten

85 Siehe oben Faumllschungssicherung86 BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392 Rn 9Die Entscheidung betrifft den Kredit- und Scheckkar-tenmissbrauch gemaumlszlig sect 266b StGB und unterschei-det deshalb zwischen Einziehungsverfahren und Last-schriftverfahren Im Lastschriftverfahren traumlgt das Ausfallrisiko der Akzeptant so dass die Karten aus-stellende Bank nicht geschaumldigt wird (ebenda)87 Fuumlr die EC-Karte hat der BGH anerkannt dass sie auch dann eine Garantiefunktion hat wenn sie im Lastschriftverfahren eingesetzt wird BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840088 Siehe die Uumlbersicht und Erklaumlrungen bei kartensicherheitde ndash Zahlungsverfahren89 In BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 4 spricht das Gericht unklar von falschen Kreditkar-ten mit Garantiefunktion meint jedoch Kreditkarten als solche die nach Art der ausstellenden Banken be-druckt und mit den Labeln von Visa oder Master ver-sehen waren

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mit Garantiefunktion sind 90 Fuumlr die Strafbarkeit nach sect 152b StGB kommt es nur darauf an dass die Garantiefunktion besteht und nicht auch dar-auf dass der Taumlter sie in Anspruch nehmen will 91

Dem Schutz des sect 152a StGB unterliegen schlieszliglich auch andere Zahlungskarten von Fi-nanzdienstleistungsinstituten zum Beispiel Tank- und Telefonkarten die hier nicht weiter be-trachtet werden

Die vom Gesetzestext genannten Euroschecks und -karten gibt es seit 2002 nicht mehr An ihre Stelle ist das (auch vorher schon praktizierte) Autorisierungsverfahren getreten Wie beim EC-Verfahren 92 geht es ihm um die Garantie des Ausstellers wegen der Auszahlung nur dass die durch den Euroscheck verbuumlrgte und von der EC-Karte autorisierte Garantie uumlbergegangen ist zum Genehmigungscode den der Aussteller in jedem POS-Verfahren uumlbermittelt wenn er die Buchung genehmigt Das EC-Verfahren hat da-durch eine neue Auspraumlgung erfahren Waumlhrend das klassische Modell eine fruumlhe Autorisierung bei der Ausgabe der Schecks durchgefuumlhrt hat erfolgt sie jetzt in Echtzeit durch die Uumlbermittlung des Genehmigungscodes Nicht anders als im al-ten Verfahren erfolgt die Buchung der Forderung gegen die Bank zunaumlchst auf einem ihrer Zwi-schenkonten 93 was der Ausgabe der Euro-schecks gleich kommt Das zeigt auch dass die autorisierende Bank die buchhalterische Haftung fuumlr die betreffende Forderung uumlbernimmt

90 Siehe oben Autorisierung91 BGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 2290892 Das Markenzeichen bdquoECldquo wird jetzt als bdquoelectronic cashldquo fortgefuumlhrt93 Siehe oben Clearing

5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

Das Cashing im Ausland unterliegt gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB dem deutschen Strafrecht Das Aus-spaumlhen im Inland bildet fuumlr den Mittaumlter einen ei-genen Tatort (sect 9 Abs 1 StGB) und fuumlr den Teil-nehmer greifen sect 9 Abs 2 S 1 S 2 StGB We-gen des im Ausland vollendeten Computerbetru-ges tritt der Taterfolg zunaumlchst bei der karten-ausgebenden Bank (Buchung gegen das interne CPD-Konto) und im Zuge des Clearingverfah-rens zulasten des einzelnen Bankkunden ein so dass der Erfolgsort gemaumlszlig sect 9 Abs 1 StGB im Inland liegt

Das Cashing ndash ob im Ausland mit inlaumlndischen oder im Inland mit auslaumlndischen Kartendaten und PIN - stellt sich deshalb als die Vollendung des gewerbsmaumlszligigen Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tatein-heit mit gewerbsmaumlszligigem Computerbetrug ge-maumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB dar 94

Eine Ausnahme bilden die vollstaumlndigen Aus-landstaten in denen das Cashing im Ausland mit auslaumlndischen Kartendaten erfolgt Sie haben keinen inlaumlndischen Handlungs- oder Erfolgsort so dass das Weltrechtsprinzip gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB unmittelbar greift wenn die auslaumlndischen Taumlter im Inland ergriffen werden (sect 9 StPO) oder sich hier niedergelassen haben (sect 8 StPO) Die Taumlter koumlnnen wegen des Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten verfolgt werden nicht aber we-gen Computerbetruges fuumlr den das Weltrechts-prinzip nicht gilt 95

94 Das Landgericht Hannover ist am 17112009 mei-nen rechtlichen Auffassungen gefolgt (rechtskraumlftig seit Ende April 2010)CF Skimming-Rechtsprechung 1811200995 Wegen der Strafverfolgung Deutscher und solcher Auslaumlnder die nicht abgeschoben werden koumlnnen siehe sect 7 Abs 2 StGB

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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tendaten nicht direkt am Geldautomaten erfolgt muumlssen die ausgespaumlhten Kartendaten und PIN synchronisiert werden Das erfolgt haumlufig in der Weise dass die Taumlter Testkarten einsetzen deren Merkmale ihnen gelaumlufig sind

Je nach dem Erfolg des Ausspaumlhens werden die Kundendaten einer oder mehrerer Skimmingangrif-fe zusammengefasst und mit ihnen Dubletten an-gefertigt Es handelt sich meistens um unbedruckte WhiteCards die nur uumlber einen Magnetstreifen ver-fuumlgen und damit den einfachsten Anforderungen der ISO-Norm fuumlr Identitaumltsdokumente genuumlgen Die dazu erforderliche Technik und das Zubehoumlr sind im Einzelhandel erhaumlltlich

Die zweite Tatphase in der Oumlffentlichkeit wird als das Cashing bezeichnet Dabei werden die Dublet-ten bdquogebrauchtldquo um Auszahlungen an Geldautoma-ten zu bewirken

Die in Deutschland uumlblichen Sicherheitsmerkmale das sind vor allem das im Kartenkoumlrper einge-brachte Maschinenlesbare Merkmal ndash MM ndash und der EMV-Chip machen es erforderlich dass die Dubletten im Ausland eingesetzt werden wo die Geldautomaten sie nicht pruumlfen Das zeigt dass auch das Cashing selber die Auskundschaftung ge-eigneter Geldautomaten erfordert

Die gewandelten Erscheinungsformen beim Aus-spaumlhen allen voran das POS-Skimming zeigen dass die hier beschriebene Kriminalitaumltsform Wandlungen unterworfen ist die besonders das Ausspaumlhen selber betreffen Verfeinerte Pruumlfungen der Sicherheitsmerkmale und der beschriebene Schadensausgleich lassen vermuten dass sich das Cashing in andere Laumlnder und Kontinente ver-lagern wird

Das Cashing ist aus krimineller Sicht ein aumluszligerst effektives Instrument der Beuterealisierung Es ist zu befuumlrchten dass es uns noch lange erhalten bleibt

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An die Stelle der fruumlher uumlblichen Euroschecks ist das Autorisierungsverfahren und die mit ihm ver-bundene Genehmigung der kartenausstellenden Bank gegenuumlber der Zahlstelle im POS-Verfah-ren getreten 54

1 arbeitsteiliges Vorgehen

Der Tatplan beim Skimming umfasst bei einer groben Unterteilung drei Arbeitsschritte

1) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

2) Faumllschung von Zahlungskarten

3) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Vor dem Arbeitsschritt 1) ist die Herstellung der teilweise handwerklich anspruchsvollen Skim-ming-Hardware angesiedelt und nach dem Ar-beitsschritt 3) die Beuteverteilung wenn es sich ndash wie uumlblich ndash um eine arbeitsteilig aufgestellte Gruppe von Taumltern handelt

Das arbeitsteilige und wiederholte Vorgehen beim Skimming rechtfertigt regelmaumlszligig die An-nahme eines gewerbsmaumlszligigen Handelns 55 Ein-zeltaumlter die alle Arbeitsschritte persoumlnlich aus-uumlben treten allenfalls in Einzelfaumlllen auf In aller Regel haben wir es mit Taumltergruppen zu tun die sich nur deshalb zusammentun um eine dauer-hafte Einnahmequelle zu haben Das wird auch von den Schaumlden durch Cashing-Aktionen be-legt bei denen mehrere Taumlter gleichzeitig han-deln und binnen weniger Tage mehrere Zehntau-send Euro erbeutet haben

Auf die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Mittaumlterschaft und Bandeneigenschaft wird unten im einzelnen eingegangen

54 Siehe Glossar POS55 Siehe Zitat im Kasten oben rechts BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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2 einschlaumlgige Normen und Konkurrenzen

Das Faumllschen von Zahlungskarten und ihren Ge-brauch hat der Gesetzgeber neben die Vor-schriften uumlber das Faumllschen von Geld und Wert-zeichen gestellt (sectsect 146 ff StGB) Die Strafvor-schriften dienen der Sicherheit und Funktionsfauml-higkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs 56 Die hohen Mindestfreiheitsstrafen mit denen sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB drohen sind von Ver-fassungs wegen nicht zu beanstanden 57

Die Missbrauchshandlung beim Skimming ist im Grunddelikt der Gebrauch falscher inlaumlndischer oder auslaumlndischer Zahlungskarten gemaumlszlig sect

56 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1157 BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008 siehe auch CF Faumllschung von Zahlungskarten 01052009

C Strafbarkeit Gewerbsmaumlszligig handelt wer sich durch wiederhol-te Tatbegehung eine nicht nur voruumlbergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will Liegt diese Absicht vor ist bereits die erste Tat als gewerbsmaumlszligig begangen einzustufen auch wenn es entgegen den ur-spruumlnglichen Intentionen des Taumlters zu weiteren Taten nicht kommt Eine Verurteilung wegen ge-werbsmaumlszligiger Deliktsbegehung setzt daher schon im Grundsatz nicht notwendig voraus dass der Taumlter zur Gewinnerzielung mehrere selbststaumlndige Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden Art ver-wirklicht hat Ob der Angeklagte gewerbsmaumlszligig gehandelt hat beurteilt sich vielmehr nach seinen urspruumlnglichen Planungen sowie seinem tatsaumlchli-chen strafrechtlich relevanten Verhalten uumlber den gesamten ihm anzulastenden Tatzeitraum () Er-forderlich ist dabei stets dass sich seine Wieder-holungsabsicht auf dasjenige Delikt bezieht des-sen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbs-maumlszligigkeit qualifiziert ist

BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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152a Abs 1 Nr 2 StGB 58 In Tateinheit 59 damit steht der Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB 60 dessen Vollendung mit der Auszahlung am Geldautomaten eintritt 61

Die Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist ein selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand (sectsect 152b Abs 1 12 Abs 1 StGB) der im-mer auch die Strafbarkeit des Versuchs umfasst (sect 23 Abs 1 StGB) Unter der Voraussetzung der Gewerbsmaumlszligigkeit erhoumlht sich die Mindeststrafe auf 2 Jahre Freiheitsstrafe (sect 152b Abs 2 StGB)

Der Computerbetrug im Zusammenhang mit dem Cashing ist ein besonders schwerer Fall der sich vom Grundtatbestand des sect 263a Abs 1 StGB durch das weitere Merkmal der Gewerbsmaumlszligig-keit abhebt Er ist auch in dieser Form als Verge-hen zu behandeln (sect 12 Abs 1 StGB) so dass das Gesetz die Strafbarkeit des Versuchs beson-ders anordnen muss (sect 23 Abs 1 StGB) Das geschieht in sect 263 Abs 2 StGB auf den der sect 263a Abs 2 StGB ausdruumlcklich verweist

Dagegen tritt die Faumllschung beweiserheblicher Daten gemaumlszlig sect 269 StGB hinter der spezielleren Vorschrift des sect 152a Abs 1 Nr 1 StGB zuruumlck 62 Das mit ihr verbundene bdquoSpeichernldquo realisiert sich nur bei der Faumllschung selber und nicht auch

58 Strafrahmen Geldstrafe bis 5 Jahre Freiheitsstrafe59 Zur Tateinheit zwischen dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten (sect 152a StGB) und Betrug (sect 263 StGB) BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1760 Fallgruppe Unbefugte Verwendung von DatenBGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 8 Siehe auch BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 3780961 Tateinheit BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3 In der Entscheidung wird kommen-tarlos die falsche Strafvorschrift wegen der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion angewendet naumlmlich sect 152a StGB anstelle von sect 152b StGB Das scheint auch der Staatsanwaltschaft Aachen entgan-gen zu sein die das Urteil mit seiner sowieso schon milde(n) Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren (BGH Rn 7) nicht angegriffen hat62 Grundsaumltzlich zum Verhaumlltnis zwischen Urkunden- und Zahlungsmittelfaumllschung BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

beim Missbrauch der gefaumllschten Zah-lungskarten

Bei genauer Betrachtung greifen auch die Daten-delikte nach sect 202a und sect 202b StGB im Zusam-menhang mit dem Skimming nicht

Entgegen der Auffassung der Revision beruhen die Feststellungen zur nur voruumlbergehenden Zu-ruumlckstellung der Tatausfuumlhrung auf hinreichenden tatsaumlchlichen Anhaltspunkten stellen sich also nicht als bloszlige Vermutung dar Die Begehung von Straftaten wie das bdquoSkimmingldquo bedarf eines erheb-lichen organisatorischen Aufwands insbesondere muumlssen Geraumlte zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten zur Verfuumlgung stehen Dass Taumlter die schon uumlber laumlngere Zeit hellip mit der Vorberei-tung der Tat befasst waren nur wegen des Versa-gens der Stromversorgung eines technischen Hilfsmittels fuumlr das Ersatz beschafft werden kann von der weiteren Ausfuumlhrung des Vorhabens end-guumlltig absehen ist eine lebensfremde Annahme Eine Ersatzbeschaffung erforderte entgegen der Auffassung der Revision hellip keinen neuen Tatent-schluss sondern stellte nur einen von vielen Hand-lungsschritten bis zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten dar Dass die Strafkammer man-gels Anhaltspunkten fuumlr einen endguumlltigen Tatab-bruch davon ausgegangen ist dass ein solcher von dem Angeklagten und seinen Mittaumltern nicht gewollt war und schon deshalb ein Verhindern der Tat noch ein Bemuumlhen darum festzustellen waren ist ein nicht nur moumlglicher sondern ausgesprochen naheliegender Schluss Somit schied ein Ruumlcktritt von der Verabredung eines Verbrechens gemaumlszlig sect 31 StGB aus

Generalbundesanwalt Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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21 Ausspaumlhen von Daten

sect 202a Abs 1 StGB kommt wegen des Ausspauml-hens der Daten auf den Magnetstreifen der Zah-lungskarten der betroffenen Bankkunden nicht in Betracht weil ihm eine besondere Sicherungs-funktion fehlt Das fuumlhrt dazu dass die gespei-cherten Daten in aller Regel mit handelsuumlblichen Lesegeraumlten und Komponenten ausgelesen wer-den koumlnnen

In einer fruumlheren Entscheidung ist der BGH noch von einer Tateinheit zwischen dem Nachmachen von Zahlungskarten und dem Ausspaumlhen von Daten ausgegangen 63 Die Revision fuumlhrte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils weil das Tatsachengericht keine Strafantraumlge festgestellt hat 64 (sect 205 StGB 65) Davon wendet sich der 2 Strafsenat des BGH jetzt in zwei Beschluumlssen ab 66 ohne jedoch zunaumlchst die uumlbrigen Senate be-teiligt zu haben (sect 132 GVG) 67 Andere Senate des Gerichts sind dem inzwischen beigetreten der 1 Strafsenat jedoch mit der Einschraumlnkung dass die Voraussetzungen des sect 202a StGB dann nicht gegeben sind wenn die zum Ausle-sen benutzte Software auch im regulaumlren Handel erhaumlltlich ist 68

63 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 764 Dateninhaber ist danach die kartenausgebende Bank die somit auch strafantragsberechtigt ist eben-da65 Wegen des Ausspaumlhens (sect 202a StGB) und Abfan-gens von Daten (sect 202b StGB) kann die Staatsan-waltschaft jetzt auch das besondere oumlffentliche Inter-esse an der Strafverfolgung bejahen (sect 205 Abs 1 S 2 StGB)66 CF Ausspaumlhen von Daten und das Skimming 14052010BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309 S 4BGH Beschluss vom 18032010 - 4 StR 5550967 Kritisch auch Goya Graumlfin Tyszkiewicz Skimming als Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a StGB HRR 42010 207 (mit Zitat zum Cyberfahnder)68 BGH Beschluss vom 19052010 - 1 ARs 610CF Ausspaumlhen von Magnetstreifen 02072010

22 Abfangen von Daten

Die ausgespaumlhten Kartendaten werden zum Faumll-schen von Zahlungskarten benoumltigt und die PIN zum spaumlter einsetzenden Gebrauch sect 149 Abs 1 StGB beschraumlnkt den Anwendungsbereich fuumlr die Haftung im Vorbereitungsstadium auf die Faumll-schung und bezieht nicht auch den Gebrauch mit ein Daraus folgt dass keine Strafbarkeit wegen des Umgangs mit Geraumlten zum Ausspaumlhen der PIN aus sect 149 StGB abgeleitet werden kann

Wegen des Ausspaumlhens der PIN greift auch das Hackerstrafrecht nicht wenn es unmittelbar an-gewendet wird Es handelt sich dabei weder um ein Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a Abs 1 StGB noch um ein Abfangen von Daten gemaumlszlig sect 202b StGB Verantwortlich dafuumlr ist die Definition von bdquoDatenldquo in sect 202a Abs 2 StGB Das sind nur solche Daten die bereits gespeichert sind oder uumlbermittelt werden Das Uumlbermitteln setzt jedoch eine vorherige Speicherung voraus

Beim Skimming wird die PIN aber bei der Einga-be ausgespaumlht Sie ist der Speicherung und Uumlbermittlung vorgelagert

23 PIN-Skimming und Computersabotage

Das Cashing ist mit der Eingabe von Daten mit dem Ziel verbunden einem Anderen Nachteil zu-zufuumlgen und deshalb auch ein Anwendungsfall der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 1 Nr 2 StGB Diese Strafvorschrift wird im Zusammen-hang mit dem Cashing vom Computerbetrug als dem spezielleren und schwereren Vorwurf ver-draumlngt

sect 303b Abs 5 StGB erweitert jedoch die Straf-barkeit auch auf das Vorbereitungsstadium in-dem er auf sect 202c StGB verweist Dadurch wer-den nicht nur Computerprogramme geschuumltzt sondern ausdruumlcklich auch Passwoumlrter und sonstiger Sicherungscode (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) Der Umgang mit ihnen mit dem Ziel sie zum Cashing zu verwenden steht unter Strafe 69 69 CF Ausspaumlhen der PIN 06122008

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und wird mit einer Houmlchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht

Die Schutzrichtung dieser Normen beschraumlnkt sich jedoch auf Computerprogramme einerseits und PIN (als Passwoumlrter) andererseits nicht aber auf die zum Ausspaumlhen genutzten Geraumlte

Das Sich-Verschaffen von PIN ist somit gemaumlszlig sect 303b Abs 5 StGB in Verbindung mit sect 202c StGB strafbar Es verlangt nach dem Nachweis dass tatsaumlchlich PIN ausgespaumlht wurden

24 natuumlrliche Handlungseinheiten

Aus dem Begriff bdquodieselbe Tatldquo (sect 52 Abs 1 StGB) leitet die Rechtsprechung die natuumlrliche Handlungseinheit ab wobei mehrere Verhal-tensweisen von einem einheitlichen Willen getra-gen werden und raumlumlich-zeitlich so eng mitein-ander verbunden sind dass das gesamte Taumltig-werden objektiv als ein einheitliches und zusam-mengehoumlriges Tun erscheint 70 Sie darf nicht mit der fortgesetzten Handlung verwechselt werden womit von der Rechtsprechung gleichartige Ta-ten mit weitem raumlumlich-zeitlichem Zusammen-hang zusammengefasst wurden Die Handlungs-form der fortgesetzten Handlung hat der BGH 1994 aufgegeben 71 nicht zuletzt deshalb weil sie erhebliche Nachteile fuumlr die Angeklagten barg 72

Eine besondere Auspraumlgung der Handlungsein-heit hat der BGH im Zusammenhang mit Betaumlu-bungsmittelstraftaten entwickelt Insoweit spricht er von einer Bewertungseinheit und fasst damit alle Veraumluszligerungshandlungen des Taumlters zu-sammen wenn das Rauschgift aus derselben 70 lexexaktde natuumlrliche Handlungseinheit71 BGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393 zum Steuerstrafrecht 72 Siehe BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593wenn verschiedene Handlungen (Steuererklaumlrungen) durch den Fortsetzungszusammenhang zusammen gefasst werden dann beginnt ihre Verjaumlhrung erst mit der letzten Tathandlung (sect 78a StGB) Das hat dazu gefuumlhrt dass Steuerstraftaten uumlber Jahrzehnte hin-weg bestraft werden konnten wenn sie denselben Akt oder Modus betrafen

Quelle stammt also aus einer einmaligen Er-werbstat 73

Im Zusammenhang mit dem Skimming spricht der BGH von deliktischen Einheiten die einer-seits zwischen dem Gebrauchen nachgemachter Zahlungskarten und dem damit verbundenen Be-trug und andererseits zwischen den Tathandlun-gen des Nachmachens und des Gebrauchens im Sinne von sect 152a Abs 1 StGB bestehen soweit sie raumlumlich-zeitlich eng verbunden und von ei-nem einheitlichen Vorsatz umschlossen sind 74 Solche deliktischen Einheiten koumlnnen auch die gleichzeitig Faumllschung mehrerer Karten 75 und ih-ren Gebrauch beim Cashing bilden 76

Die praktische Konsequenz daraus ist dass als eine materielle Tat alle Faumllschungen alle Miss-braumluche von Zahlungskarten und alle unmittelbar

73 BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300 mwN74 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 17BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 440875 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 13BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 376 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 8

Ob die Vollendung in mehreren materiellen Taten erfolgt orientiert sich am Handeln des Cashers Anhand der Abbuchungsdaten koumlnnen erfah-rungsgemaumlszlig deutliche Pausen festgestellt wer-den die aber nicht zwingend auf eine Unterbre-chung und die Beendigung einer Tat schlieszligen lassen Zwei Fehlerquellen sind insoweit zu be-trachten

Die Zeitstempel die die Geldautomaten uumlbermit-teln richten sich nach den Einstellungen im Geld-automaten selber und werden nicht synchronisiert Sie koumlnnen von der genauen Zeit abweichen und aus einer anderen Zeitzone stammen

Allein Europa verfuumlgt uumlber mindestens 4 Zeitzo-nen von der die Mitteleuropaumlische Zeit ndash MEZ ndash die verbreitetste ist Die EKS stellt aber die Zeit-stempel der Rechenzentren bei der Autorisierung zur Verfuumlgung so dass die Fehlerquelle abwei-chender Zeitangaben nahezu ausgeschlossen ist

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aufeinander folgenden Ausspaumlhungen von Kon-tozugangsdaten zusammengefasst werden muumls-sen soweit sie einen engen Zusammenhang mit-einander haben Das ist zum Beispiel der Fall wenn Skimmer ihre technischen Geraumlte installie-ren ihre Funktionstuumlchtigkeit gelegentlich uumlber-pruumlfen und die Geraumlte schlieszliglich wieder abbau-en Das Ausspaumlhen bildet dabei einen einheitli-chen Handlungsrahmen wobei der Vorsatz der Taumlter darauf gerichtet ist moumlglichst viele Kun-dendaten bei ihrem Angriff zu erlangen Auch wenn die Taumlter uumlber mehrere Tage hinweg die-selbe Bankfiliale ausspaumlhen und die Technik nur waumlhrend der Bankgeschaumlftszeiten abbauen und anschlieszligend wieder einrichten 77 kann eine de-liktische Einheit bestehen 78

Dasselbe gilt wegen des Cashings wenn die Tauml-ter mit engem zeitlichen Zusammenhang han-deln Eine Zaumlsur kann jedoch dann angenom-men werden wenn die Taumlter ihr Handeln unter-brechen um sich zum Beispiel mit weiteren Du-bletten zu versorgen 79

Im Zusammenhang mit dem Nachmachen und Gebrauchen von Zahlungskarten ist jedenfalls dann das Vorliegen eines minder schweren Fal-les zu pruumlfen wenn es um eine geringe Stuumlck-zahl von Karten geht 80

77 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 978 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 14 leitet das daraus ab dass verschiedene Vorberei-tungshandlungen die sich auf denselben Gegenstand erstrecken nur eine Tat darstellen Die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium beim Skimming wird unten angesprochen79 Siehe BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 9 80 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 12

3 Faumllschungssicherheit

Von der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt dass sich die Faumllschung auch alleine auf die Da-ten auf dem Magnetstreifen beschraumlnken kann 81 In Bezug auf Zahlungskarten hat der BGH jetzt ausgefuumlhrt 82

bdquoFalsch sind Zahlungskarten (mit Garantiefunkti-on) wenn sie faumllschlicherweise den Anschein er-wecken sie seien von demjenigen ausgegeben worden auf den die lesbaren Angaben auf der Karte oder die auf ihr unsichtbar gespeicherten Informationen als Aussteller hinweisen Optische Wahrnehmungsmoumlglichkeit und digitale Maschi-nenlesbarkeit muumlssen nicht gleichzeitig gegeben sein so dass eine falsche Karte nicht die ku-mulative Nachahmung beider Komponenten vor-aussetzt Es genuumlgt dass die Faumllschung entwe-der nur die Urkundenfunktion zum Gegenstand hat - was etwa bei einer gefaumllschten Kreditkarte der Fall ist die nur in ihrem aumluszligeren Erschei-nungsbild einer echten Kreditkarte entspricht aber keinen funktionsfaumlhigen Magnetstreifen oder Mikrochip enthaumllt - oder ein Magnetstreifen bzw ein Mikrochip zwecks ausschlieszliglicher Ver-wendung an Automaten gefaumllscht und auf ein unbedrucktes Stuumlck Plastik oder Pappe geklebt ist ldquo

sect 152a Abs 4 Nr 2 und sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB verlangen gleichermaszligen nach einer be-sonderen Sicherung gegen die Nachahmung durch Ausgestaltung oder Codierung wobei un-klar bleibt ob sie unterschiedliche Sicherheits-merkmale meinen Dafuumlr koumlnnte sprechen dass bei gleichem Wortlaut sect 152a StGB das Verfaumll-schen und Nachmachen und sect 152b StGB die Garantiefunktion in den Vordergrund stellen

Die allgemeine bdquoAusgestaltungldquo der Zahlungskar-ten wird von den Aufdrucken Hologrammen der erhabenen Kartennummer und der Pruumlfnummer (bei Kreditkarten) sowie dem Unterschriftsfeld und dem Vorhandensein des Magnetstreifens

81 Zur Verfaumllschung einer echten Zahlungskarte BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840082 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 11

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oder des EMV-Chips gepraumlgt Als besondere Si-cherungen im Hinblick auf die Kodierung sind an erster Stelle das Maschinenlesbare Merkmal die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Siche-rungsmechanismen im EMV-Chip zu nennen der zudem einen verschluumlsselten Datenverkehr zulassen soll

Im Hinblick auf die Garantiefunktion kommt als gestaltendes Element eine besondere Bedeu-tung dem Label zu das die Karte als eine solche ausweist die am Onlineverfahren zur Autorisie-rung und Genehmigung teilnimmt Die besonde-re Sicherheitsmerkmale in Bezug auf die Garan-tiefunktion sind dieselben die auch zur allgemei-nen Kartensicherheit dienen Das sind vor allem die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Si-cherungsmechanismen im EMV-Chip Von be-sonderer Bedeutung ist insoweit die PIN die im Autorisierungsverfahren gepruumlft wird Im Zusam-menhang mit sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB kommt auch den Verschluumlsselungsmechanismen im EMV-Chip eine besondere Bedeutung zu er ist jedoch noch nicht allgemein verbreitet 83

4 Garantiefunktion

sect 152a Abs 1 StGB schuumltzt inlaumlndische und aus-laumlndische Zahlungskarten und geldwerte Wertpa-piere (Schecks Wechsel) vor ihrer Faumllschung wenn sie von einem Kredit- oder Finanzdienst-leistungsinstitut herausgegeben wurden (sect 152a Abs 4 Nr 1 StGB) und durch ihre Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind (sect 152a Abs 4 Nr 2 StGB) 84 Die-se Voraussetzungen liegen angesichts der be-schriebenen Sicherheitsmerkmale bei den uumlbli-

83 Falsch programmierte EMV-Chips haben Anfang 2010 zu erheblichen Irritationen gefuumlhrt Im Onlinever-fahren zeigt die Kodierung des Magnetstreifens an dass die Karte uumlber einen EMV-Chip verfuumlgt Damit soll das POS-Terminal angewiesen werden den Chip auszulesen und dessen Sicherheitsfunktionen zu nut-zen Mit einfachem Klebeband laumlsst sich der Chip je-doch abdecken so dass das Terminal ihn als defekt betrachtet Darauf beschraumlnkt es sich auf die Pruumlfung des Magnetstreifens84 CF Skimming und Faumllschungsrecht 13042009

chen von Banken herausgegebenen Karten vor 85

Die Garantiefunktion wird darin gesehen dass das die Karte ausgebende Unternehmen sich gegenuumlber Vertragsunternehmen ltverpflichtetgt deren Forderungen gegen den Kartenbenutzer zu bezahlen 86 Diese Definition nimmt sect 152b Abs 4 StGB auf und definiert die Zahlungskarten mit Garantiefunktion als Kredit- Euroscheck- und sonstige Karten die es ermoumlglichen den Aus-steller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen 87 Die Modalitaumlten des Forderungsausgleiches zwischen der Bank und ihrem Kunden wirken sich darauf nicht aus

In Literatur und Rechtsprechung bestehen an der Garantiefunktion keine Zweifel wenn es sich um Kreditkarten handelt bei denen der Auszah-lungsbetrag gegen ein eigenes Konto des Kar-tenausstellers erfolgt Die bekanntesten Kredit-kartenverbuumlnde sind die von American Express Master und Visa 88 Die Autorisierung im Online-verfahren und die damit verbundene Genehmi-gung ohne die keine Verfuumlgung akzeptiert wird ist bei Kredit- und Debitkarten jedoch identisch 89 so dass auch die Debitkarten die an dem Autori-sierungsverfahren teilnehmen koumlnnen Karten

85 Siehe oben Faumllschungssicherung86 BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392 Rn 9Die Entscheidung betrifft den Kredit- und Scheckkar-tenmissbrauch gemaumlszlig sect 266b StGB und unterschei-det deshalb zwischen Einziehungsverfahren und Last-schriftverfahren Im Lastschriftverfahren traumlgt das Ausfallrisiko der Akzeptant so dass die Karten aus-stellende Bank nicht geschaumldigt wird (ebenda)87 Fuumlr die EC-Karte hat der BGH anerkannt dass sie auch dann eine Garantiefunktion hat wenn sie im Lastschriftverfahren eingesetzt wird BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840088 Siehe die Uumlbersicht und Erklaumlrungen bei kartensicherheitde ndash Zahlungsverfahren89 In BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 4 spricht das Gericht unklar von falschen Kreditkar-ten mit Garantiefunktion meint jedoch Kreditkarten als solche die nach Art der ausstellenden Banken be-druckt und mit den Labeln von Visa oder Master ver-sehen waren

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mit Garantiefunktion sind 90 Fuumlr die Strafbarkeit nach sect 152b StGB kommt es nur darauf an dass die Garantiefunktion besteht und nicht auch dar-auf dass der Taumlter sie in Anspruch nehmen will 91

Dem Schutz des sect 152a StGB unterliegen schlieszliglich auch andere Zahlungskarten von Fi-nanzdienstleistungsinstituten zum Beispiel Tank- und Telefonkarten die hier nicht weiter be-trachtet werden

Die vom Gesetzestext genannten Euroschecks und -karten gibt es seit 2002 nicht mehr An ihre Stelle ist das (auch vorher schon praktizierte) Autorisierungsverfahren getreten Wie beim EC-Verfahren 92 geht es ihm um die Garantie des Ausstellers wegen der Auszahlung nur dass die durch den Euroscheck verbuumlrgte und von der EC-Karte autorisierte Garantie uumlbergegangen ist zum Genehmigungscode den der Aussteller in jedem POS-Verfahren uumlbermittelt wenn er die Buchung genehmigt Das EC-Verfahren hat da-durch eine neue Auspraumlgung erfahren Waumlhrend das klassische Modell eine fruumlhe Autorisierung bei der Ausgabe der Schecks durchgefuumlhrt hat erfolgt sie jetzt in Echtzeit durch die Uumlbermittlung des Genehmigungscodes Nicht anders als im al-ten Verfahren erfolgt die Buchung der Forderung gegen die Bank zunaumlchst auf einem ihrer Zwi-schenkonten 93 was der Ausgabe der Euro-schecks gleich kommt Das zeigt auch dass die autorisierende Bank die buchhalterische Haftung fuumlr die betreffende Forderung uumlbernimmt

90 Siehe oben Autorisierung91 BGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 2290892 Das Markenzeichen bdquoECldquo wird jetzt als bdquoelectronic cashldquo fortgefuumlhrt93 Siehe oben Clearing

5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

Das Cashing im Ausland unterliegt gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB dem deutschen Strafrecht Das Aus-spaumlhen im Inland bildet fuumlr den Mittaumlter einen ei-genen Tatort (sect 9 Abs 1 StGB) und fuumlr den Teil-nehmer greifen sect 9 Abs 2 S 1 S 2 StGB We-gen des im Ausland vollendeten Computerbetru-ges tritt der Taterfolg zunaumlchst bei der karten-ausgebenden Bank (Buchung gegen das interne CPD-Konto) und im Zuge des Clearingverfah-rens zulasten des einzelnen Bankkunden ein so dass der Erfolgsort gemaumlszlig sect 9 Abs 1 StGB im Inland liegt

Das Cashing ndash ob im Ausland mit inlaumlndischen oder im Inland mit auslaumlndischen Kartendaten und PIN - stellt sich deshalb als die Vollendung des gewerbsmaumlszligigen Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tatein-heit mit gewerbsmaumlszligigem Computerbetrug ge-maumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB dar 94

Eine Ausnahme bilden die vollstaumlndigen Aus-landstaten in denen das Cashing im Ausland mit auslaumlndischen Kartendaten erfolgt Sie haben keinen inlaumlndischen Handlungs- oder Erfolgsort so dass das Weltrechtsprinzip gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB unmittelbar greift wenn die auslaumlndischen Taumlter im Inland ergriffen werden (sect 9 StPO) oder sich hier niedergelassen haben (sect 8 StPO) Die Taumlter koumlnnen wegen des Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten verfolgt werden nicht aber we-gen Computerbetruges fuumlr den das Weltrechts-prinzip nicht gilt 95

94 Das Landgericht Hannover ist am 17112009 mei-nen rechtlichen Auffassungen gefolgt (rechtskraumlftig seit Ende April 2010)CF Skimming-Rechtsprechung 1811200995 Wegen der Strafverfolgung Deutscher und solcher Auslaumlnder die nicht abgeschoben werden koumlnnen siehe sect 7 Abs 2 StGB

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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An die Stelle der fruumlher uumlblichen Euroschecks ist das Autorisierungsverfahren und die mit ihm ver-bundene Genehmigung der kartenausstellenden Bank gegenuumlber der Zahlstelle im POS-Verfah-ren getreten 54

1 arbeitsteiliges Vorgehen

Der Tatplan beim Skimming umfasst bei einer groben Unterteilung drei Arbeitsschritte

1) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

2) Faumllschung von Zahlungskarten

3) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Vor dem Arbeitsschritt 1) ist die Herstellung der teilweise handwerklich anspruchsvollen Skim-ming-Hardware angesiedelt und nach dem Ar-beitsschritt 3) die Beuteverteilung wenn es sich ndash wie uumlblich ndash um eine arbeitsteilig aufgestellte Gruppe von Taumltern handelt

Das arbeitsteilige und wiederholte Vorgehen beim Skimming rechtfertigt regelmaumlszligig die An-nahme eines gewerbsmaumlszligigen Handelns 55 Ein-zeltaumlter die alle Arbeitsschritte persoumlnlich aus-uumlben treten allenfalls in Einzelfaumlllen auf In aller Regel haben wir es mit Taumltergruppen zu tun die sich nur deshalb zusammentun um eine dauer-hafte Einnahmequelle zu haben Das wird auch von den Schaumlden durch Cashing-Aktionen be-legt bei denen mehrere Taumlter gleichzeitig han-deln und binnen weniger Tage mehrere Zehntau-send Euro erbeutet haben

Auf die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Mittaumlterschaft und Bandeneigenschaft wird unten im einzelnen eingegangen

54 Siehe Glossar POS55 Siehe Zitat im Kasten oben rechts BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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2 einschlaumlgige Normen und Konkurrenzen

Das Faumllschen von Zahlungskarten und ihren Ge-brauch hat der Gesetzgeber neben die Vor-schriften uumlber das Faumllschen von Geld und Wert-zeichen gestellt (sectsect 146 ff StGB) Die Strafvor-schriften dienen der Sicherheit und Funktionsfauml-higkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs 56 Die hohen Mindestfreiheitsstrafen mit denen sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB drohen sind von Ver-fassungs wegen nicht zu beanstanden 57

Die Missbrauchshandlung beim Skimming ist im Grunddelikt der Gebrauch falscher inlaumlndischer oder auslaumlndischer Zahlungskarten gemaumlszlig sect

56 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1157 BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008 siehe auch CF Faumllschung von Zahlungskarten 01052009

C Strafbarkeit Gewerbsmaumlszligig handelt wer sich durch wiederhol-te Tatbegehung eine nicht nur voruumlbergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will Liegt diese Absicht vor ist bereits die erste Tat als gewerbsmaumlszligig begangen einzustufen auch wenn es entgegen den ur-spruumlnglichen Intentionen des Taumlters zu weiteren Taten nicht kommt Eine Verurteilung wegen ge-werbsmaumlszligiger Deliktsbegehung setzt daher schon im Grundsatz nicht notwendig voraus dass der Taumlter zur Gewinnerzielung mehrere selbststaumlndige Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden Art ver-wirklicht hat Ob der Angeklagte gewerbsmaumlszligig gehandelt hat beurteilt sich vielmehr nach seinen urspruumlnglichen Planungen sowie seinem tatsaumlchli-chen strafrechtlich relevanten Verhalten uumlber den gesamten ihm anzulastenden Tatzeitraum () Er-forderlich ist dabei stets dass sich seine Wieder-holungsabsicht auf dasjenige Delikt bezieht des-sen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbs-maumlszligigkeit qualifiziert ist

BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5

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152a Abs 1 Nr 2 StGB 58 In Tateinheit 59 damit steht der Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB 60 dessen Vollendung mit der Auszahlung am Geldautomaten eintritt 61

Die Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist ein selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand (sectsect 152b Abs 1 12 Abs 1 StGB) der im-mer auch die Strafbarkeit des Versuchs umfasst (sect 23 Abs 1 StGB) Unter der Voraussetzung der Gewerbsmaumlszligigkeit erhoumlht sich die Mindeststrafe auf 2 Jahre Freiheitsstrafe (sect 152b Abs 2 StGB)

Der Computerbetrug im Zusammenhang mit dem Cashing ist ein besonders schwerer Fall der sich vom Grundtatbestand des sect 263a Abs 1 StGB durch das weitere Merkmal der Gewerbsmaumlszligig-keit abhebt Er ist auch in dieser Form als Verge-hen zu behandeln (sect 12 Abs 1 StGB) so dass das Gesetz die Strafbarkeit des Versuchs beson-ders anordnen muss (sect 23 Abs 1 StGB) Das geschieht in sect 263 Abs 2 StGB auf den der sect 263a Abs 2 StGB ausdruumlcklich verweist

Dagegen tritt die Faumllschung beweiserheblicher Daten gemaumlszlig sect 269 StGB hinter der spezielleren Vorschrift des sect 152a Abs 1 Nr 1 StGB zuruumlck 62 Das mit ihr verbundene bdquoSpeichernldquo realisiert sich nur bei der Faumllschung selber und nicht auch

58 Strafrahmen Geldstrafe bis 5 Jahre Freiheitsstrafe59 Zur Tateinheit zwischen dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten (sect 152a StGB) und Betrug (sect 263 StGB) BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1760 Fallgruppe Unbefugte Verwendung von DatenBGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 8 Siehe auch BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 3780961 Tateinheit BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3 In der Entscheidung wird kommen-tarlos die falsche Strafvorschrift wegen der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion angewendet naumlmlich sect 152a StGB anstelle von sect 152b StGB Das scheint auch der Staatsanwaltschaft Aachen entgan-gen zu sein die das Urteil mit seiner sowieso schon milde(n) Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren (BGH Rn 7) nicht angegriffen hat62 Grundsaumltzlich zum Verhaumlltnis zwischen Urkunden- und Zahlungsmittelfaumllschung BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

beim Missbrauch der gefaumllschten Zah-lungskarten

Bei genauer Betrachtung greifen auch die Daten-delikte nach sect 202a und sect 202b StGB im Zusam-menhang mit dem Skimming nicht

Entgegen der Auffassung der Revision beruhen die Feststellungen zur nur voruumlbergehenden Zu-ruumlckstellung der Tatausfuumlhrung auf hinreichenden tatsaumlchlichen Anhaltspunkten stellen sich also nicht als bloszlige Vermutung dar Die Begehung von Straftaten wie das bdquoSkimmingldquo bedarf eines erheb-lichen organisatorischen Aufwands insbesondere muumlssen Geraumlte zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten zur Verfuumlgung stehen Dass Taumlter die schon uumlber laumlngere Zeit hellip mit der Vorberei-tung der Tat befasst waren nur wegen des Versa-gens der Stromversorgung eines technischen Hilfsmittels fuumlr das Ersatz beschafft werden kann von der weiteren Ausfuumlhrung des Vorhabens end-guumlltig absehen ist eine lebensfremde Annahme Eine Ersatzbeschaffung erforderte entgegen der Auffassung der Revision hellip keinen neuen Tatent-schluss sondern stellte nur einen von vielen Hand-lungsschritten bis zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten dar Dass die Strafkammer man-gels Anhaltspunkten fuumlr einen endguumlltigen Tatab-bruch davon ausgegangen ist dass ein solcher von dem Angeklagten und seinen Mittaumltern nicht gewollt war und schon deshalb ein Verhindern der Tat noch ein Bemuumlhen darum festzustellen waren ist ein nicht nur moumlglicher sondern ausgesprochen naheliegender Schluss Somit schied ein Ruumlcktritt von der Verabredung eines Verbrechens gemaumlszlig sect 31 StGB aus

Generalbundesanwalt Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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21 Ausspaumlhen von Daten

sect 202a Abs 1 StGB kommt wegen des Ausspauml-hens der Daten auf den Magnetstreifen der Zah-lungskarten der betroffenen Bankkunden nicht in Betracht weil ihm eine besondere Sicherungs-funktion fehlt Das fuumlhrt dazu dass die gespei-cherten Daten in aller Regel mit handelsuumlblichen Lesegeraumlten und Komponenten ausgelesen wer-den koumlnnen

In einer fruumlheren Entscheidung ist der BGH noch von einer Tateinheit zwischen dem Nachmachen von Zahlungskarten und dem Ausspaumlhen von Daten ausgegangen 63 Die Revision fuumlhrte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils weil das Tatsachengericht keine Strafantraumlge festgestellt hat 64 (sect 205 StGB 65) Davon wendet sich der 2 Strafsenat des BGH jetzt in zwei Beschluumlssen ab 66 ohne jedoch zunaumlchst die uumlbrigen Senate be-teiligt zu haben (sect 132 GVG) 67 Andere Senate des Gerichts sind dem inzwischen beigetreten der 1 Strafsenat jedoch mit der Einschraumlnkung dass die Voraussetzungen des sect 202a StGB dann nicht gegeben sind wenn die zum Ausle-sen benutzte Software auch im regulaumlren Handel erhaumlltlich ist 68

63 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 764 Dateninhaber ist danach die kartenausgebende Bank die somit auch strafantragsberechtigt ist eben-da65 Wegen des Ausspaumlhens (sect 202a StGB) und Abfan-gens von Daten (sect 202b StGB) kann die Staatsan-waltschaft jetzt auch das besondere oumlffentliche Inter-esse an der Strafverfolgung bejahen (sect 205 Abs 1 S 2 StGB)66 CF Ausspaumlhen von Daten und das Skimming 14052010BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309 S 4BGH Beschluss vom 18032010 - 4 StR 5550967 Kritisch auch Goya Graumlfin Tyszkiewicz Skimming als Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a StGB HRR 42010 207 (mit Zitat zum Cyberfahnder)68 BGH Beschluss vom 19052010 - 1 ARs 610CF Ausspaumlhen von Magnetstreifen 02072010

22 Abfangen von Daten

Die ausgespaumlhten Kartendaten werden zum Faumll-schen von Zahlungskarten benoumltigt und die PIN zum spaumlter einsetzenden Gebrauch sect 149 Abs 1 StGB beschraumlnkt den Anwendungsbereich fuumlr die Haftung im Vorbereitungsstadium auf die Faumll-schung und bezieht nicht auch den Gebrauch mit ein Daraus folgt dass keine Strafbarkeit wegen des Umgangs mit Geraumlten zum Ausspaumlhen der PIN aus sect 149 StGB abgeleitet werden kann

Wegen des Ausspaumlhens der PIN greift auch das Hackerstrafrecht nicht wenn es unmittelbar an-gewendet wird Es handelt sich dabei weder um ein Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a Abs 1 StGB noch um ein Abfangen von Daten gemaumlszlig sect 202b StGB Verantwortlich dafuumlr ist die Definition von bdquoDatenldquo in sect 202a Abs 2 StGB Das sind nur solche Daten die bereits gespeichert sind oder uumlbermittelt werden Das Uumlbermitteln setzt jedoch eine vorherige Speicherung voraus

Beim Skimming wird die PIN aber bei der Einga-be ausgespaumlht Sie ist der Speicherung und Uumlbermittlung vorgelagert

23 PIN-Skimming und Computersabotage

Das Cashing ist mit der Eingabe von Daten mit dem Ziel verbunden einem Anderen Nachteil zu-zufuumlgen und deshalb auch ein Anwendungsfall der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 1 Nr 2 StGB Diese Strafvorschrift wird im Zusammen-hang mit dem Cashing vom Computerbetrug als dem spezielleren und schwereren Vorwurf ver-draumlngt

sect 303b Abs 5 StGB erweitert jedoch die Straf-barkeit auch auf das Vorbereitungsstadium in-dem er auf sect 202c StGB verweist Dadurch wer-den nicht nur Computerprogramme geschuumltzt sondern ausdruumlcklich auch Passwoumlrter und sonstiger Sicherungscode (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) Der Umgang mit ihnen mit dem Ziel sie zum Cashing zu verwenden steht unter Strafe 69 69 CF Ausspaumlhen der PIN 06122008

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und wird mit einer Houmlchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht

Die Schutzrichtung dieser Normen beschraumlnkt sich jedoch auf Computerprogramme einerseits und PIN (als Passwoumlrter) andererseits nicht aber auf die zum Ausspaumlhen genutzten Geraumlte

Das Sich-Verschaffen von PIN ist somit gemaumlszlig sect 303b Abs 5 StGB in Verbindung mit sect 202c StGB strafbar Es verlangt nach dem Nachweis dass tatsaumlchlich PIN ausgespaumlht wurden

24 natuumlrliche Handlungseinheiten

Aus dem Begriff bdquodieselbe Tatldquo (sect 52 Abs 1 StGB) leitet die Rechtsprechung die natuumlrliche Handlungseinheit ab wobei mehrere Verhal-tensweisen von einem einheitlichen Willen getra-gen werden und raumlumlich-zeitlich so eng mitein-ander verbunden sind dass das gesamte Taumltig-werden objektiv als ein einheitliches und zusam-mengehoumlriges Tun erscheint 70 Sie darf nicht mit der fortgesetzten Handlung verwechselt werden womit von der Rechtsprechung gleichartige Ta-ten mit weitem raumlumlich-zeitlichem Zusammen-hang zusammengefasst wurden Die Handlungs-form der fortgesetzten Handlung hat der BGH 1994 aufgegeben 71 nicht zuletzt deshalb weil sie erhebliche Nachteile fuumlr die Angeklagten barg 72

Eine besondere Auspraumlgung der Handlungsein-heit hat der BGH im Zusammenhang mit Betaumlu-bungsmittelstraftaten entwickelt Insoweit spricht er von einer Bewertungseinheit und fasst damit alle Veraumluszligerungshandlungen des Taumlters zu-sammen wenn das Rauschgift aus derselben 70 lexexaktde natuumlrliche Handlungseinheit71 BGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393 zum Steuerstrafrecht 72 Siehe BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593wenn verschiedene Handlungen (Steuererklaumlrungen) durch den Fortsetzungszusammenhang zusammen gefasst werden dann beginnt ihre Verjaumlhrung erst mit der letzten Tathandlung (sect 78a StGB) Das hat dazu gefuumlhrt dass Steuerstraftaten uumlber Jahrzehnte hin-weg bestraft werden konnten wenn sie denselben Akt oder Modus betrafen

Quelle stammt also aus einer einmaligen Er-werbstat 73

Im Zusammenhang mit dem Skimming spricht der BGH von deliktischen Einheiten die einer-seits zwischen dem Gebrauchen nachgemachter Zahlungskarten und dem damit verbundenen Be-trug und andererseits zwischen den Tathandlun-gen des Nachmachens und des Gebrauchens im Sinne von sect 152a Abs 1 StGB bestehen soweit sie raumlumlich-zeitlich eng verbunden und von ei-nem einheitlichen Vorsatz umschlossen sind 74 Solche deliktischen Einheiten koumlnnen auch die gleichzeitig Faumllschung mehrerer Karten 75 und ih-ren Gebrauch beim Cashing bilden 76

Die praktische Konsequenz daraus ist dass als eine materielle Tat alle Faumllschungen alle Miss-braumluche von Zahlungskarten und alle unmittelbar

73 BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300 mwN74 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 17BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 440875 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 13BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 376 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 8

Ob die Vollendung in mehreren materiellen Taten erfolgt orientiert sich am Handeln des Cashers Anhand der Abbuchungsdaten koumlnnen erfah-rungsgemaumlszlig deutliche Pausen festgestellt wer-den die aber nicht zwingend auf eine Unterbre-chung und die Beendigung einer Tat schlieszligen lassen Zwei Fehlerquellen sind insoweit zu be-trachten

Die Zeitstempel die die Geldautomaten uumlbermit-teln richten sich nach den Einstellungen im Geld-automaten selber und werden nicht synchronisiert Sie koumlnnen von der genauen Zeit abweichen und aus einer anderen Zeitzone stammen

Allein Europa verfuumlgt uumlber mindestens 4 Zeitzo-nen von der die Mitteleuropaumlische Zeit ndash MEZ ndash die verbreitetste ist Die EKS stellt aber die Zeit-stempel der Rechenzentren bei der Autorisierung zur Verfuumlgung so dass die Fehlerquelle abwei-chender Zeitangaben nahezu ausgeschlossen ist

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aufeinander folgenden Ausspaumlhungen von Kon-tozugangsdaten zusammengefasst werden muumls-sen soweit sie einen engen Zusammenhang mit-einander haben Das ist zum Beispiel der Fall wenn Skimmer ihre technischen Geraumlte installie-ren ihre Funktionstuumlchtigkeit gelegentlich uumlber-pruumlfen und die Geraumlte schlieszliglich wieder abbau-en Das Ausspaumlhen bildet dabei einen einheitli-chen Handlungsrahmen wobei der Vorsatz der Taumlter darauf gerichtet ist moumlglichst viele Kun-dendaten bei ihrem Angriff zu erlangen Auch wenn die Taumlter uumlber mehrere Tage hinweg die-selbe Bankfiliale ausspaumlhen und die Technik nur waumlhrend der Bankgeschaumlftszeiten abbauen und anschlieszligend wieder einrichten 77 kann eine de-liktische Einheit bestehen 78

Dasselbe gilt wegen des Cashings wenn die Tauml-ter mit engem zeitlichen Zusammenhang han-deln Eine Zaumlsur kann jedoch dann angenom-men werden wenn die Taumlter ihr Handeln unter-brechen um sich zum Beispiel mit weiteren Du-bletten zu versorgen 79

Im Zusammenhang mit dem Nachmachen und Gebrauchen von Zahlungskarten ist jedenfalls dann das Vorliegen eines minder schweren Fal-les zu pruumlfen wenn es um eine geringe Stuumlck-zahl von Karten geht 80

77 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 978 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 14 leitet das daraus ab dass verschiedene Vorberei-tungshandlungen die sich auf denselben Gegenstand erstrecken nur eine Tat darstellen Die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium beim Skimming wird unten angesprochen79 Siehe BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 9 80 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 12

3 Faumllschungssicherheit

Von der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt dass sich die Faumllschung auch alleine auf die Da-ten auf dem Magnetstreifen beschraumlnken kann 81 In Bezug auf Zahlungskarten hat der BGH jetzt ausgefuumlhrt 82

bdquoFalsch sind Zahlungskarten (mit Garantiefunkti-on) wenn sie faumllschlicherweise den Anschein er-wecken sie seien von demjenigen ausgegeben worden auf den die lesbaren Angaben auf der Karte oder die auf ihr unsichtbar gespeicherten Informationen als Aussteller hinweisen Optische Wahrnehmungsmoumlglichkeit und digitale Maschi-nenlesbarkeit muumlssen nicht gleichzeitig gegeben sein so dass eine falsche Karte nicht die ku-mulative Nachahmung beider Komponenten vor-aussetzt Es genuumlgt dass die Faumllschung entwe-der nur die Urkundenfunktion zum Gegenstand hat - was etwa bei einer gefaumllschten Kreditkarte der Fall ist die nur in ihrem aumluszligeren Erschei-nungsbild einer echten Kreditkarte entspricht aber keinen funktionsfaumlhigen Magnetstreifen oder Mikrochip enthaumllt - oder ein Magnetstreifen bzw ein Mikrochip zwecks ausschlieszliglicher Ver-wendung an Automaten gefaumllscht und auf ein unbedrucktes Stuumlck Plastik oder Pappe geklebt ist ldquo

sect 152a Abs 4 Nr 2 und sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB verlangen gleichermaszligen nach einer be-sonderen Sicherung gegen die Nachahmung durch Ausgestaltung oder Codierung wobei un-klar bleibt ob sie unterschiedliche Sicherheits-merkmale meinen Dafuumlr koumlnnte sprechen dass bei gleichem Wortlaut sect 152a StGB das Verfaumll-schen und Nachmachen und sect 152b StGB die Garantiefunktion in den Vordergrund stellen

Die allgemeine bdquoAusgestaltungldquo der Zahlungskar-ten wird von den Aufdrucken Hologrammen der erhabenen Kartennummer und der Pruumlfnummer (bei Kreditkarten) sowie dem Unterschriftsfeld und dem Vorhandensein des Magnetstreifens

81 Zur Verfaumllschung einer echten Zahlungskarte BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840082 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 11

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oder des EMV-Chips gepraumlgt Als besondere Si-cherungen im Hinblick auf die Kodierung sind an erster Stelle das Maschinenlesbare Merkmal die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Siche-rungsmechanismen im EMV-Chip zu nennen der zudem einen verschluumlsselten Datenverkehr zulassen soll

Im Hinblick auf die Garantiefunktion kommt als gestaltendes Element eine besondere Bedeu-tung dem Label zu das die Karte als eine solche ausweist die am Onlineverfahren zur Autorisie-rung und Genehmigung teilnimmt Die besonde-re Sicherheitsmerkmale in Bezug auf die Garan-tiefunktion sind dieselben die auch zur allgemei-nen Kartensicherheit dienen Das sind vor allem die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Si-cherungsmechanismen im EMV-Chip Von be-sonderer Bedeutung ist insoweit die PIN die im Autorisierungsverfahren gepruumlft wird Im Zusam-menhang mit sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB kommt auch den Verschluumlsselungsmechanismen im EMV-Chip eine besondere Bedeutung zu er ist jedoch noch nicht allgemein verbreitet 83

4 Garantiefunktion

sect 152a Abs 1 StGB schuumltzt inlaumlndische und aus-laumlndische Zahlungskarten und geldwerte Wertpa-piere (Schecks Wechsel) vor ihrer Faumllschung wenn sie von einem Kredit- oder Finanzdienst-leistungsinstitut herausgegeben wurden (sect 152a Abs 4 Nr 1 StGB) und durch ihre Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind (sect 152a Abs 4 Nr 2 StGB) 84 Die-se Voraussetzungen liegen angesichts der be-schriebenen Sicherheitsmerkmale bei den uumlbli-

83 Falsch programmierte EMV-Chips haben Anfang 2010 zu erheblichen Irritationen gefuumlhrt Im Onlinever-fahren zeigt die Kodierung des Magnetstreifens an dass die Karte uumlber einen EMV-Chip verfuumlgt Damit soll das POS-Terminal angewiesen werden den Chip auszulesen und dessen Sicherheitsfunktionen zu nut-zen Mit einfachem Klebeband laumlsst sich der Chip je-doch abdecken so dass das Terminal ihn als defekt betrachtet Darauf beschraumlnkt es sich auf die Pruumlfung des Magnetstreifens84 CF Skimming und Faumllschungsrecht 13042009

chen von Banken herausgegebenen Karten vor 85

Die Garantiefunktion wird darin gesehen dass das die Karte ausgebende Unternehmen sich gegenuumlber Vertragsunternehmen ltverpflichtetgt deren Forderungen gegen den Kartenbenutzer zu bezahlen 86 Diese Definition nimmt sect 152b Abs 4 StGB auf und definiert die Zahlungskarten mit Garantiefunktion als Kredit- Euroscheck- und sonstige Karten die es ermoumlglichen den Aus-steller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen 87 Die Modalitaumlten des Forderungsausgleiches zwischen der Bank und ihrem Kunden wirken sich darauf nicht aus

In Literatur und Rechtsprechung bestehen an der Garantiefunktion keine Zweifel wenn es sich um Kreditkarten handelt bei denen der Auszah-lungsbetrag gegen ein eigenes Konto des Kar-tenausstellers erfolgt Die bekanntesten Kredit-kartenverbuumlnde sind die von American Express Master und Visa 88 Die Autorisierung im Online-verfahren und die damit verbundene Genehmi-gung ohne die keine Verfuumlgung akzeptiert wird ist bei Kredit- und Debitkarten jedoch identisch 89 so dass auch die Debitkarten die an dem Autori-sierungsverfahren teilnehmen koumlnnen Karten

85 Siehe oben Faumllschungssicherung86 BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392 Rn 9Die Entscheidung betrifft den Kredit- und Scheckkar-tenmissbrauch gemaumlszlig sect 266b StGB und unterschei-det deshalb zwischen Einziehungsverfahren und Last-schriftverfahren Im Lastschriftverfahren traumlgt das Ausfallrisiko der Akzeptant so dass die Karten aus-stellende Bank nicht geschaumldigt wird (ebenda)87 Fuumlr die EC-Karte hat der BGH anerkannt dass sie auch dann eine Garantiefunktion hat wenn sie im Lastschriftverfahren eingesetzt wird BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840088 Siehe die Uumlbersicht und Erklaumlrungen bei kartensicherheitde ndash Zahlungsverfahren89 In BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 4 spricht das Gericht unklar von falschen Kreditkar-ten mit Garantiefunktion meint jedoch Kreditkarten als solche die nach Art der ausstellenden Banken be-druckt und mit den Labeln von Visa oder Master ver-sehen waren

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mit Garantiefunktion sind 90 Fuumlr die Strafbarkeit nach sect 152b StGB kommt es nur darauf an dass die Garantiefunktion besteht und nicht auch dar-auf dass der Taumlter sie in Anspruch nehmen will 91

Dem Schutz des sect 152a StGB unterliegen schlieszliglich auch andere Zahlungskarten von Fi-nanzdienstleistungsinstituten zum Beispiel Tank- und Telefonkarten die hier nicht weiter be-trachtet werden

Die vom Gesetzestext genannten Euroschecks und -karten gibt es seit 2002 nicht mehr An ihre Stelle ist das (auch vorher schon praktizierte) Autorisierungsverfahren getreten Wie beim EC-Verfahren 92 geht es ihm um die Garantie des Ausstellers wegen der Auszahlung nur dass die durch den Euroscheck verbuumlrgte und von der EC-Karte autorisierte Garantie uumlbergegangen ist zum Genehmigungscode den der Aussteller in jedem POS-Verfahren uumlbermittelt wenn er die Buchung genehmigt Das EC-Verfahren hat da-durch eine neue Auspraumlgung erfahren Waumlhrend das klassische Modell eine fruumlhe Autorisierung bei der Ausgabe der Schecks durchgefuumlhrt hat erfolgt sie jetzt in Echtzeit durch die Uumlbermittlung des Genehmigungscodes Nicht anders als im al-ten Verfahren erfolgt die Buchung der Forderung gegen die Bank zunaumlchst auf einem ihrer Zwi-schenkonten 93 was der Ausgabe der Euro-schecks gleich kommt Das zeigt auch dass die autorisierende Bank die buchhalterische Haftung fuumlr die betreffende Forderung uumlbernimmt

90 Siehe oben Autorisierung91 BGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 2290892 Das Markenzeichen bdquoECldquo wird jetzt als bdquoelectronic cashldquo fortgefuumlhrt93 Siehe oben Clearing

5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

Das Cashing im Ausland unterliegt gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB dem deutschen Strafrecht Das Aus-spaumlhen im Inland bildet fuumlr den Mittaumlter einen ei-genen Tatort (sect 9 Abs 1 StGB) und fuumlr den Teil-nehmer greifen sect 9 Abs 2 S 1 S 2 StGB We-gen des im Ausland vollendeten Computerbetru-ges tritt der Taterfolg zunaumlchst bei der karten-ausgebenden Bank (Buchung gegen das interne CPD-Konto) und im Zuge des Clearingverfah-rens zulasten des einzelnen Bankkunden ein so dass der Erfolgsort gemaumlszlig sect 9 Abs 1 StGB im Inland liegt

Das Cashing ndash ob im Ausland mit inlaumlndischen oder im Inland mit auslaumlndischen Kartendaten und PIN - stellt sich deshalb als die Vollendung des gewerbsmaumlszligigen Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tatein-heit mit gewerbsmaumlszligigem Computerbetrug ge-maumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB dar 94

Eine Ausnahme bilden die vollstaumlndigen Aus-landstaten in denen das Cashing im Ausland mit auslaumlndischen Kartendaten erfolgt Sie haben keinen inlaumlndischen Handlungs- oder Erfolgsort so dass das Weltrechtsprinzip gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB unmittelbar greift wenn die auslaumlndischen Taumlter im Inland ergriffen werden (sect 9 StPO) oder sich hier niedergelassen haben (sect 8 StPO) Die Taumlter koumlnnen wegen des Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten verfolgt werden nicht aber we-gen Computerbetruges fuumlr den das Weltrechts-prinzip nicht gilt 95

94 Das Landgericht Hannover ist am 17112009 mei-nen rechtlichen Auffassungen gefolgt (rechtskraumlftig seit Ende April 2010)CF Skimming-Rechtsprechung 1811200995 Wegen der Strafverfolgung Deutscher und solcher Auslaumlnder die nicht abgeschoben werden koumlnnen siehe sect 7 Abs 2 StGB

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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152a Abs 1 Nr 2 StGB 58 In Tateinheit 59 damit steht der Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB 60 dessen Vollendung mit der Auszahlung am Geldautomaten eintritt 61

Die Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist ein selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand (sectsect 152b Abs 1 12 Abs 1 StGB) der im-mer auch die Strafbarkeit des Versuchs umfasst (sect 23 Abs 1 StGB) Unter der Voraussetzung der Gewerbsmaumlszligigkeit erhoumlht sich die Mindeststrafe auf 2 Jahre Freiheitsstrafe (sect 152b Abs 2 StGB)

Der Computerbetrug im Zusammenhang mit dem Cashing ist ein besonders schwerer Fall der sich vom Grundtatbestand des sect 263a Abs 1 StGB durch das weitere Merkmal der Gewerbsmaumlszligig-keit abhebt Er ist auch in dieser Form als Verge-hen zu behandeln (sect 12 Abs 1 StGB) so dass das Gesetz die Strafbarkeit des Versuchs beson-ders anordnen muss (sect 23 Abs 1 StGB) Das geschieht in sect 263 Abs 2 StGB auf den der sect 263a Abs 2 StGB ausdruumlcklich verweist

Dagegen tritt die Faumllschung beweiserheblicher Daten gemaumlszlig sect 269 StGB hinter der spezielleren Vorschrift des sect 152a Abs 1 Nr 1 StGB zuruumlck 62 Das mit ihr verbundene bdquoSpeichernldquo realisiert sich nur bei der Faumllschung selber und nicht auch

58 Strafrahmen Geldstrafe bis 5 Jahre Freiheitsstrafe59 Zur Tateinheit zwischen dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten (sect 152a StGB) und Betrug (sect 263 StGB) BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 1760 Fallgruppe Unbefugte Verwendung von DatenBGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 8 Siehe auch BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 3780961 Tateinheit BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3 In der Entscheidung wird kommen-tarlos die falsche Strafvorschrift wegen der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion angewendet naumlmlich sect 152a StGB anstelle von sect 152b StGB Das scheint auch der Staatsanwaltschaft Aachen entgan-gen zu sein die das Urteil mit seiner sowieso schon milde(n) Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren (BGH Rn 7) nicht angegriffen hat62 Grundsaumltzlich zum Verhaumlltnis zwischen Urkunden- und Zahlungsmittelfaumllschung BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

beim Missbrauch der gefaumllschten Zah-lungskarten

Bei genauer Betrachtung greifen auch die Daten-delikte nach sect 202a und sect 202b StGB im Zusam-menhang mit dem Skimming nicht

Entgegen der Auffassung der Revision beruhen die Feststellungen zur nur voruumlbergehenden Zu-ruumlckstellung der Tatausfuumlhrung auf hinreichenden tatsaumlchlichen Anhaltspunkten stellen sich also nicht als bloszlige Vermutung dar Die Begehung von Straftaten wie das bdquoSkimmingldquo bedarf eines erheb-lichen organisatorischen Aufwands insbesondere muumlssen Geraumlte zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten zur Verfuumlgung stehen Dass Taumlter die schon uumlber laumlngere Zeit hellip mit der Vorberei-tung der Tat befasst waren nur wegen des Versa-gens der Stromversorgung eines technischen Hilfsmittels fuumlr das Ersatz beschafft werden kann von der weiteren Ausfuumlhrung des Vorhabens end-guumlltig absehen ist eine lebensfremde Annahme Eine Ersatzbeschaffung erforderte entgegen der Auffassung der Revision hellip keinen neuen Tatent-schluss sondern stellte nur einen von vielen Hand-lungsschritten bis zur Herstellung der Zahlungskar-ten-Doubletten dar Dass die Strafkammer man-gels Anhaltspunkten fuumlr einen endguumlltigen Tatab-bruch davon ausgegangen ist dass ein solcher von dem Angeklagten und seinen Mittaumltern nicht gewollt war und schon deshalb ein Verhindern der Tat noch ein Bemuumlhen darum festzustellen waren ist ein nicht nur moumlglicher sondern ausgesprochen naheliegender Schluss Somit schied ein Ruumlcktritt von der Verabredung eines Verbrechens gemaumlszlig sect 31 StGB aus

Generalbundesanwalt Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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21 Ausspaumlhen von Daten

sect 202a Abs 1 StGB kommt wegen des Ausspauml-hens der Daten auf den Magnetstreifen der Zah-lungskarten der betroffenen Bankkunden nicht in Betracht weil ihm eine besondere Sicherungs-funktion fehlt Das fuumlhrt dazu dass die gespei-cherten Daten in aller Regel mit handelsuumlblichen Lesegeraumlten und Komponenten ausgelesen wer-den koumlnnen

In einer fruumlheren Entscheidung ist der BGH noch von einer Tateinheit zwischen dem Nachmachen von Zahlungskarten und dem Ausspaumlhen von Daten ausgegangen 63 Die Revision fuumlhrte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils weil das Tatsachengericht keine Strafantraumlge festgestellt hat 64 (sect 205 StGB 65) Davon wendet sich der 2 Strafsenat des BGH jetzt in zwei Beschluumlssen ab 66 ohne jedoch zunaumlchst die uumlbrigen Senate be-teiligt zu haben (sect 132 GVG) 67 Andere Senate des Gerichts sind dem inzwischen beigetreten der 1 Strafsenat jedoch mit der Einschraumlnkung dass die Voraussetzungen des sect 202a StGB dann nicht gegeben sind wenn die zum Ausle-sen benutzte Software auch im regulaumlren Handel erhaumlltlich ist 68

63 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 764 Dateninhaber ist danach die kartenausgebende Bank die somit auch strafantragsberechtigt ist eben-da65 Wegen des Ausspaumlhens (sect 202a StGB) und Abfan-gens von Daten (sect 202b StGB) kann die Staatsan-waltschaft jetzt auch das besondere oumlffentliche Inter-esse an der Strafverfolgung bejahen (sect 205 Abs 1 S 2 StGB)66 CF Ausspaumlhen von Daten und das Skimming 14052010BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309 S 4BGH Beschluss vom 18032010 - 4 StR 5550967 Kritisch auch Goya Graumlfin Tyszkiewicz Skimming als Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a StGB HRR 42010 207 (mit Zitat zum Cyberfahnder)68 BGH Beschluss vom 19052010 - 1 ARs 610CF Ausspaumlhen von Magnetstreifen 02072010

22 Abfangen von Daten

Die ausgespaumlhten Kartendaten werden zum Faumll-schen von Zahlungskarten benoumltigt und die PIN zum spaumlter einsetzenden Gebrauch sect 149 Abs 1 StGB beschraumlnkt den Anwendungsbereich fuumlr die Haftung im Vorbereitungsstadium auf die Faumll-schung und bezieht nicht auch den Gebrauch mit ein Daraus folgt dass keine Strafbarkeit wegen des Umgangs mit Geraumlten zum Ausspaumlhen der PIN aus sect 149 StGB abgeleitet werden kann

Wegen des Ausspaumlhens der PIN greift auch das Hackerstrafrecht nicht wenn es unmittelbar an-gewendet wird Es handelt sich dabei weder um ein Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a Abs 1 StGB noch um ein Abfangen von Daten gemaumlszlig sect 202b StGB Verantwortlich dafuumlr ist die Definition von bdquoDatenldquo in sect 202a Abs 2 StGB Das sind nur solche Daten die bereits gespeichert sind oder uumlbermittelt werden Das Uumlbermitteln setzt jedoch eine vorherige Speicherung voraus

Beim Skimming wird die PIN aber bei der Einga-be ausgespaumlht Sie ist der Speicherung und Uumlbermittlung vorgelagert

23 PIN-Skimming und Computersabotage

Das Cashing ist mit der Eingabe von Daten mit dem Ziel verbunden einem Anderen Nachteil zu-zufuumlgen und deshalb auch ein Anwendungsfall der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 1 Nr 2 StGB Diese Strafvorschrift wird im Zusammen-hang mit dem Cashing vom Computerbetrug als dem spezielleren und schwereren Vorwurf ver-draumlngt

sect 303b Abs 5 StGB erweitert jedoch die Straf-barkeit auch auf das Vorbereitungsstadium in-dem er auf sect 202c StGB verweist Dadurch wer-den nicht nur Computerprogramme geschuumltzt sondern ausdruumlcklich auch Passwoumlrter und sonstiger Sicherungscode (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) Der Umgang mit ihnen mit dem Ziel sie zum Cashing zu verwenden steht unter Strafe 69 69 CF Ausspaumlhen der PIN 06122008

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und wird mit einer Houmlchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht

Die Schutzrichtung dieser Normen beschraumlnkt sich jedoch auf Computerprogramme einerseits und PIN (als Passwoumlrter) andererseits nicht aber auf die zum Ausspaumlhen genutzten Geraumlte

Das Sich-Verschaffen von PIN ist somit gemaumlszlig sect 303b Abs 5 StGB in Verbindung mit sect 202c StGB strafbar Es verlangt nach dem Nachweis dass tatsaumlchlich PIN ausgespaumlht wurden

24 natuumlrliche Handlungseinheiten

Aus dem Begriff bdquodieselbe Tatldquo (sect 52 Abs 1 StGB) leitet die Rechtsprechung die natuumlrliche Handlungseinheit ab wobei mehrere Verhal-tensweisen von einem einheitlichen Willen getra-gen werden und raumlumlich-zeitlich so eng mitein-ander verbunden sind dass das gesamte Taumltig-werden objektiv als ein einheitliches und zusam-mengehoumlriges Tun erscheint 70 Sie darf nicht mit der fortgesetzten Handlung verwechselt werden womit von der Rechtsprechung gleichartige Ta-ten mit weitem raumlumlich-zeitlichem Zusammen-hang zusammengefasst wurden Die Handlungs-form der fortgesetzten Handlung hat der BGH 1994 aufgegeben 71 nicht zuletzt deshalb weil sie erhebliche Nachteile fuumlr die Angeklagten barg 72

Eine besondere Auspraumlgung der Handlungsein-heit hat der BGH im Zusammenhang mit Betaumlu-bungsmittelstraftaten entwickelt Insoweit spricht er von einer Bewertungseinheit und fasst damit alle Veraumluszligerungshandlungen des Taumlters zu-sammen wenn das Rauschgift aus derselben 70 lexexaktde natuumlrliche Handlungseinheit71 BGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393 zum Steuerstrafrecht 72 Siehe BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593wenn verschiedene Handlungen (Steuererklaumlrungen) durch den Fortsetzungszusammenhang zusammen gefasst werden dann beginnt ihre Verjaumlhrung erst mit der letzten Tathandlung (sect 78a StGB) Das hat dazu gefuumlhrt dass Steuerstraftaten uumlber Jahrzehnte hin-weg bestraft werden konnten wenn sie denselben Akt oder Modus betrafen

Quelle stammt also aus einer einmaligen Er-werbstat 73

Im Zusammenhang mit dem Skimming spricht der BGH von deliktischen Einheiten die einer-seits zwischen dem Gebrauchen nachgemachter Zahlungskarten und dem damit verbundenen Be-trug und andererseits zwischen den Tathandlun-gen des Nachmachens und des Gebrauchens im Sinne von sect 152a Abs 1 StGB bestehen soweit sie raumlumlich-zeitlich eng verbunden und von ei-nem einheitlichen Vorsatz umschlossen sind 74 Solche deliktischen Einheiten koumlnnen auch die gleichzeitig Faumllschung mehrerer Karten 75 und ih-ren Gebrauch beim Cashing bilden 76

Die praktische Konsequenz daraus ist dass als eine materielle Tat alle Faumllschungen alle Miss-braumluche von Zahlungskarten und alle unmittelbar

73 BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300 mwN74 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 17BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 440875 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 13BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 376 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 8

Ob die Vollendung in mehreren materiellen Taten erfolgt orientiert sich am Handeln des Cashers Anhand der Abbuchungsdaten koumlnnen erfah-rungsgemaumlszlig deutliche Pausen festgestellt wer-den die aber nicht zwingend auf eine Unterbre-chung und die Beendigung einer Tat schlieszligen lassen Zwei Fehlerquellen sind insoweit zu be-trachten

Die Zeitstempel die die Geldautomaten uumlbermit-teln richten sich nach den Einstellungen im Geld-automaten selber und werden nicht synchronisiert Sie koumlnnen von der genauen Zeit abweichen und aus einer anderen Zeitzone stammen

Allein Europa verfuumlgt uumlber mindestens 4 Zeitzo-nen von der die Mitteleuropaumlische Zeit ndash MEZ ndash die verbreitetste ist Die EKS stellt aber die Zeit-stempel der Rechenzentren bei der Autorisierung zur Verfuumlgung so dass die Fehlerquelle abwei-chender Zeitangaben nahezu ausgeschlossen ist

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aufeinander folgenden Ausspaumlhungen von Kon-tozugangsdaten zusammengefasst werden muumls-sen soweit sie einen engen Zusammenhang mit-einander haben Das ist zum Beispiel der Fall wenn Skimmer ihre technischen Geraumlte installie-ren ihre Funktionstuumlchtigkeit gelegentlich uumlber-pruumlfen und die Geraumlte schlieszliglich wieder abbau-en Das Ausspaumlhen bildet dabei einen einheitli-chen Handlungsrahmen wobei der Vorsatz der Taumlter darauf gerichtet ist moumlglichst viele Kun-dendaten bei ihrem Angriff zu erlangen Auch wenn die Taumlter uumlber mehrere Tage hinweg die-selbe Bankfiliale ausspaumlhen und die Technik nur waumlhrend der Bankgeschaumlftszeiten abbauen und anschlieszligend wieder einrichten 77 kann eine de-liktische Einheit bestehen 78

Dasselbe gilt wegen des Cashings wenn die Tauml-ter mit engem zeitlichen Zusammenhang han-deln Eine Zaumlsur kann jedoch dann angenom-men werden wenn die Taumlter ihr Handeln unter-brechen um sich zum Beispiel mit weiteren Du-bletten zu versorgen 79

Im Zusammenhang mit dem Nachmachen und Gebrauchen von Zahlungskarten ist jedenfalls dann das Vorliegen eines minder schweren Fal-les zu pruumlfen wenn es um eine geringe Stuumlck-zahl von Karten geht 80

77 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 978 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 14 leitet das daraus ab dass verschiedene Vorberei-tungshandlungen die sich auf denselben Gegenstand erstrecken nur eine Tat darstellen Die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium beim Skimming wird unten angesprochen79 Siehe BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 9 80 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 12

3 Faumllschungssicherheit

Von der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt dass sich die Faumllschung auch alleine auf die Da-ten auf dem Magnetstreifen beschraumlnken kann 81 In Bezug auf Zahlungskarten hat der BGH jetzt ausgefuumlhrt 82

bdquoFalsch sind Zahlungskarten (mit Garantiefunkti-on) wenn sie faumllschlicherweise den Anschein er-wecken sie seien von demjenigen ausgegeben worden auf den die lesbaren Angaben auf der Karte oder die auf ihr unsichtbar gespeicherten Informationen als Aussteller hinweisen Optische Wahrnehmungsmoumlglichkeit und digitale Maschi-nenlesbarkeit muumlssen nicht gleichzeitig gegeben sein so dass eine falsche Karte nicht die ku-mulative Nachahmung beider Komponenten vor-aussetzt Es genuumlgt dass die Faumllschung entwe-der nur die Urkundenfunktion zum Gegenstand hat - was etwa bei einer gefaumllschten Kreditkarte der Fall ist die nur in ihrem aumluszligeren Erschei-nungsbild einer echten Kreditkarte entspricht aber keinen funktionsfaumlhigen Magnetstreifen oder Mikrochip enthaumllt - oder ein Magnetstreifen bzw ein Mikrochip zwecks ausschlieszliglicher Ver-wendung an Automaten gefaumllscht und auf ein unbedrucktes Stuumlck Plastik oder Pappe geklebt ist ldquo

sect 152a Abs 4 Nr 2 und sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB verlangen gleichermaszligen nach einer be-sonderen Sicherung gegen die Nachahmung durch Ausgestaltung oder Codierung wobei un-klar bleibt ob sie unterschiedliche Sicherheits-merkmale meinen Dafuumlr koumlnnte sprechen dass bei gleichem Wortlaut sect 152a StGB das Verfaumll-schen und Nachmachen und sect 152b StGB die Garantiefunktion in den Vordergrund stellen

Die allgemeine bdquoAusgestaltungldquo der Zahlungskar-ten wird von den Aufdrucken Hologrammen der erhabenen Kartennummer und der Pruumlfnummer (bei Kreditkarten) sowie dem Unterschriftsfeld und dem Vorhandensein des Magnetstreifens

81 Zur Verfaumllschung einer echten Zahlungskarte BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840082 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 11

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oder des EMV-Chips gepraumlgt Als besondere Si-cherungen im Hinblick auf die Kodierung sind an erster Stelle das Maschinenlesbare Merkmal die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Siche-rungsmechanismen im EMV-Chip zu nennen der zudem einen verschluumlsselten Datenverkehr zulassen soll

Im Hinblick auf die Garantiefunktion kommt als gestaltendes Element eine besondere Bedeu-tung dem Label zu das die Karte als eine solche ausweist die am Onlineverfahren zur Autorisie-rung und Genehmigung teilnimmt Die besonde-re Sicherheitsmerkmale in Bezug auf die Garan-tiefunktion sind dieselben die auch zur allgemei-nen Kartensicherheit dienen Das sind vor allem die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Si-cherungsmechanismen im EMV-Chip Von be-sonderer Bedeutung ist insoweit die PIN die im Autorisierungsverfahren gepruumlft wird Im Zusam-menhang mit sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB kommt auch den Verschluumlsselungsmechanismen im EMV-Chip eine besondere Bedeutung zu er ist jedoch noch nicht allgemein verbreitet 83

4 Garantiefunktion

sect 152a Abs 1 StGB schuumltzt inlaumlndische und aus-laumlndische Zahlungskarten und geldwerte Wertpa-piere (Schecks Wechsel) vor ihrer Faumllschung wenn sie von einem Kredit- oder Finanzdienst-leistungsinstitut herausgegeben wurden (sect 152a Abs 4 Nr 1 StGB) und durch ihre Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind (sect 152a Abs 4 Nr 2 StGB) 84 Die-se Voraussetzungen liegen angesichts der be-schriebenen Sicherheitsmerkmale bei den uumlbli-

83 Falsch programmierte EMV-Chips haben Anfang 2010 zu erheblichen Irritationen gefuumlhrt Im Onlinever-fahren zeigt die Kodierung des Magnetstreifens an dass die Karte uumlber einen EMV-Chip verfuumlgt Damit soll das POS-Terminal angewiesen werden den Chip auszulesen und dessen Sicherheitsfunktionen zu nut-zen Mit einfachem Klebeband laumlsst sich der Chip je-doch abdecken so dass das Terminal ihn als defekt betrachtet Darauf beschraumlnkt es sich auf die Pruumlfung des Magnetstreifens84 CF Skimming und Faumllschungsrecht 13042009

chen von Banken herausgegebenen Karten vor 85

Die Garantiefunktion wird darin gesehen dass das die Karte ausgebende Unternehmen sich gegenuumlber Vertragsunternehmen ltverpflichtetgt deren Forderungen gegen den Kartenbenutzer zu bezahlen 86 Diese Definition nimmt sect 152b Abs 4 StGB auf und definiert die Zahlungskarten mit Garantiefunktion als Kredit- Euroscheck- und sonstige Karten die es ermoumlglichen den Aus-steller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen 87 Die Modalitaumlten des Forderungsausgleiches zwischen der Bank und ihrem Kunden wirken sich darauf nicht aus

In Literatur und Rechtsprechung bestehen an der Garantiefunktion keine Zweifel wenn es sich um Kreditkarten handelt bei denen der Auszah-lungsbetrag gegen ein eigenes Konto des Kar-tenausstellers erfolgt Die bekanntesten Kredit-kartenverbuumlnde sind die von American Express Master und Visa 88 Die Autorisierung im Online-verfahren und die damit verbundene Genehmi-gung ohne die keine Verfuumlgung akzeptiert wird ist bei Kredit- und Debitkarten jedoch identisch 89 so dass auch die Debitkarten die an dem Autori-sierungsverfahren teilnehmen koumlnnen Karten

85 Siehe oben Faumllschungssicherung86 BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392 Rn 9Die Entscheidung betrifft den Kredit- und Scheckkar-tenmissbrauch gemaumlszlig sect 266b StGB und unterschei-det deshalb zwischen Einziehungsverfahren und Last-schriftverfahren Im Lastschriftverfahren traumlgt das Ausfallrisiko der Akzeptant so dass die Karten aus-stellende Bank nicht geschaumldigt wird (ebenda)87 Fuumlr die EC-Karte hat der BGH anerkannt dass sie auch dann eine Garantiefunktion hat wenn sie im Lastschriftverfahren eingesetzt wird BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840088 Siehe die Uumlbersicht und Erklaumlrungen bei kartensicherheitde ndash Zahlungsverfahren89 In BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 4 spricht das Gericht unklar von falschen Kreditkar-ten mit Garantiefunktion meint jedoch Kreditkarten als solche die nach Art der ausstellenden Banken be-druckt und mit den Labeln von Visa oder Master ver-sehen waren

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mit Garantiefunktion sind 90 Fuumlr die Strafbarkeit nach sect 152b StGB kommt es nur darauf an dass die Garantiefunktion besteht und nicht auch dar-auf dass der Taumlter sie in Anspruch nehmen will 91

Dem Schutz des sect 152a StGB unterliegen schlieszliglich auch andere Zahlungskarten von Fi-nanzdienstleistungsinstituten zum Beispiel Tank- und Telefonkarten die hier nicht weiter be-trachtet werden

Die vom Gesetzestext genannten Euroschecks und -karten gibt es seit 2002 nicht mehr An ihre Stelle ist das (auch vorher schon praktizierte) Autorisierungsverfahren getreten Wie beim EC-Verfahren 92 geht es ihm um die Garantie des Ausstellers wegen der Auszahlung nur dass die durch den Euroscheck verbuumlrgte und von der EC-Karte autorisierte Garantie uumlbergegangen ist zum Genehmigungscode den der Aussteller in jedem POS-Verfahren uumlbermittelt wenn er die Buchung genehmigt Das EC-Verfahren hat da-durch eine neue Auspraumlgung erfahren Waumlhrend das klassische Modell eine fruumlhe Autorisierung bei der Ausgabe der Schecks durchgefuumlhrt hat erfolgt sie jetzt in Echtzeit durch die Uumlbermittlung des Genehmigungscodes Nicht anders als im al-ten Verfahren erfolgt die Buchung der Forderung gegen die Bank zunaumlchst auf einem ihrer Zwi-schenkonten 93 was der Ausgabe der Euro-schecks gleich kommt Das zeigt auch dass die autorisierende Bank die buchhalterische Haftung fuumlr die betreffende Forderung uumlbernimmt

90 Siehe oben Autorisierung91 BGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 2290892 Das Markenzeichen bdquoECldquo wird jetzt als bdquoelectronic cashldquo fortgefuumlhrt93 Siehe oben Clearing

5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

Das Cashing im Ausland unterliegt gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB dem deutschen Strafrecht Das Aus-spaumlhen im Inland bildet fuumlr den Mittaumlter einen ei-genen Tatort (sect 9 Abs 1 StGB) und fuumlr den Teil-nehmer greifen sect 9 Abs 2 S 1 S 2 StGB We-gen des im Ausland vollendeten Computerbetru-ges tritt der Taterfolg zunaumlchst bei der karten-ausgebenden Bank (Buchung gegen das interne CPD-Konto) und im Zuge des Clearingverfah-rens zulasten des einzelnen Bankkunden ein so dass der Erfolgsort gemaumlszlig sect 9 Abs 1 StGB im Inland liegt

Das Cashing ndash ob im Ausland mit inlaumlndischen oder im Inland mit auslaumlndischen Kartendaten und PIN - stellt sich deshalb als die Vollendung des gewerbsmaumlszligigen Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tatein-heit mit gewerbsmaumlszligigem Computerbetrug ge-maumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB dar 94

Eine Ausnahme bilden die vollstaumlndigen Aus-landstaten in denen das Cashing im Ausland mit auslaumlndischen Kartendaten erfolgt Sie haben keinen inlaumlndischen Handlungs- oder Erfolgsort so dass das Weltrechtsprinzip gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB unmittelbar greift wenn die auslaumlndischen Taumlter im Inland ergriffen werden (sect 9 StPO) oder sich hier niedergelassen haben (sect 8 StPO) Die Taumlter koumlnnen wegen des Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten verfolgt werden nicht aber we-gen Computerbetruges fuumlr den das Weltrechts-prinzip nicht gilt 95

94 Das Landgericht Hannover ist am 17112009 mei-nen rechtlichen Auffassungen gefolgt (rechtskraumlftig seit Ende April 2010)CF Skimming-Rechtsprechung 1811200995 Wegen der Strafverfolgung Deutscher und solcher Auslaumlnder die nicht abgeschoben werden koumlnnen siehe sect 7 Abs 2 StGB

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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21 Ausspaumlhen von Daten

sect 202a Abs 1 StGB kommt wegen des Ausspauml-hens der Daten auf den Magnetstreifen der Zah-lungskarten der betroffenen Bankkunden nicht in Betracht weil ihm eine besondere Sicherungs-funktion fehlt Das fuumlhrt dazu dass die gespei-cherten Daten in aller Regel mit handelsuumlblichen Lesegeraumlten und Komponenten ausgelesen wer-den koumlnnen

In einer fruumlheren Entscheidung ist der BGH noch von einer Tateinheit zwischen dem Nachmachen von Zahlungskarten und dem Ausspaumlhen von Daten ausgegangen 63 Die Revision fuumlhrte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils weil das Tatsachengericht keine Strafantraumlge festgestellt hat 64 (sect 205 StGB 65) Davon wendet sich der 2 Strafsenat des BGH jetzt in zwei Beschluumlssen ab 66 ohne jedoch zunaumlchst die uumlbrigen Senate be-teiligt zu haben (sect 132 GVG) 67 Andere Senate des Gerichts sind dem inzwischen beigetreten der 1 Strafsenat jedoch mit der Einschraumlnkung dass die Voraussetzungen des sect 202a StGB dann nicht gegeben sind wenn die zum Ausle-sen benutzte Software auch im regulaumlren Handel erhaumlltlich ist 68

63 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 764 Dateninhaber ist danach die kartenausgebende Bank die somit auch strafantragsberechtigt ist eben-da65 Wegen des Ausspaumlhens (sect 202a StGB) und Abfan-gens von Daten (sect 202b StGB) kann die Staatsan-waltschaft jetzt auch das besondere oumlffentliche Inter-esse an der Strafverfolgung bejahen (sect 205 Abs 1 S 2 StGB)66 CF Ausspaumlhen von Daten und das Skimming 14052010BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309 S 4BGH Beschluss vom 18032010 - 4 StR 5550967 Kritisch auch Goya Graumlfin Tyszkiewicz Skimming als Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a StGB HRR 42010 207 (mit Zitat zum Cyberfahnder)68 BGH Beschluss vom 19052010 - 1 ARs 610CF Ausspaumlhen von Magnetstreifen 02072010

22 Abfangen von Daten

Die ausgespaumlhten Kartendaten werden zum Faumll-schen von Zahlungskarten benoumltigt und die PIN zum spaumlter einsetzenden Gebrauch sect 149 Abs 1 StGB beschraumlnkt den Anwendungsbereich fuumlr die Haftung im Vorbereitungsstadium auf die Faumll-schung und bezieht nicht auch den Gebrauch mit ein Daraus folgt dass keine Strafbarkeit wegen des Umgangs mit Geraumlten zum Ausspaumlhen der PIN aus sect 149 StGB abgeleitet werden kann

Wegen des Ausspaumlhens der PIN greift auch das Hackerstrafrecht nicht wenn es unmittelbar an-gewendet wird Es handelt sich dabei weder um ein Ausspaumlhen von Daten gemaumlszlig sect 202a Abs 1 StGB noch um ein Abfangen von Daten gemaumlszlig sect 202b StGB Verantwortlich dafuumlr ist die Definition von bdquoDatenldquo in sect 202a Abs 2 StGB Das sind nur solche Daten die bereits gespeichert sind oder uumlbermittelt werden Das Uumlbermitteln setzt jedoch eine vorherige Speicherung voraus

Beim Skimming wird die PIN aber bei der Einga-be ausgespaumlht Sie ist der Speicherung und Uumlbermittlung vorgelagert

23 PIN-Skimming und Computersabotage

Das Cashing ist mit der Eingabe von Daten mit dem Ziel verbunden einem Anderen Nachteil zu-zufuumlgen und deshalb auch ein Anwendungsfall der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 1 Nr 2 StGB Diese Strafvorschrift wird im Zusammen-hang mit dem Cashing vom Computerbetrug als dem spezielleren und schwereren Vorwurf ver-draumlngt

sect 303b Abs 5 StGB erweitert jedoch die Straf-barkeit auch auf das Vorbereitungsstadium in-dem er auf sect 202c StGB verweist Dadurch wer-den nicht nur Computerprogramme geschuumltzt sondern ausdruumlcklich auch Passwoumlrter und sonstiger Sicherungscode (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) Der Umgang mit ihnen mit dem Ziel sie zum Cashing zu verwenden steht unter Strafe 69 69 CF Ausspaumlhen der PIN 06122008

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und wird mit einer Houmlchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht

Die Schutzrichtung dieser Normen beschraumlnkt sich jedoch auf Computerprogramme einerseits und PIN (als Passwoumlrter) andererseits nicht aber auf die zum Ausspaumlhen genutzten Geraumlte

Das Sich-Verschaffen von PIN ist somit gemaumlszlig sect 303b Abs 5 StGB in Verbindung mit sect 202c StGB strafbar Es verlangt nach dem Nachweis dass tatsaumlchlich PIN ausgespaumlht wurden

24 natuumlrliche Handlungseinheiten

Aus dem Begriff bdquodieselbe Tatldquo (sect 52 Abs 1 StGB) leitet die Rechtsprechung die natuumlrliche Handlungseinheit ab wobei mehrere Verhal-tensweisen von einem einheitlichen Willen getra-gen werden und raumlumlich-zeitlich so eng mitein-ander verbunden sind dass das gesamte Taumltig-werden objektiv als ein einheitliches und zusam-mengehoumlriges Tun erscheint 70 Sie darf nicht mit der fortgesetzten Handlung verwechselt werden womit von der Rechtsprechung gleichartige Ta-ten mit weitem raumlumlich-zeitlichem Zusammen-hang zusammengefasst wurden Die Handlungs-form der fortgesetzten Handlung hat der BGH 1994 aufgegeben 71 nicht zuletzt deshalb weil sie erhebliche Nachteile fuumlr die Angeklagten barg 72

Eine besondere Auspraumlgung der Handlungsein-heit hat der BGH im Zusammenhang mit Betaumlu-bungsmittelstraftaten entwickelt Insoweit spricht er von einer Bewertungseinheit und fasst damit alle Veraumluszligerungshandlungen des Taumlters zu-sammen wenn das Rauschgift aus derselben 70 lexexaktde natuumlrliche Handlungseinheit71 BGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393 zum Steuerstrafrecht 72 Siehe BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593wenn verschiedene Handlungen (Steuererklaumlrungen) durch den Fortsetzungszusammenhang zusammen gefasst werden dann beginnt ihre Verjaumlhrung erst mit der letzten Tathandlung (sect 78a StGB) Das hat dazu gefuumlhrt dass Steuerstraftaten uumlber Jahrzehnte hin-weg bestraft werden konnten wenn sie denselben Akt oder Modus betrafen

Quelle stammt also aus einer einmaligen Er-werbstat 73

Im Zusammenhang mit dem Skimming spricht der BGH von deliktischen Einheiten die einer-seits zwischen dem Gebrauchen nachgemachter Zahlungskarten und dem damit verbundenen Be-trug und andererseits zwischen den Tathandlun-gen des Nachmachens und des Gebrauchens im Sinne von sect 152a Abs 1 StGB bestehen soweit sie raumlumlich-zeitlich eng verbunden und von ei-nem einheitlichen Vorsatz umschlossen sind 74 Solche deliktischen Einheiten koumlnnen auch die gleichzeitig Faumllschung mehrerer Karten 75 und ih-ren Gebrauch beim Cashing bilden 76

Die praktische Konsequenz daraus ist dass als eine materielle Tat alle Faumllschungen alle Miss-braumluche von Zahlungskarten und alle unmittelbar

73 BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300 mwN74 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 17BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 440875 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 13BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 376 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 8

Ob die Vollendung in mehreren materiellen Taten erfolgt orientiert sich am Handeln des Cashers Anhand der Abbuchungsdaten koumlnnen erfah-rungsgemaumlszlig deutliche Pausen festgestellt wer-den die aber nicht zwingend auf eine Unterbre-chung und die Beendigung einer Tat schlieszligen lassen Zwei Fehlerquellen sind insoweit zu be-trachten

Die Zeitstempel die die Geldautomaten uumlbermit-teln richten sich nach den Einstellungen im Geld-automaten selber und werden nicht synchronisiert Sie koumlnnen von der genauen Zeit abweichen und aus einer anderen Zeitzone stammen

Allein Europa verfuumlgt uumlber mindestens 4 Zeitzo-nen von der die Mitteleuropaumlische Zeit ndash MEZ ndash die verbreitetste ist Die EKS stellt aber die Zeit-stempel der Rechenzentren bei der Autorisierung zur Verfuumlgung so dass die Fehlerquelle abwei-chender Zeitangaben nahezu ausgeschlossen ist

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aufeinander folgenden Ausspaumlhungen von Kon-tozugangsdaten zusammengefasst werden muumls-sen soweit sie einen engen Zusammenhang mit-einander haben Das ist zum Beispiel der Fall wenn Skimmer ihre technischen Geraumlte installie-ren ihre Funktionstuumlchtigkeit gelegentlich uumlber-pruumlfen und die Geraumlte schlieszliglich wieder abbau-en Das Ausspaumlhen bildet dabei einen einheitli-chen Handlungsrahmen wobei der Vorsatz der Taumlter darauf gerichtet ist moumlglichst viele Kun-dendaten bei ihrem Angriff zu erlangen Auch wenn die Taumlter uumlber mehrere Tage hinweg die-selbe Bankfiliale ausspaumlhen und die Technik nur waumlhrend der Bankgeschaumlftszeiten abbauen und anschlieszligend wieder einrichten 77 kann eine de-liktische Einheit bestehen 78

Dasselbe gilt wegen des Cashings wenn die Tauml-ter mit engem zeitlichen Zusammenhang han-deln Eine Zaumlsur kann jedoch dann angenom-men werden wenn die Taumlter ihr Handeln unter-brechen um sich zum Beispiel mit weiteren Du-bletten zu versorgen 79

Im Zusammenhang mit dem Nachmachen und Gebrauchen von Zahlungskarten ist jedenfalls dann das Vorliegen eines minder schweren Fal-les zu pruumlfen wenn es um eine geringe Stuumlck-zahl von Karten geht 80

77 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 978 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 14 leitet das daraus ab dass verschiedene Vorberei-tungshandlungen die sich auf denselben Gegenstand erstrecken nur eine Tat darstellen Die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium beim Skimming wird unten angesprochen79 Siehe BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 9 80 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 12

3 Faumllschungssicherheit

Von der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt dass sich die Faumllschung auch alleine auf die Da-ten auf dem Magnetstreifen beschraumlnken kann 81 In Bezug auf Zahlungskarten hat der BGH jetzt ausgefuumlhrt 82

bdquoFalsch sind Zahlungskarten (mit Garantiefunkti-on) wenn sie faumllschlicherweise den Anschein er-wecken sie seien von demjenigen ausgegeben worden auf den die lesbaren Angaben auf der Karte oder die auf ihr unsichtbar gespeicherten Informationen als Aussteller hinweisen Optische Wahrnehmungsmoumlglichkeit und digitale Maschi-nenlesbarkeit muumlssen nicht gleichzeitig gegeben sein so dass eine falsche Karte nicht die ku-mulative Nachahmung beider Komponenten vor-aussetzt Es genuumlgt dass die Faumllschung entwe-der nur die Urkundenfunktion zum Gegenstand hat - was etwa bei einer gefaumllschten Kreditkarte der Fall ist die nur in ihrem aumluszligeren Erschei-nungsbild einer echten Kreditkarte entspricht aber keinen funktionsfaumlhigen Magnetstreifen oder Mikrochip enthaumllt - oder ein Magnetstreifen bzw ein Mikrochip zwecks ausschlieszliglicher Ver-wendung an Automaten gefaumllscht und auf ein unbedrucktes Stuumlck Plastik oder Pappe geklebt ist ldquo

sect 152a Abs 4 Nr 2 und sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB verlangen gleichermaszligen nach einer be-sonderen Sicherung gegen die Nachahmung durch Ausgestaltung oder Codierung wobei un-klar bleibt ob sie unterschiedliche Sicherheits-merkmale meinen Dafuumlr koumlnnte sprechen dass bei gleichem Wortlaut sect 152a StGB das Verfaumll-schen und Nachmachen und sect 152b StGB die Garantiefunktion in den Vordergrund stellen

Die allgemeine bdquoAusgestaltungldquo der Zahlungskar-ten wird von den Aufdrucken Hologrammen der erhabenen Kartennummer und der Pruumlfnummer (bei Kreditkarten) sowie dem Unterschriftsfeld und dem Vorhandensein des Magnetstreifens

81 Zur Verfaumllschung einer echten Zahlungskarte BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840082 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 11

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oder des EMV-Chips gepraumlgt Als besondere Si-cherungen im Hinblick auf die Kodierung sind an erster Stelle das Maschinenlesbare Merkmal die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Siche-rungsmechanismen im EMV-Chip zu nennen der zudem einen verschluumlsselten Datenverkehr zulassen soll

Im Hinblick auf die Garantiefunktion kommt als gestaltendes Element eine besondere Bedeu-tung dem Label zu das die Karte als eine solche ausweist die am Onlineverfahren zur Autorisie-rung und Genehmigung teilnimmt Die besonde-re Sicherheitsmerkmale in Bezug auf die Garan-tiefunktion sind dieselben die auch zur allgemei-nen Kartensicherheit dienen Das sind vor allem die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Si-cherungsmechanismen im EMV-Chip Von be-sonderer Bedeutung ist insoweit die PIN die im Autorisierungsverfahren gepruumlft wird Im Zusam-menhang mit sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB kommt auch den Verschluumlsselungsmechanismen im EMV-Chip eine besondere Bedeutung zu er ist jedoch noch nicht allgemein verbreitet 83

4 Garantiefunktion

sect 152a Abs 1 StGB schuumltzt inlaumlndische und aus-laumlndische Zahlungskarten und geldwerte Wertpa-piere (Schecks Wechsel) vor ihrer Faumllschung wenn sie von einem Kredit- oder Finanzdienst-leistungsinstitut herausgegeben wurden (sect 152a Abs 4 Nr 1 StGB) und durch ihre Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind (sect 152a Abs 4 Nr 2 StGB) 84 Die-se Voraussetzungen liegen angesichts der be-schriebenen Sicherheitsmerkmale bei den uumlbli-

83 Falsch programmierte EMV-Chips haben Anfang 2010 zu erheblichen Irritationen gefuumlhrt Im Onlinever-fahren zeigt die Kodierung des Magnetstreifens an dass die Karte uumlber einen EMV-Chip verfuumlgt Damit soll das POS-Terminal angewiesen werden den Chip auszulesen und dessen Sicherheitsfunktionen zu nut-zen Mit einfachem Klebeband laumlsst sich der Chip je-doch abdecken so dass das Terminal ihn als defekt betrachtet Darauf beschraumlnkt es sich auf die Pruumlfung des Magnetstreifens84 CF Skimming und Faumllschungsrecht 13042009

chen von Banken herausgegebenen Karten vor 85

Die Garantiefunktion wird darin gesehen dass das die Karte ausgebende Unternehmen sich gegenuumlber Vertragsunternehmen ltverpflichtetgt deren Forderungen gegen den Kartenbenutzer zu bezahlen 86 Diese Definition nimmt sect 152b Abs 4 StGB auf und definiert die Zahlungskarten mit Garantiefunktion als Kredit- Euroscheck- und sonstige Karten die es ermoumlglichen den Aus-steller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen 87 Die Modalitaumlten des Forderungsausgleiches zwischen der Bank und ihrem Kunden wirken sich darauf nicht aus

In Literatur und Rechtsprechung bestehen an der Garantiefunktion keine Zweifel wenn es sich um Kreditkarten handelt bei denen der Auszah-lungsbetrag gegen ein eigenes Konto des Kar-tenausstellers erfolgt Die bekanntesten Kredit-kartenverbuumlnde sind die von American Express Master und Visa 88 Die Autorisierung im Online-verfahren und die damit verbundene Genehmi-gung ohne die keine Verfuumlgung akzeptiert wird ist bei Kredit- und Debitkarten jedoch identisch 89 so dass auch die Debitkarten die an dem Autori-sierungsverfahren teilnehmen koumlnnen Karten

85 Siehe oben Faumllschungssicherung86 BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392 Rn 9Die Entscheidung betrifft den Kredit- und Scheckkar-tenmissbrauch gemaumlszlig sect 266b StGB und unterschei-det deshalb zwischen Einziehungsverfahren und Last-schriftverfahren Im Lastschriftverfahren traumlgt das Ausfallrisiko der Akzeptant so dass die Karten aus-stellende Bank nicht geschaumldigt wird (ebenda)87 Fuumlr die EC-Karte hat der BGH anerkannt dass sie auch dann eine Garantiefunktion hat wenn sie im Lastschriftverfahren eingesetzt wird BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840088 Siehe die Uumlbersicht und Erklaumlrungen bei kartensicherheitde ndash Zahlungsverfahren89 In BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 4 spricht das Gericht unklar von falschen Kreditkar-ten mit Garantiefunktion meint jedoch Kreditkarten als solche die nach Art der ausstellenden Banken be-druckt und mit den Labeln von Visa oder Master ver-sehen waren

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mit Garantiefunktion sind 90 Fuumlr die Strafbarkeit nach sect 152b StGB kommt es nur darauf an dass die Garantiefunktion besteht und nicht auch dar-auf dass der Taumlter sie in Anspruch nehmen will 91

Dem Schutz des sect 152a StGB unterliegen schlieszliglich auch andere Zahlungskarten von Fi-nanzdienstleistungsinstituten zum Beispiel Tank- und Telefonkarten die hier nicht weiter be-trachtet werden

Die vom Gesetzestext genannten Euroschecks und -karten gibt es seit 2002 nicht mehr An ihre Stelle ist das (auch vorher schon praktizierte) Autorisierungsverfahren getreten Wie beim EC-Verfahren 92 geht es ihm um die Garantie des Ausstellers wegen der Auszahlung nur dass die durch den Euroscheck verbuumlrgte und von der EC-Karte autorisierte Garantie uumlbergegangen ist zum Genehmigungscode den der Aussteller in jedem POS-Verfahren uumlbermittelt wenn er die Buchung genehmigt Das EC-Verfahren hat da-durch eine neue Auspraumlgung erfahren Waumlhrend das klassische Modell eine fruumlhe Autorisierung bei der Ausgabe der Schecks durchgefuumlhrt hat erfolgt sie jetzt in Echtzeit durch die Uumlbermittlung des Genehmigungscodes Nicht anders als im al-ten Verfahren erfolgt die Buchung der Forderung gegen die Bank zunaumlchst auf einem ihrer Zwi-schenkonten 93 was der Ausgabe der Euro-schecks gleich kommt Das zeigt auch dass die autorisierende Bank die buchhalterische Haftung fuumlr die betreffende Forderung uumlbernimmt

90 Siehe oben Autorisierung91 BGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 2290892 Das Markenzeichen bdquoECldquo wird jetzt als bdquoelectronic cashldquo fortgefuumlhrt93 Siehe oben Clearing

5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

Das Cashing im Ausland unterliegt gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB dem deutschen Strafrecht Das Aus-spaumlhen im Inland bildet fuumlr den Mittaumlter einen ei-genen Tatort (sect 9 Abs 1 StGB) und fuumlr den Teil-nehmer greifen sect 9 Abs 2 S 1 S 2 StGB We-gen des im Ausland vollendeten Computerbetru-ges tritt der Taterfolg zunaumlchst bei der karten-ausgebenden Bank (Buchung gegen das interne CPD-Konto) und im Zuge des Clearingverfah-rens zulasten des einzelnen Bankkunden ein so dass der Erfolgsort gemaumlszlig sect 9 Abs 1 StGB im Inland liegt

Das Cashing ndash ob im Ausland mit inlaumlndischen oder im Inland mit auslaumlndischen Kartendaten und PIN - stellt sich deshalb als die Vollendung des gewerbsmaumlszligigen Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tatein-heit mit gewerbsmaumlszligigem Computerbetrug ge-maumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB dar 94

Eine Ausnahme bilden die vollstaumlndigen Aus-landstaten in denen das Cashing im Ausland mit auslaumlndischen Kartendaten erfolgt Sie haben keinen inlaumlndischen Handlungs- oder Erfolgsort so dass das Weltrechtsprinzip gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB unmittelbar greift wenn die auslaumlndischen Taumlter im Inland ergriffen werden (sect 9 StPO) oder sich hier niedergelassen haben (sect 8 StPO) Die Taumlter koumlnnen wegen des Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten verfolgt werden nicht aber we-gen Computerbetruges fuumlr den das Weltrechts-prinzip nicht gilt 95

94 Das Landgericht Hannover ist am 17112009 mei-nen rechtlichen Auffassungen gefolgt (rechtskraumlftig seit Ende April 2010)CF Skimming-Rechtsprechung 1811200995 Wegen der Strafverfolgung Deutscher und solcher Auslaumlnder die nicht abgeschoben werden koumlnnen siehe sect 7 Abs 2 StGB

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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und wird mit einer Houmlchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht

Die Schutzrichtung dieser Normen beschraumlnkt sich jedoch auf Computerprogramme einerseits und PIN (als Passwoumlrter) andererseits nicht aber auf die zum Ausspaumlhen genutzten Geraumlte

Das Sich-Verschaffen von PIN ist somit gemaumlszlig sect 303b Abs 5 StGB in Verbindung mit sect 202c StGB strafbar Es verlangt nach dem Nachweis dass tatsaumlchlich PIN ausgespaumlht wurden

24 natuumlrliche Handlungseinheiten

Aus dem Begriff bdquodieselbe Tatldquo (sect 52 Abs 1 StGB) leitet die Rechtsprechung die natuumlrliche Handlungseinheit ab wobei mehrere Verhal-tensweisen von einem einheitlichen Willen getra-gen werden und raumlumlich-zeitlich so eng mitein-ander verbunden sind dass das gesamte Taumltig-werden objektiv als ein einheitliches und zusam-mengehoumlriges Tun erscheint 70 Sie darf nicht mit der fortgesetzten Handlung verwechselt werden womit von der Rechtsprechung gleichartige Ta-ten mit weitem raumlumlich-zeitlichem Zusammen-hang zusammengefasst wurden Die Handlungs-form der fortgesetzten Handlung hat der BGH 1994 aufgegeben 71 nicht zuletzt deshalb weil sie erhebliche Nachteile fuumlr die Angeklagten barg 72

Eine besondere Auspraumlgung der Handlungsein-heit hat der BGH im Zusammenhang mit Betaumlu-bungsmittelstraftaten entwickelt Insoweit spricht er von einer Bewertungseinheit und fasst damit alle Veraumluszligerungshandlungen des Taumlters zu-sammen wenn das Rauschgift aus derselben 70 lexexaktde natuumlrliche Handlungseinheit71 BGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393 zum Steuerstrafrecht 72 Siehe BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593wenn verschiedene Handlungen (Steuererklaumlrungen) durch den Fortsetzungszusammenhang zusammen gefasst werden dann beginnt ihre Verjaumlhrung erst mit der letzten Tathandlung (sect 78a StGB) Das hat dazu gefuumlhrt dass Steuerstraftaten uumlber Jahrzehnte hin-weg bestraft werden konnten wenn sie denselben Akt oder Modus betrafen

Quelle stammt also aus einer einmaligen Er-werbstat 73

Im Zusammenhang mit dem Skimming spricht der BGH von deliktischen Einheiten die einer-seits zwischen dem Gebrauchen nachgemachter Zahlungskarten und dem damit verbundenen Be-trug und andererseits zwischen den Tathandlun-gen des Nachmachens und des Gebrauchens im Sinne von sect 152a Abs 1 StGB bestehen soweit sie raumlumlich-zeitlich eng verbunden und von ei-nem einheitlichen Vorsatz umschlossen sind 74 Solche deliktischen Einheiten koumlnnen auch die gleichzeitig Faumllschung mehrerer Karten 75 und ih-ren Gebrauch beim Cashing bilden 76

Die praktische Konsequenz daraus ist dass als eine materielle Tat alle Faumllschungen alle Miss-braumluche von Zahlungskarten und alle unmittelbar

73 BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300 mwN74 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 17BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 440875 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 13BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 376 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 8

Ob die Vollendung in mehreren materiellen Taten erfolgt orientiert sich am Handeln des Cashers Anhand der Abbuchungsdaten koumlnnen erfah-rungsgemaumlszlig deutliche Pausen festgestellt wer-den die aber nicht zwingend auf eine Unterbre-chung und die Beendigung einer Tat schlieszligen lassen Zwei Fehlerquellen sind insoweit zu be-trachten

Die Zeitstempel die die Geldautomaten uumlbermit-teln richten sich nach den Einstellungen im Geld-automaten selber und werden nicht synchronisiert Sie koumlnnen von der genauen Zeit abweichen und aus einer anderen Zeitzone stammen

Allein Europa verfuumlgt uumlber mindestens 4 Zeitzo-nen von der die Mitteleuropaumlische Zeit ndash MEZ ndash die verbreitetste ist Die EKS stellt aber die Zeit-stempel der Rechenzentren bei der Autorisierung zur Verfuumlgung so dass die Fehlerquelle abwei-chender Zeitangaben nahezu ausgeschlossen ist

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aufeinander folgenden Ausspaumlhungen von Kon-tozugangsdaten zusammengefasst werden muumls-sen soweit sie einen engen Zusammenhang mit-einander haben Das ist zum Beispiel der Fall wenn Skimmer ihre technischen Geraumlte installie-ren ihre Funktionstuumlchtigkeit gelegentlich uumlber-pruumlfen und die Geraumlte schlieszliglich wieder abbau-en Das Ausspaumlhen bildet dabei einen einheitli-chen Handlungsrahmen wobei der Vorsatz der Taumlter darauf gerichtet ist moumlglichst viele Kun-dendaten bei ihrem Angriff zu erlangen Auch wenn die Taumlter uumlber mehrere Tage hinweg die-selbe Bankfiliale ausspaumlhen und die Technik nur waumlhrend der Bankgeschaumlftszeiten abbauen und anschlieszligend wieder einrichten 77 kann eine de-liktische Einheit bestehen 78

Dasselbe gilt wegen des Cashings wenn die Tauml-ter mit engem zeitlichen Zusammenhang han-deln Eine Zaumlsur kann jedoch dann angenom-men werden wenn die Taumlter ihr Handeln unter-brechen um sich zum Beispiel mit weiteren Du-bletten zu versorgen 79

Im Zusammenhang mit dem Nachmachen und Gebrauchen von Zahlungskarten ist jedenfalls dann das Vorliegen eines minder schweren Fal-les zu pruumlfen wenn es um eine geringe Stuumlck-zahl von Karten geht 80

77 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 978 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 14 leitet das daraus ab dass verschiedene Vorberei-tungshandlungen die sich auf denselben Gegenstand erstrecken nur eine Tat darstellen Die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium beim Skimming wird unten angesprochen79 Siehe BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 9 80 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 12

3 Faumllschungssicherheit

Von der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt dass sich die Faumllschung auch alleine auf die Da-ten auf dem Magnetstreifen beschraumlnken kann 81 In Bezug auf Zahlungskarten hat der BGH jetzt ausgefuumlhrt 82

bdquoFalsch sind Zahlungskarten (mit Garantiefunkti-on) wenn sie faumllschlicherweise den Anschein er-wecken sie seien von demjenigen ausgegeben worden auf den die lesbaren Angaben auf der Karte oder die auf ihr unsichtbar gespeicherten Informationen als Aussteller hinweisen Optische Wahrnehmungsmoumlglichkeit und digitale Maschi-nenlesbarkeit muumlssen nicht gleichzeitig gegeben sein so dass eine falsche Karte nicht die ku-mulative Nachahmung beider Komponenten vor-aussetzt Es genuumlgt dass die Faumllschung entwe-der nur die Urkundenfunktion zum Gegenstand hat - was etwa bei einer gefaumllschten Kreditkarte der Fall ist die nur in ihrem aumluszligeren Erschei-nungsbild einer echten Kreditkarte entspricht aber keinen funktionsfaumlhigen Magnetstreifen oder Mikrochip enthaumllt - oder ein Magnetstreifen bzw ein Mikrochip zwecks ausschlieszliglicher Ver-wendung an Automaten gefaumllscht und auf ein unbedrucktes Stuumlck Plastik oder Pappe geklebt ist ldquo

sect 152a Abs 4 Nr 2 und sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB verlangen gleichermaszligen nach einer be-sonderen Sicherung gegen die Nachahmung durch Ausgestaltung oder Codierung wobei un-klar bleibt ob sie unterschiedliche Sicherheits-merkmale meinen Dafuumlr koumlnnte sprechen dass bei gleichem Wortlaut sect 152a StGB das Verfaumll-schen und Nachmachen und sect 152b StGB die Garantiefunktion in den Vordergrund stellen

Die allgemeine bdquoAusgestaltungldquo der Zahlungskar-ten wird von den Aufdrucken Hologrammen der erhabenen Kartennummer und der Pruumlfnummer (bei Kreditkarten) sowie dem Unterschriftsfeld und dem Vorhandensein des Magnetstreifens

81 Zur Verfaumllschung einer echten Zahlungskarte BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840082 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 11

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oder des EMV-Chips gepraumlgt Als besondere Si-cherungen im Hinblick auf die Kodierung sind an erster Stelle das Maschinenlesbare Merkmal die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Siche-rungsmechanismen im EMV-Chip zu nennen der zudem einen verschluumlsselten Datenverkehr zulassen soll

Im Hinblick auf die Garantiefunktion kommt als gestaltendes Element eine besondere Bedeu-tung dem Label zu das die Karte als eine solche ausweist die am Onlineverfahren zur Autorisie-rung und Genehmigung teilnimmt Die besonde-re Sicherheitsmerkmale in Bezug auf die Garan-tiefunktion sind dieselben die auch zur allgemei-nen Kartensicherheit dienen Das sind vor allem die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Si-cherungsmechanismen im EMV-Chip Von be-sonderer Bedeutung ist insoweit die PIN die im Autorisierungsverfahren gepruumlft wird Im Zusam-menhang mit sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB kommt auch den Verschluumlsselungsmechanismen im EMV-Chip eine besondere Bedeutung zu er ist jedoch noch nicht allgemein verbreitet 83

4 Garantiefunktion

sect 152a Abs 1 StGB schuumltzt inlaumlndische und aus-laumlndische Zahlungskarten und geldwerte Wertpa-piere (Schecks Wechsel) vor ihrer Faumllschung wenn sie von einem Kredit- oder Finanzdienst-leistungsinstitut herausgegeben wurden (sect 152a Abs 4 Nr 1 StGB) und durch ihre Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind (sect 152a Abs 4 Nr 2 StGB) 84 Die-se Voraussetzungen liegen angesichts der be-schriebenen Sicherheitsmerkmale bei den uumlbli-

83 Falsch programmierte EMV-Chips haben Anfang 2010 zu erheblichen Irritationen gefuumlhrt Im Onlinever-fahren zeigt die Kodierung des Magnetstreifens an dass die Karte uumlber einen EMV-Chip verfuumlgt Damit soll das POS-Terminal angewiesen werden den Chip auszulesen und dessen Sicherheitsfunktionen zu nut-zen Mit einfachem Klebeband laumlsst sich der Chip je-doch abdecken so dass das Terminal ihn als defekt betrachtet Darauf beschraumlnkt es sich auf die Pruumlfung des Magnetstreifens84 CF Skimming und Faumllschungsrecht 13042009

chen von Banken herausgegebenen Karten vor 85

Die Garantiefunktion wird darin gesehen dass das die Karte ausgebende Unternehmen sich gegenuumlber Vertragsunternehmen ltverpflichtetgt deren Forderungen gegen den Kartenbenutzer zu bezahlen 86 Diese Definition nimmt sect 152b Abs 4 StGB auf und definiert die Zahlungskarten mit Garantiefunktion als Kredit- Euroscheck- und sonstige Karten die es ermoumlglichen den Aus-steller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen 87 Die Modalitaumlten des Forderungsausgleiches zwischen der Bank und ihrem Kunden wirken sich darauf nicht aus

In Literatur und Rechtsprechung bestehen an der Garantiefunktion keine Zweifel wenn es sich um Kreditkarten handelt bei denen der Auszah-lungsbetrag gegen ein eigenes Konto des Kar-tenausstellers erfolgt Die bekanntesten Kredit-kartenverbuumlnde sind die von American Express Master und Visa 88 Die Autorisierung im Online-verfahren und die damit verbundene Genehmi-gung ohne die keine Verfuumlgung akzeptiert wird ist bei Kredit- und Debitkarten jedoch identisch 89 so dass auch die Debitkarten die an dem Autori-sierungsverfahren teilnehmen koumlnnen Karten

85 Siehe oben Faumllschungssicherung86 BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392 Rn 9Die Entscheidung betrifft den Kredit- und Scheckkar-tenmissbrauch gemaumlszlig sect 266b StGB und unterschei-det deshalb zwischen Einziehungsverfahren und Last-schriftverfahren Im Lastschriftverfahren traumlgt das Ausfallrisiko der Akzeptant so dass die Karten aus-stellende Bank nicht geschaumldigt wird (ebenda)87 Fuumlr die EC-Karte hat der BGH anerkannt dass sie auch dann eine Garantiefunktion hat wenn sie im Lastschriftverfahren eingesetzt wird BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840088 Siehe die Uumlbersicht und Erklaumlrungen bei kartensicherheitde ndash Zahlungsverfahren89 In BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 4 spricht das Gericht unklar von falschen Kreditkar-ten mit Garantiefunktion meint jedoch Kreditkarten als solche die nach Art der ausstellenden Banken be-druckt und mit den Labeln von Visa oder Master ver-sehen waren

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mit Garantiefunktion sind 90 Fuumlr die Strafbarkeit nach sect 152b StGB kommt es nur darauf an dass die Garantiefunktion besteht und nicht auch dar-auf dass der Taumlter sie in Anspruch nehmen will 91

Dem Schutz des sect 152a StGB unterliegen schlieszliglich auch andere Zahlungskarten von Fi-nanzdienstleistungsinstituten zum Beispiel Tank- und Telefonkarten die hier nicht weiter be-trachtet werden

Die vom Gesetzestext genannten Euroschecks und -karten gibt es seit 2002 nicht mehr An ihre Stelle ist das (auch vorher schon praktizierte) Autorisierungsverfahren getreten Wie beim EC-Verfahren 92 geht es ihm um die Garantie des Ausstellers wegen der Auszahlung nur dass die durch den Euroscheck verbuumlrgte und von der EC-Karte autorisierte Garantie uumlbergegangen ist zum Genehmigungscode den der Aussteller in jedem POS-Verfahren uumlbermittelt wenn er die Buchung genehmigt Das EC-Verfahren hat da-durch eine neue Auspraumlgung erfahren Waumlhrend das klassische Modell eine fruumlhe Autorisierung bei der Ausgabe der Schecks durchgefuumlhrt hat erfolgt sie jetzt in Echtzeit durch die Uumlbermittlung des Genehmigungscodes Nicht anders als im al-ten Verfahren erfolgt die Buchung der Forderung gegen die Bank zunaumlchst auf einem ihrer Zwi-schenkonten 93 was der Ausgabe der Euro-schecks gleich kommt Das zeigt auch dass die autorisierende Bank die buchhalterische Haftung fuumlr die betreffende Forderung uumlbernimmt

90 Siehe oben Autorisierung91 BGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 2290892 Das Markenzeichen bdquoECldquo wird jetzt als bdquoelectronic cashldquo fortgefuumlhrt93 Siehe oben Clearing

5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

Das Cashing im Ausland unterliegt gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB dem deutschen Strafrecht Das Aus-spaumlhen im Inland bildet fuumlr den Mittaumlter einen ei-genen Tatort (sect 9 Abs 1 StGB) und fuumlr den Teil-nehmer greifen sect 9 Abs 2 S 1 S 2 StGB We-gen des im Ausland vollendeten Computerbetru-ges tritt der Taterfolg zunaumlchst bei der karten-ausgebenden Bank (Buchung gegen das interne CPD-Konto) und im Zuge des Clearingverfah-rens zulasten des einzelnen Bankkunden ein so dass der Erfolgsort gemaumlszlig sect 9 Abs 1 StGB im Inland liegt

Das Cashing ndash ob im Ausland mit inlaumlndischen oder im Inland mit auslaumlndischen Kartendaten und PIN - stellt sich deshalb als die Vollendung des gewerbsmaumlszligigen Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tatein-heit mit gewerbsmaumlszligigem Computerbetrug ge-maumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB dar 94

Eine Ausnahme bilden die vollstaumlndigen Aus-landstaten in denen das Cashing im Ausland mit auslaumlndischen Kartendaten erfolgt Sie haben keinen inlaumlndischen Handlungs- oder Erfolgsort so dass das Weltrechtsprinzip gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB unmittelbar greift wenn die auslaumlndischen Taumlter im Inland ergriffen werden (sect 9 StPO) oder sich hier niedergelassen haben (sect 8 StPO) Die Taumlter koumlnnen wegen des Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten verfolgt werden nicht aber we-gen Computerbetruges fuumlr den das Weltrechts-prinzip nicht gilt 95

94 Das Landgericht Hannover ist am 17112009 mei-nen rechtlichen Auffassungen gefolgt (rechtskraumlftig seit Ende April 2010)CF Skimming-Rechtsprechung 1811200995 Wegen der Strafverfolgung Deutscher und solcher Auslaumlnder die nicht abgeschoben werden koumlnnen siehe sect 7 Abs 2 StGB

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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aufeinander folgenden Ausspaumlhungen von Kon-tozugangsdaten zusammengefasst werden muumls-sen soweit sie einen engen Zusammenhang mit-einander haben Das ist zum Beispiel der Fall wenn Skimmer ihre technischen Geraumlte installie-ren ihre Funktionstuumlchtigkeit gelegentlich uumlber-pruumlfen und die Geraumlte schlieszliglich wieder abbau-en Das Ausspaumlhen bildet dabei einen einheitli-chen Handlungsrahmen wobei der Vorsatz der Taumlter darauf gerichtet ist moumlglichst viele Kun-dendaten bei ihrem Angriff zu erlangen Auch wenn die Taumlter uumlber mehrere Tage hinweg die-selbe Bankfiliale ausspaumlhen und die Technik nur waumlhrend der Bankgeschaumlftszeiten abbauen und anschlieszligend wieder einrichten 77 kann eine de-liktische Einheit bestehen 78

Dasselbe gilt wegen des Cashings wenn die Tauml-ter mit engem zeitlichen Zusammenhang han-deln Eine Zaumlsur kann jedoch dann angenom-men werden wenn die Taumlter ihr Handeln unter-brechen um sich zum Beispiel mit weiteren Du-bletten zu versorgen 79

Im Zusammenhang mit dem Nachmachen und Gebrauchen von Zahlungskarten ist jedenfalls dann das Vorliegen eines minder schweren Fal-les zu pruumlfen wenn es um eine geringe Stuumlck-zahl von Karten geht 80

77 BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 978 BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 14 leitet das daraus ab dass verschiedene Vorberei-tungshandlungen die sich auf denselben Gegenstand erstrecken nur eine Tat darstellen Die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium beim Skimming wird unten angesprochen79 Siehe BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504 S 9 80 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 12

3 Faumllschungssicherheit

Von der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt dass sich die Faumllschung auch alleine auf die Da-ten auf dem Magnetstreifen beschraumlnken kann 81 In Bezug auf Zahlungskarten hat der BGH jetzt ausgefuumlhrt 82

bdquoFalsch sind Zahlungskarten (mit Garantiefunkti-on) wenn sie faumllschlicherweise den Anschein er-wecken sie seien von demjenigen ausgegeben worden auf den die lesbaren Angaben auf der Karte oder die auf ihr unsichtbar gespeicherten Informationen als Aussteller hinweisen Optische Wahrnehmungsmoumlglichkeit und digitale Maschi-nenlesbarkeit muumlssen nicht gleichzeitig gegeben sein so dass eine falsche Karte nicht die ku-mulative Nachahmung beider Komponenten vor-aussetzt Es genuumlgt dass die Faumllschung entwe-der nur die Urkundenfunktion zum Gegenstand hat - was etwa bei einer gefaumllschten Kreditkarte der Fall ist die nur in ihrem aumluszligeren Erschei-nungsbild einer echten Kreditkarte entspricht aber keinen funktionsfaumlhigen Magnetstreifen oder Mikrochip enthaumllt - oder ein Magnetstreifen bzw ein Mikrochip zwecks ausschlieszliglicher Ver-wendung an Automaten gefaumllscht und auf ein unbedrucktes Stuumlck Plastik oder Pappe geklebt ist ldquo

sect 152a Abs 4 Nr 2 und sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB verlangen gleichermaszligen nach einer be-sonderen Sicherung gegen die Nachahmung durch Ausgestaltung oder Codierung wobei un-klar bleibt ob sie unterschiedliche Sicherheits-merkmale meinen Dafuumlr koumlnnte sprechen dass bei gleichem Wortlaut sect 152a StGB das Verfaumll-schen und Nachmachen und sect 152b StGB die Garantiefunktion in den Vordergrund stellen

Die allgemeine bdquoAusgestaltungldquo der Zahlungskar-ten wird von den Aufdrucken Hologrammen der erhabenen Kartennummer und der Pruumlfnummer (bei Kreditkarten) sowie dem Unterschriftsfeld und dem Vorhandensein des Magnetstreifens

81 Zur Verfaumllschung einer echten Zahlungskarte BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840082 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 11

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oder des EMV-Chips gepraumlgt Als besondere Si-cherungen im Hinblick auf die Kodierung sind an erster Stelle das Maschinenlesbare Merkmal die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Siche-rungsmechanismen im EMV-Chip zu nennen der zudem einen verschluumlsselten Datenverkehr zulassen soll

Im Hinblick auf die Garantiefunktion kommt als gestaltendes Element eine besondere Bedeu-tung dem Label zu das die Karte als eine solche ausweist die am Onlineverfahren zur Autorisie-rung und Genehmigung teilnimmt Die besonde-re Sicherheitsmerkmale in Bezug auf die Garan-tiefunktion sind dieselben die auch zur allgemei-nen Kartensicherheit dienen Das sind vor allem die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Si-cherungsmechanismen im EMV-Chip Von be-sonderer Bedeutung ist insoweit die PIN die im Autorisierungsverfahren gepruumlft wird Im Zusam-menhang mit sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB kommt auch den Verschluumlsselungsmechanismen im EMV-Chip eine besondere Bedeutung zu er ist jedoch noch nicht allgemein verbreitet 83

4 Garantiefunktion

sect 152a Abs 1 StGB schuumltzt inlaumlndische und aus-laumlndische Zahlungskarten und geldwerte Wertpa-piere (Schecks Wechsel) vor ihrer Faumllschung wenn sie von einem Kredit- oder Finanzdienst-leistungsinstitut herausgegeben wurden (sect 152a Abs 4 Nr 1 StGB) und durch ihre Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind (sect 152a Abs 4 Nr 2 StGB) 84 Die-se Voraussetzungen liegen angesichts der be-schriebenen Sicherheitsmerkmale bei den uumlbli-

83 Falsch programmierte EMV-Chips haben Anfang 2010 zu erheblichen Irritationen gefuumlhrt Im Onlinever-fahren zeigt die Kodierung des Magnetstreifens an dass die Karte uumlber einen EMV-Chip verfuumlgt Damit soll das POS-Terminal angewiesen werden den Chip auszulesen und dessen Sicherheitsfunktionen zu nut-zen Mit einfachem Klebeband laumlsst sich der Chip je-doch abdecken so dass das Terminal ihn als defekt betrachtet Darauf beschraumlnkt es sich auf die Pruumlfung des Magnetstreifens84 CF Skimming und Faumllschungsrecht 13042009

chen von Banken herausgegebenen Karten vor 85

Die Garantiefunktion wird darin gesehen dass das die Karte ausgebende Unternehmen sich gegenuumlber Vertragsunternehmen ltverpflichtetgt deren Forderungen gegen den Kartenbenutzer zu bezahlen 86 Diese Definition nimmt sect 152b Abs 4 StGB auf und definiert die Zahlungskarten mit Garantiefunktion als Kredit- Euroscheck- und sonstige Karten die es ermoumlglichen den Aus-steller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen 87 Die Modalitaumlten des Forderungsausgleiches zwischen der Bank und ihrem Kunden wirken sich darauf nicht aus

In Literatur und Rechtsprechung bestehen an der Garantiefunktion keine Zweifel wenn es sich um Kreditkarten handelt bei denen der Auszah-lungsbetrag gegen ein eigenes Konto des Kar-tenausstellers erfolgt Die bekanntesten Kredit-kartenverbuumlnde sind die von American Express Master und Visa 88 Die Autorisierung im Online-verfahren und die damit verbundene Genehmi-gung ohne die keine Verfuumlgung akzeptiert wird ist bei Kredit- und Debitkarten jedoch identisch 89 so dass auch die Debitkarten die an dem Autori-sierungsverfahren teilnehmen koumlnnen Karten

85 Siehe oben Faumllschungssicherung86 BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392 Rn 9Die Entscheidung betrifft den Kredit- und Scheckkar-tenmissbrauch gemaumlszlig sect 266b StGB und unterschei-det deshalb zwischen Einziehungsverfahren und Last-schriftverfahren Im Lastschriftverfahren traumlgt das Ausfallrisiko der Akzeptant so dass die Karten aus-stellende Bank nicht geschaumldigt wird (ebenda)87 Fuumlr die EC-Karte hat der BGH anerkannt dass sie auch dann eine Garantiefunktion hat wenn sie im Lastschriftverfahren eingesetzt wird BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840088 Siehe die Uumlbersicht und Erklaumlrungen bei kartensicherheitde ndash Zahlungsverfahren89 In BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 4 spricht das Gericht unklar von falschen Kreditkar-ten mit Garantiefunktion meint jedoch Kreditkarten als solche die nach Art der ausstellenden Banken be-druckt und mit den Labeln von Visa oder Master ver-sehen waren

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mit Garantiefunktion sind 90 Fuumlr die Strafbarkeit nach sect 152b StGB kommt es nur darauf an dass die Garantiefunktion besteht und nicht auch dar-auf dass der Taumlter sie in Anspruch nehmen will 91

Dem Schutz des sect 152a StGB unterliegen schlieszliglich auch andere Zahlungskarten von Fi-nanzdienstleistungsinstituten zum Beispiel Tank- und Telefonkarten die hier nicht weiter be-trachtet werden

Die vom Gesetzestext genannten Euroschecks und -karten gibt es seit 2002 nicht mehr An ihre Stelle ist das (auch vorher schon praktizierte) Autorisierungsverfahren getreten Wie beim EC-Verfahren 92 geht es ihm um die Garantie des Ausstellers wegen der Auszahlung nur dass die durch den Euroscheck verbuumlrgte und von der EC-Karte autorisierte Garantie uumlbergegangen ist zum Genehmigungscode den der Aussteller in jedem POS-Verfahren uumlbermittelt wenn er die Buchung genehmigt Das EC-Verfahren hat da-durch eine neue Auspraumlgung erfahren Waumlhrend das klassische Modell eine fruumlhe Autorisierung bei der Ausgabe der Schecks durchgefuumlhrt hat erfolgt sie jetzt in Echtzeit durch die Uumlbermittlung des Genehmigungscodes Nicht anders als im al-ten Verfahren erfolgt die Buchung der Forderung gegen die Bank zunaumlchst auf einem ihrer Zwi-schenkonten 93 was der Ausgabe der Euro-schecks gleich kommt Das zeigt auch dass die autorisierende Bank die buchhalterische Haftung fuumlr die betreffende Forderung uumlbernimmt

90 Siehe oben Autorisierung91 BGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 2290892 Das Markenzeichen bdquoECldquo wird jetzt als bdquoelectronic cashldquo fortgefuumlhrt93 Siehe oben Clearing

5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

Das Cashing im Ausland unterliegt gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB dem deutschen Strafrecht Das Aus-spaumlhen im Inland bildet fuumlr den Mittaumlter einen ei-genen Tatort (sect 9 Abs 1 StGB) und fuumlr den Teil-nehmer greifen sect 9 Abs 2 S 1 S 2 StGB We-gen des im Ausland vollendeten Computerbetru-ges tritt der Taterfolg zunaumlchst bei der karten-ausgebenden Bank (Buchung gegen das interne CPD-Konto) und im Zuge des Clearingverfah-rens zulasten des einzelnen Bankkunden ein so dass der Erfolgsort gemaumlszlig sect 9 Abs 1 StGB im Inland liegt

Das Cashing ndash ob im Ausland mit inlaumlndischen oder im Inland mit auslaumlndischen Kartendaten und PIN - stellt sich deshalb als die Vollendung des gewerbsmaumlszligigen Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tatein-heit mit gewerbsmaumlszligigem Computerbetrug ge-maumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB dar 94

Eine Ausnahme bilden die vollstaumlndigen Aus-landstaten in denen das Cashing im Ausland mit auslaumlndischen Kartendaten erfolgt Sie haben keinen inlaumlndischen Handlungs- oder Erfolgsort so dass das Weltrechtsprinzip gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB unmittelbar greift wenn die auslaumlndischen Taumlter im Inland ergriffen werden (sect 9 StPO) oder sich hier niedergelassen haben (sect 8 StPO) Die Taumlter koumlnnen wegen des Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten verfolgt werden nicht aber we-gen Computerbetruges fuumlr den das Weltrechts-prinzip nicht gilt 95

94 Das Landgericht Hannover ist am 17112009 mei-nen rechtlichen Auffassungen gefolgt (rechtskraumlftig seit Ende April 2010)CF Skimming-Rechtsprechung 1811200995 Wegen der Strafverfolgung Deutscher und solcher Auslaumlnder die nicht abgeschoben werden koumlnnen siehe sect 7 Abs 2 StGB

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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oder des EMV-Chips gepraumlgt Als besondere Si-cherungen im Hinblick auf die Kodierung sind an erster Stelle das Maschinenlesbare Merkmal die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Siche-rungsmechanismen im EMV-Chip zu nennen der zudem einen verschluumlsselten Datenverkehr zulassen soll

Im Hinblick auf die Garantiefunktion kommt als gestaltendes Element eine besondere Bedeu-tung dem Label zu das die Karte als eine solche ausweist die am Onlineverfahren zur Autorisie-rung und Genehmigung teilnimmt Die besonde-re Sicherheitsmerkmale in Bezug auf die Garan-tiefunktion sind dieselben die auch zur allgemei-nen Kartensicherheit dienen Das sind vor allem die Pruumlfwerte auf dem Magnetstreifen und die Si-cherungsmechanismen im EMV-Chip Von be-sonderer Bedeutung ist insoweit die PIN die im Autorisierungsverfahren gepruumlft wird Im Zusam-menhang mit sect 152b Abs 4 Nr 2 StGB kommt auch den Verschluumlsselungsmechanismen im EMV-Chip eine besondere Bedeutung zu er ist jedoch noch nicht allgemein verbreitet 83

4 Garantiefunktion

sect 152a Abs 1 StGB schuumltzt inlaumlndische und aus-laumlndische Zahlungskarten und geldwerte Wertpa-piere (Schecks Wechsel) vor ihrer Faumllschung wenn sie von einem Kredit- oder Finanzdienst-leistungsinstitut herausgegeben wurden (sect 152a Abs 4 Nr 1 StGB) und durch ihre Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind (sect 152a Abs 4 Nr 2 StGB) 84 Die-se Voraussetzungen liegen angesichts der be-schriebenen Sicherheitsmerkmale bei den uumlbli-

83 Falsch programmierte EMV-Chips haben Anfang 2010 zu erheblichen Irritationen gefuumlhrt Im Onlinever-fahren zeigt die Kodierung des Magnetstreifens an dass die Karte uumlber einen EMV-Chip verfuumlgt Damit soll das POS-Terminal angewiesen werden den Chip auszulesen und dessen Sicherheitsfunktionen zu nut-zen Mit einfachem Klebeband laumlsst sich der Chip je-doch abdecken so dass das Terminal ihn als defekt betrachtet Darauf beschraumlnkt es sich auf die Pruumlfung des Magnetstreifens84 CF Skimming und Faumllschungsrecht 13042009

chen von Banken herausgegebenen Karten vor 85

Die Garantiefunktion wird darin gesehen dass das die Karte ausgebende Unternehmen sich gegenuumlber Vertragsunternehmen ltverpflichtetgt deren Forderungen gegen den Kartenbenutzer zu bezahlen 86 Diese Definition nimmt sect 152b Abs 4 StGB auf und definiert die Zahlungskarten mit Garantiefunktion als Kredit- Euroscheck- und sonstige Karten die es ermoumlglichen den Aus-steller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen 87 Die Modalitaumlten des Forderungsausgleiches zwischen der Bank und ihrem Kunden wirken sich darauf nicht aus

In Literatur und Rechtsprechung bestehen an der Garantiefunktion keine Zweifel wenn es sich um Kreditkarten handelt bei denen der Auszah-lungsbetrag gegen ein eigenes Konto des Kar-tenausstellers erfolgt Die bekanntesten Kredit-kartenverbuumlnde sind die von American Express Master und Visa 88 Die Autorisierung im Online-verfahren und die damit verbundene Genehmi-gung ohne die keine Verfuumlgung akzeptiert wird ist bei Kredit- und Debitkarten jedoch identisch 89 so dass auch die Debitkarten die an dem Autori-sierungsverfahren teilnehmen koumlnnen Karten

85 Siehe oben Faumllschungssicherung86 BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392 Rn 9Die Entscheidung betrifft den Kredit- und Scheckkar-tenmissbrauch gemaumlszlig sect 266b StGB und unterschei-det deshalb zwischen Einziehungsverfahren und Last-schriftverfahren Im Lastschriftverfahren traumlgt das Ausfallrisiko der Akzeptant so dass die Karten aus-stellende Bank nicht geschaumldigt wird (ebenda)87 Fuumlr die EC-Karte hat der BGH anerkannt dass sie auch dann eine Garantiefunktion hat wenn sie im Lastschriftverfahren eingesetzt wird BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 2840088 Siehe die Uumlbersicht und Erklaumlrungen bei kartensicherheitde ndash Zahlungsverfahren89 In BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909 Rn 4 spricht das Gericht unklar von falschen Kreditkar-ten mit Garantiefunktion meint jedoch Kreditkarten als solche die nach Art der ausstellenden Banken be-druckt und mit den Labeln von Visa oder Master ver-sehen waren

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mit Garantiefunktion sind 90 Fuumlr die Strafbarkeit nach sect 152b StGB kommt es nur darauf an dass die Garantiefunktion besteht und nicht auch dar-auf dass der Taumlter sie in Anspruch nehmen will 91

Dem Schutz des sect 152a StGB unterliegen schlieszliglich auch andere Zahlungskarten von Fi-nanzdienstleistungsinstituten zum Beispiel Tank- und Telefonkarten die hier nicht weiter be-trachtet werden

Die vom Gesetzestext genannten Euroschecks und -karten gibt es seit 2002 nicht mehr An ihre Stelle ist das (auch vorher schon praktizierte) Autorisierungsverfahren getreten Wie beim EC-Verfahren 92 geht es ihm um die Garantie des Ausstellers wegen der Auszahlung nur dass die durch den Euroscheck verbuumlrgte und von der EC-Karte autorisierte Garantie uumlbergegangen ist zum Genehmigungscode den der Aussteller in jedem POS-Verfahren uumlbermittelt wenn er die Buchung genehmigt Das EC-Verfahren hat da-durch eine neue Auspraumlgung erfahren Waumlhrend das klassische Modell eine fruumlhe Autorisierung bei der Ausgabe der Schecks durchgefuumlhrt hat erfolgt sie jetzt in Echtzeit durch die Uumlbermittlung des Genehmigungscodes Nicht anders als im al-ten Verfahren erfolgt die Buchung der Forderung gegen die Bank zunaumlchst auf einem ihrer Zwi-schenkonten 93 was der Ausgabe der Euro-schecks gleich kommt Das zeigt auch dass die autorisierende Bank die buchhalterische Haftung fuumlr die betreffende Forderung uumlbernimmt

90 Siehe oben Autorisierung91 BGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 2290892 Das Markenzeichen bdquoECldquo wird jetzt als bdquoelectronic cashldquo fortgefuumlhrt93 Siehe oben Clearing

5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

Das Cashing im Ausland unterliegt gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB dem deutschen Strafrecht Das Aus-spaumlhen im Inland bildet fuumlr den Mittaumlter einen ei-genen Tatort (sect 9 Abs 1 StGB) und fuumlr den Teil-nehmer greifen sect 9 Abs 2 S 1 S 2 StGB We-gen des im Ausland vollendeten Computerbetru-ges tritt der Taterfolg zunaumlchst bei der karten-ausgebenden Bank (Buchung gegen das interne CPD-Konto) und im Zuge des Clearingverfah-rens zulasten des einzelnen Bankkunden ein so dass der Erfolgsort gemaumlszlig sect 9 Abs 1 StGB im Inland liegt

Das Cashing ndash ob im Ausland mit inlaumlndischen oder im Inland mit auslaumlndischen Kartendaten und PIN - stellt sich deshalb als die Vollendung des gewerbsmaumlszligigen Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tatein-heit mit gewerbsmaumlszligigem Computerbetrug ge-maumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB dar 94

Eine Ausnahme bilden die vollstaumlndigen Aus-landstaten in denen das Cashing im Ausland mit auslaumlndischen Kartendaten erfolgt Sie haben keinen inlaumlndischen Handlungs- oder Erfolgsort so dass das Weltrechtsprinzip gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB unmittelbar greift wenn die auslaumlndischen Taumlter im Inland ergriffen werden (sect 9 StPO) oder sich hier niedergelassen haben (sect 8 StPO) Die Taumlter koumlnnen wegen des Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten verfolgt werden nicht aber we-gen Computerbetruges fuumlr den das Weltrechts-prinzip nicht gilt 95

94 Das Landgericht Hannover ist am 17112009 mei-nen rechtlichen Auffassungen gefolgt (rechtskraumlftig seit Ende April 2010)CF Skimming-Rechtsprechung 1811200995 Wegen der Strafverfolgung Deutscher und solcher Auslaumlnder die nicht abgeschoben werden koumlnnen siehe sect 7 Abs 2 StGB

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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mit Garantiefunktion sind 90 Fuumlr die Strafbarkeit nach sect 152b StGB kommt es nur darauf an dass die Garantiefunktion besteht und nicht auch dar-auf dass der Taumlter sie in Anspruch nehmen will 91

Dem Schutz des sect 152a StGB unterliegen schlieszliglich auch andere Zahlungskarten von Fi-nanzdienstleistungsinstituten zum Beispiel Tank- und Telefonkarten die hier nicht weiter be-trachtet werden

Die vom Gesetzestext genannten Euroschecks und -karten gibt es seit 2002 nicht mehr An ihre Stelle ist das (auch vorher schon praktizierte) Autorisierungsverfahren getreten Wie beim EC-Verfahren 92 geht es ihm um die Garantie des Ausstellers wegen der Auszahlung nur dass die durch den Euroscheck verbuumlrgte und von der EC-Karte autorisierte Garantie uumlbergegangen ist zum Genehmigungscode den der Aussteller in jedem POS-Verfahren uumlbermittelt wenn er die Buchung genehmigt Das EC-Verfahren hat da-durch eine neue Auspraumlgung erfahren Waumlhrend das klassische Modell eine fruumlhe Autorisierung bei der Ausgabe der Schecks durchgefuumlhrt hat erfolgt sie jetzt in Echtzeit durch die Uumlbermittlung des Genehmigungscodes Nicht anders als im al-ten Verfahren erfolgt die Buchung der Forderung gegen die Bank zunaumlchst auf einem ihrer Zwi-schenkonten 93 was der Ausgabe der Euro-schecks gleich kommt Das zeigt auch dass die autorisierende Bank die buchhalterische Haftung fuumlr die betreffende Forderung uumlbernimmt

90 Siehe oben Autorisierung91 BGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 2290892 Das Markenzeichen bdquoECldquo wird jetzt als bdquoelectronic cashldquo fortgefuumlhrt93 Siehe oben Clearing

5 Tatorte und deutsche Gerichtsbarkeit

Das Cashing im Ausland unterliegt gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB dem deutschen Strafrecht Das Aus-spaumlhen im Inland bildet fuumlr den Mittaumlter einen ei-genen Tatort (sect 9 Abs 1 StGB) und fuumlr den Teil-nehmer greifen sect 9 Abs 2 S 1 S 2 StGB We-gen des im Ausland vollendeten Computerbetru-ges tritt der Taterfolg zunaumlchst bei der karten-ausgebenden Bank (Buchung gegen das interne CPD-Konto) und im Zuge des Clearingverfah-rens zulasten des einzelnen Bankkunden ein so dass der Erfolgsort gemaumlszlig sect 9 Abs 1 StGB im Inland liegt

Das Cashing ndash ob im Ausland mit inlaumlndischen oder im Inland mit auslaumlndischen Kartendaten und PIN - stellt sich deshalb als die Vollendung des gewerbsmaumlszligigen Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tatein-heit mit gewerbsmaumlszligigem Computerbetrug ge-maumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB dar 94

Eine Ausnahme bilden die vollstaumlndigen Aus-landstaten in denen das Cashing im Ausland mit auslaumlndischen Kartendaten erfolgt Sie haben keinen inlaumlndischen Handlungs- oder Erfolgsort so dass das Weltrechtsprinzip gemaumlszlig sect 6 Nr 7 StGB unmittelbar greift wenn die auslaumlndischen Taumlter im Inland ergriffen werden (sect 9 StPO) oder sich hier niedergelassen haben (sect 8 StPO) Die Taumlter koumlnnen wegen des Gebrauchs gefaumllschter Zahlungskarten verfolgt werden nicht aber we-gen Computerbetruges fuumlr den das Weltrechts-prinzip nicht gilt 95

94 Das Landgericht Hannover ist am 17112009 mei-nen rechtlichen Auffassungen gefolgt (rechtskraumlftig seit Ende April 2010)CF Skimming-Rechtsprechung 1811200995 Wegen der Strafverfolgung Deutscher und solcher Auslaumlnder die nicht abgeschoben werden koumlnnen siehe sect 7 Abs 2 StGB

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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51 Erfolgsort beim Computerbetrug

Im Zusammenhang mit dem Kontoeroumlffnungsbe-trug verlangt der BGH nach einer genauen Be-zeichnung des Schadens und dessen der fuumlr ihn einsteht 96 Anlass geben ihm dazu die Faumllle wenn der Taumlter unter Vorlage eines gefaumllschten Personalausweises und Taumluschung uumlber seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank ein Konto eroumlff-net und ihm - antragsgemaumlszlig - eine EC-Karte (Eurocheque-Karte) und Schecks ausgehaumlndigt werden Bereits darin kann ein vollendeter Be-trug bestehen wenn die Bank eine Auszahlung garantiert oder eine Ruumlckbelastung nicht moumlglich ist

Der BGH spricht damit das POZ-Verfahren an 97 das Ende 2006 eingestellt wurde 98 aber im Last-schriftverfahren noch immer praktiziert wird Sei-ne praktische Konsequenz ist dass nicht die kar-tenausstellende Bank sondern der Akzeptant (Einzelhaumlndler) das Ausfallrisiko traumlgt

Derartige Zweifel koumlnnen im Zusammenhang mit dem Skimming nicht auftreten weil das Autori-sierungsverfahren die Eintrittspflichten standardi-siert Mit der Uumlbermittlung des Genehmigungsco-des bdquo0ldquo unterwirft sich die kartenausgebende Bank der Einstandspflicht gegenuumlber dem Betrei-ber des POS-Terminals wegen der Summe sei-ner Forderung 99 Damit stellt sie den Betreiber als Dritten wegen der zivilrechtlichen Stoumlrungen im Innenverhaumlltnis frei Sie kann zwar in aller Re-gel auf den Karteninhaber und dessen Vermouml-gen befreiend zuruumlckgreifen haftet jedoch im Auszligenverhaumlltnis in eigener Person

Im Zuge des Clearingverfahrens aumlndert sich die Person des Geschaumldigten weil spaumltestens jetzt die Drittforderung gegen das Konto des Kunden gebucht wird Cashingangriffe werden jedoch re-96 BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508 siehe auch CF Betrug mit Zahlungskarten auf falschem Namen 2801200997 Point of Sale ohne Zahlungsgarantie ndash POZ98 Zentraler Kreditausschuss Kreditwirtschaft stellt POZ-Verfahren Ende 2006 ein 1510200499 Bei Geldautomaten ist das der Auszahlungsbetrag einschlieszliglich der Gebuumlhr

gelmaumlszligig erst danach bekannt so dass der Ge-schaumldigte des Cashings im Endeffekt immer der Kontoinhaber ist

52 schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung

In der Zwischenzeit ist die kartenausgebende Bank die Geschaumldigte nach Maszliggabe der scha-densgleichen Vermoumlgensgefaumlhrdung 100 Diese Schadenskonstruktion wird von der juumlngeren Rechtsprechung des BGH in Frage gestellt weil sie die konkreten Gefaumlhrdungsdelikte des Ver-moumlgensstrafrechts den abstrakten Gefaumlhrdungs-delikten annaumlhert 101 und deshalb vom 1 102 und vom 3 Strafsenat des BGH 103 tendenziell abge-lehnt wird An seine Stelle setzen sie einen er-weiterten Begriff des Schadens der an der Tat-vollendung nichts aumlndert und den Bankkunden fruumlhzeitig zum Geschaumldigten macht

Abzustellen ist dabei mit dem 3 Strafsenat des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses das ist die Genehmigung der Auszahlung durch die die Belastung des Kundenkontos droht und spaumltes-tens auf die Realisierung des Schadens die im Zuge des Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt Spaumltestens damit ist der wirtschaftlich bewertbare Schaden beim Kunden eingetreten

Das nachfolgende Verrechnungsverfahren ist eine vertrauensbildende Kompensation wobei die Schadensabwicklung die Bankkunden fak-tisch von den Schaumlden freistellt und den Scha-den zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbuumlnden verteilt Mit den ausgespaumlhten Daten und ihrer missbraumluchlichen Nutzung werden die betroffenen Kunden in Anwendung des erweiter-ten Schadensbegriffes unmittelbar angegriffen Wuumlrde das System der Schadensabwicklung 100 Bestaumltigt vom BVerfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007101 CF Schaden und schadensgleiche Vermoumlgensgefaumlhrdung 31012010102 BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108103 BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 33

Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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fehlen dann blieben ihre Vermoumlgen vom Ca-shing belastet und die Finanzwirtschaft haumltte ein existenzielles Vertrauensproblem

53 Vollendung

Die Tatvollendung erfolgt beim Cashing in zwei Schritten In der Schlussphase steckt der Taumlter zunaumlchst die gefaumllschte Zahlungskarte in den Geldautomaten und gibt die ausgespaumlhte PIN ein Bis zu diesem Moment kann er den Vorgang noch abbrechen und damit vom Versuch des Ge-brauchens zuruumlcktreten (sect 24 Abs 1 S 1 StGB) Sobald er jedoch die Taste bdquoBestaumltigungldquo druumlckt ist ihm der Abbruch und der Ruumlcktritt verwehrt Der Gebrauch einer Zahlungskarte mit Garantie-funktion ist damit vollendet

Etwas anderes gilt fuumlr den gleichzeitig begange-nen Computerbetrug 104 Sein Erfolg tritt erst ein sobald sich der Taumlter einen Vermoumlgensvorteil verschafft hat Das ist der Fall wenn der Geldau-tomat das angeforderte Geld zur Entnahme prauml-sentiert und der Taumlter es nimmt Zu diesem Zeit-punkt ist eine schadensgleiche Vermoumlgensge-faumlhrdung bei der kartenausgebenden Bank sowie ndash nach dem erweiterten Schadensbegriff ndash ein Schaden beim Bankkunden eingetreten weil der Geldautomat den Genehmigungscode empfan-gen die Bank eine Buchung des Auszahlungs-betrages und der Gebuumlhr zulasten eines bankin-ternen Kontos (Conto pro Diverse - CPD) vorge-nommen und der Bankkunde eine Buchung in gleicher Houmlhe gegen sein Kredit- oder laufendes Konto zu erwarten hat

Im anschlieszligenden Clearingverfahren wird der tatbestandliche Erfolg verschoben Bankintern wird dabei die Verbindlichkeit aus dem CPD mit der Clearingstelle verrechnet und gleichzeitig ge-gen das Girokonto des Kunden gebucht Dort tritt abschlieszligend der Schaden also der betruumlgeri-sche Erfolg ein

Aufgrund der Garantiefunktion die mit der Mittei-lung des Genehmigungscodes verbunden ist ist 104BGH Beschluss vom 23062010 ndash 2 StR 24310 Rn 3

der Schadenserfolg jedoch bereits eingetreten sobald der Genehmigungscode uumlbermittelt wur-de Die Vollendung des Computerbetruges tritt somit ein sobald der Taumlter das Geld aus dem Geldautomaten nimmt

6 Beginn des Versuchsstadiums

In einer wegen ihres Sachverhalts nicht einschlauml-gigen Entscheidung hat der BGH im Januar 2010 den Beginn des Versuchs beim Faumllschens von Zahlungskarten streng ausgelegt 105 Der Ver-such beginnt somit erst unmittelbar beim Faumll-schungsvorgang selber

bdquoDanach ist ein Versuch des (gewerbs- und ban-denmaumlszligigen) Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (sectsect 152b Abs 1 und 2 152a Abs 1 Nr 1 22 23 Abs 1 StGB) erst dann gegeben wenn der Taumlter vorsaumltzlich und in der tatbestandsmaumlszligigen Absicht mit der Faumllschungs-handlung selbst ndash also dem Herstellen der falschen Karte hellip - beginnt Zum Versuch des Nachmachens setzt hingegen noch nicht an wer sich lediglich ndash wie hier ndash darum bemuumlht Karten-rohlinge ausgehaumlndigt zu erhalten um zu einem nicht festgestellten spaumlteren Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnenldquo

Der BGH betrachtet dabei einen nicht als Mittaumlter oder Bandenmitglied handelnden Taumlter Hinzu kommt dass die in Frage stehenden Karten noch keine Individualmerkmale zeigten Sie ver-fuumlgten uumlber Aufdrucke und Logos der ausstellen-den Bank aber uumlber keine Kundennamen keine Konto- oder Kartennummern und keine Daten auf den Magnetstreifen 106 In dieser Form sind die Rohlinge tatsaumlchlich den Tatgegenstaumlnden vergleichbar die klassisch von sect 149 StGB an-gesprochen werden (Druckstoumlcke Papiere)

Eine klare Aussage zum Skimming gibt es je-doch noch nicht

105 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9106 Der BGH verweist ua auf OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204 der Lebenssachverhalt ist in beiden Faumlllen derselbe

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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61 Versuch der Kartenfaumllschung

sect 22 StGB verlangt fuumlr den Versuchsbeginn dass der Taumlter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmit-telbar ansetzen muss Nach gefestigter Recht-sprechung beginnt das Versuchsstadium sobald der Taumlter nach seinen Vorstellungen vom kon-kreten Tatplan eines von mehreren Tatbestands-merkmalen erfuumlllt oder seine Handlung unmittel-bar in die Tatbestandsverwirklichung einmuumlndet Der BGH hat das treffend mit dem Wortbild be-zeichnet bdquoJetzt geht es losldquo 107

bdquoDies ist insbesondere der Fall wenn der Taumlter subjektiv die Schwelle zum jetzt geht es los uumlberschreitet es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbe-standsmaumlszligigen Angriffshandlung ansetzt so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfuumll-lung des Tatbestandes uumlbergehtldquo

Muss der Taumlter erst noch mehrere Willensent-scheidungen treffen oder wird der Tatbestand erst nach mehreren zeitlich und raumlumlich ge-trennten Handlungsschritten erfuumlllt dann bewegt sich der Taumlter noch im Vorbereitungs- und noch nicht im Versuchsstadium

Das arbeitsteilige Skimming koumlnnte nach einer besonderen Auslegung verlangen Seine Taumlter wollen keine Grundstoffe fuumlr beliebige Taten be-schaffen sondern tragen unmittelbar zur Indivi-dualisierung der geplanten Faumllschungen bei wo-bei die ausgespaumlhten Kartendaten zum Nachma-chen von Zahlungskarten verwendet werden sol-len Mit dem BGH koumlnnte deshalb eine weniger strenge Auslegung zum Tragen kommen 108

bdquoAuch eine fruumlhere vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begruumln-den Dies gilt aber nur dann wenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirkli-chung unmittelbar einmuumlndet oder mit ihr in un-mittelbarem raumlumlichen und zeitlichen Zusam-

107 BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107 Rn 17108 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4

menhang steht Diese abstrakten Maszligstaumlbe be-duumlrfen jedoch stets der wertenden Konkretisie-rung unter Beachtung der Umstaumlnde des Einzel-falles Hierbei koumlnnen etwa die Dichte des Tat-plans oder der Grad der Rechtsgutsgefaumlhrdung der aus Sicht des Taumlters durch die zu beurteilen-de Handlung bewirkt wird fuumlr die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnenldquo

Fuumlr die weniger strenge Auslegung spricht dass der Gesetzgeber das Herstellen Feilbieten und Sich-Verschaffen von Skimmern zur Straftat im Vorbereitungsstadium erklaumlrt hat 109 In logischer Konsequenz koumlnnte ihr Einsatz mit dem Ziel der Tatvollendung den Beginn des Versuchsstadi-ums einleiten

Angesichts der schweren Strafdrohung von sect 152b StGB ist von der Rechtsprechung zu erwar-ten dass sie auch auf das Skimming die strenge Auslegung anwenden wird Das legen bereits die Arbeitsschritte nahe die dem Ausspaumlhen der Kartendaten folgen Synchronisation der aus zwei Quellen stammenden Kartendaten und PIN sowie die Uumlbermittlung der Dumps an die Hinter-leute oder Mittaumlter im Ausland

Soweit ich bisher vertreten habe dass der Ver-such im Hinblick auf den Einsatz des arbeitsteilig handelnden Skimmers in dem Moment beginnt wenn er das praumlparierte Kartenlesegeraumlt nimmt (noch Vorbereitungsstadium) und beginnt es zu installieren (schon Versuchsstadium) ist das eine moumlgliche aber weniger wahrscheinliche Auslegung Die weiteren Ausfuumlhrungen setzen deshalb die strenge Auslegung des Versuchsbe-ginns zugrunde

109 sect 152a Abs 5 und sect 152b Abs 5 StGB verweisen beide auf den Gefaumlhrdungstatbestand des sect 149 StGB Wegen der weiteren Einzelheiten siehe untenDie Tathandlungen fasse ich nach dem Vorbild des Waffenrechts mit dem Begriff des bdquoUmgangsldquo zusam-men

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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62 Versuch des Computerbetruges

Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen Gefaumlhr-dungstatbestand im Vorfeld des strafbaren Ver-suchs (sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 2 StGB) Er beschraumlnkt sich jedoch auf die bdquoComputerpro-grammeldquo und bezieht die bdquoaumlhnlichen Vorrichtun-genldquo die in sect 149 Abs 1 StGB genannt werden nicht mit ein Das folgt einerseits aus sect 263a Abs 4 StGB der nur auf die Ruumlcktrittsregeln der Absaumltze 2 und 3 des sect 149 StGB verweist und andererseits aus sect 149 Abs 1 StGB der nur die Faumllschung selber der Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium unterwirft Das betrifft die Herstel-lung gefaumllschter Zahlungskarten nicht aber auch ihren Gebrauch

Die Folge davon ist dass wegen der Ausspaumlhge-raumlte fuumlr PIN-Eingaben nur solche bdquoProgrammeldquo zur Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium fuumlhren die fuumlr den besonderen Zweck des Ausspaumlhens installiert oder eingerichtet werden Das ist bei allen Geraumlten der Fall die aus Einzelteilen ge-baut und dabei eine eigene Elektronik eingebaut bekommen also bei Tastaturaufsaumltzen und selbst gebauten getarnten Kameras Dort wo Mobiltelefone oder digitale Kameras verbaut wer-den ohne deren Elektronik zu veraumlndern greift die Rechtsprechung des BVerfG zum Hacker-strafrecht Es handelt sich bei ihnen um strafneu-trale Dual Use-Produkte 110

Zwischen dem Ausspaumlhen der PIN und ihren missbraumluchlichen Einsaumltzen liegen mehrere Ar-beitsschritte Zunaumlchst muumlssen die ausgespaumlh-ten Daten synchronisiert und Zahlungskarten ge-faumllscht werden Das fuumlhrt dazu dass der Ver-such des Computerbetruges mit dem Gebrauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion zusammen faumlllt Das Ausspaumlhen der PIN ihre Synchronisation mit den ausgespaumlhten Karten-daten und ihr Transport zwischen den beteiligten Mittaumltern ist noch im Vorbereitungsstadium ange-siedelt

110 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch CF Klarstellungen zum Hackerstrafrecht 20062009

63 Ruumlcktritt vom Versuch

In arbeitsteiligen Taumlterverbuumlnden machen sich auch der Mittaumlter und der Gehilfe strafbar wenn die Tatbestandsvollendung ndash aufbauend auf ih-ren Vorleistungen im Vorbereitungs- oder Ver-suchsstadium - erst durch andere Tatgenossen erfolgt

Sobald das Versuchsstadium erreicht ist kann der vollendend handelnde Tatgenosse nur dann strafbefreiend vom Versuch zuruumlcktreten (sect 24 StGB) wenn er Anstrengungen unternimmt die Tatvollendung wirklich zu verhindern Deshalb neigt der Generalbundesanwalt zu einer zuruumlck-haltenden Anwendung der Ruumlcktrittsregeln und laumlsst voruumlbergehende technische Stoumlrungen die behoben werden koumlnnen 111 und Abbauten der Ausspaumlhgeraumlte zur Vermeidung der Entdeckung nicht ausreichen Das passt zur Entscheidungs-praxis des BGH der dem Taumlter nicht ohne Not die Straffreiheit des Ruumlcktritts zubilligt 112 Im Zu-sammenhang mit dem Skimming hat das Gericht bei mehrtaumlgigem Ausspaumlhen je nach den Um-staumlnden Tatmehrheit (sect 53 StGB) und Tateinheit (sect 52 StGB) angenommen 113

In arbeitsteiligen Skimmingstrukturen endet die Tatherrschaft des Skimmers sobald er die aus-gespaumlhten Daten an die bdquoNachtaumlterldquo der Organi-sation meldet Er bleibt nur dann straffrei wenn er sich ernsthaft gegen den Taterfolg wendet (sect 24 Abs 2 StGB) die Nachtaumlter auf die geplante Vollendung verzichten oder die Tat ohne seinen Tatbeitrag ausfuumlhren Im Zusammenhang mit dem arbeitsteiligen Skimming bedeutet das dass sie zwar das Faumllschen und das Cashing durch-fuumlhren aber nur mit anderen Kartendaten als die die vom Skimmer (Ausspaumlher) stammen

111 Siehe oben Kasten vor 21 Ausspaumlhen von Da-ten112 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6 siehe auch CF Grenzen des Ruumlcktritts 12072009113 BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504 S 9

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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7 Vorbereitungshandlungen

sect 149 StGB stellt im Vorfeld der Geld- und Wert-papierfaumllschung den Umgang also die Herstel-lung von den Verkehr mit (Sich-Verschaffen ei-nem anderen Verschaffen feilbieten) und das Verwahren von besonderen Faumllschungsgrund-stoffen und Werkzeugen unter Strafe Die sectsect 152a Abs 5 und 152b Abs 5 StGB verweisen auf diese Vorschrift so dass jedenfalls seit 2003 auch der Umgang mit Programmen und aumlhnli-chen Vorrichtungen mit Strafe bedroht ist 114 Auch sect 263a Abs 3 StGB schafft einen entspre-chenden Gefaumlhrdungstatbestand soweit es um den Umgang mit Programmen geht die beson-ders fuumlr den Computerbetrug geschaffen wurden oder eingesetzt werden sollen 115 Schlieszliglich er-weitert sect 303b Abs 5 StGB unter Verweis auf sect 202c StGB die Strafbarkeit der Computersabota-ge im Vorbereitungsstadium auf den Umgang mit dazu bestimmten Computerprogrammen (sect 202c Abs 1 Nr 2 StGB) sowie ausdruumlcklich auf Pass-woumlrter und sonstige Sicherungscodes (sect 202c Abs 1 Nr 1 StGB) 116 Diese drei unterschiedli-chen Gefaumlhrdungstatbestaumlnde fuumlhren dazu dass bereits der Umgang ndash hier in den Formen des Sich-Verschaffens und Verwahrens ndash fuumlr die meisten zum Skimming eingesetzten Ausspaumlh-geraumlte mit geringen Strafen bedroht ist

Eine noch offene Frage ist die ob die von sect 263a Abs 3 StGB angesprochenen Programme nur beim Computerbetrug selber eingesetzt werden duumlrfen oder auch solche umfassen die zum Aus-spaumlhen von PIN dienen Die aumlltere Rechtspre-chung zu den Faumllschungswerkzeugen 117 hat je-denfalls den sect 149 StGB restriktiv ausgelegt und nur solche Werkzeuge gelten lassen die unmit-telbar zum Faumllschen bestimmt sind sect 263a Abs 3 StGB setzt nur voraus dass es der Zweck des

114 Siehe auch oben 61 Versuch der Kartenfaumll-schung115 Siehe auch oben 62 Versuch des Computerbe-truges116 Siehe auch oben 23 PIN-Skimming und Compu-tersabotage117 Siehe unten 71 Kartenlesegeraumlte

Programms sein muss einen Computerbetrug zu begehen Dieser Wortlaut enthaumllt keine Be-schraumlnkung darauf dass das Programm nur bei der Tatvollendung eingesetzt werden darf Ich schlieszlige daraus dass auch die Computerpro-gramme umfasst sind die fuumlr das Ausspaumlhen er-stellt werden

Wenn hier zwischen Karten-Skimmern und PIN-Skimmern unterschieden wird so bildet ihr zeit-gleicher Einsatz eine Tateinheit (sect 52 StGB)

Obwohl die Verabredung zu einem Verbrechen auch im Vorbereitungsstadium angesiedelt ist gehe ich auf sie erst im Anschluss an die Aus-fuumlhrungen zur Mittaumlterschaft und zur Bande ein weil auch sie meistens mehrere Beteiligte erfor-dert

71 Kartenlesegeraumlte

Noch 2003 hat der BGH den Umgang mit Skim-mern also mit Kartenlesegeraumlten als nicht straf-bar im Sinne von sect 149 StGB angesehen 118 Ausschlaggebend dafuumlr war dass die Regelbei-spiele dieses Gefaumlhrdungstatbestandes (Druck-stoumlcke und Papiere fuumlr die Faumllschung von Bank-noten) zur unmittelbaren Herstellung der Faumll-schungen dienen nicht aber wie das Kartenle-segeraumlt zur Vorbereitung der Faumllschungen Es ist vergleichbar einer Kamera und ihrem Foto mit dem das Abbild einer Note oder eines Wert-papiers angefertigt wird um dieses auf Druckstouml-cke oder Papiere zu uumlbertragen

Mit Wirkung vom 30082003 wurde sect 149 Abs 1 Nr 1 StGB geaumlndert und umfasst jetzt auch bdquoComputerprogramme oder aumlhnliche Vorrichtun-gen die ihrer Art nach zur Begehung der Tat ge-eignet sindldquo Der Generalbundesanwalt hat aus der Gesetzesaumlnderung in zwei mir bekannten Faumlllen gefolgert dass jetzt jedenfalls auch der Umgang mit Skimmern im Vorbereitungsstadium strafbewehrt ist 119 In beiden Faumlllen hat der BGH 118 BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703119 Stellungnahmen des GBA zu BGH Beschluss vom 09092008 - 1 StR 41408 und BGH Beschluss vom 26012010 - 3 StR 53909 Siehe auch Fischer sect 149

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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die Revisionen der verurteilten Skimmer ohne Begruumlndung verworfen

Dies ist jedenfalls fuumlr die Skimmer der Fall die zum Zweck des Skimmings mit einem digitalen Speicher oder einer Funkeinrichtung 120 ausge-stattet also umgebaut wurden

Als Vorrichtungen im Sinne von sect 149 StGB be-trachte ich die Stromversorgung das Lesemodul den Speicher und die kleine Hardware fuumlr die kleine Computerlogik die die Komponenten ver-bindet Das bdquoProgrammldquo sind die verbindenden Computerroutinen

Danach ist der Umgang mit Skimmern mit Strafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht

Auf der inneren Tatseite setzt sect 149 StGB vor-aus dass der Taumlter eine Geldfaumllschung vorberei-tet Ist das nicht der Fall senkt sich die Strafdro-hung auf 3 Jahre Freiheitsstrafe im Houmlchstmaszlig Denselben Fall spricht auch sect 127 OWiG an der die Zahlungskarten aus den sectsect 152a 152b StGB ausdruumlcklich benennt (sect 127 Abs 3 OWiG) Die Ordnungswidrigkeit ist mit einer Geldbuszlige bis 10000 Euro bedroht

72 Kameras

Eine uumlbliche Methode zum Ausspaumlhen der PIN ist die Installation einer Kamera die auf das Tas-taturfeld ausgerichtet wird Die PIN wird jedoch nicht fuumlr das Nachmachen der eingesetzten Zah-lungskarten benoumltigt sondern nur zu ihrem Ge-brauch und vor allem zum geplanten Computer-betrug Deshalb kann ein strafbarer Umgang mit Kameras nicht aus sect 149 StGB abgeleitet wer-den der sich auf den Vorgang des Faumllschens beschraumlnkt sondern nur aus den beiden ande-ren Gefaumlhrdungsdelikten mit Bezug zum Compu-terbetrug und zur Computersabotage

sect 263a Abs 3 StGB beschraumlnkt die strafrechtli-che Haftung im Vorbereitungsstadium auf den

StGB Rn 3120 Die Funktechnik wird selten beobachtet weil sie zu viel Strom verbraucht und deshalb die Ausspaumlhzeit verringert

Umgang mit Programmen und schlieszligt nicht auch auf die aus sect 149 StGB bekannten bdquoaumlhnli-chen Vorrichtungenldquo mit ein Das zielt nur auf die Software nicht aber auch auf die Hardware und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung der bekannten Kamerainstallationen zum Skim-ming

Eine aumlltere Form besteht in dem Einbau von elektronischen Bauteilen in einen Halter fuumlr Wer-bematerial der an die Innenwand des Geldauto-maten geklebt wird Hierbei werden Kamera Stromversorgung und Speicher verwendet die mit Hilfe eines Schaltung zusammengefuumlhrt wer-den Diese Schaltung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen wer-den Dasselbe gilt fuumlr den juumlngst bekannt gewor-denen Einbau in einen vorgetaumluschten Sichtschutz fuumlr die Tastatur 121

In Rauchmeldern und Kameraleisten werden in aller Regel handelsuumlbliche Digitalkameras oder Mobiltelefone mit Kamerafunktion eingebaut Zum Betrieb werden ihre internen Speicher und Steuerungen verwendet so dass sie als Dual Use-Komponenten zu betrachten und der Um-gang mit ihnen im Anschluss an die Rechtspre-chung des BVerfG als straflos anzusehen sind 122 Besondere Computerprogramme kommen dabei nicht zum Einsatz

Sobald handelsuumlbliche Geraumlte erfolgreich einge-setzt werden also spaumltestens die Eingabe der PIN eines zweiten Kunden ausgespaumlht wurde kommt die Strafbarkeit im Hinblick auf die Com-putersabotage zum Zuge (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) weil sich die Taumlter damit Passwoumlrter ver-schafft haben

Die Einschraumlnkung dahin dass mindestens zwei PIN ausgespaumlht sein muumlssen folgt aus der For-mulierung des sect 202c StGB der die Mehrzahl verwendet Im Zusammenhang mit dem Faumll-schen von Zahlungskarten verwendet des Ge-setz ebenfalls die Mehrzahl Dem entgegen hat 121 CF Sichtblende mit Kamera 26062010122 BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408 siehe auch oben 62 Ver-such des Computerbetruges

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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der BGH bereits die Faumllschung einer EC-Karte genuumlgen lassen 123 weil er die Gefaumlhrlichkeit be-reits einer einzelnen Tathandlung als ausrei-chend angesehen hat Das laumlsst sich angesichts der geringen Strafdrohung von einem Jahr Frei-heitsstrafe im Houmlchstmaszlig nicht auf das Ausspauml-hen von PIN uumlbertragen

73 Tastaturaufsaumltze

Ein Tastaturaufsatz ist ein handwerklich gefertig-tes Einzelstuumlck das die Tastatur eines Geldauto-maten taumluschend nachahmt und eine Stromver-sorgung ein Speichermodul sowie eine elektro-nische Steuerung aufweist so dass die Tasten-eingaben gespeichert werden Diese Steuerung kann als Programm im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB angesehen werden

Dasselbe gilt fuumlr vollstaumlndige Fassaden (Front Covering) die den Geldautomaten mit Ausnah-me des Bildschirms vollstaumlndig abdecken Die dabei eingesetzten Tastaturen muumlssen uumlber ein Programm verfuumlgen das fuumlr die Speicherung der Eingaben sorgt

123 BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400 Rn 11

8 Mittaumlter und Bande

Arbeitsteilig handelnde Taumlter sind Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB) wenn sie in einem gemeinsamen Tatplan handeln der mehrgliedrig ist und in des-sen einzelner Phase der Taumlter nach seiner Vor-stellung Tatherrschaft ausuumlbt Ihn unterstuumltzen kann der Gehilfe (sect 27 Abs 1 StGB) der keine Tatherrschaft ausuumlbt sondern sich dem Taumlter unterordnet 124 Er hat keine Tatherrschaft und uumlbt in aller Regel eine ganz untergeordnete Tauml-tigkeit aus 125

Der Beurteilungsmaszligstab ist stark subjektiv ge-praumlgt bdquoMittaumlterschaft liegt dann vor wenn ein Tatbeteiligter nicht bloszlig fremdes Tun foumlrdern will sondern seinen Beitrag als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumln-zung seines eigenen Tatanteils will Ob ein Be-teiligter dieses enge Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den gesamten von seiner Vorstellung um-fassten Umstaumlnden in wertender Betrachtung zu

124 Siehe zur Abgrenzung BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109 und die Zi-tate in den Kaumlsten oben sowie auf der Folgeseite Weitere Zitate werden bei CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009 diskutiert125 BGH Beschluss vom 02022010 - 3 StR 410 (Bunkerhalter und Kurier beim BtM-Handel)

Mittaumlter nach sect 25 Abs 2 StGB ist wer nicht nur fremdes Tun foumlrdert sondern einen eigenen Bei-trag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfuumlgt dass dieser als Teil der Taumltigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergaumlnzung seines ei-genen Tatanteils erscheint Ob ein Beteiligter ein so enges Verhaumlltnis zur Tat hat ist nach den ge-samten Umstaumlnden die von seiner Vorstellung umfasst sind in wertender Betrachtung zu beurtei-len () Wesentliche Anhaltspunkte koumlnnen der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat muumlssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbetei-ligten maszliggeblich auch von seinem Willen abhaumln-gen Dabei deutet eine ganz untergeordnete Taumltig-keit schon objektiv darauf hin dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st Rspr )

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

Nach sect 27 Abs 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar wer (vorsaumltzlich) einem anderen zu des-sen (vorsaumltzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet Nach staumlndiger Rechtsprechung () ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsaumltzlich jede Handlung anzusehen die die Herbeifuumlhrung des Taterfolges durch den Haupttaumlter objektiv foumlr-dert oder erleichtert dass sie fuumlr den Eintritt die-ses Erfolges in seinem konkreten Gepraumlge in ir-gendeiner Weise kausal wird ist nicht erforderlich () Es genuumlgt dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium foumlrdert wenn die Teilnah-mehandlung mit entsprechendem Foumlrderungswil-len und -bewusstsein vorgenommen wird () Bei-hilfe zu einer Tat kann schlieszliglich schon dadurch geleistet werden dass der Gehilfe den Haupttaumlter in seinem schon gefassten Tat-entschluss bestaumlrkt und ihm ein erhoumlhtes Gefuumlhl der Sicherheit vermit-telt ()

BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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beurteilen Wesentliche Anhaltspunkte hierfuumlr koumlnnen gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder we-nigstens im Willen zur Tatherrschaft so dass Durchfuumlhrung und Ausgang der Tat maszliggeblich von seinem Willen abhaumlngenldquo 126

Die bisher gemachten Erfahrungen lassen fuumlr arbeitsteilig handelnde Skimming-Taumlter grundsaumltzlich den Schluss zu dass sie in al-len Tatphasen als Mittaumlter in fest gefuumlgten Strukturen dauerhaft zusammenarbeiten

81 arbeitsteilige Taumltergruppen

2001 hat der groszlige Senat des BGH kein neues Organisationsstrafrecht geschaffen 127 wohl aber am Beispiel des Bandendiebstahls (sect 244 Abs 1 Nr 2 StGB) die vom gemeinsamen Tatplan ge-praumlgte Zusammenarbeit von Mittaumltern auf das mittelbare Zusammenwirken erweitert 128 Dabei ist nicht mehr ausschlaggebend die Zusammen-arbeit am Tatort und im Zusammenhang mit der Vollendung oder Beendigung der Tat sondern das arbeitsteilige Zusammenwirken im Gesamt-plan also wenn ein Bandenmitglied die Tat auf-grund seiner Ortskenntnisse oder besonderer Organisationsmoumlglichkeiten plant ein anderes die erforderlichen Vorbereitungen trifft indem es die notwendigen Werkzeuge oder Transportmit-tel besorgt waumlhrend wieder ein anderes Ban-denmitglied - moumlglicherweise wegen seiner be-sonderen Kenntnisse und Faumlhigkeiten - die Sa-che wegnehmen soll und ein weiteres Banden-mitglied fuumlr den Abtransport und die Sicherung der Beute Sorge traumlgt Eine derartige Arbeitstei-lung die vor allem fuumlr organisierte und speziali-sierte Diebesbanden typisch ist ist zumindest genauso gefaumlhrlich wie die Arbeitsteilung am Ort der Wegnahme selbst

126 BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609 Rn 5127 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508128 BGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Der Mittaumlter muss sich die Tatvollendung und den kriminellen Erfolg zurechnen lassen (sect 25 Abs 2 StGB) auch wenn er an den abschlieszligen-den Tathandlungen nicht mehr beteiligt war wenn die bdquoNachtaumlterldquo seinen Tatbeitrag nutzen 129 ihr krimineller Erfolg vorhersehbar ist und sich die Beteiligten im Tatplan halten 130 Der BGH be-gruumlndet das damit dass die akzessorische Tauml-terschaft und Beteiligung ebenso gefaumlhrlich sind wie die Zusammenarbeit mehrerer Taumlter bei der Tatvollendung Die Taumlter muumlssen sich nicht un-tereinander kennen solange nur jeder den Wil-len hat sich zur kuumlnftigen Begehung von Strafta-ten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden 131

Diese Betrachtung hat der BGH auf die Beschaf-fung eines Firmenmantels unter dessen Struktur die Komplizen selbstaumlndig betruumlgerische Ge-schaumlfte begehen 132 und sogar auf spontan wir-kende Zusammenschluumlsse uumlbertragen wenn sie

129 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802130 BGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909 Rn 4 (Mittaumlterexzess)131 BGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204 S 8132 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508 siehe auch CF Mittaumlterschaft und strafrechtliche Haftung 25122009Das kann dazu fuumlhren dass die ausfuumlhrenden Taumlter mehrere materiellen Taten begehen der (den Firmen-mantel) beschaffende Taumlter aber nur eine die alle Ta-ten seiner Mittaumlter umfasst

Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen die sich mit dem Willen verbunden haben kuumlnftig fuumlr eine gewisse Dauer mehrere selbststaumlndige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen ein gefestigter Bandenwille und ein Taumltigwerden in einem uumlbergeordneten Bandeninteresse sind dem-gegenuumlber nicht mehr erforderlich () Nach deut-schem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar vielmehr fuumlhrt das Han-deln als Bandenmitglied (lediglich) dazu dass der Taumlter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbe-stand erfuumlllt sondern ein Qualifikationsmerkmal hellip Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegruumlndendes sondern ein strafschaumlr-fendes Merkmal

BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 S18

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 33

Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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gleichartige Straftaten einer umgrenzbaren Tauml-tergruppe betreffen 133

Der sozusagen vorbereitend taumltige Mittaumlter gibt sich in die Haumlnde seiner bdquoNachtaumlterldquo sobald er die Tatherrschaft wegen der (weiteren) Tataus-fuumlhrung an sie abgibt Vollenden sie schlieszliglich die Tat so treffen auch ihn die Folgen der vollen-deten Tat wegen der drohenden Strafe und des dabei verursachten Schadens 134 Bei der Straf-zumessung gemaumlszlig sect 46 Abs 2 StGB sind auch ihm bdquodie verschuldeten Auswirkungen der Tatldquo zuzurechnen

Verzichten die bdquoNachtaumlterldquo auf die geplante Tat-vollendung so kommt das auch dem vorberei-tend taumltigen Mittaumlter zugute 135 Er haftet zu-naumlchst nur fuumlr die konkreten Handlungen die er ausgeuumlbt hat wenn sie selbstaumlndig strafbar sind Deshalb verlangt der BGH wegen der Tatbeitrauml-ge arbeitsteilig handelnder Taumlter und ihrer recht-lichen Bewertung eine genaue Betrachtung des einzelnen Taumlters eine genaue Bezeichnung sei-ner Handlungen und Feststellungen dazu wie sie sich in den Gesamtplan einfuumlgen 136 Mit an-deren Worten Sind an einer Deliktsserie meh-rere Personen als Mittaumlter mittelbare Taumlter An-stifter oder Gehilfen beteiligt ist die Frage ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen nach staumlndiger Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs fuumlr jeden der Be-teiligten gesondert zu pruumlfen und zu entschei-denldquo 137

Mittaumlter und Gehilfen koumlnnen eine Bande bilden wenn sie sich bdquofuumlr eine gewisse Dauerldquo mit dem Willen verbinden bestimmte Formen von Strafta-ten gemeinsam ndash wenn auch in wechselnden Be-teiligungen ndash zu begehen Insoweit ist der Zu-sammenschluss als Bande keine selbstaumlndige

133 BGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207134 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508135 Der BGH wendet sich gegen eine ausufernden An-wendung seiner Rechtsprechung BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009 Rn 5136 BGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802137 BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Straftat sondern erst die Ausfuumlhrung einer kon-kreten Tathandlung die vom Bandenwillen um-fasst ist wobei die bandenmaumlszligige Begehung dort wo der Gesetzgeber es vorsieht 138 ein Qualifizierungsmerkmal ist das zu einer schaumlrfe-ren Strafdrohung fuumlhrt 139

Die Hinterleute in arbeitsteiligen Taumlterstrukturen sind in aller Regel keine Mittaumlter weil ihnen die Tatherrschaft fehlt Sie koumlnnen als Anstifter zu einer konkreten Straftat (sect 26 StGB) als bdquoBestim-merldquo im Zusammenhang mit einer Verbre-chensabrede (sect 30 Abs 1 StGB) oder als mittel-bare Taumlter (sect 25 Abs 1 StGB) bdquoin Faumlllen mafia-aumlhnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen bei denen der raumlumliche zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mit-taumlterschaft sprichtldquo 140

138 Siehe CF Bandenstraftaten 17012010 (mit einer Aufstellung der vom Gesetzgeber qualifizierten Tatbe-staumlnde ndash Bandenliste)139 Im Gegensatz zur Bande ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (sect 129 StGB) ein selb-staumlndiges Organisationsdelikt Mit der Abgrenzung setzt sich BGH Urteil vom 03122009 - 3 StR 27709 - (S18 ff) auseinander Siehe auch schon CF Bande Vereinigung 2008140 BGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894 Rn 84 weitere Einzelheiten CF Der Hintermann als Taumlter 03012010

Bedingt vorsaumltzliches Handeln setzt voraus dass der Taumlter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als moumlglich und nicht ganz fern liegend erkennt ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstreb-ten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet Da die Schuldformen des be-dingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlaumlssig-keit im Grenzbereich eng beieinander liegen muumls-sen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend gepruumlft und gegebenenfalls durch tatsaumlchliche Feststellungen belegt werden

BGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309 Rn 5

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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82 Tatvollendung durch Cashing

Beim Cashing wird der gewerbsmaumlszligige Ge-brauch gefaumllschter Zahlungskarten mit Garantie-funktion in Tateinheit mit gewerbsmaumlszligigem Com-puterbetrug gemaumlszlig sectsect 152a Abs 1 Nr 2 152b Abs 1 2 263a Abs 1 2 263 Abs 3 Nr 1 52 StGB vollendet Dabei bilden die verschiedenen Missbraumluche von gefaumllschten Zahlungskarten eine deliktische Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich-zeitlichen Zusammenhang erfolgen 141 Allein die Tatsache dass dabei Karten verwen-det werden deren Originale eine Garantiefunkti-on haben fuumlhrt zu einer Strafdrohung von 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

Handeln die Taumlter dabei gewerbsmaumlszligig oder als Bande erhoumlht sich der Strafrahmen auf 2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe (sectsect 152b Abs 2 sect 38 Abs 2 StGB)

Das Cashing unterliegt der deutschen Gerichts-barkeit unabhaumlngig davon wo es begangen wird und woher die Kartendaten stammen die dabei missbraucht werden 142 Nur bei vollstaumlndigen Auslandstaten ndash begangen im Ausland mit aus-laumlndischen Kartendaten ndash entfaumlllt die tateinheitli-che Strafbarkeit wegen Computerbetruges

83 Tatbeteiligung des Skimmers

Dieselbe Strafdrohung trifft den Skimmer wenn sein Handlungsbeitrag als der eines Mittaumlters an-zusehen ist und die Casher (auch) die von ihm ausgespaumlhten Daten erfolgreich missbrauchen

Im Einzelfall schwierig zu beantworten sind die Fragen nach den Vorstellungen des Skimmers vom Tatplan und seiner eigenen Tatbeteiligung (innere Tatseite) Das sind die Fragen danach ob er die abschlieszligende Tatvollendung als eige-ne (Taumlterschaft sect 25 StGB 143) er bdquosich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur voruumlber-

141 Siehe oben 24 natuumlrliche Handlungseinheiten142 Siehe oben 5 Tatorte und deutsche Gerichts-barkeit143 BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffenldquo 144 (Gewerbsmauml-szligigkeit) und sich einem Bandenwillen anschlie-szligen will (Bande) Diese Fragen werden immer nur im Rahmen einer individuellen Gesamtwuumlrdi-gung beantwortet werden koumlnnen bei der das Verhalten bei der Tat ihre Vorbereitung und das Nachtatverhalten die darin zum Ausdruck kom-menden kriminellen Erfahrungen des Taumlters und Haumlufigkeit seiner Taten im Vordergrund stehen

Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung bekannt Der BGH verlangt des-halb auch im Zusammenhang mit dem Zweifels-grundsatz ndash in dubio pro reo 145 ndash das Vorliegen von tatsaumlchlichen Anhaltspunkten um zum Bei-spiel dem Taumlter einen strafbefreienden Ruumlcktritt vom Versuch zuzubilligen 146 und wendet sich damit gegen eine unkritische Auseinanderset-zung mit den von Verteidigungsstrategien ge-faumlrbten Einlassungen 147

Von besonderer Bedeutung bei der Auseinander-setzung mit der inneren Tatseite ist dass es kei-nen legalen Verwendungszweck fuumlr ausgespaumlhte Kartendaten und PIN gibt Sie lassen sich nur an noch unbekannte Casher verkaufen oder in einer bereits organisierten Bandenstruktur verwerten Im ersten ndash erfahrungsgemaumlszlig seltenen aber nicht gaumlnzlich auszuschlieszligenden Fall ndash handeln die Skimmer grundsaumltzlich als Gehilfen und im zweiten als Mittaumlter Beachtlich ist dabei auch die besondere Gefaumlhrlichkeit ihres Handelns die be-reits in der hohen Strafdrohung des sect 152b Abs 2 StGB zum Ausdruck kommt 148 Sie laumlsst in der

144 BGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108 Rn 5145 bdquoIm Zweifel fuumlr den Angeklagtenldquo146 BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608 Rn 6147 Zur (unbeachtlichen) Verteidigererklaumlrung BGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407 siehe auch CF Prozesserklaumlrung unbeachtlich 05092007148 Darauf weist auch das BVerfG hin das auch die besonders schwere Strafdrohung in sect 152b Abs 2 StGB nicht beanstandetBVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 48

BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 49

GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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Parallelwertung der Skimmer erwarten dass sie jedenfalls mit bedingtem Vorsatz billigen 149

In den Faumlllen in denen es nicht zur Vollendung durch Mittaumlter kommt stellt sich mit Nachdruck die Frage nach dem Beginn des Versuchsstadi-ums 150 im Zusammenhang mit dem Faumllschen von Zahlungskarten Bei strenger Betrachtung beginnt es erst beim unmittelbaren Ansetzen zum Faumllschen selber 151 wobei der BGH noch keine Stellung zum arbeitsteiligen Skimming ge-nommen hat und in anderen Faumlllen auch eine bdquofruumlhere vorgelagerte Handlungldquo ltgenuumlgen lieszliggt bdquowenn sie nach der Vorstellung des Taumlters bei ungestoumlrtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ein-muumlndet oder mit ihr in unmittelbarem raumlumlichen

149 Siehe Kasten auf der Vorseite150 Siehe oben 6 Beginn des Versuchsstadiums151 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 9

und zeitlichen Zusammenhang stehtldquo 152 Auch insoweit ist eine Gesamtwuumlrdigung der Tatum-staumlnde geboten und eine versuchsweise Haftung des Skimmers am Cashing nicht ausgeschlos-sen

Anderenfalls verbleibt es nur bei einer Strafbar-keit wegen der aufgefuumlhrten Vorbereitungshand-lungen 153 die in Tateinheit mit einer Verbre-chensabrede stehen koumlnnen 154

152 BGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806 Rn 4153 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen154 GBA Stellungnahme vom 09122009 zu 3 StR 53909

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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9 Verabredung zu einem Verbrechen

Nicht der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug wohl aber das Faumllschen und Gebrauchen von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion sind nach der Bewertung des Gesetzgebers ein Verbrechen (sect 12 Abs 1 StGB) Das fuumlhrt dazu dass bereits die Verabredung im Vorbereitungsstadium Skimming zu begehen oder die Anstiftung dazu gemaumlszlig sect 30 StGB strafbar sind

Das gilt auch dann fuumlr den Computerbetrug wenn er nicht nur gewerbs- sondern gleichzeitig auch bandenmaumlszligig ausgefuumlhrt werden soll weil sect 263 Abs 5 StGB auf den sect 263a Abs 2 StGB verweist als selbstaumlndiger Verbrechenstatbe-stand ausgelegt ist Darin unterscheidet er sich vom bdquonurldquo gewerbsmaumlszligigen Betrug der einen besonders schweren Fall des Grundtatbestandes bestimmt (sect 263 Abs 3 StGB)

An der Verbrechensabrede koumlnnen sich nur An-stifter und Mittaumlter beteiligen 155 nicht auch Ge-hilfen Erst juumlngst hat der BGH einige Grundsaumlt-ze fuumlr die Verbrechensabrede im Zusammen-hang mit dem Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion entwickelt die jedoch nicht den uumlblichen Fall des arbeitsteiligen Skimmings betreffen 156 Zu betrachten ist deshalb der Tat-beitrag den der einzelne an der Abrede Beteilig-te leisten soll und will (siehe unten) Nicht der be-sonders gefaumlhrliche Taumlter als solcher soll der Strafdrohung aus dem sect 30 StGB unterliegen

155 BGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508 siehe auch CF Verbrecher muss Mittaumlter sein 25042009 156 BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

sondern besonders gefaumlhrliche Straftaten sollen durch ihre ins Vorbereitungsstadium vorverlager-te Strafbarkeit verhindert werden

Fuumlr den Ruumlcktritt vom Versuch der Beteiligung gelten vereinfachte Regeln (sect 31 StGB) die je-doch nicht bei jedem Scheitern zur Straffreiheit fuumlhren 157

10 Beteiligungsmodell beim arbeitsteiligen Skimming

Der typische Tatplan beim arbeitsteiligen Skim-ming 158 liefert das Modell fuumlr die Betrachtung der Strafbarkeit in Bezug auf die Verabredung zu ei-nem Verbrechen (sect 30 StGB) und im Vorberei-tungsstadium Das dreistufige Modell muss dazu um eine vorausgehende Stufe erweitert werden

1) Umgang mit Skimming-Geraumlten

2) Ausspaumlhen von PIN und Kartendaten

3) Faumllschung von Zahlungskarten

4) Missbrauch der gefaumllschten Zahlungskarten

Die Stufen 3) und 4) betreffen Verbrechen Allein das Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantie-funktion ist gemaumlszlig sect 152b Abs 1 StGB strafbar (Stufe 3) Der Missbrauch (Stufe 4) also das Ca-shing stellt sich als der Gebrauch von gefaumllsch-ten Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie dar also ebenfalls als Verbrechen und in Tateinheit damit als Computerbetrug gemaumlszlig sect 263a StGB Der Computerbetrug ist dann ein Verbrechen wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig betrieben wird (sectsect 263a Abs 2 iVm 263 Abs 5 StGB)

Die Rechtsprechung verlangt nach der Betrach-tung des Tatbeitrages und ndashwillens jedes einzel-nen an der Abrede Beteiligten Die Handlungen in den Stufen 3) und 4) zielen unmittelbar auf die Begehung eines Verbrechens so dass sie im Vorbereitungsstadium von sect 30 StGB direkt an-gesprochen sind

157 Siehe oben 63 Ruumlcktritt vom Versuch158 Siehe oben 1 arbeitsteiliges Vorgehen

Bereits die Verabredung der Verbrechen ist der Beginn des Rechtsgutsangriffs () daher ist fuumlr das Verhaumlltnis der Taten zueinander darauf abzu-stellen was verabredet ist Fuumlr die Verwirklichung des Tatbestands des sect 152 b Abs 2 StGB kom-men verschiedene Moumlglichkeiten in Betracht auch die gleichzeitige und sich (teilweise) uumlberschnei-dende Herstellung mehrerer oder sogar aller Falsi-fikate unter Verwendung der in dem sichergestell-ten Paumlckchen befindlichen Rohlinge

BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909 Rn 13

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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Die Stufe 2) birgt erhebliche rechtliche Probleme In ihr geht es zunaumlchst nur um die Beschaffung der Daten von den Magnetstreifen auf Zahlungs-karten mit Garantiefunktion von Bankkunden und ihrer PIN Ich fasse hier beide als bdquoKartendatenldquo zusammen

Es stellt sich die Frage welche Schluumlsse aus der Tathandlung des Ausspaumlhens in Bezug auf den Gesamtplan zu ziehen sind Bei der Beurteilung sind zwei Gesichtspunkte besonders wichtig

Das Ausspaumlhen kann keinen anderen finalen Zweck haben als den die notwendigen Voraus-setzungen fuumlr das Cashing zu schaffen Fuumlr das Ausspaumlhen gibt es keinen neutralen Zweck der nicht in eine Straftat muumlnden soll

Skimmer koumlnnen sich auf das Ausspaumlhen spe-zialisiert haben und das Ziel verfolgen nicht sel-ber oder durch Mittaumlter das Cashing durchzufuumlh-ren sondern die ausgespaumlhten Daten gewinn-bringend abzusetzen Anhaltspunkte dafuumlr sind eine gewisse Sesshaftigkeit (Verbleib im Inland) und ein hinreichender zeitlicher Abstand zwi-schen dem Ausspaumlhen und dem Cashing waumlh-rend die Verkaufsverhandlungen mit noch unbe-kannten Abnehmern gefuumlhrt werden Je kuumlrzer diese Zeit ist desto wahrscheinlicher ist es dass die Skimmer das Cashing selber ausfuumlhren oder dass das Cashing von anderen Mittaumltern ausge-fuumlhrt wird

101 Abrede einschlieszliglich eigenhaumlndiges Ca-shing

bdquoWir wollen wiederholt Kartendaten ausspauml-hen und anschlieszligend zum Cashing einset-zenldquo

Hierbei umfassen der Tatplan und der Vorsatz das Faumllschen und den Missbrauch von gefaumllsch-ten Karten beim Cashing Die an der Abrede Be-teiligten wollen die Tatherrschaft uumlber den Ge-samtplan ausuumlben der sowohl im Hinblick auf das Faumllschen wie auch in Bezug auf den Miss-brauch in ein Verbrechen muumlnden sollen Das bdquowiederholte hellip Cashingldquo bestimmt zudem die

Gewerbsmaumlszligigkeit Die Tat ist deshalb seit der Abrede als Verabredung zum gewerbsmaumlszligigen Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunkti-on gemaumlszlig sectsect 30 152b Abs 2 StGB zu bewer-ten Der Strafrahmen verringert sich jedoch infol-ge der sectsect 30 Abs 1 S 2 49 Abs 1 Nr 2 Nr 3 StGB auf Freiheitsstrafe zwischen 6 Monate und 11 Jahre 3 Monate

Sind am Tatplan drei oder mehr Personen betei-ligt duumlrften sie als Bande handeln Das aumlndert in Bezug auf sect 152b Abs 2 StGB nichts wohl aber im Hinblick auf den bei Cashing begangenen Computerbetrug der sich zum Verbrechen quali-fiziert wenn er gewerbs- und bandenmaumlszligig be-trieben wird Die Tat ist unter diesen Vorausset-zungen als Verabredung zum gewerbs- und ban-denmaumlszligigen Faumllschen und Gebrauch von Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

102 Abrede einschlieszliglich Cashing durch Mittaumlter

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir-wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an unsere Leute weiter zu geben die da-mit das Cashing betriebenldquo

Die Einbindung in eine mittaumlterschaftliche und in aller Regel bandenmaumlszligige Struktur fuumlhrt dazu dass die reinen Skimming-Taumlter zu Mittaumltern in Bezug auf das Cashing werden Ihnen ist der Ta-terfolg und der beim Cashing verursachte Scha-den gemaumlszlig sect 25 Abs 2 StGB zuzurechnen Auch unter diesen Voraussetzungen ist die Tat als Verabredung zum gewerbs- und bandenmauml-szligigen Faumllschen und Gebrauch von Zahlungskar-ten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit ge-werbs- und bandenmaumlszligigem Computerbetrug zu bewerten

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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103 Abrede mit Absatzabsicht

bdquoWir wollen Geld damit verdienen dass wir wiederholt Kundendaten ausspaumlhen um die-se an noch unbestimmte Interessenten zu verkaufenldquo

Bei dieser Konstellation entfaumlllt die Taumlterschaft oder Mittaumlterschaft in Bezug auf die Verbrechen in den Stufen 3) und 4) Wenn die Verbrechen in diesen beiden Stufen vollendet werden so ha-ben die Skimmer zwar eine notwendige Voraus-setzung dazu geleistet allerdings nicht als Taumlter sondern als Gehilfen Als Gehilfe koumlnnen sie sich jedoch nicht an einer Verbrechensabrede im Sin-ne von sect 30 StGB beteiligen Ihr Handeln stellt sich dann als Beihilfe zum Faumllschen und Gebrau-chen von Zahlungskarten mit Zahlungsgarantie sowie in Bezug auf das Gebrauchen in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug dar

104 Umgang mit Skimming-Geraumlten

In der Stufe 1) geht es um die Beschaffung Her-stellung und Aufbewahrung von Skimming-Gerauml-ten Dabei ist zu unterscheiden nach

1041 Kartenlesegeraumlte (Skimmer) Sie dienen zum Auslesen der Daten aus den Magnetstreifen und damit unmittelbar dazu Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu Faumllschen Das fuumlhrt zur Strafbarkeit gemaumlszlig sect 149 Abs 1 StGB In den Faumlllen 101 bis 103 sind die Taten auch in Tat-einheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo der genannten Beteiligungsformen zu bewerten

1042 Spezialgeraumlte zum Ausspaumlhen der PIN Dabei handelt es sich um Tastaturaufsaumltze oder getarnte Kameras die unter Verbindung elektro-nischer Bauteile fuumlr den besonderen Zweck her-gestellt wurden Tastatureingaben an Geldauto-maten auszuspaumlhen und aufzuzeichnen Sie die-nen nicht zum Faumllschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sondern nur zu deren Ge-brauch und dem damit einhergehenden Compu-terbetrug Das schlieszligt die Anwendung von sect 149 StGB aus dessen Wortlaut sich nur auf das Faumllschen selber bezieht Es handelt sich bei ih-

nen jedenfalls um bdquoProgrammeldquo im Sinne von sect 263a Abs 3 StGB wenn sie zu ihrem besonde-ren Zweck aus elektronischen Bauteilen mit einer eigenen Steuerung fuumlr das Ausspaumlhen und Auf-zeichnen zusammengebaut wurden Auch inso-weit stehen die Taten in den Faumlllen 101 bis 103 in Tateinheit als bdquoVerabredung und Vorbereitungldquo wegen der genannten Beteiligungsformen

1043 Attrappen mit handelsuumlblichen Kameras zum Ausspaumlhen der PIN Insoweit kommen vor allem Mobiltelefone mit Kamerafunktion und han-delsuumlbliche Digitalkameras zum Einsatz die mit ihrer eigenen nicht umgebauten Elektronik zur Steuerung betrieben werden Es handelt sich um Dual-Use-Komponenten die im Hinblick auf sect 263a Abs 3 StGB strafneutral sind Erst der er-folgreiche Einsatz solcher Geraumlte fuumlhrt zu einer strafbaren Vorbereitung der Computersabotage gemaumlszlig sect 303b Abs 5 in Verbindung mit sect 202c StGB Bei den ausgespaumlhten PIN handelt es sich auch um Passwoumlrter die beim Cashing auch zum Zugriff auf Daten dienen

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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AnhangGrafiken zum Beteiligungsmodell

Grafiken erklaumlren haumlufig mehr als viele Worte Ich habe deshalb mit den vier Darstellungen in diesem Anhang habe ich die wesentlichen Aus-sagen zur strafrechtlichen Beurteilung des Skim-mings und aus dem Beteiligungsmodell zusam-mengefasst

Grafik 1 Cashing

Das finale Ziel des Skimmings das Cashing ist am einfachsten darzustellen

Bereits mit der Faumllschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion wird das Verbrechen dessect 152b Abs 1 StGB vollendet

Der abschlieszligende Akt beim Skimming ist das Cashing wobei die gefaumllschten Zahlungskarten an Geldautomaten eingesetzt werden Es han-delt sich dabei um den Gebrauch falscher Zah-lungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug

Die Qualifikation des gewerbsmaumlszligigen Handelns wird grundsaumltzlich vorauszusetzen sein so dass sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahre erhoumlht (sect 152b Abs 2 StGB)

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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Grafik 2

Umgang mit Skimminggeraumlten im Vorberei-tungsstadium

Im Zusammenhang mit dem Skimming sind be-reits im Vorbereitungsstadium verschiedene Handlungen strafbar (Gefaumlhrdungsdelikte)

Das gilt besonders fuumlr die zum Ausspaumlhen ange-passten Kartenlesegeraumlte (Skimmer) die als bdquoProgramme oder aumlhnliche Vorrichtungenldquo von sect 149 Abs 1 StGB genannt werden

Die Geraumlte die zum Ausspaumlhen der PIN be-stimmt sind werden von dieser Vorschrift nicht erfasst weil sie nicht zur Faumllschung von Zah-lungskarten dienen sondern zu dem abschlie-szligenden Computerbetrug beim Cashing Insoweit richtet sich die Strafbarkeit nach sect 263a Abs 3 StGB die sich jedoch auf die Programme be-schraumlnkt die zum Computerbetrug bestimmt sind Das ist allein die Steuerung die das Auf-

zeichnen und Speichern der PIN-Eingabe be-wirkt

Die Geraumlte zum Ausspaumlhen der PIN als solche unterliegen deshalb nicht der Strafbarkeit bei der Vorbereitung des Computerbetruges

Eine weitere Einschraumlnkung ergibt sich beim Ein-satz handelsuumlblicher Mobiltelefone mit Kamera-funktion und digitaler Kameras die ohne Aumlnde-rung der werksseitigen Steuerung verbaut wer-den Sie sind Dual Use-Produkte und sind des-halb strafneutral

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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Grafik3

Einsatz von Skimminggeraumlten

Mit dem Einsatz der Skimminggeraumlte aumlndert sich wegen der Kartenlesegeraumlte und der in den At-trappen verbauten Programmen nichts (Grafik 2)

Sobald jedoch jedoch erfolgreich zwei PIN aus-gespaumlht wurden greift auch die Computersabo-tage gemaumlszlig sect 303b StGB Auch sie kennt eine strafrechtliche Haftung im Vorbereitungsstadium wobei sect 303b Abs 5 StGB auf den bdquoHackerpara-graphenldquo sect 202c StGB verweist

Danach ist es auch strafbar sich Passwoumlrter zu verschaffen die zu schaumldlichen Dateneingaben verwendet werden sollen Die Tathandlung ist nicht der Umgang mit den Ausspaumlhgeraumlten son-dern der mit ihrem Einsatz verbundene Erfolg

Bei strenger Auslegung muumlssen mindestens zwei PIN ausgespaumlht werden bis die Strafbarkeit eintritt (Gesetzeswortlaut in Mehrzahl)

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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Grafik 4

Verabredung zu einem Verbrechen

Die Strafbarkeit der Verabredung zu einem Ver-brechen (sect 30 Abs 2 StGB) verlangt nach einer Betrachtung des Taumlterwillens Wenn mindestens zwei Taumlter das Skimming mit allen drei Tatpha-sen ausfuumlhren wollen dann planen sie damit die Verbrechen des Faumllschens und des Gebrauchs von Zahlungskarten mit Garantiefunktion

Die vorgestellten Varianten orientieren sich an dem oben ausgefuumlhrten Beteiligungsmodell

Planen die Taumlter sich auf das Ausspaumlhen zu be-schraumlnken um die Daten dann an ihnen bekann-te oder auch unbekannte Mittaumlter weiter zu ge-ben die das Cashing ausfuumlhren muumlssen sie sich als Mittaumlter des abschlieszligenden Verbrechens be-handeln lassen Auch sie machen sich bereits im Vorstadium nach sect 30 StGB strafbar

Anders sieht es jedoch bei den Taumltern aus die sich von vornherein auf das Ausspaumlhen be-schraumlnken und die erlangten Daten an speziali-sierte Casher verkaufen wollen Die Skimmer sind zwar am Ende auch als Gehilfen des Ge-brauchs von Zahlungskarten und des Computer-betruges strafbar Gehilfen koumlnnen sich jedoch nicht an einer Verbechensabrede beteiligen

In diesen Faumlllen sind die Taumlter nicht wegen sect 30 Abs 2 StGB strafbar

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 48

BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 49

GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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11 Nichtanzeige des geplanten Skimmings

Nicht Taumlter und Gehilfen sondern die Mitwisser die aus familiaumlren oder sonstigen Loyalitaumltsgruumln-den die Faumllscher und Gebraucher kennen und moumlglicherweise unterstuumltzen werden von sect 138 StGB mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahre bedroht wenn sie die geplante Straftat des Nachmachens oder Gebrauchens von Zahlungskarten mit Ga-rantiefunktion nicht der Polizei oder der Staats-anwaltschaft anzeigen

Noch schaumlrfer kann das Strafrecht nicht reagie-ren

12 Pruumlfungsschema

Kaum eine Kriminalitaumltsform kennt eine so breite Ausgestaltung der anwendbaren Vorschriften und der Beteiligungsformen wie das arbeitsteilige Skimming Ich schlage deshalb ein grobes Pruuml-fungsschema vor das bei der Orientierung hel-fen soll

121 vollendetes Cashing

Kartenqualitaumlt

Zahlungskarte

Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

Sicherheitsmerkmale

Die Bejahung von bis fuumlhrt zur Anwen-dung des sect 152a StGB

Garantiefunktion

Sicherheitsmerkmale

Die zusaumltzliche Bejahung von und fuumlhrt zur Anwendung von sect 152b Abs 1 StGB Fuumlr alle 5 Pruumlfungsmerkmale gilt die Faustformel dass der erfolgreiche Missbrauch gefaumllschter Karten mit erfolgreicher Autorisierung die Origi-nale als Zahlungskarten mit Garantiefunktion ausweist Wurde das verfaumllschte Karte im Last-schriftverfahren eingesetzt so aumlndert das nichts an der Faumllschungshandlung sondern nur im Zu-sammenhang mit dem missbraumluchlichen Einsatz

zum Schadenseintritt beim Akzeptanten (Einzel-haumlndler) und nicht beim Bankkunden Die Sicher-heitsmerkmale iSv koumlnnen dieselben wie bei sein

Faumllschung

VerfaumllschenManipulation des Magnetstreifens

NachmachenHerstellung von WhiteCards

Die Alternativen von und fuumlhren zur Strafbarkeit wegen des Herstellens von Zah-lungskarten

Gewahrsam

Derjenige der ver- oder gefaumllschte Karten bei sich fuumlhrt hat sie sich zumindest verschafft

Gebrauch

Einstecken der Karte in das Lesegeraumlt

Eingabe der PIN

bdquoBestaumltigungldquo

Entnahme des Geldes

Spaumltestens mit beginnt auch der Versuch des Computerbetruges Mit ist der Gebrauch der Zahlungskarte vollendet Mit ist auch der Computerbetrug vollendet Alle weiteren Miss-brauchshandlungen fuumlhren zu einer deliktischen Einheit wenn sie in einem engen raumlumlich zeitli-chen Zusammenhang geschehen

Qualifizierung

gewerbsmaumlszligiges Handeln

arbeitsteiliges Handeln

Zusammenarbeit beim Cashing

Zusammenarbeit mit Hinterleuten

Zusammenarbeit mit Skimmern

bandenmaumlszligiges Handeln

Die Bejahung von oder fuumlhrt zur qualifi-zierten Strafbarkeit gemaumlszlig sect 152b Abs 2 StGB setzt den Zusammenschluss von mindes-tens 3 Taumltern voraus so dass nach der delikti-

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 40

schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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schen Abrede und der Beteiligung anderer Taumlter gefragt werden muss () Die Qualifizierungen durch oder fuumlhren auch zu einem be-sonders schweren Fall des Computerbetruges gemaumlszlig sectsect 263a Abs 2 263 Abs 3 Nr 1 StGB als Vergehen (sect 12 Abs 3 StGB) Wenn und vorliegen handelt es sich um ein selb-staumlndiges Verbrechen nach sectsect 263a Abs 2 263 Abs 5 StGB

122 Ausspaumlhen von Karten und PINbei vollendetem Cashing

Tatplan der Skimmer

Waumlhrend nach der inneren Tatseite der Casher fragt geht es bei um den Vorsatz der Skimmer Die Erfahrungen mit arbeitsteiligen Skimmingtaumltern lassen grundsaumltzlich eine qualifi-zierte ( ) Mittaumlterschaft erwarten durch die sich die Skimmer den deliktischen Taterfolg der Casher nach sect 25 Abs 2 StGB zurechnen lassen muumlssen Die Skimmer die ihre ausge-spaumlhten Daten an beliebige Casher verkaufen oder verkaufen lassen machen sich als deren Gehilfen strafbar (sect 27 StGB)

123 Ausspaumlhen von Karten und PINohne Cashing

Mittaumlterschaft

Im mittaumlterschaftlichem Verbund stellt sich be-sonders die Frage nach dem Beginn des Ver-suchs Wenn das Ausspaumlhen der Kartendaten bereits dem Versuchsstadium zuzurechnen ist fuumlhrt das Ausspaumlhen zur Strafbarkeit der Skim-mer wegen versuchten Herstellens und Gebrau-chens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sobald sie ihre Tatherrschaft im Hinblick auf die ausgespaumlhten Daten aufgeben Scheitert die weitere Tatausfuumlhrung aus technischen Gruumlnden oder weil Dritte die Tat vereiteln bleiben sie strafbar wegen eines fehlgeschlagenen Ver-suchs

Bei strenger Betrachtung des Versuchsbeginns ergeben sich noch andere Folgen

Verbrechensabrede

Die Strafbarkeit der Verbrechensabrede zwi-schen Skimmer und Casher beginnt bereits im Vorbereitungsstadium unmittelbar mit der Verab-redung und dauert bis zur geplanten Vollendung durch die Casher an War die Abrede auf Hand-lungen nach oder ausgerichtet so er-gibt sich die Strafbarkeit der Skimmer in Bezug auf eine Tat nach sect 152b Abs 2 StGB wobei der Strafrahmen gemaumlszlig sectsect 30 Abs 1 S 2 49 StGB gemildert werden muss Er umfasst dann 6 Mo-nate bis 11 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe Der Umgang mit Skimmern (Kartenlesegeraumlte) fuumlhrt dabei zu einer tateinheitlichen Handlung wobei alle einzelnen Taumlterhandlungen in einer materiel-len zusammenfallen

Bei einer gewerbs- und bandenmaumlszligigen Abrede kommt tateinheitlich auch der Computerbetrug hinzu Unter diesen Voraussetzungen besteht auch Tateinheit mit dem verbotenen Umgang be-zuumlglich zum Computerbetrug bestimmten Pro-grammen 159

selbstaumlndiges Skimming

Fehlt es sowohl an dem Cashing am strafbaren Versuch wie auch an der Verbrechensabrede so greifen ausschlieszliglich die strafbaren Vorberei-tungshandlungen 160

Der Umgang mit Skimmern also den praumlparier-ten Kartenlesegeraumlten 161 ist gemaumlszlig sect 149 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jah-ren bedroht

Der Umgang mit Tastaturaufsaumltzen zum Ausspauml-hen der PIN setzt den Einsatz von Programmen voraus die fuumlr den Computerbetrug bestimmt sind Das reicht zur Strafbarkeit im Vorberei-tungsstadium gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB mit ei-

159 Siehe oben 72 Kameras und 73 Tastaturaufsaumlt-ze160 Siehe oben 7 Vorbereitungshandlungen161 Siehe oben 71 Kartenlesegeraumlte

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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nem Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe aus

Der Umgang mit Kameras zum Ausspaumlhen der PIN ist differenziert zu betrachten Werden sie mit besonderen zum Ausspaumlhen bestimmten Programmen ausgestattet gilt fuumlr sie dieselbe Strafbarkeit wie fuumlr Tastaturaufsaumltze

Werden zum Beispiel Kameraleisten oder praumlpa-rierte Rauchmelder eingesetzt in denen han-delsuumlbliche Dual Use-Komponenten ohne verbin-dendes Programm verbaut werden dann entfaumlllt eine Strafbarkeit gemaumlszlig sect 263a Abs 3 StGB Sobald jedoch mindestens zwei PIN ausgespaumlht wurden greift der Gefaumlhrdungstatbestand im Vorfeld der Computersabotage (sectsect 303b Abs 5 202c StGB) und droht mit Geldstrafe oder Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr 162

13 Fazit

Gegen Faumllscher hat der Gesetzgeber mit sect 152b Abs 1 StGB und gegen Faumllscherbanden mit sect 152b Abs 2 StGB schweres Geschuumltz aufgefah-ren und Verbrechenstatbestaumlnde geschaffen Das arbeitsteilige Skimming laumlsst sich damit gut erfassen sobald Karten gefaumllscht und miss-braumluchlich eingesetzt werden Das Leitbild des Gesetzgebers ist die Faumllscherwerkstatt in der Banknoten gefaumllscht werden Die dabei genutz-ten Rohstoffe und Werkzeuge haben Eingang in sect 149 StGB gefunden Ihre Herstellung und der Umgang mit ihnen ist mit Strafe bedroht

In das Leitbild vom Faumllscher hat der Gesetzge-ber die modernen Zahlungsmittel und namentlich die Zahlungskarten nur muumlhsam eingefuumlgt und dabei die Erscheinungsform des Skimmings nur unvollstaumlndig erfasst Praumlparierte Kartenlesege-raumlte koumlnnen gerade noch als Programme und aumlhnliche Vorrichtungen angesehen werden und die gleichermaszligen gefaumlhrlichen PIN-Skimmer uumlberhaupt nicht Die Verweise auf strafbare Vor-bereitungshandlungen aus dem Computerbetrug und der -sabotage beschraumlnken sich auf Teila-162 Siehe oben 23 PIN-Skimming und Computersa-botage

spekte wie Programme und Zugangscodes und leiden unter gesetzessprachlichen Maumlngeln was die Verwendung der Mehrzahl in sect 202c StGB und der unerwartete Verweis aus sect 303b StGB auf diese Vorschrift belegen Die Klarheit mit der das Gesetz die Tathandlungen beim Computer-betrug benennt (sect 263a StGB) fehlt im uumlbrigen vollstaumlndig Das fuumlhrt zum Beispiel dazu dass die Faumllschung beweiserheblicher Daten (sect 269 StGB) als Anwendungsfall des Identitaumltsdieb-stahls 163 auch unter juristischen Fachleuten kaum verbreitet ist und leicht uumlbersehen wird

Die wechselnden Erscheinungsformen der Cy-bercrime zu der ich inzwischen auch das Skim-ming zaumlhle lassen eine Revision des Cy-ber-Strafrechts geraten erscheinen das wie beim Computerbetrug allgemeine Handlungsfor-men benennt und damit allen Adressaten Laien wie Fachleuten klare und verstaumlndliche Richtlini-en gibt Der juristische Zickzacklauf den die Ver-weise aus sect 303b Abs 5 StGB und sect 263a Abs 3 StGB verlangen ist fuumlr alle Beteiligten unwuumlr-dig Fuumlr den Gesetzgeber fuumlr den Buumlrger der keine Chance hat das Richtige oder Falsche sei-nes Handelns im Gesetz zu finden und fuumlr die Polizei und die Justiz die dieselben Probleme haben um ihre Werkzeuge anzuwenden

Der BGH hat immer wieder und bemerkenswert klare Linien gezogen Dabei gilt der alte Grund-satz von Larenz dass die Grenze der Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes bestimmt wird Dem-zufolge hat das Gericht recht wenn es das Aus-spaumlhen von Kartendaten nicht als ein Ausspaumlhen von Daten im Sinne von sect 202a Abs 1 StGB an-sieht Den Magnetstreifen fehlt ein Zugangs-schutz in Form von Dongles oder Passwoumlrtern fuumlr die Leseberechtigung

Den vom Skimming betroffenen Buumlrgern ist das egal Sie fuumlhlen sich vom Skimming bedroht und veraumlngstigt weil sie ihren Kontoabrechnungen misstrauen sie pruumlfen und beanstanden muumls-sen Die Finanzwirtschaft unternimmt beachtliche Anstrengungen und die Durchsetzung des MM

163 Siehe CF Missbrauch fremder Identitaumlten Carding 22112008

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und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 42

und des Schadensausgleiches fordern Respekt Warum aber hapert es an der Einfuumlhrung des EMV-Chips warum wird dessen Programmie-rung nicht richtig gepruumlft und warum erfaumlhrt man nichts von international wirksamen Bemuumlhungen dem Cashing-Spuk ein Ende zu bereiten Statt dessen erfaumlhrt man nebenbei dass EMV-Chips von Geldautomaten umprogrammiert werden koumlnnen Ein wirksamer Lese- und Schreibschutz wuumlrde nach einer festen Verdrahtung nach dem Vorbild von Risk-Prozessoren verlangen Solche Komponenten bilden eine physikalische Einheit und koumlnnten nicht manipuliert aber auch nicht softwaremaumlszligig repariert werden Kombiniert mit dem MM und einer Verfeinerung der Autorisie-rung bestaumlnde so gut wie gar keine Chance Du-bletten anzufertigen Heute reichen hingegen schlichte WhiteCards dazu mehrere Tausend Euro Schaden zu verursachen

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1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 45

32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 48

BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 49

GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 43

1 geheime Ermittlungen

Sowohl der gewerbsmaumlszligige Computerbetrug ge-maumlszlig sect 263a Abs 2 iVm sect 263 Abs 3 Nr 1 StGB wie auch die Faumllschung von Zahlungskar-ten gemaumlszlig sect 152a Abs 1 iVm sect 152b Abs 1 Abs 2 StGB sind Katalogstraftaten im Sinne von sect 100a Abs 2 Nr 1 lit e) lit n) StPO Der Ge-setzgeber betrachtet beide Kriminalitaumltsformen als besonders schwere Kriminalitaumlt die nach der Definition des BVerfG dadurch gekennzeichnet ist 164 dass die angedrohte Houmlchststrafe mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe betraumlgt Zuletzt im Zu-sammenhang mit den Verkehrsdaten hat das BVerfG ausgefuumlhrt 165

bdquoDer Gesetzgeber hat in sect 100a Abs 2 StPO die dort benannten Straftaten als so schwer einge-stuft dass sie nach seiner Einschaumltzung eine Uumlberwachung der Telekommunikation rechtferti-gen hellip der in sect 100a Abs 2 StPO enthaltene Straftatenkatalog ltliefertgt eine Leitlinie dafuumlr welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet dass sie auch gewich-tige Eingriffe in das Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG rechtfertigen koumlnnenldquo

Demzufolge stehen fuumlr die Ermittlungen auch die geheimen Maszlignahmen im Sinne von sect 101 StPO zur Verfuumlgung wenn die Voraussetzungen auch im Einzelfall vorliegen (siehe vor Allem sect 100a Abs 1 sect 100g StPO und sect 163f sowie sect 100h Abs 1 Nr 2 StPO)

164 BVerfG Urteil vom 03032004 - 1 BvR 237897 1 BvR 108499165 BVerfG Beschluss vom 11032008 - 1 BvR 25608

2 Organisierte Kriminalitaumlt

Das Skimming ist jedenfalls dann Organisierte Kriminalitaumlt wenn es von arbeitsteilig aufgestell-ten Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft ausge-uumlbt wird Es gehoumlrt zum Kriminalitaumltsfeld bdquoFaumll-schung und Missbrauch unbarer Zahlungsmit-telldquo die als ein Schwerpunkt der Organisierten Kriminalitaumlt angesehen werden 166 Die bisher be-kannten Erscheinungsformen im Zusammen-hang mit Taumltergruppen auslaumlndischer Herkunft lassen zudem geschaumlftsaumlhnliche Strukturen er-kennen 167

Das fuumlhrt dazu dass die Strafverfolgungsbehoumlr-den besonders eng zur Bekaumlmpfung dieser Kri-minalitaumltsform zusammen arbeiten sollen Die Staatsanwaltschaft ist berechtigt die Strafverfol-gung von Nebenbeteiligten zunaumlchst zuruumlck zu stellen um die Haupttaumlter dingfest zu machen 168

166 Nr 23 der Anlage E zu den RiStBV167 Nr 21 der Anlage E zu den RiStBV168 Nr 424 der Anlage E zu den RiStBV

D Strafverfahren

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 45

32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 46

Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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Obwohl bislang nur wenige Skimmingtaumlter ge-fasst werden konnten und ihre Verurteilungen noch rar sind 169 lassen sich bereits einige Erfah-rungswerte formulieren die fuumlr die Bewertung in anderen und neuen Verfahren herangezogen werden koumlnnen 170

1 Programm

Das Ziel des Skimmings ist der Missbrauch von Zahlungs- und Kreditkarten um Beute zu machen

Diese programmatische Aussage unterliegt einer Einschraumlnkung Es ist denkbar dass Skimmer in der Absicht handeln die ausgespaumlhten Daten nicht selber zu missbrauchen oder durch Mittaumlter missbrauchen zu lassen Wenn sie sie verkaufen wollen dann wissen sie dass der Kaumlufer nur deshalb bezahlt weil die Daten einen kriminellen Marktwert haben und den haben sie nur wenn sie auch missbraucht werden In diesem Be-wusstsein machen sie sich zu Beihilfetaumltern zum finalen Cashingangriff auch ohne die daran be-teiligten Taumlter zu kennen

Die kurzen Zeiten die jetzt zwischen dem Skim-ming und dem Cashing liegen lassen jedoch gut strukturierte Banden erwarten (siehe unten)

2 Garantiefunktion

Aus der Tatsache dass das Cashing mit Du-bletten von Debitkarten im Ausland erfolg-reich war lassen sich mehrere sichere Schluumlsse ziehen

Es liegt eine Debitkarte zugrunde die am Point of Sale-Verfahren teilnimmt

169 Juumlngst Urteil des Landgerichts Hannover vom 17112009 gegen zwei Skimmer die zu langjaumlhrigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden siehe CF Skimming-Rechtsprechung 18112009170 Siehe CF Erfahrungswerte wegen des Skimmings 29112009

Die Transaktion hat das Autorisierungsver-fahren erfolgreich durchlaufen Dem Geldau-tomaten ist der Genehmigungscode uumlbermit-telt worden

Die Genehmigung im Rahmen der Autorisie-rung ist der Kern der Garantiefunktion die der Ursprungskarte inne wohnt

Es wurde eine gefaumllschte Zahlungskarte mit Garantiefunktion genutzt

Die vier abgeleiteten Aussagen fuszligen auf der Norm ISO 8583 und der Annahme dass kein In-stitut das einen Geldautomaten betreibt Geld an jedermann verschenken sondern Gewinn in Houmlhe der Gebuumlhr erzielen will

3 Ausspaumlhen

Den Skimmingvorgang als solchen habe ich lan-ge unterschaumltzt Das Ausspaumlhen setzt voraus dass die eingesetzte Hardware zu den Geldauto-maten passt die Umgebung stimmt und die Tauml-ter vor Ort in kuumlrzester Zeit handwerkliches Ge-schick beweisen um ihre Hardware an die Um-gebung anzupassen Das ist kein Job fuumlr Anfaumln-ger

31 Vorerkundung

Vor dem Skimming muumlssen die Oumlrtlichkeiten und die geeigneten Geldautomaten ausbaldo-wert werden

Es mag spontane Skimmingangriffe geben An den Taumlter der mal so locker Freitag Nachmittag durch die Gegend streift um geeignete Geldau-tomaten zu finden glaube ich hingegen nicht

Alle Anzeichen sprechen vielmehr dafuumlr dass in Vorbereitung des Skimmings entweder die Spauml-her oder gut eingeweihte Beteiligte die Umge-bung von Banken erkunden die sich zum Skim-ming lohnen

E kriminalistische Erfahrungen

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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32 Spezialisten

Skimmer haben in der kriminellen Organisati-on eine besonders vertrauensvolle Rolle Die eingesetzten Geraumlte sind wertvoll sollen wei-ter verwendet und muumlssen pfleglich behan-delt werden

Die Geraumlte die die Skimmer verwenden verlan-gen nach einer gewissen Anerkennung soweit es um ihre handwerkliche Gestaltung geht Dies vorausgesetzt Mit solchen Teilen laumlsst man kei-ne Anfaumlnger in der Gegend herumlaufen

Auch Skimmer brauchen Lehrlinge Sie muumlssen das Geschaumlft unter der Anleitung von Fachleuten lernen Eine Skimmergruppe die nur aus ange-lernten Dilettanten besteht gibt es jedoch nicht

Daraus folgt

Die Installation der Ausspaumlhgeraumlte erfordert Erfahrung handwerkliches Geschick und die Anpassung der Geraumlte an die oumlrtlichen Bege-benheiten

Und

Skimmer arbeiten arbeitsteilig

Fuumlr die zweite Aussage gibt es hinreichende Be-lege die zeigen dass es Fachleute fuumlr die Ein-richtung der Kartenlesegeraumlte und andere fuumlr die Ausspaumlhtechnik im Uumlbrigen gibt (Tastaturauf-satz Kamera) Daruumlber ob die Zustaumlndigkeit un-ter den Taumltern auch wechseln kann gibt es keine hinreichenden Erfahrungen

33 Einsatz

Je nach der Art des Angriffs muumlssen - jeden-falls beim Kartenlesegeraumlt - Marker fuumlr die Synchronisation der ausgespaumlhten Daten ge-setzt werden

Eine schwierige Aufgabe ist es die ausgespaumlh-ten Kartendaten und PIN zu einem Dump zu syn-chronisieren Nur synchronisierte Dumps koumlnnen erfolgreich missbraucht werden

In vielen Faumlllen hat es sich gezeigt dass dazu am Skimmer Testkarten eingesetzt werden Mit

ihnen und ihren bekannten Daten lassen sich die Zeitphasen beim Ausspaumlhen segmentieren und praumlzisieren

Daraus folgt auch

Skimmer beobachten den Tatort und kontrol-lieren zwischenzeitlich die Geraumlte (Funktions-tuumlchtigkeit Akkuladung)

Der Einsatz von Testkarten und die Funktions-pruumlfung des Ladezustandes der verwendeten Kameras oder anderer Geraumlte erfordern es dass die Skimmer den Einsatzort kontinuierlich beob-achten und zur Kontrolle betreten

Dieses Vorgehen ist durch Kameraaufnahmen belegt

4 Abstimmung und Bericht

Skimmer benutzen am Tatort Mobiltelefone um sich mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abzustimmen und den Beginn Verlauf und Abschluss der Maszlignahme zu melden

Uumlberraschend viele Belege gibt es dafuumlr dass die Skimming-Taumlter Skimmer wie auch Cacher Mobiltelefone am Tatort oder in seiner unmittel-baren Naumlhe nutzen Sie zeigen dass diese klei-nen Taumltergruppen mit anderen Beteiligten in Ver-bindung stehen sich mit ihnen abstimmen und Bericht erstatten Bei den Cashern kommt hinzu dass Fotos belegen dass sie waumlhrend des Kar-teneinsatzes telefonieren Daraus laumlsst sich schlieszligen dass sie sich die PIN uumlbermitteln las-sen

Ein weiteres Ergebnis dieser Erfahrungen ist dass beim Skimming in aller Regel fest gefuumlgte Banden im Einsatz sind

5 Banden

Fuumlr mittaumlterschaftliche und Bandenstrukturen im Zusammenhang mit Skimmingtaten sprechen verschiedene Erfahrungen

Sowohl fuumlr das Skimming als auch fuumlr das Ca-shing muumlssen die geeigneten Standorte und

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Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

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Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 49

GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 50

tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 46

Geldautomaten erkundet werden Das ist eine gute Aufgabe fuumlr bdquoRepraumlsentantenldquo die die Lo-gistik fuumlr die aktiven Taumlter zur Verfuumlgung stellen und deren Einsaumltze vorbereiten

Jedenfalls die Skimmer bdquofliegenldquo zu ihren Einsaumlt-zen ein und halten sich nur kurzfristig im Inland auf Sie quartieren sich bei Bekannten oder in Billig-Hotels ein leihen sich Autos und skimmen nacheinander an mehreren aber wenigen lukra-tiv erscheinenden Tatorten Danach verlassen sie wieder das Inland

Skimming-Taumlter sind rege Telefonierer Ich halte sie aber nicht fuumlr stress-resistent so dass nicht zu erwarten ist dass sie liebreizende Gespraumlche mit ihren Freundinnen fuumlhren Sie duumlrften sich eher mit ihren Mittaumltern und Hinterleuten abstim-men

Die kuumlrzesten Abstaumlnde zwischen Skimming und Cashing betragen inzwischen zwei Tage Allein diese kurze Spanne spricht fuumlr schlagkraumlftige Or-ganisationen die in der Lage sind binnen kuumlr-zester Zeit gefaumllschte Zahlungskarten herzustel-len und Casher damit auszustatten

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 47

Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 48

BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 50

tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 47

Rechtsprechungsuumlbersicht

Die in diesem Arbeitspapier angesprochene Rechtsprechung im Uumlberblick

Ausspaumlhen von Daten (sect 202a Abs 1 StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 14012010 ndash 4 StR 9309

BandeBGH Beschluss vom 22032001 - GSSt 100

Bande Abgrenzung zur VereinigungBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande Firmenmantel (Vorbereitungsstadium)BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande kein OrganisationsstrafrechtBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Bande spontaner TatentschlussBGH Urteil vom 21122007 - 2 StR 37207

Bande unbekannte BeteiligteBGH Urteil vom 16062005 - 3 StR 49204

Bande Zurechnungsiehe Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

bedingter VorsatzBGH Urteil vom 28012010 - 3 StR 53309

Bewertungseinheit (BtM)BGH Beschluss vom 19122000 - 4 StR 50300

Cashing Tateinheit bei mehreren Handlungen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Cashing Tatmehrheit (sect 53 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

deliktische Einheit (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400BGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408

Dual Usesiehe Hackerstrafrecht

Faumllschung optische und digitale Merkmale von ZahlungskartenBGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909

Faumllschung minder schwerer FallBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Schutzzweck (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Faumllschung Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Beschluss vom 07032008 - 2 StR 4408Faumllschung Versuchsbeginn (sect 152a StGB)BGH Urteil vom 13012010 ndash 2 StR 43909OLG Thuumlringen (Jena) wistra 2009 204

fortgesetzte HandlungBGH Groszliger Senat Beschluss vom 03051994 - GSSt 293 393BGH Urteil vom 20061994 - 5 StR 59593

Garantiefunktion (sect 266b StGB)BGH Urteil vom 12051992 - 1 StR 13392

Garantiefunktion bei Verwendung im Last-schriftverfahrenBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Garantiefunktion TaumlterwilleBGH Beschluss vom 17062008 - 1 StR 22908

Gehilfe (sect 27 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109

gewerbsmaumlszligiges HandelnBGH Beschluss vom 01092009 - 3 StR 60108

Hackerstrafrecht Dual Use (sect 202c StGB)BVerfG Beschluss vom 18052009 - 2 BvR 223307 115108 152408

HintermannBGH Urteil vom 26071994 - 5 StR 9894

Konkurrenz zwischen Zahlungsmittel- und Ur-kundenfaumllschungBGH Beschluss vom 26012005 - 2 StR 51604

Kontoeroumlffnungsbetrug Geschaumldigter (POZ)BGH Beschluss vom 18112009 - 4 StR 48508

Kreditkarte (sect 152b StGB)BGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

mafioumlse Struktursiehe Hintermann

Mittaumlter (sect 25 Abs 2 StGB)BGH Beschluss vom 23122009 - 1 BJs 2677-5 - StB 5109BGH Beschluss vom 13012010 - 5 StR 50609

Mittaumlter Einzelbetrachtung der BeteiligtenBGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Zurechnung der Vollendung SchadenBGH Beschluss vom 13082002 - 4 StR 20802BGH Beschluss vom 29042008 - 4 StR 12508

Mittaumlter Grenzen der Zurechnung

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 48

BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Kochheim Skimming 21 Juli 2010 49

GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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BGH Beschluss vom 29072009 - 2 StR 16009

MittaumlterexzessBGH Beschluss vom 16092009 - 2 StR 25909

mittelbare Taumlterschaftsiehe Hintermann

natuumlrliche Handlungseinheitsiehe deliktische Einheit

Prozesserklaumlrungsiehe Verteidigererklaumlrung

Ruumlcktritt vom Versuch Anhaltspunkte (sect 24 StGB)BGH Urteil vom 20052009 - 2 StR 57608

schadensgleiche VermoumlgensgefaumlhrdungBverfG Beschluss vom 10032009 - 2 BvR 198007BGH Beschluss vom 18022009 - 1 StR 73108BGH Urteil vom 13082009 - 3 StR 57608BGH Urteil vom 14082009 - 3 StR 55208

Skimmer Umgang (sect 149 StGB)BGH Urteil vom 16122003 - 1 StR 29703

Skimming Tateinheit bei mehreren Handlun-gen (sect 52 StGB)BGH Urteil vom 10052005 - 3 StR 42504

Strafdrohung (sect 152b StGB)BVerfG Beschluss vom 18032009 - 2 BvR 135008

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Be-trug (sect 263 StGB)BGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Tateinheit Gebrauch (sect 152a StGB) und Com-puterbetrug (sect 263a StGB)BGH Urteil vom 10052005 ndash 3 StR 42504BGH Beschluss vom 13012010 - 4 StR 37809

Verabredung zu einem Verbrechen (sect 30 StGB) ausschlieszliglich MittaumlterBGH Urteil vom 04022009 - 2 StR 16508

Verabredung zu einem Verbrechen mit mehre-ren HandlungenBGH Urteil vom 13012010 - 2 StR 43909

Verfaumllschung einer ZahlungskarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

Versuch vorgelagerte HandlungenBGH Urteil vom 09032006 ndash 3 StR 2806

Versuchsbeginn (bdquojetzt geht es losldquo)BGH Beschluss vom 07112007 - 5 StR 37107

VerteidigererklaumlrungBGH Urteil vom 20062007 - 2 StR 8407

Vertraulichkeit und Integritaumlt informations-technischer SystemeBVerfG Urteil vom 27022008 - 1 BvR 37007 59507

Zahlungskarte EC-KarteBGH Urteil vom 21092000 - 4 StR 28400

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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GlossarAutorisierung Automatisches Genehmigungs-verfahren im bargeldlosen kartengestuumltzten ZahlungsverkehrCarder Auf den Missbrauch von Karten speziali-sierter TaumlterCasher Am Cashing beteiligter TaumlterCashing Missbrauch ausgespaumlhter Kartendaten und PIN mit gefaumllschten Karten an Geldautoma-tenClearing Automatisches Verrechnungsverfah-ren zwischen den Banken und Verrechnungsstel-len im bargeldlosen ZahlungsverkehrCPD Conto pro Diverse Bankinternes Konto zur Buchung unbestimmter oder vorlaumlufiger Zah-lungsbewegungen zum Beispiel zwischen Auto-risierung und ClearingDebitkarte Zahlungskarte auf Guthabenbasis Als Guthaben gilt auch der eingeraumlumte Uumlberzie-hungskreditDump Vollstaumlndiger Datensatz von einer Karte einschlieszliglich PIN Bei der Kreditkarte gehoumlrt auch die Pruumlfnummer dazuEMV-Chip Im Kartenkoumlrper integrierter Spei-cherchip der die Autorisierungsdaten und weite-re Informationen enthaumllt (zum Beispiel uumlber Gut-haben auf der Karte) Das Kuumlrzel leitet sich von EuroCard Master und Visa abEURO Kartensysteme - EKS Deutscher Dach-verband der den Schadensausgleich ausfuumlhrt und die Kartensicherheit standardisiertEuroscheck Papiergebundene Auszahlungsga-rantie der ausgebenden Bank die sich in dem Euroscheck verkoumlrperte Die Autorisierung er-folgte dezentral anhand der EC-Karte Das Sys-tem endete 2001 Das Kuumlrzel EC wird weiter ver-wendet fuumlr bdquoelectronic cashldquoFront Covering Vollstaumlndige Fassade vor ei-nem Geldautomaten mit eingebautem Skimmer und TastauraufsatzGarantiefunktion Auszahlungsgarantie des Kartenausstellers fuumlr Debitkarten im Rahmen der AutorisierungGeldautomat Kurzform fuumlr Geldausgabeauto-mat der von einem Finanzdienstleister betrieben wird und am grenzuumlberschreitendem Autorisie-rungsverfahren teilnimmt

IT Informationstechnik Oberbegriff fuumlr vernetzte elektronische Informations- und Kommunikati-onsdiensteKameraleiste Auspaumlhhardware mit integrierter Kamera zum Beobachten der PIN-EingabeKarte Kreditkarten und ZahlungskartenKopfstelle Regionale (Rechenzentrum eines Bankenverbundes z B Finanz IT der Sparkas-sen)nationale (z B First Data Corporation) oderinternationale Kontaktstelle fuumlr die Autorisierung und das anschlieszligende Clearing (zB Master-Card International)Kreditkarte Karte mit einer (auch limitierten) Zahlungsgarantie vom KartenausstellerMagnetstreifen Datentraumlger auf einer beliebi-gen Karte auch White Card In dem hier verstan-denen Sinne enthaumllt der M die fuumlr die Autorisie-rung noumltigen KartendatenMaestro Debitkartendienst von MasterCard In-ternationalMasterCard Internationale Dachgesellschaft fuumlr Kreditkarten (neben American Express Diners Club und Visa)Merkmalstoff siehe MMMM Maschinenlesbares Merkmal besondere Faumllschungssicherung Es handelt sich um einen in den Kartenkoumlrper eingebetteten Merkmalstoff der codiert werden kann Die Codierung wird vom Geldautomaten anhand eines Pruumlfwertes gepruumlft der sich auf dem Magnetstreifen befin-det Das Verfahren wird nur in Deutschland an-gewendet

Persoumlnliche Identifikationsnummer ndash PIN Vom Kartenaussteller bestimmte Ziffernfolge zur Autorisierung des KarteninhabersPhishing Kriminalitaumltsform bei der die Daten des Online-Bankings ausgespaumlht und zu Konto-manipulationen missbraucht werdenPOS Point of Sale Einsatzort einer Karte am Geldautomaten oder im EinzelhandelPOS-Skimming Skimming unter Einsatz mani-pulierter POS-TerminalsPOS-Terminal Kombiniertes Eingabegeraumlt fuumlr Karten und PIN uumlber ein Tastenfeld (Einzelhan-del)Skimmer a) Ausspaumlhhardware fuumlr Geldautoma-ten Zum Speichern oder Weiterleiten praumlparier-

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit

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tes Kartenlesegeraumlt das die Magnetstreifen von Karten ausliestSkimmer b) Taumlter der Ausspaumlhhardware instal-liert betreibt und uumlberwachtSkimming a) Ausspaumlhen von Kartendaten und PIN durch Einsatz von AusspaumlhhardwareSkimming b) Im weiteren Sinne Kriminalitaumlts-form die sich zum Missbrauch gefaumllschter Kar-ten ausgespaumlhter Daten bedientTageslimit Taumlglicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdTastaturaufsatz vollstaumlndige Abdeckung der Tastatur am Geldautomaten zur Prokollierung der PINTestkarte Magnetstreifenkarte mit der der Skimmer die Funktion des Lesegeraumlts pruumlft und mit der er Marker in der Liste der ausgespaumlhten Kartendaten setzt (zur Zuordnung der ebenfalls ausgespaumlhten PIN)White Card White Plastic Unbedruckter Kar-tenrohling mit MagnetstreifenWochenlimit Woumlchentlicher Houmlchstbetrag der bei der Autorisierung zugelassen wirdZahlungskarte Debitkarte fuumlr Verfuumlgungen auf Guthabenbasis einschlieszliglich Uumlberziehungskre-dit