Erscheinungsformen und Theorien jugendlicher … · Heimunterbringung, nach der Herabsetzung des...
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Universität Hildesheim
Erscheinungsformen und Theorien jugendlicher Delinquenz
unter Berücksichtigung der empirischen Prüfung zweier
ausgewählter Erklärungsansätze
Diplomarbeit
zur Erlangung des Grades einer
Diplom - Sozialpädagogin
vorgelegt von:
Michelle Füldner
Hankensbüttel, den 15.12.2001
Erstgutachter: Herr Prof. Dr. H. Strang
Zweitgutachter: Frau Prof. Dr. K. Scheiwe
Danksagung
Allen Freunden und Kollegen, die mich bei der Erstellung dieser Arbeit durch
theoretische Anregungen, praktische Hilfen und emotionale Anteilnahme unterstützt
haben, möchte ich hiermit meinen Dank ausdrücken.
Ebenso bedanke ich mich bei Herrn Prof. Dr. Strang für seine wohlwollende
Betreuung der Diplomarbeit. Darüber hinaus möchte ich mich bei Frau Prof. Dr.
Scheiwe für ihre Arbeit als Zweitbetreuerin bedanken.
Herrn Seipel vom soziologischen Institut danke ich für die Literaturempfehlungen.
Besonderer Dank gilt meinem Freund, Frank, der mich bei der Durchführung der
Befragung auf dem Kirchentag in Frankfurt unterstützt und Phasen meiner
vorliegenden Arbeit als kompetenter und geduldiger Gesprächspartner begleitet hat.
Last but not least möchte ich mich ganz herzlich bei allen Jugendlichen, die an
meiner Befragung teilnahmen, bedanken. Denn ohne sie wäre es nicht möglich
gewesen, einen empirischen Beitrag zum delinquenten Verhalten zu liefern.
- „Ich finde es voll cool von Dir, daß Du so was machst, mich interessiert es auch,
wenn ich so Deine Fragen lese.“
- „Gut, da sieht man mal, was man schon alles Verbotenes gemacht hat.“
- „Ich denke, um diesen Fragebogen auszufüllen, bräuchte man mehr Zeit und man
dürfte ihn nicht ausfüllen, wenn ein Mensch dabei ist, dem man imponieren
möchte, denn dann schreibt man nicht die Wahrheit.“
- „Ich fand den Fragebogen eine gute Sache, da ich und bestimmt auch andere
gemerkt haben, wie lieb oder böse wir sind.“
- „Ich finde, dieser Fragebogen ist gut gelungen. Es ist eine Mischung aus vielen
verschiedenen Fragen, die ohne das man es manchmal merkt, das Thema
wechseln. Danke für diesen Fragebogen, es machte Spaß.“
- „Sehr krasse Fragen!“
- „Viel Glück mit der Arbeit, wird bestimmt klappen. Danke für den
Schokoriegel!“
- „Ich fand den Bogen sehr interessant, weil man sich irgendwie auf eine Art
ausreden konnte, was man schon alles gemacht hat und so.“
- „Ich finde es gut, daß Du einen Fragebogen entworfen hast. Ich denke, er wird
Dir helfen. Bei der abiturvorbereitenden Klausur haben wir auch einen
entworfen, der zum Teil den Theorien aus den Büchern widersprach“.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung.................................................................................................................... 6
1. Definition und Abgrenzung des Begriffs Jugenddelinquenz............................. 8
1.1. Begriffsbestimmung Delinquenz................................................................. 8 1.2. Delinquenz in Abgrenzung zu Devianz und Kriminalität ........................... 9 1.3. Altersmäßige Abgrenzung im Strafrecht ................................................... 10
2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz..................................................................................................... 13
2.1. Registrierte Jugenddelinquenz................................................................... 13 2.1.1. Polizeiliche Kriminalstatistik und ihre Aussagekraft.................... 13 2.1.2. Anteile Jugendlicher und Heranwachsender an der Gesamtkriminalität .................................................................................. 16 2.1.3. Geschlechterverteilung und Altersstruktur bezüglich des delinquenten / kriminellen Verhaltens .................................................... 17 2.1.4. Struktur und Deliktschwerpunkte der Delinquenz Jugendlicher und Heranwachsender .................................................................................... 18 2.1.5. Die Belastung Jugendlicher und Heranwachsender für die einzelnen Deliktarten .............................................................................. 21 2.1.6. Häufigkeit der polizeilichen Registrierungen Jugendlicher und Heranwachsender .................................................................................... 24
2.2. Jugendliche Delinquenz aus dem Dunkelfeld............................................ 25 2.3. Zusammenfassung der wichtigsten Befunde zur Jugenddelinquenz ......... 27
3. Charakteristik der Jugenddelinquenz ............................................................... 30
3.1. Eigenarten und Funktionen des delinquenten Verhaltens Jugendlicher .... 30 3.2. Diebstahl allgemein ................................................................................... 31 3.3. Diebstahl ohne erschwerende Umstände ................................................... 33 3.4. Schwerer Diebstahl und Betrug................................................................. 35 3.5. Sachbeschädigung ..................................................................................... 36 3.6. Rauschgiftdelikte ....................................................................................... 37 3.7. Vorsätzliche Körperverletzung.................................................................. 39 3.8. Raub........................................................................................................... 40
4. Allgemeine Delinquenztheorien .......................................................................... 42
4.1. Lerntheorien............................................................................................... 42 4.1.1. Sutherlands Theorie der differentiellen Assoziation..................... 43
4.1.1.1. Weiterentwicklungen........................................................ 44 4.1.2. Neutralisierungsthese von Sykes und Matzka............................... 45 4.1.3. Entwicklungstheorie des moralischen Urteils von Kohlberg........ 47
4.2. Anomietheorien ......................................................................................... 50 4.2.1. Mertons Anomietheorie ................................................................ 50
Inhaltsverzeichnis
4.2.2. Anomietheorie in der Fassung von Opp........................................ 53 4.3. Kontrolltheorien......................................................................................... 56
4.3.1. Hirschis Theorie der sozialen Bindung ......................................... 56 4.3.2. Theorie der Selbstkontrolle von Gottfredson und Hirschi ............ 58
4.4. Labeling Approach .................................................................................... 60 4.4.1. Grundlegung des labeling approach durch Becker ....................... 60 4.4.2. Primäre und sekundäre Abweichung bei Lemert .......................... 61
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens........ 63
5.1. Ziel der Untersuchung ............................................................................... 63 5.2. Strategische Vorgehensweise .................................................................... 64 5.3. Auswahl der Theorien und Hypothesenformulierung ............................... 65 5.4. Logische Theorienprüfung ........................................................................ 67 5.5. Zum methodischen Ansatz ........................................................................ 69
5.5.1. Erhebungsinstrument..................................................................... 69 5.5.2. Fragebogenkonstruktion................................................................ 70 5.5.3. Stichprobe ..................................................................................... 74 5.5.4. Beschreibung des Untersuchungsablaufs und Rücklaufquote ...... 75
5.6. Statistische Datenauswertung .................................................................... 77 5.6.1. Aufbereitung der Daten................................................................. 77 5.6.2. Auswertungsverfahren .................................................................. 78 5.6.3. Ergebnisse ..................................................................................... 79
5.6.3.1. Delinquenzbelastung......................................................... 79 5.6.3.2. Die Oppsche Anomietheorie............................................. 83 5.6.3.3. Die Hirschi Theorie der sozialen Bindung ....................... 86 5.6.3.4. Vergleich der Theorien ..................................................... 89
5.7. Abschlußbetrachtung ................................................................................. 90
6. Resümee ................................................................................................................ 93
Literaturverzeichnis.................................................................................................... 96 Anhang ..................................................................................................................... 102
Einleitung 6
Einleitung
Durch meine mehrjährige Arbeit in einer offenen Freizeiteinrichtung für Kinder und
Jugendliche bin ich des Öfteren mit delinquenten Verhaltensweisen Jugendlicher in
Berührung gekommen. Dies gab mir den Anstoß mich mit dem Thema der
jugendlichen Delinquenz näher zu beschäftigen. Jedoch wurde mein Interesse an
einer Auseinandersetzung mit dieser Thematik ebenso durch die Medien geweckt.
Schließlich vergeht kaum eine Woche, in der nicht in den Zeitungen über
Jugendliche berichtet wird, die stehlen, rauben, schlagen oder randalieren. Zur
Illustration sei auf einige Überschriften von Zeitungsartikeln aus der deutschen
Presse hingewiesen:
„Jugendliche – oft rücksichtslos und brutal. Die Polizei registrierte im vergangenen
Jahr fast 4000 Gewaltdelikte (der Bericht bezog sich auf München) – bei
Minderjährigen sinkt die Hemmschwelle.“
„Der Krieg der Jugendlichen.“
„Da bleibt keine Nase heil. Brutalität unter Jugendlichen ist nicht länger eine
Domäne von Jungen – immer mehr Mädchen prügeln und foltern.“
(aus Richter in Bendit et al. 2000, S. 14)
Bei solchen Schlagzeilen, in denen die Jugendlichen als „Brutalo – Teenis“ tituliert
und/oder beschrieben werden, wächst die subjektive Kriminalitätsfurcht und somit
die Angst vor der Jugend. Die Forderungen nach einer geschlossenen
Heimunterbringung, nach der Herabsetzung des Jugendalters von 14 auf 12 Jahre
und nach einer Verschärfung des Jugendstrafrechts sind immer häufiger zu
vernehmen. Dabei drängt sich mir förmlich die Frage auf, ob die Lage in
Deutschland tatsächlich so besorgniserregend ist. Stimmt es, daß die innere
Sicherheit Deutschlands durch marodierenden Horden Jugendlicher bedroht ist?
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Erscheinungsformen des delinquenten
Verhaltens bei Jugendlichen zu analysieren sowie Theorien zur Entstehung der
jugendlichen Delinquenz dazulegen. Dementsprechend werde ich mich hier mit
folgenden Fragen befassen:
• In welchen Umfang tritt Jugenddelinquenz auf?
• Welcher Art sind jene Delikte, die Jugendliche begehen?
• Wie sieht die Geschlechtsverteilung aus?
Einleitung 7
• Was veranlaßt die Jugendlichen Straftaten zu begehen? Was sind die Motive
für einen Diebstahl oder für eine Sachbeschädigung?
• Wie ist die Entstehung der Jugendkriminalität zu erklären?
Oft bleibt unklar, was der Begriff Jugenddelinquenz in seinem Kontext beschreiben
soll. Um das zu vermeiden, wird der Begriff jugendliche Delinquenz im
einführenden Kapitel näher bestimmt und zwar in der Form, daß er vom Begriff
Devianz abgegrenzt wird. Ebenso erfährt er eine Abgrenzung zur Kriminalität, um
aufzuzeigen, warum ich in dieser Arbeit den Begriff Delinquenz und nicht den der
Kriminalität verwende. Zum Abschluß dieses Kapitels findet eine altersbezogene
Abgrenzung der Jugenddelinquenz anhand des Jugendgerichtsgesetzes statt.
Anschließend werden der Umfang und die Struktur der Delinquenz in Bezug auf
Jugendliche und Heranwachsende auf der Basis von Hell und Dunkelfeldstudien
beschrieben. Hierbei ist es mir wichtig, daß die Statistiken zum Ausmaß und zur Art
der Delinquenz nicht oberflächlich betrachtet, sondern bis ins Detail beleuchtet
werden, damit es nicht zu Fehldeutungen kommt. Auf die Entwicklung der
Jugenddelinquenz wird in diesem Kapitel nicht eingegangen, weil dies den Umfang
der Diplomarbeit übersteigen würde.
Im dritten Kapitel geht es um die Charakteristika und Formen der jugendlichen
Delinquenz, wobei vor allem die Besonderheiten der einzelnen Delikte skizziert
werden.
Den Schwerpunkt meiner Arbeit bilden die Theorien zur Erklärung der jugendlichen
Delinquenz sowie das letzte Kapitel, indem zwei Erklärungsansätze empirisch
untersucht werden.
Abschließend möchte ich noch bemerken, daß ich in der vorliegenden Arbeit der
Einfachheit halber die männliche Form von Personen verwende. Nur in Fällen, in
denen es sich ausdrücklich um eine oder mehrere weibliche Personen handelt,
benutze ich die weibliche Form.
1. Definition und Abgrenzung des Begriffs Jugenddelinquenz
8
1. Definition und Abgrenzung des Begriffs Jugenddelinquenz
Im einführenden Kapitel wird der Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit,
die „jugendliche Delinquenz“, definiert. Jedoch ergeben sich bei der begrifflichen
Klärung Schwierigkeiten, weil der Begriff Delinquenz keine einheitliche Definition
aufweist. Uneinigkeit besteht darüber, welche Normen als Bezugsstandard für die
Beurteilung von Verhalten herangezogen werden bzw. welcher Grad an Konformität
vorausgesetzt wird.
1.1. Begriffsbestimmung Delinquenz
Der Begriff Delinquenz stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Straffälligkeit
(vgl. Scheffel 1988, S. 42). In der Fachliteratur gibt es jedoch unterschiedliche
Definitionen von Delinquenz, die zwischen zwei Polen pendeln:
Im amerikanischen Sprachraum bezeichnet der Terminus Delinquenz alle
Verhaltensweisen, mit denen die öffentliche Ordnung gestört wird, unabhängig
davon, ob gegen Strafgesetze verstoßen wird oder nicht (vgl. Kühne in Bäuerle 1989
Bd. 1, S. 117). Im deutschsprachigen Raum bezieht sich der Begriff Delinquenz nur
auf Gesetzesverstöße.
Sowohl bei der amerikanischen als auch bei der deutschen Begriffskonvention
Delinquenz ergeben sich Probleme aufgrund der allgemeinen Formulierung.
Allerdings ist der amerikanische Delinquenzbegriff in seiner Anwendung
schwieriger, denn dieser Begriff umfaßt nicht nur Gesetzesübertretungen, sondern
auch Verhaltensweisen, die nicht strafrechtlich kodifiziert sind, aber von der
Gesellschaft als negativ bewertet werden, wie z.B. das Schuleschwänzen, das
Herumstreunen, der Alkoholkonsum (vgl. Landscheidt 1995, S. 8). Die
Verhaltensweisen, die der Begriff in der amerikanischen Fassung enthält, sind
dementsprechend weit gestreut. Welche Verhaltensweisen als delinquent bezeichnet
werden und welche noch als angemessen gelten, sind stets vom Standpunkt des
Betrachters abhängig. Demzufolge lassen sich bei einem so angewandten
Delinquenzbegriff die empirischen Untersuchungen untereinander und mit amtlichen
Statistiken nur schwer vergleichen (vgl. Kaiser 1979 in Landscheidt 1995, S. 10).
Der Delinquenzbegriff in der deutschen Fassung erfährt bei seiner Definition eine
Einschränkung, indem er sich nur auf Verstöße im Strafrecht bezieht. Hier werden
1. Definition und Abgrenzung des Begriffs Jugenddelinquenz
9
alle Verhaltensweisen, die als delinquent gelten, juristisch festgesetzt. Aber trotz der
engen Orientierung am Strafrecht beinhaltet der Begriff noch die gesamte
Heterogenität der strafrechtlichen Tatbestände.
Der juristisch definierte Delinquenzbegriff ist nicht unumstritten: „Was heute und
hier ein Verbrechen ist, ist es vielleicht morgen und dort nicht mehr und umgekehrt“
(Metzger 1951, S. 4 in Steuber 1988, S. 48).
Durch das Zitat wird verdeutlicht, daß die Delinquenz vom geltenden Recht oder von
den gültigen Normen (Zeitfaktor) abhängig ist. Ob ein Verhalten als delinquent
eingestuft wird, ist insofern situations- und perspektivenabhängig.
In der vorliegenden Arbeit verwende ich den Begriff Delinquenz nach deutscher
Definition, so daß in diesem Sinne eine Abgrenzung zu den anderen zwei Begriffen,
Devianz und Kriminalität, gegeben ist. Diese Abgrenzung wird im folgenden
dargestellt.
1.2. Delinquenz in Abgrenzung zu Devianz und Kriminalität
Obwohl der Begriff Devianz mit dem amerikanischen Delinquenzbegriff identisch
ist, möchte ich ihn noch einmal zur besseren Verständlichkeit dem deutschen
Delinquenzbegriff gegenüberstellen. Danach wird die Abgrenzung meines Begriffs
Delinquenz zur Kriminalität dargelegt, um aufzuzeigen, warum ich mich in der
vorliegenden Arbeit für diesen und nicht für die Verwendung des Begriffs der
Kriminalität entschieden habe.
Unter dem Begriff Devianz wird (norm-)abweichendes Verhalten allgemein
verstanden, das jedoch nicht notwendigerweise in Verbindung mit Straffälligkeit zu
stehen braucht (vgl. Scheffel 1987, S. 43). Resultierend aus dieser Beschreibung ist
Delinquenz eine mögliche Form devianten Verhaltens neben anderen
Erscheinungsbildern.
Das Gemeinsame der Delinquenz und der Kriminalität ist die Straffälligkeit, wobei
man die Frühformen (Straftaten im Frühstadium einer straffälligen Entwicklung,
Formen des Einstiegs in eine solche Entwicklung) und Erstvergehen (erste, einmalige
Straftaten) als Jugenddelinquenz und die Spätformen bei wiederholter Rückfälligkeit
(Wiederholungstaten im späteren Stadium einer kriminellen Karriere) als
Erwachsenenkriminalität bezeichnet (vgl. Seitz in Bienemann et al. 1995, S 222).
1. Definition und Abgrenzung des Begriffs Jugenddelinquenz
10
Viel relevanter für die Unterscheidung dieser beiden Begriffe scheint allerdings nicht
das Erscheinungsbild zu sein, sondern die unterschiedlichen Mechanismen für die
Entstehung der Straffälligkeit; nämlich die „Delinquenz – Entstehung“ und die
„Kriminalitäts – Erzeugung“.
Unter Delinquenz – Entstehung wird das Ergebnis devianter
Persönlichkeitsentwicklungen verstanden, wobei eine abweichende persönliche
Sozialisation nicht unbedingt zu Gesetzesverstößen führen muß (vgl. Seitz 1979, S.
4). Demnach ist Delinquenz diejenige Devianz, die in Straffälligkeit mündet oder
umgekehrt diejenige Straffälligkeit, die auf Devianz aufbaut.
Kriminalität meint dagegen diejenige Straffälligkeit, die durch Kriminalisierung
erzeugt wird, das heißt, daß die informellen oder formellen Kontrollinstanzen (wie
Polizei, Gericht, Nachbarschaft etc.) einer devianten oder nicht devianten Person die
Straffälligkeit zuschreiben. Insofern kommt die Kriminalität erst durch das Gesetz
bzw. durch die Justizbehörden zustande (Kriminalität entspricht hier dem
sogenannten Labeling approach, s. Kapitel 4).
In vielen Fällen treffen „Delinquenz – Entwicklung“ und „Kriminalitäts –
Erzeugung“ zusammen. Aber es gibt in der Realität auch Personen, deren
Delinquenzentwicklung allein als Ergebnis einer zwar kriminalisierungsfreien aber
devianten persönlichen Sozialisation zu erklären ist (z.B. Mord im Affekt) (vgl. Seitz
1979, S. 4). Auf der anderen Seite stehen diejenigen Personen, die erst durch die
„ungerechtfertigte Kriminalisierung“ (z.B. durch Verdächtigen, Vorurteile) deviant
werden, da sie aufgrund dessen in eine abweichende Rolle gedrängt werden.
1.3. Altersmäßige Abgrenzung im Strafrecht
Der Begriff Delinquenz wird auf Kinder und Jugendliche, nicht aber auf Erwachsene
angewandt. Da ich mich in der vorliegenden Arbeit mit der jugendlichen
Straffälligkeit auseinandersetze, wird der Begriff Jugendlicher/Jugenddelinquenz
näher bestimmt. Dabei wird der Begriff Jugenddelinquenz nach Stimmer zitiert und
anschließend anhand des Jugendgerichtsgesetzes erläutert bzw. eine
Altersabgrenzung vorgenommen.
1. Definition und Abgrenzung des Begriffs Jugenddelinquenz
11
„Jugenddelinquenz umfaßt alle Verhaltensweisen strafmündiger Personen, die dem
Jugendstrafrecht unterstehen und gegen Strafrechtsnormen verstoßen“ (Stimmer
1996, S. 272).
Strafmündig ist nach § 19 StGB eine Person ab 14 Jahren. Infolgedessen können sich
Kinder mangels Schuldunfähigkeit nicht strafbar machen.
Die Grundlage des Jugendstrafgesetzes bildet das Jugendgerichtsgesetz. Das
Jugendgerichtsgesetz gilt, „wenn ein Jugendlicher oder ein Heranwachsender eine
Verfehlung begeht, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist“ (§
1 Abs. 1 JGG). Mit dem Begriff Verfehlung sind Straftaten gemeint, die im
Strafgesetzbuch (STGB) oder in Nebenstrafgesetzen (z.B. im Straßenverkehrsgesetz
oder im Betäubungsmittelgesetz) aufgeführt sind.
Unter Jugendlichen versteht das Gesetz Personen, „die zur Zeit der Tat 14, aber noch
nicht 18 Jahre alt sind“ (§ 1 Abs. 2 JGG). Ein Heranwachsender ist, „wer zur Zeit
der Tat 18, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist“ (ebd.).
Jugendliche sind nach dem JGG nur bedingt straffähig. Denn das Gesetz ordnet bei
den Jugendlichen an, daß in jedem Fall die Verantwortlichkeit geprüft werden muß.
So macht sich z.B. ein 17jähriger, der einen Einbruch oder einen Betrug begangen
hat, nicht strafbar, wenn er nicht „zur Zeit der Tat nach seiner „sittlichen und
geistigen Entwicklung“ reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach
dieser Einsicht zu handeln“ (§ 3 JGG). Die Reifeprüfung nimmt die
Jugendgerichtshilfe vor (vgl. Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des
Landes Nordrhein - Westfalen 1997, S. 9). In schwierigen Fällen müssen jedoch
Staatsanwaltschaft und Gericht einen Sachverständigen (Jugendpsychiater oder
Jugendpsychologe) zur Klärung der altersgemäßen Reife beiziehen. In der Praxis
wird die strafrechtliche Verantwortung fast immer bejaht (vgl. Heinz in Bäuerle 1989
Bd. 2, S. 70).
Heranwachsende sind immer strafmündig, also im Prinzip verantwortlich für ihre
Taten. Allerdings besteht die Möglichkeit, daß die Heranwachsenden wie die
Jugendlichen nach dem JGG sanktioniert werden können: „Wie Erwachsene bestraft
sollen sie nur werden, wenn sie voll „ausgereift“ sind oder mit „krimineller
Energie“ gehandelt haben. Anderenfalls sind sie wie Jugendliche zu behandeln“
(Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein - Westfalen
1997, S. 5). So muß auch ein 20jähriger bei einem Jugendstreich, z.B. bei der
Beschädigung einer Telefoneinrichtung, nicht mit Strafe rechnen, er kommt
1. Definition und Abgrenzung des Begriffs Jugenddelinquenz
12
vielleicht mit einer Verwarnung davon. In den Worten des Gesetzes wird der
Heranwachsende dann nach dem Jugendstrafrecht sanktioniert, wenn
„die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der
Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und
geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine
Jugendverfehlung handelt“ (§ 105 JGG).
Die Besonderheit des Jugendstrafrechts gegenüber dem allgemeinen Strafrecht
besteht darin, daß es vom Erziehungsgedanken statt vom Strafgedanken geprägt ist
(vgl. Kühne in Bäuerle 1989 Bd. 1, S. 117). Demnach beinhaltet das Jugendstrafrecht
weder Geldstrafen noch lebenslängliche Freiheitsstrafen.
Die Jugendlichen und Heranwachsenden werden also nach dem Jugendstrafrecht
beurteilt und gegebenenfalls auch sanktioniert. Dagegen unterliegen Jungerwachsene
oder Erwachsene, die bei ihrer Tat das 20. Lebensjahr vollendet haben, dem
allgemeinen Strafrecht (vgl. Eisenberg 2000, S. 16). So kann ein 21jähriger der
psychisch noch ganz unausgereift scheint (ohne krankhafte Züge zu zeigen) und eher
wie ein 17jähriger wirkt, von Rechts wegen nicht mehr einem Jugendlichen
gleichgestellt werden (vgl. Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des
Landes Nordrhein - Westfalen 1997, S. 9).
Jugenddelinquenz ist nach der oben genannten Definition von Stimmer die
Delinquenz der 14-20jährigen, weil für Jugendliche sowie für Heranwachsende das
Jugendstrafrecht gilt. Würde man von dieser Definition absehen und die
Jugenddelinquenz nach den gesetzlichen Altersgrenzen bestimmen, dann versteht
man darunter die 14-17jährigen.
2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz
13
2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur
der Jugenddelinquenz
Informationen zum Umfang und zur Struktur jugendlicher Delinquenz liefern die
Kriminalstatistiken und die Dunkelfeldforschungen.
Von den Kriminalstatistiken kommt für den Umfang und für die Struktur der
Delinquenz vornehmlich die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) in Betracht, so daß
sich meine Aussagen in den nachfolgenden Abschnitten auf die Daten der PKS
beziehen. Bevor ich in die PKS Einblick nehme und mich mit dem dortigen
Zahlenmaterial auseinandersetze, möchte ich auf die Bedeutung der Polizeilichen
Kriminalstatistik eingehen, insbesondere auf seine Aussagekraft. Nach der Analyse
der Daten aus der PKS wende ich mich den empirischen Befunden zu und präsentiere
die Ergebnisse zur Jugenddelinquenz aus der Dunkelfeldforschung. Das Kapitel
schließt mit einem Resümee der wichtigsten statistischen und empirischen Erträge
zum Umfang und zur Struktur der Delinquenz ab.
2.1. Registrierte Jugenddelinquenz
2.1.1. Polizeiliche Kriminalstatistik und ihre Aussagekraft
Die Polizeiliche Kriminalstatistik, die seit 1953 jährlich vom Bundeskriminalamt für
den Bereich des Bundes und von den Landeskriminalämtern jeweils für das Gebiet
eines Bundeslandes herausgegeben wird, erfaßt nach dem Strafgesetzbuch alle
Vergehen und Verbrechen, von denen die Polizei Kenntnis bekommen hat,
ausgenommen Verkehrs- und Staatsschutzdelikte (vgl. Schwind 2000, S. 18).
Außer den Straftaten werden auch die Tatverdächtigen (nach Zahl, Geschlecht, Alter,
Delikt und anderen Merkmalen) in der PKS erfaßt: „Tatverdächtig ist jeder, der
nach dem polizeilichen Ermittlungsergebnis aufgrund zureichender Anhaltspunkte
verdächtig ist, eine rechtswidrige (Straf-)Tat begangen zu haben. Dazu zählen auch
Mittäter, Anstifter, Gehilfen“ (Bundeskriminalamt 2000, S. 17).
Die Aussagekraft der Polizeilichen Kriminalstatistik wird dadurch relativiert, daß der
Polizei nur ein Teil aller begangenen Straftaten bekannt wird. Dabei werden
überwiegend (zu 85 – 95%) solche Taten registriert, welche die Bevölkerung zur
Anzeige brachte (vgl. Kunz 1998, S. 246). Von der Bevölkerung werden jedoch nicht
2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz
14
alle Delikte als Straftaten wahrgenommen und von den wahrgenommen Straftaten
wird wiederum nur ein Teil angezeigt, so daß das Dunkelfeld, d.h. die Summe aller
Delikte, die der Polizei nicht zur Kenntnis gelangen, grundsätzlich größer ist als das
Hellfeld.
Die Anzeigebereitschaft wird besonders von der Schadenshöhe beeinflußt, so daß in
der PKS eher schwere als leichte Delikte registriert sind (vgl. Schwind in Sievers et
al. 1998, S. 459). Außerdem sind die Anzeigeraten vom Alter und von der
Schichtzugehörigkeit abhängig. So bringen ältere Personen eine Straftat häufiger zur
Anzeige als jüngere (vgl. Heinz in Kaiser/Kerner et al. 1993, S. 30). Bei
Unterschichtangehörigen ist die Anzeigebereitschaft höher als bei Angehörigen aus
der Mittel- und Oberschicht (vgl. Schwind in Sievers et al. 1998, S. 459). Zudem
melden Unterschichtangehörige der Polizei häufiger Personendelikte, während
Personen höherer Sozialschichten öfter Eigentumsdelikte anzeigen (vgl. Heinz in
Kaiser/Kerner et al. 1993, S. 30).
Bei den bekanntgewordenen Fällen muß auch die proaktive Tätigkeit der Polizei, d.h.
die Ermittlungen, die die Polizei von sich aus unternimmt ohne Anstöße von außen,
berücksichtigt werden. Vor allem im Bereich der Verkehrs- und Drogendelinquenz
spiegeln die Daten in der PKS die Intensität der polizeilichen Kontrolle wider (vgl.
Kürzinger 1996, S. 130).
Die Aussagekraft der PKS wird des Weiteren dadurch eingeschränkt, daß die Polizei
nur knapp die Hälfte aller ihr bekanntgewordenen Straftaten aufklärt (vgl. Pfeiffer in
Gödelitz et al. 1997, S. 104; s. Tabelle 8 im Anhang), wobei eine Straftat als
aufgeklärt gilt, wenn mindestens ein Tatverdächtiger festgestellt wurde. Da es also
eine Differenz zwischen angezeigten Straftaten und ihrer Aufklärung gibt, bleibt
unbekannt, um welche Altersgruppen es sich bei den registrierten Delikten ohne
Tatverdächtige handelt.
Die Aufklärungsquote hängt nicht nur von der personellen und sachlichen
Ausstattung der Polizei ab, sondern auch von der Deliktschwere und von der
Ermittlungsökonomie (vgl. Schmitt 1998, S. 6f.). So werden schwere Delikte von der
Polizei intensiver verfolgt und häufiger aufgeklärt als Delikte im Bagatellebereich.
Bei Straftaten vergleichbarer Schwere orientiert sich die Polizei bei ihrer
Ermittlungsarbeit eher auf die Delikte, die ohne hohen Aufwand aufzuklären sind.
Ferner ist für die Dateninterpretation der PKS zu beachten, daß es sich bei den
polizeilich registrierten Personen um Tatverdächtige handelt, nicht um rechtskräftig
2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz
15
Verurteilte. Die Mehrheit der Tatverdächtigen wird nicht angeklagt, weil die
Staatsanwaltschaft den Tatverdacht nicht bestätigen kann und somit das Verfahren
eingestellt wird oder weil sie eine informelle Regelung für ausreichend erachtet.
Außerdem muß berücksichtigt werden, daß die Justizbehörden die von der Polizei
beurteilte Schwere des Delikts nicht selten herabstufen (vgl. Kunz 1998, S. 249). Aus
einem von der Polizei noch als versuchter Totschlag registrierten Sachverhalt kann
so in der Strafverfolgungsstatistik eine schlichte Körperverletzung werden. Die PKS
sagt demzufolge nichts über den weiteren Verfahrensverlauf bei den Justizbehörden
aus, so daß spätere Änderungen der rechtlichen Einschätzung in der PKS nicht
berücksichtigt werden.
Bei der Erfassung der Taten bzw. Tatverdächtigen darf ebenfalls nicht außer Acht
gelassen werden, daß die Tatzeit und die registrierte Berichtszeit unter Umständen
auseinanderfällt (vgl. Schmitt 1998, S. 5).
„Die vom Bundeskriminalamt jährlich herausgegebene polizeiliche Kriminalstatistik
ist eher ein Arbeitsnachweis der Polizei mit Angaben über die Ermittlungstätigkeit
und strafrechtliche Bewertung der bekanntgewordenen Taten“ (Sonnen in Verein für
Kommunalwissenschaften e. V. 1997, S.11).
„Gleichwohl sind diese Datenquellen wichtig, liefern sie doch wenigstens ein Abbild
der offiziell registrierten, der für die Öffentlichkeit sichtbaren, für die
Meinungsbildung in Allgemeinheit und Politik bedeutsamen Kriminalität…“
(Kreuzer 1983, S. 51 in Schwind in Sievers et al. 1998, S. 461).
In den folgenden Abschnitten sind die Aussagen zum Umfang und zur Struktur der
registrierten Jugenddelinquenz unter Vorbehalt der angesprochenen Aspekte zu
bewerten.
Die in der vorliegenden Arbeit dargestellten Tabellen und Grafiken der registrierten
Jugenddelinquenz sind der PKS ’99 (= aktuellste Statistik) für den Bereich des
Bundes entnommen und entsprechend seinem Verwendungszweck zusammengestellt
worden. In den folgenden Abschnitten zur amtlich gewordenen Delinquenz handelt
es sich um Straftaten, die lediglich von deutschen Staatsbürgern innerhalb des
Berichtsjahres ’99 in der Bundesrepublik Deutschland begangen wurden.
Des Weiteren möchte ich noch bemerken, daß ich mich bei den Daten in der PKS
hauptsächlich auf Verhältniszahlen, welche die registrierten Straftaten in Relation
zur Einwohnerzahl setzen, beziehe, um den Einfluß von Bevölkerungsschwankungen
2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz
16
zu umgehen. Der hier beigezogene Wert für die Verhältniszahlen stellt die
Tatverdächtigenbelastungsziffer oder Tatverdächtigenbelastungszahl dar. Sie ist die
Zahl der ermittelten Tatverdächtigen pro 100.000 Einwohner des entsprechenden
Bevölkerungsanteils (Stichtag ist der 1.1. des Berichtsjahres) (vgl.
Bundeskriminalamt 2000, S. 18).
2.1.2. Anteile Jugendlicher und Heranwachsender an der Gesamtkriminalität
Betrachtet man die Zahlen in der Tabelle 1 (s. unten), so zeigt sich, daß die
Delinquenz ab dem 12. Lebensjahr sehr stark zunimmt. Diese Zunahme setzt sich bis
zum 20. Lebensjahr fort. Anschließend fällt die Delinquenzbelastung stark ab und
läuft dann nach dem 30. Lebensjahr allmählich aus. Die Heranwachsenden sind mit
einer Tatverdächtigenbelastungszahl (TVB) von 7243, dicht gefolgt von den
Jugendlichen mit einer TVB von 7226, die am stärksten delinquente Gruppe in
unserer Gesellschaft. Die geringste statistische Delinquenzbelastung weisen ältere
Menschen ab 60 sowie Kinder unter 10 Jahren auf.
Tabelle 1:
Quelle: Bundeskriminalamt 2000, S. 97
2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz
17
2.1.3. Geschlechterverteilung und Altersstruktur bezüglich des delinquenten /
kriminellen Verhaltens
Von den 1999 ermittelten Tätern (ohne Kinder) waren 77,2% männlich und 22,8%
weiblich. Das die weibliche Delinquenz / Kriminalität in der PKS geringer ist als die
männliche, bestätigen auch die Tatverdächtigenbelastungszahlen: Während 1999 auf
100 000 Personen der männlichen Bevölkerung 3828 als Täter registriert wurden,
beträgt diese Zahl bei Frauen nur 1101.
Die wesentlich stärkere Delinquenz- oder Kriminalitätsbelastung der männlichen
Bevölkerung ist in allen Bevölkerungsgruppen erkennbar (s. Tabelle 1; Grafik 1).
Besonders ausgeprägt ist sie bei den Heranwachsenden und Jugendlichen. So liegen
die Belastungsspitzen der männlichen Tatverdächtigen in der Altersgruppe der 16 bis
unter 21jährigen Jugendlichen und Heranwachsenden und bei den weiblichen in der
Altersgruppe der 14 bis unter 18jährigen Jugendlichen. Dabei liegt der Höhepunkt
der Belastung mit registrierter Delinquenz beim männlichen Geschlecht zwischen
dem 18. und 20. Lebensjahr und beim weiblichen Geschlecht zwischen dem 14. und
16. Lebensjahr. Die weiblichen Tatverdächtigenbelastungszahlen sind in der
Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen verhältnismäßig hoch, gehen dann,
infolge der starken Delinquenzbelastung der männlichen Bevölkerung, im Alter von
16 Jahren zurück. Die Delinquenzbelastung nimmt bei den Frauen nicht so schnell ab
wie bei den Männern ab dem 21. Lebensjahr. Grafik 1:
Quelle: Bundeskriminalamt 2000, S. 98
2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz
18
2.1.4. Struktur und Deliktschwerpunkte der Delinquenz Jugendlicher und
Heranwachsender
Zunächst geht es um die Frage, bei welchen Straftaten die Tatverdächtigen
Jugendlichen und Heranwachsenden gegenüber den polizeilich ermittelten
Erwachsenen eine hohe Beteiligung aufweisen. Im Anschluß daran wird geklärt,
welche Delikte den größten Anteil bei den Jugendlichen und Heranwachsenden
bilden. Tabelle 2:
Quelle: Bundeskriminalamt 2000, S. 86
2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz
19
In der Tabelle 2 sind die Tatverdächtigenanteile aller Altersgruppen für die einzelnen
Deliktarten aufgezeichnet. Da die Männer in allen Deliktbereichen überrepräsentiert
sind und die Delinquenz / Kriminalität der Frau kaum ins Gewicht fällt, wird das
weibliche Geschlecht bei den nachfolgenden Aussagen über die
Tatverdächtigenanteile der Jugendlichen und Heranwachsenden außen vorgelassen.
Beim Vergleich der Struktur der Jugendlichen- und Heranwachsendendelinquenz mit
der der Erwachsenenkriminalität ergibt sich folgendes Bild:
Die männlichen Jugendlichen sind bei den Raubdelikten, dem Diebstahl unter
erschwerenden Umständen und der Sachbeschädigung stark vertreten. Hohe
Tatverdächtigenanteile weisen sie auch bei der schweren Körperverletzung, beim
Diebstahl ohne erschwerende Umstände, bei den Straftaten gegen das Waffengesetz
und bei den Delikten Begünstigung, Strafvereitelung, Hehlerei und Geldwäsche auf.
Bei den männlichen Heranwachsenden sind die Anteile beim Raub, beim Diebstahl
unter erschwerenden Umständen und bei den Rauschgiftdelikten
überdurchschnittlich hoch. Des Weiteren sind sie bei der schweren Körperverletzung,
bei der Sachbeschädigung, bei den Straftaten gegen das Waffengesetz, beim
Widerstand gegen die Staatsgewalt und bei der Begünstigung, Strafvereitelung,
Geldwäsche und Hehlerei stark beteiligt.
Bei den Raubdelikten und beim Diebstahl unter erschwerenden Umständen beträgt
der Tatverdächtigenanteil der Jugendlichen mit den der Heranwachsenden mehr als
50%. Allerdings muß hierbei berücksichtigt werden, daß es sich bei den
Raubdelikten der Jugendlichen und Heranwachsenden überwiegend um den
Straßenraub handelt und beim schweren Diebstahl vorrangig um Diebstähle aus
Kiosken und Automaten (s. Tabelle 9 im Anhang; Bundeskriminalamt 2000, S. 139).
Wegen der Tötungsdelikte, der Vergewaltigung, der leichten Körperverletzung und
der Straftaten gegen die persönliche Freiheit werden die Jugendlichen und
Heranwachsenden bei der Polizei seltener auffällig als die Erwachsenen. Gewaltsame
Taten einschließlich Sexualdelikte können demzufolge der Erwachsenenkriminalität
zugerechnet werden.
Ingesamt gesehen, werden die Jugendlichen und Heranwachsenden wegen weniger
schwerwiegenderen Delikte registriert als die Erwachsenen.
Darüber hinaus ist noch der Tabelle 2 zu entnehmen, daß sich die Vielfalt der
Deliktarten mit zunehmendem Alter erhöht, was am deutlichsten an dem Delikt der
Veruntreuung, an den Wettbewerbs-, Korruptions- und Amtsdelikten sowie an der
2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz
20
Verletzung der Unterhaltspflicht zu erkennen ist. Demzufolge ist bei den
Jugendlichen und bei den Heranwachsenden das Spektrum der Delikte enger als bei
den Erwachsenen. Die nachfolgende Tabelle zeigt, welche Delikte in der Altersgruppe der 14 –
20jährigen vorherrschen. Tabelle 3:
Quelle: Bundeskriminalamt 2000, S. 88 und 89 Der Diebstahl ohne erschwerende Umstände dominiert in allen Alters- und
Geschlechtsgruppen (s. Tabelle 3), wobei der Anteil an diesem Delikt bei den
weiblichen Jugendlichen am höchsten ist. Daneben werden die weiblichen
Jugendlichen, sowie die weiblichen Heranwachsenden wegen Betrugs in größerer
Zahl erfaßt. Bei den männlichen Jugendlichen fällt neben dem leichten Diebstahl die
Sachbeschädigung und der Diebstahl unter erschwerenden Umständen ins Gewicht,
bei den männlichen Heranwachsenden ragen die Rauschgiftdelikte, der Betrug und
der Diebstahl unter erschwerenden Umständen heraus.
2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz
21
Der einfache Diebstahl und der Betrug haben einen wesentlich höheren Anteil an der
weiblichen Delinquenz der Jugendlichen und Heranwachsenden als an der
männlichen.
Sowohl die männlichen als auch die weiblichen Jugendlichen und Heranwachsenden
treten bei der Verletzung der Unterhaltspflicht und bei den Wettbewerbs-,
Korruptions- und Amtsdelikten als Tatverdächtige gar nicht in Erscheinung. Die
Delikte Mord und Totschlag, Vergewaltigung, Beleidigung, Brandstiftung und die
Straftaten gegen die Umwelt und gegen strafrechtliche Nebengesetze auf dem
Wirtschaftssektor spielen bei den Jugendlichen und Heranwachsenden nur eine sehr
geringe Rolle.
Die Delinquenz der Jugendlichen und Heranwachsenden besteht somit zum größten
Teil aus den Eigentums- und Vermögensdelikten. Zählt man den einfachen und
schweren Diebstahl, den Betrug, die Unterschlagung, die Veruntreuung und die
Begünstigung, Strafvereitelung, Hehlerei und Geldwäsche zu den Eigentums- und
Vermögensdelikten, dann beträgt diese Delinquenz bei den männlichen Jugendlichen
und bei den weiblichen Heranwachsenden über 60%, bei den weiblichen
Jugendlichen sogar über 70%. Da die Bedeutung der Eigentumsdelikte mit
zunehmenden Alter abnimmt, liegt der Anteil an den Eigentums- und
Vermögensdelikten männlicher Heranwachsender bei 53,4%, bei den männlichen
Erwachsenen unter 50%. Im Erwachsenenalter setzt sich lediglich die weibliche
Kriminalität zum weitaus überwiegenden Teil aus den Eigentumsdelikten zusammen.
2.1.5. Die Belastung Jugendlicher und Heranwachsender für die einzelnen
Deliktarten
Im Gegensatz zum vorherigen Abschnitt werden hier die ermittelten Tatverdächtigen
zur betreffenden Bevölkerungsgruppe in Relation gesetzt. Es wird also die
Delinquenzbelastung der Jugendlichen und Heranwachsenden für die einzelnen
Deliktarten dargelegt. Da die PKS in ihrer Tabelle zur Delinquenzbelastung
zwischen den neuen und alten Ländern differenziert, sind eigene Berechnungen
vonnöten. Demzufolge wird die Tabelle in der PKS auf das gesamte Bundesgebiet
umgestellt. Das geschieht durch folgende Formel:
länderalteBundesländerneueBundes
länderalteBundesländeralteBundesländerneueBundesländerneueBundesgesamt ahlEinwohnerzahlEinwohnerz
ahlEinwohnerzTVBahlEinwohnerzTVBTVB+
×+×=
2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz
22
StraftatengruppenKinder Jugendliche Heranwachs. Erwachsende
8<14 Jahre 14<18 Jahre 18<21 Jahre >21 JahreMord und Totschlag 0 4 8 3
Vergewaltigung und sexuelle Nötigung 1 10 16 5
Raubdelikte 44 258 212 19
gefährliche und schwere Körperverletzung 110 600 618 92
vorsätzliche leichte Körperverletzung 132 647 688 225
Straftaten gegen die persönliche Freiheit 32 215 340 124
Diebstahl insgesamt 1.585 3.653 2.352 544
von Kraftwagen 10 148 173 14
Diebstahl ohne erschwerende Umstände 1.451 3.045 1.782 485
Ladendiebstahl 1.258 2.277 1.086 368
Diebstahl unter erschwerenden Umständen 193 926 831 82
Betrug 35 539 1.147 392
Veruntreuung 0 2 11 36
Unterschlagung 12 78 207 64
Urkundenfälschung 4 88 119 39Widerstand gegen die Staatsgewalt undStraftaten gegen die öffentliche Ordnung
56 347 474 100
Begünstigung, Strafvereitelung, Hehlerei, Geldwäsche
18 117 122 20
Brandstiftung und Herbeiführen einer Brandgefahr
53 50 35 12
Wettbewerbs-, Korruptions- und Amtsdelikte 0 0 2 7
Verletzung der Unterhaltspflicht 0 0 3 22
Beleidigung 34 213 311 144
Sachbeschädigung 369 1.151 823 114
Straftaten gegen die Umwelt (StGB) 2 10 38 31
Straftaten gegen strafrechtliche Nebengesetze 0 10 32 34
Straftaten gegen AuslG und AsylverfG 0 3 22 19
Straftaten gegen das Waffengesetz und gegendas Kriegswaffenkontrollgesetz
12 94 111 20
Rauschgiftdelikte (BtMG) 21 802 1.595 137
Straftaten insgesamt 2.300 7.058 7.122 1.927
Tatverdächtigenbelastungszahl
Bei den Einwohnerzahlen für die alten und neuen Bundesländer habe ich mich auf
eine Tabelle des Statistischen Bundesamtes Deutschland bezogen, die im Internet auf
der Homepage http://www.statistik-bund.de/jahrbuch/Jahrtab1.htm nachzulesen ist.
Da die Zahlen vom 31. Dezember `99 stammen, aber sich die Einwohnerzahlen in
der PKS auf einen früheren Zeitpunkt beziehen, treten bei den
Delinquenzbelastungszahlen in der nachfolgenden Tabelle leichte Verzerrungen auf
(vgl. die TVB insgesamt in Tabelle 1 mit den TVB insgesamt in Tabelle 4). Des
Weiteren können die Verzerrungen dadurch zustande gekommen sein, daß die
Tabelle nur die Altersgruppen berücksichtigt, aber nicht das Geschlecht. Es kann
davon ausgegangen werden, daß die tabellarischen Zahlenwerte eher die männlichen
Personen widerspiegeln, da der Anteil der weiblichen Personen an der Delinquenz
minimal ist.
Tabelle 4:
Quelle: Berechnungen anhand der Zahlen in der Tabelle T63 des Bundeskriminalamts 2000, S. 101
2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz
23
Laut Tabelle 4 werden im Jahr ’99 7% der Jugendlichen und 7,1% der
Heranwachsenden wegen einer oder mehreren Straftaten bei der Polizei registriert,
während die registrierte Delinquenz bei den Kindern 2,3% und bei den Erwachsenen
1,9% beträgt. Dementsprechend sind die Jugendlichen und Heranwachsenden
gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil bei den Tatverdächtigen um ein Mehrfaches
überrepräsentiert.
Ausgehend von diesen Tatverdächtigenbelastungszahlen werden gegen 3% der
Jugendlichen (oder 43,1% aller registrierten Jugendlichen) und 1,8% der
Heranwachsenden (oder 25,0% aller angezeigten Heranwachsenden) wegen
Diebstahl ohne erschwerende Umstände polizeilich ermittelt. Somit liegt die
Tatverdächtigenbelastungszahl des leichten Diebstahls bei den Jugendlichen 6 mal
höher als bei den Erwachsenen.
Ebenso wird der Diebstahl unter erschwerenden Umständen nach der polizeilichen
Registrierung von den Jugendlichen 6 mal häufiger begangen als von den
Erwachsenen.
Der Diebstahl insgesamt zeigt zwar in allen Altersgruppen die weiteste Verbreitung,
ist aber für die Erwachsenen im Vergleich zu den Jugendlichen und
Heranwachsenden weniger relevant. Dafür weisen die Erwachsenen eine erheblich
höhere Belastung bei den wirtschaftlich orientierten Delikten auf, obwohl diese
Deliktgruppe quantitativ gesehen für alle Altersgruppen eine geringe Bedeutung hat.
Die Sachbeschädigung nimmt bei der Delinquenz der Jugendlichen 1%, die
Rauschgiftdelikte bei den Heranwachsenden 1,6% ein. Jugendliche sind insofern
vom Delikt der Sachbeschädigung 10 mal häufiger belastet als Erwachsene. Die
Tatverdächtigenbelastungsziffer bei den Rauschgiftdelikten liegt bei den
Heranwachsenden 11 mal höher als bei den Erwachsenen.
Bei allen Gewaltdelikten, mit Ausnahme der Straftaten gegen die persönliche
Freiheit, sind die Jugendlichen und Heranwachsenden stärker belastet als die
Erwachsenen. Trotzdem spielen die gewaltsamen Delikte, wenn man sie den
Bereicherungsdelikten gegenüberstellt, zahlenmäßig lediglich eine geringe Rolle.
Es gibt also durchaus gravierende Delikte, die überproportional von den
Jugendlichen und Heranwachsenden begangen werden, jedoch besteht der
überwiegende Teil der registrierten Jugendlichen- und Heranwachsendendelinquenz
aus leichten Straftaten.
2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz
24
2.1.6. Häufigkeit der polizeilichen Registrierungen Jugendlicher und
Heranwachsender
In diesem Abschnitt wird Auskunft darüber erteilt, wie oft Jugendliche und
Heranwachsende bei der Polizei registriert wurden. Die PKS enthält zu diesem Punkt
keine Informationen, so daß ich für diesen Abschnitt andere Literaturquellen
heranziehe.
Die kriminologische Untersuchung des Geburtsjahrgangs 1953 in Berlin von
Weschke und Krause konnte belegen, daß etwa die Hälfte der Jugendlichen im
Erfassungszeitraum von 21 Jahren nur eine Eintragung im Bundeszentralregister
aufwies (ohne Straßenverkehrsdelikte) (vgl. Weschke et al. 1983, S. 240 in Albrecht
2000, S. 14). Die überwiegende Mehrzahl der bei der Polizei aufgefallenen
Jugendlichen (70%) war maximal zweimal registriert. Ähnliche Befunde finden sich
in der Folgeuntersuchung derselben Wissenschaftler über den Geburtsjahrgang 1964
in einem Berliner Bezirk. Hier traten 57% der mit Straftaten aufgefallenen
Jugendlichen einmal in Erscheinung, wobei diese Beobachtung auch Gewaltdelikte
betrifft: „Die Körperverletzungsdelikte weisen aus, daß es sich fast ausschließlich
um Einmaltäter handelt. Dies gilt für die einfache wie auch die schwere und
gefährliche Körperverletzung. In diesem Deliktbereich sind Intensiv- und Serientäter
nicht festzustellen“ (Weschke et al. 1989, S. 193 in Albrecht 2000, S. 14).
Auch Kerners Zitat belegt, daß nur eine Minderheit der jungen Täter mit der Polizei
mehrfach in Kontakt gerät: „Mehrfachtäterschaft im Sinne von dreimaliger oder gar
fünfmaliger Auffälligkeit ist im Querschnitt wie im Längsschnitt kaum jemals bei
mehr als 10% der (männlichen) Population zu finden“ (H. J. Kerner 1989, S. 38 in
S. Kerner 1996, S. 58).
Nach einer Untersuchung in Baden – Württemberg begingen 8,7% der 16 –
18jährigen Tatverdächtigen mit 5 und mehr Straftaten über einen Zeitraum von 3
Jahren 42% aller jugendlichen Delikte. Auf das Konto der registrierten Einmaltäter,
die 67,8% der genannten Alterskohorte ausmachten, entfielen lediglich 31% der
Straftaten (vgl. Max – Planck – Institut 1988, S. 88 in Kaiser in Markefka et al. 1989,
S. 720). Diese sowie andere deutsche Untersuchungen bestätigen, daß eine kleine
Gruppe von Straftätern unter 21 Jahren einen großen Teil aller registrierten Delikte
in dieser Altersklasse auf sich vereinigt.
2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz
25
„Mehrfache Auffälligkeit“ ist jedoch nicht gleichbedeutend mit der Verübung
schwerer Straftaten. Die Deliktstruktur der Mehrfachtäter weist nämlich ähnliche
Züge auf wie die der nur einmal und gelegentlich auffallenden Jugendlichen und
Heranwachsenden. So liegt auch der Deliktschwerpunkt bei den mehrfach straffällig
gewordenen Tatverdächtigen unter 21 Jahren auf dem Diebstahl (vgl. Kaiser in
Kaiser/Kerner et al. 1993, S. 180). Dabei stellt der Diebstahl zu etwa 85% der von
jugendlichen und ca. 76% der von heranwachsenden Mehrfachtätern begangen
Straftaten dar (vgl. LKA NRW 1981, S. 131ff. in Kaiser in Kaiser/Kerner et al. 1993,
S. 180).
Die altersgebundenen Unterschiede bei den Tatverdächtigenbelastungszahlen (s.
Tabelle 1) sowie die Befunde zur Registrierung verdeutlichen, daß die meiste
registrierte Delinquenz der Jugendlichen und Heranwachsenden vorübergehend ist.
Auch für den Großteil der mehrfach Auffälligen besitzt das delinquente Verhalten
einen episodenhaften Charakter (vgl. Lamnek 1982, S. 18 in Albrecht 2000, S. 15).
2.2. Jugendliche Delinquenz aus dem Dunkelfeld
In diesem Abschnitt werden die Erträge zur Jugenddelinquenz aus der
Dunkelfeldforschung vorgestellt. Vor der Bekanntgabe dieser Ergebnisse möchte ich
jedoch den Begriff der Dunkelfeldforschung näher erläutern und auf seine Grenzen
hinweisen.
Die kriminologische Dunkelfeldforschung bemüht sich darum, das quantitative und
strukturelle Verhältnis zwischen registrierten Fällen bzw. Straftaten und der
vermuteten Zahl tatsächlich begangener Straftaten zu erfassen (vgl. Eisenberg 2000,
S. 6). Unter anderem werden solche Straftaten nicht bekannt, wie bereits im
vorherigen Kapitel erwähnt, die nicht zur Anzeige gelangen, wobei einige Gründe für
eine Nichtanzeige folgende sein können:
• Der Betroffene sieht den erlittenen Schaden als zu geringfügig an oder empfindet
sich selbst nicht als Opfer
• Der Betroffene verspricht sich von der Strafanzeige keinen Erfolg
• Der Betroffene schämt sich (z.B. bei einer Vergewaltigung)
• Der Betroffene hat Angst vor dem Täter
• Der Fall wird von den Beteiligten privat geregelt
2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz
26
• Der Betroffene fürchtet sich vor der Gerichtsverhandlung
• Der Betroffene hat Mitleid mit dem Täter
• Die Anzeige ist für den Betroffenen zu zeitaufwendig
• Der Betroffene möchte mit der Polizei nichts zu tun haben
(vgl. LKA 1990, S. 1 in Walter 1995, S.17; Schwind 1978, S. 207 in Kürzinger 1996,
S. 127f.)
Die Verfahren, die die empirische Forschung zur Aufhellung des Dunkelfeldes
entwickelt hat, sind die Befragung, das Experiment und die Beobachtung. Allerdings
sind alle drei Methoden nicht unproblematisch. So lassen sich z.B. im Experiment
nur wenige Delikte simulieren (vgl. Schmitt 1998, S. 9) und in
Umfrageuntersuchungen kann kaum kontrolliert werden, ob die befragten Personen
ehrlich geantwortet haben und ob sie über ein ausreichendes präzises
Erinnerungsvermögen verfügen (vgl. Steuber 1988, S. 47).
Da das Dunkelfeld nicht genau und zuverlässig gemessen werden kann, sind die
Aussagen zur Dunkelfeldforschung begrenzt. Es muß demnach auch bei den
Ergebnissen der Dunkelfeldforschung mit Verzerrungen gerechnet werden.
„Während die Kriminalstatistik die Wirklichkeit der registrierten Kriminalität
abbildet, zeichnet die Dunkelfeldforschung die Wirklichkeit der mit Methoden der
Schätzung, der Bevölkerungsbefragung und der teilnehmenden Beobachtung
nichtamtlich wahrgenommenen Kriminalität nach“ (Kunz 1998, S. 294).
Faßt man die Ergebnisse der bisherigen Dunkelfeldforschung zusammen, so ergibt
sich für die Jugenddelinquenz folgendes Bild (vgl. Siegel et al. 1997, S. 34 – 84 in
Schneider in Sievers et al. 1998, S. 469f.; Bynum et al. 1996, S. 51 – 89 in Schneider
in Sievers 1998, S. 469f.; Regoli et al. 1991, S. 25 – 49 in Schneider in Sievers et al.
1998, S. 469f.):
• Bei der jugendlichen Delinquenz gibt es keine Zweiteilung in Delinquente und
Nichtdelinquente. Auf der einen Seite befinden sich Jugendliche, die keine
Delikte oder leichtere Straftaten seltener verüben. Diese Jugendlichen stellen die
Mehrheit dar und ihr delinquentes Verhalten bildet sich in den meisten Fällen
von selbst zurück, ohne offizielles Eingreifen. Ihre Delinquenz kann demnach als
Episode betrachtet werden. Demgegenüber steht eine Minderheit von
2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz
27
Jugendlichen, die häufig und schwere Delikte begehen. Diese Gruppe ist für den
Großteil der Straftaten, speziell für die Gewaltdelikte, verantwortlich. Ein Teil
von ihnen entwickelt sich zum Rückfalltäter, so daß die Delinquenz /
Kriminalität auch im Erwachsenenalter fortbesteht.
• Die weibliche Delinquenz der Jugendlichen ist viel geringer als die männliche.
Die Differenz zwischen männlicher und weiblicher Delinquenzbelastung ist
jedoch im Dunkelfeld nicht so groß wie im Hellfeld, d.h. wie in der amtlichen
Delinquenzstatistik. Da Mädchen weniger häufig delinquieren und leichtere
Straftaten verüben, verbleibt ihre Delinquenz in höherem Maße im Dunkelfeld
als die ihrer männlichen Altersgenossen.
• Ein großer Teil der Delikte gelangt der Polizei nicht zur Kenntnis. Die meiste
Delinquenz der Jugendlichen, die im Dunkelfeld verborgen bleibt, besteht aus
leichteren Formen (z.B. aus Ladendiebstählen und Vandalismus).
• Die Jugendlichen, die häufig und schwere Delikte begehen, werden bei der
Polizei eher angezeigt als die Jugendlichen, die selten und leichte Straftaten
verüben. So haben die Instanzen der formellen Sozialkontrolle es überwiegend
mit schwerwiegenderen Delikten zu tun. Das Risiko bei einer Straftat entdeckt zu
werden, hängt demnach von der Schwere und von der Häufigkeit des Delikts ab.
• Die Jugenddelinquenz taucht in allen Bevölkerungsschichten auf. Allerdings
werden die häufigeren und schwereren Rechtsbrüche von Jugendlichen aus der
Unterschicht begangen. Die Unterschichtjugendlichen erhalten bei der Polizei
öfter eine Anzeige als die Jugendlichen aus der Mittel- und Oberschicht.
2.3. Zusammenfassung der wichtigsten Befunde zur Jugenddelinquenz
Zum Abschluß dieses Kapitels möchte ich die wichtigsten empirischen und
statistischen Befunde zur Jugenddelinquenz zusammenfassen.
Aus der Dunkelfeldforschung und aus den Daten der PKS geht hervor, daß sich die
männlichen Jugendlichen häufiger delinquent verhalten als die weiblichen.
Allerdings ist der Unterschied zwischen der männlichen und weiblichen
Delinquenzbelastung im Dunkelfeld nicht so groß wie im Hellfeld.
Betrachtet man die Altersgruppen, in denen das männliche Geschlecht am häufigsten
Delikte begeht, so ergeben die Daten in der PKS, daß Jungen im Alter von 18 – 20
2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz
28
Jahren die höchste Delinquenzbelastung aufweisen. Mädchen werden hingegen in
der Altersgruppe der 14 – 16jährigen am häufigsten straffällig.
Obwohl die Jugendlichen und Heranwachsenden im Hellfeld die stärkste delinquente
Gruppe darstellen, wird nur ein geringer Prozentsatz von den Jugendlichen und
Heranwachsenden als tatverdächtig registriert.
Legt man die empirischen Ergebnisse zugrunde, scheint fast jeder Jugendliche schon
einmal eine Straftat begangen zu haben. Demnach ist es zwar normal im Jugendalter
zu delinquieren, aber anormal, deswegen auch entdeckt und gerichtlich verurteilt zu
werden (vgl. Kaiser 1979, S. 157 in Landscheidt 1995, S. 18).
Abgeleitet aus dem empirischen Resultat, daß die nicht amtlich gewordene
Delinquenz überwiegend leichte Straftaten umfaßt, begehen jugendliche
Nichtregistrierte schwere Delikte selten. Unter den Nichtregistrierten befindet sich
also lediglich ein kleiner Teil, der schwere Delikte verübt und häufig delinquiert.
Bei der polizeilichen Registrierung machen die Eigentums- und Vermögensdelikte
den Hauptanteil der Jugendlichen- und Heranwachsendendelinquenz aus. Sowohl bei
weiblichen als auch bei männlichen Jugendlichen und Heranwachsenden ist der
leichte Diebstahl nach den amtlichen Zahlen vorherrschend. Während bei den
weiblichen Tatverdächtigen unter 21 Jahren die Anteile am einfachen Diebstahl und
am Betrug höher liegen als bei den männlichen, besitzt der Diebstahl unter
erschwerenden Umständen einen erheblich höheren Anteil an der männlichen
Delinquenz der jeweiligen Altersgruppe.
Betrachtet man die Straftaten, bei denen die erfaßten Jugendlichen und
Heranwachsenden im Gegensatz zu den polizeilich ermittelten Erwachsenden
besonders auffallen, so zeigt sich beim männlichen Geschlecht unter 21 Jahren
folgende Deliktstruktur: Raub, schwerer und leichter Diebstahl, Sachbeschädigung,
Rauschgiftdelikte, schwere Körperverletzung, Straftaten gegen das Waffengesetz,
Hehlerei und Widerstand gegen die Staatsgewalt.
Obwohl die Jugendlichen und Heranwachsenden bei allen Gewaltdelikten (außer den
Freiheitsdelikten) stärker belastet sind als die Erwachsenen, nimmt diese
Straftatengruppe – wenn man sie den Eigentumsdelikten gegenüber stellt – bei der
polizeilichen Registrierung nur eine geringe Bedeutung ein. Auch nach den
Dunkelfelduntersuchungen begeht nur eine Minderheit der Jugendlichen gewaltsame
Delikte. Mädchen sind bei derartigen Handlungen nach den polizeistatistischen
Daten unterrepräsentiert.
2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz
29
Sowohl die Ergebnisse aus der Dunkelfeldforschung als auch die registrierte
Delinquenz belegen, daß die mehrfache und schwere Deliktsbegehung bei den
Jugendlichen lediglich in geringem Maße vorkommt. Wiederholte, schwere Delikte
werden im Jugendalter selten verübt oder nur von einem kleinen Täterkreis
begangen, hingegen treten leichte Delikte bei Jugendlichen häufig auf.
Für die Mehrzahl der Jugendlichen und Heranwachsenden stellt das delinquente
Verhalten nach der empirischen Sozialforschung und den amtlichen Daten eine
Episode dar und nur eine Minderheit jugendlicher Straftäter wird zum Kriminellen.
3. Charakteristik der Jugenddelinquenz
30
3. Charakteristik der Jugenddelinquenz
Erwachsenenkriminalität und Jugenddelinquenz sind in ihren Eigenarten,
insbesondere in ihrer Motivation, höchst unterschiedlich. In diesem Kapitel werden
die Besonderheiten der jugendlichen Delinquenz aufgezeigt, und es wird der Frage
nachgegangen, aus welchen Motivationen oder Anlässen heraus Jugendliche
delinquieren.
Da die Delinquenz der Jugendlichen die unterschiedlichsten strafrechtlichen
Verhaltensweisen umfaßt, ist Konkretheit notwendig, so daß die Charakteristika der
einzelnen Delikte darlegt werden, wobei ich mich auf solche Straftaten beschränke,
die von den Jugendlichen am häufigsten begangen werden.
3.1. Eigenarten und Funktionen des delinquenten Verhaltens Jugendlicher
Jugenddelinquenz ist meist ungeplant und erfolgt aus einer Augenblicksstimmung
heraus (vgl. Schneider in Sievers et al. 1998, S. 471). Infolgedessen begehen die
Jugendlichen Delikte, die von ihrer Tatausführung unkompliziert sind. Die
mangelnde Tatplanung und die „leichten“ Straftaten haben wiederum zur Folge, daß
die Jugendlichen von der Polizei häufiger gefaßt und überführt werden als die
Erwachsenen (vgl. Blankenberg 1978, S. 182 in Albrecht 2000, S. 12). Zudem sind
die jungen Täter eher bereit ein Geständnis abzulegen als die Erwachsenen (vgl.
Schneider in Sievers et al. 1998, S. 471). Jedoch liegen in der Planlosigkeit der
Deliktsbegehung von Jugendlichen auch „Momente gefährlicher
Unberechenbarkeit“ (Kaiser 1988 S. 506 in Kerner 1996, S. 56), so daß Schäden
entstehen können, die die Jugendlichen nicht vorausgesehen und nicht gewollt haben.
Die jugendliche Delinquenz ist grundsätzlich ein Gruppenphänomen, wobei das
gemeinschaftliche Delinquieren häufig in der Gesellschaft Gleichaltriger stattfindet.
Dabei ist die Zahl der Gruppenmitglieder oder Mittäter recht unterschiedlich und
unter anderem vom Lebensalter abhängig. Denn „je jünger die Beteiligten sind, desto
eher neigen sie dazu, auffälliges Verhalten in der Gruppe zu begehen, und desto
wahrscheinlicher ist es auch, daß die entsprechende Gruppe eine vergleichsweise
große Zahl von Mitgliedern hat“ (Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales
des Landes Nordrhein – Westfalen 1997, S. 32). Erst in der Altersgruppe der 16-
3. Charakteristik der Jugenddelinquenz
31
18jährigen beginnt die Einzeltäterschaft, solange nicht die Zweier – Beziehung
fortgeführt wird.
Wie die Größe delinquierender Gruppen weist auch deren Struktur eine große
Vielfalt auf. Es überwiegen die zufälligen, lockeren, kurzlebigen, Gesellungsformen
(Cliquen, Meuten) (vgl. Kaiser 1988, S. 526), während man verfestigte Gesellungen
in Form von halb- oder vollorganisierter Banden oder Gangs in der Altersgruppe der
14 – 20jährigen nur in Ausnahmefällen antrifft.
Die Delinquenz der Jugendlichen hat vielfältige psychosoziale Funktionen. So
können Mädchen und Jungen mit der Deliktsbegehung
• versuchen, die Statussymbole von Erwachsenen zu erreichen
• versuchen, einen erwünschten Lebensstil und sozialen Status zu realisieren
• versuchen, sich ein Zugehörigkeitsgefühl zu bestimmten peer – groups zu
verschaffen
• einen subkulturellen Lebensstil symbolisieren
• grenz- und normüberschreitende Erfahrungen und Erlebnisse suchen
• sozialen Protest oder gesellschaftliche Wertkritik äußern
• versuchen, sich gegen die Kontrolle Erwachsener zu wehren
• einen jugendtypischen Mangel an Selbstkontrolle äußern
• versuchen, Konflikte und Spannungen im sozialen Nahraum und damit
verbundene Ohnmachtsgefühle zu kompensieren
• versuchen, frustrierende Schul- und Berufserfahrungen zu bewältigen
• auf starke psychosoziale Belastungen reagieren bzw. auf heftige psychische und
soziale Entwicklungsstörungen hinweisen
(vgl. Ziehlke 1993, S. 71f.).
3.2. Diebstahl allgemein
Viele Jugendliche stehlen nicht aus einer echten Notlage heraus, sondern um nicht
auf die Lebensgewohnheiten und Annehmlichkeiten verzichten zu müssen. Ihre
knappen Geldressourcen reichen oftmals nicht aus, um die immer größer werdenden
Wünsche oder Bedürfnisse zu befriedigen.
Aneignungshandlungen werden neben der Großmannsucht u.a. aus Furcht, Eifersucht
oder Rache gegen angetanes Unrecht angetroffen (vgl. Brückner 1961, S. 43). In
3. Charakteristik der Jugenddelinquenz
32
Brückners Beispiel entwendete ein Junge die goldene Armkette seines besten
Freundes, das dieser einem Mädchen schenken wollte, weil der Freund ihn wegen
des Mädchens vernachlässigte und zudem mehr Erfolg bei Mädchen besaß als er
selbst (vgl. ebd., S. 45).
Ferner kann auch eine Leidenschaft zum Basteln oder eine sonstige Liebhaberei zum
Diebstahl verführen, wenn die Jugendlichen nicht über entsprechende Geldbeträge
verfügen. Die Gefahr, daß die Jugendlichen sich das benötigte Material oder die
sonstigen Sachen auf unerlaubte Weise beschaffen, ist vor allem dann sehr groß,
wenn die betreffenden Sachen nicht genau kontrolliert und die Jugendlichen nicht in
dem gebotenen Umfang beaufsichtigt werden.
Benötigen die Jugendlichen dringend Geld und ist dies nicht auf legalem Wege zu
beschaffen, dann wird es zunächst innerhalb der Familie entwendet (vgl. Brückner
1961, S. 44). Soweit das Geld der eigenen Familie genügt, bleiben die Diebstähle auf
die nächsten Angehörigen beschränkt. Ist das aber nicht der Fall, dann werden auch
außerhalb des Familienkreises illegale Methoden angewandt, um an das nötige Geld
zu gelangen.
Für die Diebstähle kann ebenfalls das Geltungsverlangen ausschlaggebend sein.
Besonders Jugendliche, die von Gleichaltrigen keine Akzeptanz erfahren, greifen zu
illegalen Mitteln. Das Diebesgut wird großzügig verschenkt oder u.a. in
Schleckereien für sich und andere umgesetzt, um sich auf diese Art und Weise
Anerkennung zu verschaffen. Ebenso wird versucht über die Straftat Ansehen zu
erwerben.
Haben die Jugendlichen bei ihrem ersten Diebstahl Erfolg, kommt es im allgemeinen
zu weiteren Eigentumsdelikten (vgl. Brückner 1961, S. 46). Denn der den
Jugendlichen eigene Optimismus läßt sie glauben, daß es ebenso wie beim ersten
Mal immer wieder gut gehen werde. Außerdem ist die Hemmschwelle für eine
weitere Tat gesunken, so daß moralische Bedenken nicht mehr aufkommen oder
unterdrückt werden.
Bei den Jugendlichen, die mehrere Diebstähle begangen haben, ist die
Gleichartigkeit oder Ähnlichkeit der Begehungsweise auffallend. Bei den späteren
Straftaten werden jedoch die Erfahrungen aus den vorherigen Delikten verwertet, so
daß auch größere Schwierigkeiten überwunden werden, um an die Beute zu
gelangen. Die Jugendlichen riskieren also immer mehr, so daß sie meist auch nach
mehreren Straftaten gefaßt werden.
3. Charakteristik der Jugenddelinquenz
33
3.3. Diebstahl ohne erschwerende Umstände
Die Mehrheit der Jugendlichen und Heranwachsenden wird wegen des leichten
Diebstahls in Warenhäusern, Verkaufsräumen und Selbstbedienungsläden registriert
(vgl. Bundeskriminalamt 2000, Anhang S. 7 ff.). Erst in weitem Abstand folgen die
Fahrraddiebstähle und die Diebstähle in Wohnungen. Da diese drei Diebstahlgruppen
in der Altersgruppe der 14-20jährigen zahlenmäßig eine herausragende Rolle
einnehmen, sollen sie näher betrachtet werden. Der Diebstahl aus Wohnungen bleibt
allerdings unberücksichtigt, weil er sich eher den heranwachsenden und
erwachsenden Tätern zuschreiben läßt. Dafür werden die Eigenarten und
Besonderheiten der Kraftfahrzeugdiebstähle dargestellt.
Die Erfahrung „Gelegenheit macht Diebe“ kennzeichnet die Situation des
Warenhaus- und Ladendiebstahls (vgl. Kaiser 1988, S. 720). Im Gegensatz zu dem
Diebstahl von Fahrrädern, Kraftfahrzeugen oder jenem aus Wohnungen wird mit
dem Warenhaus- und Ladendiebstahl in der Regel zugleich der Täter entdeckt.
Vor allem in Warenhäusern werden die Jugendlichen leicht dazu verführt, einen
Normbruch zu begehen, denn „das Warenhaus versucht mit allen Mitteln den
Wunsch zu erregen, einen Gegenstand zu besitzen…“ (V. Hentig 1955 in Brückner
1961, S. 47). Dieses Zitat dient also als Erklärung, warum sich die meisten
Diebstähle in der Altersklasse unter 21 Jahren in den Kaufhäusern ereignen. Aber
auch das als anonym empfundene Warenangebot liefert dafür eine Begründung (vgl.
Kaiser 1988, S. 720).
Für die Jugendlichen ist nicht der objektive Wert des entwendeten Gegenstandes
entscheidend, sondern die subjektive Verwertbarkeit, so daß es sich häufig um
entwendete Sachen mit geringem Wert handelt (vgl. Brückner 1961, S. 48). Von den
Jugendlichen werden vor allem Bekleidung, Lebens- und Genußmittel, Schreib- und
Spielwaren, Toilettenartikel und CDs angeeignet (vgl. Kaiser 1988, S. 719), wobei
diese Tatobjekte eine geschlechtsspezifische Ausdifferenzierung besitzen.
Der überwiegende Teil der Jugendlichen und Heranwachsenden begeht die Tat allein
(vgl. Krupp et al. In Müller et al. 1998, S. 225), so daß Gruppentäterschaften
lediglich eine geringe Bedeutung einnehmen. Eine enge Verbindung zwischen
Warenhausdiebstählen und der Beschaffungskriminalität bildet bei den Jugendlichen
eher die Ausnahme.
3. Charakteristik der Jugenddelinquenz
34
Einige Motive für diese Straftat wurden auch schon im vorherigen Abschnitt
erwähnt:
• Aneignung von Artikeln, die man sich anders nicht leisten kann
• Nachahmungseffekt
• Anstiftung durch andere
• Prestigegewinn
(vgl. Krupp et al. In Müller et al. 1998, S. 225)
Darüber hinaus spielen die Mut – oder Bewährungsproben eine bedeutsame Rolle,
denn das Warenhaus bietet den Jugendlichen die Gelegenheit, ihre Geschicklichkeit
unter Beweis zu stellen und den Reiz des Verbotenen auszukosten (vgl. Geerds in
Sievers et al. 1998, S. 48).
Die Wegnahme eines Kraftfahrzeugs erfolgt oft mehr oder minder spontan (vgl.
Brückner 1961, S. 48). Jedoch sind die Jugendlichen beim Diebstahl eines
Personenkraftwagen meist nur darauf bedacht, ihre Fahrtechnik zu erproben oder zu
beweisen, so daß die Autos im Allgemeinen nur vorübergehend „entliehen“ werden.
Allerdings werden die Personenkraftwagen nach Gebrauch vielfach nicht mehr an
der gleichen Stelle oder in dessen unmittelbarer Umgebung abgestellt, weil sich die
Jugendlichen fürchten, entdeckt zu werden. Manchmal stellen sie die Fahrzeuge auch
so ab, daß sie ihnen in den nächsten Tagen wieder zur Verfügung stehen.
Nur in den wenigsten Fällen werden die gestohlenen Autos verkauft oder in
Einzelteile zerlegt, auch kommt es selten zur Demontage der festen Autoeinrichtung
(z.B. des Autoradios) (vgl. Brückner 1961, S. 49). Befinden sich jedoch bei der
unbefugten Ingebrauchnahme in den Kraftfahrzeugen wertvolle oder brauchbare
Gegenstände, so nehmen die Jugendlichen sie meist an sich.
Entwendete Krafträder werden hingegen von den Jugendlichen häufiger
ausgeschlachtet, um damit Reparaturen oder Verbesserungen an ihren Motorrädern
oder Mopeds vorzunehmen.
Die jugendlichen Täter gehören allen Schichten an und verfügen in der Regel über
große technische Fähigkeiten (vgl. Brückner 19961, S. 49). Den Beweggrund zu
diesen Taten stellt die Leidenschaft zum Autofahren dar, der bei den Jugendlichen
durch die Abenteuerlust, die Vergnügungssucht, dem Geltungsverlangen sowie durch
das Überlegenheitsgefühl gekennzeichnet ist. Als weitere Motive werden noch
Zeitnot, Verpassen der öffentlichen Verkehrsmittel und Nachahmung aufgeführt.
3. Charakteristik der Jugenddelinquenz
35
Die Zahl der Fahrraddiebstähle übersteigt bei weitem jene der Kraftfahrzeuge (vgl.
Bundeskriminalamt 2000, Anhang S. 7ff.). Auch gegenüber den Diebstählen von
Krafträdern und Mopeds werden solche von Fahrrädern doppelt so häufig registriert.
Das liegt daran, daß jeder einen Fahrraddiebstahl begehen kann, dagegen ist beim
Kraftfahrzeug- oder Motorraddiebstahl der Kreis der potentiellen Täter wesentlich
geringer.
Fahrraddiebstähle sind vor allem bei jüngeren Jugendlichen begehrt (vgl. Bauer in
Sievers et al. 1996, S. 134). Denn für diese Altersklasse kann das Fahrrad noch
denselben Prestigewert besitzen wie ein Auto für den Heranwachsenden (vgl. auch
Kaiser 1988, S. 727). Demzufolge lassen sich bei diesen Fahrraddieben ähnliche
Tatmotive feststellen wie bei den Tätern des Diebstahls von Kraftfahrzeugen.
Allerdings werden die Fahrräder nur selten „geborgt“, so daß sie, wenn sie nicht
gefahren werden, für Ersatz- und Zusatzteile Verwendung finden. In anderen Fällen
werden die Fahrräder aus – sowie umgebaut und im Anschluß daran verkauft.
Obwohl die Aufklärungsquote beim Fahrraddiebstahl sehr niedrig ist, wird es noch
von der beim Diebstahl von Kraftfahrzeugen unterboten (vgl. Kaiser 1988, S. 727).
Die Vermutung, daß das entwendete Fahrrad zum Einsteigeobjekt für
Kraftfahrzeugdiebstähle werde, liegt zwar nahe, fand aber bislang noch keine
empirische Bestätigung.
3.4. Schwerer Diebstahl und Betrug
Die Jugendlichen, die sich später zu chronischen Delinquenten entwickeln, begehen
zum größten Teil schwere Diebstähle (vgl. Brückner 1961, S. 51). Da derartige
Jugendliche den sozialen Werten oft gleichgültig gegenüberstehen, und eine gewisse
Gefühlskälte sie auszeichnet, wirkt der Gedanke, daß sie durch ihre Straftat einer
anderen Person oder der Allgemeinheit einen Schaden zufügen, nicht hemmend.
Dagegen enthält der Gedanke, daß nur Leuten etwas weggenommen wird, die
ohnehin mehr besitzen, einen antreibenden Effekt.
Allerdings schrecken die Jugendlichen noch zu Anfang vor der Berührung mit der
lebendigen Person zurück und besitzen weniger Hemmungen vor dem leblosen
Objekt (vgl. Brückner 1961, S. 51). Diese Tatsache kann eine Erklärung dafür
liefern, daß es sich beim Diebstahl unter erschwerenden Umständen bei den
Jugendlichen überwiegend um Diebstähle aus Kiosken und Automaten handelt.
3. Charakteristik der Jugenddelinquenz
36
Die Motive für diese Deliktsbegehung entsprechen den Motiven des Diebstahls ohne
erschwerende Umstände. Daneben läßt sich der schwere Diebstahl auf das
Selbstwerterhöhungsstreben zurückführen.
Der Betrug setzt sich bei den Jugendlichen nur aus kleineren Betrügereien des
alltäglichen Lebens zusammen. So wird bei der öffentlichen
Verkehrsmittelbenutzung das Fahrgeld nicht bezahlt oder bei öffentlichen
Veranstaltungen, z.B. bei Tanz- und Sportveranstaltungen, das Eintrittsgeld nicht
entrichtet. Weiterhin kommt es häufig vor, daß falsche Angaben über Anschaffungen
für die Schule gemacht werden, um auf diese Weise dem Vater ein höheres
Taschengeld zu entlocken.
Da für derartige Betrügereien keine besonderen Fähigkeiten vorhanden sein müssen,
kann diese Handlung von fast jedem Jugendlichen ausgeführt werden. Des Weiteren
ist der Betrug nicht immer leicht nachzuweisen, so daß er ein häufig begangenes
Delikt darstellt. Allerdings treten bei den Jugendlichen schwerwiegendere
Betrügereien, die sich auf Schwindeleien beziehen, nur sehr selten auf, was damit
zusammenhängt, daß es ihnen weitgehend an Wortgewandtheit, Schlagfertigkeit,
Verstellungskunst, Dreistigkeit, geschäftlicher Routine, Sicherheit des Auftretens
und an Erfahrung fehlt (vgl. Brückner 1961, S. 55). Auch besitzen sie noch nicht die
notwendige Übersicht und verstricken sich schnell in Widersprüche. Diese
Eigenschaften müssen sich also erst bei den Jugendlichen entwickeln. Infolgedessen
sind die Jugendlichen am Betrug schwächer beteiligt als die älteren
Geburtsjahrgänge.
3.5. Sachbeschädigung
Der Anteil der Jugendlichen an der Sachbeschädigung ist höher als bei den anderen
Delikten. Die polizeiliche Kriminalstatistik läßt dies jedoch nicht in vollem Umfang
erkennen, weil vielfach keine Anzeige erfolgt oder diese bei Kenntnis des Täters und
Wiedergutmachung des Schadens zurückgezogen wird (vgl. Brückner 1961, S. 90).
Da die Erscheinungsformen der Sachbeschädigung sehr vielfältig sind, gibt es auch
zahlreiche Motive für diese Tat. Wirtschaftliche Motive wie Gewinnsucht und Not
spielen dabei weniger eine Rolle (vgl. Geerds in Sievers et al. 1998, S. 370). Dies
sieht aber bei Eigentumsdelikten mit Gewalt gegen Sachen anders aus. Allerdings
dürfte auch hier die wirtschaftliche Not lediglich einen begleitenden Charakter im
3. Charakteristik der Jugenddelinquenz
37
Motivationsprozeß besitzen. Wichtiger erscheinen bei derartigen Handlungen
fremdbezogene, insbesondere misanthropische Motive wie Haß, Rachsucht, Neid
und dergleichen, weil diese schnell zur Gewalt gegen Sachen der ungeliebten Person
oder Institution führen können.
Größeres Gewicht bei der Sachbeschädigung kommt aber egozentrischen Motiven
nichtwirtschaftlicher Art zu. So werden Zerstörungshandlungen häufiger aus
Geltungsdrang und Prestigesucht begangen, aber auch aus Übermut, Abenteuerlust
oder Leichtsinn. Der Geltungsdrang ist wesentlich für Gewalttätigkeiten bei sog.
Reinen Krawallen (bei Festivitäten und Sportveranstaltungen). Sachbeschädigungen,
die aus Schabernack und Langeweile hervortreten, ziehen gewöhnlich
Einzelgegenstände in Mittäterschaft. Doch finden auch serienmäßige
Zerstörungshandlungen wie z.B. das Abbrechen von Autoantennen statt, die
vorwiegend von gruppendynamischen Prozessen und unter Alkoholeinfluß ausgehen.
Als bevorzugte Objekte der Sachbeschädigung gelten Schulen,
Massenverkehrsmittel, öffentliche Bedürfnisanstalten, Parkanlagen, Telefonzellen,
Feuermelder und Friedhöfe (vgl. Kaiser 1988, S. 528). Die Jugendlichen nehmen
sich also wenig kontrollierte „zerstörungsfreundliche“ Gegenstände vor, wobei die
Gemeinschaftsgüter häufiger beschädigt werden als Privateigentümer, da hier das
Opfer anonym ist (vgl. Kube et al. 1983 in Kaiser 1988, S. 528). Vor allem bieten
Ungepflegtheiten, insbesondere Vorbeschädigungen und schlechter baulicher
Zustand Anreiz zu vandalistischem Verhalten (vgl. Schneider in Sievers et al. 1998,
S. 488). In der Schule wird die Sachbeschädigung darüber hinaus durch die
unbewohnten Klassenräume und durch die monotone Architektur hervorgerufen.
Ebenso begünstigt eine unübersichtliche Gebäudestruktur und eine unübersichtliche
innere Organisation von schulischen Abläufen delinquentes Verhalten, da sie
normunsichere Bereiche entstehen lassen und die Kontrolle von Handlungen der
Schüler erschweren.
3.6. Rauschgiftdelikte
Jugendliche aus den oberen Schichten scheinen nach wie vor überproportional unter
den Drogenkonsumenten beteiligt zu sein (vgl. Kaiser 1988, S. 529). Jedoch muß
man zwischen der kleinen Gruppe von Jugendlichen mit sehr häufigen
3. Charakteristik der Jugenddelinquenz
38
Rauschmittelkonsum und der übrigen Gruppe von Jugendlichen mit einmaliger oder
gelegentlicher Rauschmittelerfahrung differenzieren. Denn die Zahl der ständigen
Nutzer von Haschisch in der Altersklasse der 20jährigen, in der die höchsten
Verbreitungswerte festgestellt wurden, liegt bei ca. 3%, während die Zahl der
Jugendlichen mit einmaliger Erfahrung des Haschischkonsums 15 – 30% beträgt
(vgl. Engel et al. 1993, S. 29). So stellt der illegale Drogengebrauch für die Mehrheit
der Jugendlichen ein einmaliges oder zumindest ein vorübergehendes Ereignis dar.
Die Cannabisprodukte (Haschisch/Marihuana) nehmen die weiteste Verbreitung ein
(vgl. Engel et al. 1993, S. 29; Bundeskriminalamt 2000, S. 216, 218). Der Einstieg in
den Haschischkonsum erfolgt in den meisten Fällen zwischen dem 15. und 20.
Lebensjahr, wobei die Jungen wesentlich häufiger konsumieren als die Mädchen
(vgl. Engel et al. 1993, S. 29). Bei den meisten Jugendlichen bleibt es beim
Haschischkonsum, so daß lediglich ein kleiner Teil auf härtere Drogen umsteigt.
Allerdings sind viele Jugendliche, die illegale Drogen konsumieren, auch Tabak- und
Alkoholkonsumenten. Denn die Wahrscheinlichkeit des Übergangs vom legalen in
den illegalen Drogenkonsum liegt nach bisherigen Befunden bei 30% (vgl. Engel et
al. 1993, S. 29). Umgekehrt beträgt die Wahrscheinlichkeit, daß ein Konsument
illegaler Drogen bereits ein Konsument von legalen Drogen ist, 70 – 80%. Diese
Tatsache betont die Relevanz, die der genauen Erforschung der Ursachen des
Konsums legaler Drogen zukommt.
Drogen aller Art werden in der heutigen Zeit extensiv benutzt, um
zwischenmenschliche und innerpsychische Konflikte zu lösen und / oder um aus der
langweiligen und drückenden Realität des Alltags zu flüchten (vgl. Regoli et al.
1991, S. 271 in Schneider in Sievers et al. 1998, S. 489). Ständige Mißerfolge in der
Schule oder in der Berufsausbildung sowie dauerhafte Konflikte mit den Eltern
führen häufig zur Aufnahme des illegalen Drogengebrauchs (vgl. Trojanowics et al.
1992, S. 404 – 411 in Schneider in Sievers et al. 1998, S. 489). Die Motivation zum
Konsum und die stützenden Einstellungen werden u.a. im Kontakt mit Freunden und
Bekannten erlernt, wobei die Aufnahme des Drogenkonsums meist im Sinne eines
Probier- und Experimentierverhaltens geschieht, das aber bei etwa einem Drittel der
Konsumenten in eine Gewöhnungs- und Abhängigkeitsphase umschlägt (vgl.
Reuband 1990 in Engel et al. 1993, S. 22f.). Ob die Jugendlichen in eine
Abhängigkeit geraten, ist, wie bei allen anderen Drogen auch, von
3. Charakteristik der Jugenddelinquenz
39
Persönlichkeitsfaktoren, Umweltfaktoren sowie biologischen und psychologischen
Rahmenbedingungen abhängig.
3.7. Vorsätzliche Körperverletzung
Die jugendlichen Körperverletzungen, die hauptsächlich von männlichen
Jugendlichen begangen werden (s. Tabelle 3), treten eher affektuell und situativ als
zweckorientiert und geplant in Erscheinung (vgl. Kräupl et al. 1992, S. 21 in Kühnel
et al. 1995, S. 13). Vor allem richten sie sich gegen gleichaltrige Personen oder
Gruppen, wobei der Alkoholeinfluß und die lockeren Gruppenzusammenhänge
größtenteils die Begleitumstände von derartigen Handlungen kennzeichnen.
Ebenfalls gehören die alltäglich zu beobachtbaren Raufereien in der Schule zum
Delikt der vorsätzlichen Körperverletzung (vgl. Kürzinger 1996, S. 255). Allerdings
werden diese strafbaren Verhaltensweisen von den Jugendlichen nicht als solche
interpretiert, sondern als Spiel empfunden, in dem sie ihre Kräfte messen und sich
austoben können. Dementsprechend handelt es sich bei den Körperverletzungen der
Jugendlichen mehrheitlich um ein entwicklungstypisches Probier- und Testverhalten,
das vor allem durch die schlechten schulischen Leistungen hervorgerufen wird (vgl.
Engel et al. 1993, S. 26ff.). Ein miserabler Leistungsdurchschnitt, das einmalige oder
mehrfache Wiederholen einer Klasse oder eines Jahrgangs, die Zurückstufung in eine
als im Prestige niedriger eingeschätzte Schule und das Verfehlen des
Schulabschlußzeugnisses stehen im Kontext mit Gewalt gegen Personen. Denn das
Scheitern an den schulischen Leistungsanforderungen wird als eine deutliche
Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls und der späteren sozialen und beruflichen
Lebenschancen gewertet, so daß viele Jugendliche versuchen, ihre schlechten
Schulleistungen durch Körperverletzungen zu kompensieren und positive
Selbstwerteinschätzung durch gewalttätiges Verhalten zu erreichen. Weitere
schulische Faktoren, die derartige Verhaltensweisen bedingen, liegen im
Betriebsklima der Schule, in der Schüler – Lehrer – Beziehung sowie in der
Organisation und Transparenz schulinterner Abläufe (vgl. Trenz 1991 in Engel et al.
1993, S. 26ff.).
Die meisten begangenen und der Polizei bekanntgewordenen vorsätzlichen
Körperverletzungen in der Altersgruppe der 14- 20jährigen wiegen trotz der äußeren
Gefährlichkeit nicht besonders schwer (vgl. Brückner 1961, S. 79). Nur selten
3. Charakteristik der Jugenddelinquenz
40
werden die Opfer hinterlistig überfallen oder heimtückische Mittel eingesetzt, so daß
von brutaler Jugendgewalt laut Medienberichten nicht die Rede sein kann.
3.8. Raub
Wie schon im vorherigen Kapitel angemerkt wurde, setzt sich dieses Delikt bei den
jugendlichen Tatverdächtigen hauptsächlich aus dem Straßenraub zusammen.
Schwerwiegende Raubüberfälle, z.B. der Bankraub, trifft man bei den Jugendlichen
äußerst selten an. Da die Raubüberfälle von den Jugendlichen kaum durchdacht und
mit einer gewissen Naivität ausgeführt werden, gelangt die Polizei bei der Suche des
Täters schnell zum Erfolg (vgl. Brückner 1961, S. 70).
Die Jugendlichen, die Raubüberfälle begehen, stammen häufig aus schlechten
erzieherischen und wirtschaftlichen Verhältnissen und sind bereits mehrfach
vorbestraft, insbesondere wegen des Diebstahls (vgl. ebd., S. 71). Oft haben sie keine
Arbeitsstelle oder wechseln permanent den Schul- oder Ausbildungsplatz. Sie
erhoffen sich, mit den Überfällen schnell an viel Geld zu gelangen. Zudem dienen
die Raubüberfälle der Arbeitslosen dazu, daß Minderwertigkeitsgefühl abzubauen.
Die räuberischen Überfälle werden tendenziell nicht allein begangen. Entweder
kommt es zum Zusammenschluß einer Bande oder man zieht sich Mittäter als
Gehilfen u. a. zum Auskundschaften und Aufpassen heran (vgl. Brückner 1961, S.
71). Die mitgeführten Waffen sind meist ein Ausdruck jugendlichen
Geltungsbedürfnisses. Allerdings gehen die Jugendlichen bei ihren Überfällen kein
besonders hohes Risiko ein, so daß sie sich lediglich an wehrlosen Personen
vergreifen. Schon beim Auftreten des geringsten Widerstandes (z.B. Hilfeschreie des
Opfers) ergreifen sie in der Regel die Flucht.
Die Motive für diese Tatbegehung stellen Habgier und Eigennutz dar, ebenso das
Verlangen, sich Prestige zu erwerben (vgl. Brückner 1961, S. 72). Ferner wird als
Anlaß zum Raub finanzielle Not angegeben. Findet eine Überprüfung indes statt, so
wird in der Regel die völlige oder weitgehende Haltlosigkeit des Jugendlichen
festgestellt. Auch bei den weiblichen Jugendlichen, die sich zum Raub hinreißen
lassen, handelt es sich zum größten Teil um verwahrloste Mädchen. Allerdings zählt
der Raub eindeutig zur Männerdomäne (s. Tabelle 3).
Abschließend bedarf es noch der Erwähnung, daß viele jugendliche Täter sich der
Schwere der Tat nicht bewußt sind. So befindet sich die moralische Verwerflichkeit
3. Charakteristik der Jugenddelinquenz
41
des Raubes im allgemeinen im umgekehrten Verhältnis zu dem Opfer, d.h. daß der
psychische Schaden des Beraubten oft größer ist als die Schadenssumme (vgl.
Brückner 1961, S. 75).
4. Allgemeine Delinquenztheorien
42
4. Allgemeine Delinquenztheorien
Nachdem ich mich mit den Erscheinungsformen jugendlicher Delinquenz befaßt
habe, möchte ich die Entstehungsbedingungen für derartiges Verhalten aufzeigen.
Eine Darstellung aller kriminologischen Theorien zur Erklärung von
Jugenddelinquenz würde jedoch den Rahmen meiner Diplomarbeit sprengen, so daß
ich mich lediglich auf einige ausgewählte Delinquenztheorien konzentriere.
Herausgestellt wurden die – nach dem Stand der heutigen Diskussion – wichtigsten
Theorien zur Ursachenfrage sowie solche, die auf die zuvor aufgezeigten
statistischen und empirischen Befunde zur Jugenddelinquenz Bezug nehmen. Es
handelt sich hierbei um allgemeine Erklärungsansätze, die den Anspruch erheben,
daß Phänomen der Delinquenz generell erklären zu können. Spezielle
Delinquenztheorien, die sich exklusiv mit einzelnen Ursachen delinquenten
Verhaltens beschäftigen (z.B. der Einfluß von Massenmedien auf die Delinquenz),
werden in der vorliegenden Arbeit nicht erfaßt, so daß ich hierfür auf die Literatur
von Schmitt, die im Literaturverzeichnis steht, verweise.
Schließlich möchte ich noch darauf hinwiesen, daß es sich bei den allgemeinen
Delinquenztheorien um Ansätze handelt, die sich auf das deviante Verhalten
beziehen und somit das delinquente Verhalten einschließen.
4.1. Lerntheorien
Nach den Lerntheorien wird abweichendes Verhalten wie konformes erlernt.
Insoweit beziehen die lerntheoretischen Ansätze Stellung gegen solche theoretischen
Überlegungen, die von statistischen oder gar unveränderbaren Beziehungen zwischen
delinquentem Verhalten und persönlichkeitsspezifischen oder biologischen Variablen
ausgehen (vgl. Lamnek 1999, S. 186). Weiterhin betonen diese Theorien, mit
Ausnahme der Entwicklungstheorie von Kohlberg, den prozeßhaften Charakter der
Entstehung von Delinqenz. Dabei werden nicht nur die abweichenden
Verhaltensweisen erworben, sondern auch die Einstellungen, Motive und
Rationalisierungen, die entsprechendes Verhalten erst ermöglichen bzw.
hervorbringen.
4. Allgemeine Delinquenztheorien
43
4.1.1. Sutherlands Theorie der differentiellen Assoziation
Ältester und bekanntester Vertreter der lerntheoretischen Erklärungsrichtung ist
Sutherland, der im Jahre 1939 seine Theorie der differentiellen Assoziation, auch
Theorie der unterschiedlichen Kontakte genannt, formulierte und sie später mit
Cressey modifizierte (1955) (vgl. Lamnek 1999, S. 188). Der weitergeführte Ansatz
von Sutherland geht davon aus (vgl. Sutherland 1986, S. 394 ff. in ebd., S. 189 –
192), daß abweichendes (delinquentes) Verhalten in sozialen Interaktionen und zwar
in intimen persönlichen Gruppen erlernt wird. Unpersönliche Kommunikationsmittel
wie Zeitungen, Fernsehen oder Filme haben auf die Entstehung von Delinquenz
einen vergleichsweise geringen Einfluß. Sowohl die abweichenden Verhaltensweisen
bzw. Verhaltensmuster als auch die Einstellungen, Motive und Rationalisierungen
werden erworben.
Nach Aussage der Theorie verhält sich eine Person delinquent, wenn die positiven
Definitionen von Gesetzesverletzungen gegenüber negativen Definitionen von
Gesetzesverletzungen überwiegen. Eine positive Definition von Delinquenz wird
beispielsweise vermittelt, wenn Freunde darüber reden, wie leicht es fällt, „schwarz
zu fahren“ oder wie schön das Gefühl ist, einen Joint zu rauchen (vgl. Janssen in
Janssen et al. 1997, S. 79). Eine negative Definition entsteht, wenn z.B. Freunde oder
Eltern ihre Ablehnung solcher Normverletzungen demonstrieren (jeder kauft sich
eine Busfahrkarte, ein Joint schadet der Gesundheit).
Das Individuum kommt also im Laufe seiner Sozialisation mit abweichenden und
nicht – abweichenden Verhaltensmustern in Berührung. Diese differentiellen
Assoziationen des Individuums dürfen nicht mit den Kontakten zu delinquenten oder
nicht devianten Personen gleichgesetzt werden, da nicht Deviante ebenso
delinquente Verhaltensmuster zeigen können (z.B. Filmschauspieler in einer
Gangsterrolle) wie Delinquente konformes Verhalten (z.B. Bankräuber, der mit dem
erbeuteten Geld Raten für die Waschmaschine bezahlt) (vgl. Lamnek 1999, S. 189f.).
Die unterschiedlichen Kontakte variieren hinsichtlich Häufigkeit, Dauer und
Priorität, wobei der Priorität, d.h. den Einflüssen, denen eine Person in früher
Kindheit ausgesetzt ist, einen größeren Stellenwert eingeräumt wird, weil hierdurch
spätere Kontakte selektiv gesteuert werden (vgl. Sutherland 1968, S. 394ff. in ebd.,
4. Allgemeine Delinquenztheorien
44
S. 191). Nach Sutherland paßt sich nun das Individuum durch ein Erlernen der
entsprechenden Verhaltensmuster an die delinquente oder antideviante Kultur an.
Der Ansatz von Sutherland ist nicht unumstritten. Es wird ihm vorgeworfen, daß
seine Theorie eine Vereinfachung darstelle, d.h. individuelle Unterschiede in Bezug
auf die Lernfähigkeit nicht berücksichtigt werden (vgl. Schwind 2000, S. 115).
Darüber hinaus kann seine Theorie nur die Delinquenz erklären, nicht jedoch das
Zustandekommen seiner differentiellen Assoziationen (vgl. ebd., S. 116). Ein
weiterer Kritikpunkt besteht darin, daß die Theorie nicht auf den gesamten Bereich
der Delinquenz zutrifft, denn Trieb- und Affektverbrechen können hiermit nicht
erklärt werden (vgl. ebd., S. 115). Außerdem ist Sutherlands Ansatz wegen der
Vielzahl möglicher Kontakte empirisch kaum zu überprüfen (vgl. ebd., S. 116).
Schließlich läßt die Theorie der differentiellen Assoziation die Frage offen, warum es
in der Gesellschaft überhaupt zu abweichenden Wertorientierungen und delinquenten
Verhaltensmustern kommt.
4.1.1.1. Weiterentwicklungen
Sutherlands Assoziationsprinzip hat eine Weiterentwicklung in den Theorien der
differentiellen Identifikation von Glaser sowie der differentiellen Verstärkung von
Burgess und Akers erfahren.
Nach der Theorie der differentiellen Identifikation (1956) werden nicht die Kontakte
mit abweichenden Verhaltensmustern für das Erlernen von Delinquenz als
entscheidend angesehen, sondern die Identifikation mit realen oder imaginären
Personen bzw. Gruppen, die für das eigene Verhalten als Vorbild fungieren, aus
dessen Perspektive delinquentes Verhalten akzeptabel erscheint. Glaser formuliert
das wie folgt: „Eine Person verhält sich in dem Ausmaß kriminell, wie es sich mit
tatsächlichen lebenden oder vorgestellten Personen identifiziert, aus deren
Sichtweise kriminelles Verhalten annehmbar erscheint“ (Glaser 1956, S. 440 in
Lamnek 1999, S. 210). Wenn es also Personen gibt, die normwidriges Verhalten
billigen und mit solchen eine Identifikation stattfindet, dann verhalten sich die
Identifizierten delinquent (vgl. Lamnek, 1999, S. 210f.).
Im Vergleich zum Sutherlandschen Konzept bezieht sich Glasers Ansatz auf einen
größeren Bereich delinquenter Aktivitäten, z.B. kann er auch auf Triebtäter
angewandt werden sowie auf bestimmte Arten des White – Collar – Crime, wenn
4. Allgemeine Delinquenztheorien
45
etwa erklärt werden soll, warum eine sich bisher konventionell verhaltende Person
Unterschlagungen begangen hat (vgl. Lamnek 1999, S. 211). Andererseits ist Glasers
Theorie eingeschränkter als die der differentiellen Assoziation, weil bei der ersteren
die Identifikation mit Personen im Vordergrund steht, die Kontakte mit
Verhaltensmustern gegenüber Personen aber die umfassendere Kategorie bildet (vgl.
ebd.).
Nach der Theorie der differentiellen Verstärkung (1966) orientiert sich der Prozeß
des Erlernens von Delinquenz vorrangig an den Prinzipien des instrumentellen
(operanten) Konditionierens (vgl. Göppinger 1997, S. 117). Danach werden
delinquente Verhaltensweisen erworben, wenn das Individuum selbst oder eine
Person, von deren Handlungen das Individuum Kenntnis erlangt, bei der Begehung
von Straftaten häufiger und nachhaltiger belohnt als bestraft wird. Die materielle
oder immaterielle – symbolische Belohnung und das Ausbleiben von Strafe wirkt als
Verstärker von Delinquenz, von dessen Umfang und Häufigkeit die Intensität des
eigenen delinquenten Verhaltens einer Person abhängt.
Obwohl Glaser als auch Burgess und Akers mit ihren Theorien versuchten, die
Kritikpunkte, die beim Sutherlandschen Ansatz auftraten, abzumildern oder gar
auszuschließen, ist ihnen das nur im begrenzten Maße gelungen. Denn auch ihre
Ansätze vermögen nicht zu erklären, warum in einer Gesellschaft abweichende
Wertorientierungen und Verhaltensmuster existieren. Außerdem bleibt die Frage
unbeantwortet, warum eine bestimmte Person gerade Kontakt zu abweichendem
Verhaltensmustern besitzt.
4.1.2. Neutralisierungsthese von Sykes und Matzka
Sykes und Matzka gehen bei ihrer Theorie der Neutralisierungstechniken von der
Beobachtung aus, daß bei der Mehrzahl delinquenter Jugendlicher die Bindung an
die Werte und Normen der konformen Umwelt erhalten bleibt, indem etwa das
normwidrige Verhalten bei ihnen Schuld- und Schamgefühle auslöst und sie
Unterscheidungen zwischen angemessenen und unangemessenen deliktischen
Verhalten treffen („Kameraden bestiehlt man nicht“) (vgl. Lamnek 1999, S. 212;
Kunz 1998, S. 151; Amelang 1986, S. 185). Diese paradoxe Situation, daß
Delinquente die konformen Normen zwar anerkennen, gleichwohl gegen sie
verstoßen, versuchen die beiden Autoren mit den Neutralisierungstechniken zu
4. Allgemeine Delinquenztheorien
46
erklären. Darunter verstehen sie Rechtfertigungsstrategien, mittels derer delinquente
Jugendliche ihre grundsätzliche Anerkennung herrschender Normen und Werte mit
ihrem delinquenten Verhalten in Einklang bringen, d.h. sie schützen den Täter vor
Selbstvorwürfen und Vorhaltungen anderer (vgl. Lamnek 1999, S. 213). Im anderen
Fall ermöglichen sie erst das Delikt, so daß sie auch als Vorbedingungen für
abweichendes Verhalten gesehen werden. Da die Techniken zur Neutralisation
innerhalb eines Interaktionsprozesses gelernt werden, ergibt sich hier die Verbindung
zur Theorie der differentiellen Assoziation (vgl. Lamnek 1999, S. 212).
Sykes und Matzka unterscheiden fünf Typen von Neutralisierungstechniken, wobei
das Interesse nur solchen rechtfertigenden Argumenten gilt, die vom Delinquenten
und nicht vom Rechtssystem als gültig angesehen werden (vgl. Sykes et al. 1968, S.
360 – 371 in Lamnek 1999, S. 213):
• Ablehnung der Verantwortung: Der Abweichende neutralisiert die
Normverletzung, indem er die Verantwortung für sein Handeln auf andere
verlagert (Verweis auf schlechte Freunde, lieblose Eltern, schlechte
Lebensbedingung usw.)
• Verneinung des Unrechts: Eine Handlung wird zwar als illegitim, nicht aber als
unmoralisch betrachtet, indem sich der Täter darauf beruft, daß kein ernsthafter
Schaden angerichtet wurde (Diebstahl wird etwa als „ausleihen“ bagatellisiert,
ein Kampf zwischen Gangs wird als privater Streit umdefiniert)
• Ablehnung des Opfers: Der Abweichende akzeptiert zwar, daß seine Handlung
eine materielle oder immaterielle Schädigung hervorgerufen haben kann, macht
aber das Opfer dafür verantwortlich. Insofern wird das Opfer als der eigentliche
Übeltäter hingestellt.
• Verdammung der Verdammenden: Strafjustiz, Polizei und Öffentlichkeit werden
vom Abweichenden als Heuchler oder als am Eigennutz orientierte
Interessenvertreter oder Machthaber angesehen. Durch die Verlagerung der
Aufmerksamkeit vom eigenen devianten Verhalten auf die Akte und Motive des
Kontroll- und Sanktionsapparates läßt sich die Berechtigung negativer
Sanktionen anzweifeln. Der Abweichende macht also die Ablehnenden für seine
Situation verantwortlich und neutralisiert so die eigene (Mit-) Verantwortung
(vgl. Janssen in Janssen et al. 1997, S. 86).
4. Allgemeine Delinquenztheorien
47
• Berufung auf höhere Instanzen: Mit der Behauptung des Abweichenden, nicht
aus Eigeninteresse sondern im Interesse anderer gehandelt zu haben, kann die
Gültigkeit bestimmter Normen in bestimmten Situationen bezweifelt werden,
ohne sie damit generell ablehnen zu müssen, indem der Delinquente anderen
Normen, z.B. bezüglich der Verpflichtung Freunden gegenüber, Vorrang
gewährt.
Die Neutralisierungsthese stellt in gewisser Weise einen Widerspruch zur
Subkulturtheorie dar, weil nach ersterer die meisten abweichenden Verhaltensweisen
nicht von Normen einer abweichenden Untergruppe der Gesellschaft ausgehen,
sondern „durch „Erodierung“ konformer Normen infolge des Wirkens von
Neutralisierungstechniken verursacht sind“ (Lamnek 1999, S. 215). Auf die
Schwächen der Neutralisierungsthese weisen Sykes und Matzka selbst hin: So kann
diese Theorie nicht angeben, welche Neutralisierungstechniken konkret in welchen
Situationen aktualisiert werden und wie diese mit sozialstrukturellen oder
individualpsychologischen Bedingungen im Zusammenhang stehen. Weiterhin bleibt
offen, in welchem Ausmaß die gesamtgesellschaftlichen Normen internalisiert
werden und in welcher Stärke die Neutralisierungstechniken wirken müssen, um
deviantes Verhalten zuzulassen.
4.1.3. Entwicklungstheorie des moralischen Urteils von Kohlberg
Ein weiterer kognitiver Ansatz stellt die Entwicklungstheorie des moralischen Urteils
von Kohlberg (1981; 1984) dar. Dieses Modell baut auf Piagets Arbeiten (1954) auf
und wird nach drei Entwicklungsstadien des moralischen Bewußtseins mit jeweils
zwei Stufen unterschieden.
Das erste, präkonventionelle, Stadium zeichnet sich dadurch aus, „daß das Kind
Werte und Normen noch nicht inhaltlich begreift… In seinem Verhalten orientiert
sich das Kind primär daran, seine Bedürfnisse zu befriedigen sowie Strafen durch
die Eltern zu vermeiden und ihre Zuwendung zu erhalten“ (Pfeiffer 1989, S. 11 in
Kerner 1996, S. 65).
Dieses Stadium unterteilt sich in Stufe 1, in der die eigenen Handlungen nach ihren
physischen Konsequenzen bewertet werden und in Stufe 2, in der die Handlungen
nach ihrem instrumentellen Wert zur Befriedigung eigener Bedürfnisse sowie nach
4. Allgemeine Delinquenztheorien
48
den Prinzipien der Gleichheit und des Tauschgeschäftes bewertet werden (vgl. Lösel
in Kaiser/Kerner et al. 1993, S. 261f.).
Das zweite Stadium führt „zur Übernahme der konventionellen Moral… Die
herkömmlichen Verhaltensregeln und die konventionelle Ordnung werden
zunehmend verinnerlicht. In der Bewertung anderer orientiert man sich an den
Intentionen von Handlungen“ (Pfeiffer 1989, S. 11 in Kerner 1996, S. 65).
Dieses konventionelle Stadium umfaßt die Stufe 3, in der die Handlungsbewertungen
an den Erwartungen anderer sowie an sozialen Stereotypen ausgerichtet werden und
Stufe 4, in der sich die moralischen Urteile an der sozialen Ordnung orientieren und
in der die Pflichterfüllung, der Respekt vor Autoritäten sowie die Bewahrung von
Recht und Ordnung wesentlich ist (vgl. Lösel in Kaiser/Kerner et al. 1993, S. 262).
Im dritten, postkonventionellen, Stadium wird eine Haltung gezeigt, die „die hinter
den Normen stehenden Rechte und Pflichten des einzelnen stärker in den
Vordergrund treten“ läßt; den Maßstab bildet „der Grundsatz des wechselseitigen
Respekts vor den Entfaltungsbedürfnissen des Gegenübers“ (Pfeiffer 1989, S. 12 in
Kerner 1996, S. 65). Hier wird nach Stufe 5, in der man sich am Recht, an den
Sozialverträgen und an den Normen orientiert, die von einer Mehrheit akzeptiert sind
und nach Stufe 6, in der die Handlungsbewertungen auch auf universellen Prinzipien
der Gerechtigkeit basieren, differenziert (vgl. Lösel in Kaiser/Kerner et al. 1993, S.
262).
Bei dieser Theorie wird davon ausgegangen, daß höhere Stufen nur erreicht werden
können, wenn davor liegende bereits durchlaufen wurden (vgl. Kerner 1996, S. 66).
Obwohl Kohlberg keine Altersstufen angibt, nimmt man an, daß bei normalem
Verlauf die präkonventionelle Phase im fortgeschrittenen Kindesalter durch die
konventionelle Orientierung abgelöst wird (vgl. ebd.). Die postkonventionellen
Orientierungen werden demgegenüber frühestens im Jugendalter erwartet. Da aus
kriminologischer Sicht normbrechendes Verhalten bei diesem Entwicklungsmodell
mit einer niedrigen Stufe der Moralentwicklung in Verbindung gebracht wird bzw.
Delinquenz bei fortschreitender moralischer Entwicklung seltener auftritt, liefert das
Kohlbergsche Modell vor allem eine Erklärung zur Episodenhaftigkeit der
jugendlichen Delinquenz. So gibt es Jugendliche, die über eine präkonventionelle
Moral auf längere Sicht nicht hinauskommen. Bei ihnen sind in der Regel nicht nur
Reifeverzögerungen feststellbar, sondern auch erhebliche Sozialisationsdefizite
4. Allgemeine Delinquenztheorien
49
(inkonsistenter Erziehungsstil, Mangel an Kommunikation und Zuwendung usw.), so
daß deren Delinquenz „als Teil eines Lernprozesses, der sich über die gesamte
Jugendzeit erstreckt“, erscheint (Pfeiffer 1989, S. 14 in Kerner 1996, S. 66). Diese
Jugendlichen hören mit dem delinquenten Verhalten nur dann auf, wenn ihnen mit
aller Macht die Grenzen aufgezeigt werden. Auch läßt das abweichende Verhalten
nach, wenn sich bei ihnen eine konventionelle Moral herausgebildet hat. Bei
rascherem Übergang von präkonventioneller zu konventioneller Moral ist zwar
ebenfalls mit Delinquenz zu rechnen, jedoch klingt diese sehr viel schneller ab als
bei den zuvor beschriebenen Jugendlichen (vgl. Kerner 1996, S. 66). Des Weiteren
müssen sich die Überzeugungen bereits konventionell ausgestatteter Jugendlicher
erst noch in Konfliktsituationen bewähren.
Andere Jugendliche, bei denen das normkonforme Verhalten ein vorübergehendes
Ereignis darstellt, befinden sich in Identitätskrisen, die typischerweise in der
Übergangsphase von konventionellem zu postkonventionellem Moralstadium
auftreten (vgl. Kerner 1996, S. 66). Diese Phase ist durch Experimentierverhalten
(Provokation, Grenzen erfahren usw.) und Distanzierungen von Werten der bisher
erfahrenen Erwachsenenwelt markiert, was das Begehen von delinquenten
Handlungen einschließt. „Erst wenn selbständige und grundsätzliche Werthaltungen
entwickelt wurden, die mehr sind als bloße (identitätsbedrohende) Reaktionen auf
fremde Erwartungen, werden auch die aus diesen Spannungen resultierenden
Abweichungen nachlassen bzw. ganz unterbleiben“ (Kerner 1996, S. 66f.).
Im Gegensatz zu den anderen Lerntheorien wird in diesem Ansatz das konforme
Verhalten bzw. die Bewertung einer Handlung erlernt. Insofern gehört es zu einer
normalen Erscheinung, wenn ein Kind oder ein Jugendlicher, der die Werte der
Gesellschaft noch nicht verinnerlicht hat, delinquiert.
Bei der Kohlbergschen Entwicklungstheorie des moralischen Urteils wird die innere
Logik in Frage gestellt (vgl. Kerner 1996, S. 67). Untersuchungen haben zwar
ergeben, daß die Kriminalität mit einem niedrigen Niveau der Moralentwicklung
einhergeht, jedoch wird die universelle Gültigkeit des Modells bestritten (vgl. Lösel
in Kaiser/Kerner et al. 1993, S. 262). Kohlberg selbst betont, „daß es über das
moralische Urteil hinaus, zusätzliche oder persönliche Faktoren geben muß, damit
prinzipienorientiertes moralisches Handeln in „moralische Handlung“ übersetzt
wird“ (Kohlberg 1987, S. 31 in Göppinger 1997, S. 121). Daher kann man nicht von
4. Allgemeine Delinquenztheorien
50
einer linearen Beziehung zwischen dem Niveau des moralischen Urteils und der
Wahrscheinlichkeit delinquenten Verhaltens ausgehen (vgl. Göppinger 1997, S.
121). Auch andere Kritiker weisen darauf hin, daß verstärkt andere Merkmale des
individuellen Wertssystems, Zielprioritäten und situative Faktoren in das
Kohlbergsche Konzept einbezogen werden müssen (vgl. Goldsmith et al. 1989 in
Lösel in Kaiser/Kerner et al. 1993, S. 262). Außerdem „erscheint die dem Modell
zugrundeliegende Unumkehrbarkeit unterschiedlicher Stadien und Stufen
fragwürdig, wenn man z.B. individuell einschneidende Erlebnisse berücksichtigt“
(Kerner 1996, S. 67).
4.2. Anomietheorien
Nach den Anomietheorien entsteht das abweichende Verhalten durch die
Normlosigkeit, die sowohl gesellschaftlich als auch individuell sein kann.
Gesellschaftliche Normlosigkeit wird als Anomie, individuelle als Anomia
bezeichnet. Die unabhängigen Variablen der Anomietheorien können insofern
Kollektiven (Gruppen) zugeschrieben werden, aber auch einzelnen Personen, so daß
das abweichende Verhalten im ersten Fall durch makrosoziale und im zweiten durch
mikrosoziale Strukturen der Gesellschaft erklärt wird.
4.2.1. Mertons Anomietheorie
Den Grundstein zur Anomietheorie legte der französische Soziologe Emile
Durkheim (1893) (vgl. Schwind 2000, S. 127). Aus seiner Sicht wird Delinquenz
durch Anomie, die einen gesellschaftlichen Zustand bezeichnet, der durch den
Zusammenbruch des Systems allgemeinverbindlicher Werte und Normen
gekennzeichnet ist, verursacht (vgl. ebd.). Solche Zustände der Regellosigkeit stellen
sich nach Durkheims Beobachtung vor allem in Zeiten sozialer Umbrüche ein, wie
z.B. im Gefolge von gesellschaftlichem Verfall, Industrialisierung und
Urbanisierung. Diese Gedankenführung greift nun Merton in seiner
weiterentwickelten Anomietheorie auf (1938). Dabei differenziert er zwischen
kultureller und sozialer Struktur. Unter kultureller Struktur werden die allgemein,
verbindlichen, kulturellen Ziele, wie etwa Wohlstand, soziale Anerkennung,
Sicherheit und die vorgegebenen, legitimen Mittel zur Erreichung dieser Ziele, z.B.
4. Allgemeine Delinquenztheorien
51
Erwerbsarbeit, verstanden. Mit dem Begriff sozialer Struktur sind die Möglichkeiten,
bzw. reellen Chancen zur Erreichung dieser Ziele gemeint. Besteht eine Diskrepanz
zwischen sozialer Struktur (kollektiv definierter Erfolgsziele) und kultureller
Struktur (den tatsächlich vorhandenen Möglichkeiten zur Zielverwirklichung) so
entsteht ein anomischer Druck, der zum delinquenten Verhalten führen kann. „Wenn
das kulturelle Wertsystem bestimmte gemeinsame Erfolgsziele für die ganze
Bevölkerung über alle übrigen Ziele setzt, während die Sozialstruktur für einen
großen Teil der Bevölkerung den Zugang zu den gebilligten Mitteln zum Erreichen
dieser Ziele entscheidend einengt oder sogar völlig verwehrt, haben wir
abweichendes Verhalten in größerem Umfang zu erwarten“ (Merton 1968, S. 298 in
Kunz 1998, S. 161).
Durkheim hat die Anomie als eine Eigenschaft der Gesellschaft betrachtet, Merton
sieht sie jedoch als einen gesellschaftlichen Druck auf das Individuum (vgl. Kunz
1998, S. 161). Dieser Druck löst verschiedene Verhaltensweisen aus, darunter
abweichende, die als Anpassung an den gesellschaftlichen Zustand der
Normlosigkeit, besser sozialen Desorientierung, begriffen werden. Nach Merton gibt
es fünf mögliche Verhaltensmuster (Rollenanpassungen), die sich aus der Annahme
oder Ablehnung der Ziele und/oder Mittel ergeben (vgl. Merton 1974, S. 293 in
Schwind 2000, S. 128f.):
• Konformität erfolgt, wenn die gesellschaftlichen Ziele und die legalen Mittel zu
deren Erreichung bejaht werden. Man gibt sich also mit seiner Rolle zufrieden
oder man schränkt sich ein.
• Innovatives Verhalten tritt ein, wenn die gesellschaftlichen Ziele zwar anerkannt
werden, der Einzelne aber zu deren Erreichung ein Mittel wählt, das nicht
akzeptiert wird. Diese Form der Anpassung wird besonders mit Delinquenz in
Verbindung gebracht.
• Ritualismus bedeutet, daß die gesellschaftlichen Ziele aufgegeben oder
heruntergeschraubt werden, bis sie erfüllt werden können, jedoch behält man die
legalen Mittel bei (z.B. Millionär, der sich sein Vermögen angespart hat und
aufgrund der Gewohnheit immer noch sehr sparsam ist (vgl. Lamnek 1999, S.
120). Dieses Verhalten besitzt keine kriminologische Bedeutung.
• Rückzug ist durch Desinteresse und Apathie gekennzeichnet, wobei sowohl die
gesellschaftlichen Ziele als auch die legalen Mittel zu deren Erreichung
4. Allgemeine Delinquenztheorien
52
abgelehnt werden. Typisch ist die Flucht in Scheinwelten, die z.B. Alkohol,
Rauschgift und Sekten eröffnen.
• Rebellion ist eine Reaktionsform, die sich gegen sozial gebilligte Mittel auflehnt
und grundsätzlich Alternativen zu verwirklichen sucht. Der Terrorismus spielt
hierbei eine bedeutende Rolle.
Diese Typologie der Anpassung beruht auf gesellschaftlichen, und nicht auf
individuellen Ursachen. Dabei liegt nach Merton der stärkste Druck zum
delinquenten Verhalten auf der Unterschicht (vgl. Merton 1951, S. 136 in Lamnek
1999, S. 119). Denn diese streben die gleichen Ziele wie die Angehörigen aus der
Mittel- und Oberschicht an, doch sind die Möglichkeiten, diese Ziele auf legalem
Wege zu erreichen, bei den Unterschichtangehörigen stark eingeschränkt. Dasselbe
gilt für die Arbeitslosen (vgl. Schwind 2000, S. 129). So verschafft sich zum Beispiel
ein arbeitsloser Jugendlicher durch Diebstahl ein Moped, um mit seinen
verdienenden Alterskameraden, die sich bereits ein Moped kaufen konnten,
mitfahren zu können.
Die Anomietheorie von Merton erklärt jedoch auch, warum nahezu alle Jugendlichen
Straftaten begehen und nach einer gewissen Zeit hiermit wieder aufhören: Für die
Situation der Jugendlichen „ist kennzeichnend, daß sie bereits voll dem allgemeinen
Konsumzwang ausgesetzt sind, ohne daß sie über ein ihren Wünschen auch nur
annähernd entsprechendes Einkommen verfügen. Die daraus erwachsenden
Straftaten sind überwiegend solche, die unmittelbar die auf legale Weise nicht zu
erfüllenden Wünsche befriedigen… Aber auch irrationale Aggressionsdelikte gegen
Sachen und Personen können… als Folge der aus der anhaltenden Versagung
entstehenden Frustration gesehen werden“ (Pfeiffer 1989, S. 16 in Kerner 1996, S.
95f.). Jeder Jugendliche durchläuft also die Zeit der Anomie, die einen
überschaubaren Lebensabschnitt bildet, weil sich mit zunehmenden Alter und
Ausbildungsstand bei der Mehrheit die Einkommensverhältnisse dahingehend
verändern, daß man sich die für wesentlich erachten Dinge leisten kann.
Ob die Anomietheorie von Merton nur für soziale Gruppen oder auch für Individuen
gilt, ist offen belassen, so daß zu dieser Frage kontroverse Auffassungen bestehen
(vgl. Ortmann 2000, S. 115f.).
Einige Kritiker besagen, daß dieser Ansatz eher beschreibt als erklärt (vgl. Lösel
1983, S. 98). So ist z.B. der Drogenabhängige als Typ klassifizierbar, der sowohl die
4. Allgemeine Delinquenztheorien
53
Ziele als auch die Mittel zur Zielerreichung ablehnt, insofern aus der Gesellschaft
aussteigt. Die Frage, warum er dies tut, bleibt aber beim Mertonschen Modell
unbeantwortet. Weiterhin läuft die Akzeptanz bzw. Ablehnung von Zielen und
Mitteln nicht als dichotomes Ereignis ab, sondern graduell und differentiell (vgl.
Wiswede 1973, S. 43 in Lösel 1983, S. 99). Auch dürften die Reaktionsmuster nicht
unbedingt über längere Zeit konstant bleiben. Darüber hinaus bestehen Zweifel, ob
der unterstellte normative Konsens tatsächlich so vorfindbar ist. Zudem bleibt wegen
fehlender Explikation unklar, um welche Ziele und Mittel es sich hierbei handelt
(vgl. Landscheidt 1995, S. 33).
4.2.2. Anomietheorie in der Fassung von Opp
Die Oppsche Anomietheorie aus dem Jahre 1974 ist eine Präzisierung und
Erweiterung des Ansatzes von Merton, die auf folgenden explizierenden Schritten
basiert:
• Generalisierung des Zielbegriffs
Opp spricht in seiner Theorie nicht mehr von kulturell definierten Zielen, sondern
von Zielen generell: „Ob etwa das Ziel, in einem Spiel zu gewinnen, ein kulturelles
definiertes Ziel ist oder nicht: in jedem Fall ist es für das Auftreten abweichenden
Verhaltens relevant. Es erscheint also sinnvoll, die Anomietheorie so zu formulieren,
daß sie für alle Ziele einer Person gilt“ (Opp 1974, S. 125 in Lamnek 1999, S. 135).
• Abgrenzung des Zielbegriffs vom Begriff der Normen
Die Mittel zur Zielerreichung bezeichnet Opp als regulierende Normen. Jedoch
können sowohl Normen als auch Ziele als Wünsche aufgefaßt werden. „Wünsche zur
Realisierung anderer Wünsche können als Normen bezeichnet werden. Die „letzten“
Wünsche, die also nicht zur Realisierung anderer Wünsche dienen, sind Ziele“
(Lamnek 1999, S. 136). Ob ein Wunsch eine regulierende Norm oder ein Ziel
darstellt, ist vom Standpunkt einer Person abhängig. Beispielsweise kann Reichtum
als Möglichkeit über bestimmte Güter zu verfügen bei Person X ein Ziel sein. Bei
Person Y kann Reichtum die Erlangung von Prestige sein und der Erwerb von
Reichtum ist ein Mittel bzw. eine regulierende Norm dazu. Demnach lautet die
Oppsche Definition der Begriffe „Ziel“ und „Norm“: „Eine Norm heiße ein Wunsch,
soweit dieser Wunsch vom Standpunkt der Person aus zur Realisierung eines
4. Allgemeine Delinquenztheorien
54
anderen Wunsches besteht“… „Ein Ziel heiße ein Wunsch, soweit zur Realisierung
dieses Wunsches vom Standpunkt einer Person aus ein anderer Wunsch besteht“
(Opp 1974, S. 127 in Lamnek 1999, S. 136).
• Einbeziehung der Intensität von Zielen und Normen
Nach Opp im Sinne Mertons, ist nicht nur „(…) die Art der Ziele und Normen (…)“
(Opp 1968, S. 112 in Ortmann 2000, S. 132) für die Ausführung abweichenden
Verhaltens von Bedeutung, sondern auch ihre Intensität. Denn Ziele und Normen
können von den Mitgliedern der Gesellschaft mit unterschiedlicher Intensität verfolgt
werden.
• Einbeziehung illegitimer Normen
Erst aus dem Vergleich zwischen den Intensitäten legitimer und illegitimer Normen
ergeben sich mögliche Folgen für das konforme oder abweichende Verhalten.
„Analog der Wirkungen hoher Intensität legitimer regulierender Normen für das
Auftreten konformen Verhaltens ist zu erwarten, daß eine hohe Intensität illegitimer
regulierender Normen zum Auftreten abweichenden Verhaltens beiträgt“ (Opp 1974,
S. 128 in Lamnek 1999, S. 137). Es tritt nun diejenige Abweichung auf, für das die
illegitimen Normen am intensivsten sind. Wenn es zum Beispiel eine Person
vorzieht, ihr Einkommen durch Unterschlagung zu erhöhen, dann dürfte dies dazu
beitragen, daß die Person eine Unterschlagung und nicht andere Formen
abweichenden Verhaltens begeht (vgl. Steuber 1988, S. 75). In diesem Fall liefert
also die Einbeziehung der Variablen „Intensität illegitimer Normen“ die Information
über die Art der Abweichung.
• Einbeziehung legitimer und illegitimer Realisierungschancen der Ziele
Cloward und Ohlin (1960) machen geltend, daß neben den Zugangschancen zu
legitimen Mitteln die Zugangsmöglichkeiten zu illegitimen Mitteln zu
berücksichtigen sind (vgl. Lamnek 1999, S. 124). Denn illegitime Mittel sind ebenso
wie legitime Mittel ungleich verteilt. Wer beispielsweise keine
Zugangsmöglichkeiten zu einer Pistole besitzt, hat eine geringere Wahrscheinlichkeit
dafür, Mörder zu werden. Wer dagegen in einem bestimmten Milieu zu Hause ist, hat
größere Chancen an solchen Waffen zu gelangen. Opp bezieht sich auf Clowards und
Ohlins Kritik an der Anomietheorie von Merton und nimmt nicht nur die legitimen
Realisierungschancen, sondern auch die illegitimen Realisierungschancen für
bestimmte Ziele in seiner Hypothese auf (vgl. Lamnek 1999, S. 138). Dabei faßt Opp
4. Allgemeine Delinquenztheorien
55
sowohl die illegitimen als auch die legitimen Realisierungschancen – wie schon der
Begriff der Ziele und Normen – quantitativ als Intensität oder Grad.
Es gibt nunmehr fünf unabhängige Variablen in der Fassung der Anomietheorie von
Opp:
Grafik 2: Modell der Anomietheorie bei Opp (Opp 1974, S. 133 in Lamnek
1999, S. 139)
Intensität der Ziele
Intensität legitimer Normen
Intensität illegitimer Normen Abweichendes
Grad der legitimen Möglichkeiten Verhalten
Grad der illegitimen Möglichkeiten
Die von Opp formulierte Hypothese zu diesem Modell lautet:
Je intensiver die für die Ausführung einer Klasse von Handlungen relevanten Ziele
von Personen sind,
je weniger intensiv die für die Realisierung dieser Ziele relevanten legitimen
regulierenden Normen für bestimmte konforme Handlungen aus der genannten
Klasse von Handlungen sind,
je intensiver die für die Realisierung dieser Ziele relevanten illegitimen
regulierenden Normen für bestimmte abweichende Handlungen aus der genannten
Klasse von Handlungen sind,
je geringer die Möglichkeiten sind, die Ziele gemäß den legitimen regulierenden
Normen zu erreichen,
je größer die Möglichkeiten sind, die Ziele gemäß den illegitimen regulierenden
Normen zu erreichen,
desto eher werden Personen die abweichenden Handlungen ausführen (Opp 1974, S.
133 in Lamnek 1999, S. 138).
„Nicht nur die Ziele und Normen werden weitgehend gelernt; auch die legitimen und
illegitimen Möglichkeiten werden zu einem großen Teil von den Mitgliedern der
Gesellschaft geschaffen“ (Opp 1974, S. 148 in Steuber 1988, S. 75).
4. Allgemeine Delinquenztheorien
56
Das Oppsche Modell ist also im Vergleich zur Anomietheorie von Merton
„umfassender, stringenter und präziser gefaßt und weist damit (…) erhebliche
Vorteile auf“ (Lamnek 1999, S. 141). So kann dieser Ansatz nach Lamnek eine
bessere Prognose über das Auftreten abweichenden Verhaltens stellen als andere
Theorien (vgl. ebd.). Ebenfalls ist dieses Konzept in der Lage, alle spezifischen
Formen abweichenden Verhaltens zu erklären, obwohl die Anomietheorien
vornehmlich auf Abweichungen von Strafrechtsnormen Bezug nehmen (vgl. ebd.).
Allerdings vermag die Theorie von Opp nicht die Frage zu klären, „unter welchen
Bedingungen die unabhängigen Variablen welche Werte besitzen“ (Opp 1974, S.
133 in Steuber 1988, S. 77). Wovon z.B. eine hohe oder eine niedrige Intensität
illegitimer Normen abhängt, kann nicht beantwortet werden. Insofern bleibt auch
offen, ob die unabhängigen Variablen sozialstrukturelle Bedingungen oder andere
Determinanten als Ursache für abweichendes Verhalten aufweisen (vgl. Lamnek
1999, S. 139).
4.3. Kontrolltheorien
Die Vertreter der Kontrolltheorien behaupten, daß der Mensch von Natur aus die
Tendenz zum abweichenden Verhalten besitzt. Demzufolge haben alle Menschen das
Potential Straftaten zu begehen. Ausgehend von diesem Standpunkt werfen die
Kontrolltheorien nicht die Frage auf, warum sich eine Person deviant verhält,
sondern warum eine Person konform handelt. Nach diesen Theorien werden die
konformen Verhaltensmuster durch die soziale Kontrolle erlernt, so daß sich aus dem
Fehlen oder einer zu schwachen Sozialkontrolle abweichende Verhaltensweisen
ergeben.
4.3.1. Hirschis Theorie der sozialen Bindung
Der herausragende Exponent von Kontrolltheorien ist Hirschi. Seine 1969
entwickelte Theorie der sozialen Bindung führt die Konformität auf ein „Band“
(Bindung) zurück, daß zwischen dem Individuum und der Gesellschaft besteht.
„Control theory assumes that the bond of affection for conventional persons is a
major deterrent to crime“ (Hirschi 1969, S. 83 in Ortmann 2000, S. 9). Wird das
„Band“ bzw. die gesellschaftliche Bindung des Individuums geschwächt oder
4. Allgemeine Delinquenztheorien
57
brüchig, so sind abweichende Verhaltensweisen zu erwarten: „Control theories
assume that delinquent acts result when an individual’s bond to society is weak or
broken“ (Hirschi 1969, S. 16 in Ortmann 2000, S. 8). Der Grad der Einbindung des
Individuums in die Gesellschaft legt demnach den Maßstab für die Angepaßtheit
seines Verhaltens zugrunde.
Nach Hirschi konstituieren sich die sozialen Bindungen des Individuums aus vier
Elementen (vgl. Hirschi 1969, S. 83 – 197 in Janssen in Janssen et al. 1997, S. 86ff.):
1. Attachment bezeichnet die emotionalen Beziehungen zu anderen Personen.
Eltern, Schule und Peers stellen die wichtigsten Institutionen für das Entstehen
sozialer Bindung dar. Von ihnen nehmen die Eltern die größte Relevanz ein,
denn dort werden die wesentlichen Grundlagen für die Bedeutung der
Respektierung anderer Menschen und den Stellenwert der Meinung Dritter
gelegt. Gleichzeitig erfährt der Jugendliche deren Erwartungen an sein Verhalten.
2. Commitment beinhaltet die Zeit, Energie und Anstrengungen, die in
konventionelles Handeln investiert werden. Es ist die rationale Komponente von
Konformität, denn hier werden die Kosten des abweichenden Verhaltens in
Relation zu den drohenden Verlusten gesetzt. Überwiegen die Verluste (Eltern,
Freunde, Arbeitsplatz, soziale Stellung etc.) wird man konform handeln. Stellt
das Attachment (Anbindung) eine Art soziales Gewissen dar, handelt es sich
beim Commitment (Vereinbarung, Verpflichtung, Engagement) um das
operierende Ich (Bewußtsein).
3. Involvement meint die Bindung aufgrund der tatsächlichen Teilnahme an den
gesellschaftlichen Institutionen. Denn die Einbindung in konventionelle
Aktivitäten (Berufstätigkeit, Freizeitbeschäftigung in Vereinen usw.) bietet für
abweichendes Verhalten kaum Zeit noch Gelegenheit.
4. Belief bezieht sich auf die Anerkennung gesellschaftlicher Norm- und
Wertvorstellungen, wobei das Bestehen eines gemeinsamen Wertsystem
innerhalb der Gesellschaft angenommen wird.
Das Attachment wird als wichtigstes kausales Element für Normabweichungen
betrachtet und hat entscheidenden Einfluß auf die drei weiteren Bindungsebenen.
4. Allgemeine Delinquenztheorien
58
Im Gegensatz zu anderen Delinquenztheorien (speziell Subkulturtheorie) kann
Hirschis Theorie der sozialen Bindung auf alle Gruppierungen bezogen werden, weil
dieser Ansatz nicht auf bestimmte Schichten oder Gruppen beschränkt ist.
„Hirschis Kombination der Theorie- und Begriffsbildung sowie der
Operationalisierung und empirischen Überprüfung seiner Theorie sind einzigartig in
der modernen Kriminologie“ (Akers 1997, S. 86 in Schneider in Sievers et al. 1998,
S. 654).
Bemängelt wird jedoch, daß Hirschis Ansatz über die Entstehung von
Bindungslosigkeit und über die Entwicklung von Bindungen wenig Auskunft gibt
(vgl. Kaiser 1988, S. 208). Weiterhin spielt innerhalb der Theorie die Konformität
oder Devianz derjenigen Personen, zu denen Anbindung besteht, keine Rolle.
Bedeutsam ist hier lediglich die Stärke der Beziehung zu den Bezugspersonen.
Darüber hinaus befindet sich das Konzept im Widerspruch zu den Ergebnissen des
sozialen Lernens, denn es setzt affektive und kognitive Bindungen als Bedingungen
für normkonformes Verhalten voraus (vgl. Kaiser 1988, S. 209). Demgemäß vermag
Hirschis Kontrolltheorie nicht jene Fälle zu erklären, in denen eine Person trotz
Fehlens konventioneller Bindungen keine Straftaten begeht. Schließlich geht sie
nicht darauf ein, daß sich die sozialen Bindungen ändern und entwickeln.
4.3.2. Theorie der Selbstkontrolle von Gottfredson und Hirschi
Die Selbstkontrolltheorie von Gottfredson und Hirschi (1990) versucht ebenfalls eine
Antwort auf die Frage zu finden, wie und warum Menschen von delinquenten
Handlungen zurückgehalten werden. Aber im Unterschied zur Theorie der sozialen
Bindung geht man bei diesem Ansatz nur von einer unabhängigen Variablen aus,
nämlich von der Selbstkontrolle. Diese wird als Persönlichkeitsmerkmal beschrieben,
so daß Hirschi und Gottfredson gegenüber der ursprünglichen Kontrolltheorie die
Entstehung des abweichenden Verhaltens aus der Perspektive individueller, im
Innern der Person liegender Merkmale, betrachten. „(…) Menschen, denen es an
einem entsprechenden Ausmaß an Selbstkontrolle mangelt, neigen (…) zur
Impulsivität, geringer Sensibilität, zu eher physischen als geistigen Qualitäten, zu
Risikobereitschaft, Kurzsichtigkeit, mäßigem sprachlichem Ausdrucksvermögen,
weshalb sie sich in abweichende und kriminelle Handlungen verstricken“ (Lamnek
1994, S. 146). Dementsprechend führt eine geringe Selbstkontrolle, die sich durch
4. Allgemeine Delinquenztheorien
59
das Vorhandensein aller der sechs beschriebenen Faktoren identifiziert (vgl.
Gottfredson et al. 1990, S. 89ff. in Lamnek 1994, S. 145), zur Abweichung, während
ein hohes Maß an Selbstkontrolle konformes Verhalten zur Folge hat. Haben sich die
Charakterzüge der Selbstkontrolle einmal herauskristallisiert, bleiben sie ein ganzes
Leben lang erhalten (vgl. Lamnek 1994, S. 144, 149). Niedrige Selbstkontrolle ist
hierbei das Resultat einer unwirksamen und unangemessenen Sozialisation, d.h. sie
ist durch die Abwesenheit effektiver Erziehungsstile bedingt. Denn versäumen es die
Eltern, ihr Kind zu beaufsichtigen, daß abweichende Verhalten zu entdecken und zu
sanktionieren, so entwickelt sich ein niedriges Maß an Selbstkontrolle (vgl. Lamnek
1994, S. 151 – 154). Die Eltern müssen also versuchen, die Entstehung von
Delinquenz zu verhindern, indem sie die drei genannten Prinzipien einer
angemessenen Erziehung berücksichtigen. Ist das der Fall, lernt das Kind, verzögerte
oder spätere Belohnungen in seine Entscheidung für bestimmte Handlungen
einzubeziehen. Demnach besitzen Personen mit einer hohen Selbstkontrolle die
Fähigkeit, sofortige und leichte Belohnungen auf später zu verschieben.
Kritisch ist zu dieser Kontrolltheorie anzumerken, daß sie die sekundären
Sozialisationsinstanzen (wie Schule, Peers etc.) unberücksichtigt läßt. Weiterhin gibt
sie keine Antwort auf die Frage, warum die Entwicklung der Selbstkontrolle
ausschließlich auf die negativen Mechanismen Kontrolle und Bestrafung beschränkt
ist (vgl. Seipel 1999, S. 88). So wird die Bedeutung von positiver Verstärkung in
diesem Ansatz nicht thematisiert. Lamnek spricht in diesem Zusammenhang von
einer „halbierten“ Lerntheorie, indem der Lernprozeß mit dem achten Lebensjahr als
beendet gilt (vgl. Lamnek 1994, S. 165). Somit kann dieses Konzept die
episodenhafte Jugenddelinquenz nicht erklären. Auch bleibt in der
Selbstkontrolltheorie offen, ob funktionale Zusammenhänge zwischen dem Ausmaß
der inneren und der äußeren sozialen Kontrolle existieren (vgl. Göppinger 1997, S.
114).
Obgleich dieser Ansatz einen bedeutsamen Beitrag zur modernen kriminologischen
Theoriediskussion darstellt, haben Gottfredson und Hirschi mit ihrer
Selbstkontrolltheorie nach Akers Ansicht nichts fundamental Neues herausgearbeitet,
denn ihr Begriff der Selbstkontrolle entspricht dem Begriff Selbstkonzept von Walter
C. Reckless (vgl. Akers 1991, S. 205 in Schneider in Sievers et al. 1998, S. 654).
4. Allgemeine Delinquenztheorien
60
4.4. Labeling Approach
Der Labeling approach, auch Etikettierungsansatz genannt, hat eine völlig andere
Sichtweise als die bislang erörterten Theorien. Seinen Grundgedanken bringt ein
Zitat von Tannenbaum, der Urvater des Etikettierungsansatzes, zum Ausdruck: „The
young delinquent becomes bad, because he is defined as bad“ (Tannenbaum 1953, S.
17 in Lamnek 1999, S. 219). Nach dieser Auffassung existiert kein delinquentes
Verhalten als solches, sondern es wird erst durch eine Definition konstituiert.
Insofern wendet der Labeling approach seinen Blick vom Täter, der Tat und ihren
gesellschaftlichen Ursachen ab und richtet ihn auf Zuschreibungsprozesse der
Instanzen sozialer Kontrolle. „ ‘Böses Tun‘ (als solches irgendwie definiert) ist nicht
im einzelnen angelegt, wo es durch physiologische oder psychologische Faktoren
erklärt werden kann, sondern es wird vielmehr durch die Umweltreaktionen
provoziert“ (Rüther 1976, S. 27 in Lamnek 1999, S. 219).
4.4.1. Grundlegung des labeling approach durch Becker
Nach Becker wird das abweichende oder delinquente Verhalten in einem
Interaktionsprozeß, durch die Setzung und Anwendung von Normen, hervorgebracht:
„Abweichendes Verhalten wird durch die Gesellschaft geschaffen. … Ich meine (…),
daß gesellschaftliche Gruppen abweichendes Verhalten dadurch schaffen, daß sie
Regeln aufstellen, deren Verletzung abweichendes Verhalten konstituiert und daß sie
diese Regeln auf bestimmte Menschen anwenden, die sie zu Außenseitern stempeln“
(Becker 1973, S. 161 in Lamnek 1999, S. 224).
Delinquenz ist hiernach keine feststehende Größe, sondern das Resultat eines
sozialen Zuschreibungsprozesses. Das heißt, daß das delinquente Verhalten durch die
Normsetzer sowie die Normanwender definiert wird. Solche Zuschreibungen finden
gruppen-, situations- und personenspezifisch statt, so daß gleiche Verhaltensweisen
sowohl delinquent als auch konform definiert werden können. Obwohl diese
Definitionszuweisungen informell oder formell erfolgen, werden letzteren
hinsichtlich ihrer Auswirkungen größere Bedeutungen beigemessen (vgl. Lamnek
1999, S. 226). Insofern können die Selektionskriterien unter dem Faktor Macht
subsumiert werden (vgl. ebd., S. 224, 228).
4. Allgemeine Delinquenztheorien
61
Wird nun eine Person das Etikett „delinquent“ zugeschrieben, so werden ihre
konformen Verhaltensmöglichkeiten eingeschränkt (vgl. ebd., S. 226). Im sozialen
sowie im beruflichen Leben führt die Stigmatisierung zu einer Abwendung
relevanter Bezugspersonen, mit der weiteren Folge, daß der als „delinquent“
Definierte zunehmend seine Identifikation ändert. Das bedeutet, daß er ein dem
Stigma entsprechendes Selbstbild entwickelt und somit eine dauerhafte delinquente
Rolle übernimmt.
Zwar will Becker hiermit nicht sagen, „daß Räuber andere Leute einfach deswegen
überfallen, weil jemand sie als Räuber bezeichnet hat“, aber doch auf die erhebliche
Bedeutung solcher Attributionen für die spätere Laufbahn Betroffener hinweisen
(Becker 1973, S. 161 in Amelang 1988, S. 220)
4.4.2. Primäre und sekundäre Abweichung bei Lemert
Lemert hat sich schon vor Becker eingehend mit dem Labeling Approach
auseinandergesetzt, indem er Normverstöße in primäre und sekundäre Devianz
unterteilte. Unter primärer Abweichung versteht Lemert Normverstöße, die zwar als
solche wahrgenommen werden, jedoch erhält der Normbrecher noch kein
entsprechendes Etikett (vgl. Lamnek 1999, S. 120). Die Ursachen für derartige
Rechtsbrüche sind verschieden, u.a. können sie auf Faktoren zurückgeführt werden,
die in den bisher bearbeiteten Theorien des ätiologischen Paradigmas genannt
wurden (vgl. Lemert 1975, S. 433 in ebd.).
Die sekundäre Devianz basiert auf einer bereits erfolgten Rollenzuschreibung als
Abweicher seitens der sozialen Umwelt, wobei sich die endliche Verfestigung
abweichender Verhaltensweisen als Aufschaukelungsprozeß verstehen läßt: Auf
primäre Devianz folgen Strafen, daraufhin weitere Abweichungen, stärkere Strafen
und Zurückweisung usw. bis schließlich der Betroffene selbst die ihm
zugeschriebene Abweicherrolle akzeptiert und eine neue Identität bekommt (vgl.
Lemert 1951, S. 77 in Lamnek 1999, S. 222, 223).
Eine primäre Devianz wäre demnach beispielsweise, wenn ein Jugendlicher aus
Abenteuerlust einen Ladendiebstahl begeht. Wenn dann der Jugendliche durch
ausgrenzende Sanktionen und Benennungen („Dieb“) in seinem bisherigen sozialen
Umfeld geschnitten wird, mit der Konsequenz, daß er sich einer Gruppe ähnlich
4. Allgemeine Delinquenztheorien
62
etikettierter Altersgenossen anschließt, die sich über Delikte nach innen festigt und
nach außen bemerkbar macht, so stellt das die sekundäre Devianz dar.
Die Labeling – Theorie bietet ein Erklärungsmodell für das Entstehen abweichender
Karrieren. Jedoch kann dieser Ansatz nichts zur Existenz und zur Erklärung von
delinquentem Verhalten, das nicht offiziell bekannt wird, aussagen. Er interessiert
sich weder für die Ursachen der Primärabweichung noch für die Qualität des
Rechtsbruchs (vgl. Kaiser 1988, S. 277). Insofern beschäftigt er sich nur mit den
gesellschaftlichen Reaktionen auf ein bestimmtes Verhalten. Hierbei bleibt
ungeklärt, welche Art und Intensität von sozialen Reaktionen für eine erfolgreiche
Etikettierung erforderlich sind (vgl. Kaiser 1988, S. 277). Ebenso wird bemängelt,
daß die Labeling – Perspektive keine Angaben darüber macht, „wie die postulierten
Stigmatisierungen und Rollenzuweisungen verinnerlicht werden und zu
Identitätsveränderungen führen“ (Keupp 1983, S. 117 in Landscheidt 1995, S. 30).
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
63
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten
Verhaltens
5.1. Ziel der Untersuchung
Die dargestellten Theorien zur Erklärung der Jugenddelinquenz erheben den
Anspruch, für sich gültige und wahre Aussagen zu machen. Demzufolge möchte ich
zwei ausgewählte Theorien auf ihre Richtigkeit überprüfen, indem ich sie einer
empirischen Untersuchung unterziehe.
„Wissenschaftliches Arbeiten besteht nicht nur im Formulieren von Theorien, von
abstrakten, theoretischen oder gar spekulativen Überlegungen, sondern gerade auch
die Überprüfung der Theorien an der sozialen Wirklichkeit als entscheidendes
Kriterium für die evaluative Beurteilung von Theorien gehört dazu“ (Lamnek 1999,
S. 272).
Üblicherweise wird in sozialwissenschaftlichen Untersuchungen, die an einer
Überprüfung theoretisch abgeleiteter Hypothesen orientiert sind, zur Erklärung
sozialwissenschaftlicher Explananda nur eine Theorie herangezogen (vgl. Seipel
1999, S. 19). Dieses Vorgehen hat allerdings den Nachteil, daß nicht darüber
entschieden werden kann, ob eine andere Theorie vielleicht besser durch die
empirischen Daten gestützt wird. Das heißt, daß in einer isolierten Theorieprüfung
keine Aussage über die Qualität der betreffenden Theorie im Vergleich zur Qualität
anderer Theorien getroffen werden kann. Genau dies ist jedoch für die
Weiterentwicklung unseres theoretischen Wissens erforderlich (vgl. Opp 1996, S.
223 in Seipel 1999, S. 20).
In der vorliegenden Studie werden demzufolge zwei Fragestellungen untersucht:
1. Lassen sich die herangezogenen Theorien bestätigen?
2. Welche dieser Theorien kann das delinquente Verhalten besser erklären?
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
64
5.2. Strategische Vorgehensweise
Die ausgewählten Delinquenztheorien werden vor der empirischen Untersuchung auf
ihre Widerspruchslosigkeit und auf ihre Nicht – Analytizität (Begriffsdefinition
erfolgt in 5.4) geprüft. Denn als Vorbedingung der empirischen Theorienprüfung
muß die logische Konsistenz (Widerspruchsfreiheit) erfüllt sein (vgl. Kanazawa 1998
in Seipel 1999, S. 32). Des Weiteren wird im Rahmen der logischen Theorienprüfung
die Relation der Theorien bestimmt, d.h. es wird der Frage nachgegangen, in
welchem Verhältnis die beiden Theorien zueinander stehen. Die Bestimmung der
Basisrelation von Theorien gibt Aufschluß darüber, ob ein empirischer
Theorienvergleich und eine Integration der Theorien durchgeführt werden kann.
Ist die logische Theorienprüfung abgeschlossen, erfolgt die isolierte empirische
Theorienprüfung, in der festgestellt wird, ob die in den Theorien behaupteten
Zusammenhänge empirischen Bestand haben. Zeigt sich eine Übereinstimmung der
theoretischen Annahmen mit den empirischen Daten, dann werden die Theorien auf
ihre Erklärungsleistung miteinander verglichen. Stellt sich allerdings eine der
Theorien als falsch heraus, ist ein Vergleich der Theorien nicht mehr nötig.
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
65
Grafik3: Ablaufschema: Empirische Theorienprüfung
5.3. Auswahl der Theorien und Hypothesenformulierung
Bei den ausgewählten Theorien handelt es sich zum einen um die Anomietheorie von
Opp und zum anderen um die soziale Bindungstheorie von Hirschi. Beide Theorien
lassen sich gut – im Gegensatz zu den Lerntheorien und dem Labeling Approach –
einer empirischen Prüfung unterziehen, d.h. die unabhängigen Variablen können
Auswahl der Theorien
Bestimmung der Relation
1. Ähnlichkeit 2. Konkurrenztyp A 3. Konkurrenztyp B
Isolierte Theorienprüfung
1. Korrelationsanalyse 2. Signifikanztest (Χ² - Test)
Liegt Konkurrenz vor?
ja
nein Abbruch
Vergleich der Theorien
Bewährung ?
ja
nein Abbruch
Hypothesen- formulierung
Prüfung auf Widerspruchsfreiheit
und Nicht- Analytizität
Widerspruchsfrei und nicht- analytisch?
ja
nein Abbruch
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
66
ohne große Schwierigkeiten gemessen werden (s. Theorien im vorherigen Kapitel).
Zudem bezieht sich die Auswahl der Theorien auf kontrovers diskutierte Ansätze, so
daß ein empirischer Vergleich der vorliegenden Ansätze möglich ist (ob hier
tatsächlich ein Konkurrenzverhältnis vorliegt, wird noch im Rahmen des logischen
Theorienvergleichs geprüft). Eine weitere Begründung für die herangezogenen
Theorien liegt darin, daß die Anomietheorie von Opp vornehmlich die
Abweichungen von den Strafrechtsnormen erklärt.
Da die Oppsche Hypothese bereits vorliegt (s. vorheriges Kapitel), muß lediglich die
Hypothese für die soziale Bindungstheorie hergeleitet werden. Wie die Hypothese
von Opp wird auch die Hirschi Hypothese probabilistisch (als Je – desto – Satz)
gefaßt. Somit haben beide Forschungshypothesen den Charakter von
Wahrscheinlichkeitsaussagen, so daß sie sich durch konträre Einzelfälle nicht
widerlegen lassen (vgl. Bortz et al. 1995, S. 11). Dagegen genügt bei einer
deterministisch formulierten Hypothese (Wenn – dann – Satz) ein einziges, dieser
Hypothese widersprechendes Ereignis, um die Theorie zu verwerfen. Allerdings trifft
man deterministisch gefaßte Aussagen in den Sozialwissenschaften äußerst selten an.
Da die zu untersuchenden Hypothesen das delinquente und nicht das konforme
Verhalten erklären sollen, muß die aus der sozialen Bindungstheorie abgeleitete
Hypothese sprachlich umgedreht werden:
Vorher: Je stärker ein Jugendlicher in sein gesellschaftliches Umfeld integriert ist,
desto eher verhält er sich konform.
Nachher: Je geringer ein Jugendlicher in sein gesellschaftliches Umfeld integriert ist,
desto eher verhält er sich abweichend.
Da alle unabhängigen Variablen der Hirschi Theorie untersucht werden sollen,
müssen sie in die Arbeitshypothese mit einfließen, so daß die
Hypothese, die es zu prüfen gilt, wie folgt lautet:
Je schwächer bei einem Jugendlichen die Bindungen zu Personen sind,
je geringer der materielle und ideelle Besitzstand bei einem Jugendlichen ist,
je weniger ein Jugendlicher in gesellschaftliche Institutionen oder/und in
gesellschaftlich akzeptierte Aktivitäten involviert ist,
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
67
je weniger ein Jugendlicher die gesellschaftlichen Werte verinnerlicht hat bzw. die
Werte der Gesellschaft nicht als seine betrachtet,
desto eher verhält sich ein Jugendlicher delinquent.
Bei der Oppschen Hypothese wird das Ziel durch die Konsumgüterwünsche ersetzt,
um die unabhängigen Variablen operationalisieren zu können. Da jeder Jugendliche
dem allgemeinen Konsumzwang ausgesetzt ist, habe ich mich für die
Konsumgüterorientierung als Ziel der Jugendlichen entschieden. Demzufolge lautet
die zu untersuchende Hypothese von Opp:
Je stärker die Konsumorientierung bei einem Jugendlichen ist,
je weniger ein Jugendlicher die legitimen Normen zur Verwirklichung seiner
Konsumgüterwünsche akzeptiert,
je stärker ein Jugendlicher die illegitimen Normen zur Verwirklichung seiner
Konsumgüterwünsche akzeptiert,
je geringer die Möglichkeiten eines Jugendlichen sind, die Konsumgüterwünsche mit
legitimen Normen zu realisieren,
je größer die Möglichkeiten eines Jugendlichen sind, die Konsumgüterwünsche mit
illegitimen Normen zu realisieren,
desto eher verhält sich ein Jugendlicher delinquent.
5.4. Logische Theorienprüfung
Die ausgewählten Theorien werden jeweils in einer Matrix daraufhin geprüft, ob sich
die einzelnen Variablen der Hypothesen untereinander widersprechen und ob es sich
bei den vorliegenden Theorien um nicht analytische Hypothesen handelt. Eine
Hypothese heißt analytisch (tautologisch), wenn sie unabhängig davon, wie die
Realität beschaffen ist, wahr ist, d.h. wenn ihre Wahrheit allein aufgrund logischer
Analyse und nicht aufgrund der Erfahrung festgestellt werden kann (vgl. Opp 1974,
S. 32). Analytische Hypothesen sind also immer wahr und nie widerlegbar. Zum
Beispiel ist der Satz „Bei starken Zigarettenkonsum kann es zu einem Herzinfarkt
kommen“ nicht falsifizierbar, denn jedes mögliche Ereignis – ob ein Raucher nun
einen Herzinfarkt bekommt oder nicht – stimmt mit dem Kann – Satz überein (vgl.
Bortz et al. 1995, S. 8). Ebenso hätte der Satz „Wenn Menschen fernsehen, dann
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
68
befriedigen sie ihre Fernsehbedürfnisse“ keinen Falsifikator, wenn man
„Befriedigung von Fernsehbedürfnissen“ durch das Faktum definiert, daß
ferngesehen wird (vgl. ebd.). Da die analytischen Hypothesen nichts über die
Wirklichkeit aussagen, ist ihr Informationsgehalt gleich null (vgl. Diekmann 1995, S.
136).
Mit dieser kurzen Erläuterung sollte verständlich geworden sein, warum eine
Hypothese auf die Nicht – Analytizität untersucht werden muß.
Die Analyse (s. Grafik 10, 11 im Anhang) hat ergeben, daß weder die Anomietheorie
von Opp noch die soziale Bindungstheorie von Hirschi logische Widersprüche
aufweisen. Ebenfalls sind beide Theorien nicht tautologisch, so daß die ausgewählten
Ansätze den Test der logischen Konsistenz und der Nicht – Analytizität bestanden
haben und somit empirisch geprüft werden können.
Für die Bestimmung des Verhältnisses der Theorien hat Seipel eine neue Typologie
eingeführt, in der drei Basisrelationen unterschieden werden (vgl. Seipel 1999, S.
38):
• Ähnlichkeit
• Konkurrenztyp A
• Konkurrenztyp B
Ähnlichkeit bedeutet, daß die vorliegenden Theorien identisch sind, d.h. beide
Theorien sagen dasselbe nur in einer unterschiedlichen Sprache, so daß sich ihre
Hypothesen durch sprachliche oder logische Transformationen ineinander überführen
lassen.
Der Konkurrenztyp A liegt vor, wenn die Theorien zu sich logisch widersprechenden
Erklärungen kommen, also beide Theorien in einem logischen Widerspruch
zueinander stehen.
Beim Konkurrenztyp B gibt es zwischen den Theorien keinen logischen
Widerspruch, allerdings werden hier unterschiedliche Sachverhalte als
erklärungsrelevant behauptet.
Diese drei Basisrelationen von Theorien sollen auch auf meine ausgewählten
Theorien Anwendung finden. Dazu wird eine Matrix erstellt, in der die Hypothesen
der einen Theorie mit denen der anderen Theorie verglichen werden können. Um den
Basistypen zu bestimmen, wird überprüft, ob sich die einzelnen Variablen der einen
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
69
Hypothese durch sprachliche oder logische Transformationen in die Variablen der
anderen Theorie überführen lassen. Zudem wird getestet, ob sich die Variablen der
Theorien untereinander widersprechen. Ergibt sich bei der logisch – semantischen
Analyse der Typ der Ähnlichkeitsrelation, dann ist ein empirischer
Theorienvergleich nicht durchführbar (vgl. Seipel 1999, S. 39). Zeigt sich als
Ergebnis der logisch – semantischen Analyse der Konkurrenztyp A oder B können
die Theorien miteinander verglichen werden. Zudem besteht die Möglichkeit, die
Theorien zu integrieren.
Es zeigt sich (s. Grafik 12 im Anhang), daß sich die Oppsche Anomietheorie und die
Theorie der sozialen Bindung nicht durch sprachliche oder logische
Transformationen ineinander überführen lassen. Da zwischen den untersuchten
Theorien auch kein logischer Widerspruch besteht, liegt weder der Konkurrenztyp A
vor noch ähneln sich die vorliegenden Theorien. Insofern handelt es sich um
Theorien, die unterschiedliche Ursachen zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
heranziehen, also um Konkurrenztyp B.
5.5. Zum methodischen Ansatz
Nach der Begründung für die Auswahl meiner Datenerhebungsmethode zeige ich die
Entwicklung des Meßinstruments auf. Anschließend erfolgt die Beschreibung der
Stichprobe und die des Untersuchungsablaufs. Abschließend wird die Rücklaufquote
für die vorliegende Studie präsentiert.
5.5.1. Erhebungsinstrument
Zu den quantitativen Erhebungsverfahren zählen die Befragung und die
Beobachtung. Mit der Beobachtung ist es jedoch nicht möglich, alle Daten zu
erheben, weil sie nur die sinnlich wahrnehmbaren Sachverhalte erfassen kann.
Insofern bleibt nur die mündliche oder die schriftliche Befragung als Methode zur
Datenerhebung. Welche angewandt wird, hängt von den erfragten Inhalten sowie von
der Anzahl und Art der Probanden ab. Für meine Untersuchung benötigt man eine
relativ große, weit verstreute Stichprobe sowie eine Methode, die heikle Fragen
möglichst zuverlässig mißt. Zudem muß bei der Auswahl des Instruments
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
70
berücksichtigt werden, daß die Untersuchung im Rahmen einer Diplomarbeit
durchgeführt wird und somit nur begrenzte Ressourcen zur Verfügung stehen.
Diesen genannten Aspekten kann die Methode der schriftlichen Befragung eher
gerecht werden als die mündliche Befragung. So kann mit ihr in kurzer Zeit eine
größere Zahl von Personen untersucht werden. Zudem erbringen schriftliche
Befragungen bei heiklen Themen zuverlässigere Ergebnisse (wurde vor allem für das
abweichende Verhalten nachgewiesen), weil die Befragten die Situation anonymer
erleben als beim Interview (vgl. Laatz 1993, S. 108).
Des Weiteren muß entschieden werden, welche Form der schriftlichen Befragung
angewandt wird, wobei man zwischen der Befragung mit persönlicher Unterstützung
und ohne persönliche Unterstützung differenziert (vgl. Hafermalz 1976, S. 7). Bei
der schriftlichen Befragung mit persönlicher Unterstützung erfolgt die Befragung auf
persönlichem Wege, indem der Untersuchungsleiter die Fragebögen an seine
Probanden verteilt und einsammelt. Bei der anderen Form der Befragung werden die
Fragebögen entweder mit der Post verschickt oder an einem bestimmten Ort
ausgelegt. Der zentrale Nachteil einer schriftlichen Befragung ohne persönliche
Unterstützung liegt bei der gewöhnlich sehr geringen Rücklaufquote, was die
Repräsentativität der Studie sehr beeinflußt (vgl. Laatz 1993, S. 109). Demzufolge
habe ich die schriftliche Befragung mit persönlicher Unterstützung der schriftlichen
Befragung ohne persönliche Unterstützung vorgezogen.
5.5.2. Fragebogenkonstruktion
Für den Erhebungsbogen wurden Fragen sowohl zu den unabhängigen Variablen der
Hypothesen von Opp und Hirschi als auch zur abhängigen Variablen der Delinquenz
entwickelt.
Fragen zur abhängigen Variable mußten besonders geschickt formuliert werden, um
Antworthemmungen, eigene Straftaten zu offenbaren, abzubauen. So wurde eine
Frageformulierung gewählt, die den Eindruck erwecken sollte, als sei es
selbstverständlich Straftaten zu begehen: „Welche der hier aufgeführten Dinge hast
Du schon mal getan?“ (Anstatt „Hast Du schon mal …?“) Die aufgelisteten
Straftaten entschärfte ich durch verharmlosende Formulierungen. So wurde
beispielsweise das Wort „stehlen“ durch „mitgehen lassen“ ersetzt oder anstelle von
„fälschen“ verwendete ich den Begriff „nachmachen“. Darüber hinaus ermöglichte
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
71
ich es dem Befragten, relativ vage zu antworten, d.h. er wurde nur um eine
Eingruppierung seiner verübten Straftat in grobe Häufigkeitsklassen gebeten (2-
5mal; mehr als 5mal).
Die Straftaten erfaßte ich in einem Katalog, um nicht zu jedem Delikt eine Frage
stellen zu müssen. Letztere Methode gleicht nämlich eher einem Verhör und wirkt
somit auf die Befragten abschreckend. Die aufgelisteten Delikte wurden dabei in eine
bestimmte Reihenfolge gebracht, damit die Schwere der Straftaten nicht besonders
hervorgehoben wurde. Allerdings wurden nur solche Straftaten in meinem Katalog
aufgeführt, die nach der Kriminalstatistik und der Dunkelfeldforschung von den
Jugendlichen häufig verübt werden. Schwerwiegende Straftaten wie Sexual – und
Tötungsdelikte blieben in der vorliegenden Studie unberücksichtigt, weil an der
Untersuchung keine Extrempopulationen (inhaftierte Täter) teilnahmen.
Der Fragekatalog wurde durch die folgende Bemerkung eingeleitet:
„Untersuchungen haben ergeben, daß jeder Jugendliche schon mal Gesetze und
Verbote übertreten hat …“
Mit dieser Bemerkung sollte die Deliktsbegehung in den Bereich des normal
Erwartbaren gerückt werden und somit ebenfalls zum Abbau der Antwortängste
beitragen.
Tabelle 5: Operationalisierung der abhängigen Variable (Delinquenz)
5. Welche der hier aufgeführten Dinge hast Du schon mal getan?
ein- mal
2 – 5 mal
mehr als 5 mal
kein-mal
a. Fremde Gegenstände bemalt, beklebt, geritzt oder besprüht (z.B. Toilettenwände und Schultische bekritzelt, Hauswände mit Graffiti besprüht)
b. Ein öffentliches Verkehrsmittel ohne Fahrkarte benutzt (z.B. Bus, Bahn)
c. Urkunden, Unterschriften oder ähnliches nachgemacht (z.B. die Unterschrift der Eltern für die Schule)
d. Ein Kraftfahrzeug ohne den entsprechenden Führerschein gefahren (z.B. Trecker, Mofa, Motorroller, Auto)
e. Kraftfahrzeug ohne Erlaubnis des Halters gefahren
f. Geld aus dem Portemonnaie der Eltern ohne deren Absprache entnommen
g. Kleinere Geldbeträge (unter 5 DM) aus dem nicht häuslichen Bereich entwendet
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
72
h. Geldbeträge im Wert von über 5 DM aus dem nicht häuslichen Bereich entwendet
i. Im Laden kleinere Gegenstände unter 50 DM mitgehen lassen (z.B. Kosmetika, CDs, Zeitschriften)
j. Im Laden größere Gegenstände von über 50 DM mitgehen lassen
k. Bei einer Schlägerei mitgemacht oder sonst irgendeine Person verprügelt
l. Jemanden zusammengeschlagen, daß er ins Krankenhaus mußte
m Einer fremden Person Gegenstände entrissen (z.B. Portemonnaie, Handtasche, Handy, EC – Karte)
n. Fremde Gegenstände eingesteckt ( z.B. Aschenbecher, Biergläser, Besteck, Souvenirs )
o. Fremdes Eigentum mit Absicht zerstört o. beschädigt (Kraftfahrzeuge zerkratzt, Straßenlaternen kaputt geschossen, Parkbänke umgeworfen usw.)
p. Haschisch oder andere Rauschmittel (außer Alkohol und Medikamente) genommen oder verkauft
q. Aus einem Automaten Ware oder Geld entwendet
r. Gegenstände entwendet und sie verkauft (z.B. Autoradios, Handys)
s. Einem Polizisten Widerstand geleistet
t. Zum Stehlen irgendwo eingebrochen (z.B. in ein Auto, in eine Wohnung, Baubude, Hütte, Keller o.ä.)
u. Jemanden mit einer Waffe (z.B. Messer, Pistole) bedroht v. Preisschilder im Laden umgeklebt w. Ausländerfeindliche Parolen gerufen x. Entwendete Gegenstände gekauft
Die Fragen zu den unabhängigen Variablen wurden nach den folgenden Grundsätzen
formuliert:
• Die Fragen müssen möglichst kurz und einfach formuliert und in ihrem
Bedeutungsumfeld eindeutig sein
• Alternativfragen („Oder“ – Fragen) sind zu vermeiden
• Die Fragen dürfen keine doppelten Negationen enthalten
• Suggestivfragen sollen nicht angewandt werden, da mit ihnen den Befragten
die Antwort in den Mund gelegt wird
(vgl. Atteslander 1995, S. 192f.)
Die Begrenzung des Fragebogenumfangs gestaltete sich als schwierig, weil man sehr
komplexe Hypothesen zu überprüfen hatte, die mit jeweils einer Frage zur Variablen
nicht untersucht werden konnten. Zum einen mußten die Fragen alle Konstrukte
erfassen und zum anderen durfte der Erhebungsbogen nicht zu umfangreich sein, um
die Probanden nicht zu überfordern und um keine hohen Verweigerraten aufkommen
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
73
zu lassen. Aus diesem Grund habe ich mich darum bemüht, mit möglichst wenigen
Fragen die unabhängigen Variablen zu erfassen. Hierbei mußten allerdings
Einschränkungen in Kauf genommen werden, so daß das Attachment der Hirschi
Theorie vorwiegend Fragen zur Anbindung an das Elternhaus umfaßt und Fragen zu
den Bindungen an die Peers sowie an die Schule fast nicht berücksichtigt werden.
Die Bindungen an die Freunde und an die Schule werden aber auch deshalb kaum
erfaßt, da sie laut Hirschis Theorie für die Entstehung der Delinquenz zweitrangig
sind.
Um den Fragebogen etwas aufzulockern sowie aus taktischen Gründen wurden zwei
kleine Fälle dargelegt, zu denen die Befragten Stellung nehmen mußten.
Zu allen Fragen der unabhängigen Variablen wurden Antwortkategorien formuliert,
die den Untersuchungspersonen durch den Erhebungsbogen präsentiert wurden.
Dadurch sollte einerseits die Bereitschaft, auf heikle Fragen ehrlich zu antworten,
begünstigt werden. Andererseits sollten die Jugendlichen nicht intellektuell
überfordert werden, was bei einer selbständigen Formulierung des Antworttextes bei
einigen Personen sicherlich der Fall gewesen wäre. Darüber hinaus bietet ein
durchgängig strukturierter Fragebogen den Vorteil, daß die Datenauswertung ohne
großen Aufwand betrieben werden kann.
Die Fragen in dem Erhebungsbogen faßte ich zu Themenbereichen zusammen, damit
die Befragten nicht zu ständigen Gedankensprüngen gezwungen werden. Ebenfalls
wurde die Reihenfolge der Fragen nach psychologischen Gesichtspunkten festgelegt.
So stellte ich die einfach und angenehm zu beantwortbaren Fragen zu Beginn meines
Fragebogens, um ein „günstiges Klima“ der Befragung zu schaffen und um einen
Abbruch der Befragung zu vermeiden. Da mit zunehmender Fragedauer die
Konzentration nachläßt, wurden die herausfordernden bzw. anspruchsvolleren
Fragen in der Mitte des Fragebogens plaziert. Die heiklen Fragen stellte ich gegen
das Ende meiner Untersuchung, weil sich dann der Befragte an das „Frage – Antwort
– Spiel“ gewöhnt hat und dann eher geneigt ist, tabuisierte Fragen zu beantworten.
Angaben zum Alter, zum Geschlecht und zur Nationalität wurden ganz zu Anfang
der Befragung erhoben, weil sozialstatistische Fragen sich schnell und leicht
beantworten lassen und sie bei einer Plazierung am Ende des Fragebogens, hinter den
heiklen Fragen, als zu vorhörartig erlebt werden. Schriftliche Informationen über die
Befragungssituation holte ich mir ganz zum Schluß der Befragung ein.
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
74
5.5.3. Stichprobe
Um eine Untersuchung mit persönlicher Unterstützung durchführen zu können,
benötigt man eine Gruppe von Jugendlichen. Da ich in der Stadtjugendpflege
Wittingen beruflich tätig war/bin, wurden für meine Stichprobe die Besucher der
Jugendtreffs Wittingen und Knesebeck ausgewählt. Das Ziel einer größeren
Stichprobe konnte allerdings mit den Jugendtreffbesuchern aus dem Raum Wittingen
und Knesebeck nicht erreicht werden. Zudem strebte ich eine Stichprobe an, die
Personen aus allen Bildungsschichten umfaßte, was bei den Jugendtreffbesuchern
weniger der Fall war. Demzufolge wurde noch eine weitere Gruppe von
Jugendlichen in die Untersuchung mit einbezogen, wobei es sich um Besucher des
evangelischen Kirchentags in Frankfurt handelte.
Folgende Gründe veranlaßten mich, die Befragung auf dem Kirchentag in Frankfurt
durchzuführen:
• Die Jugendlichen gehörten allen Schichten an, vornehmlich der Mittel- und
Oberschicht
• Tausende von Jugendgruppen waren anzutreffen
• Die Jugendlichen kamen aus ganz Deutschland
Ein weiterer entscheidender Punkt, diesen Ort für die Befragung auszuwählen,
bestand darin, daß man eine empirische Untersuchung ohne Absprache vornehmen
konnte, was beispielsweise in den Schulen oder in den Vereinen nicht möglich war.
Außerdem stellten Befragungen auf dem Kirchentag nichts Außergewöhnliches dar,
weil es auf jedem Kirchentag Stände gab, an denen Fragebögen zu bestimmten
Themenbereichen auslagen.
Die Jugendtreffbesucher als auch die Besucher des Kirchentags mußten jedoch
bestimmte Kriterien erfüllen, um in die Stichprobe aufgenommen zu werden. Zum
einen kamen für meine Stichprobe nur Jugendliche im Alter zwischen 14 und 20
Jahren in Betracht (bei der altersmäßigen Festlegung zur Bestimmung eines
Jugendlichen orientierte ich mich am Jugendstrafrecht) und zum anderen mußte diese
Personengruppe im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit sein. Somit sollten
ausländische Jugendliche und nach dem Gesetz definierte Kinder sowie Erwachsene
nicht in die Untersuchung einbezogen werden, da ich sie auch nicht bei der
Datenanalyse in der PKS berücksichtigte.
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
75
Die vorliegende Untersuchung bezieht sich demnach auf alle deutschen Besucher der
Jugendtreffs Wittingen und Knesebeck sowie auf alle deutschen Besucher des
evangelischen Kirchentags in Frankfurt zwischen 14 und 20 Jahren.
5.5.4. Beschreibung des Untersuchungsablaufs und Rücklaufquote
In den zwei Jugendzentren der Stadt Wittingen wurde die Untersuchung an mehreren
Tagen durchgeführt, um möglichst viele Jugendtreffbesucher in der Studie zu
erfassen. Insofern bezog sich die Befragung in den Jugendtreffs auf einen Zeitraum
von knapp zweieinhalb Wochen (15.06 – 02.07.01), während die Untersuchung auf
dem Kirchentag in Frankfurt einen Tag in Anspruch nahm (16.06.01).
An den Orten der Befragung hielt ich zunächst nach Jugendlichen Ausschau, die
meinen Kriterien entsprachen. Dies stellte kein Problem dar, weil die ausgewählte
Altersspanne sehr breit angelegt war. Auf dem Kirchentag in Frankfurt wurden
zumeist Jugendliche größerer Personengruppen angesprochen, weil diese
Vorgehensweise mit weniger Arbeit verbunden war und es darüber hinaus weniger
Schwierigkeiten bereitete, eine Gruppe zur Teilnahme zu motivieren aufgrund des
„Gruppenzwangs“. Bevor ich jedoch versuchte, diese Jugendlichen zur Mitarbeit zu
bewegen, wurde durch mündliches Erfragen geprüft, ob die Personengruppe die
aufgestellten Kriterien erfüllte. War das der Fall, wurden die Jugendlichen über die
Bedeutung der Studie, d.h. über den Sinn und die Zielsetzung meiner Untersuchung
und über die Wahrung der Anonymität unterrichtet (s. hierzu die Einführung im
Fragebogen => Fragebogen im Anhang). Das Thema der Untersuchung teilte ich
ihnen nicht mit, um die Jugendlichen nicht abzuschrecken. Wurde dennoch danach
gefragt, wurde das Thema umschrieben. Als persönlicher Anreiz dienten die
Schreibinstrumente, die aber nicht als eine Art Honorar für die geleistete Arbeit
angesehen werden sollten, sondern als Dankeschön für die Bereitschaft zur
Teilnahme. In den späteren Untersuchungsdurchgängen verschenkte ich jedoch keine
Schreibinstrumente mehr, da auch ohne diese die Jugendlichen bereit waren, an der
Befragung teilzunehmen.
Um die Motivation der Jugendlichen zu erhalten und um einen Abbruch der
Befragung zu vermeiden, wurden den Jugendlichen im Laufe der Befragung
Süßigkeiten angeboten.
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
76
Nachdem die Jugendlichen den Fragebogen erhalten hatten, wurde dieser von ihnen
bearbeitet. Insofern wurden die Fragebögen sofort ausgefüllt, um Verweigerraten auf
einem niedrigen Niveau zu halten. Zunächst stand ich den Jugendlichen unmittelbar
als Ansprechpartner für evtl. Rückfragen zur Verfügung, später begab ich mich an
einem anderen Ort/Platz, um keine Antwortverzerrungen durch „Interviewereffekte“
hervorzubringen.
Der ausgefüllte Fragebogen wurde von jedem Jugendtreffbesucher in die von mir
gebastelte „Fragebogenbox“, die mit einer Urne vergleichbar war, geworfen. Diese
Box, die ich zu Anfang der Untersuchung im Befragungsraum aufgestellt hatte, sollte
ein Höchstmaß an Anonymität garantieren. Auf dem Kirchentag wurde anderweitig
verfahren, weil mir zum einen die Untersuchungspersonen unbekannt waren und sich
zum anderen die Befragung auf einem freien Gelände abspielte. So wurden anstelle
einer Urne Briefumschläge benutzt, die die Jugendlichen gleichzeitig mit dem
Erhebungsbogen erhielten. Die ausgefüllten Fragebögen in den zugeklebten
Briefumschlägen wurden entweder von den Jugendlichen an mich zurückgegeben
oder ich sammelte sie ein.
Im Jugendtreff Wittingen sowie Knesebeck nahmen 51 Jugendliche und auf dem
Kirchentag in Frankfurt 120 Jugendliche an der Untersuchung teil. Insgesamt wurden
also 170 deutsche Jugendliche im Alter zwischen 14 und 17 Jahren befragt. Dabei
beläuft sich die Rücklaufquote auf 96,5% und die Ausschöpfungsquote auf 87,1%.
Für die vorliegende Studie konnte trotz eines heiklen Themas und eines
umfangreichen Erhebungsbogens eine gute Rücklaufquote erzielt werden. Sicherlich
haben hierzu das motivationsfördernde Einleitungsgespräch sowie die kleinen
Präsente beigetragen. In der Gruppe der Jugendtreffbesucher dürfte noch der
persönliche Kontakt sowie der Befragungsort (geschlossener Raum) zu einer hohen
Rücklaufquote von 100% geführt haben.
Die Ausschöpfungsquote ist niedriger als die Rücklaufquote, da Fragebögen, in
denen mehrere Items unausgefüllt waren, bei der Auswertung unberücksichtigt
blieben. Vermutlich wurden, angesichts des umfangreichen Erhebungsbogens, einige
Fragen aus Versehen nicht beantwortet.
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
77
5.6. Statistische Datenauswertung
Um das Zustandekommen der Ergebnisse der vorliegenden Studie nachvollziehbar
zu machen, wird im ersten Schritt der Datenauswertung die Aufbereitung des
empirisch gewonnen Materials beschrieben. Im Anschluß daran werden die
statistischen Auswertungsverfahren, die ich für die Datenanalyse verwendet habe,
dargelegt, wobei ich auf die Wiedergabe der Formeln verzichte, weil diese in jedem
Statistikbuch nachzulesen sind. Hiernach werden die Untersuchungsbefunde
berichtet und zur besseren Übersicht grafisch veranschaulicht.
5.6.1. Aufbereitung der Daten
Da mir kein Statistikprogramm für die Datenauswertung vorlag, erfolgte die
Datenerfassung und ihre Auswertung im Tabellenkalkulationsprogramm Microsoft
Excel ’97.
Zunächst wurden die Informationen der Fragebögen in eine Datendatei übertragen.
Um hierbei Tippfehler zu vermeiden, führte ich die Dateneingabe zu zweit durch
(einer schreibt, der andere diktiert). Anschließend wurden die Daten numerisch
quantifiziert, wobei die einzelnen Antworten Meßwerte von 1 – 5 erhielten (s.
Skalierung im Anhang). Beantwortete eine Person zum Beispiel die Frage 43 in
meinem Erhebungsbogen mit „Immer“, so wurde ihr die Zahl 5 zugeordnet, was
einem starken delinquenten Verhalten entsprach (s. unten). Der Skalenwert 1 wurde
hingegen einer nicht delinquenten Person zugeschrieben, die das Item „Nie“
ankreuzte. Die Skalenwerte von 1 aus gesehen indizieren eine zunehmend stärkere
Delinquenzbelastung.
Frage Nr. 43: Findest Du es spannend, etwas mitgehen zu lassen?
Immer 5
Oft 4
Manchmal 3
Selten 2
Nie 1
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
78
Da der Skalencharakter der unabhängigen Variable von der Art der
Operationalisierung abhängig ist, mußten schon vor der Fragebogenkonstruktion
Überlegungen angestellt werden, wie die Delinquenz zahlenmäßig ermittelt werden
sollte. Dabei hielt ich eine Rating – Skala mit 5 Stufen für angemessen. Eine höhere
Stufenzahl kam für mich nicht in Frage, um das Urteilsvermögen der Befragten nicht
zu überfordern.
Nach der Zuordnung der Skalenwerte wurden die Fragen zu den einzelnen Variablen
gruppiert, diese wiederum zu den Theorien zugeordnet. Anschließend wurden
sowohl die Fragen als auch die unabhängigen Variablen einer Gewichtung
unterworfen, die ich selbst vornahm (s. Gewichtungen im Anhang). Während die
Variablen der Oppschen Theorie gleich gewichtet wurden, erhielt das Attachment der
Kontrolltheorie einen höheren Wert als das Commitment, Belief und das
Involvement, da aus Hirschis Sicht das Attachment das wichtigste kausale Element
für Normabweichungen darstellt. Der Indikator Anbindung zum Elternhaus wurde
wiederum höher gewichtet als die Anbindung zur Schule, weil das Attachment zu
den Eltern der bedeutendste Faktor von Integration ist. Die Gewichtung der Fragen
zur abhängigen Variablen nahm ich anhand der Deliktschwere vor, so daß zum
Beispiel das „Schwarzfahren“ einen niedrigen und der Wohnungseinbruch einen
hohen Wert für den Delinquenzbelastungsindex zugewiesen bekam.
5.6.2. Auswertungsverfahren
Im ersten Schritt meiner Auswertungsphase wird die Stärke der
Delinquenzausprägung, der sogenannte Delinquenzbelastungsindex, für jede einzelne
Untersuchungsperson ermittelt. Dabei werden alle Werte der abhängigen Variable
unter Multiplikation der Gewichtungen addiert und durch die Summe der
Gewichtungen geteilt.
Ist die Verteilung der Stichprobe in Bezug auf die Delinquenzbelastung bekannt,
werden die Hypothesen statistisch geprüft. Welcher Test zur Prüfung herangezogen
wird, hängt von der Art der Hypothese ab. Bei mir sollen die Zusammenhänge
zwischen der Delinquenzbelastung und den unabhängigen Variablen nachgewiesen
werden, so daß ich zur Überprüfung meiner Hypothesen das Verfahren der
Korrelationsanalyse anwende. Da sowohl die Delinquenz als auch die unabhängigen
Variablen auf dem Intervallskalenniveau erhoben wurden, wird zur Berechnung des
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
79
Zusammenhangs der Produkt – Moment – Korrelationskoeffizient herangezogen.
Dieser ist so konstruiert, daß er nur einen Wert zwischen –1 und +1 annehmen kann,
wobei das Vorzeichen als Hinweis auf die Richtung des Zusammenhangs dient: Ein
positiver Korrelationskoeffizient bedeutet einen parallelen, gleichsinnigen
Zusammenhang, ein negativer Koeffizient entspricht einem gegensätzlichen
Zusammenhang. Der gemessene Zusammenhang ist um so enger, je stärker sich der
Korrelationskoeffizient dem Grenzwert +/-1 nähert. Besteht kein Zusammenhang
zwischen den genannten Merkmalen, so hat der Koeffizient den Wert 0.
Ist ein Zusammenhang zwischen den Variablen erkennbar, werden die Befunde
daraufhin untersucht, ob sie evtl. auf Zufallsfehlern basieren. Nur wenn das mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, gelten die
Hypothesen von Opp und Hirschi als bestätigt. In diesem Fall werden
Signifikantstests angewandt, wobei man zwischen parametrischen und non –
parametrischen Tests differenziert (vgl. Laatz 1993, S. 522). Da bei der Anwendung
des parametrischen Tests eine Normalverteilung der abhängigen Variablen
vorausgesetzt wird (vgl. ebd.), kommt für die vorliegende Untersuchung nur der non
– parametrische Test in Betracht. Die Auswahl des non – parametrischen Tests hängt
wiederum vom Skalenniveau, von der Stichprobenart und von der Zahl der
Vergleichsgruppen bzw. von den unabhängigen Variablen ab.
5.6.3. Ergebnisse
5.6.3.1. Delinquenzbelastung
Aus der Tabelle 7 können die selbstberichteten Straftaten der Jugendlichen
entnommen werden. Jedoch wird hier nur zwischen Begehung und Nichtbegehung
unterschieden. (Die Häufigkeit des berichteten Verhaltens erfaßt der
Delinquenzbelastungsindex (s. dazu die Grafiken 4 und 5).
Alle Jugendlichen, bis auf eine Person, berichten schon einmal eine Straftat
begangen zu haben. Dabei wird das Schwarzfahren im öffentlichen Personenverkehr
und der Vandalismus, also das Bemalen, Bekleben u./o. Besprühen fremder
Gegenstände, am häufigsten eingeräumt. So haben nach eigenen Angaben rund 80%
das Delikt der Leistungserschleichung und 77% den Vandalismus schon einmal
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
80
verübt. Diese beiden Delikte sind demnach in der Altersgruppe der 14-20jährigen
nahezu ubiquitär.
Der Diebstahl fremder Gegenstände wird von 56% und das Fahren ohne
Führerschein von 52% der Jugendlichen berichtet. Dicht dahinter findet sich der
Konsum oder Verkauf von Rauschmitteln mit 48%, gefolgt von der
Sachbeschädigung, d.h. das Zerstören fremder Gegenstände, mit 47% sowie die
Beteiligung an einer Schlägerei mit 45%. Anschließend folgt im gewissen Abstand
die Geldentwendung aus dem häuslichen Bereich sowie das Fälschen von Urkunden,
Unterschriften oder ähnliches, was jeweils 40% der Jugendlichen begangen haben.
Das Umkleben von Preisschildern wird von 38% und der Ladendiebstahl unter 50
DM von 36% der Jugendlichen eingeräumt. Demgegenüber sind der Ladendiebstahl
über 50 DM (mit 8%) und der Diebstahl zum Wohnungseinbruch (mit 5%) seltene
Eigentumsdelikte.
Mit zunehmender Deliktschwere nimmt der Prozentanteil ab, so daß
schwerwiegendere Straftaten nur von einer Minderheit der Befragten begangen
werden. So werden beispielsweise der Raub von nur 5% und die Bedrohung mit
einer Waffe von 7% der Jugendlichen berichtet.
Im Geschlechtervergleich fällt der insgesamt höhere prozentuale Anteil der Jungen
auf. Die Mädchen sind nur bei drei Delikten stärker vertreten als die Jungen: Beim
Vandalismus, beim Umkleben der Preisschilder im Laden sowie beim Diebstahl von
Geldbeträgen unter 5 DM im nicht häuslichen Bereich.
Vor allem bei den Gewaltdelikten ist der Mädchenanteil erheblich geringer als der
Jungenanteil. So berichten 68% der männlichen, aber nur 20% der weiblichen
Jugendlichen, schon einmal an einer Schlägerei beteiligt gewesen zu sein. 12% des
männlichen Geschlechts, aber keine weibliche Person, gibt in diesem
Zusammenhang an, jemanden so geschlagen zu haben, daß diese Person im
Krankenhaus behandelt werden mußte. Mutwillige Beschädigung fremden
Eigentums räumen 64% der männlichen Jugendlichen ein, während der
Mädchenanteil an diesem Delikt lediglich 28% beträgt. Auch zeigt sich beim
Schwarzfahren im öffentlichen Personenverkehr eine deutliche
Geschlechterdifferenz. So wird das Fahren eines Kraftfahrzeugs ohne
entsprechenden Führerschein von doppelt so vielen männlichen (67%) als weiblichen
Jugendlichen (35%) berichtet.
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
81
Frage 60 Differenzja nein ja nein ja nein77% 23% 72% 28% 83% 17% 11%
(n=115) (n=34) (n=56) (n=22) (n=59) (n=12) mehr weiblich79% 21% 88% 12% 68% 32% 21%
(n=117) (n=32) (n=69) (n=9) (n=48) (n=23) mehr männlich40% 60% 44% 56% 35% 65% 8%(n=59) (n=90) (n=34) (n=44) (n=25) (n=46) mehr männlich52% 48% 67% 33% 35% 65% 31%(n=77) (n=72) (n=52) (n=26) (n=25) (n=46) mehr männlich
9% 91% 15% 85% 3% 97% 13%(n=14) (n=135) (n=12) (n=66) (n=2) (n=69) mehr männlich40% 60% 44% 56% 37% 63% 7%(n=60) (n=89) (n=34) (n=44) (n=26) (n=45) mehr männlich21% 79% 21% 79% 23% 77% 2%(n=32) (n=117) (n=16) (n=62) (n=16) (n=55) mehr weiblich15% 85% 17% 83% 13% 87% 4%(n=22) (n=127) (n=13) (n=65) (n=9) (n=62) mehr männlich36% 64% 37% 63% 34% 66% 3%(n=53) (n=96) (n=29) (n=49) (n=24) (n=47) mehr männlich
8% 92% 14% 86% 1% 99% 13%(n=12) (n=137) (n=11) (n=67) (n=1) (n=70) mehr männlich45% 55% 68% 32% 20% 80% 48%(n=67) (n=82) (n=53) (n=25) (n=14) (n=57) mehr männlich
6% 94% 12% 88% 0% 100% 12%(n=9) (n=140) (n=9) (n=69) (n=0) (n=71) mehr männlich5% 95% 9% 91% 1% 99% 8%
(n=8) (n=141) (n=7) (n=71) (n=1) (n=70) mehr männlich56% 44% 68% 32% 44% 56% 24%(n=84) (n=65) (n=53) (n=25) (n=31) (n=40) mehr männlich47% 53% 64% 36% 28% 72% 36%(n=70) (n=79) (n=50) (n=28) (n=20) (n=51) mehr männlich48% 52% 56% 44% 39% 61% 17%(n=72) (n=77) (n=44) (n=34) (n=28) (n=43) mehr männlich13% 87% 19% 81% 6% 94% 14%(n=19) (n=130) (n=15) (n=63) (n=4) (n=67) mehr männlich
3% 97% 5% 95% 1% 99% 4%(n=5) (n=144) (n=4) (n=74) (n=1) (n=70) mehr männlich
15% 85% 22% 78% 8% 92% 13%(n=23) (n=126) (n=17) (n=61) (n=6) (n=65) mehr männlich
5% 95% 9% 91% 1% 99% 8%(n=8) (n=141) (n=7) (n=71) (n=1) (n=70) mehr männlich7% 93% 10% 90% 3% 97% 7%
(n=10) (n=139) (n=8) (n=70) (n=2) (n=69) mehr männlich38% 62% 36% 64% 39% 61% 4%(n=56) (n=93) (n=28) (n=50) (n=28) (n=43) mehr weiblich14% 86% 18% 82% 10% 90% 8%(n=21) (n=128) (n=14) (n=64) (n=7) (n=64) mehr männlich26% 74% 36% 64% 15% 85% 20%(n=39) (n=110) (n=28) (n=50) (n=11) (n=60) mehr männlich
v Preisschilder im Laden umgeklebt
w ausländerfeindliche Parolen gerufen
x entwendete Gegenstände gekauft
t Einbruch zum Diebstahl
u jemanden mit einer Waffe bedroht
r Gegenstände entwendet und verkauft
s Polizisten Widerstand geleistet
p Rauschmittel genommen oder verkauft
q aus Automaten Ware oder Geld entwendet
n Diebstahl fremder Gegenstände
o absichtliche Zerstörung fremden Eigentums
l jemanden krankenhausreif geschlagen
m fremder Person Gegenstände entrissen
Ladendiebstahl unter 50 DM
j Ladendiebstahl über 50 DM
k Beteiligung an Schlägerei
männlich weiblich
fremde Gegenstände bemalt, beklebt usw.a
b öff. Verkehrsmittel ohne Fahrkarte benutzt
c
f
e Kfz ohne Erlaubnis gefahren
gesamt
Geld aus dem Portemonnaie der Eltern entwendet
g Geldbeträge < 5 DM entwendet (nicht häusl.)
h Geldbeträge > 5 DM entwendet (nicht häusl.)
i
Urkunden, Unterschriften o.ä. gefälscht
d Kfz ohne Führerschein gefahren
Tabelle7: Selbstberichtete Delinquenz
Das Histogramm zur geschlechtsspezifischen Häufigkeitsverteilung der
Delinquenzbelastung (s. Grafik 4) zeigt ebenfalls eine geringere Beteilung der
Mädchen an der Delinquenz. So gibt es keine einzige weibliche Person, die stark
delinquenzbelastet ist, während die männlichen Befragten in dem Delinquenzbereich
ab 3,5 mit 9% vertreten sind. Eine schwache Delinquenzbelastung weisen dagegen
86% der weiblichen, jedoch nur 52% der männlichen Jugendlichen auf. Dies
unterstreicht also den Befund, daß die weiblichen Jugendlichen weniger häufig
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
82
51 50
32
5 4 2 2 20
10
20
30
40
50
60
1-1,5 1,5-2 2-2,5 2,5-3 3-3,5 3,5-4 4-4,5 4,5-5
Delinquenzbelastung
Anz
ahl d
er P
erso
nen
delinquieren und zudem leichtere Delikte verüben als ihre männlichen
Altersgenossen.
Grafik 4: Häufigkeitsverteilung der Delinquenz nach Geschlecht
30%
8%3% 3%
0% 0% 0%
38%34%
4% 3% 3% 3% 3%
56%
14%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
1-1,5 1,5-2 2-2,5 2,5-3 3-3,5 3,5-4 4-4,5 4,5-5
Delinquenzbelastung
Anza
hl d
er P
erso
nen
in %
weiblich
männlich
Dem zweiten Histogramm (s. Grafik 5) läßt sich entnehmen, daß die Mehrheit der
Befragten eine geringe Delinquenzbelastung aufweist und nur ein kleiner Täterkreis
schwere sowie häufige Delikte begeht. So sind 101 Personen schwach, aber nur 6
stark delinquenzbelastet, während 41 Jugendliche mit ihrer Delinquenzbelastung
zwischen diesen beiden Extremwerten liegen. Da mit steigender
Delinquenzbelastung die Anzahl der Personen abnimmt, liegt hier eine J-förmige
Verteilung vor.
Grafik 5: Häufigkeitsverteilung der Delinquenz
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
83
Von den 149 Befragten haben ¼ schon einmal eine Strafanzeige erhalten. Allerdings
wurden 17% nur einmal registriert, während 3% der Jugendlichen mehrmals
polizeilich in Erscheinung traten. Vergleicht man die Delinquenzbelastung der
Registrierten mit dieser der nicht Entdeckten, so beträgt die Deliktbelastung der
Angezeigten ein Mehrfaches der nicht Entdeckten. Allerdings ist der einmal
Angezeigte im Durchschnitt weniger delinquenzbelastet als der vielfach Registrierte.
Die 18 – 20jährigen Jugendlichen weisen die stärkste und die 14-15jährigen die
schwächste Delinquenzbelastung auf (s. Grafik 13 im Anhang).
Im Hinblick auf die verschiedenen Bildungsniveaus sind die Haupt- und
Sonderschüler am stärksten, die Gymnasiasten am schwächsten delinquenzbelastet
(s. Tabelle 11 im Anhang). Während beim Vandalismus (Bekleben, Bemalen,
Besprühen fremder Gegenstände) und beim Schwarzfahren öffentlicher
Verkehrsmittel die Gymnasiasten die höchsten Täterraten aufweisen, finden sich bei
den personalen Gewaltdelikten und bei den schwerwiegenderen Diebstahldelikten
deutlich höhere Raten bei den Haupt- und Sonderschülern (s. Tabelle 11 im Anhang).
So waren beispielsweise 86% der Haupt – und Sonderschüler, aber nur 25% der
Gymnasiasten schon einmal an einer Schlägerei beteiligt. Gewalttaten und
schwerwiegendere Diebstähle kommen auch bei den Realschülern
überdurchschnittlich häufig vor, jedoch liegen ihre Täterraten nur beim
Einbruchdiebstahl höher als die der Haupt- und Sonderschüler.
5.6.3.2. Die Oppsche Anomietheorie
Bei der Überprüfung der Oppschen Anomietheorie hat sich ein
Korrelationskoeffizient von r = 0,703 ergeben, was auf einen deutlichen linearen
Zusammenhang zwischen der Delinquenz und den unabhängigen Variablen hinweist.
Die Ziele, die legitimen und illegitimen Normen sowie die legitimen und illegitimen
Möglichkeiten korrelieren positiv mit dem delinquenten Verhalten. Dabei üben die
illegitimen Möglichkeiten den stärksten Einfluß auf die Delinquenz aus. Demnach ist
in meiner Studie die O-H5, „Je stärker die Möglichkeiten sind, die
Konsumgüterwünsche mit illegitimen Normen zu realisieren, desto eher wird der
Jugendliche delinquent“, am aussagekräftigsten.
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
84
Als zweit wichtigster Prädikator der Delinquenz erweisen sich die illegitimen
Normen. Durch diese Variable können 32% der Streuung (r² = erklärte Varianz) der
Delinquenz erklärt werden.
Zur Erklärung der Delinquenz tragen die legitimen Normen mehr bei als die Ziele
oder die legitimen Möglichkeiten. So korreliert vor allem die Frage 53 im
vorliegenden Erhebungsbogen stark mit der Delinquenzbelastung eines
Jugendlichen. Dagegen weist die Frage „Würdest Du Dir Gegenstände zum vollen
Preis kaufen, wenn Du die Gelegenheit hättest, entwendete Gegenstände viel
günstiger zu erstehen?“ eine negative Beziehung zwischen der Delinquenz und den
legitimen Normen auf: „Je stärker der Jugendliche die legitimen Normen zur
Verwirklichung seiner Konsumgüterwünsche akzeptiert, desto eher wird er
delinquent“. Dieses Resultat ist verwunderlich und kann nur so erklärt werden, daß
die Frage von der Mehrheit der Jugendlichen mißverstanden wurde aufgrund ihrer
Formulierung.
Da die Frage 47 die Hypothese „Je weniger der Jugendliche die legitimen Normen
zur Verwirklichung seiner Konsumgüterwünsche akzeptiert, desto eher wird er
delinquent“ nicht bestätigte, wurde sie mit 0 gewichtet und blieb somit für die
weiteren Berechnungen unberücksichtigt. Dieselbe Prozedur wurde bei der Hirschi
Theorie angewandt.
Der schwächste Zusammenhang besteht zwischen der Delinquenz und den legitimen
Möglichkeiten. Dennoch können 15,44% der Varianz der Variablen Delinquenz
durch die legitimen Möglichkeiten erklärt werden.
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
85
Grafik 6: Korrelationsmodell der Anomietheorie von Opp
Del
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5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
86
Mit dem Chi – Quadrat – Test kann das vorliegende Ergebnis statistisch abgesichert
werden. Allerdings wird die Entscheidung für die Annahme/Bestätigung einer
Forschungshypothese nach wahrscheinlichkeitstheoretischen Überlegungen, also nie
mit 100-prozentiger Sicherheit getroffen. In der Statistik hat man sich darauf
geeinigt, daß man mindestens eine 95-prozentige Sicherheit benötigt, um eine
Forschungshypothese annehmen zu können. Demzufolge wird noch eine
Irrtumswahrscheinlichkeit von 5% akzeptiert.
Für die unabhängigen Variablen der Oppschen Anomietheorie beträgt der errechnete
Chi – Quadrat – Wert Χ² = 2256, die Anzahl der Freiheitsgrade df = 72. Gemäß der
Chi – Quadrat – Tabelle erhält man bei einem df = 75 und einem α = 5% den
kritischen Wert von 96,5.
Für die abhängige Variable, also für die Delinquenz, bekommt man einen Chi –
Quadrat – Wert von Χ² =1599. Die Anzahl der Freiheitsgrade beträgt df = 92. Der
kritische Wert ist bei einem df = 95 und einem α = 5% 118,8.
Sowohl der errechnete Chi – Quadrat – Wert für die unabhängigen Variablen als
auch der errechnete Chi – Quadrat – Wert für die Delinquenz liegen höher als der
jeweilige kritische Tabellenwert. Demnach kann der Zusammenhang zwischen der
Delinquenz und den unabhängigen Variablen der Oppschen Theorie zu 95% als
echt/signifikant angesehen werden. Eine Absicherung des Ergebnisses ist sogar noch
auf dem α = 0,01% - Niveau möglich (entsprechender kritischer Wert für
unabhängige Variable: 118,6, für abhängige Variable: 143,3). Für die vorliegende
Untersuchung ist die Oppsche Hypothese somit bestätigt.
5.6.3.3. Die Hirschi Theorie der sozialen Bindung
Alle unabhängigen Variablen der Hirschi Theorie korrelieren positiv mit der
Delinquenz, so daß zwischen der gesellschaftlichen Einbindung und dem
delinquenten Verhalten eines Jugendlichen eine positive Beziehung besteht.
Überraschenderweise trägt nicht das Attachment am meisten zur Erklärung der
Delinquenz bei, sondern das Belief. So können 29,48% der Streuung der Delinquenz
durch das Belief, aber nur 10,18% der Variation der Delinquenz durch das
Attachment erklärt werden. Die Hypothese „Je weniger der Jugendliche die
gesellschaftlichen Werte verinnerlicht, desto eher wird er delinquent“ ist demzufolge
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
87
aussagekräftiger als die These „Je schwächer beim Jugendlichen die
Personenbindungen sind, desto er neigt er zum delinquenten Verhalten“.
Alle Fragen zum Belief weisen einen relativ hohen Korrelationskoeffizienten auf,
jedoch ist das beim Attachment nur für folgende Fragen der Fall:
1. Wissen Deine Eltern, wo Du Dich aufhältst, wenn Du außer Haus bist?
2. Wie häufig schwänzt Du den Schulunterricht?
3. Akzeptierst Du es, wenn Deine Eltern oder Freunde eine andere Meinung haben
als Du?
Die Indikatoren elterliche Kontrolle, Anbindung zur Schule und die
Personenmerkmale korrelieren am stärksten mit der Delinquenz, während die Fragen
zum elterlichen Verhältnis und zum Vertrauen der Bezugspersonen schwache
Zusammenhänge aufzeigen. Die zwei Fragen zur elterlichen Konflikthäufigkeit
stehen mit dem delinquenten Verhalten in gar keiner Beziehung, die Frage zur
elterlichen Mißbilligung läßt eine negative Korrelation erkennen.
Am besten geben die Personenmerkmale den Zusammenhang zwischen dem
delinquenten Verhalten und dem Attachment wieder. Es folgen die Anbindungen zu
den Eltern und schließlich die Anbindungen zu den Lehrern oder zum Chef.
Das Attachment übt noch einen geringeren Einfluß auf die Delinquenz aus als das
Commitment. So werden 13,03% der Variation der Delinquenz durch die Variable
Commitment erklärt.
Durch das Involvement können nur 6,25% der Variation der Delinquenz erklärt
werden, so daß die Hypothese „Je schwächer der Jugendliche in gesellschaftliche
Institutionen eingebunden ist, desto eher wird er delinquent“ in dieser Untersuchung
am wenigsten zur Erklärung des delinquenten Verhaltens beiträgt.
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
88
Grafik 7: Korrelationsmodell der Hirschi Theorie der sozialen Bindung
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26
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
89
Der Chi – Quadrat – Wert für die unabhängigen Variablen der Hirschi Theorie
beträgt Χ² = 5191, die Anzahl der Freiheitsgrade df = 156. Der kritische Wert liegt
bei einem α = 5% und einem df = 160 bei 221,0. Da mein errechneter Chi – Quadrat
– Wert deutlich über der Grenze liegt, kann die Hirschi Theorie auf dem 5% Niveau
angenommen werden. Auch ist eine Absicherung des Ergebnisses auf dem α = 0,1%
möglich. Somit ist die Hirschi – Hypothese bestätigt.
5.6.3.4. Vergleich der Theorien
Bei der Anomietheorie von Opp wurde ein Korrelationskoeffizient von r = 0,703, bei
der Hirschi Theorie der sozialen Bindung ein r = 0,513 ermittelt. Zieht man den
Maßkorrelationskoeffizienten zum Vergleich dieser beiden Theorien heran, so kann
der Oppsche Ansatz einen höheren Beitrag zur Erklärung des delinquenten
Verhaltens liefern. Dies soll noch einmal an zwei Diagrammen veranschaulicht
werden.
Grafik 8: Punktwolke für die Hirschi Grafik 9: Punktwolke für die Opp-
Theorie der sozialen Bindung sche Anomietheorie
Beide Grafiken zeigen jeweils die Lage der Werte in Form einer Punktwolke um eine
Regressionsgerade. Da die Geraden in beiden Diagrammen steigen (hohe x- Werte
hohen y- Werten entsprechen), liegen für beide Hypothesen positive Korrelationen
1,00
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Delinquenz
Opp
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
90
vor. Dabei gibt die Streuung der Werte die Stärke des Zusammenhangs an, d.h. je
geringer die durchschnittliche Distanz der Werte zur Regressionsgeraden, desto
enger ist der Zusammenhang. Ein vollständiger linearer Zusammenhang liegt vor,
wenn alle Punktwerte auf der Geraden liegen, was aber weder auf die Oppsche
Theorie noch auf den Ansatz von Hirschi zutrifft. Bei beiden Theorien streuen die
Werte, wobei die Punkte der Oppschen Anomietheorie näher an der Geraden liegen
als die der Hirschi Theorie. Insofern besteht zwischen der Delinquenz und den
unabhängigen Variablen der Oppschen Theorie ein stärkerer Zusammenhang als
zwischen der Delinquenz und der gesellschaftlichen Einbindung des Individuums.
Die Anomietheorie von Opp kann also das delinquente Verhalten besser erklären als
die soziale Bindungstheorie von Hirschi.
5.7. Abschlußbetrachtung
In der vorliegenden empirischen Untersuchung wurden zwei ausgewählte
Erklärungsansätze auf ihre Richtigkeit sowie auf ihre Leistungsfähigkeit überprüft.
Dabei zeigte sich, daß sowohl die Oppsche Anomietheorie als auch die soziale
Bindungstheorie von Hirschi zur Erklärung des delinquenten Verhaltens beitragen
können und die theoretischen Annahmen mit den empirischen Daten
übereinstimmen. Demzufolge haben sich beide Theorien in dieser Studie bestätigt.
Unter Betrachtung der Koeffizienten der erklärenden Variablen der beiden Theorien
kann die Anomietheorie von Opp die in dieser Untersuchung zugrunde gelegte
abhängige Variable besser erklären als die soziale Bindungstheorie von Hirschi. Die
Oppsche Anomietheorie geht demnach beim Vergleich in dieser Studie als bessere
Theorie zur Erklärung des delinquenten Verhaltens hervor als die soziale
Bindungstheorie von Hirschi.
Ein entscheidender Schwachpunkt der sozialen Bindungstheorie liegt darin, daß sie
die Devianz oder Normkonformität derjenigen Personen, zu denen Anbindung
besteht, nicht berücksichtigt (s. 4.3.1). Besitzt ein Jugendlicher eine starke Bindung
an seine delinquenten Freunden, dann müßte er sich laut Kontrolltheorie weniger
abweichend verhalten. Jedoch läuft solche Annahme der Intuition zuwider. Zudem
steht die These im Widerspruch zur Theorie der differentiellen Assoziation, wonach
eine Person delinquent wird, wenn sie Kontakte zu abweichenden Verhaltensmustern
besitzt. Eine Person wird also nach Sutherlands Ansatz delinquent, wenn sie einen
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
91
schlechten Umgang hat. Demzufolge gibt die Stärke der Beziehung nicht allein den
Ausschlag über das delinquente Verhalten einer Person.
Weiterhin wird die Erklärungskraft der sozialen Bindungstheorie dadurch minimiert,
daß sie die Bindungen an die Eltern überbewertet. Dies zeigte die vorliegende
Untersuchung, in der die Items zu diesem Konstrukt nur schwach mit der Delinquenz
eines Jugendlichen korrelierten. Schon in Hirschis Studie (1972) stellte man fest, daß
die Eltern nicht den Stellenwert einnahmen, der in der Theorie angenommen wurde
(vgl. Amelang 1986, S. 196). In früheren Phasen ist zwar die Bindung an die Eltern
für die Integration entscheidend, jedoch sinkt mit fortgeschrittenem Lebensalter die
Größe dieses direkten Effekts der Eltern- Kind- Beziehung, so daß für die Entstehung
der Delinquenz in späteren Entwicklungsabschnitten die Bedeutung familiärer
Sozialisationsbedingungen eher vermittelt ist, während die direkten Effekte der
Gleichaltrigengruppe bedeutsamer werden. Es wird demnach in der sozialen
Bindungstheorie nicht beachtet, daß sich Bindungen im Laufe des Lebens ändern
können.
Darüber hinaus ist an der Bindungstheorie zu kritisieren, daß die Elemente nicht
präzise definiert sind, was sich in der vorliegenden Untersuchung deutlich bemerkbar
gemacht hat. So besteht zum Beispiel zwischen mehreren Indikatoren und dem
delinquenten Verhalten kein Zusammenhang.
Die genannten Gründe reduzieren also erheblich das Erklärungspotential der sozialen
Bindungstheorie. Zu der Oppschen Anomietheorie gibt es hingegen kaum Kritik (s.
4.2.2), jedoch kann nach den vorliegenden Ergebnissen auch dieser Ansatz die
Entstehung des delinquenten Verhaltens nur teilweise erklären.
Wie schon die Vielzahl der Theorien belegt, ist keine Theorie imstande, die
jugendliche Delinquenz umfassend zu erklären. Demzufolge bietet es sich an,
konkurrierende Theorien zu integrieren, um bessere Erklärungsleistungen als die
Einzeltheorien zu erzielen. Bei der Integration werden meist nur solche Variablen
herangezogen, die am besten das Explanandum erklären können. In der vorliegenden
Untersuchung sind das der Grad der illegitimen Möglichkeiten, die Intensität der
illegitimen Normen, die Intensität legitimer Normen, das Belief sowie das
Commitment. Aus zeitlichen Gründen konnte allerdings eine Integration der
aufgeführten Variablen nicht durchgeführt werden, so daß die Frage, ob die
5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens
92
Theorienintegration tatsächlich ein besseres Resultat zur Erklärung der Delinquenz
erbracht hätte, offen bleiben muß.
Die vorliegende Untersuchung hat gezeigt, daß es Theorien gibt, die in der Lage
sind, die Entstehung des delinquenten Verhaltens besser zu erklären als andere
Ansätze. Insofern sind für die Beurteilung hinsichtlich der Erklärungskraft einer
Theorie empirische Theorienvergleiche unverzichtbar. Opp und Wippler drücken
dies so aus, „daß die wirksamste Kritik einer Theorie darin besteht, sie mit einer
alternativen Theorie zu konfrontieren“ (Opp et al. 1990, S. 10 in Lamnek 1999, S.
20).
Hinsichtlich der praktischen Verwertbarkeit leisten die allgemeinen Theorien im
Bereich des delinquenten Verhaltens weniger als spezielle Theorien (vgl. Lamnek
1999, S. 283). Letztere haben zwar einen geringeren Allgemeinheitsgrad, aber den
Vorteil, präziser und brauchbarer zu sein.
Zum Abschluß möchte ich noch betonen, daß die Ergebnisse der vorliegenden Studie
in ihrer Aussagekraft zu relativieren sind, da kein Pretest durchgeführt wurde. Der
dadurch entstandene Datenverlust hat sich vor allem in der Frage 47 bemerkbar
gemacht. Darüber hinaus werden die Resultate durch die methodischen Mängel der
Zuverlässigkeit und Genauigkeit eingeschränkt (s. dazu 2.2), jedoch ist zu beachten,
daß dieses Problem bei allen empirischen Untersuchungen zum abweichenden
Verhalten besteht. Mit der Kontrollfrage sollte in dieser Studie erfaßt werden,
wieviele der Jugendlichen der Annahme waren, daß der Erhebungsbogen
wahrheitsgemäß ausgefüllt wurde. Das Ergebnis zeigte (s. Tabelle 12 im Anhang),
daß 74% der Jugendlichen glaubten, daß die Befragten den Erhebungsbogen ehrlich
beantwortet hatten, während 26% die gegensätzliche Meinung vertraten.
6. Resümee
93
6. Resümee
Der Umfang der Jugenddelinquenz muß keineswegs als so bedrohlich und
erschreckend eingestuft werden, wie es oftmals der öffentlichen Meinung zu
entnehmen ist. Zwar zeigen die Daten in der PKS, daß die Jugendlichen gemessen an
ihrem Bevölkerungsanteil bei den Tatverdächtigen um ein Mehrfaches
überrepräsentiert sind, jedoch relativiert sich dieses Bild, wenn die Schwere der
registrierten Delikte berücksichtigt wird. Denn die Jugendlichen werden größtenteils
wegen leichten Delikten bei der Polizei auffällig. So werden über die Hälfte der
Jugendlichen wegen Diebstahls, Sachbeschädigung und Betrugs registriert, darunter
zu erheblichen Anteilen wegen Ladendiebstahls und Leistungserschleichung.
Gegenüber den Eigentums- und Vermögensdelikten nehmen die personalen
Gewaltdelikte in der Altersgruppe der 14 -20jährigen nur eine untergeordnete Rolle
ein. Das am häufigsten vorkommende Gewaltdelikt gegen die Person, mit 10%, stellt
bei den jugendlichen Tatverdächtigen die leichte Körperverletzung dar, wobei man
hier nicht vergessen darf, daß sich dieses Delikt – ebenso wie die anderen
Gewalttaten - weitgehend auf Auseinandersetzungen unter etwa Gleichaltrigen
beschränkt. Tötungsdelikte, Korruption, Wirtschafts- und Umweltdelikte, Waffen-
und Menschenhandel sind hingegen Erscheinungsformen der Erwachsenen (s.
Tabelle 2). Da die Jugendlichen eher sichtbare und nachweisbare Delikte in einer
wenig rationalen Art und Weise verüben, werden sie auch häufiger als
Tatverdächtige registriert als die Erwachsenen.
Ferner ist zu beachteten, das die meisten jugendlichen Tatverdächtigen nur einmal
oder zweimal bei der Polizei in Erscheinung treten. Dies gilt auch für Jugendliche,
die wegen einer leichten oder einer schweren Körperverletzung auffällig werden.
Die empirischen Befunde belegen ebenfalls, daß die Mehrheit der jugendlichen
Rechtsbrecher Delikte im Bagatellbereich begeht und nur eine sehr kleine Gruppe
Jugendlicher gravierendere Straftaten verübt. So wurde für die vorliegende
Untersuchung festgestellt, daß Verstöße im unteren Strafwürdigkeitsbereich wie z.B.
der Vandalismus, der leichte Diebstahl, das „Schwarzfahren“ in der Altersgruppe der
14 – 20jährigen weit verbreit sind, wohingegen personale Gewaltdelikte wie der
Raub, die schwere Körperverletzung, die Bedrohung mit Waffen und
schwerwiegendere Diebstähle nur selten auftreten.
6. Resümee
94
Darüber hinaus darf nicht übersehen werden, daß die Delinquenz für die meisten
Jugendlichen ein normales Entwicklungsphänomen ist, ein Verhalten, mit dem sie
beispielsweise die Grenzen ihrer Handlungsspielräume offensiv ausloten. Die
vorliegende Untersuchung bestätigt die Normalität und Ubiquität der
Jugenddelinquenz: Fast alle Jugendlichen berichten, zumindest einmal gegen
strafrechtliche Vorschriften verstoßen zu haben. Dieser Befund deutet also darauf
hin, daß jugendliche Delinquenz nicht als Indikator eines Erziehungsdefizits dient.
Folglich brauchen die Jugendlichen, die wegen Bagatelldelikten auffallen, weder
Strafverschärfungen noch Präventionsmaßnahmen. Ebenso lehne ich es ab, die
Mehrfach- und Intensivtäter härter zu bestrafen, da dies, angesichts der hohen
Rückfallquoten nach einer Haft, eher das Problem verschärft als löst. Demzufolge
reichen die bestehenden Gesetze bei einer den jeweiligen Straftaten angemessenen
Handhabung aus. Allerdings sollten häufiger Maßnahmen angewandt werden, die die
sofortige Wiedergutmachungspflicht im Sinne einer erzieherischen Wirkung und
eines Täter – Opfer – Ausgleichs vorsehen.
Um die Mehrfach- und Intensivtäter von weiteren Straftaten abzuhalten sowie die
Entwicklung von „kriminellen Karrieren“ erst gar nicht aufkommen zu lassen, muß
Präventionsarbeit geleistet werden. Wichtig ist vor allem die Integration, was sich
aus den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung (s. Hirschi Hypothese) ableiten
läßt. Hierzu müssen erstens Ausbildungs- und Arbeitsplätze geschaffen werden, um
die Jugendlichen eine bessere Zukunftsperspektive bieten zu können. Des Weiteren
müssen mehr Angebote für die Freizeitgestaltung der Jugendlichen erfolgen, denn
die Jugendlichen werden eher von Straftaten abgehalten, wenn sie einer sinnvollen
Freizeitbeschäftigung nachgehen (s. Korrelationskoeffizient des Involvements).
Hierzu können auch Prominente beitragen, indem sie durch ihre Präsenz z.B. bei
Musikprojekten von Jugendlichen mit ihrer Vorbildfunktion tätig werden. Darüber
hinaus sollten die Jugendlichen eine bessere Aufklärung über Gewalt und Drogen
erhalten. Diese Aufgabe sollten zum einen die Schulen wahrnehmen, indem z.B. im
Fach Gemeinschaftskunde über das Thema Jugend und Gewalt diskutiert wird. Den
Schülern sollte dabei vermittelt werden, welche physischen und psychischen
Schäden sie bei einem Opfer hervorrufen können. Ebenso sollte der Lehrer sie
darüber informieren, welche Konsequenzen sich bei einer Gewalttat für den Täter
ergeben, um die Jugendlichen vor dieser Deliktsbegehung abzuschrecken. Zum
6. Resümee
95
anderen sind die Eltern dazu aufgefordert ihre Erziehungsaufgaben stärker
wahrzunehmen. Die Überprüfung der Hirschi Hypothese belegt nämlich eindeutig,
daß Jugendliche, die eine schwache Bindung zu den Eltern besitzen und die Werte
und Normen weniger stark verinnerlicht haben, zu Straftaten neigen.
Abschließend ist jedoch zu sagen, daß alle Bemühungen um Präventionsstrategien
nicht gelingen, wenn die Medien die Jugendlichen als „Brutalo – Teenis“, „Monster“
und/oder „Rambo“ beschreiben und titulieren. Denn angesichts solcher Meldungen
entsteht in der Öffentlichkeit der Eindruck, daß die Gesellschaft durch eine
kriminelle Jugend bedroht ist. Folglich wachsen die Forderungen nach einer
geschlossenen Heimunterbringung und nach einer Verschärfung des Strafrechts. Statt
die Jugendlichen in die Gesellschaft zu integrieren, werden sie durch
Stigmatisierungen ausgegrenzt, was die Gefahr, erneut straffällig zu werden, erhöht
(s. labeling approach). Um Jugenddelinquenz vorzubeugen, muß also erst ein anderes
Bild über die Jugend entstehen, was wiederum dadurch erreicht wird, daß man sich
mit dem Phänomen Jugenddelinquenz kritisch auseinandersetzt. Demzufolge soll die
vorliegende Arbeit dazu beitragen, den Leser für das Thema der Jugenddelinquenz,
ich schreibe hier bewußt Jugenddelinquenz und nicht Jugendkriminalität, zu
sensibilisieren.
Literaturverzeichnis
96
Literaturverzeichnis
♦ Albrecht, Peter – Alexis: Jugendstrafrecht; 3. Auflage; München 2000
♦ Amelang, Manfred: Sozial abweichendes Verhalten – Entstehung, Verbreitung,
Verhinderung; Berlin 1986
♦ Atteslander, Peter: Methoden der empirischen Sozialforschung; 8. Auflage;
Berlin 1995
♦ Bauer, Günther: Kriminalistik in: Sievers, Rudolf; Schneider, Hans – Joachim
(Hrsg.): Handwörterbuch der Kriminologie; 2. Auflage; Berlin 1998; Bd. 5
♦ Bortz, Jürgen; Döring, Nicola: Forschungsmethoden und Evaluation; 2. Auflage;
Berlin 1995
♦ Brückner, Günther; Die Jugendkriminalität – Erscheinungsformen, Ursachen,
Behandlung; 2. Auflage; Hamburg 1961
♦ Bundeskriminalamt (Hrsg.): Polizeiliche Kriminalstatistik Bundesrepublik
Deutschland – Berichtsjahr 1999; Wiesbaden 2000
♦ Diekmann, Andreas: Empirische Sozialforschung – Grundlagen, Methoden,
Anwendungen; Reinbek b. Hmb. 1995
♦ Eisenberg, Ulrich: Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug – Fälle und
Lösungen zu Grundproblemen; 6. Auflage; München 2000
♦ Engel, Uwe; Hurrelmann, Klaus: Was Jugendliche wagen – Eine
Längsschnittstudie über Drogenkonsum, Streßreaktion und Delinquenz im
Jugendalter; München 1993
Literaturverzeichnis
97
♦ Geerds, Friedrich: Sachbeschädigung in: Sievers, Rudolf; Schneider, Hans –
Joachim (Hrsg.): Handwörterbuch der Kriminologie; 2. Auflage; Berlin 1998;
Bd. 5
♦ Geerds, Friedrich: Ladendiebstahl in: Sievers, Rudolf; Schneider, Hans –
Joachim (Hrsg.): Handwörterbuch der Kriminologie; 2. Auflage; Berlin 1998;
Bd. 5
♦ Göppinger, Hans: Kriminologie; 5. Auflage; München 1997
♦ Hafermalz, Otto: Schriftliche Befragung – Möglichkeiten und Grenzen;
Wiesbaden 1976
♦ Heinz, Wolfgang: Schülerkriminalität – Jugendhilfe: Rechtliche und
jugendstrafrechtliche Reaktionsmöglichkeiten auf Straftaten (nicht nur) von
Schülern in: Bäuerle, Siegfried (Hrsg.): Kriminalität bei Schülern – Der Umgang
mit Schülerkriminalität in der Praxis; Stuttgart 1989; Bd. 2
♦ Heinz: Anzeigeverhalten in: Kaiser, Günther; Kerner, Hans – Jürgen; Sack, Fritz;
Schellhoss, Hartmut (Hrsg.): Kleines kriminologisches Wörterbuch; 3. Auflage;
Heidelberg 1993
♦ Janssen, Helmut: Kriminalitätstheorien und ihre jeweiligen impliziten
Handlungsempfehlungen in: Janssen, Helmut; Peters, Friedhelm (Hrsg.):
Kriminologie für soziale Arbeit; Münster 1997
♦ Jugendrecht; 20. Auflage; München 1994
♦ Kaiser, Günther: Jugendkriminalität in: Markefka, Manfred; Nave – Herz,
Rosemarie (Hrsg.): Handbuch der Familien- und Sozialforschung; Neuwied 1989
♦ Kaiser, Günther: Kriminologie; 2. Auflage; Heidelberg 1988
Literaturverzeichnis
98
♦ Kaiser: Intensivtäter in: Kaiser, Günther; Kerner, Hans – Jürgen; Sack, Fritz;
Schellhoss, Hartmut (Hrsg.): Kleines kriminologisches Wörterbuch; 3. Auflage;
Heidelberg 1993
♦ Kerner, Hans – Jürgen: Informationen zum Problem der Jugendkriminalität in:
Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein –
Westfalen (Hrsg.): Jugendkriminalität – Wir diskutieren; 7. Auflage; Köln 1997
♦ Kerner, Steffan: Lehr- und Studienbriefe für Kriminologie; Hilden 1996
♦ Krupp, Mario; Brinke, Hans: Abenteuer Kaufhaus – Ladendiebstahl durch Kinder
und Jugendliche aus detektivischer Sicht in: Müller, Siegfried; Peter, Hilmar
(Hrsg.): Kinderkriminalität – Empirische Befunde, öffentliche Wahrnehmung,
Lösungsvorschläge; Opladen 1998
♦ Kühne, Adelheid: Kind und Jugendlicher aus kriminalpsychologischer Sicht in:
Bäuerle, Siegfried (Hrsg.): Kriminalität bei Schülern – Ursachen und Umfeld von
Schülerkriminalität; Stuttgart 1989; Bd. 1
♦ Kühnel, Wolfgang; Matuschek, Ingo: Gruppenprozesse und Devianz – Risiken
jugendlicher Lebensbewältigung in großstädtischen Monostrukturen; Weinheim
1995
♦ Kunz, Karl – Ludwig: Kriminologie – Eine Grundlegung; 2. Auflage; Bern 1998
♦ Kürzinger, Josef: Kriminologie – Eine Einführung in die Lehre vom Verbrechen;
2. Auflage; Stuttgart 1996
♦ Laatz, Wilfried: Empirische Methoden – Ein Lehrbuch für Sozialwissenschaftler;
Frankfurt am Main 1993
♦ Lamnek, Siegfried: Neue Theorien abweichenden Verhaltens; München 1994
Literaturverzeichnis
99
♦ Lamnek, Siegfried: Theorien abweichenden Verhaltens; 7. Auflage; München
1999
♦ Landscheidt, Karl: Strafbare Handlungen von Jugendlichen – Ein Vergleich der
Motivation von Tätern mit geringer und hoher Kriminalitätsbelastung;
Regensburg 1995
♦ Lösel, Friedrich (Hrsg.): Kriminalpsychologie – Grundlagen und
Anwendungsbereiche; Weinheim 1983
♦ Lösel, Friedrich: Kriminalitätstheorien, psychologische in: Kaiser, Günther;
Kerner, Hans – Jürgen; Sack, Fritz; Schellhoss, Hartmut (Hrsg.): Kleines
kriminologisches Wörterbuch; 3. Auflage; Heidelberg 1993
♦ Opp, Karl – Dieter: Abweichendes Verhalten und Gesellschaftsstruktur;
Darmstadt 1974
♦ Ortmann, Rüdiger: Abweichendes Verhalten und Anomie – Entwicklung und
Veränderung abweichenden Verhaltens im Kontext der Anomietheorien von
Durkheim und Merton; Freiburg 2000
♦ Pfeiffer, Christian: Anstieg der Jugendkriminalität in: Schmidt – Gödelitz, Axel;
Pfeiffer, Christian; Ziegenspeck, Jörg (Hrsg.): Kinder- und Jugendkriminalität in
Deutschland – Ursachen, Erscheinungsformen, Gegensteuerung; Lüneburg 1997
♦ Richter, Ingo; Duyvendak, Jan Willem: Vorwort in: Bendit, René; Erler,
Wolfgang; Nieborg, Sima; Schäfer, Heiner (Hrsg.): Kinder- und
Jugendkriminalität – Strategien der Prävention und Intervention in Deutschland
und den Niederlanden; Opladen 2000
♦ Scheffel, Renate: Kriminologie, Delinquenz und Moral; Berlin 1987
Literaturverzeichnis
100
♦ Schmitt, Bertram: Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug; 2. Auflage;
Münster 1998
♦ Schneider, Hans – Joachim: Kinder- und Jugenddelinquenz in: Sievers, Rudolf;
Schneider, Hans – Joachim (Hrsg.): Handwörterbuch der Kriminologie; 2.
Auflage; Berlin 1998; Bd. 5
♦ Schwind, Hans – Dieter: Dunkelfeldforschung in: Sievers, Rudolf; Schneider,
Hans - Joachim (Hrsg.): Handwörterbuch der Kriminologie; Berlin 1998; Bd. 5
♦ Schwind, Hans – Dieter: Kriminologie – Eine praxisorientierte Einführung mit
Beispielen; 10. Auflage; Heidelberg 2000
♦ Seipel, Christian: Strategien und Probleme des empirischen Theorienvergleichs
in den Sozialwissenschaften – Rational Choice Theorie oder
Persönlichkeitstheorie; Opladen 1999
♦ Seitz, Willi: Jugendkriminalität in: Bienemann, Georg; Hasebrink, Marianne;
Nikles, Bruno W. (Hrsg.): Handbuch des Kinder- und Jugendschutzes –
Grundlagen, Kontexte und Arbeitsfelder; Münster 1995
♦ Seitz, Willi; Götz, Winfried: Familiäre Erziehung und jugendliche Delinquenz;
Stuttgart 1979
♦ Sonnen, Bernd – Rüdiger: Entwicklungen in der Kinder- und Jugendkriminalität
– Anforderungen an die Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Justiz in: Verein
für Kommunalwissenschaften e.V. (Hrsg.): Netzwerk Kriminalprävention – Was
kann Jugendhilfe leisten; Berlin 1997
♦ Steuber, Hartmut: Jugendverwahrlosung und Jugendkriminalität; Stuttgart 1988
♦ Stimmer, Franz (Hrsg.): Lexikon der Sozialpädagogik und der Sozialarbeit;
München 1996
Literaturverzeichnis
101
♦ Walter, Michael: Jugendkriminalität – Eine systematische Darstellung; Köln
1995
♦ Ziehlke, Brigitte: Deviante Jugendliche – Individualisierung, Geschlecht und
soziale Kontrolle; Opladen 1993
Anhang
102
Anhang
Tabelle 8: Entwicklung der Aufklärungsquoten einzelner Straftaten
Quelle: Bundeskriminalamt 2000, S. 65
Tabelle 9: Tatverdächtige beim Diebstahl unter erschwerenden Umständen
Quelle: Bundeskriminalamt 2000, S. 165
Anhang
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Anhang
106
Befragung Liebe Jugendliche! Im Rahmen meiner Diplomarbeit bezüglich des Studienganges Sozialpädagogik habe ich diesen Fragebogen entwickelt. Diese Befragung soll den Theorieteil meiner Diplomarbeit unterstützen und ergänzen. Ich bitte Euch daher herzlichst um Eure Mitarbeit. Mit Eurer Teilnahme helft Ihr mir, eine eigene Studie zu meiner Diplomarbeit durchzuführen. Damit aussagekräftige Ergebnisse entstehen, ist die Teilnahme eines jeden Einzelnen wichtig. Eure Angaben sind freiwillig und absolut anonym. Sie werden streng vertraulich behandelt und keinen öffentlichen Institutionen zugänglich gemacht. Aus der Beantwortung dieses Fragebogens entstehen Euch keine Nachteile. Nach Beendung der Auswertung werden alle Fragebögen sofort vernichtet. Den Anforderungen des Datenschutzes wird also in vollem Umfang entsprochen. Wer sich für die Ergebnisse dieser Befragung interessiert, kann auf Anfrage einen Blick in meine im Dezember fertiggestellte Diplomarbeit werfen. Ich bedanke mich bei jedem Einzelnen für seine Teilnahme an dieser Befragung. Wichtig: Fragebogen bitte vollständig ausfüllen!!! Zutreffendes bitte ankreuzen! (Bei einer punktierten Linie mußt Du selber die Antwort schreiben) Zuerst einige Angaben zu Deiner Person, um den Fragebogen auch auswerten zu können. 1. Ich bin
männlich weiblich
2. Wie alt bist Du? Ich bin ...... Jahre alt 3. Hast Du die deutsche Staatsangehörigkeit?
ja nein
4. Welche Tätigkeit übst Du zur Zeit aus?
Ich gehe zur Schule Ich mache eine Ausbildung Ich gehe zum Wehr- oder Zivildienst Ich arbeite in meinem Beruf Ich arbeite nicht in meinem Beruf gar nichts von allem
5. Welche Schulform besuchst Du oder hast Du besucht?
Sonderschule Hauptschule Realschule Gymnasium Gesamtschule Berufsschule Oskar Kämmerschule sonstige, bitte benennen....................... keine
Anhang
107
6. Welchen Schulabschluß besitzt Du oder strebst Du an? Sonderschulabschluß Hauptschulabschluß Realschulabschluß Fachabitur Allgemeine Hochschulreife keinen
7. Wie gut versteht Du Dich mit Deinen Lehrern oder mit Deinem Chef auf Arbeit?
sehr gut gut teils/teils weniger gut schlecht
8. Bist Du mit Deinen erbrachten schulischen oder beruflichen Leistungen zufrieden?
sehr zufrieden zufrieden teils/teils weniger zufrieden gar nicht zufrieden
9. Wieviel Zeit investierst Du wöchentlich für die Schule (z.B. für Hausaufgaben, für
Klausuren lernen)? (Diese Frage bitte nur beantworten, wenn Du zur Schule gehst o. eine Ausbildung
machst.) gar keine 1 bis 2 Stunden 2 bis 5 Stunden 5 bis 10 Stunden mehr als 10 Stunden
10. Wie wichtig sind Dir Deine schulischen oder beruflichen Leistungen?
sehr wichtig wichtig teils/teils weniger wichtig gar nicht wichtig
11. Wenn Du in irgendeinem Schulfach Schwierigkeiten hast oder früher hattest,
üben/übten dann Deine Eltern mit Dir oder besorgten Dir eine Nachhilfe? immer oft manchmal selten nie
12. Engagierst Du Dich in bestimmten Bereichen (z.B. in der Schule, indem Du aktiv
am Unterricht teilnimmst; als Klassensprecher, Jahrgangssprecher, Vereinsvorstand oder Trainer)?
ja nein
Anhang
108
13. Wie häufig schwänzt Du den Schulunterricht oder die Arbeit? sehr oft oft manchmal selten nie
14. Hast Du neben der Schule/Ausbildung einen Job?
ja nein
15. Wie oft hast Du schon intensiv nach einem (Neben-)Job/Ausbildung gesucht, hast
aber keinen/keine gefunden? oft ab und zu nie
16. Respektierst Du die Meinungen oder Einstellungen fremder Personen?
immer oft manchmal selten nie
17. Wie gut verstehst Du Dich mit Deiner Mutter?
sehr gut gut teils/teils weniger gut überhaupt nicht habe keine Mutter
18. Wie gut verstehst Du Dich mit Deinem Vater?
sehr gut gut teils/ teils weniger gut überhaupt nicht habe keinen Vater
19. Gibt es etwas, was Dich an Deinen Eltern besonders stört?
Ja, daß sie nie oder nur selten für mich da sind, wenn ich sie brauche Ja, daß sie immer oder oft mit mir rummeckern Ja, daß sie mich nicht respektieren, so wie ich bin Nein, mich stört an meinen Eltern nichts besonders
20. Weisen oder hatten Dich früher Deine Eltern zurechtgewiesen, wenn Du die
Vorschriften Deiner Eltern oder anderer Personen nicht eingehalten hast/ eingehalten hattest?
immer oft manchmal selten nie
Anhang
109
21. Bestrafen/bestraften Dich Deine Eltern, wenn Du gegen eine oder mehreren Regeln verstoßen hast oder verstoßen hattest (mit Hausarrest, Wiedergutmachungen usw.)?
immer oft manchmal selten nie
22. Wie oft wünscht Du Dir, Du hättest andere Eltern bzw. Elternteile?
sehr oft oft manchmal selten nie
23. Hast Du viele Verpflichtungen gegenüber Deinen Eltern (z.B. einkaufen gehen, im
Haushalt oder im Garten helfen)? sehr viele viele teils/teils weniger gar keine
24. Akzeptierst Du es, wenn Deine Eltern oder Freunde eine andere Meinung haben als
Du? immer oft manchmal selten nie
25. Was machst Du überwiegend in Deiner Freizeit? (Nur ein Kreuz ist erlaubt!)
Sport Musik zur Feuerwehr gehen oder einer anderen Gruppe, Verein angehören
(z.B. Schützenverein, Skatclub, Kirchenkreis) Freunde treffen Computer spielen, fernsehen, Musik hören, lesen sonstiges
26. Hast Du ein Hobby, für das Du viel Zeit investiert und worauf Du stolz bist?
ja nein
27. Unternimmst Du viel mit Deinen Eltern?
sehr viel viel teils/teils weniger gar nichts
28. Findest Du es aufregend, Sachen zu machen, die verboten sind?
ja nein
Anhang
110
29. Wissen Deine Eltern, wo Du Dich aufhältst, wenn Du außer Haus bist? immer oft manchmal selten nie
30. In welchem der folgenden Bereiche kontrollieren oder kontrollierten Dich früher
Deine Eltern besonders stark? (Mehrere Kreuze sind zulässig!) Sie kontrollieren/kontrollierten,
wann ich abends nach Hause komme/kam mit wem ich mich treffe/traf welche Schulnoten ich bekomme/bekam; ob ich meine Hausaufgaben mache/gemacht habe; ob
ich regelmäßig in die Schule gehe/ging für was ich mein Geld ausgebe/ausgab was ich in meiner Freizeit mache/gemacht habe Meine Eltern kontrollieren/kontrollierten mich nicht besonders stark
31. Welche Aussagen kennst Du von Deinen Eltern? (Mehrere Kreuze sind zulässig!)
Zieh Dich warm an, draußen ist es kalt, oder zieh Dich warm an, sonst erkältest Du Dich! Geh nicht im Dunkeln nach Haus oder geh nicht im Dunkeln allein nach Haus! Steig nicht bei einem Fremden ins Auto! Fahre nicht mit einer Person (Freund, Bekannter usw.) nach Haus, die Alkohol getrunken hat! Iß anständig! Benimm Dich! Trink keinen Alkohol! Keine dieser Aussagen
32. Legen Deine Eltern Wert darauf, daß Du die allgemeinen Vorschriften einhältst?
immer oft manchmal selten nie
33. Setzt Du Dich für soziale Belange ein?
ja nein
34. Achtest Du die Polizei?
immer oft manchmal selten nie
35. Versuchst Du, auf die Wünsche und Erwartungen anderer einzugehen?
immer oft manchmal selten nie
36. Redest Du Dir oft ein, Du bist an allem Schuld?
immer oft manchmal selten nie
Anhang
111
37. Wie stark sind im allgemeinen Deine Schuldgefühle?
sehr stark stark weniger stark schwach gar nicht vorhanden
38. Versuchst Du, bei Erwachsenen einen guten Eindruck zu hinterlassen?
immer oft manchmal selten nie
39. Versuchst Du, es jedem recht zu machen?
immer oft manchmal selten nie
40. Gibt es Personen, denen Du alles anvertrauen kannst?
0 Person 1 Person 2 Personen 3 Personen mehr als 3 Personen
41. Besprichst Du Deine Probleme mit Deinen Freunden oder Eltern?
immer oft manchmal selten nie
42. Welche der folgenden Gegenstände besitzt Du oder kannst Du von Deinen
Freunden, Bekannten bekommen? (Mehrere Kreuze sind zulässig!) aufklappbares Messer mit feststehender Klinge Dietrich Brechstange Schußwaffe Schlagring Totschläger nichts von alledem
43. Findest Du es spannend, etwas mitgehen zu lassen?
immer oft manchmal selten nie
Anhang
112
44. Wenn Du dringend Geld brauchst, welche der folgenden Dinge würdest Du dann tun? (Nur ein Kreuz ist zulässig!)
jemanden erpressen jemandem Gegenstände, die Geld enthalten, entreißen (z.B. Handtasche, Portemonnaie, EC -
Karte) Geld aus dem Portemonnaie der Eltern entnehmen kleinere Geldbeträge außerhalb des Hauses entwenden gar nichts von allem
45. Wie findest Du Peters Verhalten?
Peter ist pleite, weil er den Rest seines Taschengeldes seinem Kumpel geopfert hat. Seit längerem wünscht er sich ein best. Maxi CD. Diese kann er sich jedoch in den nächsten drei Monaten nicht leisten, da er für sein Taschengeld Geburtstagsgeschenke kaufen muß. Er verwirklicht seinen Wunsch, indem er sich die Maxi CD im Laden ohne Bezahlung einsteckt.
es ist o.k. es ist nicht o.k. keine Angaben
46. Du hast Dich mit Deinem Freund/Freundin gestritten. Deinem Freund/Freundin tut
es leid und will sich mit Dir versöhnen. Dafür steckt er sich eine CD im Laden ohne Bezahlung ein und schenkt Sie Dir anschließend.
Ich finde es prima Es ist in Ordnung Ich finde es nicht gut, behalte Sie aber Ich gebe die CD meinem Freund/Freundin zurück, da er sie nicht von seinem eigenen Geld
gekauft hat 47. Würdest Du Dir Gegenstände (Fernseher, Computer, Handy, usw.) zum vollen
Preis kaufen, wenn Du die Möglichkeit hättest, entwendete Gegenstände viel günstiger zu erstehen?
immer oft manchmal selten nie
48. Wie hoch ist Dein monatliches Einkommen (z.B. Taschengeld, Arbeitslohn)?
unter 20 DM 20 bis 50 DM 50 bis 100 DM 100 bis 200 DM 200 bis 400 DM über 400 DM
49. Reicht Dein monatliches Einkommen für Deinen Konsumbedarf aus? (z.B. für den
Kauf von Klamotten, Süßigkeiten, CDs, Zigaretten) immer oft manchmal selten nie
Anhang
113
50. Versuchst Du, mit den Konsumbedürfnissen Deiner Freunde mitzuhalten? immer oft manchmal selten nie
51. Wieviel gibst Du im Monat durchschnittlich für Deine Warenbedürfnisse (z.B. für
den Kauf von Zigaretten, Klamotten, CDs, Süßigkeiten) aus? ca. ein Viertel meines Einkommens ca. die Hälfte meines Einkommens ca. drei Viertel meines Einkommens mein gesamtes Einkommen
52. Du willst Dir ein bestimmtes Handy kaufen, hast jedoch Gelegenheit, dieses Handy
unbeobachtet aus einer Handtasche zu nehmen. Was machst Du? Ich nehme das Handy aus der Handtasche Ich kaufe mir das Handy weiß nicht
53. Du möchtest Dir einen neuen PC kaufen. Mit welcher der nachfolgenden
Möglichkeiten würdest Du das bewerkstelligen? (Nur ein ist Kreuz zulässig!) Sparbuch plündern arbeiten gehen/Mehrarbeit leisten Eltern nach Geld fragen Taschengeld sparen mich im Glücksspiel versuchen einen entwendeten PC zur Hälfte des Neupreises kaufen
54. Wie oft hast Du das Bedürfnis, Dir etwas Neues leisten zu wollen? (z.B. Kauf eines
Handys) immer oft manchmal selten nie
55. Bevorzugst Du Markensachen?
immer oft manchmal selten nie
56. Wie sparsam bist Du generell?
sehr sparsam teils/ teils weniger sparsam Ich gebe mein Geld immer aus
Untersuchungen haben ergeben, daß jeder Jugendliche schon mal Gesetze und Verbote übertreten hat. Das will ich anhand der folgenden Fragen überprüfen. Auch wenn die Fragen etwas unangenehm für Dich sind, versichere ich nochmals, daß sie keinerlei Konsequenzen für Dich oder Deine Freunde haben werden. Bitte beantworte sie daher wahrheitsgemäß.
Anhang
114
57. Wieviele Personen gibt es in Deinem Freundes- oder Bekanntenkreis, die schon mal Geld oder andere Dinge entwendet haben?
gar keiner ca. ein Viertel ca. die Hälfte ca. drei Viertel alle
58. Wie gut kennst Du diese Personen?
(Wenn die vorherige Frage mit "gar nicht " beantwortet wurde, muß diese Frage nicht beantwortet werden!)
sehr gut gut teils/teils
59. Gibt es in Deinem Freundes- oder Bekanntenkreis Personen, die vorbestraft sind?
ja nein
60. Welche der hier aufgeführten Dinge hast Du schon mal getan? einmal 2 - 5
mal mehr als 5 mal
kein-mal
a. Fremde Gegenstände bemalt, beklebt, geritzt oder besprüht (z.B. Toilettenwände und Schultische bekritzelt, Hauswände mit Graffiti besprüht)
b. Ein öffentliches Verkehrsmittel ohne Fahrkarte benutzt (z.B. Bus, Bahn)
c. Urkunden, Unterschriften oder ähnliches nachgemacht (z.B. die Unterschrift der Eltern für die Schule)
d. Ein Kraftfahrzeug ohne den entsprechenden Führerschein gefahren (z.B. Trecker, Mofa, Motorroller, Auto)
e. Kraftfahrzeug ohne Erlaubnis des Halters gefahren
f. Geld aus dem Portemonnaie der Eltern ohne deren Absprache entnommen
g. Kleinere Geldbeträge (unter 5 DM) aus dem nicht häuslichen Bereich entwendet
h. Geldbeträge im Wert von über 5 DM aus dem nicht häuslichen Bereich entwendet
i. Im Laden kleinere Gegenstände unter 50 DM mitgehen lassen (z.B. Kosmetika, CDs, Zeitschriften)
j. Im Laden größere Gegenstände von über 50 DM mitgehen lassen
k. Bei einer Schlägerei mitgemacht oder sonst irgendeine Person verprügelt
l. Jemanden zusammengeschlagen, daß er ins Krankenhaus mußte
m. Einer fremden Person Gegenstände entrissen (z.B. Portemonnaie, Handtasche, Handy, EC – Karte)
n. Fremde Gegenstände eingesteckt (z.B. Aschenbecher, Biergläser, Besteck, Souvenirs)
Anhang
115
einmal 2 - 5 mal
mehr als 5 mal
kein-mal
o. Fremdes Eigentum mit Absicht zerstört o. beschädigt (Kraftfahrzeuge zerkratzt, Straßenlaternen kaputt geschossen, Parkbänke umgeworfen usw.)
p. Haschisch oder andere Rauschmittel (außer Alkohol und Medikamente) genommen oder verkauft
q. Aus einem Automaten Ware oder Geld entwendet
r. Gegenstände entwendet und sie verkauft (z.B. Autoradios, Handys)
s. Einem Polizisten Widerstand geleistet
t. Zum Stehlen irgendwo eingebrochen (z.B. in ein Auto, in eine Wohnung, Baubude, Hütte, Keller o.ä.)
u. Jemanden mit einer Waffe (z.B. Messer, Pistole) bedroht v. Preisschilder im Laden umgeklebt w. Ausländerfeindliche Parolen gerufen x. Entwendete Gegenstände gekauft
61. Wurdest Du schon mal wegen einem oder mehrerer dieser Dinge bei der Polizei angezeigt?
ja, einmal ja, mehrmals nein
62. Bist Du der Meinung, daß Du ohne Gesetze in Deutschland viel besser leben
könntest? ja nein weiß nicht
63. Wieviele Gesetze würdest Du gerne abschaffen wollen?
alle viele einige wenige gar keine
64. Glaubst Du, daß die Personen, die diesen Fragebogen ausgefüllt haben, ehrlich
geantwortet haben? ja nein
Hast Du Frage 64 mit "nein" beantwortet, beantworte bitte noch die letzte Frage (65): 65. Wie häufig haben sie Deiner Meinung nach die Unwahrheit gesagt?
100% 99%-50% 50%-10% unter10%
Nochmals Vielen Dank für Deine Mitarbeit! Wenn Du möchtest, kannst Du Dich zu diesem Fragebogen auf der Rückseite äußern.
Anhang
116
Delinquenzbelastung Skalenwerte
a. Fremde Gegenstände bemalt, beklebt, geritzt oder besprühteinmal 2,32-5 mal 3,7mehr als 5 mal 5keinmal 1
b. Ein öffentliches Verkehrsmittel ohne Fahrkarte benutzteinmal 2,32-5 mal 3,7mehr als 5 mal 5keinmal 1
c. Urkunden, Unterschriften oder ähnliches nachgemachteinmal 32-5 mal 4mehr als 5 mal 5keinmal 1
d. Ein Kraftfahrzeug ohne den entsprechenden Führerschein gefahreneinmal 2,32-5 mal 3,7mehr als 5 mal 5keinmal 1
e. Kraftfahrzeug ohne Erlaubnis des Halters gefahren
einmal 2,32-5 mal 3,7mehr als 5 mal 5keinmal 1
f. Geld aus dem Portemonnaie der Eltern ohne deren Absprache entnommeneinmal 32-5 mal 4mehr als 5 mal 5keinmal 1
g. Kleinere Geldbeträge (unter 5 DM) aus dem nicht häuslichen Bereich entwendeteinmal 32-5 mal 4mehr als 5 mal 5keinmal 1
Anhang
117
h. Geldbeträge im Wert von über 5 DM aus dem nicht häuslichen Bereich entwendeteinmal 32-5 mal 4mehr als 5 mal 5keinmal 1
i. Im Laden kleinere Gegenstände unter 50 DM mitgehen lassen einmal 32-5 mal 4mehr als 5 mal 5keinmal 1
j. Im Laden größere Gegenstände von über 50 DM mitgehen lasseneinmal 42-5 mal 5mehr als 5 mal 5keinmal 1
k. Bei einer Schlägerei mitgemacht oder sonst irgendeine Person verprügelteinmal 32-5 mal 4mehr als 5 mal 5keinmal 1
l. Jemanden zusammengeschlagen, daß er ins Krankenhaus mußteeinmal 52-5 mal 5mehr als 5 mal 5keinmal 1
m. Einer fremden Person Gegenstände entrissen
einmal 52-5 mal 5mehr als 5 mal 5keinmal 1
n. Fremde Gegenstände eingesteckt
einmal 2,32-5 mal 3,7mehr als 5 mal 5keinmal 1
Anhang
118
o. Fremdes Eigentum mit Absicht zerstört o. beschädigt
einmal 32-5 mal 4mehr als 5 mal 5keinmal 1
p. Haschisch oder andere Rauschmittel (außer Alkohol und Medikamente) genommen oder verkauft
einmal 42-5 mal 5mehr als 5 mal 5keinmal 1
q. Aus einem Automaten Ware oder Geld entwendet
einmal 2,32-5 mal 3,7mehr als 5 mal 5keinmal 1
r. Gegenstände entwendet und sie verkauft
einmal 52-5 mal 5mehr als 5 mal 5keinmal 1
s. Einem Polizisten Widerstand geleistet
einmal 52-5 mal 5mehr als 5 mal 5keinmal 1
t. Zum Stehlen irgendwo eingebrochen
einmal 52-5 mal 5mehr als 5 mal 5keinmal 1
u. Jemanden mit einer Waffe bedroht
einmal 52-5 mal 5mehr als 5 mal 5keinmal 1
v. Preisschilder im Laden umgeklebt
einmal 32-5 mal 4mehr als 5 mal 5keinmal 1
Anhang
119
w. Ausländerfeindliche Parolen gerufen
einmal 42-5 mal 4mehr als 5 mal 5keinmal 1
x. Entwendete Gegenstände gekauft
einmal 32-5 mal 4mehr als 5 mal 5keinmal 1
Anhang
120
Delinquenzbelastung Gewichtungen
a. Fremde Gegenstände bemalt, beklebt, geritzt oder besprüht
0,2
b. Ein öffentliches Verkehrsmittel ohne Fahrkarte benutzt
0,2
c. Urkunden, Unterschriften oder ähnliches nachgemacht
0,4
d. Ein Kraftfahrzeug ohne den entsprechenden Führerschein gefahren
0,2
e. Kraftfahrzeug ohne Erlaubnis des Halters gefahren 0,3
f. Geld aus dem Portemonnaie der Eltern ohne deren Absprache entnommen
0,3
g. Kleinere Geldbeträge (unter 5 DM) aus dem nicht häuslichen Bereich entwendet
0,6
h. Geldbeträge im Wert von über 5 DM aus dem nicht häuslichen Bereich entwendet
0,7
i. Im Laden kleinere Gegenstände unter 50 DM mitgehen lassen
0,6
j. Im Laden größere Gegenstände von über 50 DM mitgehen lassen
1
k. Bei einer Schlägerei mitgemacht oder sonst irgendeine Person verprügelt
0,7
l. Jemanden zusammengeschlagen, daß er ins Krankenhaus mußte
1
m. Einer fremden Person Gegenstände entrissen 1
n. Fremde Gegenstände eingesteckt 0,2
o. Fremdes Eigentum mit Absicht zerstört o. beschädigt
0,4
p. Haschisch oder andere Rauschmittel (außer Alkohol und Medikamente) genommen oder verkauft
0,5
q. Aus einem Automaten Ware oder Geld entwendet 0,5
r. Gegenstände entwendet und sie verkauft 1
s. Einem Polizisten Widerstand geleistet 0,8
Anhang
121
t. Zum Stehlen irgendwo eingebrochen 1
u. Jemanden mit einer Waffe bedroht 1
v. Preisschilder im Laden umgeklebt 0,5
w. Ausländerfeindliche Parolen gerufen 1
x. Entwendete Gegenstände gekauft 1
Anhang
122
Die Hirschi Theorie der sozialen Bindung Skalenwerte
Attachment
1. Wissen Deine Eltern, wo Du Dich aufhältst, wenn Du außer Haus bist?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5
2. In welchem der folgenden Bereiche kontrollieren oder kontrollierten Dich früher Deine Eltern besonders stark?Sie kontrollieren/kontrollierten,
6-(Summe Antworten)
wann ich abends nach Hause komme/kam 1mit wem ich mich treffe/traf 1welche Schulnoten ich bekomme/bekam; ob ich meine Hausaufgaben mache/gemacht habe; ob ich regelmäßigin die Schule gehe/ging 1für was ich mein Geld ausgebe/ausgab 0,5was ich in meiner Freizeit mache/gemacht habe 1Meine Eltern kontrollieren/kontrollierten mich nicht besonders stark 1
3. Welche Aussagen kennst Du von Deinen Eltern? 6-(Summe Antworten)
Zieh Dich warm an, draußen ist es kalt, oder zieh Dich warm an, sonst erkältest Du Dich! 1Geh nicht im Dunkeln nach Haus oder geh nicht im Dunkeln allein nach Haus!
männlich 1,5weiblich 0,5
Steig nicht bei einem Fremden ins Auto! 1Fahre nicht mit einer Person (Freund, Bekannter usw.) nach Haus, die Alkohol getrunken hat! 1Iß anständig! 0,5Benimm Dich! 0,5Trink keinen Alkohol! 0,5Keine dieser Aussagen 1
4. Wenn Du in irgendeinem Schulfach Schwierigkeiten hast/hattest, üben/übten dann Deine Eltern mit Dir oder besorgten Dir eine Nachhilfe?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5
Anhang
123
5. Wie gut verstehst Du Dich mit Deiner Mutter?
sehr gut 1gut 2teils/teils 3weniger gut 4überhaupt nicht 5habe keine Mutter 5
6. Wie gut verstehst Du Dich mit Deinem Vater?
sehr gut 1gut 2teils/teils 3weniger gut 4überhaupt nicht 5habe keinen Vater 5
7. Gibt es etwas, was Dich an Deinen Eltern besonders stört? (Nur ein Kreuz ist zulässig)Ja, daß sie nie oder nur selten für mich da sind, wenn ich sie brauche 5Ja, daß sie immer oder oft mit mir rummeckern 5Ja, daß sie mich nicht respektieren, so wie ich bin 5Nein, mich stört an meinen Eltern nichts besonders 1
8. Wie oft wünscht Du Dir, Du hättest andere Eltern bzw. Elternteile?sehr oft 5oft 4manchmal 3selten 2nie 1
9. Wirst oder wurdest Du früher von Deinen Eltern zurechtgewiesen, wenn Du die Vorschriften Deiner Eltern oder anderer Personen nicht eingehalten hast/hattest?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5
10. Bestrafen/bestraften Dich Deine Eltern, wenn Du gegen eine oder mehreren Regeln verstoßen hast oder verstoßen hattest (mit Hausarrest, Wiedergutmachungen usw.)?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5
Anhang
124
11. Gibt es Personen, denen Du alles anvertrauen kannst?0 Person 51 Person 42 Personen 33 Personen 2mehr als 3 Personen 1
12. Besprichst Du Deine Probleme mit Deinen Freunden oder Eltern?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5
13. Wie gut oder schlecht versteht Du Dich mit Deinen Lehrern oder mit Deinem Chef?sehr gut 1gut 2teils/teils 3weniger gut 4schlecht 5
14. Wie häufig schwänzt Du den Schulunterricht oder die Arbeit?sehr oft 5oft 4manchmal 3selten 2nie 1
15. Akzeptierst Du es, wenn Deine Eltern oder Freunde eine andere Meinung haben als Du?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5
16. Versuchst Du, auf die Wünsche und Erwartungen anderer einzugehen?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5
Anhang
125
17. Redest Du Dir oft ein, Du bist an allem Schuld?
immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5
18. Wie stark sind im allgemeinen Deine Schuldgefühle?
sehr stark 1stark 2weniger stark 3schwach 4gar nicht vorhanden 5
19. Versuchst Du, bei Erwachsenen einen guten Eindruck zu hinterlassen?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5
20. Versuchst Du, es jedem recht zu machen?
immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5
Commitment
21. Welche Tätigkeit übst Du zur Zeit aus?
Ich gehe zur Schule 4Ich mache eine Ausbildung 2Ich gehe zum Wehr- oder Zivildienst 2Ich arbeite in meinem Beruf 1Ich arbeite nicht in meinem Beruf 3gar nichts von allem 5
22. Welche Schulform besuchst Du oder hast Du besucht?Sonderschule 5Hauptschule 4Realschule 3Gymnasium 2Gesamtschule 2Berufsschule 3Oskar Kämmerschule 3sonstige, bitte benennen....................... 3keine 5
Anhang
126
23. Welchen Schulabschluß besitzt Du oder strebst Du an?Sonderschulabschluß 4Hauptschulabschluß 3Realschulabschluß 2Fachabitur 1Allgemeine Hochschulreife 1keinen 5
24. Bist Du mit Deinen erbrachten schulischen oder beruflichen Leistungen zufrieden?sehr zufrieden 1zufrieden 2teils/teils 3weniger zufrieden 4gar nicht zufrieden 5
25. Wie wichtig sind Dir Deine schulischen oder beruflichen Leistungen?sehr wichtig 1wichtig 2teils/teils 3weniger wichtig 4gar nicht wichtig 5
26. Engagierst Du Dich in bestimmten Bereichen (z.B. in der Schule als Klassensprecher oder Jahrgangssprecher, oder indem Du aktiv am Unterricht teilnimmst; im Verein als Vorstand oder Trainer)?ja 1nein 5
27. Hast Du ein Hobby, für das Du viel Zeit investiert und worauf Du stolz bist?ja 1nein 5
28. Setzt Du Dich für soziale Belange ein?
ja 1nein 5
29. Wie hoch ist Dein monatliches Einkommen (z.B. Taschengeld, Arbeitslohn)?unter 20 DM 520 bis 50 DM 550 bis 100 DM 4100 bis 200 DM 3200 bis 400 DM 2über 400 DM 1
Anhang
127
Involvement
30. Welche Tätigkeit übst Du zur Zeit aus?
Ich gehe zur Schule 1Ich mache eine Ausbildung 1Ich gehe zum Wehr- oder Zivildienst 1Ich arbeite in meinem Beruf 1Ich arbeite nicht in meinem Beruf 1gar nichts von allem 5
31. Wieviel Zeit investierst Du wöchentlich für die Schule (für Hausaufgaben, das Lernen für Klausuren)?(Bitte diese Frage nur beantworten, wenn Du zur Schule gehst oder eine Ausbildung machst)
gar keine 51 bis 2 Stunden 42 bis 5 Stunden 35 bis 10 Stunden 2mehr als 10 Stunden 1
32. Hast Du neben der Schule/Ausbildung einen Job?
Ja 1Nein 5
33. Hast Du viele Verpflichtungen gegenüber Deinen Eltern (z.B. einkaufen gehen, im Haushalt oder im Garten helfen)?sehr viele 1viele 2teils/teils 3weniger 4gar keine 5
34. Was machst Du überwiegend in Deiner Freizeit?(Nur ein Kreuz ist zulässig)
Sport 1Musik 1zur Feuerwehr gehen oder einer anderen Gruppe, Verein angehören (z.B. Schützenverein, Skatclub, Kirchenkreis) 1Freunde treffen 5Computer spielen, fernsehen, Musik hören, lesen 5sonstiges 3
35. Unternimmst Du viel mit Deinen Eltern?
sehr viel 1viel 2teils/teils 3weniger 4gar nichts 5
Anhang
128
Belief
36. Respektierst Du die Meinungen oder Einstellungen fremder Personen?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5
37. Achtest Du die Polizei?
immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5
38. Wie findest Du Peters Verhalten?Peter ist pleite, weil er den Rest seines Taschengeldes seinem Kumpel geopfert hat. Seit längerem wünscht er sich ein best. Maxi CD. Diese kann er sich jedoch in den nächsten drei Monaten nicht leisten, da er für sein Taschengeld Geburtstagsgeschenke kaufen muß. Er verwirklicht seinen Wunsch, indem er sich die Maxi CD im Laden ohne Bezahlung einsteckt.Es ist o.k. 5Es ist nicht o.k. 1Keine Angaben 5
39. Bist Du der Meinung, daß Du ohne Gesetze in Deutschland viel besser leben könntest?ja 5nein 1weiß nicht 4
40. Wie viele Gesetze würdest Du gerne abschaffen wollen?alle 5viele 4einige 3wenige 2gar keine 1
Anhang
129
Die Oppsche Anomietheorie Skalenwerte
Intensität der Ziele
1. Reicht Dein montliches Einkommen für Deinen Konsumbedarf aus? (z.B. der Kauf von Klamotten, Süßigkeiten, CDs, Zigaretten)immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5
2. Versuchst Du, mit den Konsumbedürfnissen Deiner Freunde mitzuhalten?immer 5oft 4manchmal 3selten 2nie 1
3. Wieviel gibst Du durchschnittlich im Monat für Deine Warenbedürfnisse aus?
einkommens-abhängig
ca. ein Viertel meines Einkommens >= 100,00 DM 2 < 100,00 DM 1
ca. die Hälfte meines Einkommens >= 100,00 DM 3 < 100,00 DM 1
ca. drei Viertel meines Einkommens >= 100,00 DM 4 < 100,00 DM 2
mein gesamtes Einkommen >= 100,00 DM 5 < 100,00 DM 3
4. Wie oft hast Du das Bedürfnis, Dir etwas Neues leisten zu wollen? (z.B. Kauf eines Handys)immer 5oft 4manchmal 3selten 2nie 1
5. Bevorzugst Du Markensachen?
immer 5oft 4manchmal 3selten 2nie 1
Anhang
130
Intensität legitimer Normen
6. Würdest Du Dir Gegenstände (Fernseher, Computer, Handy, usw.) zum vollen Preis kaufen, auch wenn Du die Möglichkeir hättest, entwendete Gegenstände viel günstiger zu erstehen?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5
7. Du willst Dir ein bestimmtes Handy kaufen, hast jedoch Gelegenheit dies unbeobachtet aus einer Handtasche zu nehmen. Was machst Du?Ich nehme das Handy aus der Handtasche 5Ich kaufe mir das Handy 1weiß nicht 5
8. Du möchtest Dir einen neuen PC kaufen. Mit welcher der nachfolgenden Möglichkeiten würdest Du dies bewerkstelligen?Ich plündere mein sauer angespartes Sparbuch 1Ich gehe arbeiten/leiste Mehrarbeit 1Eltern nach Geld fragen 1Taschengeld sparen 1mich im Glückspiel versuchen 4Ich kaufe einen entwendeten PC zu der Hälfte des Neupreises 5
Intensität illegitimer Normen
9. Findest Du es aufregend, Sachen zu machen, die verboten sind?ja 5nein 1
10. Findest Du es spannend, etwas mitgehen zu lassen?
immer 5oft 4manchmal 3selten 2nie 1
11. Wenn Du dringend Geld brauchst, welche der folgenden Dinge würdest Du dann tun?jemanden erpressen 5jemandem Geld entreißen (Handtasche, Portemonnaie, EC-Karte) 5Geld aus dem Portemonnaie der Eltern entnehmen 2kleinere Geldbeträge außerhalb des Hauses entwenden 3gar nichts von allem 1
Anhang
131
12. Wie findest Du Peters Verhalten?Peter ist pleite, weil er den Rest seines Taschengeldes seinem Kumpel geopfert hat. Seit längerem wünscht er sich ein best. Maxi CD. Diese kann er sich jedoch in den nächsten drei Monaten nicht leisten, da er für sein Taschengeld Geburtstagsgeschenke kaufen muß. Er verwirklicht seinen Wunsch, indem er sich die Maxi CD im Laden ohne Bezahlung einsteckt.
es ist o.k. 5es ist nicht o.k. 1Keine Angaben 5
13. Du hast Dich mit Deinem Freund/Freundin gestritten. Deinem Freund/Freundin tut es leid und will sich mit Dir versöhnen. Dafür steckt er sich eine CD im Laden ohne Bezahlung ein und schenkt Sie Dir anschließend. Ich finde es prima 5Es ist in Ordnung 4Ich finde es nicht gut, behalte Sie aber 3Ich gebe die CD meinem Freund/Freundin zurück,da er sie nicht von seinem eigenen Geld gekauft hat 1
Grad der legitimen Möglichkeiten
14. Wie oft hast Du schon intensiv nach einem Nebenjob/Ausbildung gesucht, hast aber keinengefunden?oft 5ab und zu 3nie 1
15. Legen Deine Eltern Wert darauf, daß Du die gesellschaftlichen Vorschriften einhältst?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5
16. Wie sparsam bist Du generell?
sehr sparsam 1teils/teils 3weniger sparsam 4Ich gebe mein Geld immer aus 5
Anhang
132
Grad der illegitimen Möglichkeiten
17. Welche der folgenden Gegenstände besitzt Du oder kannst Du von Deinen Freunden, Bekannten bekommen?aufklappbares Messer mit feststehender Klinge 4Dietrich 2Brechstange 2Schußwaffe 5Schlagring 5Totschläger 5nichts von alldem 1
18. Wieviele Personen gibt es in Deinem Freundes- oder Bekanntenkreis, die schon mal Geld oder andere Dinge entwendet haben?gar keiner 1ca. ein Viertel 2ca. die Hälfte 3ca. drei Viertel 4alle 5
19. Wie gut kennst Du diese Personen?(Wenn die vorherige Frage mit "gar nicht " beantwortet wurde, muß diese Frage nicht beantwortet werden)sehr gut 5gut 4teils/teils 3
Anhang
133
Tabelle 10: Polizeiliche Registrierung der befragten Jugendlichen
schwer mittel leicht17% 12% 48% 40%
(n=25) (n=3) (n=12) (n=10)3% 20% 60% 20%
(n=5) (n=1) (n=3) (n=1)80% 3% 22% 76%
(n=119) (n=3) (n=26) (n=90)
Delinquenzbelastung
mehrmals angezeigt
nicht angezeigt
1x angezeigt
Grafik 13: Häufigkeitsverteilung der Delinquenz nach Alter
5% 3%
0% 2%
45%
17%
3% 2% 0%
3%
0%
46%
35%
4%
0% 0% 0%
4%3%
20%
33%
34%
29%
12%
0%5%
10%15%20%25%30%35%40%45%50%
1-1,5 1,5-2 2-2,5 2,5-3 3-3,5 3,5-4 4-4,5 4,5-5
Delinquenzbelastung
Anz
ahl d
er P
erso
nen
in %
14-1516-1718-20
Anhang
134
Tabelle 11: Selbstberichtete Delinquenz nach Bildungsniveau
a fremde Gegenstände bemalt, beklebt usw. 59% (n=17) 83% (n=33) 84% (n=53)
b öff. Verkehrsmittel ohne Fahrkarte benutzt 69% (n=20) 70% (n=28) 83% (n=52)
c Urkunden, Unterschriften o.ä. gefälscht 45% (n=13) 43% (n=17) 35% (n=22)
d Kfz ohne Führerschein gefahren 72% (n=21) 50% (n=20) 35% (n=22)
e Kfz ohne Erlaubnis gefahren 21% (n=6) 10% (n=4) 5% (n=3)
f Geld aus Portemonnaie der Eltern entwendet 34% (n=10) 48% (n=19) 38% (n=24)
g Geldbeträge < 5 DM entwendet (nicht häusl.) 28% (n=8) 25% (n=10) 21% (n=13)
h Geldbeträge > 5 DM entwendet (nicht häusl.) 28% (n=8) 15% (n=6) 13% (n=8)
i Ladendiebstahl unter 50 DM 17% (n=5) 45% (n=18) 38% (n=24)
j Ladendiebstahl über 50 DM 17% (n=5) 8% (n=3) 3% (n=2)
k Beteiligung an Schlägerei 86% (n=25) 43% (n=17) 25% (n=16)
l jemanden krankenhausreif geschlagen 21% (n=6) 5% (n=2) 2% (n=1)
m fremder Person Gegenstände entrissen 14% (n=4) 8% (n=3) 2% (n=1)
n Diebstahl fremder Gegenstände 62% (n=18) 55% (n=22) 57% (n=36)
o absichtliche Zerstörung fremden Eigentums 66% (n=19) 50% (n=20) 38% (n=24)
p Rauschmittel genommen oder verkauft 59% (n=17) 58% (n=23) 41% (n=26)
q aus Automaten Ware oder Geld entwendet 10% (n=3) 20% (n=8) 10% (n=6)
r Gegenstände entwendet und verkauft 7% (n=2) 8% (n=3) 0% (n=0)
s Polizisten Widerstand geleistet 24% (n=7) 5% (n=2) 17% (n=11)
t Einbruch zum Diebstahl 7% (n=2) 8% (n=3) 3% (n=2)
u jemanden mit einer Waffe bedroht 24% (n=7) 8% (n=3) 0% (n=0)
v Preisschilder im Laden umgeklebt 41% (n=12) 40% (n=16) 37% (n=23)
w ausländerfeindliche Parolen gerufen 31% (n=9) 15% (n=6) 6% (n=4)
x entwendete Gegenstände gekauft 38% (n=11) 28% (n=11) 19% (n=12)
Sonder.Haupt. / Gym.
1,68Delinquenzbelastung 2,29 1,92
Real./Gesamt.
Anmerkung: • Sonderschüler und Hauptschüler wurden zusammengefaßt, da nur wenige Jugendliche (3) die
Sonderschule besuchten • Gesamtschüler und Realschüler wurden zusammengefaßt, da nur wenige Jugendliche (4) die
Gesamtschule besuchten Tabelle 12: Kontrollfragen
bei nein: 100% >50% >10% <10%74% 26% 0% 21% 48% 31%
(n=110) (n=39) (n=0) (n=6) (n=14) (n=9)
Glaubst Du, daß die Personen, die diesenFragebogen ausgefüllt haben, ehrlich geantwortet haben?
ja nein