Erscheinungsformen und Theorien jugendlicher … · Heimunterbringung, nach der Herabsetzung des...

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Universität Hildesheim Erscheinungsformen und Theorien jugendlicher Delinquenz unter Berücksichtigung der empirischen Prüfung zweier ausgewählter Erklärungsansätze Diplomarbeit zur Erlangung des Grades einer Diplom - Sozialpädagogin vorgelegt von: Michelle Füldner Hankensbüttel, den 15.12.2001 Erstgutachter: Herr Prof. Dr. H. Strang Zweitgutachter: Frau Prof. Dr. K. Scheiwe

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Universität Hildesheim

Erscheinungsformen und Theorien jugendlicher Delinquenz

unter Berücksichtigung der empirischen Prüfung zweier

ausgewählter Erklärungsansätze

Diplomarbeit

zur Erlangung des Grades einer

Diplom - Sozialpädagogin

vorgelegt von:

Michelle Füldner

Hankensbüttel, den 15.12.2001

Erstgutachter: Herr Prof. Dr. H. Strang

Zweitgutachter: Frau Prof. Dr. K. Scheiwe

Danksagung

Allen Freunden und Kollegen, die mich bei der Erstellung dieser Arbeit durch

theoretische Anregungen, praktische Hilfen und emotionale Anteilnahme unterstützt

haben, möchte ich hiermit meinen Dank ausdrücken.

Ebenso bedanke ich mich bei Herrn Prof. Dr. Strang für seine wohlwollende

Betreuung der Diplomarbeit. Darüber hinaus möchte ich mich bei Frau Prof. Dr.

Scheiwe für ihre Arbeit als Zweitbetreuerin bedanken.

Herrn Seipel vom soziologischen Institut danke ich für die Literaturempfehlungen.

Besonderer Dank gilt meinem Freund, Frank, der mich bei der Durchführung der

Befragung auf dem Kirchentag in Frankfurt unterstützt und Phasen meiner

vorliegenden Arbeit als kompetenter und geduldiger Gesprächspartner begleitet hat.

Last but not least möchte ich mich ganz herzlich bei allen Jugendlichen, die an

meiner Befragung teilnahmen, bedanken. Denn ohne sie wäre es nicht möglich

gewesen, einen empirischen Beitrag zum delinquenten Verhalten zu liefern.

- „Ich finde es voll cool von Dir, daß Du so was machst, mich interessiert es auch,

wenn ich so Deine Fragen lese.“

- „Gut, da sieht man mal, was man schon alles Verbotenes gemacht hat.“

- „Ich denke, um diesen Fragebogen auszufüllen, bräuchte man mehr Zeit und man

dürfte ihn nicht ausfüllen, wenn ein Mensch dabei ist, dem man imponieren

möchte, denn dann schreibt man nicht die Wahrheit.“

- „Ich fand den Fragebogen eine gute Sache, da ich und bestimmt auch andere

gemerkt haben, wie lieb oder böse wir sind.“

- „Ich finde, dieser Fragebogen ist gut gelungen. Es ist eine Mischung aus vielen

verschiedenen Fragen, die ohne das man es manchmal merkt, das Thema

wechseln. Danke für diesen Fragebogen, es machte Spaß.“

- „Sehr krasse Fragen!“

- „Viel Glück mit der Arbeit, wird bestimmt klappen. Danke für den

Schokoriegel!“

- „Ich fand den Bogen sehr interessant, weil man sich irgendwie auf eine Art

ausreden konnte, was man schon alles gemacht hat und so.“

- „Ich finde es gut, daß Du einen Fragebogen entworfen hast. Ich denke, er wird

Dir helfen. Bei der abiturvorbereitenden Klausur haben wir auch einen

entworfen, der zum Teil den Theorien aus den Büchern widersprach“.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung.................................................................................................................... 6

1. Definition und Abgrenzung des Begriffs Jugenddelinquenz............................. 8

1.1. Begriffsbestimmung Delinquenz................................................................. 8 1.2. Delinquenz in Abgrenzung zu Devianz und Kriminalität ........................... 9 1.3. Altersmäßige Abgrenzung im Strafrecht ................................................... 10

2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz..................................................................................................... 13

2.1. Registrierte Jugenddelinquenz................................................................... 13 2.1.1. Polizeiliche Kriminalstatistik und ihre Aussagekraft.................... 13 2.1.2. Anteile Jugendlicher und Heranwachsender an der Gesamtkriminalität .................................................................................. 16 2.1.3. Geschlechterverteilung und Altersstruktur bezüglich des delinquenten / kriminellen Verhaltens .................................................... 17 2.1.4. Struktur und Deliktschwerpunkte der Delinquenz Jugendlicher und Heranwachsender .................................................................................... 18 2.1.5. Die Belastung Jugendlicher und Heranwachsender für die einzelnen Deliktarten .............................................................................. 21 2.1.6. Häufigkeit der polizeilichen Registrierungen Jugendlicher und Heranwachsender .................................................................................... 24

2.2. Jugendliche Delinquenz aus dem Dunkelfeld............................................ 25 2.3. Zusammenfassung der wichtigsten Befunde zur Jugenddelinquenz ......... 27

3. Charakteristik der Jugenddelinquenz ............................................................... 30

3.1. Eigenarten und Funktionen des delinquenten Verhaltens Jugendlicher .... 30 3.2. Diebstahl allgemein ................................................................................... 31 3.3. Diebstahl ohne erschwerende Umstände ................................................... 33 3.4. Schwerer Diebstahl und Betrug................................................................. 35 3.5. Sachbeschädigung ..................................................................................... 36 3.6. Rauschgiftdelikte ....................................................................................... 37 3.7. Vorsätzliche Körperverletzung.................................................................. 39 3.8. Raub........................................................................................................... 40

4. Allgemeine Delinquenztheorien .......................................................................... 42

4.1. Lerntheorien............................................................................................... 42 4.1.1. Sutherlands Theorie der differentiellen Assoziation..................... 43

4.1.1.1. Weiterentwicklungen........................................................ 44 4.1.2. Neutralisierungsthese von Sykes und Matzka............................... 45 4.1.3. Entwicklungstheorie des moralischen Urteils von Kohlberg........ 47

4.2. Anomietheorien ......................................................................................... 50 4.2.1. Mertons Anomietheorie ................................................................ 50

Inhaltsverzeichnis

4.2.2. Anomietheorie in der Fassung von Opp........................................ 53 4.3. Kontrolltheorien......................................................................................... 56

4.3.1. Hirschis Theorie der sozialen Bindung ......................................... 56 4.3.2. Theorie der Selbstkontrolle von Gottfredson und Hirschi ............ 58

4.4. Labeling Approach .................................................................................... 60 4.4.1. Grundlegung des labeling approach durch Becker ....................... 60 4.4.2. Primäre und sekundäre Abweichung bei Lemert .......................... 61

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens........ 63

5.1. Ziel der Untersuchung ............................................................................... 63 5.2. Strategische Vorgehensweise .................................................................... 64 5.3. Auswahl der Theorien und Hypothesenformulierung ............................... 65 5.4. Logische Theorienprüfung ........................................................................ 67 5.5. Zum methodischen Ansatz ........................................................................ 69

5.5.1. Erhebungsinstrument..................................................................... 69 5.5.2. Fragebogenkonstruktion................................................................ 70 5.5.3. Stichprobe ..................................................................................... 74 5.5.4. Beschreibung des Untersuchungsablaufs und Rücklaufquote ...... 75

5.6. Statistische Datenauswertung .................................................................... 77 5.6.1. Aufbereitung der Daten................................................................. 77 5.6.2. Auswertungsverfahren .................................................................. 78 5.6.3. Ergebnisse ..................................................................................... 79

5.6.3.1. Delinquenzbelastung......................................................... 79 5.6.3.2. Die Oppsche Anomietheorie............................................. 83 5.6.3.3. Die Hirschi Theorie der sozialen Bindung ....................... 86 5.6.3.4. Vergleich der Theorien ..................................................... 89

5.7. Abschlußbetrachtung ................................................................................. 90

6. Resümee ................................................................................................................ 93

Literaturverzeichnis.................................................................................................... 96 Anhang ..................................................................................................................... 102

Einleitung 6

Einleitung

Durch meine mehrjährige Arbeit in einer offenen Freizeiteinrichtung für Kinder und

Jugendliche bin ich des Öfteren mit delinquenten Verhaltensweisen Jugendlicher in

Berührung gekommen. Dies gab mir den Anstoß mich mit dem Thema der

jugendlichen Delinquenz näher zu beschäftigen. Jedoch wurde mein Interesse an

einer Auseinandersetzung mit dieser Thematik ebenso durch die Medien geweckt.

Schließlich vergeht kaum eine Woche, in der nicht in den Zeitungen über

Jugendliche berichtet wird, die stehlen, rauben, schlagen oder randalieren. Zur

Illustration sei auf einige Überschriften von Zeitungsartikeln aus der deutschen

Presse hingewiesen:

„Jugendliche – oft rücksichtslos und brutal. Die Polizei registrierte im vergangenen

Jahr fast 4000 Gewaltdelikte (der Bericht bezog sich auf München) – bei

Minderjährigen sinkt die Hemmschwelle.“

„Der Krieg der Jugendlichen.“

„Da bleibt keine Nase heil. Brutalität unter Jugendlichen ist nicht länger eine

Domäne von Jungen – immer mehr Mädchen prügeln und foltern.“

(aus Richter in Bendit et al. 2000, S. 14)

Bei solchen Schlagzeilen, in denen die Jugendlichen als „Brutalo – Teenis“ tituliert

und/oder beschrieben werden, wächst die subjektive Kriminalitätsfurcht und somit

die Angst vor der Jugend. Die Forderungen nach einer geschlossenen

Heimunterbringung, nach der Herabsetzung des Jugendalters von 14 auf 12 Jahre

und nach einer Verschärfung des Jugendstrafrechts sind immer häufiger zu

vernehmen. Dabei drängt sich mir förmlich die Frage auf, ob die Lage in

Deutschland tatsächlich so besorgniserregend ist. Stimmt es, daß die innere

Sicherheit Deutschlands durch marodierenden Horden Jugendlicher bedroht ist?

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Erscheinungsformen des delinquenten

Verhaltens bei Jugendlichen zu analysieren sowie Theorien zur Entstehung der

jugendlichen Delinquenz dazulegen. Dementsprechend werde ich mich hier mit

folgenden Fragen befassen:

• In welchen Umfang tritt Jugenddelinquenz auf?

• Welcher Art sind jene Delikte, die Jugendliche begehen?

• Wie sieht die Geschlechtsverteilung aus?

Einleitung 7

• Was veranlaßt die Jugendlichen Straftaten zu begehen? Was sind die Motive

für einen Diebstahl oder für eine Sachbeschädigung?

• Wie ist die Entstehung der Jugendkriminalität zu erklären?

Oft bleibt unklar, was der Begriff Jugenddelinquenz in seinem Kontext beschreiben

soll. Um das zu vermeiden, wird der Begriff jugendliche Delinquenz im

einführenden Kapitel näher bestimmt und zwar in der Form, daß er vom Begriff

Devianz abgegrenzt wird. Ebenso erfährt er eine Abgrenzung zur Kriminalität, um

aufzuzeigen, warum ich in dieser Arbeit den Begriff Delinquenz und nicht den der

Kriminalität verwende. Zum Abschluß dieses Kapitels findet eine altersbezogene

Abgrenzung der Jugenddelinquenz anhand des Jugendgerichtsgesetzes statt.

Anschließend werden der Umfang und die Struktur der Delinquenz in Bezug auf

Jugendliche und Heranwachsende auf der Basis von Hell und Dunkelfeldstudien

beschrieben. Hierbei ist es mir wichtig, daß die Statistiken zum Ausmaß und zur Art

der Delinquenz nicht oberflächlich betrachtet, sondern bis ins Detail beleuchtet

werden, damit es nicht zu Fehldeutungen kommt. Auf die Entwicklung der

Jugenddelinquenz wird in diesem Kapitel nicht eingegangen, weil dies den Umfang

der Diplomarbeit übersteigen würde.

Im dritten Kapitel geht es um die Charakteristika und Formen der jugendlichen

Delinquenz, wobei vor allem die Besonderheiten der einzelnen Delikte skizziert

werden.

Den Schwerpunkt meiner Arbeit bilden die Theorien zur Erklärung der jugendlichen

Delinquenz sowie das letzte Kapitel, indem zwei Erklärungsansätze empirisch

untersucht werden.

Abschließend möchte ich noch bemerken, daß ich in der vorliegenden Arbeit der

Einfachheit halber die männliche Form von Personen verwende. Nur in Fällen, in

denen es sich ausdrücklich um eine oder mehrere weibliche Personen handelt,

benutze ich die weibliche Form.

1. Definition und Abgrenzung des Begriffs Jugenddelinquenz

8

1. Definition und Abgrenzung des Begriffs Jugenddelinquenz

Im einführenden Kapitel wird der Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit,

die „jugendliche Delinquenz“, definiert. Jedoch ergeben sich bei der begrifflichen

Klärung Schwierigkeiten, weil der Begriff Delinquenz keine einheitliche Definition

aufweist. Uneinigkeit besteht darüber, welche Normen als Bezugsstandard für die

Beurteilung von Verhalten herangezogen werden bzw. welcher Grad an Konformität

vorausgesetzt wird.

1.1. Begriffsbestimmung Delinquenz

Der Begriff Delinquenz stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Straffälligkeit

(vgl. Scheffel 1988, S. 42). In der Fachliteratur gibt es jedoch unterschiedliche

Definitionen von Delinquenz, die zwischen zwei Polen pendeln:

Im amerikanischen Sprachraum bezeichnet der Terminus Delinquenz alle

Verhaltensweisen, mit denen die öffentliche Ordnung gestört wird, unabhängig

davon, ob gegen Strafgesetze verstoßen wird oder nicht (vgl. Kühne in Bäuerle 1989

Bd. 1, S. 117). Im deutschsprachigen Raum bezieht sich der Begriff Delinquenz nur

auf Gesetzesverstöße.

Sowohl bei der amerikanischen als auch bei der deutschen Begriffskonvention

Delinquenz ergeben sich Probleme aufgrund der allgemeinen Formulierung.

Allerdings ist der amerikanische Delinquenzbegriff in seiner Anwendung

schwieriger, denn dieser Begriff umfaßt nicht nur Gesetzesübertretungen, sondern

auch Verhaltensweisen, die nicht strafrechtlich kodifiziert sind, aber von der

Gesellschaft als negativ bewertet werden, wie z.B. das Schuleschwänzen, das

Herumstreunen, der Alkoholkonsum (vgl. Landscheidt 1995, S. 8). Die

Verhaltensweisen, die der Begriff in der amerikanischen Fassung enthält, sind

dementsprechend weit gestreut. Welche Verhaltensweisen als delinquent bezeichnet

werden und welche noch als angemessen gelten, sind stets vom Standpunkt des

Betrachters abhängig. Demzufolge lassen sich bei einem so angewandten

Delinquenzbegriff die empirischen Untersuchungen untereinander und mit amtlichen

Statistiken nur schwer vergleichen (vgl. Kaiser 1979 in Landscheidt 1995, S. 10).

Der Delinquenzbegriff in der deutschen Fassung erfährt bei seiner Definition eine

Einschränkung, indem er sich nur auf Verstöße im Strafrecht bezieht. Hier werden

1. Definition und Abgrenzung des Begriffs Jugenddelinquenz

9

alle Verhaltensweisen, die als delinquent gelten, juristisch festgesetzt. Aber trotz der

engen Orientierung am Strafrecht beinhaltet der Begriff noch die gesamte

Heterogenität der strafrechtlichen Tatbestände.

Der juristisch definierte Delinquenzbegriff ist nicht unumstritten: „Was heute und

hier ein Verbrechen ist, ist es vielleicht morgen und dort nicht mehr und umgekehrt“

(Metzger 1951, S. 4 in Steuber 1988, S. 48).

Durch das Zitat wird verdeutlicht, daß die Delinquenz vom geltenden Recht oder von

den gültigen Normen (Zeitfaktor) abhängig ist. Ob ein Verhalten als delinquent

eingestuft wird, ist insofern situations- und perspektivenabhängig.

In der vorliegenden Arbeit verwende ich den Begriff Delinquenz nach deutscher

Definition, so daß in diesem Sinne eine Abgrenzung zu den anderen zwei Begriffen,

Devianz und Kriminalität, gegeben ist. Diese Abgrenzung wird im folgenden

dargestellt.

1.2. Delinquenz in Abgrenzung zu Devianz und Kriminalität

Obwohl der Begriff Devianz mit dem amerikanischen Delinquenzbegriff identisch

ist, möchte ich ihn noch einmal zur besseren Verständlichkeit dem deutschen

Delinquenzbegriff gegenüberstellen. Danach wird die Abgrenzung meines Begriffs

Delinquenz zur Kriminalität dargelegt, um aufzuzeigen, warum ich mich in der

vorliegenden Arbeit für diesen und nicht für die Verwendung des Begriffs der

Kriminalität entschieden habe.

Unter dem Begriff Devianz wird (norm-)abweichendes Verhalten allgemein

verstanden, das jedoch nicht notwendigerweise in Verbindung mit Straffälligkeit zu

stehen braucht (vgl. Scheffel 1987, S. 43). Resultierend aus dieser Beschreibung ist

Delinquenz eine mögliche Form devianten Verhaltens neben anderen

Erscheinungsbildern.

Das Gemeinsame der Delinquenz und der Kriminalität ist die Straffälligkeit, wobei

man die Frühformen (Straftaten im Frühstadium einer straffälligen Entwicklung,

Formen des Einstiegs in eine solche Entwicklung) und Erstvergehen (erste, einmalige

Straftaten) als Jugenddelinquenz und die Spätformen bei wiederholter Rückfälligkeit

(Wiederholungstaten im späteren Stadium einer kriminellen Karriere) als

Erwachsenenkriminalität bezeichnet (vgl. Seitz in Bienemann et al. 1995, S 222).

1. Definition und Abgrenzung des Begriffs Jugenddelinquenz

10

Viel relevanter für die Unterscheidung dieser beiden Begriffe scheint allerdings nicht

das Erscheinungsbild zu sein, sondern die unterschiedlichen Mechanismen für die

Entstehung der Straffälligkeit; nämlich die „Delinquenz – Entstehung“ und die

„Kriminalitäts – Erzeugung“.

Unter Delinquenz – Entstehung wird das Ergebnis devianter

Persönlichkeitsentwicklungen verstanden, wobei eine abweichende persönliche

Sozialisation nicht unbedingt zu Gesetzesverstößen führen muß (vgl. Seitz 1979, S.

4). Demnach ist Delinquenz diejenige Devianz, die in Straffälligkeit mündet oder

umgekehrt diejenige Straffälligkeit, die auf Devianz aufbaut.

Kriminalität meint dagegen diejenige Straffälligkeit, die durch Kriminalisierung

erzeugt wird, das heißt, daß die informellen oder formellen Kontrollinstanzen (wie

Polizei, Gericht, Nachbarschaft etc.) einer devianten oder nicht devianten Person die

Straffälligkeit zuschreiben. Insofern kommt die Kriminalität erst durch das Gesetz

bzw. durch die Justizbehörden zustande (Kriminalität entspricht hier dem

sogenannten Labeling approach, s. Kapitel 4).

In vielen Fällen treffen „Delinquenz – Entwicklung“ und „Kriminalitäts –

Erzeugung“ zusammen. Aber es gibt in der Realität auch Personen, deren

Delinquenzentwicklung allein als Ergebnis einer zwar kriminalisierungsfreien aber

devianten persönlichen Sozialisation zu erklären ist (z.B. Mord im Affekt) (vgl. Seitz

1979, S. 4). Auf der anderen Seite stehen diejenigen Personen, die erst durch die

„ungerechtfertigte Kriminalisierung“ (z.B. durch Verdächtigen, Vorurteile) deviant

werden, da sie aufgrund dessen in eine abweichende Rolle gedrängt werden.

1.3. Altersmäßige Abgrenzung im Strafrecht

Der Begriff Delinquenz wird auf Kinder und Jugendliche, nicht aber auf Erwachsene

angewandt. Da ich mich in der vorliegenden Arbeit mit der jugendlichen

Straffälligkeit auseinandersetze, wird der Begriff Jugendlicher/Jugenddelinquenz

näher bestimmt. Dabei wird der Begriff Jugenddelinquenz nach Stimmer zitiert und

anschließend anhand des Jugendgerichtsgesetzes erläutert bzw. eine

Altersabgrenzung vorgenommen.

1. Definition und Abgrenzung des Begriffs Jugenddelinquenz

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„Jugenddelinquenz umfaßt alle Verhaltensweisen strafmündiger Personen, die dem

Jugendstrafrecht unterstehen und gegen Strafrechtsnormen verstoßen“ (Stimmer

1996, S. 272).

Strafmündig ist nach § 19 StGB eine Person ab 14 Jahren. Infolgedessen können sich

Kinder mangels Schuldunfähigkeit nicht strafbar machen.

Die Grundlage des Jugendstrafgesetzes bildet das Jugendgerichtsgesetz. Das

Jugendgerichtsgesetz gilt, „wenn ein Jugendlicher oder ein Heranwachsender eine

Verfehlung begeht, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist“ (§

1 Abs. 1 JGG). Mit dem Begriff Verfehlung sind Straftaten gemeint, die im

Strafgesetzbuch (STGB) oder in Nebenstrafgesetzen (z.B. im Straßenverkehrsgesetz

oder im Betäubungsmittelgesetz) aufgeführt sind.

Unter Jugendlichen versteht das Gesetz Personen, „die zur Zeit der Tat 14, aber noch

nicht 18 Jahre alt sind“ (§ 1 Abs. 2 JGG). Ein Heranwachsender ist, „wer zur Zeit

der Tat 18, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist“ (ebd.).

Jugendliche sind nach dem JGG nur bedingt straffähig. Denn das Gesetz ordnet bei

den Jugendlichen an, daß in jedem Fall die Verantwortlichkeit geprüft werden muß.

So macht sich z.B. ein 17jähriger, der einen Einbruch oder einen Betrug begangen

hat, nicht strafbar, wenn er nicht „zur Zeit der Tat nach seiner „sittlichen und

geistigen Entwicklung“ reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach

dieser Einsicht zu handeln“ (§ 3 JGG). Die Reifeprüfung nimmt die

Jugendgerichtshilfe vor (vgl. Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des

Landes Nordrhein - Westfalen 1997, S. 9). In schwierigen Fällen müssen jedoch

Staatsanwaltschaft und Gericht einen Sachverständigen (Jugendpsychiater oder

Jugendpsychologe) zur Klärung der altersgemäßen Reife beiziehen. In der Praxis

wird die strafrechtliche Verantwortung fast immer bejaht (vgl. Heinz in Bäuerle 1989

Bd. 2, S. 70).

Heranwachsende sind immer strafmündig, also im Prinzip verantwortlich für ihre

Taten. Allerdings besteht die Möglichkeit, daß die Heranwachsenden wie die

Jugendlichen nach dem JGG sanktioniert werden können: „Wie Erwachsene bestraft

sollen sie nur werden, wenn sie voll „ausgereift“ sind oder mit „krimineller

Energie“ gehandelt haben. Anderenfalls sind sie wie Jugendliche zu behandeln“

(Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein - Westfalen

1997, S. 5). So muß auch ein 20jähriger bei einem Jugendstreich, z.B. bei der

Beschädigung einer Telefoneinrichtung, nicht mit Strafe rechnen, er kommt

1. Definition und Abgrenzung des Begriffs Jugenddelinquenz

12

vielleicht mit einer Verwarnung davon. In den Worten des Gesetzes wird der

Heranwachsende dann nach dem Jugendstrafrecht sanktioniert, wenn

„die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der

Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und

geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder

es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine

Jugendverfehlung handelt“ (§ 105 JGG).

Die Besonderheit des Jugendstrafrechts gegenüber dem allgemeinen Strafrecht

besteht darin, daß es vom Erziehungsgedanken statt vom Strafgedanken geprägt ist

(vgl. Kühne in Bäuerle 1989 Bd. 1, S. 117). Demnach beinhaltet das Jugendstrafrecht

weder Geldstrafen noch lebenslängliche Freiheitsstrafen.

Die Jugendlichen und Heranwachsenden werden also nach dem Jugendstrafrecht

beurteilt und gegebenenfalls auch sanktioniert. Dagegen unterliegen Jungerwachsene

oder Erwachsene, die bei ihrer Tat das 20. Lebensjahr vollendet haben, dem

allgemeinen Strafrecht (vgl. Eisenberg 2000, S. 16). So kann ein 21jähriger der

psychisch noch ganz unausgereift scheint (ohne krankhafte Züge zu zeigen) und eher

wie ein 17jähriger wirkt, von Rechts wegen nicht mehr einem Jugendlichen

gleichgestellt werden (vgl. Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des

Landes Nordrhein - Westfalen 1997, S. 9).

Jugenddelinquenz ist nach der oben genannten Definition von Stimmer die

Delinquenz der 14-20jährigen, weil für Jugendliche sowie für Heranwachsende das

Jugendstrafrecht gilt. Würde man von dieser Definition absehen und die

Jugenddelinquenz nach den gesetzlichen Altersgrenzen bestimmen, dann versteht

man darunter die 14-17jährigen.

2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz

13

2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur

der Jugenddelinquenz

Informationen zum Umfang und zur Struktur jugendlicher Delinquenz liefern die

Kriminalstatistiken und die Dunkelfeldforschungen.

Von den Kriminalstatistiken kommt für den Umfang und für die Struktur der

Delinquenz vornehmlich die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) in Betracht, so daß

sich meine Aussagen in den nachfolgenden Abschnitten auf die Daten der PKS

beziehen. Bevor ich in die PKS Einblick nehme und mich mit dem dortigen

Zahlenmaterial auseinandersetze, möchte ich auf die Bedeutung der Polizeilichen

Kriminalstatistik eingehen, insbesondere auf seine Aussagekraft. Nach der Analyse

der Daten aus der PKS wende ich mich den empirischen Befunden zu und präsentiere

die Ergebnisse zur Jugenddelinquenz aus der Dunkelfeldforschung. Das Kapitel

schließt mit einem Resümee der wichtigsten statistischen und empirischen Erträge

zum Umfang und zur Struktur der Delinquenz ab.

2.1. Registrierte Jugenddelinquenz

2.1.1. Polizeiliche Kriminalstatistik und ihre Aussagekraft

Die Polizeiliche Kriminalstatistik, die seit 1953 jährlich vom Bundeskriminalamt für

den Bereich des Bundes und von den Landeskriminalämtern jeweils für das Gebiet

eines Bundeslandes herausgegeben wird, erfaßt nach dem Strafgesetzbuch alle

Vergehen und Verbrechen, von denen die Polizei Kenntnis bekommen hat,

ausgenommen Verkehrs- und Staatsschutzdelikte (vgl. Schwind 2000, S. 18).

Außer den Straftaten werden auch die Tatverdächtigen (nach Zahl, Geschlecht, Alter,

Delikt und anderen Merkmalen) in der PKS erfaßt: „Tatverdächtig ist jeder, der

nach dem polizeilichen Ermittlungsergebnis aufgrund zureichender Anhaltspunkte

verdächtig ist, eine rechtswidrige (Straf-)Tat begangen zu haben. Dazu zählen auch

Mittäter, Anstifter, Gehilfen“ (Bundeskriminalamt 2000, S. 17).

Die Aussagekraft der Polizeilichen Kriminalstatistik wird dadurch relativiert, daß der

Polizei nur ein Teil aller begangenen Straftaten bekannt wird. Dabei werden

überwiegend (zu 85 – 95%) solche Taten registriert, welche die Bevölkerung zur

Anzeige brachte (vgl. Kunz 1998, S. 246). Von der Bevölkerung werden jedoch nicht

2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz

14

alle Delikte als Straftaten wahrgenommen und von den wahrgenommen Straftaten

wird wiederum nur ein Teil angezeigt, so daß das Dunkelfeld, d.h. die Summe aller

Delikte, die der Polizei nicht zur Kenntnis gelangen, grundsätzlich größer ist als das

Hellfeld.

Die Anzeigebereitschaft wird besonders von der Schadenshöhe beeinflußt, so daß in

der PKS eher schwere als leichte Delikte registriert sind (vgl. Schwind in Sievers et

al. 1998, S. 459). Außerdem sind die Anzeigeraten vom Alter und von der

Schichtzugehörigkeit abhängig. So bringen ältere Personen eine Straftat häufiger zur

Anzeige als jüngere (vgl. Heinz in Kaiser/Kerner et al. 1993, S. 30). Bei

Unterschichtangehörigen ist die Anzeigebereitschaft höher als bei Angehörigen aus

der Mittel- und Oberschicht (vgl. Schwind in Sievers et al. 1998, S. 459). Zudem

melden Unterschichtangehörige der Polizei häufiger Personendelikte, während

Personen höherer Sozialschichten öfter Eigentumsdelikte anzeigen (vgl. Heinz in

Kaiser/Kerner et al. 1993, S. 30).

Bei den bekanntgewordenen Fällen muß auch die proaktive Tätigkeit der Polizei, d.h.

die Ermittlungen, die die Polizei von sich aus unternimmt ohne Anstöße von außen,

berücksichtigt werden. Vor allem im Bereich der Verkehrs- und Drogendelinquenz

spiegeln die Daten in der PKS die Intensität der polizeilichen Kontrolle wider (vgl.

Kürzinger 1996, S. 130).

Die Aussagekraft der PKS wird des Weiteren dadurch eingeschränkt, daß die Polizei

nur knapp die Hälfte aller ihr bekanntgewordenen Straftaten aufklärt (vgl. Pfeiffer in

Gödelitz et al. 1997, S. 104; s. Tabelle 8 im Anhang), wobei eine Straftat als

aufgeklärt gilt, wenn mindestens ein Tatverdächtiger festgestellt wurde. Da es also

eine Differenz zwischen angezeigten Straftaten und ihrer Aufklärung gibt, bleibt

unbekannt, um welche Altersgruppen es sich bei den registrierten Delikten ohne

Tatverdächtige handelt.

Die Aufklärungsquote hängt nicht nur von der personellen und sachlichen

Ausstattung der Polizei ab, sondern auch von der Deliktschwere und von der

Ermittlungsökonomie (vgl. Schmitt 1998, S. 6f.). So werden schwere Delikte von der

Polizei intensiver verfolgt und häufiger aufgeklärt als Delikte im Bagatellebereich.

Bei Straftaten vergleichbarer Schwere orientiert sich die Polizei bei ihrer

Ermittlungsarbeit eher auf die Delikte, die ohne hohen Aufwand aufzuklären sind.

Ferner ist für die Dateninterpretation der PKS zu beachten, daß es sich bei den

polizeilich registrierten Personen um Tatverdächtige handelt, nicht um rechtskräftig

2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz

15

Verurteilte. Die Mehrheit der Tatverdächtigen wird nicht angeklagt, weil die

Staatsanwaltschaft den Tatverdacht nicht bestätigen kann und somit das Verfahren

eingestellt wird oder weil sie eine informelle Regelung für ausreichend erachtet.

Außerdem muß berücksichtigt werden, daß die Justizbehörden die von der Polizei

beurteilte Schwere des Delikts nicht selten herabstufen (vgl. Kunz 1998, S. 249). Aus

einem von der Polizei noch als versuchter Totschlag registrierten Sachverhalt kann

so in der Strafverfolgungsstatistik eine schlichte Körperverletzung werden. Die PKS

sagt demzufolge nichts über den weiteren Verfahrensverlauf bei den Justizbehörden

aus, so daß spätere Änderungen der rechtlichen Einschätzung in der PKS nicht

berücksichtigt werden.

Bei der Erfassung der Taten bzw. Tatverdächtigen darf ebenfalls nicht außer Acht

gelassen werden, daß die Tatzeit und die registrierte Berichtszeit unter Umständen

auseinanderfällt (vgl. Schmitt 1998, S. 5).

„Die vom Bundeskriminalamt jährlich herausgegebene polizeiliche Kriminalstatistik

ist eher ein Arbeitsnachweis der Polizei mit Angaben über die Ermittlungstätigkeit

und strafrechtliche Bewertung der bekanntgewordenen Taten“ (Sonnen in Verein für

Kommunalwissenschaften e. V. 1997, S.11).

„Gleichwohl sind diese Datenquellen wichtig, liefern sie doch wenigstens ein Abbild

der offiziell registrierten, der für die Öffentlichkeit sichtbaren, für die

Meinungsbildung in Allgemeinheit und Politik bedeutsamen Kriminalität…“

(Kreuzer 1983, S. 51 in Schwind in Sievers et al. 1998, S. 461).

In den folgenden Abschnitten sind die Aussagen zum Umfang und zur Struktur der

registrierten Jugenddelinquenz unter Vorbehalt der angesprochenen Aspekte zu

bewerten.

Die in der vorliegenden Arbeit dargestellten Tabellen und Grafiken der registrierten

Jugenddelinquenz sind der PKS ’99 (= aktuellste Statistik) für den Bereich des

Bundes entnommen und entsprechend seinem Verwendungszweck zusammengestellt

worden. In den folgenden Abschnitten zur amtlich gewordenen Delinquenz handelt

es sich um Straftaten, die lediglich von deutschen Staatsbürgern innerhalb des

Berichtsjahres ’99 in der Bundesrepublik Deutschland begangen wurden.

Des Weiteren möchte ich noch bemerken, daß ich mich bei den Daten in der PKS

hauptsächlich auf Verhältniszahlen, welche die registrierten Straftaten in Relation

zur Einwohnerzahl setzen, beziehe, um den Einfluß von Bevölkerungsschwankungen

2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz

16

zu umgehen. Der hier beigezogene Wert für die Verhältniszahlen stellt die

Tatverdächtigenbelastungsziffer oder Tatverdächtigenbelastungszahl dar. Sie ist die

Zahl der ermittelten Tatverdächtigen pro 100.000 Einwohner des entsprechenden

Bevölkerungsanteils (Stichtag ist der 1.1. des Berichtsjahres) (vgl.

Bundeskriminalamt 2000, S. 18).

2.1.2. Anteile Jugendlicher und Heranwachsender an der Gesamtkriminalität

Betrachtet man die Zahlen in der Tabelle 1 (s. unten), so zeigt sich, daß die

Delinquenz ab dem 12. Lebensjahr sehr stark zunimmt. Diese Zunahme setzt sich bis

zum 20. Lebensjahr fort. Anschließend fällt die Delinquenzbelastung stark ab und

läuft dann nach dem 30. Lebensjahr allmählich aus. Die Heranwachsenden sind mit

einer Tatverdächtigenbelastungszahl (TVB) von 7243, dicht gefolgt von den

Jugendlichen mit einer TVB von 7226, die am stärksten delinquente Gruppe in

unserer Gesellschaft. Die geringste statistische Delinquenzbelastung weisen ältere

Menschen ab 60 sowie Kinder unter 10 Jahren auf.

Tabelle 1:

Quelle: Bundeskriminalamt 2000, S. 97

2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz

17

2.1.3. Geschlechterverteilung und Altersstruktur bezüglich des delinquenten /

kriminellen Verhaltens

Von den 1999 ermittelten Tätern (ohne Kinder) waren 77,2% männlich und 22,8%

weiblich. Das die weibliche Delinquenz / Kriminalität in der PKS geringer ist als die

männliche, bestätigen auch die Tatverdächtigenbelastungszahlen: Während 1999 auf

100 000 Personen der männlichen Bevölkerung 3828 als Täter registriert wurden,

beträgt diese Zahl bei Frauen nur 1101.

Die wesentlich stärkere Delinquenz- oder Kriminalitätsbelastung der männlichen

Bevölkerung ist in allen Bevölkerungsgruppen erkennbar (s. Tabelle 1; Grafik 1).

Besonders ausgeprägt ist sie bei den Heranwachsenden und Jugendlichen. So liegen

die Belastungsspitzen der männlichen Tatverdächtigen in der Altersgruppe der 16 bis

unter 21jährigen Jugendlichen und Heranwachsenden und bei den weiblichen in der

Altersgruppe der 14 bis unter 18jährigen Jugendlichen. Dabei liegt der Höhepunkt

der Belastung mit registrierter Delinquenz beim männlichen Geschlecht zwischen

dem 18. und 20. Lebensjahr und beim weiblichen Geschlecht zwischen dem 14. und

16. Lebensjahr. Die weiblichen Tatverdächtigenbelastungszahlen sind in der

Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen verhältnismäßig hoch, gehen dann,

infolge der starken Delinquenzbelastung der männlichen Bevölkerung, im Alter von

16 Jahren zurück. Die Delinquenzbelastung nimmt bei den Frauen nicht so schnell ab

wie bei den Männern ab dem 21. Lebensjahr. Grafik 1:

Quelle: Bundeskriminalamt 2000, S. 98

2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz

18

2.1.4. Struktur und Deliktschwerpunkte der Delinquenz Jugendlicher und

Heranwachsender

Zunächst geht es um die Frage, bei welchen Straftaten die Tatverdächtigen

Jugendlichen und Heranwachsenden gegenüber den polizeilich ermittelten

Erwachsenen eine hohe Beteiligung aufweisen. Im Anschluß daran wird geklärt,

welche Delikte den größten Anteil bei den Jugendlichen und Heranwachsenden

bilden. Tabelle 2:

Quelle: Bundeskriminalamt 2000, S. 86

2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz

19

In der Tabelle 2 sind die Tatverdächtigenanteile aller Altersgruppen für die einzelnen

Deliktarten aufgezeichnet. Da die Männer in allen Deliktbereichen überrepräsentiert

sind und die Delinquenz / Kriminalität der Frau kaum ins Gewicht fällt, wird das

weibliche Geschlecht bei den nachfolgenden Aussagen über die

Tatverdächtigenanteile der Jugendlichen und Heranwachsenden außen vorgelassen.

Beim Vergleich der Struktur der Jugendlichen- und Heranwachsendendelinquenz mit

der der Erwachsenenkriminalität ergibt sich folgendes Bild:

Die männlichen Jugendlichen sind bei den Raubdelikten, dem Diebstahl unter

erschwerenden Umständen und der Sachbeschädigung stark vertreten. Hohe

Tatverdächtigenanteile weisen sie auch bei der schweren Körperverletzung, beim

Diebstahl ohne erschwerende Umstände, bei den Straftaten gegen das Waffengesetz

und bei den Delikten Begünstigung, Strafvereitelung, Hehlerei und Geldwäsche auf.

Bei den männlichen Heranwachsenden sind die Anteile beim Raub, beim Diebstahl

unter erschwerenden Umständen und bei den Rauschgiftdelikten

überdurchschnittlich hoch. Des Weiteren sind sie bei der schweren Körperverletzung,

bei der Sachbeschädigung, bei den Straftaten gegen das Waffengesetz, beim

Widerstand gegen die Staatsgewalt und bei der Begünstigung, Strafvereitelung,

Geldwäsche und Hehlerei stark beteiligt.

Bei den Raubdelikten und beim Diebstahl unter erschwerenden Umständen beträgt

der Tatverdächtigenanteil der Jugendlichen mit den der Heranwachsenden mehr als

50%. Allerdings muß hierbei berücksichtigt werden, daß es sich bei den

Raubdelikten der Jugendlichen und Heranwachsenden überwiegend um den

Straßenraub handelt und beim schweren Diebstahl vorrangig um Diebstähle aus

Kiosken und Automaten (s. Tabelle 9 im Anhang; Bundeskriminalamt 2000, S. 139).

Wegen der Tötungsdelikte, der Vergewaltigung, der leichten Körperverletzung und

der Straftaten gegen die persönliche Freiheit werden die Jugendlichen und

Heranwachsenden bei der Polizei seltener auffällig als die Erwachsenen. Gewaltsame

Taten einschließlich Sexualdelikte können demzufolge der Erwachsenenkriminalität

zugerechnet werden.

Ingesamt gesehen, werden die Jugendlichen und Heranwachsenden wegen weniger

schwerwiegenderen Delikte registriert als die Erwachsenen.

Darüber hinaus ist noch der Tabelle 2 zu entnehmen, daß sich die Vielfalt der

Deliktarten mit zunehmendem Alter erhöht, was am deutlichsten an dem Delikt der

Veruntreuung, an den Wettbewerbs-, Korruptions- und Amtsdelikten sowie an der

2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz

20

Verletzung der Unterhaltspflicht zu erkennen ist. Demzufolge ist bei den

Jugendlichen und bei den Heranwachsenden das Spektrum der Delikte enger als bei

den Erwachsenen. Die nachfolgende Tabelle zeigt, welche Delikte in der Altersgruppe der 14 –

20jährigen vorherrschen. Tabelle 3:

Quelle: Bundeskriminalamt 2000, S. 88 und 89 Der Diebstahl ohne erschwerende Umstände dominiert in allen Alters- und

Geschlechtsgruppen (s. Tabelle 3), wobei der Anteil an diesem Delikt bei den

weiblichen Jugendlichen am höchsten ist. Daneben werden die weiblichen

Jugendlichen, sowie die weiblichen Heranwachsenden wegen Betrugs in größerer

Zahl erfaßt. Bei den männlichen Jugendlichen fällt neben dem leichten Diebstahl die

Sachbeschädigung und der Diebstahl unter erschwerenden Umständen ins Gewicht,

bei den männlichen Heranwachsenden ragen die Rauschgiftdelikte, der Betrug und

der Diebstahl unter erschwerenden Umständen heraus.

2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz

21

Der einfache Diebstahl und der Betrug haben einen wesentlich höheren Anteil an der

weiblichen Delinquenz der Jugendlichen und Heranwachsenden als an der

männlichen.

Sowohl die männlichen als auch die weiblichen Jugendlichen und Heranwachsenden

treten bei der Verletzung der Unterhaltspflicht und bei den Wettbewerbs-,

Korruptions- und Amtsdelikten als Tatverdächtige gar nicht in Erscheinung. Die

Delikte Mord und Totschlag, Vergewaltigung, Beleidigung, Brandstiftung und die

Straftaten gegen die Umwelt und gegen strafrechtliche Nebengesetze auf dem

Wirtschaftssektor spielen bei den Jugendlichen und Heranwachsenden nur eine sehr

geringe Rolle.

Die Delinquenz der Jugendlichen und Heranwachsenden besteht somit zum größten

Teil aus den Eigentums- und Vermögensdelikten. Zählt man den einfachen und

schweren Diebstahl, den Betrug, die Unterschlagung, die Veruntreuung und die

Begünstigung, Strafvereitelung, Hehlerei und Geldwäsche zu den Eigentums- und

Vermögensdelikten, dann beträgt diese Delinquenz bei den männlichen Jugendlichen

und bei den weiblichen Heranwachsenden über 60%, bei den weiblichen

Jugendlichen sogar über 70%. Da die Bedeutung der Eigentumsdelikte mit

zunehmenden Alter abnimmt, liegt der Anteil an den Eigentums- und

Vermögensdelikten männlicher Heranwachsender bei 53,4%, bei den männlichen

Erwachsenen unter 50%. Im Erwachsenenalter setzt sich lediglich die weibliche

Kriminalität zum weitaus überwiegenden Teil aus den Eigentumsdelikten zusammen.

2.1.5. Die Belastung Jugendlicher und Heranwachsender für die einzelnen

Deliktarten

Im Gegensatz zum vorherigen Abschnitt werden hier die ermittelten Tatverdächtigen

zur betreffenden Bevölkerungsgruppe in Relation gesetzt. Es wird also die

Delinquenzbelastung der Jugendlichen und Heranwachsenden für die einzelnen

Deliktarten dargelegt. Da die PKS in ihrer Tabelle zur Delinquenzbelastung

zwischen den neuen und alten Ländern differenziert, sind eigene Berechnungen

vonnöten. Demzufolge wird die Tabelle in der PKS auf das gesamte Bundesgebiet

umgestellt. Das geschieht durch folgende Formel:

länderalteBundesländerneueBundes

länderalteBundesländeralteBundesländerneueBundesländerneueBundesgesamt ahlEinwohnerzahlEinwohnerz

ahlEinwohnerzTVBahlEinwohnerzTVBTVB+

×+×=

2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz

22

StraftatengruppenKinder Jugendliche Heranwachs. Erwachsende

8<14 Jahre 14<18 Jahre 18<21 Jahre >21 JahreMord und Totschlag 0 4 8 3

Vergewaltigung und sexuelle Nötigung 1 10 16 5

Raubdelikte 44 258 212 19

gefährliche und schwere Körperverletzung 110 600 618 92

vorsätzliche leichte Körperverletzung 132 647 688 225

Straftaten gegen die persönliche Freiheit 32 215 340 124

Diebstahl insgesamt 1.585 3.653 2.352 544

von Kraftwagen 10 148 173 14

Diebstahl ohne erschwerende Umstände 1.451 3.045 1.782 485

Ladendiebstahl 1.258 2.277 1.086 368

Diebstahl unter erschwerenden Umständen 193 926 831 82

Betrug 35 539 1.147 392

Veruntreuung 0 2 11 36

Unterschlagung 12 78 207 64

Urkundenfälschung 4 88 119 39Widerstand gegen die Staatsgewalt undStraftaten gegen die öffentliche Ordnung

56 347 474 100

Begünstigung, Strafvereitelung, Hehlerei, Geldwäsche

18 117 122 20

Brandstiftung und Herbeiführen einer Brandgefahr

53 50 35 12

Wettbewerbs-, Korruptions- und Amtsdelikte 0 0 2 7

Verletzung der Unterhaltspflicht 0 0 3 22

Beleidigung 34 213 311 144

Sachbeschädigung 369 1.151 823 114

Straftaten gegen die Umwelt (StGB) 2 10 38 31

Straftaten gegen strafrechtliche Nebengesetze 0 10 32 34

Straftaten gegen AuslG und AsylverfG 0 3 22 19

Straftaten gegen das Waffengesetz und gegendas Kriegswaffenkontrollgesetz

12 94 111 20

Rauschgiftdelikte (BtMG) 21 802 1.595 137

Straftaten insgesamt 2.300 7.058 7.122 1.927

Tatverdächtigenbelastungszahl

Bei den Einwohnerzahlen für die alten und neuen Bundesländer habe ich mich auf

eine Tabelle des Statistischen Bundesamtes Deutschland bezogen, die im Internet auf

der Homepage http://www.statistik-bund.de/jahrbuch/Jahrtab1.htm nachzulesen ist.

Da die Zahlen vom 31. Dezember `99 stammen, aber sich die Einwohnerzahlen in

der PKS auf einen früheren Zeitpunkt beziehen, treten bei den

Delinquenzbelastungszahlen in der nachfolgenden Tabelle leichte Verzerrungen auf

(vgl. die TVB insgesamt in Tabelle 1 mit den TVB insgesamt in Tabelle 4). Des

Weiteren können die Verzerrungen dadurch zustande gekommen sein, daß die

Tabelle nur die Altersgruppen berücksichtigt, aber nicht das Geschlecht. Es kann

davon ausgegangen werden, daß die tabellarischen Zahlenwerte eher die männlichen

Personen widerspiegeln, da der Anteil der weiblichen Personen an der Delinquenz

minimal ist.

Tabelle 4:

Quelle: Berechnungen anhand der Zahlen in der Tabelle T63 des Bundeskriminalamts 2000, S. 101

2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz

23

Laut Tabelle 4 werden im Jahr ’99 7% der Jugendlichen und 7,1% der

Heranwachsenden wegen einer oder mehreren Straftaten bei der Polizei registriert,

während die registrierte Delinquenz bei den Kindern 2,3% und bei den Erwachsenen

1,9% beträgt. Dementsprechend sind die Jugendlichen und Heranwachsenden

gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil bei den Tatverdächtigen um ein Mehrfaches

überrepräsentiert.

Ausgehend von diesen Tatverdächtigenbelastungszahlen werden gegen 3% der

Jugendlichen (oder 43,1% aller registrierten Jugendlichen) und 1,8% der

Heranwachsenden (oder 25,0% aller angezeigten Heranwachsenden) wegen

Diebstahl ohne erschwerende Umstände polizeilich ermittelt. Somit liegt die

Tatverdächtigenbelastungszahl des leichten Diebstahls bei den Jugendlichen 6 mal

höher als bei den Erwachsenen.

Ebenso wird der Diebstahl unter erschwerenden Umständen nach der polizeilichen

Registrierung von den Jugendlichen 6 mal häufiger begangen als von den

Erwachsenen.

Der Diebstahl insgesamt zeigt zwar in allen Altersgruppen die weiteste Verbreitung,

ist aber für die Erwachsenen im Vergleich zu den Jugendlichen und

Heranwachsenden weniger relevant. Dafür weisen die Erwachsenen eine erheblich

höhere Belastung bei den wirtschaftlich orientierten Delikten auf, obwohl diese

Deliktgruppe quantitativ gesehen für alle Altersgruppen eine geringe Bedeutung hat.

Die Sachbeschädigung nimmt bei der Delinquenz der Jugendlichen 1%, die

Rauschgiftdelikte bei den Heranwachsenden 1,6% ein. Jugendliche sind insofern

vom Delikt der Sachbeschädigung 10 mal häufiger belastet als Erwachsene. Die

Tatverdächtigenbelastungsziffer bei den Rauschgiftdelikten liegt bei den

Heranwachsenden 11 mal höher als bei den Erwachsenen.

Bei allen Gewaltdelikten, mit Ausnahme der Straftaten gegen die persönliche

Freiheit, sind die Jugendlichen und Heranwachsenden stärker belastet als die

Erwachsenen. Trotzdem spielen die gewaltsamen Delikte, wenn man sie den

Bereicherungsdelikten gegenüberstellt, zahlenmäßig lediglich eine geringe Rolle.

Es gibt also durchaus gravierende Delikte, die überproportional von den

Jugendlichen und Heranwachsenden begangen werden, jedoch besteht der

überwiegende Teil der registrierten Jugendlichen- und Heranwachsendendelinquenz

aus leichten Straftaten.

2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz

24

2.1.6. Häufigkeit der polizeilichen Registrierungen Jugendlicher und

Heranwachsender

In diesem Abschnitt wird Auskunft darüber erteilt, wie oft Jugendliche und

Heranwachsende bei der Polizei registriert wurden. Die PKS enthält zu diesem Punkt

keine Informationen, so daß ich für diesen Abschnitt andere Literaturquellen

heranziehe.

Die kriminologische Untersuchung des Geburtsjahrgangs 1953 in Berlin von

Weschke und Krause konnte belegen, daß etwa die Hälfte der Jugendlichen im

Erfassungszeitraum von 21 Jahren nur eine Eintragung im Bundeszentralregister

aufwies (ohne Straßenverkehrsdelikte) (vgl. Weschke et al. 1983, S. 240 in Albrecht

2000, S. 14). Die überwiegende Mehrzahl der bei der Polizei aufgefallenen

Jugendlichen (70%) war maximal zweimal registriert. Ähnliche Befunde finden sich

in der Folgeuntersuchung derselben Wissenschaftler über den Geburtsjahrgang 1964

in einem Berliner Bezirk. Hier traten 57% der mit Straftaten aufgefallenen

Jugendlichen einmal in Erscheinung, wobei diese Beobachtung auch Gewaltdelikte

betrifft: „Die Körperverletzungsdelikte weisen aus, daß es sich fast ausschließlich

um Einmaltäter handelt. Dies gilt für die einfache wie auch die schwere und

gefährliche Körperverletzung. In diesem Deliktbereich sind Intensiv- und Serientäter

nicht festzustellen“ (Weschke et al. 1989, S. 193 in Albrecht 2000, S. 14).

Auch Kerners Zitat belegt, daß nur eine Minderheit der jungen Täter mit der Polizei

mehrfach in Kontakt gerät: „Mehrfachtäterschaft im Sinne von dreimaliger oder gar

fünfmaliger Auffälligkeit ist im Querschnitt wie im Längsschnitt kaum jemals bei

mehr als 10% der (männlichen) Population zu finden“ (H. J. Kerner 1989, S. 38 in

S. Kerner 1996, S. 58).

Nach einer Untersuchung in Baden – Württemberg begingen 8,7% der 16 –

18jährigen Tatverdächtigen mit 5 und mehr Straftaten über einen Zeitraum von 3

Jahren 42% aller jugendlichen Delikte. Auf das Konto der registrierten Einmaltäter,

die 67,8% der genannten Alterskohorte ausmachten, entfielen lediglich 31% der

Straftaten (vgl. Max – Planck – Institut 1988, S. 88 in Kaiser in Markefka et al. 1989,

S. 720). Diese sowie andere deutsche Untersuchungen bestätigen, daß eine kleine

Gruppe von Straftätern unter 21 Jahren einen großen Teil aller registrierten Delikte

in dieser Altersklasse auf sich vereinigt.

2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz

25

„Mehrfache Auffälligkeit“ ist jedoch nicht gleichbedeutend mit der Verübung

schwerer Straftaten. Die Deliktstruktur der Mehrfachtäter weist nämlich ähnliche

Züge auf wie die der nur einmal und gelegentlich auffallenden Jugendlichen und

Heranwachsenden. So liegt auch der Deliktschwerpunkt bei den mehrfach straffällig

gewordenen Tatverdächtigen unter 21 Jahren auf dem Diebstahl (vgl. Kaiser in

Kaiser/Kerner et al. 1993, S. 180). Dabei stellt der Diebstahl zu etwa 85% der von

jugendlichen und ca. 76% der von heranwachsenden Mehrfachtätern begangen

Straftaten dar (vgl. LKA NRW 1981, S. 131ff. in Kaiser in Kaiser/Kerner et al. 1993,

S. 180).

Die altersgebundenen Unterschiede bei den Tatverdächtigenbelastungszahlen (s.

Tabelle 1) sowie die Befunde zur Registrierung verdeutlichen, daß die meiste

registrierte Delinquenz der Jugendlichen und Heranwachsenden vorübergehend ist.

Auch für den Großteil der mehrfach Auffälligen besitzt das delinquente Verhalten

einen episodenhaften Charakter (vgl. Lamnek 1982, S. 18 in Albrecht 2000, S. 15).

2.2. Jugendliche Delinquenz aus dem Dunkelfeld

In diesem Abschnitt werden die Erträge zur Jugenddelinquenz aus der

Dunkelfeldforschung vorgestellt. Vor der Bekanntgabe dieser Ergebnisse möchte ich

jedoch den Begriff der Dunkelfeldforschung näher erläutern und auf seine Grenzen

hinweisen.

Die kriminologische Dunkelfeldforschung bemüht sich darum, das quantitative und

strukturelle Verhältnis zwischen registrierten Fällen bzw. Straftaten und der

vermuteten Zahl tatsächlich begangener Straftaten zu erfassen (vgl. Eisenberg 2000,

S. 6). Unter anderem werden solche Straftaten nicht bekannt, wie bereits im

vorherigen Kapitel erwähnt, die nicht zur Anzeige gelangen, wobei einige Gründe für

eine Nichtanzeige folgende sein können:

• Der Betroffene sieht den erlittenen Schaden als zu geringfügig an oder empfindet

sich selbst nicht als Opfer

• Der Betroffene verspricht sich von der Strafanzeige keinen Erfolg

• Der Betroffene schämt sich (z.B. bei einer Vergewaltigung)

• Der Betroffene hat Angst vor dem Täter

• Der Fall wird von den Beteiligten privat geregelt

2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz

26

• Der Betroffene fürchtet sich vor der Gerichtsverhandlung

• Der Betroffene hat Mitleid mit dem Täter

• Die Anzeige ist für den Betroffenen zu zeitaufwendig

• Der Betroffene möchte mit der Polizei nichts zu tun haben

(vgl. LKA 1990, S. 1 in Walter 1995, S.17; Schwind 1978, S. 207 in Kürzinger 1996,

S. 127f.)

Die Verfahren, die die empirische Forschung zur Aufhellung des Dunkelfeldes

entwickelt hat, sind die Befragung, das Experiment und die Beobachtung. Allerdings

sind alle drei Methoden nicht unproblematisch. So lassen sich z.B. im Experiment

nur wenige Delikte simulieren (vgl. Schmitt 1998, S. 9) und in

Umfrageuntersuchungen kann kaum kontrolliert werden, ob die befragten Personen

ehrlich geantwortet haben und ob sie über ein ausreichendes präzises

Erinnerungsvermögen verfügen (vgl. Steuber 1988, S. 47).

Da das Dunkelfeld nicht genau und zuverlässig gemessen werden kann, sind die

Aussagen zur Dunkelfeldforschung begrenzt. Es muß demnach auch bei den

Ergebnissen der Dunkelfeldforschung mit Verzerrungen gerechnet werden.

„Während die Kriminalstatistik die Wirklichkeit der registrierten Kriminalität

abbildet, zeichnet die Dunkelfeldforschung die Wirklichkeit der mit Methoden der

Schätzung, der Bevölkerungsbefragung und der teilnehmenden Beobachtung

nichtamtlich wahrgenommenen Kriminalität nach“ (Kunz 1998, S. 294).

Faßt man die Ergebnisse der bisherigen Dunkelfeldforschung zusammen, so ergibt

sich für die Jugenddelinquenz folgendes Bild (vgl. Siegel et al. 1997, S. 34 – 84 in

Schneider in Sievers et al. 1998, S. 469f.; Bynum et al. 1996, S. 51 – 89 in Schneider

in Sievers 1998, S. 469f.; Regoli et al. 1991, S. 25 – 49 in Schneider in Sievers et al.

1998, S. 469f.):

• Bei der jugendlichen Delinquenz gibt es keine Zweiteilung in Delinquente und

Nichtdelinquente. Auf der einen Seite befinden sich Jugendliche, die keine

Delikte oder leichtere Straftaten seltener verüben. Diese Jugendlichen stellen die

Mehrheit dar und ihr delinquentes Verhalten bildet sich in den meisten Fällen

von selbst zurück, ohne offizielles Eingreifen. Ihre Delinquenz kann demnach als

Episode betrachtet werden. Demgegenüber steht eine Minderheit von

2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz

27

Jugendlichen, die häufig und schwere Delikte begehen. Diese Gruppe ist für den

Großteil der Straftaten, speziell für die Gewaltdelikte, verantwortlich. Ein Teil

von ihnen entwickelt sich zum Rückfalltäter, so daß die Delinquenz /

Kriminalität auch im Erwachsenenalter fortbesteht.

• Die weibliche Delinquenz der Jugendlichen ist viel geringer als die männliche.

Die Differenz zwischen männlicher und weiblicher Delinquenzbelastung ist

jedoch im Dunkelfeld nicht so groß wie im Hellfeld, d.h. wie in der amtlichen

Delinquenzstatistik. Da Mädchen weniger häufig delinquieren und leichtere

Straftaten verüben, verbleibt ihre Delinquenz in höherem Maße im Dunkelfeld

als die ihrer männlichen Altersgenossen.

• Ein großer Teil der Delikte gelangt der Polizei nicht zur Kenntnis. Die meiste

Delinquenz der Jugendlichen, die im Dunkelfeld verborgen bleibt, besteht aus

leichteren Formen (z.B. aus Ladendiebstählen und Vandalismus).

• Die Jugendlichen, die häufig und schwere Delikte begehen, werden bei der

Polizei eher angezeigt als die Jugendlichen, die selten und leichte Straftaten

verüben. So haben die Instanzen der formellen Sozialkontrolle es überwiegend

mit schwerwiegenderen Delikten zu tun. Das Risiko bei einer Straftat entdeckt zu

werden, hängt demnach von der Schwere und von der Häufigkeit des Delikts ab.

• Die Jugenddelinquenz taucht in allen Bevölkerungsschichten auf. Allerdings

werden die häufigeren und schwereren Rechtsbrüche von Jugendlichen aus der

Unterschicht begangen. Die Unterschichtjugendlichen erhalten bei der Polizei

öfter eine Anzeige als die Jugendlichen aus der Mittel- und Oberschicht.

2.3. Zusammenfassung der wichtigsten Befunde zur Jugenddelinquenz

Zum Abschluß dieses Kapitels möchte ich die wichtigsten empirischen und

statistischen Befunde zur Jugenddelinquenz zusammenfassen.

Aus der Dunkelfeldforschung und aus den Daten der PKS geht hervor, daß sich die

männlichen Jugendlichen häufiger delinquent verhalten als die weiblichen.

Allerdings ist der Unterschied zwischen der männlichen und weiblichen

Delinquenzbelastung im Dunkelfeld nicht so groß wie im Hellfeld.

Betrachtet man die Altersgruppen, in denen das männliche Geschlecht am häufigsten

Delikte begeht, so ergeben die Daten in der PKS, daß Jungen im Alter von 18 – 20

2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz

28

Jahren die höchste Delinquenzbelastung aufweisen. Mädchen werden hingegen in

der Altersgruppe der 14 – 16jährigen am häufigsten straffällig.

Obwohl die Jugendlichen und Heranwachsenden im Hellfeld die stärkste delinquente

Gruppe darstellen, wird nur ein geringer Prozentsatz von den Jugendlichen und

Heranwachsenden als tatverdächtig registriert.

Legt man die empirischen Ergebnisse zugrunde, scheint fast jeder Jugendliche schon

einmal eine Straftat begangen zu haben. Demnach ist es zwar normal im Jugendalter

zu delinquieren, aber anormal, deswegen auch entdeckt und gerichtlich verurteilt zu

werden (vgl. Kaiser 1979, S. 157 in Landscheidt 1995, S. 18).

Abgeleitet aus dem empirischen Resultat, daß die nicht amtlich gewordene

Delinquenz überwiegend leichte Straftaten umfaßt, begehen jugendliche

Nichtregistrierte schwere Delikte selten. Unter den Nichtregistrierten befindet sich

also lediglich ein kleiner Teil, der schwere Delikte verübt und häufig delinquiert.

Bei der polizeilichen Registrierung machen die Eigentums- und Vermögensdelikte

den Hauptanteil der Jugendlichen- und Heranwachsendendelinquenz aus. Sowohl bei

weiblichen als auch bei männlichen Jugendlichen und Heranwachsenden ist der

leichte Diebstahl nach den amtlichen Zahlen vorherrschend. Während bei den

weiblichen Tatverdächtigen unter 21 Jahren die Anteile am einfachen Diebstahl und

am Betrug höher liegen als bei den männlichen, besitzt der Diebstahl unter

erschwerenden Umständen einen erheblich höheren Anteil an der männlichen

Delinquenz der jeweiligen Altersgruppe.

Betrachtet man die Straftaten, bei denen die erfaßten Jugendlichen und

Heranwachsenden im Gegensatz zu den polizeilich ermittelten Erwachsenden

besonders auffallen, so zeigt sich beim männlichen Geschlecht unter 21 Jahren

folgende Deliktstruktur: Raub, schwerer und leichter Diebstahl, Sachbeschädigung,

Rauschgiftdelikte, schwere Körperverletzung, Straftaten gegen das Waffengesetz,

Hehlerei und Widerstand gegen die Staatsgewalt.

Obwohl die Jugendlichen und Heranwachsenden bei allen Gewaltdelikten (außer den

Freiheitsdelikten) stärker belastet sind als die Erwachsenen, nimmt diese

Straftatengruppe – wenn man sie den Eigentumsdelikten gegenüber stellt – bei der

polizeilichen Registrierung nur eine geringe Bedeutung ein. Auch nach den

Dunkelfelduntersuchungen begeht nur eine Minderheit der Jugendlichen gewaltsame

Delikte. Mädchen sind bei derartigen Handlungen nach den polizeistatistischen

Daten unterrepräsentiert.

2. Statistische und empirische Befunde zum Umfang und zur Struktur der Jugenddelinquenz

29

Sowohl die Ergebnisse aus der Dunkelfeldforschung als auch die registrierte

Delinquenz belegen, daß die mehrfache und schwere Deliktsbegehung bei den

Jugendlichen lediglich in geringem Maße vorkommt. Wiederholte, schwere Delikte

werden im Jugendalter selten verübt oder nur von einem kleinen Täterkreis

begangen, hingegen treten leichte Delikte bei Jugendlichen häufig auf.

Für die Mehrzahl der Jugendlichen und Heranwachsenden stellt das delinquente

Verhalten nach der empirischen Sozialforschung und den amtlichen Daten eine

Episode dar und nur eine Minderheit jugendlicher Straftäter wird zum Kriminellen.

3. Charakteristik der Jugenddelinquenz

30

3. Charakteristik der Jugenddelinquenz

Erwachsenenkriminalität und Jugenddelinquenz sind in ihren Eigenarten,

insbesondere in ihrer Motivation, höchst unterschiedlich. In diesem Kapitel werden

die Besonderheiten der jugendlichen Delinquenz aufgezeigt, und es wird der Frage

nachgegangen, aus welchen Motivationen oder Anlässen heraus Jugendliche

delinquieren.

Da die Delinquenz der Jugendlichen die unterschiedlichsten strafrechtlichen

Verhaltensweisen umfaßt, ist Konkretheit notwendig, so daß die Charakteristika der

einzelnen Delikte darlegt werden, wobei ich mich auf solche Straftaten beschränke,

die von den Jugendlichen am häufigsten begangen werden.

3.1. Eigenarten und Funktionen des delinquenten Verhaltens Jugendlicher

Jugenddelinquenz ist meist ungeplant und erfolgt aus einer Augenblicksstimmung

heraus (vgl. Schneider in Sievers et al. 1998, S. 471). Infolgedessen begehen die

Jugendlichen Delikte, die von ihrer Tatausführung unkompliziert sind. Die

mangelnde Tatplanung und die „leichten“ Straftaten haben wiederum zur Folge, daß

die Jugendlichen von der Polizei häufiger gefaßt und überführt werden als die

Erwachsenen (vgl. Blankenberg 1978, S. 182 in Albrecht 2000, S. 12). Zudem sind

die jungen Täter eher bereit ein Geständnis abzulegen als die Erwachsenen (vgl.

Schneider in Sievers et al. 1998, S. 471). Jedoch liegen in der Planlosigkeit der

Deliktsbegehung von Jugendlichen auch „Momente gefährlicher

Unberechenbarkeit“ (Kaiser 1988 S. 506 in Kerner 1996, S. 56), so daß Schäden

entstehen können, die die Jugendlichen nicht vorausgesehen und nicht gewollt haben.

Die jugendliche Delinquenz ist grundsätzlich ein Gruppenphänomen, wobei das

gemeinschaftliche Delinquieren häufig in der Gesellschaft Gleichaltriger stattfindet.

Dabei ist die Zahl der Gruppenmitglieder oder Mittäter recht unterschiedlich und

unter anderem vom Lebensalter abhängig. Denn „je jünger die Beteiligten sind, desto

eher neigen sie dazu, auffälliges Verhalten in der Gruppe zu begehen, und desto

wahrscheinlicher ist es auch, daß die entsprechende Gruppe eine vergleichsweise

große Zahl von Mitgliedern hat“ (Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales

des Landes Nordrhein – Westfalen 1997, S. 32). Erst in der Altersgruppe der 16-

3. Charakteristik der Jugenddelinquenz

31

18jährigen beginnt die Einzeltäterschaft, solange nicht die Zweier – Beziehung

fortgeführt wird.

Wie die Größe delinquierender Gruppen weist auch deren Struktur eine große

Vielfalt auf. Es überwiegen die zufälligen, lockeren, kurzlebigen, Gesellungsformen

(Cliquen, Meuten) (vgl. Kaiser 1988, S. 526), während man verfestigte Gesellungen

in Form von halb- oder vollorganisierter Banden oder Gangs in der Altersgruppe der

14 – 20jährigen nur in Ausnahmefällen antrifft.

Die Delinquenz der Jugendlichen hat vielfältige psychosoziale Funktionen. So

können Mädchen und Jungen mit der Deliktsbegehung

• versuchen, die Statussymbole von Erwachsenen zu erreichen

• versuchen, einen erwünschten Lebensstil und sozialen Status zu realisieren

• versuchen, sich ein Zugehörigkeitsgefühl zu bestimmten peer – groups zu

verschaffen

• einen subkulturellen Lebensstil symbolisieren

• grenz- und normüberschreitende Erfahrungen und Erlebnisse suchen

• sozialen Protest oder gesellschaftliche Wertkritik äußern

• versuchen, sich gegen die Kontrolle Erwachsener zu wehren

• einen jugendtypischen Mangel an Selbstkontrolle äußern

• versuchen, Konflikte und Spannungen im sozialen Nahraum und damit

verbundene Ohnmachtsgefühle zu kompensieren

• versuchen, frustrierende Schul- und Berufserfahrungen zu bewältigen

• auf starke psychosoziale Belastungen reagieren bzw. auf heftige psychische und

soziale Entwicklungsstörungen hinweisen

(vgl. Ziehlke 1993, S. 71f.).

3.2. Diebstahl allgemein

Viele Jugendliche stehlen nicht aus einer echten Notlage heraus, sondern um nicht

auf die Lebensgewohnheiten und Annehmlichkeiten verzichten zu müssen. Ihre

knappen Geldressourcen reichen oftmals nicht aus, um die immer größer werdenden

Wünsche oder Bedürfnisse zu befriedigen.

Aneignungshandlungen werden neben der Großmannsucht u.a. aus Furcht, Eifersucht

oder Rache gegen angetanes Unrecht angetroffen (vgl. Brückner 1961, S. 43). In

3. Charakteristik der Jugenddelinquenz

32

Brückners Beispiel entwendete ein Junge die goldene Armkette seines besten

Freundes, das dieser einem Mädchen schenken wollte, weil der Freund ihn wegen

des Mädchens vernachlässigte und zudem mehr Erfolg bei Mädchen besaß als er

selbst (vgl. ebd., S. 45).

Ferner kann auch eine Leidenschaft zum Basteln oder eine sonstige Liebhaberei zum

Diebstahl verführen, wenn die Jugendlichen nicht über entsprechende Geldbeträge

verfügen. Die Gefahr, daß die Jugendlichen sich das benötigte Material oder die

sonstigen Sachen auf unerlaubte Weise beschaffen, ist vor allem dann sehr groß,

wenn die betreffenden Sachen nicht genau kontrolliert und die Jugendlichen nicht in

dem gebotenen Umfang beaufsichtigt werden.

Benötigen die Jugendlichen dringend Geld und ist dies nicht auf legalem Wege zu

beschaffen, dann wird es zunächst innerhalb der Familie entwendet (vgl. Brückner

1961, S. 44). Soweit das Geld der eigenen Familie genügt, bleiben die Diebstähle auf

die nächsten Angehörigen beschränkt. Ist das aber nicht der Fall, dann werden auch

außerhalb des Familienkreises illegale Methoden angewandt, um an das nötige Geld

zu gelangen.

Für die Diebstähle kann ebenfalls das Geltungsverlangen ausschlaggebend sein.

Besonders Jugendliche, die von Gleichaltrigen keine Akzeptanz erfahren, greifen zu

illegalen Mitteln. Das Diebesgut wird großzügig verschenkt oder u.a. in

Schleckereien für sich und andere umgesetzt, um sich auf diese Art und Weise

Anerkennung zu verschaffen. Ebenso wird versucht über die Straftat Ansehen zu

erwerben.

Haben die Jugendlichen bei ihrem ersten Diebstahl Erfolg, kommt es im allgemeinen

zu weiteren Eigentumsdelikten (vgl. Brückner 1961, S. 46). Denn der den

Jugendlichen eigene Optimismus läßt sie glauben, daß es ebenso wie beim ersten

Mal immer wieder gut gehen werde. Außerdem ist die Hemmschwelle für eine

weitere Tat gesunken, so daß moralische Bedenken nicht mehr aufkommen oder

unterdrückt werden.

Bei den Jugendlichen, die mehrere Diebstähle begangen haben, ist die

Gleichartigkeit oder Ähnlichkeit der Begehungsweise auffallend. Bei den späteren

Straftaten werden jedoch die Erfahrungen aus den vorherigen Delikten verwertet, so

daß auch größere Schwierigkeiten überwunden werden, um an die Beute zu

gelangen. Die Jugendlichen riskieren also immer mehr, so daß sie meist auch nach

mehreren Straftaten gefaßt werden.

3. Charakteristik der Jugenddelinquenz

33

3.3. Diebstahl ohne erschwerende Umstände

Die Mehrheit der Jugendlichen und Heranwachsenden wird wegen des leichten

Diebstahls in Warenhäusern, Verkaufsräumen und Selbstbedienungsläden registriert

(vgl. Bundeskriminalamt 2000, Anhang S. 7 ff.). Erst in weitem Abstand folgen die

Fahrraddiebstähle und die Diebstähle in Wohnungen. Da diese drei Diebstahlgruppen

in der Altersgruppe der 14-20jährigen zahlenmäßig eine herausragende Rolle

einnehmen, sollen sie näher betrachtet werden. Der Diebstahl aus Wohnungen bleibt

allerdings unberücksichtigt, weil er sich eher den heranwachsenden und

erwachsenden Tätern zuschreiben läßt. Dafür werden die Eigenarten und

Besonderheiten der Kraftfahrzeugdiebstähle dargestellt.

Die Erfahrung „Gelegenheit macht Diebe“ kennzeichnet die Situation des

Warenhaus- und Ladendiebstahls (vgl. Kaiser 1988, S. 720). Im Gegensatz zu dem

Diebstahl von Fahrrädern, Kraftfahrzeugen oder jenem aus Wohnungen wird mit

dem Warenhaus- und Ladendiebstahl in der Regel zugleich der Täter entdeckt.

Vor allem in Warenhäusern werden die Jugendlichen leicht dazu verführt, einen

Normbruch zu begehen, denn „das Warenhaus versucht mit allen Mitteln den

Wunsch zu erregen, einen Gegenstand zu besitzen…“ (V. Hentig 1955 in Brückner

1961, S. 47). Dieses Zitat dient also als Erklärung, warum sich die meisten

Diebstähle in der Altersklasse unter 21 Jahren in den Kaufhäusern ereignen. Aber

auch das als anonym empfundene Warenangebot liefert dafür eine Begründung (vgl.

Kaiser 1988, S. 720).

Für die Jugendlichen ist nicht der objektive Wert des entwendeten Gegenstandes

entscheidend, sondern die subjektive Verwertbarkeit, so daß es sich häufig um

entwendete Sachen mit geringem Wert handelt (vgl. Brückner 1961, S. 48). Von den

Jugendlichen werden vor allem Bekleidung, Lebens- und Genußmittel, Schreib- und

Spielwaren, Toilettenartikel und CDs angeeignet (vgl. Kaiser 1988, S. 719), wobei

diese Tatobjekte eine geschlechtsspezifische Ausdifferenzierung besitzen.

Der überwiegende Teil der Jugendlichen und Heranwachsenden begeht die Tat allein

(vgl. Krupp et al. In Müller et al. 1998, S. 225), so daß Gruppentäterschaften

lediglich eine geringe Bedeutung einnehmen. Eine enge Verbindung zwischen

Warenhausdiebstählen und der Beschaffungskriminalität bildet bei den Jugendlichen

eher die Ausnahme.

3. Charakteristik der Jugenddelinquenz

34

Einige Motive für diese Straftat wurden auch schon im vorherigen Abschnitt

erwähnt:

• Aneignung von Artikeln, die man sich anders nicht leisten kann

• Nachahmungseffekt

• Anstiftung durch andere

• Prestigegewinn

(vgl. Krupp et al. In Müller et al. 1998, S. 225)

Darüber hinaus spielen die Mut – oder Bewährungsproben eine bedeutsame Rolle,

denn das Warenhaus bietet den Jugendlichen die Gelegenheit, ihre Geschicklichkeit

unter Beweis zu stellen und den Reiz des Verbotenen auszukosten (vgl. Geerds in

Sievers et al. 1998, S. 48).

Die Wegnahme eines Kraftfahrzeugs erfolgt oft mehr oder minder spontan (vgl.

Brückner 1961, S. 48). Jedoch sind die Jugendlichen beim Diebstahl eines

Personenkraftwagen meist nur darauf bedacht, ihre Fahrtechnik zu erproben oder zu

beweisen, so daß die Autos im Allgemeinen nur vorübergehend „entliehen“ werden.

Allerdings werden die Personenkraftwagen nach Gebrauch vielfach nicht mehr an

der gleichen Stelle oder in dessen unmittelbarer Umgebung abgestellt, weil sich die

Jugendlichen fürchten, entdeckt zu werden. Manchmal stellen sie die Fahrzeuge auch

so ab, daß sie ihnen in den nächsten Tagen wieder zur Verfügung stehen.

Nur in den wenigsten Fällen werden die gestohlenen Autos verkauft oder in

Einzelteile zerlegt, auch kommt es selten zur Demontage der festen Autoeinrichtung

(z.B. des Autoradios) (vgl. Brückner 1961, S. 49). Befinden sich jedoch bei der

unbefugten Ingebrauchnahme in den Kraftfahrzeugen wertvolle oder brauchbare

Gegenstände, so nehmen die Jugendlichen sie meist an sich.

Entwendete Krafträder werden hingegen von den Jugendlichen häufiger

ausgeschlachtet, um damit Reparaturen oder Verbesserungen an ihren Motorrädern

oder Mopeds vorzunehmen.

Die jugendlichen Täter gehören allen Schichten an und verfügen in der Regel über

große technische Fähigkeiten (vgl. Brückner 19961, S. 49). Den Beweggrund zu

diesen Taten stellt die Leidenschaft zum Autofahren dar, der bei den Jugendlichen

durch die Abenteuerlust, die Vergnügungssucht, dem Geltungsverlangen sowie durch

das Überlegenheitsgefühl gekennzeichnet ist. Als weitere Motive werden noch

Zeitnot, Verpassen der öffentlichen Verkehrsmittel und Nachahmung aufgeführt.

3. Charakteristik der Jugenddelinquenz

35

Die Zahl der Fahrraddiebstähle übersteigt bei weitem jene der Kraftfahrzeuge (vgl.

Bundeskriminalamt 2000, Anhang S. 7ff.). Auch gegenüber den Diebstählen von

Krafträdern und Mopeds werden solche von Fahrrädern doppelt so häufig registriert.

Das liegt daran, daß jeder einen Fahrraddiebstahl begehen kann, dagegen ist beim

Kraftfahrzeug- oder Motorraddiebstahl der Kreis der potentiellen Täter wesentlich

geringer.

Fahrraddiebstähle sind vor allem bei jüngeren Jugendlichen begehrt (vgl. Bauer in

Sievers et al. 1996, S. 134). Denn für diese Altersklasse kann das Fahrrad noch

denselben Prestigewert besitzen wie ein Auto für den Heranwachsenden (vgl. auch

Kaiser 1988, S. 727). Demzufolge lassen sich bei diesen Fahrraddieben ähnliche

Tatmotive feststellen wie bei den Tätern des Diebstahls von Kraftfahrzeugen.

Allerdings werden die Fahrräder nur selten „geborgt“, so daß sie, wenn sie nicht

gefahren werden, für Ersatz- und Zusatzteile Verwendung finden. In anderen Fällen

werden die Fahrräder aus – sowie umgebaut und im Anschluß daran verkauft.

Obwohl die Aufklärungsquote beim Fahrraddiebstahl sehr niedrig ist, wird es noch

von der beim Diebstahl von Kraftfahrzeugen unterboten (vgl. Kaiser 1988, S. 727).

Die Vermutung, daß das entwendete Fahrrad zum Einsteigeobjekt für

Kraftfahrzeugdiebstähle werde, liegt zwar nahe, fand aber bislang noch keine

empirische Bestätigung.

3.4. Schwerer Diebstahl und Betrug

Die Jugendlichen, die sich später zu chronischen Delinquenten entwickeln, begehen

zum größten Teil schwere Diebstähle (vgl. Brückner 1961, S. 51). Da derartige

Jugendliche den sozialen Werten oft gleichgültig gegenüberstehen, und eine gewisse

Gefühlskälte sie auszeichnet, wirkt der Gedanke, daß sie durch ihre Straftat einer

anderen Person oder der Allgemeinheit einen Schaden zufügen, nicht hemmend.

Dagegen enthält der Gedanke, daß nur Leuten etwas weggenommen wird, die

ohnehin mehr besitzen, einen antreibenden Effekt.

Allerdings schrecken die Jugendlichen noch zu Anfang vor der Berührung mit der

lebendigen Person zurück und besitzen weniger Hemmungen vor dem leblosen

Objekt (vgl. Brückner 1961, S. 51). Diese Tatsache kann eine Erklärung dafür

liefern, daß es sich beim Diebstahl unter erschwerenden Umständen bei den

Jugendlichen überwiegend um Diebstähle aus Kiosken und Automaten handelt.

3. Charakteristik der Jugenddelinquenz

36

Die Motive für diese Deliktsbegehung entsprechen den Motiven des Diebstahls ohne

erschwerende Umstände. Daneben läßt sich der schwere Diebstahl auf das

Selbstwerterhöhungsstreben zurückführen.

Der Betrug setzt sich bei den Jugendlichen nur aus kleineren Betrügereien des

alltäglichen Lebens zusammen. So wird bei der öffentlichen

Verkehrsmittelbenutzung das Fahrgeld nicht bezahlt oder bei öffentlichen

Veranstaltungen, z.B. bei Tanz- und Sportveranstaltungen, das Eintrittsgeld nicht

entrichtet. Weiterhin kommt es häufig vor, daß falsche Angaben über Anschaffungen

für die Schule gemacht werden, um auf diese Weise dem Vater ein höheres

Taschengeld zu entlocken.

Da für derartige Betrügereien keine besonderen Fähigkeiten vorhanden sein müssen,

kann diese Handlung von fast jedem Jugendlichen ausgeführt werden. Des Weiteren

ist der Betrug nicht immer leicht nachzuweisen, so daß er ein häufig begangenes

Delikt darstellt. Allerdings treten bei den Jugendlichen schwerwiegendere

Betrügereien, die sich auf Schwindeleien beziehen, nur sehr selten auf, was damit

zusammenhängt, daß es ihnen weitgehend an Wortgewandtheit, Schlagfertigkeit,

Verstellungskunst, Dreistigkeit, geschäftlicher Routine, Sicherheit des Auftretens

und an Erfahrung fehlt (vgl. Brückner 1961, S. 55). Auch besitzen sie noch nicht die

notwendige Übersicht und verstricken sich schnell in Widersprüche. Diese

Eigenschaften müssen sich also erst bei den Jugendlichen entwickeln. Infolgedessen

sind die Jugendlichen am Betrug schwächer beteiligt als die älteren

Geburtsjahrgänge.

3.5. Sachbeschädigung

Der Anteil der Jugendlichen an der Sachbeschädigung ist höher als bei den anderen

Delikten. Die polizeiliche Kriminalstatistik läßt dies jedoch nicht in vollem Umfang

erkennen, weil vielfach keine Anzeige erfolgt oder diese bei Kenntnis des Täters und

Wiedergutmachung des Schadens zurückgezogen wird (vgl. Brückner 1961, S. 90).

Da die Erscheinungsformen der Sachbeschädigung sehr vielfältig sind, gibt es auch

zahlreiche Motive für diese Tat. Wirtschaftliche Motive wie Gewinnsucht und Not

spielen dabei weniger eine Rolle (vgl. Geerds in Sievers et al. 1998, S. 370). Dies

sieht aber bei Eigentumsdelikten mit Gewalt gegen Sachen anders aus. Allerdings

dürfte auch hier die wirtschaftliche Not lediglich einen begleitenden Charakter im

3. Charakteristik der Jugenddelinquenz

37

Motivationsprozeß besitzen. Wichtiger erscheinen bei derartigen Handlungen

fremdbezogene, insbesondere misanthropische Motive wie Haß, Rachsucht, Neid

und dergleichen, weil diese schnell zur Gewalt gegen Sachen der ungeliebten Person

oder Institution führen können.

Größeres Gewicht bei der Sachbeschädigung kommt aber egozentrischen Motiven

nichtwirtschaftlicher Art zu. So werden Zerstörungshandlungen häufiger aus

Geltungsdrang und Prestigesucht begangen, aber auch aus Übermut, Abenteuerlust

oder Leichtsinn. Der Geltungsdrang ist wesentlich für Gewalttätigkeiten bei sog.

Reinen Krawallen (bei Festivitäten und Sportveranstaltungen). Sachbeschädigungen,

die aus Schabernack und Langeweile hervortreten, ziehen gewöhnlich

Einzelgegenstände in Mittäterschaft. Doch finden auch serienmäßige

Zerstörungshandlungen wie z.B. das Abbrechen von Autoantennen statt, die

vorwiegend von gruppendynamischen Prozessen und unter Alkoholeinfluß ausgehen.

Als bevorzugte Objekte der Sachbeschädigung gelten Schulen,

Massenverkehrsmittel, öffentliche Bedürfnisanstalten, Parkanlagen, Telefonzellen,

Feuermelder und Friedhöfe (vgl. Kaiser 1988, S. 528). Die Jugendlichen nehmen

sich also wenig kontrollierte „zerstörungsfreundliche“ Gegenstände vor, wobei die

Gemeinschaftsgüter häufiger beschädigt werden als Privateigentümer, da hier das

Opfer anonym ist (vgl. Kube et al. 1983 in Kaiser 1988, S. 528). Vor allem bieten

Ungepflegtheiten, insbesondere Vorbeschädigungen und schlechter baulicher

Zustand Anreiz zu vandalistischem Verhalten (vgl. Schneider in Sievers et al. 1998,

S. 488). In der Schule wird die Sachbeschädigung darüber hinaus durch die

unbewohnten Klassenräume und durch die monotone Architektur hervorgerufen.

Ebenso begünstigt eine unübersichtliche Gebäudestruktur und eine unübersichtliche

innere Organisation von schulischen Abläufen delinquentes Verhalten, da sie

normunsichere Bereiche entstehen lassen und die Kontrolle von Handlungen der

Schüler erschweren.

3.6. Rauschgiftdelikte

Jugendliche aus den oberen Schichten scheinen nach wie vor überproportional unter

den Drogenkonsumenten beteiligt zu sein (vgl. Kaiser 1988, S. 529). Jedoch muß

man zwischen der kleinen Gruppe von Jugendlichen mit sehr häufigen

3. Charakteristik der Jugenddelinquenz

38

Rauschmittelkonsum und der übrigen Gruppe von Jugendlichen mit einmaliger oder

gelegentlicher Rauschmittelerfahrung differenzieren. Denn die Zahl der ständigen

Nutzer von Haschisch in der Altersklasse der 20jährigen, in der die höchsten

Verbreitungswerte festgestellt wurden, liegt bei ca. 3%, während die Zahl der

Jugendlichen mit einmaliger Erfahrung des Haschischkonsums 15 – 30% beträgt

(vgl. Engel et al. 1993, S. 29). So stellt der illegale Drogengebrauch für die Mehrheit

der Jugendlichen ein einmaliges oder zumindest ein vorübergehendes Ereignis dar.

Die Cannabisprodukte (Haschisch/Marihuana) nehmen die weiteste Verbreitung ein

(vgl. Engel et al. 1993, S. 29; Bundeskriminalamt 2000, S. 216, 218). Der Einstieg in

den Haschischkonsum erfolgt in den meisten Fällen zwischen dem 15. und 20.

Lebensjahr, wobei die Jungen wesentlich häufiger konsumieren als die Mädchen

(vgl. Engel et al. 1993, S. 29). Bei den meisten Jugendlichen bleibt es beim

Haschischkonsum, so daß lediglich ein kleiner Teil auf härtere Drogen umsteigt.

Allerdings sind viele Jugendliche, die illegale Drogen konsumieren, auch Tabak- und

Alkoholkonsumenten. Denn die Wahrscheinlichkeit des Übergangs vom legalen in

den illegalen Drogenkonsum liegt nach bisherigen Befunden bei 30% (vgl. Engel et

al. 1993, S. 29). Umgekehrt beträgt die Wahrscheinlichkeit, daß ein Konsument

illegaler Drogen bereits ein Konsument von legalen Drogen ist, 70 – 80%. Diese

Tatsache betont die Relevanz, die der genauen Erforschung der Ursachen des

Konsums legaler Drogen zukommt.

Drogen aller Art werden in der heutigen Zeit extensiv benutzt, um

zwischenmenschliche und innerpsychische Konflikte zu lösen und / oder um aus der

langweiligen und drückenden Realität des Alltags zu flüchten (vgl. Regoli et al.

1991, S. 271 in Schneider in Sievers et al. 1998, S. 489). Ständige Mißerfolge in der

Schule oder in der Berufsausbildung sowie dauerhafte Konflikte mit den Eltern

führen häufig zur Aufnahme des illegalen Drogengebrauchs (vgl. Trojanowics et al.

1992, S. 404 – 411 in Schneider in Sievers et al. 1998, S. 489). Die Motivation zum

Konsum und die stützenden Einstellungen werden u.a. im Kontakt mit Freunden und

Bekannten erlernt, wobei die Aufnahme des Drogenkonsums meist im Sinne eines

Probier- und Experimentierverhaltens geschieht, das aber bei etwa einem Drittel der

Konsumenten in eine Gewöhnungs- und Abhängigkeitsphase umschlägt (vgl.

Reuband 1990 in Engel et al. 1993, S. 22f.). Ob die Jugendlichen in eine

Abhängigkeit geraten, ist, wie bei allen anderen Drogen auch, von

3. Charakteristik der Jugenddelinquenz

39

Persönlichkeitsfaktoren, Umweltfaktoren sowie biologischen und psychologischen

Rahmenbedingungen abhängig.

3.7. Vorsätzliche Körperverletzung

Die jugendlichen Körperverletzungen, die hauptsächlich von männlichen

Jugendlichen begangen werden (s. Tabelle 3), treten eher affektuell und situativ als

zweckorientiert und geplant in Erscheinung (vgl. Kräupl et al. 1992, S. 21 in Kühnel

et al. 1995, S. 13). Vor allem richten sie sich gegen gleichaltrige Personen oder

Gruppen, wobei der Alkoholeinfluß und die lockeren Gruppenzusammenhänge

größtenteils die Begleitumstände von derartigen Handlungen kennzeichnen.

Ebenfalls gehören die alltäglich zu beobachtbaren Raufereien in der Schule zum

Delikt der vorsätzlichen Körperverletzung (vgl. Kürzinger 1996, S. 255). Allerdings

werden diese strafbaren Verhaltensweisen von den Jugendlichen nicht als solche

interpretiert, sondern als Spiel empfunden, in dem sie ihre Kräfte messen und sich

austoben können. Dementsprechend handelt es sich bei den Körperverletzungen der

Jugendlichen mehrheitlich um ein entwicklungstypisches Probier- und Testverhalten,

das vor allem durch die schlechten schulischen Leistungen hervorgerufen wird (vgl.

Engel et al. 1993, S. 26ff.). Ein miserabler Leistungsdurchschnitt, das einmalige oder

mehrfache Wiederholen einer Klasse oder eines Jahrgangs, die Zurückstufung in eine

als im Prestige niedriger eingeschätzte Schule und das Verfehlen des

Schulabschlußzeugnisses stehen im Kontext mit Gewalt gegen Personen. Denn das

Scheitern an den schulischen Leistungsanforderungen wird als eine deutliche

Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls und der späteren sozialen und beruflichen

Lebenschancen gewertet, so daß viele Jugendliche versuchen, ihre schlechten

Schulleistungen durch Körperverletzungen zu kompensieren und positive

Selbstwerteinschätzung durch gewalttätiges Verhalten zu erreichen. Weitere

schulische Faktoren, die derartige Verhaltensweisen bedingen, liegen im

Betriebsklima der Schule, in der Schüler – Lehrer – Beziehung sowie in der

Organisation und Transparenz schulinterner Abläufe (vgl. Trenz 1991 in Engel et al.

1993, S. 26ff.).

Die meisten begangenen und der Polizei bekanntgewordenen vorsätzlichen

Körperverletzungen in der Altersgruppe der 14- 20jährigen wiegen trotz der äußeren

Gefährlichkeit nicht besonders schwer (vgl. Brückner 1961, S. 79). Nur selten

3. Charakteristik der Jugenddelinquenz

40

werden die Opfer hinterlistig überfallen oder heimtückische Mittel eingesetzt, so daß

von brutaler Jugendgewalt laut Medienberichten nicht die Rede sein kann.

3.8. Raub

Wie schon im vorherigen Kapitel angemerkt wurde, setzt sich dieses Delikt bei den

jugendlichen Tatverdächtigen hauptsächlich aus dem Straßenraub zusammen.

Schwerwiegende Raubüberfälle, z.B. der Bankraub, trifft man bei den Jugendlichen

äußerst selten an. Da die Raubüberfälle von den Jugendlichen kaum durchdacht und

mit einer gewissen Naivität ausgeführt werden, gelangt die Polizei bei der Suche des

Täters schnell zum Erfolg (vgl. Brückner 1961, S. 70).

Die Jugendlichen, die Raubüberfälle begehen, stammen häufig aus schlechten

erzieherischen und wirtschaftlichen Verhältnissen und sind bereits mehrfach

vorbestraft, insbesondere wegen des Diebstahls (vgl. ebd., S. 71). Oft haben sie keine

Arbeitsstelle oder wechseln permanent den Schul- oder Ausbildungsplatz. Sie

erhoffen sich, mit den Überfällen schnell an viel Geld zu gelangen. Zudem dienen

die Raubüberfälle der Arbeitslosen dazu, daß Minderwertigkeitsgefühl abzubauen.

Die räuberischen Überfälle werden tendenziell nicht allein begangen. Entweder

kommt es zum Zusammenschluß einer Bande oder man zieht sich Mittäter als

Gehilfen u. a. zum Auskundschaften und Aufpassen heran (vgl. Brückner 1961, S.

71). Die mitgeführten Waffen sind meist ein Ausdruck jugendlichen

Geltungsbedürfnisses. Allerdings gehen die Jugendlichen bei ihren Überfällen kein

besonders hohes Risiko ein, so daß sie sich lediglich an wehrlosen Personen

vergreifen. Schon beim Auftreten des geringsten Widerstandes (z.B. Hilfeschreie des

Opfers) ergreifen sie in der Regel die Flucht.

Die Motive für diese Tatbegehung stellen Habgier und Eigennutz dar, ebenso das

Verlangen, sich Prestige zu erwerben (vgl. Brückner 1961, S. 72). Ferner wird als

Anlaß zum Raub finanzielle Not angegeben. Findet eine Überprüfung indes statt, so

wird in der Regel die völlige oder weitgehende Haltlosigkeit des Jugendlichen

festgestellt. Auch bei den weiblichen Jugendlichen, die sich zum Raub hinreißen

lassen, handelt es sich zum größten Teil um verwahrloste Mädchen. Allerdings zählt

der Raub eindeutig zur Männerdomäne (s. Tabelle 3).

Abschließend bedarf es noch der Erwähnung, daß viele jugendliche Täter sich der

Schwere der Tat nicht bewußt sind. So befindet sich die moralische Verwerflichkeit

3. Charakteristik der Jugenddelinquenz

41

des Raubes im allgemeinen im umgekehrten Verhältnis zu dem Opfer, d.h. daß der

psychische Schaden des Beraubten oft größer ist als die Schadenssumme (vgl.

Brückner 1961, S. 75).

4. Allgemeine Delinquenztheorien

42

4. Allgemeine Delinquenztheorien

Nachdem ich mich mit den Erscheinungsformen jugendlicher Delinquenz befaßt

habe, möchte ich die Entstehungsbedingungen für derartiges Verhalten aufzeigen.

Eine Darstellung aller kriminologischen Theorien zur Erklärung von

Jugenddelinquenz würde jedoch den Rahmen meiner Diplomarbeit sprengen, so daß

ich mich lediglich auf einige ausgewählte Delinquenztheorien konzentriere.

Herausgestellt wurden die – nach dem Stand der heutigen Diskussion – wichtigsten

Theorien zur Ursachenfrage sowie solche, die auf die zuvor aufgezeigten

statistischen und empirischen Befunde zur Jugenddelinquenz Bezug nehmen. Es

handelt sich hierbei um allgemeine Erklärungsansätze, die den Anspruch erheben,

daß Phänomen der Delinquenz generell erklären zu können. Spezielle

Delinquenztheorien, die sich exklusiv mit einzelnen Ursachen delinquenten

Verhaltens beschäftigen (z.B. der Einfluß von Massenmedien auf die Delinquenz),

werden in der vorliegenden Arbeit nicht erfaßt, so daß ich hierfür auf die Literatur

von Schmitt, die im Literaturverzeichnis steht, verweise.

Schließlich möchte ich noch darauf hinwiesen, daß es sich bei den allgemeinen

Delinquenztheorien um Ansätze handelt, die sich auf das deviante Verhalten

beziehen und somit das delinquente Verhalten einschließen.

4.1. Lerntheorien

Nach den Lerntheorien wird abweichendes Verhalten wie konformes erlernt.

Insoweit beziehen die lerntheoretischen Ansätze Stellung gegen solche theoretischen

Überlegungen, die von statistischen oder gar unveränderbaren Beziehungen zwischen

delinquentem Verhalten und persönlichkeitsspezifischen oder biologischen Variablen

ausgehen (vgl. Lamnek 1999, S. 186). Weiterhin betonen diese Theorien, mit

Ausnahme der Entwicklungstheorie von Kohlberg, den prozeßhaften Charakter der

Entstehung von Delinqenz. Dabei werden nicht nur die abweichenden

Verhaltensweisen erworben, sondern auch die Einstellungen, Motive und

Rationalisierungen, die entsprechendes Verhalten erst ermöglichen bzw.

hervorbringen.

4. Allgemeine Delinquenztheorien

43

4.1.1. Sutherlands Theorie der differentiellen Assoziation

Ältester und bekanntester Vertreter der lerntheoretischen Erklärungsrichtung ist

Sutherland, der im Jahre 1939 seine Theorie der differentiellen Assoziation, auch

Theorie der unterschiedlichen Kontakte genannt, formulierte und sie später mit

Cressey modifizierte (1955) (vgl. Lamnek 1999, S. 188). Der weitergeführte Ansatz

von Sutherland geht davon aus (vgl. Sutherland 1986, S. 394 ff. in ebd., S. 189 –

192), daß abweichendes (delinquentes) Verhalten in sozialen Interaktionen und zwar

in intimen persönlichen Gruppen erlernt wird. Unpersönliche Kommunikationsmittel

wie Zeitungen, Fernsehen oder Filme haben auf die Entstehung von Delinquenz

einen vergleichsweise geringen Einfluß. Sowohl die abweichenden Verhaltensweisen

bzw. Verhaltensmuster als auch die Einstellungen, Motive und Rationalisierungen

werden erworben.

Nach Aussage der Theorie verhält sich eine Person delinquent, wenn die positiven

Definitionen von Gesetzesverletzungen gegenüber negativen Definitionen von

Gesetzesverletzungen überwiegen. Eine positive Definition von Delinquenz wird

beispielsweise vermittelt, wenn Freunde darüber reden, wie leicht es fällt, „schwarz

zu fahren“ oder wie schön das Gefühl ist, einen Joint zu rauchen (vgl. Janssen in

Janssen et al. 1997, S. 79). Eine negative Definition entsteht, wenn z.B. Freunde oder

Eltern ihre Ablehnung solcher Normverletzungen demonstrieren (jeder kauft sich

eine Busfahrkarte, ein Joint schadet der Gesundheit).

Das Individuum kommt also im Laufe seiner Sozialisation mit abweichenden und

nicht – abweichenden Verhaltensmustern in Berührung. Diese differentiellen

Assoziationen des Individuums dürfen nicht mit den Kontakten zu delinquenten oder

nicht devianten Personen gleichgesetzt werden, da nicht Deviante ebenso

delinquente Verhaltensmuster zeigen können (z.B. Filmschauspieler in einer

Gangsterrolle) wie Delinquente konformes Verhalten (z.B. Bankräuber, der mit dem

erbeuteten Geld Raten für die Waschmaschine bezahlt) (vgl. Lamnek 1999, S. 189f.).

Die unterschiedlichen Kontakte variieren hinsichtlich Häufigkeit, Dauer und

Priorität, wobei der Priorität, d.h. den Einflüssen, denen eine Person in früher

Kindheit ausgesetzt ist, einen größeren Stellenwert eingeräumt wird, weil hierdurch

spätere Kontakte selektiv gesteuert werden (vgl. Sutherland 1968, S. 394ff. in ebd.,

4. Allgemeine Delinquenztheorien

44

S. 191). Nach Sutherland paßt sich nun das Individuum durch ein Erlernen der

entsprechenden Verhaltensmuster an die delinquente oder antideviante Kultur an.

Der Ansatz von Sutherland ist nicht unumstritten. Es wird ihm vorgeworfen, daß

seine Theorie eine Vereinfachung darstelle, d.h. individuelle Unterschiede in Bezug

auf die Lernfähigkeit nicht berücksichtigt werden (vgl. Schwind 2000, S. 115).

Darüber hinaus kann seine Theorie nur die Delinquenz erklären, nicht jedoch das

Zustandekommen seiner differentiellen Assoziationen (vgl. ebd., S. 116). Ein

weiterer Kritikpunkt besteht darin, daß die Theorie nicht auf den gesamten Bereich

der Delinquenz zutrifft, denn Trieb- und Affektverbrechen können hiermit nicht

erklärt werden (vgl. ebd., S. 115). Außerdem ist Sutherlands Ansatz wegen der

Vielzahl möglicher Kontakte empirisch kaum zu überprüfen (vgl. ebd., S. 116).

Schließlich läßt die Theorie der differentiellen Assoziation die Frage offen, warum es

in der Gesellschaft überhaupt zu abweichenden Wertorientierungen und delinquenten

Verhaltensmustern kommt.

4.1.1.1. Weiterentwicklungen

Sutherlands Assoziationsprinzip hat eine Weiterentwicklung in den Theorien der

differentiellen Identifikation von Glaser sowie der differentiellen Verstärkung von

Burgess und Akers erfahren.

Nach der Theorie der differentiellen Identifikation (1956) werden nicht die Kontakte

mit abweichenden Verhaltensmustern für das Erlernen von Delinquenz als

entscheidend angesehen, sondern die Identifikation mit realen oder imaginären

Personen bzw. Gruppen, die für das eigene Verhalten als Vorbild fungieren, aus

dessen Perspektive delinquentes Verhalten akzeptabel erscheint. Glaser formuliert

das wie folgt: „Eine Person verhält sich in dem Ausmaß kriminell, wie es sich mit

tatsächlichen lebenden oder vorgestellten Personen identifiziert, aus deren

Sichtweise kriminelles Verhalten annehmbar erscheint“ (Glaser 1956, S. 440 in

Lamnek 1999, S. 210). Wenn es also Personen gibt, die normwidriges Verhalten

billigen und mit solchen eine Identifikation stattfindet, dann verhalten sich die

Identifizierten delinquent (vgl. Lamnek, 1999, S. 210f.).

Im Vergleich zum Sutherlandschen Konzept bezieht sich Glasers Ansatz auf einen

größeren Bereich delinquenter Aktivitäten, z.B. kann er auch auf Triebtäter

angewandt werden sowie auf bestimmte Arten des White – Collar – Crime, wenn

4. Allgemeine Delinquenztheorien

45

etwa erklärt werden soll, warum eine sich bisher konventionell verhaltende Person

Unterschlagungen begangen hat (vgl. Lamnek 1999, S. 211). Andererseits ist Glasers

Theorie eingeschränkter als die der differentiellen Assoziation, weil bei der ersteren

die Identifikation mit Personen im Vordergrund steht, die Kontakte mit

Verhaltensmustern gegenüber Personen aber die umfassendere Kategorie bildet (vgl.

ebd.).

Nach der Theorie der differentiellen Verstärkung (1966) orientiert sich der Prozeß

des Erlernens von Delinquenz vorrangig an den Prinzipien des instrumentellen

(operanten) Konditionierens (vgl. Göppinger 1997, S. 117). Danach werden

delinquente Verhaltensweisen erworben, wenn das Individuum selbst oder eine

Person, von deren Handlungen das Individuum Kenntnis erlangt, bei der Begehung

von Straftaten häufiger und nachhaltiger belohnt als bestraft wird. Die materielle

oder immaterielle – symbolische Belohnung und das Ausbleiben von Strafe wirkt als

Verstärker von Delinquenz, von dessen Umfang und Häufigkeit die Intensität des

eigenen delinquenten Verhaltens einer Person abhängt.

Obwohl Glaser als auch Burgess und Akers mit ihren Theorien versuchten, die

Kritikpunkte, die beim Sutherlandschen Ansatz auftraten, abzumildern oder gar

auszuschließen, ist ihnen das nur im begrenzten Maße gelungen. Denn auch ihre

Ansätze vermögen nicht zu erklären, warum in einer Gesellschaft abweichende

Wertorientierungen und Verhaltensmuster existieren. Außerdem bleibt die Frage

unbeantwortet, warum eine bestimmte Person gerade Kontakt zu abweichendem

Verhaltensmustern besitzt.

4.1.2. Neutralisierungsthese von Sykes und Matzka

Sykes und Matzka gehen bei ihrer Theorie der Neutralisierungstechniken von der

Beobachtung aus, daß bei der Mehrzahl delinquenter Jugendlicher die Bindung an

die Werte und Normen der konformen Umwelt erhalten bleibt, indem etwa das

normwidrige Verhalten bei ihnen Schuld- und Schamgefühle auslöst und sie

Unterscheidungen zwischen angemessenen und unangemessenen deliktischen

Verhalten treffen („Kameraden bestiehlt man nicht“) (vgl. Lamnek 1999, S. 212;

Kunz 1998, S. 151; Amelang 1986, S. 185). Diese paradoxe Situation, daß

Delinquente die konformen Normen zwar anerkennen, gleichwohl gegen sie

verstoßen, versuchen die beiden Autoren mit den Neutralisierungstechniken zu

4. Allgemeine Delinquenztheorien

46

erklären. Darunter verstehen sie Rechtfertigungsstrategien, mittels derer delinquente

Jugendliche ihre grundsätzliche Anerkennung herrschender Normen und Werte mit

ihrem delinquenten Verhalten in Einklang bringen, d.h. sie schützen den Täter vor

Selbstvorwürfen und Vorhaltungen anderer (vgl. Lamnek 1999, S. 213). Im anderen

Fall ermöglichen sie erst das Delikt, so daß sie auch als Vorbedingungen für

abweichendes Verhalten gesehen werden. Da die Techniken zur Neutralisation

innerhalb eines Interaktionsprozesses gelernt werden, ergibt sich hier die Verbindung

zur Theorie der differentiellen Assoziation (vgl. Lamnek 1999, S. 212).

Sykes und Matzka unterscheiden fünf Typen von Neutralisierungstechniken, wobei

das Interesse nur solchen rechtfertigenden Argumenten gilt, die vom Delinquenten

und nicht vom Rechtssystem als gültig angesehen werden (vgl. Sykes et al. 1968, S.

360 – 371 in Lamnek 1999, S. 213):

• Ablehnung der Verantwortung: Der Abweichende neutralisiert die

Normverletzung, indem er die Verantwortung für sein Handeln auf andere

verlagert (Verweis auf schlechte Freunde, lieblose Eltern, schlechte

Lebensbedingung usw.)

• Verneinung des Unrechts: Eine Handlung wird zwar als illegitim, nicht aber als

unmoralisch betrachtet, indem sich der Täter darauf beruft, daß kein ernsthafter

Schaden angerichtet wurde (Diebstahl wird etwa als „ausleihen“ bagatellisiert,

ein Kampf zwischen Gangs wird als privater Streit umdefiniert)

• Ablehnung des Opfers: Der Abweichende akzeptiert zwar, daß seine Handlung

eine materielle oder immaterielle Schädigung hervorgerufen haben kann, macht

aber das Opfer dafür verantwortlich. Insofern wird das Opfer als der eigentliche

Übeltäter hingestellt.

• Verdammung der Verdammenden: Strafjustiz, Polizei und Öffentlichkeit werden

vom Abweichenden als Heuchler oder als am Eigennutz orientierte

Interessenvertreter oder Machthaber angesehen. Durch die Verlagerung der

Aufmerksamkeit vom eigenen devianten Verhalten auf die Akte und Motive des

Kontroll- und Sanktionsapparates läßt sich die Berechtigung negativer

Sanktionen anzweifeln. Der Abweichende macht also die Ablehnenden für seine

Situation verantwortlich und neutralisiert so die eigene (Mit-) Verantwortung

(vgl. Janssen in Janssen et al. 1997, S. 86).

4. Allgemeine Delinquenztheorien

47

• Berufung auf höhere Instanzen: Mit der Behauptung des Abweichenden, nicht

aus Eigeninteresse sondern im Interesse anderer gehandelt zu haben, kann die

Gültigkeit bestimmter Normen in bestimmten Situationen bezweifelt werden,

ohne sie damit generell ablehnen zu müssen, indem der Delinquente anderen

Normen, z.B. bezüglich der Verpflichtung Freunden gegenüber, Vorrang

gewährt.

Die Neutralisierungsthese stellt in gewisser Weise einen Widerspruch zur

Subkulturtheorie dar, weil nach ersterer die meisten abweichenden Verhaltensweisen

nicht von Normen einer abweichenden Untergruppe der Gesellschaft ausgehen,

sondern „durch „Erodierung“ konformer Normen infolge des Wirkens von

Neutralisierungstechniken verursacht sind“ (Lamnek 1999, S. 215). Auf die

Schwächen der Neutralisierungsthese weisen Sykes und Matzka selbst hin: So kann

diese Theorie nicht angeben, welche Neutralisierungstechniken konkret in welchen

Situationen aktualisiert werden und wie diese mit sozialstrukturellen oder

individualpsychologischen Bedingungen im Zusammenhang stehen. Weiterhin bleibt

offen, in welchem Ausmaß die gesamtgesellschaftlichen Normen internalisiert

werden und in welcher Stärke die Neutralisierungstechniken wirken müssen, um

deviantes Verhalten zuzulassen.

4.1.3. Entwicklungstheorie des moralischen Urteils von Kohlberg

Ein weiterer kognitiver Ansatz stellt die Entwicklungstheorie des moralischen Urteils

von Kohlberg (1981; 1984) dar. Dieses Modell baut auf Piagets Arbeiten (1954) auf

und wird nach drei Entwicklungsstadien des moralischen Bewußtseins mit jeweils

zwei Stufen unterschieden.

Das erste, präkonventionelle, Stadium zeichnet sich dadurch aus, „daß das Kind

Werte und Normen noch nicht inhaltlich begreift… In seinem Verhalten orientiert

sich das Kind primär daran, seine Bedürfnisse zu befriedigen sowie Strafen durch

die Eltern zu vermeiden und ihre Zuwendung zu erhalten“ (Pfeiffer 1989, S. 11 in

Kerner 1996, S. 65).

Dieses Stadium unterteilt sich in Stufe 1, in der die eigenen Handlungen nach ihren

physischen Konsequenzen bewertet werden und in Stufe 2, in der die Handlungen

nach ihrem instrumentellen Wert zur Befriedigung eigener Bedürfnisse sowie nach

4. Allgemeine Delinquenztheorien

48

den Prinzipien der Gleichheit und des Tauschgeschäftes bewertet werden (vgl. Lösel

in Kaiser/Kerner et al. 1993, S. 261f.).

Das zweite Stadium führt „zur Übernahme der konventionellen Moral… Die

herkömmlichen Verhaltensregeln und die konventionelle Ordnung werden

zunehmend verinnerlicht. In der Bewertung anderer orientiert man sich an den

Intentionen von Handlungen“ (Pfeiffer 1989, S. 11 in Kerner 1996, S. 65).

Dieses konventionelle Stadium umfaßt die Stufe 3, in der die Handlungsbewertungen

an den Erwartungen anderer sowie an sozialen Stereotypen ausgerichtet werden und

Stufe 4, in der sich die moralischen Urteile an der sozialen Ordnung orientieren und

in der die Pflichterfüllung, der Respekt vor Autoritäten sowie die Bewahrung von

Recht und Ordnung wesentlich ist (vgl. Lösel in Kaiser/Kerner et al. 1993, S. 262).

Im dritten, postkonventionellen, Stadium wird eine Haltung gezeigt, die „die hinter

den Normen stehenden Rechte und Pflichten des einzelnen stärker in den

Vordergrund treten“ läßt; den Maßstab bildet „der Grundsatz des wechselseitigen

Respekts vor den Entfaltungsbedürfnissen des Gegenübers“ (Pfeiffer 1989, S. 12 in

Kerner 1996, S. 65). Hier wird nach Stufe 5, in der man sich am Recht, an den

Sozialverträgen und an den Normen orientiert, die von einer Mehrheit akzeptiert sind

und nach Stufe 6, in der die Handlungsbewertungen auch auf universellen Prinzipien

der Gerechtigkeit basieren, differenziert (vgl. Lösel in Kaiser/Kerner et al. 1993, S.

262).

Bei dieser Theorie wird davon ausgegangen, daß höhere Stufen nur erreicht werden

können, wenn davor liegende bereits durchlaufen wurden (vgl. Kerner 1996, S. 66).

Obwohl Kohlberg keine Altersstufen angibt, nimmt man an, daß bei normalem

Verlauf die präkonventionelle Phase im fortgeschrittenen Kindesalter durch die

konventionelle Orientierung abgelöst wird (vgl. ebd.). Die postkonventionellen

Orientierungen werden demgegenüber frühestens im Jugendalter erwartet. Da aus

kriminologischer Sicht normbrechendes Verhalten bei diesem Entwicklungsmodell

mit einer niedrigen Stufe der Moralentwicklung in Verbindung gebracht wird bzw.

Delinquenz bei fortschreitender moralischer Entwicklung seltener auftritt, liefert das

Kohlbergsche Modell vor allem eine Erklärung zur Episodenhaftigkeit der

jugendlichen Delinquenz. So gibt es Jugendliche, die über eine präkonventionelle

Moral auf längere Sicht nicht hinauskommen. Bei ihnen sind in der Regel nicht nur

Reifeverzögerungen feststellbar, sondern auch erhebliche Sozialisationsdefizite

4. Allgemeine Delinquenztheorien

49

(inkonsistenter Erziehungsstil, Mangel an Kommunikation und Zuwendung usw.), so

daß deren Delinquenz „als Teil eines Lernprozesses, der sich über die gesamte

Jugendzeit erstreckt“, erscheint (Pfeiffer 1989, S. 14 in Kerner 1996, S. 66). Diese

Jugendlichen hören mit dem delinquenten Verhalten nur dann auf, wenn ihnen mit

aller Macht die Grenzen aufgezeigt werden. Auch läßt das abweichende Verhalten

nach, wenn sich bei ihnen eine konventionelle Moral herausgebildet hat. Bei

rascherem Übergang von präkonventioneller zu konventioneller Moral ist zwar

ebenfalls mit Delinquenz zu rechnen, jedoch klingt diese sehr viel schneller ab als

bei den zuvor beschriebenen Jugendlichen (vgl. Kerner 1996, S. 66). Des Weiteren

müssen sich die Überzeugungen bereits konventionell ausgestatteter Jugendlicher

erst noch in Konfliktsituationen bewähren.

Andere Jugendliche, bei denen das normkonforme Verhalten ein vorübergehendes

Ereignis darstellt, befinden sich in Identitätskrisen, die typischerweise in der

Übergangsphase von konventionellem zu postkonventionellem Moralstadium

auftreten (vgl. Kerner 1996, S. 66). Diese Phase ist durch Experimentierverhalten

(Provokation, Grenzen erfahren usw.) und Distanzierungen von Werten der bisher

erfahrenen Erwachsenenwelt markiert, was das Begehen von delinquenten

Handlungen einschließt. „Erst wenn selbständige und grundsätzliche Werthaltungen

entwickelt wurden, die mehr sind als bloße (identitätsbedrohende) Reaktionen auf

fremde Erwartungen, werden auch die aus diesen Spannungen resultierenden

Abweichungen nachlassen bzw. ganz unterbleiben“ (Kerner 1996, S. 66f.).

Im Gegensatz zu den anderen Lerntheorien wird in diesem Ansatz das konforme

Verhalten bzw. die Bewertung einer Handlung erlernt. Insofern gehört es zu einer

normalen Erscheinung, wenn ein Kind oder ein Jugendlicher, der die Werte der

Gesellschaft noch nicht verinnerlicht hat, delinquiert.

Bei der Kohlbergschen Entwicklungstheorie des moralischen Urteils wird die innere

Logik in Frage gestellt (vgl. Kerner 1996, S. 67). Untersuchungen haben zwar

ergeben, daß die Kriminalität mit einem niedrigen Niveau der Moralentwicklung

einhergeht, jedoch wird die universelle Gültigkeit des Modells bestritten (vgl. Lösel

in Kaiser/Kerner et al. 1993, S. 262). Kohlberg selbst betont, „daß es über das

moralische Urteil hinaus, zusätzliche oder persönliche Faktoren geben muß, damit

prinzipienorientiertes moralisches Handeln in „moralische Handlung“ übersetzt

wird“ (Kohlberg 1987, S. 31 in Göppinger 1997, S. 121). Daher kann man nicht von

4. Allgemeine Delinquenztheorien

50

einer linearen Beziehung zwischen dem Niveau des moralischen Urteils und der

Wahrscheinlichkeit delinquenten Verhaltens ausgehen (vgl. Göppinger 1997, S.

121). Auch andere Kritiker weisen darauf hin, daß verstärkt andere Merkmale des

individuellen Wertssystems, Zielprioritäten und situative Faktoren in das

Kohlbergsche Konzept einbezogen werden müssen (vgl. Goldsmith et al. 1989 in

Lösel in Kaiser/Kerner et al. 1993, S. 262). Außerdem „erscheint die dem Modell

zugrundeliegende Unumkehrbarkeit unterschiedlicher Stadien und Stufen

fragwürdig, wenn man z.B. individuell einschneidende Erlebnisse berücksichtigt“

(Kerner 1996, S. 67).

4.2. Anomietheorien

Nach den Anomietheorien entsteht das abweichende Verhalten durch die

Normlosigkeit, die sowohl gesellschaftlich als auch individuell sein kann.

Gesellschaftliche Normlosigkeit wird als Anomie, individuelle als Anomia

bezeichnet. Die unabhängigen Variablen der Anomietheorien können insofern

Kollektiven (Gruppen) zugeschrieben werden, aber auch einzelnen Personen, so daß

das abweichende Verhalten im ersten Fall durch makrosoziale und im zweiten durch

mikrosoziale Strukturen der Gesellschaft erklärt wird.

4.2.1. Mertons Anomietheorie

Den Grundstein zur Anomietheorie legte der französische Soziologe Emile

Durkheim (1893) (vgl. Schwind 2000, S. 127). Aus seiner Sicht wird Delinquenz

durch Anomie, die einen gesellschaftlichen Zustand bezeichnet, der durch den

Zusammenbruch des Systems allgemeinverbindlicher Werte und Normen

gekennzeichnet ist, verursacht (vgl. ebd.). Solche Zustände der Regellosigkeit stellen

sich nach Durkheims Beobachtung vor allem in Zeiten sozialer Umbrüche ein, wie

z.B. im Gefolge von gesellschaftlichem Verfall, Industrialisierung und

Urbanisierung. Diese Gedankenführung greift nun Merton in seiner

weiterentwickelten Anomietheorie auf (1938). Dabei differenziert er zwischen

kultureller und sozialer Struktur. Unter kultureller Struktur werden die allgemein,

verbindlichen, kulturellen Ziele, wie etwa Wohlstand, soziale Anerkennung,

Sicherheit und die vorgegebenen, legitimen Mittel zur Erreichung dieser Ziele, z.B.

4. Allgemeine Delinquenztheorien

51

Erwerbsarbeit, verstanden. Mit dem Begriff sozialer Struktur sind die Möglichkeiten,

bzw. reellen Chancen zur Erreichung dieser Ziele gemeint. Besteht eine Diskrepanz

zwischen sozialer Struktur (kollektiv definierter Erfolgsziele) und kultureller

Struktur (den tatsächlich vorhandenen Möglichkeiten zur Zielverwirklichung) so

entsteht ein anomischer Druck, der zum delinquenten Verhalten führen kann. „Wenn

das kulturelle Wertsystem bestimmte gemeinsame Erfolgsziele für die ganze

Bevölkerung über alle übrigen Ziele setzt, während die Sozialstruktur für einen

großen Teil der Bevölkerung den Zugang zu den gebilligten Mitteln zum Erreichen

dieser Ziele entscheidend einengt oder sogar völlig verwehrt, haben wir

abweichendes Verhalten in größerem Umfang zu erwarten“ (Merton 1968, S. 298 in

Kunz 1998, S. 161).

Durkheim hat die Anomie als eine Eigenschaft der Gesellschaft betrachtet, Merton

sieht sie jedoch als einen gesellschaftlichen Druck auf das Individuum (vgl. Kunz

1998, S. 161). Dieser Druck löst verschiedene Verhaltensweisen aus, darunter

abweichende, die als Anpassung an den gesellschaftlichen Zustand der

Normlosigkeit, besser sozialen Desorientierung, begriffen werden. Nach Merton gibt

es fünf mögliche Verhaltensmuster (Rollenanpassungen), die sich aus der Annahme

oder Ablehnung der Ziele und/oder Mittel ergeben (vgl. Merton 1974, S. 293 in

Schwind 2000, S. 128f.):

• Konformität erfolgt, wenn die gesellschaftlichen Ziele und die legalen Mittel zu

deren Erreichung bejaht werden. Man gibt sich also mit seiner Rolle zufrieden

oder man schränkt sich ein.

• Innovatives Verhalten tritt ein, wenn die gesellschaftlichen Ziele zwar anerkannt

werden, der Einzelne aber zu deren Erreichung ein Mittel wählt, das nicht

akzeptiert wird. Diese Form der Anpassung wird besonders mit Delinquenz in

Verbindung gebracht.

• Ritualismus bedeutet, daß die gesellschaftlichen Ziele aufgegeben oder

heruntergeschraubt werden, bis sie erfüllt werden können, jedoch behält man die

legalen Mittel bei (z.B. Millionär, der sich sein Vermögen angespart hat und

aufgrund der Gewohnheit immer noch sehr sparsam ist (vgl. Lamnek 1999, S.

120). Dieses Verhalten besitzt keine kriminologische Bedeutung.

• Rückzug ist durch Desinteresse und Apathie gekennzeichnet, wobei sowohl die

gesellschaftlichen Ziele als auch die legalen Mittel zu deren Erreichung

4. Allgemeine Delinquenztheorien

52

abgelehnt werden. Typisch ist die Flucht in Scheinwelten, die z.B. Alkohol,

Rauschgift und Sekten eröffnen.

• Rebellion ist eine Reaktionsform, die sich gegen sozial gebilligte Mittel auflehnt

und grundsätzlich Alternativen zu verwirklichen sucht. Der Terrorismus spielt

hierbei eine bedeutende Rolle.

Diese Typologie der Anpassung beruht auf gesellschaftlichen, und nicht auf

individuellen Ursachen. Dabei liegt nach Merton der stärkste Druck zum

delinquenten Verhalten auf der Unterschicht (vgl. Merton 1951, S. 136 in Lamnek

1999, S. 119). Denn diese streben die gleichen Ziele wie die Angehörigen aus der

Mittel- und Oberschicht an, doch sind die Möglichkeiten, diese Ziele auf legalem

Wege zu erreichen, bei den Unterschichtangehörigen stark eingeschränkt. Dasselbe

gilt für die Arbeitslosen (vgl. Schwind 2000, S. 129). So verschafft sich zum Beispiel

ein arbeitsloser Jugendlicher durch Diebstahl ein Moped, um mit seinen

verdienenden Alterskameraden, die sich bereits ein Moped kaufen konnten,

mitfahren zu können.

Die Anomietheorie von Merton erklärt jedoch auch, warum nahezu alle Jugendlichen

Straftaten begehen und nach einer gewissen Zeit hiermit wieder aufhören: Für die

Situation der Jugendlichen „ist kennzeichnend, daß sie bereits voll dem allgemeinen

Konsumzwang ausgesetzt sind, ohne daß sie über ein ihren Wünschen auch nur

annähernd entsprechendes Einkommen verfügen. Die daraus erwachsenden

Straftaten sind überwiegend solche, die unmittelbar die auf legale Weise nicht zu

erfüllenden Wünsche befriedigen… Aber auch irrationale Aggressionsdelikte gegen

Sachen und Personen können… als Folge der aus der anhaltenden Versagung

entstehenden Frustration gesehen werden“ (Pfeiffer 1989, S. 16 in Kerner 1996, S.

95f.). Jeder Jugendliche durchläuft also die Zeit der Anomie, die einen

überschaubaren Lebensabschnitt bildet, weil sich mit zunehmenden Alter und

Ausbildungsstand bei der Mehrheit die Einkommensverhältnisse dahingehend

verändern, daß man sich die für wesentlich erachten Dinge leisten kann.

Ob die Anomietheorie von Merton nur für soziale Gruppen oder auch für Individuen

gilt, ist offen belassen, so daß zu dieser Frage kontroverse Auffassungen bestehen

(vgl. Ortmann 2000, S. 115f.).

Einige Kritiker besagen, daß dieser Ansatz eher beschreibt als erklärt (vgl. Lösel

1983, S. 98). So ist z.B. der Drogenabhängige als Typ klassifizierbar, der sowohl die

4. Allgemeine Delinquenztheorien

53

Ziele als auch die Mittel zur Zielerreichung ablehnt, insofern aus der Gesellschaft

aussteigt. Die Frage, warum er dies tut, bleibt aber beim Mertonschen Modell

unbeantwortet. Weiterhin läuft die Akzeptanz bzw. Ablehnung von Zielen und

Mitteln nicht als dichotomes Ereignis ab, sondern graduell und differentiell (vgl.

Wiswede 1973, S. 43 in Lösel 1983, S. 99). Auch dürften die Reaktionsmuster nicht

unbedingt über längere Zeit konstant bleiben. Darüber hinaus bestehen Zweifel, ob

der unterstellte normative Konsens tatsächlich so vorfindbar ist. Zudem bleibt wegen

fehlender Explikation unklar, um welche Ziele und Mittel es sich hierbei handelt

(vgl. Landscheidt 1995, S. 33).

4.2.2. Anomietheorie in der Fassung von Opp

Die Oppsche Anomietheorie aus dem Jahre 1974 ist eine Präzisierung und

Erweiterung des Ansatzes von Merton, die auf folgenden explizierenden Schritten

basiert:

• Generalisierung des Zielbegriffs

Opp spricht in seiner Theorie nicht mehr von kulturell definierten Zielen, sondern

von Zielen generell: „Ob etwa das Ziel, in einem Spiel zu gewinnen, ein kulturelles

definiertes Ziel ist oder nicht: in jedem Fall ist es für das Auftreten abweichenden

Verhaltens relevant. Es erscheint also sinnvoll, die Anomietheorie so zu formulieren,

daß sie für alle Ziele einer Person gilt“ (Opp 1974, S. 125 in Lamnek 1999, S. 135).

• Abgrenzung des Zielbegriffs vom Begriff der Normen

Die Mittel zur Zielerreichung bezeichnet Opp als regulierende Normen. Jedoch

können sowohl Normen als auch Ziele als Wünsche aufgefaßt werden. „Wünsche zur

Realisierung anderer Wünsche können als Normen bezeichnet werden. Die „letzten“

Wünsche, die also nicht zur Realisierung anderer Wünsche dienen, sind Ziele“

(Lamnek 1999, S. 136). Ob ein Wunsch eine regulierende Norm oder ein Ziel

darstellt, ist vom Standpunkt einer Person abhängig. Beispielsweise kann Reichtum

als Möglichkeit über bestimmte Güter zu verfügen bei Person X ein Ziel sein. Bei

Person Y kann Reichtum die Erlangung von Prestige sein und der Erwerb von

Reichtum ist ein Mittel bzw. eine regulierende Norm dazu. Demnach lautet die

Oppsche Definition der Begriffe „Ziel“ und „Norm“: „Eine Norm heiße ein Wunsch,

soweit dieser Wunsch vom Standpunkt der Person aus zur Realisierung eines

4. Allgemeine Delinquenztheorien

54

anderen Wunsches besteht“… „Ein Ziel heiße ein Wunsch, soweit zur Realisierung

dieses Wunsches vom Standpunkt einer Person aus ein anderer Wunsch besteht“

(Opp 1974, S. 127 in Lamnek 1999, S. 136).

• Einbeziehung der Intensität von Zielen und Normen

Nach Opp im Sinne Mertons, ist nicht nur „(…) die Art der Ziele und Normen (…)“

(Opp 1968, S. 112 in Ortmann 2000, S. 132) für die Ausführung abweichenden

Verhaltens von Bedeutung, sondern auch ihre Intensität. Denn Ziele und Normen

können von den Mitgliedern der Gesellschaft mit unterschiedlicher Intensität verfolgt

werden.

• Einbeziehung illegitimer Normen

Erst aus dem Vergleich zwischen den Intensitäten legitimer und illegitimer Normen

ergeben sich mögliche Folgen für das konforme oder abweichende Verhalten.

„Analog der Wirkungen hoher Intensität legitimer regulierender Normen für das

Auftreten konformen Verhaltens ist zu erwarten, daß eine hohe Intensität illegitimer

regulierender Normen zum Auftreten abweichenden Verhaltens beiträgt“ (Opp 1974,

S. 128 in Lamnek 1999, S. 137). Es tritt nun diejenige Abweichung auf, für das die

illegitimen Normen am intensivsten sind. Wenn es zum Beispiel eine Person

vorzieht, ihr Einkommen durch Unterschlagung zu erhöhen, dann dürfte dies dazu

beitragen, daß die Person eine Unterschlagung und nicht andere Formen

abweichenden Verhaltens begeht (vgl. Steuber 1988, S. 75). In diesem Fall liefert

also die Einbeziehung der Variablen „Intensität illegitimer Normen“ die Information

über die Art der Abweichung.

• Einbeziehung legitimer und illegitimer Realisierungschancen der Ziele

Cloward und Ohlin (1960) machen geltend, daß neben den Zugangschancen zu

legitimen Mitteln die Zugangsmöglichkeiten zu illegitimen Mitteln zu

berücksichtigen sind (vgl. Lamnek 1999, S. 124). Denn illegitime Mittel sind ebenso

wie legitime Mittel ungleich verteilt. Wer beispielsweise keine

Zugangsmöglichkeiten zu einer Pistole besitzt, hat eine geringere Wahrscheinlichkeit

dafür, Mörder zu werden. Wer dagegen in einem bestimmten Milieu zu Hause ist, hat

größere Chancen an solchen Waffen zu gelangen. Opp bezieht sich auf Clowards und

Ohlins Kritik an der Anomietheorie von Merton und nimmt nicht nur die legitimen

Realisierungschancen, sondern auch die illegitimen Realisierungschancen für

bestimmte Ziele in seiner Hypothese auf (vgl. Lamnek 1999, S. 138). Dabei faßt Opp

4. Allgemeine Delinquenztheorien

55

sowohl die illegitimen als auch die legitimen Realisierungschancen – wie schon der

Begriff der Ziele und Normen – quantitativ als Intensität oder Grad.

Es gibt nunmehr fünf unabhängige Variablen in der Fassung der Anomietheorie von

Opp:

Grafik 2: Modell der Anomietheorie bei Opp (Opp 1974, S. 133 in Lamnek

1999, S. 139)

Intensität der Ziele

Intensität legitimer Normen

Intensität illegitimer Normen Abweichendes

Grad der legitimen Möglichkeiten Verhalten

Grad der illegitimen Möglichkeiten

Die von Opp formulierte Hypothese zu diesem Modell lautet:

Je intensiver die für die Ausführung einer Klasse von Handlungen relevanten Ziele

von Personen sind,

je weniger intensiv die für die Realisierung dieser Ziele relevanten legitimen

regulierenden Normen für bestimmte konforme Handlungen aus der genannten

Klasse von Handlungen sind,

je intensiver die für die Realisierung dieser Ziele relevanten illegitimen

regulierenden Normen für bestimmte abweichende Handlungen aus der genannten

Klasse von Handlungen sind,

je geringer die Möglichkeiten sind, die Ziele gemäß den legitimen regulierenden

Normen zu erreichen,

je größer die Möglichkeiten sind, die Ziele gemäß den illegitimen regulierenden

Normen zu erreichen,

desto eher werden Personen die abweichenden Handlungen ausführen (Opp 1974, S.

133 in Lamnek 1999, S. 138).

„Nicht nur die Ziele und Normen werden weitgehend gelernt; auch die legitimen und

illegitimen Möglichkeiten werden zu einem großen Teil von den Mitgliedern der

Gesellschaft geschaffen“ (Opp 1974, S. 148 in Steuber 1988, S. 75).

4. Allgemeine Delinquenztheorien

56

Das Oppsche Modell ist also im Vergleich zur Anomietheorie von Merton

„umfassender, stringenter und präziser gefaßt und weist damit (…) erhebliche

Vorteile auf“ (Lamnek 1999, S. 141). So kann dieser Ansatz nach Lamnek eine

bessere Prognose über das Auftreten abweichenden Verhaltens stellen als andere

Theorien (vgl. ebd.). Ebenfalls ist dieses Konzept in der Lage, alle spezifischen

Formen abweichenden Verhaltens zu erklären, obwohl die Anomietheorien

vornehmlich auf Abweichungen von Strafrechtsnormen Bezug nehmen (vgl. ebd.).

Allerdings vermag die Theorie von Opp nicht die Frage zu klären, „unter welchen

Bedingungen die unabhängigen Variablen welche Werte besitzen“ (Opp 1974, S.

133 in Steuber 1988, S. 77). Wovon z.B. eine hohe oder eine niedrige Intensität

illegitimer Normen abhängt, kann nicht beantwortet werden. Insofern bleibt auch

offen, ob die unabhängigen Variablen sozialstrukturelle Bedingungen oder andere

Determinanten als Ursache für abweichendes Verhalten aufweisen (vgl. Lamnek

1999, S. 139).

4.3. Kontrolltheorien

Die Vertreter der Kontrolltheorien behaupten, daß der Mensch von Natur aus die

Tendenz zum abweichenden Verhalten besitzt. Demzufolge haben alle Menschen das

Potential Straftaten zu begehen. Ausgehend von diesem Standpunkt werfen die

Kontrolltheorien nicht die Frage auf, warum sich eine Person deviant verhält,

sondern warum eine Person konform handelt. Nach diesen Theorien werden die

konformen Verhaltensmuster durch die soziale Kontrolle erlernt, so daß sich aus dem

Fehlen oder einer zu schwachen Sozialkontrolle abweichende Verhaltensweisen

ergeben.

4.3.1. Hirschis Theorie der sozialen Bindung

Der herausragende Exponent von Kontrolltheorien ist Hirschi. Seine 1969

entwickelte Theorie der sozialen Bindung führt die Konformität auf ein „Band“

(Bindung) zurück, daß zwischen dem Individuum und der Gesellschaft besteht.

„Control theory assumes that the bond of affection for conventional persons is a

major deterrent to crime“ (Hirschi 1969, S. 83 in Ortmann 2000, S. 9). Wird das

„Band“ bzw. die gesellschaftliche Bindung des Individuums geschwächt oder

4. Allgemeine Delinquenztheorien

57

brüchig, so sind abweichende Verhaltensweisen zu erwarten: „Control theories

assume that delinquent acts result when an individual’s bond to society is weak or

broken“ (Hirschi 1969, S. 16 in Ortmann 2000, S. 8). Der Grad der Einbindung des

Individuums in die Gesellschaft legt demnach den Maßstab für die Angepaßtheit

seines Verhaltens zugrunde.

Nach Hirschi konstituieren sich die sozialen Bindungen des Individuums aus vier

Elementen (vgl. Hirschi 1969, S. 83 – 197 in Janssen in Janssen et al. 1997, S. 86ff.):

1. Attachment bezeichnet die emotionalen Beziehungen zu anderen Personen.

Eltern, Schule und Peers stellen die wichtigsten Institutionen für das Entstehen

sozialer Bindung dar. Von ihnen nehmen die Eltern die größte Relevanz ein,

denn dort werden die wesentlichen Grundlagen für die Bedeutung der

Respektierung anderer Menschen und den Stellenwert der Meinung Dritter

gelegt. Gleichzeitig erfährt der Jugendliche deren Erwartungen an sein Verhalten.

2. Commitment beinhaltet die Zeit, Energie und Anstrengungen, die in

konventionelles Handeln investiert werden. Es ist die rationale Komponente von

Konformität, denn hier werden die Kosten des abweichenden Verhaltens in

Relation zu den drohenden Verlusten gesetzt. Überwiegen die Verluste (Eltern,

Freunde, Arbeitsplatz, soziale Stellung etc.) wird man konform handeln. Stellt

das Attachment (Anbindung) eine Art soziales Gewissen dar, handelt es sich

beim Commitment (Vereinbarung, Verpflichtung, Engagement) um das

operierende Ich (Bewußtsein).

3. Involvement meint die Bindung aufgrund der tatsächlichen Teilnahme an den

gesellschaftlichen Institutionen. Denn die Einbindung in konventionelle

Aktivitäten (Berufstätigkeit, Freizeitbeschäftigung in Vereinen usw.) bietet für

abweichendes Verhalten kaum Zeit noch Gelegenheit.

4. Belief bezieht sich auf die Anerkennung gesellschaftlicher Norm- und

Wertvorstellungen, wobei das Bestehen eines gemeinsamen Wertsystem

innerhalb der Gesellschaft angenommen wird.

Das Attachment wird als wichtigstes kausales Element für Normabweichungen

betrachtet und hat entscheidenden Einfluß auf die drei weiteren Bindungsebenen.

4. Allgemeine Delinquenztheorien

58

Im Gegensatz zu anderen Delinquenztheorien (speziell Subkulturtheorie) kann

Hirschis Theorie der sozialen Bindung auf alle Gruppierungen bezogen werden, weil

dieser Ansatz nicht auf bestimmte Schichten oder Gruppen beschränkt ist.

„Hirschis Kombination der Theorie- und Begriffsbildung sowie der

Operationalisierung und empirischen Überprüfung seiner Theorie sind einzigartig in

der modernen Kriminologie“ (Akers 1997, S. 86 in Schneider in Sievers et al. 1998,

S. 654).

Bemängelt wird jedoch, daß Hirschis Ansatz über die Entstehung von

Bindungslosigkeit und über die Entwicklung von Bindungen wenig Auskunft gibt

(vgl. Kaiser 1988, S. 208). Weiterhin spielt innerhalb der Theorie die Konformität

oder Devianz derjenigen Personen, zu denen Anbindung besteht, keine Rolle.

Bedeutsam ist hier lediglich die Stärke der Beziehung zu den Bezugspersonen.

Darüber hinaus befindet sich das Konzept im Widerspruch zu den Ergebnissen des

sozialen Lernens, denn es setzt affektive und kognitive Bindungen als Bedingungen

für normkonformes Verhalten voraus (vgl. Kaiser 1988, S. 209). Demgemäß vermag

Hirschis Kontrolltheorie nicht jene Fälle zu erklären, in denen eine Person trotz

Fehlens konventioneller Bindungen keine Straftaten begeht. Schließlich geht sie

nicht darauf ein, daß sich die sozialen Bindungen ändern und entwickeln.

4.3.2. Theorie der Selbstkontrolle von Gottfredson und Hirschi

Die Selbstkontrolltheorie von Gottfredson und Hirschi (1990) versucht ebenfalls eine

Antwort auf die Frage zu finden, wie und warum Menschen von delinquenten

Handlungen zurückgehalten werden. Aber im Unterschied zur Theorie der sozialen

Bindung geht man bei diesem Ansatz nur von einer unabhängigen Variablen aus,

nämlich von der Selbstkontrolle. Diese wird als Persönlichkeitsmerkmal beschrieben,

so daß Hirschi und Gottfredson gegenüber der ursprünglichen Kontrolltheorie die

Entstehung des abweichenden Verhaltens aus der Perspektive individueller, im

Innern der Person liegender Merkmale, betrachten. „(…) Menschen, denen es an

einem entsprechenden Ausmaß an Selbstkontrolle mangelt, neigen (…) zur

Impulsivität, geringer Sensibilität, zu eher physischen als geistigen Qualitäten, zu

Risikobereitschaft, Kurzsichtigkeit, mäßigem sprachlichem Ausdrucksvermögen,

weshalb sie sich in abweichende und kriminelle Handlungen verstricken“ (Lamnek

1994, S. 146). Dementsprechend führt eine geringe Selbstkontrolle, die sich durch

4. Allgemeine Delinquenztheorien

59

das Vorhandensein aller der sechs beschriebenen Faktoren identifiziert (vgl.

Gottfredson et al. 1990, S. 89ff. in Lamnek 1994, S. 145), zur Abweichung, während

ein hohes Maß an Selbstkontrolle konformes Verhalten zur Folge hat. Haben sich die

Charakterzüge der Selbstkontrolle einmal herauskristallisiert, bleiben sie ein ganzes

Leben lang erhalten (vgl. Lamnek 1994, S. 144, 149). Niedrige Selbstkontrolle ist

hierbei das Resultat einer unwirksamen und unangemessenen Sozialisation, d.h. sie

ist durch die Abwesenheit effektiver Erziehungsstile bedingt. Denn versäumen es die

Eltern, ihr Kind zu beaufsichtigen, daß abweichende Verhalten zu entdecken und zu

sanktionieren, so entwickelt sich ein niedriges Maß an Selbstkontrolle (vgl. Lamnek

1994, S. 151 – 154). Die Eltern müssen also versuchen, die Entstehung von

Delinquenz zu verhindern, indem sie die drei genannten Prinzipien einer

angemessenen Erziehung berücksichtigen. Ist das der Fall, lernt das Kind, verzögerte

oder spätere Belohnungen in seine Entscheidung für bestimmte Handlungen

einzubeziehen. Demnach besitzen Personen mit einer hohen Selbstkontrolle die

Fähigkeit, sofortige und leichte Belohnungen auf später zu verschieben.

Kritisch ist zu dieser Kontrolltheorie anzumerken, daß sie die sekundären

Sozialisationsinstanzen (wie Schule, Peers etc.) unberücksichtigt läßt. Weiterhin gibt

sie keine Antwort auf die Frage, warum die Entwicklung der Selbstkontrolle

ausschließlich auf die negativen Mechanismen Kontrolle und Bestrafung beschränkt

ist (vgl. Seipel 1999, S. 88). So wird die Bedeutung von positiver Verstärkung in

diesem Ansatz nicht thematisiert. Lamnek spricht in diesem Zusammenhang von

einer „halbierten“ Lerntheorie, indem der Lernprozeß mit dem achten Lebensjahr als

beendet gilt (vgl. Lamnek 1994, S. 165). Somit kann dieses Konzept die

episodenhafte Jugenddelinquenz nicht erklären. Auch bleibt in der

Selbstkontrolltheorie offen, ob funktionale Zusammenhänge zwischen dem Ausmaß

der inneren und der äußeren sozialen Kontrolle existieren (vgl. Göppinger 1997, S.

114).

Obgleich dieser Ansatz einen bedeutsamen Beitrag zur modernen kriminologischen

Theoriediskussion darstellt, haben Gottfredson und Hirschi mit ihrer

Selbstkontrolltheorie nach Akers Ansicht nichts fundamental Neues herausgearbeitet,

denn ihr Begriff der Selbstkontrolle entspricht dem Begriff Selbstkonzept von Walter

C. Reckless (vgl. Akers 1991, S. 205 in Schneider in Sievers et al. 1998, S. 654).

4. Allgemeine Delinquenztheorien

60

4.4. Labeling Approach

Der Labeling approach, auch Etikettierungsansatz genannt, hat eine völlig andere

Sichtweise als die bislang erörterten Theorien. Seinen Grundgedanken bringt ein

Zitat von Tannenbaum, der Urvater des Etikettierungsansatzes, zum Ausdruck: „The

young delinquent becomes bad, because he is defined as bad“ (Tannenbaum 1953, S.

17 in Lamnek 1999, S. 219). Nach dieser Auffassung existiert kein delinquentes

Verhalten als solches, sondern es wird erst durch eine Definition konstituiert.

Insofern wendet der Labeling approach seinen Blick vom Täter, der Tat und ihren

gesellschaftlichen Ursachen ab und richtet ihn auf Zuschreibungsprozesse der

Instanzen sozialer Kontrolle. „ ‘Böses Tun‘ (als solches irgendwie definiert) ist nicht

im einzelnen angelegt, wo es durch physiologische oder psychologische Faktoren

erklärt werden kann, sondern es wird vielmehr durch die Umweltreaktionen

provoziert“ (Rüther 1976, S. 27 in Lamnek 1999, S. 219).

4.4.1. Grundlegung des labeling approach durch Becker

Nach Becker wird das abweichende oder delinquente Verhalten in einem

Interaktionsprozeß, durch die Setzung und Anwendung von Normen, hervorgebracht:

„Abweichendes Verhalten wird durch die Gesellschaft geschaffen. … Ich meine (…),

daß gesellschaftliche Gruppen abweichendes Verhalten dadurch schaffen, daß sie

Regeln aufstellen, deren Verletzung abweichendes Verhalten konstituiert und daß sie

diese Regeln auf bestimmte Menschen anwenden, die sie zu Außenseitern stempeln“

(Becker 1973, S. 161 in Lamnek 1999, S. 224).

Delinquenz ist hiernach keine feststehende Größe, sondern das Resultat eines

sozialen Zuschreibungsprozesses. Das heißt, daß das delinquente Verhalten durch die

Normsetzer sowie die Normanwender definiert wird. Solche Zuschreibungen finden

gruppen-, situations- und personenspezifisch statt, so daß gleiche Verhaltensweisen

sowohl delinquent als auch konform definiert werden können. Obwohl diese

Definitionszuweisungen informell oder formell erfolgen, werden letzteren

hinsichtlich ihrer Auswirkungen größere Bedeutungen beigemessen (vgl. Lamnek

1999, S. 226). Insofern können die Selektionskriterien unter dem Faktor Macht

subsumiert werden (vgl. ebd., S. 224, 228).

4. Allgemeine Delinquenztheorien

61

Wird nun eine Person das Etikett „delinquent“ zugeschrieben, so werden ihre

konformen Verhaltensmöglichkeiten eingeschränkt (vgl. ebd., S. 226). Im sozialen

sowie im beruflichen Leben führt die Stigmatisierung zu einer Abwendung

relevanter Bezugspersonen, mit der weiteren Folge, daß der als „delinquent“

Definierte zunehmend seine Identifikation ändert. Das bedeutet, daß er ein dem

Stigma entsprechendes Selbstbild entwickelt und somit eine dauerhafte delinquente

Rolle übernimmt.

Zwar will Becker hiermit nicht sagen, „daß Räuber andere Leute einfach deswegen

überfallen, weil jemand sie als Räuber bezeichnet hat“, aber doch auf die erhebliche

Bedeutung solcher Attributionen für die spätere Laufbahn Betroffener hinweisen

(Becker 1973, S. 161 in Amelang 1988, S. 220)

4.4.2. Primäre und sekundäre Abweichung bei Lemert

Lemert hat sich schon vor Becker eingehend mit dem Labeling Approach

auseinandergesetzt, indem er Normverstöße in primäre und sekundäre Devianz

unterteilte. Unter primärer Abweichung versteht Lemert Normverstöße, die zwar als

solche wahrgenommen werden, jedoch erhält der Normbrecher noch kein

entsprechendes Etikett (vgl. Lamnek 1999, S. 120). Die Ursachen für derartige

Rechtsbrüche sind verschieden, u.a. können sie auf Faktoren zurückgeführt werden,

die in den bisher bearbeiteten Theorien des ätiologischen Paradigmas genannt

wurden (vgl. Lemert 1975, S. 433 in ebd.).

Die sekundäre Devianz basiert auf einer bereits erfolgten Rollenzuschreibung als

Abweicher seitens der sozialen Umwelt, wobei sich die endliche Verfestigung

abweichender Verhaltensweisen als Aufschaukelungsprozeß verstehen läßt: Auf

primäre Devianz folgen Strafen, daraufhin weitere Abweichungen, stärkere Strafen

und Zurückweisung usw. bis schließlich der Betroffene selbst die ihm

zugeschriebene Abweicherrolle akzeptiert und eine neue Identität bekommt (vgl.

Lemert 1951, S. 77 in Lamnek 1999, S. 222, 223).

Eine primäre Devianz wäre demnach beispielsweise, wenn ein Jugendlicher aus

Abenteuerlust einen Ladendiebstahl begeht. Wenn dann der Jugendliche durch

ausgrenzende Sanktionen und Benennungen („Dieb“) in seinem bisherigen sozialen

Umfeld geschnitten wird, mit der Konsequenz, daß er sich einer Gruppe ähnlich

4. Allgemeine Delinquenztheorien

62

etikettierter Altersgenossen anschließt, die sich über Delikte nach innen festigt und

nach außen bemerkbar macht, so stellt das die sekundäre Devianz dar.

Die Labeling – Theorie bietet ein Erklärungsmodell für das Entstehen abweichender

Karrieren. Jedoch kann dieser Ansatz nichts zur Existenz und zur Erklärung von

delinquentem Verhalten, das nicht offiziell bekannt wird, aussagen. Er interessiert

sich weder für die Ursachen der Primärabweichung noch für die Qualität des

Rechtsbruchs (vgl. Kaiser 1988, S. 277). Insofern beschäftigt er sich nur mit den

gesellschaftlichen Reaktionen auf ein bestimmtes Verhalten. Hierbei bleibt

ungeklärt, welche Art und Intensität von sozialen Reaktionen für eine erfolgreiche

Etikettierung erforderlich sind (vgl. Kaiser 1988, S. 277). Ebenso wird bemängelt,

daß die Labeling – Perspektive keine Angaben darüber macht, „wie die postulierten

Stigmatisierungen und Rollenzuweisungen verinnerlicht werden und zu

Identitätsveränderungen führen“ (Keupp 1983, S. 117 in Landscheidt 1995, S. 30).

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

63

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten

Verhaltens

5.1. Ziel der Untersuchung

Die dargestellten Theorien zur Erklärung der Jugenddelinquenz erheben den

Anspruch, für sich gültige und wahre Aussagen zu machen. Demzufolge möchte ich

zwei ausgewählte Theorien auf ihre Richtigkeit überprüfen, indem ich sie einer

empirischen Untersuchung unterziehe.

„Wissenschaftliches Arbeiten besteht nicht nur im Formulieren von Theorien, von

abstrakten, theoretischen oder gar spekulativen Überlegungen, sondern gerade auch

die Überprüfung der Theorien an der sozialen Wirklichkeit als entscheidendes

Kriterium für die evaluative Beurteilung von Theorien gehört dazu“ (Lamnek 1999,

S. 272).

Üblicherweise wird in sozialwissenschaftlichen Untersuchungen, die an einer

Überprüfung theoretisch abgeleiteter Hypothesen orientiert sind, zur Erklärung

sozialwissenschaftlicher Explananda nur eine Theorie herangezogen (vgl. Seipel

1999, S. 19). Dieses Vorgehen hat allerdings den Nachteil, daß nicht darüber

entschieden werden kann, ob eine andere Theorie vielleicht besser durch die

empirischen Daten gestützt wird. Das heißt, daß in einer isolierten Theorieprüfung

keine Aussage über die Qualität der betreffenden Theorie im Vergleich zur Qualität

anderer Theorien getroffen werden kann. Genau dies ist jedoch für die

Weiterentwicklung unseres theoretischen Wissens erforderlich (vgl. Opp 1996, S.

223 in Seipel 1999, S. 20).

In der vorliegenden Studie werden demzufolge zwei Fragestellungen untersucht:

1. Lassen sich die herangezogenen Theorien bestätigen?

2. Welche dieser Theorien kann das delinquente Verhalten besser erklären?

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

64

5.2. Strategische Vorgehensweise

Die ausgewählten Delinquenztheorien werden vor der empirischen Untersuchung auf

ihre Widerspruchslosigkeit und auf ihre Nicht – Analytizität (Begriffsdefinition

erfolgt in 5.4) geprüft. Denn als Vorbedingung der empirischen Theorienprüfung

muß die logische Konsistenz (Widerspruchsfreiheit) erfüllt sein (vgl. Kanazawa 1998

in Seipel 1999, S. 32). Des Weiteren wird im Rahmen der logischen Theorienprüfung

die Relation der Theorien bestimmt, d.h. es wird der Frage nachgegangen, in

welchem Verhältnis die beiden Theorien zueinander stehen. Die Bestimmung der

Basisrelation von Theorien gibt Aufschluß darüber, ob ein empirischer

Theorienvergleich und eine Integration der Theorien durchgeführt werden kann.

Ist die logische Theorienprüfung abgeschlossen, erfolgt die isolierte empirische

Theorienprüfung, in der festgestellt wird, ob die in den Theorien behaupteten

Zusammenhänge empirischen Bestand haben. Zeigt sich eine Übereinstimmung der

theoretischen Annahmen mit den empirischen Daten, dann werden die Theorien auf

ihre Erklärungsleistung miteinander verglichen. Stellt sich allerdings eine der

Theorien als falsch heraus, ist ein Vergleich der Theorien nicht mehr nötig.

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

65

Grafik3: Ablaufschema: Empirische Theorienprüfung

5.3. Auswahl der Theorien und Hypothesenformulierung

Bei den ausgewählten Theorien handelt es sich zum einen um die Anomietheorie von

Opp und zum anderen um die soziale Bindungstheorie von Hirschi. Beide Theorien

lassen sich gut – im Gegensatz zu den Lerntheorien und dem Labeling Approach –

einer empirischen Prüfung unterziehen, d.h. die unabhängigen Variablen können

Auswahl der Theorien

Bestimmung der Relation

1. Ähnlichkeit 2. Konkurrenztyp A 3. Konkurrenztyp B

Isolierte Theorienprüfung

1. Korrelationsanalyse 2. Signifikanztest (Χ² - Test)

Liegt Konkurrenz vor?

ja

nein Abbruch

Vergleich der Theorien

Bewährung ?

ja

nein Abbruch

Hypothesen- formulierung

Prüfung auf Widerspruchsfreiheit

und Nicht- Analytizität

Widerspruchsfrei und nicht- analytisch?

ja

nein Abbruch

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

66

ohne große Schwierigkeiten gemessen werden (s. Theorien im vorherigen Kapitel).

Zudem bezieht sich die Auswahl der Theorien auf kontrovers diskutierte Ansätze, so

daß ein empirischer Vergleich der vorliegenden Ansätze möglich ist (ob hier

tatsächlich ein Konkurrenzverhältnis vorliegt, wird noch im Rahmen des logischen

Theorienvergleichs geprüft). Eine weitere Begründung für die herangezogenen

Theorien liegt darin, daß die Anomietheorie von Opp vornehmlich die

Abweichungen von den Strafrechtsnormen erklärt.

Da die Oppsche Hypothese bereits vorliegt (s. vorheriges Kapitel), muß lediglich die

Hypothese für die soziale Bindungstheorie hergeleitet werden. Wie die Hypothese

von Opp wird auch die Hirschi Hypothese probabilistisch (als Je – desto – Satz)

gefaßt. Somit haben beide Forschungshypothesen den Charakter von

Wahrscheinlichkeitsaussagen, so daß sie sich durch konträre Einzelfälle nicht

widerlegen lassen (vgl. Bortz et al. 1995, S. 11). Dagegen genügt bei einer

deterministisch formulierten Hypothese (Wenn – dann – Satz) ein einziges, dieser

Hypothese widersprechendes Ereignis, um die Theorie zu verwerfen. Allerdings trifft

man deterministisch gefaßte Aussagen in den Sozialwissenschaften äußerst selten an.

Da die zu untersuchenden Hypothesen das delinquente und nicht das konforme

Verhalten erklären sollen, muß die aus der sozialen Bindungstheorie abgeleitete

Hypothese sprachlich umgedreht werden:

Vorher: Je stärker ein Jugendlicher in sein gesellschaftliches Umfeld integriert ist,

desto eher verhält er sich konform.

Nachher: Je geringer ein Jugendlicher in sein gesellschaftliches Umfeld integriert ist,

desto eher verhält er sich abweichend.

Da alle unabhängigen Variablen der Hirschi Theorie untersucht werden sollen,

müssen sie in die Arbeitshypothese mit einfließen, so daß die

Hypothese, die es zu prüfen gilt, wie folgt lautet:

Je schwächer bei einem Jugendlichen die Bindungen zu Personen sind,

je geringer der materielle und ideelle Besitzstand bei einem Jugendlichen ist,

je weniger ein Jugendlicher in gesellschaftliche Institutionen oder/und in

gesellschaftlich akzeptierte Aktivitäten involviert ist,

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

67

je weniger ein Jugendlicher die gesellschaftlichen Werte verinnerlicht hat bzw. die

Werte der Gesellschaft nicht als seine betrachtet,

desto eher verhält sich ein Jugendlicher delinquent.

Bei der Oppschen Hypothese wird das Ziel durch die Konsumgüterwünsche ersetzt,

um die unabhängigen Variablen operationalisieren zu können. Da jeder Jugendliche

dem allgemeinen Konsumzwang ausgesetzt ist, habe ich mich für die

Konsumgüterorientierung als Ziel der Jugendlichen entschieden. Demzufolge lautet

die zu untersuchende Hypothese von Opp:

Je stärker die Konsumorientierung bei einem Jugendlichen ist,

je weniger ein Jugendlicher die legitimen Normen zur Verwirklichung seiner

Konsumgüterwünsche akzeptiert,

je stärker ein Jugendlicher die illegitimen Normen zur Verwirklichung seiner

Konsumgüterwünsche akzeptiert,

je geringer die Möglichkeiten eines Jugendlichen sind, die Konsumgüterwünsche mit

legitimen Normen zu realisieren,

je größer die Möglichkeiten eines Jugendlichen sind, die Konsumgüterwünsche mit

illegitimen Normen zu realisieren,

desto eher verhält sich ein Jugendlicher delinquent.

5.4. Logische Theorienprüfung

Die ausgewählten Theorien werden jeweils in einer Matrix daraufhin geprüft, ob sich

die einzelnen Variablen der Hypothesen untereinander widersprechen und ob es sich

bei den vorliegenden Theorien um nicht analytische Hypothesen handelt. Eine

Hypothese heißt analytisch (tautologisch), wenn sie unabhängig davon, wie die

Realität beschaffen ist, wahr ist, d.h. wenn ihre Wahrheit allein aufgrund logischer

Analyse und nicht aufgrund der Erfahrung festgestellt werden kann (vgl. Opp 1974,

S. 32). Analytische Hypothesen sind also immer wahr und nie widerlegbar. Zum

Beispiel ist der Satz „Bei starken Zigarettenkonsum kann es zu einem Herzinfarkt

kommen“ nicht falsifizierbar, denn jedes mögliche Ereignis – ob ein Raucher nun

einen Herzinfarkt bekommt oder nicht – stimmt mit dem Kann – Satz überein (vgl.

Bortz et al. 1995, S. 8). Ebenso hätte der Satz „Wenn Menschen fernsehen, dann

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

68

befriedigen sie ihre Fernsehbedürfnisse“ keinen Falsifikator, wenn man

„Befriedigung von Fernsehbedürfnissen“ durch das Faktum definiert, daß

ferngesehen wird (vgl. ebd.). Da die analytischen Hypothesen nichts über die

Wirklichkeit aussagen, ist ihr Informationsgehalt gleich null (vgl. Diekmann 1995, S.

136).

Mit dieser kurzen Erläuterung sollte verständlich geworden sein, warum eine

Hypothese auf die Nicht – Analytizität untersucht werden muß.

Die Analyse (s. Grafik 10, 11 im Anhang) hat ergeben, daß weder die Anomietheorie

von Opp noch die soziale Bindungstheorie von Hirschi logische Widersprüche

aufweisen. Ebenfalls sind beide Theorien nicht tautologisch, so daß die ausgewählten

Ansätze den Test der logischen Konsistenz und der Nicht – Analytizität bestanden

haben und somit empirisch geprüft werden können.

Für die Bestimmung des Verhältnisses der Theorien hat Seipel eine neue Typologie

eingeführt, in der drei Basisrelationen unterschieden werden (vgl. Seipel 1999, S.

38):

• Ähnlichkeit

• Konkurrenztyp A

• Konkurrenztyp B

Ähnlichkeit bedeutet, daß die vorliegenden Theorien identisch sind, d.h. beide

Theorien sagen dasselbe nur in einer unterschiedlichen Sprache, so daß sich ihre

Hypothesen durch sprachliche oder logische Transformationen ineinander überführen

lassen.

Der Konkurrenztyp A liegt vor, wenn die Theorien zu sich logisch widersprechenden

Erklärungen kommen, also beide Theorien in einem logischen Widerspruch

zueinander stehen.

Beim Konkurrenztyp B gibt es zwischen den Theorien keinen logischen

Widerspruch, allerdings werden hier unterschiedliche Sachverhalte als

erklärungsrelevant behauptet.

Diese drei Basisrelationen von Theorien sollen auch auf meine ausgewählten

Theorien Anwendung finden. Dazu wird eine Matrix erstellt, in der die Hypothesen

der einen Theorie mit denen der anderen Theorie verglichen werden können. Um den

Basistypen zu bestimmen, wird überprüft, ob sich die einzelnen Variablen der einen

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

69

Hypothese durch sprachliche oder logische Transformationen in die Variablen der

anderen Theorie überführen lassen. Zudem wird getestet, ob sich die Variablen der

Theorien untereinander widersprechen. Ergibt sich bei der logisch – semantischen

Analyse der Typ der Ähnlichkeitsrelation, dann ist ein empirischer

Theorienvergleich nicht durchführbar (vgl. Seipel 1999, S. 39). Zeigt sich als

Ergebnis der logisch – semantischen Analyse der Konkurrenztyp A oder B können

die Theorien miteinander verglichen werden. Zudem besteht die Möglichkeit, die

Theorien zu integrieren.

Es zeigt sich (s. Grafik 12 im Anhang), daß sich die Oppsche Anomietheorie und die

Theorie der sozialen Bindung nicht durch sprachliche oder logische

Transformationen ineinander überführen lassen. Da zwischen den untersuchten

Theorien auch kein logischer Widerspruch besteht, liegt weder der Konkurrenztyp A

vor noch ähneln sich die vorliegenden Theorien. Insofern handelt es sich um

Theorien, die unterschiedliche Ursachen zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

heranziehen, also um Konkurrenztyp B.

5.5. Zum methodischen Ansatz

Nach der Begründung für die Auswahl meiner Datenerhebungsmethode zeige ich die

Entwicklung des Meßinstruments auf. Anschließend erfolgt die Beschreibung der

Stichprobe und die des Untersuchungsablaufs. Abschließend wird die Rücklaufquote

für die vorliegende Studie präsentiert.

5.5.1. Erhebungsinstrument

Zu den quantitativen Erhebungsverfahren zählen die Befragung und die

Beobachtung. Mit der Beobachtung ist es jedoch nicht möglich, alle Daten zu

erheben, weil sie nur die sinnlich wahrnehmbaren Sachverhalte erfassen kann.

Insofern bleibt nur die mündliche oder die schriftliche Befragung als Methode zur

Datenerhebung. Welche angewandt wird, hängt von den erfragten Inhalten sowie von

der Anzahl und Art der Probanden ab. Für meine Untersuchung benötigt man eine

relativ große, weit verstreute Stichprobe sowie eine Methode, die heikle Fragen

möglichst zuverlässig mißt. Zudem muß bei der Auswahl des Instruments

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

70

berücksichtigt werden, daß die Untersuchung im Rahmen einer Diplomarbeit

durchgeführt wird und somit nur begrenzte Ressourcen zur Verfügung stehen.

Diesen genannten Aspekten kann die Methode der schriftlichen Befragung eher

gerecht werden als die mündliche Befragung. So kann mit ihr in kurzer Zeit eine

größere Zahl von Personen untersucht werden. Zudem erbringen schriftliche

Befragungen bei heiklen Themen zuverlässigere Ergebnisse (wurde vor allem für das

abweichende Verhalten nachgewiesen), weil die Befragten die Situation anonymer

erleben als beim Interview (vgl. Laatz 1993, S. 108).

Des Weiteren muß entschieden werden, welche Form der schriftlichen Befragung

angewandt wird, wobei man zwischen der Befragung mit persönlicher Unterstützung

und ohne persönliche Unterstützung differenziert (vgl. Hafermalz 1976, S. 7). Bei

der schriftlichen Befragung mit persönlicher Unterstützung erfolgt die Befragung auf

persönlichem Wege, indem der Untersuchungsleiter die Fragebögen an seine

Probanden verteilt und einsammelt. Bei der anderen Form der Befragung werden die

Fragebögen entweder mit der Post verschickt oder an einem bestimmten Ort

ausgelegt. Der zentrale Nachteil einer schriftlichen Befragung ohne persönliche

Unterstützung liegt bei der gewöhnlich sehr geringen Rücklaufquote, was die

Repräsentativität der Studie sehr beeinflußt (vgl. Laatz 1993, S. 109). Demzufolge

habe ich die schriftliche Befragung mit persönlicher Unterstützung der schriftlichen

Befragung ohne persönliche Unterstützung vorgezogen.

5.5.2. Fragebogenkonstruktion

Für den Erhebungsbogen wurden Fragen sowohl zu den unabhängigen Variablen der

Hypothesen von Opp und Hirschi als auch zur abhängigen Variablen der Delinquenz

entwickelt.

Fragen zur abhängigen Variable mußten besonders geschickt formuliert werden, um

Antworthemmungen, eigene Straftaten zu offenbaren, abzubauen. So wurde eine

Frageformulierung gewählt, die den Eindruck erwecken sollte, als sei es

selbstverständlich Straftaten zu begehen: „Welche der hier aufgeführten Dinge hast

Du schon mal getan?“ (Anstatt „Hast Du schon mal …?“) Die aufgelisteten

Straftaten entschärfte ich durch verharmlosende Formulierungen. So wurde

beispielsweise das Wort „stehlen“ durch „mitgehen lassen“ ersetzt oder anstelle von

„fälschen“ verwendete ich den Begriff „nachmachen“. Darüber hinaus ermöglichte

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

71

ich es dem Befragten, relativ vage zu antworten, d.h. er wurde nur um eine

Eingruppierung seiner verübten Straftat in grobe Häufigkeitsklassen gebeten (2-

5mal; mehr als 5mal).

Die Straftaten erfaßte ich in einem Katalog, um nicht zu jedem Delikt eine Frage

stellen zu müssen. Letztere Methode gleicht nämlich eher einem Verhör und wirkt

somit auf die Befragten abschreckend. Die aufgelisteten Delikte wurden dabei in eine

bestimmte Reihenfolge gebracht, damit die Schwere der Straftaten nicht besonders

hervorgehoben wurde. Allerdings wurden nur solche Straftaten in meinem Katalog

aufgeführt, die nach der Kriminalstatistik und der Dunkelfeldforschung von den

Jugendlichen häufig verübt werden. Schwerwiegende Straftaten wie Sexual – und

Tötungsdelikte blieben in der vorliegenden Studie unberücksichtigt, weil an der

Untersuchung keine Extrempopulationen (inhaftierte Täter) teilnahmen.

Der Fragekatalog wurde durch die folgende Bemerkung eingeleitet:

„Untersuchungen haben ergeben, daß jeder Jugendliche schon mal Gesetze und

Verbote übertreten hat …“

Mit dieser Bemerkung sollte die Deliktsbegehung in den Bereich des normal

Erwartbaren gerückt werden und somit ebenfalls zum Abbau der Antwortängste

beitragen.

Tabelle 5: Operationalisierung der abhängigen Variable (Delinquenz)

5. Welche der hier aufgeführten Dinge hast Du schon mal getan?

ein- mal

2 – 5 mal

mehr als 5 mal

kein-mal

a. Fremde Gegenstände bemalt, beklebt, geritzt oder besprüht (z.B. Toilettenwände und Schultische bekritzelt, Hauswände mit Graffiti besprüht)

b. Ein öffentliches Verkehrsmittel ohne Fahrkarte benutzt (z.B. Bus, Bahn)

c. Urkunden, Unterschriften oder ähnliches nachgemacht (z.B. die Unterschrift der Eltern für die Schule)

d. Ein Kraftfahrzeug ohne den entsprechenden Führerschein gefahren (z.B. Trecker, Mofa, Motorroller, Auto)

e. Kraftfahrzeug ohne Erlaubnis des Halters gefahren

f. Geld aus dem Portemonnaie der Eltern ohne deren Absprache entnommen

g. Kleinere Geldbeträge (unter 5 DM) aus dem nicht häuslichen Bereich entwendet

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

72

h. Geldbeträge im Wert von über 5 DM aus dem nicht häuslichen Bereich entwendet

i. Im Laden kleinere Gegenstände unter 50 DM mitgehen lassen (z.B. Kosmetika, CDs, Zeitschriften)

j. Im Laden größere Gegenstände von über 50 DM mitgehen lassen

k. Bei einer Schlägerei mitgemacht oder sonst irgendeine Person verprügelt

l. Jemanden zusammengeschlagen, daß er ins Krankenhaus mußte

m Einer fremden Person Gegenstände entrissen (z.B. Portemonnaie, Handtasche, Handy, EC – Karte)

n. Fremde Gegenstände eingesteckt ( z.B. Aschenbecher, Biergläser, Besteck, Souvenirs )

o. Fremdes Eigentum mit Absicht zerstört o. beschädigt (Kraftfahrzeuge zerkratzt, Straßenlaternen kaputt geschossen, Parkbänke umgeworfen usw.)

p. Haschisch oder andere Rauschmittel (außer Alkohol und Medikamente) genommen oder verkauft

q. Aus einem Automaten Ware oder Geld entwendet

r. Gegenstände entwendet und sie verkauft (z.B. Autoradios, Handys)

s. Einem Polizisten Widerstand geleistet

t. Zum Stehlen irgendwo eingebrochen (z.B. in ein Auto, in eine Wohnung, Baubude, Hütte, Keller o.ä.)

u. Jemanden mit einer Waffe (z.B. Messer, Pistole) bedroht v. Preisschilder im Laden umgeklebt w. Ausländerfeindliche Parolen gerufen x. Entwendete Gegenstände gekauft

Die Fragen zu den unabhängigen Variablen wurden nach den folgenden Grundsätzen

formuliert:

• Die Fragen müssen möglichst kurz und einfach formuliert und in ihrem

Bedeutungsumfeld eindeutig sein

• Alternativfragen („Oder“ – Fragen) sind zu vermeiden

• Die Fragen dürfen keine doppelten Negationen enthalten

• Suggestivfragen sollen nicht angewandt werden, da mit ihnen den Befragten

die Antwort in den Mund gelegt wird

(vgl. Atteslander 1995, S. 192f.)

Die Begrenzung des Fragebogenumfangs gestaltete sich als schwierig, weil man sehr

komplexe Hypothesen zu überprüfen hatte, die mit jeweils einer Frage zur Variablen

nicht untersucht werden konnten. Zum einen mußten die Fragen alle Konstrukte

erfassen und zum anderen durfte der Erhebungsbogen nicht zu umfangreich sein, um

die Probanden nicht zu überfordern und um keine hohen Verweigerraten aufkommen

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

73

zu lassen. Aus diesem Grund habe ich mich darum bemüht, mit möglichst wenigen

Fragen die unabhängigen Variablen zu erfassen. Hierbei mußten allerdings

Einschränkungen in Kauf genommen werden, so daß das Attachment der Hirschi

Theorie vorwiegend Fragen zur Anbindung an das Elternhaus umfaßt und Fragen zu

den Bindungen an die Peers sowie an die Schule fast nicht berücksichtigt werden.

Die Bindungen an die Freunde und an die Schule werden aber auch deshalb kaum

erfaßt, da sie laut Hirschis Theorie für die Entstehung der Delinquenz zweitrangig

sind.

Um den Fragebogen etwas aufzulockern sowie aus taktischen Gründen wurden zwei

kleine Fälle dargelegt, zu denen die Befragten Stellung nehmen mußten.

Zu allen Fragen der unabhängigen Variablen wurden Antwortkategorien formuliert,

die den Untersuchungspersonen durch den Erhebungsbogen präsentiert wurden.

Dadurch sollte einerseits die Bereitschaft, auf heikle Fragen ehrlich zu antworten,

begünstigt werden. Andererseits sollten die Jugendlichen nicht intellektuell

überfordert werden, was bei einer selbständigen Formulierung des Antworttextes bei

einigen Personen sicherlich der Fall gewesen wäre. Darüber hinaus bietet ein

durchgängig strukturierter Fragebogen den Vorteil, daß die Datenauswertung ohne

großen Aufwand betrieben werden kann.

Die Fragen in dem Erhebungsbogen faßte ich zu Themenbereichen zusammen, damit

die Befragten nicht zu ständigen Gedankensprüngen gezwungen werden. Ebenfalls

wurde die Reihenfolge der Fragen nach psychologischen Gesichtspunkten festgelegt.

So stellte ich die einfach und angenehm zu beantwortbaren Fragen zu Beginn meines

Fragebogens, um ein „günstiges Klima“ der Befragung zu schaffen und um einen

Abbruch der Befragung zu vermeiden. Da mit zunehmender Fragedauer die

Konzentration nachläßt, wurden die herausfordernden bzw. anspruchsvolleren

Fragen in der Mitte des Fragebogens plaziert. Die heiklen Fragen stellte ich gegen

das Ende meiner Untersuchung, weil sich dann der Befragte an das „Frage – Antwort

– Spiel“ gewöhnt hat und dann eher geneigt ist, tabuisierte Fragen zu beantworten.

Angaben zum Alter, zum Geschlecht und zur Nationalität wurden ganz zu Anfang

der Befragung erhoben, weil sozialstatistische Fragen sich schnell und leicht

beantworten lassen und sie bei einer Plazierung am Ende des Fragebogens, hinter den

heiklen Fragen, als zu vorhörartig erlebt werden. Schriftliche Informationen über die

Befragungssituation holte ich mir ganz zum Schluß der Befragung ein.

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

74

5.5.3. Stichprobe

Um eine Untersuchung mit persönlicher Unterstützung durchführen zu können,

benötigt man eine Gruppe von Jugendlichen. Da ich in der Stadtjugendpflege

Wittingen beruflich tätig war/bin, wurden für meine Stichprobe die Besucher der

Jugendtreffs Wittingen und Knesebeck ausgewählt. Das Ziel einer größeren

Stichprobe konnte allerdings mit den Jugendtreffbesuchern aus dem Raum Wittingen

und Knesebeck nicht erreicht werden. Zudem strebte ich eine Stichprobe an, die

Personen aus allen Bildungsschichten umfaßte, was bei den Jugendtreffbesuchern

weniger der Fall war. Demzufolge wurde noch eine weitere Gruppe von

Jugendlichen in die Untersuchung mit einbezogen, wobei es sich um Besucher des

evangelischen Kirchentags in Frankfurt handelte.

Folgende Gründe veranlaßten mich, die Befragung auf dem Kirchentag in Frankfurt

durchzuführen:

• Die Jugendlichen gehörten allen Schichten an, vornehmlich der Mittel- und

Oberschicht

• Tausende von Jugendgruppen waren anzutreffen

• Die Jugendlichen kamen aus ganz Deutschland

Ein weiterer entscheidender Punkt, diesen Ort für die Befragung auszuwählen,

bestand darin, daß man eine empirische Untersuchung ohne Absprache vornehmen

konnte, was beispielsweise in den Schulen oder in den Vereinen nicht möglich war.

Außerdem stellten Befragungen auf dem Kirchentag nichts Außergewöhnliches dar,

weil es auf jedem Kirchentag Stände gab, an denen Fragebögen zu bestimmten

Themenbereichen auslagen.

Die Jugendtreffbesucher als auch die Besucher des Kirchentags mußten jedoch

bestimmte Kriterien erfüllen, um in die Stichprobe aufgenommen zu werden. Zum

einen kamen für meine Stichprobe nur Jugendliche im Alter zwischen 14 und 20

Jahren in Betracht (bei der altersmäßigen Festlegung zur Bestimmung eines

Jugendlichen orientierte ich mich am Jugendstrafrecht) und zum anderen mußte diese

Personengruppe im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit sein. Somit sollten

ausländische Jugendliche und nach dem Gesetz definierte Kinder sowie Erwachsene

nicht in die Untersuchung einbezogen werden, da ich sie auch nicht bei der

Datenanalyse in der PKS berücksichtigte.

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

75

Die vorliegende Untersuchung bezieht sich demnach auf alle deutschen Besucher der

Jugendtreffs Wittingen und Knesebeck sowie auf alle deutschen Besucher des

evangelischen Kirchentags in Frankfurt zwischen 14 und 20 Jahren.

5.5.4. Beschreibung des Untersuchungsablaufs und Rücklaufquote

In den zwei Jugendzentren der Stadt Wittingen wurde die Untersuchung an mehreren

Tagen durchgeführt, um möglichst viele Jugendtreffbesucher in der Studie zu

erfassen. Insofern bezog sich die Befragung in den Jugendtreffs auf einen Zeitraum

von knapp zweieinhalb Wochen (15.06 – 02.07.01), während die Untersuchung auf

dem Kirchentag in Frankfurt einen Tag in Anspruch nahm (16.06.01).

An den Orten der Befragung hielt ich zunächst nach Jugendlichen Ausschau, die

meinen Kriterien entsprachen. Dies stellte kein Problem dar, weil die ausgewählte

Altersspanne sehr breit angelegt war. Auf dem Kirchentag in Frankfurt wurden

zumeist Jugendliche größerer Personengruppen angesprochen, weil diese

Vorgehensweise mit weniger Arbeit verbunden war und es darüber hinaus weniger

Schwierigkeiten bereitete, eine Gruppe zur Teilnahme zu motivieren aufgrund des

„Gruppenzwangs“. Bevor ich jedoch versuchte, diese Jugendlichen zur Mitarbeit zu

bewegen, wurde durch mündliches Erfragen geprüft, ob die Personengruppe die

aufgestellten Kriterien erfüllte. War das der Fall, wurden die Jugendlichen über die

Bedeutung der Studie, d.h. über den Sinn und die Zielsetzung meiner Untersuchung

und über die Wahrung der Anonymität unterrichtet (s. hierzu die Einführung im

Fragebogen => Fragebogen im Anhang). Das Thema der Untersuchung teilte ich

ihnen nicht mit, um die Jugendlichen nicht abzuschrecken. Wurde dennoch danach

gefragt, wurde das Thema umschrieben. Als persönlicher Anreiz dienten die

Schreibinstrumente, die aber nicht als eine Art Honorar für die geleistete Arbeit

angesehen werden sollten, sondern als Dankeschön für die Bereitschaft zur

Teilnahme. In den späteren Untersuchungsdurchgängen verschenkte ich jedoch keine

Schreibinstrumente mehr, da auch ohne diese die Jugendlichen bereit waren, an der

Befragung teilzunehmen.

Um die Motivation der Jugendlichen zu erhalten und um einen Abbruch der

Befragung zu vermeiden, wurden den Jugendlichen im Laufe der Befragung

Süßigkeiten angeboten.

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

76

Nachdem die Jugendlichen den Fragebogen erhalten hatten, wurde dieser von ihnen

bearbeitet. Insofern wurden die Fragebögen sofort ausgefüllt, um Verweigerraten auf

einem niedrigen Niveau zu halten. Zunächst stand ich den Jugendlichen unmittelbar

als Ansprechpartner für evtl. Rückfragen zur Verfügung, später begab ich mich an

einem anderen Ort/Platz, um keine Antwortverzerrungen durch „Interviewereffekte“

hervorzubringen.

Der ausgefüllte Fragebogen wurde von jedem Jugendtreffbesucher in die von mir

gebastelte „Fragebogenbox“, die mit einer Urne vergleichbar war, geworfen. Diese

Box, die ich zu Anfang der Untersuchung im Befragungsraum aufgestellt hatte, sollte

ein Höchstmaß an Anonymität garantieren. Auf dem Kirchentag wurde anderweitig

verfahren, weil mir zum einen die Untersuchungspersonen unbekannt waren und sich

zum anderen die Befragung auf einem freien Gelände abspielte. So wurden anstelle

einer Urne Briefumschläge benutzt, die die Jugendlichen gleichzeitig mit dem

Erhebungsbogen erhielten. Die ausgefüllten Fragebögen in den zugeklebten

Briefumschlägen wurden entweder von den Jugendlichen an mich zurückgegeben

oder ich sammelte sie ein.

Im Jugendtreff Wittingen sowie Knesebeck nahmen 51 Jugendliche und auf dem

Kirchentag in Frankfurt 120 Jugendliche an der Untersuchung teil. Insgesamt wurden

also 170 deutsche Jugendliche im Alter zwischen 14 und 17 Jahren befragt. Dabei

beläuft sich die Rücklaufquote auf 96,5% und die Ausschöpfungsquote auf 87,1%.

Für die vorliegende Studie konnte trotz eines heiklen Themas und eines

umfangreichen Erhebungsbogens eine gute Rücklaufquote erzielt werden. Sicherlich

haben hierzu das motivationsfördernde Einleitungsgespräch sowie die kleinen

Präsente beigetragen. In der Gruppe der Jugendtreffbesucher dürfte noch der

persönliche Kontakt sowie der Befragungsort (geschlossener Raum) zu einer hohen

Rücklaufquote von 100% geführt haben.

Die Ausschöpfungsquote ist niedriger als die Rücklaufquote, da Fragebögen, in

denen mehrere Items unausgefüllt waren, bei der Auswertung unberücksichtigt

blieben. Vermutlich wurden, angesichts des umfangreichen Erhebungsbogens, einige

Fragen aus Versehen nicht beantwortet.

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

77

5.6. Statistische Datenauswertung

Um das Zustandekommen der Ergebnisse der vorliegenden Studie nachvollziehbar

zu machen, wird im ersten Schritt der Datenauswertung die Aufbereitung des

empirisch gewonnen Materials beschrieben. Im Anschluß daran werden die

statistischen Auswertungsverfahren, die ich für die Datenanalyse verwendet habe,

dargelegt, wobei ich auf die Wiedergabe der Formeln verzichte, weil diese in jedem

Statistikbuch nachzulesen sind. Hiernach werden die Untersuchungsbefunde

berichtet und zur besseren Übersicht grafisch veranschaulicht.

5.6.1. Aufbereitung der Daten

Da mir kein Statistikprogramm für die Datenauswertung vorlag, erfolgte die

Datenerfassung und ihre Auswertung im Tabellenkalkulationsprogramm Microsoft

Excel ’97.

Zunächst wurden die Informationen der Fragebögen in eine Datendatei übertragen.

Um hierbei Tippfehler zu vermeiden, führte ich die Dateneingabe zu zweit durch

(einer schreibt, der andere diktiert). Anschließend wurden die Daten numerisch

quantifiziert, wobei die einzelnen Antworten Meßwerte von 1 – 5 erhielten (s.

Skalierung im Anhang). Beantwortete eine Person zum Beispiel die Frage 43 in

meinem Erhebungsbogen mit „Immer“, so wurde ihr die Zahl 5 zugeordnet, was

einem starken delinquenten Verhalten entsprach (s. unten). Der Skalenwert 1 wurde

hingegen einer nicht delinquenten Person zugeschrieben, die das Item „Nie“

ankreuzte. Die Skalenwerte von 1 aus gesehen indizieren eine zunehmend stärkere

Delinquenzbelastung.

Frage Nr. 43: Findest Du es spannend, etwas mitgehen zu lassen?

Immer 5

Oft 4

Manchmal 3

Selten 2

Nie 1

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

78

Da der Skalencharakter der unabhängigen Variable von der Art der

Operationalisierung abhängig ist, mußten schon vor der Fragebogenkonstruktion

Überlegungen angestellt werden, wie die Delinquenz zahlenmäßig ermittelt werden

sollte. Dabei hielt ich eine Rating – Skala mit 5 Stufen für angemessen. Eine höhere

Stufenzahl kam für mich nicht in Frage, um das Urteilsvermögen der Befragten nicht

zu überfordern.

Nach der Zuordnung der Skalenwerte wurden die Fragen zu den einzelnen Variablen

gruppiert, diese wiederum zu den Theorien zugeordnet. Anschließend wurden

sowohl die Fragen als auch die unabhängigen Variablen einer Gewichtung

unterworfen, die ich selbst vornahm (s. Gewichtungen im Anhang). Während die

Variablen der Oppschen Theorie gleich gewichtet wurden, erhielt das Attachment der

Kontrolltheorie einen höheren Wert als das Commitment, Belief und das

Involvement, da aus Hirschis Sicht das Attachment das wichtigste kausale Element

für Normabweichungen darstellt. Der Indikator Anbindung zum Elternhaus wurde

wiederum höher gewichtet als die Anbindung zur Schule, weil das Attachment zu

den Eltern der bedeutendste Faktor von Integration ist. Die Gewichtung der Fragen

zur abhängigen Variablen nahm ich anhand der Deliktschwere vor, so daß zum

Beispiel das „Schwarzfahren“ einen niedrigen und der Wohnungseinbruch einen

hohen Wert für den Delinquenzbelastungsindex zugewiesen bekam.

5.6.2. Auswertungsverfahren

Im ersten Schritt meiner Auswertungsphase wird die Stärke der

Delinquenzausprägung, der sogenannte Delinquenzbelastungsindex, für jede einzelne

Untersuchungsperson ermittelt. Dabei werden alle Werte der abhängigen Variable

unter Multiplikation der Gewichtungen addiert und durch die Summe der

Gewichtungen geteilt.

Ist die Verteilung der Stichprobe in Bezug auf die Delinquenzbelastung bekannt,

werden die Hypothesen statistisch geprüft. Welcher Test zur Prüfung herangezogen

wird, hängt von der Art der Hypothese ab. Bei mir sollen die Zusammenhänge

zwischen der Delinquenzbelastung und den unabhängigen Variablen nachgewiesen

werden, so daß ich zur Überprüfung meiner Hypothesen das Verfahren der

Korrelationsanalyse anwende. Da sowohl die Delinquenz als auch die unabhängigen

Variablen auf dem Intervallskalenniveau erhoben wurden, wird zur Berechnung des

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

79

Zusammenhangs der Produkt – Moment – Korrelationskoeffizient herangezogen.

Dieser ist so konstruiert, daß er nur einen Wert zwischen –1 und +1 annehmen kann,

wobei das Vorzeichen als Hinweis auf die Richtung des Zusammenhangs dient: Ein

positiver Korrelationskoeffizient bedeutet einen parallelen, gleichsinnigen

Zusammenhang, ein negativer Koeffizient entspricht einem gegensätzlichen

Zusammenhang. Der gemessene Zusammenhang ist um so enger, je stärker sich der

Korrelationskoeffizient dem Grenzwert +/-1 nähert. Besteht kein Zusammenhang

zwischen den genannten Merkmalen, so hat der Koeffizient den Wert 0.

Ist ein Zusammenhang zwischen den Variablen erkennbar, werden die Befunde

daraufhin untersucht, ob sie evtl. auf Zufallsfehlern basieren. Nur wenn das mit an

Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, gelten die

Hypothesen von Opp und Hirschi als bestätigt. In diesem Fall werden

Signifikantstests angewandt, wobei man zwischen parametrischen und non –

parametrischen Tests differenziert (vgl. Laatz 1993, S. 522). Da bei der Anwendung

des parametrischen Tests eine Normalverteilung der abhängigen Variablen

vorausgesetzt wird (vgl. ebd.), kommt für die vorliegende Untersuchung nur der non

– parametrische Test in Betracht. Die Auswahl des non – parametrischen Tests hängt

wiederum vom Skalenniveau, von der Stichprobenart und von der Zahl der

Vergleichsgruppen bzw. von den unabhängigen Variablen ab.

5.6.3. Ergebnisse

5.6.3.1. Delinquenzbelastung

Aus der Tabelle 7 können die selbstberichteten Straftaten der Jugendlichen

entnommen werden. Jedoch wird hier nur zwischen Begehung und Nichtbegehung

unterschieden. (Die Häufigkeit des berichteten Verhaltens erfaßt der

Delinquenzbelastungsindex (s. dazu die Grafiken 4 und 5).

Alle Jugendlichen, bis auf eine Person, berichten schon einmal eine Straftat

begangen zu haben. Dabei wird das Schwarzfahren im öffentlichen Personenverkehr

und der Vandalismus, also das Bemalen, Bekleben u./o. Besprühen fremder

Gegenstände, am häufigsten eingeräumt. So haben nach eigenen Angaben rund 80%

das Delikt der Leistungserschleichung und 77% den Vandalismus schon einmal

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

80

verübt. Diese beiden Delikte sind demnach in der Altersgruppe der 14-20jährigen

nahezu ubiquitär.

Der Diebstahl fremder Gegenstände wird von 56% und das Fahren ohne

Führerschein von 52% der Jugendlichen berichtet. Dicht dahinter findet sich der

Konsum oder Verkauf von Rauschmitteln mit 48%, gefolgt von der

Sachbeschädigung, d.h. das Zerstören fremder Gegenstände, mit 47% sowie die

Beteiligung an einer Schlägerei mit 45%. Anschließend folgt im gewissen Abstand

die Geldentwendung aus dem häuslichen Bereich sowie das Fälschen von Urkunden,

Unterschriften oder ähnliches, was jeweils 40% der Jugendlichen begangen haben.

Das Umkleben von Preisschildern wird von 38% und der Ladendiebstahl unter 50

DM von 36% der Jugendlichen eingeräumt. Demgegenüber sind der Ladendiebstahl

über 50 DM (mit 8%) und der Diebstahl zum Wohnungseinbruch (mit 5%) seltene

Eigentumsdelikte.

Mit zunehmender Deliktschwere nimmt der Prozentanteil ab, so daß

schwerwiegendere Straftaten nur von einer Minderheit der Befragten begangen

werden. So werden beispielsweise der Raub von nur 5% und die Bedrohung mit

einer Waffe von 7% der Jugendlichen berichtet.

Im Geschlechtervergleich fällt der insgesamt höhere prozentuale Anteil der Jungen

auf. Die Mädchen sind nur bei drei Delikten stärker vertreten als die Jungen: Beim

Vandalismus, beim Umkleben der Preisschilder im Laden sowie beim Diebstahl von

Geldbeträgen unter 5 DM im nicht häuslichen Bereich.

Vor allem bei den Gewaltdelikten ist der Mädchenanteil erheblich geringer als der

Jungenanteil. So berichten 68% der männlichen, aber nur 20% der weiblichen

Jugendlichen, schon einmal an einer Schlägerei beteiligt gewesen zu sein. 12% des

männlichen Geschlechts, aber keine weibliche Person, gibt in diesem

Zusammenhang an, jemanden so geschlagen zu haben, daß diese Person im

Krankenhaus behandelt werden mußte. Mutwillige Beschädigung fremden

Eigentums räumen 64% der männlichen Jugendlichen ein, während der

Mädchenanteil an diesem Delikt lediglich 28% beträgt. Auch zeigt sich beim

Schwarzfahren im öffentlichen Personenverkehr eine deutliche

Geschlechterdifferenz. So wird das Fahren eines Kraftfahrzeugs ohne

entsprechenden Führerschein von doppelt so vielen männlichen (67%) als weiblichen

Jugendlichen (35%) berichtet.

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

81

Frage 60 Differenzja nein ja nein ja nein77% 23% 72% 28% 83% 17% 11%

(n=115) (n=34) (n=56) (n=22) (n=59) (n=12) mehr weiblich79% 21% 88% 12% 68% 32% 21%

(n=117) (n=32) (n=69) (n=9) (n=48) (n=23) mehr männlich40% 60% 44% 56% 35% 65% 8%(n=59) (n=90) (n=34) (n=44) (n=25) (n=46) mehr männlich52% 48% 67% 33% 35% 65% 31%(n=77) (n=72) (n=52) (n=26) (n=25) (n=46) mehr männlich

9% 91% 15% 85% 3% 97% 13%(n=14) (n=135) (n=12) (n=66) (n=2) (n=69) mehr männlich40% 60% 44% 56% 37% 63% 7%(n=60) (n=89) (n=34) (n=44) (n=26) (n=45) mehr männlich21% 79% 21% 79% 23% 77% 2%(n=32) (n=117) (n=16) (n=62) (n=16) (n=55) mehr weiblich15% 85% 17% 83% 13% 87% 4%(n=22) (n=127) (n=13) (n=65) (n=9) (n=62) mehr männlich36% 64% 37% 63% 34% 66% 3%(n=53) (n=96) (n=29) (n=49) (n=24) (n=47) mehr männlich

8% 92% 14% 86% 1% 99% 13%(n=12) (n=137) (n=11) (n=67) (n=1) (n=70) mehr männlich45% 55% 68% 32% 20% 80% 48%(n=67) (n=82) (n=53) (n=25) (n=14) (n=57) mehr männlich

6% 94% 12% 88% 0% 100% 12%(n=9) (n=140) (n=9) (n=69) (n=0) (n=71) mehr männlich5% 95% 9% 91% 1% 99% 8%

(n=8) (n=141) (n=7) (n=71) (n=1) (n=70) mehr männlich56% 44% 68% 32% 44% 56% 24%(n=84) (n=65) (n=53) (n=25) (n=31) (n=40) mehr männlich47% 53% 64% 36% 28% 72% 36%(n=70) (n=79) (n=50) (n=28) (n=20) (n=51) mehr männlich48% 52% 56% 44% 39% 61% 17%(n=72) (n=77) (n=44) (n=34) (n=28) (n=43) mehr männlich13% 87% 19% 81% 6% 94% 14%(n=19) (n=130) (n=15) (n=63) (n=4) (n=67) mehr männlich

3% 97% 5% 95% 1% 99% 4%(n=5) (n=144) (n=4) (n=74) (n=1) (n=70) mehr männlich

15% 85% 22% 78% 8% 92% 13%(n=23) (n=126) (n=17) (n=61) (n=6) (n=65) mehr männlich

5% 95% 9% 91% 1% 99% 8%(n=8) (n=141) (n=7) (n=71) (n=1) (n=70) mehr männlich7% 93% 10% 90% 3% 97% 7%

(n=10) (n=139) (n=8) (n=70) (n=2) (n=69) mehr männlich38% 62% 36% 64% 39% 61% 4%(n=56) (n=93) (n=28) (n=50) (n=28) (n=43) mehr weiblich14% 86% 18% 82% 10% 90% 8%(n=21) (n=128) (n=14) (n=64) (n=7) (n=64) mehr männlich26% 74% 36% 64% 15% 85% 20%(n=39) (n=110) (n=28) (n=50) (n=11) (n=60) mehr männlich

v Preisschilder im Laden umgeklebt

w ausländerfeindliche Parolen gerufen

x entwendete Gegenstände gekauft

t Einbruch zum Diebstahl

u jemanden mit einer Waffe bedroht

r Gegenstände entwendet und verkauft

s Polizisten Widerstand geleistet

p Rauschmittel genommen oder verkauft

q aus Automaten Ware oder Geld entwendet

n Diebstahl fremder Gegenstände

o absichtliche Zerstörung fremden Eigentums

l jemanden krankenhausreif geschlagen

m fremder Person Gegenstände entrissen

Ladendiebstahl unter 50 DM

j Ladendiebstahl über 50 DM

k Beteiligung an Schlägerei

männlich weiblich

fremde Gegenstände bemalt, beklebt usw.a

b öff. Verkehrsmittel ohne Fahrkarte benutzt

c

f

e Kfz ohne Erlaubnis gefahren

gesamt

Geld aus dem Portemonnaie der Eltern entwendet

g Geldbeträge < 5 DM entwendet (nicht häusl.)

h Geldbeträge > 5 DM entwendet (nicht häusl.)

i

Urkunden, Unterschriften o.ä. gefälscht

d Kfz ohne Führerschein gefahren

Tabelle7: Selbstberichtete Delinquenz

Das Histogramm zur geschlechtsspezifischen Häufigkeitsverteilung der

Delinquenzbelastung (s. Grafik 4) zeigt ebenfalls eine geringere Beteilung der

Mädchen an der Delinquenz. So gibt es keine einzige weibliche Person, die stark

delinquenzbelastet ist, während die männlichen Befragten in dem Delinquenzbereich

ab 3,5 mit 9% vertreten sind. Eine schwache Delinquenzbelastung weisen dagegen

86% der weiblichen, jedoch nur 52% der männlichen Jugendlichen auf. Dies

unterstreicht also den Befund, daß die weiblichen Jugendlichen weniger häufig

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

82

51 50

32

5 4 2 2 20

10

20

30

40

50

60

1-1,5 1,5-2 2-2,5 2,5-3 3-3,5 3,5-4 4-4,5 4,5-5

Delinquenzbelastung

Anz

ahl d

er P

erso

nen

delinquieren und zudem leichtere Delikte verüben als ihre männlichen

Altersgenossen.

Grafik 4: Häufigkeitsverteilung der Delinquenz nach Geschlecht

30%

8%3% 3%

0% 0% 0%

38%34%

4% 3% 3% 3% 3%

56%

14%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

1-1,5 1,5-2 2-2,5 2,5-3 3-3,5 3,5-4 4-4,5 4,5-5

Delinquenzbelastung

Anza

hl d

er P

erso

nen

in %

weiblich

männlich

Dem zweiten Histogramm (s. Grafik 5) läßt sich entnehmen, daß die Mehrheit der

Befragten eine geringe Delinquenzbelastung aufweist und nur ein kleiner Täterkreis

schwere sowie häufige Delikte begeht. So sind 101 Personen schwach, aber nur 6

stark delinquenzbelastet, während 41 Jugendliche mit ihrer Delinquenzbelastung

zwischen diesen beiden Extremwerten liegen. Da mit steigender

Delinquenzbelastung die Anzahl der Personen abnimmt, liegt hier eine J-förmige

Verteilung vor.

Grafik 5: Häufigkeitsverteilung der Delinquenz

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

83

Von den 149 Befragten haben ¼ schon einmal eine Strafanzeige erhalten. Allerdings

wurden 17% nur einmal registriert, während 3% der Jugendlichen mehrmals

polizeilich in Erscheinung traten. Vergleicht man die Delinquenzbelastung der

Registrierten mit dieser der nicht Entdeckten, so beträgt die Deliktbelastung der

Angezeigten ein Mehrfaches der nicht Entdeckten. Allerdings ist der einmal

Angezeigte im Durchschnitt weniger delinquenzbelastet als der vielfach Registrierte.

Die 18 – 20jährigen Jugendlichen weisen die stärkste und die 14-15jährigen die

schwächste Delinquenzbelastung auf (s. Grafik 13 im Anhang).

Im Hinblick auf die verschiedenen Bildungsniveaus sind die Haupt- und

Sonderschüler am stärksten, die Gymnasiasten am schwächsten delinquenzbelastet

(s. Tabelle 11 im Anhang). Während beim Vandalismus (Bekleben, Bemalen,

Besprühen fremder Gegenstände) und beim Schwarzfahren öffentlicher

Verkehrsmittel die Gymnasiasten die höchsten Täterraten aufweisen, finden sich bei

den personalen Gewaltdelikten und bei den schwerwiegenderen Diebstahldelikten

deutlich höhere Raten bei den Haupt- und Sonderschülern (s. Tabelle 11 im Anhang).

So waren beispielsweise 86% der Haupt – und Sonderschüler, aber nur 25% der

Gymnasiasten schon einmal an einer Schlägerei beteiligt. Gewalttaten und

schwerwiegendere Diebstähle kommen auch bei den Realschülern

überdurchschnittlich häufig vor, jedoch liegen ihre Täterraten nur beim

Einbruchdiebstahl höher als die der Haupt- und Sonderschüler.

5.6.3.2. Die Oppsche Anomietheorie

Bei der Überprüfung der Oppschen Anomietheorie hat sich ein

Korrelationskoeffizient von r = 0,703 ergeben, was auf einen deutlichen linearen

Zusammenhang zwischen der Delinquenz und den unabhängigen Variablen hinweist.

Die Ziele, die legitimen und illegitimen Normen sowie die legitimen und illegitimen

Möglichkeiten korrelieren positiv mit dem delinquenten Verhalten. Dabei üben die

illegitimen Möglichkeiten den stärksten Einfluß auf die Delinquenz aus. Demnach ist

in meiner Studie die O-H5, „Je stärker die Möglichkeiten sind, die

Konsumgüterwünsche mit illegitimen Normen zu realisieren, desto eher wird der

Jugendliche delinquent“, am aussagekräftigsten.

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

84

Als zweit wichtigster Prädikator der Delinquenz erweisen sich die illegitimen

Normen. Durch diese Variable können 32% der Streuung (r² = erklärte Varianz) der

Delinquenz erklärt werden.

Zur Erklärung der Delinquenz tragen die legitimen Normen mehr bei als die Ziele

oder die legitimen Möglichkeiten. So korreliert vor allem die Frage 53 im

vorliegenden Erhebungsbogen stark mit der Delinquenzbelastung eines

Jugendlichen. Dagegen weist die Frage „Würdest Du Dir Gegenstände zum vollen

Preis kaufen, wenn Du die Gelegenheit hättest, entwendete Gegenstände viel

günstiger zu erstehen?“ eine negative Beziehung zwischen der Delinquenz und den

legitimen Normen auf: „Je stärker der Jugendliche die legitimen Normen zur

Verwirklichung seiner Konsumgüterwünsche akzeptiert, desto eher wird er

delinquent“. Dieses Resultat ist verwunderlich und kann nur so erklärt werden, daß

die Frage von der Mehrheit der Jugendlichen mißverstanden wurde aufgrund ihrer

Formulierung.

Da die Frage 47 die Hypothese „Je weniger der Jugendliche die legitimen Normen

zur Verwirklichung seiner Konsumgüterwünsche akzeptiert, desto eher wird er

delinquent“ nicht bestätigte, wurde sie mit 0 gewichtet und blieb somit für die

weiteren Berechnungen unberücksichtigt. Dieselbe Prozedur wurde bei der Hirschi

Theorie angewandt.

Der schwächste Zusammenhang besteht zwischen der Delinquenz und den legitimen

Möglichkeiten. Dennoch können 15,44% der Varianz der Variablen Delinquenz

durch die legitimen Möglichkeiten erklärt werden.

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

85

Grafik 6: Korrelationsmodell der Anomietheorie von Opp

Del

inqu

enz

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nalis

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49 50 51 54 55 47 52 53 28 43 44 45 46 15 32 56 42 57 58

1 / 0

,260

1 / 0

,179

1 / 0

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1 / 0

,306

1 / 0

,240

1 / 0

,316

1 / 0

,455

1 / 0

,272

1 / 0

,353

1 / 0

,186

0 / -

0,05

71

/ 0,2

611

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36

1 / 0

,142

1 / 0

,260

1 / 0

,283

1 / 0

,430

1 / 0

,286

1 / 0

,232

1 / 0

,393

1 / 0

,425

1 / 0

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1 / 0

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1 / 0

,538

1 / 0

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1 / 0

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1 / 0

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,316

1 / 0

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,353

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25)

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5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

86

Mit dem Chi – Quadrat – Test kann das vorliegende Ergebnis statistisch abgesichert

werden. Allerdings wird die Entscheidung für die Annahme/Bestätigung einer

Forschungshypothese nach wahrscheinlichkeitstheoretischen Überlegungen, also nie

mit 100-prozentiger Sicherheit getroffen. In der Statistik hat man sich darauf

geeinigt, daß man mindestens eine 95-prozentige Sicherheit benötigt, um eine

Forschungshypothese annehmen zu können. Demzufolge wird noch eine

Irrtumswahrscheinlichkeit von 5% akzeptiert.

Für die unabhängigen Variablen der Oppschen Anomietheorie beträgt der errechnete

Chi – Quadrat – Wert Χ² = 2256, die Anzahl der Freiheitsgrade df = 72. Gemäß der

Chi – Quadrat – Tabelle erhält man bei einem df = 75 und einem α = 5% den

kritischen Wert von 96,5.

Für die abhängige Variable, also für die Delinquenz, bekommt man einen Chi –

Quadrat – Wert von Χ² =1599. Die Anzahl der Freiheitsgrade beträgt df = 92. Der

kritische Wert ist bei einem df = 95 und einem α = 5% 118,8.

Sowohl der errechnete Chi – Quadrat – Wert für die unabhängigen Variablen als

auch der errechnete Chi – Quadrat – Wert für die Delinquenz liegen höher als der

jeweilige kritische Tabellenwert. Demnach kann der Zusammenhang zwischen der

Delinquenz und den unabhängigen Variablen der Oppschen Theorie zu 95% als

echt/signifikant angesehen werden. Eine Absicherung des Ergebnisses ist sogar noch

auf dem α = 0,01% - Niveau möglich (entsprechender kritischer Wert für

unabhängige Variable: 118,6, für abhängige Variable: 143,3). Für die vorliegende

Untersuchung ist die Oppsche Hypothese somit bestätigt.

5.6.3.3. Die Hirschi Theorie der sozialen Bindung

Alle unabhängigen Variablen der Hirschi Theorie korrelieren positiv mit der

Delinquenz, so daß zwischen der gesellschaftlichen Einbindung und dem

delinquenten Verhalten eines Jugendlichen eine positive Beziehung besteht.

Überraschenderweise trägt nicht das Attachment am meisten zur Erklärung der

Delinquenz bei, sondern das Belief. So können 29,48% der Streuung der Delinquenz

durch das Belief, aber nur 10,18% der Variation der Delinquenz durch das

Attachment erklärt werden. Die Hypothese „Je weniger der Jugendliche die

gesellschaftlichen Werte verinnerlicht, desto eher wird er delinquent“ ist demzufolge

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

87

aussagekräftiger als die These „Je schwächer beim Jugendlichen die

Personenbindungen sind, desto er neigt er zum delinquenten Verhalten“.

Alle Fragen zum Belief weisen einen relativ hohen Korrelationskoeffizienten auf,

jedoch ist das beim Attachment nur für folgende Fragen der Fall:

1. Wissen Deine Eltern, wo Du Dich aufhältst, wenn Du außer Haus bist?

2. Wie häufig schwänzt Du den Schulunterricht?

3. Akzeptierst Du es, wenn Deine Eltern oder Freunde eine andere Meinung haben

als Du?

Die Indikatoren elterliche Kontrolle, Anbindung zur Schule und die

Personenmerkmale korrelieren am stärksten mit der Delinquenz, während die Fragen

zum elterlichen Verhältnis und zum Vertrauen der Bezugspersonen schwache

Zusammenhänge aufzeigen. Die zwei Fragen zur elterlichen Konflikthäufigkeit

stehen mit dem delinquenten Verhalten in gar keiner Beziehung, die Frage zur

elterlichen Mißbilligung läßt eine negative Korrelation erkennen.

Am besten geben die Personenmerkmale den Zusammenhang zwischen dem

delinquenten Verhalten und dem Attachment wieder. Es folgen die Anbindungen zu

den Eltern und schließlich die Anbindungen zu den Lehrern oder zum Chef.

Das Attachment übt noch einen geringeren Einfluß auf die Delinquenz aus als das

Commitment. So werden 13,03% der Variation der Delinquenz durch die Variable

Commitment erklärt.

Durch das Involvement können nur 6,25% der Variation der Delinquenz erklärt

werden, so daß die Hypothese „Je schwächer der Jugendliche in gesellschaftliche

Institutionen eingebunden ist, desto eher wird er delinquent“ in dieser Untersuchung

am wenigsten zur Erklärung des delinquenten Verhaltens beiträgt.

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

88

Grafik 7: Korrelationsmodell der Hirschi Theorie der sozialen Bindung

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26

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

89

Der Chi – Quadrat – Wert für die unabhängigen Variablen der Hirschi Theorie

beträgt Χ² = 5191, die Anzahl der Freiheitsgrade df = 156. Der kritische Wert liegt

bei einem α = 5% und einem df = 160 bei 221,0. Da mein errechneter Chi – Quadrat

– Wert deutlich über der Grenze liegt, kann die Hirschi Theorie auf dem 5% Niveau

angenommen werden. Auch ist eine Absicherung des Ergebnisses auf dem α = 0,1%

möglich. Somit ist die Hirschi – Hypothese bestätigt.

5.6.3.4. Vergleich der Theorien

Bei der Anomietheorie von Opp wurde ein Korrelationskoeffizient von r = 0,703, bei

der Hirschi Theorie der sozialen Bindung ein r = 0,513 ermittelt. Zieht man den

Maßkorrelationskoeffizienten zum Vergleich dieser beiden Theorien heran, so kann

der Oppsche Ansatz einen höheren Beitrag zur Erklärung des delinquenten

Verhaltens liefern. Dies soll noch einmal an zwei Diagrammen veranschaulicht

werden.

Grafik 8: Punktwolke für die Hirschi Grafik 9: Punktwolke für die Opp-

Theorie der sozialen Bindung sche Anomietheorie

Beide Grafiken zeigen jeweils die Lage der Werte in Form einer Punktwolke um eine

Regressionsgerade. Da die Geraden in beiden Diagrammen steigen (hohe x- Werte

hohen y- Werten entsprechen), liegen für beide Hypothesen positive Korrelationen

1,00

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Delinquenz

Opp

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

90

vor. Dabei gibt die Streuung der Werte die Stärke des Zusammenhangs an, d.h. je

geringer die durchschnittliche Distanz der Werte zur Regressionsgeraden, desto

enger ist der Zusammenhang. Ein vollständiger linearer Zusammenhang liegt vor,

wenn alle Punktwerte auf der Geraden liegen, was aber weder auf die Oppsche

Theorie noch auf den Ansatz von Hirschi zutrifft. Bei beiden Theorien streuen die

Werte, wobei die Punkte der Oppschen Anomietheorie näher an der Geraden liegen

als die der Hirschi Theorie. Insofern besteht zwischen der Delinquenz und den

unabhängigen Variablen der Oppschen Theorie ein stärkerer Zusammenhang als

zwischen der Delinquenz und der gesellschaftlichen Einbindung des Individuums.

Die Anomietheorie von Opp kann also das delinquente Verhalten besser erklären als

die soziale Bindungstheorie von Hirschi.

5.7. Abschlußbetrachtung

In der vorliegenden empirischen Untersuchung wurden zwei ausgewählte

Erklärungsansätze auf ihre Richtigkeit sowie auf ihre Leistungsfähigkeit überprüft.

Dabei zeigte sich, daß sowohl die Oppsche Anomietheorie als auch die soziale

Bindungstheorie von Hirschi zur Erklärung des delinquenten Verhaltens beitragen

können und die theoretischen Annahmen mit den empirischen Daten

übereinstimmen. Demzufolge haben sich beide Theorien in dieser Studie bestätigt.

Unter Betrachtung der Koeffizienten der erklärenden Variablen der beiden Theorien

kann die Anomietheorie von Opp die in dieser Untersuchung zugrunde gelegte

abhängige Variable besser erklären als die soziale Bindungstheorie von Hirschi. Die

Oppsche Anomietheorie geht demnach beim Vergleich in dieser Studie als bessere

Theorie zur Erklärung des delinquenten Verhaltens hervor als die soziale

Bindungstheorie von Hirschi.

Ein entscheidender Schwachpunkt der sozialen Bindungstheorie liegt darin, daß sie

die Devianz oder Normkonformität derjenigen Personen, zu denen Anbindung

besteht, nicht berücksichtigt (s. 4.3.1). Besitzt ein Jugendlicher eine starke Bindung

an seine delinquenten Freunden, dann müßte er sich laut Kontrolltheorie weniger

abweichend verhalten. Jedoch läuft solche Annahme der Intuition zuwider. Zudem

steht die These im Widerspruch zur Theorie der differentiellen Assoziation, wonach

eine Person delinquent wird, wenn sie Kontakte zu abweichenden Verhaltensmustern

besitzt. Eine Person wird also nach Sutherlands Ansatz delinquent, wenn sie einen

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

91

schlechten Umgang hat. Demzufolge gibt die Stärke der Beziehung nicht allein den

Ausschlag über das delinquente Verhalten einer Person.

Weiterhin wird die Erklärungskraft der sozialen Bindungstheorie dadurch minimiert,

daß sie die Bindungen an die Eltern überbewertet. Dies zeigte die vorliegende

Untersuchung, in der die Items zu diesem Konstrukt nur schwach mit der Delinquenz

eines Jugendlichen korrelierten. Schon in Hirschis Studie (1972) stellte man fest, daß

die Eltern nicht den Stellenwert einnahmen, der in der Theorie angenommen wurde

(vgl. Amelang 1986, S. 196). In früheren Phasen ist zwar die Bindung an die Eltern

für die Integration entscheidend, jedoch sinkt mit fortgeschrittenem Lebensalter die

Größe dieses direkten Effekts der Eltern- Kind- Beziehung, so daß für die Entstehung

der Delinquenz in späteren Entwicklungsabschnitten die Bedeutung familiärer

Sozialisationsbedingungen eher vermittelt ist, während die direkten Effekte der

Gleichaltrigengruppe bedeutsamer werden. Es wird demnach in der sozialen

Bindungstheorie nicht beachtet, daß sich Bindungen im Laufe des Lebens ändern

können.

Darüber hinaus ist an der Bindungstheorie zu kritisieren, daß die Elemente nicht

präzise definiert sind, was sich in der vorliegenden Untersuchung deutlich bemerkbar

gemacht hat. So besteht zum Beispiel zwischen mehreren Indikatoren und dem

delinquenten Verhalten kein Zusammenhang.

Die genannten Gründe reduzieren also erheblich das Erklärungspotential der sozialen

Bindungstheorie. Zu der Oppschen Anomietheorie gibt es hingegen kaum Kritik (s.

4.2.2), jedoch kann nach den vorliegenden Ergebnissen auch dieser Ansatz die

Entstehung des delinquenten Verhaltens nur teilweise erklären.

Wie schon die Vielzahl der Theorien belegt, ist keine Theorie imstande, die

jugendliche Delinquenz umfassend zu erklären. Demzufolge bietet es sich an,

konkurrierende Theorien zu integrieren, um bessere Erklärungsleistungen als die

Einzeltheorien zu erzielen. Bei der Integration werden meist nur solche Variablen

herangezogen, die am besten das Explanandum erklären können. In der vorliegenden

Untersuchung sind das der Grad der illegitimen Möglichkeiten, die Intensität der

illegitimen Normen, die Intensität legitimer Normen, das Belief sowie das

Commitment. Aus zeitlichen Gründen konnte allerdings eine Integration der

aufgeführten Variablen nicht durchgeführt werden, so daß die Frage, ob die

5. Empirische Untersuchung zur Erklärung des delinquenten Verhaltens

92

Theorienintegration tatsächlich ein besseres Resultat zur Erklärung der Delinquenz

erbracht hätte, offen bleiben muß.

Die vorliegende Untersuchung hat gezeigt, daß es Theorien gibt, die in der Lage

sind, die Entstehung des delinquenten Verhaltens besser zu erklären als andere

Ansätze. Insofern sind für die Beurteilung hinsichtlich der Erklärungskraft einer

Theorie empirische Theorienvergleiche unverzichtbar. Opp und Wippler drücken

dies so aus, „daß die wirksamste Kritik einer Theorie darin besteht, sie mit einer

alternativen Theorie zu konfrontieren“ (Opp et al. 1990, S. 10 in Lamnek 1999, S.

20).

Hinsichtlich der praktischen Verwertbarkeit leisten die allgemeinen Theorien im

Bereich des delinquenten Verhaltens weniger als spezielle Theorien (vgl. Lamnek

1999, S. 283). Letztere haben zwar einen geringeren Allgemeinheitsgrad, aber den

Vorteil, präziser und brauchbarer zu sein.

Zum Abschluß möchte ich noch betonen, daß die Ergebnisse der vorliegenden Studie

in ihrer Aussagekraft zu relativieren sind, da kein Pretest durchgeführt wurde. Der

dadurch entstandene Datenverlust hat sich vor allem in der Frage 47 bemerkbar

gemacht. Darüber hinaus werden die Resultate durch die methodischen Mängel der

Zuverlässigkeit und Genauigkeit eingeschränkt (s. dazu 2.2), jedoch ist zu beachten,

daß dieses Problem bei allen empirischen Untersuchungen zum abweichenden

Verhalten besteht. Mit der Kontrollfrage sollte in dieser Studie erfaßt werden,

wieviele der Jugendlichen der Annahme waren, daß der Erhebungsbogen

wahrheitsgemäß ausgefüllt wurde. Das Ergebnis zeigte (s. Tabelle 12 im Anhang),

daß 74% der Jugendlichen glaubten, daß die Befragten den Erhebungsbogen ehrlich

beantwortet hatten, während 26% die gegensätzliche Meinung vertraten.

6. Resümee

93

6. Resümee

Der Umfang der Jugenddelinquenz muß keineswegs als so bedrohlich und

erschreckend eingestuft werden, wie es oftmals der öffentlichen Meinung zu

entnehmen ist. Zwar zeigen die Daten in der PKS, daß die Jugendlichen gemessen an

ihrem Bevölkerungsanteil bei den Tatverdächtigen um ein Mehrfaches

überrepräsentiert sind, jedoch relativiert sich dieses Bild, wenn die Schwere der

registrierten Delikte berücksichtigt wird. Denn die Jugendlichen werden größtenteils

wegen leichten Delikten bei der Polizei auffällig. So werden über die Hälfte der

Jugendlichen wegen Diebstahls, Sachbeschädigung und Betrugs registriert, darunter

zu erheblichen Anteilen wegen Ladendiebstahls und Leistungserschleichung.

Gegenüber den Eigentums- und Vermögensdelikten nehmen die personalen

Gewaltdelikte in der Altersgruppe der 14 -20jährigen nur eine untergeordnete Rolle

ein. Das am häufigsten vorkommende Gewaltdelikt gegen die Person, mit 10%, stellt

bei den jugendlichen Tatverdächtigen die leichte Körperverletzung dar, wobei man

hier nicht vergessen darf, daß sich dieses Delikt – ebenso wie die anderen

Gewalttaten - weitgehend auf Auseinandersetzungen unter etwa Gleichaltrigen

beschränkt. Tötungsdelikte, Korruption, Wirtschafts- und Umweltdelikte, Waffen-

und Menschenhandel sind hingegen Erscheinungsformen der Erwachsenen (s.

Tabelle 2). Da die Jugendlichen eher sichtbare und nachweisbare Delikte in einer

wenig rationalen Art und Weise verüben, werden sie auch häufiger als

Tatverdächtige registriert als die Erwachsenen.

Ferner ist zu beachteten, das die meisten jugendlichen Tatverdächtigen nur einmal

oder zweimal bei der Polizei in Erscheinung treten. Dies gilt auch für Jugendliche,

die wegen einer leichten oder einer schweren Körperverletzung auffällig werden.

Die empirischen Befunde belegen ebenfalls, daß die Mehrheit der jugendlichen

Rechtsbrecher Delikte im Bagatellbereich begeht und nur eine sehr kleine Gruppe

Jugendlicher gravierendere Straftaten verübt. So wurde für die vorliegende

Untersuchung festgestellt, daß Verstöße im unteren Strafwürdigkeitsbereich wie z.B.

der Vandalismus, der leichte Diebstahl, das „Schwarzfahren“ in der Altersgruppe der

14 – 20jährigen weit verbreit sind, wohingegen personale Gewaltdelikte wie der

Raub, die schwere Körperverletzung, die Bedrohung mit Waffen und

schwerwiegendere Diebstähle nur selten auftreten.

6. Resümee

94

Darüber hinaus darf nicht übersehen werden, daß die Delinquenz für die meisten

Jugendlichen ein normales Entwicklungsphänomen ist, ein Verhalten, mit dem sie

beispielsweise die Grenzen ihrer Handlungsspielräume offensiv ausloten. Die

vorliegende Untersuchung bestätigt die Normalität und Ubiquität der

Jugenddelinquenz: Fast alle Jugendlichen berichten, zumindest einmal gegen

strafrechtliche Vorschriften verstoßen zu haben. Dieser Befund deutet also darauf

hin, daß jugendliche Delinquenz nicht als Indikator eines Erziehungsdefizits dient.

Folglich brauchen die Jugendlichen, die wegen Bagatelldelikten auffallen, weder

Strafverschärfungen noch Präventionsmaßnahmen. Ebenso lehne ich es ab, die

Mehrfach- und Intensivtäter härter zu bestrafen, da dies, angesichts der hohen

Rückfallquoten nach einer Haft, eher das Problem verschärft als löst. Demzufolge

reichen die bestehenden Gesetze bei einer den jeweiligen Straftaten angemessenen

Handhabung aus. Allerdings sollten häufiger Maßnahmen angewandt werden, die die

sofortige Wiedergutmachungspflicht im Sinne einer erzieherischen Wirkung und

eines Täter – Opfer – Ausgleichs vorsehen.

Um die Mehrfach- und Intensivtäter von weiteren Straftaten abzuhalten sowie die

Entwicklung von „kriminellen Karrieren“ erst gar nicht aufkommen zu lassen, muß

Präventionsarbeit geleistet werden. Wichtig ist vor allem die Integration, was sich

aus den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung (s. Hirschi Hypothese) ableiten

läßt. Hierzu müssen erstens Ausbildungs- und Arbeitsplätze geschaffen werden, um

die Jugendlichen eine bessere Zukunftsperspektive bieten zu können. Des Weiteren

müssen mehr Angebote für die Freizeitgestaltung der Jugendlichen erfolgen, denn

die Jugendlichen werden eher von Straftaten abgehalten, wenn sie einer sinnvollen

Freizeitbeschäftigung nachgehen (s. Korrelationskoeffizient des Involvements).

Hierzu können auch Prominente beitragen, indem sie durch ihre Präsenz z.B. bei

Musikprojekten von Jugendlichen mit ihrer Vorbildfunktion tätig werden. Darüber

hinaus sollten die Jugendlichen eine bessere Aufklärung über Gewalt und Drogen

erhalten. Diese Aufgabe sollten zum einen die Schulen wahrnehmen, indem z.B. im

Fach Gemeinschaftskunde über das Thema Jugend und Gewalt diskutiert wird. Den

Schülern sollte dabei vermittelt werden, welche physischen und psychischen

Schäden sie bei einem Opfer hervorrufen können. Ebenso sollte der Lehrer sie

darüber informieren, welche Konsequenzen sich bei einer Gewalttat für den Täter

ergeben, um die Jugendlichen vor dieser Deliktsbegehung abzuschrecken. Zum

6. Resümee

95

anderen sind die Eltern dazu aufgefordert ihre Erziehungsaufgaben stärker

wahrzunehmen. Die Überprüfung der Hirschi Hypothese belegt nämlich eindeutig,

daß Jugendliche, die eine schwache Bindung zu den Eltern besitzen und die Werte

und Normen weniger stark verinnerlicht haben, zu Straftaten neigen.

Abschließend ist jedoch zu sagen, daß alle Bemühungen um Präventionsstrategien

nicht gelingen, wenn die Medien die Jugendlichen als „Brutalo – Teenis“, „Monster“

und/oder „Rambo“ beschreiben und titulieren. Denn angesichts solcher Meldungen

entsteht in der Öffentlichkeit der Eindruck, daß die Gesellschaft durch eine

kriminelle Jugend bedroht ist. Folglich wachsen die Forderungen nach einer

geschlossenen Heimunterbringung und nach einer Verschärfung des Strafrechts. Statt

die Jugendlichen in die Gesellschaft zu integrieren, werden sie durch

Stigmatisierungen ausgegrenzt, was die Gefahr, erneut straffällig zu werden, erhöht

(s. labeling approach). Um Jugenddelinquenz vorzubeugen, muß also erst ein anderes

Bild über die Jugend entstehen, was wiederum dadurch erreicht wird, daß man sich

mit dem Phänomen Jugenddelinquenz kritisch auseinandersetzt. Demzufolge soll die

vorliegende Arbeit dazu beitragen, den Leser für das Thema der Jugenddelinquenz,

ich schreibe hier bewußt Jugenddelinquenz und nicht Jugendkriminalität, zu

sensibilisieren.

Literaturverzeichnis

96

Literaturverzeichnis

♦ Albrecht, Peter – Alexis: Jugendstrafrecht; 3. Auflage; München 2000

♦ Amelang, Manfred: Sozial abweichendes Verhalten – Entstehung, Verbreitung,

Verhinderung; Berlin 1986

♦ Atteslander, Peter: Methoden der empirischen Sozialforschung; 8. Auflage;

Berlin 1995

♦ Bauer, Günther: Kriminalistik in: Sievers, Rudolf; Schneider, Hans – Joachim

(Hrsg.): Handwörterbuch der Kriminologie; 2. Auflage; Berlin 1998; Bd. 5

♦ Bortz, Jürgen; Döring, Nicola: Forschungsmethoden und Evaluation; 2. Auflage;

Berlin 1995

♦ Brückner, Günther; Die Jugendkriminalität – Erscheinungsformen, Ursachen,

Behandlung; 2. Auflage; Hamburg 1961

♦ Bundeskriminalamt (Hrsg.): Polizeiliche Kriminalstatistik Bundesrepublik

Deutschland – Berichtsjahr 1999; Wiesbaden 2000

♦ Diekmann, Andreas: Empirische Sozialforschung – Grundlagen, Methoden,

Anwendungen; Reinbek b. Hmb. 1995

♦ Eisenberg, Ulrich: Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug – Fälle und

Lösungen zu Grundproblemen; 6. Auflage; München 2000

♦ Engel, Uwe; Hurrelmann, Klaus: Was Jugendliche wagen – Eine

Längsschnittstudie über Drogenkonsum, Streßreaktion und Delinquenz im

Jugendalter; München 1993

Literaturverzeichnis

97

♦ Geerds, Friedrich: Sachbeschädigung in: Sievers, Rudolf; Schneider, Hans –

Joachim (Hrsg.): Handwörterbuch der Kriminologie; 2. Auflage; Berlin 1998;

Bd. 5

♦ Geerds, Friedrich: Ladendiebstahl in: Sievers, Rudolf; Schneider, Hans –

Joachim (Hrsg.): Handwörterbuch der Kriminologie; 2. Auflage; Berlin 1998;

Bd. 5

♦ Göppinger, Hans: Kriminologie; 5. Auflage; München 1997

♦ Hafermalz, Otto: Schriftliche Befragung – Möglichkeiten und Grenzen;

Wiesbaden 1976

♦ Heinz, Wolfgang: Schülerkriminalität – Jugendhilfe: Rechtliche und

jugendstrafrechtliche Reaktionsmöglichkeiten auf Straftaten (nicht nur) von

Schülern in: Bäuerle, Siegfried (Hrsg.): Kriminalität bei Schülern – Der Umgang

mit Schülerkriminalität in der Praxis; Stuttgart 1989; Bd. 2

♦ Heinz: Anzeigeverhalten in: Kaiser, Günther; Kerner, Hans – Jürgen; Sack, Fritz;

Schellhoss, Hartmut (Hrsg.): Kleines kriminologisches Wörterbuch; 3. Auflage;

Heidelberg 1993

♦ Janssen, Helmut: Kriminalitätstheorien und ihre jeweiligen impliziten

Handlungsempfehlungen in: Janssen, Helmut; Peters, Friedhelm (Hrsg.):

Kriminologie für soziale Arbeit; Münster 1997

♦ Jugendrecht; 20. Auflage; München 1994

♦ Kaiser, Günther: Jugendkriminalität in: Markefka, Manfred; Nave – Herz,

Rosemarie (Hrsg.): Handbuch der Familien- und Sozialforschung; Neuwied 1989

♦ Kaiser, Günther: Kriminologie; 2. Auflage; Heidelberg 1988

Literaturverzeichnis

98

♦ Kaiser: Intensivtäter in: Kaiser, Günther; Kerner, Hans – Jürgen; Sack, Fritz;

Schellhoss, Hartmut (Hrsg.): Kleines kriminologisches Wörterbuch; 3. Auflage;

Heidelberg 1993

♦ Kerner, Hans – Jürgen: Informationen zum Problem der Jugendkriminalität in:

Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein –

Westfalen (Hrsg.): Jugendkriminalität – Wir diskutieren; 7. Auflage; Köln 1997

♦ Kerner, Steffan: Lehr- und Studienbriefe für Kriminologie; Hilden 1996

♦ Krupp, Mario; Brinke, Hans: Abenteuer Kaufhaus – Ladendiebstahl durch Kinder

und Jugendliche aus detektivischer Sicht in: Müller, Siegfried; Peter, Hilmar

(Hrsg.): Kinderkriminalität – Empirische Befunde, öffentliche Wahrnehmung,

Lösungsvorschläge; Opladen 1998

♦ Kühne, Adelheid: Kind und Jugendlicher aus kriminalpsychologischer Sicht in:

Bäuerle, Siegfried (Hrsg.): Kriminalität bei Schülern – Ursachen und Umfeld von

Schülerkriminalität; Stuttgart 1989; Bd. 1

♦ Kühnel, Wolfgang; Matuschek, Ingo: Gruppenprozesse und Devianz – Risiken

jugendlicher Lebensbewältigung in großstädtischen Monostrukturen; Weinheim

1995

♦ Kunz, Karl – Ludwig: Kriminologie – Eine Grundlegung; 2. Auflage; Bern 1998

♦ Kürzinger, Josef: Kriminologie – Eine Einführung in die Lehre vom Verbrechen;

2. Auflage; Stuttgart 1996

♦ Laatz, Wilfried: Empirische Methoden – Ein Lehrbuch für Sozialwissenschaftler;

Frankfurt am Main 1993

♦ Lamnek, Siegfried: Neue Theorien abweichenden Verhaltens; München 1994

Literaturverzeichnis

99

♦ Lamnek, Siegfried: Theorien abweichenden Verhaltens; 7. Auflage; München

1999

♦ Landscheidt, Karl: Strafbare Handlungen von Jugendlichen – Ein Vergleich der

Motivation von Tätern mit geringer und hoher Kriminalitätsbelastung;

Regensburg 1995

♦ Lösel, Friedrich (Hrsg.): Kriminalpsychologie – Grundlagen und

Anwendungsbereiche; Weinheim 1983

♦ Lösel, Friedrich: Kriminalitätstheorien, psychologische in: Kaiser, Günther;

Kerner, Hans – Jürgen; Sack, Fritz; Schellhoss, Hartmut (Hrsg.): Kleines

kriminologisches Wörterbuch; 3. Auflage; Heidelberg 1993

♦ Opp, Karl – Dieter: Abweichendes Verhalten und Gesellschaftsstruktur;

Darmstadt 1974

♦ Ortmann, Rüdiger: Abweichendes Verhalten und Anomie – Entwicklung und

Veränderung abweichenden Verhaltens im Kontext der Anomietheorien von

Durkheim und Merton; Freiburg 2000

♦ Pfeiffer, Christian: Anstieg der Jugendkriminalität in: Schmidt – Gödelitz, Axel;

Pfeiffer, Christian; Ziegenspeck, Jörg (Hrsg.): Kinder- und Jugendkriminalität in

Deutschland – Ursachen, Erscheinungsformen, Gegensteuerung; Lüneburg 1997

♦ Richter, Ingo; Duyvendak, Jan Willem: Vorwort in: Bendit, René; Erler,

Wolfgang; Nieborg, Sima; Schäfer, Heiner (Hrsg.): Kinder- und

Jugendkriminalität – Strategien der Prävention und Intervention in Deutschland

und den Niederlanden; Opladen 2000

♦ Scheffel, Renate: Kriminologie, Delinquenz und Moral; Berlin 1987

Literaturverzeichnis

100

♦ Schmitt, Bertram: Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug; 2. Auflage;

Münster 1998

♦ Schneider, Hans – Joachim: Kinder- und Jugenddelinquenz in: Sievers, Rudolf;

Schneider, Hans – Joachim (Hrsg.): Handwörterbuch der Kriminologie; 2.

Auflage; Berlin 1998; Bd. 5

♦ Schwind, Hans – Dieter: Dunkelfeldforschung in: Sievers, Rudolf; Schneider,

Hans - Joachim (Hrsg.): Handwörterbuch der Kriminologie; Berlin 1998; Bd. 5

♦ Schwind, Hans – Dieter: Kriminologie – Eine praxisorientierte Einführung mit

Beispielen; 10. Auflage; Heidelberg 2000

♦ Seipel, Christian: Strategien und Probleme des empirischen Theorienvergleichs

in den Sozialwissenschaften – Rational Choice Theorie oder

Persönlichkeitstheorie; Opladen 1999

♦ Seitz, Willi: Jugendkriminalität in: Bienemann, Georg; Hasebrink, Marianne;

Nikles, Bruno W. (Hrsg.): Handbuch des Kinder- und Jugendschutzes –

Grundlagen, Kontexte und Arbeitsfelder; Münster 1995

♦ Seitz, Willi; Götz, Winfried: Familiäre Erziehung und jugendliche Delinquenz;

Stuttgart 1979

♦ Sonnen, Bernd – Rüdiger: Entwicklungen in der Kinder- und Jugendkriminalität

– Anforderungen an die Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Justiz in: Verein

für Kommunalwissenschaften e.V. (Hrsg.): Netzwerk Kriminalprävention – Was

kann Jugendhilfe leisten; Berlin 1997

♦ Steuber, Hartmut: Jugendverwahrlosung und Jugendkriminalität; Stuttgart 1988

♦ Stimmer, Franz (Hrsg.): Lexikon der Sozialpädagogik und der Sozialarbeit;

München 1996

Literaturverzeichnis

101

♦ Walter, Michael: Jugendkriminalität – Eine systematische Darstellung; Köln

1995

♦ Ziehlke, Brigitte: Deviante Jugendliche – Individualisierung, Geschlecht und

soziale Kontrolle; Opladen 1993

Anhang

102

Anhang

Tabelle 8: Entwicklung der Aufklärungsquoten einzelner Straftaten

Quelle: Bundeskriminalamt 2000, S. 65

Tabelle 9: Tatverdächtige beim Diebstahl unter erschwerenden Umständen

Quelle: Bundeskriminalamt 2000, S. 165

Anhang

103

Grafik 10:

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Anhang

104

Grafik 11:

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105

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Anhang

106

Befragung Liebe Jugendliche! Im Rahmen meiner Diplomarbeit bezüglich des Studienganges Sozialpädagogik habe ich diesen Fragebogen entwickelt. Diese Befragung soll den Theorieteil meiner Diplomarbeit unterstützen und ergänzen. Ich bitte Euch daher herzlichst um Eure Mitarbeit. Mit Eurer Teilnahme helft Ihr mir, eine eigene Studie zu meiner Diplomarbeit durchzuführen. Damit aussagekräftige Ergebnisse entstehen, ist die Teilnahme eines jeden Einzelnen wichtig. Eure Angaben sind freiwillig und absolut anonym. Sie werden streng vertraulich behandelt und keinen öffentlichen Institutionen zugänglich gemacht. Aus der Beantwortung dieses Fragebogens entstehen Euch keine Nachteile. Nach Beendung der Auswertung werden alle Fragebögen sofort vernichtet. Den Anforderungen des Datenschutzes wird also in vollem Umfang entsprochen. Wer sich für die Ergebnisse dieser Befragung interessiert, kann auf Anfrage einen Blick in meine im Dezember fertiggestellte Diplomarbeit werfen. Ich bedanke mich bei jedem Einzelnen für seine Teilnahme an dieser Befragung. Wichtig: Fragebogen bitte vollständig ausfüllen!!! Zutreffendes bitte ankreuzen! (Bei einer punktierten Linie mußt Du selber die Antwort schreiben) Zuerst einige Angaben zu Deiner Person, um den Fragebogen auch auswerten zu können. 1. Ich bin

männlich weiblich

2. Wie alt bist Du? Ich bin ...... Jahre alt 3. Hast Du die deutsche Staatsangehörigkeit?

ja nein

4. Welche Tätigkeit übst Du zur Zeit aus?

Ich gehe zur Schule Ich mache eine Ausbildung Ich gehe zum Wehr- oder Zivildienst Ich arbeite in meinem Beruf Ich arbeite nicht in meinem Beruf gar nichts von allem

5. Welche Schulform besuchst Du oder hast Du besucht?

Sonderschule Hauptschule Realschule Gymnasium Gesamtschule Berufsschule Oskar Kämmerschule sonstige, bitte benennen....................... keine

Anhang

107

6. Welchen Schulabschluß besitzt Du oder strebst Du an? Sonderschulabschluß Hauptschulabschluß Realschulabschluß Fachabitur Allgemeine Hochschulreife keinen

7. Wie gut versteht Du Dich mit Deinen Lehrern oder mit Deinem Chef auf Arbeit?

sehr gut gut teils/teils weniger gut schlecht

8. Bist Du mit Deinen erbrachten schulischen oder beruflichen Leistungen zufrieden?

sehr zufrieden zufrieden teils/teils weniger zufrieden gar nicht zufrieden

9. Wieviel Zeit investierst Du wöchentlich für die Schule (z.B. für Hausaufgaben, für

Klausuren lernen)? (Diese Frage bitte nur beantworten, wenn Du zur Schule gehst o. eine Ausbildung

machst.) gar keine 1 bis 2 Stunden 2 bis 5 Stunden 5 bis 10 Stunden mehr als 10 Stunden

10. Wie wichtig sind Dir Deine schulischen oder beruflichen Leistungen?

sehr wichtig wichtig teils/teils weniger wichtig gar nicht wichtig

11. Wenn Du in irgendeinem Schulfach Schwierigkeiten hast oder früher hattest,

üben/übten dann Deine Eltern mit Dir oder besorgten Dir eine Nachhilfe? immer oft manchmal selten nie

12. Engagierst Du Dich in bestimmten Bereichen (z.B. in der Schule, indem Du aktiv

am Unterricht teilnimmst; als Klassensprecher, Jahrgangssprecher, Vereinsvorstand oder Trainer)?

ja nein

Anhang

108

13. Wie häufig schwänzt Du den Schulunterricht oder die Arbeit? sehr oft oft manchmal selten nie

14. Hast Du neben der Schule/Ausbildung einen Job?

ja nein

15. Wie oft hast Du schon intensiv nach einem (Neben-)Job/Ausbildung gesucht, hast

aber keinen/keine gefunden? oft ab und zu nie

16. Respektierst Du die Meinungen oder Einstellungen fremder Personen?

immer oft manchmal selten nie

17. Wie gut verstehst Du Dich mit Deiner Mutter?

sehr gut gut teils/teils weniger gut überhaupt nicht habe keine Mutter

18. Wie gut verstehst Du Dich mit Deinem Vater?

sehr gut gut teils/ teils weniger gut überhaupt nicht habe keinen Vater

19. Gibt es etwas, was Dich an Deinen Eltern besonders stört?

Ja, daß sie nie oder nur selten für mich da sind, wenn ich sie brauche Ja, daß sie immer oder oft mit mir rummeckern Ja, daß sie mich nicht respektieren, so wie ich bin Nein, mich stört an meinen Eltern nichts besonders

20. Weisen oder hatten Dich früher Deine Eltern zurechtgewiesen, wenn Du die

Vorschriften Deiner Eltern oder anderer Personen nicht eingehalten hast/ eingehalten hattest?

immer oft manchmal selten nie

Anhang

109

21. Bestrafen/bestraften Dich Deine Eltern, wenn Du gegen eine oder mehreren Regeln verstoßen hast oder verstoßen hattest (mit Hausarrest, Wiedergutmachungen usw.)?

immer oft manchmal selten nie

22. Wie oft wünscht Du Dir, Du hättest andere Eltern bzw. Elternteile?

sehr oft oft manchmal selten nie

23. Hast Du viele Verpflichtungen gegenüber Deinen Eltern (z.B. einkaufen gehen, im

Haushalt oder im Garten helfen)? sehr viele viele teils/teils weniger gar keine

24. Akzeptierst Du es, wenn Deine Eltern oder Freunde eine andere Meinung haben als

Du? immer oft manchmal selten nie

25. Was machst Du überwiegend in Deiner Freizeit? (Nur ein Kreuz ist erlaubt!)

Sport Musik zur Feuerwehr gehen oder einer anderen Gruppe, Verein angehören

(z.B. Schützenverein, Skatclub, Kirchenkreis) Freunde treffen Computer spielen, fernsehen, Musik hören, lesen sonstiges

26. Hast Du ein Hobby, für das Du viel Zeit investiert und worauf Du stolz bist?

ja nein

27. Unternimmst Du viel mit Deinen Eltern?

sehr viel viel teils/teils weniger gar nichts

28. Findest Du es aufregend, Sachen zu machen, die verboten sind?

ja nein

Anhang

110

29. Wissen Deine Eltern, wo Du Dich aufhältst, wenn Du außer Haus bist? immer oft manchmal selten nie

30. In welchem der folgenden Bereiche kontrollieren oder kontrollierten Dich früher

Deine Eltern besonders stark? (Mehrere Kreuze sind zulässig!) Sie kontrollieren/kontrollierten,

wann ich abends nach Hause komme/kam mit wem ich mich treffe/traf welche Schulnoten ich bekomme/bekam; ob ich meine Hausaufgaben mache/gemacht habe; ob

ich regelmäßig in die Schule gehe/ging für was ich mein Geld ausgebe/ausgab was ich in meiner Freizeit mache/gemacht habe Meine Eltern kontrollieren/kontrollierten mich nicht besonders stark

31. Welche Aussagen kennst Du von Deinen Eltern? (Mehrere Kreuze sind zulässig!)

Zieh Dich warm an, draußen ist es kalt, oder zieh Dich warm an, sonst erkältest Du Dich! Geh nicht im Dunkeln nach Haus oder geh nicht im Dunkeln allein nach Haus! Steig nicht bei einem Fremden ins Auto! Fahre nicht mit einer Person (Freund, Bekannter usw.) nach Haus, die Alkohol getrunken hat! Iß anständig! Benimm Dich! Trink keinen Alkohol! Keine dieser Aussagen

32. Legen Deine Eltern Wert darauf, daß Du die allgemeinen Vorschriften einhältst?

immer oft manchmal selten nie

33. Setzt Du Dich für soziale Belange ein?

ja nein

34. Achtest Du die Polizei?

immer oft manchmal selten nie

35. Versuchst Du, auf die Wünsche und Erwartungen anderer einzugehen?

immer oft manchmal selten nie

36. Redest Du Dir oft ein, Du bist an allem Schuld?

immer oft manchmal selten nie

Anhang

111

37. Wie stark sind im allgemeinen Deine Schuldgefühle?

sehr stark stark weniger stark schwach gar nicht vorhanden

38. Versuchst Du, bei Erwachsenen einen guten Eindruck zu hinterlassen?

immer oft manchmal selten nie

39. Versuchst Du, es jedem recht zu machen?

immer oft manchmal selten nie

40. Gibt es Personen, denen Du alles anvertrauen kannst?

0 Person 1 Person 2 Personen 3 Personen mehr als 3 Personen

41. Besprichst Du Deine Probleme mit Deinen Freunden oder Eltern?

immer oft manchmal selten nie

42. Welche der folgenden Gegenstände besitzt Du oder kannst Du von Deinen

Freunden, Bekannten bekommen? (Mehrere Kreuze sind zulässig!) aufklappbares Messer mit feststehender Klinge Dietrich Brechstange Schußwaffe Schlagring Totschläger nichts von alledem

43. Findest Du es spannend, etwas mitgehen zu lassen?

immer oft manchmal selten nie

Anhang

112

44. Wenn Du dringend Geld brauchst, welche der folgenden Dinge würdest Du dann tun? (Nur ein Kreuz ist zulässig!)

jemanden erpressen jemandem Gegenstände, die Geld enthalten, entreißen (z.B. Handtasche, Portemonnaie, EC -

Karte) Geld aus dem Portemonnaie der Eltern entnehmen kleinere Geldbeträge außerhalb des Hauses entwenden gar nichts von allem

45. Wie findest Du Peters Verhalten?

Peter ist pleite, weil er den Rest seines Taschengeldes seinem Kumpel geopfert hat. Seit längerem wünscht er sich ein best. Maxi CD. Diese kann er sich jedoch in den nächsten drei Monaten nicht leisten, da er für sein Taschengeld Geburtstagsgeschenke kaufen muß. Er verwirklicht seinen Wunsch, indem er sich die Maxi CD im Laden ohne Bezahlung einsteckt.

es ist o.k. es ist nicht o.k. keine Angaben

46. Du hast Dich mit Deinem Freund/Freundin gestritten. Deinem Freund/Freundin tut

es leid und will sich mit Dir versöhnen. Dafür steckt er sich eine CD im Laden ohne Bezahlung ein und schenkt Sie Dir anschließend.

Ich finde es prima Es ist in Ordnung Ich finde es nicht gut, behalte Sie aber Ich gebe die CD meinem Freund/Freundin zurück, da er sie nicht von seinem eigenen Geld

gekauft hat 47. Würdest Du Dir Gegenstände (Fernseher, Computer, Handy, usw.) zum vollen

Preis kaufen, wenn Du die Möglichkeit hättest, entwendete Gegenstände viel günstiger zu erstehen?

immer oft manchmal selten nie

48. Wie hoch ist Dein monatliches Einkommen (z.B. Taschengeld, Arbeitslohn)?

unter 20 DM 20 bis 50 DM 50 bis 100 DM 100 bis 200 DM 200 bis 400 DM über 400 DM

49. Reicht Dein monatliches Einkommen für Deinen Konsumbedarf aus? (z.B. für den

Kauf von Klamotten, Süßigkeiten, CDs, Zigaretten) immer oft manchmal selten nie

Anhang

113

50. Versuchst Du, mit den Konsumbedürfnissen Deiner Freunde mitzuhalten? immer oft manchmal selten nie

51. Wieviel gibst Du im Monat durchschnittlich für Deine Warenbedürfnisse (z.B. für

den Kauf von Zigaretten, Klamotten, CDs, Süßigkeiten) aus? ca. ein Viertel meines Einkommens ca. die Hälfte meines Einkommens ca. drei Viertel meines Einkommens mein gesamtes Einkommen

52. Du willst Dir ein bestimmtes Handy kaufen, hast jedoch Gelegenheit, dieses Handy

unbeobachtet aus einer Handtasche zu nehmen. Was machst Du? Ich nehme das Handy aus der Handtasche Ich kaufe mir das Handy weiß nicht

53. Du möchtest Dir einen neuen PC kaufen. Mit welcher der nachfolgenden

Möglichkeiten würdest Du das bewerkstelligen? (Nur ein ist Kreuz zulässig!) Sparbuch plündern arbeiten gehen/Mehrarbeit leisten Eltern nach Geld fragen Taschengeld sparen mich im Glücksspiel versuchen einen entwendeten PC zur Hälfte des Neupreises kaufen

54. Wie oft hast Du das Bedürfnis, Dir etwas Neues leisten zu wollen? (z.B. Kauf eines

Handys) immer oft manchmal selten nie

55. Bevorzugst Du Markensachen?

immer oft manchmal selten nie

56. Wie sparsam bist Du generell?

sehr sparsam teils/ teils weniger sparsam Ich gebe mein Geld immer aus

Untersuchungen haben ergeben, daß jeder Jugendliche schon mal Gesetze und Verbote übertreten hat. Das will ich anhand der folgenden Fragen überprüfen. Auch wenn die Fragen etwas unangenehm für Dich sind, versichere ich nochmals, daß sie keinerlei Konsequenzen für Dich oder Deine Freunde haben werden. Bitte beantworte sie daher wahrheitsgemäß.

Anhang

114

57. Wieviele Personen gibt es in Deinem Freundes- oder Bekanntenkreis, die schon mal Geld oder andere Dinge entwendet haben?

gar keiner ca. ein Viertel ca. die Hälfte ca. drei Viertel alle

58. Wie gut kennst Du diese Personen?

(Wenn die vorherige Frage mit "gar nicht " beantwortet wurde, muß diese Frage nicht beantwortet werden!)

sehr gut gut teils/teils

59. Gibt es in Deinem Freundes- oder Bekanntenkreis Personen, die vorbestraft sind?

ja nein

60. Welche der hier aufgeführten Dinge hast Du schon mal getan? einmal 2 - 5

mal mehr als 5 mal

kein-mal

a. Fremde Gegenstände bemalt, beklebt, geritzt oder besprüht (z.B. Toilettenwände und Schultische bekritzelt, Hauswände mit Graffiti besprüht)

b. Ein öffentliches Verkehrsmittel ohne Fahrkarte benutzt (z.B. Bus, Bahn)

c. Urkunden, Unterschriften oder ähnliches nachgemacht (z.B. die Unterschrift der Eltern für die Schule)

d. Ein Kraftfahrzeug ohne den entsprechenden Führerschein gefahren (z.B. Trecker, Mofa, Motorroller, Auto)

e. Kraftfahrzeug ohne Erlaubnis des Halters gefahren

f. Geld aus dem Portemonnaie der Eltern ohne deren Absprache entnommen

g. Kleinere Geldbeträge (unter 5 DM) aus dem nicht häuslichen Bereich entwendet

h. Geldbeträge im Wert von über 5 DM aus dem nicht häuslichen Bereich entwendet

i. Im Laden kleinere Gegenstände unter 50 DM mitgehen lassen (z.B. Kosmetika, CDs, Zeitschriften)

j. Im Laden größere Gegenstände von über 50 DM mitgehen lassen

k. Bei einer Schlägerei mitgemacht oder sonst irgendeine Person verprügelt

l. Jemanden zusammengeschlagen, daß er ins Krankenhaus mußte

m. Einer fremden Person Gegenstände entrissen (z.B. Portemonnaie, Handtasche, Handy, EC – Karte)

n. Fremde Gegenstände eingesteckt (z.B. Aschenbecher, Biergläser, Besteck, Souvenirs)

Anhang

115

einmal 2 - 5 mal

mehr als 5 mal

kein-mal

o. Fremdes Eigentum mit Absicht zerstört o. beschädigt (Kraftfahrzeuge zerkratzt, Straßenlaternen kaputt geschossen, Parkbänke umgeworfen usw.)

p. Haschisch oder andere Rauschmittel (außer Alkohol und Medikamente) genommen oder verkauft

q. Aus einem Automaten Ware oder Geld entwendet

r. Gegenstände entwendet und sie verkauft (z.B. Autoradios, Handys)

s. Einem Polizisten Widerstand geleistet

t. Zum Stehlen irgendwo eingebrochen (z.B. in ein Auto, in eine Wohnung, Baubude, Hütte, Keller o.ä.)

u. Jemanden mit einer Waffe (z.B. Messer, Pistole) bedroht v. Preisschilder im Laden umgeklebt w. Ausländerfeindliche Parolen gerufen x. Entwendete Gegenstände gekauft

61. Wurdest Du schon mal wegen einem oder mehrerer dieser Dinge bei der Polizei angezeigt?

ja, einmal ja, mehrmals nein

62. Bist Du der Meinung, daß Du ohne Gesetze in Deutschland viel besser leben

könntest? ja nein weiß nicht

63. Wieviele Gesetze würdest Du gerne abschaffen wollen?

alle viele einige wenige gar keine

64. Glaubst Du, daß die Personen, die diesen Fragebogen ausgefüllt haben, ehrlich

geantwortet haben? ja nein

Hast Du Frage 64 mit "nein" beantwortet, beantworte bitte noch die letzte Frage (65): 65. Wie häufig haben sie Deiner Meinung nach die Unwahrheit gesagt?

100% 99%-50% 50%-10% unter10%

Nochmals Vielen Dank für Deine Mitarbeit! Wenn Du möchtest, kannst Du Dich zu diesem Fragebogen auf der Rückseite äußern.

Anhang

116

Delinquenzbelastung Skalenwerte

a. Fremde Gegenstände bemalt, beklebt, geritzt oder besprühteinmal 2,32-5 mal 3,7mehr als 5 mal 5keinmal 1

b. Ein öffentliches Verkehrsmittel ohne Fahrkarte benutzteinmal 2,32-5 mal 3,7mehr als 5 mal 5keinmal 1

c. Urkunden, Unterschriften oder ähnliches nachgemachteinmal 32-5 mal 4mehr als 5 mal 5keinmal 1

d. Ein Kraftfahrzeug ohne den entsprechenden Führerschein gefahreneinmal 2,32-5 mal 3,7mehr als 5 mal 5keinmal 1

e. Kraftfahrzeug ohne Erlaubnis des Halters gefahren

einmal 2,32-5 mal 3,7mehr als 5 mal 5keinmal 1

f. Geld aus dem Portemonnaie der Eltern ohne deren Absprache entnommeneinmal 32-5 mal 4mehr als 5 mal 5keinmal 1

g. Kleinere Geldbeträge (unter 5 DM) aus dem nicht häuslichen Bereich entwendeteinmal 32-5 mal 4mehr als 5 mal 5keinmal 1

Anhang

117

h. Geldbeträge im Wert von über 5 DM aus dem nicht häuslichen Bereich entwendeteinmal 32-5 mal 4mehr als 5 mal 5keinmal 1

i. Im Laden kleinere Gegenstände unter 50 DM mitgehen lassen einmal 32-5 mal 4mehr als 5 mal 5keinmal 1

j. Im Laden größere Gegenstände von über 50 DM mitgehen lasseneinmal 42-5 mal 5mehr als 5 mal 5keinmal 1

k. Bei einer Schlägerei mitgemacht oder sonst irgendeine Person verprügelteinmal 32-5 mal 4mehr als 5 mal 5keinmal 1

l. Jemanden zusammengeschlagen, daß er ins Krankenhaus mußteeinmal 52-5 mal 5mehr als 5 mal 5keinmal 1

m. Einer fremden Person Gegenstände entrissen

einmal 52-5 mal 5mehr als 5 mal 5keinmal 1

n. Fremde Gegenstände eingesteckt

einmal 2,32-5 mal 3,7mehr als 5 mal 5keinmal 1

Anhang

118

o. Fremdes Eigentum mit Absicht zerstört o. beschädigt

einmal 32-5 mal 4mehr als 5 mal 5keinmal 1

p. Haschisch oder andere Rauschmittel (außer Alkohol und Medikamente) genommen oder verkauft

einmal 42-5 mal 5mehr als 5 mal 5keinmal 1

q. Aus einem Automaten Ware oder Geld entwendet

einmal 2,32-5 mal 3,7mehr als 5 mal 5keinmal 1

r. Gegenstände entwendet und sie verkauft

einmal 52-5 mal 5mehr als 5 mal 5keinmal 1

s. Einem Polizisten Widerstand geleistet

einmal 52-5 mal 5mehr als 5 mal 5keinmal 1

t. Zum Stehlen irgendwo eingebrochen

einmal 52-5 mal 5mehr als 5 mal 5keinmal 1

u. Jemanden mit einer Waffe bedroht

einmal 52-5 mal 5mehr als 5 mal 5keinmal 1

v. Preisschilder im Laden umgeklebt

einmal 32-5 mal 4mehr als 5 mal 5keinmal 1

Anhang

119

w. Ausländerfeindliche Parolen gerufen

einmal 42-5 mal 4mehr als 5 mal 5keinmal 1

x. Entwendete Gegenstände gekauft

einmal 32-5 mal 4mehr als 5 mal 5keinmal 1

Anhang

120

Delinquenzbelastung Gewichtungen

a. Fremde Gegenstände bemalt, beklebt, geritzt oder besprüht

0,2

b. Ein öffentliches Verkehrsmittel ohne Fahrkarte benutzt

0,2

c. Urkunden, Unterschriften oder ähnliches nachgemacht

0,4

d. Ein Kraftfahrzeug ohne den entsprechenden Führerschein gefahren

0,2

e. Kraftfahrzeug ohne Erlaubnis des Halters gefahren 0,3

f. Geld aus dem Portemonnaie der Eltern ohne deren Absprache entnommen

0,3

g. Kleinere Geldbeträge (unter 5 DM) aus dem nicht häuslichen Bereich entwendet

0,6

h. Geldbeträge im Wert von über 5 DM aus dem nicht häuslichen Bereich entwendet

0,7

i. Im Laden kleinere Gegenstände unter 50 DM mitgehen lassen

0,6

j. Im Laden größere Gegenstände von über 50 DM mitgehen lassen

1

k. Bei einer Schlägerei mitgemacht oder sonst irgendeine Person verprügelt

0,7

l. Jemanden zusammengeschlagen, daß er ins Krankenhaus mußte

1

m. Einer fremden Person Gegenstände entrissen 1

n. Fremde Gegenstände eingesteckt 0,2

o. Fremdes Eigentum mit Absicht zerstört o. beschädigt

0,4

p. Haschisch oder andere Rauschmittel (außer Alkohol und Medikamente) genommen oder verkauft

0,5

q. Aus einem Automaten Ware oder Geld entwendet 0,5

r. Gegenstände entwendet und sie verkauft 1

s. Einem Polizisten Widerstand geleistet 0,8

Anhang

121

t. Zum Stehlen irgendwo eingebrochen 1

u. Jemanden mit einer Waffe bedroht 1

v. Preisschilder im Laden umgeklebt 0,5

w. Ausländerfeindliche Parolen gerufen 1

x. Entwendete Gegenstände gekauft 1

Anhang

122

Die Hirschi Theorie der sozialen Bindung Skalenwerte

Attachment

1. Wissen Deine Eltern, wo Du Dich aufhältst, wenn Du außer Haus bist?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5

2. In welchem der folgenden Bereiche kontrollieren oder kontrollierten Dich früher Deine Eltern besonders stark?Sie kontrollieren/kontrollierten,

6-(Summe Antworten)

wann ich abends nach Hause komme/kam 1mit wem ich mich treffe/traf 1welche Schulnoten ich bekomme/bekam; ob ich meine Hausaufgaben mache/gemacht habe; ob ich regelmäßigin die Schule gehe/ging 1für was ich mein Geld ausgebe/ausgab 0,5was ich in meiner Freizeit mache/gemacht habe 1Meine Eltern kontrollieren/kontrollierten mich nicht besonders stark 1

3. Welche Aussagen kennst Du von Deinen Eltern? 6-(Summe Antworten)

Zieh Dich warm an, draußen ist es kalt, oder zieh Dich warm an, sonst erkältest Du Dich! 1Geh nicht im Dunkeln nach Haus oder geh nicht im Dunkeln allein nach Haus!

männlich 1,5weiblich 0,5

Steig nicht bei einem Fremden ins Auto! 1Fahre nicht mit einer Person (Freund, Bekannter usw.) nach Haus, die Alkohol getrunken hat! 1Iß anständig! 0,5Benimm Dich! 0,5Trink keinen Alkohol! 0,5Keine dieser Aussagen 1

4. Wenn Du in irgendeinem Schulfach Schwierigkeiten hast/hattest, üben/übten dann Deine Eltern mit Dir oder besorgten Dir eine Nachhilfe?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5

Anhang

123

5. Wie gut verstehst Du Dich mit Deiner Mutter?

sehr gut 1gut 2teils/teils 3weniger gut 4überhaupt nicht 5habe keine Mutter 5

6. Wie gut verstehst Du Dich mit Deinem Vater?

sehr gut 1gut 2teils/teils 3weniger gut 4überhaupt nicht 5habe keinen Vater 5

7. Gibt es etwas, was Dich an Deinen Eltern besonders stört? (Nur ein Kreuz ist zulässig)Ja, daß sie nie oder nur selten für mich da sind, wenn ich sie brauche 5Ja, daß sie immer oder oft mit mir rummeckern 5Ja, daß sie mich nicht respektieren, so wie ich bin 5Nein, mich stört an meinen Eltern nichts besonders 1

8. Wie oft wünscht Du Dir, Du hättest andere Eltern bzw. Elternteile?sehr oft 5oft 4manchmal 3selten 2nie 1

9. Wirst oder wurdest Du früher von Deinen Eltern zurechtgewiesen, wenn Du die Vorschriften Deiner Eltern oder anderer Personen nicht eingehalten hast/hattest?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5

10. Bestrafen/bestraften Dich Deine Eltern, wenn Du gegen eine oder mehreren Regeln verstoßen hast oder verstoßen hattest (mit Hausarrest, Wiedergutmachungen usw.)?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5

Anhang

124

11. Gibt es Personen, denen Du alles anvertrauen kannst?0 Person 51 Person 42 Personen 33 Personen 2mehr als 3 Personen 1

12. Besprichst Du Deine Probleme mit Deinen Freunden oder Eltern?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5

13. Wie gut oder schlecht versteht Du Dich mit Deinen Lehrern oder mit Deinem Chef?sehr gut 1gut 2teils/teils 3weniger gut 4schlecht 5

14. Wie häufig schwänzt Du den Schulunterricht oder die Arbeit?sehr oft 5oft 4manchmal 3selten 2nie 1

15. Akzeptierst Du es, wenn Deine Eltern oder Freunde eine andere Meinung haben als Du?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5

16. Versuchst Du, auf die Wünsche und Erwartungen anderer einzugehen?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5

Anhang

125

17. Redest Du Dir oft ein, Du bist an allem Schuld?

immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5

18. Wie stark sind im allgemeinen Deine Schuldgefühle?

sehr stark 1stark 2weniger stark 3schwach 4gar nicht vorhanden 5

19. Versuchst Du, bei Erwachsenen einen guten Eindruck zu hinterlassen?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5

20. Versuchst Du, es jedem recht zu machen?

immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5

Commitment

21. Welche Tätigkeit übst Du zur Zeit aus?

Ich gehe zur Schule 4Ich mache eine Ausbildung 2Ich gehe zum Wehr- oder Zivildienst 2Ich arbeite in meinem Beruf 1Ich arbeite nicht in meinem Beruf 3gar nichts von allem 5

22. Welche Schulform besuchst Du oder hast Du besucht?Sonderschule 5Hauptschule 4Realschule 3Gymnasium 2Gesamtschule 2Berufsschule 3Oskar Kämmerschule 3sonstige, bitte benennen....................... 3keine 5

Anhang

126

23. Welchen Schulabschluß besitzt Du oder strebst Du an?Sonderschulabschluß 4Hauptschulabschluß 3Realschulabschluß 2Fachabitur 1Allgemeine Hochschulreife 1keinen 5

24. Bist Du mit Deinen erbrachten schulischen oder beruflichen Leistungen zufrieden?sehr zufrieden 1zufrieden 2teils/teils 3weniger zufrieden 4gar nicht zufrieden 5

25. Wie wichtig sind Dir Deine schulischen oder beruflichen Leistungen?sehr wichtig 1wichtig 2teils/teils 3weniger wichtig 4gar nicht wichtig 5

26. Engagierst Du Dich in bestimmten Bereichen (z.B. in der Schule als Klassensprecher oder Jahrgangssprecher, oder indem Du aktiv am Unterricht teilnimmst; im Verein als Vorstand oder Trainer)?ja 1nein 5

27. Hast Du ein Hobby, für das Du viel Zeit investiert und worauf Du stolz bist?ja 1nein 5

28. Setzt Du Dich für soziale Belange ein?

ja 1nein 5

29. Wie hoch ist Dein monatliches Einkommen (z.B. Taschengeld, Arbeitslohn)?unter 20 DM 520 bis 50 DM 550 bis 100 DM 4100 bis 200 DM 3200 bis 400 DM 2über 400 DM 1

Anhang

127

Involvement

30. Welche Tätigkeit übst Du zur Zeit aus?

Ich gehe zur Schule 1Ich mache eine Ausbildung 1Ich gehe zum Wehr- oder Zivildienst 1Ich arbeite in meinem Beruf 1Ich arbeite nicht in meinem Beruf 1gar nichts von allem 5

31. Wieviel Zeit investierst Du wöchentlich für die Schule (für Hausaufgaben, das Lernen für Klausuren)?(Bitte diese Frage nur beantworten, wenn Du zur Schule gehst oder eine Ausbildung machst)

gar keine 51 bis 2 Stunden 42 bis 5 Stunden 35 bis 10 Stunden 2mehr als 10 Stunden 1

32. Hast Du neben der Schule/Ausbildung einen Job?

Ja 1Nein 5

33. Hast Du viele Verpflichtungen gegenüber Deinen Eltern (z.B. einkaufen gehen, im Haushalt oder im Garten helfen)?sehr viele 1viele 2teils/teils 3weniger 4gar keine 5

34. Was machst Du überwiegend in Deiner Freizeit?(Nur ein Kreuz ist zulässig)

Sport 1Musik 1zur Feuerwehr gehen oder einer anderen Gruppe, Verein angehören (z.B. Schützenverein, Skatclub, Kirchenkreis) 1Freunde treffen 5Computer spielen, fernsehen, Musik hören, lesen 5sonstiges 3

35. Unternimmst Du viel mit Deinen Eltern?

sehr viel 1viel 2teils/teils 3weniger 4gar nichts 5

Anhang

128

Belief

36. Respektierst Du die Meinungen oder Einstellungen fremder Personen?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5

37. Achtest Du die Polizei?

immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5

38. Wie findest Du Peters Verhalten?Peter ist pleite, weil er den Rest seines Taschengeldes seinem Kumpel geopfert hat. Seit längerem wünscht er sich ein best. Maxi CD. Diese kann er sich jedoch in den nächsten drei Monaten nicht leisten, da er für sein Taschengeld Geburtstagsgeschenke kaufen muß. Er verwirklicht seinen Wunsch, indem er sich die Maxi CD im Laden ohne Bezahlung einsteckt.Es ist o.k. 5Es ist nicht o.k. 1Keine Angaben 5

39. Bist Du der Meinung, daß Du ohne Gesetze in Deutschland viel besser leben könntest?ja 5nein 1weiß nicht 4

40. Wie viele Gesetze würdest Du gerne abschaffen wollen?alle 5viele 4einige 3wenige 2gar keine 1

Anhang

129

Die Oppsche Anomietheorie Skalenwerte

Intensität der Ziele

1. Reicht Dein montliches Einkommen für Deinen Konsumbedarf aus? (z.B. der Kauf von Klamotten, Süßigkeiten, CDs, Zigaretten)immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5

2. Versuchst Du, mit den Konsumbedürfnissen Deiner Freunde mitzuhalten?immer 5oft 4manchmal 3selten 2nie 1

3. Wieviel gibst Du durchschnittlich im Monat für Deine Warenbedürfnisse aus?

einkommens-abhängig

ca. ein Viertel meines Einkommens >= 100,00 DM 2 < 100,00 DM 1

ca. die Hälfte meines Einkommens >= 100,00 DM 3 < 100,00 DM 1

ca. drei Viertel meines Einkommens >= 100,00 DM 4 < 100,00 DM 2

mein gesamtes Einkommen >= 100,00 DM 5 < 100,00 DM 3

4. Wie oft hast Du das Bedürfnis, Dir etwas Neues leisten zu wollen? (z.B. Kauf eines Handys)immer 5oft 4manchmal 3selten 2nie 1

5. Bevorzugst Du Markensachen?

immer 5oft 4manchmal 3selten 2nie 1

Anhang

130

Intensität legitimer Normen

6. Würdest Du Dir Gegenstände (Fernseher, Computer, Handy, usw.) zum vollen Preis kaufen, auch wenn Du die Möglichkeir hättest, entwendete Gegenstände viel günstiger zu erstehen?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5

7. Du willst Dir ein bestimmtes Handy kaufen, hast jedoch Gelegenheit dies unbeobachtet aus einer Handtasche zu nehmen. Was machst Du?Ich nehme das Handy aus der Handtasche 5Ich kaufe mir das Handy 1weiß nicht 5

8. Du möchtest Dir einen neuen PC kaufen. Mit welcher der nachfolgenden Möglichkeiten würdest Du dies bewerkstelligen?Ich plündere mein sauer angespartes Sparbuch 1Ich gehe arbeiten/leiste Mehrarbeit 1Eltern nach Geld fragen 1Taschengeld sparen 1mich im Glückspiel versuchen 4Ich kaufe einen entwendeten PC zu der Hälfte des Neupreises 5

Intensität illegitimer Normen

9. Findest Du es aufregend, Sachen zu machen, die verboten sind?ja 5nein 1

10. Findest Du es spannend, etwas mitgehen zu lassen?

immer 5oft 4manchmal 3selten 2nie 1

11. Wenn Du dringend Geld brauchst, welche der folgenden Dinge würdest Du dann tun?jemanden erpressen 5jemandem Geld entreißen (Handtasche, Portemonnaie, EC-Karte) 5Geld aus dem Portemonnaie der Eltern entnehmen 2kleinere Geldbeträge außerhalb des Hauses entwenden 3gar nichts von allem 1

Anhang

131

12. Wie findest Du Peters Verhalten?Peter ist pleite, weil er den Rest seines Taschengeldes seinem Kumpel geopfert hat. Seit längerem wünscht er sich ein best. Maxi CD. Diese kann er sich jedoch in den nächsten drei Monaten nicht leisten, da er für sein Taschengeld Geburtstagsgeschenke kaufen muß. Er verwirklicht seinen Wunsch, indem er sich die Maxi CD im Laden ohne Bezahlung einsteckt.

es ist o.k. 5es ist nicht o.k. 1Keine Angaben 5

13. Du hast Dich mit Deinem Freund/Freundin gestritten. Deinem Freund/Freundin tut es leid und will sich mit Dir versöhnen. Dafür steckt er sich eine CD im Laden ohne Bezahlung ein und schenkt Sie Dir anschließend. Ich finde es prima 5Es ist in Ordnung 4Ich finde es nicht gut, behalte Sie aber 3Ich gebe die CD meinem Freund/Freundin zurück,da er sie nicht von seinem eigenen Geld gekauft hat 1

Grad der legitimen Möglichkeiten

14. Wie oft hast Du schon intensiv nach einem Nebenjob/Ausbildung gesucht, hast aber keinengefunden?oft 5ab und zu 3nie 1

15. Legen Deine Eltern Wert darauf, daß Du die gesellschaftlichen Vorschriften einhältst?immer 1oft 2manchmal 3selten 4nie 5

16. Wie sparsam bist Du generell?

sehr sparsam 1teils/teils 3weniger sparsam 4Ich gebe mein Geld immer aus 5

Anhang

132

Grad der illegitimen Möglichkeiten

17. Welche der folgenden Gegenstände besitzt Du oder kannst Du von Deinen Freunden, Bekannten bekommen?aufklappbares Messer mit feststehender Klinge 4Dietrich 2Brechstange 2Schußwaffe 5Schlagring 5Totschläger 5nichts von alldem 1

18. Wieviele Personen gibt es in Deinem Freundes- oder Bekanntenkreis, die schon mal Geld oder andere Dinge entwendet haben?gar keiner 1ca. ein Viertel 2ca. die Hälfte 3ca. drei Viertel 4alle 5

19. Wie gut kennst Du diese Personen?(Wenn die vorherige Frage mit "gar nicht " beantwortet wurde, muß diese Frage nicht beantwortet werden)sehr gut 5gut 4teils/teils 3

Anhang

133

Tabelle 10: Polizeiliche Registrierung der befragten Jugendlichen

schwer mittel leicht17% 12% 48% 40%

(n=25) (n=3) (n=12) (n=10)3% 20% 60% 20%

(n=5) (n=1) (n=3) (n=1)80% 3% 22% 76%

(n=119) (n=3) (n=26) (n=90)

Delinquenzbelastung

mehrmals angezeigt

nicht angezeigt

1x angezeigt

Grafik 13: Häufigkeitsverteilung der Delinquenz nach Alter

5% 3%

0% 2%

45%

17%

3% 2% 0%

3%

0%

46%

35%

4%

0% 0% 0%

4%3%

20%

33%

34%

29%

12%

0%5%

10%15%20%25%30%35%40%45%50%

1-1,5 1,5-2 2-2,5 2,5-3 3-3,5 3,5-4 4-4,5 4,5-5

Delinquenzbelastung

Anz

ahl d

er P

erso

nen

in %

14-1516-1718-20

Anhang

134

Tabelle 11: Selbstberichtete Delinquenz nach Bildungsniveau

a fremde Gegenstände bemalt, beklebt usw. 59% (n=17) 83% (n=33) 84% (n=53)

b öff. Verkehrsmittel ohne Fahrkarte benutzt 69% (n=20) 70% (n=28) 83% (n=52)

c Urkunden, Unterschriften o.ä. gefälscht 45% (n=13) 43% (n=17) 35% (n=22)

d Kfz ohne Führerschein gefahren 72% (n=21) 50% (n=20) 35% (n=22)

e Kfz ohne Erlaubnis gefahren 21% (n=6) 10% (n=4) 5% (n=3)

f Geld aus Portemonnaie der Eltern entwendet 34% (n=10) 48% (n=19) 38% (n=24)

g Geldbeträge < 5 DM entwendet (nicht häusl.) 28% (n=8) 25% (n=10) 21% (n=13)

h Geldbeträge > 5 DM entwendet (nicht häusl.) 28% (n=8) 15% (n=6) 13% (n=8)

i Ladendiebstahl unter 50 DM 17% (n=5) 45% (n=18) 38% (n=24)

j Ladendiebstahl über 50 DM 17% (n=5) 8% (n=3) 3% (n=2)

k Beteiligung an Schlägerei 86% (n=25) 43% (n=17) 25% (n=16)

l jemanden krankenhausreif geschlagen 21% (n=6) 5% (n=2) 2% (n=1)

m fremder Person Gegenstände entrissen 14% (n=4) 8% (n=3) 2% (n=1)

n Diebstahl fremder Gegenstände 62% (n=18) 55% (n=22) 57% (n=36)

o absichtliche Zerstörung fremden Eigentums 66% (n=19) 50% (n=20) 38% (n=24)

p Rauschmittel genommen oder verkauft 59% (n=17) 58% (n=23) 41% (n=26)

q aus Automaten Ware oder Geld entwendet 10% (n=3) 20% (n=8) 10% (n=6)

r Gegenstände entwendet und verkauft 7% (n=2) 8% (n=3) 0% (n=0)

s Polizisten Widerstand geleistet 24% (n=7) 5% (n=2) 17% (n=11)

t Einbruch zum Diebstahl 7% (n=2) 8% (n=3) 3% (n=2)

u jemanden mit einer Waffe bedroht 24% (n=7) 8% (n=3) 0% (n=0)

v Preisschilder im Laden umgeklebt 41% (n=12) 40% (n=16) 37% (n=23)

w ausländerfeindliche Parolen gerufen 31% (n=9) 15% (n=6) 6% (n=4)

x entwendete Gegenstände gekauft 38% (n=11) 28% (n=11) 19% (n=12)

Sonder.Haupt. / Gym.

1,68Delinquenzbelastung 2,29 1,92

Real./Gesamt.

Anmerkung: • Sonderschüler und Hauptschüler wurden zusammengefaßt, da nur wenige Jugendliche (3) die

Sonderschule besuchten • Gesamtschüler und Realschüler wurden zusammengefaßt, da nur wenige Jugendliche (4) die

Gesamtschule besuchten Tabelle 12: Kontrollfragen

bei nein: 100% >50% >10% <10%74% 26% 0% 21% 48% 31%

(n=110) (n=39) (n=0) (n=6) (n=14) (n=9)

Glaubst Du, daß die Personen, die diesenFragebogen ausgefüllt haben, ehrlich geantwortet haben?

ja nein

Eidesstattliche Erklärung:

Hiermit versichere ich, daß ich die vorliegende Arbeit selbständig verfaßt und nur die

im Literaturverzeichnis angegebenen Hilfsmittel verwendet habe.

Hankensbüttel, 15.12. 2001

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Michelle Füldner