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61. Jahrgang Quell Verlag Postfach 10 38 52 70033 Stuttgart Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im Dienst der „Aufgestiegenen Meister" Kampf ums Lebensbewältigungs- hilfegesetz? „Stabwechsel" nach Castanedas Tod ^ W^ Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen

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Page 1: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

61 Jahrgang

Quell Verlag Postfach 10 38 52 70033 Stuttgart

Esoterik heute

Altes Wissen auf neuen Wegen

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister

Kampf ums Lebensbewaumlltigungs-

hilfegesetz

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod

^ W Evangelische Zentralstelle

fuumlr Weltanschauungsfragen

INHALT

IM BLICKPUNKT

HANS-JUumlRGEN RUPPERT

Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen

BERICHTE

KLAUS FLECKNER

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

INFORMATIONEN

GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz

Selbsternannte Sektenbeauftragte

IN EIGENER SACHE

Berichtigung

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach CastanedasTod

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BUCHER

Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweisprachigkeit Bi-Religiositat doppelte Staatsbuumlrgerschaft 288

IMPRESSUM

Herausgegeben von der Evangelischen Zentralstelle fuumlr Weltanschauungsfragen (EZW) im Quell Verlag Stuttgart Die EZW ist eine Einrichtung der Evange-lischen Kirche in Deutschland (EKD) Fuumlr den Inhalt der abgedruckten Artikel tragen die jeweiligen Auto-ren die Verantwortung Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder - Redaktion Reinhard Hempelmann Carmen Schafer Anschrift Auguststraise 80 10117 Berlin Telefon 0 30 2 83 95-2 11 Fax 0 30 2 83 95-2 12 Internet http wwwekddeezw e-Mail EZWcompuservecom -Vertag Quel l Verlag und Buchhandlung der Evang Gesellschaft in Stuttgart GmbH Furtbachstrafse 1 2A Postfach 103852 70033 Stuttgart Telefon 0 7 1 1 6 01 00-0 Kontonummer 2 036 340 Landesgiro Stuttgart Anzeigen und Werbebeilagen Anzeigen-gemeinschaft Suumld Furtbachstrafse 12A 70178 Stutt-gart Postfach 1002 53 70002 Stuttgart Telefon 0711 601 00-66 Telefax 07 1 1 6 0 1 00-76 Verantworllic h fuumlr den Anzeigenteil Wolfgang Schmoll Es gilt die Preisliste Nr 12 vom 111998 - Bezugspreis jahr-lich D M 5 8 - einschl Zustellgebuumlhr Erscheint mo-natlich Einzelnummer D M 5- zuzuumlgl Bearbeitungs-gebuumlhr fuumlr Einzelversand Abbestellungen sind nur mit einer Frist von 6 Wochen zum lahresende moumlg-l ich - Alle Rechte vorbehalten - Mitgl ied des Ge-meinschaftswerks der Evangelischen Publizistik -DruckMaisch amp Queck GedingenStuttgart

IM BLICKPUNKT

Hans-Juumlrgen Ruppert

Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen

Esoterik in der modernen Gesellschaft

Die Selbstverstaumlndlichkeit mit der ein Mensch fruumlher - im sog bdquochristlichen Abendland - Christ war und sich zu ei-ner christlichen Kirche hielt ist in den letzten Jahren immer weiter zuruumlckge-gangen Der christliche Glaube hat fuumlr viele laumlngst seine Monopolstellung im Blick auf die Beantwortung religioumlser Fragen fuumlr die Lebensorientierung und Ohnmachtsbewaumlltigung verloren Im hochsaumlkularisierten Milieu unserer Ge-sellschaft ist fuumlr viele Menschen das schiere Aufgehen in den Aufgaben des Alltags im Konsum oder im Genuszlig der Freizeit- und Unterhaltungsangebote an die Stelle bdquoreligioumlser Fragen getreten Solange die Arbeitskraft ausreicht be-stimmen oft bdquoSinnvermeidungsstrategien das Leben Wenn es persoumlnliche Pro-bleme gibt steht inzwischen eine Fuumllle von alternativen Beratungsangeboten zur Verfuumlgung die auf einem weitgehend saumlkularen Lebenskonzept beruhen Besonders die deutsche Wiedervereini-gung hat noch einmal einen neuen bdquoSauml-kularisierungsschub gebracht Waumlh-rend in der DDR den Menschen Christ-lichkeit und Religion bdquogruumlndlich ausge-trieben (Neubert) wurde vollzog sich in den westlichen Laumlndern ein schlei-chender Prozeszlig der Veraumlnderung von Religion die mehr und mehr bdquounsicht-bar (Luckmann) wurde oder sich zu bdquoverteilen (su Ebertz) begann Das re-

ligioumlse Wissen tendiert bei der Masse der Bevoumllkerung hier wie dort immer mehr auf Null der christliche Glaube wird selbst zu einer bdquoGeheimlehre wenn Schuumller nicht mehr wissen ob Maria eine Schwester eine Tante oder die Mut-ter Jesu war Gleichwohl sind sich die meisten Sozio-logen und Theologen einig daszlig die Ge-sellschaft nicht auf die totale Saumlkularisie-rung und Religionslosigkeit zugeht son-dern daszlig hier ein Ineinander gegenlaumlufi-ger Prozesse vorliegt Auszligerdem werden viele religioumlse Beduumlrfnisse in der moder-nen Gesellschaft als solche gar nicht (mehr) erkannt Die amerikanischen Re-ligionssoziologen Stark und Bainbridge sprechen von der Saumlkularisierung als ei-nem sich selbst begrenzenden Prozeszlig der gleichzeitig auch neue religioumlse Phauml-nomene hervorbringt (1985 S448 uouml) Damit ist gemeint bdquoReligioumlse Fragen werden wieder interessant wo nichts mehr da ist an traditionellem religioumlsem Wissen Allerdings ist dies bei vielen Menschen mit einer Veraumlnderung des-sen was bdquoReligion genannt wird ver-bunden auch wenn es in einer vom sauml-kularen Zeitgeist beherrschten Welt viel echtes religioumlses Suchen eine religioumlse Sehnsucht nach Transzendenz gibt Im Kontext dieser religioumlsen Veraumlnde-rungsprozesse taucht seit den 80er Jah-ren verstaumlrkt auch das Stichwort bdquoEsote-rik auf Ob es sich bei dem damit Be-zeichneten nur um eine Mode oder um

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einen Teil eines echten religioumlsen Su-chens handelt ist angesichts der unuumlber-schaubaren Vielfalt der Phaumlnomene um-stritten bdquoEsoterik hat sich eingenistet in fast jeder Buchhandlung in Fernseh- Kino- und Theaterproduktionen in der Unterhaltungsmusik und selbst in der kirchlichen Erwachsenenbildung Vor al-lem auch der Ernaumlhrungs- und Gesund-heitssektor sind voller bdquoEsoterik - bis hin zum garantiert nur in Vollmond-naumlchten gebrauten bdquoVollmond-Bier Dabei breiten sich insbesondere auch fernoumlstliche Heilungspraktiken wie bdquoReiki oder bdquoFeng Shui-Vorstellungen aus der traditionellen chinesischen Geo-mantie in der Esoterik-Szene und sogar in Volkshochschulprogrammen aus und Anhaumlnger exotischer Kulte tummeln sich auch auf bdquoEsoterik-Messen 18 Milliar-den DM soll der Umsatz It bdquoFocus 1996 in der bdquoEsoterik-Branche betragen haben (141996 S 200) In dieser Zahl sind vermutlich nicht einmal die Um-saumltze aller mit esoterischem Gedanken-gut gekoppelten Wirtschaftszweige voll-staumlndig enthalten So werden zB It bdquoGoetheanum (571998 S 404) welt-weit etwa 500 Millionen DM Umsatz al-lein mit dem bdquoDemeter-Warenzeichen getaumltigt also dem Markenzeichen des auf den esoterischen Grundlagen von Steiners Anthroposophie beruhenden biologisch-dynamischen Landbaus Kein Wunder daszlig auch die Werbung inzwi-schen die Esoterik fuumlr sich entdeckt hat (vgl bdquoEsotera 21998 S 16ff) Auf dem Internet befanden sich 1997 bereits uumlber 100000 verschiedene Dokumente zu Esoterik Okkultismus New Age und Sa-tanismus (Kaiser 1997 S 12) Viele die-ser esoterischen Angebote werden kon-sumiert ohne eine tiefergehende Refle-xion uumlber das worauf man sich da ein-laumlszligt bzw worum es sich bei dem Stich-wort bdquoEsoterik eigentlich handelt

Esoterik - was bedeutet das eigentlich

Es gibt zwei Bedeutungsvarianten - je nachdem ob man vom Adjektiv bdquoesote-risch oder vom Substantiv bdquoEsoterik ausgeht Das Adjektiv bdquoesoterisch leitet sich ab vom griechischen bdquoesoumlterikoumls was so-viel wie bdquozum inneren Kreis gehoumlrig be-deutet (vgl Cancik Bochinger Resch 1994 S 73) Es wurde bereits in der An-tike verwendet fuumlr nur einem bdquoinneren (griech bdquoesoumlteros = bdquoinnerer) Kreis zu-gaumlngliche Lehren (allerdings weniger bdquoesoterischer Art im heutigen Sinn son-dern ganz allgemein fuumlr den nicht fuumlr die Oumlffentlichkeit vorgesehenen Teil be-stimmter Philosophenschulen) Etwas willkuumlrlich leiten heutige Interpreten der vom Wortsinn des Adjektivs (bdquoinnen bdquoinnerlich) ausgehenden Bedeutungs-variante daraus oft ein Verstaumlndnis von Esoterik im Sinne von bdquoinneren Wegen spiritueller Erfahrung ab das Adjektiv verweist jedoch keineswegs auf romanti-sche bdquoInnerlichkeit sondern auf die Geheimhaltung von bdquoLehren Im Unterschied zu dem bereits in der Antike belegten Adjektiv bdquoesoterisch (zuerst im 3 Jh n Chr bei Lukian vgl Cancik 1990) ist das davon abgeleitete Substantiv bdquoEsoterik ziemlich junger Herkunft und bezeichnet urspruumlnglich dasselbe wie das zur gleichen Zeit -Ende des 19 Jahrhunderts - aufkom-mende Wort bdquoOkkultismus Es ist naumlm-lich ein Sammelbegriff fuumlr die verschie-denen uumlberlieferten okkulten und magi-schen Praktiken und Anschauungen -von Astrologie und Alchemie uumlber Ma-gie und Mantik bis zu Hexentum Rosen-kreuzertum und Theosophie Der Fran-zose Eliphas Levi (1810-1875 kabbali-stisches Pseudonym von Alphonse Louis Constant) der auch den Begriff bdquoOkkul-tismus (occultisme) praumlgte verwendete

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um 1870 vermutlich auch als erster das Substantiv bdquoEsoterik (esoterisme) in die-sem Sinn (Levi hat bdquolesoterisme moumlgli-cherweise aus Jaques Matters bdquoGe-schichte des Gnostizismus [1828] uumlber-nommen vgl Hanegraaff 1996 S385f) Er begruumlndete damit zugleich eine neue Phase in der Begriffsgeschichte von bdquoesoterischbdquoEsoterik 1883 begegnet das Substantiv bdquooccultism auch in eng-lischer Form bei dem Theosophen Sin-nett und von da an breiten sich beide Substantive - bdquoEsoterik und bdquoOkkultis-mus - vor allem uumlber die anglo-indi-sche Theosophie weiter aus Helena Bla-vatsky gruumlndete eine bdquoEsoterische Schule und auch der 3 Band ihrer bdquoGeheimlehre traumlgt die Uumlberschrift bdquoEsoterik Daszlig man fuumlr die vielfaumlltigen Okkult-Praktiken und Geheimlehren der Ver-gangenheit solche Sammelbegriffe wie bdquoEsoterik und bdquoOkkultismus praumlgte zeigt bereits eine gewisse Ideologisie-rung (wie jeder -ismus) an vor allem aber ist es Ausdruck der Tatsache daszlig man hinter den Erze-Praktiken der ma-gisch-okkulten Tradition eine einheitli-che Weltanschauung vermutete und da-mit die verschiedenen bdquoesoterischen Praktiken unter dem Gesichtspunkt einer ihnen gemeinsamen Frontstellung als bdquoalternative Theorie oder Weltanschau-ung zum jetzt als dichotomisch empfun-denen modernen Weltbild der Naturwis-senschaft und der bdquoEntzauberung der modernen Welt uumlberhaupt wahrnahm Seit Levi und Blavatsky ist man es ge-wohnt diese okkulte bzw esoterische Weltanschauung dem modernen ab-strakten rationalen Denken als bdquoganz-heitliches Denken als bdquoUr-Weisheit der Menschheit entgegenzusetzen - ge-wissermaszligen als bdquoAlternative oder bdquoDritter Weg sowohl gegenuumlber der modernen Wissenschaft als auch gegen-

uumlber der traditionellen christlichen Reli-gion (vgl den daran orientierten Aufbau von Blavatskys Hauptwerk bdquoIsis ent-schleiert 1877) Damit etablierte sich im 19 Jahrhundert als zweite groszlige Gegenstroumlmung gegen die Aufklaumlrung neben der Romantik die moderne Esoterik bzw der moderne Ok-kultismus Das bdquoalte Wissen der Esote-rik wird im Spiegel der bdquogroszligen The-men der modernen saumlkularen Welt seit der Aufklaumlrung - Wissenschaft Evolu-tion Psychologie - neu reflektiert und damit ein bdquoalternatives esoterisches Verstaumlndnis dieser groszligen Themen be-gruumlndet (Hanegraaff 1996 S 51 7f) Auf der Basis solcher Uumlberlegungen entstan-den in den letzten 100 Jahren eine Reihe bis heute existierender esoterischer Welta nscha u u ngsgemeinscha ften w i e die sich als bdquoOrden bdquoLogen bdquoEsoteri-sche Schulen bdquoGesellschaften usw or-ganisierenden Theosophen- Anthropo-sophen- Rosenkreuzer- und Templer-gruppen die sich nicht nur nach innen elitaumlr-hierarchisch abschlieszligen sondern auch bdquoexoterisch haumlufig ein beachtens-wertes Schrifttum hervorbrachten und z T eigene Verlage Bildungseinrichtun-gen usw gruumlndeten Uumlber diesen relativ kleinen Kreis von freien und organisierten Esoterikern hin-aus hat sich der Begriff bdquoEsoterik aber erst 100 Jahre spaumlter in den beiden letz-ten Jahrzehnten ausgebreitet als Inbegriff eines bdquoMarktes verschiedenster bdquoesote-rischer Angebote Damit ist zugleich eine dritte Phase in der Begriffsge-schichte seit der Antike bzw seit E Levi erreicht bdquoEsoterik wird jetzt vielfach zur reinen Worthuumllse fuumlr eine plumpe Ideologie der Selbstbehauptung und des Subjektivismus die oft selbst die Verbin-dung zu den bdquoKlassikern der modernen Esoterik wie Blavatsky oder Steiner leug-net Auch die esoterische Uumlberlieferung

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ereilt in den letzten Jahrzehnten das Schicksal aller religioumlsen und geistigen Uumlberlieferungen auf dem bdquoSupermarkt der Wahrheiten im Zeitalter der Globa-lisierung des Kapitalismus ihre bdquoDisper-sion (s u) und bdquoVerduumlnnung Der Tendenz des bdquoAnything goes ent-sprechend werden auch die beiden Be-deutungsvarianten von bdquoesoterisch und bdquoEsoterik recht wil lkuumlrl ich verwendet je nach subjektivem Belieben Die am Wortsinn des Adjektivs (bdquoinnen bdquoinner-lich) orientierte Begriffsvariante im Sinne von Esoterik als bdquoinneren Wegen spiritueller Erfahrung vertreten vor allem mit der Jung-Schule sympathisierende Autoren So versteht etwa Georg Schmid unter bdquoEsoterik die Liebe zum uumlberall verborgenen inneren Geheimnis alles Wirklichen oder zur Innenseite aller Dinge (vgl 1992 S 55) Dementspre-chend versucht man hier die genuine Be-ziehung zum Begriff bdquoOkkultismus weit-gehend zu bestreiten und zwischen bdquoneuer und bdquoklassischer Esoterik staumlrker zu unterscheiden Demgegenuumlber orien-tiert sich der Esoteriker Hans-Dieter Leu-enberger staumlrker an der auf Levi zuruumlck-gehenden Begriffsvariante indem er bdquoEsoterik als bdquodas Wissen um eine Ener-gie die in allem vorhanden ist definiert (1989 S 22) dh als Aumlquivalent zum modernen monistischen Okkultismus Im allgemeinen definiert sich Esoterik aber nicht selbst und wenn sich nie-mand an eine bestimmte Definition haumllt sondern jeweils nur die bdquoeigene Erfah-rung als houmlchstes Kriterium gelten laumlszligt wird Esoterik zur reinen Worthuumllse fuumlr den eigenen Subjektivismus und Eklekti-zismus Diesen Subjektivismus vieler Anhaumlnger der Esoterik die die bdquoeigene Erfahrung absolut setzen ihr bdquosubjekti-ves Erleben als alleiniges bdquoWahrheits-kriterium gelten lassen und sich damit weigern sich irgendeiner Beschreibung

von bdquoEsoterik zuordnen zu lassen so daszlig sie fuumlr Kritik scheinbar unangreifbar werden charakterisiert treffend E Rung-galdier bdquoEs ist so weil ich es so erfahre oder erfahren habe Eine derartige Haltung vereitelt verstaumlndlicherweise den Diskurs als Mittel der Wahrheitssu-che (1996 S 27) bdquoEsoterik in diesem Sinn ist damit auch Symptom einer ge-wissen Schizophrenie (S 193) indem der einzelne sich gegenseitig Ausschlie-szligendes einfach kompiliert und die ver-schiedensten Rituale praktiziert waumlh-rend er im Alltag nach ganz anderen Prinzipien lebt und handelt

Esoterik und die bdquoEsoterik-Welle

Mit der Popularisierung der Esoterik in den letzten Jahrzehnten im Rahmen der sog bdquoEsoterik-Welle ergibt sich der pa-radoxe Vorgang daszlig ein elitaumlres Wissen um nicht allgemein zugaumlngliche Welt-hintergruumlnde oumlffentlich gemacht wird fuumlr die breite Masse frei zugaumlnglich sowie kommerzialisiert und marktfoumlrmig wird Das Spektrum des zur bdquoEsoterik Ge-rechneten erweitert sich erheblich und zu den bdquoEsoterik-Angeboten in Buch-handlungen oder auf Esoterik-Messen gehoumlren jetzt zB auch Literatur uumlber Schamanismus und fernoumlstliche Hei-lungspraktiken Feuerlauf-Seminare oder Flugreisen zu magischen bdquoKraftplaumltzen in Aumlgypten Suumldamerika oder Australien Als Teil der modernen bdquoErlebnisgesell-schaft wurde Esoterik auf diese Weise inzwischen zu einem beachtlichen Ge-schaumlftszweig auch in Deutschland Insbesondere in Verbindung mit diesen Tendenzen der Vermarktung und des bdquoEvent- oder Erlebnishaften hat Esoterik damit aber nur Teil an allgemeinen reli-gioumlsen Wandlungsprozessen die von Religionssoziologen vielfach beschrie-ben wurden und die man vorsichtig

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auch als bdquoneue Religiositaumlt bezeichnet Nach den amerikanischen Religionsso-ziologen Stark und Bainbridge (S 26ff) kann man drei charakteristische Erschei-nungsformen - genauer- drei Stufen der Organisiertheit - bdquoneuer Religiositaumlt in der Gesellschaft unterscheiden was ins-besondere auch auf die Esoterik zutrifft naumlmlich als bdquoaudience cult als bdquodient cult und als bdquocult movement was man etwa mit bdquoPublikum bdquoKundschaft und bdquoneue religioumlse Bewegung wiedergeben koumlnnte Dazu einige Beispiele bull Ein typisches Beispiel fuumlr die Katego-rie des bdquoPublikums-Kults ist das als bdquoEsoterik-Unterhaltungsspiel zur TIME-LIFE-Buchreihe bdquoDie Geheimnisse des Unbekannten konzipierte Spiel bdquoMysti-sche Reise zur 6 Dimension Das ist ein Gesellschaftsspiel durch das man ei-nen betraumlchtlichen Teil des esoterischen Weltbilds kennenlernen kann und sozu-sagen spielerisch in die Esoterik einge-weiht selbst zum bdquoMagier wird Statt also wie beim bdquoMonopoly moumlglichst schnell reich zu werden hat derjenige gewonnen der zuerst bdquodie (geistige) Ver-vollkommnung erreicht Wer dieses Spiel spielt reiht sich in die zahlen-maumlszligig wohl umfassendste Erscheinungs-form heutiger Esoterik ein - das was Stark und Bainbridge einen bdquoaudience cult nennen ein riesiges bdquoPublikum von Konsumenten die die gleichen Buumlcher lesen die gleichen Fernsehsen-dungen und Videos betrachten und die gleichen Fantasy-Spiele spielen Bern-hard Grom bezeichnet diese Erschei-nungsform heutiger Esoterik auch als bdquoGebrauchs-Esoterik (1986) bull Mit einer weiteren Dimension heuti-ger Esoterik bekommt man es zu tun wenn man seine eigenen bdquovier Waumlnde verlaumlszligt und sich in einem esoterischen bdquoWorkshop anmeldet oder von einem Reinkarnationstherapeuten wie Thor-

wald Dethlefsen beraten dh in fruumlhere Erdenleben bdquozuruumlckfuumlhren laumlszligt Da dies alles viel Geld kostet kommt ein Kund-schaftsverhaumlltnis zu dem Veranstalter ein bdquod ient cult zustande und so kann man sich diesen Bereich esoterischer Angebote als einen riesigen bdquoMarkt des Uumlbersinnlichen vorstellen Sog bdquoEsote-rik-Messen mit vielen hundert Besu-chern werden seit Jahren in unseren Groszligstaumldten veranstaltet - Auf der Esoterik-Messe bdquoAura anlaumlszlig-lich der bdquoBasler Psi Tage 1997 auf dem Basler Messegelaumlnde wurde zB ein breites Angebot an exotischen bdquoGesund-heitsprodukten vorgestellt - von in-dianischen Edelsteinen uumlber Pyramiden aus Draht Blech oder Holz (64- bis 380- sfr) bis zu Auraschutzmedaillons (168- sfr) oder Amuletten aus bdquoFeng Shui Energie (in Gold 300- sfr) Ein fuumlr 170- sfr angebotenes bdquoKinesiometer soll mit Hilfe von bdquoarchetypischen Ur-informationen in den Zellen aus terre-strischen und kosmischen Energien an-zeigen ob ein Nahrungsmittel oder ein Gedanke gut oder schlecht auf den Be-nutzer wirkt - Wahrsager Kartenleger und bdquoAura-Vi-sionsberater boten in kleinen Kabinen ihre bdquoKuumlnste fuumlr bis zu 300- sfr an - Aber auch Sekten und religioumlse Kulte traten hier in Erscheinung Auf dem Stand der bdquoSahaja Yoga -Gruppe wurde unentwegt vor dem Bild Shri Mataji Nir-mala Devis zwecks Weckung der bdquoKun-dali ni-Energie meditiert Hare-Krishna-Anhaumlnger verabreichten dem flanieren-den Messe-Publikum vegetarische Kost Der Bruno-Groumlning-Freundeskreis warb fuumlr den beruumlhmten bdquoWunderheiler und Anhaumlnger des bdquoMetharia-Vereins aus Eckernfoumlrde versprachen Kontakte zu bdquoauszligerirdischen Santinern bull Waumlhrend es beim bdquoEsoterik-Publi-kum und bei der bdquoEsoterik-Klientel we-

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der eine feste Mitgliedschaft noch eine dauerhafte Festlegung auf ein definiertes Glaubenssystem oder eine religioumlse Fuumlh-rergestalt gibt ist dies bei den organi-sierten Weltanschauungsgemeinschaften der Fall Neben den verschiedenen Ab-spaltungen von der bdquoTheosophischen Gesellschaft Helena Blavatskys aus der 1913 auch Rudolf Steiners bdquoAnthroposo-phie hervorging sind bei uns vor allem spiritistische und sog Neuoffenbarungs-gruppen aktiv in denen bdquoMedien oder bdquoSprechwerkzeuge Gottes Kundgaben geistiger Wesenheiten aus dem Jenseits aber auch von bdquoGott-Vater oder bdquoJesus Christus an ihre Anhaumlnger weitergeben In Brasilien und anderen Laumlndern der bdquoDritten Welt umfassen solche esoteri-sche bdquoneue Religionen oft Gemein-schaften mit vielen Millionen Mitglie-dern Da diese bdquocult movements Heils-Versprechungen in Form eines umfassen-den esoterischen bdquoWissens bdquoGnosis und bdquoSinnorientierung durch zT ge-waltige Gedankensysteme bieten spricht man hier auch von bdquoSystem-Esoterik Man hat es wenn man diese Erschei-nungsformen heutiger Esoterik zusam-menfassend uumlberblickt also mit zwei verschiedenen Ebenen zu tun - der Ebene des sog bdquoEsoterik-Marktes mit einer unuumlberschaubaren Zahl von Anbietern von Kursen Seminaren Buumlchern und sonstigen Waren (zB Amuletten Kristallen Duftstoffen Flug-reisen usw) - der Ebene der organisierten Weltan-schauungsgruppen Nur im Blick auf die erste Ebene kann man eigentlich von einer bdquoEsoterik-Welle oder einem bdquoEsoterik-Boom sprechen Waumlhrend die zT noch im 19 Jahrhundert entstandenen organisier-ten Gruppen nur ein relativ geringes Wachstum oder Stagnation verzeichnen ergibt sich die Dynamik des bdquoEsoterik-

Booms vor allem aus den freien esoteri-schen Angeboten Dies haumlngt mit bestimmten Entwicklun-gen in unserer Gesellschaft zusammen Im Unterschied zur Tradition der Esote-rik selbst und ihren antiken und mittelal-terlichen Wurzeln in Gnosis Hermetik und Kabbala ist der heutige bdquoEsoterik-Boom ein Phaumlnomen des saumlkularen Zeitgeistes Deshalb zeigt sich in der sog bdquoEsoterik-Welle die moderne Eso-terik vorwiegend von ihrer banalen Seite - zum Entsetzen vieler Esoteriker die sich deshalb uumlber ihre fragwuumlrdige Po-pularisierung nicht so ungeteilt freuen koumlnnen

Der bdquoesoterische Ansatz

Dabei koumlnnen sie sich auf einen durch-aus respektablen religioumls-weltanschauli-chen Ansatz beziehen wie er vor allem den Lehren und Praktiken vieler organi-sierter Weltanschauungsgruppen der Esoterik zugrundeliegt und zT in bana-lisierter Form in den bdquoVersatzstuumlcken der kommerziellen Anbieter wieder-kehrt Esoterik - das ist doch die Weltreligion der Zukunft meinte eine Dame waumlhrend eines Gespraumlchsabends mit kirchlichen Mitarbeiterinnen in einer Berliner Kir-chengemeinde Abgesehen von dem da-mit verbundenen Versuch sich mit die-sem Bekenntnis gegenuumlber jeder Kritik zu immunisieren steckt hinter dieser Meinung der richtige Eindruck daszlig die moderne Esoterik seit Helena Blavatsky eine Art bdquointerreligioumlse Bewegung zur Vereinheitlichung der Menschheit und der Religionen ist wie es die bdquoTheoso-phische Gesellschaft in ihren Zielen ausdruumlcklich formuliert (Bildung einer bdquouniversellen Bruderschaft der Mensch-heit) Hinter dem Interesse an den nicht banalisierten Erscheinungsformen der

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Esoterik scheint bei vielen Menschen vor allem das Beduumlrfnis nach Bewaumlltigung des religioumlsen Pluralismus und anderen Globalisierungsphaumlnomenen unserer Zeit zu stehen Der einzelne sieht sich einer Religionsvielfalt gegenuumlber aus der er auswaumlhlen muszlig (P L Berger) Die un-uumlberschaubare Vielfalt der Weltanschau-ungen tritt aber dabei in eine Spannung zu dem spirituellen Beduumlrfnis nach Ver-einheitlichung und Harmonie Von dieser Sehnsucht vieler Menschen profitiert heute die Esoterik Vor allem die bdquoSystem-Esoterik verschiedener Grup-pen wie der Anthroposophie oder ein-zelner Autoren wie Dethlefsen oder Dahlke ist gegenwaumlrtig einer der in der Oumlffentlichkeit bis ins bdquoBildungsbuumlrger-tum hinein einfluszligreichsten Versuche einer Bewaumlltigung des religioumlsen Plura-lismus durch eine religioumls-weltanschau-liche Vereinheitlichung - darin mit dem Fundamentalismus als Versuch einer bdquoverbindlichen Loumlsung aller gesell-schaftlichen Fragen von einem religiouml-sen Fundament aus durchaus konkurrie-rend Auch esoterische Gruppen koumlnnen den einzelnen trotz aller bdquoDogmenkri-tik ebenso mit Vorschriften hinsichtlich seiner Lebensfuumlhrung vereinnahmen vom Fernseh-Verbot bis zum Vegetarismus oder bdquolichtdurchlaumlssiger Kleidung Vertreter der bdquoneuen esoterischen Reli-giositaumlt bekraumlftigen dabei immer wie-der es sei eigentlich nicht so wichtig wo einer den bdquospirituellen Weg betritt denn alle Religionen und Traditionen seien recht verstanden nur Ausdruck der einen allumfassenden Wahrheit- in jeder von ihnen sei der bdquowahre Kern der esoterischen Weisheit enthalten Man kann dies als den bdquoesoterischen An-satz bezeichnen denn eben diese Sichtweise ist der Kern und das innerste Motiv der modernen Esoterik seit der Gruumlndung der bdquoTheosophischen Gesell-

schaft 1875 als einer Art bdquointerreligioumlser Bewegung Er besagt daszlig angeblich al-len Weltreligionen eine gemeinsame aber geheime esoterische bdquoWeisheits-lehre oder bdquoUr-Weisheit zugrunde-liegt Die verschiedenen religioumlsen Tra-ditionen seien nur historisch beschraumlnk-te Auspraumlgungen davon In der heute wohl bei uns verbreitetsten Einfuumlhrung in die Esoterik - Thorwald Dethlefsens Bestseller bdquoSchicksal als Chance - wird die bdquoheilige Lehre der Esoterik in diesem Sinne z B als bdquodas Urwissen zur Vollkommenheit des Men-schen (so der Untertitel) bezeichnet es handele sich um eine Lehre die jenseits aller begrenzten Formen der Religionen die bdquozeitunabhaumlngige der Menschheit jemals zugaumlngliche bdquoSumme des Wis-sens uumlber das Universum darstelle Eso-teriker glauben daszlig diese unspruumlngliche bdquoWeisheitsreligion durch moderne Wis-senschaft und christliche Kirchen ent-stellt oder vergessen wurde aber durch bdquogeheime Uumlberlieferungen und bdquoEinge-weihte die Zeiten uumlberdauern konnte -Gedanken auf denen heute eine un-uumlberschaubar gewordene esoterische bdquoVerschwoumlrungsliteratur aufbaut Aber nicht nur einzelne Autoren auch zahlreiche esoterische Weltanschau-ungsgemeinschaften verfolgen dieses Ziel einer Vereinheitlichung unter esote-rischem Vorzeichen Der Begruumlnder der Anthroposophie Rudolf Steiner meinte zB bdquodaszlig aus der anthroposophischen Stimmung das volle Verstaumlndnis des Wahrheitskerns aller Religionen folgen wi rd (GA 148133) Schon 1904 als Generalsekretaumlr der deutschen Sektion der bdquoTheosophischen Gesellschaft aumluszligerte er in einem Vortrag daszlig bdquodie theosophische Anschauung im Grun-de genommen kein Bekenntnis aus-schlieszligt alle aber einschlieszligt Alle bdquogroszligen Weisheitslehrer so meinte er

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im Sinne dieses esoterischen inklusivi-stischen Synkretismus - bdquoder aumlgyptische Hermes die alten indischen Rishis Za-rathustra die chinesischen Weisheits-lehrer Laotse und Konfuzius die Einge-weihten der alten Juden ferner Pythago-ras und Plato und endlich die Lehrer des Christentums selbst - haumltten die allge-meine esoterische bdquoWeisheitslehre ver-treten Heute sehen besonders New Age-Vertre-ter in der Akzeptanz dieses esoterischen Inklusivismus das Heraufkommen einer groumlszligeren alle Religionen umfassenden bdquoOumlkumene des Wassermann-Zeitalters hinter der die bdquokleine Oumlkumene der Kir-chen hoffnungslos zuruumlckbleibe Im groszligen Stil wurde dieser bdquoesoterische Ansatz erstmals in der 1875 von Helena Blavatsky und anderen gegruumln-deten bdquo Theosophischen Gesellschaft durchgefuumlhrt Die moderne Theosophie beansprucht nach dem deutschen Theo-sophen Hermann Rudolph bdquodas einzig Wesentliche und Gemeinsame aller Re-ligionen zu ihrer Grundlage zu haben bdquoLiebe das goumlttliche Selbst in dir und in allem lautet die Forderung aller wahren Religion Geistig aufgefaszligt sind und wol -len alle Religionen dasselbe Sie ent-springen saumlmtlich einer Quelle (Theo-sophie Bd I Leipzig 21916 S 34f) Bezuumlglich der Inhalte dieser angeblich allen Religionen zugrundeliegenden esoterischen bdquoUr-Weisheit stoumlszligt man in der Literatur im wesentlichen auf drei Grundvora ussetzungen - einen weltanschaulichen Monismus - einen paumldagogischen Evolutionismus und - eine fuumlr die Gnosis typische Erkennt-nis- und Erloumlsungslehre im Sinne von Selbsterkenntnis als bdquoErloumlsung Das monistische Element kommt in der heutigen Esoterik vor allem in der weit verbreiteten Vorstellung zum Ausdruck

daszlig der ganze Kosmos durchstroumlmt ist von einer einheitlichen universellen bdquoLebensenergie die man mit Begriffen aus ganz unterschiedlichen Traditionen bezeichnet wie bdquoPrana bdquoChi bdquoOd-Kraft bdquoHeilkraft oder bdquoBioenergie Der paumldagogische Evolutionismus der modernen Esoterik ist nichts anderes als eine esoterische Umformung des moder-nen Fortschrittsglaubens ein bdquomysti-scher Utopismus wonach durch bdquoErzie-hung allmaumlhlich ein paradiesischer Zu-stand der vollstaumlndigen Vergeistigung al-les Materiellen herstellbar sei Die mei-sten esoterischen Anbieter versprechen dem heutigen Menschen eine Art bdquoEvo-lutionsfoumlrderung durch ihre Schulun-gen und Kurse daszlig sie sich auf dem Wege der Selbsterkenntnis selbst ver-vollkommnen und damit selbst erloumlsen koumlnnen Das ganze Leben in der Welt ist eine bdquoSchule in die wir immer wieder zuruumlck muumlssen mittels Re-Inkarnation bis wir unser bdquoPensum gelernt haben und uns fuumlr das Dasein in houmlheren gei-stigen Sphaumlren qualifiziert haben Aber es gibt auch fruumlhere Menschen die die-sen Weg bereits absolviert haben bdquoEin-geweihte und goumlttliche Wesenheiten von denen die jetzigen Menschen bdquoge-schult werden und an deren Spitze die in der Theosophie als bdquoGroszlige Weiszlige Bruderschaft bezeichnete houmlchste gei-stige Hierarchie unserer Welt steht Die dritte inhaltliche Grundvoraus-setzung der heutigen Esoterik laumluft auf eine esoterische Umformung moder-ner Selbstverwirklichungs-Escha tologien hinaus bdquoErinnere dich daszlig du ein Gott bist In jedem Menschen so die gnosti-sche Grundannahme seit Blavatskys bdquoTheosophie ist ein bdquogeistig-goumlttlicher Funke ja nach Blavatsky ist dieser bdquo in-nere Mensch uumlberhaupt bdquoder einzige Gott von dem wir irgendeine Kenntnis erlangen koumlnnen (bdquoDer Schluumlssel zur

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Theosophie 1889) Die heutige Esote-rik-Literatur ist voll von diesem Gedan-ken und banalisiert ihn schier endlos nach dem Motto der amerikanischen Filmschauspielerin Shirley MacLaine bdquoGott ist in jedem einzelnen von uns Gott traumlgt man in sich Jeder ist sein eigener Guru (vgl MD 1988 S 179)

Esoterik und die bdquoErlebnisgesellschaft

Daszlig solche bdquoWeisheiten heute immer oumlfter von Filmschauspielern Kuumlnstlern oder Sportlern usw verbreitet werden weist auf eine betraumlchtliche bdquoDisper-sion des Religioumlsen in der modernen Gesellschaft hin das laumlngst nicht mehr von den Vertretern der traditionellen religioumlsen Institutionen monopolisiert wird Man hat unsere Gesellschaft auch als moderne bdquoErlebnisgesellschaft cha-rakterisiert (Schulze) denn Umfragen haben ergeben daszlig bei den meisten Menschen der bdquoErlebniswert das ent-scheidende Motiv bei der Wahl einer bestimmten Sache eines Konsumarti-kels einer Fernsehsendung - aber auch beim Treffen von bdquoLebensentscheidun-gen und in bdquoreligioumlsen Fragen ist Auf-grund der bdquoErlebnisorientierung vieler Menschen expandiert der Erlebnis- und Unterhaltungs-Markt immer mehr in Be-reiche die fruumlher bdquoerlebnisneutral wa-ren - wie Arbeit Bildung und Politik Eine Auto- oder Bahnfahrt soll nicht nur schnell voran bringen sondern auch ein bdquoErlebnis sein wie die Werbung ver-heiszligt Auch auf religioumlsem Gebiet waumlhlt der Mensch mehr und mehr das aus was bei ihm - moumlglichst kurzfristig - zu einer in-neren Befriedigung fuumlhrt - und genau auf dieses Beduumlrfnis sind viele esoteri-sche Angebote mit religioumlsem Anspruch zugeschnitten Viele verstehen daher unter bdquoEsoterik heute einfach daszlig jeder

seinen eigenen religioumlsen Weg geht bdquoEsoterik wird damit zur reinen Wort-huumllse fuumlr den eigenen Individualismus der sich nicht kuumlmmert um das was an-dere oder was die Kirche sagt sondern nur noch fragt bdquoWas hilft mirV Man hat dies auch als bdquomoderne Cock-tail- oder Patchwork-Religiositaumlt be-zeichnet Dem flickenteppichhaften An-gebot entspricht auf der Seite der bdquoVer-braucher oder bdquoKonsumenten eine entsprechende Individualisierung ein Subjektivismus und ein Eklektizismus Was zaumlhlt bei der Auswahl ist letztlich der persoumlnliche Geschmack die bdquoeigene Erfahrung oder der bdquoErlebniswert Damit haumlngt auch die Schwierigkeit zu-sammen allgemeinguumlltig zu definieren was heute alles unter bdquoEsoterik verstan-den wird Das Wort wird zum bdquoContai-ner-Begriff zum Inbegriff der weltan-schaulichen Individualisierung und Plu-ralisierung schlechthin oder zum Aus-druck fuumlr den Trend bdquoIch suche mir meine eigene Religion Ein Esoterik-Or-gan brachte dies einmal auf houmlchst be-zeichnende Weise zum Ausdruck bdquoEs ist wunderbar daszlig es endlich wieder die Vielfalt der Moumlglichkeiten gibt Daszlig es christliche Kirchen Zenmeditation Ta-rot Astrologie I-Ging daszlig es Wunder-heiler Geistheiler Heilpraktiker Aumlrzte Psychotherapeuten und alternative The-rapeuten gibt Es ist das Recht jedes Menschen sein Heil auf seine ganz indi-viduelle Art zu suchen und zu finden (vgl MD 1997 S 198)

Esoterik und die Dispersion des Religioumlsen

Daszlig der gesellschaftliche Prozeszlig ziel-strebig auf eine totale bdquoSaumlkularisierung und bdquoReligionslosigkeit zugehe wird -wie bereits oben festgestellt - in dieser Einseitigkeit heute unter Soziologen und

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Theologen kaum noch vertreten Man geht vielmehr von einem Neben- und Ineinander divergierender Tendenzen von Saumlkularisierung und (Re-)Sakralisie-rung bzw (Re-)Mythologisierung aus Gleichzeitig bedeutet diese Entwicklung aber aus der Sicht der traditionellen reli-gioumlsen Institutionen eine bdquoVerduumlnnung und bdquoDispersion (Verteilung) von Reli-gion Damit ist das Entstehen einer bdquoamorphen Weltanschauung gemeint die weder religioumls noch atheistisch im uumlberlieferten Sinn ist eine Art bdquoideologi-scher Nebel (Asendorf) dessen Hinter-grund meist eine diffuse monistische Weltsicht ist Dieser Vorgang scheint sich auch in anderen Gesellschaften zu wiederholen zum Beispiel im postkom-munistischen Ruszligland wo die Zahl der bdquoneureligioumls Glaumlubigen (im Sinne die-ser amorphen religioumlsen Weltsicht) waumlchst Auch bei uns ist bdquoEsoterik haumlu-fig nur der Inbegriff dieses diffusen bdquoreli-gioumlsen Lebensgefuumlhls und sowohl Aus-druck dieser neureligioumlsen Tendenzen als auch ein ihre Ausbreitung mit am staumlrksten foumlrderndes Mittel Der Freiburger Religionssoziologe Mi-chael N Ebertz hat diese Veraumlnderungen auf die Formel von der bdquoDispersion des Religioumlsen gebracht bdquoDie wachsende Dispersion des Religioumlsen also seine Verteilung auf ganz unterschiedliche Orte Anbieter und Sozialformen scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein (1997 S 111) Funktionen von Re-ligion werden immer haumlufiger von nicht-kirchlichen Bereichen der Gesellschaft und ihren Agenten uumlbernommen - von Therapien Kunst Kultur Konsum Sport uam bdquoEs scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein daszlig Religioumlses - Weltorien-tierung Handlungsformierung und Ohn-machtsbewaumlltigung - auch dort zu ha-ben ist wo kein Schild Religion hier zu haben steht inzwischen sogar auf dem

oumlkonomischen Markt Sichtbare Konse-quenz dieses Dispersionsprozesses ist nach Ebertz bdquoIndem Lebensberater So-zialarbeiter Aumlrzte Lehrer fuumlr Gymnastik Ausdruckstanz und fernoumlstliche Sportar-ten Psychologen und Psychotherapeu-ten Fernsehstars und -Produzenten so-wie Kuumlnstler mit dem geistlichen Amts-traumlger alten Schlags in Konkurrenz tre-ten tragen sie zur Entgrenzungdes reli-gioumlsen Feldes bei und daruumlber zu einer -zumindest partiellen - Entdifferenzie-rung der Lebensbereiche Im Effekt kann dann jede(r) nicht nur eine Sekte sein sondern auch ein Theologe und Prie-ster und jede(r) seine eigene Sekte sein eigener Theologe und sein eigener Priester (S 148f) Auch die bdquoesoterische Dauerwelle ist eine der schillerndsten Konsequenzen dieses von Ebertz beschriebenen Prozes-ses indem ehemals von den christlichen Kirchen gepraumlgte Bereiche der Weltori-entierung und Ohnmachtsbewaumlltigung fuumlr weite Bevoumllkerungskreise nunmehr von esoterischen Anbietern oder von Ak-teuren aus der Unterhaltungs- und Mo-dewelt bedient werden Eines unter un-zaumlhligen Beispielen ist etwa das Buch des als bdquoneuer Nostradamus apostro-phierten Pariser Modemachers und Eso-terik-Autors Paco Rabanne bdquoDas Ende unserer Zeit Aufbruch in das Wasser-mann-Zeitalter (Muumlnchen 1996) bdquoVer-gleichbar dem Johannes dem Verfasser der nach ihm benannten Apokalypse kuumlndigt er die Rettung der Gerechten an und ein von Harmonie gekennzeich-netes kommendes Wassermann-Zeital-ter heiszligt es auf dem Buchdeckel gleichsam wie zur Bestaumltigung von Ebertz These uumlber die bdquoEntgrenzung des religioumlsen Feldes in dem dann jeder sein eigener bdquoProphet ist Diese Entwicklung wird begleitet von verschiedenen Trends die Ebertz als

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Trend zur Vermarktung des Religioumlsen (S 11 Off) als Trend zur religioumlsen Un-verbindlichkeit (S 76ff) und als Trend zum religioumlsen Individualismus zu Selbstentfaltungswerten und zur reli-gioumls-synkretistischen Autozentrik (S 75) charakterisiert Glaubensvorstellungen unterschiedlicher religioumlser Traditionen werden - gerade auch unter esoteri-schem Vorzeichen als angebliche eso-terische bdquoUr-Weisheit der Menschheit -selbst bei Kirchgaumlngern miteinander synkretistisch kombiniert Nach J Eiben (Shell-Jugend-Studie 1992) ergibt sich der Befund bdquodaszlig sich die Mitglieder und Sympathisanten okkulter und esote-rischer Gruppen zu einem Drittel aus Kirchgaumlngern rekrutieren (bei Ebertz S 74) bdquoEsoterik ist die gegenwaumlrtig populaumlrste Bezeichnung dieser sich verfluumlchtigen-den und dispergierenden Religiositaumlt Versteht man die esoterische bdquoDauer-welle als Ausdruck und Medium dieser Dispersionsprozesse so ist die Frage im Blick auf die weitere Entwicklung also wie weit sich die Dispersion des Religiouml-sen fortsetzt - und damit zugleich auch die esoterische Dauerwelle Denkbar ist aber auch daszlig dieser Prozeszlig in Zukunft unter ganz anderen Bezeichnungen wei-tergeht als unter der Worthuumllse bdquoEsote-rik Es ist aber auch moumlglich daszlig bdquoEso-terik zu einem Dauerkennzeichen sol-cher Tendenzen der Pluralisierung Indi-vidualisierung und Dispersion des Reli-gioumlsen wird Auf ein wichtiges Beispiel fuumlr die bdquoVer-teilung (Dispersion) des Religioumlsen in unserer Gesellschaft - und damit zu-gleich auch fuumlr die Ausbreitung esoteri-scher Vorstellungen - kann hier nur in Kuumlrze hingewiesen werden den Ge-sundheitssektor Bernhard Grom er-schien es juumlngst als wuumlrde sich bdquodie Eso-terik- und Alternativkonjunktur der 80er

Jahre seit einiger Zeit in einer Gesund-heitswelle fortsetzen (1998 S 413) bdquoGesundheit wird zu einem neuen bdquoHoumlchstwert - vor dem Hintergrund einer bdquoLeistungs- und bdquoErlebnisgesell-schaft die die jederzeitige bdquoFitness und das Wohlbefinden ihrer Mitglieder fordert Es scheint als ob die Konjunktur esoterischer Heilungsangebote vor allem vor dem Hintergrund dieser gesellschaft-lichen Tendenzen zu deuten ist und bis auf weiteres die bdquoEsoterik-Welle in be-sonderer Weise praumlgen wird Und hier spielen neben alternativen Entspan-nungs- Ernaumlhrungs- und Bewegungs-methoden (Yoga Demeter-Kost Kinesio-logie ua) vor allem esoterisch gepraumlgte Glaubensvorstellungen - insbesondere der Glaube an eine jederzeit verfuumlgbare bdquouniverselle Heilkraft oder bdquoLebens-kraft - eine Rolle Sogar das Parfuumlm von Paco Rabanne heiszligt nicht zufaumlllig bdquoenergy (FAZ-Magazin Nr 942 20 3 1998) Der Versuch der Heilung konkre-ter Krankheitssymptome und der An-spruch damit zugleich das bdquoesoterische Ur-Wissen von der Verwirklichung des ewigen Heils des Menschen verfuumlgbar zu haben gehen hier vor dem Hinter-grund der bdquoDispersion religioumlser Erwar-tungen auf bdquofreie esoterische Heilungs-angebote und Anbieter eine weder christlich noch fachlich-medizinisch vertretbare Einheit ein Von diesem und vielen anderen Gesichtspunkten aus regt sich daher immer haumlufiger Kritik an der heutigen Esoterik sowohl von kirchlich-theologischer als auch wissenschaftli-cher als auch politischer Seite

Esoterische Religiositaumlt auf dem Pruumlf-stand

Wie sollen Kirche und Gesellschaft rea-gieren angesichts dieses Befunds neuer esoterischer Religiositaumlt

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Ein wirklicher Dialog ist wohl nur mit wenigen Gruppen aus dem Bereich der bdquoSystem-Esoterik moumlglich (vgl zB M D 1997 S 91 ff zur Anthroposophie) Man kann die theologische Auseinanderset-zung mit den verschiedenen Erschei-nungsformen heutiger Esoterik an den genannten drei Hauptinhalten moderner Esoterik (so S 264) orientieren - Dem Monismus der Esoterik gegen-uumlber waumlre der biblische Schoumlpfungsglau-be eine geeignete Basis fuumlr die Kritik - Dem paumldagogischen Evolutionismus der Esoterik ihrem Angebot der Schaf-fung immer neuer bdquoDo-it-yourself-Para-diese auf Erden gegenuumlber waumlre mit der reformatorischen Rechtfertigungslehre zu argumentieren daszlig das Heil des Menschen nicht bdquomachbar ist sondern reines Geschenk Gottes - Und der gnostischen Erloumlsungslehre der Esoterik mit ihrer bdquoSelbstverwirkli-chungs-Eschatologie von der Realisie-rung des bdquogoumlttlichen Selbst im Men-schen waumlre die christliche Eschatologie entgegenzustellen wonach das Reich Gottes seit Jesus von Nazareth zwar bdquoun-ter uns ist aber sein endguumlltiges Kom-men noch aussteht solange der Mensch in der Suumlnde verharrt sein endguumlltiges Kommen Gnade ist (Mt 2534) Diese theologischen Punkte betreffen im wesentlichen die kirchliche Auseinan-dersetzung mit der bdquoSystem-Esoterik der organisierten Weltanschauungsgruppen Die gesellschaftliche Auseinanderset-zung (su) hat es daruumlberhinaus vor al-lem mit bestimmten Auswuumlchsen des bdquoEsoterik-Marktes und der Dispersion des Religioumlsen zu tun

Schoumlpfungsglaube versus Monismus

Der Monismus der modernen Esoterik seine Anschauung von einer bdquokosmi-schen Lebenskraft die alles durchflutet

kann die Kirche an vergessene Wahrhei-ten und Schaumltze ihrer eigenen Tradition erinnern Oft hat ein theologischer Intel-lektualismus vergessen- Der Mensch lebt in natuumlrlichen kosmischen Bezuumlgen ist Teil einer natuumlrlichen Ordnung bdquoAlle Krankheit sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoentspringt einer vierfachen Entfrem-dung von Gott vom Du von der Mutter Erde und von sich selbst Heilung und Heil sind nur zu erlangen wenn der Mensch in allen vier Lebensbezuumlgen umgewandelt wird und sich wandelt -in seinem religioumlsen Verhaumlltnis zu Gott in seiner sozialen Beziehung zu seinen Mitmenschen in seinen natuumlrlichen Be-zuumlgen zum Kosmos und in seinen indivi-duellen Bezuumlgen zu sich selbst Dh wenn sich der Mensch bdquoganzheitlich in der Konkretheit von Leib Seele und Geist begreift Eine Schluumlsselrolle spielt dabei der religioumlse Bezug zu Gott Der Christ weiszlig Der Mensch verdankt sich nicht einer unpersoumlnlichen Kraft im Kos-mos sondern bdquoschlechthin abhaumlngig weiszlig er sich nur von einem persoumln-lichen Du das ihn gewollt hat Das meint der Glaube an den bdquoSchoumlpfer und an die Welt als Gottes bdquoSchoumlpfung Darum kann der Christ Gott Gott und die Welt Welt sein lassen Im Monismus der Esoterik wird der Ur-sprung der Schoumlpfer des kosmischen Le-bensstroms der Leben uumlberhaupt erst er-moumlglicht weitgehend ausgeblendet Und damit haumlngt es zusammen daszlig der Mensch seine Endlichkeit und Ge-schoumlpft ichkeit nicht aushalten und des-halb zu Totalkonzepten von Selbst-Erlouml-sung und bdquoGanzheitlichkeit in einem fragwuumlrdigen Sinn seine Zuflucht neh-men muszlig Das ist besonders im Sektor esoterischer Heiler und Heilungsange-bote zu erkennen Eines der zur Zeit verbreitetsten Esoterik-Buumlcher mit dem Titel bdquoDie Fuumlnf Tibe-

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ter seit Monaten auf den Bestseller-Listen ganz oben verheiszligt dem Men-schen durch simple Yoga-Uumlbungen nicht nur groumlszligere Fitness sondern so etwas wie die Erlangung bdquoewiger Jugend -also letztlich einen alles Irdische soweit bekannt transzendierenden Heilszu-stand (vgl dazu Kakuska 1997) Es gibt auf dem bdquoEsoterik-Markt regelrechte bdquoUnsterblichkeits-Trainings in denen den Teilnehmern (gegen gutes Geld natuumlrlich) nicht nur eingeredet wird daszlig sie gar nicht sterben koumlnnten weil sie selbst bdquogoumlttl ich seien sondern daszlig es sogar die Moumlglichkeit gebe bdquoauf ewig im Koumlrper zu bleiben (vgl M D 1992 S 188 ff) Dh Auch auszligermedizinische zB re-ligioumlse Sachverhalte werden im Rah-men esoterischer Totalkonzepte von bdquoGanzheitlichkeit freigegeben fuumlr den Heiler oder - oft nur selbsternannten -Therapeuten Von der bdquoKrake Sciento-logy soll hier gar nicht weiter die Rede sein Sie ist ja in gewisser Hinsicht nur eine versektete durch ihr Geschaumlftsge-baren besonders bdquoauffaumlllige Form sol-cher bdquoEinfachst- oder bdquoPrimitiv-Esote-rik wie den bdquoFuumlnf Tibetern die dem bdquoKlienten am Ende nicht nur Gesund-heit und Heilung (den Clear-Zustand) sondern auch noch uumlber-menschliche Faumlhigkeiten (den bdquoOperating-Thetan-Zu-stand) verspricht - mit bdquoArbeitsvertrauml-gen uumlber Jahrmillionen die unsere irdi-sche Existenz in unbekannte Dimensio-nen uumlbersteigen Damit kommt bereits der zweite fuumlr die theologische Auseinandersetzung mit der Esoterik wichtige Punkt in den Blick - ein bdquomagisches Machbarkeitsdenken durch das die neue esoterische Religio-sitaumlt dem modernen Rationalismus und der Welt der technischen Lebensbewaumll-tigung naumlher steht als sie meist glauben machen wi l l

Rechtfertigungslehre versus paumldagogi-scher Evolutionismus

Moderne Esoterik und Okkultismus sind Kinder des 19 Jahrhunderts als der Ent-wicklungsgedanke und darauf aufbau-ende Fortschritts-Utopien aufzubluumlhen begannen Keine der heutigen Esoterik-und Okkultbewegungen ist aumllter als 150 Jahre Es gibt sie immer noch die bdquomo-dernen Selbstverwirklichungs-Eschatolo-gien und bdquoDo-it-yourself-Paradiese deren Zusammenbruch mancher Theo-loge zu erkennen meint - naumlmlich vor allem in Gestalt heutiger bdquoEsoterik Eine Erklaumlrung warum sich viele Menschen heute gerade zu dieser esoterischen Re-ligiositaumlt hingezogen fuumlhlen duumlrfte in deren Nauml7e zum modernen Wissen-schafts- und Technikglauben zum Glau-ben an die bdquoMachbarkeit aller Dinge liegen Die moderne esoterische Reli-giositaumlt beansprucht zu wissen und nicht mehr bloszlig zu glauben und sie moumlchte moumlglichst kurzfristige bdquoErfahrungen und bdquoBeweise der bdquoErloumlstheit des Men-schen - Der Geistheiler weiszlig wie die Heil-kraft oder bdquoLebenskraft aus dem Kos-mos manipuliert wird (Daskalos) - Kuumlbler-Ross weiszlig daszlig es ein Leben nach dem Tod gibt sie vertraut nicht nur darauf - Der Spiritist legt bdquoBeweise vor fuumlr ein Uumlberleben des Todes Die bdquoGeister re-den in den spiritistischen Sitzungen und damit seien bdquoBeweise erbracht daszlig der Mensch auf einer geistigen Ebene wei-terexistiert - Die Anthroposophie versteht sich ebenfalls nicht als Glaube oder bdquoReli-gion sondern ausdruumlcklich als bdquoGe-heim- oder bdquoGeistes- Wissenschaft weil Rudolf Steiner ein bdquoWissen eine bdquoErkenntnis uumlber die bdquogeistige Welt ge-bracht habe

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Das biblische Verstaumlndnis des Glaubens als bdquoNicht sehen und doch Gott ver-trauen ist der Esoterik zutiefst fremd Man laumlszligt nur angeblich Beweisbares und rational Einsehbares als Lehre gel-ten Dementsprechend wird auch das Beten umfunktioniert zu einer Art bdquosaumlkularer Magie oder Heilstechnologie bdquoMi t meinen Gebeten kann ich jeden aus der Firma entfernen mit diesen Worten wurde einmal im bdquoSpiegel eine Anhaumln-gerin der theosophischen bdquoI AM-Bewe-gung zitiert die von einem millionen-schweren Schokoladenfabrikanten in der Schweiz geheiratet worden war Nach dem Philosophen Peter Sloterdijk steht das bdquogeheime Wissen der Esoterik dem mit moderner Technik oft verbun-denen Macht- und Erloumlsungsstreben des Menschen naumlher als es auf den ersten Blick scheint Wenn schon bdquoWissen Macht ist dann erscheint bdquomagisches Wissen als absolute Macht (vgl FAZ-Magazin Nr 836 8 3 1996) Waumlhrend christliche Religion den Men-schen zu seiner Erloumlsung grundlegend als der Gnade Gottes beduumlrftig versteht ist die esoterische Religiositaumlt vor allem eine Angelegenheit des Humanum des Menschen dem es um die Steigerung menschlicher (Erfahrungs-)Moumlglichkei-ten geht der seine Nichtigkeit erfaumlhrt aber sich selbst das houmlchste Wesen bleibt indem er seine tiefe Verlorenheit von sich aus aus eigenen Kraumlften auf dem Weg eines bdquopaumldagogischen Evolu-tionismus uumlberwinden wi l l Diese bdquoneue Religiositaumlt der Esoterik ist weit-hin ein Ruumlckfall in eine dem christlichen Glauben an die Rechtfertigung des Suumln-ders fremde bdquoGesetzlichkeit Das Men-schenbild der Esoterik wird zentral be-stimmt von der Gesetzmaumlszligigkeit von Karma und Reinkarnation Nach diesem strengen Gesetz muszlig der Mensch immer

wieder in diese bdquoSchule des Lebens zuruumlck bis er selbst seine Schwaumlchen ausgeglichen und sich selbst vervoll-kommnet hat Letztlich ist die Rein-karnations- und Karma-Lehre der gefaumlhr-liche Versuch die bdquoletzten Fragen des Lebens vor allem die Heilsfrage auf der Basis des Leistungsgedankens zu beant-worten Gegen oft hohe Gebuumlhren ver-suchen Esoterik-Anbieter vor diesem Hintergrund dem Menschen zu zeigen wie er sich selbst schneller zum Geistig-Goumlttlichen bdquoentwickeln koumlnne

Christliche Hoffnung versus Selbstverwirklichungs-Eschatologie

Die bdquoFreiheit des Christenmenschen kann solchen esoterischen Vorstellungen gegenuumlber nur gewahrt werden wenn deutlich hervorgehoben wird daszlig im christlichen Glauben die Frage der Erlouml-sung von der Frage der natuumlrlichen oder geistigen Entwicklung bdquoabgekoppelt ist daszlig die Geschichte kein bdquoFortschritt ist der unmittelbar im Erloumlsungszustand en-det bdquoDas Evangelium ist erst das Mor-genrot der Welterloumlsung sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoChristliche Froumlmmigkeit ist beziehungsorientiert Sie versteht sich im Gegenuumlber zu Gott zu Christus Eso-terische Spiritualitaumlt scheint demgegen-uumlber entwicklungsorientiert Sie ist an-thropozentrisch und in der Gefahr sich uumlber die Grenzen des Menschen illusio-nistisch zu erheben oder einem unguten Leistungsdruck zu verfallen so charak-terisierte Michael Nuumlchtern kuumlrzlich die Diskrepanz zwischen christlichem Glau-ben und esoterischer Selbstverwirkli-chungs-Eschatologie (Interview in bdquoidea 1 7 1998 S V) Dies scheint heute allerdings am schwersten zu vermitteln zu sein Daszlig der bdquoWeg des Glaubens keine progres-sive Entwicklung ist Der Christ steht im-

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mer wieder am Anfang und ist taumlglich neu angewiesen auf Gottes hilfreiche Gnade Ein wirkliches Fortschreiten im Blick auf unser Heil gibt es nicht von uns her sondern allein durch Gottes Zu-wendung zu uns vom Kommen des Rei-ches Gottes zu uns her (Mt 2534) Die christliche Hoffnung haumllt es also weniger mit Lessings bdquoErziehung des Menschen-geschlechts als mit Houmllderlin der ein-mal dichtete bdquoWas hier wir sind kann dort ein Gott ergaumlnzen mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden (A Kouml-berle in bdquoDas geheimnisvolle Reich der Seele Freiburg 1984 S 19) Mit A Resch kann man daher durchaus bezweifeln ob es sich bei der neuarti-gen bdquoReligiositaumlt der Esoterik uumlberhaupt noch um eine religioumlse Haltung im eigentlichen Sinn handelt Esoterik stellt als bdquoGeheimwissenschaft seit Helena Blavatsky nicht nur eine Alternative zur herkoumlmmlichen Wissenschaft sondern auch zur Religion dar Viele Fragen wer-den uumlberhaupt ausgeklammert aus dem Bereich der Religion was dem Streben des modernen Menschen nach Erkennt-nis entgegenkommt So ist die Frage der Wiedergeburt (Reinkarnation) fuumlr den Esoteriker eigentlich keine Frage der Re-ligion sondern des Wissens Die Wie-dergeburt gilt nicht als Glaubensfrage sondern als Tatsache Kennzeichen der Esoterik ist nach Resch (1994 S 75f) ihr Immanentismus dh bdquodie Deutung von Welt Leben und Religion mit natur-immanenten Kraumlften unter Verzicht auf die Transzendenz Damit nimmt Esoterik nach Resch bdquoimmer mehr die Form einer alternativen Lebensgestal-tung zu Wissenschaft und Religion vor allem zum Christentum ein zumal der Stellenwert der Person durch die kosmi-sche Einheit und den Kreislauf der Dinge voumlllig relativiert wird Der Wert der Per-son ist nur zeitlich gegeben und hat

keine transzendente Bedeutung mehr Das Ich ist im All verklungen Auch J Sudbracks Kritik an der Esoterik setzt an diesem zentralen Punkt der Unverfuumlgbarkeit des bdquo D u Gottes und der Freiheit der Person an wonach die fuumlr echte Religion konstitutive bdquoBegeg-nung mit Gott als freiem personalem Gegenuumlber die bdquoEhrfurcht vor dem Groumlszligeren durch den Versuch der Eso-terik miszligachtet wird bdquodas Ganze der Welt in den intellektuellen Griff (zu) bekommen So uumlberrasche es nicht bdquodaszlig im esoterischen Zugriff auf die Wirklichkeit all die Werte Freiheit Liebe Du Personsein Einmaligkeit usw ins Abseits geraten Sie naumlmlich gruumlnden in der Qualitaumlt des gegen-uumlber die auch von der intellektuellen Esoterik in die Immanenz des Selbst auf-geloumlst wird (997 S 333) Solche bdquoVerendlichungen bei an-spruchsvolleren Vertretern der Esoterik sind erst recht fuumlr den bdquoEsoterik-Markt typisch Aus religionswissenschaftlicher Perspektive fragt daher auch H Zinser bdquoob dies noch Religion sei was von der esoterischen bdquoPublikums- und bdquoKlien-tenreligion auf dem bdquoMarkt verhandelt wird bdquooder ob der Markt mit seinen Ver-dinglichungen und Verendlichungen das von der Religion gemeinte Absolute auf-loumlst (1997 S 31)

Eine Ideologie neuer sozialer Ungleich-heit

Uumlber die religioumls-weltanschauliche Di-mension hinaus haben viele esoterische Angebote eine gesellschaftspolitische Dimension die in juumlngster Zeit immer mehr auf Kritik stieszlig Esoterik - nicht nur in ihren banalen Auspraumlgungen - wird vorgeworfen ausbeuterische Systeme zu rechtfertigen rassistischen Vorurteilen nicht konsequent und eindeutig ent-

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gegenzutreten (vgl die in MD 1998 S 146 ff u 21 Off dokumentierten Dis-kussionen um Steiner und Hockemeyer) oder zu einer Ideologie sozialer Un-gleichheit zu verkommen Richard Schroumlder sprach im bdquoSpiegel (Nr 52 1997) diesbezuumlglich geradezu von einer bdquoasozialen Religiositaumlt die sich hier ausbreite Die nichtinstitutionalisierte frei flottierende Religiositaumlt des Esoterik-Marktes steht so Schroumlder bdquo in der Ge-fahr die Gesellschaft zu entkultivieren naumlmlich als bdquoasoziale Religiositaumlt der ruumlcksichtslosen Erlebnissteigerung die ein Goumlttliches im Ich sucht und sich aus-leben moumlchte Demgegenuumlber sei bdquokul-tivierte Religiositaumlt immer bdquogemeinsam verantwortet Hier ist die Esoterik gefragt vor allem ihr Menschenbild kritisch zu reflektieren das auf dem angeblichen bdquoGesetz von Karma und Reinkarnation als bdquogeistigem Entwicklungsgesetz der Menschheit be-ruht Es waumlre zu kurzschluumlssig gedacht etwa aus der hohen Arbeitslosigkeit auf einen Bedeutungsverlust der Esoterik zu schlieszligen weil die teuren Esoterik-An-gebote fuumlr immer mehr Menschen uner-schwinglich werden Denn neben dem Heer von Arbeitslosen und Geringver-dienenden kann sehr wohl eine bdquoEsote-rik-Kultur fuumlr beguumlterte Schichten ge-deihen aus deren esoterischer Sicht die Armen ja ohnehin nur ihr bdquoschlechtes Karma aus Vor-Existenzen abarbeiten Im Zeitalter der bdquoGlobalisierung des Ka-pitalismus koumlnnte das esoterische Men-schenbild auf diese Weise zur Ideologie neuer sozialer Ungleichheit reuumlssieren wenn sich seine Vertreter nicht selbst kritisch von solchen Gefahren distan-zieren Ein gesellschaftspolitisch inzwischen ebenfalls erkanntes und heftig diskutier-tes Problem betrifft vor allem esoterische Heilungsangebote auf dem bdquofreien

Markt Mit ihren Verheiszligungen einer bdquototalitaumlren Ganzheitlichkeit die einen Totalanspruch auf die Regulierung aller Lebensbereiche eines Betroffenen durch esoterische Praktiken erhebt koumlnnen Manipulationsmoumlglichkeiten Tuumlr und Tor geoumlffnet werden Was not tut im Blick auf oft skrupellos vorgehende eso-terische Anbieter ist daher eine Art bdquoVer-braucher-Schutz oder wenigstens eine verstaumlrkte bdquoVerbraucher-Beratung im Blick auf die von Esoterikern angebote-nen bdquoDienstleistungen (su S 283) In dieser Hinsicht hat sich auch die En-quete-Kommission bdquoSog Sekten und Psychogruppen des Deutschen Bundes-tages dafuumlr eingesetzt daszlig in der naumlch-sten Legislaturperiode ein Gesetz zur gewerblichen Lebensbewaumlltigungshilfe verabschiedet wird

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Klaus Fleckner Wuppertal

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

In letzter Zeit erreichen uns haumlufig Anfragen wegen der Aktivitaumlten einer bdquoBruder-schaft der Menschheit einer bdquoUniversalen Kirche oder eines bdquoFundaments fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen Hinter diesen verschiedenen Namen verbirgt sich ein und dieselbe esoterisch-theosophische Aktivitaumlt die eine Fortbildung der auf Helena Blavatsky zuruumlckgehenden modernen Theosophie darstellt (vgl MD 1992 S 245 ff) Pfarrer Klaus Fleckner hat uns folgende lebendige Schilderung vom Be-such eines Seminars dieser Organisation im letzten Jahr uumlbersandt

1 Der Ort und die Gruppe

Das bdquoLindner Golfhotel Juliana ein am Stadtrand von Wuppertal gelegenes Ob-jekt der 4-Sterne-Kategorie bietet neben seinem weitlaumlufigen Golfgelaumlnde auf dem schon Franz Beckenbauer seinen Golfschlaumlger schwang ein gediegenes Interieur mit mehr als nur einem Hauch von Luxus und gehobenem Komfort Eine Gruppe von Leuten zwischen 30

und 50 gut gekleidet im Geschmacks-spektrum von Edelflipp bis laumlssig-schick wartete im Stehen vor dem Flur zum Konferenzraum uumlber dessen Tuumlr endlos der Name des Mieters voruumlberzog bdquoFUNDAMENT FUumlR HOumlHERES GEISTI-GES LERNEN - eine wohlklingende Er-gaumlnzung zu den diversen anderen Schu-lungskursen und Konferenzen im Haus mit topgestylten Managertypen im Na-delstreifenanzug und sonnenbankge-

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braumlunten Schoumlnen wie von der Titelseite einer Modezeitschrift entsprungen Neu-ankoumlmmlinge ob Mann ob Frau wur-den von den Umstehenden mit Umar-mung und Kuumlszligchen empfangen Unge-faumlhr zwei Drittel der 25 Teilnehmer wa-ren Frauen bis auf zwei oder drei Paare schienen alle anderen ohne Partnerin angereist zu sein Wie beilaumlufige Fragen ergaben waren Lehrerinnen anwesend eine Psychologin eine fruumlhere kirchli-che Mitarbeiterin ein Steuerberater eine Krankenschwester eine Erzieherin Her-kunftsorte waren Staumldte der Wuppertaler Umgebung Duumlsseldorf Koumlln Herdecke usw Die Teilnahmegebuumlhr galt es gleich zu Beginn zu entrichten 220- DM -ohne Getraumlnke Verpflegung oder Uumlber-nachtung Nach 15 Minuten endete die Wartezeit der Konferenzraum wurde freigegeben und der Eindruck nun unmittelbar vor der Bescherung zu stehen bewahrhei-tete sich als haumltten unsichtbare Helfer ein esoterisches Weihnachtszimmer de-koriert Der Raum war reich ge-schmuumlckt Auf jedem Dreiertisch an den Seiten standen zwei kleine Blumenva-sen Doch die Aufmerksamkeit wurde automatisch nach vorne gelenkt Dort erstrahlte auf der linken Seite ein i l lumi-niertes farbiges Gemaumllde auf dem in Lichtschleier gehuumlllt drei Gestalten sichtbar waren die auseinander hervor-traten - es dominierte ein aufrechtste-hendes houmlheres Wesen mit einer Strah-lenkrone auf dem Kopf das in den Raum hineinzublicken schien waumlhrend sich ein zweites eine weibliche Gestalt zu ihm emporreckte und ein drittes ganz in dunklen Farben gehalten zur Erde hinuntergebeugt blieb Sie schienen auf einer Treppe zu sitzen Vor dem Bild stand ein Strauszlig roter gelber und blauer Blumen in einer Vase daneben ein Leuchter mit drei Kerzen in denselben

Farben - das ganze Ensemble auf meh-reren Lagen goldfarbenen Stoffs Vorne rechts neben einem Rednerpult und einer Tafel stand ein Tisch der mit bun-tem Spielzeug und anderen farbenfro-hen Dingen gefuumlllt war - bei naumlherem Hinsehen entdeckte ich farbige Tisch-tennisbaumllle Spieluhren Kreisel Spiel-zeugfiguren alte Spielzeugautos eine Kinderpistole einen kleinen Hai in ei-nem Glaszylinder in einer Fluumlssigkeit konserviert und mancherlei anderen Nippes von allenfalls Sammlerwert Am hinteren Ende des Raumes saszlig ein Mann an einem Mischpult mit Platten-spieler und Lautsprechern Anscheinend war es freigestellt wo man sich hinset-zen wollte doch das galt nicht fuumlr die vorderen beiden Reihen in denen schon Namensschilder standen Ich setzte mich in die dritte Reihe und wartete ab

2 Der bdquoMeisterreferent

Nach dem Verklingen einer pathetischen Musik-Ouvertuumlre stellte sich ein mittel-groszliger Mann ans Rednerpult der vorher etwas schwerfaumlllig nach vorne gegangen war und wies darauf hin daszlig er bdquoGun-dolf genannt werden wolle denn in dieser Arbeit tue sein Nachname nichts zur Sache Sein Vorname habe ihm zwar fruumlher uumlberhaupt nicht gefallen jetzt aber um so mehr und das nicht nur weil er so selten sei (Ich konnte mich nicht enthalten ihn mit bdquoGandalf aus dem Fantasy-Roman bdquoDer Herr der Ringe zu assoziieren und uns als eine Schar Hob-bits auf der Suche nach dem magischen Ring) Gundolf schrieb seinen Nachna-men aber trotzdem in etwas kleinerer Schrift mit an die Tafel und fuumlgte hinzu da er uns nicht beherrschen wolle habe er es nicht noumltig mit Musikbegleitung anzutreten - deshalb habe er sich erst an uns gewandt nachdem sie verklun-

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gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 2: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

INHALT

IM BLICKPUNKT

HANS-JUumlRGEN RUPPERT

Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen

BERICHTE

KLAUS FLECKNER

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

INFORMATIONEN

GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz

Selbsternannte Sektenbeauftragte

IN EIGENER SACHE

Berichtigung

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach CastanedasTod

257

273

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285

BUCHER

Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweisprachigkeit Bi-Religiositat doppelte Staatsbuumlrgerschaft 288

IMPRESSUM

Herausgegeben von der Evangelischen Zentralstelle fuumlr Weltanschauungsfragen (EZW) im Quell Verlag Stuttgart Die EZW ist eine Einrichtung der Evange-lischen Kirche in Deutschland (EKD) Fuumlr den Inhalt der abgedruckten Artikel tragen die jeweiligen Auto-ren die Verantwortung Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder - Redaktion Reinhard Hempelmann Carmen Schafer Anschrift Auguststraise 80 10117 Berlin Telefon 0 30 2 83 95-2 11 Fax 0 30 2 83 95-2 12 Internet http wwwekddeezw e-Mail EZWcompuservecom -Vertag Quel l Verlag und Buchhandlung der Evang Gesellschaft in Stuttgart GmbH Furtbachstrafse 1 2A Postfach 103852 70033 Stuttgart Telefon 0 7 1 1 6 01 00-0 Kontonummer 2 036 340 Landesgiro Stuttgart Anzeigen und Werbebeilagen Anzeigen-gemeinschaft Suumld Furtbachstrafse 12A 70178 Stutt-gart Postfach 1002 53 70002 Stuttgart Telefon 0711 601 00-66 Telefax 07 1 1 6 0 1 00-76 Verantworllic h fuumlr den Anzeigenteil Wolfgang Schmoll Es gilt die Preisliste Nr 12 vom 111998 - Bezugspreis jahr-lich D M 5 8 - einschl Zustellgebuumlhr Erscheint mo-natlich Einzelnummer D M 5- zuzuumlgl Bearbeitungs-gebuumlhr fuumlr Einzelversand Abbestellungen sind nur mit einer Frist von 6 Wochen zum lahresende moumlg-l ich - Alle Rechte vorbehalten - Mitgl ied des Ge-meinschaftswerks der Evangelischen Publizistik -DruckMaisch amp Queck GedingenStuttgart

IM BLICKPUNKT

Hans-Juumlrgen Ruppert

Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen

Esoterik in der modernen Gesellschaft

Die Selbstverstaumlndlichkeit mit der ein Mensch fruumlher - im sog bdquochristlichen Abendland - Christ war und sich zu ei-ner christlichen Kirche hielt ist in den letzten Jahren immer weiter zuruumlckge-gangen Der christliche Glaube hat fuumlr viele laumlngst seine Monopolstellung im Blick auf die Beantwortung religioumlser Fragen fuumlr die Lebensorientierung und Ohnmachtsbewaumlltigung verloren Im hochsaumlkularisierten Milieu unserer Ge-sellschaft ist fuumlr viele Menschen das schiere Aufgehen in den Aufgaben des Alltags im Konsum oder im Genuszlig der Freizeit- und Unterhaltungsangebote an die Stelle bdquoreligioumlser Fragen getreten Solange die Arbeitskraft ausreicht be-stimmen oft bdquoSinnvermeidungsstrategien das Leben Wenn es persoumlnliche Pro-bleme gibt steht inzwischen eine Fuumllle von alternativen Beratungsangeboten zur Verfuumlgung die auf einem weitgehend saumlkularen Lebenskonzept beruhen Besonders die deutsche Wiedervereini-gung hat noch einmal einen neuen bdquoSauml-kularisierungsschub gebracht Waumlh-rend in der DDR den Menschen Christ-lichkeit und Religion bdquogruumlndlich ausge-trieben (Neubert) wurde vollzog sich in den westlichen Laumlndern ein schlei-chender Prozeszlig der Veraumlnderung von Religion die mehr und mehr bdquounsicht-bar (Luckmann) wurde oder sich zu bdquoverteilen (su Ebertz) begann Das re-

ligioumlse Wissen tendiert bei der Masse der Bevoumllkerung hier wie dort immer mehr auf Null der christliche Glaube wird selbst zu einer bdquoGeheimlehre wenn Schuumller nicht mehr wissen ob Maria eine Schwester eine Tante oder die Mut-ter Jesu war Gleichwohl sind sich die meisten Sozio-logen und Theologen einig daszlig die Ge-sellschaft nicht auf die totale Saumlkularisie-rung und Religionslosigkeit zugeht son-dern daszlig hier ein Ineinander gegenlaumlufi-ger Prozesse vorliegt Auszligerdem werden viele religioumlse Beduumlrfnisse in der moder-nen Gesellschaft als solche gar nicht (mehr) erkannt Die amerikanischen Re-ligionssoziologen Stark und Bainbridge sprechen von der Saumlkularisierung als ei-nem sich selbst begrenzenden Prozeszlig der gleichzeitig auch neue religioumlse Phauml-nomene hervorbringt (1985 S448 uouml) Damit ist gemeint bdquoReligioumlse Fragen werden wieder interessant wo nichts mehr da ist an traditionellem religioumlsem Wissen Allerdings ist dies bei vielen Menschen mit einer Veraumlnderung des-sen was bdquoReligion genannt wird ver-bunden auch wenn es in einer vom sauml-kularen Zeitgeist beherrschten Welt viel echtes religioumlses Suchen eine religioumlse Sehnsucht nach Transzendenz gibt Im Kontext dieser religioumlsen Veraumlnde-rungsprozesse taucht seit den 80er Jah-ren verstaumlrkt auch das Stichwort bdquoEsote-rik auf Ob es sich bei dem damit Be-zeichneten nur um eine Mode oder um

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einen Teil eines echten religioumlsen Su-chens handelt ist angesichts der unuumlber-schaubaren Vielfalt der Phaumlnomene um-stritten bdquoEsoterik hat sich eingenistet in fast jeder Buchhandlung in Fernseh- Kino- und Theaterproduktionen in der Unterhaltungsmusik und selbst in der kirchlichen Erwachsenenbildung Vor al-lem auch der Ernaumlhrungs- und Gesund-heitssektor sind voller bdquoEsoterik - bis hin zum garantiert nur in Vollmond-naumlchten gebrauten bdquoVollmond-Bier Dabei breiten sich insbesondere auch fernoumlstliche Heilungspraktiken wie bdquoReiki oder bdquoFeng Shui-Vorstellungen aus der traditionellen chinesischen Geo-mantie in der Esoterik-Szene und sogar in Volkshochschulprogrammen aus und Anhaumlnger exotischer Kulte tummeln sich auch auf bdquoEsoterik-Messen 18 Milliar-den DM soll der Umsatz It bdquoFocus 1996 in der bdquoEsoterik-Branche betragen haben (141996 S 200) In dieser Zahl sind vermutlich nicht einmal die Um-saumltze aller mit esoterischem Gedanken-gut gekoppelten Wirtschaftszweige voll-staumlndig enthalten So werden zB It bdquoGoetheanum (571998 S 404) welt-weit etwa 500 Millionen DM Umsatz al-lein mit dem bdquoDemeter-Warenzeichen getaumltigt also dem Markenzeichen des auf den esoterischen Grundlagen von Steiners Anthroposophie beruhenden biologisch-dynamischen Landbaus Kein Wunder daszlig auch die Werbung inzwi-schen die Esoterik fuumlr sich entdeckt hat (vgl bdquoEsotera 21998 S 16ff) Auf dem Internet befanden sich 1997 bereits uumlber 100000 verschiedene Dokumente zu Esoterik Okkultismus New Age und Sa-tanismus (Kaiser 1997 S 12) Viele die-ser esoterischen Angebote werden kon-sumiert ohne eine tiefergehende Refle-xion uumlber das worauf man sich da ein-laumlszligt bzw worum es sich bei dem Stich-wort bdquoEsoterik eigentlich handelt

Esoterik - was bedeutet das eigentlich

Es gibt zwei Bedeutungsvarianten - je nachdem ob man vom Adjektiv bdquoesote-risch oder vom Substantiv bdquoEsoterik ausgeht Das Adjektiv bdquoesoterisch leitet sich ab vom griechischen bdquoesoumlterikoumls was so-viel wie bdquozum inneren Kreis gehoumlrig be-deutet (vgl Cancik Bochinger Resch 1994 S 73) Es wurde bereits in der An-tike verwendet fuumlr nur einem bdquoinneren (griech bdquoesoumlteros = bdquoinnerer) Kreis zu-gaumlngliche Lehren (allerdings weniger bdquoesoterischer Art im heutigen Sinn son-dern ganz allgemein fuumlr den nicht fuumlr die Oumlffentlichkeit vorgesehenen Teil be-stimmter Philosophenschulen) Etwas willkuumlrlich leiten heutige Interpreten der vom Wortsinn des Adjektivs (bdquoinnen bdquoinnerlich) ausgehenden Bedeutungs-variante daraus oft ein Verstaumlndnis von Esoterik im Sinne von bdquoinneren Wegen spiritueller Erfahrung ab das Adjektiv verweist jedoch keineswegs auf romanti-sche bdquoInnerlichkeit sondern auf die Geheimhaltung von bdquoLehren Im Unterschied zu dem bereits in der Antike belegten Adjektiv bdquoesoterisch (zuerst im 3 Jh n Chr bei Lukian vgl Cancik 1990) ist das davon abgeleitete Substantiv bdquoEsoterik ziemlich junger Herkunft und bezeichnet urspruumlnglich dasselbe wie das zur gleichen Zeit -Ende des 19 Jahrhunderts - aufkom-mende Wort bdquoOkkultismus Es ist naumlm-lich ein Sammelbegriff fuumlr die verschie-denen uumlberlieferten okkulten und magi-schen Praktiken und Anschauungen -von Astrologie und Alchemie uumlber Ma-gie und Mantik bis zu Hexentum Rosen-kreuzertum und Theosophie Der Fran-zose Eliphas Levi (1810-1875 kabbali-stisches Pseudonym von Alphonse Louis Constant) der auch den Begriff bdquoOkkul-tismus (occultisme) praumlgte verwendete

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um 1870 vermutlich auch als erster das Substantiv bdquoEsoterik (esoterisme) in die-sem Sinn (Levi hat bdquolesoterisme moumlgli-cherweise aus Jaques Matters bdquoGe-schichte des Gnostizismus [1828] uumlber-nommen vgl Hanegraaff 1996 S385f) Er begruumlndete damit zugleich eine neue Phase in der Begriffsgeschichte von bdquoesoterischbdquoEsoterik 1883 begegnet das Substantiv bdquooccultism auch in eng-lischer Form bei dem Theosophen Sin-nett und von da an breiten sich beide Substantive - bdquoEsoterik und bdquoOkkultis-mus - vor allem uumlber die anglo-indi-sche Theosophie weiter aus Helena Bla-vatsky gruumlndete eine bdquoEsoterische Schule und auch der 3 Band ihrer bdquoGeheimlehre traumlgt die Uumlberschrift bdquoEsoterik Daszlig man fuumlr die vielfaumlltigen Okkult-Praktiken und Geheimlehren der Ver-gangenheit solche Sammelbegriffe wie bdquoEsoterik und bdquoOkkultismus praumlgte zeigt bereits eine gewisse Ideologisie-rung (wie jeder -ismus) an vor allem aber ist es Ausdruck der Tatsache daszlig man hinter den Erze-Praktiken der ma-gisch-okkulten Tradition eine einheitli-che Weltanschauung vermutete und da-mit die verschiedenen bdquoesoterischen Praktiken unter dem Gesichtspunkt einer ihnen gemeinsamen Frontstellung als bdquoalternative Theorie oder Weltanschau-ung zum jetzt als dichotomisch empfun-denen modernen Weltbild der Naturwis-senschaft und der bdquoEntzauberung der modernen Welt uumlberhaupt wahrnahm Seit Levi und Blavatsky ist man es ge-wohnt diese okkulte bzw esoterische Weltanschauung dem modernen ab-strakten rationalen Denken als bdquoganz-heitliches Denken als bdquoUr-Weisheit der Menschheit entgegenzusetzen - ge-wissermaszligen als bdquoAlternative oder bdquoDritter Weg sowohl gegenuumlber der modernen Wissenschaft als auch gegen-

uumlber der traditionellen christlichen Reli-gion (vgl den daran orientierten Aufbau von Blavatskys Hauptwerk bdquoIsis ent-schleiert 1877) Damit etablierte sich im 19 Jahrhundert als zweite groszlige Gegenstroumlmung gegen die Aufklaumlrung neben der Romantik die moderne Esoterik bzw der moderne Ok-kultismus Das bdquoalte Wissen der Esote-rik wird im Spiegel der bdquogroszligen The-men der modernen saumlkularen Welt seit der Aufklaumlrung - Wissenschaft Evolu-tion Psychologie - neu reflektiert und damit ein bdquoalternatives esoterisches Verstaumlndnis dieser groszligen Themen be-gruumlndet (Hanegraaff 1996 S 51 7f) Auf der Basis solcher Uumlberlegungen entstan-den in den letzten 100 Jahren eine Reihe bis heute existierender esoterischer Welta nscha u u ngsgemeinscha ften w i e die sich als bdquoOrden bdquoLogen bdquoEsoteri-sche Schulen bdquoGesellschaften usw or-ganisierenden Theosophen- Anthropo-sophen- Rosenkreuzer- und Templer-gruppen die sich nicht nur nach innen elitaumlr-hierarchisch abschlieszligen sondern auch bdquoexoterisch haumlufig ein beachtens-wertes Schrifttum hervorbrachten und z T eigene Verlage Bildungseinrichtun-gen usw gruumlndeten Uumlber diesen relativ kleinen Kreis von freien und organisierten Esoterikern hin-aus hat sich der Begriff bdquoEsoterik aber erst 100 Jahre spaumlter in den beiden letz-ten Jahrzehnten ausgebreitet als Inbegriff eines bdquoMarktes verschiedenster bdquoesote-rischer Angebote Damit ist zugleich eine dritte Phase in der Begriffsge-schichte seit der Antike bzw seit E Levi erreicht bdquoEsoterik wird jetzt vielfach zur reinen Worthuumllse fuumlr eine plumpe Ideologie der Selbstbehauptung und des Subjektivismus die oft selbst die Verbin-dung zu den bdquoKlassikern der modernen Esoterik wie Blavatsky oder Steiner leug-net Auch die esoterische Uumlberlieferung

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ereilt in den letzten Jahrzehnten das Schicksal aller religioumlsen und geistigen Uumlberlieferungen auf dem bdquoSupermarkt der Wahrheiten im Zeitalter der Globa-lisierung des Kapitalismus ihre bdquoDisper-sion (s u) und bdquoVerduumlnnung Der Tendenz des bdquoAnything goes ent-sprechend werden auch die beiden Be-deutungsvarianten von bdquoesoterisch und bdquoEsoterik recht wil lkuumlrl ich verwendet je nach subjektivem Belieben Die am Wortsinn des Adjektivs (bdquoinnen bdquoinner-lich) orientierte Begriffsvariante im Sinne von Esoterik als bdquoinneren Wegen spiritueller Erfahrung vertreten vor allem mit der Jung-Schule sympathisierende Autoren So versteht etwa Georg Schmid unter bdquoEsoterik die Liebe zum uumlberall verborgenen inneren Geheimnis alles Wirklichen oder zur Innenseite aller Dinge (vgl 1992 S 55) Dementspre-chend versucht man hier die genuine Be-ziehung zum Begriff bdquoOkkultismus weit-gehend zu bestreiten und zwischen bdquoneuer und bdquoklassischer Esoterik staumlrker zu unterscheiden Demgegenuumlber orien-tiert sich der Esoteriker Hans-Dieter Leu-enberger staumlrker an der auf Levi zuruumlck-gehenden Begriffsvariante indem er bdquoEsoterik als bdquodas Wissen um eine Ener-gie die in allem vorhanden ist definiert (1989 S 22) dh als Aumlquivalent zum modernen monistischen Okkultismus Im allgemeinen definiert sich Esoterik aber nicht selbst und wenn sich nie-mand an eine bestimmte Definition haumllt sondern jeweils nur die bdquoeigene Erfah-rung als houmlchstes Kriterium gelten laumlszligt wird Esoterik zur reinen Worthuumllse fuumlr den eigenen Subjektivismus und Eklekti-zismus Diesen Subjektivismus vieler Anhaumlnger der Esoterik die die bdquoeigene Erfahrung absolut setzen ihr bdquosubjekti-ves Erleben als alleiniges bdquoWahrheits-kriterium gelten lassen und sich damit weigern sich irgendeiner Beschreibung

von bdquoEsoterik zuordnen zu lassen so daszlig sie fuumlr Kritik scheinbar unangreifbar werden charakterisiert treffend E Rung-galdier bdquoEs ist so weil ich es so erfahre oder erfahren habe Eine derartige Haltung vereitelt verstaumlndlicherweise den Diskurs als Mittel der Wahrheitssu-che (1996 S 27) bdquoEsoterik in diesem Sinn ist damit auch Symptom einer ge-wissen Schizophrenie (S 193) indem der einzelne sich gegenseitig Ausschlie-szligendes einfach kompiliert und die ver-schiedensten Rituale praktiziert waumlh-rend er im Alltag nach ganz anderen Prinzipien lebt und handelt

Esoterik und die bdquoEsoterik-Welle

Mit der Popularisierung der Esoterik in den letzten Jahrzehnten im Rahmen der sog bdquoEsoterik-Welle ergibt sich der pa-radoxe Vorgang daszlig ein elitaumlres Wissen um nicht allgemein zugaumlngliche Welt-hintergruumlnde oumlffentlich gemacht wird fuumlr die breite Masse frei zugaumlnglich sowie kommerzialisiert und marktfoumlrmig wird Das Spektrum des zur bdquoEsoterik Ge-rechneten erweitert sich erheblich und zu den bdquoEsoterik-Angeboten in Buch-handlungen oder auf Esoterik-Messen gehoumlren jetzt zB auch Literatur uumlber Schamanismus und fernoumlstliche Hei-lungspraktiken Feuerlauf-Seminare oder Flugreisen zu magischen bdquoKraftplaumltzen in Aumlgypten Suumldamerika oder Australien Als Teil der modernen bdquoErlebnisgesell-schaft wurde Esoterik auf diese Weise inzwischen zu einem beachtlichen Ge-schaumlftszweig auch in Deutschland Insbesondere in Verbindung mit diesen Tendenzen der Vermarktung und des bdquoEvent- oder Erlebnishaften hat Esoterik damit aber nur Teil an allgemeinen reli-gioumlsen Wandlungsprozessen die von Religionssoziologen vielfach beschrie-ben wurden und die man vorsichtig

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auch als bdquoneue Religiositaumlt bezeichnet Nach den amerikanischen Religionsso-ziologen Stark und Bainbridge (S 26ff) kann man drei charakteristische Erschei-nungsformen - genauer- drei Stufen der Organisiertheit - bdquoneuer Religiositaumlt in der Gesellschaft unterscheiden was ins-besondere auch auf die Esoterik zutrifft naumlmlich als bdquoaudience cult als bdquodient cult und als bdquocult movement was man etwa mit bdquoPublikum bdquoKundschaft und bdquoneue religioumlse Bewegung wiedergeben koumlnnte Dazu einige Beispiele bull Ein typisches Beispiel fuumlr die Katego-rie des bdquoPublikums-Kults ist das als bdquoEsoterik-Unterhaltungsspiel zur TIME-LIFE-Buchreihe bdquoDie Geheimnisse des Unbekannten konzipierte Spiel bdquoMysti-sche Reise zur 6 Dimension Das ist ein Gesellschaftsspiel durch das man ei-nen betraumlchtlichen Teil des esoterischen Weltbilds kennenlernen kann und sozu-sagen spielerisch in die Esoterik einge-weiht selbst zum bdquoMagier wird Statt also wie beim bdquoMonopoly moumlglichst schnell reich zu werden hat derjenige gewonnen der zuerst bdquodie (geistige) Ver-vollkommnung erreicht Wer dieses Spiel spielt reiht sich in die zahlen-maumlszligig wohl umfassendste Erscheinungs-form heutiger Esoterik ein - das was Stark und Bainbridge einen bdquoaudience cult nennen ein riesiges bdquoPublikum von Konsumenten die die gleichen Buumlcher lesen die gleichen Fernsehsen-dungen und Videos betrachten und die gleichen Fantasy-Spiele spielen Bern-hard Grom bezeichnet diese Erschei-nungsform heutiger Esoterik auch als bdquoGebrauchs-Esoterik (1986) bull Mit einer weiteren Dimension heuti-ger Esoterik bekommt man es zu tun wenn man seine eigenen bdquovier Waumlnde verlaumlszligt und sich in einem esoterischen bdquoWorkshop anmeldet oder von einem Reinkarnationstherapeuten wie Thor-

wald Dethlefsen beraten dh in fruumlhere Erdenleben bdquozuruumlckfuumlhren laumlszligt Da dies alles viel Geld kostet kommt ein Kund-schaftsverhaumlltnis zu dem Veranstalter ein bdquod ient cult zustande und so kann man sich diesen Bereich esoterischer Angebote als einen riesigen bdquoMarkt des Uumlbersinnlichen vorstellen Sog bdquoEsote-rik-Messen mit vielen hundert Besu-chern werden seit Jahren in unseren Groszligstaumldten veranstaltet - Auf der Esoterik-Messe bdquoAura anlaumlszlig-lich der bdquoBasler Psi Tage 1997 auf dem Basler Messegelaumlnde wurde zB ein breites Angebot an exotischen bdquoGesund-heitsprodukten vorgestellt - von in-dianischen Edelsteinen uumlber Pyramiden aus Draht Blech oder Holz (64- bis 380- sfr) bis zu Auraschutzmedaillons (168- sfr) oder Amuletten aus bdquoFeng Shui Energie (in Gold 300- sfr) Ein fuumlr 170- sfr angebotenes bdquoKinesiometer soll mit Hilfe von bdquoarchetypischen Ur-informationen in den Zellen aus terre-strischen und kosmischen Energien an-zeigen ob ein Nahrungsmittel oder ein Gedanke gut oder schlecht auf den Be-nutzer wirkt - Wahrsager Kartenleger und bdquoAura-Vi-sionsberater boten in kleinen Kabinen ihre bdquoKuumlnste fuumlr bis zu 300- sfr an - Aber auch Sekten und religioumlse Kulte traten hier in Erscheinung Auf dem Stand der bdquoSahaja Yoga -Gruppe wurde unentwegt vor dem Bild Shri Mataji Nir-mala Devis zwecks Weckung der bdquoKun-dali ni-Energie meditiert Hare-Krishna-Anhaumlnger verabreichten dem flanieren-den Messe-Publikum vegetarische Kost Der Bruno-Groumlning-Freundeskreis warb fuumlr den beruumlhmten bdquoWunderheiler und Anhaumlnger des bdquoMetharia-Vereins aus Eckernfoumlrde versprachen Kontakte zu bdquoauszligerirdischen Santinern bull Waumlhrend es beim bdquoEsoterik-Publi-kum und bei der bdquoEsoterik-Klientel we-

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der eine feste Mitgliedschaft noch eine dauerhafte Festlegung auf ein definiertes Glaubenssystem oder eine religioumlse Fuumlh-rergestalt gibt ist dies bei den organi-sierten Weltanschauungsgemeinschaften der Fall Neben den verschiedenen Ab-spaltungen von der bdquoTheosophischen Gesellschaft Helena Blavatskys aus der 1913 auch Rudolf Steiners bdquoAnthroposo-phie hervorging sind bei uns vor allem spiritistische und sog Neuoffenbarungs-gruppen aktiv in denen bdquoMedien oder bdquoSprechwerkzeuge Gottes Kundgaben geistiger Wesenheiten aus dem Jenseits aber auch von bdquoGott-Vater oder bdquoJesus Christus an ihre Anhaumlnger weitergeben In Brasilien und anderen Laumlndern der bdquoDritten Welt umfassen solche esoteri-sche bdquoneue Religionen oft Gemein-schaften mit vielen Millionen Mitglie-dern Da diese bdquocult movements Heils-Versprechungen in Form eines umfassen-den esoterischen bdquoWissens bdquoGnosis und bdquoSinnorientierung durch zT ge-waltige Gedankensysteme bieten spricht man hier auch von bdquoSystem-Esoterik Man hat es wenn man diese Erschei-nungsformen heutiger Esoterik zusam-menfassend uumlberblickt also mit zwei verschiedenen Ebenen zu tun - der Ebene des sog bdquoEsoterik-Marktes mit einer unuumlberschaubaren Zahl von Anbietern von Kursen Seminaren Buumlchern und sonstigen Waren (zB Amuletten Kristallen Duftstoffen Flug-reisen usw) - der Ebene der organisierten Weltan-schauungsgruppen Nur im Blick auf die erste Ebene kann man eigentlich von einer bdquoEsoterik-Welle oder einem bdquoEsoterik-Boom sprechen Waumlhrend die zT noch im 19 Jahrhundert entstandenen organisier-ten Gruppen nur ein relativ geringes Wachstum oder Stagnation verzeichnen ergibt sich die Dynamik des bdquoEsoterik-

Booms vor allem aus den freien esoteri-schen Angeboten Dies haumlngt mit bestimmten Entwicklun-gen in unserer Gesellschaft zusammen Im Unterschied zur Tradition der Esote-rik selbst und ihren antiken und mittelal-terlichen Wurzeln in Gnosis Hermetik und Kabbala ist der heutige bdquoEsoterik-Boom ein Phaumlnomen des saumlkularen Zeitgeistes Deshalb zeigt sich in der sog bdquoEsoterik-Welle die moderne Eso-terik vorwiegend von ihrer banalen Seite - zum Entsetzen vieler Esoteriker die sich deshalb uumlber ihre fragwuumlrdige Po-pularisierung nicht so ungeteilt freuen koumlnnen

Der bdquoesoterische Ansatz

Dabei koumlnnen sie sich auf einen durch-aus respektablen religioumls-weltanschauli-chen Ansatz beziehen wie er vor allem den Lehren und Praktiken vieler organi-sierter Weltanschauungsgruppen der Esoterik zugrundeliegt und zT in bana-lisierter Form in den bdquoVersatzstuumlcken der kommerziellen Anbieter wieder-kehrt Esoterik - das ist doch die Weltreligion der Zukunft meinte eine Dame waumlhrend eines Gespraumlchsabends mit kirchlichen Mitarbeiterinnen in einer Berliner Kir-chengemeinde Abgesehen von dem da-mit verbundenen Versuch sich mit die-sem Bekenntnis gegenuumlber jeder Kritik zu immunisieren steckt hinter dieser Meinung der richtige Eindruck daszlig die moderne Esoterik seit Helena Blavatsky eine Art bdquointerreligioumlse Bewegung zur Vereinheitlichung der Menschheit und der Religionen ist wie es die bdquoTheoso-phische Gesellschaft in ihren Zielen ausdruumlcklich formuliert (Bildung einer bdquouniversellen Bruderschaft der Mensch-heit) Hinter dem Interesse an den nicht banalisierten Erscheinungsformen der

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Esoterik scheint bei vielen Menschen vor allem das Beduumlrfnis nach Bewaumlltigung des religioumlsen Pluralismus und anderen Globalisierungsphaumlnomenen unserer Zeit zu stehen Der einzelne sieht sich einer Religionsvielfalt gegenuumlber aus der er auswaumlhlen muszlig (P L Berger) Die un-uumlberschaubare Vielfalt der Weltanschau-ungen tritt aber dabei in eine Spannung zu dem spirituellen Beduumlrfnis nach Ver-einheitlichung und Harmonie Von dieser Sehnsucht vieler Menschen profitiert heute die Esoterik Vor allem die bdquoSystem-Esoterik verschiedener Grup-pen wie der Anthroposophie oder ein-zelner Autoren wie Dethlefsen oder Dahlke ist gegenwaumlrtig einer der in der Oumlffentlichkeit bis ins bdquoBildungsbuumlrger-tum hinein einfluszligreichsten Versuche einer Bewaumlltigung des religioumlsen Plura-lismus durch eine religioumls-weltanschau-liche Vereinheitlichung - darin mit dem Fundamentalismus als Versuch einer bdquoverbindlichen Loumlsung aller gesell-schaftlichen Fragen von einem religiouml-sen Fundament aus durchaus konkurrie-rend Auch esoterische Gruppen koumlnnen den einzelnen trotz aller bdquoDogmenkri-tik ebenso mit Vorschriften hinsichtlich seiner Lebensfuumlhrung vereinnahmen vom Fernseh-Verbot bis zum Vegetarismus oder bdquolichtdurchlaumlssiger Kleidung Vertreter der bdquoneuen esoterischen Reli-giositaumlt bekraumlftigen dabei immer wie-der es sei eigentlich nicht so wichtig wo einer den bdquospirituellen Weg betritt denn alle Religionen und Traditionen seien recht verstanden nur Ausdruck der einen allumfassenden Wahrheit- in jeder von ihnen sei der bdquowahre Kern der esoterischen Weisheit enthalten Man kann dies als den bdquoesoterischen An-satz bezeichnen denn eben diese Sichtweise ist der Kern und das innerste Motiv der modernen Esoterik seit der Gruumlndung der bdquoTheosophischen Gesell-

schaft 1875 als einer Art bdquointerreligioumlser Bewegung Er besagt daszlig angeblich al-len Weltreligionen eine gemeinsame aber geheime esoterische bdquoWeisheits-lehre oder bdquoUr-Weisheit zugrunde-liegt Die verschiedenen religioumlsen Tra-ditionen seien nur historisch beschraumlnk-te Auspraumlgungen davon In der heute wohl bei uns verbreitetsten Einfuumlhrung in die Esoterik - Thorwald Dethlefsens Bestseller bdquoSchicksal als Chance - wird die bdquoheilige Lehre der Esoterik in diesem Sinne z B als bdquodas Urwissen zur Vollkommenheit des Men-schen (so der Untertitel) bezeichnet es handele sich um eine Lehre die jenseits aller begrenzten Formen der Religionen die bdquozeitunabhaumlngige der Menschheit jemals zugaumlngliche bdquoSumme des Wis-sens uumlber das Universum darstelle Eso-teriker glauben daszlig diese unspruumlngliche bdquoWeisheitsreligion durch moderne Wis-senschaft und christliche Kirchen ent-stellt oder vergessen wurde aber durch bdquogeheime Uumlberlieferungen und bdquoEinge-weihte die Zeiten uumlberdauern konnte -Gedanken auf denen heute eine un-uumlberschaubar gewordene esoterische bdquoVerschwoumlrungsliteratur aufbaut Aber nicht nur einzelne Autoren auch zahlreiche esoterische Weltanschau-ungsgemeinschaften verfolgen dieses Ziel einer Vereinheitlichung unter esote-rischem Vorzeichen Der Begruumlnder der Anthroposophie Rudolf Steiner meinte zB bdquodaszlig aus der anthroposophischen Stimmung das volle Verstaumlndnis des Wahrheitskerns aller Religionen folgen wi rd (GA 148133) Schon 1904 als Generalsekretaumlr der deutschen Sektion der bdquoTheosophischen Gesellschaft aumluszligerte er in einem Vortrag daszlig bdquodie theosophische Anschauung im Grun-de genommen kein Bekenntnis aus-schlieszligt alle aber einschlieszligt Alle bdquogroszligen Weisheitslehrer so meinte er

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im Sinne dieses esoterischen inklusivi-stischen Synkretismus - bdquoder aumlgyptische Hermes die alten indischen Rishis Za-rathustra die chinesischen Weisheits-lehrer Laotse und Konfuzius die Einge-weihten der alten Juden ferner Pythago-ras und Plato und endlich die Lehrer des Christentums selbst - haumltten die allge-meine esoterische bdquoWeisheitslehre ver-treten Heute sehen besonders New Age-Vertre-ter in der Akzeptanz dieses esoterischen Inklusivismus das Heraufkommen einer groumlszligeren alle Religionen umfassenden bdquoOumlkumene des Wassermann-Zeitalters hinter der die bdquokleine Oumlkumene der Kir-chen hoffnungslos zuruumlckbleibe Im groszligen Stil wurde dieser bdquoesoterische Ansatz erstmals in der 1875 von Helena Blavatsky und anderen gegruumln-deten bdquo Theosophischen Gesellschaft durchgefuumlhrt Die moderne Theosophie beansprucht nach dem deutschen Theo-sophen Hermann Rudolph bdquodas einzig Wesentliche und Gemeinsame aller Re-ligionen zu ihrer Grundlage zu haben bdquoLiebe das goumlttliche Selbst in dir und in allem lautet die Forderung aller wahren Religion Geistig aufgefaszligt sind und wol -len alle Religionen dasselbe Sie ent-springen saumlmtlich einer Quelle (Theo-sophie Bd I Leipzig 21916 S 34f) Bezuumlglich der Inhalte dieser angeblich allen Religionen zugrundeliegenden esoterischen bdquoUr-Weisheit stoumlszligt man in der Literatur im wesentlichen auf drei Grundvora ussetzungen - einen weltanschaulichen Monismus - einen paumldagogischen Evolutionismus und - eine fuumlr die Gnosis typische Erkennt-nis- und Erloumlsungslehre im Sinne von Selbsterkenntnis als bdquoErloumlsung Das monistische Element kommt in der heutigen Esoterik vor allem in der weit verbreiteten Vorstellung zum Ausdruck

daszlig der ganze Kosmos durchstroumlmt ist von einer einheitlichen universellen bdquoLebensenergie die man mit Begriffen aus ganz unterschiedlichen Traditionen bezeichnet wie bdquoPrana bdquoChi bdquoOd-Kraft bdquoHeilkraft oder bdquoBioenergie Der paumldagogische Evolutionismus der modernen Esoterik ist nichts anderes als eine esoterische Umformung des moder-nen Fortschrittsglaubens ein bdquomysti-scher Utopismus wonach durch bdquoErzie-hung allmaumlhlich ein paradiesischer Zu-stand der vollstaumlndigen Vergeistigung al-les Materiellen herstellbar sei Die mei-sten esoterischen Anbieter versprechen dem heutigen Menschen eine Art bdquoEvo-lutionsfoumlrderung durch ihre Schulun-gen und Kurse daszlig sie sich auf dem Wege der Selbsterkenntnis selbst ver-vollkommnen und damit selbst erloumlsen koumlnnen Das ganze Leben in der Welt ist eine bdquoSchule in die wir immer wieder zuruumlck muumlssen mittels Re-Inkarnation bis wir unser bdquoPensum gelernt haben und uns fuumlr das Dasein in houmlheren gei-stigen Sphaumlren qualifiziert haben Aber es gibt auch fruumlhere Menschen die die-sen Weg bereits absolviert haben bdquoEin-geweihte und goumlttliche Wesenheiten von denen die jetzigen Menschen bdquoge-schult werden und an deren Spitze die in der Theosophie als bdquoGroszlige Weiszlige Bruderschaft bezeichnete houmlchste gei-stige Hierarchie unserer Welt steht Die dritte inhaltliche Grundvoraus-setzung der heutigen Esoterik laumluft auf eine esoterische Umformung moder-ner Selbstverwirklichungs-Escha tologien hinaus bdquoErinnere dich daszlig du ein Gott bist In jedem Menschen so die gnosti-sche Grundannahme seit Blavatskys bdquoTheosophie ist ein bdquogeistig-goumlttlicher Funke ja nach Blavatsky ist dieser bdquo in-nere Mensch uumlberhaupt bdquoder einzige Gott von dem wir irgendeine Kenntnis erlangen koumlnnen (bdquoDer Schluumlssel zur

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Theosophie 1889) Die heutige Esote-rik-Literatur ist voll von diesem Gedan-ken und banalisiert ihn schier endlos nach dem Motto der amerikanischen Filmschauspielerin Shirley MacLaine bdquoGott ist in jedem einzelnen von uns Gott traumlgt man in sich Jeder ist sein eigener Guru (vgl MD 1988 S 179)

Esoterik und die bdquoErlebnisgesellschaft

Daszlig solche bdquoWeisheiten heute immer oumlfter von Filmschauspielern Kuumlnstlern oder Sportlern usw verbreitet werden weist auf eine betraumlchtliche bdquoDisper-sion des Religioumlsen in der modernen Gesellschaft hin das laumlngst nicht mehr von den Vertretern der traditionellen religioumlsen Institutionen monopolisiert wird Man hat unsere Gesellschaft auch als moderne bdquoErlebnisgesellschaft cha-rakterisiert (Schulze) denn Umfragen haben ergeben daszlig bei den meisten Menschen der bdquoErlebniswert das ent-scheidende Motiv bei der Wahl einer bestimmten Sache eines Konsumarti-kels einer Fernsehsendung - aber auch beim Treffen von bdquoLebensentscheidun-gen und in bdquoreligioumlsen Fragen ist Auf-grund der bdquoErlebnisorientierung vieler Menschen expandiert der Erlebnis- und Unterhaltungs-Markt immer mehr in Be-reiche die fruumlher bdquoerlebnisneutral wa-ren - wie Arbeit Bildung und Politik Eine Auto- oder Bahnfahrt soll nicht nur schnell voran bringen sondern auch ein bdquoErlebnis sein wie die Werbung ver-heiszligt Auch auf religioumlsem Gebiet waumlhlt der Mensch mehr und mehr das aus was bei ihm - moumlglichst kurzfristig - zu einer in-neren Befriedigung fuumlhrt - und genau auf dieses Beduumlrfnis sind viele esoteri-sche Angebote mit religioumlsem Anspruch zugeschnitten Viele verstehen daher unter bdquoEsoterik heute einfach daszlig jeder

seinen eigenen religioumlsen Weg geht bdquoEsoterik wird damit zur reinen Wort-huumllse fuumlr den eigenen Individualismus der sich nicht kuumlmmert um das was an-dere oder was die Kirche sagt sondern nur noch fragt bdquoWas hilft mirV Man hat dies auch als bdquomoderne Cock-tail- oder Patchwork-Religiositaumlt be-zeichnet Dem flickenteppichhaften An-gebot entspricht auf der Seite der bdquoVer-braucher oder bdquoKonsumenten eine entsprechende Individualisierung ein Subjektivismus und ein Eklektizismus Was zaumlhlt bei der Auswahl ist letztlich der persoumlnliche Geschmack die bdquoeigene Erfahrung oder der bdquoErlebniswert Damit haumlngt auch die Schwierigkeit zu-sammen allgemeinguumlltig zu definieren was heute alles unter bdquoEsoterik verstan-den wird Das Wort wird zum bdquoContai-ner-Begriff zum Inbegriff der weltan-schaulichen Individualisierung und Plu-ralisierung schlechthin oder zum Aus-druck fuumlr den Trend bdquoIch suche mir meine eigene Religion Ein Esoterik-Or-gan brachte dies einmal auf houmlchst be-zeichnende Weise zum Ausdruck bdquoEs ist wunderbar daszlig es endlich wieder die Vielfalt der Moumlglichkeiten gibt Daszlig es christliche Kirchen Zenmeditation Ta-rot Astrologie I-Ging daszlig es Wunder-heiler Geistheiler Heilpraktiker Aumlrzte Psychotherapeuten und alternative The-rapeuten gibt Es ist das Recht jedes Menschen sein Heil auf seine ganz indi-viduelle Art zu suchen und zu finden (vgl MD 1997 S 198)

Esoterik und die Dispersion des Religioumlsen

Daszlig der gesellschaftliche Prozeszlig ziel-strebig auf eine totale bdquoSaumlkularisierung und bdquoReligionslosigkeit zugehe wird -wie bereits oben festgestellt - in dieser Einseitigkeit heute unter Soziologen und

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Theologen kaum noch vertreten Man geht vielmehr von einem Neben- und Ineinander divergierender Tendenzen von Saumlkularisierung und (Re-)Sakralisie-rung bzw (Re-)Mythologisierung aus Gleichzeitig bedeutet diese Entwicklung aber aus der Sicht der traditionellen reli-gioumlsen Institutionen eine bdquoVerduumlnnung und bdquoDispersion (Verteilung) von Reli-gion Damit ist das Entstehen einer bdquoamorphen Weltanschauung gemeint die weder religioumls noch atheistisch im uumlberlieferten Sinn ist eine Art bdquoideologi-scher Nebel (Asendorf) dessen Hinter-grund meist eine diffuse monistische Weltsicht ist Dieser Vorgang scheint sich auch in anderen Gesellschaften zu wiederholen zum Beispiel im postkom-munistischen Ruszligland wo die Zahl der bdquoneureligioumls Glaumlubigen (im Sinne die-ser amorphen religioumlsen Weltsicht) waumlchst Auch bei uns ist bdquoEsoterik haumlu-fig nur der Inbegriff dieses diffusen bdquoreli-gioumlsen Lebensgefuumlhls und sowohl Aus-druck dieser neureligioumlsen Tendenzen als auch ein ihre Ausbreitung mit am staumlrksten foumlrderndes Mittel Der Freiburger Religionssoziologe Mi-chael N Ebertz hat diese Veraumlnderungen auf die Formel von der bdquoDispersion des Religioumlsen gebracht bdquoDie wachsende Dispersion des Religioumlsen also seine Verteilung auf ganz unterschiedliche Orte Anbieter und Sozialformen scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein (1997 S 111) Funktionen von Re-ligion werden immer haumlufiger von nicht-kirchlichen Bereichen der Gesellschaft und ihren Agenten uumlbernommen - von Therapien Kunst Kultur Konsum Sport uam bdquoEs scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein daszlig Religioumlses - Weltorien-tierung Handlungsformierung und Ohn-machtsbewaumlltigung - auch dort zu ha-ben ist wo kein Schild Religion hier zu haben steht inzwischen sogar auf dem

oumlkonomischen Markt Sichtbare Konse-quenz dieses Dispersionsprozesses ist nach Ebertz bdquoIndem Lebensberater So-zialarbeiter Aumlrzte Lehrer fuumlr Gymnastik Ausdruckstanz und fernoumlstliche Sportar-ten Psychologen und Psychotherapeu-ten Fernsehstars und -Produzenten so-wie Kuumlnstler mit dem geistlichen Amts-traumlger alten Schlags in Konkurrenz tre-ten tragen sie zur Entgrenzungdes reli-gioumlsen Feldes bei und daruumlber zu einer -zumindest partiellen - Entdifferenzie-rung der Lebensbereiche Im Effekt kann dann jede(r) nicht nur eine Sekte sein sondern auch ein Theologe und Prie-ster und jede(r) seine eigene Sekte sein eigener Theologe und sein eigener Priester (S 148f) Auch die bdquoesoterische Dauerwelle ist eine der schillerndsten Konsequenzen dieses von Ebertz beschriebenen Prozes-ses indem ehemals von den christlichen Kirchen gepraumlgte Bereiche der Weltori-entierung und Ohnmachtsbewaumlltigung fuumlr weite Bevoumllkerungskreise nunmehr von esoterischen Anbietern oder von Ak-teuren aus der Unterhaltungs- und Mo-dewelt bedient werden Eines unter un-zaumlhligen Beispielen ist etwa das Buch des als bdquoneuer Nostradamus apostro-phierten Pariser Modemachers und Eso-terik-Autors Paco Rabanne bdquoDas Ende unserer Zeit Aufbruch in das Wasser-mann-Zeitalter (Muumlnchen 1996) bdquoVer-gleichbar dem Johannes dem Verfasser der nach ihm benannten Apokalypse kuumlndigt er die Rettung der Gerechten an und ein von Harmonie gekennzeich-netes kommendes Wassermann-Zeital-ter heiszligt es auf dem Buchdeckel gleichsam wie zur Bestaumltigung von Ebertz These uumlber die bdquoEntgrenzung des religioumlsen Feldes in dem dann jeder sein eigener bdquoProphet ist Diese Entwicklung wird begleitet von verschiedenen Trends die Ebertz als

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Trend zur Vermarktung des Religioumlsen (S 11 Off) als Trend zur religioumlsen Un-verbindlichkeit (S 76ff) und als Trend zum religioumlsen Individualismus zu Selbstentfaltungswerten und zur reli-gioumls-synkretistischen Autozentrik (S 75) charakterisiert Glaubensvorstellungen unterschiedlicher religioumlser Traditionen werden - gerade auch unter esoteri-schem Vorzeichen als angebliche eso-terische bdquoUr-Weisheit der Menschheit -selbst bei Kirchgaumlngern miteinander synkretistisch kombiniert Nach J Eiben (Shell-Jugend-Studie 1992) ergibt sich der Befund bdquodaszlig sich die Mitglieder und Sympathisanten okkulter und esote-rischer Gruppen zu einem Drittel aus Kirchgaumlngern rekrutieren (bei Ebertz S 74) bdquoEsoterik ist die gegenwaumlrtig populaumlrste Bezeichnung dieser sich verfluumlchtigen-den und dispergierenden Religiositaumlt Versteht man die esoterische bdquoDauer-welle als Ausdruck und Medium dieser Dispersionsprozesse so ist die Frage im Blick auf die weitere Entwicklung also wie weit sich die Dispersion des Religiouml-sen fortsetzt - und damit zugleich auch die esoterische Dauerwelle Denkbar ist aber auch daszlig dieser Prozeszlig in Zukunft unter ganz anderen Bezeichnungen wei-tergeht als unter der Worthuumllse bdquoEsote-rik Es ist aber auch moumlglich daszlig bdquoEso-terik zu einem Dauerkennzeichen sol-cher Tendenzen der Pluralisierung Indi-vidualisierung und Dispersion des Reli-gioumlsen wird Auf ein wichtiges Beispiel fuumlr die bdquoVer-teilung (Dispersion) des Religioumlsen in unserer Gesellschaft - und damit zu-gleich auch fuumlr die Ausbreitung esoteri-scher Vorstellungen - kann hier nur in Kuumlrze hingewiesen werden den Ge-sundheitssektor Bernhard Grom er-schien es juumlngst als wuumlrde sich bdquodie Eso-terik- und Alternativkonjunktur der 80er

Jahre seit einiger Zeit in einer Gesund-heitswelle fortsetzen (1998 S 413) bdquoGesundheit wird zu einem neuen bdquoHoumlchstwert - vor dem Hintergrund einer bdquoLeistungs- und bdquoErlebnisgesell-schaft die die jederzeitige bdquoFitness und das Wohlbefinden ihrer Mitglieder fordert Es scheint als ob die Konjunktur esoterischer Heilungsangebote vor allem vor dem Hintergrund dieser gesellschaft-lichen Tendenzen zu deuten ist und bis auf weiteres die bdquoEsoterik-Welle in be-sonderer Weise praumlgen wird Und hier spielen neben alternativen Entspan-nungs- Ernaumlhrungs- und Bewegungs-methoden (Yoga Demeter-Kost Kinesio-logie ua) vor allem esoterisch gepraumlgte Glaubensvorstellungen - insbesondere der Glaube an eine jederzeit verfuumlgbare bdquouniverselle Heilkraft oder bdquoLebens-kraft - eine Rolle Sogar das Parfuumlm von Paco Rabanne heiszligt nicht zufaumlllig bdquoenergy (FAZ-Magazin Nr 942 20 3 1998) Der Versuch der Heilung konkre-ter Krankheitssymptome und der An-spruch damit zugleich das bdquoesoterische Ur-Wissen von der Verwirklichung des ewigen Heils des Menschen verfuumlgbar zu haben gehen hier vor dem Hinter-grund der bdquoDispersion religioumlser Erwar-tungen auf bdquofreie esoterische Heilungs-angebote und Anbieter eine weder christlich noch fachlich-medizinisch vertretbare Einheit ein Von diesem und vielen anderen Gesichtspunkten aus regt sich daher immer haumlufiger Kritik an der heutigen Esoterik sowohl von kirchlich-theologischer als auch wissenschaftli-cher als auch politischer Seite

Esoterische Religiositaumlt auf dem Pruumlf-stand

Wie sollen Kirche und Gesellschaft rea-gieren angesichts dieses Befunds neuer esoterischer Religiositaumlt

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Ein wirklicher Dialog ist wohl nur mit wenigen Gruppen aus dem Bereich der bdquoSystem-Esoterik moumlglich (vgl zB M D 1997 S 91 ff zur Anthroposophie) Man kann die theologische Auseinanderset-zung mit den verschiedenen Erschei-nungsformen heutiger Esoterik an den genannten drei Hauptinhalten moderner Esoterik (so S 264) orientieren - Dem Monismus der Esoterik gegen-uumlber waumlre der biblische Schoumlpfungsglau-be eine geeignete Basis fuumlr die Kritik - Dem paumldagogischen Evolutionismus der Esoterik ihrem Angebot der Schaf-fung immer neuer bdquoDo-it-yourself-Para-diese auf Erden gegenuumlber waumlre mit der reformatorischen Rechtfertigungslehre zu argumentieren daszlig das Heil des Menschen nicht bdquomachbar ist sondern reines Geschenk Gottes - Und der gnostischen Erloumlsungslehre der Esoterik mit ihrer bdquoSelbstverwirkli-chungs-Eschatologie von der Realisie-rung des bdquogoumlttlichen Selbst im Men-schen waumlre die christliche Eschatologie entgegenzustellen wonach das Reich Gottes seit Jesus von Nazareth zwar bdquoun-ter uns ist aber sein endguumlltiges Kom-men noch aussteht solange der Mensch in der Suumlnde verharrt sein endguumlltiges Kommen Gnade ist (Mt 2534) Diese theologischen Punkte betreffen im wesentlichen die kirchliche Auseinan-dersetzung mit der bdquoSystem-Esoterik der organisierten Weltanschauungsgruppen Die gesellschaftliche Auseinanderset-zung (su) hat es daruumlberhinaus vor al-lem mit bestimmten Auswuumlchsen des bdquoEsoterik-Marktes und der Dispersion des Religioumlsen zu tun

Schoumlpfungsglaube versus Monismus

Der Monismus der modernen Esoterik seine Anschauung von einer bdquokosmi-schen Lebenskraft die alles durchflutet

kann die Kirche an vergessene Wahrhei-ten und Schaumltze ihrer eigenen Tradition erinnern Oft hat ein theologischer Intel-lektualismus vergessen- Der Mensch lebt in natuumlrlichen kosmischen Bezuumlgen ist Teil einer natuumlrlichen Ordnung bdquoAlle Krankheit sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoentspringt einer vierfachen Entfrem-dung von Gott vom Du von der Mutter Erde und von sich selbst Heilung und Heil sind nur zu erlangen wenn der Mensch in allen vier Lebensbezuumlgen umgewandelt wird und sich wandelt -in seinem religioumlsen Verhaumlltnis zu Gott in seiner sozialen Beziehung zu seinen Mitmenschen in seinen natuumlrlichen Be-zuumlgen zum Kosmos und in seinen indivi-duellen Bezuumlgen zu sich selbst Dh wenn sich der Mensch bdquoganzheitlich in der Konkretheit von Leib Seele und Geist begreift Eine Schluumlsselrolle spielt dabei der religioumlse Bezug zu Gott Der Christ weiszlig Der Mensch verdankt sich nicht einer unpersoumlnlichen Kraft im Kos-mos sondern bdquoschlechthin abhaumlngig weiszlig er sich nur von einem persoumln-lichen Du das ihn gewollt hat Das meint der Glaube an den bdquoSchoumlpfer und an die Welt als Gottes bdquoSchoumlpfung Darum kann der Christ Gott Gott und die Welt Welt sein lassen Im Monismus der Esoterik wird der Ur-sprung der Schoumlpfer des kosmischen Le-bensstroms der Leben uumlberhaupt erst er-moumlglicht weitgehend ausgeblendet Und damit haumlngt es zusammen daszlig der Mensch seine Endlichkeit und Ge-schoumlpft ichkeit nicht aushalten und des-halb zu Totalkonzepten von Selbst-Erlouml-sung und bdquoGanzheitlichkeit in einem fragwuumlrdigen Sinn seine Zuflucht neh-men muszlig Das ist besonders im Sektor esoterischer Heiler und Heilungsange-bote zu erkennen Eines der zur Zeit verbreitetsten Esoterik-Buumlcher mit dem Titel bdquoDie Fuumlnf Tibe-

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ter seit Monaten auf den Bestseller-Listen ganz oben verheiszligt dem Men-schen durch simple Yoga-Uumlbungen nicht nur groumlszligere Fitness sondern so etwas wie die Erlangung bdquoewiger Jugend -also letztlich einen alles Irdische soweit bekannt transzendierenden Heilszu-stand (vgl dazu Kakuska 1997) Es gibt auf dem bdquoEsoterik-Markt regelrechte bdquoUnsterblichkeits-Trainings in denen den Teilnehmern (gegen gutes Geld natuumlrlich) nicht nur eingeredet wird daszlig sie gar nicht sterben koumlnnten weil sie selbst bdquogoumlttl ich seien sondern daszlig es sogar die Moumlglichkeit gebe bdquoauf ewig im Koumlrper zu bleiben (vgl M D 1992 S 188 ff) Dh Auch auszligermedizinische zB re-ligioumlse Sachverhalte werden im Rah-men esoterischer Totalkonzepte von bdquoGanzheitlichkeit freigegeben fuumlr den Heiler oder - oft nur selbsternannten -Therapeuten Von der bdquoKrake Sciento-logy soll hier gar nicht weiter die Rede sein Sie ist ja in gewisser Hinsicht nur eine versektete durch ihr Geschaumlftsge-baren besonders bdquoauffaumlllige Form sol-cher bdquoEinfachst- oder bdquoPrimitiv-Esote-rik wie den bdquoFuumlnf Tibetern die dem bdquoKlienten am Ende nicht nur Gesund-heit und Heilung (den Clear-Zustand) sondern auch noch uumlber-menschliche Faumlhigkeiten (den bdquoOperating-Thetan-Zu-stand) verspricht - mit bdquoArbeitsvertrauml-gen uumlber Jahrmillionen die unsere irdi-sche Existenz in unbekannte Dimensio-nen uumlbersteigen Damit kommt bereits der zweite fuumlr die theologische Auseinandersetzung mit der Esoterik wichtige Punkt in den Blick - ein bdquomagisches Machbarkeitsdenken durch das die neue esoterische Religio-sitaumlt dem modernen Rationalismus und der Welt der technischen Lebensbewaumll-tigung naumlher steht als sie meist glauben machen wi l l

Rechtfertigungslehre versus paumldagogi-scher Evolutionismus

Moderne Esoterik und Okkultismus sind Kinder des 19 Jahrhunderts als der Ent-wicklungsgedanke und darauf aufbau-ende Fortschritts-Utopien aufzubluumlhen begannen Keine der heutigen Esoterik-und Okkultbewegungen ist aumllter als 150 Jahre Es gibt sie immer noch die bdquomo-dernen Selbstverwirklichungs-Eschatolo-gien und bdquoDo-it-yourself-Paradiese deren Zusammenbruch mancher Theo-loge zu erkennen meint - naumlmlich vor allem in Gestalt heutiger bdquoEsoterik Eine Erklaumlrung warum sich viele Menschen heute gerade zu dieser esoterischen Re-ligiositaumlt hingezogen fuumlhlen duumlrfte in deren Nauml7e zum modernen Wissen-schafts- und Technikglauben zum Glau-ben an die bdquoMachbarkeit aller Dinge liegen Die moderne esoterische Reli-giositaumlt beansprucht zu wissen und nicht mehr bloszlig zu glauben und sie moumlchte moumlglichst kurzfristige bdquoErfahrungen und bdquoBeweise der bdquoErloumlstheit des Men-schen - Der Geistheiler weiszlig wie die Heil-kraft oder bdquoLebenskraft aus dem Kos-mos manipuliert wird (Daskalos) - Kuumlbler-Ross weiszlig daszlig es ein Leben nach dem Tod gibt sie vertraut nicht nur darauf - Der Spiritist legt bdquoBeweise vor fuumlr ein Uumlberleben des Todes Die bdquoGeister re-den in den spiritistischen Sitzungen und damit seien bdquoBeweise erbracht daszlig der Mensch auf einer geistigen Ebene wei-terexistiert - Die Anthroposophie versteht sich ebenfalls nicht als Glaube oder bdquoReli-gion sondern ausdruumlcklich als bdquoGe-heim- oder bdquoGeistes- Wissenschaft weil Rudolf Steiner ein bdquoWissen eine bdquoErkenntnis uumlber die bdquogeistige Welt ge-bracht habe

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Das biblische Verstaumlndnis des Glaubens als bdquoNicht sehen und doch Gott ver-trauen ist der Esoterik zutiefst fremd Man laumlszligt nur angeblich Beweisbares und rational Einsehbares als Lehre gel-ten Dementsprechend wird auch das Beten umfunktioniert zu einer Art bdquosaumlkularer Magie oder Heilstechnologie bdquoMi t meinen Gebeten kann ich jeden aus der Firma entfernen mit diesen Worten wurde einmal im bdquoSpiegel eine Anhaumln-gerin der theosophischen bdquoI AM-Bewe-gung zitiert die von einem millionen-schweren Schokoladenfabrikanten in der Schweiz geheiratet worden war Nach dem Philosophen Peter Sloterdijk steht das bdquogeheime Wissen der Esoterik dem mit moderner Technik oft verbun-denen Macht- und Erloumlsungsstreben des Menschen naumlher als es auf den ersten Blick scheint Wenn schon bdquoWissen Macht ist dann erscheint bdquomagisches Wissen als absolute Macht (vgl FAZ-Magazin Nr 836 8 3 1996) Waumlhrend christliche Religion den Men-schen zu seiner Erloumlsung grundlegend als der Gnade Gottes beduumlrftig versteht ist die esoterische Religiositaumlt vor allem eine Angelegenheit des Humanum des Menschen dem es um die Steigerung menschlicher (Erfahrungs-)Moumlglichkei-ten geht der seine Nichtigkeit erfaumlhrt aber sich selbst das houmlchste Wesen bleibt indem er seine tiefe Verlorenheit von sich aus aus eigenen Kraumlften auf dem Weg eines bdquopaumldagogischen Evolu-tionismus uumlberwinden wi l l Diese bdquoneue Religiositaumlt der Esoterik ist weit-hin ein Ruumlckfall in eine dem christlichen Glauben an die Rechtfertigung des Suumln-ders fremde bdquoGesetzlichkeit Das Men-schenbild der Esoterik wird zentral be-stimmt von der Gesetzmaumlszligigkeit von Karma und Reinkarnation Nach diesem strengen Gesetz muszlig der Mensch immer

wieder in diese bdquoSchule des Lebens zuruumlck bis er selbst seine Schwaumlchen ausgeglichen und sich selbst vervoll-kommnet hat Letztlich ist die Rein-karnations- und Karma-Lehre der gefaumlhr-liche Versuch die bdquoletzten Fragen des Lebens vor allem die Heilsfrage auf der Basis des Leistungsgedankens zu beant-worten Gegen oft hohe Gebuumlhren ver-suchen Esoterik-Anbieter vor diesem Hintergrund dem Menschen zu zeigen wie er sich selbst schneller zum Geistig-Goumlttlichen bdquoentwickeln koumlnne

Christliche Hoffnung versus Selbstverwirklichungs-Eschatologie

Die bdquoFreiheit des Christenmenschen kann solchen esoterischen Vorstellungen gegenuumlber nur gewahrt werden wenn deutlich hervorgehoben wird daszlig im christlichen Glauben die Frage der Erlouml-sung von der Frage der natuumlrlichen oder geistigen Entwicklung bdquoabgekoppelt ist daszlig die Geschichte kein bdquoFortschritt ist der unmittelbar im Erloumlsungszustand en-det bdquoDas Evangelium ist erst das Mor-genrot der Welterloumlsung sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoChristliche Froumlmmigkeit ist beziehungsorientiert Sie versteht sich im Gegenuumlber zu Gott zu Christus Eso-terische Spiritualitaumlt scheint demgegen-uumlber entwicklungsorientiert Sie ist an-thropozentrisch und in der Gefahr sich uumlber die Grenzen des Menschen illusio-nistisch zu erheben oder einem unguten Leistungsdruck zu verfallen so charak-terisierte Michael Nuumlchtern kuumlrzlich die Diskrepanz zwischen christlichem Glau-ben und esoterischer Selbstverwirkli-chungs-Eschatologie (Interview in bdquoidea 1 7 1998 S V) Dies scheint heute allerdings am schwersten zu vermitteln zu sein Daszlig der bdquoWeg des Glaubens keine progres-sive Entwicklung ist Der Christ steht im-

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mer wieder am Anfang und ist taumlglich neu angewiesen auf Gottes hilfreiche Gnade Ein wirkliches Fortschreiten im Blick auf unser Heil gibt es nicht von uns her sondern allein durch Gottes Zu-wendung zu uns vom Kommen des Rei-ches Gottes zu uns her (Mt 2534) Die christliche Hoffnung haumllt es also weniger mit Lessings bdquoErziehung des Menschen-geschlechts als mit Houmllderlin der ein-mal dichtete bdquoWas hier wir sind kann dort ein Gott ergaumlnzen mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden (A Kouml-berle in bdquoDas geheimnisvolle Reich der Seele Freiburg 1984 S 19) Mit A Resch kann man daher durchaus bezweifeln ob es sich bei der neuarti-gen bdquoReligiositaumlt der Esoterik uumlberhaupt noch um eine religioumlse Haltung im eigentlichen Sinn handelt Esoterik stellt als bdquoGeheimwissenschaft seit Helena Blavatsky nicht nur eine Alternative zur herkoumlmmlichen Wissenschaft sondern auch zur Religion dar Viele Fragen wer-den uumlberhaupt ausgeklammert aus dem Bereich der Religion was dem Streben des modernen Menschen nach Erkennt-nis entgegenkommt So ist die Frage der Wiedergeburt (Reinkarnation) fuumlr den Esoteriker eigentlich keine Frage der Re-ligion sondern des Wissens Die Wie-dergeburt gilt nicht als Glaubensfrage sondern als Tatsache Kennzeichen der Esoterik ist nach Resch (1994 S 75f) ihr Immanentismus dh bdquodie Deutung von Welt Leben und Religion mit natur-immanenten Kraumlften unter Verzicht auf die Transzendenz Damit nimmt Esoterik nach Resch bdquoimmer mehr die Form einer alternativen Lebensgestal-tung zu Wissenschaft und Religion vor allem zum Christentum ein zumal der Stellenwert der Person durch die kosmi-sche Einheit und den Kreislauf der Dinge voumlllig relativiert wird Der Wert der Per-son ist nur zeitlich gegeben und hat

keine transzendente Bedeutung mehr Das Ich ist im All verklungen Auch J Sudbracks Kritik an der Esoterik setzt an diesem zentralen Punkt der Unverfuumlgbarkeit des bdquo D u Gottes und der Freiheit der Person an wonach die fuumlr echte Religion konstitutive bdquoBegeg-nung mit Gott als freiem personalem Gegenuumlber die bdquoEhrfurcht vor dem Groumlszligeren durch den Versuch der Eso-terik miszligachtet wird bdquodas Ganze der Welt in den intellektuellen Griff (zu) bekommen So uumlberrasche es nicht bdquodaszlig im esoterischen Zugriff auf die Wirklichkeit all die Werte Freiheit Liebe Du Personsein Einmaligkeit usw ins Abseits geraten Sie naumlmlich gruumlnden in der Qualitaumlt des gegen-uumlber die auch von der intellektuellen Esoterik in die Immanenz des Selbst auf-geloumlst wird (997 S 333) Solche bdquoVerendlichungen bei an-spruchsvolleren Vertretern der Esoterik sind erst recht fuumlr den bdquoEsoterik-Markt typisch Aus religionswissenschaftlicher Perspektive fragt daher auch H Zinser bdquoob dies noch Religion sei was von der esoterischen bdquoPublikums- und bdquoKlien-tenreligion auf dem bdquoMarkt verhandelt wird bdquooder ob der Markt mit seinen Ver-dinglichungen und Verendlichungen das von der Religion gemeinte Absolute auf-loumlst (1997 S 31)

Eine Ideologie neuer sozialer Ungleich-heit

Uumlber die religioumls-weltanschauliche Di-mension hinaus haben viele esoterische Angebote eine gesellschaftspolitische Dimension die in juumlngster Zeit immer mehr auf Kritik stieszlig Esoterik - nicht nur in ihren banalen Auspraumlgungen - wird vorgeworfen ausbeuterische Systeme zu rechtfertigen rassistischen Vorurteilen nicht konsequent und eindeutig ent-

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gegenzutreten (vgl die in MD 1998 S 146 ff u 21 Off dokumentierten Dis-kussionen um Steiner und Hockemeyer) oder zu einer Ideologie sozialer Un-gleichheit zu verkommen Richard Schroumlder sprach im bdquoSpiegel (Nr 52 1997) diesbezuumlglich geradezu von einer bdquoasozialen Religiositaumlt die sich hier ausbreite Die nichtinstitutionalisierte frei flottierende Religiositaumlt des Esoterik-Marktes steht so Schroumlder bdquo in der Ge-fahr die Gesellschaft zu entkultivieren naumlmlich als bdquoasoziale Religiositaumlt der ruumlcksichtslosen Erlebnissteigerung die ein Goumlttliches im Ich sucht und sich aus-leben moumlchte Demgegenuumlber sei bdquokul-tivierte Religiositaumlt immer bdquogemeinsam verantwortet Hier ist die Esoterik gefragt vor allem ihr Menschenbild kritisch zu reflektieren das auf dem angeblichen bdquoGesetz von Karma und Reinkarnation als bdquogeistigem Entwicklungsgesetz der Menschheit be-ruht Es waumlre zu kurzschluumlssig gedacht etwa aus der hohen Arbeitslosigkeit auf einen Bedeutungsverlust der Esoterik zu schlieszligen weil die teuren Esoterik-An-gebote fuumlr immer mehr Menschen uner-schwinglich werden Denn neben dem Heer von Arbeitslosen und Geringver-dienenden kann sehr wohl eine bdquoEsote-rik-Kultur fuumlr beguumlterte Schichten ge-deihen aus deren esoterischer Sicht die Armen ja ohnehin nur ihr bdquoschlechtes Karma aus Vor-Existenzen abarbeiten Im Zeitalter der bdquoGlobalisierung des Ka-pitalismus koumlnnte das esoterische Men-schenbild auf diese Weise zur Ideologie neuer sozialer Ungleichheit reuumlssieren wenn sich seine Vertreter nicht selbst kritisch von solchen Gefahren distan-zieren Ein gesellschaftspolitisch inzwischen ebenfalls erkanntes und heftig diskutier-tes Problem betrifft vor allem esoterische Heilungsangebote auf dem bdquofreien

Markt Mit ihren Verheiszligungen einer bdquototalitaumlren Ganzheitlichkeit die einen Totalanspruch auf die Regulierung aller Lebensbereiche eines Betroffenen durch esoterische Praktiken erhebt koumlnnen Manipulationsmoumlglichkeiten Tuumlr und Tor geoumlffnet werden Was not tut im Blick auf oft skrupellos vorgehende eso-terische Anbieter ist daher eine Art bdquoVer-braucher-Schutz oder wenigstens eine verstaumlrkte bdquoVerbraucher-Beratung im Blick auf die von Esoterikern angebote-nen bdquoDienstleistungen (su S 283) In dieser Hinsicht hat sich auch die En-quete-Kommission bdquoSog Sekten und Psychogruppen des Deutschen Bundes-tages dafuumlr eingesetzt daszlig in der naumlch-sten Legislaturperiode ein Gesetz zur gewerblichen Lebensbewaumlltigungshilfe verabschiedet wird

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Klaus Fleckner Wuppertal

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

In letzter Zeit erreichen uns haumlufig Anfragen wegen der Aktivitaumlten einer bdquoBruder-schaft der Menschheit einer bdquoUniversalen Kirche oder eines bdquoFundaments fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen Hinter diesen verschiedenen Namen verbirgt sich ein und dieselbe esoterisch-theosophische Aktivitaumlt die eine Fortbildung der auf Helena Blavatsky zuruumlckgehenden modernen Theosophie darstellt (vgl MD 1992 S 245 ff) Pfarrer Klaus Fleckner hat uns folgende lebendige Schilderung vom Be-such eines Seminars dieser Organisation im letzten Jahr uumlbersandt

1 Der Ort und die Gruppe

Das bdquoLindner Golfhotel Juliana ein am Stadtrand von Wuppertal gelegenes Ob-jekt der 4-Sterne-Kategorie bietet neben seinem weitlaumlufigen Golfgelaumlnde auf dem schon Franz Beckenbauer seinen Golfschlaumlger schwang ein gediegenes Interieur mit mehr als nur einem Hauch von Luxus und gehobenem Komfort Eine Gruppe von Leuten zwischen 30

und 50 gut gekleidet im Geschmacks-spektrum von Edelflipp bis laumlssig-schick wartete im Stehen vor dem Flur zum Konferenzraum uumlber dessen Tuumlr endlos der Name des Mieters voruumlberzog bdquoFUNDAMENT FUumlR HOumlHERES GEISTI-GES LERNEN - eine wohlklingende Er-gaumlnzung zu den diversen anderen Schu-lungskursen und Konferenzen im Haus mit topgestylten Managertypen im Na-delstreifenanzug und sonnenbankge-

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braumlunten Schoumlnen wie von der Titelseite einer Modezeitschrift entsprungen Neu-ankoumlmmlinge ob Mann ob Frau wur-den von den Umstehenden mit Umar-mung und Kuumlszligchen empfangen Unge-faumlhr zwei Drittel der 25 Teilnehmer wa-ren Frauen bis auf zwei oder drei Paare schienen alle anderen ohne Partnerin angereist zu sein Wie beilaumlufige Fragen ergaben waren Lehrerinnen anwesend eine Psychologin eine fruumlhere kirchli-che Mitarbeiterin ein Steuerberater eine Krankenschwester eine Erzieherin Her-kunftsorte waren Staumldte der Wuppertaler Umgebung Duumlsseldorf Koumlln Herdecke usw Die Teilnahmegebuumlhr galt es gleich zu Beginn zu entrichten 220- DM -ohne Getraumlnke Verpflegung oder Uumlber-nachtung Nach 15 Minuten endete die Wartezeit der Konferenzraum wurde freigegeben und der Eindruck nun unmittelbar vor der Bescherung zu stehen bewahrhei-tete sich als haumltten unsichtbare Helfer ein esoterisches Weihnachtszimmer de-koriert Der Raum war reich ge-schmuumlckt Auf jedem Dreiertisch an den Seiten standen zwei kleine Blumenva-sen Doch die Aufmerksamkeit wurde automatisch nach vorne gelenkt Dort erstrahlte auf der linken Seite ein i l lumi-niertes farbiges Gemaumllde auf dem in Lichtschleier gehuumlllt drei Gestalten sichtbar waren die auseinander hervor-traten - es dominierte ein aufrechtste-hendes houmlheres Wesen mit einer Strah-lenkrone auf dem Kopf das in den Raum hineinzublicken schien waumlhrend sich ein zweites eine weibliche Gestalt zu ihm emporreckte und ein drittes ganz in dunklen Farben gehalten zur Erde hinuntergebeugt blieb Sie schienen auf einer Treppe zu sitzen Vor dem Bild stand ein Strauszlig roter gelber und blauer Blumen in einer Vase daneben ein Leuchter mit drei Kerzen in denselben

Farben - das ganze Ensemble auf meh-reren Lagen goldfarbenen Stoffs Vorne rechts neben einem Rednerpult und einer Tafel stand ein Tisch der mit bun-tem Spielzeug und anderen farbenfro-hen Dingen gefuumlllt war - bei naumlherem Hinsehen entdeckte ich farbige Tisch-tennisbaumllle Spieluhren Kreisel Spiel-zeugfiguren alte Spielzeugautos eine Kinderpistole einen kleinen Hai in ei-nem Glaszylinder in einer Fluumlssigkeit konserviert und mancherlei anderen Nippes von allenfalls Sammlerwert Am hinteren Ende des Raumes saszlig ein Mann an einem Mischpult mit Platten-spieler und Lautsprechern Anscheinend war es freigestellt wo man sich hinset-zen wollte doch das galt nicht fuumlr die vorderen beiden Reihen in denen schon Namensschilder standen Ich setzte mich in die dritte Reihe und wartete ab

2 Der bdquoMeisterreferent

Nach dem Verklingen einer pathetischen Musik-Ouvertuumlre stellte sich ein mittel-groszliger Mann ans Rednerpult der vorher etwas schwerfaumlllig nach vorne gegangen war und wies darauf hin daszlig er bdquoGun-dolf genannt werden wolle denn in dieser Arbeit tue sein Nachname nichts zur Sache Sein Vorname habe ihm zwar fruumlher uumlberhaupt nicht gefallen jetzt aber um so mehr und das nicht nur weil er so selten sei (Ich konnte mich nicht enthalten ihn mit bdquoGandalf aus dem Fantasy-Roman bdquoDer Herr der Ringe zu assoziieren und uns als eine Schar Hob-bits auf der Suche nach dem magischen Ring) Gundolf schrieb seinen Nachna-men aber trotzdem in etwas kleinerer Schrift mit an die Tafel und fuumlgte hinzu da er uns nicht beherrschen wolle habe er es nicht noumltig mit Musikbegleitung anzutreten - deshalb habe er sich erst an uns gewandt nachdem sie verklun-

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gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 3: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

IM BLICKPUNKT

Hans-Juumlrgen Ruppert

Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen

Esoterik in der modernen Gesellschaft

Die Selbstverstaumlndlichkeit mit der ein Mensch fruumlher - im sog bdquochristlichen Abendland - Christ war und sich zu ei-ner christlichen Kirche hielt ist in den letzten Jahren immer weiter zuruumlckge-gangen Der christliche Glaube hat fuumlr viele laumlngst seine Monopolstellung im Blick auf die Beantwortung religioumlser Fragen fuumlr die Lebensorientierung und Ohnmachtsbewaumlltigung verloren Im hochsaumlkularisierten Milieu unserer Ge-sellschaft ist fuumlr viele Menschen das schiere Aufgehen in den Aufgaben des Alltags im Konsum oder im Genuszlig der Freizeit- und Unterhaltungsangebote an die Stelle bdquoreligioumlser Fragen getreten Solange die Arbeitskraft ausreicht be-stimmen oft bdquoSinnvermeidungsstrategien das Leben Wenn es persoumlnliche Pro-bleme gibt steht inzwischen eine Fuumllle von alternativen Beratungsangeboten zur Verfuumlgung die auf einem weitgehend saumlkularen Lebenskonzept beruhen Besonders die deutsche Wiedervereini-gung hat noch einmal einen neuen bdquoSauml-kularisierungsschub gebracht Waumlh-rend in der DDR den Menschen Christ-lichkeit und Religion bdquogruumlndlich ausge-trieben (Neubert) wurde vollzog sich in den westlichen Laumlndern ein schlei-chender Prozeszlig der Veraumlnderung von Religion die mehr und mehr bdquounsicht-bar (Luckmann) wurde oder sich zu bdquoverteilen (su Ebertz) begann Das re-

ligioumlse Wissen tendiert bei der Masse der Bevoumllkerung hier wie dort immer mehr auf Null der christliche Glaube wird selbst zu einer bdquoGeheimlehre wenn Schuumller nicht mehr wissen ob Maria eine Schwester eine Tante oder die Mut-ter Jesu war Gleichwohl sind sich die meisten Sozio-logen und Theologen einig daszlig die Ge-sellschaft nicht auf die totale Saumlkularisie-rung und Religionslosigkeit zugeht son-dern daszlig hier ein Ineinander gegenlaumlufi-ger Prozesse vorliegt Auszligerdem werden viele religioumlse Beduumlrfnisse in der moder-nen Gesellschaft als solche gar nicht (mehr) erkannt Die amerikanischen Re-ligionssoziologen Stark und Bainbridge sprechen von der Saumlkularisierung als ei-nem sich selbst begrenzenden Prozeszlig der gleichzeitig auch neue religioumlse Phauml-nomene hervorbringt (1985 S448 uouml) Damit ist gemeint bdquoReligioumlse Fragen werden wieder interessant wo nichts mehr da ist an traditionellem religioumlsem Wissen Allerdings ist dies bei vielen Menschen mit einer Veraumlnderung des-sen was bdquoReligion genannt wird ver-bunden auch wenn es in einer vom sauml-kularen Zeitgeist beherrschten Welt viel echtes religioumlses Suchen eine religioumlse Sehnsucht nach Transzendenz gibt Im Kontext dieser religioumlsen Veraumlnde-rungsprozesse taucht seit den 80er Jah-ren verstaumlrkt auch das Stichwort bdquoEsote-rik auf Ob es sich bei dem damit Be-zeichneten nur um eine Mode oder um

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einen Teil eines echten religioumlsen Su-chens handelt ist angesichts der unuumlber-schaubaren Vielfalt der Phaumlnomene um-stritten bdquoEsoterik hat sich eingenistet in fast jeder Buchhandlung in Fernseh- Kino- und Theaterproduktionen in der Unterhaltungsmusik und selbst in der kirchlichen Erwachsenenbildung Vor al-lem auch der Ernaumlhrungs- und Gesund-heitssektor sind voller bdquoEsoterik - bis hin zum garantiert nur in Vollmond-naumlchten gebrauten bdquoVollmond-Bier Dabei breiten sich insbesondere auch fernoumlstliche Heilungspraktiken wie bdquoReiki oder bdquoFeng Shui-Vorstellungen aus der traditionellen chinesischen Geo-mantie in der Esoterik-Szene und sogar in Volkshochschulprogrammen aus und Anhaumlnger exotischer Kulte tummeln sich auch auf bdquoEsoterik-Messen 18 Milliar-den DM soll der Umsatz It bdquoFocus 1996 in der bdquoEsoterik-Branche betragen haben (141996 S 200) In dieser Zahl sind vermutlich nicht einmal die Um-saumltze aller mit esoterischem Gedanken-gut gekoppelten Wirtschaftszweige voll-staumlndig enthalten So werden zB It bdquoGoetheanum (571998 S 404) welt-weit etwa 500 Millionen DM Umsatz al-lein mit dem bdquoDemeter-Warenzeichen getaumltigt also dem Markenzeichen des auf den esoterischen Grundlagen von Steiners Anthroposophie beruhenden biologisch-dynamischen Landbaus Kein Wunder daszlig auch die Werbung inzwi-schen die Esoterik fuumlr sich entdeckt hat (vgl bdquoEsotera 21998 S 16ff) Auf dem Internet befanden sich 1997 bereits uumlber 100000 verschiedene Dokumente zu Esoterik Okkultismus New Age und Sa-tanismus (Kaiser 1997 S 12) Viele die-ser esoterischen Angebote werden kon-sumiert ohne eine tiefergehende Refle-xion uumlber das worauf man sich da ein-laumlszligt bzw worum es sich bei dem Stich-wort bdquoEsoterik eigentlich handelt

Esoterik - was bedeutet das eigentlich

Es gibt zwei Bedeutungsvarianten - je nachdem ob man vom Adjektiv bdquoesote-risch oder vom Substantiv bdquoEsoterik ausgeht Das Adjektiv bdquoesoterisch leitet sich ab vom griechischen bdquoesoumlterikoumls was so-viel wie bdquozum inneren Kreis gehoumlrig be-deutet (vgl Cancik Bochinger Resch 1994 S 73) Es wurde bereits in der An-tike verwendet fuumlr nur einem bdquoinneren (griech bdquoesoumlteros = bdquoinnerer) Kreis zu-gaumlngliche Lehren (allerdings weniger bdquoesoterischer Art im heutigen Sinn son-dern ganz allgemein fuumlr den nicht fuumlr die Oumlffentlichkeit vorgesehenen Teil be-stimmter Philosophenschulen) Etwas willkuumlrlich leiten heutige Interpreten der vom Wortsinn des Adjektivs (bdquoinnen bdquoinnerlich) ausgehenden Bedeutungs-variante daraus oft ein Verstaumlndnis von Esoterik im Sinne von bdquoinneren Wegen spiritueller Erfahrung ab das Adjektiv verweist jedoch keineswegs auf romanti-sche bdquoInnerlichkeit sondern auf die Geheimhaltung von bdquoLehren Im Unterschied zu dem bereits in der Antike belegten Adjektiv bdquoesoterisch (zuerst im 3 Jh n Chr bei Lukian vgl Cancik 1990) ist das davon abgeleitete Substantiv bdquoEsoterik ziemlich junger Herkunft und bezeichnet urspruumlnglich dasselbe wie das zur gleichen Zeit -Ende des 19 Jahrhunderts - aufkom-mende Wort bdquoOkkultismus Es ist naumlm-lich ein Sammelbegriff fuumlr die verschie-denen uumlberlieferten okkulten und magi-schen Praktiken und Anschauungen -von Astrologie und Alchemie uumlber Ma-gie und Mantik bis zu Hexentum Rosen-kreuzertum und Theosophie Der Fran-zose Eliphas Levi (1810-1875 kabbali-stisches Pseudonym von Alphonse Louis Constant) der auch den Begriff bdquoOkkul-tismus (occultisme) praumlgte verwendete

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um 1870 vermutlich auch als erster das Substantiv bdquoEsoterik (esoterisme) in die-sem Sinn (Levi hat bdquolesoterisme moumlgli-cherweise aus Jaques Matters bdquoGe-schichte des Gnostizismus [1828] uumlber-nommen vgl Hanegraaff 1996 S385f) Er begruumlndete damit zugleich eine neue Phase in der Begriffsgeschichte von bdquoesoterischbdquoEsoterik 1883 begegnet das Substantiv bdquooccultism auch in eng-lischer Form bei dem Theosophen Sin-nett und von da an breiten sich beide Substantive - bdquoEsoterik und bdquoOkkultis-mus - vor allem uumlber die anglo-indi-sche Theosophie weiter aus Helena Bla-vatsky gruumlndete eine bdquoEsoterische Schule und auch der 3 Band ihrer bdquoGeheimlehre traumlgt die Uumlberschrift bdquoEsoterik Daszlig man fuumlr die vielfaumlltigen Okkult-Praktiken und Geheimlehren der Ver-gangenheit solche Sammelbegriffe wie bdquoEsoterik und bdquoOkkultismus praumlgte zeigt bereits eine gewisse Ideologisie-rung (wie jeder -ismus) an vor allem aber ist es Ausdruck der Tatsache daszlig man hinter den Erze-Praktiken der ma-gisch-okkulten Tradition eine einheitli-che Weltanschauung vermutete und da-mit die verschiedenen bdquoesoterischen Praktiken unter dem Gesichtspunkt einer ihnen gemeinsamen Frontstellung als bdquoalternative Theorie oder Weltanschau-ung zum jetzt als dichotomisch empfun-denen modernen Weltbild der Naturwis-senschaft und der bdquoEntzauberung der modernen Welt uumlberhaupt wahrnahm Seit Levi und Blavatsky ist man es ge-wohnt diese okkulte bzw esoterische Weltanschauung dem modernen ab-strakten rationalen Denken als bdquoganz-heitliches Denken als bdquoUr-Weisheit der Menschheit entgegenzusetzen - ge-wissermaszligen als bdquoAlternative oder bdquoDritter Weg sowohl gegenuumlber der modernen Wissenschaft als auch gegen-

uumlber der traditionellen christlichen Reli-gion (vgl den daran orientierten Aufbau von Blavatskys Hauptwerk bdquoIsis ent-schleiert 1877) Damit etablierte sich im 19 Jahrhundert als zweite groszlige Gegenstroumlmung gegen die Aufklaumlrung neben der Romantik die moderne Esoterik bzw der moderne Ok-kultismus Das bdquoalte Wissen der Esote-rik wird im Spiegel der bdquogroszligen The-men der modernen saumlkularen Welt seit der Aufklaumlrung - Wissenschaft Evolu-tion Psychologie - neu reflektiert und damit ein bdquoalternatives esoterisches Verstaumlndnis dieser groszligen Themen be-gruumlndet (Hanegraaff 1996 S 51 7f) Auf der Basis solcher Uumlberlegungen entstan-den in den letzten 100 Jahren eine Reihe bis heute existierender esoterischer Welta nscha u u ngsgemeinscha ften w i e die sich als bdquoOrden bdquoLogen bdquoEsoteri-sche Schulen bdquoGesellschaften usw or-ganisierenden Theosophen- Anthropo-sophen- Rosenkreuzer- und Templer-gruppen die sich nicht nur nach innen elitaumlr-hierarchisch abschlieszligen sondern auch bdquoexoterisch haumlufig ein beachtens-wertes Schrifttum hervorbrachten und z T eigene Verlage Bildungseinrichtun-gen usw gruumlndeten Uumlber diesen relativ kleinen Kreis von freien und organisierten Esoterikern hin-aus hat sich der Begriff bdquoEsoterik aber erst 100 Jahre spaumlter in den beiden letz-ten Jahrzehnten ausgebreitet als Inbegriff eines bdquoMarktes verschiedenster bdquoesote-rischer Angebote Damit ist zugleich eine dritte Phase in der Begriffsge-schichte seit der Antike bzw seit E Levi erreicht bdquoEsoterik wird jetzt vielfach zur reinen Worthuumllse fuumlr eine plumpe Ideologie der Selbstbehauptung und des Subjektivismus die oft selbst die Verbin-dung zu den bdquoKlassikern der modernen Esoterik wie Blavatsky oder Steiner leug-net Auch die esoterische Uumlberlieferung

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ereilt in den letzten Jahrzehnten das Schicksal aller religioumlsen und geistigen Uumlberlieferungen auf dem bdquoSupermarkt der Wahrheiten im Zeitalter der Globa-lisierung des Kapitalismus ihre bdquoDisper-sion (s u) und bdquoVerduumlnnung Der Tendenz des bdquoAnything goes ent-sprechend werden auch die beiden Be-deutungsvarianten von bdquoesoterisch und bdquoEsoterik recht wil lkuumlrl ich verwendet je nach subjektivem Belieben Die am Wortsinn des Adjektivs (bdquoinnen bdquoinner-lich) orientierte Begriffsvariante im Sinne von Esoterik als bdquoinneren Wegen spiritueller Erfahrung vertreten vor allem mit der Jung-Schule sympathisierende Autoren So versteht etwa Georg Schmid unter bdquoEsoterik die Liebe zum uumlberall verborgenen inneren Geheimnis alles Wirklichen oder zur Innenseite aller Dinge (vgl 1992 S 55) Dementspre-chend versucht man hier die genuine Be-ziehung zum Begriff bdquoOkkultismus weit-gehend zu bestreiten und zwischen bdquoneuer und bdquoklassischer Esoterik staumlrker zu unterscheiden Demgegenuumlber orien-tiert sich der Esoteriker Hans-Dieter Leu-enberger staumlrker an der auf Levi zuruumlck-gehenden Begriffsvariante indem er bdquoEsoterik als bdquodas Wissen um eine Ener-gie die in allem vorhanden ist definiert (1989 S 22) dh als Aumlquivalent zum modernen monistischen Okkultismus Im allgemeinen definiert sich Esoterik aber nicht selbst und wenn sich nie-mand an eine bestimmte Definition haumllt sondern jeweils nur die bdquoeigene Erfah-rung als houmlchstes Kriterium gelten laumlszligt wird Esoterik zur reinen Worthuumllse fuumlr den eigenen Subjektivismus und Eklekti-zismus Diesen Subjektivismus vieler Anhaumlnger der Esoterik die die bdquoeigene Erfahrung absolut setzen ihr bdquosubjekti-ves Erleben als alleiniges bdquoWahrheits-kriterium gelten lassen und sich damit weigern sich irgendeiner Beschreibung

von bdquoEsoterik zuordnen zu lassen so daszlig sie fuumlr Kritik scheinbar unangreifbar werden charakterisiert treffend E Rung-galdier bdquoEs ist so weil ich es so erfahre oder erfahren habe Eine derartige Haltung vereitelt verstaumlndlicherweise den Diskurs als Mittel der Wahrheitssu-che (1996 S 27) bdquoEsoterik in diesem Sinn ist damit auch Symptom einer ge-wissen Schizophrenie (S 193) indem der einzelne sich gegenseitig Ausschlie-szligendes einfach kompiliert und die ver-schiedensten Rituale praktiziert waumlh-rend er im Alltag nach ganz anderen Prinzipien lebt und handelt

Esoterik und die bdquoEsoterik-Welle

Mit der Popularisierung der Esoterik in den letzten Jahrzehnten im Rahmen der sog bdquoEsoterik-Welle ergibt sich der pa-radoxe Vorgang daszlig ein elitaumlres Wissen um nicht allgemein zugaumlngliche Welt-hintergruumlnde oumlffentlich gemacht wird fuumlr die breite Masse frei zugaumlnglich sowie kommerzialisiert und marktfoumlrmig wird Das Spektrum des zur bdquoEsoterik Ge-rechneten erweitert sich erheblich und zu den bdquoEsoterik-Angeboten in Buch-handlungen oder auf Esoterik-Messen gehoumlren jetzt zB auch Literatur uumlber Schamanismus und fernoumlstliche Hei-lungspraktiken Feuerlauf-Seminare oder Flugreisen zu magischen bdquoKraftplaumltzen in Aumlgypten Suumldamerika oder Australien Als Teil der modernen bdquoErlebnisgesell-schaft wurde Esoterik auf diese Weise inzwischen zu einem beachtlichen Ge-schaumlftszweig auch in Deutschland Insbesondere in Verbindung mit diesen Tendenzen der Vermarktung und des bdquoEvent- oder Erlebnishaften hat Esoterik damit aber nur Teil an allgemeinen reli-gioumlsen Wandlungsprozessen die von Religionssoziologen vielfach beschrie-ben wurden und die man vorsichtig

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auch als bdquoneue Religiositaumlt bezeichnet Nach den amerikanischen Religionsso-ziologen Stark und Bainbridge (S 26ff) kann man drei charakteristische Erschei-nungsformen - genauer- drei Stufen der Organisiertheit - bdquoneuer Religiositaumlt in der Gesellschaft unterscheiden was ins-besondere auch auf die Esoterik zutrifft naumlmlich als bdquoaudience cult als bdquodient cult und als bdquocult movement was man etwa mit bdquoPublikum bdquoKundschaft und bdquoneue religioumlse Bewegung wiedergeben koumlnnte Dazu einige Beispiele bull Ein typisches Beispiel fuumlr die Katego-rie des bdquoPublikums-Kults ist das als bdquoEsoterik-Unterhaltungsspiel zur TIME-LIFE-Buchreihe bdquoDie Geheimnisse des Unbekannten konzipierte Spiel bdquoMysti-sche Reise zur 6 Dimension Das ist ein Gesellschaftsspiel durch das man ei-nen betraumlchtlichen Teil des esoterischen Weltbilds kennenlernen kann und sozu-sagen spielerisch in die Esoterik einge-weiht selbst zum bdquoMagier wird Statt also wie beim bdquoMonopoly moumlglichst schnell reich zu werden hat derjenige gewonnen der zuerst bdquodie (geistige) Ver-vollkommnung erreicht Wer dieses Spiel spielt reiht sich in die zahlen-maumlszligig wohl umfassendste Erscheinungs-form heutiger Esoterik ein - das was Stark und Bainbridge einen bdquoaudience cult nennen ein riesiges bdquoPublikum von Konsumenten die die gleichen Buumlcher lesen die gleichen Fernsehsen-dungen und Videos betrachten und die gleichen Fantasy-Spiele spielen Bern-hard Grom bezeichnet diese Erschei-nungsform heutiger Esoterik auch als bdquoGebrauchs-Esoterik (1986) bull Mit einer weiteren Dimension heuti-ger Esoterik bekommt man es zu tun wenn man seine eigenen bdquovier Waumlnde verlaumlszligt und sich in einem esoterischen bdquoWorkshop anmeldet oder von einem Reinkarnationstherapeuten wie Thor-

wald Dethlefsen beraten dh in fruumlhere Erdenleben bdquozuruumlckfuumlhren laumlszligt Da dies alles viel Geld kostet kommt ein Kund-schaftsverhaumlltnis zu dem Veranstalter ein bdquod ient cult zustande und so kann man sich diesen Bereich esoterischer Angebote als einen riesigen bdquoMarkt des Uumlbersinnlichen vorstellen Sog bdquoEsote-rik-Messen mit vielen hundert Besu-chern werden seit Jahren in unseren Groszligstaumldten veranstaltet - Auf der Esoterik-Messe bdquoAura anlaumlszlig-lich der bdquoBasler Psi Tage 1997 auf dem Basler Messegelaumlnde wurde zB ein breites Angebot an exotischen bdquoGesund-heitsprodukten vorgestellt - von in-dianischen Edelsteinen uumlber Pyramiden aus Draht Blech oder Holz (64- bis 380- sfr) bis zu Auraschutzmedaillons (168- sfr) oder Amuletten aus bdquoFeng Shui Energie (in Gold 300- sfr) Ein fuumlr 170- sfr angebotenes bdquoKinesiometer soll mit Hilfe von bdquoarchetypischen Ur-informationen in den Zellen aus terre-strischen und kosmischen Energien an-zeigen ob ein Nahrungsmittel oder ein Gedanke gut oder schlecht auf den Be-nutzer wirkt - Wahrsager Kartenleger und bdquoAura-Vi-sionsberater boten in kleinen Kabinen ihre bdquoKuumlnste fuumlr bis zu 300- sfr an - Aber auch Sekten und religioumlse Kulte traten hier in Erscheinung Auf dem Stand der bdquoSahaja Yoga -Gruppe wurde unentwegt vor dem Bild Shri Mataji Nir-mala Devis zwecks Weckung der bdquoKun-dali ni-Energie meditiert Hare-Krishna-Anhaumlnger verabreichten dem flanieren-den Messe-Publikum vegetarische Kost Der Bruno-Groumlning-Freundeskreis warb fuumlr den beruumlhmten bdquoWunderheiler und Anhaumlnger des bdquoMetharia-Vereins aus Eckernfoumlrde versprachen Kontakte zu bdquoauszligerirdischen Santinern bull Waumlhrend es beim bdquoEsoterik-Publi-kum und bei der bdquoEsoterik-Klientel we-

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der eine feste Mitgliedschaft noch eine dauerhafte Festlegung auf ein definiertes Glaubenssystem oder eine religioumlse Fuumlh-rergestalt gibt ist dies bei den organi-sierten Weltanschauungsgemeinschaften der Fall Neben den verschiedenen Ab-spaltungen von der bdquoTheosophischen Gesellschaft Helena Blavatskys aus der 1913 auch Rudolf Steiners bdquoAnthroposo-phie hervorging sind bei uns vor allem spiritistische und sog Neuoffenbarungs-gruppen aktiv in denen bdquoMedien oder bdquoSprechwerkzeuge Gottes Kundgaben geistiger Wesenheiten aus dem Jenseits aber auch von bdquoGott-Vater oder bdquoJesus Christus an ihre Anhaumlnger weitergeben In Brasilien und anderen Laumlndern der bdquoDritten Welt umfassen solche esoteri-sche bdquoneue Religionen oft Gemein-schaften mit vielen Millionen Mitglie-dern Da diese bdquocult movements Heils-Versprechungen in Form eines umfassen-den esoterischen bdquoWissens bdquoGnosis und bdquoSinnorientierung durch zT ge-waltige Gedankensysteme bieten spricht man hier auch von bdquoSystem-Esoterik Man hat es wenn man diese Erschei-nungsformen heutiger Esoterik zusam-menfassend uumlberblickt also mit zwei verschiedenen Ebenen zu tun - der Ebene des sog bdquoEsoterik-Marktes mit einer unuumlberschaubaren Zahl von Anbietern von Kursen Seminaren Buumlchern und sonstigen Waren (zB Amuletten Kristallen Duftstoffen Flug-reisen usw) - der Ebene der organisierten Weltan-schauungsgruppen Nur im Blick auf die erste Ebene kann man eigentlich von einer bdquoEsoterik-Welle oder einem bdquoEsoterik-Boom sprechen Waumlhrend die zT noch im 19 Jahrhundert entstandenen organisier-ten Gruppen nur ein relativ geringes Wachstum oder Stagnation verzeichnen ergibt sich die Dynamik des bdquoEsoterik-

Booms vor allem aus den freien esoteri-schen Angeboten Dies haumlngt mit bestimmten Entwicklun-gen in unserer Gesellschaft zusammen Im Unterschied zur Tradition der Esote-rik selbst und ihren antiken und mittelal-terlichen Wurzeln in Gnosis Hermetik und Kabbala ist der heutige bdquoEsoterik-Boom ein Phaumlnomen des saumlkularen Zeitgeistes Deshalb zeigt sich in der sog bdquoEsoterik-Welle die moderne Eso-terik vorwiegend von ihrer banalen Seite - zum Entsetzen vieler Esoteriker die sich deshalb uumlber ihre fragwuumlrdige Po-pularisierung nicht so ungeteilt freuen koumlnnen

Der bdquoesoterische Ansatz

Dabei koumlnnen sie sich auf einen durch-aus respektablen religioumls-weltanschauli-chen Ansatz beziehen wie er vor allem den Lehren und Praktiken vieler organi-sierter Weltanschauungsgruppen der Esoterik zugrundeliegt und zT in bana-lisierter Form in den bdquoVersatzstuumlcken der kommerziellen Anbieter wieder-kehrt Esoterik - das ist doch die Weltreligion der Zukunft meinte eine Dame waumlhrend eines Gespraumlchsabends mit kirchlichen Mitarbeiterinnen in einer Berliner Kir-chengemeinde Abgesehen von dem da-mit verbundenen Versuch sich mit die-sem Bekenntnis gegenuumlber jeder Kritik zu immunisieren steckt hinter dieser Meinung der richtige Eindruck daszlig die moderne Esoterik seit Helena Blavatsky eine Art bdquointerreligioumlse Bewegung zur Vereinheitlichung der Menschheit und der Religionen ist wie es die bdquoTheoso-phische Gesellschaft in ihren Zielen ausdruumlcklich formuliert (Bildung einer bdquouniversellen Bruderschaft der Mensch-heit) Hinter dem Interesse an den nicht banalisierten Erscheinungsformen der

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Esoterik scheint bei vielen Menschen vor allem das Beduumlrfnis nach Bewaumlltigung des religioumlsen Pluralismus und anderen Globalisierungsphaumlnomenen unserer Zeit zu stehen Der einzelne sieht sich einer Religionsvielfalt gegenuumlber aus der er auswaumlhlen muszlig (P L Berger) Die un-uumlberschaubare Vielfalt der Weltanschau-ungen tritt aber dabei in eine Spannung zu dem spirituellen Beduumlrfnis nach Ver-einheitlichung und Harmonie Von dieser Sehnsucht vieler Menschen profitiert heute die Esoterik Vor allem die bdquoSystem-Esoterik verschiedener Grup-pen wie der Anthroposophie oder ein-zelner Autoren wie Dethlefsen oder Dahlke ist gegenwaumlrtig einer der in der Oumlffentlichkeit bis ins bdquoBildungsbuumlrger-tum hinein einfluszligreichsten Versuche einer Bewaumlltigung des religioumlsen Plura-lismus durch eine religioumls-weltanschau-liche Vereinheitlichung - darin mit dem Fundamentalismus als Versuch einer bdquoverbindlichen Loumlsung aller gesell-schaftlichen Fragen von einem religiouml-sen Fundament aus durchaus konkurrie-rend Auch esoterische Gruppen koumlnnen den einzelnen trotz aller bdquoDogmenkri-tik ebenso mit Vorschriften hinsichtlich seiner Lebensfuumlhrung vereinnahmen vom Fernseh-Verbot bis zum Vegetarismus oder bdquolichtdurchlaumlssiger Kleidung Vertreter der bdquoneuen esoterischen Reli-giositaumlt bekraumlftigen dabei immer wie-der es sei eigentlich nicht so wichtig wo einer den bdquospirituellen Weg betritt denn alle Religionen und Traditionen seien recht verstanden nur Ausdruck der einen allumfassenden Wahrheit- in jeder von ihnen sei der bdquowahre Kern der esoterischen Weisheit enthalten Man kann dies als den bdquoesoterischen An-satz bezeichnen denn eben diese Sichtweise ist der Kern und das innerste Motiv der modernen Esoterik seit der Gruumlndung der bdquoTheosophischen Gesell-

schaft 1875 als einer Art bdquointerreligioumlser Bewegung Er besagt daszlig angeblich al-len Weltreligionen eine gemeinsame aber geheime esoterische bdquoWeisheits-lehre oder bdquoUr-Weisheit zugrunde-liegt Die verschiedenen religioumlsen Tra-ditionen seien nur historisch beschraumlnk-te Auspraumlgungen davon In der heute wohl bei uns verbreitetsten Einfuumlhrung in die Esoterik - Thorwald Dethlefsens Bestseller bdquoSchicksal als Chance - wird die bdquoheilige Lehre der Esoterik in diesem Sinne z B als bdquodas Urwissen zur Vollkommenheit des Men-schen (so der Untertitel) bezeichnet es handele sich um eine Lehre die jenseits aller begrenzten Formen der Religionen die bdquozeitunabhaumlngige der Menschheit jemals zugaumlngliche bdquoSumme des Wis-sens uumlber das Universum darstelle Eso-teriker glauben daszlig diese unspruumlngliche bdquoWeisheitsreligion durch moderne Wis-senschaft und christliche Kirchen ent-stellt oder vergessen wurde aber durch bdquogeheime Uumlberlieferungen und bdquoEinge-weihte die Zeiten uumlberdauern konnte -Gedanken auf denen heute eine un-uumlberschaubar gewordene esoterische bdquoVerschwoumlrungsliteratur aufbaut Aber nicht nur einzelne Autoren auch zahlreiche esoterische Weltanschau-ungsgemeinschaften verfolgen dieses Ziel einer Vereinheitlichung unter esote-rischem Vorzeichen Der Begruumlnder der Anthroposophie Rudolf Steiner meinte zB bdquodaszlig aus der anthroposophischen Stimmung das volle Verstaumlndnis des Wahrheitskerns aller Religionen folgen wi rd (GA 148133) Schon 1904 als Generalsekretaumlr der deutschen Sektion der bdquoTheosophischen Gesellschaft aumluszligerte er in einem Vortrag daszlig bdquodie theosophische Anschauung im Grun-de genommen kein Bekenntnis aus-schlieszligt alle aber einschlieszligt Alle bdquogroszligen Weisheitslehrer so meinte er

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im Sinne dieses esoterischen inklusivi-stischen Synkretismus - bdquoder aumlgyptische Hermes die alten indischen Rishis Za-rathustra die chinesischen Weisheits-lehrer Laotse und Konfuzius die Einge-weihten der alten Juden ferner Pythago-ras und Plato und endlich die Lehrer des Christentums selbst - haumltten die allge-meine esoterische bdquoWeisheitslehre ver-treten Heute sehen besonders New Age-Vertre-ter in der Akzeptanz dieses esoterischen Inklusivismus das Heraufkommen einer groumlszligeren alle Religionen umfassenden bdquoOumlkumene des Wassermann-Zeitalters hinter der die bdquokleine Oumlkumene der Kir-chen hoffnungslos zuruumlckbleibe Im groszligen Stil wurde dieser bdquoesoterische Ansatz erstmals in der 1875 von Helena Blavatsky und anderen gegruumln-deten bdquo Theosophischen Gesellschaft durchgefuumlhrt Die moderne Theosophie beansprucht nach dem deutschen Theo-sophen Hermann Rudolph bdquodas einzig Wesentliche und Gemeinsame aller Re-ligionen zu ihrer Grundlage zu haben bdquoLiebe das goumlttliche Selbst in dir und in allem lautet die Forderung aller wahren Religion Geistig aufgefaszligt sind und wol -len alle Religionen dasselbe Sie ent-springen saumlmtlich einer Quelle (Theo-sophie Bd I Leipzig 21916 S 34f) Bezuumlglich der Inhalte dieser angeblich allen Religionen zugrundeliegenden esoterischen bdquoUr-Weisheit stoumlszligt man in der Literatur im wesentlichen auf drei Grundvora ussetzungen - einen weltanschaulichen Monismus - einen paumldagogischen Evolutionismus und - eine fuumlr die Gnosis typische Erkennt-nis- und Erloumlsungslehre im Sinne von Selbsterkenntnis als bdquoErloumlsung Das monistische Element kommt in der heutigen Esoterik vor allem in der weit verbreiteten Vorstellung zum Ausdruck

daszlig der ganze Kosmos durchstroumlmt ist von einer einheitlichen universellen bdquoLebensenergie die man mit Begriffen aus ganz unterschiedlichen Traditionen bezeichnet wie bdquoPrana bdquoChi bdquoOd-Kraft bdquoHeilkraft oder bdquoBioenergie Der paumldagogische Evolutionismus der modernen Esoterik ist nichts anderes als eine esoterische Umformung des moder-nen Fortschrittsglaubens ein bdquomysti-scher Utopismus wonach durch bdquoErzie-hung allmaumlhlich ein paradiesischer Zu-stand der vollstaumlndigen Vergeistigung al-les Materiellen herstellbar sei Die mei-sten esoterischen Anbieter versprechen dem heutigen Menschen eine Art bdquoEvo-lutionsfoumlrderung durch ihre Schulun-gen und Kurse daszlig sie sich auf dem Wege der Selbsterkenntnis selbst ver-vollkommnen und damit selbst erloumlsen koumlnnen Das ganze Leben in der Welt ist eine bdquoSchule in die wir immer wieder zuruumlck muumlssen mittels Re-Inkarnation bis wir unser bdquoPensum gelernt haben und uns fuumlr das Dasein in houmlheren gei-stigen Sphaumlren qualifiziert haben Aber es gibt auch fruumlhere Menschen die die-sen Weg bereits absolviert haben bdquoEin-geweihte und goumlttliche Wesenheiten von denen die jetzigen Menschen bdquoge-schult werden und an deren Spitze die in der Theosophie als bdquoGroszlige Weiszlige Bruderschaft bezeichnete houmlchste gei-stige Hierarchie unserer Welt steht Die dritte inhaltliche Grundvoraus-setzung der heutigen Esoterik laumluft auf eine esoterische Umformung moder-ner Selbstverwirklichungs-Escha tologien hinaus bdquoErinnere dich daszlig du ein Gott bist In jedem Menschen so die gnosti-sche Grundannahme seit Blavatskys bdquoTheosophie ist ein bdquogeistig-goumlttlicher Funke ja nach Blavatsky ist dieser bdquo in-nere Mensch uumlberhaupt bdquoder einzige Gott von dem wir irgendeine Kenntnis erlangen koumlnnen (bdquoDer Schluumlssel zur

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Theosophie 1889) Die heutige Esote-rik-Literatur ist voll von diesem Gedan-ken und banalisiert ihn schier endlos nach dem Motto der amerikanischen Filmschauspielerin Shirley MacLaine bdquoGott ist in jedem einzelnen von uns Gott traumlgt man in sich Jeder ist sein eigener Guru (vgl MD 1988 S 179)

Esoterik und die bdquoErlebnisgesellschaft

Daszlig solche bdquoWeisheiten heute immer oumlfter von Filmschauspielern Kuumlnstlern oder Sportlern usw verbreitet werden weist auf eine betraumlchtliche bdquoDisper-sion des Religioumlsen in der modernen Gesellschaft hin das laumlngst nicht mehr von den Vertretern der traditionellen religioumlsen Institutionen monopolisiert wird Man hat unsere Gesellschaft auch als moderne bdquoErlebnisgesellschaft cha-rakterisiert (Schulze) denn Umfragen haben ergeben daszlig bei den meisten Menschen der bdquoErlebniswert das ent-scheidende Motiv bei der Wahl einer bestimmten Sache eines Konsumarti-kels einer Fernsehsendung - aber auch beim Treffen von bdquoLebensentscheidun-gen und in bdquoreligioumlsen Fragen ist Auf-grund der bdquoErlebnisorientierung vieler Menschen expandiert der Erlebnis- und Unterhaltungs-Markt immer mehr in Be-reiche die fruumlher bdquoerlebnisneutral wa-ren - wie Arbeit Bildung und Politik Eine Auto- oder Bahnfahrt soll nicht nur schnell voran bringen sondern auch ein bdquoErlebnis sein wie die Werbung ver-heiszligt Auch auf religioumlsem Gebiet waumlhlt der Mensch mehr und mehr das aus was bei ihm - moumlglichst kurzfristig - zu einer in-neren Befriedigung fuumlhrt - und genau auf dieses Beduumlrfnis sind viele esoteri-sche Angebote mit religioumlsem Anspruch zugeschnitten Viele verstehen daher unter bdquoEsoterik heute einfach daszlig jeder

seinen eigenen religioumlsen Weg geht bdquoEsoterik wird damit zur reinen Wort-huumllse fuumlr den eigenen Individualismus der sich nicht kuumlmmert um das was an-dere oder was die Kirche sagt sondern nur noch fragt bdquoWas hilft mirV Man hat dies auch als bdquomoderne Cock-tail- oder Patchwork-Religiositaumlt be-zeichnet Dem flickenteppichhaften An-gebot entspricht auf der Seite der bdquoVer-braucher oder bdquoKonsumenten eine entsprechende Individualisierung ein Subjektivismus und ein Eklektizismus Was zaumlhlt bei der Auswahl ist letztlich der persoumlnliche Geschmack die bdquoeigene Erfahrung oder der bdquoErlebniswert Damit haumlngt auch die Schwierigkeit zu-sammen allgemeinguumlltig zu definieren was heute alles unter bdquoEsoterik verstan-den wird Das Wort wird zum bdquoContai-ner-Begriff zum Inbegriff der weltan-schaulichen Individualisierung und Plu-ralisierung schlechthin oder zum Aus-druck fuumlr den Trend bdquoIch suche mir meine eigene Religion Ein Esoterik-Or-gan brachte dies einmal auf houmlchst be-zeichnende Weise zum Ausdruck bdquoEs ist wunderbar daszlig es endlich wieder die Vielfalt der Moumlglichkeiten gibt Daszlig es christliche Kirchen Zenmeditation Ta-rot Astrologie I-Ging daszlig es Wunder-heiler Geistheiler Heilpraktiker Aumlrzte Psychotherapeuten und alternative The-rapeuten gibt Es ist das Recht jedes Menschen sein Heil auf seine ganz indi-viduelle Art zu suchen und zu finden (vgl MD 1997 S 198)

Esoterik und die Dispersion des Religioumlsen

Daszlig der gesellschaftliche Prozeszlig ziel-strebig auf eine totale bdquoSaumlkularisierung und bdquoReligionslosigkeit zugehe wird -wie bereits oben festgestellt - in dieser Einseitigkeit heute unter Soziologen und

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Theologen kaum noch vertreten Man geht vielmehr von einem Neben- und Ineinander divergierender Tendenzen von Saumlkularisierung und (Re-)Sakralisie-rung bzw (Re-)Mythologisierung aus Gleichzeitig bedeutet diese Entwicklung aber aus der Sicht der traditionellen reli-gioumlsen Institutionen eine bdquoVerduumlnnung und bdquoDispersion (Verteilung) von Reli-gion Damit ist das Entstehen einer bdquoamorphen Weltanschauung gemeint die weder religioumls noch atheistisch im uumlberlieferten Sinn ist eine Art bdquoideologi-scher Nebel (Asendorf) dessen Hinter-grund meist eine diffuse monistische Weltsicht ist Dieser Vorgang scheint sich auch in anderen Gesellschaften zu wiederholen zum Beispiel im postkom-munistischen Ruszligland wo die Zahl der bdquoneureligioumls Glaumlubigen (im Sinne die-ser amorphen religioumlsen Weltsicht) waumlchst Auch bei uns ist bdquoEsoterik haumlu-fig nur der Inbegriff dieses diffusen bdquoreli-gioumlsen Lebensgefuumlhls und sowohl Aus-druck dieser neureligioumlsen Tendenzen als auch ein ihre Ausbreitung mit am staumlrksten foumlrderndes Mittel Der Freiburger Religionssoziologe Mi-chael N Ebertz hat diese Veraumlnderungen auf die Formel von der bdquoDispersion des Religioumlsen gebracht bdquoDie wachsende Dispersion des Religioumlsen also seine Verteilung auf ganz unterschiedliche Orte Anbieter und Sozialformen scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein (1997 S 111) Funktionen von Re-ligion werden immer haumlufiger von nicht-kirchlichen Bereichen der Gesellschaft und ihren Agenten uumlbernommen - von Therapien Kunst Kultur Konsum Sport uam bdquoEs scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein daszlig Religioumlses - Weltorien-tierung Handlungsformierung und Ohn-machtsbewaumlltigung - auch dort zu ha-ben ist wo kein Schild Religion hier zu haben steht inzwischen sogar auf dem

oumlkonomischen Markt Sichtbare Konse-quenz dieses Dispersionsprozesses ist nach Ebertz bdquoIndem Lebensberater So-zialarbeiter Aumlrzte Lehrer fuumlr Gymnastik Ausdruckstanz und fernoumlstliche Sportar-ten Psychologen und Psychotherapeu-ten Fernsehstars und -Produzenten so-wie Kuumlnstler mit dem geistlichen Amts-traumlger alten Schlags in Konkurrenz tre-ten tragen sie zur Entgrenzungdes reli-gioumlsen Feldes bei und daruumlber zu einer -zumindest partiellen - Entdifferenzie-rung der Lebensbereiche Im Effekt kann dann jede(r) nicht nur eine Sekte sein sondern auch ein Theologe und Prie-ster und jede(r) seine eigene Sekte sein eigener Theologe und sein eigener Priester (S 148f) Auch die bdquoesoterische Dauerwelle ist eine der schillerndsten Konsequenzen dieses von Ebertz beschriebenen Prozes-ses indem ehemals von den christlichen Kirchen gepraumlgte Bereiche der Weltori-entierung und Ohnmachtsbewaumlltigung fuumlr weite Bevoumllkerungskreise nunmehr von esoterischen Anbietern oder von Ak-teuren aus der Unterhaltungs- und Mo-dewelt bedient werden Eines unter un-zaumlhligen Beispielen ist etwa das Buch des als bdquoneuer Nostradamus apostro-phierten Pariser Modemachers und Eso-terik-Autors Paco Rabanne bdquoDas Ende unserer Zeit Aufbruch in das Wasser-mann-Zeitalter (Muumlnchen 1996) bdquoVer-gleichbar dem Johannes dem Verfasser der nach ihm benannten Apokalypse kuumlndigt er die Rettung der Gerechten an und ein von Harmonie gekennzeich-netes kommendes Wassermann-Zeital-ter heiszligt es auf dem Buchdeckel gleichsam wie zur Bestaumltigung von Ebertz These uumlber die bdquoEntgrenzung des religioumlsen Feldes in dem dann jeder sein eigener bdquoProphet ist Diese Entwicklung wird begleitet von verschiedenen Trends die Ebertz als

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Trend zur Vermarktung des Religioumlsen (S 11 Off) als Trend zur religioumlsen Un-verbindlichkeit (S 76ff) und als Trend zum religioumlsen Individualismus zu Selbstentfaltungswerten und zur reli-gioumls-synkretistischen Autozentrik (S 75) charakterisiert Glaubensvorstellungen unterschiedlicher religioumlser Traditionen werden - gerade auch unter esoteri-schem Vorzeichen als angebliche eso-terische bdquoUr-Weisheit der Menschheit -selbst bei Kirchgaumlngern miteinander synkretistisch kombiniert Nach J Eiben (Shell-Jugend-Studie 1992) ergibt sich der Befund bdquodaszlig sich die Mitglieder und Sympathisanten okkulter und esote-rischer Gruppen zu einem Drittel aus Kirchgaumlngern rekrutieren (bei Ebertz S 74) bdquoEsoterik ist die gegenwaumlrtig populaumlrste Bezeichnung dieser sich verfluumlchtigen-den und dispergierenden Religiositaumlt Versteht man die esoterische bdquoDauer-welle als Ausdruck und Medium dieser Dispersionsprozesse so ist die Frage im Blick auf die weitere Entwicklung also wie weit sich die Dispersion des Religiouml-sen fortsetzt - und damit zugleich auch die esoterische Dauerwelle Denkbar ist aber auch daszlig dieser Prozeszlig in Zukunft unter ganz anderen Bezeichnungen wei-tergeht als unter der Worthuumllse bdquoEsote-rik Es ist aber auch moumlglich daszlig bdquoEso-terik zu einem Dauerkennzeichen sol-cher Tendenzen der Pluralisierung Indi-vidualisierung und Dispersion des Reli-gioumlsen wird Auf ein wichtiges Beispiel fuumlr die bdquoVer-teilung (Dispersion) des Religioumlsen in unserer Gesellschaft - und damit zu-gleich auch fuumlr die Ausbreitung esoteri-scher Vorstellungen - kann hier nur in Kuumlrze hingewiesen werden den Ge-sundheitssektor Bernhard Grom er-schien es juumlngst als wuumlrde sich bdquodie Eso-terik- und Alternativkonjunktur der 80er

Jahre seit einiger Zeit in einer Gesund-heitswelle fortsetzen (1998 S 413) bdquoGesundheit wird zu einem neuen bdquoHoumlchstwert - vor dem Hintergrund einer bdquoLeistungs- und bdquoErlebnisgesell-schaft die die jederzeitige bdquoFitness und das Wohlbefinden ihrer Mitglieder fordert Es scheint als ob die Konjunktur esoterischer Heilungsangebote vor allem vor dem Hintergrund dieser gesellschaft-lichen Tendenzen zu deuten ist und bis auf weiteres die bdquoEsoterik-Welle in be-sonderer Weise praumlgen wird Und hier spielen neben alternativen Entspan-nungs- Ernaumlhrungs- und Bewegungs-methoden (Yoga Demeter-Kost Kinesio-logie ua) vor allem esoterisch gepraumlgte Glaubensvorstellungen - insbesondere der Glaube an eine jederzeit verfuumlgbare bdquouniverselle Heilkraft oder bdquoLebens-kraft - eine Rolle Sogar das Parfuumlm von Paco Rabanne heiszligt nicht zufaumlllig bdquoenergy (FAZ-Magazin Nr 942 20 3 1998) Der Versuch der Heilung konkre-ter Krankheitssymptome und der An-spruch damit zugleich das bdquoesoterische Ur-Wissen von der Verwirklichung des ewigen Heils des Menschen verfuumlgbar zu haben gehen hier vor dem Hinter-grund der bdquoDispersion religioumlser Erwar-tungen auf bdquofreie esoterische Heilungs-angebote und Anbieter eine weder christlich noch fachlich-medizinisch vertretbare Einheit ein Von diesem und vielen anderen Gesichtspunkten aus regt sich daher immer haumlufiger Kritik an der heutigen Esoterik sowohl von kirchlich-theologischer als auch wissenschaftli-cher als auch politischer Seite

Esoterische Religiositaumlt auf dem Pruumlf-stand

Wie sollen Kirche und Gesellschaft rea-gieren angesichts dieses Befunds neuer esoterischer Religiositaumlt

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Ein wirklicher Dialog ist wohl nur mit wenigen Gruppen aus dem Bereich der bdquoSystem-Esoterik moumlglich (vgl zB M D 1997 S 91 ff zur Anthroposophie) Man kann die theologische Auseinanderset-zung mit den verschiedenen Erschei-nungsformen heutiger Esoterik an den genannten drei Hauptinhalten moderner Esoterik (so S 264) orientieren - Dem Monismus der Esoterik gegen-uumlber waumlre der biblische Schoumlpfungsglau-be eine geeignete Basis fuumlr die Kritik - Dem paumldagogischen Evolutionismus der Esoterik ihrem Angebot der Schaf-fung immer neuer bdquoDo-it-yourself-Para-diese auf Erden gegenuumlber waumlre mit der reformatorischen Rechtfertigungslehre zu argumentieren daszlig das Heil des Menschen nicht bdquomachbar ist sondern reines Geschenk Gottes - Und der gnostischen Erloumlsungslehre der Esoterik mit ihrer bdquoSelbstverwirkli-chungs-Eschatologie von der Realisie-rung des bdquogoumlttlichen Selbst im Men-schen waumlre die christliche Eschatologie entgegenzustellen wonach das Reich Gottes seit Jesus von Nazareth zwar bdquoun-ter uns ist aber sein endguumlltiges Kom-men noch aussteht solange der Mensch in der Suumlnde verharrt sein endguumlltiges Kommen Gnade ist (Mt 2534) Diese theologischen Punkte betreffen im wesentlichen die kirchliche Auseinan-dersetzung mit der bdquoSystem-Esoterik der organisierten Weltanschauungsgruppen Die gesellschaftliche Auseinanderset-zung (su) hat es daruumlberhinaus vor al-lem mit bestimmten Auswuumlchsen des bdquoEsoterik-Marktes und der Dispersion des Religioumlsen zu tun

Schoumlpfungsglaube versus Monismus

Der Monismus der modernen Esoterik seine Anschauung von einer bdquokosmi-schen Lebenskraft die alles durchflutet

kann die Kirche an vergessene Wahrhei-ten und Schaumltze ihrer eigenen Tradition erinnern Oft hat ein theologischer Intel-lektualismus vergessen- Der Mensch lebt in natuumlrlichen kosmischen Bezuumlgen ist Teil einer natuumlrlichen Ordnung bdquoAlle Krankheit sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoentspringt einer vierfachen Entfrem-dung von Gott vom Du von der Mutter Erde und von sich selbst Heilung und Heil sind nur zu erlangen wenn der Mensch in allen vier Lebensbezuumlgen umgewandelt wird und sich wandelt -in seinem religioumlsen Verhaumlltnis zu Gott in seiner sozialen Beziehung zu seinen Mitmenschen in seinen natuumlrlichen Be-zuumlgen zum Kosmos und in seinen indivi-duellen Bezuumlgen zu sich selbst Dh wenn sich der Mensch bdquoganzheitlich in der Konkretheit von Leib Seele und Geist begreift Eine Schluumlsselrolle spielt dabei der religioumlse Bezug zu Gott Der Christ weiszlig Der Mensch verdankt sich nicht einer unpersoumlnlichen Kraft im Kos-mos sondern bdquoschlechthin abhaumlngig weiszlig er sich nur von einem persoumln-lichen Du das ihn gewollt hat Das meint der Glaube an den bdquoSchoumlpfer und an die Welt als Gottes bdquoSchoumlpfung Darum kann der Christ Gott Gott und die Welt Welt sein lassen Im Monismus der Esoterik wird der Ur-sprung der Schoumlpfer des kosmischen Le-bensstroms der Leben uumlberhaupt erst er-moumlglicht weitgehend ausgeblendet Und damit haumlngt es zusammen daszlig der Mensch seine Endlichkeit und Ge-schoumlpft ichkeit nicht aushalten und des-halb zu Totalkonzepten von Selbst-Erlouml-sung und bdquoGanzheitlichkeit in einem fragwuumlrdigen Sinn seine Zuflucht neh-men muszlig Das ist besonders im Sektor esoterischer Heiler und Heilungsange-bote zu erkennen Eines der zur Zeit verbreitetsten Esoterik-Buumlcher mit dem Titel bdquoDie Fuumlnf Tibe-

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ter seit Monaten auf den Bestseller-Listen ganz oben verheiszligt dem Men-schen durch simple Yoga-Uumlbungen nicht nur groumlszligere Fitness sondern so etwas wie die Erlangung bdquoewiger Jugend -also letztlich einen alles Irdische soweit bekannt transzendierenden Heilszu-stand (vgl dazu Kakuska 1997) Es gibt auf dem bdquoEsoterik-Markt regelrechte bdquoUnsterblichkeits-Trainings in denen den Teilnehmern (gegen gutes Geld natuumlrlich) nicht nur eingeredet wird daszlig sie gar nicht sterben koumlnnten weil sie selbst bdquogoumlttl ich seien sondern daszlig es sogar die Moumlglichkeit gebe bdquoauf ewig im Koumlrper zu bleiben (vgl M D 1992 S 188 ff) Dh Auch auszligermedizinische zB re-ligioumlse Sachverhalte werden im Rah-men esoterischer Totalkonzepte von bdquoGanzheitlichkeit freigegeben fuumlr den Heiler oder - oft nur selbsternannten -Therapeuten Von der bdquoKrake Sciento-logy soll hier gar nicht weiter die Rede sein Sie ist ja in gewisser Hinsicht nur eine versektete durch ihr Geschaumlftsge-baren besonders bdquoauffaumlllige Form sol-cher bdquoEinfachst- oder bdquoPrimitiv-Esote-rik wie den bdquoFuumlnf Tibetern die dem bdquoKlienten am Ende nicht nur Gesund-heit und Heilung (den Clear-Zustand) sondern auch noch uumlber-menschliche Faumlhigkeiten (den bdquoOperating-Thetan-Zu-stand) verspricht - mit bdquoArbeitsvertrauml-gen uumlber Jahrmillionen die unsere irdi-sche Existenz in unbekannte Dimensio-nen uumlbersteigen Damit kommt bereits der zweite fuumlr die theologische Auseinandersetzung mit der Esoterik wichtige Punkt in den Blick - ein bdquomagisches Machbarkeitsdenken durch das die neue esoterische Religio-sitaumlt dem modernen Rationalismus und der Welt der technischen Lebensbewaumll-tigung naumlher steht als sie meist glauben machen wi l l

Rechtfertigungslehre versus paumldagogi-scher Evolutionismus

Moderne Esoterik und Okkultismus sind Kinder des 19 Jahrhunderts als der Ent-wicklungsgedanke und darauf aufbau-ende Fortschritts-Utopien aufzubluumlhen begannen Keine der heutigen Esoterik-und Okkultbewegungen ist aumllter als 150 Jahre Es gibt sie immer noch die bdquomo-dernen Selbstverwirklichungs-Eschatolo-gien und bdquoDo-it-yourself-Paradiese deren Zusammenbruch mancher Theo-loge zu erkennen meint - naumlmlich vor allem in Gestalt heutiger bdquoEsoterik Eine Erklaumlrung warum sich viele Menschen heute gerade zu dieser esoterischen Re-ligiositaumlt hingezogen fuumlhlen duumlrfte in deren Nauml7e zum modernen Wissen-schafts- und Technikglauben zum Glau-ben an die bdquoMachbarkeit aller Dinge liegen Die moderne esoterische Reli-giositaumlt beansprucht zu wissen und nicht mehr bloszlig zu glauben und sie moumlchte moumlglichst kurzfristige bdquoErfahrungen und bdquoBeweise der bdquoErloumlstheit des Men-schen - Der Geistheiler weiszlig wie die Heil-kraft oder bdquoLebenskraft aus dem Kos-mos manipuliert wird (Daskalos) - Kuumlbler-Ross weiszlig daszlig es ein Leben nach dem Tod gibt sie vertraut nicht nur darauf - Der Spiritist legt bdquoBeweise vor fuumlr ein Uumlberleben des Todes Die bdquoGeister re-den in den spiritistischen Sitzungen und damit seien bdquoBeweise erbracht daszlig der Mensch auf einer geistigen Ebene wei-terexistiert - Die Anthroposophie versteht sich ebenfalls nicht als Glaube oder bdquoReli-gion sondern ausdruumlcklich als bdquoGe-heim- oder bdquoGeistes- Wissenschaft weil Rudolf Steiner ein bdquoWissen eine bdquoErkenntnis uumlber die bdquogeistige Welt ge-bracht habe

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Das biblische Verstaumlndnis des Glaubens als bdquoNicht sehen und doch Gott ver-trauen ist der Esoterik zutiefst fremd Man laumlszligt nur angeblich Beweisbares und rational Einsehbares als Lehre gel-ten Dementsprechend wird auch das Beten umfunktioniert zu einer Art bdquosaumlkularer Magie oder Heilstechnologie bdquoMi t meinen Gebeten kann ich jeden aus der Firma entfernen mit diesen Worten wurde einmal im bdquoSpiegel eine Anhaumln-gerin der theosophischen bdquoI AM-Bewe-gung zitiert die von einem millionen-schweren Schokoladenfabrikanten in der Schweiz geheiratet worden war Nach dem Philosophen Peter Sloterdijk steht das bdquogeheime Wissen der Esoterik dem mit moderner Technik oft verbun-denen Macht- und Erloumlsungsstreben des Menschen naumlher als es auf den ersten Blick scheint Wenn schon bdquoWissen Macht ist dann erscheint bdquomagisches Wissen als absolute Macht (vgl FAZ-Magazin Nr 836 8 3 1996) Waumlhrend christliche Religion den Men-schen zu seiner Erloumlsung grundlegend als der Gnade Gottes beduumlrftig versteht ist die esoterische Religiositaumlt vor allem eine Angelegenheit des Humanum des Menschen dem es um die Steigerung menschlicher (Erfahrungs-)Moumlglichkei-ten geht der seine Nichtigkeit erfaumlhrt aber sich selbst das houmlchste Wesen bleibt indem er seine tiefe Verlorenheit von sich aus aus eigenen Kraumlften auf dem Weg eines bdquopaumldagogischen Evolu-tionismus uumlberwinden wi l l Diese bdquoneue Religiositaumlt der Esoterik ist weit-hin ein Ruumlckfall in eine dem christlichen Glauben an die Rechtfertigung des Suumln-ders fremde bdquoGesetzlichkeit Das Men-schenbild der Esoterik wird zentral be-stimmt von der Gesetzmaumlszligigkeit von Karma und Reinkarnation Nach diesem strengen Gesetz muszlig der Mensch immer

wieder in diese bdquoSchule des Lebens zuruumlck bis er selbst seine Schwaumlchen ausgeglichen und sich selbst vervoll-kommnet hat Letztlich ist die Rein-karnations- und Karma-Lehre der gefaumlhr-liche Versuch die bdquoletzten Fragen des Lebens vor allem die Heilsfrage auf der Basis des Leistungsgedankens zu beant-worten Gegen oft hohe Gebuumlhren ver-suchen Esoterik-Anbieter vor diesem Hintergrund dem Menschen zu zeigen wie er sich selbst schneller zum Geistig-Goumlttlichen bdquoentwickeln koumlnne

Christliche Hoffnung versus Selbstverwirklichungs-Eschatologie

Die bdquoFreiheit des Christenmenschen kann solchen esoterischen Vorstellungen gegenuumlber nur gewahrt werden wenn deutlich hervorgehoben wird daszlig im christlichen Glauben die Frage der Erlouml-sung von der Frage der natuumlrlichen oder geistigen Entwicklung bdquoabgekoppelt ist daszlig die Geschichte kein bdquoFortschritt ist der unmittelbar im Erloumlsungszustand en-det bdquoDas Evangelium ist erst das Mor-genrot der Welterloumlsung sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoChristliche Froumlmmigkeit ist beziehungsorientiert Sie versteht sich im Gegenuumlber zu Gott zu Christus Eso-terische Spiritualitaumlt scheint demgegen-uumlber entwicklungsorientiert Sie ist an-thropozentrisch und in der Gefahr sich uumlber die Grenzen des Menschen illusio-nistisch zu erheben oder einem unguten Leistungsdruck zu verfallen so charak-terisierte Michael Nuumlchtern kuumlrzlich die Diskrepanz zwischen christlichem Glau-ben und esoterischer Selbstverwirkli-chungs-Eschatologie (Interview in bdquoidea 1 7 1998 S V) Dies scheint heute allerdings am schwersten zu vermitteln zu sein Daszlig der bdquoWeg des Glaubens keine progres-sive Entwicklung ist Der Christ steht im-

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mer wieder am Anfang und ist taumlglich neu angewiesen auf Gottes hilfreiche Gnade Ein wirkliches Fortschreiten im Blick auf unser Heil gibt es nicht von uns her sondern allein durch Gottes Zu-wendung zu uns vom Kommen des Rei-ches Gottes zu uns her (Mt 2534) Die christliche Hoffnung haumllt es also weniger mit Lessings bdquoErziehung des Menschen-geschlechts als mit Houmllderlin der ein-mal dichtete bdquoWas hier wir sind kann dort ein Gott ergaumlnzen mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden (A Kouml-berle in bdquoDas geheimnisvolle Reich der Seele Freiburg 1984 S 19) Mit A Resch kann man daher durchaus bezweifeln ob es sich bei der neuarti-gen bdquoReligiositaumlt der Esoterik uumlberhaupt noch um eine religioumlse Haltung im eigentlichen Sinn handelt Esoterik stellt als bdquoGeheimwissenschaft seit Helena Blavatsky nicht nur eine Alternative zur herkoumlmmlichen Wissenschaft sondern auch zur Religion dar Viele Fragen wer-den uumlberhaupt ausgeklammert aus dem Bereich der Religion was dem Streben des modernen Menschen nach Erkennt-nis entgegenkommt So ist die Frage der Wiedergeburt (Reinkarnation) fuumlr den Esoteriker eigentlich keine Frage der Re-ligion sondern des Wissens Die Wie-dergeburt gilt nicht als Glaubensfrage sondern als Tatsache Kennzeichen der Esoterik ist nach Resch (1994 S 75f) ihr Immanentismus dh bdquodie Deutung von Welt Leben und Religion mit natur-immanenten Kraumlften unter Verzicht auf die Transzendenz Damit nimmt Esoterik nach Resch bdquoimmer mehr die Form einer alternativen Lebensgestal-tung zu Wissenschaft und Religion vor allem zum Christentum ein zumal der Stellenwert der Person durch die kosmi-sche Einheit und den Kreislauf der Dinge voumlllig relativiert wird Der Wert der Per-son ist nur zeitlich gegeben und hat

keine transzendente Bedeutung mehr Das Ich ist im All verklungen Auch J Sudbracks Kritik an der Esoterik setzt an diesem zentralen Punkt der Unverfuumlgbarkeit des bdquo D u Gottes und der Freiheit der Person an wonach die fuumlr echte Religion konstitutive bdquoBegeg-nung mit Gott als freiem personalem Gegenuumlber die bdquoEhrfurcht vor dem Groumlszligeren durch den Versuch der Eso-terik miszligachtet wird bdquodas Ganze der Welt in den intellektuellen Griff (zu) bekommen So uumlberrasche es nicht bdquodaszlig im esoterischen Zugriff auf die Wirklichkeit all die Werte Freiheit Liebe Du Personsein Einmaligkeit usw ins Abseits geraten Sie naumlmlich gruumlnden in der Qualitaumlt des gegen-uumlber die auch von der intellektuellen Esoterik in die Immanenz des Selbst auf-geloumlst wird (997 S 333) Solche bdquoVerendlichungen bei an-spruchsvolleren Vertretern der Esoterik sind erst recht fuumlr den bdquoEsoterik-Markt typisch Aus religionswissenschaftlicher Perspektive fragt daher auch H Zinser bdquoob dies noch Religion sei was von der esoterischen bdquoPublikums- und bdquoKlien-tenreligion auf dem bdquoMarkt verhandelt wird bdquooder ob der Markt mit seinen Ver-dinglichungen und Verendlichungen das von der Religion gemeinte Absolute auf-loumlst (1997 S 31)

Eine Ideologie neuer sozialer Ungleich-heit

Uumlber die religioumls-weltanschauliche Di-mension hinaus haben viele esoterische Angebote eine gesellschaftspolitische Dimension die in juumlngster Zeit immer mehr auf Kritik stieszlig Esoterik - nicht nur in ihren banalen Auspraumlgungen - wird vorgeworfen ausbeuterische Systeme zu rechtfertigen rassistischen Vorurteilen nicht konsequent und eindeutig ent-

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gegenzutreten (vgl die in MD 1998 S 146 ff u 21 Off dokumentierten Dis-kussionen um Steiner und Hockemeyer) oder zu einer Ideologie sozialer Un-gleichheit zu verkommen Richard Schroumlder sprach im bdquoSpiegel (Nr 52 1997) diesbezuumlglich geradezu von einer bdquoasozialen Religiositaumlt die sich hier ausbreite Die nichtinstitutionalisierte frei flottierende Religiositaumlt des Esoterik-Marktes steht so Schroumlder bdquo in der Ge-fahr die Gesellschaft zu entkultivieren naumlmlich als bdquoasoziale Religiositaumlt der ruumlcksichtslosen Erlebnissteigerung die ein Goumlttliches im Ich sucht und sich aus-leben moumlchte Demgegenuumlber sei bdquokul-tivierte Religiositaumlt immer bdquogemeinsam verantwortet Hier ist die Esoterik gefragt vor allem ihr Menschenbild kritisch zu reflektieren das auf dem angeblichen bdquoGesetz von Karma und Reinkarnation als bdquogeistigem Entwicklungsgesetz der Menschheit be-ruht Es waumlre zu kurzschluumlssig gedacht etwa aus der hohen Arbeitslosigkeit auf einen Bedeutungsverlust der Esoterik zu schlieszligen weil die teuren Esoterik-An-gebote fuumlr immer mehr Menschen uner-schwinglich werden Denn neben dem Heer von Arbeitslosen und Geringver-dienenden kann sehr wohl eine bdquoEsote-rik-Kultur fuumlr beguumlterte Schichten ge-deihen aus deren esoterischer Sicht die Armen ja ohnehin nur ihr bdquoschlechtes Karma aus Vor-Existenzen abarbeiten Im Zeitalter der bdquoGlobalisierung des Ka-pitalismus koumlnnte das esoterische Men-schenbild auf diese Weise zur Ideologie neuer sozialer Ungleichheit reuumlssieren wenn sich seine Vertreter nicht selbst kritisch von solchen Gefahren distan-zieren Ein gesellschaftspolitisch inzwischen ebenfalls erkanntes und heftig diskutier-tes Problem betrifft vor allem esoterische Heilungsangebote auf dem bdquofreien

Markt Mit ihren Verheiszligungen einer bdquototalitaumlren Ganzheitlichkeit die einen Totalanspruch auf die Regulierung aller Lebensbereiche eines Betroffenen durch esoterische Praktiken erhebt koumlnnen Manipulationsmoumlglichkeiten Tuumlr und Tor geoumlffnet werden Was not tut im Blick auf oft skrupellos vorgehende eso-terische Anbieter ist daher eine Art bdquoVer-braucher-Schutz oder wenigstens eine verstaumlrkte bdquoVerbraucher-Beratung im Blick auf die von Esoterikern angebote-nen bdquoDienstleistungen (su S 283) In dieser Hinsicht hat sich auch die En-quete-Kommission bdquoSog Sekten und Psychogruppen des Deutschen Bundes-tages dafuumlr eingesetzt daszlig in der naumlch-sten Legislaturperiode ein Gesetz zur gewerblichen Lebensbewaumlltigungshilfe verabschiedet wird

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Klaus Fleckner Wuppertal

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

In letzter Zeit erreichen uns haumlufig Anfragen wegen der Aktivitaumlten einer bdquoBruder-schaft der Menschheit einer bdquoUniversalen Kirche oder eines bdquoFundaments fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen Hinter diesen verschiedenen Namen verbirgt sich ein und dieselbe esoterisch-theosophische Aktivitaumlt die eine Fortbildung der auf Helena Blavatsky zuruumlckgehenden modernen Theosophie darstellt (vgl MD 1992 S 245 ff) Pfarrer Klaus Fleckner hat uns folgende lebendige Schilderung vom Be-such eines Seminars dieser Organisation im letzten Jahr uumlbersandt

1 Der Ort und die Gruppe

Das bdquoLindner Golfhotel Juliana ein am Stadtrand von Wuppertal gelegenes Ob-jekt der 4-Sterne-Kategorie bietet neben seinem weitlaumlufigen Golfgelaumlnde auf dem schon Franz Beckenbauer seinen Golfschlaumlger schwang ein gediegenes Interieur mit mehr als nur einem Hauch von Luxus und gehobenem Komfort Eine Gruppe von Leuten zwischen 30

und 50 gut gekleidet im Geschmacks-spektrum von Edelflipp bis laumlssig-schick wartete im Stehen vor dem Flur zum Konferenzraum uumlber dessen Tuumlr endlos der Name des Mieters voruumlberzog bdquoFUNDAMENT FUumlR HOumlHERES GEISTI-GES LERNEN - eine wohlklingende Er-gaumlnzung zu den diversen anderen Schu-lungskursen und Konferenzen im Haus mit topgestylten Managertypen im Na-delstreifenanzug und sonnenbankge-

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braumlunten Schoumlnen wie von der Titelseite einer Modezeitschrift entsprungen Neu-ankoumlmmlinge ob Mann ob Frau wur-den von den Umstehenden mit Umar-mung und Kuumlszligchen empfangen Unge-faumlhr zwei Drittel der 25 Teilnehmer wa-ren Frauen bis auf zwei oder drei Paare schienen alle anderen ohne Partnerin angereist zu sein Wie beilaumlufige Fragen ergaben waren Lehrerinnen anwesend eine Psychologin eine fruumlhere kirchli-che Mitarbeiterin ein Steuerberater eine Krankenschwester eine Erzieherin Her-kunftsorte waren Staumldte der Wuppertaler Umgebung Duumlsseldorf Koumlln Herdecke usw Die Teilnahmegebuumlhr galt es gleich zu Beginn zu entrichten 220- DM -ohne Getraumlnke Verpflegung oder Uumlber-nachtung Nach 15 Minuten endete die Wartezeit der Konferenzraum wurde freigegeben und der Eindruck nun unmittelbar vor der Bescherung zu stehen bewahrhei-tete sich als haumltten unsichtbare Helfer ein esoterisches Weihnachtszimmer de-koriert Der Raum war reich ge-schmuumlckt Auf jedem Dreiertisch an den Seiten standen zwei kleine Blumenva-sen Doch die Aufmerksamkeit wurde automatisch nach vorne gelenkt Dort erstrahlte auf der linken Seite ein i l lumi-niertes farbiges Gemaumllde auf dem in Lichtschleier gehuumlllt drei Gestalten sichtbar waren die auseinander hervor-traten - es dominierte ein aufrechtste-hendes houmlheres Wesen mit einer Strah-lenkrone auf dem Kopf das in den Raum hineinzublicken schien waumlhrend sich ein zweites eine weibliche Gestalt zu ihm emporreckte und ein drittes ganz in dunklen Farben gehalten zur Erde hinuntergebeugt blieb Sie schienen auf einer Treppe zu sitzen Vor dem Bild stand ein Strauszlig roter gelber und blauer Blumen in einer Vase daneben ein Leuchter mit drei Kerzen in denselben

Farben - das ganze Ensemble auf meh-reren Lagen goldfarbenen Stoffs Vorne rechts neben einem Rednerpult und einer Tafel stand ein Tisch der mit bun-tem Spielzeug und anderen farbenfro-hen Dingen gefuumlllt war - bei naumlherem Hinsehen entdeckte ich farbige Tisch-tennisbaumllle Spieluhren Kreisel Spiel-zeugfiguren alte Spielzeugautos eine Kinderpistole einen kleinen Hai in ei-nem Glaszylinder in einer Fluumlssigkeit konserviert und mancherlei anderen Nippes von allenfalls Sammlerwert Am hinteren Ende des Raumes saszlig ein Mann an einem Mischpult mit Platten-spieler und Lautsprechern Anscheinend war es freigestellt wo man sich hinset-zen wollte doch das galt nicht fuumlr die vorderen beiden Reihen in denen schon Namensschilder standen Ich setzte mich in die dritte Reihe und wartete ab

2 Der bdquoMeisterreferent

Nach dem Verklingen einer pathetischen Musik-Ouvertuumlre stellte sich ein mittel-groszliger Mann ans Rednerpult der vorher etwas schwerfaumlllig nach vorne gegangen war und wies darauf hin daszlig er bdquoGun-dolf genannt werden wolle denn in dieser Arbeit tue sein Nachname nichts zur Sache Sein Vorname habe ihm zwar fruumlher uumlberhaupt nicht gefallen jetzt aber um so mehr und das nicht nur weil er so selten sei (Ich konnte mich nicht enthalten ihn mit bdquoGandalf aus dem Fantasy-Roman bdquoDer Herr der Ringe zu assoziieren und uns als eine Schar Hob-bits auf der Suche nach dem magischen Ring) Gundolf schrieb seinen Nachna-men aber trotzdem in etwas kleinerer Schrift mit an die Tafel und fuumlgte hinzu da er uns nicht beherrschen wolle habe er es nicht noumltig mit Musikbegleitung anzutreten - deshalb habe er sich erst an uns gewandt nachdem sie verklun-

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gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 4: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

einen Teil eines echten religioumlsen Su-chens handelt ist angesichts der unuumlber-schaubaren Vielfalt der Phaumlnomene um-stritten bdquoEsoterik hat sich eingenistet in fast jeder Buchhandlung in Fernseh- Kino- und Theaterproduktionen in der Unterhaltungsmusik und selbst in der kirchlichen Erwachsenenbildung Vor al-lem auch der Ernaumlhrungs- und Gesund-heitssektor sind voller bdquoEsoterik - bis hin zum garantiert nur in Vollmond-naumlchten gebrauten bdquoVollmond-Bier Dabei breiten sich insbesondere auch fernoumlstliche Heilungspraktiken wie bdquoReiki oder bdquoFeng Shui-Vorstellungen aus der traditionellen chinesischen Geo-mantie in der Esoterik-Szene und sogar in Volkshochschulprogrammen aus und Anhaumlnger exotischer Kulte tummeln sich auch auf bdquoEsoterik-Messen 18 Milliar-den DM soll der Umsatz It bdquoFocus 1996 in der bdquoEsoterik-Branche betragen haben (141996 S 200) In dieser Zahl sind vermutlich nicht einmal die Um-saumltze aller mit esoterischem Gedanken-gut gekoppelten Wirtschaftszweige voll-staumlndig enthalten So werden zB It bdquoGoetheanum (571998 S 404) welt-weit etwa 500 Millionen DM Umsatz al-lein mit dem bdquoDemeter-Warenzeichen getaumltigt also dem Markenzeichen des auf den esoterischen Grundlagen von Steiners Anthroposophie beruhenden biologisch-dynamischen Landbaus Kein Wunder daszlig auch die Werbung inzwi-schen die Esoterik fuumlr sich entdeckt hat (vgl bdquoEsotera 21998 S 16ff) Auf dem Internet befanden sich 1997 bereits uumlber 100000 verschiedene Dokumente zu Esoterik Okkultismus New Age und Sa-tanismus (Kaiser 1997 S 12) Viele die-ser esoterischen Angebote werden kon-sumiert ohne eine tiefergehende Refle-xion uumlber das worauf man sich da ein-laumlszligt bzw worum es sich bei dem Stich-wort bdquoEsoterik eigentlich handelt

Esoterik - was bedeutet das eigentlich

Es gibt zwei Bedeutungsvarianten - je nachdem ob man vom Adjektiv bdquoesote-risch oder vom Substantiv bdquoEsoterik ausgeht Das Adjektiv bdquoesoterisch leitet sich ab vom griechischen bdquoesoumlterikoumls was so-viel wie bdquozum inneren Kreis gehoumlrig be-deutet (vgl Cancik Bochinger Resch 1994 S 73) Es wurde bereits in der An-tike verwendet fuumlr nur einem bdquoinneren (griech bdquoesoumlteros = bdquoinnerer) Kreis zu-gaumlngliche Lehren (allerdings weniger bdquoesoterischer Art im heutigen Sinn son-dern ganz allgemein fuumlr den nicht fuumlr die Oumlffentlichkeit vorgesehenen Teil be-stimmter Philosophenschulen) Etwas willkuumlrlich leiten heutige Interpreten der vom Wortsinn des Adjektivs (bdquoinnen bdquoinnerlich) ausgehenden Bedeutungs-variante daraus oft ein Verstaumlndnis von Esoterik im Sinne von bdquoinneren Wegen spiritueller Erfahrung ab das Adjektiv verweist jedoch keineswegs auf romanti-sche bdquoInnerlichkeit sondern auf die Geheimhaltung von bdquoLehren Im Unterschied zu dem bereits in der Antike belegten Adjektiv bdquoesoterisch (zuerst im 3 Jh n Chr bei Lukian vgl Cancik 1990) ist das davon abgeleitete Substantiv bdquoEsoterik ziemlich junger Herkunft und bezeichnet urspruumlnglich dasselbe wie das zur gleichen Zeit -Ende des 19 Jahrhunderts - aufkom-mende Wort bdquoOkkultismus Es ist naumlm-lich ein Sammelbegriff fuumlr die verschie-denen uumlberlieferten okkulten und magi-schen Praktiken und Anschauungen -von Astrologie und Alchemie uumlber Ma-gie und Mantik bis zu Hexentum Rosen-kreuzertum und Theosophie Der Fran-zose Eliphas Levi (1810-1875 kabbali-stisches Pseudonym von Alphonse Louis Constant) der auch den Begriff bdquoOkkul-tismus (occultisme) praumlgte verwendete

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um 1870 vermutlich auch als erster das Substantiv bdquoEsoterik (esoterisme) in die-sem Sinn (Levi hat bdquolesoterisme moumlgli-cherweise aus Jaques Matters bdquoGe-schichte des Gnostizismus [1828] uumlber-nommen vgl Hanegraaff 1996 S385f) Er begruumlndete damit zugleich eine neue Phase in der Begriffsgeschichte von bdquoesoterischbdquoEsoterik 1883 begegnet das Substantiv bdquooccultism auch in eng-lischer Form bei dem Theosophen Sin-nett und von da an breiten sich beide Substantive - bdquoEsoterik und bdquoOkkultis-mus - vor allem uumlber die anglo-indi-sche Theosophie weiter aus Helena Bla-vatsky gruumlndete eine bdquoEsoterische Schule und auch der 3 Band ihrer bdquoGeheimlehre traumlgt die Uumlberschrift bdquoEsoterik Daszlig man fuumlr die vielfaumlltigen Okkult-Praktiken und Geheimlehren der Ver-gangenheit solche Sammelbegriffe wie bdquoEsoterik und bdquoOkkultismus praumlgte zeigt bereits eine gewisse Ideologisie-rung (wie jeder -ismus) an vor allem aber ist es Ausdruck der Tatsache daszlig man hinter den Erze-Praktiken der ma-gisch-okkulten Tradition eine einheitli-che Weltanschauung vermutete und da-mit die verschiedenen bdquoesoterischen Praktiken unter dem Gesichtspunkt einer ihnen gemeinsamen Frontstellung als bdquoalternative Theorie oder Weltanschau-ung zum jetzt als dichotomisch empfun-denen modernen Weltbild der Naturwis-senschaft und der bdquoEntzauberung der modernen Welt uumlberhaupt wahrnahm Seit Levi und Blavatsky ist man es ge-wohnt diese okkulte bzw esoterische Weltanschauung dem modernen ab-strakten rationalen Denken als bdquoganz-heitliches Denken als bdquoUr-Weisheit der Menschheit entgegenzusetzen - ge-wissermaszligen als bdquoAlternative oder bdquoDritter Weg sowohl gegenuumlber der modernen Wissenschaft als auch gegen-

uumlber der traditionellen christlichen Reli-gion (vgl den daran orientierten Aufbau von Blavatskys Hauptwerk bdquoIsis ent-schleiert 1877) Damit etablierte sich im 19 Jahrhundert als zweite groszlige Gegenstroumlmung gegen die Aufklaumlrung neben der Romantik die moderne Esoterik bzw der moderne Ok-kultismus Das bdquoalte Wissen der Esote-rik wird im Spiegel der bdquogroszligen The-men der modernen saumlkularen Welt seit der Aufklaumlrung - Wissenschaft Evolu-tion Psychologie - neu reflektiert und damit ein bdquoalternatives esoterisches Verstaumlndnis dieser groszligen Themen be-gruumlndet (Hanegraaff 1996 S 51 7f) Auf der Basis solcher Uumlberlegungen entstan-den in den letzten 100 Jahren eine Reihe bis heute existierender esoterischer Welta nscha u u ngsgemeinscha ften w i e die sich als bdquoOrden bdquoLogen bdquoEsoteri-sche Schulen bdquoGesellschaften usw or-ganisierenden Theosophen- Anthropo-sophen- Rosenkreuzer- und Templer-gruppen die sich nicht nur nach innen elitaumlr-hierarchisch abschlieszligen sondern auch bdquoexoterisch haumlufig ein beachtens-wertes Schrifttum hervorbrachten und z T eigene Verlage Bildungseinrichtun-gen usw gruumlndeten Uumlber diesen relativ kleinen Kreis von freien und organisierten Esoterikern hin-aus hat sich der Begriff bdquoEsoterik aber erst 100 Jahre spaumlter in den beiden letz-ten Jahrzehnten ausgebreitet als Inbegriff eines bdquoMarktes verschiedenster bdquoesote-rischer Angebote Damit ist zugleich eine dritte Phase in der Begriffsge-schichte seit der Antike bzw seit E Levi erreicht bdquoEsoterik wird jetzt vielfach zur reinen Worthuumllse fuumlr eine plumpe Ideologie der Selbstbehauptung und des Subjektivismus die oft selbst die Verbin-dung zu den bdquoKlassikern der modernen Esoterik wie Blavatsky oder Steiner leug-net Auch die esoterische Uumlberlieferung

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ereilt in den letzten Jahrzehnten das Schicksal aller religioumlsen und geistigen Uumlberlieferungen auf dem bdquoSupermarkt der Wahrheiten im Zeitalter der Globa-lisierung des Kapitalismus ihre bdquoDisper-sion (s u) und bdquoVerduumlnnung Der Tendenz des bdquoAnything goes ent-sprechend werden auch die beiden Be-deutungsvarianten von bdquoesoterisch und bdquoEsoterik recht wil lkuumlrl ich verwendet je nach subjektivem Belieben Die am Wortsinn des Adjektivs (bdquoinnen bdquoinner-lich) orientierte Begriffsvariante im Sinne von Esoterik als bdquoinneren Wegen spiritueller Erfahrung vertreten vor allem mit der Jung-Schule sympathisierende Autoren So versteht etwa Georg Schmid unter bdquoEsoterik die Liebe zum uumlberall verborgenen inneren Geheimnis alles Wirklichen oder zur Innenseite aller Dinge (vgl 1992 S 55) Dementspre-chend versucht man hier die genuine Be-ziehung zum Begriff bdquoOkkultismus weit-gehend zu bestreiten und zwischen bdquoneuer und bdquoklassischer Esoterik staumlrker zu unterscheiden Demgegenuumlber orien-tiert sich der Esoteriker Hans-Dieter Leu-enberger staumlrker an der auf Levi zuruumlck-gehenden Begriffsvariante indem er bdquoEsoterik als bdquodas Wissen um eine Ener-gie die in allem vorhanden ist definiert (1989 S 22) dh als Aumlquivalent zum modernen monistischen Okkultismus Im allgemeinen definiert sich Esoterik aber nicht selbst und wenn sich nie-mand an eine bestimmte Definition haumllt sondern jeweils nur die bdquoeigene Erfah-rung als houmlchstes Kriterium gelten laumlszligt wird Esoterik zur reinen Worthuumllse fuumlr den eigenen Subjektivismus und Eklekti-zismus Diesen Subjektivismus vieler Anhaumlnger der Esoterik die die bdquoeigene Erfahrung absolut setzen ihr bdquosubjekti-ves Erleben als alleiniges bdquoWahrheits-kriterium gelten lassen und sich damit weigern sich irgendeiner Beschreibung

von bdquoEsoterik zuordnen zu lassen so daszlig sie fuumlr Kritik scheinbar unangreifbar werden charakterisiert treffend E Rung-galdier bdquoEs ist so weil ich es so erfahre oder erfahren habe Eine derartige Haltung vereitelt verstaumlndlicherweise den Diskurs als Mittel der Wahrheitssu-che (1996 S 27) bdquoEsoterik in diesem Sinn ist damit auch Symptom einer ge-wissen Schizophrenie (S 193) indem der einzelne sich gegenseitig Ausschlie-szligendes einfach kompiliert und die ver-schiedensten Rituale praktiziert waumlh-rend er im Alltag nach ganz anderen Prinzipien lebt und handelt

Esoterik und die bdquoEsoterik-Welle

Mit der Popularisierung der Esoterik in den letzten Jahrzehnten im Rahmen der sog bdquoEsoterik-Welle ergibt sich der pa-radoxe Vorgang daszlig ein elitaumlres Wissen um nicht allgemein zugaumlngliche Welt-hintergruumlnde oumlffentlich gemacht wird fuumlr die breite Masse frei zugaumlnglich sowie kommerzialisiert und marktfoumlrmig wird Das Spektrum des zur bdquoEsoterik Ge-rechneten erweitert sich erheblich und zu den bdquoEsoterik-Angeboten in Buch-handlungen oder auf Esoterik-Messen gehoumlren jetzt zB auch Literatur uumlber Schamanismus und fernoumlstliche Hei-lungspraktiken Feuerlauf-Seminare oder Flugreisen zu magischen bdquoKraftplaumltzen in Aumlgypten Suumldamerika oder Australien Als Teil der modernen bdquoErlebnisgesell-schaft wurde Esoterik auf diese Weise inzwischen zu einem beachtlichen Ge-schaumlftszweig auch in Deutschland Insbesondere in Verbindung mit diesen Tendenzen der Vermarktung und des bdquoEvent- oder Erlebnishaften hat Esoterik damit aber nur Teil an allgemeinen reli-gioumlsen Wandlungsprozessen die von Religionssoziologen vielfach beschrie-ben wurden und die man vorsichtig

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auch als bdquoneue Religiositaumlt bezeichnet Nach den amerikanischen Religionsso-ziologen Stark und Bainbridge (S 26ff) kann man drei charakteristische Erschei-nungsformen - genauer- drei Stufen der Organisiertheit - bdquoneuer Religiositaumlt in der Gesellschaft unterscheiden was ins-besondere auch auf die Esoterik zutrifft naumlmlich als bdquoaudience cult als bdquodient cult und als bdquocult movement was man etwa mit bdquoPublikum bdquoKundschaft und bdquoneue religioumlse Bewegung wiedergeben koumlnnte Dazu einige Beispiele bull Ein typisches Beispiel fuumlr die Katego-rie des bdquoPublikums-Kults ist das als bdquoEsoterik-Unterhaltungsspiel zur TIME-LIFE-Buchreihe bdquoDie Geheimnisse des Unbekannten konzipierte Spiel bdquoMysti-sche Reise zur 6 Dimension Das ist ein Gesellschaftsspiel durch das man ei-nen betraumlchtlichen Teil des esoterischen Weltbilds kennenlernen kann und sozu-sagen spielerisch in die Esoterik einge-weiht selbst zum bdquoMagier wird Statt also wie beim bdquoMonopoly moumlglichst schnell reich zu werden hat derjenige gewonnen der zuerst bdquodie (geistige) Ver-vollkommnung erreicht Wer dieses Spiel spielt reiht sich in die zahlen-maumlszligig wohl umfassendste Erscheinungs-form heutiger Esoterik ein - das was Stark und Bainbridge einen bdquoaudience cult nennen ein riesiges bdquoPublikum von Konsumenten die die gleichen Buumlcher lesen die gleichen Fernsehsen-dungen und Videos betrachten und die gleichen Fantasy-Spiele spielen Bern-hard Grom bezeichnet diese Erschei-nungsform heutiger Esoterik auch als bdquoGebrauchs-Esoterik (1986) bull Mit einer weiteren Dimension heuti-ger Esoterik bekommt man es zu tun wenn man seine eigenen bdquovier Waumlnde verlaumlszligt und sich in einem esoterischen bdquoWorkshop anmeldet oder von einem Reinkarnationstherapeuten wie Thor-

wald Dethlefsen beraten dh in fruumlhere Erdenleben bdquozuruumlckfuumlhren laumlszligt Da dies alles viel Geld kostet kommt ein Kund-schaftsverhaumlltnis zu dem Veranstalter ein bdquod ient cult zustande und so kann man sich diesen Bereich esoterischer Angebote als einen riesigen bdquoMarkt des Uumlbersinnlichen vorstellen Sog bdquoEsote-rik-Messen mit vielen hundert Besu-chern werden seit Jahren in unseren Groszligstaumldten veranstaltet - Auf der Esoterik-Messe bdquoAura anlaumlszlig-lich der bdquoBasler Psi Tage 1997 auf dem Basler Messegelaumlnde wurde zB ein breites Angebot an exotischen bdquoGesund-heitsprodukten vorgestellt - von in-dianischen Edelsteinen uumlber Pyramiden aus Draht Blech oder Holz (64- bis 380- sfr) bis zu Auraschutzmedaillons (168- sfr) oder Amuletten aus bdquoFeng Shui Energie (in Gold 300- sfr) Ein fuumlr 170- sfr angebotenes bdquoKinesiometer soll mit Hilfe von bdquoarchetypischen Ur-informationen in den Zellen aus terre-strischen und kosmischen Energien an-zeigen ob ein Nahrungsmittel oder ein Gedanke gut oder schlecht auf den Be-nutzer wirkt - Wahrsager Kartenleger und bdquoAura-Vi-sionsberater boten in kleinen Kabinen ihre bdquoKuumlnste fuumlr bis zu 300- sfr an - Aber auch Sekten und religioumlse Kulte traten hier in Erscheinung Auf dem Stand der bdquoSahaja Yoga -Gruppe wurde unentwegt vor dem Bild Shri Mataji Nir-mala Devis zwecks Weckung der bdquoKun-dali ni-Energie meditiert Hare-Krishna-Anhaumlnger verabreichten dem flanieren-den Messe-Publikum vegetarische Kost Der Bruno-Groumlning-Freundeskreis warb fuumlr den beruumlhmten bdquoWunderheiler und Anhaumlnger des bdquoMetharia-Vereins aus Eckernfoumlrde versprachen Kontakte zu bdquoauszligerirdischen Santinern bull Waumlhrend es beim bdquoEsoterik-Publi-kum und bei der bdquoEsoterik-Klientel we-

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der eine feste Mitgliedschaft noch eine dauerhafte Festlegung auf ein definiertes Glaubenssystem oder eine religioumlse Fuumlh-rergestalt gibt ist dies bei den organi-sierten Weltanschauungsgemeinschaften der Fall Neben den verschiedenen Ab-spaltungen von der bdquoTheosophischen Gesellschaft Helena Blavatskys aus der 1913 auch Rudolf Steiners bdquoAnthroposo-phie hervorging sind bei uns vor allem spiritistische und sog Neuoffenbarungs-gruppen aktiv in denen bdquoMedien oder bdquoSprechwerkzeuge Gottes Kundgaben geistiger Wesenheiten aus dem Jenseits aber auch von bdquoGott-Vater oder bdquoJesus Christus an ihre Anhaumlnger weitergeben In Brasilien und anderen Laumlndern der bdquoDritten Welt umfassen solche esoteri-sche bdquoneue Religionen oft Gemein-schaften mit vielen Millionen Mitglie-dern Da diese bdquocult movements Heils-Versprechungen in Form eines umfassen-den esoterischen bdquoWissens bdquoGnosis und bdquoSinnorientierung durch zT ge-waltige Gedankensysteme bieten spricht man hier auch von bdquoSystem-Esoterik Man hat es wenn man diese Erschei-nungsformen heutiger Esoterik zusam-menfassend uumlberblickt also mit zwei verschiedenen Ebenen zu tun - der Ebene des sog bdquoEsoterik-Marktes mit einer unuumlberschaubaren Zahl von Anbietern von Kursen Seminaren Buumlchern und sonstigen Waren (zB Amuletten Kristallen Duftstoffen Flug-reisen usw) - der Ebene der organisierten Weltan-schauungsgruppen Nur im Blick auf die erste Ebene kann man eigentlich von einer bdquoEsoterik-Welle oder einem bdquoEsoterik-Boom sprechen Waumlhrend die zT noch im 19 Jahrhundert entstandenen organisier-ten Gruppen nur ein relativ geringes Wachstum oder Stagnation verzeichnen ergibt sich die Dynamik des bdquoEsoterik-

Booms vor allem aus den freien esoteri-schen Angeboten Dies haumlngt mit bestimmten Entwicklun-gen in unserer Gesellschaft zusammen Im Unterschied zur Tradition der Esote-rik selbst und ihren antiken und mittelal-terlichen Wurzeln in Gnosis Hermetik und Kabbala ist der heutige bdquoEsoterik-Boom ein Phaumlnomen des saumlkularen Zeitgeistes Deshalb zeigt sich in der sog bdquoEsoterik-Welle die moderne Eso-terik vorwiegend von ihrer banalen Seite - zum Entsetzen vieler Esoteriker die sich deshalb uumlber ihre fragwuumlrdige Po-pularisierung nicht so ungeteilt freuen koumlnnen

Der bdquoesoterische Ansatz

Dabei koumlnnen sie sich auf einen durch-aus respektablen religioumls-weltanschauli-chen Ansatz beziehen wie er vor allem den Lehren und Praktiken vieler organi-sierter Weltanschauungsgruppen der Esoterik zugrundeliegt und zT in bana-lisierter Form in den bdquoVersatzstuumlcken der kommerziellen Anbieter wieder-kehrt Esoterik - das ist doch die Weltreligion der Zukunft meinte eine Dame waumlhrend eines Gespraumlchsabends mit kirchlichen Mitarbeiterinnen in einer Berliner Kir-chengemeinde Abgesehen von dem da-mit verbundenen Versuch sich mit die-sem Bekenntnis gegenuumlber jeder Kritik zu immunisieren steckt hinter dieser Meinung der richtige Eindruck daszlig die moderne Esoterik seit Helena Blavatsky eine Art bdquointerreligioumlse Bewegung zur Vereinheitlichung der Menschheit und der Religionen ist wie es die bdquoTheoso-phische Gesellschaft in ihren Zielen ausdruumlcklich formuliert (Bildung einer bdquouniversellen Bruderschaft der Mensch-heit) Hinter dem Interesse an den nicht banalisierten Erscheinungsformen der

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Esoterik scheint bei vielen Menschen vor allem das Beduumlrfnis nach Bewaumlltigung des religioumlsen Pluralismus und anderen Globalisierungsphaumlnomenen unserer Zeit zu stehen Der einzelne sieht sich einer Religionsvielfalt gegenuumlber aus der er auswaumlhlen muszlig (P L Berger) Die un-uumlberschaubare Vielfalt der Weltanschau-ungen tritt aber dabei in eine Spannung zu dem spirituellen Beduumlrfnis nach Ver-einheitlichung und Harmonie Von dieser Sehnsucht vieler Menschen profitiert heute die Esoterik Vor allem die bdquoSystem-Esoterik verschiedener Grup-pen wie der Anthroposophie oder ein-zelner Autoren wie Dethlefsen oder Dahlke ist gegenwaumlrtig einer der in der Oumlffentlichkeit bis ins bdquoBildungsbuumlrger-tum hinein einfluszligreichsten Versuche einer Bewaumlltigung des religioumlsen Plura-lismus durch eine religioumls-weltanschau-liche Vereinheitlichung - darin mit dem Fundamentalismus als Versuch einer bdquoverbindlichen Loumlsung aller gesell-schaftlichen Fragen von einem religiouml-sen Fundament aus durchaus konkurrie-rend Auch esoterische Gruppen koumlnnen den einzelnen trotz aller bdquoDogmenkri-tik ebenso mit Vorschriften hinsichtlich seiner Lebensfuumlhrung vereinnahmen vom Fernseh-Verbot bis zum Vegetarismus oder bdquolichtdurchlaumlssiger Kleidung Vertreter der bdquoneuen esoterischen Reli-giositaumlt bekraumlftigen dabei immer wie-der es sei eigentlich nicht so wichtig wo einer den bdquospirituellen Weg betritt denn alle Religionen und Traditionen seien recht verstanden nur Ausdruck der einen allumfassenden Wahrheit- in jeder von ihnen sei der bdquowahre Kern der esoterischen Weisheit enthalten Man kann dies als den bdquoesoterischen An-satz bezeichnen denn eben diese Sichtweise ist der Kern und das innerste Motiv der modernen Esoterik seit der Gruumlndung der bdquoTheosophischen Gesell-

schaft 1875 als einer Art bdquointerreligioumlser Bewegung Er besagt daszlig angeblich al-len Weltreligionen eine gemeinsame aber geheime esoterische bdquoWeisheits-lehre oder bdquoUr-Weisheit zugrunde-liegt Die verschiedenen religioumlsen Tra-ditionen seien nur historisch beschraumlnk-te Auspraumlgungen davon In der heute wohl bei uns verbreitetsten Einfuumlhrung in die Esoterik - Thorwald Dethlefsens Bestseller bdquoSchicksal als Chance - wird die bdquoheilige Lehre der Esoterik in diesem Sinne z B als bdquodas Urwissen zur Vollkommenheit des Men-schen (so der Untertitel) bezeichnet es handele sich um eine Lehre die jenseits aller begrenzten Formen der Religionen die bdquozeitunabhaumlngige der Menschheit jemals zugaumlngliche bdquoSumme des Wis-sens uumlber das Universum darstelle Eso-teriker glauben daszlig diese unspruumlngliche bdquoWeisheitsreligion durch moderne Wis-senschaft und christliche Kirchen ent-stellt oder vergessen wurde aber durch bdquogeheime Uumlberlieferungen und bdquoEinge-weihte die Zeiten uumlberdauern konnte -Gedanken auf denen heute eine un-uumlberschaubar gewordene esoterische bdquoVerschwoumlrungsliteratur aufbaut Aber nicht nur einzelne Autoren auch zahlreiche esoterische Weltanschau-ungsgemeinschaften verfolgen dieses Ziel einer Vereinheitlichung unter esote-rischem Vorzeichen Der Begruumlnder der Anthroposophie Rudolf Steiner meinte zB bdquodaszlig aus der anthroposophischen Stimmung das volle Verstaumlndnis des Wahrheitskerns aller Religionen folgen wi rd (GA 148133) Schon 1904 als Generalsekretaumlr der deutschen Sektion der bdquoTheosophischen Gesellschaft aumluszligerte er in einem Vortrag daszlig bdquodie theosophische Anschauung im Grun-de genommen kein Bekenntnis aus-schlieszligt alle aber einschlieszligt Alle bdquogroszligen Weisheitslehrer so meinte er

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im Sinne dieses esoterischen inklusivi-stischen Synkretismus - bdquoder aumlgyptische Hermes die alten indischen Rishis Za-rathustra die chinesischen Weisheits-lehrer Laotse und Konfuzius die Einge-weihten der alten Juden ferner Pythago-ras und Plato und endlich die Lehrer des Christentums selbst - haumltten die allge-meine esoterische bdquoWeisheitslehre ver-treten Heute sehen besonders New Age-Vertre-ter in der Akzeptanz dieses esoterischen Inklusivismus das Heraufkommen einer groumlszligeren alle Religionen umfassenden bdquoOumlkumene des Wassermann-Zeitalters hinter der die bdquokleine Oumlkumene der Kir-chen hoffnungslos zuruumlckbleibe Im groszligen Stil wurde dieser bdquoesoterische Ansatz erstmals in der 1875 von Helena Blavatsky und anderen gegruumln-deten bdquo Theosophischen Gesellschaft durchgefuumlhrt Die moderne Theosophie beansprucht nach dem deutschen Theo-sophen Hermann Rudolph bdquodas einzig Wesentliche und Gemeinsame aller Re-ligionen zu ihrer Grundlage zu haben bdquoLiebe das goumlttliche Selbst in dir und in allem lautet die Forderung aller wahren Religion Geistig aufgefaszligt sind und wol -len alle Religionen dasselbe Sie ent-springen saumlmtlich einer Quelle (Theo-sophie Bd I Leipzig 21916 S 34f) Bezuumlglich der Inhalte dieser angeblich allen Religionen zugrundeliegenden esoterischen bdquoUr-Weisheit stoumlszligt man in der Literatur im wesentlichen auf drei Grundvora ussetzungen - einen weltanschaulichen Monismus - einen paumldagogischen Evolutionismus und - eine fuumlr die Gnosis typische Erkennt-nis- und Erloumlsungslehre im Sinne von Selbsterkenntnis als bdquoErloumlsung Das monistische Element kommt in der heutigen Esoterik vor allem in der weit verbreiteten Vorstellung zum Ausdruck

daszlig der ganze Kosmos durchstroumlmt ist von einer einheitlichen universellen bdquoLebensenergie die man mit Begriffen aus ganz unterschiedlichen Traditionen bezeichnet wie bdquoPrana bdquoChi bdquoOd-Kraft bdquoHeilkraft oder bdquoBioenergie Der paumldagogische Evolutionismus der modernen Esoterik ist nichts anderes als eine esoterische Umformung des moder-nen Fortschrittsglaubens ein bdquomysti-scher Utopismus wonach durch bdquoErzie-hung allmaumlhlich ein paradiesischer Zu-stand der vollstaumlndigen Vergeistigung al-les Materiellen herstellbar sei Die mei-sten esoterischen Anbieter versprechen dem heutigen Menschen eine Art bdquoEvo-lutionsfoumlrderung durch ihre Schulun-gen und Kurse daszlig sie sich auf dem Wege der Selbsterkenntnis selbst ver-vollkommnen und damit selbst erloumlsen koumlnnen Das ganze Leben in der Welt ist eine bdquoSchule in die wir immer wieder zuruumlck muumlssen mittels Re-Inkarnation bis wir unser bdquoPensum gelernt haben und uns fuumlr das Dasein in houmlheren gei-stigen Sphaumlren qualifiziert haben Aber es gibt auch fruumlhere Menschen die die-sen Weg bereits absolviert haben bdquoEin-geweihte und goumlttliche Wesenheiten von denen die jetzigen Menschen bdquoge-schult werden und an deren Spitze die in der Theosophie als bdquoGroszlige Weiszlige Bruderschaft bezeichnete houmlchste gei-stige Hierarchie unserer Welt steht Die dritte inhaltliche Grundvoraus-setzung der heutigen Esoterik laumluft auf eine esoterische Umformung moder-ner Selbstverwirklichungs-Escha tologien hinaus bdquoErinnere dich daszlig du ein Gott bist In jedem Menschen so die gnosti-sche Grundannahme seit Blavatskys bdquoTheosophie ist ein bdquogeistig-goumlttlicher Funke ja nach Blavatsky ist dieser bdquo in-nere Mensch uumlberhaupt bdquoder einzige Gott von dem wir irgendeine Kenntnis erlangen koumlnnen (bdquoDer Schluumlssel zur

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Theosophie 1889) Die heutige Esote-rik-Literatur ist voll von diesem Gedan-ken und banalisiert ihn schier endlos nach dem Motto der amerikanischen Filmschauspielerin Shirley MacLaine bdquoGott ist in jedem einzelnen von uns Gott traumlgt man in sich Jeder ist sein eigener Guru (vgl MD 1988 S 179)

Esoterik und die bdquoErlebnisgesellschaft

Daszlig solche bdquoWeisheiten heute immer oumlfter von Filmschauspielern Kuumlnstlern oder Sportlern usw verbreitet werden weist auf eine betraumlchtliche bdquoDisper-sion des Religioumlsen in der modernen Gesellschaft hin das laumlngst nicht mehr von den Vertretern der traditionellen religioumlsen Institutionen monopolisiert wird Man hat unsere Gesellschaft auch als moderne bdquoErlebnisgesellschaft cha-rakterisiert (Schulze) denn Umfragen haben ergeben daszlig bei den meisten Menschen der bdquoErlebniswert das ent-scheidende Motiv bei der Wahl einer bestimmten Sache eines Konsumarti-kels einer Fernsehsendung - aber auch beim Treffen von bdquoLebensentscheidun-gen und in bdquoreligioumlsen Fragen ist Auf-grund der bdquoErlebnisorientierung vieler Menschen expandiert der Erlebnis- und Unterhaltungs-Markt immer mehr in Be-reiche die fruumlher bdquoerlebnisneutral wa-ren - wie Arbeit Bildung und Politik Eine Auto- oder Bahnfahrt soll nicht nur schnell voran bringen sondern auch ein bdquoErlebnis sein wie die Werbung ver-heiszligt Auch auf religioumlsem Gebiet waumlhlt der Mensch mehr und mehr das aus was bei ihm - moumlglichst kurzfristig - zu einer in-neren Befriedigung fuumlhrt - und genau auf dieses Beduumlrfnis sind viele esoteri-sche Angebote mit religioumlsem Anspruch zugeschnitten Viele verstehen daher unter bdquoEsoterik heute einfach daszlig jeder

seinen eigenen religioumlsen Weg geht bdquoEsoterik wird damit zur reinen Wort-huumllse fuumlr den eigenen Individualismus der sich nicht kuumlmmert um das was an-dere oder was die Kirche sagt sondern nur noch fragt bdquoWas hilft mirV Man hat dies auch als bdquomoderne Cock-tail- oder Patchwork-Religiositaumlt be-zeichnet Dem flickenteppichhaften An-gebot entspricht auf der Seite der bdquoVer-braucher oder bdquoKonsumenten eine entsprechende Individualisierung ein Subjektivismus und ein Eklektizismus Was zaumlhlt bei der Auswahl ist letztlich der persoumlnliche Geschmack die bdquoeigene Erfahrung oder der bdquoErlebniswert Damit haumlngt auch die Schwierigkeit zu-sammen allgemeinguumlltig zu definieren was heute alles unter bdquoEsoterik verstan-den wird Das Wort wird zum bdquoContai-ner-Begriff zum Inbegriff der weltan-schaulichen Individualisierung und Plu-ralisierung schlechthin oder zum Aus-druck fuumlr den Trend bdquoIch suche mir meine eigene Religion Ein Esoterik-Or-gan brachte dies einmal auf houmlchst be-zeichnende Weise zum Ausdruck bdquoEs ist wunderbar daszlig es endlich wieder die Vielfalt der Moumlglichkeiten gibt Daszlig es christliche Kirchen Zenmeditation Ta-rot Astrologie I-Ging daszlig es Wunder-heiler Geistheiler Heilpraktiker Aumlrzte Psychotherapeuten und alternative The-rapeuten gibt Es ist das Recht jedes Menschen sein Heil auf seine ganz indi-viduelle Art zu suchen und zu finden (vgl MD 1997 S 198)

Esoterik und die Dispersion des Religioumlsen

Daszlig der gesellschaftliche Prozeszlig ziel-strebig auf eine totale bdquoSaumlkularisierung und bdquoReligionslosigkeit zugehe wird -wie bereits oben festgestellt - in dieser Einseitigkeit heute unter Soziologen und

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Theologen kaum noch vertreten Man geht vielmehr von einem Neben- und Ineinander divergierender Tendenzen von Saumlkularisierung und (Re-)Sakralisie-rung bzw (Re-)Mythologisierung aus Gleichzeitig bedeutet diese Entwicklung aber aus der Sicht der traditionellen reli-gioumlsen Institutionen eine bdquoVerduumlnnung und bdquoDispersion (Verteilung) von Reli-gion Damit ist das Entstehen einer bdquoamorphen Weltanschauung gemeint die weder religioumls noch atheistisch im uumlberlieferten Sinn ist eine Art bdquoideologi-scher Nebel (Asendorf) dessen Hinter-grund meist eine diffuse monistische Weltsicht ist Dieser Vorgang scheint sich auch in anderen Gesellschaften zu wiederholen zum Beispiel im postkom-munistischen Ruszligland wo die Zahl der bdquoneureligioumls Glaumlubigen (im Sinne die-ser amorphen religioumlsen Weltsicht) waumlchst Auch bei uns ist bdquoEsoterik haumlu-fig nur der Inbegriff dieses diffusen bdquoreli-gioumlsen Lebensgefuumlhls und sowohl Aus-druck dieser neureligioumlsen Tendenzen als auch ein ihre Ausbreitung mit am staumlrksten foumlrderndes Mittel Der Freiburger Religionssoziologe Mi-chael N Ebertz hat diese Veraumlnderungen auf die Formel von der bdquoDispersion des Religioumlsen gebracht bdquoDie wachsende Dispersion des Religioumlsen also seine Verteilung auf ganz unterschiedliche Orte Anbieter und Sozialformen scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein (1997 S 111) Funktionen von Re-ligion werden immer haumlufiger von nicht-kirchlichen Bereichen der Gesellschaft und ihren Agenten uumlbernommen - von Therapien Kunst Kultur Konsum Sport uam bdquoEs scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein daszlig Religioumlses - Weltorien-tierung Handlungsformierung und Ohn-machtsbewaumlltigung - auch dort zu ha-ben ist wo kein Schild Religion hier zu haben steht inzwischen sogar auf dem

oumlkonomischen Markt Sichtbare Konse-quenz dieses Dispersionsprozesses ist nach Ebertz bdquoIndem Lebensberater So-zialarbeiter Aumlrzte Lehrer fuumlr Gymnastik Ausdruckstanz und fernoumlstliche Sportar-ten Psychologen und Psychotherapeu-ten Fernsehstars und -Produzenten so-wie Kuumlnstler mit dem geistlichen Amts-traumlger alten Schlags in Konkurrenz tre-ten tragen sie zur Entgrenzungdes reli-gioumlsen Feldes bei und daruumlber zu einer -zumindest partiellen - Entdifferenzie-rung der Lebensbereiche Im Effekt kann dann jede(r) nicht nur eine Sekte sein sondern auch ein Theologe und Prie-ster und jede(r) seine eigene Sekte sein eigener Theologe und sein eigener Priester (S 148f) Auch die bdquoesoterische Dauerwelle ist eine der schillerndsten Konsequenzen dieses von Ebertz beschriebenen Prozes-ses indem ehemals von den christlichen Kirchen gepraumlgte Bereiche der Weltori-entierung und Ohnmachtsbewaumlltigung fuumlr weite Bevoumllkerungskreise nunmehr von esoterischen Anbietern oder von Ak-teuren aus der Unterhaltungs- und Mo-dewelt bedient werden Eines unter un-zaumlhligen Beispielen ist etwa das Buch des als bdquoneuer Nostradamus apostro-phierten Pariser Modemachers und Eso-terik-Autors Paco Rabanne bdquoDas Ende unserer Zeit Aufbruch in das Wasser-mann-Zeitalter (Muumlnchen 1996) bdquoVer-gleichbar dem Johannes dem Verfasser der nach ihm benannten Apokalypse kuumlndigt er die Rettung der Gerechten an und ein von Harmonie gekennzeich-netes kommendes Wassermann-Zeital-ter heiszligt es auf dem Buchdeckel gleichsam wie zur Bestaumltigung von Ebertz These uumlber die bdquoEntgrenzung des religioumlsen Feldes in dem dann jeder sein eigener bdquoProphet ist Diese Entwicklung wird begleitet von verschiedenen Trends die Ebertz als

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Trend zur Vermarktung des Religioumlsen (S 11 Off) als Trend zur religioumlsen Un-verbindlichkeit (S 76ff) und als Trend zum religioumlsen Individualismus zu Selbstentfaltungswerten und zur reli-gioumls-synkretistischen Autozentrik (S 75) charakterisiert Glaubensvorstellungen unterschiedlicher religioumlser Traditionen werden - gerade auch unter esoteri-schem Vorzeichen als angebliche eso-terische bdquoUr-Weisheit der Menschheit -selbst bei Kirchgaumlngern miteinander synkretistisch kombiniert Nach J Eiben (Shell-Jugend-Studie 1992) ergibt sich der Befund bdquodaszlig sich die Mitglieder und Sympathisanten okkulter und esote-rischer Gruppen zu einem Drittel aus Kirchgaumlngern rekrutieren (bei Ebertz S 74) bdquoEsoterik ist die gegenwaumlrtig populaumlrste Bezeichnung dieser sich verfluumlchtigen-den und dispergierenden Religiositaumlt Versteht man die esoterische bdquoDauer-welle als Ausdruck und Medium dieser Dispersionsprozesse so ist die Frage im Blick auf die weitere Entwicklung also wie weit sich die Dispersion des Religiouml-sen fortsetzt - und damit zugleich auch die esoterische Dauerwelle Denkbar ist aber auch daszlig dieser Prozeszlig in Zukunft unter ganz anderen Bezeichnungen wei-tergeht als unter der Worthuumllse bdquoEsote-rik Es ist aber auch moumlglich daszlig bdquoEso-terik zu einem Dauerkennzeichen sol-cher Tendenzen der Pluralisierung Indi-vidualisierung und Dispersion des Reli-gioumlsen wird Auf ein wichtiges Beispiel fuumlr die bdquoVer-teilung (Dispersion) des Religioumlsen in unserer Gesellschaft - und damit zu-gleich auch fuumlr die Ausbreitung esoteri-scher Vorstellungen - kann hier nur in Kuumlrze hingewiesen werden den Ge-sundheitssektor Bernhard Grom er-schien es juumlngst als wuumlrde sich bdquodie Eso-terik- und Alternativkonjunktur der 80er

Jahre seit einiger Zeit in einer Gesund-heitswelle fortsetzen (1998 S 413) bdquoGesundheit wird zu einem neuen bdquoHoumlchstwert - vor dem Hintergrund einer bdquoLeistungs- und bdquoErlebnisgesell-schaft die die jederzeitige bdquoFitness und das Wohlbefinden ihrer Mitglieder fordert Es scheint als ob die Konjunktur esoterischer Heilungsangebote vor allem vor dem Hintergrund dieser gesellschaft-lichen Tendenzen zu deuten ist und bis auf weiteres die bdquoEsoterik-Welle in be-sonderer Weise praumlgen wird Und hier spielen neben alternativen Entspan-nungs- Ernaumlhrungs- und Bewegungs-methoden (Yoga Demeter-Kost Kinesio-logie ua) vor allem esoterisch gepraumlgte Glaubensvorstellungen - insbesondere der Glaube an eine jederzeit verfuumlgbare bdquouniverselle Heilkraft oder bdquoLebens-kraft - eine Rolle Sogar das Parfuumlm von Paco Rabanne heiszligt nicht zufaumlllig bdquoenergy (FAZ-Magazin Nr 942 20 3 1998) Der Versuch der Heilung konkre-ter Krankheitssymptome und der An-spruch damit zugleich das bdquoesoterische Ur-Wissen von der Verwirklichung des ewigen Heils des Menschen verfuumlgbar zu haben gehen hier vor dem Hinter-grund der bdquoDispersion religioumlser Erwar-tungen auf bdquofreie esoterische Heilungs-angebote und Anbieter eine weder christlich noch fachlich-medizinisch vertretbare Einheit ein Von diesem und vielen anderen Gesichtspunkten aus regt sich daher immer haumlufiger Kritik an der heutigen Esoterik sowohl von kirchlich-theologischer als auch wissenschaftli-cher als auch politischer Seite

Esoterische Religiositaumlt auf dem Pruumlf-stand

Wie sollen Kirche und Gesellschaft rea-gieren angesichts dieses Befunds neuer esoterischer Religiositaumlt

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Ein wirklicher Dialog ist wohl nur mit wenigen Gruppen aus dem Bereich der bdquoSystem-Esoterik moumlglich (vgl zB M D 1997 S 91 ff zur Anthroposophie) Man kann die theologische Auseinanderset-zung mit den verschiedenen Erschei-nungsformen heutiger Esoterik an den genannten drei Hauptinhalten moderner Esoterik (so S 264) orientieren - Dem Monismus der Esoterik gegen-uumlber waumlre der biblische Schoumlpfungsglau-be eine geeignete Basis fuumlr die Kritik - Dem paumldagogischen Evolutionismus der Esoterik ihrem Angebot der Schaf-fung immer neuer bdquoDo-it-yourself-Para-diese auf Erden gegenuumlber waumlre mit der reformatorischen Rechtfertigungslehre zu argumentieren daszlig das Heil des Menschen nicht bdquomachbar ist sondern reines Geschenk Gottes - Und der gnostischen Erloumlsungslehre der Esoterik mit ihrer bdquoSelbstverwirkli-chungs-Eschatologie von der Realisie-rung des bdquogoumlttlichen Selbst im Men-schen waumlre die christliche Eschatologie entgegenzustellen wonach das Reich Gottes seit Jesus von Nazareth zwar bdquoun-ter uns ist aber sein endguumlltiges Kom-men noch aussteht solange der Mensch in der Suumlnde verharrt sein endguumlltiges Kommen Gnade ist (Mt 2534) Diese theologischen Punkte betreffen im wesentlichen die kirchliche Auseinan-dersetzung mit der bdquoSystem-Esoterik der organisierten Weltanschauungsgruppen Die gesellschaftliche Auseinanderset-zung (su) hat es daruumlberhinaus vor al-lem mit bestimmten Auswuumlchsen des bdquoEsoterik-Marktes und der Dispersion des Religioumlsen zu tun

Schoumlpfungsglaube versus Monismus

Der Monismus der modernen Esoterik seine Anschauung von einer bdquokosmi-schen Lebenskraft die alles durchflutet

kann die Kirche an vergessene Wahrhei-ten und Schaumltze ihrer eigenen Tradition erinnern Oft hat ein theologischer Intel-lektualismus vergessen- Der Mensch lebt in natuumlrlichen kosmischen Bezuumlgen ist Teil einer natuumlrlichen Ordnung bdquoAlle Krankheit sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoentspringt einer vierfachen Entfrem-dung von Gott vom Du von der Mutter Erde und von sich selbst Heilung und Heil sind nur zu erlangen wenn der Mensch in allen vier Lebensbezuumlgen umgewandelt wird und sich wandelt -in seinem religioumlsen Verhaumlltnis zu Gott in seiner sozialen Beziehung zu seinen Mitmenschen in seinen natuumlrlichen Be-zuumlgen zum Kosmos und in seinen indivi-duellen Bezuumlgen zu sich selbst Dh wenn sich der Mensch bdquoganzheitlich in der Konkretheit von Leib Seele und Geist begreift Eine Schluumlsselrolle spielt dabei der religioumlse Bezug zu Gott Der Christ weiszlig Der Mensch verdankt sich nicht einer unpersoumlnlichen Kraft im Kos-mos sondern bdquoschlechthin abhaumlngig weiszlig er sich nur von einem persoumln-lichen Du das ihn gewollt hat Das meint der Glaube an den bdquoSchoumlpfer und an die Welt als Gottes bdquoSchoumlpfung Darum kann der Christ Gott Gott und die Welt Welt sein lassen Im Monismus der Esoterik wird der Ur-sprung der Schoumlpfer des kosmischen Le-bensstroms der Leben uumlberhaupt erst er-moumlglicht weitgehend ausgeblendet Und damit haumlngt es zusammen daszlig der Mensch seine Endlichkeit und Ge-schoumlpft ichkeit nicht aushalten und des-halb zu Totalkonzepten von Selbst-Erlouml-sung und bdquoGanzheitlichkeit in einem fragwuumlrdigen Sinn seine Zuflucht neh-men muszlig Das ist besonders im Sektor esoterischer Heiler und Heilungsange-bote zu erkennen Eines der zur Zeit verbreitetsten Esoterik-Buumlcher mit dem Titel bdquoDie Fuumlnf Tibe-

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ter seit Monaten auf den Bestseller-Listen ganz oben verheiszligt dem Men-schen durch simple Yoga-Uumlbungen nicht nur groumlszligere Fitness sondern so etwas wie die Erlangung bdquoewiger Jugend -also letztlich einen alles Irdische soweit bekannt transzendierenden Heilszu-stand (vgl dazu Kakuska 1997) Es gibt auf dem bdquoEsoterik-Markt regelrechte bdquoUnsterblichkeits-Trainings in denen den Teilnehmern (gegen gutes Geld natuumlrlich) nicht nur eingeredet wird daszlig sie gar nicht sterben koumlnnten weil sie selbst bdquogoumlttl ich seien sondern daszlig es sogar die Moumlglichkeit gebe bdquoauf ewig im Koumlrper zu bleiben (vgl M D 1992 S 188 ff) Dh Auch auszligermedizinische zB re-ligioumlse Sachverhalte werden im Rah-men esoterischer Totalkonzepte von bdquoGanzheitlichkeit freigegeben fuumlr den Heiler oder - oft nur selbsternannten -Therapeuten Von der bdquoKrake Sciento-logy soll hier gar nicht weiter die Rede sein Sie ist ja in gewisser Hinsicht nur eine versektete durch ihr Geschaumlftsge-baren besonders bdquoauffaumlllige Form sol-cher bdquoEinfachst- oder bdquoPrimitiv-Esote-rik wie den bdquoFuumlnf Tibetern die dem bdquoKlienten am Ende nicht nur Gesund-heit und Heilung (den Clear-Zustand) sondern auch noch uumlber-menschliche Faumlhigkeiten (den bdquoOperating-Thetan-Zu-stand) verspricht - mit bdquoArbeitsvertrauml-gen uumlber Jahrmillionen die unsere irdi-sche Existenz in unbekannte Dimensio-nen uumlbersteigen Damit kommt bereits der zweite fuumlr die theologische Auseinandersetzung mit der Esoterik wichtige Punkt in den Blick - ein bdquomagisches Machbarkeitsdenken durch das die neue esoterische Religio-sitaumlt dem modernen Rationalismus und der Welt der technischen Lebensbewaumll-tigung naumlher steht als sie meist glauben machen wi l l

Rechtfertigungslehre versus paumldagogi-scher Evolutionismus

Moderne Esoterik und Okkultismus sind Kinder des 19 Jahrhunderts als der Ent-wicklungsgedanke und darauf aufbau-ende Fortschritts-Utopien aufzubluumlhen begannen Keine der heutigen Esoterik-und Okkultbewegungen ist aumllter als 150 Jahre Es gibt sie immer noch die bdquomo-dernen Selbstverwirklichungs-Eschatolo-gien und bdquoDo-it-yourself-Paradiese deren Zusammenbruch mancher Theo-loge zu erkennen meint - naumlmlich vor allem in Gestalt heutiger bdquoEsoterik Eine Erklaumlrung warum sich viele Menschen heute gerade zu dieser esoterischen Re-ligiositaumlt hingezogen fuumlhlen duumlrfte in deren Nauml7e zum modernen Wissen-schafts- und Technikglauben zum Glau-ben an die bdquoMachbarkeit aller Dinge liegen Die moderne esoterische Reli-giositaumlt beansprucht zu wissen und nicht mehr bloszlig zu glauben und sie moumlchte moumlglichst kurzfristige bdquoErfahrungen und bdquoBeweise der bdquoErloumlstheit des Men-schen - Der Geistheiler weiszlig wie die Heil-kraft oder bdquoLebenskraft aus dem Kos-mos manipuliert wird (Daskalos) - Kuumlbler-Ross weiszlig daszlig es ein Leben nach dem Tod gibt sie vertraut nicht nur darauf - Der Spiritist legt bdquoBeweise vor fuumlr ein Uumlberleben des Todes Die bdquoGeister re-den in den spiritistischen Sitzungen und damit seien bdquoBeweise erbracht daszlig der Mensch auf einer geistigen Ebene wei-terexistiert - Die Anthroposophie versteht sich ebenfalls nicht als Glaube oder bdquoReli-gion sondern ausdruumlcklich als bdquoGe-heim- oder bdquoGeistes- Wissenschaft weil Rudolf Steiner ein bdquoWissen eine bdquoErkenntnis uumlber die bdquogeistige Welt ge-bracht habe

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Das biblische Verstaumlndnis des Glaubens als bdquoNicht sehen und doch Gott ver-trauen ist der Esoterik zutiefst fremd Man laumlszligt nur angeblich Beweisbares und rational Einsehbares als Lehre gel-ten Dementsprechend wird auch das Beten umfunktioniert zu einer Art bdquosaumlkularer Magie oder Heilstechnologie bdquoMi t meinen Gebeten kann ich jeden aus der Firma entfernen mit diesen Worten wurde einmal im bdquoSpiegel eine Anhaumln-gerin der theosophischen bdquoI AM-Bewe-gung zitiert die von einem millionen-schweren Schokoladenfabrikanten in der Schweiz geheiratet worden war Nach dem Philosophen Peter Sloterdijk steht das bdquogeheime Wissen der Esoterik dem mit moderner Technik oft verbun-denen Macht- und Erloumlsungsstreben des Menschen naumlher als es auf den ersten Blick scheint Wenn schon bdquoWissen Macht ist dann erscheint bdquomagisches Wissen als absolute Macht (vgl FAZ-Magazin Nr 836 8 3 1996) Waumlhrend christliche Religion den Men-schen zu seiner Erloumlsung grundlegend als der Gnade Gottes beduumlrftig versteht ist die esoterische Religiositaumlt vor allem eine Angelegenheit des Humanum des Menschen dem es um die Steigerung menschlicher (Erfahrungs-)Moumlglichkei-ten geht der seine Nichtigkeit erfaumlhrt aber sich selbst das houmlchste Wesen bleibt indem er seine tiefe Verlorenheit von sich aus aus eigenen Kraumlften auf dem Weg eines bdquopaumldagogischen Evolu-tionismus uumlberwinden wi l l Diese bdquoneue Religiositaumlt der Esoterik ist weit-hin ein Ruumlckfall in eine dem christlichen Glauben an die Rechtfertigung des Suumln-ders fremde bdquoGesetzlichkeit Das Men-schenbild der Esoterik wird zentral be-stimmt von der Gesetzmaumlszligigkeit von Karma und Reinkarnation Nach diesem strengen Gesetz muszlig der Mensch immer

wieder in diese bdquoSchule des Lebens zuruumlck bis er selbst seine Schwaumlchen ausgeglichen und sich selbst vervoll-kommnet hat Letztlich ist die Rein-karnations- und Karma-Lehre der gefaumlhr-liche Versuch die bdquoletzten Fragen des Lebens vor allem die Heilsfrage auf der Basis des Leistungsgedankens zu beant-worten Gegen oft hohe Gebuumlhren ver-suchen Esoterik-Anbieter vor diesem Hintergrund dem Menschen zu zeigen wie er sich selbst schneller zum Geistig-Goumlttlichen bdquoentwickeln koumlnne

Christliche Hoffnung versus Selbstverwirklichungs-Eschatologie

Die bdquoFreiheit des Christenmenschen kann solchen esoterischen Vorstellungen gegenuumlber nur gewahrt werden wenn deutlich hervorgehoben wird daszlig im christlichen Glauben die Frage der Erlouml-sung von der Frage der natuumlrlichen oder geistigen Entwicklung bdquoabgekoppelt ist daszlig die Geschichte kein bdquoFortschritt ist der unmittelbar im Erloumlsungszustand en-det bdquoDas Evangelium ist erst das Mor-genrot der Welterloumlsung sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoChristliche Froumlmmigkeit ist beziehungsorientiert Sie versteht sich im Gegenuumlber zu Gott zu Christus Eso-terische Spiritualitaumlt scheint demgegen-uumlber entwicklungsorientiert Sie ist an-thropozentrisch und in der Gefahr sich uumlber die Grenzen des Menschen illusio-nistisch zu erheben oder einem unguten Leistungsdruck zu verfallen so charak-terisierte Michael Nuumlchtern kuumlrzlich die Diskrepanz zwischen christlichem Glau-ben und esoterischer Selbstverwirkli-chungs-Eschatologie (Interview in bdquoidea 1 7 1998 S V) Dies scheint heute allerdings am schwersten zu vermitteln zu sein Daszlig der bdquoWeg des Glaubens keine progres-sive Entwicklung ist Der Christ steht im-

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mer wieder am Anfang und ist taumlglich neu angewiesen auf Gottes hilfreiche Gnade Ein wirkliches Fortschreiten im Blick auf unser Heil gibt es nicht von uns her sondern allein durch Gottes Zu-wendung zu uns vom Kommen des Rei-ches Gottes zu uns her (Mt 2534) Die christliche Hoffnung haumllt es also weniger mit Lessings bdquoErziehung des Menschen-geschlechts als mit Houmllderlin der ein-mal dichtete bdquoWas hier wir sind kann dort ein Gott ergaumlnzen mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden (A Kouml-berle in bdquoDas geheimnisvolle Reich der Seele Freiburg 1984 S 19) Mit A Resch kann man daher durchaus bezweifeln ob es sich bei der neuarti-gen bdquoReligiositaumlt der Esoterik uumlberhaupt noch um eine religioumlse Haltung im eigentlichen Sinn handelt Esoterik stellt als bdquoGeheimwissenschaft seit Helena Blavatsky nicht nur eine Alternative zur herkoumlmmlichen Wissenschaft sondern auch zur Religion dar Viele Fragen wer-den uumlberhaupt ausgeklammert aus dem Bereich der Religion was dem Streben des modernen Menschen nach Erkennt-nis entgegenkommt So ist die Frage der Wiedergeburt (Reinkarnation) fuumlr den Esoteriker eigentlich keine Frage der Re-ligion sondern des Wissens Die Wie-dergeburt gilt nicht als Glaubensfrage sondern als Tatsache Kennzeichen der Esoterik ist nach Resch (1994 S 75f) ihr Immanentismus dh bdquodie Deutung von Welt Leben und Religion mit natur-immanenten Kraumlften unter Verzicht auf die Transzendenz Damit nimmt Esoterik nach Resch bdquoimmer mehr die Form einer alternativen Lebensgestal-tung zu Wissenschaft und Religion vor allem zum Christentum ein zumal der Stellenwert der Person durch die kosmi-sche Einheit und den Kreislauf der Dinge voumlllig relativiert wird Der Wert der Per-son ist nur zeitlich gegeben und hat

keine transzendente Bedeutung mehr Das Ich ist im All verklungen Auch J Sudbracks Kritik an der Esoterik setzt an diesem zentralen Punkt der Unverfuumlgbarkeit des bdquo D u Gottes und der Freiheit der Person an wonach die fuumlr echte Religion konstitutive bdquoBegeg-nung mit Gott als freiem personalem Gegenuumlber die bdquoEhrfurcht vor dem Groumlszligeren durch den Versuch der Eso-terik miszligachtet wird bdquodas Ganze der Welt in den intellektuellen Griff (zu) bekommen So uumlberrasche es nicht bdquodaszlig im esoterischen Zugriff auf die Wirklichkeit all die Werte Freiheit Liebe Du Personsein Einmaligkeit usw ins Abseits geraten Sie naumlmlich gruumlnden in der Qualitaumlt des gegen-uumlber die auch von der intellektuellen Esoterik in die Immanenz des Selbst auf-geloumlst wird (997 S 333) Solche bdquoVerendlichungen bei an-spruchsvolleren Vertretern der Esoterik sind erst recht fuumlr den bdquoEsoterik-Markt typisch Aus religionswissenschaftlicher Perspektive fragt daher auch H Zinser bdquoob dies noch Religion sei was von der esoterischen bdquoPublikums- und bdquoKlien-tenreligion auf dem bdquoMarkt verhandelt wird bdquooder ob der Markt mit seinen Ver-dinglichungen und Verendlichungen das von der Religion gemeinte Absolute auf-loumlst (1997 S 31)

Eine Ideologie neuer sozialer Ungleich-heit

Uumlber die religioumls-weltanschauliche Di-mension hinaus haben viele esoterische Angebote eine gesellschaftspolitische Dimension die in juumlngster Zeit immer mehr auf Kritik stieszlig Esoterik - nicht nur in ihren banalen Auspraumlgungen - wird vorgeworfen ausbeuterische Systeme zu rechtfertigen rassistischen Vorurteilen nicht konsequent und eindeutig ent-

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gegenzutreten (vgl die in MD 1998 S 146 ff u 21 Off dokumentierten Dis-kussionen um Steiner und Hockemeyer) oder zu einer Ideologie sozialer Un-gleichheit zu verkommen Richard Schroumlder sprach im bdquoSpiegel (Nr 52 1997) diesbezuumlglich geradezu von einer bdquoasozialen Religiositaumlt die sich hier ausbreite Die nichtinstitutionalisierte frei flottierende Religiositaumlt des Esoterik-Marktes steht so Schroumlder bdquo in der Ge-fahr die Gesellschaft zu entkultivieren naumlmlich als bdquoasoziale Religiositaumlt der ruumlcksichtslosen Erlebnissteigerung die ein Goumlttliches im Ich sucht und sich aus-leben moumlchte Demgegenuumlber sei bdquokul-tivierte Religiositaumlt immer bdquogemeinsam verantwortet Hier ist die Esoterik gefragt vor allem ihr Menschenbild kritisch zu reflektieren das auf dem angeblichen bdquoGesetz von Karma und Reinkarnation als bdquogeistigem Entwicklungsgesetz der Menschheit be-ruht Es waumlre zu kurzschluumlssig gedacht etwa aus der hohen Arbeitslosigkeit auf einen Bedeutungsverlust der Esoterik zu schlieszligen weil die teuren Esoterik-An-gebote fuumlr immer mehr Menschen uner-schwinglich werden Denn neben dem Heer von Arbeitslosen und Geringver-dienenden kann sehr wohl eine bdquoEsote-rik-Kultur fuumlr beguumlterte Schichten ge-deihen aus deren esoterischer Sicht die Armen ja ohnehin nur ihr bdquoschlechtes Karma aus Vor-Existenzen abarbeiten Im Zeitalter der bdquoGlobalisierung des Ka-pitalismus koumlnnte das esoterische Men-schenbild auf diese Weise zur Ideologie neuer sozialer Ungleichheit reuumlssieren wenn sich seine Vertreter nicht selbst kritisch von solchen Gefahren distan-zieren Ein gesellschaftspolitisch inzwischen ebenfalls erkanntes und heftig diskutier-tes Problem betrifft vor allem esoterische Heilungsangebote auf dem bdquofreien

Markt Mit ihren Verheiszligungen einer bdquototalitaumlren Ganzheitlichkeit die einen Totalanspruch auf die Regulierung aller Lebensbereiche eines Betroffenen durch esoterische Praktiken erhebt koumlnnen Manipulationsmoumlglichkeiten Tuumlr und Tor geoumlffnet werden Was not tut im Blick auf oft skrupellos vorgehende eso-terische Anbieter ist daher eine Art bdquoVer-braucher-Schutz oder wenigstens eine verstaumlrkte bdquoVerbraucher-Beratung im Blick auf die von Esoterikern angebote-nen bdquoDienstleistungen (su S 283) In dieser Hinsicht hat sich auch die En-quete-Kommission bdquoSog Sekten und Psychogruppen des Deutschen Bundes-tages dafuumlr eingesetzt daszlig in der naumlch-sten Legislaturperiode ein Gesetz zur gewerblichen Lebensbewaumlltigungshilfe verabschiedet wird

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Klaus Fleckner Wuppertal

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

In letzter Zeit erreichen uns haumlufig Anfragen wegen der Aktivitaumlten einer bdquoBruder-schaft der Menschheit einer bdquoUniversalen Kirche oder eines bdquoFundaments fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen Hinter diesen verschiedenen Namen verbirgt sich ein und dieselbe esoterisch-theosophische Aktivitaumlt die eine Fortbildung der auf Helena Blavatsky zuruumlckgehenden modernen Theosophie darstellt (vgl MD 1992 S 245 ff) Pfarrer Klaus Fleckner hat uns folgende lebendige Schilderung vom Be-such eines Seminars dieser Organisation im letzten Jahr uumlbersandt

1 Der Ort und die Gruppe

Das bdquoLindner Golfhotel Juliana ein am Stadtrand von Wuppertal gelegenes Ob-jekt der 4-Sterne-Kategorie bietet neben seinem weitlaumlufigen Golfgelaumlnde auf dem schon Franz Beckenbauer seinen Golfschlaumlger schwang ein gediegenes Interieur mit mehr als nur einem Hauch von Luxus und gehobenem Komfort Eine Gruppe von Leuten zwischen 30

und 50 gut gekleidet im Geschmacks-spektrum von Edelflipp bis laumlssig-schick wartete im Stehen vor dem Flur zum Konferenzraum uumlber dessen Tuumlr endlos der Name des Mieters voruumlberzog bdquoFUNDAMENT FUumlR HOumlHERES GEISTI-GES LERNEN - eine wohlklingende Er-gaumlnzung zu den diversen anderen Schu-lungskursen und Konferenzen im Haus mit topgestylten Managertypen im Na-delstreifenanzug und sonnenbankge-

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braumlunten Schoumlnen wie von der Titelseite einer Modezeitschrift entsprungen Neu-ankoumlmmlinge ob Mann ob Frau wur-den von den Umstehenden mit Umar-mung und Kuumlszligchen empfangen Unge-faumlhr zwei Drittel der 25 Teilnehmer wa-ren Frauen bis auf zwei oder drei Paare schienen alle anderen ohne Partnerin angereist zu sein Wie beilaumlufige Fragen ergaben waren Lehrerinnen anwesend eine Psychologin eine fruumlhere kirchli-che Mitarbeiterin ein Steuerberater eine Krankenschwester eine Erzieherin Her-kunftsorte waren Staumldte der Wuppertaler Umgebung Duumlsseldorf Koumlln Herdecke usw Die Teilnahmegebuumlhr galt es gleich zu Beginn zu entrichten 220- DM -ohne Getraumlnke Verpflegung oder Uumlber-nachtung Nach 15 Minuten endete die Wartezeit der Konferenzraum wurde freigegeben und der Eindruck nun unmittelbar vor der Bescherung zu stehen bewahrhei-tete sich als haumltten unsichtbare Helfer ein esoterisches Weihnachtszimmer de-koriert Der Raum war reich ge-schmuumlckt Auf jedem Dreiertisch an den Seiten standen zwei kleine Blumenva-sen Doch die Aufmerksamkeit wurde automatisch nach vorne gelenkt Dort erstrahlte auf der linken Seite ein i l lumi-niertes farbiges Gemaumllde auf dem in Lichtschleier gehuumlllt drei Gestalten sichtbar waren die auseinander hervor-traten - es dominierte ein aufrechtste-hendes houmlheres Wesen mit einer Strah-lenkrone auf dem Kopf das in den Raum hineinzublicken schien waumlhrend sich ein zweites eine weibliche Gestalt zu ihm emporreckte und ein drittes ganz in dunklen Farben gehalten zur Erde hinuntergebeugt blieb Sie schienen auf einer Treppe zu sitzen Vor dem Bild stand ein Strauszlig roter gelber und blauer Blumen in einer Vase daneben ein Leuchter mit drei Kerzen in denselben

Farben - das ganze Ensemble auf meh-reren Lagen goldfarbenen Stoffs Vorne rechts neben einem Rednerpult und einer Tafel stand ein Tisch der mit bun-tem Spielzeug und anderen farbenfro-hen Dingen gefuumlllt war - bei naumlherem Hinsehen entdeckte ich farbige Tisch-tennisbaumllle Spieluhren Kreisel Spiel-zeugfiguren alte Spielzeugautos eine Kinderpistole einen kleinen Hai in ei-nem Glaszylinder in einer Fluumlssigkeit konserviert und mancherlei anderen Nippes von allenfalls Sammlerwert Am hinteren Ende des Raumes saszlig ein Mann an einem Mischpult mit Platten-spieler und Lautsprechern Anscheinend war es freigestellt wo man sich hinset-zen wollte doch das galt nicht fuumlr die vorderen beiden Reihen in denen schon Namensschilder standen Ich setzte mich in die dritte Reihe und wartete ab

2 Der bdquoMeisterreferent

Nach dem Verklingen einer pathetischen Musik-Ouvertuumlre stellte sich ein mittel-groszliger Mann ans Rednerpult der vorher etwas schwerfaumlllig nach vorne gegangen war und wies darauf hin daszlig er bdquoGun-dolf genannt werden wolle denn in dieser Arbeit tue sein Nachname nichts zur Sache Sein Vorname habe ihm zwar fruumlher uumlberhaupt nicht gefallen jetzt aber um so mehr und das nicht nur weil er so selten sei (Ich konnte mich nicht enthalten ihn mit bdquoGandalf aus dem Fantasy-Roman bdquoDer Herr der Ringe zu assoziieren und uns als eine Schar Hob-bits auf der Suche nach dem magischen Ring) Gundolf schrieb seinen Nachna-men aber trotzdem in etwas kleinerer Schrift mit an die Tafel und fuumlgte hinzu da er uns nicht beherrschen wolle habe er es nicht noumltig mit Musikbegleitung anzutreten - deshalb habe er sich erst an uns gewandt nachdem sie verklun-

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gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 5: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

um 1870 vermutlich auch als erster das Substantiv bdquoEsoterik (esoterisme) in die-sem Sinn (Levi hat bdquolesoterisme moumlgli-cherweise aus Jaques Matters bdquoGe-schichte des Gnostizismus [1828] uumlber-nommen vgl Hanegraaff 1996 S385f) Er begruumlndete damit zugleich eine neue Phase in der Begriffsgeschichte von bdquoesoterischbdquoEsoterik 1883 begegnet das Substantiv bdquooccultism auch in eng-lischer Form bei dem Theosophen Sin-nett und von da an breiten sich beide Substantive - bdquoEsoterik und bdquoOkkultis-mus - vor allem uumlber die anglo-indi-sche Theosophie weiter aus Helena Bla-vatsky gruumlndete eine bdquoEsoterische Schule und auch der 3 Band ihrer bdquoGeheimlehre traumlgt die Uumlberschrift bdquoEsoterik Daszlig man fuumlr die vielfaumlltigen Okkult-Praktiken und Geheimlehren der Ver-gangenheit solche Sammelbegriffe wie bdquoEsoterik und bdquoOkkultismus praumlgte zeigt bereits eine gewisse Ideologisie-rung (wie jeder -ismus) an vor allem aber ist es Ausdruck der Tatsache daszlig man hinter den Erze-Praktiken der ma-gisch-okkulten Tradition eine einheitli-che Weltanschauung vermutete und da-mit die verschiedenen bdquoesoterischen Praktiken unter dem Gesichtspunkt einer ihnen gemeinsamen Frontstellung als bdquoalternative Theorie oder Weltanschau-ung zum jetzt als dichotomisch empfun-denen modernen Weltbild der Naturwis-senschaft und der bdquoEntzauberung der modernen Welt uumlberhaupt wahrnahm Seit Levi und Blavatsky ist man es ge-wohnt diese okkulte bzw esoterische Weltanschauung dem modernen ab-strakten rationalen Denken als bdquoganz-heitliches Denken als bdquoUr-Weisheit der Menschheit entgegenzusetzen - ge-wissermaszligen als bdquoAlternative oder bdquoDritter Weg sowohl gegenuumlber der modernen Wissenschaft als auch gegen-

uumlber der traditionellen christlichen Reli-gion (vgl den daran orientierten Aufbau von Blavatskys Hauptwerk bdquoIsis ent-schleiert 1877) Damit etablierte sich im 19 Jahrhundert als zweite groszlige Gegenstroumlmung gegen die Aufklaumlrung neben der Romantik die moderne Esoterik bzw der moderne Ok-kultismus Das bdquoalte Wissen der Esote-rik wird im Spiegel der bdquogroszligen The-men der modernen saumlkularen Welt seit der Aufklaumlrung - Wissenschaft Evolu-tion Psychologie - neu reflektiert und damit ein bdquoalternatives esoterisches Verstaumlndnis dieser groszligen Themen be-gruumlndet (Hanegraaff 1996 S 51 7f) Auf der Basis solcher Uumlberlegungen entstan-den in den letzten 100 Jahren eine Reihe bis heute existierender esoterischer Welta nscha u u ngsgemeinscha ften w i e die sich als bdquoOrden bdquoLogen bdquoEsoteri-sche Schulen bdquoGesellschaften usw or-ganisierenden Theosophen- Anthropo-sophen- Rosenkreuzer- und Templer-gruppen die sich nicht nur nach innen elitaumlr-hierarchisch abschlieszligen sondern auch bdquoexoterisch haumlufig ein beachtens-wertes Schrifttum hervorbrachten und z T eigene Verlage Bildungseinrichtun-gen usw gruumlndeten Uumlber diesen relativ kleinen Kreis von freien und organisierten Esoterikern hin-aus hat sich der Begriff bdquoEsoterik aber erst 100 Jahre spaumlter in den beiden letz-ten Jahrzehnten ausgebreitet als Inbegriff eines bdquoMarktes verschiedenster bdquoesote-rischer Angebote Damit ist zugleich eine dritte Phase in der Begriffsge-schichte seit der Antike bzw seit E Levi erreicht bdquoEsoterik wird jetzt vielfach zur reinen Worthuumllse fuumlr eine plumpe Ideologie der Selbstbehauptung und des Subjektivismus die oft selbst die Verbin-dung zu den bdquoKlassikern der modernen Esoterik wie Blavatsky oder Steiner leug-net Auch die esoterische Uumlberlieferung

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ereilt in den letzten Jahrzehnten das Schicksal aller religioumlsen und geistigen Uumlberlieferungen auf dem bdquoSupermarkt der Wahrheiten im Zeitalter der Globa-lisierung des Kapitalismus ihre bdquoDisper-sion (s u) und bdquoVerduumlnnung Der Tendenz des bdquoAnything goes ent-sprechend werden auch die beiden Be-deutungsvarianten von bdquoesoterisch und bdquoEsoterik recht wil lkuumlrl ich verwendet je nach subjektivem Belieben Die am Wortsinn des Adjektivs (bdquoinnen bdquoinner-lich) orientierte Begriffsvariante im Sinne von Esoterik als bdquoinneren Wegen spiritueller Erfahrung vertreten vor allem mit der Jung-Schule sympathisierende Autoren So versteht etwa Georg Schmid unter bdquoEsoterik die Liebe zum uumlberall verborgenen inneren Geheimnis alles Wirklichen oder zur Innenseite aller Dinge (vgl 1992 S 55) Dementspre-chend versucht man hier die genuine Be-ziehung zum Begriff bdquoOkkultismus weit-gehend zu bestreiten und zwischen bdquoneuer und bdquoklassischer Esoterik staumlrker zu unterscheiden Demgegenuumlber orien-tiert sich der Esoteriker Hans-Dieter Leu-enberger staumlrker an der auf Levi zuruumlck-gehenden Begriffsvariante indem er bdquoEsoterik als bdquodas Wissen um eine Ener-gie die in allem vorhanden ist definiert (1989 S 22) dh als Aumlquivalent zum modernen monistischen Okkultismus Im allgemeinen definiert sich Esoterik aber nicht selbst und wenn sich nie-mand an eine bestimmte Definition haumllt sondern jeweils nur die bdquoeigene Erfah-rung als houmlchstes Kriterium gelten laumlszligt wird Esoterik zur reinen Worthuumllse fuumlr den eigenen Subjektivismus und Eklekti-zismus Diesen Subjektivismus vieler Anhaumlnger der Esoterik die die bdquoeigene Erfahrung absolut setzen ihr bdquosubjekti-ves Erleben als alleiniges bdquoWahrheits-kriterium gelten lassen und sich damit weigern sich irgendeiner Beschreibung

von bdquoEsoterik zuordnen zu lassen so daszlig sie fuumlr Kritik scheinbar unangreifbar werden charakterisiert treffend E Rung-galdier bdquoEs ist so weil ich es so erfahre oder erfahren habe Eine derartige Haltung vereitelt verstaumlndlicherweise den Diskurs als Mittel der Wahrheitssu-che (1996 S 27) bdquoEsoterik in diesem Sinn ist damit auch Symptom einer ge-wissen Schizophrenie (S 193) indem der einzelne sich gegenseitig Ausschlie-szligendes einfach kompiliert und die ver-schiedensten Rituale praktiziert waumlh-rend er im Alltag nach ganz anderen Prinzipien lebt und handelt

Esoterik und die bdquoEsoterik-Welle

Mit der Popularisierung der Esoterik in den letzten Jahrzehnten im Rahmen der sog bdquoEsoterik-Welle ergibt sich der pa-radoxe Vorgang daszlig ein elitaumlres Wissen um nicht allgemein zugaumlngliche Welt-hintergruumlnde oumlffentlich gemacht wird fuumlr die breite Masse frei zugaumlnglich sowie kommerzialisiert und marktfoumlrmig wird Das Spektrum des zur bdquoEsoterik Ge-rechneten erweitert sich erheblich und zu den bdquoEsoterik-Angeboten in Buch-handlungen oder auf Esoterik-Messen gehoumlren jetzt zB auch Literatur uumlber Schamanismus und fernoumlstliche Hei-lungspraktiken Feuerlauf-Seminare oder Flugreisen zu magischen bdquoKraftplaumltzen in Aumlgypten Suumldamerika oder Australien Als Teil der modernen bdquoErlebnisgesell-schaft wurde Esoterik auf diese Weise inzwischen zu einem beachtlichen Ge-schaumlftszweig auch in Deutschland Insbesondere in Verbindung mit diesen Tendenzen der Vermarktung und des bdquoEvent- oder Erlebnishaften hat Esoterik damit aber nur Teil an allgemeinen reli-gioumlsen Wandlungsprozessen die von Religionssoziologen vielfach beschrie-ben wurden und die man vorsichtig

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auch als bdquoneue Religiositaumlt bezeichnet Nach den amerikanischen Religionsso-ziologen Stark und Bainbridge (S 26ff) kann man drei charakteristische Erschei-nungsformen - genauer- drei Stufen der Organisiertheit - bdquoneuer Religiositaumlt in der Gesellschaft unterscheiden was ins-besondere auch auf die Esoterik zutrifft naumlmlich als bdquoaudience cult als bdquodient cult und als bdquocult movement was man etwa mit bdquoPublikum bdquoKundschaft und bdquoneue religioumlse Bewegung wiedergeben koumlnnte Dazu einige Beispiele bull Ein typisches Beispiel fuumlr die Katego-rie des bdquoPublikums-Kults ist das als bdquoEsoterik-Unterhaltungsspiel zur TIME-LIFE-Buchreihe bdquoDie Geheimnisse des Unbekannten konzipierte Spiel bdquoMysti-sche Reise zur 6 Dimension Das ist ein Gesellschaftsspiel durch das man ei-nen betraumlchtlichen Teil des esoterischen Weltbilds kennenlernen kann und sozu-sagen spielerisch in die Esoterik einge-weiht selbst zum bdquoMagier wird Statt also wie beim bdquoMonopoly moumlglichst schnell reich zu werden hat derjenige gewonnen der zuerst bdquodie (geistige) Ver-vollkommnung erreicht Wer dieses Spiel spielt reiht sich in die zahlen-maumlszligig wohl umfassendste Erscheinungs-form heutiger Esoterik ein - das was Stark und Bainbridge einen bdquoaudience cult nennen ein riesiges bdquoPublikum von Konsumenten die die gleichen Buumlcher lesen die gleichen Fernsehsen-dungen und Videos betrachten und die gleichen Fantasy-Spiele spielen Bern-hard Grom bezeichnet diese Erschei-nungsform heutiger Esoterik auch als bdquoGebrauchs-Esoterik (1986) bull Mit einer weiteren Dimension heuti-ger Esoterik bekommt man es zu tun wenn man seine eigenen bdquovier Waumlnde verlaumlszligt und sich in einem esoterischen bdquoWorkshop anmeldet oder von einem Reinkarnationstherapeuten wie Thor-

wald Dethlefsen beraten dh in fruumlhere Erdenleben bdquozuruumlckfuumlhren laumlszligt Da dies alles viel Geld kostet kommt ein Kund-schaftsverhaumlltnis zu dem Veranstalter ein bdquod ient cult zustande und so kann man sich diesen Bereich esoterischer Angebote als einen riesigen bdquoMarkt des Uumlbersinnlichen vorstellen Sog bdquoEsote-rik-Messen mit vielen hundert Besu-chern werden seit Jahren in unseren Groszligstaumldten veranstaltet - Auf der Esoterik-Messe bdquoAura anlaumlszlig-lich der bdquoBasler Psi Tage 1997 auf dem Basler Messegelaumlnde wurde zB ein breites Angebot an exotischen bdquoGesund-heitsprodukten vorgestellt - von in-dianischen Edelsteinen uumlber Pyramiden aus Draht Blech oder Holz (64- bis 380- sfr) bis zu Auraschutzmedaillons (168- sfr) oder Amuletten aus bdquoFeng Shui Energie (in Gold 300- sfr) Ein fuumlr 170- sfr angebotenes bdquoKinesiometer soll mit Hilfe von bdquoarchetypischen Ur-informationen in den Zellen aus terre-strischen und kosmischen Energien an-zeigen ob ein Nahrungsmittel oder ein Gedanke gut oder schlecht auf den Be-nutzer wirkt - Wahrsager Kartenleger und bdquoAura-Vi-sionsberater boten in kleinen Kabinen ihre bdquoKuumlnste fuumlr bis zu 300- sfr an - Aber auch Sekten und religioumlse Kulte traten hier in Erscheinung Auf dem Stand der bdquoSahaja Yoga -Gruppe wurde unentwegt vor dem Bild Shri Mataji Nir-mala Devis zwecks Weckung der bdquoKun-dali ni-Energie meditiert Hare-Krishna-Anhaumlnger verabreichten dem flanieren-den Messe-Publikum vegetarische Kost Der Bruno-Groumlning-Freundeskreis warb fuumlr den beruumlhmten bdquoWunderheiler und Anhaumlnger des bdquoMetharia-Vereins aus Eckernfoumlrde versprachen Kontakte zu bdquoauszligerirdischen Santinern bull Waumlhrend es beim bdquoEsoterik-Publi-kum und bei der bdquoEsoterik-Klientel we-

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der eine feste Mitgliedschaft noch eine dauerhafte Festlegung auf ein definiertes Glaubenssystem oder eine religioumlse Fuumlh-rergestalt gibt ist dies bei den organi-sierten Weltanschauungsgemeinschaften der Fall Neben den verschiedenen Ab-spaltungen von der bdquoTheosophischen Gesellschaft Helena Blavatskys aus der 1913 auch Rudolf Steiners bdquoAnthroposo-phie hervorging sind bei uns vor allem spiritistische und sog Neuoffenbarungs-gruppen aktiv in denen bdquoMedien oder bdquoSprechwerkzeuge Gottes Kundgaben geistiger Wesenheiten aus dem Jenseits aber auch von bdquoGott-Vater oder bdquoJesus Christus an ihre Anhaumlnger weitergeben In Brasilien und anderen Laumlndern der bdquoDritten Welt umfassen solche esoteri-sche bdquoneue Religionen oft Gemein-schaften mit vielen Millionen Mitglie-dern Da diese bdquocult movements Heils-Versprechungen in Form eines umfassen-den esoterischen bdquoWissens bdquoGnosis und bdquoSinnorientierung durch zT ge-waltige Gedankensysteme bieten spricht man hier auch von bdquoSystem-Esoterik Man hat es wenn man diese Erschei-nungsformen heutiger Esoterik zusam-menfassend uumlberblickt also mit zwei verschiedenen Ebenen zu tun - der Ebene des sog bdquoEsoterik-Marktes mit einer unuumlberschaubaren Zahl von Anbietern von Kursen Seminaren Buumlchern und sonstigen Waren (zB Amuletten Kristallen Duftstoffen Flug-reisen usw) - der Ebene der organisierten Weltan-schauungsgruppen Nur im Blick auf die erste Ebene kann man eigentlich von einer bdquoEsoterik-Welle oder einem bdquoEsoterik-Boom sprechen Waumlhrend die zT noch im 19 Jahrhundert entstandenen organisier-ten Gruppen nur ein relativ geringes Wachstum oder Stagnation verzeichnen ergibt sich die Dynamik des bdquoEsoterik-

Booms vor allem aus den freien esoteri-schen Angeboten Dies haumlngt mit bestimmten Entwicklun-gen in unserer Gesellschaft zusammen Im Unterschied zur Tradition der Esote-rik selbst und ihren antiken und mittelal-terlichen Wurzeln in Gnosis Hermetik und Kabbala ist der heutige bdquoEsoterik-Boom ein Phaumlnomen des saumlkularen Zeitgeistes Deshalb zeigt sich in der sog bdquoEsoterik-Welle die moderne Eso-terik vorwiegend von ihrer banalen Seite - zum Entsetzen vieler Esoteriker die sich deshalb uumlber ihre fragwuumlrdige Po-pularisierung nicht so ungeteilt freuen koumlnnen

Der bdquoesoterische Ansatz

Dabei koumlnnen sie sich auf einen durch-aus respektablen religioumls-weltanschauli-chen Ansatz beziehen wie er vor allem den Lehren und Praktiken vieler organi-sierter Weltanschauungsgruppen der Esoterik zugrundeliegt und zT in bana-lisierter Form in den bdquoVersatzstuumlcken der kommerziellen Anbieter wieder-kehrt Esoterik - das ist doch die Weltreligion der Zukunft meinte eine Dame waumlhrend eines Gespraumlchsabends mit kirchlichen Mitarbeiterinnen in einer Berliner Kir-chengemeinde Abgesehen von dem da-mit verbundenen Versuch sich mit die-sem Bekenntnis gegenuumlber jeder Kritik zu immunisieren steckt hinter dieser Meinung der richtige Eindruck daszlig die moderne Esoterik seit Helena Blavatsky eine Art bdquointerreligioumlse Bewegung zur Vereinheitlichung der Menschheit und der Religionen ist wie es die bdquoTheoso-phische Gesellschaft in ihren Zielen ausdruumlcklich formuliert (Bildung einer bdquouniversellen Bruderschaft der Mensch-heit) Hinter dem Interesse an den nicht banalisierten Erscheinungsformen der

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Esoterik scheint bei vielen Menschen vor allem das Beduumlrfnis nach Bewaumlltigung des religioumlsen Pluralismus und anderen Globalisierungsphaumlnomenen unserer Zeit zu stehen Der einzelne sieht sich einer Religionsvielfalt gegenuumlber aus der er auswaumlhlen muszlig (P L Berger) Die un-uumlberschaubare Vielfalt der Weltanschau-ungen tritt aber dabei in eine Spannung zu dem spirituellen Beduumlrfnis nach Ver-einheitlichung und Harmonie Von dieser Sehnsucht vieler Menschen profitiert heute die Esoterik Vor allem die bdquoSystem-Esoterik verschiedener Grup-pen wie der Anthroposophie oder ein-zelner Autoren wie Dethlefsen oder Dahlke ist gegenwaumlrtig einer der in der Oumlffentlichkeit bis ins bdquoBildungsbuumlrger-tum hinein einfluszligreichsten Versuche einer Bewaumlltigung des religioumlsen Plura-lismus durch eine religioumls-weltanschau-liche Vereinheitlichung - darin mit dem Fundamentalismus als Versuch einer bdquoverbindlichen Loumlsung aller gesell-schaftlichen Fragen von einem religiouml-sen Fundament aus durchaus konkurrie-rend Auch esoterische Gruppen koumlnnen den einzelnen trotz aller bdquoDogmenkri-tik ebenso mit Vorschriften hinsichtlich seiner Lebensfuumlhrung vereinnahmen vom Fernseh-Verbot bis zum Vegetarismus oder bdquolichtdurchlaumlssiger Kleidung Vertreter der bdquoneuen esoterischen Reli-giositaumlt bekraumlftigen dabei immer wie-der es sei eigentlich nicht so wichtig wo einer den bdquospirituellen Weg betritt denn alle Religionen und Traditionen seien recht verstanden nur Ausdruck der einen allumfassenden Wahrheit- in jeder von ihnen sei der bdquowahre Kern der esoterischen Weisheit enthalten Man kann dies als den bdquoesoterischen An-satz bezeichnen denn eben diese Sichtweise ist der Kern und das innerste Motiv der modernen Esoterik seit der Gruumlndung der bdquoTheosophischen Gesell-

schaft 1875 als einer Art bdquointerreligioumlser Bewegung Er besagt daszlig angeblich al-len Weltreligionen eine gemeinsame aber geheime esoterische bdquoWeisheits-lehre oder bdquoUr-Weisheit zugrunde-liegt Die verschiedenen religioumlsen Tra-ditionen seien nur historisch beschraumlnk-te Auspraumlgungen davon In der heute wohl bei uns verbreitetsten Einfuumlhrung in die Esoterik - Thorwald Dethlefsens Bestseller bdquoSchicksal als Chance - wird die bdquoheilige Lehre der Esoterik in diesem Sinne z B als bdquodas Urwissen zur Vollkommenheit des Men-schen (so der Untertitel) bezeichnet es handele sich um eine Lehre die jenseits aller begrenzten Formen der Religionen die bdquozeitunabhaumlngige der Menschheit jemals zugaumlngliche bdquoSumme des Wis-sens uumlber das Universum darstelle Eso-teriker glauben daszlig diese unspruumlngliche bdquoWeisheitsreligion durch moderne Wis-senschaft und christliche Kirchen ent-stellt oder vergessen wurde aber durch bdquogeheime Uumlberlieferungen und bdquoEinge-weihte die Zeiten uumlberdauern konnte -Gedanken auf denen heute eine un-uumlberschaubar gewordene esoterische bdquoVerschwoumlrungsliteratur aufbaut Aber nicht nur einzelne Autoren auch zahlreiche esoterische Weltanschau-ungsgemeinschaften verfolgen dieses Ziel einer Vereinheitlichung unter esote-rischem Vorzeichen Der Begruumlnder der Anthroposophie Rudolf Steiner meinte zB bdquodaszlig aus der anthroposophischen Stimmung das volle Verstaumlndnis des Wahrheitskerns aller Religionen folgen wi rd (GA 148133) Schon 1904 als Generalsekretaumlr der deutschen Sektion der bdquoTheosophischen Gesellschaft aumluszligerte er in einem Vortrag daszlig bdquodie theosophische Anschauung im Grun-de genommen kein Bekenntnis aus-schlieszligt alle aber einschlieszligt Alle bdquogroszligen Weisheitslehrer so meinte er

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im Sinne dieses esoterischen inklusivi-stischen Synkretismus - bdquoder aumlgyptische Hermes die alten indischen Rishis Za-rathustra die chinesischen Weisheits-lehrer Laotse und Konfuzius die Einge-weihten der alten Juden ferner Pythago-ras und Plato und endlich die Lehrer des Christentums selbst - haumltten die allge-meine esoterische bdquoWeisheitslehre ver-treten Heute sehen besonders New Age-Vertre-ter in der Akzeptanz dieses esoterischen Inklusivismus das Heraufkommen einer groumlszligeren alle Religionen umfassenden bdquoOumlkumene des Wassermann-Zeitalters hinter der die bdquokleine Oumlkumene der Kir-chen hoffnungslos zuruumlckbleibe Im groszligen Stil wurde dieser bdquoesoterische Ansatz erstmals in der 1875 von Helena Blavatsky und anderen gegruumln-deten bdquo Theosophischen Gesellschaft durchgefuumlhrt Die moderne Theosophie beansprucht nach dem deutschen Theo-sophen Hermann Rudolph bdquodas einzig Wesentliche und Gemeinsame aller Re-ligionen zu ihrer Grundlage zu haben bdquoLiebe das goumlttliche Selbst in dir und in allem lautet die Forderung aller wahren Religion Geistig aufgefaszligt sind und wol -len alle Religionen dasselbe Sie ent-springen saumlmtlich einer Quelle (Theo-sophie Bd I Leipzig 21916 S 34f) Bezuumlglich der Inhalte dieser angeblich allen Religionen zugrundeliegenden esoterischen bdquoUr-Weisheit stoumlszligt man in der Literatur im wesentlichen auf drei Grundvora ussetzungen - einen weltanschaulichen Monismus - einen paumldagogischen Evolutionismus und - eine fuumlr die Gnosis typische Erkennt-nis- und Erloumlsungslehre im Sinne von Selbsterkenntnis als bdquoErloumlsung Das monistische Element kommt in der heutigen Esoterik vor allem in der weit verbreiteten Vorstellung zum Ausdruck

daszlig der ganze Kosmos durchstroumlmt ist von einer einheitlichen universellen bdquoLebensenergie die man mit Begriffen aus ganz unterschiedlichen Traditionen bezeichnet wie bdquoPrana bdquoChi bdquoOd-Kraft bdquoHeilkraft oder bdquoBioenergie Der paumldagogische Evolutionismus der modernen Esoterik ist nichts anderes als eine esoterische Umformung des moder-nen Fortschrittsglaubens ein bdquomysti-scher Utopismus wonach durch bdquoErzie-hung allmaumlhlich ein paradiesischer Zu-stand der vollstaumlndigen Vergeistigung al-les Materiellen herstellbar sei Die mei-sten esoterischen Anbieter versprechen dem heutigen Menschen eine Art bdquoEvo-lutionsfoumlrderung durch ihre Schulun-gen und Kurse daszlig sie sich auf dem Wege der Selbsterkenntnis selbst ver-vollkommnen und damit selbst erloumlsen koumlnnen Das ganze Leben in der Welt ist eine bdquoSchule in die wir immer wieder zuruumlck muumlssen mittels Re-Inkarnation bis wir unser bdquoPensum gelernt haben und uns fuumlr das Dasein in houmlheren gei-stigen Sphaumlren qualifiziert haben Aber es gibt auch fruumlhere Menschen die die-sen Weg bereits absolviert haben bdquoEin-geweihte und goumlttliche Wesenheiten von denen die jetzigen Menschen bdquoge-schult werden und an deren Spitze die in der Theosophie als bdquoGroszlige Weiszlige Bruderschaft bezeichnete houmlchste gei-stige Hierarchie unserer Welt steht Die dritte inhaltliche Grundvoraus-setzung der heutigen Esoterik laumluft auf eine esoterische Umformung moder-ner Selbstverwirklichungs-Escha tologien hinaus bdquoErinnere dich daszlig du ein Gott bist In jedem Menschen so die gnosti-sche Grundannahme seit Blavatskys bdquoTheosophie ist ein bdquogeistig-goumlttlicher Funke ja nach Blavatsky ist dieser bdquo in-nere Mensch uumlberhaupt bdquoder einzige Gott von dem wir irgendeine Kenntnis erlangen koumlnnen (bdquoDer Schluumlssel zur

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Theosophie 1889) Die heutige Esote-rik-Literatur ist voll von diesem Gedan-ken und banalisiert ihn schier endlos nach dem Motto der amerikanischen Filmschauspielerin Shirley MacLaine bdquoGott ist in jedem einzelnen von uns Gott traumlgt man in sich Jeder ist sein eigener Guru (vgl MD 1988 S 179)

Esoterik und die bdquoErlebnisgesellschaft

Daszlig solche bdquoWeisheiten heute immer oumlfter von Filmschauspielern Kuumlnstlern oder Sportlern usw verbreitet werden weist auf eine betraumlchtliche bdquoDisper-sion des Religioumlsen in der modernen Gesellschaft hin das laumlngst nicht mehr von den Vertretern der traditionellen religioumlsen Institutionen monopolisiert wird Man hat unsere Gesellschaft auch als moderne bdquoErlebnisgesellschaft cha-rakterisiert (Schulze) denn Umfragen haben ergeben daszlig bei den meisten Menschen der bdquoErlebniswert das ent-scheidende Motiv bei der Wahl einer bestimmten Sache eines Konsumarti-kels einer Fernsehsendung - aber auch beim Treffen von bdquoLebensentscheidun-gen und in bdquoreligioumlsen Fragen ist Auf-grund der bdquoErlebnisorientierung vieler Menschen expandiert der Erlebnis- und Unterhaltungs-Markt immer mehr in Be-reiche die fruumlher bdquoerlebnisneutral wa-ren - wie Arbeit Bildung und Politik Eine Auto- oder Bahnfahrt soll nicht nur schnell voran bringen sondern auch ein bdquoErlebnis sein wie die Werbung ver-heiszligt Auch auf religioumlsem Gebiet waumlhlt der Mensch mehr und mehr das aus was bei ihm - moumlglichst kurzfristig - zu einer in-neren Befriedigung fuumlhrt - und genau auf dieses Beduumlrfnis sind viele esoteri-sche Angebote mit religioumlsem Anspruch zugeschnitten Viele verstehen daher unter bdquoEsoterik heute einfach daszlig jeder

seinen eigenen religioumlsen Weg geht bdquoEsoterik wird damit zur reinen Wort-huumllse fuumlr den eigenen Individualismus der sich nicht kuumlmmert um das was an-dere oder was die Kirche sagt sondern nur noch fragt bdquoWas hilft mirV Man hat dies auch als bdquomoderne Cock-tail- oder Patchwork-Religiositaumlt be-zeichnet Dem flickenteppichhaften An-gebot entspricht auf der Seite der bdquoVer-braucher oder bdquoKonsumenten eine entsprechende Individualisierung ein Subjektivismus und ein Eklektizismus Was zaumlhlt bei der Auswahl ist letztlich der persoumlnliche Geschmack die bdquoeigene Erfahrung oder der bdquoErlebniswert Damit haumlngt auch die Schwierigkeit zu-sammen allgemeinguumlltig zu definieren was heute alles unter bdquoEsoterik verstan-den wird Das Wort wird zum bdquoContai-ner-Begriff zum Inbegriff der weltan-schaulichen Individualisierung und Plu-ralisierung schlechthin oder zum Aus-druck fuumlr den Trend bdquoIch suche mir meine eigene Religion Ein Esoterik-Or-gan brachte dies einmal auf houmlchst be-zeichnende Weise zum Ausdruck bdquoEs ist wunderbar daszlig es endlich wieder die Vielfalt der Moumlglichkeiten gibt Daszlig es christliche Kirchen Zenmeditation Ta-rot Astrologie I-Ging daszlig es Wunder-heiler Geistheiler Heilpraktiker Aumlrzte Psychotherapeuten und alternative The-rapeuten gibt Es ist das Recht jedes Menschen sein Heil auf seine ganz indi-viduelle Art zu suchen und zu finden (vgl MD 1997 S 198)

Esoterik und die Dispersion des Religioumlsen

Daszlig der gesellschaftliche Prozeszlig ziel-strebig auf eine totale bdquoSaumlkularisierung und bdquoReligionslosigkeit zugehe wird -wie bereits oben festgestellt - in dieser Einseitigkeit heute unter Soziologen und

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Theologen kaum noch vertreten Man geht vielmehr von einem Neben- und Ineinander divergierender Tendenzen von Saumlkularisierung und (Re-)Sakralisie-rung bzw (Re-)Mythologisierung aus Gleichzeitig bedeutet diese Entwicklung aber aus der Sicht der traditionellen reli-gioumlsen Institutionen eine bdquoVerduumlnnung und bdquoDispersion (Verteilung) von Reli-gion Damit ist das Entstehen einer bdquoamorphen Weltanschauung gemeint die weder religioumls noch atheistisch im uumlberlieferten Sinn ist eine Art bdquoideologi-scher Nebel (Asendorf) dessen Hinter-grund meist eine diffuse monistische Weltsicht ist Dieser Vorgang scheint sich auch in anderen Gesellschaften zu wiederholen zum Beispiel im postkom-munistischen Ruszligland wo die Zahl der bdquoneureligioumls Glaumlubigen (im Sinne die-ser amorphen religioumlsen Weltsicht) waumlchst Auch bei uns ist bdquoEsoterik haumlu-fig nur der Inbegriff dieses diffusen bdquoreli-gioumlsen Lebensgefuumlhls und sowohl Aus-druck dieser neureligioumlsen Tendenzen als auch ein ihre Ausbreitung mit am staumlrksten foumlrderndes Mittel Der Freiburger Religionssoziologe Mi-chael N Ebertz hat diese Veraumlnderungen auf die Formel von der bdquoDispersion des Religioumlsen gebracht bdquoDie wachsende Dispersion des Religioumlsen also seine Verteilung auf ganz unterschiedliche Orte Anbieter und Sozialformen scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein (1997 S 111) Funktionen von Re-ligion werden immer haumlufiger von nicht-kirchlichen Bereichen der Gesellschaft und ihren Agenten uumlbernommen - von Therapien Kunst Kultur Konsum Sport uam bdquoEs scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein daszlig Religioumlses - Weltorien-tierung Handlungsformierung und Ohn-machtsbewaumlltigung - auch dort zu ha-ben ist wo kein Schild Religion hier zu haben steht inzwischen sogar auf dem

oumlkonomischen Markt Sichtbare Konse-quenz dieses Dispersionsprozesses ist nach Ebertz bdquoIndem Lebensberater So-zialarbeiter Aumlrzte Lehrer fuumlr Gymnastik Ausdruckstanz und fernoumlstliche Sportar-ten Psychologen und Psychotherapeu-ten Fernsehstars und -Produzenten so-wie Kuumlnstler mit dem geistlichen Amts-traumlger alten Schlags in Konkurrenz tre-ten tragen sie zur Entgrenzungdes reli-gioumlsen Feldes bei und daruumlber zu einer -zumindest partiellen - Entdifferenzie-rung der Lebensbereiche Im Effekt kann dann jede(r) nicht nur eine Sekte sein sondern auch ein Theologe und Prie-ster und jede(r) seine eigene Sekte sein eigener Theologe und sein eigener Priester (S 148f) Auch die bdquoesoterische Dauerwelle ist eine der schillerndsten Konsequenzen dieses von Ebertz beschriebenen Prozes-ses indem ehemals von den christlichen Kirchen gepraumlgte Bereiche der Weltori-entierung und Ohnmachtsbewaumlltigung fuumlr weite Bevoumllkerungskreise nunmehr von esoterischen Anbietern oder von Ak-teuren aus der Unterhaltungs- und Mo-dewelt bedient werden Eines unter un-zaumlhligen Beispielen ist etwa das Buch des als bdquoneuer Nostradamus apostro-phierten Pariser Modemachers und Eso-terik-Autors Paco Rabanne bdquoDas Ende unserer Zeit Aufbruch in das Wasser-mann-Zeitalter (Muumlnchen 1996) bdquoVer-gleichbar dem Johannes dem Verfasser der nach ihm benannten Apokalypse kuumlndigt er die Rettung der Gerechten an und ein von Harmonie gekennzeich-netes kommendes Wassermann-Zeital-ter heiszligt es auf dem Buchdeckel gleichsam wie zur Bestaumltigung von Ebertz These uumlber die bdquoEntgrenzung des religioumlsen Feldes in dem dann jeder sein eigener bdquoProphet ist Diese Entwicklung wird begleitet von verschiedenen Trends die Ebertz als

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Trend zur Vermarktung des Religioumlsen (S 11 Off) als Trend zur religioumlsen Un-verbindlichkeit (S 76ff) und als Trend zum religioumlsen Individualismus zu Selbstentfaltungswerten und zur reli-gioumls-synkretistischen Autozentrik (S 75) charakterisiert Glaubensvorstellungen unterschiedlicher religioumlser Traditionen werden - gerade auch unter esoteri-schem Vorzeichen als angebliche eso-terische bdquoUr-Weisheit der Menschheit -selbst bei Kirchgaumlngern miteinander synkretistisch kombiniert Nach J Eiben (Shell-Jugend-Studie 1992) ergibt sich der Befund bdquodaszlig sich die Mitglieder und Sympathisanten okkulter und esote-rischer Gruppen zu einem Drittel aus Kirchgaumlngern rekrutieren (bei Ebertz S 74) bdquoEsoterik ist die gegenwaumlrtig populaumlrste Bezeichnung dieser sich verfluumlchtigen-den und dispergierenden Religiositaumlt Versteht man die esoterische bdquoDauer-welle als Ausdruck und Medium dieser Dispersionsprozesse so ist die Frage im Blick auf die weitere Entwicklung also wie weit sich die Dispersion des Religiouml-sen fortsetzt - und damit zugleich auch die esoterische Dauerwelle Denkbar ist aber auch daszlig dieser Prozeszlig in Zukunft unter ganz anderen Bezeichnungen wei-tergeht als unter der Worthuumllse bdquoEsote-rik Es ist aber auch moumlglich daszlig bdquoEso-terik zu einem Dauerkennzeichen sol-cher Tendenzen der Pluralisierung Indi-vidualisierung und Dispersion des Reli-gioumlsen wird Auf ein wichtiges Beispiel fuumlr die bdquoVer-teilung (Dispersion) des Religioumlsen in unserer Gesellschaft - und damit zu-gleich auch fuumlr die Ausbreitung esoteri-scher Vorstellungen - kann hier nur in Kuumlrze hingewiesen werden den Ge-sundheitssektor Bernhard Grom er-schien es juumlngst als wuumlrde sich bdquodie Eso-terik- und Alternativkonjunktur der 80er

Jahre seit einiger Zeit in einer Gesund-heitswelle fortsetzen (1998 S 413) bdquoGesundheit wird zu einem neuen bdquoHoumlchstwert - vor dem Hintergrund einer bdquoLeistungs- und bdquoErlebnisgesell-schaft die die jederzeitige bdquoFitness und das Wohlbefinden ihrer Mitglieder fordert Es scheint als ob die Konjunktur esoterischer Heilungsangebote vor allem vor dem Hintergrund dieser gesellschaft-lichen Tendenzen zu deuten ist und bis auf weiteres die bdquoEsoterik-Welle in be-sonderer Weise praumlgen wird Und hier spielen neben alternativen Entspan-nungs- Ernaumlhrungs- und Bewegungs-methoden (Yoga Demeter-Kost Kinesio-logie ua) vor allem esoterisch gepraumlgte Glaubensvorstellungen - insbesondere der Glaube an eine jederzeit verfuumlgbare bdquouniverselle Heilkraft oder bdquoLebens-kraft - eine Rolle Sogar das Parfuumlm von Paco Rabanne heiszligt nicht zufaumlllig bdquoenergy (FAZ-Magazin Nr 942 20 3 1998) Der Versuch der Heilung konkre-ter Krankheitssymptome und der An-spruch damit zugleich das bdquoesoterische Ur-Wissen von der Verwirklichung des ewigen Heils des Menschen verfuumlgbar zu haben gehen hier vor dem Hinter-grund der bdquoDispersion religioumlser Erwar-tungen auf bdquofreie esoterische Heilungs-angebote und Anbieter eine weder christlich noch fachlich-medizinisch vertretbare Einheit ein Von diesem und vielen anderen Gesichtspunkten aus regt sich daher immer haumlufiger Kritik an der heutigen Esoterik sowohl von kirchlich-theologischer als auch wissenschaftli-cher als auch politischer Seite

Esoterische Religiositaumlt auf dem Pruumlf-stand

Wie sollen Kirche und Gesellschaft rea-gieren angesichts dieses Befunds neuer esoterischer Religiositaumlt

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Ein wirklicher Dialog ist wohl nur mit wenigen Gruppen aus dem Bereich der bdquoSystem-Esoterik moumlglich (vgl zB M D 1997 S 91 ff zur Anthroposophie) Man kann die theologische Auseinanderset-zung mit den verschiedenen Erschei-nungsformen heutiger Esoterik an den genannten drei Hauptinhalten moderner Esoterik (so S 264) orientieren - Dem Monismus der Esoterik gegen-uumlber waumlre der biblische Schoumlpfungsglau-be eine geeignete Basis fuumlr die Kritik - Dem paumldagogischen Evolutionismus der Esoterik ihrem Angebot der Schaf-fung immer neuer bdquoDo-it-yourself-Para-diese auf Erden gegenuumlber waumlre mit der reformatorischen Rechtfertigungslehre zu argumentieren daszlig das Heil des Menschen nicht bdquomachbar ist sondern reines Geschenk Gottes - Und der gnostischen Erloumlsungslehre der Esoterik mit ihrer bdquoSelbstverwirkli-chungs-Eschatologie von der Realisie-rung des bdquogoumlttlichen Selbst im Men-schen waumlre die christliche Eschatologie entgegenzustellen wonach das Reich Gottes seit Jesus von Nazareth zwar bdquoun-ter uns ist aber sein endguumlltiges Kom-men noch aussteht solange der Mensch in der Suumlnde verharrt sein endguumlltiges Kommen Gnade ist (Mt 2534) Diese theologischen Punkte betreffen im wesentlichen die kirchliche Auseinan-dersetzung mit der bdquoSystem-Esoterik der organisierten Weltanschauungsgruppen Die gesellschaftliche Auseinanderset-zung (su) hat es daruumlberhinaus vor al-lem mit bestimmten Auswuumlchsen des bdquoEsoterik-Marktes und der Dispersion des Religioumlsen zu tun

Schoumlpfungsglaube versus Monismus

Der Monismus der modernen Esoterik seine Anschauung von einer bdquokosmi-schen Lebenskraft die alles durchflutet

kann die Kirche an vergessene Wahrhei-ten und Schaumltze ihrer eigenen Tradition erinnern Oft hat ein theologischer Intel-lektualismus vergessen- Der Mensch lebt in natuumlrlichen kosmischen Bezuumlgen ist Teil einer natuumlrlichen Ordnung bdquoAlle Krankheit sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoentspringt einer vierfachen Entfrem-dung von Gott vom Du von der Mutter Erde und von sich selbst Heilung und Heil sind nur zu erlangen wenn der Mensch in allen vier Lebensbezuumlgen umgewandelt wird und sich wandelt -in seinem religioumlsen Verhaumlltnis zu Gott in seiner sozialen Beziehung zu seinen Mitmenschen in seinen natuumlrlichen Be-zuumlgen zum Kosmos und in seinen indivi-duellen Bezuumlgen zu sich selbst Dh wenn sich der Mensch bdquoganzheitlich in der Konkretheit von Leib Seele und Geist begreift Eine Schluumlsselrolle spielt dabei der religioumlse Bezug zu Gott Der Christ weiszlig Der Mensch verdankt sich nicht einer unpersoumlnlichen Kraft im Kos-mos sondern bdquoschlechthin abhaumlngig weiszlig er sich nur von einem persoumln-lichen Du das ihn gewollt hat Das meint der Glaube an den bdquoSchoumlpfer und an die Welt als Gottes bdquoSchoumlpfung Darum kann der Christ Gott Gott und die Welt Welt sein lassen Im Monismus der Esoterik wird der Ur-sprung der Schoumlpfer des kosmischen Le-bensstroms der Leben uumlberhaupt erst er-moumlglicht weitgehend ausgeblendet Und damit haumlngt es zusammen daszlig der Mensch seine Endlichkeit und Ge-schoumlpft ichkeit nicht aushalten und des-halb zu Totalkonzepten von Selbst-Erlouml-sung und bdquoGanzheitlichkeit in einem fragwuumlrdigen Sinn seine Zuflucht neh-men muszlig Das ist besonders im Sektor esoterischer Heiler und Heilungsange-bote zu erkennen Eines der zur Zeit verbreitetsten Esoterik-Buumlcher mit dem Titel bdquoDie Fuumlnf Tibe-

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ter seit Monaten auf den Bestseller-Listen ganz oben verheiszligt dem Men-schen durch simple Yoga-Uumlbungen nicht nur groumlszligere Fitness sondern so etwas wie die Erlangung bdquoewiger Jugend -also letztlich einen alles Irdische soweit bekannt transzendierenden Heilszu-stand (vgl dazu Kakuska 1997) Es gibt auf dem bdquoEsoterik-Markt regelrechte bdquoUnsterblichkeits-Trainings in denen den Teilnehmern (gegen gutes Geld natuumlrlich) nicht nur eingeredet wird daszlig sie gar nicht sterben koumlnnten weil sie selbst bdquogoumlttl ich seien sondern daszlig es sogar die Moumlglichkeit gebe bdquoauf ewig im Koumlrper zu bleiben (vgl M D 1992 S 188 ff) Dh Auch auszligermedizinische zB re-ligioumlse Sachverhalte werden im Rah-men esoterischer Totalkonzepte von bdquoGanzheitlichkeit freigegeben fuumlr den Heiler oder - oft nur selbsternannten -Therapeuten Von der bdquoKrake Sciento-logy soll hier gar nicht weiter die Rede sein Sie ist ja in gewisser Hinsicht nur eine versektete durch ihr Geschaumlftsge-baren besonders bdquoauffaumlllige Form sol-cher bdquoEinfachst- oder bdquoPrimitiv-Esote-rik wie den bdquoFuumlnf Tibetern die dem bdquoKlienten am Ende nicht nur Gesund-heit und Heilung (den Clear-Zustand) sondern auch noch uumlber-menschliche Faumlhigkeiten (den bdquoOperating-Thetan-Zu-stand) verspricht - mit bdquoArbeitsvertrauml-gen uumlber Jahrmillionen die unsere irdi-sche Existenz in unbekannte Dimensio-nen uumlbersteigen Damit kommt bereits der zweite fuumlr die theologische Auseinandersetzung mit der Esoterik wichtige Punkt in den Blick - ein bdquomagisches Machbarkeitsdenken durch das die neue esoterische Religio-sitaumlt dem modernen Rationalismus und der Welt der technischen Lebensbewaumll-tigung naumlher steht als sie meist glauben machen wi l l

Rechtfertigungslehre versus paumldagogi-scher Evolutionismus

Moderne Esoterik und Okkultismus sind Kinder des 19 Jahrhunderts als der Ent-wicklungsgedanke und darauf aufbau-ende Fortschritts-Utopien aufzubluumlhen begannen Keine der heutigen Esoterik-und Okkultbewegungen ist aumllter als 150 Jahre Es gibt sie immer noch die bdquomo-dernen Selbstverwirklichungs-Eschatolo-gien und bdquoDo-it-yourself-Paradiese deren Zusammenbruch mancher Theo-loge zu erkennen meint - naumlmlich vor allem in Gestalt heutiger bdquoEsoterik Eine Erklaumlrung warum sich viele Menschen heute gerade zu dieser esoterischen Re-ligiositaumlt hingezogen fuumlhlen duumlrfte in deren Nauml7e zum modernen Wissen-schafts- und Technikglauben zum Glau-ben an die bdquoMachbarkeit aller Dinge liegen Die moderne esoterische Reli-giositaumlt beansprucht zu wissen und nicht mehr bloszlig zu glauben und sie moumlchte moumlglichst kurzfristige bdquoErfahrungen und bdquoBeweise der bdquoErloumlstheit des Men-schen - Der Geistheiler weiszlig wie die Heil-kraft oder bdquoLebenskraft aus dem Kos-mos manipuliert wird (Daskalos) - Kuumlbler-Ross weiszlig daszlig es ein Leben nach dem Tod gibt sie vertraut nicht nur darauf - Der Spiritist legt bdquoBeweise vor fuumlr ein Uumlberleben des Todes Die bdquoGeister re-den in den spiritistischen Sitzungen und damit seien bdquoBeweise erbracht daszlig der Mensch auf einer geistigen Ebene wei-terexistiert - Die Anthroposophie versteht sich ebenfalls nicht als Glaube oder bdquoReli-gion sondern ausdruumlcklich als bdquoGe-heim- oder bdquoGeistes- Wissenschaft weil Rudolf Steiner ein bdquoWissen eine bdquoErkenntnis uumlber die bdquogeistige Welt ge-bracht habe

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Das biblische Verstaumlndnis des Glaubens als bdquoNicht sehen und doch Gott ver-trauen ist der Esoterik zutiefst fremd Man laumlszligt nur angeblich Beweisbares und rational Einsehbares als Lehre gel-ten Dementsprechend wird auch das Beten umfunktioniert zu einer Art bdquosaumlkularer Magie oder Heilstechnologie bdquoMi t meinen Gebeten kann ich jeden aus der Firma entfernen mit diesen Worten wurde einmal im bdquoSpiegel eine Anhaumln-gerin der theosophischen bdquoI AM-Bewe-gung zitiert die von einem millionen-schweren Schokoladenfabrikanten in der Schweiz geheiratet worden war Nach dem Philosophen Peter Sloterdijk steht das bdquogeheime Wissen der Esoterik dem mit moderner Technik oft verbun-denen Macht- und Erloumlsungsstreben des Menschen naumlher als es auf den ersten Blick scheint Wenn schon bdquoWissen Macht ist dann erscheint bdquomagisches Wissen als absolute Macht (vgl FAZ-Magazin Nr 836 8 3 1996) Waumlhrend christliche Religion den Men-schen zu seiner Erloumlsung grundlegend als der Gnade Gottes beduumlrftig versteht ist die esoterische Religiositaumlt vor allem eine Angelegenheit des Humanum des Menschen dem es um die Steigerung menschlicher (Erfahrungs-)Moumlglichkei-ten geht der seine Nichtigkeit erfaumlhrt aber sich selbst das houmlchste Wesen bleibt indem er seine tiefe Verlorenheit von sich aus aus eigenen Kraumlften auf dem Weg eines bdquopaumldagogischen Evolu-tionismus uumlberwinden wi l l Diese bdquoneue Religiositaumlt der Esoterik ist weit-hin ein Ruumlckfall in eine dem christlichen Glauben an die Rechtfertigung des Suumln-ders fremde bdquoGesetzlichkeit Das Men-schenbild der Esoterik wird zentral be-stimmt von der Gesetzmaumlszligigkeit von Karma und Reinkarnation Nach diesem strengen Gesetz muszlig der Mensch immer

wieder in diese bdquoSchule des Lebens zuruumlck bis er selbst seine Schwaumlchen ausgeglichen und sich selbst vervoll-kommnet hat Letztlich ist die Rein-karnations- und Karma-Lehre der gefaumlhr-liche Versuch die bdquoletzten Fragen des Lebens vor allem die Heilsfrage auf der Basis des Leistungsgedankens zu beant-worten Gegen oft hohe Gebuumlhren ver-suchen Esoterik-Anbieter vor diesem Hintergrund dem Menschen zu zeigen wie er sich selbst schneller zum Geistig-Goumlttlichen bdquoentwickeln koumlnne

Christliche Hoffnung versus Selbstverwirklichungs-Eschatologie

Die bdquoFreiheit des Christenmenschen kann solchen esoterischen Vorstellungen gegenuumlber nur gewahrt werden wenn deutlich hervorgehoben wird daszlig im christlichen Glauben die Frage der Erlouml-sung von der Frage der natuumlrlichen oder geistigen Entwicklung bdquoabgekoppelt ist daszlig die Geschichte kein bdquoFortschritt ist der unmittelbar im Erloumlsungszustand en-det bdquoDas Evangelium ist erst das Mor-genrot der Welterloumlsung sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoChristliche Froumlmmigkeit ist beziehungsorientiert Sie versteht sich im Gegenuumlber zu Gott zu Christus Eso-terische Spiritualitaumlt scheint demgegen-uumlber entwicklungsorientiert Sie ist an-thropozentrisch und in der Gefahr sich uumlber die Grenzen des Menschen illusio-nistisch zu erheben oder einem unguten Leistungsdruck zu verfallen so charak-terisierte Michael Nuumlchtern kuumlrzlich die Diskrepanz zwischen christlichem Glau-ben und esoterischer Selbstverwirkli-chungs-Eschatologie (Interview in bdquoidea 1 7 1998 S V) Dies scheint heute allerdings am schwersten zu vermitteln zu sein Daszlig der bdquoWeg des Glaubens keine progres-sive Entwicklung ist Der Christ steht im-

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mer wieder am Anfang und ist taumlglich neu angewiesen auf Gottes hilfreiche Gnade Ein wirkliches Fortschreiten im Blick auf unser Heil gibt es nicht von uns her sondern allein durch Gottes Zu-wendung zu uns vom Kommen des Rei-ches Gottes zu uns her (Mt 2534) Die christliche Hoffnung haumllt es also weniger mit Lessings bdquoErziehung des Menschen-geschlechts als mit Houmllderlin der ein-mal dichtete bdquoWas hier wir sind kann dort ein Gott ergaumlnzen mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden (A Kouml-berle in bdquoDas geheimnisvolle Reich der Seele Freiburg 1984 S 19) Mit A Resch kann man daher durchaus bezweifeln ob es sich bei der neuarti-gen bdquoReligiositaumlt der Esoterik uumlberhaupt noch um eine religioumlse Haltung im eigentlichen Sinn handelt Esoterik stellt als bdquoGeheimwissenschaft seit Helena Blavatsky nicht nur eine Alternative zur herkoumlmmlichen Wissenschaft sondern auch zur Religion dar Viele Fragen wer-den uumlberhaupt ausgeklammert aus dem Bereich der Religion was dem Streben des modernen Menschen nach Erkennt-nis entgegenkommt So ist die Frage der Wiedergeburt (Reinkarnation) fuumlr den Esoteriker eigentlich keine Frage der Re-ligion sondern des Wissens Die Wie-dergeburt gilt nicht als Glaubensfrage sondern als Tatsache Kennzeichen der Esoterik ist nach Resch (1994 S 75f) ihr Immanentismus dh bdquodie Deutung von Welt Leben und Religion mit natur-immanenten Kraumlften unter Verzicht auf die Transzendenz Damit nimmt Esoterik nach Resch bdquoimmer mehr die Form einer alternativen Lebensgestal-tung zu Wissenschaft und Religion vor allem zum Christentum ein zumal der Stellenwert der Person durch die kosmi-sche Einheit und den Kreislauf der Dinge voumlllig relativiert wird Der Wert der Per-son ist nur zeitlich gegeben und hat

keine transzendente Bedeutung mehr Das Ich ist im All verklungen Auch J Sudbracks Kritik an der Esoterik setzt an diesem zentralen Punkt der Unverfuumlgbarkeit des bdquo D u Gottes und der Freiheit der Person an wonach die fuumlr echte Religion konstitutive bdquoBegeg-nung mit Gott als freiem personalem Gegenuumlber die bdquoEhrfurcht vor dem Groumlszligeren durch den Versuch der Eso-terik miszligachtet wird bdquodas Ganze der Welt in den intellektuellen Griff (zu) bekommen So uumlberrasche es nicht bdquodaszlig im esoterischen Zugriff auf die Wirklichkeit all die Werte Freiheit Liebe Du Personsein Einmaligkeit usw ins Abseits geraten Sie naumlmlich gruumlnden in der Qualitaumlt des gegen-uumlber die auch von der intellektuellen Esoterik in die Immanenz des Selbst auf-geloumlst wird (997 S 333) Solche bdquoVerendlichungen bei an-spruchsvolleren Vertretern der Esoterik sind erst recht fuumlr den bdquoEsoterik-Markt typisch Aus religionswissenschaftlicher Perspektive fragt daher auch H Zinser bdquoob dies noch Religion sei was von der esoterischen bdquoPublikums- und bdquoKlien-tenreligion auf dem bdquoMarkt verhandelt wird bdquooder ob der Markt mit seinen Ver-dinglichungen und Verendlichungen das von der Religion gemeinte Absolute auf-loumlst (1997 S 31)

Eine Ideologie neuer sozialer Ungleich-heit

Uumlber die religioumls-weltanschauliche Di-mension hinaus haben viele esoterische Angebote eine gesellschaftspolitische Dimension die in juumlngster Zeit immer mehr auf Kritik stieszlig Esoterik - nicht nur in ihren banalen Auspraumlgungen - wird vorgeworfen ausbeuterische Systeme zu rechtfertigen rassistischen Vorurteilen nicht konsequent und eindeutig ent-

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gegenzutreten (vgl die in MD 1998 S 146 ff u 21 Off dokumentierten Dis-kussionen um Steiner und Hockemeyer) oder zu einer Ideologie sozialer Un-gleichheit zu verkommen Richard Schroumlder sprach im bdquoSpiegel (Nr 52 1997) diesbezuumlglich geradezu von einer bdquoasozialen Religiositaumlt die sich hier ausbreite Die nichtinstitutionalisierte frei flottierende Religiositaumlt des Esoterik-Marktes steht so Schroumlder bdquo in der Ge-fahr die Gesellschaft zu entkultivieren naumlmlich als bdquoasoziale Religiositaumlt der ruumlcksichtslosen Erlebnissteigerung die ein Goumlttliches im Ich sucht und sich aus-leben moumlchte Demgegenuumlber sei bdquokul-tivierte Religiositaumlt immer bdquogemeinsam verantwortet Hier ist die Esoterik gefragt vor allem ihr Menschenbild kritisch zu reflektieren das auf dem angeblichen bdquoGesetz von Karma und Reinkarnation als bdquogeistigem Entwicklungsgesetz der Menschheit be-ruht Es waumlre zu kurzschluumlssig gedacht etwa aus der hohen Arbeitslosigkeit auf einen Bedeutungsverlust der Esoterik zu schlieszligen weil die teuren Esoterik-An-gebote fuumlr immer mehr Menschen uner-schwinglich werden Denn neben dem Heer von Arbeitslosen und Geringver-dienenden kann sehr wohl eine bdquoEsote-rik-Kultur fuumlr beguumlterte Schichten ge-deihen aus deren esoterischer Sicht die Armen ja ohnehin nur ihr bdquoschlechtes Karma aus Vor-Existenzen abarbeiten Im Zeitalter der bdquoGlobalisierung des Ka-pitalismus koumlnnte das esoterische Men-schenbild auf diese Weise zur Ideologie neuer sozialer Ungleichheit reuumlssieren wenn sich seine Vertreter nicht selbst kritisch von solchen Gefahren distan-zieren Ein gesellschaftspolitisch inzwischen ebenfalls erkanntes und heftig diskutier-tes Problem betrifft vor allem esoterische Heilungsangebote auf dem bdquofreien

Markt Mit ihren Verheiszligungen einer bdquototalitaumlren Ganzheitlichkeit die einen Totalanspruch auf die Regulierung aller Lebensbereiche eines Betroffenen durch esoterische Praktiken erhebt koumlnnen Manipulationsmoumlglichkeiten Tuumlr und Tor geoumlffnet werden Was not tut im Blick auf oft skrupellos vorgehende eso-terische Anbieter ist daher eine Art bdquoVer-braucher-Schutz oder wenigstens eine verstaumlrkte bdquoVerbraucher-Beratung im Blick auf die von Esoterikern angebote-nen bdquoDienstleistungen (su S 283) In dieser Hinsicht hat sich auch die En-quete-Kommission bdquoSog Sekten und Psychogruppen des Deutschen Bundes-tages dafuumlr eingesetzt daszlig in der naumlch-sten Legislaturperiode ein Gesetz zur gewerblichen Lebensbewaumlltigungshilfe verabschiedet wird

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Klaus Fleckner Wuppertal

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

In letzter Zeit erreichen uns haumlufig Anfragen wegen der Aktivitaumlten einer bdquoBruder-schaft der Menschheit einer bdquoUniversalen Kirche oder eines bdquoFundaments fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen Hinter diesen verschiedenen Namen verbirgt sich ein und dieselbe esoterisch-theosophische Aktivitaumlt die eine Fortbildung der auf Helena Blavatsky zuruumlckgehenden modernen Theosophie darstellt (vgl MD 1992 S 245 ff) Pfarrer Klaus Fleckner hat uns folgende lebendige Schilderung vom Be-such eines Seminars dieser Organisation im letzten Jahr uumlbersandt

1 Der Ort und die Gruppe

Das bdquoLindner Golfhotel Juliana ein am Stadtrand von Wuppertal gelegenes Ob-jekt der 4-Sterne-Kategorie bietet neben seinem weitlaumlufigen Golfgelaumlnde auf dem schon Franz Beckenbauer seinen Golfschlaumlger schwang ein gediegenes Interieur mit mehr als nur einem Hauch von Luxus und gehobenem Komfort Eine Gruppe von Leuten zwischen 30

und 50 gut gekleidet im Geschmacks-spektrum von Edelflipp bis laumlssig-schick wartete im Stehen vor dem Flur zum Konferenzraum uumlber dessen Tuumlr endlos der Name des Mieters voruumlberzog bdquoFUNDAMENT FUumlR HOumlHERES GEISTI-GES LERNEN - eine wohlklingende Er-gaumlnzung zu den diversen anderen Schu-lungskursen und Konferenzen im Haus mit topgestylten Managertypen im Na-delstreifenanzug und sonnenbankge-

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braumlunten Schoumlnen wie von der Titelseite einer Modezeitschrift entsprungen Neu-ankoumlmmlinge ob Mann ob Frau wur-den von den Umstehenden mit Umar-mung und Kuumlszligchen empfangen Unge-faumlhr zwei Drittel der 25 Teilnehmer wa-ren Frauen bis auf zwei oder drei Paare schienen alle anderen ohne Partnerin angereist zu sein Wie beilaumlufige Fragen ergaben waren Lehrerinnen anwesend eine Psychologin eine fruumlhere kirchli-che Mitarbeiterin ein Steuerberater eine Krankenschwester eine Erzieherin Her-kunftsorte waren Staumldte der Wuppertaler Umgebung Duumlsseldorf Koumlln Herdecke usw Die Teilnahmegebuumlhr galt es gleich zu Beginn zu entrichten 220- DM -ohne Getraumlnke Verpflegung oder Uumlber-nachtung Nach 15 Minuten endete die Wartezeit der Konferenzraum wurde freigegeben und der Eindruck nun unmittelbar vor der Bescherung zu stehen bewahrhei-tete sich als haumltten unsichtbare Helfer ein esoterisches Weihnachtszimmer de-koriert Der Raum war reich ge-schmuumlckt Auf jedem Dreiertisch an den Seiten standen zwei kleine Blumenva-sen Doch die Aufmerksamkeit wurde automatisch nach vorne gelenkt Dort erstrahlte auf der linken Seite ein i l lumi-niertes farbiges Gemaumllde auf dem in Lichtschleier gehuumlllt drei Gestalten sichtbar waren die auseinander hervor-traten - es dominierte ein aufrechtste-hendes houmlheres Wesen mit einer Strah-lenkrone auf dem Kopf das in den Raum hineinzublicken schien waumlhrend sich ein zweites eine weibliche Gestalt zu ihm emporreckte und ein drittes ganz in dunklen Farben gehalten zur Erde hinuntergebeugt blieb Sie schienen auf einer Treppe zu sitzen Vor dem Bild stand ein Strauszlig roter gelber und blauer Blumen in einer Vase daneben ein Leuchter mit drei Kerzen in denselben

Farben - das ganze Ensemble auf meh-reren Lagen goldfarbenen Stoffs Vorne rechts neben einem Rednerpult und einer Tafel stand ein Tisch der mit bun-tem Spielzeug und anderen farbenfro-hen Dingen gefuumlllt war - bei naumlherem Hinsehen entdeckte ich farbige Tisch-tennisbaumllle Spieluhren Kreisel Spiel-zeugfiguren alte Spielzeugautos eine Kinderpistole einen kleinen Hai in ei-nem Glaszylinder in einer Fluumlssigkeit konserviert und mancherlei anderen Nippes von allenfalls Sammlerwert Am hinteren Ende des Raumes saszlig ein Mann an einem Mischpult mit Platten-spieler und Lautsprechern Anscheinend war es freigestellt wo man sich hinset-zen wollte doch das galt nicht fuumlr die vorderen beiden Reihen in denen schon Namensschilder standen Ich setzte mich in die dritte Reihe und wartete ab

2 Der bdquoMeisterreferent

Nach dem Verklingen einer pathetischen Musik-Ouvertuumlre stellte sich ein mittel-groszliger Mann ans Rednerpult der vorher etwas schwerfaumlllig nach vorne gegangen war und wies darauf hin daszlig er bdquoGun-dolf genannt werden wolle denn in dieser Arbeit tue sein Nachname nichts zur Sache Sein Vorname habe ihm zwar fruumlher uumlberhaupt nicht gefallen jetzt aber um so mehr und das nicht nur weil er so selten sei (Ich konnte mich nicht enthalten ihn mit bdquoGandalf aus dem Fantasy-Roman bdquoDer Herr der Ringe zu assoziieren und uns als eine Schar Hob-bits auf der Suche nach dem magischen Ring) Gundolf schrieb seinen Nachna-men aber trotzdem in etwas kleinerer Schrift mit an die Tafel und fuumlgte hinzu da er uns nicht beherrschen wolle habe er es nicht noumltig mit Musikbegleitung anzutreten - deshalb habe er sich erst an uns gewandt nachdem sie verklun-

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gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 6: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

ereilt in den letzten Jahrzehnten das Schicksal aller religioumlsen und geistigen Uumlberlieferungen auf dem bdquoSupermarkt der Wahrheiten im Zeitalter der Globa-lisierung des Kapitalismus ihre bdquoDisper-sion (s u) und bdquoVerduumlnnung Der Tendenz des bdquoAnything goes ent-sprechend werden auch die beiden Be-deutungsvarianten von bdquoesoterisch und bdquoEsoterik recht wil lkuumlrl ich verwendet je nach subjektivem Belieben Die am Wortsinn des Adjektivs (bdquoinnen bdquoinner-lich) orientierte Begriffsvariante im Sinne von Esoterik als bdquoinneren Wegen spiritueller Erfahrung vertreten vor allem mit der Jung-Schule sympathisierende Autoren So versteht etwa Georg Schmid unter bdquoEsoterik die Liebe zum uumlberall verborgenen inneren Geheimnis alles Wirklichen oder zur Innenseite aller Dinge (vgl 1992 S 55) Dementspre-chend versucht man hier die genuine Be-ziehung zum Begriff bdquoOkkultismus weit-gehend zu bestreiten und zwischen bdquoneuer und bdquoklassischer Esoterik staumlrker zu unterscheiden Demgegenuumlber orien-tiert sich der Esoteriker Hans-Dieter Leu-enberger staumlrker an der auf Levi zuruumlck-gehenden Begriffsvariante indem er bdquoEsoterik als bdquodas Wissen um eine Ener-gie die in allem vorhanden ist definiert (1989 S 22) dh als Aumlquivalent zum modernen monistischen Okkultismus Im allgemeinen definiert sich Esoterik aber nicht selbst und wenn sich nie-mand an eine bestimmte Definition haumllt sondern jeweils nur die bdquoeigene Erfah-rung als houmlchstes Kriterium gelten laumlszligt wird Esoterik zur reinen Worthuumllse fuumlr den eigenen Subjektivismus und Eklekti-zismus Diesen Subjektivismus vieler Anhaumlnger der Esoterik die die bdquoeigene Erfahrung absolut setzen ihr bdquosubjekti-ves Erleben als alleiniges bdquoWahrheits-kriterium gelten lassen und sich damit weigern sich irgendeiner Beschreibung

von bdquoEsoterik zuordnen zu lassen so daszlig sie fuumlr Kritik scheinbar unangreifbar werden charakterisiert treffend E Rung-galdier bdquoEs ist so weil ich es so erfahre oder erfahren habe Eine derartige Haltung vereitelt verstaumlndlicherweise den Diskurs als Mittel der Wahrheitssu-che (1996 S 27) bdquoEsoterik in diesem Sinn ist damit auch Symptom einer ge-wissen Schizophrenie (S 193) indem der einzelne sich gegenseitig Ausschlie-szligendes einfach kompiliert und die ver-schiedensten Rituale praktiziert waumlh-rend er im Alltag nach ganz anderen Prinzipien lebt und handelt

Esoterik und die bdquoEsoterik-Welle

Mit der Popularisierung der Esoterik in den letzten Jahrzehnten im Rahmen der sog bdquoEsoterik-Welle ergibt sich der pa-radoxe Vorgang daszlig ein elitaumlres Wissen um nicht allgemein zugaumlngliche Welt-hintergruumlnde oumlffentlich gemacht wird fuumlr die breite Masse frei zugaumlnglich sowie kommerzialisiert und marktfoumlrmig wird Das Spektrum des zur bdquoEsoterik Ge-rechneten erweitert sich erheblich und zu den bdquoEsoterik-Angeboten in Buch-handlungen oder auf Esoterik-Messen gehoumlren jetzt zB auch Literatur uumlber Schamanismus und fernoumlstliche Hei-lungspraktiken Feuerlauf-Seminare oder Flugreisen zu magischen bdquoKraftplaumltzen in Aumlgypten Suumldamerika oder Australien Als Teil der modernen bdquoErlebnisgesell-schaft wurde Esoterik auf diese Weise inzwischen zu einem beachtlichen Ge-schaumlftszweig auch in Deutschland Insbesondere in Verbindung mit diesen Tendenzen der Vermarktung und des bdquoEvent- oder Erlebnishaften hat Esoterik damit aber nur Teil an allgemeinen reli-gioumlsen Wandlungsprozessen die von Religionssoziologen vielfach beschrie-ben wurden und die man vorsichtig

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auch als bdquoneue Religiositaumlt bezeichnet Nach den amerikanischen Religionsso-ziologen Stark und Bainbridge (S 26ff) kann man drei charakteristische Erschei-nungsformen - genauer- drei Stufen der Organisiertheit - bdquoneuer Religiositaumlt in der Gesellschaft unterscheiden was ins-besondere auch auf die Esoterik zutrifft naumlmlich als bdquoaudience cult als bdquodient cult und als bdquocult movement was man etwa mit bdquoPublikum bdquoKundschaft und bdquoneue religioumlse Bewegung wiedergeben koumlnnte Dazu einige Beispiele bull Ein typisches Beispiel fuumlr die Katego-rie des bdquoPublikums-Kults ist das als bdquoEsoterik-Unterhaltungsspiel zur TIME-LIFE-Buchreihe bdquoDie Geheimnisse des Unbekannten konzipierte Spiel bdquoMysti-sche Reise zur 6 Dimension Das ist ein Gesellschaftsspiel durch das man ei-nen betraumlchtlichen Teil des esoterischen Weltbilds kennenlernen kann und sozu-sagen spielerisch in die Esoterik einge-weiht selbst zum bdquoMagier wird Statt also wie beim bdquoMonopoly moumlglichst schnell reich zu werden hat derjenige gewonnen der zuerst bdquodie (geistige) Ver-vollkommnung erreicht Wer dieses Spiel spielt reiht sich in die zahlen-maumlszligig wohl umfassendste Erscheinungs-form heutiger Esoterik ein - das was Stark und Bainbridge einen bdquoaudience cult nennen ein riesiges bdquoPublikum von Konsumenten die die gleichen Buumlcher lesen die gleichen Fernsehsen-dungen und Videos betrachten und die gleichen Fantasy-Spiele spielen Bern-hard Grom bezeichnet diese Erschei-nungsform heutiger Esoterik auch als bdquoGebrauchs-Esoterik (1986) bull Mit einer weiteren Dimension heuti-ger Esoterik bekommt man es zu tun wenn man seine eigenen bdquovier Waumlnde verlaumlszligt und sich in einem esoterischen bdquoWorkshop anmeldet oder von einem Reinkarnationstherapeuten wie Thor-

wald Dethlefsen beraten dh in fruumlhere Erdenleben bdquozuruumlckfuumlhren laumlszligt Da dies alles viel Geld kostet kommt ein Kund-schaftsverhaumlltnis zu dem Veranstalter ein bdquod ient cult zustande und so kann man sich diesen Bereich esoterischer Angebote als einen riesigen bdquoMarkt des Uumlbersinnlichen vorstellen Sog bdquoEsote-rik-Messen mit vielen hundert Besu-chern werden seit Jahren in unseren Groszligstaumldten veranstaltet - Auf der Esoterik-Messe bdquoAura anlaumlszlig-lich der bdquoBasler Psi Tage 1997 auf dem Basler Messegelaumlnde wurde zB ein breites Angebot an exotischen bdquoGesund-heitsprodukten vorgestellt - von in-dianischen Edelsteinen uumlber Pyramiden aus Draht Blech oder Holz (64- bis 380- sfr) bis zu Auraschutzmedaillons (168- sfr) oder Amuletten aus bdquoFeng Shui Energie (in Gold 300- sfr) Ein fuumlr 170- sfr angebotenes bdquoKinesiometer soll mit Hilfe von bdquoarchetypischen Ur-informationen in den Zellen aus terre-strischen und kosmischen Energien an-zeigen ob ein Nahrungsmittel oder ein Gedanke gut oder schlecht auf den Be-nutzer wirkt - Wahrsager Kartenleger und bdquoAura-Vi-sionsberater boten in kleinen Kabinen ihre bdquoKuumlnste fuumlr bis zu 300- sfr an - Aber auch Sekten und religioumlse Kulte traten hier in Erscheinung Auf dem Stand der bdquoSahaja Yoga -Gruppe wurde unentwegt vor dem Bild Shri Mataji Nir-mala Devis zwecks Weckung der bdquoKun-dali ni-Energie meditiert Hare-Krishna-Anhaumlnger verabreichten dem flanieren-den Messe-Publikum vegetarische Kost Der Bruno-Groumlning-Freundeskreis warb fuumlr den beruumlhmten bdquoWunderheiler und Anhaumlnger des bdquoMetharia-Vereins aus Eckernfoumlrde versprachen Kontakte zu bdquoauszligerirdischen Santinern bull Waumlhrend es beim bdquoEsoterik-Publi-kum und bei der bdquoEsoterik-Klientel we-

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der eine feste Mitgliedschaft noch eine dauerhafte Festlegung auf ein definiertes Glaubenssystem oder eine religioumlse Fuumlh-rergestalt gibt ist dies bei den organi-sierten Weltanschauungsgemeinschaften der Fall Neben den verschiedenen Ab-spaltungen von der bdquoTheosophischen Gesellschaft Helena Blavatskys aus der 1913 auch Rudolf Steiners bdquoAnthroposo-phie hervorging sind bei uns vor allem spiritistische und sog Neuoffenbarungs-gruppen aktiv in denen bdquoMedien oder bdquoSprechwerkzeuge Gottes Kundgaben geistiger Wesenheiten aus dem Jenseits aber auch von bdquoGott-Vater oder bdquoJesus Christus an ihre Anhaumlnger weitergeben In Brasilien und anderen Laumlndern der bdquoDritten Welt umfassen solche esoteri-sche bdquoneue Religionen oft Gemein-schaften mit vielen Millionen Mitglie-dern Da diese bdquocult movements Heils-Versprechungen in Form eines umfassen-den esoterischen bdquoWissens bdquoGnosis und bdquoSinnorientierung durch zT ge-waltige Gedankensysteme bieten spricht man hier auch von bdquoSystem-Esoterik Man hat es wenn man diese Erschei-nungsformen heutiger Esoterik zusam-menfassend uumlberblickt also mit zwei verschiedenen Ebenen zu tun - der Ebene des sog bdquoEsoterik-Marktes mit einer unuumlberschaubaren Zahl von Anbietern von Kursen Seminaren Buumlchern und sonstigen Waren (zB Amuletten Kristallen Duftstoffen Flug-reisen usw) - der Ebene der organisierten Weltan-schauungsgruppen Nur im Blick auf die erste Ebene kann man eigentlich von einer bdquoEsoterik-Welle oder einem bdquoEsoterik-Boom sprechen Waumlhrend die zT noch im 19 Jahrhundert entstandenen organisier-ten Gruppen nur ein relativ geringes Wachstum oder Stagnation verzeichnen ergibt sich die Dynamik des bdquoEsoterik-

Booms vor allem aus den freien esoteri-schen Angeboten Dies haumlngt mit bestimmten Entwicklun-gen in unserer Gesellschaft zusammen Im Unterschied zur Tradition der Esote-rik selbst und ihren antiken und mittelal-terlichen Wurzeln in Gnosis Hermetik und Kabbala ist der heutige bdquoEsoterik-Boom ein Phaumlnomen des saumlkularen Zeitgeistes Deshalb zeigt sich in der sog bdquoEsoterik-Welle die moderne Eso-terik vorwiegend von ihrer banalen Seite - zum Entsetzen vieler Esoteriker die sich deshalb uumlber ihre fragwuumlrdige Po-pularisierung nicht so ungeteilt freuen koumlnnen

Der bdquoesoterische Ansatz

Dabei koumlnnen sie sich auf einen durch-aus respektablen religioumls-weltanschauli-chen Ansatz beziehen wie er vor allem den Lehren und Praktiken vieler organi-sierter Weltanschauungsgruppen der Esoterik zugrundeliegt und zT in bana-lisierter Form in den bdquoVersatzstuumlcken der kommerziellen Anbieter wieder-kehrt Esoterik - das ist doch die Weltreligion der Zukunft meinte eine Dame waumlhrend eines Gespraumlchsabends mit kirchlichen Mitarbeiterinnen in einer Berliner Kir-chengemeinde Abgesehen von dem da-mit verbundenen Versuch sich mit die-sem Bekenntnis gegenuumlber jeder Kritik zu immunisieren steckt hinter dieser Meinung der richtige Eindruck daszlig die moderne Esoterik seit Helena Blavatsky eine Art bdquointerreligioumlse Bewegung zur Vereinheitlichung der Menschheit und der Religionen ist wie es die bdquoTheoso-phische Gesellschaft in ihren Zielen ausdruumlcklich formuliert (Bildung einer bdquouniversellen Bruderschaft der Mensch-heit) Hinter dem Interesse an den nicht banalisierten Erscheinungsformen der

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Esoterik scheint bei vielen Menschen vor allem das Beduumlrfnis nach Bewaumlltigung des religioumlsen Pluralismus und anderen Globalisierungsphaumlnomenen unserer Zeit zu stehen Der einzelne sieht sich einer Religionsvielfalt gegenuumlber aus der er auswaumlhlen muszlig (P L Berger) Die un-uumlberschaubare Vielfalt der Weltanschau-ungen tritt aber dabei in eine Spannung zu dem spirituellen Beduumlrfnis nach Ver-einheitlichung und Harmonie Von dieser Sehnsucht vieler Menschen profitiert heute die Esoterik Vor allem die bdquoSystem-Esoterik verschiedener Grup-pen wie der Anthroposophie oder ein-zelner Autoren wie Dethlefsen oder Dahlke ist gegenwaumlrtig einer der in der Oumlffentlichkeit bis ins bdquoBildungsbuumlrger-tum hinein einfluszligreichsten Versuche einer Bewaumlltigung des religioumlsen Plura-lismus durch eine religioumls-weltanschau-liche Vereinheitlichung - darin mit dem Fundamentalismus als Versuch einer bdquoverbindlichen Loumlsung aller gesell-schaftlichen Fragen von einem religiouml-sen Fundament aus durchaus konkurrie-rend Auch esoterische Gruppen koumlnnen den einzelnen trotz aller bdquoDogmenkri-tik ebenso mit Vorschriften hinsichtlich seiner Lebensfuumlhrung vereinnahmen vom Fernseh-Verbot bis zum Vegetarismus oder bdquolichtdurchlaumlssiger Kleidung Vertreter der bdquoneuen esoterischen Reli-giositaumlt bekraumlftigen dabei immer wie-der es sei eigentlich nicht so wichtig wo einer den bdquospirituellen Weg betritt denn alle Religionen und Traditionen seien recht verstanden nur Ausdruck der einen allumfassenden Wahrheit- in jeder von ihnen sei der bdquowahre Kern der esoterischen Weisheit enthalten Man kann dies als den bdquoesoterischen An-satz bezeichnen denn eben diese Sichtweise ist der Kern und das innerste Motiv der modernen Esoterik seit der Gruumlndung der bdquoTheosophischen Gesell-

schaft 1875 als einer Art bdquointerreligioumlser Bewegung Er besagt daszlig angeblich al-len Weltreligionen eine gemeinsame aber geheime esoterische bdquoWeisheits-lehre oder bdquoUr-Weisheit zugrunde-liegt Die verschiedenen religioumlsen Tra-ditionen seien nur historisch beschraumlnk-te Auspraumlgungen davon In der heute wohl bei uns verbreitetsten Einfuumlhrung in die Esoterik - Thorwald Dethlefsens Bestseller bdquoSchicksal als Chance - wird die bdquoheilige Lehre der Esoterik in diesem Sinne z B als bdquodas Urwissen zur Vollkommenheit des Men-schen (so der Untertitel) bezeichnet es handele sich um eine Lehre die jenseits aller begrenzten Formen der Religionen die bdquozeitunabhaumlngige der Menschheit jemals zugaumlngliche bdquoSumme des Wis-sens uumlber das Universum darstelle Eso-teriker glauben daszlig diese unspruumlngliche bdquoWeisheitsreligion durch moderne Wis-senschaft und christliche Kirchen ent-stellt oder vergessen wurde aber durch bdquogeheime Uumlberlieferungen und bdquoEinge-weihte die Zeiten uumlberdauern konnte -Gedanken auf denen heute eine un-uumlberschaubar gewordene esoterische bdquoVerschwoumlrungsliteratur aufbaut Aber nicht nur einzelne Autoren auch zahlreiche esoterische Weltanschau-ungsgemeinschaften verfolgen dieses Ziel einer Vereinheitlichung unter esote-rischem Vorzeichen Der Begruumlnder der Anthroposophie Rudolf Steiner meinte zB bdquodaszlig aus der anthroposophischen Stimmung das volle Verstaumlndnis des Wahrheitskerns aller Religionen folgen wi rd (GA 148133) Schon 1904 als Generalsekretaumlr der deutschen Sektion der bdquoTheosophischen Gesellschaft aumluszligerte er in einem Vortrag daszlig bdquodie theosophische Anschauung im Grun-de genommen kein Bekenntnis aus-schlieszligt alle aber einschlieszligt Alle bdquogroszligen Weisheitslehrer so meinte er

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im Sinne dieses esoterischen inklusivi-stischen Synkretismus - bdquoder aumlgyptische Hermes die alten indischen Rishis Za-rathustra die chinesischen Weisheits-lehrer Laotse und Konfuzius die Einge-weihten der alten Juden ferner Pythago-ras und Plato und endlich die Lehrer des Christentums selbst - haumltten die allge-meine esoterische bdquoWeisheitslehre ver-treten Heute sehen besonders New Age-Vertre-ter in der Akzeptanz dieses esoterischen Inklusivismus das Heraufkommen einer groumlszligeren alle Religionen umfassenden bdquoOumlkumene des Wassermann-Zeitalters hinter der die bdquokleine Oumlkumene der Kir-chen hoffnungslos zuruumlckbleibe Im groszligen Stil wurde dieser bdquoesoterische Ansatz erstmals in der 1875 von Helena Blavatsky und anderen gegruumln-deten bdquo Theosophischen Gesellschaft durchgefuumlhrt Die moderne Theosophie beansprucht nach dem deutschen Theo-sophen Hermann Rudolph bdquodas einzig Wesentliche und Gemeinsame aller Re-ligionen zu ihrer Grundlage zu haben bdquoLiebe das goumlttliche Selbst in dir und in allem lautet die Forderung aller wahren Religion Geistig aufgefaszligt sind und wol -len alle Religionen dasselbe Sie ent-springen saumlmtlich einer Quelle (Theo-sophie Bd I Leipzig 21916 S 34f) Bezuumlglich der Inhalte dieser angeblich allen Religionen zugrundeliegenden esoterischen bdquoUr-Weisheit stoumlszligt man in der Literatur im wesentlichen auf drei Grundvora ussetzungen - einen weltanschaulichen Monismus - einen paumldagogischen Evolutionismus und - eine fuumlr die Gnosis typische Erkennt-nis- und Erloumlsungslehre im Sinne von Selbsterkenntnis als bdquoErloumlsung Das monistische Element kommt in der heutigen Esoterik vor allem in der weit verbreiteten Vorstellung zum Ausdruck

daszlig der ganze Kosmos durchstroumlmt ist von einer einheitlichen universellen bdquoLebensenergie die man mit Begriffen aus ganz unterschiedlichen Traditionen bezeichnet wie bdquoPrana bdquoChi bdquoOd-Kraft bdquoHeilkraft oder bdquoBioenergie Der paumldagogische Evolutionismus der modernen Esoterik ist nichts anderes als eine esoterische Umformung des moder-nen Fortschrittsglaubens ein bdquomysti-scher Utopismus wonach durch bdquoErzie-hung allmaumlhlich ein paradiesischer Zu-stand der vollstaumlndigen Vergeistigung al-les Materiellen herstellbar sei Die mei-sten esoterischen Anbieter versprechen dem heutigen Menschen eine Art bdquoEvo-lutionsfoumlrderung durch ihre Schulun-gen und Kurse daszlig sie sich auf dem Wege der Selbsterkenntnis selbst ver-vollkommnen und damit selbst erloumlsen koumlnnen Das ganze Leben in der Welt ist eine bdquoSchule in die wir immer wieder zuruumlck muumlssen mittels Re-Inkarnation bis wir unser bdquoPensum gelernt haben und uns fuumlr das Dasein in houmlheren gei-stigen Sphaumlren qualifiziert haben Aber es gibt auch fruumlhere Menschen die die-sen Weg bereits absolviert haben bdquoEin-geweihte und goumlttliche Wesenheiten von denen die jetzigen Menschen bdquoge-schult werden und an deren Spitze die in der Theosophie als bdquoGroszlige Weiszlige Bruderschaft bezeichnete houmlchste gei-stige Hierarchie unserer Welt steht Die dritte inhaltliche Grundvoraus-setzung der heutigen Esoterik laumluft auf eine esoterische Umformung moder-ner Selbstverwirklichungs-Escha tologien hinaus bdquoErinnere dich daszlig du ein Gott bist In jedem Menschen so die gnosti-sche Grundannahme seit Blavatskys bdquoTheosophie ist ein bdquogeistig-goumlttlicher Funke ja nach Blavatsky ist dieser bdquo in-nere Mensch uumlberhaupt bdquoder einzige Gott von dem wir irgendeine Kenntnis erlangen koumlnnen (bdquoDer Schluumlssel zur

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Theosophie 1889) Die heutige Esote-rik-Literatur ist voll von diesem Gedan-ken und banalisiert ihn schier endlos nach dem Motto der amerikanischen Filmschauspielerin Shirley MacLaine bdquoGott ist in jedem einzelnen von uns Gott traumlgt man in sich Jeder ist sein eigener Guru (vgl MD 1988 S 179)

Esoterik und die bdquoErlebnisgesellschaft

Daszlig solche bdquoWeisheiten heute immer oumlfter von Filmschauspielern Kuumlnstlern oder Sportlern usw verbreitet werden weist auf eine betraumlchtliche bdquoDisper-sion des Religioumlsen in der modernen Gesellschaft hin das laumlngst nicht mehr von den Vertretern der traditionellen religioumlsen Institutionen monopolisiert wird Man hat unsere Gesellschaft auch als moderne bdquoErlebnisgesellschaft cha-rakterisiert (Schulze) denn Umfragen haben ergeben daszlig bei den meisten Menschen der bdquoErlebniswert das ent-scheidende Motiv bei der Wahl einer bestimmten Sache eines Konsumarti-kels einer Fernsehsendung - aber auch beim Treffen von bdquoLebensentscheidun-gen und in bdquoreligioumlsen Fragen ist Auf-grund der bdquoErlebnisorientierung vieler Menschen expandiert der Erlebnis- und Unterhaltungs-Markt immer mehr in Be-reiche die fruumlher bdquoerlebnisneutral wa-ren - wie Arbeit Bildung und Politik Eine Auto- oder Bahnfahrt soll nicht nur schnell voran bringen sondern auch ein bdquoErlebnis sein wie die Werbung ver-heiszligt Auch auf religioumlsem Gebiet waumlhlt der Mensch mehr und mehr das aus was bei ihm - moumlglichst kurzfristig - zu einer in-neren Befriedigung fuumlhrt - und genau auf dieses Beduumlrfnis sind viele esoteri-sche Angebote mit religioumlsem Anspruch zugeschnitten Viele verstehen daher unter bdquoEsoterik heute einfach daszlig jeder

seinen eigenen religioumlsen Weg geht bdquoEsoterik wird damit zur reinen Wort-huumllse fuumlr den eigenen Individualismus der sich nicht kuumlmmert um das was an-dere oder was die Kirche sagt sondern nur noch fragt bdquoWas hilft mirV Man hat dies auch als bdquomoderne Cock-tail- oder Patchwork-Religiositaumlt be-zeichnet Dem flickenteppichhaften An-gebot entspricht auf der Seite der bdquoVer-braucher oder bdquoKonsumenten eine entsprechende Individualisierung ein Subjektivismus und ein Eklektizismus Was zaumlhlt bei der Auswahl ist letztlich der persoumlnliche Geschmack die bdquoeigene Erfahrung oder der bdquoErlebniswert Damit haumlngt auch die Schwierigkeit zu-sammen allgemeinguumlltig zu definieren was heute alles unter bdquoEsoterik verstan-den wird Das Wort wird zum bdquoContai-ner-Begriff zum Inbegriff der weltan-schaulichen Individualisierung und Plu-ralisierung schlechthin oder zum Aus-druck fuumlr den Trend bdquoIch suche mir meine eigene Religion Ein Esoterik-Or-gan brachte dies einmal auf houmlchst be-zeichnende Weise zum Ausdruck bdquoEs ist wunderbar daszlig es endlich wieder die Vielfalt der Moumlglichkeiten gibt Daszlig es christliche Kirchen Zenmeditation Ta-rot Astrologie I-Ging daszlig es Wunder-heiler Geistheiler Heilpraktiker Aumlrzte Psychotherapeuten und alternative The-rapeuten gibt Es ist das Recht jedes Menschen sein Heil auf seine ganz indi-viduelle Art zu suchen und zu finden (vgl MD 1997 S 198)

Esoterik und die Dispersion des Religioumlsen

Daszlig der gesellschaftliche Prozeszlig ziel-strebig auf eine totale bdquoSaumlkularisierung und bdquoReligionslosigkeit zugehe wird -wie bereits oben festgestellt - in dieser Einseitigkeit heute unter Soziologen und

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Theologen kaum noch vertreten Man geht vielmehr von einem Neben- und Ineinander divergierender Tendenzen von Saumlkularisierung und (Re-)Sakralisie-rung bzw (Re-)Mythologisierung aus Gleichzeitig bedeutet diese Entwicklung aber aus der Sicht der traditionellen reli-gioumlsen Institutionen eine bdquoVerduumlnnung und bdquoDispersion (Verteilung) von Reli-gion Damit ist das Entstehen einer bdquoamorphen Weltanschauung gemeint die weder religioumls noch atheistisch im uumlberlieferten Sinn ist eine Art bdquoideologi-scher Nebel (Asendorf) dessen Hinter-grund meist eine diffuse monistische Weltsicht ist Dieser Vorgang scheint sich auch in anderen Gesellschaften zu wiederholen zum Beispiel im postkom-munistischen Ruszligland wo die Zahl der bdquoneureligioumls Glaumlubigen (im Sinne die-ser amorphen religioumlsen Weltsicht) waumlchst Auch bei uns ist bdquoEsoterik haumlu-fig nur der Inbegriff dieses diffusen bdquoreli-gioumlsen Lebensgefuumlhls und sowohl Aus-druck dieser neureligioumlsen Tendenzen als auch ein ihre Ausbreitung mit am staumlrksten foumlrderndes Mittel Der Freiburger Religionssoziologe Mi-chael N Ebertz hat diese Veraumlnderungen auf die Formel von der bdquoDispersion des Religioumlsen gebracht bdquoDie wachsende Dispersion des Religioumlsen also seine Verteilung auf ganz unterschiedliche Orte Anbieter und Sozialformen scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein (1997 S 111) Funktionen von Re-ligion werden immer haumlufiger von nicht-kirchlichen Bereichen der Gesellschaft und ihren Agenten uumlbernommen - von Therapien Kunst Kultur Konsum Sport uam bdquoEs scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein daszlig Religioumlses - Weltorien-tierung Handlungsformierung und Ohn-machtsbewaumlltigung - auch dort zu ha-ben ist wo kein Schild Religion hier zu haben steht inzwischen sogar auf dem

oumlkonomischen Markt Sichtbare Konse-quenz dieses Dispersionsprozesses ist nach Ebertz bdquoIndem Lebensberater So-zialarbeiter Aumlrzte Lehrer fuumlr Gymnastik Ausdruckstanz und fernoumlstliche Sportar-ten Psychologen und Psychotherapeu-ten Fernsehstars und -Produzenten so-wie Kuumlnstler mit dem geistlichen Amts-traumlger alten Schlags in Konkurrenz tre-ten tragen sie zur Entgrenzungdes reli-gioumlsen Feldes bei und daruumlber zu einer -zumindest partiellen - Entdifferenzie-rung der Lebensbereiche Im Effekt kann dann jede(r) nicht nur eine Sekte sein sondern auch ein Theologe und Prie-ster und jede(r) seine eigene Sekte sein eigener Theologe und sein eigener Priester (S 148f) Auch die bdquoesoterische Dauerwelle ist eine der schillerndsten Konsequenzen dieses von Ebertz beschriebenen Prozes-ses indem ehemals von den christlichen Kirchen gepraumlgte Bereiche der Weltori-entierung und Ohnmachtsbewaumlltigung fuumlr weite Bevoumllkerungskreise nunmehr von esoterischen Anbietern oder von Ak-teuren aus der Unterhaltungs- und Mo-dewelt bedient werden Eines unter un-zaumlhligen Beispielen ist etwa das Buch des als bdquoneuer Nostradamus apostro-phierten Pariser Modemachers und Eso-terik-Autors Paco Rabanne bdquoDas Ende unserer Zeit Aufbruch in das Wasser-mann-Zeitalter (Muumlnchen 1996) bdquoVer-gleichbar dem Johannes dem Verfasser der nach ihm benannten Apokalypse kuumlndigt er die Rettung der Gerechten an und ein von Harmonie gekennzeich-netes kommendes Wassermann-Zeital-ter heiszligt es auf dem Buchdeckel gleichsam wie zur Bestaumltigung von Ebertz These uumlber die bdquoEntgrenzung des religioumlsen Feldes in dem dann jeder sein eigener bdquoProphet ist Diese Entwicklung wird begleitet von verschiedenen Trends die Ebertz als

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Trend zur Vermarktung des Religioumlsen (S 11 Off) als Trend zur religioumlsen Un-verbindlichkeit (S 76ff) und als Trend zum religioumlsen Individualismus zu Selbstentfaltungswerten und zur reli-gioumls-synkretistischen Autozentrik (S 75) charakterisiert Glaubensvorstellungen unterschiedlicher religioumlser Traditionen werden - gerade auch unter esoteri-schem Vorzeichen als angebliche eso-terische bdquoUr-Weisheit der Menschheit -selbst bei Kirchgaumlngern miteinander synkretistisch kombiniert Nach J Eiben (Shell-Jugend-Studie 1992) ergibt sich der Befund bdquodaszlig sich die Mitglieder und Sympathisanten okkulter und esote-rischer Gruppen zu einem Drittel aus Kirchgaumlngern rekrutieren (bei Ebertz S 74) bdquoEsoterik ist die gegenwaumlrtig populaumlrste Bezeichnung dieser sich verfluumlchtigen-den und dispergierenden Religiositaumlt Versteht man die esoterische bdquoDauer-welle als Ausdruck und Medium dieser Dispersionsprozesse so ist die Frage im Blick auf die weitere Entwicklung also wie weit sich die Dispersion des Religiouml-sen fortsetzt - und damit zugleich auch die esoterische Dauerwelle Denkbar ist aber auch daszlig dieser Prozeszlig in Zukunft unter ganz anderen Bezeichnungen wei-tergeht als unter der Worthuumllse bdquoEsote-rik Es ist aber auch moumlglich daszlig bdquoEso-terik zu einem Dauerkennzeichen sol-cher Tendenzen der Pluralisierung Indi-vidualisierung und Dispersion des Reli-gioumlsen wird Auf ein wichtiges Beispiel fuumlr die bdquoVer-teilung (Dispersion) des Religioumlsen in unserer Gesellschaft - und damit zu-gleich auch fuumlr die Ausbreitung esoteri-scher Vorstellungen - kann hier nur in Kuumlrze hingewiesen werden den Ge-sundheitssektor Bernhard Grom er-schien es juumlngst als wuumlrde sich bdquodie Eso-terik- und Alternativkonjunktur der 80er

Jahre seit einiger Zeit in einer Gesund-heitswelle fortsetzen (1998 S 413) bdquoGesundheit wird zu einem neuen bdquoHoumlchstwert - vor dem Hintergrund einer bdquoLeistungs- und bdquoErlebnisgesell-schaft die die jederzeitige bdquoFitness und das Wohlbefinden ihrer Mitglieder fordert Es scheint als ob die Konjunktur esoterischer Heilungsangebote vor allem vor dem Hintergrund dieser gesellschaft-lichen Tendenzen zu deuten ist und bis auf weiteres die bdquoEsoterik-Welle in be-sonderer Weise praumlgen wird Und hier spielen neben alternativen Entspan-nungs- Ernaumlhrungs- und Bewegungs-methoden (Yoga Demeter-Kost Kinesio-logie ua) vor allem esoterisch gepraumlgte Glaubensvorstellungen - insbesondere der Glaube an eine jederzeit verfuumlgbare bdquouniverselle Heilkraft oder bdquoLebens-kraft - eine Rolle Sogar das Parfuumlm von Paco Rabanne heiszligt nicht zufaumlllig bdquoenergy (FAZ-Magazin Nr 942 20 3 1998) Der Versuch der Heilung konkre-ter Krankheitssymptome und der An-spruch damit zugleich das bdquoesoterische Ur-Wissen von der Verwirklichung des ewigen Heils des Menschen verfuumlgbar zu haben gehen hier vor dem Hinter-grund der bdquoDispersion religioumlser Erwar-tungen auf bdquofreie esoterische Heilungs-angebote und Anbieter eine weder christlich noch fachlich-medizinisch vertretbare Einheit ein Von diesem und vielen anderen Gesichtspunkten aus regt sich daher immer haumlufiger Kritik an der heutigen Esoterik sowohl von kirchlich-theologischer als auch wissenschaftli-cher als auch politischer Seite

Esoterische Religiositaumlt auf dem Pruumlf-stand

Wie sollen Kirche und Gesellschaft rea-gieren angesichts dieses Befunds neuer esoterischer Religiositaumlt

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Ein wirklicher Dialog ist wohl nur mit wenigen Gruppen aus dem Bereich der bdquoSystem-Esoterik moumlglich (vgl zB M D 1997 S 91 ff zur Anthroposophie) Man kann die theologische Auseinanderset-zung mit den verschiedenen Erschei-nungsformen heutiger Esoterik an den genannten drei Hauptinhalten moderner Esoterik (so S 264) orientieren - Dem Monismus der Esoterik gegen-uumlber waumlre der biblische Schoumlpfungsglau-be eine geeignete Basis fuumlr die Kritik - Dem paumldagogischen Evolutionismus der Esoterik ihrem Angebot der Schaf-fung immer neuer bdquoDo-it-yourself-Para-diese auf Erden gegenuumlber waumlre mit der reformatorischen Rechtfertigungslehre zu argumentieren daszlig das Heil des Menschen nicht bdquomachbar ist sondern reines Geschenk Gottes - Und der gnostischen Erloumlsungslehre der Esoterik mit ihrer bdquoSelbstverwirkli-chungs-Eschatologie von der Realisie-rung des bdquogoumlttlichen Selbst im Men-schen waumlre die christliche Eschatologie entgegenzustellen wonach das Reich Gottes seit Jesus von Nazareth zwar bdquoun-ter uns ist aber sein endguumlltiges Kom-men noch aussteht solange der Mensch in der Suumlnde verharrt sein endguumlltiges Kommen Gnade ist (Mt 2534) Diese theologischen Punkte betreffen im wesentlichen die kirchliche Auseinan-dersetzung mit der bdquoSystem-Esoterik der organisierten Weltanschauungsgruppen Die gesellschaftliche Auseinanderset-zung (su) hat es daruumlberhinaus vor al-lem mit bestimmten Auswuumlchsen des bdquoEsoterik-Marktes und der Dispersion des Religioumlsen zu tun

Schoumlpfungsglaube versus Monismus

Der Monismus der modernen Esoterik seine Anschauung von einer bdquokosmi-schen Lebenskraft die alles durchflutet

kann die Kirche an vergessene Wahrhei-ten und Schaumltze ihrer eigenen Tradition erinnern Oft hat ein theologischer Intel-lektualismus vergessen- Der Mensch lebt in natuumlrlichen kosmischen Bezuumlgen ist Teil einer natuumlrlichen Ordnung bdquoAlle Krankheit sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoentspringt einer vierfachen Entfrem-dung von Gott vom Du von der Mutter Erde und von sich selbst Heilung und Heil sind nur zu erlangen wenn der Mensch in allen vier Lebensbezuumlgen umgewandelt wird und sich wandelt -in seinem religioumlsen Verhaumlltnis zu Gott in seiner sozialen Beziehung zu seinen Mitmenschen in seinen natuumlrlichen Be-zuumlgen zum Kosmos und in seinen indivi-duellen Bezuumlgen zu sich selbst Dh wenn sich der Mensch bdquoganzheitlich in der Konkretheit von Leib Seele und Geist begreift Eine Schluumlsselrolle spielt dabei der religioumlse Bezug zu Gott Der Christ weiszlig Der Mensch verdankt sich nicht einer unpersoumlnlichen Kraft im Kos-mos sondern bdquoschlechthin abhaumlngig weiszlig er sich nur von einem persoumln-lichen Du das ihn gewollt hat Das meint der Glaube an den bdquoSchoumlpfer und an die Welt als Gottes bdquoSchoumlpfung Darum kann der Christ Gott Gott und die Welt Welt sein lassen Im Monismus der Esoterik wird der Ur-sprung der Schoumlpfer des kosmischen Le-bensstroms der Leben uumlberhaupt erst er-moumlglicht weitgehend ausgeblendet Und damit haumlngt es zusammen daszlig der Mensch seine Endlichkeit und Ge-schoumlpft ichkeit nicht aushalten und des-halb zu Totalkonzepten von Selbst-Erlouml-sung und bdquoGanzheitlichkeit in einem fragwuumlrdigen Sinn seine Zuflucht neh-men muszlig Das ist besonders im Sektor esoterischer Heiler und Heilungsange-bote zu erkennen Eines der zur Zeit verbreitetsten Esoterik-Buumlcher mit dem Titel bdquoDie Fuumlnf Tibe-

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ter seit Monaten auf den Bestseller-Listen ganz oben verheiszligt dem Men-schen durch simple Yoga-Uumlbungen nicht nur groumlszligere Fitness sondern so etwas wie die Erlangung bdquoewiger Jugend -also letztlich einen alles Irdische soweit bekannt transzendierenden Heilszu-stand (vgl dazu Kakuska 1997) Es gibt auf dem bdquoEsoterik-Markt regelrechte bdquoUnsterblichkeits-Trainings in denen den Teilnehmern (gegen gutes Geld natuumlrlich) nicht nur eingeredet wird daszlig sie gar nicht sterben koumlnnten weil sie selbst bdquogoumlttl ich seien sondern daszlig es sogar die Moumlglichkeit gebe bdquoauf ewig im Koumlrper zu bleiben (vgl M D 1992 S 188 ff) Dh Auch auszligermedizinische zB re-ligioumlse Sachverhalte werden im Rah-men esoterischer Totalkonzepte von bdquoGanzheitlichkeit freigegeben fuumlr den Heiler oder - oft nur selbsternannten -Therapeuten Von der bdquoKrake Sciento-logy soll hier gar nicht weiter die Rede sein Sie ist ja in gewisser Hinsicht nur eine versektete durch ihr Geschaumlftsge-baren besonders bdquoauffaumlllige Form sol-cher bdquoEinfachst- oder bdquoPrimitiv-Esote-rik wie den bdquoFuumlnf Tibetern die dem bdquoKlienten am Ende nicht nur Gesund-heit und Heilung (den Clear-Zustand) sondern auch noch uumlber-menschliche Faumlhigkeiten (den bdquoOperating-Thetan-Zu-stand) verspricht - mit bdquoArbeitsvertrauml-gen uumlber Jahrmillionen die unsere irdi-sche Existenz in unbekannte Dimensio-nen uumlbersteigen Damit kommt bereits der zweite fuumlr die theologische Auseinandersetzung mit der Esoterik wichtige Punkt in den Blick - ein bdquomagisches Machbarkeitsdenken durch das die neue esoterische Religio-sitaumlt dem modernen Rationalismus und der Welt der technischen Lebensbewaumll-tigung naumlher steht als sie meist glauben machen wi l l

Rechtfertigungslehre versus paumldagogi-scher Evolutionismus

Moderne Esoterik und Okkultismus sind Kinder des 19 Jahrhunderts als der Ent-wicklungsgedanke und darauf aufbau-ende Fortschritts-Utopien aufzubluumlhen begannen Keine der heutigen Esoterik-und Okkultbewegungen ist aumllter als 150 Jahre Es gibt sie immer noch die bdquomo-dernen Selbstverwirklichungs-Eschatolo-gien und bdquoDo-it-yourself-Paradiese deren Zusammenbruch mancher Theo-loge zu erkennen meint - naumlmlich vor allem in Gestalt heutiger bdquoEsoterik Eine Erklaumlrung warum sich viele Menschen heute gerade zu dieser esoterischen Re-ligiositaumlt hingezogen fuumlhlen duumlrfte in deren Nauml7e zum modernen Wissen-schafts- und Technikglauben zum Glau-ben an die bdquoMachbarkeit aller Dinge liegen Die moderne esoterische Reli-giositaumlt beansprucht zu wissen und nicht mehr bloszlig zu glauben und sie moumlchte moumlglichst kurzfristige bdquoErfahrungen und bdquoBeweise der bdquoErloumlstheit des Men-schen - Der Geistheiler weiszlig wie die Heil-kraft oder bdquoLebenskraft aus dem Kos-mos manipuliert wird (Daskalos) - Kuumlbler-Ross weiszlig daszlig es ein Leben nach dem Tod gibt sie vertraut nicht nur darauf - Der Spiritist legt bdquoBeweise vor fuumlr ein Uumlberleben des Todes Die bdquoGeister re-den in den spiritistischen Sitzungen und damit seien bdquoBeweise erbracht daszlig der Mensch auf einer geistigen Ebene wei-terexistiert - Die Anthroposophie versteht sich ebenfalls nicht als Glaube oder bdquoReli-gion sondern ausdruumlcklich als bdquoGe-heim- oder bdquoGeistes- Wissenschaft weil Rudolf Steiner ein bdquoWissen eine bdquoErkenntnis uumlber die bdquogeistige Welt ge-bracht habe

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Das biblische Verstaumlndnis des Glaubens als bdquoNicht sehen und doch Gott ver-trauen ist der Esoterik zutiefst fremd Man laumlszligt nur angeblich Beweisbares und rational Einsehbares als Lehre gel-ten Dementsprechend wird auch das Beten umfunktioniert zu einer Art bdquosaumlkularer Magie oder Heilstechnologie bdquoMi t meinen Gebeten kann ich jeden aus der Firma entfernen mit diesen Worten wurde einmal im bdquoSpiegel eine Anhaumln-gerin der theosophischen bdquoI AM-Bewe-gung zitiert die von einem millionen-schweren Schokoladenfabrikanten in der Schweiz geheiratet worden war Nach dem Philosophen Peter Sloterdijk steht das bdquogeheime Wissen der Esoterik dem mit moderner Technik oft verbun-denen Macht- und Erloumlsungsstreben des Menschen naumlher als es auf den ersten Blick scheint Wenn schon bdquoWissen Macht ist dann erscheint bdquomagisches Wissen als absolute Macht (vgl FAZ-Magazin Nr 836 8 3 1996) Waumlhrend christliche Religion den Men-schen zu seiner Erloumlsung grundlegend als der Gnade Gottes beduumlrftig versteht ist die esoterische Religiositaumlt vor allem eine Angelegenheit des Humanum des Menschen dem es um die Steigerung menschlicher (Erfahrungs-)Moumlglichkei-ten geht der seine Nichtigkeit erfaumlhrt aber sich selbst das houmlchste Wesen bleibt indem er seine tiefe Verlorenheit von sich aus aus eigenen Kraumlften auf dem Weg eines bdquopaumldagogischen Evolu-tionismus uumlberwinden wi l l Diese bdquoneue Religiositaumlt der Esoterik ist weit-hin ein Ruumlckfall in eine dem christlichen Glauben an die Rechtfertigung des Suumln-ders fremde bdquoGesetzlichkeit Das Men-schenbild der Esoterik wird zentral be-stimmt von der Gesetzmaumlszligigkeit von Karma und Reinkarnation Nach diesem strengen Gesetz muszlig der Mensch immer

wieder in diese bdquoSchule des Lebens zuruumlck bis er selbst seine Schwaumlchen ausgeglichen und sich selbst vervoll-kommnet hat Letztlich ist die Rein-karnations- und Karma-Lehre der gefaumlhr-liche Versuch die bdquoletzten Fragen des Lebens vor allem die Heilsfrage auf der Basis des Leistungsgedankens zu beant-worten Gegen oft hohe Gebuumlhren ver-suchen Esoterik-Anbieter vor diesem Hintergrund dem Menschen zu zeigen wie er sich selbst schneller zum Geistig-Goumlttlichen bdquoentwickeln koumlnne

Christliche Hoffnung versus Selbstverwirklichungs-Eschatologie

Die bdquoFreiheit des Christenmenschen kann solchen esoterischen Vorstellungen gegenuumlber nur gewahrt werden wenn deutlich hervorgehoben wird daszlig im christlichen Glauben die Frage der Erlouml-sung von der Frage der natuumlrlichen oder geistigen Entwicklung bdquoabgekoppelt ist daszlig die Geschichte kein bdquoFortschritt ist der unmittelbar im Erloumlsungszustand en-det bdquoDas Evangelium ist erst das Mor-genrot der Welterloumlsung sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoChristliche Froumlmmigkeit ist beziehungsorientiert Sie versteht sich im Gegenuumlber zu Gott zu Christus Eso-terische Spiritualitaumlt scheint demgegen-uumlber entwicklungsorientiert Sie ist an-thropozentrisch und in der Gefahr sich uumlber die Grenzen des Menschen illusio-nistisch zu erheben oder einem unguten Leistungsdruck zu verfallen so charak-terisierte Michael Nuumlchtern kuumlrzlich die Diskrepanz zwischen christlichem Glau-ben und esoterischer Selbstverwirkli-chungs-Eschatologie (Interview in bdquoidea 1 7 1998 S V) Dies scheint heute allerdings am schwersten zu vermitteln zu sein Daszlig der bdquoWeg des Glaubens keine progres-sive Entwicklung ist Der Christ steht im-

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mer wieder am Anfang und ist taumlglich neu angewiesen auf Gottes hilfreiche Gnade Ein wirkliches Fortschreiten im Blick auf unser Heil gibt es nicht von uns her sondern allein durch Gottes Zu-wendung zu uns vom Kommen des Rei-ches Gottes zu uns her (Mt 2534) Die christliche Hoffnung haumllt es also weniger mit Lessings bdquoErziehung des Menschen-geschlechts als mit Houmllderlin der ein-mal dichtete bdquoWas hier wir sind kann dort ein Gott ergaumlnzen mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden (A Kouml-berle in bdquoDas geheimnisvolle Reich der Seele Freiburg 1984 S 19) Mit A Resch kann man daher durchaus bezweifeln ob es sich bei der neuarti-gen bdquoReligiositaumlt der Esoterik uumlberhaupt noch um eine religioumlse Haltung im eigentlichen Sinn handelt Esoterik stellt als bdquoGeheimwissenschaft seit Helena Blavatsky nicht nur eine Alternative zur herkoumlmmlichen Wissenschaft sondern auch zur Religion dar Viele Fragen wer-den uumlberhaupt ausgeklammert aus dem Bereich der Religion was dem Streben des modernen Menschen nach Erkennt-nis entgegenkommt So ist die Frage der Wiedergeburt (Reinkarnation) fuumlr den Esoteriker eigentlich keine Frage der Re-ligion sondern des Wissens Die Wie-dergeburt gilt nicht als Glaubensfrage sondern als Tatsache Kennzeichen der Esoterik ist nach Resch (1994 S 75f) ihr Immanentismus dh bdquodie Deutung von Welt Leben und Religion mit natur-immanenten Kraumlften unter Verzicht auf die Transzendenz Damit nimmt Esoterik nach Resch bdquoimmer mehr die Form einer alternativen Lebensgestal-tung zu Wissenschaft und Religion vor allem zum Christentum ein zumal der Stellenwert der Person durch die kosmi-sche Einheit und den Kreislauf der Dinge voumlllig relativiert wird Der Wert der Per-son ist nur zeitlich gegeben und hat

keine transzendente Bedeutung mehr Das Ich ist im All verklungen Auch J Sudbracks Kritik an der Esoterik setzt an diesem zentralen Punkt der Unverfuumlgbarkeit des bdquo D u Gottes und der Freiheit der Person an wonach die fuumlr echte Religion konstitutive bdquoBegeg-nung mit Gott als freiem personalem Gegenuumlber die bdquoEhrfurcht vor dem Groumlszligeren durch den Versuch der Eso-terik miszligachtet wird bdquodas Ganze der Welt in den intellektuellen Griff (zu) bekommen So uumlberrasche es nicht bdquodaszlig im esoterischen Zugriff auf die Wirklichkeit all die Werte Freiheit Liebe Du Personsein Einmaligkeit usw ins Abseits geraten Sie naumlmlich gruumlnden in der Qualitaumlt des gegen-uumlber die auch von der intellektuellen Esoterik in die Immanenz des Selbst auf-geloumlst wird (997 S 333) Solche bdquoVerendlichungen bei an-spruchsvolleren Vertretern der Esoterik sind erst recht fuumlr den bdquoEsoterik-Markt typisch Aus religionswissenschaftlicher Perspektive fragt daher auch H Zinser bdquoob dies noch Religion sei was von der esoterischen bdquoPublikums- und bdquoKlien-tenreligion auf dem bdquoMarkt verhandelt wird bdquooder ob der Markt mit seinen Ver-dinglichungen und Verendlichungen das von der Religion gemeinte Absolute auf-loumlst (1997 S 31)

Eine Ideologie neuer sozialer Ungleich-heit

Uumlber die religioumls-weltanschauliche Di-mension hinaus haben viele esoterische Angebote eine gesellschaftspolitische Dimension die in juumlngster Zeit immer mehr auf Kritik stieszlig Esoterik - nicht nur in ihren banalen Auspraumlgungen - wird vorgeworfen ausbeuterische Systeme zu rechtfertigen rassistischen Vorurteilen nicht konsequent und eindeutig ent-

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gegenzutreten (vgl die in MD 1998 S 146 ff u 21 Off dokumentierten Dis-kussionen um Steiner und Hockemeyer) oder zu einer Ideologie sozialer Un-gleichheit zu verkommen Richard Schroumlder sprach im bdquoSpiegel (Nr 52 1997) diesbezuumlglich geradezu von einer bdquoasozialen Religiositaumlt die sich hier ausbreite Die nichtinstitutionalisierte frei flottierende Religiositaumlt des Esoterik-Marktes steht so Schroumlder bdquo in der Ge-fahr die Gesellschaft zu entkultivieren naumlmlich als bdquoasoziale Religiositaumlt der ruumlcksichtslosen Erlebnissteigerung die ein Goumlttliches im Ich sucht und sich aus-leben moumlchte Demgegenuumlber sei bdquokul-tivierte Religiositaumlt immer bdquogemeinsam verantwortet Hier ist die Esoterik gefragt vor allem ihr Menschenbild kritisch zu reflektieren das auf dem angeblichen bdquoGesetz von Karma und Reinkarnation als bdquogeistigem Entwicklungsgesetz der Menschheit be-ruht Es waumlre zu kurzschluumlssig gedacht etwa aus der hohen Arbeitslosigkeit auf einen Bedeutungsverlust der Esoterik zu schlieszligen weil die teuren Esoterik-An-gebote fuumlr immer mehr Menschen uner-schwinglich werden Denn neben dem Heer von Arbeitslosen und Geringver-dienenden kann sehr wohl eine bdquoEsote-rik-Kultur fuumlr beguumlterte Schichten ge-deihen aus deren esoterischer Sicht die Armen ja ohnehin nur ihr bdquoschlechtes Karma aus Vor-Existenzen abarbeiten Im Zeitalter der bdquoGlobalisierung des Ka-pitalismus koumlnnte das esoterische Men-schenbild auf diese Weise zur Ideologie neuer sozialer Ungleichheit reuumlssieren wenn sich seine Vertreter nicht selbst kritisch von solchen Gefahren distan-zieren Ein gesellschaftspolitisch inzwischen ebenfalls erkanntes und heftig diskutier-tes Problem betrifft vor allem esoterische Heilungsangebote auf dem bdquofreien

Markt Mit ihren Verheiszligungen einer bdquototalitaumlren Ganzheitlichkeit die einen Totalanspruch auf die Regulierung aller Lebensbereiche eines Betroffenen durch esoterische Praktiken erhebt koumlnnen Manipulationsmoumlglichkeiten Tuumlr und Tor geoumlffnet werden Was not tut im Blick auf oft skrupellos vorgehende eso-terische Anbieter ist daher eine Art bdquoVer-braucher-Schutz oder wenigstens eine verstaumlrkte bdquoVerbraucher-Beratung im Blick auf die von Esoterikern angebote-nen bdquoDienstleistungen (su S 283) In dieser Hinsicht hat sich auch die En-quete-Kommission bdquoSog Sekten und Psychogruppen des Deutschen Bundes-tages dafuumlr eingesetzt daszlig in der naumlch-sten Legislaturperiode ein Gesetz zur gewerblichen Lebensbewaumlltigungshilfe verabschiedet wird

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Klaus Fleckner Wuppertal

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

In letzter Zeit erreichen uns haumlufig Anfragen wegen der Aktivitaumlten einer bdquoBruder-schaft der Menschheit einer bdquoUniversalen Kirche oder eines bdquoFundaments fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen Hinter diesen verschiedenen Namen verbirgt sich ein und dieselbe esoterisch-theosophische Aktivitaumlt die eine Fortbildung der auf Helena Blavatsky zuruumlckgehenden modernen Theosophie darstellt (vgl MD 1992 S 245 ff) Pfarrer Klaus Fleckner hat uns folgende lebendige Schilderung vom Be-such eines Seminars dieser Organisation im letzten Jahr uumlbersandt

1 Der Ort und die Gruppe

Das bdquoLindner Golfhotel Juliana ein am Stadtrand von Wuppertal gelegenes Ob-jekt der 4-Sterne-Kategorie bietet neben seinem weitlaumlufigen Golfgelaumlnde auf dem schon Franz Beckenbauer seinen Golfschlaumlger schwang ein gediegenes Interieur mit mehr als nur einem Hauch von Luxus und gehobenem Komfort Eine Gruppe von Leuten zwischen 30

und 50 gut gekleidet im Geschmacks-spektrum von Edelflipp bis laumlssig-schick wartete im Stehen vor dem Flur zum Konferenzraum uumlber dessen Tuumlr endlos der Name des Mieters voruumlberzog bdquoFUNDAMENT FUumlR HOumlHERES GEISTI-GES LERNEN - eine wohlklingende Er-gaumlnzung zu den diversen anderen Schu-lungskursen und Konferenzen im Haus mit topgestylten Managertypen im Na-delstreifenanzug und sonnenbankge-

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braumlunten Schoumlnen wie von der Titelseite einer Modezeitschrift entsprungen Neu-ankoumlmmlinge ob Mann ob Frau wur-den von den Umstehenden mit Umar-mung und Kuumlszligchen empfangen Unge-faumlhr zwei Drittel der 25 Teilnehmer wa-ren Frauen bis auf zwei oder drei Paare schienen alle anderen ohne Partnerin angereist zu sein Wie beilaumlufige Fragen ergaben waren Lehrerinnen anwesend eine Psychologin eine fruumlhere kirchli-che Mitarbeiterin ein Steuerberater eine Krankenschwester eine Erzieherin Her-kunftsorte waren Staumldte der Wuppertaler Umgebung Duumlsseldorf Koumlln Herdecke usw Die Teilnahmegebuumlhr galt es gleich zu Beginn zu entrichten 220- DM -ohne Getraumlnke Verpflegung oder Uumlber-nachtung Nach 15 Minuten endete die Wartezeit der Konferenzraum wurde freigegeben und der Eindruck nun unmittelbar vor der Bescherung zu stehen bewahrhei-tete sich als haumltten unsichtbare Helfer ein esoterisches Weihnachtszimmer de-koriert Der Raum war reich ge-schmuumlckt Auf jedem Dreiertisch an den Seiten standen zwei kleine Blumenva-sen Doch die Aufmerksamkeit wurde automatisch nach vorne gelenkt Dort erstrahlte auf der linken Seite ein i l lumi-niertes farbiges Gemaumllde auf dem in Lichtschleier gehuumlllt drei Gestalten sichtbar waren die auseinander hervor-traten - es dominierte ein aufrechtste-hendes houmlheres Wesen mit einer Strah-lenkrone auf dem Kopf das in den Raum hineinzublicken schien waumlhrend sich ein zweites eine weibliche Gestalt zu ihm emporreckte und ein drittes ganz in dunklen Farben gehalten zur Erde hinuntergebeugt blieb Sie schienen auf einer Treppe zu sitzen Vor dem Bild stand ein Strauszlig roter gelber und blauer Blumen in einer Vase daneben ein Leuchter mit drei Kerzen in denselben

Farben - das ganze Ensemble auf meh-reren Lagen goldfarbenen Stoffs Vorne rechts neben einem Rednerpult und einer Tafel stand ein Tisch der mit bun-tem Spielzeug und anderen farbenfro-hen Dingen gefuumlllt war - bei naumlherem Hinsehen entdeckte ich farbige Tisch-tennisbaumllle Spieluhren Kreisel Spiel-zeugfiguren alte Spielzeugautos eine Kinderpistole einen kleinen Hai in ei-nem Glaszylinder in einer Fluumlssigkeit konserviert und mancherlei anderen Nippes von allenfalls Sammlerwert Am hinteren Ende des Raumes saszlig ein Mann an einem Mischpult mit Platten-spieler und Lautsprechern Anscheinend war es freigestellt wo man sich hinset-zen wollte doch das galt nicht fuumlr die vorderen beiden Reihen in denen schon Namensschilder standen Ich setzte mich in die dritte Reihe und wartete ab

2 Der bdquoMeisterreferent

Nach dem Verklingen einer pathetischen Musik-Ouvertuumlre stellte sich ein mittel-groszliger Mann ans Rednerpult der vorher etwas schwerfaumlllig nach vorne gegangen war und wies darauf hin daszlig er bdquoGun-dolf genannt werden wolle denn in dieser Arbeit tue sein Nachname nichts zur Sache Sein Vorname habe ihm zwar fruumlher uumlberhaupt nicht gefallen jetzt aber um so mehr und das nicht nur weil er so selten sei (Ich konnte mich nicht enthalten ihn mit bdquoGandalf aus dem Fantasy-Roman bdquoDer Herr der Ringe zu assoziieren und uns als eine Schar Hob-bits auf der Suche nach dem magischen Ring) Gundolf schrieb seinen Nachna-men aber trotzdem in etwas kleinerer Schrift mit an die Tafel und fuumlgte hinzu da er uns nicht beherrschen wolle habe er es nicht noumltig mit Musikbegleitung anzutreten - deshalb habe er sich erst an uns gewandt nachdem sie verklun-

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gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 7: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

auch als bdquoneue Religiositaumlt bezeichnet Nach den amerikanischen Religionsso-ziologen Stark und Bainbridge (S 26ff) kann man drei charakteristische Erschei-nungsformen - genauer- drei Stufen der Organisiertheit - bdquoneuer Religiositaumlt in der Gesellschaft unterscheiden was ins-besondere auch auf die Esoterik zutrifft naumlmlich als bdquoaudience cult als bdquodient cult und als bdquocult movement was man etwa mit bdquoPublikum bdquoKundschaft und bdquoneue religioumlse Bewegung wiedergeben koumlnnte Dazu einige Beispiele bull Ein typisches Beispiel fuumlr die Katego-rie des bdquoPublikums-Kults ist das als bdquoEsoterik-Unterhaltungsspiel zur TIME-LIFE-Buchreihe bdquoDie Geheimnisse des Unbekannten konzipierte Spiel bdquoMysti-sche Reise zur 6 Dimension Das ist ein Gesellschaftsspiel durch das man ei-nen betraumlchtlichen Teil des esoterischen Weltbilds kennenlernen kann und sozu-sagen spielerisch in die Esoterik einge-weiht selbst zum bdquoMagier wird Statt also wie beim bdquoMonopoly moumlglichst schnell reich zu werden hat derjenige gewonnen der zuerst bdquodie (geistige) Ver-vollkommnung erreicht Wer dieses Spiel spielt reiht sich in die zahlen-maumlszligig wohl umfassendste Erscheinungs-form heutiger Esoterik ein - das was Stark und Bainbridge einen bdquoaudience cult nennen ein riesiges bdquoPublikum von Konsumenten die die gleichen Buumlcher lesen die gleichen Fernsehsen-dungen und Videos betrachten und die gleichen Fantasy-Spiele spielen Bern-hard Grom bezeichnet diese Erschei-nungsform heutiger Esoterik auch als bdquoGebrauchs-Esoterik (1986) bull Mit einer weiteren Dimension heuti-ger Esoterik bekommt man es zu tun wenn man seine eigenen bdquovier Waumlnde verlaumlszligt und sich in einem esoterischen bdquoWorkshop anmeldet oder von einem Reinkarnationstherapeuten wie Thor-

wald Dethlefsen beraten dh in fruumlhere Erdenleben bdquozuruumlckfuumlhren laumlszligt Da dies alles viel Geld kostet kommt ein Kund-schaftsverhaumlltnis zu dem Veranstalter ein bdquod ient cult zustande und so kann man sich diesen Bereich esoterischer Angebote als einen riesigen bdquoMarkt des Uumlbersinnlichen vorstellen Sog bdquoEsote-rik-Messen mit vielen hundert Besu-chern werden seit Jahren in unseren Groszligstaumldten veranstaltet - Auf der Esoterik-Messe bdquoAura anlaumlszlig-lich der bdquoBasler Psi Tage 1997 auf dem Basler Messegelaumlnde wurde zB ein breites Angebot an exotischen bdquoGesund-heitsprodukten vorgestellt - von in-dianischen Edelsteinen uumlber Pyramiden aus Draht Blech oder Holz (64- bis 380- sfr) bis zu Auraschutzmedaillons (168- sfr) oder Amuletten aus bdquoFeng Shui Energie (in Gold 300- sfr) Ein fuumlr 170- sfr angebotenes bdquoKinesiometer soll mit Hilfe von bdquoarchetypischen Ur-informationen in den Zellen aus terre-strischen und kosmischen Energien an-zeigen ob ein Nahrungsmittel oder ein Gedanke gut oder schlecht auf den Be-nutzer wirkt - Wahrsager Kartenleger und bdquoAura-Vi-sionsberater boten in kleinen Kabinen ihre bdquoKuumlnste fuumlr bis zu 300- sfr an - Aber auch Sekten und religioumlse Kulte traten hier in Erscheinung Auf dem Stand der bdquoSahaja Yoga -Gruppe wurde unentwegt vor dem Bild Shri Mataji Nir-mala Devis zwecks Weckung der bdquoKun-dali ni-Energie meditiert Hare-Krishna-Anhaumlnger verabreichten dem flanieren-den Messe-Publikum vegetarische Kost Der Bruno-Groumlning-Freundeskreis warb fuumlr den beruumlhmten bdquoWunderheiler und Anhaumlnger des bdquoMetharia-Vereins aus Eckernfoumlrde versprachen Kontakte zu bdquoauszligerirdischen Santinern bull Waumlhrend es beim bdquoEsoterik-Publi-kum und bei der bdquoEsoterik-Klientel we-

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der eine feste Mitgliedschaft noch eine dauerhafte Festlegung auf ein definiertes Glaubenssystem oder eine religioumlse Fuumlh-rergestalt gibt ist dies bei den organi-sierten Weltanschauungsgemeinschaften der Fall Neben den verschiedenen Ab-spaltungen von der bdquoTheosophischen Gesellschaft Helena Blavatskys aus der 1913 auch Rudolf Steiners bdquoAnthroposo-phie hervorging sind bei uns vor allem spiritistische und sog Neuoffenbarungs-gruppen aktiv in denen bdquoMedien oder bdquoSprechwerkzeuge Gottes Kundgaben geistiger Wesenheiten aus dem Jenseits aber auch von bdquoGott-Vater oder bdquoJesus Christus an ihre Anhaumlnger weitergeben In Brasilien und anderen Laumlndern der bdquoDritten Welt umfassen solche esoteri-sche bdquoneue Religionen oft Gemein-schaften mit vielen Millionen Mitglie-dern Da diese bdquocult movements Heils-Versprechungen in Form eines umfassen-den esoterischen bdquoWissens bdquoGnosis und bdquoSinnorientierung durch zT ge-waltige Gedankensysteme bieten spricht man hier auch von bdquoSystem-Esoterik Man hat es wenn man diese Erschei-nungsformen heutiger Esoterik zusam-menfassend uumlberblickt also mit zwei verschiedenen Ebenen zu tun - der Ebene des sog bdquoEsoterik-Marktes mit einer unuumlberschaubaren Zahl von Anbietern von Kursen Seminaren Buumlchern und sonstigen Waren (zB Amuletten Kristallen Duftstoffen Flug-reisen usw) - der Ebene der organisierten Weltan-schauungsgruppen Nur im Blick auf die erste Ebene kann man eigentlich von einer bdquoEsoterik-Welle oder einem bdquoEsoterik-Boom sprechen Waumlhrend die zT noch im 19 Jahrhundert entstandenen organisier-ten Gruppen nur ein relativ geringes Wachstum oder Stagnation verzeichnen ergibt sich die Dynamik des bdquoEsoterik-

Booms vor allem aus den freien esoteri-schen Angeboten Dies haumlngt mit bestimmten Entwicklun-gen in unserer Gesellschaft zusammen Im Unterschied zur Tradition der Esote-rik selbst und ihren antiken und mittelal-terlichen Wurzeln in Gnosis Hermetik und Kabbala ist der heutige bdquoEsoterik-Boom ein Phaumlnomen des saumlkularen Zeitgeistes Deshalb zeigt sich in der sog bdquoEsoterik-Welle die moderne Eso-terik vorwiegend von ihrer banalen Seite - zum Entsetzen vieler Esoteriker die sich deshalb uumlber ihre fragwuumlrdige Po-pularisierung nicht so ungeteilt freuen koumlnnen

Der bdquoesoterische Ansatz

Dabei koumlnnen sie sich auf einen durch-aus respektablen religioumls-weltanschauli-chen Ansatz beziehen wie er vor allem den Lehren und Praktiken vieler organi-sierter Weltanschauungsgruppen der Esoterik zugrundeliegt und zT in bana-lisierter Form in den bdquoVersatzstuumlcken der kommerziellen Anbieter wieder-kehrt Esoterik - das ist doch die Weltreligion der Zukunft meinte eine Dame waumlhrend eines Gespraumlchsabends mit kirchlichen Mitarbeiterinnen in einer Berliner Kir-chengemeinde Abgesehen von dem da-mit verbundenen Versuch sich mit die-sem Bekenntnis gegenuumlber jeder Kritik zu immunisieren steckt hinter dieser Meinung der richtige Eindruck daszlig die moderne Esoterik seit Helena Blavatsky eine Art bdquointerreligioumlse Bewegung zur Vereinheitlichung der Menschheit und der Religionen ist wie es die bdquoTheoso-phische Gesellschaft in ihren Zielen ausdruumlcklich formuliert (Bildung einer bdquouniversellen Bruderschaft der Mensch-heit) Hinter dem Interesse an den nicht banalisierten Erscheinungsformen der

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Esoterik scheint bei vielen Menschen vor allem das Beduumlrfnis nach Bewaumlltigung des religioumlsen Pluralismus und anderen Globalisierungsphaumlnomenen unserer Zeit zu stehen Der einzelne sieht sich einer Religionsvielfalt gegenuumlber aus der er auswaumlhlen muszlig (P L Berger) Die un-uumlberschaubare Vielfalt der Weltanschau-ungen tritt aber dabei in eine Spannung zu dem spirituellen Beduumlrfnis nach Ver-einheitlichung und Harmonie Von dieser Sehnsucht vieler Menschen profitiert heute die Esoterik Vor allem die bdquoSystem-Esoterik verschiedener Grup-pen wie der Anthroposophie oder ein-zelner Autoren wie Dethlefsen oder Dahlke ist gegenwaumlrtig einer der in der Oumlffentlichkeit bis ins bdquoBildungsbuumlrger-tum hinein einfluszligreichsten Versuche einer Bewaumlltigung des religioumlsen Plura-lismus durch eine religioumls-weltanschau-liche Vereinheitlichung - darin mit dem Fundamentalismus als Versuch einer bdquoverbindlichen Loumlsung aller gesell-schaftlichen Fragen von einem religiouml-sen Fundament aus durchaus konkurrie-rend Auch esoterische Gruppen koumlnnen den einzelnen trotz aller bdquoDogmenkri-tik ebenso mit Vorschriften hinsichtlich seiner Lebensfuumlhrung vereinnahmen vom Fernseh-Verbot bis zum Vegetarismus oder bdquolichtdurchlaumlssiger Kleidung Vertreter der bdquoneuen esoterischen Reli-giositaumlt bekraumlftigen dabei immer wie-der es sei eigentlich nicht so wichtig wo einer den bdquospirituellen Weg betritt denn alle Religionen und Traditionen seien recht verstanden nur Ausdruck der einen allumfassenden Wahrheit- in jeder von ihnen sei der bdquowahre Kern der esoterischen Weisheit enthalten Man kann dies als den bdquoesoterischen An-satz bezeichnen denn eben diese Sichtweise ist der Kern und das innerste Motiv der modernen Esoterik seit der Gruumlndung der bdquoTheosophischen Gesell-

schaft 1875 als einer Art bdquointerreligioumlser Bewegung Er besagt daszlig angeblich al-len Weltreligionen eine gemeinsame aber geheime esoterische bdquoWeisheits-lehre oder bdquoUr-Weisheit zugrunde-liegt Die verschiedenen religioumlsen Tra-ditionen seien nur historisch beschraumlnk-te Auspraumlgungen davon In der heute wohl bei uns verbreitetsten Einfuumlhrung in die Esoterik - Thorwald Dethlefsens Bestseller bdquoSchicksal als Chance - wird die bdquoheilige Lehre der Esoterik in diesem Sinne z B als bdquodas Urwissen zur Vollkommenheit des Men-schen (so der Untertitel) bezeichnet es handele sich um eine Lehre die jenseits aller begrenzten Formen der Religionen die bdquozeitunabhaumlngige der Menschheit jemals zugaumlngliche bdquoSumme des Wis-sens uumlber das Universum darstelle Eso-teriker glauben daszlig diese unspruumlngliche bdquoWeisheitsreligion durch moderne Wis-senschaft und christliche Kirchen ent-stellt oder vergessen wurde aber durch bdquogeheime Uumlberlieferungen und bdquoEinge-weihte die Zeiten uumlberdauern konnte -Gedanken auf denen heute eine un-uumlberschaubar gewordene esoterische bdquoVerschwoumlrungsliteratur aufbaut Aber nicht nur einzelne Autoren auch zahlreiche esoterische Weltanschau-ungsgemeinschaften verfolgen dieses Ziel einer Vereinheitlichung unter esote-rischem Vorzeichen Der Begruumlnder der Anthroposophie Rudolf Steiner meinte zB bdquodaszlig aus der anthroposophischen Stimmung das volle Verstaumlndnis des Wahrheitskerns aller Religionen folgen wi rd (GA 148133) Schon 1904 als Generalsekretaumlr der deutschen Sektion der bdquoTheosophischen Gesellschaft aumluszligerte er in einem Vortrag daszlig bdquodie theosophische Anschauung im Grun-de genommen kein Bekenntnis aus-schlieszligt alle aber einschlieszligt Alle bdquogroszligen Weisheitslehrer so meinte er

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im Sinne dieses esoterischen inklusivi-stischen Synkretismus - bdquoder aumlgyptische Hermes die alten indischen Rishis Za-rathustra die chinesischen Weisheits-lehrer Laotse und Konfuzius die Einge-weihten der alten Juden ferner Pythago-ras und Plato und endlich die Lehrer des Christentums selbst - haumltten die allge-meine esoterische bdquoWeisheitslehre ver-treten Heute sehen besonders New Age-Vertre-ter in der Akzeptanz dieses esoterischen Inklusivismus das Heraufkommen einer groumlszligeren alle Religionen umfassenden bdquoOumlkumene des Wassermann-Zeitalters hinter der die bdquokleine Oumlkumene der Kir-chen hoffnungslos zuruumlckbleibe Im groszligen Stil wurde dieser bdquoesoterische Ansatz erstmals in der 1875 von Helena Blavatsky und anderen gegruumln-deten bdquo Theosophischen Gesellschaft durchgefuumlhrt Die moderne Theosophie beansprucht nach dem deutschen Theo-sophen Hermann Rudolph bdquodas einzig Wesentliche und Gemeinsame aller Re-ligionen zu ihrer Grundlage zu haben bdquoLiebe das goumlttliche Selbst in dir und in allem lautet die Forderung aller wahren Religion Geistig aufgefaszligt sind und wol -len alle Religionen dasselbe Sie ent-springen saumlmtlich einer Quelle (Theo-sophie Bd I Leipzig 21916 S 34f) Bezuumlglich der Inhalte dieser angeblich allen Religionen zugrundeliegenden esoterischen bdquoUr-Weisheit stoumlszligt man in der Literatur im wesentlichen auf drei Grundvora ussetzungen - einen weltanschaulichen Monismus - einen paumldagogischen Evolutionismus und - eine fuumlr die Gnosis typische Erkennt-nis- und Erloumlsungslehre im Sinne von Selbsterkenntnis als bdquoErloumlsung Das monistische Element kommt in der heutigen Esoterik vor allem in der weit verbreiteten Vorstellung zum Ausdruck

daszlig der ganze Kosmos durchstroumlmt ist von einer einheitlichen universellen bdquoLebensenergie die man mit Begriffen aus ganz unterschiedlichen Traditionen bezeichnet wie bdquoPrana bdquoChi bdquoOd-Kraft bdquoHeilkraft oder bdquoBioenergie Der paumldagogische Evolutionismus der modernen Esoterik ist nichts anderes als eine esoterische Umformung des moder-nen Fortschrittsglaubens ein bdquomysti-scher Utopismus wonach durch bdquoErzie-hung allmaumlhlich ein paradiesischer Zu-stand der vollstaumlndigen Vergeistigung al-les Materiellen herstellbar sei Die mei-sten esoterischen Anbieter versprechen dem heutigen Menschen eine Art bdquoEvo-lutionsfoumlrderung durch ihre Schulun-gen und Kurse daszlig sie sich auf dem Wege der Selbsterkenntnis selbst ver-vollkommnen und damit selbst erloumlsen koumlnnen Das ganze Leben in der Welt ist eine bdquoSchule in die wir immer wieder zuruumlck muumlssen mittels Re-Inkarnation bis wir unser bdquoPensum gelernt haben und uns fuumlr das Dasein in houmlheren gei-stigen Sphaumlren qualifiziert haben Aber es gibt auch fruumlhere Menschen die die-sen Weg bereits absolviert haben bdquoEin-geweihte und goumlttliche Wesenheiten von denen die jetzigen Menschen bdquoge-schult werden und an deren Spitze die in der Theosophie als bdquoGroszlige Weiszlige Bruderschaft bezeichnete houmlchste gei-stige Hierarchie unserer Welt steht Die dritte inhaltliche Grundvoraus-setzung der heutigen Esoterik laumluft auf eine esoterische Umformung moder-ner Selbstverwirklichungs-Escha tologien hinaus bdquoErinnere dich daszlig du ein Gott bist In jedem Menschen so die gnosti-sche Grundannahme seit Blavatskys bdquoTheosophie ist ein bdquogeistig-goumlttlicher Funke ja nach Blavatsky ist dieser bdquo in-nere Mensch uumlberhaupt bdquoder einzige Gott von dem wir irgendeine Kenntnis erlangen koumlnnen (bdquoDer Schluumlssel zur

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Theosophie 1889) Die heutige Esote-rik-Literatur ist voll von diesem Gedan-ken und banalisiert ihn schier endlos nach dem Motto der amerikanischen Filmschauspielerin Shirley MacLaine bdquoGott ist in jedem einzelnen von uns Gott traumlgt man in sich Jeder ist sein eigener Guru (vgl MD 1988 S 179)

Esoterik und die bdquoErlebnisgesellschaft

Daszlig solche bdquoWeisheiten heute immer oumlfter von Filmschauspielern Kuumlnstlern oder Sportlern usw verbreitet werden weist auf eine betraumlchtliche bdquoDisper-sion des Religioumlsen in der modernen Gesellschaft hin das laumlngst nicht mehr von den Vertretern der traditionellen religioumlsen Institutionen monopolisiert wird Man hat unsere Gesellschaft auch als moderne bdquoErlebnisgesellschaft cha-rakterisiert (Schulze) denn Umfragen haben ergeben daszlig bei den meisten Menschen der bdquoErlebniswert das ent-scheidende Motiv bei der Wahl einer bestimmten Sache eines Konsumarti-kels einer Fernsehsendung - aber auch beim Treffen von bdquoLebensentscheidun-gen und in bdquoreligioumlsen Fragen ist Auf-grund der bdquoErlebnisorientierung vieler Menschen expandiert der Erlebnis- und Unterhaltungs-Markt immer mehr in Be-reiche die fruumlher bdquoerlebnisneutral wa-ren - wie Arbeit Bildung und Politik Eine Auto- oder Bahnfahrt soll nicht nur schnell voran bringen sondern auch ein bdquoErlebnis sein wie die Werbung ver-heiszligt Auch auf religioumlsem Gebiet waumlhlt der Mensch mehr und mehr das aus was bei ihm - moumlglichst kurzfristig - zu einer in-neren Befriedigung fuumlhrt - und genau auf dieses Beduumlrfnis sind viele esoteri-sche Angebote mit religioumlsem Anspruch zugeschnitten Viele verstehen daher unter bdquoEsoterik heute einfach daszlig jeder

seinen eigenen religioumlsen Weg geht bdquoEsoterik wird damit zur reinen Wort-huumllse fuumlr den eigenen Individualismus der sich nicht kuumlmmert um das was an-dere oder was die Kirche sagt sondern nur noch fragt bdquoWas hilft mirV Man hat dies auch als bdquomoderne Cock-tail- oder Patchwork-Religiositaumlt be-zeichnet Dem flickenteppichhaften An-gebot entspricht auf der Seite der bdquoVer-braucher oder bdquoKonsumenten eine entsprechende Individualisierung ein Subjektivismus und ein Eklektizismus Was zaumlhlt bei der Auswahl ist letztlich der persoumlnliche Geschmack die bdquoeigene Erfahrung oder der bdquoErlebniswert Damit haumlngt auch die Schwierigkeit zu-sammen allgemeinguumlltig zu definieren was heute alles unter bdquoEsoterik verstan-den wird Das Wort wird zum bdquoContai-ner-Begriff zum Inbegriff der weltan-schaulichen Individualisierung und Plu-ralisierung schlechthin oder zum Aus-druck fuumlr den Trend bdquoIch suche mir meine eigene Religion Ein Esoterik-Or-gan brachte dies einmal auf houmlchst be-zeichnende Weise zum Ausdruck bdquoEs ist wunderbar daszlig es endlich wieder die Vielfalt der Moumlglichkeiten gibt Daszlig es christliche Kirchen Zenmeditation Ta-rot Astrologie I-Ging daszlig es Wunder-heiler Geistheiler Heilpraktiker Aumlrzte Psychotherapeuten und alternative The-rapeuten gibt Es ist das Recht jedes Menschen sein Heil auf seine ganz indi-viduelle Art zu suchen und zu finden (vgl MD 1997 S 198)

Esoterik und die Dispersion des Religioumlsen

Daszlig der gesellschaftliche Prozeszlig ziel-strebig auf eine totale bdquoSaumlkularisierung und bdquoReligionslosigkeit zugehe wird -wie bereits oben festgestellt - in dieser Einseitigkeit heute unter Soziologen und

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Theologen kaum noch vertreten Man geht vielmehr von einem Neben- und Ineinander divergierender Tendenzen von Saumlkularisierung und (Re-)Sakralisie-rung bzw (Re-)Mythologisierung aus Gleichzeitig bedeutet diese Entwicklung aber aus der Sicht der traditionellen reli-gioumlsen Institutionen eine bdquoVerduumlnnung und bdquoDispersion (Verteilung) von Reli-gion Damit ist das Entstehen einer bdquoamorphen Weltanschauung gemeint die weder religioumls noch atheistisch im uumlberlieferten Sinn ist eine Art bdquoideologi-scher Nebel (Asendorf) dessen Hinter-grund meist eine diffuse monistische Weltsicht ist Dieser Vorgang scheint sich auch in anderen Gesellschaften zu wiederholen zum Beispiel im postkom-munistischen Ruszligland wo die Zahl der bdquoneureligioumls Glaumlubigen (im Sinne die-ser amorphen religioumlsen Weltsicht) waumlchst Auch bei uns ist bdquoEsoterik haumlu-fig nur der Inbegriff dieses diffusen bdquoreli-gioumlsen Lebensgefuumlhls und sowohl Aus-druck dieser neureligioumlsen Tendenzen als auch ein ihre Ausbreitung mit am staumlrksten foumlrderndes Mittel Der Freiburger Religionssoziologe Mi-chael N Ebertz hat diese Veraumlnderungen auf die Formel von der bdquoDispersion des Religioumlsen gebracht bdquoDie wachsende Dispersion des Religioumlsen also seine Verteilung auf ganz unterschiedliche Orte Anbieter und Sozialformen scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein (1997 S 111) Funktionen von Re-ligion werden immer haumlufiger von nicht-kirchlichen Bereichen der Gesellschaft und ihren Agenten uumlbernommen - von Therapien Kunst Kultur Konsum Sport uam bdquoEs scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein daszlig Religioumlses - Weltorien-tierung Handlungsformierung und Ohn-machtsbewaumlltigung - auch dort zu ha-ben ist wo kein Schild Religion hier zu haben steht inzwischen sogar auf dem

oumlkonomischen Markt Sichtbare Konse-quenz dieses Dispersionsprozesses ist nach Ebertz bdquoIndem Lebensberater So-zialarbeiter Aumlrzte Lehrer fuumlr Gymnastik Ausdruckstanz und fernoumlstliche Sportar-ten Psychologen und Psychotherapeu-ten Fernsehstars und -Produzenten so-wie Kuumlnstler mit dem geistlichen Amts-traumlger alten Schlags in Konkurrenz tre-ten tragen sie zur Entgrenzungdes reli-gioumlsen Feldes bei und daruumlber zu einer -zumindest partiellen - Entdifferenzie-rung der Lebensbereiche Im Effekt kann dann jede(r) nicht nur eine Sekte sein sondern auch ein Theologe und Prie-ster und jede(r) seine eigene Sekte sein eigener Theologe und sein eigener Priester (S 148f) Auch die bdquoesoterische Dauerwelle ist eine der schillerndsten Konsequenzen dieses von Ebertz beschriebenen Prozes-ses indem ehemals von den christlichen Kirchen gepraumlgte Bereiche der Weltori-entierung und Ohnmachtsbewaumlltigung fuumlr weite Bevoumllkerungskreise nunmehr von esoterischen Anbietern oder von Ak-teuren aus der Unterhaltungs- und Mo-dewelt bedient werden Eines unter un-zaumlhligen Beispielen ist etwa das Buch des als bdquoneuer Nostradamus apostro-phierten Pariser Modemachers und Eso-terik-Autors Paco Rabanne bdquoDas Ende unserer Zeit Aufbruch in das Wasser-mann-Zeitalter (Muumlnchen 1996) bdquoVer-gleichbar dem Johannes dem Verfasser der nach ihm benannten Apokalypse kuumlndigt er die Rettung der Gerechten an und ein von Harmonie gekennzeich-netes kommendes Wassermann-Zeital-ter heiszligt es auf dem Buchdeckel gleichsam wie zur Bestaumltigung von Ebertz These uumlber die bdquoEntgrenzung des religioumlsen Feldes in dem dann jeder sein eigener bdquoProphet ist Diese Entwicklung wird begleitet von verschiedenen Trends die Ebertz als

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Trend zur Vermarktung des Religioumlsen (S 11 Off) als Trend zur religioumlsen Un-verbindlichkeit (S 76ff) und als Trend zum religioumlsen Individualismus zu Selbstentfaltungswerten und zur reli-gioumls-synkretistischen Autozentrik (S 75) charakterisiert Glaubensvorstellungen unterschiedlicher religioumlser Traditionen werden - gerade auch unter esoteri-schem Vorzeichen als angebliche eso-terische bdquoUr-Weisheit der Menschheit -selbst bei Kirchgaumlngern miteinander synkretistisch kombiniert Nach J Eiben (Shell-Jugend-Studie 1992) ergibt sich der Befund bdquodaszlig sich die Mitglieder und Sympathisanten okkulter und esote-rischer Gruppen zu einem Drittel aus Kirchgaumlngern rekrutieren (bei Ebertz S 74) bdquoEsoterik ist die gegenwaumlrtig populaumlrste Bezeichnung dieser sich verfluumlchtigen-den und dispergierenden Religiositaumlt Versteht man die esoterische bdquoDauer-welle als Ausdruck und Medium dieser Dispersionsprozesse so ist die Frage im Blick auf die weitere Entwicklung also wie weit sich die Dispersion des Religiouml-sen fortsetzt - und damit zugleich auch die esoterische Dauerwelle Denkbar ist aber auch daszlig dieser Prozeszlig in Zukunft unter ganz anderen Bezeichnungen wei-tergeht als unter der Worthuumllse bdquoEsote-rik Es ist aber auch moumlglich daszlig bdquoEso-terik zu einem Dauerkennzeichen sol-cher Tendenzen der Pluralisierung Indi-vidualisierung und Dispersion des Reli-gioumlsen wird Auf ein wichtiges Beispiel fuumlr die bdquoVer-teilung (Dispersion) des Religioumlsen in unserer Gesellschaft - und damit zu-gleich auch fuumlr die Ausbreitung esoteri-scher Vorstellungen - kann hier nur in Kuumlrze hingewiesen werden den Ge-sundheitssektor Bernhard Grom er-schien es juumlngst als wuumlrde sich bdquodie Eso-terik- und Alternativkonjunktur der 80er

Jahre seit einiger Zeit in einer Gesund-heitswelle fortsetzen (1998 S 413) bdquoGesundheit wird zu einem neuen bdquoHoumlchstwert - vor dem Hintergrund einer bdquoLeistungs- und bdquoErlebnisgesell-schaft die die jederzeitige bdquoFitness und das Wohlbefinden ihrer Mitglieder fordert Es scheint als ob die Konjunktur esoterischer Heilungsangebote vor allem vor dem Hintergrund dieser gesellschaft-lichen Tendenzen zu deuten ist und bis auf weiteres die bdquoEsoterik-Welle in be-sonderer Weise praumlgen wird Und hier spielen neben alternativen Entspan-nungs- Ernaumlhrungs- und Bewegungs-methoden (Yoga Demeter-Kost Kinesio-logie ua) vor allem esoterisch gepraumlgte Glaubensvorstellungen - insbesondere der Glaube an eine jederzeit verfuumlgbare bdquouniverselle Heilkraft oder bdquoLebens-kraft - eine Rolle Sogar das Parfuumlm von Paco Rabanne heiszligt nicht zufaumlllig bdquoenergy (FAZ-Magazin Nr 942 20 3 1998) Der Versuch der Heilung konkre-ter Krankheitssymptome und der An-spruch damit zugleich das bdquoesoterische Ur-Wissen von der Verwirklichung des ewigen Heils des Menschen verfuumlgbar zu haben gehen hier vor dem Hinter-grund der bdquoDispersion religioumlser Erwar-tungen auf bdquofreie esoterische Heilungs-angebote und Anbieter eine weder christlich noch fachlich-medizinisch vertretbare Einheit ein Von diesem und vielen anderen Gesichtspunkten aus regt sich daher immer haumlufiger Kritik an der heutigen Esoterik sowohl von kirchlich-theologischer als auch wissenschaftli-cher als auch politischer Seite

Esoterische Religiositaumlt auf dem Pruumlf-stand

Wie sollen Kirche und Gesellschaft rea-gieren angesichts dieses Befunds neuer esoterischer Religiositaumlt

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Ein wirklicher Dialog ist wohl nur mit wenigen Gruppen aus dem Bereich der bdquoSystem-Esoterik moumlglich (vgl zB M D 1997 S 91 ff zur Anthroposophie) Man kann die theologische Auseinanderset-zung mit den verschiedenen Erschei-nungsformen heutiger Esoterik an den genannten drei Hauptinhalten moderner Esoterik (so S 264) orientieren - Dem Monismus der Esoterik gegen-uumlber waumlre der biblische Schoumlpfungsglau-be eine geeignete Basis fuumlr die Kritik - Dem paumldagogischen Evolutionismus der Esoterik ihrem Angebot der Schaf-fung immer neuer bdquoDo-it-yourself-Para-diese auf Erden gegenuumlber waumlre mit der reformatorischen Rechtfertigungslehre zu argumentieren daszlig das Heil des Menschen nicht bdquomachbar ist sondern reines Geschenk Gottes - Und der gnostischen Erloumlsungslehre der Esoterik mit ihrer bdquoSelbstverwirkli-chungs-Eschatologie von der Realisie-rung des bdquogoumlttlichen Selbst im Men-schen waumlre die christliche Eschatologie entgegenzustellen wonach das Reich Gottes seit Jesus von Nazareth zwar bdquoun-ter uns ist aber sein endguumlltiges Kom-men noch aussteht solange der Mensch in der Suumlnde verharrt sein endguumlltiges Kommen Gnade ist (Mt 2534) Diese theologischen Punkte betreffen im wesentlichen die kirchliche Auseinan-dersetzung mit der bdquoSystem-Esoterik der organisierten Weltanschauungsgruppen Die gesellschaftliche Auseinanderset-zung (su) hat es daruumlberhinaus vor al-lem mit bestimmten Auswuumlchsen des bdquoEsoterik-Marktes und der Dispersion des Religioumlsen zu tun

Schoumlpfungsglaube versus Monismus

Der Monismus der modernen Esoterik seine Anschauung von einer bdquokosmi-schen Lebenskraft die alles durchflutet

kann die Kirche an vergessene Wahrhei-ten und Schaumltze ihrer eigenen Tradition erinnern Oft hat ein theologischer Intel-lektualismus vergessen- Der Mensch lebt in natuumlrlichen kosmischen Bezuumlgen ist Teil einer natuumlrlichen Ordnung bdquoAlle Krankheit sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoentspringt einer vierfachen Entfrem-dung von Gott vom Du von der Mutter Erde und von sich selbst Heilung und Heil sind nur zu erlangen wenn der Mensch in allen vier Lebensbezuumlgen umgewandelt wird und sich wandelt -in seinem religioumlsen Verhaumlltnis zu Gott in seiner sozialen Beziehung zu seinen Mitmenschen in seinen natuumlrlichen Be-zuumlgen zum Kosmos und in seinen indivi-duellen Bezuumlgen zu sich selbst Dh wenn sich der Mensch bdquoganzheitlich in der Konkretheit von Leib Seele und Geist begreift Eine Schluumlsselrolle spielt dabei der religioumlse Bezug zu Gott Der Christ weiszlig Der Mensch verdankt sich nicht einer unpersoumlnlichen Kraft im Kos-mos sondern bdquoschlechthin abhaumlngig weiszlig er sich nur von einem persoumln-lichen Du das ihn gewollt hat Das meint der Glaube an den bdquoSchoumlpfer und an die Welt als Gottes bdquoSchoumlpfung Darum kann der Christ Gott Gott und die Welt Welt sein lassen Im Monismus der Esoterik wird der Ur-sprung der Schoumlpfer des kosmischen Le-bensstroms der Leben uumlberhaupt erst er-moumlglicht weitgehend ausgeblendet Und damit haumlngt es zusammen daszlig der Mensch seine Endlichkeit und Ge-schoumlpft ichkeit nicht aushalten und des-halb zu Totalkonzepten von Selbst-Erlouml-sung und bdquoGanzheitlichkeit in einem fragwuumlrdigen Sinn seine Zuflucht neh-men muszlig Das ist besonders im Sektor esoterischer Heiler und Heilungsange-bote zu erkennen Eines der zur Zeit verbreitetsten Esoterik-Buumlcher mit dem Titel bdquoDie Fuumlnf Tibe-

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ter seit Monaten auf den Bestseller-Listen ganz oben verheiszligt dem Men-schen durch simple Yoga-Uumlbungen nicht nur groumlszligere Fitness sondern so etwas wie die Erlangung bdquoewiger Jugend -also letztlich einen alles Irdische soweit bekannt transzendierenden Heilszu-stand (vgl dazu Kakuska 1997) Es gibt auf dem bdquoEsoterik-Markt regelrechte bdquoUnsterblichkeits-Trainings in denen den Teilnehmern (gegen gutes Geld natuumlrlich) nicht nur eingeredet wird daszlig sie gar nicht sterben koumlnnten weil sie selbst bdquogoumlttl ich seien sondern daszlig es sogar die Moumlglichkeit gebe bdquoauf ewig im Koumlrper zu bleiben (vgl M D 1992 S 188 ff) Dh Auch auszligermedizinische zB re-ligioumlse Sachverhalte werden im Rah-men esoterischer Totalkonzepte von bdquoGanzheitlichkeit freigegeben fuumlr den Heiler oder - oft nur selbsternannten -Therapeuten Von der bdquoKrake Sciento-logy soll hier gar nicht weiter die Rede sein Sie ist ja in gewisser Hinsicht nur eine versektete durch ihr Geschaumlftsge-baren besonders bdquoauffaumlllige Form sol-cher bdquoEinfachst- oder bdquoPrimitiv-Esote-rik wie den bdquoFuumlnf Tibetern die dem bdquoKlienten am Ende nicht nur Gesund-heit und Heilung (den Clear-Zustand) sondern auch noch uumlber-menschliche Faumlhigkeiten (den bdquoOperating-Thetan-Zu-stand) verspricht - mit bdquoArbeitsvertrauml-gen uumlber Jahrmillionen die unsere irdi-sche Existenz in unbekannte Dimensio-nen uumlbersteigen Damit kommt bereits der zweite fuumlr die theologische Auseinandersetzung mit der Esoterik wichtige Punkt in den Blick - ein bdquomagisches Machbarkeitsdenken durch das die neue esoterische Religio-sitaumlt dem modernen Rationalismus und der Welt der technischen Lebensbewaumll-tigung naumlher steht als sie meist glauben machen wi l l

Rechtfertigungslehre versus paumldagogi-scher Evolutionismus

Moderne Esoterik und Okkultismus sind Kinder des 19 Jahrhunderts als der Ent-wicklungsgedanke und darauf aufbau-ende Fortschritts-Utopien aufzubluumlhen begannen Keine der heutigen Esoterik-und Okkultbewegungen ist aumllter als 150 Jahre Es gibt sie immer noch die bdquomo-dernen Selbstverwirklichungs-Eschatolo-gien und bdquoDo-it-yourself-Paradiese deren Zusammenbruch mancher Theo-loge zu erkennen meint - naumlmlich vor allem in Gestalt heutiger bdquoEsoterik Eine Erklaumlrung warum sich viele Menschen heute gerade zu dieser esoterischen Re-ligiositaumlt hingezogen fuumlhlen duumlrfte in deren Nauml7e zum modernen Wissen-schafts- und Technikglauben zum Glau-ben an die bdquoMachbarkeit aller Dinge liegen Die moderne esoterische Reli-giositaumlt beansprucht zu wissen und nicht mehr bloszlig zu glauben und sie moumlchte moumlglichst kurzfristige bdquoErfahrungen und bdquoBeweise der bdquoErloumlstheit des Men-schen - Der Geistheiler weiszlig wie die Heil-kraft oder bdquoLebenskraft aus dem Kos-mos manipuliert wird (Daskalos) - Kuumlbler-Ross weiszlig daszlig es ein Leben nach dem Tod gibt sie vertraut nicht nur darauf - Der Spiritist legt bdquoBeweise vor fuumlr ein Uumlberleben des Todes Die bdquoGeister re-den in den spiritistischen Sitzungen und damit seien bdquoBeweise erbracht daszlig der Mensch auf einer geistigen Ebene wei-terexistiert - Die Anthroposophie versteht sich ebenfalls nicht als Glaube oder bdquoReli-gion sondern ausdruumlcklich als bdquoGe-heim- oder bdquoGeistes- Wissenschaft weil Rudolf Steiner ein bdquoWissen eine bdquoErkenntnis uumlber die bdquogeistige Welt ge-bracht habe

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Das biblische Verstaumlndnis des Glaubens als bdquoNicht sehen und doch Gott ver-trauen ist der Esoterik zutiefst fremd Man laumlszligt nur angeblich Beweisbares und rational Einsehbares als Lehre gel-ten Dementsprechend wird auch das Beten umfunktioniert zu einer Art bdquosaumlkularer Magie oder Heilstechnologie bdquoMi t meinen Gebeten kann ich jeden aus der Firma entfernen mit diesen Worten wurde einmal im bdquoSpiegel eine Anhaumln-gerin der theosophischen bdquoI AM-Bewe-gung zitiert die von einem millionen-schweren Schokoladenfabrikanten in der Schweiz geheiratet worden war Nach dem Philosophen Peter Sloterdijk steht das bdquogeheime Wissen der Esoterik dem mit moderner Technik oft verbun-denen Macht- und Erloumlsungsstreben des Menschen naumlher als es auf den ersten Blick scheint Wenn schon bdquoWissen Macht ist dann erscheint bdquomagisches Wissen als absolute Macht (vgl FAZ-Magazin Nr 836 8 3 1996) Waumlhrend christliche Religion den Men-schen zu seiner Erloumlsung grundlegend als der Gnade Gottes beduumlrftig versteht ist die esoterische Religiositaumlt vor allem eine Angelegenheit des Humanum des Menschen dem es um die Steigerung menschlicher (Erfahrungs-)Moumlglichkei-ten geht der seine Nichtigkeit erfaumlhrt aber sich selbst das houmlchste Wesen bleibt indem er seine tiefe Verlorenheit von sich aus aus eigenen Kraumlften auf dem Weg eines bdquopaumldagogischen Evolu-tionismus uumlberwinden wi l l Diese bdquoneue Religiositaumlt der Esoterik ist weit-hin ein Ruumlckfall in eine dem christlichen Glauben an die Rechtfertigung des Suumln-ders fremde bdquoGesetzlichkeit Das Men-schenbild der Esoterik wird zentral be-stimmt von der Gesetzmaumlszligigkeit von Karma und Reinkarnation Nach diesem strengen Gesetz muszlig der Mensch immer

wieder in diese bdquoSchule des Lebens zuruumlck bis er selbst seine Schwaumlchen ausgeglichen und sich selbst vervoll-kommnet hat Letztlich ist die Rein-karnations- und Karma-Lehre der gefaumlhr-liche Versuch die bdquoletzten Fragen des Lebens vor allem die Heilsfrage auf der Basis des Leistungsgedankens zu beant-worten Gegen oft hohe Gebuumlhren ver-suchen Esoterik-Anbieter vor diesem Hintergrund dem Menschen zu zeigen wie er sich selbst schneller zum Geistig-Goumlttlichen bdquoentwickeln koumlnne

Christliche Hoffnung versus Selbstverwirklichungs-Eschatologie

Die bdquoFreiheit des Christenmenschen kann solchen esoterischen Vorstellungen gegenuumlber nur gewahrt werden wenn deutlich hervorgehoben wird daszlig im christlichen Glauben die Frage der Erlouml-sung von der Frage der natuumlrlichen oder geistigen Entwicklung bdquoabgekoppelt ist daszlig die Geschichte kein bdquoFortschritt ist der unmittelbar im Erloumlsungszustand en-det bdquoDas Evangelium ist erst das Mor-genrot der Welterloumlsung sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoChristliche Froumlmmigkeit ist beziehungsorientiert Sie versteht sich im Gegenuumlber zu Gott zu Christus Eso-terische Spiritualitaumlt scheint demgegen-uumlber entwicklungsorientiert Sie ist an-thropozentrisch und in der Gefahr sich uumlber die Grenzen des Menschen illusio-nistisch zu erheben oder einem unguten Leistungsdruck zu verfallen so charak-terisierte Michael Nuumlchtern kuumlrzlich die Diskrepanz zwischen christlichem Glau-ben und esoterischer Selbstverwirkli-chungs-Eschatologie (Interview in bdquoidea 1 7 1998 S V) Dies scheint heute allerdings am schwersten zu vermitteln zu sein Daszlig der bdquoWeg des Glaubens keine progres-sive Entwicklung ist Der Christ steht im-

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mer wieder am Anfang und ist taumlglich neu angewiesen auf Gottes hilfreiche Gnade Ein wirkliches Fortschreiten im Blick auf unser Heil gibt es nicht von uns her sondern allein durch Gottes Zu-wendung zu uns vom Kommen des Rei-ches Gottes zu uns her (Mt 2534) Die christliche Hoffnung haumllt es also weniger mit Lessings bdquoErziehung des Menschen-geschlechts als mit Houmllderlin der ein-mal dichtete bdquoWas hier wir sind kann dort ein Gott ergaumlnzen mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden (A Kouml-berle in bdquoDas geheimnisvolle Reich der Seele Freiburg 1984 S 19) Mit A Resch kann man daher durchaus bezweifeln ob es sich bei der neuarti-gen bdquoReligiositaumlt der Esoterik uumlberhaupt noch um eine religioumlse Haltung im eigentlichen Sinn handelt Esoterik stellt als bdquoGeheimwissenschaft seit Helena Blavatsky nicht nur eine Alternative zur herkoumlmmlichen Wissenschaft sondern auch zur Religion dar Viele Fragen wer-den uumlberhaupt ausgeklammert aus dem Bereich der Religion was dem Streben des modernen Menschen nach Erkennt-nis entgegenkommt So ist die Frage der Wiedergeburt (Reinkarnation) fuumlr den Esoteriker eigentlich keine Frage der Re-ligion sondern des Wissens Die Wie-dergeburt gilt nicht als Glaubensfrage sondern als Tatsache Kennzeichen der Esoterik ist nach Resch (1994 S 75f) ihr Immanentismus dh bdquodie Deutung von Welt Leben und Religion mit natur-immanenten Kraumlften unter Verzicht auf die Transzendenz Damit nimmt Esoterik nach Resch bdquoimmer mehr die Form einer alternativen Lebensgestal-tung zu Wissenschaft und Religion vor allem zum Christentum ein zumal der Stellenwert der Person durch die kosmi-sche Einheit und den Kreislauf der Dinge voumlllig relativiert wird Der Wert der Per-son ist nur zeitlich gegeben und hat

keine transzendente Bedeutung mehr Das Ich ist im All verklungen Auch J Sudbracks Kritik an der Esoterik setzt an diesem zentralen Punkt der Unverfuumlgbarkeit des bdquo D u Gottes und der Freiheit der Person an wonach die fuumlr echte Religion konstitutive bdquoBegeg-nung mit Gott als freiem personalem Gegenuumlber die bdquoEhrfurcht vor dem Groumlszligeren durch den Versuch der Eso-terik miszligachtet wird bdquodas Ganze der Welt in den intellektuellen Griff (zu) bekommen So uumlberrasche es nicht bdquodaszlig im esoterischen Zugriff auf die Wirklichkeit all die Werte Freiheit Liebe Du Personsein Einmaligkeit usw ins Abseits geraten Sie naumlmlich gruumlnden in der Qualitaumlt des gegen-uumlber die auch von der intellektuellen Esoterik in die Immanenz des Selbst auf-geloumlst wird (997 S 333) Solche bdquoVerendlichungen bei an-spruchsvolleren Vertretern der Esoterik sind erst recht fuumlr den bdquoEsoterik-Markt typisch Aus religionswissenschaftlicher Perspektive fragt daher auch H Zinser bdquoob dies noch Religion sei was von der esoterischen bdquoPublikums- und bdquoKlien-tenreligion auf dem bdquoMarkt verhandelt wird bdquooder ob der Markt mit seinen Ver-dinglichungen und Verendlichungen das von der Religion gemeinte Absolute auf-loumlst (1997 S 31)

Eine Ideologie neuer sozialer Ungleich-heit

Uumlber die religioumls-weltanschauliche Di-mension hinaus haben viele esoterische Angebote eine gesellschaftspolitische Dimension die in juumlngster Zeit immer mehr auf Kritik stieszlig Esoterik - nicht nur in ihren banalen Auspraumlgungen - wird vorgeworfen ausbeuterische Systeme zu rechtfertigen rassistischen Vorurteilen nicht konsequent und eindeutig ent-

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gegenzutreten (vgl die in MD 1998 S 146 ff u 21 Off dokumentierten Dis-kussionen um Steiner und Hockemeyer) oder zu einer Ideologie sozialer Un-gleichheit zu verkommen Richard Schroumlder sprach im bdquoSpiegel (Nr 52 1997) diesbezuumlglich geradezu von einer bdquoasozialen Religiositaumlt die sich hier ausbreite Die nichtinstitutionalisierte frei flottierende Religiositaumlt des Esoterik-Marktes steht so Schroumlder bdquo in der Ge-fahr die Gesellschaft zu entkultivieren naumlmlich als bdquoasoziale Religiositaumlt der ruumlcksichtslosen Erlebnissteigerung die ein Goumlttliches im Ich sucht und sich aus-leben moumlchte Demgegenuumlber sei bdquokul-tivierte Religiositaumlt immer bdquogemeinsam verantwortet Hier ist die Esoterik gefragt vor allem ihr Menschenbild kritisch zu reflektieren das auf dem angeblichen bdquoGesetz von Karma und Reinkarnation als bdquogeistigem Entwicklungsgesetz der Menschheit be-ruht Es waumlre zu kurzschluumlssig gedacht etwa aus der hohen Arbeitslosigkeit auf einen Bedeutungsverlust der Esoterik zu schlieszligen weil die teuren Esoterik-An-gebote fuumlr immer mehr Menschen uner-schwinglich werden Denn neben dem Heer von Arbeitslosen und Geringver-dienenden kann sehr wohl eine bdquoEsote-rik-Kultur fuumlr beguumlterte Schichten ge-deihen aus deren esoterischer Sicht die Armen ja ohnehin nur ihr bdquoschlechtes Karma aus Vor-Existenzen abarbeiten Im Zeitalter der bdquoGlobalisierung des Ka-pitalismus koumlnnte das esoterische Men-schenbild auf diese Weise zur Ideologie neuer sozialer Ungleichheit reuumlssieren wenn sich seine Vertreter nicht selbst kritisch von solchen Gefahren distan-zieren Ein gesellschaftspolitisch inzwischen ebenfalls erkanntes und heftig diskutier-tes Problem betrifft vor allem esoterische Heilungsangebote auf dem bdquofreien

Markt Mit ihren Verheiszligungen einer bdquototalitaumlren Ganzheitlichkeit die einen Totalanspruch auf die Regulierung aller Lebensbereiche eines Betroffenen durch esoterische Praktiken erhebt koumlnnen Manipulationsmoumlglichkeiten Tuumlr und Tor geoumlffnet werden Was not tut im Blick auf oft skrupellos vorgehende eso-terische Anbieter ist daher eine Art bdquoVer-braucher-Schutz oder wenigstens eine verstaumlrkte bdquoVerbraucher-Beratung im Blick auf die von Esoterikern angebote-nen bdquoDienstleistungen (su S 283) In dieser Hinsicht hat sich auch die En-quete-Kommission bdquoSog Sekten und Psychogruppen des Deutschen Bundes-tages dafuumlr eingesetzt daszlig in der naumlch-sten Legislaturperiode ein Gesetz zur gewerblichen Lebensbewaumlltigungshilfe verabschiedet wird

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Klaus Fleckner Wuppertal

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

In letzter Zeit erreichen uns haumlufig Anfragen wegen der Aktivitaumlten einer bdquoBruder-schaft der Menschheit einer bdquoUniversalen Kirche oder eines bdquoFundaments fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen Hinter diesen verschiedenen Namen verbirgt sich ein und dieselbe esoterisch-theosophische Aktivitaumlt die eine Fortbildung der auf Helena Blavatsky zuruumlckgehenden modernen Theosophie darstellt (vgl MD 1992 S 245 ff) Pfarrer Klaus Fleckner hat uns folgende lebendige Schilderung vom Be-such eines Seminars dieser Organisation im letzten Jahr uumlbersandt

1 Der Ort und die Gruppe

Das bdquoLindner Golfhotel Juliana ein am Stadtrand von Wuppertal gelegenes Ob-jekt der 4-Sterne-Kategorie bietet neben seinem weitlaumlufigen Golfgelaumlnde auf dem schon Franz Beckenbauer seinen Golfschlaumlger schwang ein gediegenes Interieur mit mehr als nur einem Hauch von Luxus und gehobenem Komfort Eine Gruppe von Leuten zwischen 30

und 50 gut gekleidet im Geschmacks-spektrum von Edelflipp bis laumlssig-schick wartete im Stehen vor dem Flur zum Konferenzraum uumlber dessen Tuumlr endlos der Name des Mieters voruumlberzog bdquoFUNDAMENT FUumlR HOumlHERES GEISTI-GES LERNEN - eine wohlklingende Er-gaumlnzung zu den diversen anderen Schu-lungskursen und Konferenzen im Haus mit topgestylten Managertypen im Na-delstreifenanzug und sonnenbankge-

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braumlunten Schoumlnen wie von der Titelseite einer Modezeitschrift entsprungen Neu-ankoumlmmlinge ob Mann ob Frau wur-den von den Umstehenden mit Umar-mung und Kuumlszligchen empfangen Unge-faumlhr zwei Drittel der 25 Teilnehmer wa-ren Frauen bis auf zwei oder drei Paare schienen alle anderen ohne Partnerin angereist zu sein Wie beilaumlufige Fragen ergaben waren Lehrerinnen anwesend eine Psychologin eine fruumlhere kirchli-che Mitarbeiterin ein Steuerberater eine Krankenschwester eine Erzieherin Her-kunftsorte waren Staumldte der Wuppertaler Umgebung Duumlsseldorf Koumlln Herdecke usw Die Teilnahmegebuumlhr galt es gleich zu Beginn zu entrichten 220- DM -ohne Getraumlnke Verpflegung oder Uumlber-nachtung Nach 15 Minuten endete die Wartezeit der Konferenzraum wurde freigegeben und der Eindruck nun unmittelbar vor der Bescherung zu stehen bewahrhei-tete sich als haumltten unsichtbare Helfer ein esoterisches Weihnachtszimmer de-koriert Der Raum war reich ge-schmuumlckt Auf jedem Dreiertisch an den Seiten standen zwei kleine Blumenva-sen Doch die Aufmerksamkeit wurde automatisch nach vorne gelenkt Dort erstrahlte auf der linken Seite ein i l lumi-niertes farbiges Gemaumllde auf dem in Lichtschleier gehuumlllt drei Gestalten sichtbar waren die auseinander hervor-traten - es dominierte ein aufrechtste-hendes houmlheres Wesen mit einer Strah-lenkrone auf dem Kopf das in den Raum hineinzublicken schien waumlhrend sich ein zweites eine weibliche Gestalt zu ihm emporreckte und ein drittes ganz in dunklen Farben gehalten zur Erde hinuntergebeugt blieb Sie schienen auf einer Treppe zu sitzen Vor dem Bild stand ein Strauszlig roter gelber und blauer Blumen in einer Vase daneben ein Leuchter mit drei Kerzen in denselben

Farben - das ganze Ensemble auf meh-reren Lagen goldfarbenen Stoffs Vorne rechts neben einem Rednerpult und einer Tafel stand ein Tisch der mit bun-tem Spielzeug und anderen farbenfro-hen Dingen gefuumlllt war - bei naumlherem Hinsehen entdeckte ich farbige Tisch-tennisbaumllle Spieluhren Kreisel Spiel-zeugfiguren alte Spielzeugautos eine Kinderpistole einen kleinen Hai in ei-nem Glaszylinder in einer Fluumlssigkeit konserviert und mancherlei anderen Nippes von allenfalls Sammlerwert Am hinteren Ende des Raumes saszlig ein Mann an einem Mischpult mit Platten-spieler und Lautsprechern Anscheinend war es freigestellt wo man sich hinset-zen wollte doch das galt nicht fuumlr die vorderen beiden Reihen in denen schon Namensschilder standen Ich setzte mich in die dritte Reihe und wartete ab

2 Der bdquoMeisterreferent

Nach dem Verklingen einer pathetischen Musik-Ouvertuumlre stellte sich ein mittel-groszliger Mann ans Rednerpult der vorher etwas schwerfaumlllig nach vorne gegangen war und wies darauf hin daszlig er bdquoGun-dolf genannt werden wolle denn in dieser Arbeit tue sein Nachname nichts zur Sache Sein Vorname habe ihm zwar fruumlher uumlberhaupt nicht gefallen jetzt aber um so mehr und das nicht nur weil er so selten sei (Ich konnte mich nicht enthalten ihn mit bdquoGandalf aus dem Fantasy-Roman bdquoDer Herr der Ringe zu assoziieren und uns als eine Schar Hob-bits auf der Suche nach dem magischen Ring) Gundolf schrieb seinen Nachna-men aber trotzdem in etwas kleinerer Schrift mit an die Tafel und fuumlgte hinzu da er uns nicht beherrschen wolle habe er es nicht noumltig mit Musikbegleitung anzutreten - deshalb habe er sich erst an uns gewandt nachdem sie verklun-

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gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 8: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

der eine feste Mitgliedschaft noch eine dauerhafte Festlegung auf ein definiertes Glaubenssystem oder eine religioumlse Fuumlh-rergestalt gibt ist dies bei den organi-sierten Weltanschauungsgemeinschaften der Fall Neben den verschiedenen Ab-spaltungen von der bdquoTheosophischen Gesellschaft Helena Blavatskys aus der 1913 auch Rudolf Steiners bdquoAnthroposo-phie hervorging sind bei uns vor allem spiritistische und sog Neuoffenbarungs-gruppen aktiv in denen bdquoMedien oder bdquoSprechwerkzeuge Gottes Kundgaben geistiger Wesenheiten aus dem Jenseits aber auch von bdquoGott-Vater oder bdquoJesus Christus an ihre Anhaumlnger weitergeben In Brasilien und anderen Laumlndern der bdquoDritten Welt umfassen solche esoteri-sche bdquoneue Religionen oft Gemein-schaften mit vielen Millionen Mitglie-dern Da diese bdquocult movements Heils-Versprechungen in Form eines umfassen-den esoterischen bdquoWissens bdquoGnosis und bdquoSinnorientierung durch zT ge-waltige Gedankensysteme bieten spricht man hier auch von bdquoSystem-Esoterik Man hat es wenn man diese Erschei-nungsformen heutiger Esoterik zusam-menfassend uumlberblickt also mit zwei verschiedenen Ebenen zu tun - der Ebene des sog bdquoEsoterik-Marktes mit einer unuumlberschaubaren Zahl von Anbietern von Kursen Seminaren Buumlchern und sonstigen Waren (zB Amuletten Kristallen Duftstoffen Flug-reisen usw) - der Ebene der organisierten Weltan-schauungsgruppen Nur im Blick auf die erste Ebene kann man eigentlich von einer bdquoEsoterik-Welle oder einem bdquoEsoterik-Boom sprechen Waumlhrend die zT noch im 19 Jahrhundert entstandenen organisier-ten Gruppen nur ein relativ geringes Wachstum oder Stagnation verzeichnen ergibt sich die Dynamik des bdquoEsoterik-

Booms vor allem aus den freien esoteri-schen Angeboten Dies haumlngt mit bestimmten Entwicklun-gen in unserer Gesellschaft zusammen Im Unterschied zur Tradition der Esote-rik selbst und ihren antiken und mittelal-terlichen Wurzeln in Gnosis Hermetik und Kabbala ist der heutige bdquoEsoterik-Boom ein Phaumlnomen des saumlkularen Zeitgeistes Deshalb zeigt sich in der sog bdquoEsoterik-Welle die moderne Eso-terik vorwiegend von ihrer banalen Seite - zum Entsetzen vieler Esoteriker die sich deshalb uumlber ihre fragwuumlrdige Po-pularisierung nicht so ungeteilt freuen koumlnnen

Der bdquoesoterische Ansatz

Dabei koumlnnen sie sich auf einen durch-aus respektablen religioumls-weltanschauli-chen Ansatz beziehen wie er vor allem den Lehren und Praktiken vieler organi-sierter Weltanschauungsgruppen der Esoterik zugrundeliegt und zT in bana-lisierter Form in den bdquoVersatzstuumlcken der kommerziellen Anbieter wieder-kehrt Esoterik - das ist doch die Weltreligion der Zukunft meinte eine Dame waumlhrend eines Gespraumlchsabends mit kirchlichen Mitarbeiterinnen in einer Berliner Kir-chengemeinde Abgesehen von dem da-mit verbundenen Versuch sich mit die-sem Bekenntnis gegenuumlber jeder Kritik zu immunisieren steckt hinter dieser Meinung der richtige Eindruck daszlig die moderne Esoterik seit Helena Blavatsky eine Art bdquointerreligioumlse Bewegung zur Vereinheitlichung der Menschheit und der Religionen ist wie es die bdquoTheoso-phische Gesellschaft in ihren Zielen ausdruumlcklich formuliert (Bildung einer bdquouniversellen Bruderschaft der Mensch-heit) Hinter dem Interesse an den nicht banalisierten Erscheinungsformen der

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Esoterik scheint bei vielen Menschen vor allem das Beduumlrfnis nach Bewaumlltigung des religioumlsen Pluralismus und anderen Globalisierungsphaumlnomenen unserer Zeit zu stehen Der einzelne sieht sich einer Religionsvielfalt gegenuumlber aus der er auswaumlhlen muszlig (P L Berger) Die un-uumlberschaubare Vielfalt der Weltanschau-ungen tritt aber dabei in eine Spannung zu dem spirituellen Beduumlrfnis nach Ver-einheitlichung und Harmonie Von dieser Sehnsucht vieler Menschen profitiert heute die Esoterik Vor allem die bdquoSystem-Esoterik verschiedener Grup-pen wie der Anthroposophie oder ein-zelner Autoren wie Dethlefsen oder Dahlke ist gegenwaumlrtig einer der in der Oumlffentlichkeit bis ins bdquoBildungsbuumlrger-tum hinein einfluszligreichsten Versuche einer Bewaumlltigung des religioumlsen Plura-lismus durch eine religioumls-weltanschau-liche Vereinheitlichung - darin mit dem Fundamentalismus als Versuch einer bdquoverbindlichen Loumlsung aller gesell-schaftlichen Fragen von einem religiouml-sen Fundament aus durchaus konkurrie-rend Auch esoterische Gruppen koumlnnen den einzelnen trotz aller bdquoDogmenkri-tik ebenso mit Vorschriften hinsichtlich seiner Lebensfuumlhrung vereinnahmen vom Fernseh-Verbot bis zum Vegetarismus oder bdquolichtdurchlaumlssiger Kleidung Vertreter der bdquoneuen esoterischen Reli-giositaumlt bekraumlftigen dabei immer wie-der es sei eigentlich nicht so wichtig wo einer den bdquospirituellen Weg betritt denn alle Religionen und Traditionen seien recht verstanden nur Ausdruck der einen allumfassenden Wahrheit- in jeder von ihnen sei der bdquowahre Kern der esoterischen Weisheit enthalten Man kann dies als den bdquoesoterischen An-satz bezeichnen denn eben diese Sichtweise ist der Kern und das innerste Motiv der modernen Esoterik seit der Gruumlndung der bdquoTheosophischen Gesell-

schaft 1875 als einer Art bdquointerreligioumlser Bewegung Er besagt daszlig angeblich al-len Weltreligionen eine gemeinsame aber geheime esoterische bdquoWeisheits-lehre oder bdquoUr-Weisheit zugrunde-liegt Die verschiedenen religioumlsen Tra-ditionen seien nur historisch beschraumlnk-te Auspraumlgungen davon In der heute wohl bei uns verbreitetsten Einfuumlhrung in die Esoterik - Thorwald Dethlefsens Bestseller bdquoSchicksal als Chance - wird die bdquoheilige Lehre der Esoterik in diesem Sinne z B als bdquodas Urwissen zur Vollkommenheit des Men-schen (so der Untertitel) bezeichnet es handele sich um eine Lehre die jenseits aller begrenzten Formen der Religionen die bdquozeitunabhaumlngige der Menschheit jemals zugaumlngliche bdquoSumme des Wis-sens uumlber das Universum darstelle Eso-teriker glauben daszlig diese unspruumlngliche bdquoWeisheitsreligion durch moderne Wis-senschaft und christliche Kirchen ent-stellt oder vergessen wurde aber durch bdquogeheime Uumlberlieferungen und bdquoEinge-weihte die Zeiten uumlberdauern konnte -Gedanken auf denen heute eine un-uumlberschaubar gewordene esoterische bdquoVerschwoumlrungsliteratur aufbaut Aber nicht nur einzelne Autoren auch zahlreiche esoterische Weltanschau-ungsgemeinschaften verfolgen dieses Ziel einer Vereinheitlichung unter esote-rischem Vorzeichen Der Begruumlnder der Anthroposophie Rudolf Steiner meinte zB bdquodaszlig aus der anthroposophischen Stimmung das volle Verstaumlndnis des Wahrheitskerns aller Religionen folgen wi rd (GA 148133) Schon 1904 als Generalsekretaumlr der deutschen Sektion der bdquoTheosophischen Gesellschaft aumluszligerte er in einem Vortrag daszlig bdquodie theosophische Anschauung im Grun-de genommen kein Bekenntnis aus-schlieszligt alle aber einschlieszligt Alle bdquogroszligen Weisheitslehrer so meinte er

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im Sinne dieses esoterischen inklusivi-stischen Synkretismus - bdquoder aumlgyptische Hermes die alten indischen Rishis Za-rathustra die chinesischen Weisheits-lehrer Laotse und Konfuzius die Einge-weihten der alten Juden ferner Pythago-ras und Plato und endlich die Lehrer des Christentums selbst - haumltten die allge-meine esoterische bdquoWeisheitslehre ver-treten Heute sehen besonders New Age-Vertre-ter in der Akzeptanz dieses esoterischen Inklusivismus das Heraufkommen einer groumlszligeren alle Religionen umfassenden bdquoOumlkumene des Wassermann-Zeitalters hinter der die bdquokleine Oumlkumene der Kir-chen hoffnungslos zuruumlckbleibe Im groszligen Stil wurde dieser bdquoesoterische Ansatz erstmals in der 1875 von Helena Blavatsky und anderen gegruumln-deten bdquo Theosophischen Gesellschaft durchgefuumlhrt Die moderne Theosophie beansprucht nach dem deutschen Theo-sophen Hermann Rudolph bdquodas einzig Wesentliche und Gemeinsame aller Re-ligionen zu ihrer Grundlage zu haben bdquoLiebe das goumlttliche Selbst in dir und in allem lautet die Forderung aller wahren Religion Geistig aufgefaszligt sind und wol -len alle Religionen dasselbe Sie ent-springen saumlmtlich einer Quelle (Theo-sophie Bd I Leipzig 21916 S 34f) Bezuumlglich der Inhalte dieser angeblich allen Religionen zugrundeliegenden esoterischen bdquoUr-Weisheit stoumlszligt man in der Literatur im wesentlichen auf drei Grundvora ussetzungen - einen weltanschaulichen Monismus - einen paumldagogischen Evolutionismus und - eine fuumlr die Gnosis typische Erkennt-nis- und Erloumlsungslehre im Sinne von Selbsterkenntnis als bdquoErloumlsung Das monistische Element kommt in der heutigen Esoterik vor allem in der weit verbreiteten Vorstellung zum Ausdruck

daszlig der ganze Kosmos durchstroumlmt ist von einer einheitlichen universellen bdquoLebensenergie die man mit Begriffen aus ganz unterschiedlichen Traditionen bezeichnet wie bdquoPrana bdquoChi bdquoOd-Kraft bdquoHeilkraft oder bdquoBioenergie Der paumldagogische Evolutionismus der modernen Esoterik ist nichts anderes als eine esoterische Umformung des moder-nen Fortschrittsglaubens ein bdquomysti-scher Utopismus wonach durch bdquoErzie-hung allmaumlhlich ein paradiesischer Zu-stand der vollstaumlndigen Vergeistigung al-les Materiellen herstellbar sei Die mei-sten esoterischen Anbieter versprechen dem heutigen Menschen eine Art bdquoEvo-lutionsfoumlrderung durch ihre Schulun-gen und Kurse daszlig sie sich auf dem Wege der Selbsterkenntnis selbst ver-vollkommnen und damit selbst erloumlsen koumlnnen Das ganze Leben in der Welt ist eine bdquoSchule in die wir immer wieder zuruumlck muumlssen mittels Re-Inkarnation bis wir unser bdquoPensum gelernt haben und uns fuumlr das Dasein in houmlheren gei-stigen Sphaumlren qualifiziert haben Aber es gibt auch fruumlhere Menschen die die-sen Weg bereits absolviert haben bdquoEin-geweihte und goumlttliche Wesenheiten von denen die jetzigen Menschen bdquoge-schult werden und an deren Spitze die in der Theosophie als bdquoGroszlige Weiszlige Bruderschaft bezeichnete houmlchste gei-stige Hierarchie unserer Welt steht Die dritte inhaltliche Grundvoraus-setzung der heutigen Esoterik laumluft auf eine esoterische Umformung moder-ner Selbstverwirklichungs-Escha tologien hinaus bdquoErinnere dich daszlig du ein Gott bist In jedem Menschen so die gnosti-sche Grundannahme seit Blavatskys bdquoTheosophie ist ein bdquogeistig-goumlttlicher Funke ja nach Blavatsky ist dieser bdquo in-nere Mensch uumlberhaupt bdquoder einzige Gott von dem wir irgendeine Kenntnis erlangen koumlnnen (bdquoDer Schluumlssel zur

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Theosophie 1889) Die heutige Esote-rik-Literatur ist voll von diesem Gedan-ken und banalisiert ihn schier endlos nach dem Motto der amerikanischen Filmschauspielerin Shirley MacLaine bdquoGott ist in jedem einzelnen von uns Gott traumlgt man in sich Jeder ist sein eigener Guru (vgl MD 1988 S 179)

Esoterik und die bdquoErlebnisgesellschaft

Daszlig solche bdquoWeisheiten heute immer oumlfter von Filmschauspielern Kuumlnstlern oder Sportlern usw verbreitet werden weist auf eine betraumlchtliche bdquoDisper-sion des Religioumlsen in der modernen Gesellschaft hin das laumlngst nicht mehr von den Vertretern der traditionellen religioumlsen Institutionen monopolisiert wird Man hat unsere Gesellschaft auch als moderne bdquoErlebnisgesellschaft cha-rakterisiert (Schulze) denn Umfragen haben ergeben daszlig bei den meisten Menschen der bdquoErlebniswert das ent-scheidende Motiv bei der Wahl einer bestimmten Sache eines Konsumarti-kels einer Fernsehsendung - aber auch beim Treffen von bdquoLebensentscheidun-gen und in bdquoreligioumlsen Fragen ist Auf-grund der bdquoErlebnisorientierung vieler Menschen expandiert der Erlebnis- und Unterhaltungs-Markt immer mehr in Be-reiche die fruumlher bdquoerlebnisneutral wa-ren - wie Arbeit Bildung und Politik Eine Auto- oder Bahnfahrt soll nicht nur schnell voran bringen sondern auch ein bdquoErlebnis sein wie die Werbung ver-heiszligt Auch auf religioumlsem Gebiet waumlhlt der Mensch mehr und mehr das aus was bei ihm - moumlglichst kurzfristig - zu einer in-neren Befriedigung fuumlhrt - und genau auf dieses Beduumlrfnis sind viele esoteri-sche Angebote mit religioumlsem Anspruch zugeschnitten Viele verstehen daher unter bdquoEsoterik heute einfach daszlig jeder

seinen eigenen religioumlsen Weg geht bdquoEsoterik wird damit zur reinen Wort-huumllse fuumlr den eigenen Individualismus der sich nicht kuumlmmert um das was an-dere oder was die Kirche sagt sondern nur noch fragt bdquoWas hilft mirV Man hat dies auch als bdquomoderne Cock-tail- oder Patchwork-Religiositaumlt be-zeichnet Dem flickenteppichhaften An-gebot entspricht auf der Seite der bdquoVer-braucher oder bdquoKonsumenten eine entsprechende Individualisierung ein Subjektivismus und ein Eklektizismus Was zaumlhlt bei der Auswahl ist letztlich der persoumlnliche Geschmack die bdquoeigene Erfahrung oder der bdquoErlebniswert Damit haumlngt auch die Schwierigkeit zu-sammen allgemeinguumlltig zu definieren was heute alles unter bdquoEsoterik verstan-den wird Das Wort wird zum bdquoContai-ner-Begriff zum Inbegriff der weltan-schaulichen Individualisierung und Plu-ralisierung schlechthin oder zum Aus-druck fuumlr den Trend bdquoIch suche mir meine eigene Religion Ein Esoterik-Or-gan brachte dies einmal auf houmlchst be-zeichnende Weise zum Ausdruck bdquoEs ist wunderbar daszlig es endlich wieder die Vielfalt der Moumlglichkeiten gibt Daszlig es christliche Kirchen Zenmeditation Ta-rot Astrologie I-Ging daszlig es Wunder-heiler Geistheiler Heilpraktiker Aumlrzte Psychotherapeuten und alternative The-rapeuten gibt Es ist das Recht jedes Menschen sein Heil auf seine ganz indi-viduelle Art zu suchen und zu finden (vgl MD 1997 S 198)

Esoterik und die Dispersion des Religioumlsen

Daszlig der gesellschaftliche Prozeszlig ziel-strebig auf eine totale bdquoSaumlkularisierung und bdquoReligionslosigkeit zugehe wird -wie bereits oben festgestellt - in dieser Einseitigkeit heute unter Soziologen und

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Theologen kaum noch vertreten Man geht vielmehr von einem Neben- und Ineinander divergierender Tendenzen von Saumlkularisierung und (Re-)Sakralisie-rung bzw (Re-)Mythologisierung aus Gleichzeitig bedeutet diese Entwicklung aber aus der Sicht der traditionellen reli-gioumlsen Institutionen eine bdquoVerduumlnnung und bdquoDispersion (Verteilung) von Reli-gion Damit ist das Entstehen einer bdquoamorphen Weltanschauung gemeint die weder religioumls noch atheistisch im uumlberlieferten Sinn ist eine Art bdquoideologi-scher Nebel (Asendorf) dessen Hinter-grund meist eine diffuse monistische Weltsicht ist Dieser Vorgang scheint sich auch in anderen Gesellschaften zu wiederholen zum Beispiel im postkom-munistischen Ruszligland wo die Zahl der bdquoneureligioumls Glaumlubigen (im Sinne die-ser amorphen religioumlsen Weltsicht) waumlchst Auch bei uns ist bdquoEsoterik haumlu-fig nur der Inbegriff dieses diffusen bdquoreli-gioumlsen Lebensgefuumlhls und sowohl Aus-druck dieser neureligioumlsen Tendenzen als auch ein ihre Ausbreitung mit am staumlrksten foumlrderndes Mittel Der Freiburger Religionssoziologe Mi-chael N Ebertz hat diese Veraumlnderungen auf die Formel von der bdquoDispersion des Religioumlsen gebracht bdquoDie wachsende Dispersion des Religioumlsen also seine Verteilung auf ganz unterschiedliche Orte Anbieter und Sozialformen scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein (1997 S 111) Funktionen von Re-ligion werden immer haumlufiger von nicht-kirchlichen Bereichen der Gesellschaft und ihren Agenten uumlbernommen - von Therapien Kunst Kultur Konsum Sport uam bdquoEs scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein daszlig Religioumlses - Weltorien-tierung Handlungsformierung und Ohn-machtsbewaumlltigung - auch dort zu ha-ben ist wo kein Schild Religion hier zu haben steht inzwischen sogar auf dem

oumlkonomischen Markt Sichtbare Konse-quenz dieses Dispersionsprozesses ist nach Ebertz bdquoIndem Lebensberater So-zialarbeiter Aumlrzte Lehrer fuumlr Gymnastik Ausdruckstanz und fernoumlstliche Sportar-ten Psychologen und Psychotherapeu-ten Fernsehstars und -Produzenten so-wie Kuumlnstler mit dem geistlichen Amts-traumlger alten Schlags in Konkurrenz tre-ten tragen sie zur Entgrenzungdes reli-gioumlsen Feldes bei und daruumlber zu einer -zumindest partiellen - Entdifferenzie-rung der Lebensbereiche Im Effekt kann dann jede(r) nicht nur eine Sekte sein sondern auch ein Theologe und Prie-ster und jede(r) seine eigene Sekte sein eigener Theologe und sein eigener Priester (S 148f) Auch die bdquoesoterische Dauerwelle ist eine der schillerndsten Konsequenzen dieses von Ebertz beschriebenen Prozes-ses indem ehemals von den christlichen Kirchen gepraumlgte Bereiche der Weltori-entierung und Ohnmachtsbewaumlltigung fuumlr weite Bevoumllkerungskreise nunmehr von esoterischen Anbietern oder von Ak-teuren aus der Unterhaltungs- und Mo-dewelt bedient werden Eines unter un-zaumlhligen Beispielen ist etwa das Buch des als bdquoneuer Nostradamus apostro-phierten Pariser Modemachers und Eso-terik-Autors Paco Rabanne bdquoDas Ende unserer Zeit Aufbruch in das Wasser-mann-Zeitalter (Muumlnchen 1996) bdquoVer-gleichbar dem Johannes dem Verfasser der nach ihm benannten Apokalypse kuumlndigt er die Rettung der Gerechten an und ein von Harmonie gekennzeich-netes kommendes Wassermann-Zeital-ter heiszligt es auf dem Buchdeckel gleichsam wie zur Bestaumltigung von Ebertz These uumlber die bdquoEntgrenzung des religioumlsen Feldes in dem dann jeder sein eigener bdquoProphet ist Diese Entwicklung wird begleitet von verschiedenen Trends die Ebertz als

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Trend zur Vermarktung des Religioumlsen (S 11 Off) als Trend zur religioumlsen Un-verbindlichkeit (S 76ff) und als Trend zum religioumlsen Individualismus zu Selbstentfaltungswerten und zur reli-gioumls-synkretistischen Autozentrik (S 75) charakterisiert Glaubensvorstellungen unterschiedlicher religioumlser Traditionen werden - gerade auch unter esoteri-schem Vorzeichen als angebliche eso-terische bdquoUr-Weisheit der Menschheit -selbst bei Kirchgaumlngern miteinander synkretistisch kombiniert Nach J Eiben (Shell-Jugend-Studie 1992) ergibt sich der Befund bdquodaszlig sich die Mitglieder und Sympathisanten okkulter und esote-rischer Gruppen zu einem Drittel aus Kirchgaumlngern rekrutieren (bei Ebertz S 74) bdquoEsoterik ist die gegenwaumlrtig populaumlrste Bezeichnung dieser sich verfluumlchtigen-den und dispergierenden Religiositaumlt Versteht man die esoterische bdquoDauer-welle als Ausdruck und Medium dieser Dispersionsprozesse so ist die Frage im Blick auf die weitere Entwicklung also wie weit sich die Dispersion des Religiouml-sen fortsetzt - und damit zugleich auch die esoterische Dauerwelle Denkbar ist aber auch daszlig dieser Prozeszlig in Zukunft unter ganz anderen Bezeichnungen wei-tergeht als unter der Worthuumllse bdquoEsote-rik Es ist aber auch moumlglich daszlig bdquoEso-terik zu einem Dauerkennzeichen sol-cher Tendenzen der Pluralisierung Indi-vidualisierung und Dispersion des Reli-gioumlsen wird Auf ein wichtiges Beispiel fuumlr die bdquoVer-teilung (Dispersion) des Religioumlsen in unserer Gesellschaft - und damit zu-gleich auch fuumlr die Ausbreitung esoteri-scher Vorstellungen - kann hier nur in Kuumlrze hingewiesen werden den Ge-sundheitssektor Bernhard Grom er-schien es juumlngst als wuumlrde sich bdquodie Eso-terik- und Alternativkonjunktur der 80er

Jahre seit einiger Zeit in einer Gesund-heitswelle fortsetzen (1998 S 413) bdquoGesundheit wird zu einem neuen bdquoHoumlchstwert - vor dem Hintergrund einer bdquoLeistungs- und bdquoErlebnisgesell-schaft die die jederzeitige bdquoFitness und das Wohlbefinden ihrer Mitglieder fordert Es scheint als ob die Konjunktur esoterischer Heilungsangebote vor allem vor dem Hintergrund dieser gesellschaft-lichen Tendenzen zu deuten ist und bis auf weiteres die bdquoEsoterik-Welle in be-sonderer Weise praumlgen wird Und hier spielen neben alternativen Entspan-nungs- Ernaumlhrungs- und Bewegungs-methoden (Yoga Demeter-Kost Kinesio-logie ua) vor allem esoterisch gepraumlgte Glaubensvorstellungen - insbesondere der Glaube an eine jederzeit verfuumlgbare bdquouniverselle Heilkraft oder bdquoLebens-kraft - eine Rolle Sogar das Parfuumlm von Paco Rabanne heiszligt nicht zufaumlllig bdquoenergy (FAZ-Magazin Nr 942 20 3 1998) Der Versuch der Heilung konkre-ter Krankheitssymptome und der An-spruch damit zugleich das bdquoesoterische Ur-Wissen von der Verwirklichung des ewigen Heils des Menschen verfuumlgbar zu haben gehen hier vor dem Hinter-grund der bdquoDispersion religioumlser Erwar-tungen auf bdquofreie esoterische Heilungs-angebote und Anbieter eine weder christlich noch fachlich-medizinisch vertretbare Einheit ein Von diesem und vielen anderen Gesichtspunkten aus regt sich daher immer haumlufiger Kritik an der heutigen Esoterik sowohl von kirchlich-theologischer als auch wissenschaftli-cher als auch politischer Seite

Esoterische Religiositaumlt auf dem Pruumlf-stand

Wie sollen Kirche und Gesellschaft rea-gieren angesichts dieses Befunds neuer esoterischer Religiositaumlt

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Ein wirklicher Dialog ist wohl nur mit wenigen Gruppen aus dem Bereich der bdquoSystem-Esoterik moumlglich (vgl zB M D 1997 S 91 ff zur Anthroposophie) Man kann die theologische Auseinanderset-zung mit den verschiedenen Erschei-nungsformen heutiger Esoterik an den genannten drei Hauptinhalten moderner Esoterik (so S 264) orientieren - Dem Monismus der Esoterik gegen-uumlber waumlre der biblische Schoumlpfungsglau-be eine geeignete Basis fuumlr die Kritik - Dem paumldagogischen Evolutionismus der Esoterik ihrem Angebot der Schaf-fung immer neuer bdquoDo-it-yourself-Para-diese auf Erden gegenuumlber waumlre mit der reformatorischen Rechtfertigungslehre zu argumentieren daszlig das Heil des Menschen nicht bdquomachbar ist sondern reines Geschenk Gottes - Und der gnostischen Erloumlsungslehre der Esoterik mit ihrer bdquoSelbstverwirkli-chungs-Eschatologie von der Realisie-rung des bdquogoumlttlichen Selbst im Men-schen waumlre die christliche Eschatologie entgegenzustellen wonach das Reich Gottes seit Jesus von Nazareth zwar bdquoun-ter uns ist aber sein endguumlltiges Kom-men noch aussteht solange der Mensch in der Suumlnde verharrt sein endguumlltiges Kommen Gnade ist (Mt 2534) Diese theologischen Punkte betreffen im wesentlichen die kirchliche Auseinan-dersetzung mit der bdquoSystem-Esoterik der organisierten Weltanschauungsgruppen Die gesellschaftliche Auseinanderset-zung (su) hat es daruumlberhinaus vor al-lem mit bestimmten Auswuumlchsen des bdquoEsoterik-Marktes und der Dispersion des Religioumlsen zu tun

Schoumlpfungsglaube versus Monismus

Der Monismus der modernen Esoterik seine Anschauung von einer bdquokosmi-schen Lebenskraft die alles durchflutet

kann die Kirche an vergessene Wahrhei-ten und Schaumltze ihrer eigenen Tradition erinnern Oft hat ein theologischer Intel-lektualismus vergessen- Der Mensch lebt in natuumlrlichen kosmischen Bezuumlgen ist Teil einer natuumlrlichen Ordnung bdquoAlle Krankheit sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoentspringt einer vierfachen Entfrem-dung von Gott vom Du von der Mutter Erde und von sich selbst Heilung und Heil sind nur zu erlangen wenn der Mensch in allen vier Lebensbezuumlgen umgewandelt wird und sich wandelt -in seinem religioumlsen Verhaumlltnis zu Gott in seiner sozialen Beziehung zu seinen Mitmenschen in seinen natuumlrlichen Be-zuumlgen zum Kosmos und in seinen indivi-duellen Bezuumlgen zu sich selbst Dh wenn sich der Mensch bdquoganzheitlich in der Konkretheit von Leib Seele und Geist begreift Eine Schluumlsselrolle spielt dabei der religioumlse Bezug zu Gott Der Christ weiszlig Der Mensch verdankt sich nicht einer unpersoumlnlichen Kraft im Kos-mos sondern bdquoschlechthin abhaumlngig weiszlig er sich nur von einem persoumln-lichen Du das ihn gewollt hat Das meint der Glaube an den bdquoSchoumlpfer und an die Welt als Gottes bdquoSchoumlpfung Darum kann der Christ Gott Gott und die Welt Welt sein lassen Im Monismus der Esoterik wird der Ur-sprung der Schoumlpfer des kosmischen Le-bensstroms der Leben uumlberhaupt erst er-moumlglicht weitgehend ausgeblendet Und damit haumlngt es zusammen daszlig der Mensch seine Endlichkeit und Ge-schoumlpft ichkeit nicht aushalten und des-halb zu Totalkonzepten von Selbst-Erlouml-sung und bdquoGanzheitlichkeit in einem fragwuumlrdigen Sinn seine Zuflucht neh-men muszlig Das ist besonders im Sektor esoterischer Heiler und Heilungsange-bote zu erkennen Eines der zur Zeit verbreitetsten Esoterik-Buumlcher mit dem Titel bdquoDie Fuumlnf Tibe-

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ter seit Monaten auf den Bestseller-Listen ganz oben verheiszligt dem Men-schen durch simple Yoga-Uumlbungen nicht nur groumlszligere Fitness sondern so etwas wie die Erlangung bdquoewiger Jugend -also letztlich einen alles Irdische soweit bekannt transzendierenden Heilszu-stand (vgl dazu Kakuska 1997) Es gibt auf dem bdquoEsoterik-Markt regelrechte bdquoUnsterblichkeits-Trainings in denen den Teilnehmern (gegen gutes Geld natuumlrlich) nicht nur eingeredet wird daszlig sie gar nicht sterben koumlnnten weil sie selbst bdquogoumlttl ich seien sondern daszlig es sogar die Moumlglichkeit gebe bdquoauf ewig im Koumlrper zu bleiben (vgl M D 1992 S 188 ff) Dh Auch auszligermedizinische zB re-ligioumlse Sachverhalte werden im Rah-men esoterischer Totalkonzepte von bdquoGanzheitlichkeit freigegeben fuumlr den Heiler oder - oft nur selbsternannten -Therapeuten Von der bdquoKrake Sciento-logy soll hier gar nicht weiter die Rede sein Sie ist ja in gewisser Hinsicht nur eine versektete durch ihr Geschaumlftsge-baren besonders bdquoauffaumlllige Form sol-cher bdquoEinfachst- oder bdquoPrimitiv-Esote-rik wie den bdquoFuumlnf Tibetern die dem bdquoKlienten am Ende nicht nur Gesund-heit und Heilung (den Clear-Zustand) sondern auch noch uumlber-menschliche Faumlhigkeiten (den bdquoOperating-Thetan-Zu-stand) verspricht - mit bdquoArbeitsvertrauml-gen uumlber Jahrmillionen die unsere irdi-sche Existenz in unbekannte Dimensio-nen uumlbersteigen Damit kommt bereits der zweite fuumlr die theologische Auseinandersetzung mit der Esoterik wichtige Punkt in den Blick - ein bdquomagisches Machbarkeitsdenken durch das die neue esoterische Religio-sitaumlt dem modernen Rationalismus und der Welt der technischen Lebensbewaumll-tigung naumlher steht als sie meist glauben machen wi l l

Rechtfertigungslehre versus paumldagogi-scher Evolutionismus

Moderne Esoterik und Okkultismus sind Kinder des 19 Jahrhunderts als der Ent-wicklungsgedanke und darauf aufbau-ende Fortschritts-Utopien aufzubluumlhen begannen Keine der heutigen Esoterik-und Okkultbewegungen ist aumllter als 150 Jahre Es gibt sie immer noch die bdquomo-dernen Selbstverwirklichungs-Eschatolo-gien und bdquoDo-it-yourself-Paradiese deren Zusammenbruch mancher Theo-loge zu erkennen meint - naumlmlich vor allem in Gestalt heutiger bdquoEsoterik Eine Erklaumlrung warum sich viele Menschen heute gerade zu dieser esoterischen Re-ligiositaumlt hingezogen fuumlhlen duumlrfte in deren Nauml7e zum modernen Wissen-schafts- und Technikglauben zum Glau-ben an die bdquoMachbarkeit aller Dinge liegen Die moderne esoterische Reli-giositaumlt beansprucht zu wissen und nicht mehr bloszlig zu glauben und sie moumlchte moumlglichst kurzfristige bdquoErfahrungen und bdquoBeweise der bdquoErloumlstheit des Men-schen - Der Geistheiler weiszlig wie die Heil-kraft oder bdquoLebenskraft aus dem Kos-mos manipuliert wird (Daskalos) - Kuumlbler-Ross weiszlig daszlig es ein Leben nach dem Tod gibt sie vertraut nicht nur darauf - Der Spiritist legt bdquoBeweise vor fuumlr ein Uumlberleben des Todes Die bdquoGeister re-den in den spiritistischen Sitzungen und damit seien bdquoBeweise erbracht daszlig der Mensch auf einer geistigen Ebene wei-terexistiert - Die Anthroposophie versteht sich ebenfalls nicht als Glaube oder bdquoReli-gion sondern ausdruumlcklich als bdquoGe-heim- oder bdquoGeistes- Wissenschaft weil Rudolf Steiner ein bdquoWissen eine bdquoErkenntnis uumlber die bdquogeistige Welt ge-bracht habe

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Das biblische Verstaumlndnis des Glaubens als bdquoNicht sehen und doch Gott ver-trauen ist der Esoterik zutiefst fremd Man laumlszligt nur angeblich Beweisbares und rational Einsehbares als Lehre gel-ten Dementsprechend wird auch das Beten umfunktioniert zu einer Art bdquosaumlkularer Magie oder Heilstechnologie bdquoMi t meinen Gebeten kann ich jeden aus der Firma entfernen mit diesen Worten wurde einmal im bdquoSpiegel eine Anhaumln-gerin der theosophischen bdquoI AM-Bewe-gung zitiert die von einem millionen-schweren Schokoladenfabrikanten in der Schweiz geheiratet worden war Nach dem Philosophen Peter Sloterdijk steht das bdquogeheime Wissen der Esoterik dem mit moderner Technik oft verbun-denen Macht- und Erloumlsungsstreben des Menschen naumlher als es auf den ersten Blick scheint Wenn schon bdquoWissen Macht ist dann erscheint bdquomagisches Wissen als absolute Macht (vgl FAZ-Magazin Nr 836 8 3 1996) Waumlhrend christliche Religion den Men-schen zu seiner Erloumlsung grundlegend als der Gnade Gottes beduumlrftig versteht ist die esoterische Religiositaumlt vor allem eine Angelegenheit des Humanum des Menschen dem es um die Steigerung menschlicher (Erfahrungs-)Moumlglichkei-ten geht der seine Nichtigkeit erfaumlhrt aber sich selbst das houmlchste Wesen bleibt indem er seine tiefe Verlorenheit von sich aus aus eigenen Kraumlften auf dem Weg eines bdquopaumldagogischen Evolu-tionismus uumlberwinden wi l l Diese bdquoneue Religiositaumlt der Esoterik ist weit-hin ein Ruumlckfall in eine dem christlichen Glauben an die Rechtfertigung des Suumln-ders fremde bdquoGesetzlichkeit Das Men-schenbild der Esoterik wird zentral be-stimmt von der Gesetzmaumlszligigkeit von Karma und Reinkarnation Nach diesem strengen Gesetz muszlig der Mensch immer

wieder in diese bdquoSchule des Lebens zuruumlck bis er selbst seine Schwaumlchen ausgeglichen und sich selbst vervoll-kommnet hat Letztlich ist die Rein-karnations- und Karma-Lehre der gefaumlhr-liche Versuch die bdquoletzten Fragen des Lebens vor allem die Heilsfrage auf der Basis des Leistungsgedankens zu beant-worten Gegen oft hohe Gebuumlhren ver-suchen Esoterik-Anbieter vor diesem Hintergrund dem Menschen zu zeigen wie er sich selbst schneller zum Geistig-Goumlttlichen bdquoentwickeln koumlnne

Christliche Hoffnung versus Selbstverwirklichungs-Eschatologie

Die bdquoFreiheit des Christenmenschen kann solchen esoterischen Vorstellungen gegenuumlber nur gewahrt werden wenn deutlich hervorgehoben wird daszlig im christlichen Glauben die Frage der Erlouml-sung von der Frage der natuumlrlichen oder geistigen Entwicklung bdquoabgekoppelt ist daszlig die Geschichte kein bdquoFortschritt ist der unmittelbar im Erloumlsungszustand en-det bdquoDas Evangelium ist erst das Mor-genrot der Welterloumlsung sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoChristliche Froumlmmigkeit ist beziehungsorientiert Sie versteht sich im Gegenuumlber zu Gott zu Christus Eso-terische Spiritualitaumlt scheint demgegen-uumlber entwicklungsorientiert Sie ist an-thropozentrisch und in der Gefahr sich uumlber die Grenzen des Menschen illusio-nistisch zu erheben oder einem unguten Leistungsdruck zu verfallen so charak-terisierte Michael Nuumlchtern kuumlrzlich die Diskrepanz zwischen christlichem Glau-ben und esoterischer Selbstverwirkli-chungs-Eschatologie (Interview in bdquoidea 1 7 1998 S V) Dies scheint heute allerdings am schwersten zu vermitteln zu sein Daszlig der bdquoWeg des Glaubens keine progres-sive Entwicklung ist Der Christ steht im-

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mer wieder am Anfang und ist taumlglich neu angewiesen auf Gottes hilfreiche Gnade Ein wirkliches Fortschreiten im Blick auf unser Heil gibt es nicht von uns her sondern allein durch Gottes Zu-wendung zu uns vom Kommen des Rei-ches Gottes zu uns her (Mt 2534) Die christliche Hoffnung haumllt es also weniger mit Lessings bdquoErziehung des Menschen-geschlechts als mit Houmllderlin der ein-mal dichtete bdquoWas hier wir sind kann dort ein Gott ergaumlnzen mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden (A Kouml-berle in bdquoDas geheimnisvolle Reich der Seele Freiburg 1984 S 19) Mit A Resch kann man daher durchaus bezweifeln ob es sich bei der neuarti-gen bdquoReligiositaumlt der Esoterik uumlberhaupt noch um eine religioumlse Haltung im eigentlichen Sinn handelt Esoterik stellt als bdquoGeheimwissenschaft seit Helena Blavatsky nicht nur eine Alternative zur herkoumlmmlichen Wissenschaft sondern auch zur Religion dar Viele Fragen wer-den uumlberhaupt ausgeklammert aus dem Bereich der Religion was dem Streben des modernen Menschen nach Erkennt-nis entgegenkommt So ist die Frage der Wiedergeburt (Reinkarnation) fuumlr den Esoteriker eigentlich keine Frage der Re-ligion sondern des Wissens Die Wie-dergeburt gilt nicht als Glaubensfrage sondern als Tatsache Kennzeichen der Esoterik ist nach Resch (1994 S 75f) ihr Immanentismus dh bdquodie Deutung von Welt Leben und Religion mit natur-immanenten Kraumlften unter Verzicht auf die Transzendenz Damit nimmt Esoterik nach Resch bdquoimmer mehr die Form einer alternativen Lebensgestal-tung zu Wissenschaft und Religion vor allem zum Christentum ein zumal der Stellenwert der Person durch die kosmi-sche Einheit und den Kreislauf der Dinge voumlllig relativiert wird Der Wert der Per-son ist nur zeitlich gegeben und hat

keine transzendente Bedeutung mehr Das Ich ist im All verklungen Auch J Sudbracks Kritik an der Esoterik setzt an diesem zentralen Punkt der Unverfuumlgbarkeit des bdquo D u Gottes und der Freiheit der Person an wonach die fuumlr echte Religion konstitutive bdquoBegeg-nung mit Gott als freiem personalem Gegenuumlber die bdquoEhrfurcht vor dem Groumlszligeren durch den Versuch der Eso-terik miszligachtet wird bdquodas Ganze der Welt in den intellektuellen Griff (zu) bekommen So uumlberrasche es nicht bdquodaszlig im esoterischen Zugriff auf die Wirklichkeit all die Werte Freiheit Liebe Du Personsein Einmaligkeit usw ins Abseits geraten Sie naumlmlich gruumlnden in der Qualitaumlt des gegen-uumlber die auch von der intellektuellen Esoterik in die Immanenz des Selbst auf-geloumlst wird (997 S 333) Solche bdquoVerendlichungen bei an-spruchsvolleren Vertretern der Esoterik sind erst recht fuumlr den bdquoEsoterik-Markt typisch Aus religionswissenschaftlicher Perspektive fragt daher auch H Zinser bdquoob dies noch Religion sei was von der esoterischen bdquoPublikums- und bdquoKlien-tenreligion auf dem bdquoMarkt verhandelt wird bdquooder ob der Markt mit seinen Ver-dinglichungen und Verendlichungen das von der Religion gemeinte Absolute auf-loumlst (1997 S 31)

Eine Ideologie neuer sozialer Ungleich-heit

Uumlber die religioumls-weltanschauliche Di-mension hinaus haben viele esoterische Angebote eine gesellschaftspolitische Dimension die in juumlngster Zeit immer mehr auf Kritik stieszlig Esoterik - nicht nur in ihren banalen Auspraumlgungen - wird vorgeworfen ausbeuterische Systeme zu rechtfertigen rassistischen Vorurteilen nicht konsequent und eindeutig ent-

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gegenzutreten (vgl die in MD 1998 S 146 ff u 21 Off dokumentierten Dis-kussionen um Steiner und Hockemeyer) oder zu einer Ideologie sozialer Un-gleichheit zu verkommen Richard Schroumlder sprach im bdquoSpiegel (Nr 52 1997) diesbezuumlglich geradezu von einer bdquoasozialen Religiositaumlt die sich hier ausbreite Die nichtinstitutionalisierte frei flottierende Religiositaumlt des Esoterik-Marktes steht so Schroumlder bdquo in der Ge-fahr die Gesellschaft zu entkultivieren naumlmlich als bdquoasoziale Religiositaumlt der ruumlcksichtslosen Erlebnissteigerung die ein Goumlttliches im Ich sucht und sich aus-leben moumlchte Demgegenuumlber sei bdquokul-tivierte Religiositaumlt immer bdquogemeinsam verantwortet Hier ist die Esoterik gefragt vor allem ihr Menschenbild kritisch zu reflektieren das auf dem angeblichen bdquoGesetz von Karma und Reinkarnation als bdquogeistigem Entwicklungsgesetz der Menschheit be-ruht Es waumlre zu kurzschluumlssig gedacht etwa aus der hohen Arbeitslosigkeit auf einen Bedeutungsverlust der Esoterik zu schlieszligen weil die teuren Esoterik-An-gebote fuumlr immer mehr Menschen uner-schwinglich werden Denn neben dem Heer von Arbeitslosen und Geringver-dienenden kann sehr wohl eine bdquoEsote-rik-Kultur fuumlr beguumlterte Schichten ge-deihen aus deren esoterischer Sicht die Armen ja ohnehin nur ihr bdquoschlechtes Karma aus Vor-Existenzen abarbeiten Im Zeitalter der bdquoGlobalisierung des Ka-pitalismus koumlnnte das esoterische Men-schenbild auf diese Weise zur Ideologie neuer sozialer Ungleichheit reuumlssieren wenn sich seine Vertreter nicht selbst kritisch von solchen Gefahren distan-zieren Ein gesellschaftspolitisch inzwischen ebenfalls erkanntes und heftig diskutier-tes Problem betrifft vor allem esoterische Heilungsangebote auf dem bdquofreien

Markt Mit ihren Verheiszligungen einer bdquototalitaumlren Ganzheitlichkeit die einen Totalanspruch auf die Regulierung aller Lebensbereiche eines Betroffenen durch esoterische Praktiken erhebt koumlnnen Manipulationsmoumlglichkeiten Tuumlr und Tor geoumlffnet werden Was not tut im Blick auf oft skrupellos vorgehende eso-terische Anbieter ist daher eine Art bdquoVer-braucher-Schutz oder wenigstens eine verstaumlrkte bdquoVerbraucher-Beratung im Blick auf die von Esoterikern angebote-nen bdquoDienstleistungen (su S 283) In dieser Hinsicht hat sich auch die En-quete-Kommission bdquoSog Sekten und Psychogruppen des Deutschen Bundes-tages dafuumlr eingesetzt daszlig in der naumlch-sten Legislaturperiode ein Gesetz zur gewerblichen Lebensbewaumlltigungshilfe verabschiedet wird

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Klaus Fleckner Wuppertal

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

In letzter Zeit erreichen uns haumlufig Anfragen wegen der Aktivitaumlten einer bdquoBruder-schaft der Menschheit einer bdquoUniversalen Kirche oder eines bdquoFundaments fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen Hinter diesen verschiedenen Namen verbirgt sich ein und dieselbe esoterisch-theosophische Aktivitaumlt die eine Fortbildung der auf Helena Blavatsky zuruumlckgehenden modernen Theosophie darstellt (vgl MD 1992 S 245 ff) Pfarrer Klaus Fleckner hat uns folgende lebendige Schilderung vom Be-such eines Seminars dieser Organisation im letzten Jahr uumlbersandt

1 Der Ort und die Gruppe

Das bdquoLindner Golfhotel Juliana ein am Stadtrand von Wuppertal gelegenes Ob-jekt der 4-Sterne-Kategorie bietet neben seinem weitlaumlufigen Golfgelaumlnde auf dem schon Franz Beckenbauer seinen Golfschlaumlger schwang ein gediegenes Interieur mit mehr als nur einem Hauch von Luxus und gehobenem Komfort Eine Gruppe von Leuten zwischen 30

und 50 gut gekleidet im Geschmacks-spektrum von Edelflipp bis laumlssig-schick wartete im Stehen vor dem Flur zum Konferenzraum uumlber dessen Tuumlr endlos der Name des Mieters voruumlberzog bdquoFUNDAMENT FUumlR HOumlHERES GEISTI-GES LERNEN - eine wohlklingende Er-gaumlnzung zu den diversen anderen Schu-lungskursen und Konferenzen im Haus mit topgestylten Managertypen im Na-delstreifenanzug und sonnenbankge-

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braumlunten Schoumlnen wie von der Titelseite einer Modezeitschrift entsprungen Neu-ankoumlmmlinge ob Mann ob Frau wur-den von den Umstehenden mit Umar-mung und Kuumlszligchen empfangen Unge-faumlhr zwei Drittel der 25 Teilnehmer wa-ren Frauen bis auf zwei oder drei Paare schienen alle anderen ohne Partnerin angereist zu sein Wie beilaumlufige Fragen ergaben waren Lehrerinnen anwesend eine Psychologin eine fruumlhere kirchli-che Mitarbeiterin ein Steuerberater eine Krankenschwester eine Erzieherin Her-kunftsorte waren Staumldte der Wuppertaler Umgebung Duumlsseldorf Koumlln Herdecke usw Die Teilnahmegebuumlhr galt es gleich zu Beginn zu entrichten 220- DM -ohne Getraumlnke Verpflegung oder Uumlber-nachtung Nach 15 Minuten endete die Wartezeit der Konferenzraum wurde freigegeben und der Eindruck nun unmittelbar vor der Bescherung zu stehen bewahrhei-tete sich als haumltten unsichtbare Helfer ein esoterisches Weihnachtszimmer de-koriert Der Raum war reich ge-schmuumlckt Auf jedem Dreiertisch an den Seiten standen zwei kleine Blumenva-sen Doch die Aufmerksamkeit wurde automatisch nach vorne gelenkt Dort erstrahlte auf der linken Seite ein i l lumi-niertes farbiges Gemaumllde auf dem in Lichtschleier gehuumlllt drei Gestalten sichtbar waren die auseinander hervor-traten - es dominierte ein aufrechtste-hendes houmlheres Wesen mit einer Strah-lenkrone auf dem Kopf das in den Raum hineinzublicken schien waumlhrend sich ein zweites eine weibliche Gestalt zu ihm emporreckte und ein drittes ganz in dunklen Farben gehalten zur Erde hinuntergebeugt blieb Sie schienen auf einer Treppe zu sitzen Vor dem Bild stand ein Strauszlig roter gelber und blauer Blumen in einer Vase daneben ein Leuchter mit drei Kerzen in denselben

Farben - das ganze Ensemble auf meh-reren Lagen goldfarbenen Stoffs Vorne rechts neben einem Rednerpult und einer Tafel stand ein Tisch der mit bun-tem Spielzeug und anderen farbenfro-hen Dingen gefuumlllt war - bei naumlherem Hinsehen entdeckte ich farbige Tisch-tennisbaumllle Spieluhren Kreisel Spiel-zeugfiguren alte Spielzeugautos eine Kinderpistole einen kleinen Hai in ei-nem Glaszylinder in einer Fluumlssigkeit konserviert und mancherlei anderen Nippes von allenfalls Sammlerwert Am hinteren Ende des Raumes saszlig ein Mann an einem Mischpult mit Platten-spieler und Lautsprechern Anscheinend war es freigestellt wo man sich hinset-zen wollte doch das galt nicht fuumlr die vorderen beiden Reihen in denen schon Namensschilder standen Ich setzte mich in die dritte Reihe und wartete ab

2 Der bdquoMeisterreferent

Nach dem Verklingen einer pathetischen Musik-Ouvertuumlre stellte sich ein mittel-groszliger Mann ans Rednerpult der vorher etwas schwerfaumlllig nach vorne gegangen war und wies darauf hin daszlig er bdquoGun-dolf genannt werden wolle denn in dieser Arbeit tue sein Nachname nichts zur Sache Sein Vorname habe ihm zwar fruumlher uumlberhaupt nicht gefallen jetzt aber um so mehr und das nicht nur weil er so selten sei (Ich konnte mich nicht enthalten ihn mit bdquoGandalf aus dem Fantasy-Roman bdquoDer Herr der Ringe zu assoziieren und uns als eine Schar Hob-bits auf der Suche nach dem magischen Ring) Gundolf schrieb seinen Nachna-men aber trotzdem in etwas kleinerer Schrift mit an die Tafel und fuumlgte hinzu da er uns nicht beherrschen wolle habe er es nicht noumltig mit Musikbegleitung anzutreten - deshalb habe er sich erst an uns gewandt nachdem sie verklun-

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gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 9: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

Esoterik scheint bei vielen Menschen vor allem das Beduumlrfnis nach Bewaumlltigung des religioumlsen Pluralismus und anderen Globalisierungsphaumlnomenen unserer Zeit zu stehen Der einzelne sieht sich einer Religionsvielfalt gegenuumlber aus der er auswaumlhlen muszlig (P L Berger) Die un-uumlberschaubare Vielfalt der Weltanschau-ungen tritt aber dabei in eine Spannung zu dem spirituellen Beduumlrfnis nach Ver-einheitlichung und Harmonie Von dieser Sehnsucht vieler Menschen profitiert heute die Esoterik Vor allem die bdquoSystem-Esoterik verschiedener Grup-pen wie der Anthroposophie oder ein-zelner Autoren wie Dethlefsen oder Dahlke ist gegenwaumlrtig einer der in der Oumlffentlichkeit bis ins bdquoBildungsbuumlrger-tum hinein einfluszligreichsten Versuche einer Bewaumlltigung des religioumlsen Plura-lismus durch eine religioumls-weltanschau-liche Vereinheitlichung - darin mit dem Fundamentalismus als Versuch einer bdquoverbindlichen Loumlsung aller gesell-schaftlichen Fragen von einem religiouml-sen Fundament aus durchaus konkurrie-rend Auch esoterische Gruppen koumlnnen den einzelnen trotz aller bdquoDogmenkri-tik ebenso mit Vorschriften hinsichtlich seiner Lebensfuumlhrung vereinnahmen vom Fernseh-Verbot bis zum Vegetarismus oder bdquolichtdurchlaumlssiger Kleidung Vertreter der bdquoneuen esoterischen Reli-giositaumlt bekraumlftigen dabei immer wie-der es sei eigentlich nicht so wichtig wo einer den bdquospirituellen Weg betritt denn alle Religionen und Traditionen seien recht verstanden nur Ausdruck der einen allumfassenden Wahrheit- in jeder von ihnen sei der bdquowahre Kern der esoterischen Weisheit enthalten Man kann dies als den bdquoesoterischen An-satz bezeichnen denn eben diese Sichtweise ist der Kern und das innerste Motiv der modernen Esoterik seit der Gruumlndung der bdquoTheosophischen Gesell-

schaft 1875 als einer Art bdquointerreligioumlser Bewegung Er besagt daszlig angeblich al-len Weltreligionen eine gemeinsame aber geheime esoterische bdquoWeisheits-lehre oder bdquoUr-Weisheit zugrunde-liegt Die verschiedenen religioumlsen Tra-ditionen seien nur historisch beschraumlnk-te Auspraumlgungen davon In der heute wohl bei uns verbreitetsten Einfuumlhrung in die Esoterik - Thorwald Dethlefsens Bestseller bdquoSchicksal als Chance - wird die bdquoheilige Lehre der Esoterik in diesem Sinne z B als bdquodas Urwissen zur Vollkommenheit des Men-schen (so der Untertitel) bezeichnet es handele sich um eine Lehre die jenseits aller begrenzten Formen der Religionen die bdquozeitunabhaumlngige der Menschheit jemals zugaumlngliche bdquoSumme des Wis-sens uumlber das Universum darstelle Eso-teriker glauben daszlig diese unspruumlngliche bdquoWeisheitsreligion durch moderne Wis-senschaft und christliche Kirchen ent-stellt oder vergessen wurde aber durch bdquogeheime Uumlberlieferungen und bdquoEinge-weihte die Zeiten uumlberdauern konnte -Gedanken auf denen heute eine un-uumlberschaubar gewordene esoterische bdquoVerschwoumlrungsliteratur aufbaut Aber nicht nur einzelne Autoren auch zahlreiche esoterische Weltanschau-ungsgemeinschaften verfolgen dieses Ziel einer Vereinheitlichung unter esote-rischem Vorzeichen Der Begruumlnder der Anthroposophie Rudolf Steiner meinte zB bdquodaszlig aus der anthroposophischen Stimmung das volle Verstaumlndnis des Wahrheitskerns aller Religionen folgen wi rd (GA 148133) Schon 1904 als Generalsekretaumlr der deutschen Sektion der bdquoTheosophischen Gesellschaft aumluszligerte er in einem Vortrag daszlig bdquodie theosophische Anschauung im Grun-de genommen kein Bekenntnis aus-schlieszligt alle aber einschlieszligt Alle bdquogroszligen Weisheitslehrer so meinte er

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im Sinne dieses esoterischen inklusivi-stischen Synkretismus - bdquoder aumlgyptische Hermes die alten indischen Rishis Za-rathustra die chinesischen Weisheits-lehrer Laotse und Konfuzius die Einge-weihten der alten Juden ferner Pythago-ras und Plato und endlich die Lehrer des Christentums selbst - haumltten die allge-meine esoterische bdquoWeisheitslehre ver-treten Heute sehen besonders New Age-Vertre-ter in der Akzeptanz dieses esoterischen Inklusivismus das Heraufkommen einer groumlszligeren alle Religionen umfassenden bdquoOumlkumene des Wassermann-Zeitalters hinter der die bdquokleine Oumlkumene der Kir-chen hoffnungslos zuruumlckbleibe Im groszligen Stil wurde dieser bdquoesoterische Ansatz erstmals in der 1875 von Helena Blavatsky und anderen gegruumln-deten bdquo Theosophischen Gesellschaft durchgefuumlhrt Die moderne Theosophie beansprucht nach dem deutschen Theo-sophen Hermann Rudolph bdquodas einzig Wesentliche und Gemeinsame aller Re-ligionen zu ihrer Grundlage zu haben bdquoLiebe das goumlttliche Selbst in dir und in allem lautet die Forderung aller wahren Religion Geistig aufgefaszligt sind und wol -len alle Religionen dasselbe Sie ent-springen saumlmtlich einer Quelle (Theo-sophie Bd I Leipzig 21916 S 34f) Bezuumlglich der Inhalte dieser angeblich allen Religionen zugrundeliegenden esoterischen bdquoUr-Weisheit stoumlszligt man in der Literatur im wesentlichen auf drei Grundvora ussetzungen - einen weltanschaulichen Monismus - einen paumldagogischen Evolutionismus und - eine fuumlr die Gnosis typische Erkennt-nis- und Erloumlsungslehre im Sinne von Selbsterkenntnis als bdquoErloumlsung Das monistische Element kommt in der heutigen Esoterik vor allem in der weit verbreiteten Vorstellung zum Ausdruck

daszlig der ganze Kosmos durchstroumlmt ist von einer einheitlichen universellen bdquoLebensenergie die man mit Begriffen aus ganz unterschiedlichen Traditionen bezeichnet wie bdquoPrana bdquoChi bdquoOd-Kraft bdquoHeilkraft oder bdquoBioenergie Der paumldagogische Evolutionismus der modernen Esoterik ist nichts anderes als eine esoterische Umformung des moder-nen Fortschrittsglaubens ein bdquomysti-scher Utopismus wonach durch bdquoErzie-hung allmaumlhlich ein paradiesischer Zu-stand der vollstaumlndigen Vergeistigung al-les Materiellen herstellbar sei Die mei-sten esoterischen Anbieter versprechen dem heutigen Menschen eine Art bdquoEvo-lutionsfoumlrderung durch ihre Schulun-gen und Kurse daszlig sie sich auf dem Wege der Selbsterkenntnis selbst ver-vollkommnen und damit selbst erloumlsen koumlnnen Das ganze Leben in der Welt ist eine bdquoSchule in die wir immer wieder zuruumlck muumlssen mittels Re-Inkarnation bis wir unser bdquoPensum gelernt haben und uns fuumlr das Dasein in houmlheren gei-stigen Sphaumlren qualifiziert haben Aber es gibt auch fruumlhere Menschen die die-sen Weg bereits absolviert haben bdquoEin-geweihte und goumlttliche Wesenheiten von denen die jetzigen Menschen bdquoge-schult werden und an deren Spitze die in der Theosophie als bdquoGroszlige Weiszlige Bruderschaft bezeichnete houmlchste gei-stige Hierarchie unserer Welt steht Die dritte inhaltliche Grundvoraus-setzung der heutigen Esoterik laumluft auf eine esoterische Umformung moder-ner Selbstverwirklichungs-Escha tologien hinaus bdquoErinnere dich daszlig du ein Gott bist In jedem Menschen so die gnosti-sche Grundannahme seit Blavatskys bdquoTheosophie ist ein bdquogeistig-goumlttlicher Funke ja nach Blavatsky ist dieser bdquo in-nere Mensch uumlberhaupt bdquoder einzige Gott von dem wir irgendeine Kenntnis erlangen koumlnnen (bdquoDer Schluumlssel zur

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Theosophie 1889) Die heutige Esote-rik-Literatur ist voll von diesem Gedan-ken und banalisiert ihn schier endlos nach dem Motto der amerikanischen Filmschauspielerin Shirley MacLaine bdquoGott ist in jedem einzelnen von uns Gott traumlgt man in sich Jeder ist sein eigener Guru (vgl MD 1988 S 179)

Esoterik und die bdquoErlebnisgesellschaft

Daszlig solche bdquoWeisheiten heute immer oumlfter von Filmschauspielern Kuumlnstlern oder Sportlern usw verbreitet werden weist auf eine betraumlchtliche bdquoDisper-sion des Religioumlsen in der modernen Gesellschaft hin das laumlngst nicht mehr von den Vertretern der traditionellen religioumlsen Institutionen monopolisiert wird Man hat unsere Gesellschaft auch als moderne bdquoErlebnisgesellschaft cha-rakterisiert (Schulze) denn Umfragen haben ergeben daszlig bei den meisten Menschen der bdquoErlebniswert das ent-scheidende Motiv bei der Wahl einer bestimmten Sache eines Konsumarti-kels einer Fernsehsendung - aber auch beim Treffen von bdquoLebensentscheidun-gen und in bdquoreligioumlsen Fragen ist Auf-grund der bdquoErlebnisorientierung vieler Menschen expandiert der Erlebnis- und Unterhaltungs-Markt immer mehr in Be-reiche die fruumlher bdquoerlebnisneutral wa-ren - wie Arbeit Bildung und Politik Eine Auto- oder Bahnfahrt soll nicht nur schnell voran bringen sondern auch ein bdquoErlebnis sein wie die Werbung ver-heiszligt Auch auf religioumlsem Gebiet waumlhlt der Mensch mehr und mehr das aus was bei ihm - moumlglichst kurzfristig - zu einer in-neren Befriedigung fuumlhrt - und genau auf dieses Beduumlrfnis sind viele esoteri-sche Angebote mit religioumlsem Anspruch zugeschnitten Viele verstehen daher unter bdquoEsoterik heute einfach daszlig jeder

seinen eigenen religioumlsen Weg geht bdquoEsoterik wird damit zur reinen Wort-huumllse fuumlr den eigenen Individualismus der sich nicht kuumlmmert um das was an-dere oder was die Kirche sagt sondern nur noch fragt bdquoWas hilft mirV Man hat dies auch als bdquomoderne Cock-tail- oder Patchwork-Religiositaumlt be-zeichnet Dem flickenteppichhaften An-gebot entspricht auf der Seite der bdquoVer-braucher oder bdquoKonsumenten eine entsprechende Individualisierung ein Subjektivismus und ein Eklektizismus Was zaumlhlt bei der Auswahl ist letztlich der persoumlnliche Geschmack die bdquoeigene Erfahrung oder der bdquoErlebniswert Damit haumlngt auch die Schwierigkeit zu-sammen allgemeinguumlltig zu definieren was heute alles unter bdquoEsoterik verstan-den wird Das Wort wird zum bdquoContai-ner-Begriff zum Inbegriff der weltan-schaulichen Individualisierung und Plu-ralisierung schlechthin oder zum Aus-druck fuumlr den Trend bdquoIch suche mir meine eigene Religion Ein Esoterik-Or-gan brachte dies einmal auf houmlchst be-zeichnende Weise zum Ausdruck bdquoEs ist wunderbar daszlig es endlich wieder die Vielfalt der Moumlglichkeiten gibt Daszlig es christliche Kirchen Zenmeditation Ta-rot Astrologie I-Ging daszlig es Wunder-heiler Geistheiler Heilpraktiker Aumlrzte Psychotherapeuten und alternative The-rapeuten gibt Es ist das Recht jedes Menschen sein Heil auf seine ganz indi-viduelle Art zu suchen und zu finden (vgl MD 1997 S 198)

Esoterik und die Dispersion des Religioumlsen

Daszlig der gesellschaftliche Prozeszlig ziel-strebig auf eine totale bdquoSaumlkularisierung und bdquoReligionslosigkeit zugehe wird -wie bereits oben festgestellt - in dieser Einseitigkeit heute unter Soziologen und

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Theologen kaum noch vertreten Man geht vielmehr von einem Neben- und Ineinander divergierender Tendenzen von Saumlkularisierung und (Re-)Sakralisie-rung bzw (Re-)Mythologisierung aus Gleichzeitig bedeutet diese Entwicklung aber aus der Sicht der traditionellen reli-gioumlsen Institutionen eine bdquoVerduumlnnung und bdquoDispersion (Verteilung) von Reli-gion Damit ist das Entstehen einer bdquoamorphen Weltanschauung gemeint die weder religioumls noch atheistisch im uumlberlieferten Sinn ist eine Art bdquoideologi-scher Nebel (Asendorf) dessen Hinter-grund meist eine diffuse monistische Weltsicht ist Dieser Vorgang scheint sich auch in anderen Gesellschaften zu wiederholen zum Beispiel im postkom-munistischen Ruszligland wo die Zahl der bdquoneureligioumls Glaumlubigen (im Sinne die-ser amorphen religioumlsen Weltsicht) waumlchst Auch bei uns ist bdquoEsoterik haumlu-fig nur der Inbegriff dieses diffusen bdquoreli-gioumlsen Lebensgefuumlhls und sowohl Aus-druck dieser neureligioumlsen Tendenzen als auch ein ihre Ausbreitung mit am staumlrksten foumlrderndes Mittel Der Freiburger Religionssoziologe Mi-chael N Ebertz hat diese Veraumlnderungen auf die Formel von der bdquoDispersion des Religioumlsen gebracht bdquoDie wachsende Dispersion des Religioumlsen also seine Verteilung auf ganz unterschiedliche Orte Anbieter und Sozialformen scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein (1997 S 111) Funktionen von Re-ligion werden immer haumlufiger von nicht-kirchlichen Bereichen der Gesellschaft und ihren Agenten uumlbernommen - von Therapien Kunst Kultur Konsum Sport uam bdquoEs scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein daszlig Religioumlses - Weltorien-tierung Handlungsformierung und Ohn-machtsbewaumlltigung - auch dort zu ha-ben ist wo kein Schild Religion hier zu haben steht inzwischen sogar auf dem

oumlkonomischen Markt Sichtbare Konse-quenz dieses Dispersionsprozesses ist nach Ebertz bdquoIndem Lebensberater So-zialarbeiter Aumlrzte Lehrer fuumlr Gymnastik Ausdruckstanz und fernoumlstliche Sportar-ten Psychologen und Psychotherapeu-ten Fernsehstars und -Produzenten so-wie Kuumlnstler mit dem geistlichen Amts-traumlger alten Schlags in Konkurrenz tre-ten tragen sie zur Entgrenzungdes reli-gioumlsen Feldes bei und daruumlber zu einer -zumindest partiellen - Entdifferenzie-rung der Lebensbereiche Im Effekt kann dann jede(r) nicht nur eine Sekte sein sondern auch ein Theologe und Prie-ster und jede(r) seine eigene Sekte sein eigener Theologe und sein eigener Priester (S 148f) Auch die bdquoesoterische Dauerwelle ist eine der schillerndsten Konsequenzen dieses von Ebertz beschriebenen Prozes-ses indem ehemals von den christlichen Kirchen gepraumlgte Bereiche der Weltori-entierung und Ohnmachtsbewaumlltigung fuumlr weite Bevoumllkerungskreise nunmehr von esoterischen Anbietern oder von Ak-teuren aus der Unterhaltungs- und Mo-dewelt bedient werden Eines unter un-zaumlhligen Beispielen ist etwa das Buch des als bdquoneuer Nostradamus apostro-phierten Pariser Modemachers und Eso-terik-Autors Paco Rabanne bdquoDas Ende unserer Zeit Aufbruch in das Wasser-mann-Zeitalter (Muumlnchen 1996) bdquoVer-gleichbar dem Johannes dem Verfasser der nach ihm benannten Apokalypse kuumlndigt er die Rettung der Gerechten an und ein von Harmonie gekennzeich-netes kommendes Wassermann-Zeital-ter heiszligt es auf dem Buchdeckel gleichsam wie zur Bestaumltigung von Ebertz These uumlber die bdquoEntgrenzung des religioumlsen Feldes in dem dann jeder sein eigener bdquoProphet ist Diese Entwicklung wird begleitet von verschiedenen Trends die Ebertz als

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Trend zur Vermarktung des Religioumlsen (S 11 Off) als Trend zur religioumlsen Un-verbindlichkeit (S 76ff) und als Trend zum religioumlsen Individualismus zu Selbstentfaltungswerten und zur reli-gioumls-synkretistischen Autozentrik (S 75) charakterisiert Glaubensvorstellungen unterschiedlicher religioumlser Traditionen werden - gerade auch unter esoteri-schem Vorzeichen als angebliche eso-terische bdquoUr-Weisheit der Menschheit -selbst bei Kirchgaumlngern miteinander synkretistisch kombiniert Nach J Eiben (Shell-Jugend-Studie 1992) ergibt sich der Befund bdquodaszlig sich die Mitglieder und Sympathisanten okkulter und esote-rischer Gruppen zu einem Drittel aus Kirchgaumlngern rekrutieren (bei Ebertz S 74) bdquoEsoterik ist die gegenwaumlrtig populaumlrste Bezeichnung dieser sich verfluumlchtigen-den und dispergierenden Religiositaumlt Versteht man die esoterische bdquoDauer-welle als Ausdruck und Medium dieser Dispersionsprozesse so ist die Frage im Blick auf die weitere Entwicklung also wie weit sich die Dispersion des Religiouml-sen fortsetzt - und damit zugleich auch die esoterische Dauerwelle Denkbar ist aber auch daszlig dieser Prozeszlig in Zukunft unter ganz anderen Bezeichnungen wei-tergeht als unter der Worthuumllse bdquoEsote-rik Es ist aber auch moumlglich daszlig bdquoEso-terik zu einem Dauerkennzeichen sol-cher Tendenzen der Pluralisierung Indi-vidualisierung und Dispersion des Reli-gioumlsen wird Auf ein wichtiges Beispiel fuumlr die bdquoVer-teilung (Dispersion) des Religioumlsen in unserer Gesellschaft - und damit zu-gleich auch fuumlr die Ausbreitung esoteri-scher Vorstellungen - kann hier nur in Kuumlrze hingewiesen werden den Ge-sundheitssektor Bernhard Grom er-schien es juumlngst als wuumlrde sich bdquodie Eso-terik- und Alternativkonjunktur der 80er

Jahre seit einiger Zeit in einer Gesund-heitswelle fortsetzen (1998 S 413) bdquoGesundheit wird zu einem neuen bdquoHoumlchstwert - vor dem Hintergrund einer bdquoLeistungs- und bdquoErlebnisgesell-schaft die die jederzeitige bdquoFitness und das Wohlbefinden ihrer Mitglieder fordert Es scheint als ob die Konjunktur esoterischer Heilungsangebote vor allem vor dem Hintergrund dieser gesellschaft-lichen Tendenzen zu deuten ist und bis auf weiteres die bdquoEsoterik-Welle in be-sonderer Weise praumlgen wird Und hier spielen neben alternativen Entspan-nungs- Ernaumlhrungs- und Bewegungs-methoden (Yoga Demeter-Kost Kinesio-logie ua) vor allem esoterisch gepraumlgte Glaubensvorstellungen - insbesondere der Glaube an eine jederzeit verfuumlgbare bdquouniverselle Heilkraft oder bdquoLebens-kraft - eine Rolle Sogar das Parfuumlm von Paco Rabanne heiszligt nicht zufaumlllig bdquoenergy (FAZ-Magazin Nr 942 20 3 1998) Der Versuch der Heilung konkre-ter Krankheitssymptome und der An-spruch damit zugleich das bdquoesoterische Ur-Wissen von der Verwirklichung des ewigen Heils des Menschen verfuumlgbar zu haben gehen hier vor dem Hinter-grund der bdquoDispersion religioumlser Erwar-tungen auf bdquofreie esoterische Heilungs-angebote und Anbieter eine weder christlich noch fachlich-medizinisch vertretbare Einheit ein Von diesem und vielen anderen Gesichtspunkten aus regt sich daher immer haumlufiger Kritik an der heutigen Esoterik sowohl von kirchlich-theologischer als auch wissenschaftli-cher als auch politischer Seite

Esoterische Religiositaumlt auf dem Pruumlf-stand

Wie sollen Kirche und Gesellschaft rea-gieren angesichts dieses Befunds neuer esoterischer Religiositaumlt

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Ein wirklicher Dialog ist wohl nur mit wenigen Gruppen aus dem Bereich der bdquoSystem-Esoterik moumlglich (vgl zB M D 1997 S 91 ff zur Anthroposophie) Man kann die theologische Auseinanderset-zung mit den verschiedenen Erschei-nungsformen heutiger Esoterik an den genannten drei Hauptinhalten moderner Esoterik (so S 264) orientieren - Dem Monismus der Esoterik gegen-uumlber waumlre der biblische Schoumlpfungsglau-be eine geeignete Basis fuumlr die Kritik - Dem paumldagogischen Evolutionismus der Esoterik ihrem Angebot der Schaf-fung immer neuer bdquoDo-it-yourself-Para-diese auf Erden gegenuumlber waumlre mit der reformatorischen Rechtfertigungslehre zu argumentieren daszlig das Heil des Menschen nicht bdquomachbar ist sondern reines Geschenk Gottes - Und der gnostischen Erloumlsungslehre der Esoterik mit ihrer bdquoSelbstverwirkli-chungs-Eschatologie von der Realisie-rung des bdquogoumlttlichen Selbst im Men-schen waumlre die christliche Eschatologie entgegenzustellen wonach das Reich Gottes seit Jesus von Nazareth zwar bdquoun-ter uns ist aber sein endguumlltiges Kom-men noch aussteht solange der Mensch in der Suumlnde verharrt sein endguumlltiges Kommen Gnade ist (Mt 2534) Diese theologischen Punkte betreffen im wesentlichen die kirchliche Auseinan-dersetzung mit der bdquoSystem-Esoterik der organisierten Weltanschauungsgruppen Die gesellschaftliche Auseinanderset-zung (su) hat es daruumlberhinaus vor al-lem mit bestimmten Auswuumlchsen des bdquoEsoterik-Marktes und der Dispersion des Religioumlsen zu tun

Schoumlpfungsglaube versus Monismus

Der Monismus der modernen Esoterik seine Anschauung von einer bdquokosmi-schen Lebenskraft die alles durchflutet

kann die Kirche an vergessene Wahrhei-ten und Schaumltze ihrer eigenen Tradition erinnern Oft hat ein theologischer Intel-lektualismus vergessen- Der Mensch lebt in natuumlrlichen kosmischen Bezuumlgen ist Teil einer natuumlrlichen Ordnung bdquoAlle Krankheit sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoentspringt einer vierfachen Entfrem-dung von Gott vom Du von der Mutter Erde und von sich selbst Heilung und Heil sind nur zu erlangen wenn der Mensch in allen vier Lebensbezuumlgen umgewandelt wird und sich wandelt -in seinem religioumlsen Verhaumlltnis zu Gott in seiner sozialen Beziehung zu seinen Mitmenschen in seinen natuumlrlichen Be-zuumlgen zum Kosmos und in seinen indivi-duellen Bezuumlgen zu sich selbst Dh wenn sich der Mensch bdquoganzheitlich in der Konkretheit von Leib Seele und Geist begreift Eine Schluumlsselrolle spielt dabei der religioumlse Bezug zu Gott Der Christ weiszlig Der Mensch verdankt sich nicht einer unpersoumlnlichen Kraft im Kos-mos sondern bdquoschlechthin abhaumlngig weiszlig er sich nur von einem persoumln-lichen Du das ihn gewollt hat Das meint der Glaube an den bdquoSchoumlpfer und an die Welt als Gottes bdquoSchoumlpfung Darum kann der Christ Gott Gott und die Welt Welt sein lassen Im Monismus der Esoterik wird der Ur-sprung der Schoumlpfer des kosmischen Le-bensstroms der Leben uumlberhaupt erst er-moumlglicht weitgehend ausgeblendet Und damit haumlngt es zusammen daszlig der Mensch seine Endlichkeit und Ge-schoumlpft ichkeit nicht aushalten und des-halb zu Totalkonzepten von Selbst-Erlouml-sung und bdquoGanzheitlichkeit in einem fragwuumlrdigen Sinn seine Zuflucht neh-men muszlig Das ist besonders im Sektor esoterischer Heiler und Heilungsange-bote zu erkennen Eines der zur Zeit verbreitetsten Esoterik-Buumlcher mit dem Titel bdquoDie Fuumlnf Tibe-

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ter seit Monaten auf den Bestseller-Listen ganz oben verheiszligt dem Men-schen durch simple Yoga-Uumlbungen nicht nur groumlszligere Fitness sondern so etwas wie die Erlangung bdquoewiger Jugend -also letztlich einen alles Irdische soweit bekannt transzendierenden Heilszu-stand (vgl dazu Kakuska 1997) Es gibt auf dem bdquoEsoterik-Markt regelrechte bdquoUnsterblichkeits-Trainings in denen den Teilnehmern (gegen gutes Geld natuumlrlich) nicht nur eingeredet wird daszlig sie gar nicht sterben koumlnnten weil sie selbst bdquogoumlttl ich seien sondern daszlig es sogar die Moumlglichkeit gebe bdquoauf ewig im Koumlrper zu bleiben (vgl M D 1992 S 188 ff) Dh Auch auszligermedizinische zB re-ligioumlse Sachverhalte werden im Rah-men esoterischer Totalkonzepte von bdquoGanzheitlichkeit freigegeben fuumlr den Heiler oder - oft nur selbsternannten -Therapeuten Von der bdquoKrake Sciento-logy soll hier gar nicht weiter die Rede sein Sie ist ja in gewisser Hinsicht nur eine versektete durch ihr Geschaumlftsge-baren besonders bdquoauffaumlllige Form sol-cher bdquoEinfachst- oder bdquoPrimitiv-Esote-rik wie den bdquoFuumlnf Tibetern die dem bdquoKlienten am Ende nicht nur Gesund-heit und Heilung (den Clear-Zustand) sondern auch noch uumlber-menschliche Faumlhigkeiten (den bdquoOperating-Thetan-Zu-stand) verspricht - mit bdquoArbeitsvertrauml-gen uumlber Jahrmillionen die unsere irdi-sche Existenz in unbekannte Dimensio-nen uumlbersteigen Damit kommt bereits der zweite fuumlr die theologische Auseinandersetzung mit der Esoterik wichtige Punkt in den Blick - ein bdquomagisches Machbarkeitsdenken durch das die neue esoterische Religio-sitaumlt dem modernen Rationalismus und der Welt der technischen Lebensbewaumll-tigung naumlher steht als sie meist glauben machen wi l l

Rechtfertigungslehre versus paumldagogi-scher Evolutionismus

Moderne Esoterik und Okkultismus sind Kinder des 19 Jahrhunderts als der Ent-wicklungsgedanke und darauf aufbau-ende Fortschritts-Utopien aufzubluumlhen begannen Keine der heutigen Esoterik-und Okkultbewegungen ist aumllter als 150 Jahre Es gibt sie immer noch die bdquomo-dernen Selbstverwirklichungs-Eschatolo-gien und bdquoDo-it-yourself-Paradiese deren Zusammenbruch mancher Theo-loge zu erkennen meint - naumlmlich vor allem in Gestalt heutiger bdquoEsoterik Eine Erklaumlrung warum sich viele Menschen heute gerade zu dieser esoterischen Re-ligiositaumlt hingezogen fuumlhlen duumlrfte in deren Nauml7e zum modernen Wissen-schafts- und Technikglauben zum Glau-ben an die bdquoMachbarkeit aller Dinge liegen Die moderne esoterische Reli-giositaumlt beansprucht zu wissen und nicht mehr bloszlig zu glauben und sie moumlchte moumlglichst kurzfristige bdquoErfahrungen und bdquoBeweise der bdquoErloumlstheit des Men-schen - Der Geistheiler weiszlig wie die Heil-kraft oder bdquoLebenskraft aus dem Kos-mos manipuliert wird (Daskalos) - Kuumlbler-Ross weiszlig daszlig es ein Leben nach dem Tod gibt sie vertraut nicht nur darauf - Der Spiritist legt bdquoBeweise vor fuumlr ein Uumlberleben des Todes Die bdquoGeister re-den in den spiritistischen Sitzungen und damit seien bdquoBeweise erbracht daszlig der Mensch auf einer geistigen Ebene wei-terexistiert - Die Anthroposophie versteht sich ebenfalls nicht als Glaube oder bdquoReli-gion sondern ausdruumlcklich als bdquoGe-heim- oder bdquoGeistes- Wissenschaft weil Rudolf Steiner ein bdquoWissen eine bdquoErkenntnis uumlber die bdquogeistige Welt ge-bracht habe

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Das biblische Verstaumlndnis des Glaubens als bdquoNicht sehen und doch Gott ver-trauen ist der Esoterik zutiefst fremd Man laumlszligt nur angeblich Beweisbares und rational Einsehbares als Lehre gel-ten Dementsprechend wird auch das Beten umfunktioniert zu einer Art bdquosaumlkularer Magie oder Heilstechnologie bdquoMi t meinen Gebeten kann ich jeden aus der Firma entfernen mit diesen Worten wurde einmal im bdquoSpiegel eine Anhaumln-gerin der theosophischen bdquoI AM-Bewe-gung zitiert die von einem millionen-schweren Schokoladenfabrikanten in der Schweiz geheiratet worden war Nach dem Philosophen Peter Sloterdijk steht das bdquogeheime Wissen der Esoterik dem mit moderner Technik oft verbun-denen Macht- und Erloumlsungsstreben des Menschen naumlher als es auf den ersten Blick scheint Wenn schon bdquoWissen Macht ist dann erscheint bdquomagisches Wissen als absolute Macht (vgl FAZ-Magazin Nr 836 8 3 1996) Waumlhrend christliche Religion den Men-schen zu seiner Erloumlsung grundlegend als der Gnade Gottes beduumlrftig versteht ist die esoterische Religiositaumlt vor allem eine Angelegenheit des Humanum des Menschen dem es um die Steigerung menschlicher (Erfahrungs-)Moumlglichkei-ten geht der seine Nichtigkeit erfaumlhrt aber sich selbst das houmlchste Wesen bleibt indem er seine tiefe Verlorenheit von sich aus aus eigenen Kraumlften auf dem Weg eines bdquopaumldagogischen Evolu-tionismus uumlberwinden wi l l Diese bdquoneue Religiositaumlt der Esoterik ist weit-hin ein Ruumlckfall in eine dem christlichen Glauben an die Rechtfertigung des Suumln-ders fremde bdquoGesetzlichkeit Das Men-schenbild der Esoterik wird zentral be-stimmt von der Gesetzmaumlszligigkeit von Karma und Reinkarnation Nach diesem strengen Gesetz muszlig der Mensch immer

wieder in diese bdquoSchule des Lebens zuruumlck bis er selbst seine Schwaumlchen ausgeglichen und sich selbst vervoll-kommnet hat Letztlich ist die Rein-karnations- und Karma-Lehre der gefaumlhr-liche Versuch die bdquoletzten Fragen des Lebens vor allem die Heilsfrage auf der Basis des Leistungsgedankens zu beant-worten Gegen oft hohe Gebuumlhren ver-suchen Esoterik-Anbieter vor diesem Hintergrund dem Menschen zu zeigen wie er sich selbst schneller zum Geistig-Goumlttlichen bdquoentwickeln koumlnne

Christliche Hoffnung versus Selbstverwirklichungs-Eschatologie

Die bdquoFreiheit des Christenmenschen kann solchen esoterischen Vorstellungen gegenuumlber nur gewahrt werden wenn deutlich hervorgehoben wird daszlig im christlichen Glauben die Frage der Erlouml-sung von der Frage der natuumlrlichen oder geistigen Entwicklung bdquoabgekoppelt ist daszlig die Geschichte kein bdquoFortschritt ist der unmittelbar im Erloumlsungszustand en-det bdquoDas Evangelium ist erst das Mor-genrot der Welterloumlsung sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoChristliche Froumlmmigkeit ist beziehungsorientiert Sie versteht sich im Gegenuumlber zu Gott zu Christus Eso-terische Spiritualitaumlt scheint demgegen-uumlber entwicklungsorientiert Sie ist an-thropozentrisch und in der Gefahr sich uumlber die Grenzen des Menschen illusio-nistisch zu erheben oder einem unguten Leistungsdruck zu verfallen so charak-terisierte Michael Nuumlchtern kuumlrzlich die Diskrepanz zwischen christlichem Glau-ben und esoterischer Selbstverwirkli-chungs-Eschatologie (Interview in bdquoidea 1 7 1998 S V) Dies scheint heute allerdings am schwersten zu vermitteln zu sein Daszlig der bdquoWeg des Glaubens keine progres-sive Entwicklung ist Der Christ steht im-

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mer wieder am Anfang und ist taumlglich neu angewiesen auf Gottes hilfreiche Gnade Ein wirkliches Fortschreiten im Blick auf unser Heil gibt es nicht von uns her sondern allein durch Gottes Zu-wendung zu uns vom Kommen des Rei-ches Gottes zu uns her (Mt 2534) Die christliche Hoffnung haumllt es also weniger mit Lessings bdquoErziehung des Menschen-geschlechts als mit Houmllderlin der ein-mal dichtete bdquoWas hier wir sind kann dort ein Gott ergaumlnzen mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden (A Kouml-berle in bdquoDas geheimnisvolle Reich der Seele Freiburg 1984 S 19) Mit A Resch kann man daher durchaus bezweifeln ob es sich bei der neuarti-gen bdquoReligiositaumlt der Esoterik uumlberhaupt noch um eine religioumlse Haltung im eigentlichen Sinn handelt Esoterik stellt als bdquoGeheimwissenschaft seit Helena Blavatsky nicht nur eine Alternative zur herkoumlmmlichen Wissenschaft sondern auch zur Religion dar Viele Fragen wer-den uumlberhaupt ausgeklammert aus dem Bereich der Religion was dem Streben des modernen Menschen nach Erkennt-nis entgegenkommt So ist die Frage der Wiedergeburt (Reinkarnation) fuumlr den Esoteriker eigentlich keine Frage der Re-ligion sondern des Wissens Die Wie-dergeburt gilt nicht als Glaubensfrage sondern als Tatsache Kennzeichen der Esoterik ist nach Resch (1994 S 75f) ihr Immanentismus dh bdquodie Deutung von Welt Leben und Religion mit natur-immanenten Kraumlften unter Verzicht auf die Transzendenz Damit nimmt Esoterik nach Resch bdquoimmer mehr die Form einer alternativen Lebensgestal-tung zu Wissenschaft und Religion vor allem zum Christentum ein zumal der Stellenwert der Person durch die kosmi-sche Einheit und den Kreislauf der Dinge voumlllig relativiert wird Der Wert der Per-son ist nur zeitlich gegeben und hat

keine transzendente Bedeutung mehr Das Ich ist im All verklungen Auch J Sudbracks Kritik an der Esoterik setzt an diesem zentralen Punkt der Unverfuumlgbarkeit des bdquo D u Gottes und der Freiheit der Person an wonach die fuumlr echte Religion konstitutive bdquoBegeg-nung mit Gott als freiem personalem Gegenuumlber die bdquoEhrfurcht vor dem Groumlszligeren durch den Versuch der Eso-terik miszligachtet wird bdquodas Ganze der Welt in den intellektuellen Griff (zu) bekommen So uumlberrasche es nicht bdquodaszlig im esoterischen Zugriff auf die Wirklichkeit all die Werte Freiheit Liebe Du Personsein Einmaligkeit usw ins Abseits geraten Sie naumlmlich gruumlnden in der Qualitaumlt des gegen-uumlber die auch von der intellektuellen Esoterik in die Immanenz des Selbst auf-geloumlst wird (997 S 333) Solche bdquoVerendlichungen bei an-spruchsvolleren Vertretern der Esoterik sind erst recht fuumlr den bdquoEsoterik-Markt typisch Aus religionswissenschaftlicher Perspektive fragt daher auch H Zinser bdquoob dies noch Religion sei was von der esoterischen bdquoPublikums- und bdquoKlien-tenreligion auf dem bdquoMarkt verhandelt wird bdquooder ob der Markt mit seinen Ver-dinglichungen und Verendlichungen das von der Religion gemeinte Absolute auf-loumlst (1997 S 31)

Eine Ideologie neuer sozialer Ungleich-heit

Uumlber die religioumls-weltanschauliche Di-mension hinaus haben viele esoterische Angebote eine gesellschaftspolitische Dimension die in juumlngster Zeit immer mehr auf Kritik stieszlig Esoterik - nicht nur in ihren banalen Auspraumlgungen - wird vorgeworfen ausbeuterische Systeme zu rechtfertigen rassistischen Vorurteilen nicht konsequent und eindeutig ent-

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gegenzutreten (vgl die in MD 1998 S 146 ff u 21 Off dokumentierten Dis-kussionen um Steiner und Hockemeyer) oder zu einer Ideologie sozialer Un-gleichheit zu verkommen Richard Schroumlder sprach im bdquoSpiegel (Nr 52 1997) diesbezuumlglich geradezu von einer bdquoasozialen Religiositaumlt die sich hier ausbreite Die nichtinstitutionalisierte frei flottierende Religiositaumlt des Esoterik-Marktes steht so Schroumlder bdquo in der Ge-fahr die Gesellschaft zu entkultivieren naumlmlich als bdquoasoziale Religiositaumlt der ruumlcksichtslosen Erlebnissteigerung die ein Goumlttliches im Ich sucht und sich aus-leben moumlchte Demgegenuumlber sei bdquokul-tivierte Religiositaumlt immer bdquogemeinsam verantwortet Hier ist die Esoterik gefragt vor allem ihr Menschenbild kritisch zu reflektieren das auf dem angeblichen bdquoGesetz von Karma und Reinkarnation als bdquogeistigem Entwicklungsgesetz der Menschheit be-ruht Es waumlre zu kurzschluumlssig gedacht etwa aus der hohen Arbeitslosigkeit auf einen Bedeutungsverlust der Esoterik zu schlieszligen weil die teuren Esoterik-An-gebote fuumlr immer mehr Menschen uner-schwinglich werden Denn neben dem Heer von Arbeitslosen und Geringver-dienenden kann sehr wohl eine bdquoEsote-rik-Kultur fuumlr beguumlterte Schichten ge-deihen aus deren esoterischer Sicht die Armen ja ohnehin nur ihr bdquoschlechtes Karma aus Vor-Existenzen abarbeiten Im Zeitalter der bdquoGlobalisierung des Ka-pitalismus koumlnnte das esoterische Men-schenbild auf diese Weise zur Ideologie neuer sozialer Ungleichheit reuumlssieren wenn sich seine Vertreter nicht selbst kritisch von solchen Gefahren distan-zieren Ein gesellschaftspolitisch inzwischen ebenfalls erkanntes und heftig diskutier-tes Problem betrifft vor allem esoterische Heilungsangebote auf dem bdquofreien

Markt Mit ihren Verheiszligungen einer bdquototalitaumlren Ganzheitlichkeit die einen Totalanspruch auf die Regulierung aller Lebensbereiche eines Betroffenen durch esoterische Praktiken erhebt koumlnnen Manipulationsmoumlglichkeiten Tuumlr und Tor geoumlffnet werden Was not tut im Blick auf oft skrupellos vorgehende eso-terische Anbieter ist daher eine Art bdquoVer-braucher-Schutz oder wenigstens eine verstaumlrkte bdquoVerbraucher-Beratung im Blick auf die von Esoterikern angebote-nen bdquoDienstleistungen (su S 283) In dieser Hinsicht hat sich auch die En-quete-Kommission bdquoSog Sekten und Psychogruppen des Deutschen Bundes-tages dafuumlr eingesetzt daszlig in der naumlch-sten Legislaturperiode ein Gesetz zur gewerblichen Lebensbewaumlltigungshilfe verabschiedet wird

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Sudbrack Josef (1997) Esoterik als Religion - eine Herausforderung in Geist und Leben 51997 S 323-336

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Wichmann Joumlrg (1990) Die Renaissance der Esote-rik Stuttgart 1990

Zinser Hartmut (1997) Der Markt der Religionen Muumlnchen 1997

Klaus Fleckner Wuppertal

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

In letzter Zeit erreichen uns haumlufig Anfragen wegen der Aktivitaumlten einer bdquoBruder-schaft der Menschheit einer bdquoUniversalen Kirche oder eines bdquoFundaments fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen Hinter diesen verschiedenen Namen verbirgt sich ein und dieselbe esoterisch-theosophische Aktivitaumlt die eine Fortbildung der auf Helena Blavatsky zuruumlckgehenden modernen Theosophie darstellt (vgl MD 1992 S 245 ff) Pfarrer Klaus Fleckner hat uns folgende lebendige Schilderung vom Be-such eines Seminars dieser Organisation im letzten Jahr uumlbersandt

1 Der Ort und die Gruppe

Das bdquoLindner Golfhotel Juliana ein am Stadtrand von Wuppertal gelegenes Ob-jekt der 4-Sterne-Kategorie bietet neben seinem weitlaumlufigen Golfgelaumlnde auf dem schon Franz Beckenbauer seinen Golfschlaumlger schwang ein gediegenes Interieur mit mehr als nur einem Hauch von Luxus und gehobenem Komfort Eine Gruppe von Leuten zwischen 30

und 50 gut gekleidet im Geschmacks-spektrum von Edelflipp bis laumlssig-schick wartete im Stehen vor dem Flur zum Konferenzraum uumlber dessen Tuumlr endlos der Name des Mieters voruumlberzog bdquoFUNDAMENT FUumlR HOumlHERES GEISTI-GES LERNEN - eine wohlklingende Er-gaumlnzung zu den diversen anderen Schu-lungskursen und Konferenzen im Haus mit topgestylten Managertypen im Na-delstreifenanzug und sonnenbankge-

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braumlunten Schoumlnen wie von der Titelseite einer Modezeitschrift entsprungen Neu-ankoumlmmlinge ob Mann ob Frau wur-den von den Umstehenden mit Umar-mung und Kuumlszligchen empfangen Unge-faumlhr zwei Drittel der 25 Teilnehmer wa-ren Frauen bis auf zwei oder drei Paare schienen alle anderen ohne Partnerin angereist zu sein Wie beilaumlufige Fragen ergaben waren Lehrerinnen anwesend eine Psychologin eine fruumlhere kirchli-che Mitarbeiterin ein Steuerberater eine Krankenschwester eine Erzieherin Her-kunftsorte waren Staumldte der Wuppertaler Umgebung Duumlsseldorf Koumlln Herdecke usw Die Teilnahmegebuumlhr galt es gleich zu Beginn zu entrichten 220- DM -ohne Getraumlnke Verpflegung oder Uumlber-nachtung Nach 15 Minuten endete die Wartezeit der Konferenzraum wurde freigegeben und der Eindruck nun unmittelbar vor der Bescherung zu stehen bewahrhei-tete sich als haumltten unsichtbare Helfer ein esoterisches Weihnachtszimmer de-koriert Der Raum war reich ge-schmuumlckt Auf jedem Dreiertisch an den Seiten standen zwei kleine Blumenva-sen Doch die Aufmerksamkeit wurde automatisch nach vorne gelenkt Dort erstrahlte auf der linken Seite ein i l lumi-niertes farbiges Gemaumllde auf dem in Lichtschleier gehuumlllt drei Gestalten sichtbar waren die auseinander hervor-traten - es dominierte ein aufrechtste-hendes houmlheres Wesen mit einer Strah-lenkrone auf dem Kopf das in den Raum hineinzublicken schien waumlhrend sich ein zweites eine weibliche Gestalt zu ihm emporreckte und ein drittes ganz in dunklen Farben gehalten zur Erde hinuntergebeugt blieb Sie schienen auf einer Treppe zu sitzen Vor dem Bild stand ein Strauszlig roter gelber und blauer Blumen in einer Vase daneben ein Leuchter mit drei Kerzen in denselben

Farben - das ganze Ensemble auf meh-reren Lagen goldfarbenen Stoffs Vorne rechts neben einem Rednerpult und einer Tafel stand ein Tisch der mit bun-tem Spielzeug und anderen farbenfro-hen Dingen gefuumlllt war - bei naumlherem Hinsehen entdeckte ich farbige Tisch-tennisbaumllle Spieluhren Kreisel Spiel-zeugfiguren alte Spielzeugautos eine Kinderpistole einen kleinen Hai in ei-nem Glaszylinder in einer Fluumlssigkeit konserviert und mancherlei anderen Nippes von allenfalls Sammlerwert Am hinteren Ende des Raumes saszlig ein Mann an einem Mischpult mit Platten-spieler und Lautsprechern Anscheinend war es freigestellt wo man sich hinset-zen wollte doch das galt nicht fuumlr die vorderen beiden Reihen in denen schon Namensschilder standen Ich setzte mich in die dritte Reihe und wartete ab

2 Der bdquoMeisterreferent

Nach dem Verklingen einer pathetischen Musik-Ouvertuumlre stellte sich ein mittel-groszliger Mann ans Rednerpult der vorher etwas schwerfaumlllig nach vorne gegangen war und wies darauf hin daszlig er bdquoGun-dolf genannt werden wolle denn in dieser Arbeit tue sein Nachname nichts zur Sache Sein Vorname habe ihm zwar fruumlher uumlberhaupt nicht gefallen jetzt aber um so mehr und das nicht nur weil er so selten sei (Ich konnte mich nicht enthalten ihn mit bdquoGandalf aus dem Fantasy-Roman bdquoDer Herr der Ringe zu assoziieren und uns als eine Schar Hob-bits auf der Suche nach dem magischen Ring) Gundolf schrieb seinen Nachna-men aber trotzdem in etwas kleinerer Schrift mit an die Tafel und fuumlgte hinzu da er uns nicht beherrschen wolle habe er es nicht noumltig mit Musikbegleitung anzutreten - deshalb habe er sich erst an uns gewandt nachdem sie verklun-

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gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 10: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

im Sinne dieses esoterischen inklusivi-stischen Synkretismus - bdquoder aumlgyptische Hermes die alten indischen Rishis Za-rathustra die chinesischen Weisheits-lehrer Laotse und Konfuzius die Einge-weihten der alten Juden ferner Pythago-ras und Plato und endlich die Lehrer des Christentums selbst - haumltten die allge-meine esoterische bdquoWeisheitslehre ver-treten Heute sehen besonders New Age-Vertre-ter in der Akzeptanz dieses esoterischen Inklusivismus das Heraufkommen einer groumlszligeren alle Religionen umfassenden bdquoOumlkumene des Wassermann-Zeitalters hinter der die bdquokleine Oumlkumene der Kir-chen hoffnungslos zuruumlckbleibe Im groszligen Stil wurde dieser bdquoesoterische Ansatz erstmals in der 1875 von Helena Blavatsky und anderen gegruumln-deten bdquo Theosophischen Gesellschaft durchgefuumlhrt Die moderne Theosophie beansprucht nach dem deutschen Theo-sophen Hermann Rudolph bdquodas einzig Wesentliche und Gemeinsame aller Re-ligionen zu ihrer Grundlage zu haben bdquoLiebe das goumlttliche Selbst in dir und in allem lautet die Forderung aller wahren Religion Geistig aufgefaszligt sind und wol -len alle Religionen dasselbe Sie ent-springen saumlmtlich einer Quelle (Theo-sophie Bd I Leipzig 21916 S 34f) Bezuumlglich der Inhalte dieser angeblich allen Religionen zugrundeliegenden esoterischen bdquoUr-Weisheit stoumlszligt man in der Literatur im wesentlichen auf drei Grundvora ussetzungen - einen weltanschaulichen Monismus - einen paumldagogischen Evolutionismus und - eine fuumlr die Gnosis typische Erkennt-nis- und Erloumlsungslehre im Sinne von Selbsterkenntnis als bdquoErloumlsung Das monistische Element kommt in der heutigen Esoterik vor allem in der weit verbreiteten Vorstellung zum Ausdruck

daszlig der ganze Kosmos durchstroumlmt ist von einer einheitlichen universellen bdquoLebensenergie die man mit Begriffen aus ganz unterschiedlichen Traditionen bezeichnet wie bdquoPrana bdquoChi bdquoOd-Kraft bdquoHeilkraft oder bdquoBioenergie Der paumldagogische Evolutionismus der modernen Esoterik ist nichts anderes als eine esoterische Umformung des moder-nen Fortschrittsglaubens ein bdquomysti-scher Utopismus wonach durch bdquoErzie-hung allmaumlhlich ein paradiesischer Zu-stand der vollstaumlndigen Vergeistigung al-les Materiellen herstellbar sei Die mei-sten esoterischen Anbieter versprechen dem heutigen Menschen eine Art bdquoEvo-lutionsfoumlrderung durch ihre Schulun-gen und Kurse daszlig sie sich auf dem Wege der Selbsterkenntnis selbst ver-vollkommnen und damit selbst erloumlsen koumlnnen Das ganze Leben in der Welt ist eine bdquoSchule in die wir immer wieder zuruumlck muumlssen mittels Re-Inkarnation bis wir unser bdquoPensum gelernt haben und uns fuumlr das Dasein in houmlheren gei-stigen Sphaumlren qualifiziert haben Aber es gibt auch fruumlhere Menschen die die-sen Weg bereits absolviert haben bdquoEin-geweihte und goumlttliche Wesenheiten von denen die jetzigen Menschen bdquoge-schult werden und an deren Spitze die in der Theosophie als bdquoGroszlige Weiszlige Bruderschaft bezeichnete houmlchste gei-stige Hierarchie unserer Welt steht Die dritte inhaltliche Grundvoraus-setzung der heutigen Esoterik laumluft auf eine esoterische Umformung moder-ner Selbstverwirklichungs-Escha tologien hinaus bdquoErinnere dich daszlig du ein Gott bist In jedem Menschen so die gnosti-sche Grundannahme seit Blavatskys bdquoTheosophie ist ein bdquogeistig-goumlttlicher Funke ja nach Blavatsky ist dieser bdquo in-nere Mensch uumlberhaupt bdquoder einzige Gott von dem wir irgendeine Kenntnis erlangen koumlnnen (bdquoDer Schluumlssel zur

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Theosophie 1889) Die heutige Esote-rik-Literatur ist voll von diesem Gedan-ken und banalisiert ihn schier endlos nach dem Motto der amerikanischen Filmschauspielerin Shirley MacLaine bdquoGott ist in jedem einzelnen von uns Gott traumlgt man in sich Jeder ist sein eigener Guru (vgl MD 1988 S 179)

Esoterik und die bdquoErlebnisgesellschaft

Daszlig solche bdquoWeisheiten heute immer oumlfter von Filmschauspielern Kuumlnstlern oder Sportlern usw verbreitet werden weist auf eine betraumlchtliche bdquoDisper-sion des Religioumlsen in der modernen Gesellschaft hin das laumlngst nicht mehr von den Vertretern der traditionellen religioumlsen Institutionen monopolisiert wird Man hat unsere Gesellschaft auch als moderne bdquoErlebnisgesellschaft cha-rakterisiert (Schulze) denn Umfragen haben ergeben daszlig bei den meisten Menschen der bdquoErlebniswert das ent-scheidende Motiv bei der Wahl einer bestimmten Sache eines Konsumarti-kels einer Fernsehsendung - aber auch beim Treffen von bdquoLebensentscheidun-gen und in bdquoreligioumlsen Fragen ist Auf-grund der bdquoErlebnisorientierung vieler Menschen expandiert der Erlebnis- und Unterhaltungs-Markt immer mehr in Be-reiche die fruumlher bdquoerlebnisneutral wa-ren - wie Arbeit Bildung und Politik Eine Auto- oder Bahnfahrt soll nicht nur schnell voran bringen sondern auch ein bdquoErlebnis sein wie die Werbung ver-heiszligt Auch auf religioumlsem Gebiet waumlhlt der Mensch mehr und mehr das aus was bei ihm - moumlglichst kurzfristig - zu einer in-neren Befriedigung fuumlhrt - und genau auf dieses Beduumlrfnis sind viele esoteri-sche Angebote mit religioumlsem Anspruch zugeschnitten Viele verstehen daher unter bdquoEsoterik heute einfach daszlig jeder

seinen eigenen religioumlsen Weg geht bdquoEsoterik wird damit zur reinen Wort-huumllse fuumlr den eigenen Individualismus der sich nicht kuumlmmert um das was an-dere oder was die Kirche sagt sondern nur noch fragt bdquoWas hilft mirV Man hat dies auch als bdquomoderne Cock-tail- oder Patchwork-Religiositaumlt be-zeichnet Dem flickenteppichhaften An-gebot entspricht auf der Seite der bdquoVer-braucher oder bdquoKonsumenten eine entsprechende Individualisierung ein Subjektivismus und ein Eklektizismus Was zaumlhlt bei der Auswahl ist letztlich der persoumlnliche Geschmack die bdquoeigene Erfahrung oder der bdquoErlebniswert Damit haumlngt auch die Schwierigkeit zu-sammen allgemeinguumlltig zu definieren was heute alles unter bdquoEsoterik verstan-den wird Das Wort wird zum bdquoContai-ner-Begriff zum Inbegriff der weltan-schaulichen Individualisierung und Plu-ralisierung schlechthin oder zum Aus-druck fuumlr den Trend bdquoIch suche mir meine eigene Religion Ein Esoterik-Or-gan brachte dies einmal auf houmlchst be-zeichnende Weise zum Ausdruck bdquoEs ist wunderbar daszlig es endlich wieder die Vielfalt der Moumlglichkeiten gibt Daszlig es christliche Kirchen Zenmeditation Ta-rot Astrologie I-Ging daszlig es Wunder-heiler Geistheiler Heilpraktiker Aumlrzte Psychotherapeuten und alternative The-rapeuten gibt Es ist das Recht jedes Menschen sein Heil auf seine ganz indi-viduelle Art zu suchen und zu finden (vgl MD 1997 S 198)

Esoterik und die Dispersion des Religioumlsen

Daszlig der gesellschaftliche Prozeszlig ziel-strebig auf eine totale bdquoSaumlkularisierung und bdquoReligionslosigkeit zugehe wird -wie bereits oben festgestellt - in dieser Einseitigkeit heute unter Soziologen und

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Theologen kaum noch vertreten Man geht vielmehr von einem Neben- und Ineinander divergierender Tendenzen von Saumlkularisierung und (Re-)Sakralisie-rung bzw (Re-)Mythologisierung aus Gleichzeitig bedeutet diese Entwicklung aber aus der Sicht der traditionellen reli-gioumlsen Institutionen eine bdquoVerduumlnnung und bdquoDispersion (Verteilung) von Reli-gion Damit ist das Entstehen einer bdquoamorphen Weltanschauung gemeint die weder religioumls noch atheistisch im uumlberlieferten Sinn ist eine Art bdquoideologi-scher Nebel (Asendorf) dessen Hinter-grund meist eine diffuse monistische Weltsicht ist Dieser Vorgang scheint sich auch in anderen Gesellschaften zu wiederholen zum Beispiel im postkom-munistischen Ruszligland wo die Zahl der bdquoneureligioumls Glaumlubigen (im Sinne die-ser amorphen religioumlsen Weltsicht) waumlchst Auch bei uns ist bdquoEsoterik haumlu-fig nur der Inbegriff dieses diffusen bdquoreli-gioumlsen Lebensgefuumlhls und sowohl Aus-druck dieser neureligioumlsen Tendenzen als auch ein ihre Ausbreitung mit am staumlrksten foumlrderndes Mittel Der Freiburger Religionssoziologe Mi-chael N Ebertz hat diese Veraumlnderungen auf die Formel von der bdquoDispersion des Religioumlsen gebracht bdquoDie wachsende Dispersion des Religioumlsen also seine Verteilung auf ganz unterschiedliche Orte Anbieter und Sozialformen scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein (1997 S 111) Funktionen von Re-ligion werden immer haumlufiger von nicht-kirchlichen Bereichen der Gesellschaft und ihren Agenten uumlbernommen - von Therapien Kunst Kultur Konsum Sport uam bdquoEs scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein daszlig Religioumlses - Weltorien-tierung Handlungsformierung und Ohn-machtsbewaumlltigung - auch dort zu ha-ben ist wo kein Schild Religion hier zu haben steht inzwischen sogar auf dem

oumlkonomischen Markt Sichtbare Konse-quenz dieses Dispersionsprozesses ist nach Ebertz bdquoIndem Lebensberater So-zialarbeiter Aumlrzte Lehrer fuumlr Gymnastik Ausdruckstanz und fernoumlstliche Sportar-ten Psychologen und Psychotherapeu-ten Fernsehstars und -Produzenten so-wie Kuumlnstler mit dem geistlichen Amts-traumlger alten Schlags in Konkurrenz tre-ten tragen sie zur Entgrenzungdes reli-gioumlsen Feldes bei und daruumlber zu einer -zumindest partiellen - Entdifferenzie-rung der Lebensbereiche Im Effekt kann dann jede(r) nicht nur eine Sekte sein sondern auch ein Theologe und Prie-ster und jede(r) seine eigene Sekte sein eigener Theologe und sein eigener Priester (S 148f) Auch die bdquoesoterische Dauerwelle ist eine der schillerndsten Konsequenzen dieses von Ebertz beschriebenen Prozes-ses indem ehemals von den christlichen Kirchen gepraumlgte Bereiche der Weltori-entierung und Ohnmachtsbewaumlltigung fuumlr weite Bevoumllkerungskreise nunmehr von esoterischen Anbietern oder von Ak-teuren aus der Unterhaltungs- und Mo-dewelt bedient werden Eines unter un-zaumlhligen Beispielen ist etwa das Buch des als bdquoneuer Nostradamus apostro-phierten Pariser Modemachers und Eso-terik-Autors Paco Rabanne bdquoDas Ende unserer Zeit Aufbruch in das Wasser-mann-Zeitalter (Muumlnchen 1996) bdquoVer-gleichbar dem Johannes dem Verfasser der nach ihm benannten Apokalypse kuumlndigt er die Rettung der Gerechten an und ein von Harmonie gekennzeich-netes kommendes Wassermann-Zeital-ter heiszligt es auf dem Buchdeckel gleichsam wie zur Bestaumltigung von Ebertz These uumlber die bdquoEntgrenzung des religioumlsen Feldes in dem dann jeder sein eigener bdquoProphet ist Diese Entwicklung wird begleitet von verschiedenen Trends die Ebertz als

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Trend zur Vermarktung des Religioumlsen (S 11 Off) als Trend zur religioumlsen Un-verbindlichkeit (S 76ff) und als Trend zum religioumlsen Individualismus zu Selbstentfaltungswerten und zur reli-gioumls-synkretistischen Autozentrik (S 75) charakterisiert Glaubensvorstellungen unterschiedlicher religioumlser Traditionen werden - gerade auch unter esoteri-schem Vorzeichen als angebliche eso-terische bdquoUr-Weisheit der Menschheit -selbst bei Kirchgaumlngern miteinander synkretistisch kombiniert Nach J Eiben (Shell-Jugend-Studie 1992) ergibt sich der Befund bdquodaszlig sich die Mitglieder und Sympathisanten okkulter und esote-rischer Gruppen zu einem Drittel aus Kirchgaumlngern rekrutieren (bei Ebertz S 74) bdquoEsoterik ist die gegenwaumlrtig populaumlrste Bezeichnung dieser sich verfluumlchtigen-den und dispergierenden Religiositaumlt Versteht man die esoterische bdquoDauer-welle als Ausdruck und Medium dieser Dispersionsprozesse so ist die Frage im Blick auf die weitere Entwicklung also wie weit sich die Dispersion des Religiouml-sen fortsetzt - und damit zugleich auch die esoterische Dauerwelle Denkbar ist aber auch daszlig dieser Prozeszlig in Zukunft unter ganz anderen Bezeichnungen wei-tergeht als unter der Worthuumllse bdquoEsote-rik Es ist aber auch moumlglich daszlig bdquoEso-terik zu einem Dauerkennzeichen sol-cher Tendenzen der Pluralisierung Indi-vidualisierung und Dispersion des Reli-gioumlsen wird Auf ein wichtiges Beispiel fuumlr die bdquoVer-teilung (Dispersion) des Religioumlsen in unserer Gesellschaft - und damit zu-gleich auch fuumlr die Ausbreitung esoteri-scher Vorstellungen - kann hier nur in Kuumlrze hingewiesen werden den Ge-sundheitssektor Bernhard Grom er-schien es juumlngst als wuumlrde sich bdquodie Eso-terik- und Alternativkonjunktur der 80er

Jahre seit einiger Zeit in einer Gesund-heitswelle fortsetzen (1998 S 413) bdquoGesundheit wird zu einem neuen bdquoHoumlchstwert - vor dem Hintergrund einer bdquoLeistungs- und bdquoErlebnisgesell-schaft die die jederzeitige bdquoFitness und das Wohlbefinden ihrer Mitglieder fordert Es scheint als ob die Konjunktur esoterischer Heilungsangebote vor allem vor dem Hintergrund dieser gesellschaft-lichen Tendenzen zu deuten ist und bis auf weiteres die bdquoEsoterik-Welle in be-sonderer Weise praumlgen wird Und hier spielen neben alternativen Entspan-nungs- Ernaumlhrungs- und Bewegungs-methoden (Yoga Demeter-Kost Kinesio-logie ua) vor allem esoterisch gepraumlgte Glaubensvorstellungen - insbesondere der Glaube an eine jederzeit verfuumlgbare bdquouniverselle Heilkraft oder bdquoLebens-kraft - eine Rolle Sogar das Parfuumlm von Paco Rabanne heiszligt nicht zufaumlllig bdquoenergy (FAZ-Magazin Nr 942 20 3 1998) Der Versuch der Heilung konkre-ter Krankheitssymptome und der An-spruch damit zugleich das bdquoesoterische Ur-Wissen von der Verwirklichung des ewigen Heils des Menschen verfuumlgbar zu haben gehen hier vor dem Hinter-grund der bdquoDispersion religioumlser Erwar-tungen auf bdquofreie esoterische Heilungs-angebote und Anbieter eine weder christlich noch fachlich-medizinisch vertretbare Einheit ein Von diesem und vielen anderen Gesichtspunkten aus regt sich daher immer haumlufiger Kritik an der heutigen Esoterik sowohl von kirchlich-theologischer als auch wissenschaftli-cher als auch politischer Seite

Esoterische Religiositaumlt auf dem Pruumlf-stand

Wie sollen Kirche und Gesellschaft rea-gieren angesichts dieses Befunds neuer esoterischer Religiositaumlt

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Ein wirklicher Dialog ist wohl nur mit wenigen Gruppen aus dem Bereich der bdquoSystem-Esoterik moumlglich (vgl zB M D 1997 S 91 ff zur Anthroposophie) Man kann die theologische Auseinanderset-zung mit den verschiedenen Erschei-nungsformen heutiger Esoterik an den genannten drei Hauptinhalten moderner Esoterik (so S 264) orientieren - Dem Monismus der Esoterik gegen-uumlber waumlre der biblische Schoumlpfungsglau-be eine geeignete Basis fuumlr die Kritik - Dem paumldagogischen Evolutionismus der Esoterik ihrem Angebot der Schaf-fung immer neuer bdquoDo-it-yourself-Para-diese auf Erden gegenuumlber waumlre mit der reformatorischen Rechtfertigungslehre zu argumentieren daszlig das Heil des Menschen nicht bdquomachbar ist sondern reines Geschenk Gottes - Und der gnostischen Erloumlsungslehre der Esoterik mit ihrer bdquoSelbstverwirkli-chungs-Eschatologie von der Realisie-rung des bdquogoumlttlichen Selbst im Men-schen waumlre die christliche Eschatologie entgegenzustellen wonach das Reich Gottes seit Jesus von Nazareth zwar bdquoun-ter uns ist aber sein endguumlltiges Kom-men noch aussteht solange der Mensch in der Suumlnde verharrt sein endguumlltiges Kommen Gnade ist (Mt 2534) Diese theologischen Punkte betreffen im wesentlichen die kirchliche Auseinan-dersetzung mit der bdquoSystem-Esoterik der organisierten Weltanschauungsgruppen Die gesellschaftliche Auseinanderset-zung (su) hat es daruumlberhinaus vor al-lem mit bestimmten Auswuumlchsen des bdquoEsoterik-Marktes und der Dispersion des Religioumlsen zu tun

Schoumlpfungsglaube versus Monismus

Der Monismus der modernen Esoterik seine Anschauung von einer bdquokosmi-schen Lebenskraft die alles durchflutet

kann die Kirche an vergessene Wahrhei-ten und Schaumltze ihrer eigenen Tradition erinnern Oft hat ein theologischer Intel-lektualismus vergessen- Der Mensch lebt in natuumlrlichen kosmischen Bezuumlgen ist Teil einer natuumlrlichen Ordnung bdquoAlle Krankheit sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoentspringt einer vierfachen Entfrem-dung von Gott vom Du von der Mutter Erde und von sich selbst Heilung und Heil sind nur zu erlangen wenn der Mensch in allen vier Lebensbezuumlgen umgewandelt wird und sich wandelt -in seinem religioumlsen Verhaumlltnis zu Gott in seiner sozialen Beziehung zu seinen Mitmenschen in seinen natuumlrlichen Be-zuumlgen zum Kosmos und in seinen indivi-duellen Bezuumlgen zu sich selbst Dh wenn sich der Mensch bdquoganzheitlich in der Konkretheit von Leib Seele und Geist begreift Eine Schluumlsselrolle spielt dabei der religioumlse Bezug zu Gott Der Christ weiszlig Der Mensch verdankt sich nicht einer unpersoumlnlichen Kraft im Kos-mos sondern bdquoschlechthin abhaumlngig weiszlig er sich nur von einem persoumln-lichen Du das ihn gewollt hat Das meint der Glaube an den bdquoSchoumlpfer und an die Welt als Gottes bdquoSchoumlpfung Darum kann der Christ Gott Gott und die Welt Welt sein lassen Im Monismus der Esoterik wird der Ur-sprung der Schoumlpfer des kosmischen Le-bensstroms der Leben uumlberhaupt erst er-moumlglicht weitgehend ausgeblendet Und damit haumlngt es zusammen daszlig der Mensch seine Endlichkeit und Ge-schoumlpft ichkeit nicht aushalten und des-halb zu Totalkonzepten von Selbst-Erlouml-sung und bdquoGanzheitlichkeit in einem fragwuumlrdigen Sinn seine Zuflucht neh-men muszlig Das ist besonders im Sektor esoterischer Heiler und Heilungsange-bote zu erkennen Eines der zur Zeit verbreitetsten Esoterik-Buumlcher mit dem Titel bdquoDie Fuumlnf Tibe-

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ter seit Monaten auf den Bestseller-Listen ganz oben verheiszligt dem Men-schen durch simple Yoga-Uumlbungen nicht nur groumlszligere Fitness sondern so etwas wie die Erlangung bdquoewiger Jugend -also letztlich einen alles Irdische soweit bekannt transzendierenden Heilszu-stand (vgl dazu Kakuska 1997) Es gibt auf dem bdquoEsoterik-Markt regelrechte bdquoUnsterblichkeits-Trainings in denen den Teilnehmern (gegen gutes Geld natuumlrlich) nicht nur eingeredet wird daszlig sie gar nicht sterben koumlnnten weil sie selbst bdquogoumlttl ich seien sondern daszlig es sogar die Moumlglichkeit gebe bdquoauf ewig im Koumlrper zu bleiben (vgl M D 1992 S 188 ff) Dh Auch auszligermedizinische zB re-ligioumlse Sachverhalte werden im Rah-men esoterischer Totalkonzepte von bdquoGanzheitlichkeit freigegeben fuumlr den Heiler oder - oft nur selbsternannten -Therapeuten Von der bdquoKrake Sciento-logy soll hier gar nicht weiter die Rede sein Sie ist ja in gewisser Hinsicht nur eine versektete durch ihr Geschaumlftsge-baren besonders bdquoauffaumlllige Form sol-cher bdquoEinfachst- oder bdquoPrimitiv-Esote-rik wie den bdquoFuumlnf Tibetern die dem bdquoKlienten am Ende nicht nur Gesund-heit und Heilung (den Clear-Zustand) sondern auch noch uumlber-menschliche Faumlhigkeiten (den bdquoOperating-Thetan-Zu-stand) verspricht - mit bdquoArbeitsvertrauml-gen uumlber Jahrmillionen die unsere irdi-sche Existenz in unbekannte Dimensio-nen uumlbersteigen Damit kommt bereits der zweite fuumlr die theologische Auseinandersetzung mit der Esoterik wichtige Punkt in den Blick - ein bdquomagisches Machbarkeitsdenken durch das die neue esoterische Religio-sitaumlt dem modernen Rationalismus und der Welt der technischen Lebensbewaumll-tigung naumlher steht als sie meist glauben machen wi l l

Rechtfertigungslehre versus paumldagogi-scher Evolutionismus

Moderne Esoterik und Okkultismus sind Kinder des 19 Jahrhunderts als der Ent-wicklungsgedanke und darauf aufbau-ende Fortschritts-Utopien aufzubluumlhen begannen Keine der heutigen Esoterik-und Okkultbewegungen ist aumllter als 150 Jahre Es gibt sie immer noch die bdquomo-dernen Selbstverwirklichungs-Eschatolo-gien und bdquoDo-it-yourself-Paradiese deren Zusammenbruch mancher Theo-loge zu erkennen meint - naumlmlich vor allem in Gestalt heutiger bdquoEsoterik Eine Erklaumlrung warum sich viele Menschen heute gerade zu dieser esoterischen Re-ligiositaumlt hingezogen fuumlhlen duumlrfte in deren Nauml7e zum modernen Wissen-schafts- und Technikglauben zum Glau-ben an die bdquoMachbarkeit aller Dinge liegen Die moderne esoterische Reli-giositaumlt beansprucht zu wissen und nicht mehr bloszlig zu glauben und sie moumlchte moumlglichst kurzfristige bdquoErfahrungen und bdquoBeweise der bdquoErloumlstheit des Men-schen - Der Geistheiler weiszlig wie die Heil-kraft oder bdquoLebenskraft aus dem Kos-mos manipuliert wird (Daskalos) - Kuumlbler-Ross weiszlig daszlig es ein Leben nach dem Tod gibt sie vertraut nicht nur darauf - Der Spiritist legt bdquoBeweise vor fuumlr ein Uumlberleben des Todes Die bdquoGeister re-den in den spiritistischen Sitzungen und damit seien bdquoBeweise erbracht daszlig der Mensch auf einer geistigen Ebene wei-terexistiert - Die Anthroposophie versteht sich ebenfalls nicht als Glaube oder bdquoReli-gion sondern ausdruumlcklich als bdquoGe-heim- oder bdquoGeistes- Wissenschaft weil Rudolf Steiner ein bdquoWissen eine bdquoErkenntnis uumlber die bdquogeistige Welt ge-bracht habe

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Das biblische Verstaumlndnis des Glaubens als bdquoNicht sehen und doch Gott ver-trauen ist der Esoterik zutiefst fremd Man laumlszligt nur angeblich Beweisbares und rational Einsehbares als Lehre gel-ten Dementsprechend wird auch das Beten umfunktioniert zu einer Art bdquosaumlkularer Magie oder Heilstechnologie bdquoMi t meinen Gebeten kann ich jeden aus der Firma entfernen mit diesen Worten wurde einmal im bdquoSpiegel eine Anhaumln-gerin der theosophischen bdquoI AM-Bewe-gung zitiert die von einem millionen-schweren Schokoladenfabrikanten in der Schweiz geheiratet worden war Nach dem Philosophen Peter Sloterdijk steht das bdquogeheime Wissen der Esoterik dem mit moderner Technik oft verbun-denen Macht- und Erloumlsungsstreben des Menschen naumlher als es auf den ersten Blick scheint Wenn schon bdquoWissen Macht ist dann erscheint bdquomagisches Wissen als absolute Macht (vgl FAZ-Magazin Nr 836 8 3 1996) Waumlhrend christliche Religion den Men-schen zu seiner Erloumlsung grundlegend als der Gnade Gottes beduumlrftig versteht ist die esoterische Religiositaumlt vor allem eine Angelegenheit des Humanum des Menschen dem es um die Steigerung menschlicher (Erfahrungs-)Moumlglichkei-ten geht der seine Nichtigkeit erfaumlhrt aber sich selbst das houmlchste Wesen bleibt indem er seine tiefe Verlorenheit von sich aus aus eigenen Kraumlften auf dem Weg eines bdquopaumldagogischen Evolu-tionismus uumlberwinden wi l l Diese bdquoneue Religiositaumlt der Esoterik ist weit-hin ein Ruumlckfall in eine dem christlichen Glauben an die Rechtfertigung des Suumln-ders fremde bdquoGesetzlichkeit Das Men-schenbild der Esoterik wird zentral be-stimmt von der Gesetzmaumlszligigkeit von Karma und Reinkarnation Nach diesem strengen Gesetz muszlig der Mensch immer

wieder in diese bdquoSchule des Lebens zuruumlck bis er selbst seine Schwaumlchen ausgeglichen und sich selbst vervoll-kommnet hat Letztlich ist die Rein-karnations- und Karma-Lehre der gefaumlhr-liche Versuch die bdquoletzten Fragen des Lebens vor allem die Heilsfrage auf der Basis des Leistungsgedankens zu beant-worten Gegen oft hohe Gebuumlhren ver-suchen Esoterik-Anbieter vor diesem Hintergrund dem Menschen zu zeigen wie er sich selbst schneller zum Geistig-Goumlttlichen bdquoentwickeln koumlnne

Christliche Hoffnung versus Selbstverwirklichungs-Eschatologie

Die bdquoFreiheit des Christenmenschen kann solchen esoterischen Vorstellungen gegenuumlber nur gewahrt werden wenn deutlich hervorgehoben wird daszlig im christlichen Glauben die Frage der Erlouml-sung von der Frage der natuumlrlichen oder geistigen Entwicklung bdquoabgekoppelt ist daszlig die Geschichte kein bdquoFortschritt ist der unmittelbar im Erloumlsungszustand en-det bdquoDas Evangelium ist erst das Mor-genrot der Welterloumlsung sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoChristliche Froumlmmigkeit ist beziehungsorientiert Sie versteht sich im Gegenuumlber zu Gott zu Christus Eso-terische Spiritualitaumlt scheint demgegen-uumlber entwicklungsorientiert Sie ist an-thropozentrisch und in der Gefahr sich uumlber die Grenzen des Menschen illusio-nistisch zu erheben oder einem unguten Leistungsdruck zu verfallen so charak-terisierte Michael Nuumlchtern kuumlrzlich die Diskrepanz zwischen christlichem Glau-ben und esoterischer Selbstverwirkli-chungs-Eschatologie (Interview in bdquoidea 1 7 1998 S V) Dies scheint heute allerdings am schwersten zu vermitteln zu sein Daszlig der bdquoWeg des Glaubens keine progres-sive Entwicklung ist Der Christ steht im-

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mer wieder am Anfang und ist taumlglich neu angewiesen auf Gottes hilfreiche Gnade Ein wirkliches Fortschreiten im Blick auf unser Heil gibt es nicht von uns her sondern allein durch Gottes Zu-wendung zu uns vom Kommen des Rei-ches Gottes zu uns her (Mt 2534) Die christliche Hoffnung haumllt es also weniger mit Lessings bdquoErziehung des Menschen-geschlechts als mit Houmllderlin der ein-mal dichtete bdquoWas hier wir sind kann dort ein Gott ergaumlnzen mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden (A Kouml-berle in bdquoDas geheimnisvolle Reich der Seele Freiburg 1984 S 19) Mit A Resch kann man daher durchaus bezweifeln ob es sich bei der neuarti-gen bdquoReligiositaumlt der Esoterik uumlberhaupt noch um eine religioumlse Haltung im eigentlichen Sinn handelt Esoterik stellt als bdquoGeheimwissenschaft seit Helena Blavatsky nicht nur eine Alternative zur herkoumlmmlichen Wissenschaft sondern auch zur Religion dar Viele Fragen wer-den uumlberhaupt ausgeklammert aus dem Bereich der Religion was dem Streben des modernen Menschen nach Erkennt-nis entgegenkommt So ist die Frage der Wiedergeburt (Reinkarnation) fuumlr den Esoteriker eigentlich keine Frage der Re-ligion sondern des Wissens Die Wie-dergeburt gilt nicht als Glaubensfrage sondern als Tatsache Kennzeichen der Esoterik ist nach Resch (1994 S 75f) ihr Immanentismus dh bdquodie Deutung von Welt Leben und Religion mit natur-immanenten Kraumlften unter Verzicht auf die Transzendenz Damit nimmt Esoterik nach Resch bdquoimmer mehr die Form einer alternativen Lebensgestal-tung zu Wissenschaft und Religion vor allem zum Christentum ein zumal der Stellenwert der Person durch die kosmi-sche Einheit und den Kreislauf der Dinge voumlllig relativiert wird Der Wert der Per-son ist nur zeitlich gegeben und hat

keine transzendente Bedeutung mehr Das Ich ist im All verklungen Auch J Sudbracks Kritik an der Esoterik setzt an diesem zentralen Punkt der Unverfuumlgbarkeit des bdquo D u Gottes und der Freiheit der Person an wonach die fuumlr echte Religion konstitutive bdquoBegeg-nung mit Gott als freiem personalem Gegenuumlber die bdquoEhrfurcht vor dem Groumlszligeren durch den Versuch der Eso-terik miszligachtet wird bdquodas Ganze der Welt in den intellektuellen Griff (zu) bekommen So uumlberrasche es nicht bdquodaszlig im esoterischen Zugriff auf die Wirklichkeit all die Werte Freiheit Liebe Du Personsein Einmaligkeit usw ins Abseits geraten Sie naumlmlich gruumlnden in der Qualitaumlt des gegen-uumlber die auch von der intellektuellen Esoterik in die Immanenz des Selbst auf-geloumlst wird (997 S 333) Solche bdquoVerendlichungen bei an-spruchsvolleren Vertretern der Esoterik sind erst recht fuumlr den bdquoEsoterik-Markt typisch Aus religionswissenschaftlicher Perspektive fragt daher auch H Zinser bdquoob dies noch Religion sei was von der esoterischen bdquoPublikums- und bdquoKlien-tenreligion auf dem bdquoMarkt verhandelt wird bdquooder ob der Markt mit seinen Ver-dinglichungen und Verendlichungen das von der Religion gemeinte Absolute auf-loumlst (1997 S 31)

Eine Ideologie neuer sozialer Ungleich-heit

Uumlber die religioumls-weltanschauliche Di-mension hinaus haben viele esoterische Angebote eine gesellschaftspolitische Dimension die in juumlngster Zeit immer mehr auf Kritik stieszlig Esoterik - nicht nur in ihren banalen Auspraumlgungen - wird vorgeworfen ausbeuterische Systeme zu rechtfertigen rassistischen Vorurteilen nicht konsequent und eindeutig ent-

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gegenzutreten (vgl die in MD 1998 S 146 ff u 21 Off dokumentierten Dis-kussionen um Steiner und Hockemeyer) oder zu einer Ideologie sozialer Un-gleichheit zu verkommen Richard Schroumlder sprach im bdquoSpiegel (Nr 52 1997) diesbezuumlglich geradezu von einer bdquoasozialen Religiositaumlt die sich hier ausbreite Die nichtinstitutionalisierte frei flottierende Religiositaumlt des Esoterik-Marktes steht so Schroumlder bdquo in der Ge-fahr die Gesellschaft zu entkultivieren naumlmlich als bdquoasoziale Religiositaumlt der ruumlcksichtslosen Erlebnissteigerung die ein Goumlttliches im Ich sucht und sich aus-leben moumlchte Demgegenuumlber sei bdquokul-tivierte Religiositaumlt immer bdquogemeinsam verantwortet Hier ist die Esoterik gefragt vor allem ihr Menschenbild kritisch zu reflektieren das auf dem angeblichen bdquoGesetz von Karma und Reinkarnation als bdquogeistigem Entwicklungsgesetz der Menschheit be-ruht Es waumlre zu kurzschluumlssig gedacht etwa aus der hohen Arbeitslosigkeit auf einen Bedeutungsverlust der Esoterik zu schlieszligen weil die teuren Esoterik-An-gebote fuumlr immer mehr Menschen uner-schwinglich werden Denn neben dem Heer von Arbeitslosen und Geringver-dienenden kann sehr wohl eine bdquoEsote-rik-Kultur fuumlr beguumlterte Schichten ge-deihen aus deren esoterischer Sicht die Armen ja ohnehin nur ihr bdquoschlechtes Karma aus Vor-Existenzen abarbeiten Im Zeitalter der bdquoGlobalisierung des Ka-pitalismus koumlnnte das esoterische Men-schenbild auf diese Weise zur Ideologie neuer sozialer Ungleichheit reuumlssieren wenn sich seine Vertreter nicht selbst kritisch von solchen Gefahren distan-zieren Ein gesellschaftspolitisch inzwischen ebenfalls erkanntes und heftig diskutier-tes Problem betrifft vor allem esoterische Heilungsangebote auf dem bdquofreien

Markt Mit ihren Verheiszligungen einer bdquototalitaumlren Ganzheitlichkeit die einen Totalanspruch auf die Regulierung aller Lebensbereiche eines Betroffenen durch esoterische Praktiken erhebt koumlnnen Manipulationsmoumlglichkeiten Tuumlr und Tor geoumlffnet werden Was not tut im Blick auf oft skrupellos vorgehende eso-terische Anbieter ist daher eine Art bdquoVer-braucher-Schutz oder wenigstens eine verstaumlrkte bdquoVerbraucher-Beratung im Blick auf die von Esoterikern angebote-nen bdquoDienstleistungen (su S 283) In dieser Hinsicht hat sich auch die En-quete-Kommission bdquoSog Sekten und Psychogruppen des Deutschen Bundes-tages dafuumlr eingesetzt daszlig in der naumlch-sten Legislaturperiode ein Gesetz zur gewerblichen Lebensbewaumlltigungshilfe verabschiedet wird

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Klaus Fleckner Wuppertal

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

In letzter Zeit erreichen uns haumlufig Anfragen wegen der Aktivitaumlten einer bdquoBruder-schaft der Menschheit einer bdquoUniversalen Kirche oder eines bdquoFundaments fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen Hinter diesen verschiedenen Namen verbirgt sich ein und dieselbe esoterisch-theosophische Aktivitaumlt die eine Fortbildung der auf Helena Blavatsky zuruumlckgehenden modernen Theosophie darstellt (vgl MD 1992 S 245 ff) Pfarrer Klaus Fleckner hat uns folgende lebendige Schilderung vom Be-such eines Seminars dieser Organisation im letzten Jahr uumlbersandt

1 Der Ort und die Gruppe

Das bdquoLindner Golfhotel Juliana ein am Stadtrand von Wuppertal gelegenes Ob-jekt der 4-Sterne-Kategorie bietet neben seinem weitlaumlufigen Golfgelaumlnde auf dem schon Franz Beckenbauer seinen Golfschlaumlger schwang ein gediegenes Interieur mit mehr als nur einem Hauch von Luxus und gehobenem Komfort Eine Gruppe von Leuten zwischen 30

und 50 gut gekleidet im Geschmacks-spektrum von Edelflipp bis laumlssig-schick wartete im Stehen vor dem Flur zum Konferenzraum uumlber dessen Tuumlr endlos der Name des Mieters voruumlberzog bdquoFUNDAMENT FUumlR HOumlHERES GEISTI-GES LERNEN - eine wohlklingende Er-gaumlnzung zu den diversen anderen Schu-lungskursen und Konferenzen im Haus mit topgestylten Managertypen im Na-delstreifenanzug und sonnenbankge-

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braumlunten Schoumlnen wie von der Titelseite einer Modezeitschrift entsprungen Neu-ankoumlmmlinge ob Mann ob Frau wur-den von den Umstehenden mit Umar-mung und Kuumlszligchen empfangen Unge-faumlhr zwei Drittel der 25 Teilnehmer wa-ren Frauen bis auf zwei oder drei Paare schienen alle anderen ohne Partnerin angereist zu sein Wie beilaumlufige Fragen ergaben waren Lehrerinnen anwesend eine Psychologin eine fruumlhere kirchli-che Mitarbeiterin ein Steuerberater eine Krankenschwester eine Erzieherin Her-kunftsorte waren Staumldte der Wuppertaler Umgebung Duumlsseldorf Koumlln Herdecke usw Die Teilnahmegebuumlhr galt es gleich zu Beginn zu entrichten 220- DM -ohne Getraumlnke Verpflegung oder Uumlber-nachtung Nach 15 Minuten endete die Wartezeit der Konferenzraum wurde freigegeben und der Eindruck nun unmittelbar vor der Bescherung zu stehen bewahrhei-tete sich als haumltten unsichtbare Helfer ein esoterisches Weihnachtszimmer de-koriert Der Raum war reich ge-schmuumlckt Auf jedem Dreiertisch an den Seiten standen zwei kleine Blumenva-sen Doch die Aufmerksamkeit wurde automatisch nach vorne gelenkt Dort erstrahlte auf der linken Seite ein i l lumi-niertes farbiges Gemaumllde auf dem in Lichtschleier gehuumlllt drei Gestalten sichtbar waren die auseinander hervor-traten - es dominierte ein aufrechtste-hendes houmlheres Wesen mit einer Strah-lenkrone auf dem Kopf das in den Raum hineinzublicken schien waumlhrend sich ein zweites eine weibliche Gestalt zu ihm emporreckte und ein drittes ganz in dunklen Farben gehalten zur Erde hinuntergebeugt blieb Sie schienen auf einer Treppe zu sitzen Vor dem Bild stand ein Strauszlig roter gelber und blauer Blumen in einer Vase daneben ein Leuchter mit drei Kerzen in denselben

Farben - das ganze Ensemble auf meh-reren Lagen goldfarbenen Stoffs Vorne rechts neben einem Rednerpult und einer Tafel stand ein Tisch der mit bun-tem Spielzeug und anderen farbenfro-hen Dingen gefuumlllt war - bei naumlherem Hinsehen entdeckte ich farbige Tisch-tennisbaumllle Spieluhren Kreisel Spiel-zeugfiguren alte Spielzeugautos eine Kinderpistole einen kleinen Hai in ei-nem Glaszylinder in einer Fluumlssigkeit konserviert und mancherlei anderen Nippes von allenfalls Sammlerwert Am hinteren Ende des Raumes saszlig ein Mann an einem Mischpult mit Platten-spieler und Lautsprechern Anscheinend war es freigestellt wo man sich hinset-zen wollte doch das galt nicht fuumlr die vorderen beiden Reihen in denen schon Namensschilder standen Ich setzte mich in die dritte Reihe und wartete ab

2 Der bdquoMeisterreferent

Nach dem Verklingen einer pathetischen Musik-Ouvertuumlre stellte sich ein mittel-groszliger Mann ans Rednerpult der vorher etwas schwerfaumlllig nach vorne gegangen war und wies darauf hin daszlig er bdquoGun-dolf genannt werden wolle denn in dieser Arbeit tue sein Nachname nichts zur Sache Sein Vorname habe ihm zwar fruumlher uumlberhaupt nicht gefallen jetzt aber um so mehr und das nicht nur weil er so selten sei (Ich konnte mich nicht enthalten ihn mit bdquoGandalf aus dem Fantasy-Roman bdquoDer Herr der Ringe zu assoziieren und uns als eine Schar Hob-bits auf der Suche nach dem magischen Ring) Gundolf schrieb seinen Nachna-men aber trotzdem in etwas kleinerer Schrift mit an die Tafel und fuumlgte hinzu da er uns nicht beherrschen wolle habe er es nicht noumltig mit Musikbegleitung anzutreten - deshalb habe er sich erst an uns gewandt nachdem sie verklun-

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gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 11: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

Theosophie 1889) Die heutige Esote-rik-Literatur ist voll von diesem Gedan-ken und banalisiert ihn schier endlos nach dem Motto der amerikanischen Filmschauspielerin Shirley MacLaine bdquoGott ist in jedem einzelnen von uns Gott traumlgt man in sich Jeder ist sein eigener Guru (vgl MD 1988 S 179)

Esoterik und die bdquoErlebnisgesellschaft

Daszlig solche bdquoWeisheiten heute immer oumlfter von Filmschauspielern Kuumlnstlern oder Sportlern usw verbreitet werden weist auf eine betraumlchtliche bdquoDisper-sion des Religioumlsen in der modernen Gesellschaft hin das laumlngst nicht mehr von den Vertretern der traditionellen religioumlsen Institutionen monopolisiert wird Man hat unsere Gesellschaft auch als moderne bdquoErlebnisgesellschaft cha-rakterisiert (Schulze) denn Umfragen haben ergeben daszlig bei den meisten Menschen der bdquoErlebniswert das ent-scheidende Motiv bei der Wahl einer bestimmten Sache eines Konsumarti-kels einer Fernsehsendung - aber auch beim Treffen von bdquoLebensentscheidun-gen und in bdquoreligioumlsen Fragen ist Auf-grund der bdquoErlebnisorientierung vieler Menschen expandiert der Erlebnis- und Unterhaltungs-Markt immer mehr in Be-reiche die fruumlher bdquoerlebnisneutral wa-ren - wie Arbeit Bildung und Politik Eine Auto- oder Bahnfahrt soll nicht nur schnell voran bringen sondern auch ein bdquoErlebnis sein wie die Werbung ver-heiszligt Auch auf religioumlsem Gebiet waumlhlt der Mensch mehr und mehr das aus was bei ihm - moumlglichst kurzfristig - zu einer in-neren Befriedigung fuumlhrt - und genau auf dieses Beduumlrfnis sind viele esoteri-sche Angebote mit religioumlsem Anspruch zugeschnitten Viele verstehen daher unter bdquoEsoterik heute einfach daszlig jeder

seinen eigenen religioumlsen Weg geht bdquoEsoterik wird damit zur reinen Wort-huumllse fuumlr den eigenen Individualismus der sich nicht kuumlmmert um das was an-dere oder was die Kirche sagt sondern nur noch fragt bdquoWas hilft mirV Man hat dies auch als bdquomoderne Cock-tail- oder Patchwork-Religiositaumlt be-zeichnet Dem flickenteppichhaften An-gebot entspricht auf der Seite der bdquoVer-braucher oder bdquoKonsumenten eine entsprechende Individualisierung ein Subjektivismus und ein Eklektizismus Was zaumlhlt bei der Auswahl ist letztlich der persoumlnliche Geschmack die bdquoeigene Erfahrung oder der bdquoErlebniswert Damit haumlngt auch die Schwierigkeit zu-sammen allgemeinguumlltig zu definieren was heute alles unter bdquoEsoterik verstan-den wird Das Wort wird zum bdquoContai-ner-Begriff zum Inbegriff der weltan-schaulichen Individualisierung und Plu-ralisierung schlechthin oder zum Aus-druck fuumlr den Trend bdquoIch suche mir meine eigene Religion Ein Esoterik-Or-gan brachte dies einmal auf houmlchst be-zeichnende Weise zum Ausdruck bdquoEs ist wunderbar daszlig es endlich wieder die Vielfalt der Moumlglichkeiten gibt Daszlig es christliche Kirchen Zenmeditation Ta-rot Astrologie I-Ging daszlig es Wunder-heiler Geistheiler Heilpraktiker Aumlrzte Psychotherapeuten und alternative The-rapeuten gibt Es ist das Recht jedes Menschen sein Heil auf seine ganz indi-viduelle Art zu suchen und zu finden (vgl MD 1997 S 198)

Esoterik und die Dispersion des Religioumlsen

Daszlig der gesellschaftliche Prozeszlig ziel-strebig auf eine totale bdquoSaumlkularisierung und bdquoReligionslosigkeit zugehe wird -wie bereits oben festgestellt - in dieser Einseitigkeit heute unter Soziologen und

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Theologen kaum noch vertreten Man geht vielmehr von einem Neben- und Ineinander divergierender Tendenzen von Saumlkularisierung und (Re-)Sakralisie-rung bzw (Re-)Mythologisierung aus Gleichzeitig bedeutet diese Entwicklung aber aus der Sicht der traditionellen reli-gioumlsen Institutionen eine bdquoVerduumlnnung und bdquoDispersion (Verteilung) von Reli-gion Damit ist das Entstehen einer bdquoamorphen Weltanschauung gemeint die weder religioumls noch atheistisch im uumlberlieferten Sinn ist eine Art bdquoideologi-scher Nebel (Asendorf) dessen Hinter-grund meist eine diffuse monistische Weltsicht ist Dieser Vorgang scheint sich auch in anderen Gesellschaften zu wiederholen zum Beispiel im postkom-munistischen Ruszligland wo die Zahl der bdquoneureligioumls Glaumlubigen (im Sinne die-ser amorphen religioumlsen Weltsicht) waumlchst Auch bei uns ist bdquoEsoterik haumlu-fig nur der Inbegriff dieses diffusen bdquoreli-gioumlsen Lebensgefuumlhls und sowohl Aus-druck dieser neureligioumlsen Tendenzen als auch ein ihre Ausbreitung mit am staumlrksten foumlrderndes Mittel Der Freiburger Religionssoziologe Mi-chael N Ebertz hat diese Veraumlnderungen auf die Formel von der bdquoDispersion des Religioumlsen gebracht bdquoDie wachsende Dispersion des Religioumlsen also seine Verteilung auf ganz unterschiedliche Orte Anbieter und Sozialformen scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein (1997 S 111) Funktionen von Re-ligion werden immer haumlufiger von nicht-kirchlichen Bereichen der Gesellschaft und ihren Agenten uumlbernommen - von Therapien Kunst Kultur Konsum Sport uam bdquoEs scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein daszlig Religioumlses - Weltorien-tierung Handlungsformierung und Ohn-machtsbewaumlltigung - auch dort zu ha-ben ist wo kein Schild Religion hier zu haben steht inzwischen sogar auf dem

oumlkonomischen Markt Sichtbare Konse-quenz dieses Dispersionsprozesses ist nach Ebertz bdquoIndem Lebensberater So-zialarbeiter Aumlrzte Lehrer fuumlr Gymnastik Ausdruckstanz und fernoumlstliche Sportar-ten Psychologen und Psychotherapeu-ten Fernsehstars und -Produzenten so-wie Kuumlnstler mit dem geistlichen Amts-traumlger alten Schlags in Konkurrenz tre-ten tragen sie zur Entgrenzungdes reli-gioumlsen Feldes bei und daruumlber zu einer -zumindest partiellen - Entdifferenzie-rung der Lebensbereiche Im Effekt kann dann jede(r) nicht nur eine Sekte sein sondern auch ein Theologe und Prie-ster und jede(r) seine eigene Sekte sein eigener Theologe und sein eigener Priester (S 148f) Auch die bdquoesoterische Dauerwelle ist eine der schillerndsten Konsequenzen dieses von Ebertz beschriebenen Prozes-ses indem ehemals von den christlichen Kirchen gepraumlgte Bereiche der Weltori-entierung und Ohnmachtsbewaumlltigung fuumlr weite Bevoumllkerungskreise nunmehr von esoterischen Anbietern oder von Ak-teuren aus der Unterhaltungs- und Mo-dewelt bedient werden Eines unter un-zaumlhligen Beispielen ist etwa das Buch des als bdquoneuer Nostradamus apostro-phierten Pariser Modemachers und Eso-terik-Autors Paco Rabanne bdquoDas Ende unserer Zeit Aufbruch in das Wasser-mann-Zeitalter (Muumlnchen 1996) bdquoVer-gleichbar dem Johannes dem Verfasser der nach ihm benannten Apokalypse kuumlndigt er die Rettung der Gerechten an und ein von Harmonie gekennzeich-netes kommendes Wassermann-Zeital-ter heiszligt es auf dem Buchdeckel gleichsam wie zur Bestaumltigung von Ebertz These uumlber die bdquoEntgrenzung des religioumlsen Feldes in dem dann jeder sein eigener bdquoProphet ist Diese Entwicklung wird begleitet von verschiedenen Trends die Ebertz als

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Trend zur Vermarktung des Religioumlsen (S 11 Off) als Trend zur religioumlsen Un-verbindlichkeit (S 76ff) und als Trend zum religioumlsen Individualismus zu Selbstentfaltungswerten und zur reli-gioumls-synkretistischen Autozentrik (S 75) charakterisiert Glaubensvorstellungen unterschiedlicher religioumlser Traditionen werden - gerade auch unter esoteri-schem Vorzeichen als angebliche eso-terische bdquoUr-Weisheit der Menschheit -selbst bei Kirchgaumlngern miteinander synkretistisch kombiniert Nach J Eiben (Shell-Jugend-Studie 1992) ergibt sich der Befund bdquodaszlig sich die Mitglieder und Sympathisanten okkulter und esote-rischer Gruppen zu einem Drittel aus Kirchgaumlngern rekrutieren (bei Ebertz S 74) bdquoEsoterik ist die gegenwaumlrtig populaumlrste Bezeichnung dieser sich verfluumlchtigen-den und dispergierenden Religiositaumlt Versteht man die esoterische bdquoDauer-welle als Ausdruck und Medium dieser Dispersionsprozesse so ist die Frage im Blick auf die weitere Entwicklung also wie weit sich die Dispersion des Religiouml-sen fortsetzt - und damit zugleich auch die esoterische Dauerwelle Denkbar ist aber auch daszlig dieser Prozeszlig in Zukunft unter ganz anderen Bezeichnungen wei-tergeht als unter der Worthuumllse bdquoEsote-rik Es ist aber auch moumlglich daszlig bdquoEso-terik zu einem Dauerkennzeichen sol-cher Tendenzen der Pluralisierung Indi-vidualisierung und Dispersion des Reli-gioumlsen wird Auf ein wichtiges Beispiel fuumlr die bdquoVer-teilung (Dispersion) des Religioumlsen in unserer Gesellschaft - und damit zu-gleich auch fuumlr die Ausbreitung esoteri-scher Vorstellungen - kann hier nur in Kuumlrze hingewiesen werden den Ge-sundheitssektor Bernhard Grom er-schien es juumlngst als wuumlrde sich bdquodie Eso-terik- und Alternativkonjunktur der 80er

Jahre seit einiger Zeit in einer Gesund-heitswelle fortsetzen (1998 S 413) bdquoGesundheit wird zu einem neuen bdquoHoumlchstwert - vor dem Hintergrund einer bdquoLeistungs- und bdquoErlebnisgesell-schaft die die jederzeitige bdquoFitness und das Wohlbefinden ihrer Mitglieder fordert Es scheint als ob die Konjunktur esoterischer Heilungsangebote vor allem vor dem Hintergrund dieser gesellschaft-lichen Tendenzen zu deuten ist und bis auf weiteres die bdquoEsoterik-Welle in be-sonderer Weise praumlgen wird Und hier spielen neben alternativen Entspan-nungs- Ernaumlhrungs- und Bewegungs-methoden (Yoga Demeter-Kost Kinesio-logie ua) vor allem esoterisch gepraumlgte Glaubensvorstellungen - insbesondere der Glaube an eine jederzeit verfuumlgbare bdquouniverselle Heilkraft oder bdquoLebens-kraft - eine Rolle Sogar das Parfuumlm von Paco Rabanne heiszligt nicht zufaumlllig bdquoenergy (FAZ-Magazin Nr 942 20 3 1998) Der Versuch der Heilung konkre-ter Krankheitssymptome und der An-spruch damit zugleich das bdquoesoterische Ur-Wissen von der Verwirklichung des ewigen Heils des Menschen verfuumlgbar zu haben gehen hier vor dem Hinter-grund der bdquoDispersion religioumlser Erwar-tungen auf bdquofreie esoterische Heilungs-angebote und Anbieter eine weder christlich noch fachlich-medizinisch vertretbare Einheit ein Von diesem und vielen anderen Gesichtspunkten aus regt sich daher immer haumlufiger Kritik an der heutigen Esoterik sowohl von kirchlich-theologischer als auch wissenschaftli-cher als auch politischer Seite

Esoterische Religiositaumlt auf dem Pruumlf-stand

Wie sollen Kirche und Gesellschaft rea-gieren angesichts dieses Befunds neuer esoterischer Religiositaumlt

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Ein wirklicher Dialog ist wohl nur mit wenigen Gruppen aus dem Bereich der bdquoSystem-Esoterik moumlglich (vgl zB M D 1997 S 91 ff zur Anthroposophie) Man kann die theologische Auseinanderset-zung mit den verschiedenen Erschei-nungsformen heutiger Esoterik an den genannten drei Hauptinhalten moderner Esoterik (so S 264) orientieren - Dem Monismus der Esoterik gegen-uumlber waumlre der biblische Schoumlpfungsglau-be eine geeignete Basis fuumlr die Kritik - Dem paumldagogischen Evolutionismus der Esoterik ihrem Angebot der Schaf-fung immer neuer bdquoDo-it-yourself-Para-diese auf Erden gegenuumlber waumlre mit der reformatorischen Rechtfertigungslehre zu argumentieren daszlig das Heil des Menschen nicht bdquomachbar ist sondern reines Geschenk Gottes - Und der gnostischen Erloumlsungslehre der Esoterik mit ihrer bdquoSelbstverwirkli-chungs-Eschatologie von der Realisie-rung des bdquogoumlttlichen Selbst im Men-schen waumlre die christliche Eschatologie entgegenzustellen wonach das Reich Gottes seit Jesus von Nazareth zwar bdquoun-ter uns ist aber sein endguumlltiges Kom-men noch aussteht solange der Mensch in der Suumlnde verharrt sein endguumlltiges Kommen Gnade ist (Mt 2534) Diese theologischen Punkte betreffen im wesentlichen die kirchliche Auseinan-dersetzung mit der bdquoSystem-Esoterik der organisierten Weltanschauungsgruppen Die gesellschaftliche Auseinanderset-zung (su) hat es daruumlberhinaus vor al-lem mit bestimmten Auswuumlchsen des bdquoEsoterik-Marktes und der Dispersion des Religioumlsen zu tun

Schoumlpfungsglaube versus Monismus

Der Monismus der modernen Esoterik seine Anschauung von einer bdquokosmi-schen Lebenskraft die alles durchflutet

kann die Kirche an vergessene Wahrhei-ten und Schaumltze ihrer eigenen Tradition erinnern Oft hat ein theologischer Intel-lektualismus vergessen- Der Mensch lebt in natuumlrlichen kosmischen Bezuumlgen ist Teil einer natuumlrlichen Ordnung bdquoAlle Krankheit sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoentspringt einer vierfachen Entfrem-dung von Gott vom Du von der Mutter Erde und von sich selbst Heilung und Heil sind nur zu erlangen wenn der Mensch in allen vier Lebensbezuumlgen umgewandelt wird und sich wandelt -in seinem religioumlsen Verhaumlltnis zu Gott in seiner sozialen Beziehung zu seinen Mitmenschen in seinen natuumlrlichen Be-zuumlgen zum Kosmos und in seinen indivi-duellen Bezuumlgen zu sich selbst Dh wenn sich der Mensch bdquoganzheitlich in der Konkretheit von Leib Seele und Geist begreift Eine Schluumlsselrolle spielt dabei der religioumlse Bezug zu Gott Der Christ weiszlig Der Mensch verdankt sich nicht einer unpersoumlnlichen Kraft im Kos-mos sondern bdquoschlechthin abhaumlngig weiszlig er sich nur von einem persoumln-lichen Du das ihn gewollt hat Das meint der Glaube an den bdquoSchoumlpfer und an die Welt als Gottes bdquoSchoumlpfung Darum kann der Christ Gott Gott und die Welt Welt sein lassen Im Monismus der Esoterik wird der Ur-sprung der Schoumlpfer des kosmischen Le-bensstroms der Leben uumlberhaupt erst er-moumlglicht weitgehend ausgeblendet Und damit haumlngt es zusammen daszlig der Mensch seine Endlichkeit und Ge-schoumlpft ichkeit nicht aushalten und des-halb zu Totalkonzepten von Selbst-Erlouml-sung und bdquoGanzheitlichkeit in einem fragwuumlrdigen Sinn seine Zuflucht neh-men muszlig Das ist besonders im Sektor esoterischer Heiler und Heilungsange-bote zu erkennen Eines der zur Zeit verbreitetsten Esoterik-Buumlcher mit dem Titel bdquoDie Fuumlnf Tibe-

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ter seit Monaten auf den Bestseller-Listen ganz oben verheiszligt dem Men-schen durch simple Yoga-Uumlbungen nicht nur groumlszligere Fitness sondern so etwas wie die Erlangung bdquoewiger Jugend -also letztlich einen alles Irdische soweit bekannt transzendierenden Heilszu-stand (vgl dazu Kakuska 1997) Es gibt auf dem bdquoEsoterik-Markt regelrechte bdquoUnsterblichkeits-Trainings in denen den Teilnehmern (gegen gutes Geld natuumlrlich) nicht nur eingeredet wird daszlig sie gar nicht sterben koumlnnten weil sie selbst bdquogoumlttl ich seien sondern daszlig es sogar die Moumlglichkeit gebe bdquoauf ewig im Koumlrper zu bleiben (vgl M D 1992 S 188 ff) Dh Auch auszligermedizinische zB re-ligioumlse Sachverhalte werden im Rah-men esoterischer Totalkonzepte von bdquoGanzheitlichkeit freigegeben fuumlr den Heiler oder - oft nur selbsternannten -Therapeuten Von der bdquoKrake Sciento-logy soll hier gar nicht weiter die Rede sein Sie ist ja in gewisser Hinsicht nur eine versektete durch ihr Geschaumlftsge-baren besonders bdquoauffaumlllige Form sol-cher bdquoEinfachst- oder bdquoPrimitiv-Esote-rik wie den bdquoFuumlnf Tibetern die dem bdquoKlienten am Ende nicht nur Gesund-heit und Heilung (den Clear-Zustand) sondern auch noch uumlber-menschliche Faumlhigkeiten (den bdquoOperating-Thetan-Zu-stand) verspricht - mit bdquoArbeitsvertrauml-gen uumlber Jahrmillionen die unsere irdi-sche Existenz in unbekannte Dimensio-nen uumlbersteigen Damit kommt bereits der zweite fuumlr die theologische Auseinandersetzung mit der Esoterik wichtige Punkt in den Blick - ein bdquomagisches Machbarkeitsdenken durch das die neue esoterische Religio-sitaumlt dem modernen Rationalismus und der Welt der technischen Lebensbewaumll-tigung naumlher steht als sie meist glauben machen wi l l

Rechtfertigungslehre versus paumldagogi-scher Evolutionismus

Moderne Esoterik und Okkultismus sind Kinder des 19 Jahrhunderts als der Ent-wicklungsgedanke und darauf aufbau-ende Fortschritts-Utopien aufzubluumlhen begannen Keine der heutigen Esoterik-und Okkultbewegungen ist aumllter als 150 Jahre Es gibt sie immer noch die bdquomo-dernen Selbstverwirklichungs-Eschatolo-gien und bdquoDo-it-yourself-Paradiese deren Zusammenbruch mancher Theo-loge zu erkennen meint - naumlmlich vor allem in Gestalt heutiger bdquoEsoterik Eine Erklaumlrung warum sich viele Menschen heute gerade zu dieser esoterischen Re-ligiositaumlt hingezogen fuumlhlen duumlrfte in deren Nauml7e zum modernen Wissen-schafts- und Technikglauben zum Glau-ben an die bdquoMachbarkeit aller Dinge liegen Die moderne esoterische Reli-giositaumlt beansprucht zu wissen und nicht mehr bloszlig zu glauben und sie moumlchte moumlglichst kurzfristige bdquoErfahrungen und bdquoBeweise der bdquoErloumlstheit des Men-schen - Der Geistheiler weiszlig wie die Heil-kraft oder bdquoLebenskraft aus dem Kos-mos manipuliert wird (Daskalos) - Kuumlbler-Ross weiszlig daszlig es ein Leben nach dem Tod gibt sie vertraut nicht nur darauf - Der Spiritist legt bdquoBeweise vor fuumlr ein Uumlberleben des Todes Die bdquoGeister re-den in den spiritistischen Sitzungen und damit seien bdquoBeweise erbracht daszlig der Mensch auf einer geistigen Ebene wei-terexistiert - Die Anthroposophie versteht sich ebenfalls nicht als Glaube oder bdquoReli-gion sondern ausdruumlcklich als bdquoGe-heim- oder bdquoGeistes- Wissenschaft weil Rudolf Steiner ein bdquoWissen eine bdquoErkenntnis uumlber die bdquogeistige Welt ge-bracht habe

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Das biblische Verstaumlndnis des Glaubens als bdquoNicht sehen und doch Gott ver-trauen ist der Esoterik zutiefst fremd Man laumlszligt nur angeblich Beweisbares und rational Einsehbares als Lehre gel-ten Dementsprechend wird auch das Beten umfunktioniert zu einer Art bdquosaumlkularer Magie oder Heilstechnologie bdquoMi t meinen Gebeten kann ich jeden aus der Firma entfernen mit diesen Worten wurde einmal im bdquoSpiegel eine Anhaumln-gerin der theosophischen bdquoI AM-Bewe-gung zitiert die von einem millionen-schweren Schokoladenfabrikanten in der Schweiz geheiratet worden war Nach dem Philosophen Peter Sloterdijk steht das bdquogeheime Wissen der Esoterik dem mit moderner Technik oft verbun-denen Macht- und Erloumlsungsstreben des Menschen naumlher als es auf den ersten Blick scheint Wenn schon bdquoWissen Macht ist dann erscheint bdquomagisches Wissen als absolute Macht (vgl FAZ-Magazin Nr 836 8 3 1996) Waumlhrend christliche Religion den Men-schen zu seiner Erloumlsung grundlegend als der Gnade Gottes beduumlrftig versteht ist die esoterische Religiositaumlt vor allem eine Angelegenheit des Humanum des Menschen dem es um die Steigerung menschlicher (Erfahrungs-)Moumlglichkei-ten geht der seine Nichtigkeit erfaumlhrt aber sich selbst das houmlchste Wesen bleibt indem er seine tiefe Verlorenheit von sich aus aus eigenen Kraumlften auf dem Weg eines bdquopaumldagogischen Evolu-tionismus uumlberwinden wi l l Diese bdquoneue Religiositaumlt der Esoterik ist weit-hin ein Ruumlckfall in eine dem christlichen Glauben an die Rechtfertigung des Suumln-ders fremde bdquoGesetzlichkeit Das Men-schenbild der Esoterik wird zentral be-stimmt von der Gesetzmaumlszligigkeit von Karma und Reinkarnation Nach diesem strengen Gesetz muszlig der Mensch immer

wieder in diese bdquoSchule des Lebens zuruumlck bis er selbst seine Schwaumlchen ausgeglichen und sich selbst vervoll-kommnet hat Letztlich ist die Rein-karnations- und Karma-Lehre der gefaumlhr-liche Versuch die bdquoletzten Fragen des Lebens vor allem die Heilsfrage auf der Basis des Leistungsgedankens zu beant-worten Gegen oft hohe Gebuumlhren ver-suchen Esoterik-Anbieter vor diesem Hintergrund dem Menschen zu zeigen wie er sich selbst schneller zum Geistig-Goumlttlichen bdquoentwickeln koumlnne

Christliche Hoffnung versus Selbstverwirklichungs-Eschatologie

Die bdquoFreiheit des Christenmenschen kann solchen esoterischen Vorstellungen gegenuumlber nur gewahrt werden wenn deutlich hervorgehoben wird daszlig im christlichen Glauben die Frage der Erlouml-sung von der Frage der natuumlrlichen oder geistigen Entwicklung bdquoabgekoppelt ist daszlig die Geschichte kein bdquoFortschritt ist der unmittelbar im Erloumlsungszustand en-det bdquoDas Evangelium ist erst das Mor-genrot der Welterloumlsung sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoChristliche Froumlmmigkeit ist beziehungsorientiert Sie versteht sich im Gegenuumlber zu Gott zu Christus Eso-terische Spiritualitaumlt scheint demgegen-uumlber entwicklungsorientiert Sie ist an-thropozentrisch und in der Gefahr sich uumlber die Grenzen des Menschen illusio-nistisch zu erheben oder einem unguten Leistungsdruck zu verfallen so charak-terisierte Michael Nuumlchtern kuumlrzlich die Diskrepanz zwischen christlichem Glau-ben und esoterischer Selbstverwirkli-chungs-Eschatologie (Interview in bdquoidea 1 7 1998 S V) Dies scheint heute allerdings am schwersten zu vermitteln zu sein Daszlig der bdquoWeg des Glaubens keine progres-sive Entwicklung ist Der Christ steht im-

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mer wieder am Anfang und ist taumlglich neu angewiesen auf Gottes hilfreiche Gnade Ein wirkliches Fortschreiten im Blick auf unser Heil gibt es nicht von uns her sondern allein durch Gottes Zu-wendung zu uns vom Kommen des Rei-ches Gottes zu uns her (Mt 2534) Die christliche Hoffnung haumllt es also weniger mit Lessings bdquoErziehung des Menschen-geschlechts als mit Houmllderlin der ein-mal dichtete bdquoWas hier wir sind kann dort ein Gott ergaumlnzen mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden (A Kouml-berle in bdquoDas geheimnisvolle Reich der Seele Freiburg 1984 S 19) Mit A Resch kann man daher durchaus bezweifeln ob es sich bei der neuarti-gen bdquoReligiositaumlt der Esoterik uumlberhaupt noch um eine religioumlse Haltung im eigentlichen Sinn handelt Esoterik stellt als bdquoGeheimwissenschaft seit Helena Blavatsky nicht nur eine Alternative zur herkoumlmmlichen Wissenschaft sondern auch zur Religion dar Viele Fragen wer-den uumlberhaupt ausgeklammert aus dem Bereich der Religion was dem Streben des modernen Menschen nach Erkennt-nis entgegenkommt So ist die Frage der Wiedergeburt (Reinkarnation) fuumlr den Esoteriker eigentlich keine Frage der Re-ligion sondern des Wissens Die Wie-dergeburt gilt nicht als Glaubensfrage sondern als Tatsache Kennzeichen der Esoterik ist nach Resch (1994 S 75f) ihr Immanentismus dh bdquodie Deutung von Welt Leben und Religion mit natur-immanenten Kraumlften unter Verzicht auf die Transzendenz Damit nimmt Esoterik nach Resch bdquoimmer mehr die Form einer alternativen Lebensgestal-tung zu Wissenschaft und Religion vor allem zum Christentum ein zumal der Stellenwert der Person durch die kosmi-sche Einheit und den Kreislauf der Dinge voumlllig relativiert wird Der Wert der Per-son ist nur zeitlich gegeben und hat

keine transzendente Bedeutung mehr Das Ich ist im All verklungen Auch J Sudbracks Kritik an der Esoterik setzt an diesem zentralen Punkt der Unverfuumlgbarkeit des bdquo D u Gottes und der Freiheit der Person an wonach die fuumlr echte Religion konstitutive bdquoBegeg-nung mit Gott als freiem personalem Gegenuumlber die bdquoEhrfurcht vor dem Groumlszligeren durch den Versuch der Eso-terik miszligachtet wird bdquodas Ganze der Welt in den intellektuellen Griff (zu) bekommen So uumlberrasche es nicht bdquodaszlig im esoterischen Zugriff auf die Wirklichkeit all die Werte Freiheit Liebe Du Personsein Einmaligkeit usw ins Abseits geraten Sie naumlmlich gruumlnden in der Qualitaumlt des gegen-uumlber die auch von der intellektuellen Esoterik in die Immanenz des Selbst auf-geloumlst wird (997 S 333) Solche bdquoVerendlichungen bei an-spruchsvolleren Vertretern der Esoterik sind erst recht fuumlr den bdquoEsoterik-Markt typisch Aus religionswissenschaftlicher Perspektive fragt daher auch H Zinser bdquoob dies noch Religion sei was von der esoterischen bdquoPublikums- und bdquoKlien-tenreligion auf dem bdquoMarkt verhandelt wird bdquooder ob der Markt mit seinen Ver-dinglichungen und Verendlichungen das von der Religion gemeinte Absolute auf-loumlst (1997 S 31)

Eine Ideologie neuer sozialer Ungleich-heit

Uumlber die religioumls-weltanschauliche Di-mension hinaus haben viele esoterische Angebote eine gesellschaftspolitische Dimension die in juumlngster Zeit immer mehr auf Kritik stieszlig Esoterik - nicht nur in ihren banalen Auspraumlgungen - wird vorgeworfen ausbeuterische Systeme zu rechtfertigen rassistischen Vorurteilen nicht konsequent und eindeutig ent-

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gegenzutreten (vgl die in MD 1998 S 146 ff u 21 Off dokumentierten Dis-kussionen um Steiner und Hockemeyer) oder zu einer Ideologie sozialer Un-gleichheit zu verkommen Richard Schroumlder sprach im bdquoSpiegel (Nr 52 1997) diesbezuumlglich geradezu von einer bdquoasozialen Religiositaumlt die sich hier ausbreite Die nichtinstitutionalisierte frei flottierende Religiositaumlt des Esoterik-Marktes steht so Schroumlder bdquo in der Ge-fahr die Gesellschaft zu entkultivieren naumlmlich als bdquoasoziale Religiositaumlt der ruumlcksichtslosen Erlebnissteigerung die ein Goumlttliches im Ich sucht und sich aus-leben moumlchte Demgegenuumlber sei bdquokul-tivierte Religiositaumlt immer bdquogemeinsam verantwortet Hier ist die Esoterik gefragt vor allem ihr Menschenbild kritisch zu reflektieren das auf dem angeblichen bdquoGesetz von Karma und Reinkarnation als bdquogeistigem Entwicklungsgesetz der Menschheit be-ruht Es waumlre zu kurzschluumlssig gedacht etwa aus der hohen Arbeitslosigkeit auf einen Bedeutungsverlust der Esoterik zu schlieszligen weil die teuren Esoterik-An-gebote fuumlr immer mehr Menschen uner-schwinglich werden Denn neben dem Heer von Arbeitslosen und Geringver-dienenden kann sehr wohl eine bdquoEsote-rik-Kultur fuumlr beguumlterte Schichten ge-deihen aus deren esoterischer Sicht die Armen ja ohnehin nur ihr bdquoschlechtes Karma aus Vor-Existenzen abarbeiten Im Zeitalter der bdquoGlobalisierung des Ka-pitalismus koumlnnte das esoterische Men-schenbild auf diese Weise zur Ideologie neuer sozialer Ungleichheit reuumlssieren wenn sich seine Vertreter nicht selbst kritisch von solchen Gefahren distan-zieren Ein gesellschaftspolitisch inzwischen ebenfalls erkanntes und heftig diskutier-tes Problem betrifft vor allem esoterische Heilungsangebote auf dem bdquofreien

Markt Mit ihren Verheiszligungen einer bdquototalitaumlren Ganzheitlichkeit die einen Totalanspruch auf die Regulierung aller Lebensbereiche eines Betroffenen durch esoterische Praktiken erhebt koumlnnen Manipulationsmoumlglichkeiten Tuumlr und Tor geoumlffnet werden Was not tut im Blick auf oft skrupellos vorgehende eso-terische Anbieter ist daher eine Art bdquoVer-braucher-Schutz oder wenigstens eine verstaumlrkte bdquoVerbraucher-Beratung im Blick auf die von Esoterikern angebote-nen bdquoDienstleistungen (su S 283) In dieser Hinsicht hat sich auch die En-quete-Kommission bdquoSog Sekten und Psychogruppen des Deutschen Bundes-tages dafuumlr eingesetzt daszlig in der naumlch-sten Legislaturperiode ein Gesetz zur gewerblichen Lebensbewaumlltigungshilfe verabschiedet wird

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Klaus Fleckner Wuppertal

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

In letzter Zeit erreichen uns haumlufig Anfragen wegen der Aktivitaumlten einer bdquoBruder-schaft der Menschheit einer bdquoUniversalen Kirche oder eines bdquoFundaments fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen Hinter diesen verschiedenen Namen verbirgt sich ein und dieselbe esoterisch-theosophische Aktivitaumlt die eine Fortbildung der auf Helena Blavatsky zuruumlckgehenden modernen Theosophie darstellt (vgl MD 1992 S 245 ff) Pfarrer Klaus Fleckner hat uns folgende lebendige Schilderung vom Be-such eines Seminars dieser Organisation im letzten Jahr uumlbersandt

1 Der Ort und die Gruppe

Das bdquoLindner Golfhotel Juliana ein am Stadtrand von Wuppertal gelegenes Ob-jekt der 4-Sterne-Kategorie bietet neben seinem weitlaumlufigen Golfgelaumlnde auf dem schon Franz Beckenbauer seinen Golfschlaumlger schwang ein gediegenes Interieur mit mehr als nur einem Hauch von Luxus und gehobenem Komfort Eine Gruppe von Leuten zwischen 30

und 50 gut gekleidet im Geschmacks-spektrum von Edelflipp bis laumlssig-schick wartete im Stehen vor dem Flur zum Konferenzraum uumlber dessen Tuumlr endlos der Name des Mieters voruumlberzog bdquoFUNDAMENT FUumlR HOumlHERES GEISTI-GES LERNEN - eine wohlklingende Er-gaumlnzung zu den diversen anderen Schu-lungskursen und Konferenzen im Haus mit topgestylten Managertypen im Na-delstreifenanzug und sonnenbankge-

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braumlunten Schoumlnen wie von der Titelseite einer Modezeitschrift entsprungen Neu-ankoumlmmlinge ob Mann ob Frau wur-den von den Umstehenden mit Umar-mung und Kuumlszligchen empfangen Unge-faumlhr zwei Drittel der 25 Teilnehmer wa-ren Frauen bis auf zwei oder drei Paare schienen alle anderen ohne Partnerin angereist zu sein Wie beilaumlufige Fragen ergaben waren Lehrerinnen anwesend eine Psychologin eine fruumlhere kirchli-che Mitarbeiterin ein Steuerberater eine Krankenschwester eine Erzieherin Her-kunftsorte waren Staumldte der Wuppertaler Umgebung Duumlsseldorf Koumlln Herdecke usw Die Teilnahmegebuumlhr galt es gleich zu Beginn zu entrichten 220- DM -ohne Getraumlnke Verpflegung oder Uumlber-nachtung Nach 15 Minuten endete die Wartezeit der Konferenzraum wurde freigegeben und der Eindruck nun unmittelbar vor der Bescherung zu stehen bewahrhei-tete sich als haumltten unsichtbare Helfer ein esoterisches Weihnachtszimmer de-koriert Der Raum war reich ge-schmuumlckt Auf jedem Dreiertisch an den Seiten standen zwei kleine Blumenva-sen Doch die Aufmerksamkeit wurde automatisch nach vorne gelenkt Dort erstrahlte auf der linken Seite ein i l lumi-niertes farbiges Gemaumllde auf dem in Lichtschleier gehuumlllt drei Gestalten sichtbar waren die auseinander hervor-traten - es dominierte ein aufrechtste-hendes houmlheres Wesen mit einer Strah-lenkrone auf dem Kopf das in den Raum hineinzublicken schien waumlhrend sich ein zweites eine weibliche Gestalt zu ihm emporreckte und ein drittes ganz in dunklen Farben gehalten zur Erde hinuntergebeugt blieb Sie schienen auf einer Treppe zu sitzen Vor dem Bild stand ein Strauszlig roter gelber und blauer Blumen in einer Vase daneben ein Leuchter mit drei Kerzen in denselben

Farben - das ganze Ensemble auf meh-reren Lagen goldfarbenen Stoffs Vorne rechts neben einem Rednerpult und einer Tafel stand ein Tisch der mit bun-tem Spielzeug und anderen farbenfro-hen Dingen gefuumlllt war - bei naumlherem Hinsehen entdeckte ich farbige Tisch-tennisbaumllle Spieluhren Kreisel Spiel-zeugfiguren alte Spielzeugautos eine Kinderpistole einen kleinen Hai in ei-nem Glaszylinder in einer Fluumlssigkeit konserviert und mancherlei anderen Nippes von allenfalls Sammlerwert Am hinteren Ende des Raumes saszlig ein Mann an einem Mischpult mit Platten-spieler und Lautsprechern Anscheinend war es freigestellt wo man sich hinset-zen wollte doch das galt nicht fuumlr die vorderen beiden Reihen in denen schon Namensschilder standen Ich setzte mich in die dritte Reihe und wartete ab

2 Der bdquoMeisterreferent

Nach dem Verklingen einer pathetischen Musik-Ouvertuumlre stellte sich ein mittel-groszliger Mann ans Rednerpult der vorher etwas schwerfaumlllig nach vorne gegangen war und wies darauf hin daszlig er bdquoGun-dolf genannt werden wolle denn in dieser Arbeit tue sein Nachname nichts zur Sache Sein Vorname habe ihm zwar fruumlher uumlberhaupt nicht gefallen jetzt aber um so mehr und das nicht nur weil er so selten sei (Ich konnte mich nicht enthalten ihn mit bdquoGandalf aus dem Fantasy-Roman bdquoDer Herr der Ringe zu assoziieren und uns als eine Schar Hob-bits auf der Suche nach dem magischen Ring) Gundolf schrieb seinen Nachna-men aber trotzdem in etwas kleinerer Schrift mit an die Tafel und fuumlgte hinzu da er uns nicht beherrschen wolle habe er es nicht noumltig mit Musikbegleitung anzutreten - deshalb habe er sich erst an uns gewandt nachdem sie verklun-

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gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

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AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 12: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

Theologen kaum noch vertreten Man geht vielmehr von einem Neben- und Ineinander divergierender Tendenzen von Saumlkularisierung und (Re-)Sakralisie-rung bzw (Re-)Mythologisierung aus Gleichzeitig bedeutet diese Entwicklung aber aus der Sicht der traditionellen reli-gioumlsen Institutionen eine bdquoVerduumlnnung und bdquoDispersion (Verteilung) von Reli-gion Damit ist das Entstehen einer bdquoamorphen Weltanschauung gemeint die weder religioumls noch atheistisch im uumlberlieferten Sinn ist eine Art bdquoideologi-scher Nebel (Asendorf) dessen Hinter-grund meist eine diffuse monistische Weltsicht ist Dieser Vorgang scheint sich auch in anderen Gesellschaften zu wiederholen zum Beispiel im postkom-munistischen Ruszligland wo die Zahl der bdquoneureligioumls Glaumlubigen (im Sinne die-ser amorphen religioumlsen Weltsicht) waumlchst Auch bei uns ist bdquoEsoterik haumlu-fig nur der Inbegriff dieses diffusen bdquoreli-gioumlsen Lebensgefuumlhls und sowohl Aus-druck dieser neureligioumlsen Tendenzen als auch ein ihre Ausbreitung mit am staumlrksten foumlrderndes Mittel Der Freiburger Religionssoziologe Mi-chael N Ebertz hat diese Veraumlnderungen auf die Formel von der bdquoDispersion des Religioumlsen gebracht bdquoDie wachsende Dispersion des Religioumlsen also seine Verteilung auf ganz unterschiedliche Orte Anbieter und Sozialformen scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein (1997 S 111) Funktionen von Re-ligion werden immer haumlufiger von nicht-kirchlichen Bereichen der Gesellschaft und ihren Agenten uumlbernommen - von Therapien Kunst Kultur Konsum Sport uam bdquoEs scheint eine Signatur unserer Zeit zu sein daszlig Religioumlses - Weltorien-tierung Handlungsformierung und Ohn-machtsbewaumlltigung - auch dort zu ha-ben ist wo kein Schild Religion hier zu haben steht inzwischen sogar auf dem

oumlkonomischen Markt Sichtbare Konse-quenz dieses Dispersionsprozesses ist nach Ebertz bdquoIndem Lebensberater So-zialarbeiter Aumlrzte Lehrer fuumlr Gymnastik Ausdruckstanz und fernoumlstliche Sportar-ten Psychologen und Psychotherapeu-ten Fernsehstars und -Produzenten so-wie Kuumlnstler mit dem geistlichen Amts-traumlger alten Schlags in Konkurrenz tre-ten tragen sie zur Entgrenzungdes reli-gioumlsen Feldes bei und daruumlber zu einer -zumindest partiellen - Entdifferenzie-rung der Lebensbereiche Im Effekt kann dann jede(r) nicht nur eine Sekte sein sondern auch ein Theologe und Prie-ster und jede(r) seine eigene Sekte sein eigener Theologe und sein eigener Priester (S 148f) Auch die bdquoesoterische Dauerwelle ist eine der schillerndsten Konsequenzen dieses von Ebertz beschriebenen Prozes-ses indem ehemals von den christlichen Kirchen gepraumlgte Bereiche der Weltori-entierung und Ohnmachtsbewaumlltigung fuumlr weite Bevoumllkerungskreise nunmehr von esoterischen Anbietern oder von Ak-teuren aus der Unterhaltungs- und Mo-dewelt bedient werden Eines unter un-zaumlhligen Beispielen ist etwa das Buch des als bdquoneuer Nostradamus apostro-phierten Pariser Modemachers und Eso-terik-Autors Paco Rabanne bdquoDas Ende unserer Zeit Aufbruch in das Wasser-mann-Zeitalter (Muumlnchen 1996) bdquoVer-gleichbar dem Johannes dem Verfasser der nach ihm benannten Apokalypse kuumlndigt er die Rettung der Gerechten an und ein von Harmonie gekennzeich-netes kommendes Wassermann-Zeital-ter heiszligt es auf dem Buchdeckel gleichsam wie zur Bestaumltigung von Ebertz These uumlber die bdquoEntgrenzung des religioumlsen Feldes in dem dann jeder sein eigener bdquoProphet ist Diese Entwicklung wird begleitet von verschiedenen Trends die Ebertz als

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Trend zur Vermarktung des Religioumlsen (S 11 Off) als Trend zur religioumlsen Un-verbindlichkeit (S 76ff) und als Trend zum religioumlsen Individualismus zu Selbstentfaltungswerten und zur reli-gioumls-synkretistischen Autozentrik (S 75) charakterisiert Glaubensvorstellungen unterschiedlicher religioumlser Traditionen werden - gerade auch unter esoteri-schem Vorzeichen als angebliche eso-terische bdquoUr-Weisheit der Menschheit -selbst bei Kirchgaumlngern miteinander synkretistisch kombiniert Nach J Eiben (Shell-Jugend-Studie 1992) ergibt sich der Befund bdquodaszlig sich die Mitglieder und Sympathisanten okkulter und esote-rischer Gruppen zu einem Drittel aus Kirchgaumlngern rekrutieren (bei Ebertz S 74) bdquoEsoterik ist die gegenwaumlrtig populaumlrste Bezeichnung dieser sich verfluumlchtigen-den und dispergierenden Religiositaumlt Versteht man die esoterische bdquoDauer-welle als Ausdruck und Medium dieser Dispersionsprozesse so ist die Frage im Blick auf die weitere Entwicklung also wie weit sich die Dispersion des Religiouml-sen fortsetzt - und damit zugleich auch die esoterische Dauerwelle Denkbar ist aber auch daszlig dieser Prozeszlig in Zukunft unter ganz anderen Bezeichnungen wei-tergeht als unter der Worthuumllse bdquoEsote-rik Es ist aber auch moumlglich daszlig bdquoEso-terik zu einem Dauerkennzeichen sol-cher Tendenzen der Pluralisierung Indi-vidualisierung und Dispersion des Reli-gioumlsen wird Auf ein wichtiges Beispiel fuumlr die bdquoVer-teilung (Dispersion) des Religioumlsen in unserer Gesellschaft - und damit zu-gleich auch fuumlr die Ausbreitung esoteri-scher Vorstellungen - kann hier nur in Kuumlrze hingewiesen werden den Ge-sundheitssektor Bernhard Grom er-schien es juumlngst als wuumlrde sich bdquodie Eso-terik- und Alternativkonjunktur der 80er

Jahre seit einiger Zeit in einer Gesund-heitswelle fortsetzen (1998 S 413) bdquoGesundheit wird zu einem neuen bdquoHoumlchstwert - vor dem Hintergrund einer bdquoLeistungs- und bdquoErlebnisgesell-schaft die die jederzeitige bdquoFitness und das Wohlbefinden ihrer Mitglieder fordert Es scheint als ob die Konjunktur esoterischer Heilungsangebote vor allem vor dem Hintergrund dieser gesellschaft-lichen Tendenzen zu deuten ist und bis auf weiteres die bdquoEsoterik-Welle in be-sonderer Weise praumlgen wird Und hier spielen neben alternativen Entspan-nungs- Ernaumlhrungs- und Bewegungs-methoden (Yoga Demeter-Kost Kinesio-logie ua) vor allem esoterisch gepraumlgte Glaubensvorstellungen - insbesondere der Glaube an eine jederzeit verfuumlgbare bdquouniverselle Heilkraft oder bdquoLebens-kraft - eine Rolle Sogar das Parfuumlm von Paco Rabanne heiszligt nicht zufaumlllig bdquoenergy (FAZ-Magazin Nr 942 20 3 1998) Der Versuch der Heilung konkre-ter Krankheitssymptome und der An-spruch damit zugleich das bdquoesoterische Ur-Wissen von der Verwirklichung des ewigen Heils des Menschen verfuumlgbar zu haben gehen hier vor dem Hinter-grund der bdquoDispersion religioumlser Erwar-tungen auf bdquofreie esoterische Heilungs-angebote und Anbieter eine weder christlich noch fachlich-medizinisch vertretbare Einheit ein Von diesem und vielen anderen Gesichtspunkten aus regt sich daher immer haumlufiger Kritik an der heutigen Esoterik sowohl von kirchlich-theologischer als auch wissenschaftli-cher als auch politischer Seite

Esoterische Religiositaumlt auf dem Pruumlf-stand

Wie sollen Kirche und Gesellschaft rea-gieren angesichts dieses Befunds neuer esoterischer Religiositaumlt

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Ein wirklicher Dialog ist wohl nur mit wenigen Gruppen aus dem Bereich der bdquoSystem-Esoterik moumlglich (vgl zB M D 1997 S 91 ff zur Anthroposophie) Man kann die theologische Auseinanderset-zung mit den verschiedenen Erschei-nungsformen heutiger Esoterik an den genannten drei Hauptinhalten moderner Esoterik (so S 264) orientieren - Dem Monismus der Esoterik gegen-uumlber waumlre der biblische Schoumlpfungsglau-be eine geeignete Basis fuumlr die Kritik - Dem paumldagogischen Evolutionismus der Esoterik ihrem Angebot der Schaf-fung immer neuer bdquoDo-it-yourself-Para-diese auf Erden gegenuumlber waumlre mit der reformatorischen Rechtfertigungslehre zu argumentieren daszlig das Heil des Menschen nicht bdquomachbar ist sondern reines Geschenk Gottes - Und der gnostischen Erloumlsungslehre der Esoterik mit ihrer bdquoSelbstverwirkli-chungs-Eschatologie von der Realisie-rung des bdquogoumlttlichen Selbst im Men-schen waumlre die christliche Eschatologie entgegenzustellen wonach das Reich Gottes seit Jesus von Nazareth zwar bdquoun-ter uns ist aber sein endguumlltiges Kom-men noch aussteht solange der Mensch in der Suumlnde verharrt sein endguumlltiges Kommen Gnade ist (Mt 2534) Diese theologischen Punkte betreffen im wesentlichen die kirchliche Auseinan-dersetzung mit der bdquoSystem-Esoterik der organisierten Weltanschauungsgruppen Die gesellschaftliche Auseinanderset-zung (su) hat es daruumlberhinaus vor al-lem mit bestimmten Auswuumlchsen des bdquoEsoterik-Marktes und der Dispersion des Religioumlsen zu tun

Schoumlpfungsglaube versus Monismus

Der Monismus der modernen Esoterik seine Anschauung von einer bdquokosmi-schen Lebenskraft die alles durchflutet

kann die Kirche an vergessene Wahrhei-ten und Schaumltze ihrer eigenen Tradition erinnern Oft hat ein theologischer Intel-lektualismus vergessen- Der Mensch lebt in natuumlrlichen kosmischen Bezuumlgen ist Teil einer natuumlrlichen Ordnung bdquoAlle Krankheit sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoentspringt einer vierfachen Entfrem-dung von Gott vom Du von der Mutter Erde und von sich selbst Heilung und Heil sind nur zu erlangen wenn der Mensch in allen vier Lebensbezuumlgen umgewandelt wird und sich wandelt -in seinem religioumlsen Verhaumlltnis zu Gott in seiner sozialen Beziehung zu seinen Mitmenschen in seinen natuumlrlichen Be-zuumlgen zum Kosmos und in seinen indivi-duellen Bezuumlgen zu sich selbst Dh wenn sich der Mensch bdquoganzheitlich in der Konkretheit von Leib Seele und Geist begreift Eine Schluumlsselrolle spielt dabei der religioumlse Bezug zu Gott Der Christ weiszlig Der Mensch verdankt sich nicht einer unpersoumlnlichen Kraft im Kos-mos sondern bdquoschlechthin abhaumlngig weiszlig er sich nur von einem persoumln-lichen Du das ihn gewollt hat Das meint der Glaube an den bdquoSchoumlpfer und an die Welt als Gottes bdquoSchoumlpfung Darum kann der Christ Gott Gott und die Welt Welt sein lassen Im Monismus der Esoterik wird der Ur-sprung der Schoumlpfer des kosmischen Le-bensstroms der Leben uumlberhaupt erst er-moumlglicht weitgehend ausgeblendet Und damit haumlngt es zusammen daszlig der Mensch seine Endlichkeit und Ge-schoumlpft ichkeit nicht aushalten und des-halb zu Totalkonzepten von Selbst-Erlouml-sung und bdquoGanzheitlichkeit in einem fragwuumlrdigen Sinn seine Zuflucht neh-men muszlig Das ist besonders im Sektor esoterischer Heiler und Heilungsange-bote zu erkennen Eines der zur Zeit verbreitetsten Esoterik-Buumlcher mit dem Titel bdquoDie Fuumlnf Tibe-

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ter seit Monaten auf den Bestseller-Listen ganz oben verheiszligt dem Men-schen durch simple Yoga-Uumlbungen nicht nur groumlszligere Fitness sondern so etwas wie die Erlangung bdquoewiger Jugend -also letztlich einen alles Irdische soweit bekannt transzendierenden Heilszu-stand (vgl dazu Kakuska 1997) Es gibt auf dem bdquoEsoterik-Markt regelrechte bdquoUnsterblichkeits-Trainings in denen den Teilnehmern (gegen gutes Geld natuumlrlich) nicht nur eingeredet wird daszlig sie gar nicht sterben koumlnnten weil sie selbst bdquogoumlttl ich seien sondern daszlig es sogar die Moumlglichkeit gebe bdquoauf ewig im Koumlrper zu bleiben (vgl M D 1992 S 188 ff) Dh Auch auszligermedizinische zB re-ligioumlse Sachverhalte werden im Rah-men esoterischer Totalkonzepte von bdquoGanzheitlichkeit freigegeben fuumlr den Heiler oder - oft nur selbsternannten -Therapeuten Von der bdquoKrake Sciento-logy soll hier gar nicht weiter die Rede sein Sie ist ja in gewisser Hinsicht nur eine versektete durch ihr Geschaumlftsge-baren besonders bdquoauffaumlllige Form sol-cher bdquoEinfachst- oder bdquoPrimitiv-Esote-rik wie den bdquoFuumlnf Tibetern die dem bdquoKlienten am Ende nicht nur Gesund-heit und Heilung (den Clear-Zustand) sondern auch noch uumlber-menschliche Faumlhigkeiten (den bdquoOperating-Thetan-Zu-stand) verspricht - mit bdquoArbeitsvertrauml-gen uumlber Jahrmillionen die unsere irdi-sche Existenz in unbekannte Dimensio-nen uumlbersteigen Damit kommt bereits der zweite fuumlr die theologische Auseinandersetzung mit der Esoterik wichtige Punkt in den Blick - ein bdquomagisches Machbarkeitsdenken durch das die neue esoterische Religio-sitaumlt dem modernen Rationalismus und der Welt der technischen Lebensbewaumll-tigung naumlher steht als sie meist glauben machen wi l l

Rechtfertigungslehre versus paumldagogi-scher Evolutionismus

Moderne Esoterik und Okkultismus sind Kinder des 19 Jahrhunderts als der Ent-wicklungsgedanke und darauf aufbau-ende Fortschritts-Utopien aufzubluumlhen begannen Keine der heutigen Esoterik-und Okkultbewegungen ist aumllter als 150 Jahre Es gibt sie immer noch die bdquomo-dernen Selbstverwirklichungs-Eschatolo-gien und bdquoDo-it-yourself-Paradiese deren Zusammenbruch mancher Theo-loge zu erkennen meint - naumlmlich vor allem in Gestalt heutiger bdquoEsoterik Eine Erklaumlrung warum sich viele Menschen heute gerade zu dieser esoterischen Re-ligiositaumlt hingezogen fuumlhlen duumlrfte in deren Nauml7e zum modernen Wissen-schafts- und Technikglauben zum Glau-ben an die bdquoMachbarkeit aller Dinge liegen Die moderne esoterische Reli-giositaumlt beansprucht zu wissen und nicht mehr bloszlig zu glauben und sie moumlchte moumlglichst kurzfristige bdquoErfahrungen und bdquoBeweise der bdquoErloumlstheit des Men-schen - Der Geistheiler weiszlig wie die Heil-kraft oder bdquoLebenskraft aus dem Kos-mos manipuliert wird (Daskalos) - Kuumlbler-Ross weiszlig daszlig es ein Leben nach dem Tod gibt sie vertraut nicht nur darauf - Der Spiritist legt bdquoBeweise vor fuumlr ein Uumlberleben des Todes Die bdquoGeister re-den in den spiritistischen Sitzungen und damit seien bdquoBeweise erbracht daszlig der Mensch auf einer geistigen Ebene wei-terexistiert - Die Anthroposophie versteht sich ebenfalls nicht als Glaube oder bdquoReli-gion sondern ausdruumlcklich als bdquoGe-heim- oder bdquoGeistes- Wissenschaft weil Rudolf Steiner ein bdquoWissen eine bdquoErkenntnis uumlber die bdquogeistige Welt ge-bracht habe

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Das biblische Verstaumlndnis des Glaubens als bdquoNicht sehen und doch Gott ver-trauen ist der Esoterik zutiefst fremd Man laumlszligt nur angeblich Beweisbares und rational Einsehbares als Lehre gel-ten Dementsprechend wird auch das Beten umfunktioniert zu einer Art bdquosaumlkularer Magie oder Heilstechnologie bdquoMi t meinen Gebeten kann ich jeden aus der Firma entfernen mit diesen Worten wurde einmal im bdquoSpiegel eine Anhaumln-gerin der theosophischen bdquoI AM-Bewe-gung zitiert die von einem millionen-schweren Schokoladenfabrikanten in der Schweiz geheiratet worden war Nach dem Philosophen Peter Sloterdijk steht das bdquogeheime Wissen der Esoterik dem mit moderner Technik oft verbun-denen Macht- und Erloumlsungsstreben des Menschen naumlher als es auf den ersten Blick scheint Wenn schon bdquoWissen Macht ist dann erscheint bdquomagisches Wissen als absolute Macht (vgl FAZ-Magazin Nr 836 8 3 1996) Waumlhrend christliche Religion den Men-schen zu seiner Erloumlsung grundlegend als der Gnade Gottes beduumlrftig versteht ist die esoterische Religiositaumlt vor allem eine Angelegenheit des Humanum des Menschen dem es um die Steigerung menschlicher (Erfahrungs-)Moumlglichkei-ten geht der seine Nichtigkeit erfaumlhrt aber sich selbst das houmlchste Wesen bleibt indem er seine tiefe Verlorenheit von sich aus aus eigenen Kraumlften auf dem Weg eines bdquopaumldagogischen Evolu-tionismus uumlberwinden wi l l Diese bdquoneue Religiositaumlt der Esoterik ist weit-hin ein Ruumlckfall in eine dem christlichen Glauben an die Rechtfertigung des Suumln-ders fremde bdquoGesetzlichkeit Das Men-schenbild der Esoterik wird zentral be-stimmt von der Gesetzmaumlszligigkeit von Karma und Reinkarnation Nach diesem strengen Gesetz muszlig der Mensch immer

wieder in diese bdquoSchule des Lebens zuruumlck bis er selbst seine Schwaumlchen ausgeglichen und sich selbst vervoll-kommnet hat Letztlich ist die Rein-karnations- und Karma-Lehre der gefaumlhr-liche Versuch die bdquoletzten Fragen des Lebens vor allem die Heilsfrage auf der Basis des Leistungsgedankens zu beant-worten Gegen oft hohe Gebuumlhren ver-suchen Esoterik-Anbieter vor diesem Hintergrund dem Menschen zu zeigen wie er sich selbst schneller zum Geistig-Goumlttlichen bdquoentwickeln koumlnne

Christliche Hoffnung versus Selbstverwirklichungs-Eschatologie

Die bdquoFreiheit des Christenmenschen kann solchen esoterischen Vorstellungen gegenuumlber nur gewahrt werden wenn deutlich hervorgehoben wird daszlig im christlichen Glauben die Frage der Erlouml-sung von der Frage der natuumlrlichen oder geistigen Entwicklung bdquoabgekoppelt ist daszlig die Geschichte kein bdquoFortschritt ist der unmittelbar im Erloumlsungszustand en-det bdquoDas Evangelium ist erst das Mor-genrot der Welterloumlsung sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoChristliche Froumlmmigkeit ist beziehungsorientiert Sie versteht sich im Gegenuumlber zu Gott zu Christus Eso-terische Spiritualitaumlt scheint demgegen-uumlber entwicklungsorientiert Sie ist an-thropozentrisch und in der Gefahr sich uumlber die Grenzen des Menschen illusio-nistisch zu erheben oder einem unguten Leistungsdruck zu verfallen so charak-terisierte Michael Nuumlchtern kuumlrzlich die Diskrepanz zwischen christlichem Glau-ben und esoterischer Selbstverwirkli-chungs-Eschatologie (Interview in bdquoidea 1 7 1998 S V) Dies scheint heute allerdings am schwersten zu vermitteln zu sein Daszlig der bdquoWeg des Glaubens keine progres-sive Entwicklung ist Der Christ steht im-

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mer wieder am Anfang und ist taumlglich neu angewiesen auf Gottes hilfreiche Gnade Ein wirkliches Fortschreiten im Blick auf unser Heil gibt es nicht von uns her sondern allein durch Gottes Zu-wendung zu uns vom Kommen des Rei-ches Gottes zu uns her (Mt 2534) Die christliche Hoffnung haumllt es also weniger mit Lessings bdquoErziehung des Menschen-geschlechts als mit Houmllderlin der ein-mal dichtete bdquoWas hier wir sind kann dort ein Gott ergaumlnzen mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden (A Kouml-berle in bdquoDas geheimnisvolle Reich der Seele Freiburg 1984 S 19) Mit A Resch kann man daher durchaus bezweifeln ob es sich bei der neuarti-gen bdquoReligiositaumlt der Esoterik uumlberhaupt noch um eine religioumlse Haltung im eigentlichen Sinn handelt Esoterik stellt als bdquoGeheimwissenschaft seit Helena Blavatsky nicht nur eine Alternative zur herkoumlmmlichen Wissenschaft sondern auch zur Religion dar Viele Fragen wer-den uumlberhaupt ausgeklammert aus dem Bereich der Religion was dem Streben des modernen Menschen nach Erkennt-nis entgegenkommt So ist die Frage der Wiedergeburt (Reinkarnation) fuumlr den Esoteriker eigentlich keine Frage der Re-ligion sondern des Wissens Die Wie-dergeburt gilt nicht als Glaubensfrage sondern als Tatsache Kennzeichen der Esoterik ist nach Resch (1994 S 75f) ihr Immanentismus dh bdquodie Deutung von Welt Leben und Religion mit natur-immanenten Kraumlften unter Verzicht auf die Transzendenz Damit nimmt Esoterik nach Resch bdquoimmer mehr die Form einer alternativen Lebensgestal-tung zu Wissenschaft und Religion vor allem zum Christentum ein zumal der Stellenwert der Person durch die kosmi-sche Einheit und den Kreislauf der Dinge voumlllig relativiert wird Der Wert der Per-son ist nur zeitlich gegeben und hat

keine transzendente Bedeutung mehr Das Ich ist im All verklungen Auch J Sudbracks Kritik an der Esoterik setzt an diesem zentralen Punkt der Unverfuumlgbarkeit des bdquo D u Gottes und der Freiheit der Person an wonach die fuumlr echte Religion konstitutive bdquoBegeg-nung mit Gott als freiem personalem Gegenuumlber die bdquoEhrfurcht vor dem Groumlszligeren durch den Versuch der Eso-terik miszligachtet wird bdquodas Ganze der Welt in den intellektuellen Griff (zu) bekommen So uumlberrasche es nicht bdquodaszlig im esoterischen Zugriff auf die Wirklichkeit all die Werte Freiheit Liebe Du Personsein Einmaligkeit usw ins Abseits geraten Sie naumlmlich gruumlnden in der Qualitaumlt des gegen-uumlber die auch von der intellektuellen Esoterik in die Immanenz des Selbst auf-geloumlst wird (997 S 333) Solche bdquoVerendlichungen bei an-spruchsvolleren Vertretern der Esoterik sind erst recht fuumlr den bdquoEsoterik-Markt typisch Aus religionswissenschaftlicher Perspektive fragt daher auch H Zinser bdquoob dies noch Religion sei was von der esoterischen bdquoPublikums- und bdquoKlien-tenreligion auf dem bdquoMarkt verhandelt wird bdquooder ob der Markt mit seinen Ver-dinglichungen und Verendlichungen das von der Religion gemeinte Absolute auf-loumlst (1997 S 31)

Eine Ideologie neuer sozialer Ungleich-heit

Uumlber die religioumls-weltanschauliche Di-mension hinaus haben viele esoterische Angebote eine gesellschaftspolitische Dimension die in juumlngster Zeit immer mehr auf Kritik stieszlig Esoterik - nicht nur in ihren banalen Auspraumlgungen - wird vorgeworfen ausbeuterische Systeme zu rechtfertigen rassistischen Vorurteilen nicht konsequent und eindeutig ent-

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gegenzutreten (vgl die in MD 1998 S 146 ff u 21 Off dokumentierten Dis-kussionen um Steiner und Hockemeyer) oder zu einer Ideologie sozialer Un-gleichheit zu verkommen Richard Schroumlder sprach im bdquoSpiegel (Nr 52 1997) diesbezuumlglich geradezu von einer bdquoasozialen Religiositaumlt die sich hier ausbreite Die nichtinstitutionalisierte frei flottierende Religiositaumlt des Esoterik-Marktes steht so Schroumlder bdquo in der Ge-fahr die Gesellschaft zu entkultivieren naumlmlich als bdquoasoziale Religiositaumlt der ruumlcksichtslosen Erlebnissteigerung die ein Goumlttliches im Ich sucht und sich aus-leben moumlchte Demgegenuumlber sei bdquokul-tivierte Religiositaumlt immer bdquogemeinsam verantwortet Hier ist die Esoterik gefragt vor allem ihr Menschenbild kritisch zu reflektieren das auf dem angeblichen bdquoGesetz von Karma und Reinkarnation als bdquogeistigem Entwicklungsgesetz der Menschheit be-ruht Es waumlre zu kurzschluumlssig gedacht etwa aus der hohen Arbeitslosigkeit auf einen Bedeutungsverlust der Esoterik zu schlieszligen weil die teuren Esoterik-An-gebote fuumlr immer mehr Menschen uner-schwinglich werden Denn neben dem Heer von Arbeitslosen und Geringver-dienenden kann sehr wohl eine bdquoEsote-rik-Kultur fuumlr beguumlterte Schichten ge-deihen aus deren esoterischer Sicht die Armen ja ohnehin nur ihr bdquoschlechtes Karma aus Vor-Existenzen abarbeiten Im Zeitalter der bdquoGlobalisierung des Ka-pitalismus koumlnnte das esoterische Men-schenbild auf diese Weise zur Ideologie neuer sozialer Ungleichheit reuumlssieren wenn sich seine Vertreter nicht selbst kritisch von solchen Gefahren distan-zieren Ein gesellschaftspolitisch inzwischen ebenfalls erkanntes und heftig diskutier-tes Problem betrifft vor allem esoterische Heilungsangebote auf dem bdquofreien

Markt Mit ihren Verheiszligungen einer bdquototalitaumlren Ganzheitlichkeit die einen Totalanspruch auf die Regulierung aller Lebensbereiche eines Betroffenen durch esoterische Praktiken erhebt koumlnnen Manipulationsmoumlglichkeiten Tuumlr und Tor geoumlffnet werden Was not tut im Blick auf oft skrupellos vorgehende eso-terische Anbieter ist daher eine Art bdquoVer-braucher-Schutz oder wenigstens eine verstaumlrkte bdquoVerbraucher-Beratung im Blick auf die von Esoterikern angebote-nen bdquoDienstleistungen (su S 283) In dieser Hinsicht hat sich auch die En-quete-Kommission bdquoSog Sekten und Psychogruppen des Deutschen Bundes-tages dafuumlr eingesetzt daszlig in der naumlch-sten Legislaturperiode ein Gesetz zur gewerblichen Lebensbewaumlltigungshilfe verabschiedet wird

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Klaus Fleckner Wuppertal

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

In letzter Zeit erreichen uns haumlufig Anfragen wegen der Aktivitaumlten einer bdquoBruder-schaft der Menschheit einer bdquoUniversalen Kirche oder eines bdquoFundaments fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen Hinter diesen verschiedenen Namen verbirgt sich ein und dieselbe esoterisch-theosophische Aktivitaumlt die eine Fortbildung der auf Helena Blavatsky zuruumlckgehenden modernen Theosophie darstellt (vgl MD 1992 S 245 ff) Pfarrer Klaus Fleckner hat uns folgende lebendige Schilderung vom Be-such eines Seminars dieser Organisation im letzten Jahr uumlbersandt

1 Der Ort und die Gruppe

Das bdquoLindner Golfhotel Juliana ein am Stadtrand von Wuppertal gelegenes Ob-jekt der 4-Sterne-Kategorie bietet neben seinem weitlaumlufigen Golfgelaumlnde auf dem schon Franz Beckenbauer seinen Golfschlaumlger schwang ein gediegenes Interieur mit mehr als nur einem Hauch von Luxus und gehobenem Komfort Eine Gruppe von Leuten zwischen 30

und 50 gut gekleidet im Geschmacks-spektrum von Edelflipp bis laumlssig-schick wartete im Stehen vor dem Flur zum Konferenzraum uumlber dessen Tuumlr endlos der Name des Mieters voruumlberzog bdquoFUNDAMENT FUumlR HOumlHERES GEISTI-GES LERNEN - eine wohlklingende Er-gaumlnzung zu den diversen anderen Schu-lungskursen und Konferenzen im Haus mit topgestylten Managertypen im Na-delstreifenanzug und sonnenbankge-

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braumlunten Schoumlnen wie von der Titelseite einer Modezeitschrift entsprungen Neu-ankoumlmmlinge ob Mann ob Frau wur-den von den Umstehenden mit Umar-mung und Kuumlszligchen empfangen Unge-faumlhr zwei Drittel der 25 Teilnehmer wa-ren Frauen bis auf zwei oder drei Paare schienen alle anderen ohne Partnerin angereist zu sein Wie beilaumlufige Fragen ergaben waren Lehrerinnen anwesend eine Psychologin eine fruumlhere kirchli-che Mitarbeiterin ein Steuerberater eine Krankenschwester eine Erzieherin Her-kunftsorte waren Staumldte der Wuppertaler Umgebung Duumlsseldorf Koumlln Herdecke usw Die Teilnahmegebuumlhr galt es gleich zu Beginn zu entrichten 220- DM -ohne Getraumlnke Verpflegung oder Uumlber-nachtung Nach 15 Minuten endete die Wartezeit der Konferenzraum wurde freigegeben und der Eindruck nun unmittelbar vor der Bescherung zu stehen bewahrhei-tete sich als haumltten unsichtbare Helfer ein esoterisches Weihnachtszimmer de-koriert Der Raum war reich ge-schmuumlckt Auf jedem Dreiertisch an den Seiten standen zwei kleine Blumenva-sen Doch die Aufmerksamkeit wurde automatisch nach vorne gelenkt Dort erstrahlte auf der linken Seite ein i l lumi-niertes farbiges Gemaumllde auf dem in Lichtschleier gehuumlllt drei Gestalten sichtbar waren die auseinander hervor-traten - es dominierte ein aufrechtste-hendes houmlheres Wesen mit einer Strah-lenkrone auf dem Kopf das in den Raum hineinzublicken schien waumlhrend sich ein zweites eine weibliche Gestalt zu ihm emporreckte und ein drittes ganz in dunklen Farben gehalten zur Erde hinuntergebeugt blieb Sie schienen auf einer Treppe zu sitzen Vor dem Bild stand ein Strauszlig roter gelber und blauer Blumen in einer Vase daneben ein Leuchter mit drei Kerzen in denselben

Farben - das ganze Ensemble auf meh-reren Lagen goldfarbenen Stoffs Vorne rechts neben einem Rednerpult und einer Tafel stand ein Tisch der mit bun-tem Spielzeug und anderen farbenfro-hen Dingen gefuumlllt war - bei naumlherem Hinsehen entdeckte ich farbige Tisch-tennisbaumllle Spieluhren Kreisel Spiel-zeugfiguren alte Spielzeugautos eine Kinderpistole einen kleinen Hai in ei-nem Glaszylinder in einer Fluumlssigkeit konserviert und mancherlei anderen Nippes von allenfalls Sammlerwert Am hinteren Ende des Raumes saszlig ein Mann an einem Mischpult mit Platten-spieler und Lautsprechern Anscheinend war es freigestellt wo man sich hinset-zen wollte doch das galt nicht fuumlr die vorderen beiden Reihen in denen schon Namensschilder standen Ich setzte mich in die dritte Reihe und wartete ab

2 Der bdquoMeisterreferent

Nach dem Verklingen einer pathetischen Musik-Ouvertuumlre stellte sich ein mittel-groszliger Mann ans Rednerpult der vorher etwas schwerfaumlllig nach vorne gegangen war und wies darauf hin daszlig er bdquoGun-dolf genannt werden wolle denn in dieser Arbeit tue sein Nachname nichts zur Sache Sein Vorname habe ihm zwar fruumlher uumlberhaupt nicht gefallen jetzt aber um so mehr und das nicht nur weil er so selten sei (Ich konnte mich nicht enthalten ihn mit bdquoGandalf aus dem Fantasy-Roman bdquoDer Herr der Ringe zu assoziieren und uns als eine Schar Hob-bits auf der Suche nach dem magischen Ring) Gundolf schrieb seinen Nachna-men aber trotzdem in etwas kleinerer Schrift mit an die Tafel und fuumlgte hinzu da er uns nicht beherrschen wolle habe er es nicht noumltig mit Musikbegleitung anzutreten - deshalb habe er sich erst an uns gewandt nachdem sie verklun-

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gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 13: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

Trend zur Vermarktung des Religioumlsen (S 11 Off) als Trend zur religioumlsen Un-verbindlichkeit (S 76ff) und als Trend zum religioumlsen Individualismus zu Selbstentfaltungswerten und zur reli-gioumls-synkretistischen Autozentrik (S 75) charakterisiert Glaubensvorstellungen unterschiedlicher religioumlser Traditionen werden - gerade auch unter esoteri-schem Vorzeichen als angebliche eso-terische bdquoUr-Weisheit der Menschheit -selbst bei Kirchgaumlngern miteinander synkretistisch kombiniert Nach J Eiben (Shell-Jugend-Studie 1992) ergibt sich der Befund bdquodaszlig sich die Mitglieder und Sympathisanten okkulter und esote-rischer Gruppen zu einem Drittel aus Kirchgaumlngern rekrutieren (bei Ebertz S 74) bdquoEsoterik ist die gegenwaumlrtig populaumlrste Bezeichnung dieser sich verfluumlchtigen-den und dispergierenden Religiositaumlt Versteht man die esoterische bdquoDauer-welle als Ausdruck und Medium dieser Dispersionsprozesse so ist die Frage im Blick auf die weitere Entwicklung also wie weit sich die Dispersion des Religiouml-sen fortsetzt - und damit zugleich auch die esoterische Dauerwelle Denkbar ist aber auch daszlig dieser Prozeszlig in Zukunft unter ganz anderen Bezeichnungen wei-tergeht als unter der Worthuumllse bdquoEsote-rik Es ist aber auch moumlglich daszlig bdquoEso-terik zu einem Dauerkennzeichen sol-cher Tendenzen der Pluralisierung Indi-vidualisierung und Dispersion des Reli-gioumlsen wird Auf ein wichtiges Beispiel fuumlr die bdquoVer-teilung (Dispersion) des Religioumlsen in unserer Gesellschaft - und damit zu-gleich auch fuumlr die Ausbreitung esoteri-scher Vorstellungen - kann hier nur in Kuumlrze hingewiesen werden den Ge-sundheitssektor Bernhard Grom er-schien es juumlngst als wuumlrde sich bdquodie Eso-terik- und Alternativkonjunktur der 80er

Jahre seit einiger Zeit in einer Gesund-heitswelle fortsetzen (1998 S 413) bdquoGesundheit wird zu einem neuen bdquoHoumlchstwert - vor dem Hintergrund einer bdquoLeistungs- und bdquoErlebnisgesell-schaft die die jederzeitige bdquoFitness und das Wohlbefinden ihrer Mitglieder fordert Es scheint als ob die Konjunktur esoterischer Heilungsangebote vor allem vor dem Hintergrund dieser gesellschaft-lichen Tendenzen zu deuten ist und bis auf weiteres die bdquoEsoterik-Welle in be-sonderer Weise praumlgen wird Und hier spielen neben alternativen Entspan-nungs- Ernaumlhrungs- und Bewegungs-methoden (Yoga Demeter-Kost Kinesio-logie ua) vor allem esoterisch gepraumlgte Glaubensvorstellungen - insbesondere der Glaube an eine jederzeit verfuumlgbare bdquouniverselle Heilkraft oder bdquoLebens-kraft - eine Rolle Sogar das Parfuumlm von Paco Rabanne heiszligt nicht zufaumlllig bdquoenergy (FAZ-Magazin Nr 942 20 3 1998) Der Versuch der Heilung konkre-ter Krankheitssymptome und der An-spruch damit zugleich das bdquoesoterische Ur-Wissen von der Verwirklichung des ewigen Heils des Menschen verfuumlgbar zu haben gehen hier vor dem Hinter-grund der bdquoDispersion religioumlser Erwar-tungen auf bdquofreie esoterische Heilungs-angebote und Anbieter eine weder christlich noch fachlich-medizinisch vertretbare Einheit ein Von diesem und vielen anderen Gesichtspunkten aus regt sich daher immer haumlufiger Kritik an der heutigen Esoterik sowohl von kirchlich-theologischer als auch wissenschaftli-cher als auch politischer Seite

Esoterische Religiositaumlt auf dem Pruumlf-stand

Wie sollen Kirche und Gesellschaft rea-gieren angesichts dieses Befunds neuer esoterischer Religiositaumlt

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Ein wirklicher Dialog ist wohl nur mit wenigen Gruppen aus dem Bereich der bdquoSystem-Esoterik moumlglich (vgl zB M D 1997 S 91 ff zur Anthroposophie) Man kann die theologische Auseinanderset-zung mit den verschiedenen Erschei-nungsformen heutiger Esoterik an den genannten drei Hauptinhalten moderner Esoterik (so S 264) orientieren - Dem Monismus der Esoterik gegen-uumlber waumlre der biblische Schoumlpfungsglau-be eine geeignete Basis fuumlr die Kritik - Dem paumldagogischen Evolutionismus der Esoterik ihrem Angebot der Schaf-fung immer neuer bdquoDo-it-yourself-Para-diese auf Erden gegenuumlber waumlre mit der reformatorischen Rechtfertigungslehre zu argumentieren daszlig das Heil des Menschen nicht bdquomachbar ist sondern reines Geschenk Gottes - Und der gnostischen Erloumlsungslehre der Esoterik mit ihrer bdquoSelbstverwirkli-chungs-Eschatologie von der Realisie-rung des bdquogoumlttlichen Selbst im Men-schen waumlre die christliche Eschatologie entgegenzustellen wonach das Reich Gottes seit Jesus von Nazareth zwar bdquoun-ter uns ist aber sein endguumlltiges Kom-men noch aussteht solange der Mensch in der Suumlnde verharrt sein endguumlltiges Kommen Gnade ist (Mt 2534) Diese theologischen Punkte betreffen im wesentlichen die kirchliche Auseinan-dersetzung mit der bdquoSystem-Esoterik der organisierten Weltanschauungsgruppen Die gesellschaftliche Auseinanderset-zung (su) hat es daruumlberhinaus vor al-lem mit bestimmten Auswuumlchsen des bdquoEsoterik-Marktes und der Dispersion des Religioumlsen zu tun

Schoumlpfungsglaube versus Monismus

Der Monismus der modernen Esoterik seine Anschauung von einer bdquokosmi-schen Lebenskraft die alles durchflutet

kann die Kirche an vergessene Wahrhei-ten und Schaumltze ihrer eigenen Tradition erinnern Oft hat ein theologischer Intel-lektualismus vergessen- Der Mensch lebt in natuumlrlichen kosmischen Bezuumlgen ist Teil einer natuumlrlichen Ordnung bdquoAlle Krankheit sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoentspringt einer vierfachen Entfrem-dung von Gott vom Du von der Mutter Erde und von sich selbst Heilung und Heil sind nur zu erlangen wenn der Mensch in allen vier Lebensbezuumlgen umgewandelt wird und sich wandelt -in seinem religioumlsen Verhaumlltnis zu Gott in seiner sozialen Beziehung zu seinen Mitmenschen in seinen natuumlrlichen Be-zuumlgen zum Kosmos und in seinen indivi-duellen Bezuumlgen zu sich selbst Dh wenn sich der Mensch bdquoganzheitlich in der Konkretheit von Leib Seele und Geist begreift Eine Schluumlsselrolle spielt dabei der religioumlse Bezug zu Gott Der Christ weiszlig Der Mensch verdankt sich nicht einer unpersoumlnlichen Kraft im Kos-mos sondern bdquoschlechthin abhaumlngig weiszlig er sich nur von einem persoumln-lichen Du das ihn gewollt hat Das meint der Glaube an den bdquoSchoumlpfer und an die Welt als Gottes bdquoSchoumlpfung Darum kann der Christ Gott Gott und die Welt Welt sein lassen Im Monismus der Esoterik wird der Ur-sprung der Schoumlpfer des kosmischen Le-bensstroms der Leben uumlberhaupt erst er-moumlglicht weitgehend ausgeblendet Und damit haumlngt es zusammen daszlig der Mensch seine Endlichkeit und Ge-schoumlpft ichkeit nicht aushalten und des-halb zu Totalkonzepten von Selbst-Erlouml-sung und bdquoGanzheitlichkeit in einem fragwuumlrdigen Sinn seine Zuflucht neh-men muszlig Das ist besonders im Sektor esoterischer Heiler und Heilungsange-bote zu erkennen Eines der zur Zeit verbreitetsten Esoterik-Buumlcher mit dem Titel bdquoDie Fuumlnf Tibe-

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ter seit Monaten auf den Bestseller-Listen ganz oben verheiszligt dem Men-schen durch simple Yoga-Uumlbungen nicht nur groumlszligere Fitness sondern so etwas wie die Erlangung bdquoewiger Jugend -also letztlich einen alles Irdische soweit bekannt transzendierenden Heilszu-stand (vgl dazu Kakuska 1997) Es gibt auf dem bdquoEsoterik-Markt regelrechte bdquoUnsterblichkeits-Trainings in denen den Teilnehmern (gegen gutes Geld natuumlrlich) nicht nur eingeredet wird daszlig sie gar nicht sterben koumlnnten weil sie selbst bdquogoumlttl ich seien sondern daszlig es sogar die Moumlglichkeit gebe bdquoauf ewig im Koumlrper zu bleiben (vgl M D 1992 S 188 ff) Dh Auch auszligermedizinische zB re-ligioumlse Sachverhalte werden im Rah-men esoterischer Totalkonzepte von bdquoGanzheitlichkeit freigegeben fuumlr den Heiler oder - oft nur selbsternannten -Therapeuten Von der bdquoKrake Sciento-logy soll hier gar nicht weiter die Rede sein Sie ist ja in gewisser Hinsicht nur eine versektete durch ihr Geschaumlftsge-baren besonders bdquoauffaumlllige Form sol-cher bdquoEinfachst- oder bdquoPrimitiv-Esote-rik wie den bdquoFuumlnf Tibetern die dem bdquoKlienten am Ende nicht nur Gesund-heit und Heilung (den Clear-Zustand) sondern auch noch uumlber-menschliche Faumlhigkeiten (den bdquoOperating-Thetan-Zu-stand) verspricht - mit bdquoArbeitsvertrauml-gen uumlber Jahrmillionen die unsere irdi-sche Existenz in unbekannte Dimensio-nen uumlbersteigen Damit kommt bereits der zweite fuumlr die theologische Auseinandersetzung mit der Esoterik wichtige Punkt in den Blick - ein bdquomagisches Machbarkeitsdenken durch das die neue esoterische Religio-sitaumlt dem modernen Rationalismus und der Welt der technischen Lebensbewaumll-tigung naumlher steht als sie meist glauben machen wi l l

Rechtfertigungslehre versus paumldagogi-scher Evolutionismus

Moderne Esoterik und Okkultismus sind Kinder des 19 Jahrhunderts als der Ent-wicklungsgedanke und darauf aufbau-ende Fortschritts-Utopien aufzubluumlhen begannen Keine der heutigen Esoterik-und Okkultbewegungen ist aumllter als 150 Jahre Es gibt sie immer noch die bdquomo-dernen Selbstverwirklichungs-Eschatolo-gien und bdquoDo-it-yourself-Paradiese deren Zusammenbruch mancher Theo-loge zu erkennen meint - naumlmlich vor allem in Gestalt heutiger bdquoEsoterik Eine Erklaumlrung warum sich viele Menschen heute gerade zu dieser esoterischen Re-ligiositaumlt hingezogen fuumlhlen duumlrfte in deren Nauml7e zum modernen Wissen-schafts- und Technikglauben zum Glau-ben an die bdquoMachbarkeit aller Dinge liegen Die moderne esoterische Reli-giositaumlt beansprucht zu wissen und nicht mehr bloszlig zu glauben und sie moumlchte moumlglichst kurzfristige bdquoErfahrungen und bdquoBeweise der bdquoErloumlstheit des Men-schen - Der Geistheiler weiszlig wie die Heil-kraft oder bdquoLebenskraft aus dem Kos-mos manipuliert wird (Daskalos) - Kuumlbler-Ross weiszlig daszlig es ein Leben nach dem Tod gibt sie vertraut nicht nur darauf - Der Spiritist legt bdquoBeweise vor fuumlr ein Uumlberleben des Todes Die bdquoGeister re-den in den spiritistischen Sitzungen und damit seien bdquoBeweise erbracht daszlig der Mensch auf einer geistigen Ebene wei-terexistiert - Die Anthroposophie versteht sich ebenfalls nicht als Glaube oder bdquoReli-gion sondern ausdruumlcklich als bdquoGe-heim- oder bdquoGeistes- Wissenschaft weil Rudolf Steiner ein bdquoWissen eine bdquoErkenntnis uumlber die bdquogeistige Welt ge-bracht habe

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Das biblische Verstaumlndnis des Glaubens als bdquoNicht sehen und doch Gott ver-trauen ist der Esoterik zutiefst fremd Man laumlszligt nur angeblich Beweisbares und rational Einsehbares als Lehre gel-ten Dementsprechend wird auch das Beten umfunktioniert zu einer Art bdquosaumlkularer Magie oder Heilstechnologie bdquoMi t meinen Gebeten kann ich jeden aus der Firma entfernen mit diesen Worten wurde einmal im bdquoSpiegel eine Anhaumln-gerin der theosophischen bdquoI AM-Bewe-gung zitiert die von einem millionen-schweren Schokoladenfabrikanten in der Schweiz geheiratet worden war Nach dem Philosophen Peter Sloterdijk steht das bdquogeheime Wissen der Esoterik dem mit moderner Technik oft verbun-denen Macht- und Erloumlsungsstreben des Menschen naumlher als es auf den ersten Blick scheint Wenn schon bdquoWissen Macht ist dann erscheint bdquomagisches Wissen als absolute Macht (vgl FAZ-Magazin Nr 836 8 3 1996) Waumlhrend christliche Religion den Men-schen zu seiner Erloumlsung grundlegend als der Gnade Gottes beduumlrftig versteht ist die esoterische Religiositaumlt vor allem eine Angelegenheit des Humanum des Menschen dem es um die Steigerung menschlicher (Erfahrungs-)Moumlglichkei-ten geht der seine Nichtigkeit erfaumlhrt aber sich selbst das houmlchste Wesen bleibt indem er seine tiefe Verlorenheit von sich aus aus eigenen Kraumlften auf dem Weg eines bdquopaumldagogischen Evolu-tionismus uumlberwinden wi l l Diese bdquoneue Religiositaumlt der Esoterik ist weit-hin ein Ruumlckfall in eine dem christlichen Glauben an die Rechtfertigung des Suumln-ders fremde bdquoGesetzlichkeit Das Men-schenbild der Esoterik wird zentral be-stimmt von der Gesetzmaumlszligigkeit von Karma und Reinkarnation Nach diesem strengen Gesetz muszlig der Mensch immer

wieder in diese bdquoSchule des Lebens zuruumlck bis er selbst seine Schwaumlchen ausgeglichen und sich selbst vervoll-kommnet hat Letztlich ist die Rein-karnations- und Karma-Lehre der gefaumlhr-liche Versuch die bdquoletzten Fragen des Lebens vor allem die Heilsfrage auf der Basis des Leistungsgedankens zu beant-worten Gegen oft hohe Gebuumlhren ver-suchen Esoterik-Anbieter vor diesem Hintergrund dem Menschen zu zeigen wie er sich selbst schneller zum Geistig-Goumlttlichen bdquoentwickeln koumlnne

Christliche Hoffnung versus Selbstverwirklichungs-Eschatologie

Die bdquoFreiheit des Christenmenschen kann solchen esoterischen Vorstellungen gegenuumlber nur gewahrt werden wenn deutlich hervorgehoben wird daszlig im christlichen Glauben die Frage der Erlouml-sung von der Frage der natuumlrlichen oder geistigen Entwicklung bdquoabgekoppelt ist daszlig die Geschichte kein bdquoFortschritt ist der unmittelbar im Erloumlsungszustand en-det bdquoDas Evangelium ist erst das Mor-genrot der Welterloumlsung sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoChristliche Froumlmmigkeit ist beziehungsorientiert Sie versteht sich im Gegenuumlber zu Gott zu Christus Eso-terische Spiritualitaumlt scheint demgegen-uumlber entwicklungsorientiert Sie ist an-thropozentrisch und in der Gefahr sich uumlber die Grenzen des Menschen illusio-nistisch zu erheben oder einem unguten Leistungsdruck zu verfallen so charak-terisierte Michael Nuumlchtern kuumlrzlich die Diskrepanz zwischen christlichem Glau-ben und esoterischer Selbstverwirkli-chungs-Eschatologie (Interview in bdquoidea 1 7 1998 S V) Dies scheint heute allerdings am schwersten zu vermitteln zu sein Daszlig der bdquoWeg des Glaubens keine progres-sive Entwicklung ist Der Christ steht im-

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mer wieder am Anfang und ist taumlglich neu angewiesen auf Gottes hilfreiche Gnade Ein wirkliches Fortschreiten im Blick auf unser Heil gibt es nicht von uns her sondern allein durch Gottes Zu-wendung zu uns vom Kommen des Rei-ches Gottes zu uns her (Mt 2534) Die christliche Hoffnung haumllt es also weniger mit Lessings bdquoErziehung des Menschen-geschlechts als mit Houmllderlin der ein-mal dichtete bdquoWas hier wir sind kann dort ein Gott ergaumlnzen mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden (A Kouml-berle in bdquoDas geheimnisvolle Reich der Seele Freiburg 1984 S 19) Mit A Resch kann man daher durchaus bezweifeln ob es sich bei der neuarti-gen bdquoReligiositaumlt der Esoterik uumlberhaupt noch um eine religioumlse Haltung im eigentlichen Sinn handelt Esoterik stellt als bdquoGeheimwissenschaft seit Helena Blavatsky nicht nur eine Alternative zur herkoumlmmlichen Wissenschaft sondern auch zur Religion dar Viele Fragen wer-den uumlberhaupt ausgeklammert aus dem Bereich der Religion was dem Streben des modernen Menschen nach Erkennt-nis entgegenkommt So ist die Frage der Wiedergeburt (Reinkarnation) fuumlr den Esoteriker eigentlich keine Frage der Re-ligion sondern des Wissens Die Wie-dergeburt gilt nicht als Glaubensfrage sondern als Tatsache Kennzeichen der Esoterik ist nach Resch (1994 S 75f) ihr Immanentismus dh bdquodie Deutung von Welt Leben und Religion mit natur-immanenten Kraumlften unter Verzicht auf die Transzendenz Damit nimmt Esoterik nach Resch bdquoimmer mehr die Form einer alternativen Lebensgestal-tung zu Wissenschaft und Religion vor allem zum Christentum ein zumal der Stellenwert der Person durch die kosmi-sche Einheit und den Kreislauf der Dinge voumlllig relativiert wird Der Wert der Per-son ist nur zeitlich gegeben und hat

keine transzendente Bedeutung mehr Das Ich ist im All verklungen Auch J Sudbracks Kritik an der Esoterik setzt an diesem zentralen Punkt der Unverfuumlgbarkeit des bdquo D u Gottes und der Freiheit der Person an wonach die fuumlr echte Religion konstitutive bdquoBegeg-nung mit Gott als freiem personalem Gegenuumlber die bdquoEhrfurcht vor dem Groumlszligeren durch den Versuch der Eso-terik miszligachtet wird bdquodas Ganze der Welt in den intellektuellen Griff (zu) bekommen So uumlberrasche es nicht bdquodaszlig im esoterischen Zugriff auf die Wirklichkeit all die Werte Freiheit Liebe Du Personsein Einmaligkeit usw ins Abseits geraten Sie naumlmlich gruumlnden in der Qualitaumlt des gegen-uumlber die auch von der intellektuellen Esoterik in die Immanenz des Selbst auf-geloumlst wird (997 S 333) Solche bdquoVerendlichungen bei an-spruchsvolleren Vertretern der Esoterik sind erst recht fuumlr den bdquoEsoterik-Markt typisch Aus religionswissenschaftlicher Perspektive fragt daher auch H Zinser bdquoob dies noch Religion sei was von der esoterischen bdquoPublikums- und bdquoKlien-tenreligion auf dem bdquoMarkt verhandelt wird bdquooder ob der Markt mit seinen Ver-dinglichungen und Verendlichungen das von der Religion gemeinte Absolute auf-loumlst (1997 S 31)

Eine Ideologie neuer sozialer Ungleich-heit

Uumlber die religioumls-weltanschauliche Di-mension hinaus haben viele esoterische Angebote eine gesellschaftspolitische Dimension die in juumlngster Zeit immer mehr auf Kritik stieszlig Esoterik - nicht nur in ihren banalen Auspraumlgungen - wird vorgeworfen ausbeuterische Systeme zu rechtfertigen rassistischen Vorurteilen nicht konsequent und eindeutig ent-

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gegenzutreten (vgl die in MD 1998 S 146 ff u 21 Off dokumentierten Dis-kussionen um Steiner und Hockemeyer) oder zu einer Ideologie sozialer Un-gleichheit zu verkommen Richard Schroumlder sprach im bdquoSpiegel (Nr 52 1997) diesbezuumlglich geradezu von einer bdquoasozialen Religiositaumlt die sich hier ausbreite Die nichtinstitutionalisierte frei flottierende Religiositaumlt des Esoterik-Marktes steht so Schroumlder bdquo in der Ge-fahr die Gesellschaft zu entkultivieren naumlmlich als bdquoasoziale Religiositaumlt der ruumlcksichtslosen Erlebnissteigerung die ein Goumlttliches im Ich sucht und sich aus-leben moumlchte Demgegenuumlber sei bdquokul-tivierte Religiositaumlt immer bdquogemeinsam verantwortet Hier ist die Esoterik gefragt vor allem ihr Menschenbild kritisch zu reflektieren das auf dem angeblichen bdquoGesetz von Karma und Reinkarnation als bdquogeistigem Entwicklungsgesetz der Menschheit be-ruht Es waumlre zu kurzschluumlssig gedacht etwa aus der hohen Arbeitslosigkeit auf einen Bedeutungsverlust der Esoterik zu schlieszligen weil die teuren Esoterik-An-gebote fuumlr immer mehr Menschen uner-schwinglich werden Denn neben dem Heer von Arbeitslosen und Geringver-dienenden kann sehr wohl eine bdquoEsote-rik-Kultur fuumlr beguumlterte Schichten ge-deihen aus deren esoterischer Sicht die Armen ja ohnehin nur ihr bdquoschlechtes Karma aus Vor-Existenzen abarbeiten Im Zeitalter der bdquoGlobalisierung des Ka-pitalismus koumlnnte das esoterische Men-schenbild auf diese Weise zur Ideologie neuer sozialer Ungleichheit reuumlssieren wenn sich seine Vertreter nicht selbst kritisch von solchen Gefahren distan-zieren Ein gesellschaftspolitisch inzwischen ebenfalls erkanntes und heftig diskutier-tes Problem betrifft vor allem esoterische Heilungsangebote auf dem bdquofreien

Markt Mit ihren Verheiszligungen einer bdquototalitaumlren Ganzheitlichkeit die einen Totalanspruch auf die Regulierung aller Lebensbereiche eines Betroffenen durch esoterische Praktiken erhebt koumlnnen Manipulationsmoumlglichkeiten Tuumlr und Tor geoumlffnet werden Was not tut im Blick auf oft skrupellos vorgehende eso-terische Anbieter ist daher eine Art bdquoVer-braucher-Schutz oder wenigstens eine verstaumlrkte bdquoVerbraucher-Beratung im Blick auf die von Esoterikern angebote-nen bdquoDienstleistungen (su S 283) In dieser Hinsicht hat sich auch die En-quete-Kommission bdquoSog Sekten und Psychogruppen des Deutschen Bundes-tages dafuumlr eingesetzt daszlig in der naumlch-sten Legislaturperiode ein Gesetz zur gewerblichen Lebensbewaumlltigungshilfe verabschiedet wird

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Klaus Fleckner Wuppertal

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

In letzter Zeit erreichen uns haumlufig Anfragen wegen der Aktivitaumlten einer bdquoBruder-schaft der Menschheit einer bdquoUniversalen Kirche oder eines bdquoFundaments fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen Hinter diesen verschiedenen Namen verbirgt sich ein und dieselbe esoterisch-theosophische Aktivitaumlt die eine Fortbildung der auf Helena Blavatsky zuruumlckgehenden modernen Theosophie darstellt (vgl MD 1992 S 245 ff) Pfarrer Klaus Fleckner hat uns folgende lebendige Schilderung vom Be-such eines Seminars dieser Organisation im letzten Jahr uumlbersandt

1 Der Ort und die Gruppe

Das bdquoLindner Golfhotel Juliana ein am Stadtrand von Wuppertal gelegenes Ob-jekt der 4-Sterne-Kategorie bietet neben seinem weitlaumlufigen Golfgelaumlnde auf dem schon Franz Beckenbauer seinen Golfschlaumlger schwang ein gediegenes Interieur mit mehr als nur einem Hauch von Luxus und gehobenem Komfort Eine Gruppe von Leuten zwischen 30

und 50 gut gekleidet im Geschmacks-spektrum von Edelflipp bis laumlssig-schick wartete im Stehen vor dem Flur zum Konferenzraum uumlber dessen Tuumlr endlos der Name des Mieters voruumlberzog bdquoFUNDAMENT FUumlR HOumlHERES GEISTI-GES LERNEN - eine wohlklingende Er-gaumlnzung zu den diversen anderen Schu-lungskursen und Konferenzen im Haus mit topgestylten Managertypen im Na-delstreifenanzug und sonnenbankge-

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braumlunten Schoumlnen wie von der Titelseite einer Modezeitschrift entsprungen Neu-ankoumlmmlinge ob Mann ob Frau wur-den von den Umstehenden mit Umar-mung und Kuumlszligchen empfangen Unge-faumlhr zwei Drittel der 25 Teilnehmer wa-ren Frauen bis auf zwei oder drei Paare schienen alle anderen ohne Partnerin angereist zu sein Wie beilaumlufige Fragen ergaben waren Lehrerinnen anwesend eine Psychologin eine fruumlhere kirchli-che Mitarbeiterin ein Steuerberater eine Krankenschwester eine Erzieherin Her-kunftsorte waren Staumldte der Wuppertaler Umgebung Duumlsseldorf Koumlln Herdecke usw Die Teilnahmegebuumlhr galt es gleich zu Beginn zu entrichten 220- DM -ohne Getraumlnke Verpflegung oder Uumlber-nachtung Nach 15 Minuten endete die Wartezeit der Konferenzraum wurde freigegeben und der Eindruck nun unmittelbar vor der Bescherung zu stehen bewahrhei-tete sich als haumltten unsichtbare Helfer ein esoterisches Weihnachtszimmer de-koriert Der Raum war reich ge-schmuumlckt Auf jedem Dreiertisch an den Seiten standen zwei kleine Blumenva-sen Doch die Aufmerksamkeit wurde automatisch nach vorne gelenkt Dort erstrahlte auf der linken Seite ein i l lumi-niertes farbiges Gemaumllde auf dem in Lichtschleier gehuumlllt drei Gestalten sichtbar waren die auseinander hervor-traten - es dominierte ein aufrechtste-hendes houmlheres Wesen mit einer Strah-lenkrone auf dem Kopf das in den Raum hineinzublicken schien waumlhrend sich ein zweites eine weibliche Gestalt zu ihm emporreckte und ein drittes ganz in dunklen Farben gehalten zur Erde hinuntergebeugt blieb Sie schienen auf einer Treppe zu sitzen Vor dem Bild stand ein Strauszlig roter gelber und blauer Blumen in einer Vase daneben ein Leuchter mit drei Kerzen in denselben

Farben - das ganze Ensemble auf meh-reren Lagen goldfarbenen Stoffs Vorne rechts neben einem Rednerpult und einer Tafel stand ein Tisch der mit bun-tem Spielzeug und anderen farbenfro-hen Dingen gefuumlllt war - bei naumlherem Hinsehen entdeckte ich farbige Tisch-tennisbaumllle Spieluhren Kreisel Spiel-zeugfiguren alte Spielzeugautos eine Kinderpistole einen kleinen Hai in ei-nem Glaszylinder in einer Fluumlssigkeit konserviert und mancherlei anderen Nippes von allenfalls Sammlerwert Am hinteren Ende des Raumes saszlig ein Mann an einem Mischpult mit Platten-spieler und Lautsprechern Anscheinend war es freigestellt wo man sich hinset-zen wollte doch das galt nicht fuumlr die vorderen beiden Reihen in denen schon Namensschilder standen Ich setzte mich in die dritte Reihe und wartete ab

2 Der bdquoMeisterreferent

Nach dem Verklingen einer pathetischen Musik-Ouvertuumlre stellte sich ein mittel-groszliger Mann ans Rednerpult der vorher etwas schwerfaumlllig nach vorne gegangen war und wies darauf hin daszlig er bdquoGun-dolf genannt werden wolle denn in dieser Arbeit tue sein Nachname nichts zur Sache Sein Vorname habe ihm zwar fruumlher uumlberhaupt nicht gefallen jetzt aber um so mehr und das nicht nur weil er so selten sei (Ich konnte mich nicht enthalten ihn mit bdquoGandalf aus dem Fantasy-Roman bdquoDer Herr der Ringe zu assoziieren und uns als eine Schar Hob-bits auf der Suche nach dem magischen Ring) Gundolf schrieb seinen Nachna-men aber trotzdem in etwas kleinerer Schrift mit an die Tafel und fuumlgte hinzu da er uns nicht beherrschen wolle habe er es nicht noumltig mit Musikbegleitung anzutreten - deshalb habe er sich erst an uns gewandt nachdem sie verklun-

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gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

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AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 14: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

Ein wirklicher Dialog ist wohl nur mit wenigen Gruppen aus dem Bereich der bdquoSystem-Esoterik moumlglich (vgl zB M D 1997 S 91 ff zur Anthroposophie) Man kann die theologische Auseinanderset-zung mit den verschiedenen Erschei-nungsformen heutiger Esoterik an den genannten drei Hauptinhalten moderner Esoterik (so S 264) orientieren - Dem Monismus der Esoterik gegen-uumlber waumlre der biblische Schoumlpfungsglau-be eine geeignete Basis fuumlr die Kritik - Dem paumldagogischen Evolutionismus der Esoterik ihrem Angebot der Schaf-fung immer neuer bdquoDo-it-yourself-Para-diese auf Erden gegenuumlber waumlre mit der reformatorischen Rechtfertigungslehre zu argumentieren daszlig das Heil des Menschen nicht bdquomachbar ist sondern reines Geschenk Gottes - Und der gnostischen Erloumlsungslehre der Esoterik mit ihrer bdquoSelbstverwirkli-chungs-Eschatologie von der Realisie-rung des bdquogoumlttlichen Selbst im Men-schen waumlre die christliche Eschatologie entgegenzustellen wonach das Reich Gottes seit Jesus von Nazareth zwar bdquoun-ter uns ist aber sein endguumlltiges Kom-men noch aussteht solange der Mensch in der Suumlnde verharrt sein endguumlltiges Kommen Gnade ist (Mt 2534) Diese theologischen Punkte betreffen im wesentlichen die kirchliche Auseinan-dersetzung mit der bdquoSystem-Esoterik der organisierten Weltanschauungsgruppen Die gesellschaftliche Auseinanderset-zung (su) hat es daruumlberhinaus vor al-lem mit bestimmten Auswuumlchsen des bdquoEsoterik-Marktes und der Dispersion des Religioumlsen zu tun

Schoumlpfungsglaube versus Monismus

Der Monismus der modernen Esoterik seine Anschauung von einer bdquokosmi-schen Lebenskraft die alles durchflutet

kann die Kirche an vergessene Wahrhei-ten und Schaumltze ihrer eigenen Tradition erinnern Oft hat ein theologischer Intel-lektualismus vergessen- Der Mensch lebt in natuumlrlichen kosmischen Bezuumlgen ist Teil einer natuumlrlichen Ordnung bdquoAlle Krankheit sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoentspringt einer vierfachen Entfrem-dung von Gott vom Du von der Mutter Erde und von sich selbst Heilung und Heil sind nur zu erlangen wenn der Mensch in allen vier Lebensbezuumlgen umgewandelt wird und sich wandelt -in seinem religioumlsen Verhaumlltnis zu Gott in seiner sozialen Beziehung zu seinen Mitmenschen in seinen natuumlrlichen Be-zuumlgen zum Kosmos und in seinen indivi-duellen Bezuumlgen zu sich selbst Dh wenn sich der Mensch bdquoganzheitlich in der Konkretheit von Leib Seele und Geist begreift Eine Schluumlsselrolle spielt dabei der religioumlse Bezug zu Gott Der Christ weiszlig Der Mensch verdankt sich nicht einer unpersoumlnlichen Kraft im Kos-mos sondern bdquoschlechthin abhaumlngig weiszlig er sich nur von einem persoumln-lichen Du das ihn gewollt hat Das meint der Glaube an den bdquoSchoumlpfer und an die Welt als Gottes bdquoSchoumlpfung Darum kann der Christ Gott Gott und die Welt Welt sein lassen Im Monismus der Esoterik wird der Ur-sprung der Schoumlpfer des kosmischen Le-bensstroms der Leben uumlberhaupt erst er-moumlglicht weitgehend ausgeblendet Und damit haumlngt es zusammen daszlig der Mensch seine Endlichkeit und Ge-schoumlpft ichkeit nicht aushalten und des-halb zu Totalkonzepten von Selbst-Erlouml-sung und bdquoGanzheitlichkeit in einem fragwuumlrdigen Sinn seine Zuflucht neh-men muszlig Das ist besonders im Sektor esoterischer Heiler und Heilungsange-bote zu erkennen Eines der zur Zeit verbreitetsten Esoterik-Buumlcher mit dem Titel bdquoDie Fuumlnf Tibe-

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ter seit Monaten auf den Bestseller-Listen ganz oben verheiszligt dem Men-schen durch simple Yoga-Uumlbungen nicht nur groumlszligere Fitness sondern so etwas wie die Erlangung bdquoewiger Jugend -also letztlich einen alles Irdische soweit bekannt transzendierenden Heilszu-stand (vgl dazu Kakuska 1997) Es gibt auf dem bdquoEsoterik-Markt regelrechte bdquoUnsterblichkeits-Trainings in denen den Teilnehmern (gegen gutes Geld natuumlrlich) nicht nur eingeredet wird daszlig sie gar nicht sterben koumlnnten weil sie selbst bdquogoumlttl ich seien sondern daszlig es sogar die Moumlglichkeit gebe bdquoauf ewig im Koumlrper zu bleiben (vgl M D 1992 S 188 ff) Dh Auch auszligermedizinische zB re-ligioumlse Sachverhalte werden im Rah-men esoterischer Totalkonzepte von bdquoGanzheitlichkeit freigegeben fuumlr den Heiler oder - oft nur selbsternannten -Therapeuten Von der bdquoKrake Sciento-logy soll hier gar nicht weiter die Rede sein Sie ist ja in gewisser Hinsicht nur eine versektete durch ihr Geschaumlftsge-baren besonders bdquoauffaumlllige Form sol-cher bdquoEinfachst- oder bdquoPrimitiv-Esote-rik wie den bdquoFuumlnf Tibetern die dem bdquoKlienten am Ende nicht nur Gesund-heit und Heilung (den Clear-Zustand) sondern auch noch uumlber-menschliche Faumlhigkeiten (den bdquoOperating-Thetan-Zu-stand) verspricht - mit bdquoArbeitsvertrauml-gen uumlber Jahrmillionen die unsere irdi-sche Existenz in unbekannte Dimensio-nen uumlbersteigen Damit kommt bereits der zweite fuumlr die theologische Auseinandersetzung mit der Esoterik wichtige Punkt in den Blick - ein bdquomagisches Machbarkeitsdenken durch das die neue esoterische Religio-sitaumlt dem modernen Rationalismus und der Welt der technischen Lebensbewaumll-tigung naumlher steht als sie meist glauben machen wi l l

Rechtfertigungslehre versus paumldagogi-scher Evolutionismus

Moderne Esoterik und Okkultismus sind Kinder des 19 Jahrhunderts als der Ent-wicklungsgedanke und darauf aufbau-ende Fortschritts-Utopien aufzubluumlhen begannen Keine der heutigen Esoterik-und Okkultbewegungen ist aumllter als 150 Jahre Es gibt sie immer noch die bdquomo-dernen Selbstverwirklichungs-Eschatolo-gien und bdquoDo-it-yourself-Paradiese deren Zusammenbruch mancher Theo-loge zu erkennen meint - naumlmlich vor allem in Gestalt heutiger bdquoEsoterik Eine Erklaumlrung warum sich viele Menschen heute gerade zu dieser esoterischen Re-ligiositaumlt hingezogen fuumlhlen duumlrfte in deren Nauml7e zum modernen Wissen-schafts- und Technikglauben zum Glau-ben an die bdquoMachbarkeit aller Dinge liegen Die moderne esoterische Reli-giositaumlt beansprucht zu wissen und nicht mehr bloszlig zu glauben und sie moumlchte moumlglichst kurzfristige bdquoErfahrungen und bdquoBeweise der bdquoErloumlstheit des Men-schen - Der Geistheiler weiszlig wie die Heil-kraft oder bdquoLebenskraft aus dem Kos-mos manipuliert wird (Daskalos) - Kuumlbler-Ross weiszlig daszlig es ein Leben nach dem Tod gibt sie vertraut nicht nur darauf - Der Spiritist legt bdquoBeweise vor fuumlr ein Uumlberleben des Todes Die bdquoGeister re-den in den spiritistischen Sitzungen und damit seien bdquoBeweise erbracht daszlig der Mensch auf einer geistigen Ebene wei-terexistiert - Die Anthroposophie versteht sich ebenfalls nicht als Glaube oder bdquoReli-gion sondern ausdruumlcklich als bdquoGe-heim- oder bdquoGeistes- Wissenschaft weil Rudolf Steiner ein bdquoWissen eine bdquoErkenntnis uumlber die bdquogeistige Welt ge-bracht habe

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Das biblische Verstaumlndnis des Glaubens als bdquoNicht sehen und doch Gott ver-trauen ist der Esoterik zutiefst fremd Man laumlszligt nur angeblich Beweisbares und rational Einsehbares als Lehre gel-ten Dementsprechend wird auch das Beten umfunktioniert zu einer Art bdquosaumlkularer Magie oder Heilstechnologie bdquoMi t meinen Gebeten kann ich jeden aus der Firma entfernen mit diesen Worten wurde einmal im bdquoSpiegel eine Anhaumln-gerin der theosophischen bdquoI AM-Bewe-gung zitiert die von einem millionen-schweren Schokoladenfabrikanten in der Schweiz geheiratet worden war Nach dem Philosophen Peter Sloterdijk steht das bdquogeheime Wissen der Esoterik dem mit moderner Technik oft verbun-denen Macht- und Erloumlsungsstreben des Menschen naumlher als es auf den ersten Blick scheint Wenn schon bdquoWissen Macht ist dann erscheint bdquomagisches Wissen als absolute Macht (vgl FAZ-Magazin Nr 836 8 3 1996) Waumlhrend christliche Religion den Men-schen zu seiner Erloumlsung grundlegend als der Gnade Gottes beduumlrftig versteht ist die esoterische Religiositaumlt vor allem eine Angelegenheit des Humanum des Menschen dem es um die Steigerung menschlicher (Erfahrungs-)Moumlglichkei-ten geht der seine Nichtigkeit erfaumlhrt aber sich selbst das houmlchste Wesen bleibt indem er seine tiefe Verlorenheit von sich aus aus eigenen Kraumlften auf dem Weg eines bdquopaumldagogischen Evolu-tionismus uumlberwinden wi l l Diese bdquoneue Religiositaumlt der Esoterik ist weit-hin ein Ruumlckfall in eine dem christlichen Glauben an die Rechtfertigung des Suumln-ders fremde bdquoGesetzlichkeit Das Men-schenbild der Esoterik wird zentral be-stimmt von der Gesetzmaumlszligigkeit von Karma und Reinkarnation Nach diesem strengen Gesetz muszlig der Mensch immer

wieder in diese bdquoSchule des Lebens zuruumlck bis er selbst seine Schwaumlchen ausgeglichen und sich selbst vervoll-kommnet hat Letztlich ist die Rein-karnations- und Karma-Lehre der gefaumlhr-liche Versuch die bdquoletzten Fragen des Lebens vor allem die Heilsfrage auf der Basis des Leistungsgedankens zu beant-worten Gegen oft hohe Gebuumlhren ver-suchen Esoterik-Anbieter vor diesem Hintergrund dem Menschen zu zeigen wie er sich selbst schneller zum Geistig-Goumlttlichen bdquoentwickeln koumlnne

Christliche Hoffnung versus Selbstverwirklichungs-Eschatologie

Die bdquoFreiheit des Christenmenschen kann solchen esoterischen Vorstellungen gegenuumlber nur gewahrt werden wenn deutlich hervorgehoben wird daszlig im christlichen Glauben die Frage der Erlouml-sung von der Frage der natuumlrlichen oder geistigen Entwicklung bdquoabgekoppelt ist daszlig die Geschichte kein bdquoFortschritt ist der unmittelbar im Erloumlsungszustand en-det bdquoDas Evangelium ist erst das Mor-genrot der Welterloumlsung sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoChristliche Froumlmmigkeit ist beziehungsorientiert Sie versteht sich im Gegenuumlber zu Gott zu Christus Eso-terische Spiritualitaumlt scheint demgegen-uumlber entwicklungsorientiert Sie ist an-thropozentrisch und in der Gefahr sich uumlber die Grenzen des Menschen illusio-nistisch zu erheben oder einem unguten Leistungsdruck zu verfallen so charak-terisierte Michael Nuumlchtern kuumlrzlich die Diskrepanz zwischen christlichem Glau-ben und esoterischer Selbstverwirkli-chungs-Eschatologie (Interview in bdquoidea 1 7 1998 S V) Dies scheint heute allerdings am schwersten zu vermitteln zu sein Daszlig der bdquoWeg des Glaubens keine progres-sive Entwicklung ist Der Christ steht im-

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mer wieder am Anfang und ist taumlglich neu angewiesen auf Gottes hilfreiche Gnade Ein wirkliches Fortschreiten im Blick auf unser Heil gibt es nicht von uns her sondern allein durch Gottes Zu-wendung zu uns vom Kommen des Rei-ches Gottes zu uns her (Mt 2534) Die christliche Hoffnung haumllt es also weniger mit Lessings bdquoErziehung des Menschen-geschlechts als mit Houmllderlin der ein-mal dichtete bdquoWas hier wir sind kann dort ein Gott ergaumlnzen mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden (A Kouml-berle in bdquoDas geheimnisvolle Reich der Seele Freiburg 1984 S 19) Mit A Resch kann man daher durchaus bezweifeln ob es sich bei der neuarti-gen bdquoReligiositaumlt der Esoterik uumlberhaupt noch um eine religioumlse Haltung im eigentlichen Sinn handelt Esoterik stellt als bdquoGeheimwissenschaft seit Helena Blavatsky nicht nur eine Alternative zur herkoumlmmlichen Wissenschaft sondern auch zur Religion dar Viele Fragen wer-den uumlberhaupt ausgeklammert aus dem Bereich der Religion was dem Streben des modernen Menschen nach Erkennt-nis entgegenkommt So ist die Frage der Wiedergeburt (Reinkarnation) fuumlr den Esoteriker eigentlich keine Frage der Re-ligion sondern des Wissens Die Wie-dergeburt gilt nicht als Glaubensfrage sondern als Tatsache Kennzeichen der Esoterik ist nach Resch (1994 S 75f) ihr Immanentismus dh bdquodie Deutung von Welt Leben und Religion mit natur-immanenten Kraumlften unter Verzicht auf die Transzendenz Damit nimmt Esoterik nach Resch bdquoimmer mehr die Form einer alternativen Lebensgestal-tung zu Wissenschaft und Religion vor allem zum Christentum ein zumal der Stellenwert der Person durch die kosmi-sche Einheit und den Kreislauf der Dinge voumlllig relativiert wird Der Wert der Per-son ist nur zeitlich gegeben und hat

keine transzendente Bedeutung mehr Das Ich ist im All verklungen Auch J Sudbracks Kritik an der Esoterik setzt an diesem zentralen Punkt der Unverfuumlgbarkeit des bdquo D u Gottes und der Freiheit der Person an wonach die fuumlr echte Religion konstitutive bdquoBegeg-nung mit Gott als freiem personalem Gegenuumlber die bdquoEhrfurcht vor dem Groumlszligeren durch den Versuch der Eso-terik miszligachtet wird bdquodas Ganze der Welt in den intellektuellen Griff (zu) bekommen So uumlberrasche es nicht bdquodaszlig im esoterischen Zugriff auf die Wirklichkeit all die Werte Freiheit Liebe Du Personsein Einmaligkeit usw ins Abseits geraten Sie naumlmlich gruumlnden in der Qualitaumlt des gegen-uumlber die auch von der intellektuellen Esoterik in die Immanenz des Selbst auf-geloumlst wird (997 S 333) Solche bdquoVerendlichungen bei an-spruchsvolleren Vertretern der Esoterik sind erst recht fuumlr den bdquoEsoterik-Markt typisch Aus religionswissenschaftlicher Perspektive fragt daher auch H Zinser bdquoob dies noch Religion sei was von der esoterischen bdquoPublikums- und bdquoKlien-tenreligion auf dem bdquoMarkt verhandelt wird bdquooder ob der Markt mit seinen Ver-dinglichungen und Verendlichungen das von der Religion gemeinte Absolute auf-loumlst (1997 S 31)

Eine Ideologie neuer sozialer Ungleich-heit

Uumlber die religioumls-weltanschauliche Di-mension hinaus haben viele esoterische Angebote eine gesellschaftspolitische Dimension die in juumlngster Zeit immer mehr auf Kritik stieszlig Esoterik - nicht nur in ihren banalen Auspraumlgungen - wird vorgeworfen ausbeuterische Systeme zu rechtfertigen rassistischen Vorurteilen nicht konsequent und eindeutig ent-

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gegenzutreten (vgl die in MD 1998 S 146 ff u 21 Off dokumentierten Dis-kussionen um Steiner und Hockemeyer) oder zu einer Ideologie sozialer Un-gleichheit zu verkommen Richard Schroumlder sprach im bdquoSpiegel (Nr 52 1997) diesbezuumlglich geradezu von einer bdquoasozialen Religiositaumlt die sich hier ausbreite Die nichtinstitutionalisierte frei flottierende Religiositaumlt des Esoterik-Marktes steht so Schroumlder bdquo in der Ge-fahr die Gesellschaft zu entkultivieren naumlmlich als bdquoasoziale Religiositaumlt der ruumlcksichtslosen Erlebnissteigerung die ein Goumlttliches im Ich sucht und sich aus-leben moumlchte Demgegenuumlber sei bdquokul-tivierte Religiositaumlt immer bdquogemeinsam verantwortet Hier ist die Esoterik gefragt vor allem ihr Menschenbild kritisch zu reflektieren das auf dem angeblichen bdquoGesetz von Karma und Reinkarnation als bdquogeistigem Entwicklungsgesetz der Menschheit be-ruht Es waumlre zu kurzschluumlssig gedacht etwa aus der hohen Arbeitslosigkeit auf einen Bedeutungsverlust der Esoterik zu schlieszligen weil die teuren Esoterik-An-gebote fuumlr immer mehr Menschen uner-schwinglich werden Denn neben dem Heer von Arbeitslosen und Geringver-dienenden kann sehr wohl eine bdquoEsote-rik-Kultur fuumlr beguumlterte Schichten ge-deihen aus deren esoterischer Sicht die Armen ja ohnehin nur ihr bdquoschlechtes Karma aus Vor-Existenzen abarbeiten Im Zeitalter der bdquoGlobalisierung des Ka-pitalismus koumlnnte das esoterische Men-schenbild auf diese Weise zur Ideologie neuer sozialer Ungleichheit reuumlssieren wenn sich seine Vertreter nicht selbst kritisch von solchen Gefahren distan-zieren Ein gesellschaftspolitisch inzwischen ebenfalls erkanntes und heftig diskutier-tes Problem betrifft vor allem esoterische Heilungsangebote auf dem bdquofreien

Markt Mit ihren Verheiszligungen einer bdquototalitaumlren Ganzheitlichkeit die einen Totalanspruch auf die Regulierung aller Lebensbereiche eines Betroffenen durch esoterische Praktiken erhebt koumlnnen Manipulationsmoumlglichkeiten Tuumlr und Tor geoumlffnet werden Was not tut im Blick auf oft skrupellos vorgehende eso-terische Anbieter ist daher eine Art bdquoVer-braucher-Schutz oder wenigstens eine verstaumlrkte bdquoVerbraucher-Beratung im Blick auf die von Esoterikern angebote-nen bdquoDienstleistungen (su S 283) In dieser Hinsicht hat sich auch die En-quete-Kommission bdquoSog Sekten und Psychogruppen des Deutschen Bundes-tages dafuumlr eingesetzt daszlig in der naumlch-sten Legislaturperiode ein Gesetz zur gewerblichen Lebensbewaumlltigungshilfe verabschiedet wird

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Klaus Fleckner Wuppertal

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

In letzter Zeit erreichen uns haumlufig Anfragen wegen der Aktivitaumlten einer bdquoBruder-schaft der Menschheit einer bdquoUniversalen Kirche oder eines bdquoFundaments fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen Hinter diesen verschiedenen Namen verbirgt sich ein und dieselbe esoterisch-theosophische Aktivitaumlt die eine Fortbildung der auf Helena Blavatsky zuruumlckgehenden modernen Theosophie darstellt (vgl MD 1992 S 245 ff) Pfarrer Klaus Fleckner hat uns folgende lebendige Schilderung vom Be-such eines Seminars dieser Organisation im letzten Jahr uumlbersandt

1 Der Ort und die Gruppe

Das bdquoLindner Golfhotel Juliana ein am Stadtrand von Wuppertal gelegenes Ob-jekt der 4-Sterne-Kategorie bietet neben seinem weitlaumlufigen Golfgelaumlnde auf dem schon Franz Beckenbauer seinen Golfschlaumlger schwang ein gediegenes Interieur mit mehr als nur einem Hauch von Luxus und gehobenem Komfort Eine Gruppe von Leuten zwischen 30

und 50 gut gekleidet im Geschmacks-spektrum von Edelflipp bis laumlssig-schick wartete im Stehen vor dem Flur zum Konferenzraum uumlber dessen Tuumlr endlos der Name des Mieters voruumlberzog bdquoFUNDAMENT FUumlR HOumlHERES GEISTI-GES LERNEN - eine wohlklingende Er-gaumlnzung zu den diversen anderen Schu-lungskursen und Konferenzen im Haus mit topgestylten Managertypen im Na-delstreifenanzug und sonnenbankge-

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braumlunten Schoumlnen wie von der Titelseite einer Modezeitschrift entsprungen Neu-ankoumlmmlinge ob Mann ob Frau wur-den von den Umstehenden mit Umar-mung und Kuumlszligchen empfangen Unge-faumlhr zwei Drittel der 25 Teilnehmer wa-ren Frauen bis auf zwei oder drei Paare schienen alle anderen ohne Partnerin angereist zu sein Wie beilaumlufige Fragen ergaben waren Lehrerinnen anwesend eine Psychologin eine fruumlhere kirchli-che Mitarbeiterin ein Steuerberater eine Krankenschwester eine Erzieherin Her-kunftsorte waren Staumldte der Wuppertaler Umgebung Duumlsseldorf Koumlln Herdecke usw Die Teilnahmegebuumlhr galt es gleich zu Beginn zu entrichten 220- DM -ohne Getraumlnke Verpflegung oder Uumlber-nachtung Nach 15 Minuten endete die Wartezeit der Konferenzraum wurde freigegeben und der Eindruck nun unmittelbar vor der Bescherung zu stehen bewahrhei-tete sich als haumltten unsichtbare Helfer ein esoterisches Weihnachtszimmer de-koriert Der Raum war reich ge-schmuumlckt Auf jedem Dreiertisch an den Seiten standen zwei kleine Blumenva-sen Doch die Aufmerksamkeit wurde automatisch nach vorne gelenkt Dort erstrahlte auf der linken Seite ein i l lumi-niertes farbiges Gemaumllde auf dem in Lichtschleier gehuumlllt drei Gestalten sichtbar waren die auseinander hervor-traten - es dominierte ein aufrechtste-hendes houmlheres Wesen mit einer Strah-lenkrone auf dem Kopf das in den Raum hineinzublicken schien waumlhrend sich ein zweites eine weibliche Gestalt zu ihm emporreckte und ein drittes ganz in dunklen Farben gehalten zur Erde hinuntergebeugt blieb Sie schienen auf einer Treppe zu sitzen Vor dem Bild stand ein Strauszlig roter gelber und blauer Blumen in einer Vase daneben ein Leuchter mit drei Kerzen in denselben

Farben - das ganze Ensemble auf meh-reren Lagen goldfarbenen Stoffs Vorne rechts neben einem Rednerpult und einer Tafel stand ein Tisch der mit bun-tem Spielzeug und anderen farbenfro-hen Dingen gefuumlllt war - bei naumlherem Hinsehen entdeckte ich farbige Tisch-tennisbaumllle Spieluhren Kreisel Spiel-zeugfiguren alte Spielzeugautos eine Kinderpistole einen kleinen Hai in ei-nem Glaszylinder in einer Fluumlssigkeit konserviert und mancherlei anderen Nippes von allenfalls Sammlerwert Am hinteren Ende des Raumes saszlig ein Mann an einem Mischpult mit Platten-spieler und Lautsprechern Anscheinend war es freigestellt wo man sich hinset-zen wollte doch das galt nicht fuumlr die vorderen beiden Reihen in denen schon Namensschilder standen Ich setzte mich in die dritte Reihe und wartete ab

2 Der bdquoMeisterreferent

Nach dem Verklingen einer pathetischen Musik-Ouvertuumlre stellte sich ein mittel-groszliger Mann ans Rednerpult der vorher etwas schwerfaumlllig nach vorne gegangen war und wies darauf hin daszlig er bdquoGun-dolf genannt werden wolle denn in dieser Arbeit tue sein Nachname nichts zur Sache Sein Vorname habe ihm zwar fruumlher uumlberhaupt nicht gefallen jetzt aber um so mehr und das nicht nur weil er so selten sei (Ich konnte mich nicht enthalten ihn mit bdquoGandalf aus dem Fantasy-Roman bdquoDer Herr der Ringe zu assoziieren und uns als eine Schar Hob-bits auf der Suche nach dem magischen Ring) Gundolf schrieb seinen Nachna-men aber trotzdem in etwas kleinerer Schrift mit an die Tafel und fuumlgte hinzu da er uns nicht beherrschen wolle habe er es nicht noumltig mit Musikbegleitung anzutreten - deshalb habe er sich erst an uns gewandt nachdem sie verklun-

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gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 15: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

ter seit Monaten auf den Bestseller-Listen ganz oben verheiszligt dem Men-schen durch simple Yoga-Uumlbungen nicht nur groumlszligere Fitness sondern so etwas wie die Erlangung bdquoewiger Jugend -also letztlich einen alles Irdische soweit bekannt transzendierenden Heilszu-stand (vgl dazu Kakuska 1997) Es gibt auf dem bdquoEsoterik-Markt regelrechte bdquoUnsterblichkeits-Trainings in denen den Teilnehmern (gegen gutes Geld natuumlrlich) nicht nur eingeredet wird daszlig sie gar nicht sterben koumlnnten weil sie selbst bdquogoumlttl ich seien sondern daszlig es sogar die Moumlglichkeit gebe bdquoauf ewig im Koumlrper zu bleiben (vgl M D 1992 S 188 ff) Dh Auch auszligermedizinische zB re-ligioumlse Sachverhalte werden im Rah-men esoterischer Totalkonzepte von bdquoGanzheitlichkeit freigegeben fuumlr den Heiler oder - oft nur selbsternannten -Therapeuten Von der bdquoKrake Sciento-logy soll hier gar nicht weiter die Rede sein Sie ist ja in gewisser Hinsicht nur eine versektete durch ihr Geschaumlftsge-baren besonders bdquoauffaumlllige Form sol-cher bdquoEinfachst- oder bdquoPrimitiv-Esote-rik wie den bdquoFuumlnf Tibetern die dem bdquoKlienten am Ende nicht nur Gesund-heit und Heilung (den Clear-Zustand) sondern auch noch uumlber-menschliche Faumlhigkeiten (den bdquoOperating-Thetan-Zu-stand) verspricht - mit bdquoArbeitsvertrauml-gen uumlber Jahrmillionen die unsere irdi-sche Existenz in unbekannte Dimensio-nen uumlbersteigen Damit kommt bereits der zweite fuumlr die theologische Auseinandersetzung mit der Esoterik wichtige Punkt in den Blick - ein bdquomagisches Machbarkeitsdenken durch das die neue esoterische Religio-sitaumlt dem modernen Rationalismus und der Welt der technischen Lebensbewaumll-tigung naumlher steht als sie meist glauben machen wi l l

Rechtfertigungslehre versus paumldagogi-scher Evolutionismus

Moderne Esoterik und Okkultismus sind Kinder des 19 Jahrhunderts als der Ent-wicklungsgedanke und darauf aufbau-ende Fortschritts-Utopien aufzubluumlhen begannen Keine der heutigen Esoterik-und Okkultbewegungen ist aumllter als 150 Jahre Es gibt sie immer noch die bdquomo-dernen Selbstverwirklichungs-Eschatolo-gien und bdquoDo-it-yourself-Paradiese deren Zusammenbruch mancher Theo-loge zu erkennen meint - naumlmlich vor allem in Gestalt heutiger bdquoEsoterik Eine Erklaumlrung warum sich viele Menschen heute gerade zu dieser esoterischen Re-ligiositaumlt hingezogen fuumlhlen duumlrfte in deren Nauml7e zum modernen Wissen-schafts- und Technikglauben zum Glau-ben an die bdquoMachbarkeit aller Dinge liegen Die moderne esoterische Reli-giositaumlt beansprucht zu wissen und nicht mehr bloszlig zu glauben und sie moumlchte moumlglichst kurzfristige bdquoErfahrungen und bdquoBeweise der bdquoErloumlstheit des Men-schen - Der Geistheiler weiszlig wie die Heil-kraft oder bdquoLebenskraft aus dem Kos-mos manipuliert wird (Daskalos) - Kuumlbler-Ross weiszlig daszlig es ein Leben nach dem Tod gibt sie vertraut nicht nur darauf - Der Spiritist legt bdquoBeweise vor fuumlr ein Uumlberleben des Todes Die bdquoGeister re-den in den spiritistischen Sitzungen und damit seien bdquoBeweise erbracht daszlig der Mensch auf einer geistigen Ebene wei-terexistiert - Die Anthroposophie versteht sich ebenfalls nicht als Glaube oder bdquoReli-gion sondern ausdruumlcklich als bdquoGe-heim- oder bdquoGeistes- Wissenschaft weil Rudolf Steiner ein bdquoWissen eine bdquoErkenntnis uumlber die bdquogeistige Welt ge-bracht habe

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Das biblische Verstaumlndnis des Glaubens als bdquoNicht sehen und doch Gott ver-trauen ist der Esoterik zutiefst fremd Man laumlszligt nur angeblich Beweisbares und rational Einsehbares als Lehre gel-ten Dementsprechend wird auch das Beten umfunktioniert zu einer Art bdquosaumlkularer Magie oder Heilstechnologie bdquoMi t meinen Gebeten kann ich jeden aus der Firma entfernen mit diesen Worten wurde einmal im bdquoSpiegel eine Anhaumln-gerin der theosophischen bdquoI AM-Bewe-gung zitiert die von einem millionen-schweren Schokoladenfabrikanten in der Schweiz geheiratet worden war Nach dem Philosophen Peter Sloterdijk steht das bdquogeheime Wissen der Esoterik dem mit moderner Technik oft verbun-denen Macht- und Erloumlsungsstreben des Menschen naumlher als es auf den ersten Blick scheint Wenn schon bdquoWissen Macht ist dann erscheint bdquomagisches Wissen als absolute Macht (vgl FAZ-Magazin Nr 836 8 3 1996) Waumlhrend christliche Religion den Men-schen zu seiner Erloumlsung grundlegend als der Gnade Gottes beduumlrftig versteht ist die esoterische Religiositaumlt vor allem eine Angelegenheit des Humanum des Menschen dem es um die Steigerung menschlicher (Erfahrungs-)Moumlglichkei-ten geht der seine Nichtigkeit erfaumlhrt aber sich selbst das houmlchste Wesen bleibt indem er seine tiefe Verlorenheit von sich aus aus eigenen Kraumlften auf dem Weg eines bdquopaumldagogischen Evolu-tionismus uumlberwinden wi l l Diese bdquoneue Religiositaumlt der Esoterik ist weit-hin ein Ruumlckfall in eine dem christlichen Glauben an die Rechtfertigung des Suumln-ders fremde bdquoGesetzlichkeit Das Men-schenbild der Esoterik wird zentral be-stimmt von der Gesetzmaumlszligigkeit von Karma und Reinkarnation Nach diesem strengen Gesetz muszlig der Mensch immer

wieder in diese bdquoSchule des Lebens zuruumlck bis er selbst seine Schwaumlchen ausgeglichen und sich selbst vervoll-kommnet hat Letztlich ist die Rein-karnations- und Karma-Lehre der gefaumlhr-liche Versuch die bdquoletzten Fragen des Lebens vor allem die Heilsfrage auf der Basis des Leistungsgedankens zu beant-worten Gegen oft hohe Gebuumlhren ver-suchen Esoterik-Anbieter vor diesem Hintergrund dem Menschen zu zeigen wie er sich selbst schneller zum Geistig-Goumlttlichen bdquoentwickeln koumlnne

Christliche Hoffnung versus Selbstverwirklichungs-Eschatologie

Die bdquoFreiheit des Christenmenschen kann solchen esoterischen Vorstellungen gegenuumlber nur gewahrt werden wenn deutlich hervorgehoben wird daszlig im christlichen Glauben die Frage der Erlouml-sung von der Frage der natuumlrlichen oder geistigen Entwicklung bdquoabgekoppelt ist daszlig die Geschichte kein bdquoFortschritt ist der unmittelbar im Erloumlsungszustand en-det bdquoDas Evangelium ist erst das Mor-genrot der Welterloumlsung sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoChristliche Froumlmmigkeit ist beziehungsorientiert Sie versteht sich im Gegenuumlber zu Gott zu Christus Eso-terische Spiritualitaumlt scheint demgegen-uumlber entwicklungsorientiert Sie ist an-thropozentrisch und in der Gefahr sich uumlber die Grenzen des Menschen illusio-nistisch zu erheben oder einem unguten Leistungsdruck zu verfallen so charak-terisierte Michael Nuumlchtern kuumlrzlich die Diskrepanz zwischen christlichem Glau-ben und esoterischer Selbstverwirkli-chungs-Eschatologie (Interview in bdquoidea 1 7 1998 S V) Dies scheint heute allerdings am schwersten zu vermitteln zu sein Daszlig der bdquoWeg des Glaubens keine progres-sive Entwicklung ist Der Christ steht im-

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mer wieder am Anfang und ist taumlglich neu angewiesen auf Gottes hilfreiche Gnade Ein wirkliches Fortschreiten im Blick auf unser Heil gibt es nicht von uns her sondern allein durch Gottes Zu-wendung zu uns vom Kommen des Rei-ches Gottes zu uns her (Mt 2534) Die christliche Hoffnung haumllt es also weniger mit Lessings bdquoErziehung des Menschen-geschlechts als mit Houmllderlin der ein-mal dichtete bdquoWas hier wir sind kann dort ein Gott ergaumlnzen mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden (A Kouml-berle in bdquoDas geheimnisvolle Reich der Seele Freiburg 1984 S 19) Mit A Resch kann man daher durchaus bezweifeln ob es sich bei der neuarti-gen bdquoReligiositaumlt der Esoterik uumlberhaupt noch um eine religioumlse Haltung im eigentlichen Sinn handelt Esoterik stellt als bdquoGeheimwissenschaft seit Helena Blavatsky nicht nur eine Alternative zur herkoumlmmlichen Wissenschaft sondern auch zur Religion dar Viele Fragen wer-den uumlberhaupt ausgeklammert aus dem Bereich der Religion was dem Streben des modernen Menschen nach Erkennt-nis entgegenkommt So ist die Frage der Wiedergeburt (Reinkarnation) fuumlr den Esoteriker eigentlich keine Frage der Re-ligion sondern des Wissens Die Wie-dergeburt gilt nicht als Glaubensfrage sondern als Tatsache Kennzeichen der Esoterik ist nach Resch (1994 S 75f) ihr Immanentismus dh bdquodie Deutung von Welt Leben und Religion mit natur-immanenten Kraumlften unter Verzicht auf die Transzendenz Damit nimmt Esoterik nach Resch bdquoimmer mehr die Form einer alternativen Lebensgestal-tung zu Wissenschaft und Religion vor allem zum Christentum ein zumal der Stellenwert der Person durch die kosmi-sche Einheit und den Kreislauf der Dinge voumlllig relativiert wird Der Wert der Per-son ist nur zeitlich gegeben und hat

keine transzendente Bedeutung mehr Das Ich ist im All verklungen Auch J Sudbracks Kritik an der Esoterik setzt an diesem zentralen Punkt der Unverfuumlgbarkeit des bdquo D u Gottes und der Freiheit der Person an wonach die fuumlr echte Religion konstitutive bdquoBegeg-nung mit Gott als freiem personalem Gegenuumlber die bdquoEhrfurcht vor dem Groumlszligeren durch den Versuch der Eso-terik miszligachtet wird bdquodas Ganze der Welt in den intellektuellen Griff (zu) bekommen So uumlberrasche es nicht bdquodaszlig im esoterischen Zugriff auf die Wirklichkeit all die Werte Freiheit Liebe Du Personsein Einmaligkeit usw ins Abseits geraten Sie naumlmlich gruumlnden in der Qualitaumlt des gegen-uumlber die auch von der intellektuellen Esoterik in die Immanenz des Selbst auf-geloumlst wird (997 S 333) Solche bdquoVerendlichungen bei an-spruchsvolleren Vertretern der Esoterik sind erst recht fuumlr den bdquoEsoterik-Markt typisch Aus religionswissenschaftlicher Perspektive fragt daher auch H Zinser bdquoob dies noch Religion sei was von der esoterischen bdquoPublikums- und bdquoKlien-tenreligion auf dem bdquoMarkt verhandelt wird bdquooder ob der Markt mit seinen Ver-dinglichungen und Verendlichungen das von der Religion gemeinte Absolute auf-loumlst (1997 S 31)

Eine Ideologie neuer sozialer Ungleich-heit

Uumlber die religioumls-weltanschauliche Di-mension hinaus haben viele esoterische Angebote eine gesellschaftspolitische Dimension die in juumlngster Zeit immer mehr auf Kritik stieszlig Esoterik - nicht nur in ihren banalen Auspraumlgungen - wird vorgeworfen ausbeuterische Systeme zu rechtfertigen rassistischen Vorurteilen nicht konsequent und eindeutig ent-

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gegenzutreten (vgl die in MD 1998 S 146 ff u 21 Off dokumentierten Dis-kussionen um Steiner und Hockemeyer) oder zu einer Ideologie sozialer Un-gleichheit zu verkommen Richard Schroumlder sprach im bdquoSpiegel (Nr 52 1997) diesbezuumlglich geradezu von einer bdquoasozialen Religiositaumlt die sich hier ausbreite Die nichtinstitutionalisierte frei flottierende Religiositaumlt des Esoterik-Marktes steht so Schroumlder bdquo in der Ge-fahr die Gesellschaft zu entkultivieren naumlmlich als bdquoasoziale Religiositaumlt der ruumlcksichtslosen Erlebnissteigerung die ein Goumlttliches im Ich sucht und sich aus-leben moumlchte Demgegenuumlber sei bdquokul-tivierte Religiositaumlt immer bdquogemeinsam verantwortet Hier ist die Esoterik gefragt vor allem ihr Menschenbild kritisch zu reflektieren das auf dem angeblichen bdquoGesetz von Karma und Reinkarnation als bdquogeistigem Entwicklungsgesetz der Menschheit be-ruht Es waumlre zu kurzschluumlssig gedacht etwa aus der hohen Arbeitslosigkeit auf einen Bedeutungsverlust der Esoterik zu schlieszligen weil die teuren Esoterik-An-gebote fuumlr immer mehr Menschen uner-schwinglich werden Denn neben dem Heer von Arbeitslosen und Geringver-dienenden kann sehr wohl eine bdquoEsote-rik-Kultur fuumlr beguumlterte Schichten ge-deihen aus deren esoterischer Sicht die Armen ja ohnehin nur ihr bdquoschlechtes Karma aus Vor-Existenzen abarbeiten Im Zeitalter der bdquoGlobalisierung des Ka-pitalismus koumlnnte das esoterische Men-schenbild auf diese Weise zur Ideologie neuer sozialer Ungleichheit reuumlssieren wenn sich seine Vertreter nicht selbst kritisch von solchen Gefahren distan-zieren Ein gesellschaftspolitisch inzwischen ebenfalls erkanntes und heftig diskutier-tes Problem betrifft vor allem esoterische Heilungsangebote auf dem bdquofreien

Markt Mit ihren Verheiszligungen einer bdquototalitaumlren Ganzheitlichkeit die einen Totalanspruch auf die Regulierung aller Lebensbereiche eines Betroffenen durch esoterische Praktiken erhebt koumlnnen Manipulationsmoumlglichkeiten Tuumlr und Tor geoumlffnet werden Was not tut im Blick auf oft skrupellos vorgehende eso-terische Anbieter ist daher eine Art bdquoVer-braucher-Schutz oder wenigstens eine verstaumlrkte bdquoVerbraucher-Beratung im Blick auf die von Esoterikern angebote-nen bdquoDienstleistungen (su S 283) In dieser Hinsicht hat sich auch die En-quete-Kommission bdquoSog Sekten und Psychogruppen des Deutschen Bundes-tages dafuumlr eingesetzt daszlig in der naumlch-sten Legislaturperiode ein Gesetz zur gewerblichen Lebensbewaumlltigungshilfe verabschiedet wird

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Zinser Hartmut (1997) Der Markt der Religionen Muumlnchen 1997

Klaus Fleckner Wuppertal

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

In letzter Zeit erreichen uns haumlufig Anfragen wegen der Aktivitaumlten einer bdquoBruder-schaft der Menschheit einer bdquoUniversalen Kirche oder eines bdquoFundaments fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen Hinter diesen verschiedenen Namen verbirgt sich ein und dieselbe esoterisch-theosophische Aktivitaumlt die eine Fortbildung der auf Helena Blavatsky zuruumlckgehenden modernen Theosophie darstellt (vgl MD 1992 S 245 ff) Pfarrer Klaus Fleckner hat uns folgende lebendige Schilderung vom Be-such eines Seminars dieser Organisation im letzten Jahr uumlbersandt

1 Der Ort und die Gruppe

Das bdquoLindner Golfhotel Juliana ein am Stadtrand von Wuppertal gelegenes Ob-jekt der 4-Sterne-Kategorie bietet neben seinem weitlaumlufigen Golfgelaumlnde auf dem schon Franz Beckenbauer seinen Golfschlaumlger schwang ein gediegenes Interieur mit mehr als nur einem Hauch von Luxus und gehobenem Komfort Eine Gruppe von Leuten zwischen 30

und 50 gut gekleidet im Geschmacks-spektrum von Edelflipp bis laumlssig-schick wartete im Stehen vor dem Flur zum Konferenzraum uumlber dessen Tuumlr endlos der Name des Mieters voruumlberzog bdquoFUNDAMENT FUumlR HOumlHERES GEISTI-GES LERNEN - eine wohlklingende Er-gaumlnzung zu den diversen anderen Schu-lungskursen und Konferenzen im Haus mit topgestylten Managertypen im Na-delstreifenanzug und sonnenbankge-

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braumlunten Schoumlnen wie von der Titelseite einer Modezeitschrift entsprungen Neu-ankoumlmmlinge ob Mann ob Frau wur-den von den Umstehenden mit Umar-mung und Kuumlszligchen empfangen Unge-faumlhr zwei Drittel der 25 Teilnehmer wa-ren Frauen bis auf zwei oder drei Paare schienen alle anderen ohne Partnerin angereist zu sein Wie beilaumlufige Fragen ergaben waren Lehrerinnen anwesend eine Psychologin eine fruumlhere kirchli-che Mitarbeiterin ein Steuerberater eine Krankenschwester eine Erzieherin Her-kunftsorte waren Staumldte der Wuppertaler Umgebung Duumlsseldorf Koumlln Herdecke usw Die Teilnahmegebuumlhr galt es gleich zu Beginn zu entrichten 220- DM -ohne Getraumlnke Verpflegung oder Uumlber-nachtung Nach 15 Minuten endete die Wartezeit der Konferenzraum wurde freigegeben und der Eindruck nun unmittelbar vor der Bescherung zu stehen bewahrhei-tete sich als haumltten unsichtbare Helfer ein esoterisches Weihnachtszimmer de-koriert Der Raum war reich ge-schmuumlckt Auf jedem Dreiertisch an den Seiten standen zwei kleine Blumenva-sen Doch die Aufmerksamkeit wurde automatisch nach vorne gelenkt Dort erstrahlte auf der linken Seite ein i l lumi-niertes farbiges Gemaumllde auf dem in Lichtschleier gehuumlllt drei Gestalten sichtbar waren die auseinander hervor-traten - es dominierte ein aufrechtste-hendes houmlheres Wesen mit einer Strah-lenkrone auf dem Kopf das in den Raum hineinzublicken schien waumlhrend sich ein zweites eine weibliche Gestalt zu ihm emporreckte und ein drittes ganz in dunklen Farben gehalten zur Erde hinuntergebeugt blieb Sie schienen auf einer Treppe zu sitzen Vor dem Bild stand ein Strauszlig roter gelber und blauer Blumen in einer Vase daneben ein Leuchter mit drei Kerzen in denselben

Farben - das ganze Ensemble auf meh-reren Lagen goldfarbenen Stoffs Vorne rechts neben einem Rednerpult und einer Tafel stand ein Tisch der mit bun-tem Spielzeug und anderen farbenfro-hen Dingen gefuumlllt war - bei naumlherem Hinsehen entdeckte ich farbige Tisch-tennisbaumllle Spieluhren Kreisel Spiel-zeugfiguren alte Spielzeugautos eine Kinderpistole einen kleinen Hai in ei-nem Glaszylinder in einer Fluumlssigkeit konserviert und mancherlei anderen Nippes von allenfalls Sammlerwert Am hinteren Ende des Raumes saszlig ein Mann an einem Mischpult mit Platten-spieler und Lautsprechern Anscheinend war es freigestellt wo man sich hinset-zen wollte doch das galt nicht fuumlr die vorderen beiden Reihen in denen schon Namensschilder standen Ich setzte mich in die dritte Reihe und wartete ab

2 Der bdquoMeisterreferent

Nach dem Verklingen einer pathetischen Musik-Ouvertuumlre stellte sich ein mittel-groszliger Mann ans Rednerpult der vorher etwas schwerfaumlllig nach vorne gegangen war und wies darauf hin daszlig er bdquoGun-dolf genannt werden wolle denn in dieser Arbeit tue sein Nachname nichts zur Sache Sein Vorname habe ihm zwar fruumlher uumlberhaupt nicht gefallen jetzt aber um so mehr und das nicht nur weil er so selten sei (Ich konnte mich nicht enthalten ihn mit bdquoGandalf aus dem Fantasy-Roman bdquoDer Herr der Ringe zu assoziieren und uns als eine Schar Hob-bits auf der Suche nach dem magischen Ring) Gundolf schrieb seinen Nachna-men aber trotzdem in etwas kleinerer Schrift mit an die Tafel und fuumlgte hinzu da er uns nicht beherrschen wolle habe er es nicht noumltig mit Musikbegleitung anzutreten - deshalb habe er sich erst an uns gewandt nachdem sie verklun-

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gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 16: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

Das biblische Verstaumlndnis des Glaubens als bdquoNicht sehen und doch Gott ver-trauen ist der Esoterik zutiefst fremd Man laumlszligt nur angeblich Beweisbares und rational Einsehbares als Lehre gel-ten Dementsprechend wird auch das Beten umfunktioniert zu einer Art bdquosaumlkularer Magie oder Heilstechnologie bdquoMi t meinen Gebeten kann ich jeden aus der Firma entfernen mit diesen Worten wurde einmal im bdquoSpiegel eine Anhaumln-gerin der theosophischen bdquoI AM-Bewe-gung zitiert die von einem millionen-schweren Schokoladenfabrikanten in der Schweiz geheiratet worden war Nach dem Philosophen Peter Sloterdijk steht das bdquogeheime Wissen der Esoterik dem mit moderner Technik oft verbun-denen Macht- und Erloumlsungsstreben des Menschen naumlher als es auf den ersten Blick scheint Wenn schon bdquoWissen Macht ist dann erscheint bdquomagisches Wissen als absolute Macht (vgl FAZ-Magazin Nr 836 8 3 1996) Waumlhrend christliche Religion den Men-schen zu seiner Erloumlsung grundlegend als der Gnade Gottes beduumlrftig versteht ist die esoterische Religiositaumlt vor allem eine Angelegenheit des Humanum des Menschen dem es um die Steigerung menschlicher (Erfahrungs-)Moumlglichkei-ten geht der seine Nichtigkeit erfaumlhrt aber sich selbst das houmlchste Wesen bleibt indem er seine tiefe Verlorenheit von sich aus aus eigenen Kraumlften auf dem Weg eines bdquopaumldagogischen Evolu-tionismus uumlberwinden wi l l Diese bdquoneue Religiositaumlt der Esoterik ist weit-hin ein Ruumlckfall in eine dem christlichen Glauben an die Rechtfertigung des Suumln-ders fremde bdquoGesetzlichkeit Das Men-schenbild der Esoterik wird zentral be-stimmt von der Gesetzmaumlszligigkeit von Karma und Reinkarnation Nach diesem strengen Gesetz muszlig der Mensch immer

wieder in diese bdquoSchule des Lebens zuruumlck bis er selbst seine Schwaumlchen ausgeglichen und sich selbst vervoll-kommnet hat Letztlich ist die Rein-karnations- und Karma-Lehre der gefaumlhr-liche Versuch die bdquoletzten Fragen des Lebens vor allem die Heilsfrage auf der Basis des Leistungsgedankens zu beant-worten Gegen oft hohe Gebuumlhren ver-suchen Esoterik-Anbieter vor diesem Hintergrund dem Menschen zu zeigen wie er sich selbst schneller zum Geistig-Goumlttlichen bdquoentwickeln koumlnne

Christliche Hoffnung versus Selbstverwirklichungs-Eschatologie

Die bdquoFreiheit des Christenmenschen kann solchen esoterischen Vorstellungen gegenuumlber nur gewahrt werden wenn deutlich hervorgehoben wird daszlig im christlichen Glauben die Frage der Erlouml-sung von der Frage der natuumlrlichen oder geistigen Entwicklung bdquoabgekoppelt ist daszlig die Geschichte kein bdquoFortschritt ist der unmittelbar im Erloumlsungszustand en-det bdquoDas Evangelium ist erst das Mor-genrot der Welterloumlsung sagte einmal Adolf Koumlberle bdquoChristliche Froumlmmigkeit ist beziehungsorientiert Sie versteht sich im Gegenuumlber zu Gott zu Christus Eso-terische Spiritualitaumlt scheint demgegen-uumlber entwicklungsorientiert Sie ist an-thropozentrisch und in der Gefahr sich uumlber die Grenzen des Menschen illusio-nistisch zu erheben oder einem unguten Leistungsdruck zu verfallen so charak-terisierte Michael Nuumlchtern kuumlrzlich die Diskrepanz zwischen christlichem Glau-ben und esoterischer Selbstverwirkli-chungs-Eschatologie (Interview in bdquoidea 1 7 1998 S V) Dies scheint heute allerdings am schwersten zu vermitteln zu sein Daszlig der bdquoWeg des Glaubens keine progres-sive Entwicklung ist Der Christ steht im-

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mer wieder am Anfang und ist taumlglich neu angewiesen auf Gottes hilfreiche Gnade Ein wirkliches Fortschreiten im Blick auf unser Heil gibt es nicht von uns her sondern allein durch Gottes Zu-wendung zu uns vom Kommen des Rei-ches Gottes zu uns her (Mt 2534) Die christliche Hoffnung haumllt es also weniger mit Lessings bdquoErziehung des Menschen-geschlechts als mit Houmllderlin der ein-mal dichtete bdquoWas hier wir sind kann dort ein Gott ergaumlnzen mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden (A Kouml-berle in bdquoDas geheimnisvolle Reich der Seele Freiburg 1984 S 19) Mit A Resch kann man daher durchaus bezweifeln ob es sich bei der neuarti-gen bdquoReligiositaumlt der Esoterik uumlberhaupt noch um eine religioumlse Haltung im eigentlichen Sinn handelt Esoterik stellt als bdquoGeheimwissenschaft seit Helena Blavatsky nicht nur eine Alternative zur herkoumlmmlichen Wissenschaft sondern auch zur Religion dar Viele Fragen wer-den uumlberhaupt ausgeklammert aus dem Bereich der Religion was dem Streben des modernen Menschen nach Erkennt-nis entgegenkommt So ist die Frage der Wiedergeburt (Reinkarnation) fuumlr den Esoteriker eigentlich keine Frage der Re-ligion sondern des Wissens Die Wie-dergeburt gilt nicht als Glaubensfrage sondern als Tatsache Kennzeichen der Esoterik ist nach Resch (1994 S 75f) ihr Immanentismus dh bdquodie Deutung von Welt Leben und Religion mit natur-immanenten Kraumlften unter Verzicht auf die Transzendenz Damit nimmt Esoterik nach Resch bdquoimmer mehr die Form einer alternativen Lebensgestal-tung zu Wissenschaft und Religion vor allem zum Christentum ein zumal der Stellenwert der Person durch die kosmi-sche Einheit und den Kreislauf der Dinge voumlllig relativiert wird Der Wert der Per-son ist nur zeitlich gegeben und hat

keine transzendente Bedeutung mehr Das Ich ist im All verklungen Auch J Sudbracks Kritik an der Esoterik setzt an diesem zentralen Punkt der Unverfuumlgbarkeit des bdquo D u Gottes und der Freiheit der Person an wonach die fuumlr echte Religion konstitutive bdquoBegeg-nung mit Gott als freiem personalem Gegenuumlber die bdquoEhrfurcht vor dem Groumlszligeren durch den Versuch der Eso-terik miszligachtet wird bdquodas Ganze der Welt in den intellektuellen Griff (zu) bekommen So uumlberrasche es nicht bdquodaszlig im esoterischen Zugriff auf die Wirklichkeit all die Werte Freiheit Liebe Du Personsein Einmaligkeit usw ins Abseits geraten Sie naumlmlich gruumlnden in der Qualitaumlt des gegen-uumlber die auch von der intellektuellen Esoterik in die Immanenz des Selbst auf-geloumlst wird (997 S 333) Solche bdquoVerendlichungen bei an-spruchsvolleren Vertretern der Esoterik sind erst recht fuumlr den bdquoEsoterik-Markt typisch Aus religionswissenschaftlicher Perspektive fragt daher auch H Zinser bdquoob dies noch Religion sei was von der esoterischen bdquoPublikums- und bdquoKlien-tenreligion auf dem bdquoMarkt verhandelt wird bdquooder ob der Markt mit seinen Ver-dinglichungen und Verendlichungen das von der Religion gemeinte Absolute auf-loumlst (1997 S 31)

Eine Ideologie neuer sozialer Ungleich-heit

Uumlber die religioumls-weltanschauliche Di-mension hinaus haben viele esoterische Angebote eine gesellschaftspolitische Dimension die in juumlngster Zeit immer mehr auf Kritik stieszlig Esoterik - nicht nur in ihren banalen Auspraumlgungen - wird vorgeworfen ausbeuterische Systeme zu rechtfertigen rassistischen Vorurteilen nicht konsequent und eindeutig ent-

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gegenzutreten (vgl die in MD 1998 S 146 ff u 21 Off dokumentierten Dis-kussionen um Steiner und Hockemeyer) oder zu einer Ideologie sozialer Un-gleichheit zu verkommen Richard Schroumlder sprach im bdquoSpiegel (Nr 52 1997) diesbezuumlglich geradezu von einer bdquoasozialen Religiositaumlt die sich hier ausbreite Die nichtinstitutionalisierte frei flottierende Religiositaumlt des Esoterik-Marktes steht so Schroumlder bdquo in der Ge-fahr die Gesellschaft zu entkultivieren naumlmlich als bdquoasoziale Religiositaumlt der ruumlcksichtslosen Erlebnissteigerung die ein Goumlttliches im Ich sucht und sich aus-leben moumlchte Demgegenuumlber sei bdquokul-tivierte Religiositaumlt immer bdquogemeinsam verantwortet Hier ist die Esoterik gefragt vor allem ihr Menschenbild kritisch zu reflektieren das auf dem angeblichen bdquoGesetz von Karma und Reinkarnation als bdquogeistigem Entwicklungsgesetz der Menschheit be-ruht Es waumlre zu kurzschluumlssig gedacht etwa aus der hohen Arbeitslosigkeit auf einen Bedeutungsverlust der Esoterik zu schlieszligen weil die teuren Esoterik-An-gebote fuumlr immer mehr Menschen uner-schwinglich werden Denn neben dem Heer von Arbeitslosen und Geringver-dienenden kann sehr wohl eine bdquoEsote-rik-Kultur fuumlr beguumlterte Schichten ge-deihen aus deren esoterischer Sicht die Armen ja ohnehin nur ihr bdquoschlechtes Karma aus Vor-Existenzen abarbeiten Im Zeitalter der bdquoGlobalisierung des Ka-pitalismus koumlnnte das esoterische Men-schenbild auf diese Weise zur Ideologie neuer sozialer Ungleichheit reuumlssieren wenn sich seine Vertreter nicht selbst kritisch von solchen Gefahren distan-zieren Ein gesellschaftspolitisch inzwischen ebenfalls erkanntes und heftig diskutier-tes Problem betrifft vor allem esoterische Heilungsangebote auf dem bdquofreien

Markt Mit ihren Verheiszligungen einer bdquototalitaumlren Ganzheitlichkeit die einen Totalanspruch auf die Regulierung aller Lebensbereiche eines Betroffenen durch esoterische Praktiken erhebt koumlnnen Manipulationsmoumlglichkeiten Tuumlr und Tor geoumlffnet werden Was not tut im Blick auf oft skrupellos vorgehende eso-terische Anbieter ist daher eine Art bdquoVer-braucher-Schutz oder wenigstens eine verstaumlrkte bdquoVerbraucher-Beratung im Blick auf die von Esoterikern angebote-nen bdquoDienstleistungen (su S 283) In dieser Hinsicht hat sich auch die En-quete-Kommission bdquoSog Sekten und Psychogruppen des Deutschen Bundes-tages dafuumlr eingesetzt daszlig in der naumlch-sten Legislaturperiode ein Gesetz zur gewerblichen Lebensbewaumlltigungshilfe verabschiedet wird

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Klaus Fleckner Wuppertal

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

In letzter Zeit erreichen uns haumlufig Anfragen wegen der Aktivitaumlten einer bdquoBruder-schaft der Menschheit einer bdquoUniversalen Kirche oder eines bdquoFundaments fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen Hinter diesen verschiedenen Namen verbirgt sich ein und dieselbe esoterisch-theosophische Aktivitaumlt die eine Fortbildung der auf Helena Blavatsky zuruumlckgehenden modernen Theosophie darstellt (vgl MD 1992 S 245 ff) Pfarrer Klaus Fleckner hat uns folgende lebendige Schilderung vom Be-such eines Seminars dieser Organisation im letzten Jahr uumlbersandt

1 Der Ort und die Gruppe

Das bdquoLindner Golfhotel Juliana ein am Stadtrand von Wuppertal gelegenes Ob-jekt der 4-Sterne-Kategorie bietet neben seinem weitlaumlufigen Golfgelaumlnde auf dem schon Franz Beckenbauer seinen Golfschlaumlger schwang ein gediegenes Interieur mit mehr als nur einem Hauch von Luxus und gehobenem Komfort Eine Gruppe von Leuten zwischen 30

und 50 gut gekleidet im Geschmacks-spektrum von Edelflipp bis laumlssig-schick wartete im Stehen vor dem Flur zum Konferenzraum uumlber dessen Tuumlr endlos der Name des Mieters voruumlberzog bdquoFUNDAMENT FUumlR HOumlHERES GEISTI-GES LERNEN - eine wohlklingende Er-gaumlnzung zu den diversen anderen Schu-lungskursen und Konferenzen im Haus mit topgestylten Managertypen im Na-delstreifenanzug und sonnenbankge-

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braumlunten Schoumlnen wie von der Titelseite einer Modezeitschrift entsprungen Neu-ankoumlmmlinge ob Mann ob Frau wur-den von den Umstehenden mit Umar-mung und Kuumlszligchen empfangen Unge-faumlhr zwei Drittel der 25 Teilnehmer wa-ren Frauen bis auf zwei oder drei Paare schienen alle anderen ohne Partnerin angereist zu sein Wie beilaumlufige Fragen ergaben waren Lehrerinnen anwesend eine Psychologin eine fruumlhere kirchli-che Mitarbeiterin ein Steuerberater eine Krankenschwester eine Erzieherin Her-kunftsorte waren Staumldte der Wuppertaler Umgebung Duumlsseldorf Koumlln Herdecke usw Die Teilnahmegebuumlhr galt es gleich zu Beginn zu entrichten 220- DM -ohne Getraumlnke Verpflegung oder Uumlber-nachtung Nach 15 Minuten endete die Wartezeit der Konferenzraum wurde freigegeben und der Eindruck nun unmittelbar vor der Bescherung zu stehen bewahrhei-tete sich als haumltten unsichtbare Helfer ein esoterisches Weihnachtszimmer de-koriert Der Raum war reich ge-schmuumlckt Auf jedem Dreiertisch an den Seiten standen zwei kleine Blumenva-sen Doch die Aufmerksamkeit wurde automatisch nach vorne gelenkt Dort erstrahlte auf der linken Seite ein i l lumi-niertes farbiges Gemaumllde auf dem in Lichtschleier gehuumlllt drei Gestalten sichtbar waren die auseinander hervor-traten - es dominierte ein aufrechtste-hendes houmlheres Wesen mit einer Strah-lenkrone auf dem Kopf das in den Raum hineinzublicken schien waumlhrend sich ein zweites eine weibliche Gestalt zu ihm emporreckte und ein drittes ganz in dunklen Farben gehalten zur Erde hinuntergebeugt blieb Sie schienen auf einer Treppe zu sitzen Vor dem Bild stand ein Strauszlig roter gelber und blauer Blumen in einer Vase daneben ein Leuchter mit drei Kerzen in denselben

Farben - das ganze Ensemble auf meh-reren Lagen goldfarbenen Stoffs Vorne rechts neben einem Rednerpult und einer Tafel stand ein Tisch der mit bun-tem Spielzeug und anderen farbenfro-hen Dingen gefuumlllt war - bei naumlherem Hinsehen entdeckte ich farbige Tisch-tennisbaumllle Spieluhren Kreisel Spiel-zeugfiguren alte Spielzeugautos eine Kinderpistole einen kleinen Hai in ei-nem Glaszylinder in einer Fluumlssigkeit konserviert und mancherlei anderen Nippes von allenfalls Sammlerwert Am hinteren Ende des Raumes saszlig ein Mann an einem Mischpult mit Platten-spieler und Lautsprechern Anscheinend war es freigestellt wo man sich hinset-zen wollte doch das galt nicht fuumlr die vorderen beiden Reihen in denen schon Namensschilder standen Ich setzte mich in die dritte Reihe und wartete ab

2 Der bdquoMeisterreferent

Nach dem Verklingen einer pathetischen Musik-Ouvertuumlre stellte sich ein mittel-groszliger Mann ans Rednerpult der vorher etwas schwerfaumlllig nach vorne gegangen war und wies darauf hin daszlig er bdquoGun-dolf genannt werden wolle denn in dieser Arbeit tue sein Nachname nichts zur Sache Sein Vorname habe ihm zwar fruumlher uumlberhaupt nicht gefallen jetzt aber um so mehr und das nicht nur weil er so selten sei (Ich konnte mich nicht enthalten ihn mit bdquoGandalf aus dem Fantasy-Roman bdquoDer Herr der Ringe zu assoziieren und uns als eine Schar Hob-bits auf der Suche nach dem magischen Ring) Gundolf schrieb seinen Nachna-men aber trotzdem in etwas kleinerer Schrift mit an die Tafel und fuumlgte hinzu da er uns nicht beherrschen wolle habe er es nicht noumltig mit Musikbegleitung anzutreten - deshalb habe er sich erst an uns gewandt nachdem sie verklun-

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gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

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AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 17: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

mer wieder am Anfang und ist taumlglich neu angewiesen auf Gottes hilfreiche Gnade Ein wirkliches Fortschreiten im Blick auf unser Heil gibt es nicht von uns her sondern allein durch Gottes Zu-wendung zu uns vom Kommen des Rei-ches Gottes zu uns her (Mt 2534) Die christliche Hoffnung haumllt es also weniger mit Lessings bdquoErziehung des Menschen-geschlechts als mit Houmllderlin der ein-mal dichtete bdquoWas hier wir sind kann dort ein Gott ergaumlnzen mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden (A Kouml-berle in bdquoDas geheimnisvolle Reich der Seele Freiburg 1984 S 19) Mit A Resch kann man daher durchaus bezweifeln ob es sich bei der neuarti-gen bdquoReligiositaumlt der Esoterik uumlberhaupt noch um eine religioumlse Haltung im eigentlichen Sinn handelt Esoterik stellt als bdquoGeheimwissenschaft seit Helena Blavatsky nicht nur eine Alternative zur herkoumlmmlichen Wissenschaft sondern auch zur Religion dar Viele Fragen wer-den uumlberhaupt ausgeklammert aus dem Bereich der Religion was dem Streben des modernen Menschen nach Erkennt-nis entgegenkommt So ist die Frage der Wiedergeburt (Reinkarnation) fuumlr den Esoteriker eigentlich keine Frage der Re-ligion sondern des Wissens Die Wie-dergeburt gilt nicht als Glaubensfrage sondern als Tatsache Kennzeichen der Esoterik ist nach Resch (1994 S 75f) ihr Immanentismus dh bdquodie Deutung von Welt Leben und Religion mit natur-immanenten Kraumlften unter Verzicht auf die Transzendenz Damit nimmt Esoterik nach Resch bdquoimmer mehr die Form einer alternativen Lebensgestal-tung zu Wissenschaft und Religion vor allem zum Christentum ein zumal der Stellenwert der Person durch die kosmi-sche Einheit und den Kreislauf der Dinge voumlllig relativiert wird Der Wert der Per-son ist nur zeitlich gegeben und hat

keine transzendente Bedeutung mehr Das Ich ist im All verklungen Auch J Sudbracks Kritik an der Esoterik setzt an diesem zentralen Punkt der Unverfuumlgbarkeit des bdquo D u Gottes und der Freiheit der Person an wonach die fuumlr echte Religion konstitutive bdquoBegeg-nung mit Gott als freiem personalem Gegenuumlber die bdquoEhrfurcht vor dem Groumlszligeren durch den Versuch der Eso-terik miszligachtet wird bdquodas Ganze der Welt in den intellektuellen Griff (zu) bekommen So uumlberrasche es nicht bdquodaszlig im esoterischen Zugriff auf die Wirklichkeit all die Werte Freiheit Liebe Du Personsein Einmaligkeit usw ins Abseits geraten Sie naumlmlich gruumlnden in der Qualitaumlt des gegen-uumlber die auch von der intellektuellen Esoterik in die Immanenz des Selbst auf-geloumlst wird (997 S 333) Solche bdquoVerendlichungen bei an-spruchsvolleren Vertretern der Esoterik sind erst recht fuumlr den bdquoEsoterik-Markt typisch Aus religionswissenschaftlicher Perspektive fragt daher auch H Zinser bdquoob dies noch Religion sei was von der esoterischen bdquoPublikums- und bdquoKlien-tenreligion auf dem bdquoMarkt verhandelt wird bdquooder ob der Markt mit seinen Ver-dinglichungen und Verendlichungen das von der Religion gemeinte Absolute auf-loumlst (1997 S 31)

Eine Ideologie neuer sozialer Ungleich-heit

Uumlber die religioumls-weltanschauliche Di-mension hinaus haben viele esoterische Angebote eine gesellschaftspolitische Dimension die in juumlngster Zeit immer mehr auf Kritik stieszlig Esoterik - nicht nur in ihren banalen Auspraumlgungen - wird vorgeworfen ausbeuterische Systeme zu rechtfertigen rassistischen Vorurteilen nicht konsequent und eindeutig ent-

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gegenzutreten (vgl die in MD 1998 S 146 ff u 21 Off dokumentierten Dis-kussionen um Steiner und Hockemeyer) oder zu einer Ideologie sozialer Un-gleichheit zu verkommen Richard Schroumlder sprach im bdquoSpiegel (Nr 52 1997) diesbezuumlglich geradezu von einer bdquoasozialen Religiositaumlt die sich hier ausbreite Die nichtinstitutionalisierte frei flottierende Religiositaumlt des Esoterik-Marktes steht so Schroumlder bdquo in der Ge-fahr die Gesellschaft zu entkultivieren naumlmlich als bdquoasoziale Religiositaumlt der ruumlcksichtslosen Erlebnissteigerung die ein Goumlttliches im Ich sucht und sich aus-leben moumlchte Demgegenuumlber sei bdquokul-tivierte Religiositaumlt immer bdquogemeinsam verantwortet Hier ist die Esoterik gefragt vor allem ihr Menschenbild kritisch zu reflektieren das auf dem angeblichen bdquoGesetz von Karma und Reinkarnation als bdquogeistigem Entwicklungsgesetz der Menschheit be-ruht Es waumlre zu kurzschluumlssig gedacht etwa aus der hohen Arbeitslosigkeit auf einen Bedeutungsverlust der Esoterik zu schlieszligen weil die teuren Esoterik-An-gebote fuumlr immer mehr Menschen uner-schwinglich werden Denn neben dem Heer von Arbeitslosen und Geringver-dienenden kann sehr wohl eine bdquoEsote-rik-Kultur fuumlr beguumlterte Schichten ge-deihen aus deren esoterischer Sicht die Armen ja ohnehin nur ihr bdquoschlechtes Karma aus Vor-Existenzen abarbeiten Im Zeitalter der bdquoGlobalisierung des Ka-pitalismus koumlnnte das esoterische Men-schenbild auf diese Weise zur Ideologie neuer sozialer Ungleichheit reuumlssieren wenn sich seine Vertreter nicht selbst kritisch von solchen Gefahren distan-zieren Ein gesellschaftspolitisch inzwischen ebenfalls erkanntes und heftig diskutier-tes Problem betrifft vor allem esoterische Heilungsangebote auf dem bdquofreien

Markt Mit ihren Verheiszligungen einer bdquototalitaumlren Ganzheitlichkeit die einen Totalanspruch auf die Regulierung aller Lebensbereiche eines Betroffenen durch esoterische Praktiken erhebt koumlnnen Manipulationsmoumlglichkeiten Tuumlr und Tor geoumlffnet werden Was not tut im Blick auf oft skrupellos vorgehende eso-terische Anbieter ist daher eine Art bdquoVer-braucher-Schutz oder wenigstens eine verstaumlrkte bdquoVerbraucher-Beratung im Blick auf die von Esoterikern angebote-nen bdquoDienstleistungen (su S 283) In dieser Hinsicht hat sich auch die En-quete-Kommission bdquoSog Sekten und Psychogruppen des Deutschen Bundes-tages dafuumlr eingesetzt daszlig in der naumlch-sten Legislaturperiode ein Gesetz zur gewerblichen Lebensbewaumlltigungshilfe verabschiedet wird

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Klaus Fleckner Wuppertal

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

In letzter Zeit erreichen uns haumlufig Anfragen wegen der Aktivitaumlten einer bdquoBruder-schaft der Menschheit einer bdquoUniversalen Kirche oder eines bdquoFundaments fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen Hinter diesen verschiedenen Namen verbirgt sich ein und dieselbe esoterisch-theosophische Aktivitaumlt die eine Fortbildung der auf Helena Blavatsky zuruumlckgehenden modernen Theosophie darstellt (vgl MD 1992 S 245 ff) Pfarrer Klaus Fleckner hat uns folgende lebendige Schilderung vom Be-such eines Seminars dieser Organisation im letzten Jahr uumlbersandt

1 Der Ort und die Gruppe

Das bdquoLindner Golfhotel Juliana ein am Stadtrand von Wuppertal gelegenes Ob-jekt der 4-Sterne-Kategorie bietet neben seinem weitlaumlufigen Golfgelaumlnde auf dem schon Franz Beckenbauer seinen Golfschlaumlger schwang ein gediegenes Interieur mit mehr als nur einem Hauch von Luxus und gehobenem Komfort Eine Gruppe von Leuten zwischen 30

und 50 gut gekleidet im Geschmacks-spektrum von Edelflipp bis laumlssig-schick wartete im Stehen vor dem Flur zum Konferenzraum uumlber dessen Tuumlr endlos der Name des Mieters voruumlberzog bdquoFUNDAMENT FUumlR HOumlHERES GEISTI-GES LERNEN - eine wohlklingende Er-gaumlnzung zu den diversen anderen Schu-lungskursen und Konferenzen im Haus mit topgestylten Managertypen im Na-delstreifenanzug und sonnenbankge-

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braumlunten Schoumlnen wie von der Titelseite einer Modezeitschrift entsprungen Neu-ankoumlmmlinge ob Mann ob Frau wur-den von den Umstehenden mit Umar-mung und Kuumlszligchen empfangen Unge-faumlhr zwei Drittel der 25 Teilnehmer wa-ren Frauen bis auf zwei oder drei Paare schienen alle anderen ohne Partnerin angereist zu sein Wie beilaumlufige Fragen ergaben waren Lehrerinnen anwesend eine Psychologin eine fruumlhere kirchli-che Mitarbeiterin ein Steuerberater eine Krankenschwester eine Erzieherin Her-kunftsorte waren Staumldte der Wuppertaler Umgebung Duumlsseldorf Koumlln Herdecke usw Die Teilnahmegebuumlhr galt es gleich zu Beginn zu entrichten 220- DM -ohne Getraumlnke Verpflegung oder Uumlber-nachtung Nach 15 Minuten endete die Wartezeit der Konferenzraum wurde freigegeben und der Eindruck nun unmittelbar vor der Bescherung zu stehen bewahrhei-tete sich als haumltten unsichtbare Helfer ein esoterisches Weihnachtszimmer de-koriert Der Raum war reich ge-schmuumlckt Auf jedem Dreiertisch an den Seiten standen zwei kleine Blumenva-sen Doch die Aufmerksamkeit wurde automatisch nach vorne gelenkt Dort erstrahlte auf der linken Seite ein i l lumi-niertes farbiges Gemaumllde auf dem in Lichtschleier gehuumlllt drei Gestalten sichtbar waren die auseinander hervor-traten - es dominierte ein aufrechtste-hendes houmlheres Wesen mit einer Strah-lenkrone auf dem Kopf das in den Raum hineinzublicken schien waumlhrend sich ein zweites eine weibliche Gestalt zu ihm emporreckte und ein drittes ganz in dunklen Farben gehalten zur Erde hinuntergebeugt blieb Sie schienen auf einer Treppe zu sitzen Vor dem Bild stand ein Strauszlig roter gelber und blauer Blumen in einer Vase daneben ein Leuchter mit drei Kerzen in denselben

Farben - das ganze Ensemble auf meh-reren Lagen goldfarbenen Stoffs Vorne rechts neben einem Rednerpult und einer Tafel stand ein Tisch der mit bun-tem Spielzeug und anderen farbenfro-hen Dingen gefuumlllt war - bei naumlherem Hinsehen entdeckte ich farbige Tisch-tennisbaumllle Spieluhren Kreisel Spiel-zeugfiguren alte Spielzeugautos eine Kinderpistole einen kleinen Hai in ei-nem Glaszylinder in einer Fluumlssigkeit konserviert und mancherlei anderen Nippes von allenfalls Sammlerwert Am hinteren Ende des Raumes saszlig ein Mann an einem Mischpult mit Platten-spieler und Lautsprechern Anscheinend war es freigestellt wo man sich hinset-zen wollte doch das galt nicht fuumlr die vorderen beiden Reihen in denen schon Namensschilder standen Ich setzte mich in die dritte Reihe und wartete ab

2 Der bdquoMeisterreferent

Nach dem Verklingen einer pathetischen Musik-Ouvertuumlre stellte sich ein mittel-groszliger Mann ans Rednerpult der vorher etwas schwerfaumlllig nach vorne gegangen war und wies darauf hin daszlig er bdquoGun-dolf genannt werden wolle denn in dieser Arbeit tue sein Nachname nichts zur Sache Sein Vorname habe ihm zwar fruumlher uumlberhaupt nicht gefallen jetzt aber um so mehr und das nicht nur weil er so selten sei (Ich konnte mich nicht enthalten ihn mit bdquoGandalf aus dem Fantasy-Roman bdquoDer Herr der Ringe zu assoziieren und uns als eine Schar Hob-bits auf der Suche nach dem magischen Ring) Gundolf schrieb seinen Nachna-men aber trotzdem in etwas kleinerer Schrift mit an die Tafel und fuumlgte hinzu da er uns nicht beherrschen wolle habe er es nicht noumltig mit Musikbegleitung anzutreten - deshalb habe er sich erst an uns gewandt nachdem sie verklun-

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gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 18: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

gegenzutreten (vgl die in MD 1998 S 146 ff u 21 Off dokumentierten Dis-kussionen um Steiner und Hockemeyer) oder zu einer Ideologie sozialer Un-gleichheit zu verkommen Richard Schroumlder sprach im bdquoSpiegel (Nr 52 1997) diesbezuumlglich geradezu von einer bdquoasozialen Religiositaumlt die sich hier ausbreite Die nichtinstitutionalisierte frei flottierende Religiositaumlt des Esoterik-Marktes steht so Schroumlder bdquo in der Ge-fahr die Gesellschaft zu entkultivieren naumlmlich als bdquoasoziale Religiositaumlt der ruumlcksichtslosen Erlebnissteigerung die ein Goumlttliches im Ich sucht und sich aus-leben moumlchte Demgegenuumlber sei bdquokul-tivierte Religiositaumlt immer bdquogemeinsam verantwortet Hier ist die Esoterik gefragt vor allem ihr Menschenbild kritisch zu reflektieren das auf dem angeblichen bdquoGesetz von Karma und Reinkarnation als bdquogeistigem Entwicklungsgesetz der Menschheit be-ruht Es waumlre zu kurzschluumlssig gedacht etwa aus der hohen Arbeitslosigkeit auf einen Bedeutungsverlust der Esoterik zu schlieszligen weil die teuren Esoterik-An-gebote fuumlr immer mehr Menschen uner-schwinglich werden Denn neben dem Heer von Arbeitslosen und Geringver-dienenden kann sehr wohl eine bdquoEsote-rik-Kultur fuumlr beguumlterte Schichten ge-deihen aus deren esoterischer Sicht die Armen ja ohnehin nur ihr bdquoschlechtes Karma aus Vor-Existenzen abarbeiten Im Zeitalter der bdquoGlobalisierung des Ka-pitalismus koumlnnte das esoterische Men-schenbild auf diese Weise zur Ideologie neuer sozialer Ungleichheit reuumlssieren wenn sich seine Vertreter nicht selbst kritisch von solchen Gefahren distan-zieren Ein gesellschaftspolitisch inzwischen ebenfalls erkanntes und heftig diskutier-tes Problem betrifft vor allem esoterische Heilungsangebote auf dem bdquofreien

Markt Mit ihren Verheiszligungen einer bdquototalitaumlren Ganzheitlichkeit die einen Totalanspruch auf die Regulierung aller Lebensbereiche eines Betroffenen durch esoterische Praktiken erhebt koumlnnen Manipulationsmoumlglichkeiten Tuumlr und Tor geoumlffnet werden Was not tut im Blick auf oft skrupellos vorgehende eso-terische Anbieter ist daher eine Art bdquoVer-braucher-Schutz oder wenigstens eine verstaumlrkte bdquoVerbraucher-Beratung im Blick auf die von Esoterikern angebote-nen bdquoDienstleistungen (su S 283) In dieser Hinsicht hat sich auch die En-quete-Kommission bdquoSog Sekten und Psychogruppen des Deutschen Bundes-tages dafuumlr eingesetzt daszlig in der naumlch-sten Legislaturperiode ein Gesetz zur gewerblichen Lebensbewaumlltigungshilfe verabschiedet wird

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Klaus Fleckner Wuppertal

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

In letzter Zeit erreichen uns haumlufig Anfragen wegen der Aktivitaumlten einer bdquoBruder-schaft der Menschheit einer bdquoUniversalen Kirche oder eines bdquoFundaments fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen Hinter diesen verschiedenen Namen verbirgt sich ein und dieselbe esoterisch-theosophische Aktivitaumlt die eine Fortbildung der auf Helena Blavatsky zuruumlckgehenden modernen Theosophie darstellt (vgl MD 1992 S 245 ff) Pfarrer Klaus Fleckner hat uns folgende lebendige Schilderung vom Be-such eines Seminars dieser Organisation im letzten Jahr uumlbersandt

1 Der Ort und die Gruppe

Das bdquoLindner Golfhotel Juliana ein am Stadtrand von Wuppertal gelegenes Ob-jekt der 4-Sterne-Kategorie bietet neben seinem weitlaumlufigen Golfgelaumlnde auf dem schon Franz Beckenbauer seinen Golfschlaumlger schwang ein gediegenes Interieur mit mehr als nur einem Hauch von Luxus und gehobenem Komfort Eine Gruppe von Leuten zwischen 30

und 50 gut gekleidet im Geschmacks-spektrum von Edelflipp bis laumlssig-schick wartete im Stehen vor dem Flur zum Konferenzraum uumlber dessen Tuumlr endlos der Name des Mieters voruumlberzog bdquoFUNDAMENT FUumlR HOumlHERES GEISTI-GES LERNEN - eine wohlklingende Er-gaumlnzung zu den diversen anderen Schu-lungskursen und Konferenzen im Haus mit topgestylten Managertypen im Na-delstreifenanzug und sonnenbankge-

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braumlunten Schoumlnen wie von der Titelseite einer Modezeitschrift entsprungen Neu-ankoumlmmlinge ob Mann ob Frau wur-den von den Umstehenden mit Umar-mung und Kuumlszligchen empfangen Unge-faumlhr zwei Drittel der 25 Teilnehmer wa-ren Frauen bis auf zwei oder drei Paare schienen alle anderen ohne Partnerin angereist zu sein Wie beilaumlufige Fragen ergaben waren Lehrerinnen anwesend eine Psychologin eine fruumlhere kirchli-che Mitarbeiterin ein Steuerberater eine Krankenschwester eine Erzieherin Her-kunftsorte waren Staumldte der Wuppertaler Umgebung Duumlsseldorf Koumlln Herdecke usw Die Teilnahmegebuumlhr galt es gleich zu Beginn zu entrichten 220- DM -ohne Getraumlnke Verpflegung oder Uumlber-nachtung Nach 15 Minuten endete die Wartezeit der Konferenzraum wurde freigegeben und der Eindruck nun unmittelbar vor der Bescherung zu stehen bewahrhei-tete sich als haumltten unsichtbare Helfer ein esoterisches Weihnachtszimmer de-koriert Der Raum war reich ge-schmuumlckt Auf jedem Dreiertisch an den Seiten standen zwei kleine Blumenva-sen Doch die Aufmerksamkeit wurde automatisch nach vorne gelenkt Dort erstrahlte auf der linken Seite ein i l lumi-niertes farbiges Gemaumllde auf dem in Lichtschleier gehuumlllt drei Gestalten sichtbar waren die auseinander hervor-traten - es dominierte ein aufrechtste-hendes houmlheres Wesen mit einer Strah-lenkrone auf dem Kopf das in den Raum hineinzublicken schien waumlhrend sich ein zweites eine weibliche Gestalt zu ihm emporreckte und ein drittes ganz in dunklen Farben gehalten zur Erde hinuntergebeugt blieb Sie schienen auf einer Treppe zu sitzen Vor dem Bild stand ein Strauszlig roter gelber und blauer Blumen in einer Vase daneben ein Leuchter mit drei Kerzen in denselben

Farben - das ganze Ensemble auf meh-reren Lagen goldfarbenen Stoffs Vorne rechts neben einem Rednerpult und einer Tafel stand ein Tisch der mit bun-tem Spielzeug und anderen farbenfro-hen Dingen gefuumlllt war - bei naumlherem Hinsehen entdeckte ich farbige Tisch-tennisbaumllle Spieluhren Kreisel Spiel-zeugfiguren alte Spielzeugautos eine Kinderpistole einen kleinen Hai in ei-nem Glaszylinder in einer Fluumlssigkeit konserviert und mancherlei anderen Nippes von allenfalls Sammlerwert Am hinteren Ende des Raumes saszlig ein Mann an einem Mischpult mit Platten-spieler und Lautsprechern Anscheinend war es freigestellt wo man sich hinset-zen wollte doch das galt nicht fuumlr die vorderen beiden Reihen in denen schon Namensschilder standen Ich setzte mich in die dritte Reihe und wartete ab

2 Der bdquoMeisterreferent

Nach dem Verklingen einer pathetischen Musik-Ouvertuumlre stellte sich ein mittel-groszliger Mann ans Rednerpult der vorher etwas schwerfaumlllig nach vorne gegangen war und wies darauf hin daszlig er bdquoGun-dolf genannt werden wolle denn in dieser Arbeit tue sein Nachname nichts zur Sache Sein Vorname habe ihm zwar fruumlher uumlberhaupt nicht gefallen jetzt aber um so mehr und das nicht nur weil er so selten sei (Ich konnte mich nicht enthalten ihn mit bdquoGandalf aus dem Fantasy-Roman bdquoDer Herr der Ringe zu assoziieren und uns als eine Schar Hob-bits auf der Suche nach dem magischen Ring) Gundolf schrieb seinen Nachna-men aber trotzdem in etwas kleinerer Schrift mit an die Tafel und fuumlgte hinzu da er uns nicht beherrschen wolle habe er es nicht noumltig mit Musikbegleitung anzutreten - deshalb habe er sich erst an uns gewandt nachdem sie verklun-

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gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 19: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

Leuenberger Hans-Dieter (1989) Sieben Saumlulen der Esoterik Frei buumlrg 1989

Resch Andreas (1994) Welt- und Menschenbilder der Paranormologie in Ders (Hg) Die Welt der Weltbilder (= Imago Mundi Bd 14) Innsbruck 1994 S 43-98

Runggaldier Edmund (1996) Philosophie der Esote-rik Stuttgart Berlin Koumlln 1996

Ruppert Hans-Juumlrgen (1993) Theosophie - unter-wegs zum okkulten Uumlbermenschen Konstanz 1993

Ders (1997) Heilung im Heilsstrom Totalitaumlre Ganzheitlichkeit in der Esoterik in Ev Kommen-tare 101997 S 572-576

Schmid Georg (1992) Im Dschungel der neuen Religiositaumlt Esoterik oumlstliche Mystik Sekten Is-lam Fundamentalismus Volkskirchen Stuttgart 1992

Schumacher Joseph (1994) Esoterik - die Religion des Uumlbersinnlichen Paderborn 1994

Stark RodneyBainbridge Wil l iam Sims (1985) The Future of Religion Secularization Revival and Cult Formation Los Angeles 1985

Sudbrack Josef (1997) Esoterik als Religion - eine Herausforderung in Geist und Leben 51997 S 323-336

Thiede Werner (1995) Esoterik - die postreligioumlse Dauerwelle Neukirchen-Vluyn 1995

Ders (1996) bdquoHumorlose Notwehr des metaphysi-schen Sinns Esoterik als Phaumlnomen der religiouml-sen Gegenwartskultur in Grenzgebiete der Wis-senschaft 31996 S 225-243

Wichmann Joumlrg (1990) Die Renaissance der Esote-rik Stuttgart 1990

Zinser Hartmut (1997) Der Markt der Religionen Muumlnchen 1997

Klaus Fleckner Wuppertal

Im Dienst der bdquoAufgestiegenen Meister Eindruumlcke von einem Seminar

In letzter Zeit erreichen uns haumlufig Anfragen wegen der Aktivitaumlten einer bdquoBruder-schaft der Menschheit einer bdquoUniversalen Kirche oder eines bdquoFundaments fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen Hinter diesen verschiedenen Namen verbirgt sich ein und dieselbe esoterisch-theosophische Aktivitaumlt die eine Fortbildung der auf Helena Blavatsky zuruumlckgehenden modernen Theosophie darstellt (vgl MD 1992 S 245 ff) Pfarrer Klaus Fleckner hat uns folgende lebendige Schilderung vom Be-such eines Seminars dieser Organisation im letzten Jahr uumlbersandt

1 Der Ort und die Gruppe

Das bdquoLindner Golfhotel Juliana ein am Stadtrand von Wuppertal gelegenes Ob-jekt der 4-Sterne-Kategorie bietet neben seinem weitlaumlufigen Golfgelaumlnde auf dem schon Franz Beckenbauer seinen Golfschlaumlger schwang ein gediegenes Interieur mit mehr als nur einem Hauch von Luxus und gehobenem Komfort Eine Gruppe von Leuten zwischen 30

und 50 gut gekleidet im Geschmacks-spektrum von Edelflipp bis laumlssig-schick wartete im Stehen vor dem Flur zum Konferenzraum uumlber dessen Tuumlr endlos der Name des Mieters voruumlberzog bdquoFUNDAMENT FUumlR HOumlHERES GEISTI-GES LERNEN - eine wohlklingende Er-gaumlnzung zu den diversen anderen Schu-lungskursen und Konferenzen im Haus mit topgestylten Managertypen im Na-delstreifenanzug und sonnenbankge-

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braumlunten Schoumlnen wie von der Titelseite einer Modezeitschrift entsprungen Neu-ankoumlmmlinge ob Mann ob Frau wur-den von den Umstehenden mit Umar-mung und Kuumlszligchen empfangen Unge-faumlhr zwei Drittel der 25 Teilnehmer wa-ren Frauen bis auf zwei oder drei Paare schienen alle anderen ohne Partnerin angereist zu sein Wie beilaumlufige Fragen ergaben waren Lehrerinnen anwesend eine Psychologin eine fruumlhere kirchli-che Mitarbeiterin ein Steuerberater eine Krankenschwester eine Erzieherin Her-kunftsorte waren Staumldte der Wuppertaler Umgebung Duumlsseldorf Koumlln Herdecke usw Die Teilnahmegebuumlhr galt es gleich zu Beginn zu entrichten 220- DM -ohne Getraumlnke Verpflegung oder Uumlber-nachtung Nach 15 Minuten endete die Wartezeit der Konferenzraum wurde freigegeben und der Eindruck nun unmittelbar vor der Bescherung zu stehen bewahrhei-tete sich als haumltten unsichtbare Helfer ein esoterisches Weihnachtszimmer de-koriert Der Raum war reich ge-schmuumlckt Auf jedem Dreiertisch an den Seiten standen zwei kleine Blumenva-sen Doch die Aufmerksamkeit wurde automatisch nach vorne gelenkt Dort erstrahlte auf der linken Seite ein i l lumi-niertes farbiges Gemaumllde auf dem in Lichtschleier gehuumlllt drei Gestalten sichtbar waren die auseinander hervor-traten - es dominierte ein aufrechtste-hendes houmlheres Wesen mit einer Strah-lenkrone auf dem Kopf das in den Raum hineinzublicken schien waumlhrend sich ein zweites eine weibliche Gestalt zu ihm emporreckte und ein drittes ganz in dunklen Farben gehalten zur Erde hinuntergebeugt blieb Sie schienen auf einer Treppe zu sitzen Vor dem Bild stand ein Strauszlig roter gelber und blauer Blumen in einer Vase daneben ein Leuchter mit drei Kerzen in denselben

Farben - das ganze Ensemble auf meh-reren Lagen goldfarbenen Stoffs Vorne rechts neben einem Rednerpult und einer Tafel stand ein Tisch der mit bun-tem Spielzeug und anderen farbenfro-hen Dingen gefuumlllt war - bei naumlherem Hinsehen entdeckte ich farbige Tisch-tennisbaumllle Spieluhren Kreisel Spiel-zeugfiguren alte Spielzeugautos eine Kinderpistole einen kleinen Hai in ei-nem Glaszylinder in einer Fluumlssigkeit konserviert und mancherlei anderen Nippes von allenfalls Sammlerwert Am hinteren Ende des Raumes saszlig ein Mann an einem Mischpult mit Platten-spieler und Lautsprechern Anscheinend war es freigestellt wo man sich hinset-zen wollte doch das galt nicht fuumlr die vorderen beiden Reihen in denen schon Namensschilder standen Ich setzte mich in die dritte Reihe und wartete ab

2 Der bdquoMeisterreferent

Nach dem Verklingen einer pathetischen Musik-Ouvertuumlre stellte sich ein mittel-groszliger Mann ans Rednerpult der vorher etwas schwerfaumlllig nach vorne gegangen war und wies darauf hin daszlig er bdquoGun-dolf genannt werden wolle denn in dieser Arbeit tue sein Nachname nichts zur Sache Sein Vorname habe ihm zwar fruumlher uumlberhaupt nicht gefallen jetzt aber um so mehr und das nicht nur weil er so selten sei (Ich konnte mich nicht enthalten ihn mit bdquoGandalf aus dem Fantasy-Roman bdquoDer Herr der Ringe zu assoziieren und uns als eine Schar Hob-bits auf der Suche nach dem magischen Ring) Gundolf schrieb seinen Nachna-men aber trotzdem in etwas kleinerer Schrift mit an die Tafel und fuumlgte hinzu da er uns nicht beherrschen wolle habe er es nicht noumltig mit Musikbegleitung anzutreten - deshalb habe er sich erst an uns gewandt nachdem sie verklun-

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gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 20: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

braumlunten Schoumlnen wie von der Titelseite einer Modezeitschrift entsprungen Neu-ankoumlmmlinge ob Mann ob Frau wur-den von den Umstehenden mit Umar-mung und Kuumlszligchen empfangen Unge-faumlhr zwei Drittel der 25 Teilnehmer wa-ren Frauen bis auf zwei oder drei Paare schienen alle anderen ohne Partnerin angereist zu sein Wie beilaumlufige Fragen ergaben waren Lehrerinnen anwesend eine Psychologin eine fruumlhere kirchli-che Mitarbeiterin ein Steuerberater eine Krankenschwester eine Erzieherin Her-kunftsorte waren Staumldte der Wuppertaler Umgebung Duumlsseldorf Koumlln Herdecke usw Die Teilnahmegebuumlhr galt es gleich zu Beginn zu entrichten 220- DM -ohne Getraumlnke Verpflegung oder Uumlber-nachtung Nach 15 Minuten endete die Wartezeit der Konferenzraum wurde freigegeben und der Eindruck nun unmittelbar vor der Bescherung zu stehen bewahrhei-tete sich als haumltten unsichtbare Helfer ein esoterisches Weihnachtszimmer de-koriert Der Raum war reich ge-schmuumlckt Auf jedem Dreiertisch an den Seiten standen zwei kleine Blumenva-sen Doch die Aufmerksamkeit wurde automatisch nach vorne gelenkt Dort erstrahlte auf der linken Seite ein i l lumi-niertes farbiges Gemaumllde auf dem in Lichtschleier gehuumlllt drei Gestalten sichtbar waren die auseinander hervor-traten - es dominierte ein aufrechtste-hendes houmlheres Wesen mit einer Strah-lenkrone auf dem Kopf das in den Raum hineinzublicken schien waumlhrend sich ein zweites eine weibliche Gestalt zu ihm emporreckte und ein drittes ganz in dunklen Farben gehalten zur Erde hinuntergebeugt blieb Sie schienen auf einer Treppe zu sitzen Vor dem Bild stand ein Strauszlig roter gelber und blauer Blumen in einer Vase daneben ein Leuchter mit drei Kerzen in denselben

Farben - das ganze Ensemble auf meh-reren Lagen goldfarbenen Stoffs Vorne rechts neben einem Rednerpult und einer Tafel stand ein Tisch der mit bun-tem Spielzeug und anderen farbenfro-hen Dingen gefuumlllt war - bei naumlherem Hinsehen entdeckte ich farbige Tisch-tennisbaumllle Spieluhren Kreisel Spiel-zeugfiguren alte Spielzeugautos eine Kinderpistole einen kleinen Hai in ei-nem Glaszylinder in einer Fluumlssigkeit konserviert und mancherlei anderen Nippes von allenfalls Sammlerwert Am hinteren Ende des Raumes saszlig ein Mann an einem Mischpult mit Platten-spieler und Lautsprechern Anscheinend war es freigestellt wo man sich hinset-zen wollte doch das galt nicht fuumlr die vorderen beiden Reihen in denen schon Namensschilder standen Ich setzte mich in die dritte Reihe und wartete ab

2 Der bdquoMeisterreferent

Nach dem Verklingen einer pathetischen Musik-Ouvertuumlre stellte sich ein mittel-groszliger Mann ans Rednerpult der vorher etwas schwerfaumlllig nach vorne gegangen war und wies darauf hin daszlig er bdquoGun-dolf genannt werden wolle denn in dieser Arbeit tue sein Nachname nichts zur Sache Sein Vorname habe ihm zwar fruumlher uumlberhaupt nicht gefallen jetzt aber um so mehr und das nicht nur weil er so selten sei (Ich konnte mich nicht enthalten ihn mit bdquoGandalf aus dem Fantasy-Roman bdquoDer Herr der Ringe zu assoziieren und uns als eine Schar Hob-bits auf der Suche nach dem magischen Ring) Gundolf schrieb seinen Nachna-men aber trotzdem in etwas kleinerer Schrift mit an die Tafel und fuumlgte hinzu da er uns nicht beherrschen wolle habe er es nicht noumltig mit Musikbegleitung anzutreten - deshalb habe er sich erst an uns gewandt nachdem sie verklun-

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gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 21: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

gen sei Mittelgroszlig mit Kinnbart und Brille Scheitelglatze und einem sichtba-ren Bauchansatz wirkte er auf mich in seinem Jackett ohne Krawatte wie ein Durchschnittsbuumlrger auf einem zwanglo-sen Vereinstreffen Seine etwas schnar-rende Stimme klang selbstbewuszligt und den eng stehenden Augen mit leicht ste-chendem Blick schien nichts in den Rei-hen zu entgehen Zu seiner Person machte er noch ein paar spaumlrliche Anga-ben Er sei 46 Jahre alt verheiratet seine Frau arbeite als Krankenschwester er habe zwei halbwuumlchsige Toumlchter und sei seit neun Jahren Mitglied der bdquoBru-derschaft Vorher habe er etwas Medi-zin studiert sei Offizier bei der Bundes-wehr gewesen habe wie sich spaumlter herausstellte das Hobby Hundezuumlchter und sei auch einige Jahre in einem Phar-makonzern beschaumlftigt gewesen Seit knapp zwei Jahren versehe er nun das Amt des bdquoEuropaumlischen Gesandten fuumlr die Meister als bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland und sei viel auf Reisen Er sei uumlbrigens fruumlher mal katholisch ge-wesen Eine Vorstellungsrunde der Anwesenden entfiel Wir seien alle nicht zufaumlllig hier soviel stehe fest egal welches Alter wir haumltten - im uumlbrigen gebe es greisenhafte junge Leute und junggebliebene Greise womit er einen ihm unbekannten Herrn vor mir auf sein Alter ansprach - selbst-verstaumlndlich das bdquoDu benutzend - und bdquo61 Jahre in Erfahrung brachte Wir wuumlrden etwas ganz Neues houmlren das nicht mit dem uumlblichen Denken son-dern mit dem Fuumlhlen des Herzens zu-gaumlnglich werde Normal sei daszlig man sich gegen alles Neue wende und so seien 95 der Menschen wie Schlaf-wandler vollgestopft mit den gaumlngigen Vorurteilen Was er liebe seien Informa-tionsfragen was er nicht moumlge seien Statements und rhetorische Fragen die

doch nur auf nutzlose Machtproben zielten Sein Auftreten war sehr be-stimmt die zur Schau gestellte Jovialitaumlt nicht sehr stabil - schon ein leises Ra-scheln oder Tuscheln fand seine promp-te Kritik Zwischendurch beichtete er et-was selbstgefaumlllig daszlig er fruumlher recht cholerisch gewesen sei aber mit Hilfe der bdquoGroszligen (= die bdquoAufgestiegenen Meister) eine wachsende Toleranz und Geduld erlernt habe wenn es auch manchmal zu Ruumlckfaumlllen komme Im Umgang mit seinen Helfern deren es mindestens zehn gab waren diese Ei-genschaften aber nicht vonnoumlten denn sie hingen an seinen Lippen und kamen wie brave folgsame Schuumller nach vorn wenn er sie zu Demonstrationszwecken zu sich rief Er redete voumlllig frei mit fester Stimme und hoher Sprechge-schwindigkeit Immer wieder untermau-erte er seine Statements mit Bekraumlftigun-gen wie bdquoDas muumlszligt ihr euch merken oder bdquoDas ist wichtig Das gedankliche Niveau der Ausfuumlhrungen war relativ schlicht doch das hinderte ihn nicht zur besseren Verstaumlndlichkeit seinen Medienspielzeugtisch neben sich zu be-anspruchen So schwang er etwa ein Pendel um uns die bdquoSchwingungsfre-quenz der materiellen Welt zu erlaumlu-tern und drehte es dann so schnell daszlig nur noch ein Kreis zu sehen war um die Unsichtbarkeit der houmlheren Ebenen auf-grund ihrer houmlheren Frequenz zu de-monstrieren oder er setzte vier Musik-kreisel in Bewegung die beim Drehen in vier Toumlnen summten und in vier ver-schiedenen Farben leuchteten - als Bei-spiel fuumlr Sphaumlrengesang und kosmisches Zusammenspiel der houmlheren Energien und Lichter Gundolf selbst blieb trotz eingestreuter Witze recht trocken In klassischer Paukermanier schrieb er ab und zu einzelne Woumlrter an die Tafel -etwa Namen von bdquoMeistern wie bdquoLord

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Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 22: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

Morya oder andere exotische Begriffe Mit Geschichtszahlen hatte er ab und zu Schwierigkeiten und lieszlig sich von eifri-gen Schuumllern im Notfall korrigieren Als gemeinsame Lockerungsuumlbungen waumlhrend oder nach jeder Einheit dienten stehend gesungene Lieder aus ausgeteil-ten Ringbuumlchern die vom CD-Spieler erklangen und durch den Gesang der Anwesenden verstaumlrkt wurden In der Sammlung fanden sich zT Stuumlcke aus bekannten Hitparadensongs wie bdquoI be-lieve in Angels von ABBA oder aus dem Kirchengesangbuch bdquoGroszliger Gott wir loben dich aber auch Eigendichtun-gen in denen es um die Suche der Seele die jenseitige bdquoBruderschaft den Wunsch nach Empfang der spirituellen bdquoKrone (= Energiezufluszlig durch das geoumlffnete Scheitel-Chakra) die lange Wanderung durch die Inkarnationen u dgl mehr ging Auch bei unbekannteren Liedern war die Stimmgewalt der Gruppe erstaunlich so daszlig eine laumlngere Mitgliedschaft vieler im bdquoFundament mir gegeben schien Meine Bitte an Gundolf ob ich ein Ringbuch uumlber Nacht ausleihen duumlrfe verursachte ihm einige Sekunden des Nachdenkens bis er kategorisch den Kopf schuumlttelte und mir anbot ich koumlnne die Lieder ja in den Pausen durchlesen - grundsaumltzlich gebe man nichts an Auszligenstehende heraus

3 Die Lehre

Die Herkunft des Menschen

Gundolf konstatierte eine Zeit des Wer-teverfalls - gerade in Deutschland sei alles viel kaumllter geworden Und damit begann der erste Abschnitt des Seminars und die erste Dia-Serie Gezeigt wurde ein Baby in verschiedenen Situationen danach ein Kleinkind mit Flaumlschchen auf dem Wickeltisch in der Badewanne

usw Man erfuhr daszlig jeder Mensch be-reits viele Inkarnationen hinter sich habe mal als Mann mal als Frau daszlig Babies Erwachsene in einem kleinen Koumlrper seien die sich wieder neu inkar-nieren durften nachdem sie dafuumlr die Erlaubnis des bdquokarmischen Rats erhal-ten hatten (fuumlr solche Exkursionen sei je-desmal ein Antrag auf einen Koumlrper mit Angabe der fuumlr die geplante Inkarnation leitenden Idee zu stellen - derzeit liege die bdquoBewilligungsquote bei 21) - Die himmlische Planung sei so durchdacht daszlig wir keinerlei Angst vor Uumlberbevoumll-kerung haben sollten - menschliches Planen sei hier wahrhaftig unnoumltig Eine Geburt sei uumlbrigens ein Ereignis bei dem jede Menge Engel auf dem Plan sei Jede Nacht kehrten die Seelen der Kin-der im Schlaf wieder an den Ort des Ur-sprungs zuruumlck Aber auch im Wachzu-stand haumltten viele Kinder noch den Blick fuumlr die unsichtbaren Reiche so daszlig ihre Sichtung von Feen Elfen etc sehr ernst zu nehmen sei Das Lachen von Kindern sei ein untruumlgliches Zeichen der Anwe-senheit Gottes weswegen Jesus empfoh-len habe wieder wie sie zu werden Vor der irdischen Taufe habe ein Kind schon die Weihe im Tempel von bdquoMutter Maria empfangen (daher die Maifeiern der bdquoBruderschaft) unter Assistenz von bdquoErzengel Raffael der mit der Auflouml-sung des karmisch bedingten Grolls ge-gen den Koumlrper befaszligt sei Hier nehme die Seele auch schon Kontakt mit ihrem Schutzengel auf sie suche ihre Eltern selber aus (also nicht zu nachtragend ge-gen die Eltern sein - auszligerdem das wuumlszligten wir ja sei Haszlig nichts anderes als bdquogefrorene Liebe) und erhalte das fuumlr die Koumlrperbildung zustaumlndige Koumlr-perelementarwesen das dem Koumlnigreich der Tiere entstamme aber dort soviel Er-fahrungen gesammelt habe daszlig es nun dem Menschen dienen duumlrfe

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Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 23: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

Es folgte etwas abrupt ein Dia mit Altar und auf dem Kopf stehendem Kruzifix es versinnbildliche die Pervertierung der Lehre bdquodes Groszligherrn durch die Kirchen Zwar sei der Papst bdquoin Ordnung aber die Kardinaumlle dienten dem bdquoAntichristen Die Kirche mache nur noch Angst und verhindere das Flieszligen von Liebe Im uumlbrigen lebten wir jetzt in einer Zeit des Uumlbergangs vom Zeitalter der Fische zum Wassermannzeitalter und gingen von einem maumlnnlichen in ein weibliches Zeitalter uumlber (solche Wechsel - bdquoDis-pensationen - finden alle 2000 Jahre statt) mit der Aufgabe das von dem bdquoGroszligherrn Jesus verheiszligene Wasser zu den Beduumlrftigen hinauszutragen Aller-dings gebe es zugleich auch eine groumlszligere Wende genannt bdquoManvantara die nur alle 26000 Jahre vorkomme was die vielen Veraumlnderungen in unserer Zeit erklaumlre Ein Dia das ein Kind im Clowns-Kostuumlm zeigt erinnerte Gundolf an den seiner Ansicht nach sehr lehrrei-chen Zeichentrickfilm vom Pinocchio der um Mensch zu werden nur seiner inneren Stimme gehorchen muszligte der Stimme seines houmlheren Selbst im Film dargestellt als Grille Es sei dies unsere Aufgabe den Herzensweg zu gehen etwa in der Art wie man sich nun Lady Diana als bdquoKoumlnigin der Herzen vorstelle - das Positive aufstrahlen zu lassen ge-gen alles Negative Liebe sei der Schluumls-sel und der Weg und das bdquoPattex des Universums

Die Krise

In der Folge wurden von Gundolf houmlchst negative Urteile uumlber das Schulsystem gefaumlllt das die Kinder allmaumlhlich ver-derbe ihnen Kreativitaumlt und Freude nehme in den Schulen herrsche oft bdquoso ein duumlsteres geistiges Licht was nicht die Schuld der vielen wohlmeinenden

Lehrer sei sondern der falschen Lehr-plaumlne weiter ereiferte sich der bdquoMeister-referent uumlber den laxen Umgang mit Kriminalitaumlt Man muumlsse so wie es der Chef der New Yorker Polizei kuumlrzlich in Deutschland klargemacht habe die Kri-minalitaumlt von den Raumlndern her eindaumlm-men und schon die kleineren Vergehen ahnden (bdquoWehret den Anfaumlngen) La-dendiebstahl sei ein inzwischen voumlllig bdquonormaler Vorgang der fuumlr Jugendli-che aber auch Reiche gleichermaszligen reizvoll sei - so dekadent sei die Welt geworden Ein voumlllig negatives Urteil faumlllte er uumlber das Fernsehen und die Haumlu-fung der Darstellung von Kriminalitaumlt Eine nachfolgende Serie von Dias mit abgeholzten oder abgebrannten Waumll-dern zog sich geradezu endlos hin Um den apokalyptischen Effekt zu verstaumlr-ken erklang das Stuumlck bdquoSpiel mir das Lied vom Tod so daszlig die Mundharmo-nikatoumlne des Italo-Westerns zu den Bil-dern zerstoumlrter Waumllder ein etwas ge-suchtes Requiem abgaben An zahlreichen Stellen ging Gundolf auch auf den katastrophalen Zustand der Kirchen ein denen er jede Art von spiri-tueller Kompetenz oder Lehrautoritaumlt be-stritt Seit 1976 so erfuhr man schlieszlig-lich zwischendurch seien sie ohnehin ohne jedes Mandat fuumlr ihre Verkuumlndi-gungstaumltigkeit was anscheinend mit der neuen bdquoAktivitaumlt der bdquoAufgestiegenen Meister zusammenhaumlngen soll In aumlhnlicher Weise verbreitete sich Gun-dolf spaumlter ausgiebig uumlber die Schaumlden die durch das Rauchen entstehen Wer rauche der verklebe so erlaumluterte er an-hand einer Zeichnung der beiden Vor-der- und Hauptherzkammern den Zu-gang zu dem im Herzen sitzenden bdquoChristselbst so daszlig es keine geistige Nahrung mehr von oben empfangen koumlnne und ein Raucher geistlich ge-sehen tot sei

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Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 24: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

Krankenhaumluser kamen ebenfalls schlecht weg - die wahre Heilkunst muumlsse man erst wieder lernen Er selbst habe schon viele Heilungserfolge erzielt Mit Ge-schichten von seiner Frau demonstrierte er wie das Gebet zu den bdquoGroszligen und die konzentriert auszuuumlbende bdquoVisuali-sation des erwuumlnschten Heilungserfolgs zu wunderhaft anmutenden Ergebnissen gefuumlhrt habe - so sei Krebs dadurch in der Tat heilbar es gebe aber auch frap-pierende Heilungen bei anderen Krank-heiten Dabei betonte er bdquoGott gibt keine Krankheiten - wir machen sie selbst durch das was wir aussenden Was am Ende dieser Lektion immer wie-der eingehaumlmmert wurde war der Satz bdquoVerletz das Gesetz und das Gesetz ver-letzt dich - bzw bdquoWas du saumlst das wirst du ernten Dieses bdquoGesetz des Kreises oder bdquoResonanzgesetz koumlnne man nur dadurch zum Positiven kehren daszlig man selbst ein positives Umfeld aufbaue Die Katastrophen die andere Menschen heimgesucht haumltten die Kriege die Krankheiten die Vernichtung - all das haumltten sie sich letztendlich selbst zuzu-schreiben weil es die karmische Aus-wirkung ihrer fruumlheren Leben sei

bdquoSuumlndenfaU und Erloumlsung

Am naumlchsten Tag erfuhren die Anwesen-den von Gundolf auch die spirituellen und kosmischen Hintergruumlnde fuumlr das gegenwaumlrtige Desaster Die Erde sei in-nerhalb eines Verbunds von 7 Planeten dazu auserwaumlhlt negativen Wesenhei-ten aus einem anderen Sonnensystem eine Inkarnation und Rehabilitation zu ermoumlglichen Dazu sei sie mit guten We-sen aus der Engelwelt bevoumllkert worden die hier Erfahrungen sammeln und Selbstbewuszligtsein entwickeln sollten Leider lieszligen sie sich von den Negativ-Einfluumlssen anstecken so daszlig die Inter-

vention des bdquoGroszligherrn noumltig wurde Die kosmischen Verwicklungen klarzu-machen fiel Gundolf nicht ganz leicht doch mit ausgezeichnetem Gedaumlchtnis spulte er seine bdquohoumlheren Erkenntnisse herunter - von der Abstammungsliste des bdquoGroszligherrn mit seinen diversen Vorleben angefangen uumlber seine ausge-dehnte Reisetaumltigkeit in alle Laumlnder der Welt seine Initiationen und Lektionen seinen Scheintod am Kreuz und seine weitere Biografie als Gemahl Maria Magdalenas mit drei Kindern in Indien das Miszligverstaumlndnis der Juumlnger (erst drei seien mittlerweile bdquoaufgestiegen der Rest noch auf Erden unterwegs - so halte sich Petrus derzeit in Neuseeland auf) -all das darzustellen hieszlig eine wahrhafte Tour de Force durch die intimsten Ge-heimnisse des Universums in ein paar Stunden zu absolvieren Die weitere Darstellung muszlig hier unterbleiben Das Ziel unserer Inkarnation sei nach al-ledem aber klar moumlglichst in dieser bdquoRunde die bdquoEinweihung zu erfahren und die bdquoTransmutation anzustreben um Zeit zu sparen (und viele weitere lauml-stige Erfahrungen) Der Vorgang der Reinkarnation beduumlrfe mehrfacher inten-siver Engelhilfe wobei das Wesentliche die Reinigung von allem Negativen durch das bdquoViolette Feuer sei Die Pro-zedur erlaumluterte Gundolf anhand des be-reits erwaumlhnten Bildes das drei Gestal-ten zeigte gemeint seien damit drei ver-schiedene Zustaumlnde unserer selbst Die dunkle Gestalt bedeute unser normales erdverhaftetes Bewuszligtsein die nach oben aufstrebende unser Wesen in Anru-fungGebet zu den bdquoGroszligen und ihrem wahren Selbst Dieses Selbst unser ewi-ges ICH-BIN-Bewuszligtsein als Gestalt dargestellt die die beiden anderen uumlber-ragte sei uns vorgegeben und komme zur Auswirkung wenn ihre Energien durch das Scheitel-Chakra in die Person

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einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 25: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

einstroumlmen und das bdquoChristselbst (im Herzen) zum Wachstum anregen - vor-her sei sie wie ein Entwurf ein Bild ein Plan unserer Goumlttlichkeit noch ohne Realisation doch zugleich unser eigenes wahres Wesen in seiner tiefsten Realitaumlt

4 Die Organisation

Nach einer kurzen Unterbrechung er-schien Gundolf am Sonntagnachmittag kurz vor 1700 Uhr (um 1800 Uhr war der offizielle Schluszlig) wieder und trug eine Art Ordensgewand eine beige-braun-farbige Robe darunter war er bar-fuszlig in Sandalen Er erlaumluterte daszlig nach der Urkirche und nach Franziskus von Assisi nun der bdquodritte Orden existiere der der Tertiarier der von der katholi-schen Kirche abgelehnt werde Gundolf erzaumlhlte wie er seine Berufung empfan-gen habe Ein Dia zeigte das Sanktua-rium in Stuttgart zu dem er einmal ein-geladen worden war Er habe sich sehr beeindruckt gefuumlhlt habe geweint - und wenig spaumlter sein bdquoCommitment unter-schrieben Inzwischen sei er nun neun Jahre dabei fuumlhle sich in der Robe sehr wohl trage sie auch zuweilen beim Gang durch die Stadt (Menden) Am 16 Mai 1995 sei er zum bdquoEuropaumlischen Ge-sandten fuumlr die Meister und speziell zum bdquoSchluumlsseltraumlger fuumlr Deutschland ernannt worden Weitere Dias zeigten ihn in Wahrnehmung seines Missions-auftrags am Rednerpult Nun gebe er der bdquoBruderschaft etwas zuruumlck von dem was er geschenkt bekommen habe In der Folge erzaumlhlte er die Gruumlndungs-geschichte seiner Organisation Bis 1851 haumltten die bdquoLords oder bdquoMeister keinen Kontakt mit der Menschheit gehabt Seit-dem habe es eine 130jaumlhrige Vorberei-tungszeit gegeben bis 1981 das bdquoFunda-ment fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen- als bdquoDie Eine Welt Aktivitaumlt und Der Innere

Lehrorden Der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft - wiedergekehrt und seine Arbeit aufgenommen habe Am Beginn dieser Vorbereitungszeit steht das bdquoSponsoring einer neuen bdquoAktivitaumlt bzw Organisa-tion durch die bdquoAufgestiegenen Meister in Form der bdquoTheosophischen Gesell-schaft Gundolf erzaumlhlte wie es dazu kam - wie die Deutschrussin Helena Blavatsky (1831-1891) Traumlume von bdquoEl Morya hatte wie sie ihn ploumltzlich vor-beigehen sah (nach Gundolf nur zu er-klaumlren durch die Beschleunigung des Bewuszligtseins bei ihr und ein Herabsen-ken des Bewuszligtseins des bdquoMeisters) wie er sie fragte ob sie das erste bdquoOra-kel der Neuzeit sein wolle wie die bdquoTheosophische Gesellschaft gegruumlndet wurde und scheiterte und wie schlieszlig-lich weitere bdquoAktivitaumlten von den bdquoMei-stern gesponsort wurden wie die bdquo I -AM-Aktivitaumlt in der der Meister bdquoSaint Germain durch das Orakel Guy Ballard (1878-1939) sprach Eine prophylaktische Zwischenbemer-kung Gundolfs beugte jedem Zweifel vor Natuumlrlich sei ein echtes Orakel strikt vom bdquoChanneling gewoumlhnlicher Medien zu unterscheiden und habe da-mit rein gar nichts zu tun da das Chan-neling nur den Kontakt zu den niederen Astralebenen vermittle und nicht zu den goumlttlichen Gundolf setzte nach daszlig man Orakel im uumlbrigen nicht testen koumlnne sondern man muumlsse nach ihren Weisungen leben um die Wahrheit aus-zuprobieren 1980 habe es ein neues Orakel gegeben - uumlbrigens sei es eine Entscheidung der Meister daszlig sie in je-der Zeitepoche nur durch ein einziges Orakel sprechen Beim folgenden Dia erscholl laute feier-liche Musik und Gundolf sagte mit war-mer Stimme bdquoGenau heute seid ihr an der Tuumlr der Groszligen Weiszligen Bruder-schaft Das Dia zeigte den Text der

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bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 26: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

bdquoVerpflichtung graphisch dargestellt wie auf einer Marmortafel neben der ein baumlrtiger Moumlnch in Kutte ernst drein-blickte mit der Uumlberschrift bdquoUnser Name ist beruumlhmt und unser Wort ist ihr Gesetz Das folgende Dia praumlsentierte ein von innerem Licht strahlendes Herz fuumlr dessen Bedeutung Gundolfs beweg-tes Schweigen Kommentar genug war ein Tor wer nicht sofort erkannte daszlig dies das geheimnisvolle bdquoChristselbst war das naumlchste bot die Ansicht einer menschlichen Gestalt die einer rot-blauen Engelsgestalt uumlber ihr beide Haumlnde reichte so daszlig die gnadenreiche Verbindung zwischen groszliger weiszliger Bruderschaft und materieverhafteten Erdlingen auch fuumlr schwerfaumllligere Gei-ster ausreichend illustriert wurde - dar-uumlber und drumherum schien eine rot-gelb-blaue Flamme Das naumlchste Dia zeigte einen Auszug aus der Zeitschrift bdquoInner Light und Gundolf kommentierte daszlig die Mitglie-der jede Woche Fernstudien absolvier-ten daszlig die Aktivitaumlt in uumlber 70 Laumlndern verbreitet sei und daszlig die Meister bdquogute ernsthafte Seelen suchen die bereit seien die Aktivitaumlt mit Leib und Seele zu unterstuumltzen In der Folge wurden Dias von verschiedenen Meistern sichtbar deren Funktionen und fruumlhere Inkarna-tionen Gundolf in atemberaubendem Tempo auflistete So erstrahlte eine naive Abbildung von bdquoFranziskus oder auch bdquoKuthumi oder auch bdquoLal Singh der fruumlher angeblich in Wuppertal-Elberfeld Philosophie studiert habe (unter wel-chem Namen wollte Gundolf nicht ver-raten) es genuumlgte ihm anzudeuten daszlig dieser Bruder fruumlher auch einmal als Py-thagoras inkarniert gewesen sei danach auch als Balthasar einem der Hl Drei Koumlnige Ein Dia von bdquoSaint Germain auch als bdquoFuumlrst Rakoczi bekannt fruumlher auch

einmal als Zauberer Merlin in England taumltig danach als Christoph Kolumbus kurz vielbeschaumlftigt unterwegs spaumlter als Sir J Dracon Verfasser der Shakes-peare-Stuumlcke (der historische Shakes-peare sei nur ein Stallknecht gewesen dem die Stuumlcke irrtuumlmlich zugeschrie-ben worden seien) spaumlter noch als St Alba inkarniert verwirrte vielleicht nicht nur mich doch die Aumlmterhaumlufung wurde an anderer Stelle dadurch plausi-bel zu machen versucht daszlig solche hochqualifizierten Geister es natuumlrlich eigentlich nicht mehr noumltig gehabt haumlt-ten sich zu inkarnieren dies aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit im-mer wieder einmal zu unser aller Bestem bewerkstelligten Was Gundolf dann noch so nebenbei verriet war dies daszlig alle bdquoAufgestiegenen Meister houmlchst selbstkritisch mit ihren vormaligen In-karnationen verfuumlhren - warum wurde allerdings nicht weiter erlaumlutert Viele bdquoMeister waren auf den Darstel-lungen durch bestimmte Symbole in ih-rer Spezialfunktion gekennzeichnet so zeigte - immer nach Gundolf - etwa das Malteserkreuz des bdquoSaint Germain die Aufgabe an die Balance zwischen En-geln und Elementarwesen zu halten - im uumlbrigen sei er (bdquoSaint Germain nicht Gundolf) Herr des schon mehrfach ge-nannten bdquovioletten Feuers Gundolfs Ausfuumlhrungen wurden immer schneller er sprang immer haumlufiger zwi-schen Vergangenheit und Gegenwart hin und her Mitten in einer Funktionsbe-schreibung eines Meisters oder Erz-engels erzaumlhlte er daszlig er gesehen habe wie nach dem Auszug Gorbatschows aus dem Kreml der Fall der Mauer vor-bereitet worden sei indem der Kreml durch bdquoviolettes Feuer gereinigt worden sei (Gorbatschow habe seinen dama-ligen Auftrag genau erfuumlllt er sei durch eine hohe Wesenheit bdquogesponsort wor-

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den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 27: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

den heute arbeite er hingegen fuumlr die Freimaurer und sei so leider Agent des Antichristen geworden) Weiter ging es mit Dias von Koumlnig Artus und seinen Rittern am Rundtisch Artus alias Thomas Morus auch als Ali Akbar Khan und als Melchior einem der Hl Drei Koumlnige inkarniert inzwischen als bdquoEl Morya Lenker des 1 Strahls be-kannt anscheinend seinem bevorzugten Pseudonym Ein Dia von Gerald ine Innocente (gest 1961) bdquoseiner (rsp Artus amp Co) Zwi l -lingsflamme die heute die Aufgestie-gene Meisterin bdquoLady Miriam sei brachte Gundolf zu historischen Ruumlck-blicken auf die bdquoBruumlcke zur Freiheit die ebenfalls zu den von den bdquoMeistern in der Vorbereitungsphase bdquogesponser-ten Aktivitaumlten gehoumlrte Deren Arbeit sei sehr effektiv gewesen doch ein ge-wisser Mark Prophet habe sich Zutritt zu (Frau Innocentes) Bibliothek erschli-chen ihre Buumlcher entnommen und eine eigene bdquoAktivitaumlt gegruumlndet das bdquoSum-mit Lighthouse (vgl MD 1985 S 178 ff) Viele gute Schuumller seien so ver-fuumlhrt worden Die Ehefrau des diebi-schen Mark Elizabeth Ciaire Prophet geb Wulf von ihren Anhaumlngern bdquoGuru Ma genannt wurde selbst aktiv Doch sei sie kein bdquoOrakel der bdquoAufgestiege-nen Meister gewesen sondern habe einen bdquoKnopf im Ohr Leider habe ich nicht mitbekommen wer die Funksi-gnale fuumlr das falsche Medium aussandte vermutlich der Ehegemahl Mark Eine gewisse Lucy Littlejohn wurde dann als erste das echte bdquoOrakel der bdquoBruumlcke zur Freiheit die sich 1979 in bdquoThe New Age Church of the Christ umbenannte das zweite aber hieszlig - fuumlr zehn Jahre zwischen 1971 und 1981 - Peter Wil-liam Leach-Lewis (geb 1938) (sein bdquoSponsor sei bdquoEl Morya gewesen) Die-ser habe auf einer Reise nach Suumldame-

rika von seinem bdquoMeister gehoumlrt daszlig er bei seiner Ruumlckkehr vieles veraumlndert vor-finden werde Und so war er nicht uumlber-rascht als bei seiner Ruumlckkunft ein jun-ger Mann von sich behauptete das bdquoOrakel der bdquoMeister zu sein (eine aumlhnliche Revolte habe dieser Mensch schon einmal in Atlantis gewagt) Damit ging die Seriositaumlt der bdquoBruumlcke zur Frei-heit zu Ende Leach-Lewis aber habe von bdquoVater-Gott (damals sei diese Posi-tion noch durch den Aufgestiegenen Meister bdquoGautama Buddha versehen worden) erfahren daszlig er die bdquoSchluumlssel habe was ihn zum neuen bdquoSchluumlsseltrauml-ger machte So sei es am 18 Januar 1981 zum Auf-trag fuumlr eine neue bdquoAktivitaumlt gekommen - bei dieser Mitteilung Gundolfs schwoll die leise Hintergrundmusik vernehmlich an Inzwischen sei Buddha wieder auf Erden inkarniert ca 14 Jahre alt und das bdquoFundament fuumlr Houmlheres Geistiges Lernen habe fuumlr 20 Jahre das bdquoMandat erhalten fuumlr die Groszlige Weiszlige Bruder-schaft taumltig zu sein In dieser Zeit muumlsse das bdquoFundament beweisen daszlig ihm das Mandat der bdquoMeister fuumlr die naumlch-sten 2000 Jahre uumlbertragen werden koumlnne - ein sehr anstrengender Auftrag voller Dienen und Mitleiden sei das Bei Eintritt in die bdquoAktivitaumlt bekomme man eine zweijaumlhrige Probezeit zuge-standen bevor man als Schuumller ange-nommen werden koumlnne danach werde man Chela auf Probe um danach evtl als persoumlnlicher Schuumller eines bdquoMeisters taumltig zu werden Die Verbindung zu ei-nem bdquoMeister sei enger zu verstehen als Familienbande es existiere ein inniges Herzensband zwischen Meister und Schuumller und man habe oft turbulente Zeiten zu bestehen Weitere Dias von Aufgestiegenen Mei-stern und Erzengeln wie Michael und Raffael folgten Erzengel sei ein himmli-

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scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 28: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

scher Dienstgrad in der geistigen Hierar-chie - himmlische Wesen entwickelten sich uumlber Mill ionen von Dienstjahren hin erst langsam zur Erzengelfunktion Die Darstellungen von gewollt edlen durchgeistigten Gesichtern und heldi-schen Typen auml la Prinz Eisenherz waren kitschig und in ihrer Naivitaumlt nicht weit entfernt von den Buch-Covern aus der Fantasy-Literatur Dies focht hier niemanden an sondern der bdquoSchluumlsseltraumlger Gundolf setzte den Wunsch nach Naumlhe zu den heroischen Figuren in einfuumlhlsame Kommentare um Das nachgerade familiaumlre Geplauder des bdquoEuropaumlischen Gesandten uumlber seine Leitfiguren in dem uns auch Anekdoten uumlber himmlische Befindlichkeiten nicht vorenthalten wurden reichte zuruumlck bis zu indischen Gottheiten und griechi-schen Goumlttern Das vertraute Gefuumlhl wie klein die Welt doch ist wollte sich aller-dings nicht so recht einstellen Zu unklar blieb woher die geheimen Informatio-nen denn stammten Doch man erfuhr aus Meistermund daszlig bdquoSerapis Bey die Funktion des Zuchtmeisters fuumlr Disziplin ausuumlbe (bdquoWenn ihr aufsteigen wollt dann steht ihr vor ihm) daszlig es auch im Himmel Familien gebe usw Dann wurde verraten daszlig bdquoLady Nela o auml von bdquoLady Charity bdquotrainiert werde einer bdquoArchai - wer gedacht hatte es gebe im Himmel nur bdquoBruumlder der hatte sich ge-irrt dann wurde enthuumlllt daszlig bdquoLady Quurajim o auml fuumlr den Haushalt zustaumln-dig sei und dabei einen Teil von bdquoMutter Marias Aufgaben erledige Ein besonders edles Antlitz stellte den bdquoH l Aeolus dar den bdquoMaha Kohan den Lenker des Hl Geistes der Gott Pan schlieszliglich wurde in der Jagdkleidung des 18 Jahrhunderts gezeigt allerdings mit einem Dressman-Gesicht und vor-teilhaft zur Geltung kommenden Houmlr-nern die seiner maskulinen Erscheinung

wohl zu Gesicht standen und man er-fuhr aus dem Mund des Eingeweihten daszlig bdquoVater Natur sein bdquoPapa sei Eine besonders attraktive Dame wurde als bdquoLady Portia Sprecherin des bdquokarmi-schen Rats vorgestellt und auch an-dere Frauen kamen zur Sprache deren attraktive Portraumltzeichnungen dem Zu-schauer nicht auf den ersten Blick die rein muumltterliche Funktion offenbarten bdquoMama Maria von Berufs wegen eine Schmerzensreiche habe nun so wie sie sich um den kleinen Jesus zu kuumlmmern hatte heute den Gruppen-Avatar der kommenden 2000 Jahre die bdquoBruder-schaft der Menschheit oder bdquoUniversale Kirche zu betreuen Schlieszliglich wurde Peter Leach-Lewis sichtbar ein etwas korpulenter ca 60jaumlhriger weiszligbaumlrtiger Mann mal im Anzug mal in Franziskanerkutte von Gundolf charakterisiert als ein bdquoechter Haudegen mit dem er engstens zusam-menarbeite Er sei der derzeitige goumlttli-che Repraumlsentant des bdquoGroszligherrn -fruumlher sei er einmal Jakobus einer der Soumlhne Marias gewesen Gundolf schil-derte wie Peter Leach-Lewis nach Mos-kau gegangen sei um dort das bdquoviolette Feuer zu verankern und die Berliner Mauer zu Fall zu bringen (vorher habe er bereits in Polen fuumlr die Gruumlndung der Solidarnosc-Gewerkschaft gesorgt) - ge-lungen sei dies durch Verankerung des magischen Lichts an der Siegessaumlule Ich brach um 18 Uhr auf Wenig spaumlter war es soweit Alle die noch kein bdquoCommitment unterschrieben hatten erhielten das entsprechende Blatt ausge-teilt die uumlbrigen verlieszligen den Raum Es blieben nur ca sieben Leute zuruumlck Die beiden Frauen mit denen ich zwi-schendurch mehrere Gespraumlche gefuumlhrt habe in denen es um ihre spirituellen Erfahrungen und Esoterik-Abenteuer ging berichteten hinterher daszlig sie sich

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

nuuml

Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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nun in der Tat unter Druck gesetzt fuumlhl-ten und nicht wuszligten wie sie der unan-genehmen Lage entkommen sollten Die eine ging nach vorn und bdquobeichtete Gundolf daszlig sie noch nicht so weit sei um zu unterschreiben und verlieszlig fluchtartig den Raum Drauszligen schauten die anderen sie erwartungsvoll an We-nig spaumlter fluumlchtete auch die andere und gemeinsam traten sie den Ruumlckzug an Der Fischzug des bdquoSchluumlsseltraumlgers sei nicht sehr erfolgreich gewesen be-richtete mir die eine spaumlter - auch ein weiteres esoterisch angehauchtes Paar habe nur mit verschraumlnkten Armen und finsterem Blick dagesessen ohne das bdquoCommitment zu unterschreiben Der vorzeitige Abgang eines bdquoKandidaten hatte es vielleicht auch anderen ermoumlg-licht bdquoNein zu sagen und das Weite zu suchen

INFORMATIONEN GESELLSCHAFT

Kampf ums Lebensbewaumlltigungshilfege-setz (Letzter Bericht 1998 S186) Mit dem Abschluszlig der Arbeit der Enquete-Kommission bdquoSog Sekten und Psycho-gruppen und der Veroumlffentlichung des Endberichtes (vgl MD 1998 S 193) kon-zentriert sich in der Oumlffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Notwendig-keit eines bdquoLebensbewaumlltigungshilfege-setzes das Rechte der Verbraucher auf dem Psychomarkt schuumltzt Man erinnert sich Unmittelbar vor der Veroumlffentli-chung des Abschluszligberichtes hatten sie-ben Professoren eine bdquoErklaumlrung gegen Sektenjagd und Ketzerhysterie in Deutschland (so die Uumlberschrift des in bdquoidea vom 2751998 dokumentierten Textes) publiziert Wer den Text aufmerk-

sam liest kann sich bisweilen des Ein-drucks nicht erwehren daszlig er gezielt Stimmung gegen das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz machen wi l l Obwohl nicht verneint wird daszlig ein solches Ge-setz erforderlich sein koumlnnte wird doch gleich am Anfang vor bdquoRegelungsexzes-sen und bdquoRufmordkampagnen ge-warnt zu denen bestimmte bdquoEiferer nei-gen die dem Buumlrger bdquoalle Lebensrisiken abnehmen wollen Bei der Beschrei-bung der gegenwaumlrtigen Situation wer-den vor den neuen Religionsgemein-schaften und ihren Heilslehren noch die Psychoseminare genannt bdquoBerufliche oder soziale Anforderungen veranlassen immer mehr Menschen Fortbildungsan-gebote zur Erlangung von Streszlig- Sta-bilitaumlt- Konfliktbewaumlltigungskompetenz und Leistungsoptimierung in Anspruch zu nehmen Und auch bei der bdquoGegen-enquete die die sieben Professoren nach eigenen Angaben initiiert haben wollen werden die Vertreter des Ma-nagementtrainings an erster Stelle aufge-fuumlhrt bdquoWir haben eine Auswahl der be-sonders inkriminierten Gruppen an-gehoumlrt ihre Uumlberzeugungen wie ihre Ar-beitsweisen studiert und die von Kolle-ginnen und Kollegen angefertigten Gut-achten gelesen Hierzu gehoumlrten insbe-sondere Vertreter des freien Fortbildungs-marktes und Managementtrainings die allesamt von der Enquete Kommission nicht angehoumlrt wurden obwohl einzelne Mitglieder der Kommission einen erbit-terten Kampf gegen sie fuumlhren Es ist be-kannt daszlig einer der Unterzeichner fuumlr ein Unternehmen dieses freien Marktes ein Gutachten angefertigt hat Auch der Artikel im Augustheft von bdquoPsy-chologie Heute von Heiner Barz ver-knuumlpft die Behauptung daszlig die bdquoSekten-gefahr ein von Kirchen schlimmen Poli-tikern und interessegeleiteten Psycholo-gen inszenierter bdquoPopanz sei mit einem

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Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

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Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

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bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

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AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 30: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

Plaumldoyer gegen das Lebensbewaumlltigungs-hilfegesetz Mit letzterem so lautet die Unterstellung wollten sich die Kirchen Konkurrenten vom Leibe halten Wer die innerkirchlichen Diskussionen um das Lebensbewaumlltigungshilfegesetz kennt und weiszlig wie schwer sich Evangelische und Katholische Kirche mit einer Urteils-bildung und einer eventuellen Zustim-mung tun kann uumlber diese Ver-schwoumlrungstheorie nur staunen Die Diskussion um das Lebensbewaumllti-gungshilfegesetz wird in der kommenden Legislaturperiode den Bundestag weiter beschaumlftigen Schon jetzt werden nicht nur Argumente in Stellung gebracht son-dern auch Schurkenstuumlcke inszeniert Der Thriller bdquoDie kirchliche Verschwouml-rung wird dabei offenbar als besonders zugkraumlftig angesehen Schwindet die Angst vor der Sektengefahr waumlchst man-cherorts die Hoffnung daszlig ein solches Gesetz zu verhindern sei Insgesamt scheint sich naumlmlich geradezu zeitgleich mit dem umsichtigen Abschluszligbericht der Enquete-Kommission eine gesell-schaftliche Stimmung gegen die hysteri-sche Uumlbertreibung der bdquoSektengefahr durchzusetzen Das ist positiv Titelge-schichten von Illustrierten wie sie vor ei-nigen Jahren uumlblich waren bdquoZwei Mil l io-nen Deutsche in der Hand von Sekten Gurus Menschenfaumlngern - fuumlr immer verloren waren eine schlimme Uumlbertrei-bung Hansjoumlrg Hemminger schreibt in einem Leserbrief zu dem Artikel von Hei-ner Barz in bdquoPsychologie Heute Die bdquoboumlsen Sekten seien zum Teil durchaus als Schreckgespenst aufgebaut worden bdquoKonflikte mit neuen religioumlsen und ideo-logischen Bewegungen wurden in der Tat in den Medien vorwiegend in Form von Betroffenheitsgeschichten praumlsentiert Ob-wohl diese Geschichten in der Regel authentisch waren ging uumlber die Verall-gemeinerung des Einzelfalls uumlber irratio-

nale Aumlngste uumlber die Abwehr gegen die Fremdheit der Gruppen usw dabei oft Sachlichkeit und Differenziertheit verlo-ren Und gegen diese einseitige Wahr-nehmung formierte sich wiederum Pro-test Der Ablauf ist von anderen Problem-feldern bekannt Der Welle der Entlar-vungen folgt notwendigerweise eine Welle von Entlarvungen der Entlarver In der Diskussion um die sogenannten Sek-ten erleben wir derzeit eine solche Reak-tionsbildung Es ist miszliglich wenn die Kirchen und ihre Weltanschauungsbeauf-tragten nun pauschal als Suumlndenbock fuumlr die Erfindung der Sektengefahr herhalten sollen Es ist aber noch miszliglicher wenn uumlbersehen wird daszlig es tatsaumlchlich im Umfeld von bdquosog Sekten und Psycho-gruppen vermeidbares Leid Schuld und unnoumltige Schulden gibt

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Selbsternannte Sektenbeauftragte Mit dem Titel bdquoEs ist soweit unter der Rubrik bdquoaus dem Redaktionsalltag kuumlndigt die vorwiegend in den neuen Bundeslaumln-dern erscheinende Zeitschrift bdquoWege zum Leben in Heft 78 1998 (S7) an daszlig sie einen bdquoSektenbeauftragten fuumlr die Neuen Bundeslaumlnder benannt habe Es handelt sich dabei um das Mitglied ihrer Leipziger Redaktion Marion Gold-schmidt (04129 Leipzig Delitzscher Straszlige 128 Telefon 0341 911 6663 Fax 03419116664) Zur Begruumlndung fuumlr diesen Schritt lesen wir bdquoKirchen und staatliche Einrichtungen zeichnen sich oft durch Verantwortungslosigkeit man-gelndes Fachwissen schlechte und gar keine Recherche und starken Hang zum Eigennutz aus Es wird angeregt daszlig auch andere bdquokompetente Einrichtungen Zeitschriften diesem Beispiel folgen sol-len Worin allerdings die besondere Kompetenz der Redaktionsmitarbeiterin liegt erfahren wir nicht

284 MATERIALDIENST DER EZW 998

bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

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IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

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AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 31: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

bdquoWege zum Leben versteht sich selbst als bdquoganzheitlich orientiertes Magazin fuumlr Leser aus dem Osten Deutschlands und behandelt aumlhnlich wie die einschlauml-gigen bekannten Esoterik-Magazine Themen aus dem Bereich der Gesund-heit alternativen Medzin Oumlkologie Spi-ritualitaumlt Seit laumlngerem schon mobilisiert das Blatt seine Leserschaft auch mit Auf-rufen zu Unterschriftenlisten gegen das neue Lebensbewaumlltigungshilfegesetz und eine bdquoin Zukunft nur noch staatlich aner-kannte oder kirchliche Beratung Einmal abgesehen davon daszlig die flotte Verwendung des Begriffs bdquoSektenbeauf-tragter in diesem Kontext sehr befremd-lich ist so ist der ganze Vorgang schon deshalb obskur weil die vorliegende Zeitschrift ihrerseits von Anzeigen pro-blematischer bdquoSekten lebt So fand ich bisher in jedem Exemplar Anzeigen des zum bdquoUniversellen Leben gehoumlrenden AP-Buchversandes Aber vielleicht kann man dem Vorgang ja auch etwas Positives abgewinnen Soll-ten sich wirklich Ratsuchende bdquobei Sek-tenaumlngsten oder auch negativen Erfah-rungen mit sektenaumlhnlichen Einrichtun-gen (natuumlrlich einschlieszliglich den eta-blierten Kirche(n) an die Redaktion wenden so wird man dort merken wie schwer es ist kompetente und verant-wortbare Auskuumlnfte zu erteilen Die plat-ten Vorwuumlrfe an die Adresse kirchlicher und staatlicher Beauftragter koumlnnten sehr schnell zum Bumerang werden

fi

IN EIGENER SACHE

Berichtigung In dem Beitrag bdquoWeltan-schauungsarbeit im Internet von Hans-joumlrg Hemminger MD 798 sind uns bei der Angabe von Internetadressen im An-merkungsteil (S205) bedauerlicherweise

zwei Fehler unterlaufen Das Berliner Provinzialpfarramt fuumlr Sekten- und Welt-anschauungsfragen (Pfarrer Th Gandow) ist zu erreichen unter httpwww ekibb comseelssektenindexhtm der Schwei-zer Kritiker Peter Widmer unter http www accesschpwidmer Wir bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern die uns auf die schwer auszumachenden und dennoch entscheidenden Fehler hingewiesen haben

SCHAMANISMUS

bdquoStabwechsel nach Castanedas Tod Vor dreiszligig Jahren hatte Castaneda in sei-nem Bestseller bdquoDie Lehren des Don Juan von seiner Initiation bei dem mexi-kanischen Yaqui-Schamanen Don Juan Matus berichtet und zahlreiche Erleb-nisse aus einer anderen Wirklichkeit beschrieben In den folgenden acht Buumlchern die zum Teil ebenfalls sehr hohe Auflagen erreichten fuumlhrte er weiter in schamanistische Bewuszligtseins-techniken ein durch deren Anwendung uumlbersinnliche Faumlhigkeiten erworben wer-den koumlnnten (vgl MD 1980 S204ff) Was fruumlher durch Drogenkonsum - zB im Peyote-Kult - oder durch Trance-Taumlnze und Musik herbeigefuumlhrt wurde soll neuerdings durch die Vermittlung sog bdquomagischer Bewegungen moumlglich werden Mit Castaneda begann in den siebziger Jahren eine neue Aumlra von angeblich schamanistisch gepraumlgten Bewuszligtseins-lehren die eine ganze Generation psy-chedelisch gesinnter Hippies und ande-rer Sinnsucher praumlgte Im Gegensatz zu anderen Leitfiguren des New Age ver-weigerte sich Castaneda stets jedem Auf-tritt in der Oumlffentlichkeit er lieszlig sich nicht fotografieren oder auf Tonband auf-nehmen Auch die Frage seiner Geburt

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

ut

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

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AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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und Herkunft bleibt ungeklaumlrt Nach An-gaben der bdquoBerliner Zeitung ist Casta-neda entweder am 25 Dezember 1925 in Peru oder am 25 Dezember 1931 in Brasilien geboren Nachdem er dreiszligig Jahre lang unerreichbar war kehrte er Anfang des Jahres 1997 in die Oumlffentlich-keit zuruumlck um uumlber die Welt seines in-dianischen Lehrers zu sprechen Im Gegensatz zur groszligen Popularitaumlt sei-nes Werkes fanden Ethnologen und An-thropologen in seinen Veroumlffentlichun-gen wenig Stimmiges Vielmehr sei die Phantasiefigur des Don Juan das Produkt eines literarisch begabten aber geschei-terten Wissenschaftlers der aus der Zuruumlckgezogenheit Zeitgeistbeduumlrfnisse stille Halluzinogene Pflanzen waren der Ausgangspunkt von Castanedas Untersu-chungen Doch schon bald verlieszlig er die Pfade anerkannter Wissenschaft und be-schrieb nach seiner Initiation die Welt dieses Schamanen als ein widerspruumlchli-ches komplexes und geheimnisvolles Reich Wie im Yoga und Zen gehe es darum den rationalen Verstand mit sei-ner Alltagsprogrammierung zu durchbre-chen um das reine unbegrenzte Be-wuszligtsein als die einzig wahre Natur und den Ursprung aller Wirklichkeit zu er-kennen Nach Castanedas Einsichten ist die Welt in zwei Bereiche gegliedert bdquoTonal die Welt der Erscheinungen und der taumlglichen Lebensgestaltung und bdquoNagual die Welt des Lichts und der Vi-sion Jeder Mensch lebt naturgemaumlszlig in der Welt des bdquoTonal und haumllt dies durch staumlndigen Kontakt mit ihr fuumlr die Wirk-lichkeit Jedoch habe er auch die Moumlg-lichkeit in das Abenteuer des bdquoNagual der anderen Welt einzudringen Das ist die Suche nach der Vision - bdquoVision Quest - bei der Einblicke in kosmische Zusammenhaumlnge moumlglich seien Anknuumlpfend an die Popularitaumlt seiner fruumlheren Buumlcher ging Castaneda in juumlng-

ster Zeit selbst - zusammen mit drei Frauen die angeblich ebenfalls von Don Juan Matus ausgebildet worden sind -mit dem Seminarprogramm bdquoTensegrity-magische Bewegungen an die Oumlffent-lichkeit In einem der wenigen Inter-views dem sich Castaneda 1997 fuumlr ein chilenisches Magazin stellte beschrieb er seinen Gesinnungswandel von der voumllligen Zuruumlckgezogenheit hin zur Be-teiligung am schillernden Selbsterfah-rungs- und Therapiemarkt Seine Ein-fuumlhrungskurse die Uumlbungsvideos und die Literatur werden nunmehr von einer eigens gegruumlndeten amerikanischen Firma sowie einem in einer franzoumlsi-schen Esoterik-Kommune ansaumlssigen Subunternehmen organisiert Castaneda sei mit den anderen drei Schuumllern Don Juans (sein Erstlingswerk schrieb er noch bdquofuumlr Don Juan - und die zwei Leute die sein Gefuumlhl magischer Zeit mit mir teil-ten die drei Schamaninnen neben Ca-staneda sprechen von insgesamt fuumlnf-zehn Schuumllern) einmuumltig zu der Schluszlig-folgerung gelangt daszlig die geistige Welt ihres Lehrers nun in einem groumlszligeren Stil bekannt gemacht werden muumlsse In der Tat -das im Sommer 1997 in Berlin ver-anstaltete Einfuumlhrungsseminar uumlber ma-gische Bewegungen lieszligen sich rund eintausend interessierte Schuumller jeweils 980 DM kosten Weil sich Don Juan Mitte der achtziger Jahre bdquo in reine Ener-gie aufgeloumlst habe und auch Castaneda bdquoaus energetischen Gruumlnden nicht kom-men koumlnne uumlbernahmen die drei Scha-maninnen die Seminarleitung Castaneda hat in seinen Buumlchern ver-schiedene Praktiken beschrieben die es Menschen angeblich ermoumlglichen bdquoEner-gie direkt wahrzunehmen so wie sie im Universum flieszligt Besonders die von ihm beschriebene bdquoKunst des Traumlumens befaumlhige dazu nach Belieben Eingang in andere Welten zu erhalten und sich in

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

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AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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diesen Welten zu bewegen In dem Bemuumlhen diese besonderen Bewuszligt-seinszustaumlnde zu reproduzieren haumltten die praumlkolumbianischen Schamanen herausgefunden daszlig sie wiederholbar seien wenn man gewissen Koumlrperbewe-gungen folge Die magischen Bewegun-gen der Schamanen des mexikanischen Altertums die mit strengen Ritualen und groszliger Geheimhaltung verbunden wa-ren werden nun im Internet und auf Seminaren vermarktet Vor kurzem ist im S Fischer Verlag das neue Buch von Castaneda in deutscher Uumlbersetzung er-schienen in dem zum ersten Mal eine systematische Uumlbersicht uumlber die ver-schiedenen Haltungen Bewegungsfol-gen und Atemuumlbungen dargestellt sind Dem erfolgreichen Berliner Seminar folgte im Mai diesen Jahres in Muumlnchen das zweite groszlige Tensegrity-Seminar in Deutschland Neu vorgestellt wurde da-bei die bdquoSerie des Nicht-Tuns die als Um-staumlnde definiert werden unter denen der inhaumlrente Energiefluszlig des Kosmos kurz unterbrochen werden koumlnne Der Uumlbende erhalte dabei eine Millisekunde Zeit bdquosich in Bezug auf das Verhalten und die tief-sitzenden Ideen die der Mensch von Ge-burt an etabliert neu zu orientieren Mittlerweile haben sich europaweit re-gionale Uumlbungstreffen konstituiert wo Teams von zwei Leuten jeweils eine Be-wegungsserie vorbereiten und anleiten Waumlhrend der Uumlbungstreffen wird ein Mi -nimum an Erklaumlrungen und Diskussio-nen erbeten denn es sei unwichtig ob ein Teilnehmer die Schritte anders in Erinnerung hat als urspruumlnglich vorgege-ben bdquoDu folgst so gut du kannst den Schritten Es gibt keine Zuschauer jeder ist aufgefordert mitzumachen Was zunaumlchst als Geruumlcht kursierte und von Castanedas Anwaumlltin erfolgreich ge-heim gehalten wurde hat sich nun be-staumltigt Der Meister erlag am 27 April

1998 in seinem Haus in Los Angeles einem Leberkrebsleiden Nachdem das amerikanische und europaumlische Organi-sationsbuumlro ebenfalls lange Zeit zu die-sem Vorfall geschwiegen hatte veroumlffent-lichten sie am 22 Juni eine Erklaumlrung als Antwort auf die Anfragen neugieriger Medien Vertreter und irritierter Schuumller Als von Don Juan eingeweihter bdquoKrieger behalte Castaneda seine Bewuszligtheit uumlber den Tod hinaus Weil aber das ko-gnitive System unserer Alltagswelt keine Moumlglichkeit biete ein derartiges Phaumlno-men zu umschreiben sei Castaneda fuumlr tot erklaumlrt worden Wie sich der koumlrperliche Tod des Begruumln-ders dieser neoschamanistischen Schule auf die weitere Verbreitung der Tense-grity-Uumlbungen auswirken wird ist der-zeit nicht abzusehen Auffaumlllig bleibt daszlig Castaneda gegen Ende seines Lebens einen grundlegenden Strategiewechsel vollzog Drei Frauen werden als gleich-berechtigte Schuumllerinnen Don Juans vor-gestellt Sie lassen sich auch als bdquoHexen bezeichnen und betonen als Frauen auf-grund des Vorhandenseins einer Gebaumlr-mutter besondere magische Faumlhigkeiten zu besitzen die uumlber die ihrer maumlnn-lichen Kollegen hinausreichten Durch diese koumlnnten bdquouumlbersinnliche Kraumlfte die im Universum existieren benuumltzt wer-den um den Lauf der Dinge das eigene Leben oder das Leben anderer Menschen zu beeinflussen Dem Anschein nach ist der bdquoStabwech-sel von Castaneda zu seinen Nachfolge-rinnen reibungslos vonstatten gegangen So werden vermutlich noch lange und mit hoher Professionalitaumlt esoterische Se-minare unter seinem Namen vermarktet werden Moumlglicherweise hatte der na-hende Tod auch Einfluszlig auf Castanedas Entscheidung fuumlr die Verbreitung seiner Lehren genommen

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BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

de

AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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Page 34: Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen Im … · INHALT IM BLICKPUNKT HANS-JÜRGEN RUPPERT Esoterik heute Altes Wissen auf neuen Wegen BERICHTE KLAUS FLECKNER Im Dienst der „Aufgestiegenen

BUCHER Ulrich Schoen Bi-Identitaumlt Zweispra-chigkeit Bi-Religiositaumlt doppelte Staats-buumlrgerschaft Mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel Walter Verlag Zuumlrich Duumlsseldorf 1996 264 Seiten 36- DM

Der Name Ulrich Schoen steht fuumlr enga-giertes Sitzen zwischen den Stuumlhlen und davon zeugt auch dieser Essay Auf der Anklagebank finden sich (deutsche) reli-gioumls-weltanschauliche Spieszligbuumlrgerlich-keit und all jene die das Dasein des Menschen aus unveraumlnderlichen Stand-punkten eindeutigen Definitionen und begrenzten Horizonten verstehen Den Hintergrund des Buches bildet nahelie-genderweise die Situation von Menschen zwischen Christentum und Islam zwi-schen Deutschland und zB der Tuumlrkei und Nordafrika aber auch andere Bi-Identitaumlten sind vorhanden und zu beja-hen Neben humorvoller Schlitzohrigkeit (schon das Bild des Autors auf dem Co-ver) durchzieht das Buch ein gewisser bitterer Unterton da Schoen ahnt daszlig eben leider nicht etwa tolerantes Aner-kennen des Neben- und Miteinander von Religionen sondern wohl bdquoein Dialog der ptolemaumlischen Systeme das Houmlch-ste (sei) was man von Glaumlubigen heute verlangen kann (S 135) - weit entfernt von einem bdquopluralistischen Weltbild in dem es mehrere gleichwertige und gleichberechtigte Perspektiven gibt die je aus ihrer Sicht auf das eine Zentrum blicken (S 138) Schoen schreibt nicht (nur) aus einer emotionalen Weltbuumlrger-schaft sondern aus intimster existentiel-ler wie auch wissenschaftlicher Kenntnis des Islam (und anderer Religionen) her-aus er hat lange Jahre selbst in Nord-afrika Libanon und Frankreich zuge-

bracht und auch fuumlr den Oumlkumenischen Rat der Kirchen gearbeitet Er entwirft den Begriff des bdquoBruumlckenmenschen zwi-schen den Kulturen Religionen und Staaten der sich als roter Faden durch das Buch zieht Diskursive Teile der Ar-gumentation werden immer wieder auf-gelockert durch biographische Ein-schuumlbe und Passagen im Anekdotenstil auch aus der Literatur Die Metapher vom bdquodoppelten Lottchen (S 17-19) weist darauf hin daszlig Bi-Identitaumlt nicht den exotischen Ausnahmefall im Ressort bdquoAuslaumlnderpolitik meint sondern jeden von uns Schoen plaumldiert engagiert dafuumlr den bi-identischen Menschen den bdquoBruumlckenmenschen als moumlglichen Normalfall zu akzeptieren und sich nicht - zumal nicht von Staatswegen - die Koumlpfe dieser Menschen zu zerbrechen (bdquoLoyalitaumltsprobleme) Vielmehr gelte es sie in ihrer Identitaumlt auf der entspre-chend oft bdquoschwer vorstellbaren Ebene (S 218) leben zu lassen und ihnen die je-weiligen Rechte zu erteilen zB die doppelte Staatsangehoumlrigkeit

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AUTOREN PD Dr theo Ulrich Dehn (de) geb 1 954 Pfarrer Religionswissenschaftler EZW-Referent fuumlr nicht-christliche Religionen Dr theol Andreas Fincke (fi) geb 1959 Pfarrer EZW-Referent fuumlr christliche Sondergemeinschaften und Scientology Klaus Fleckner geb 1956 Gemeindepfarrer in der Vereinigten Ev Kirchengemeinde Cemarke im Kir-chenkreis Barmen und Synodalbeauftragter des Kirchenkreises Barmen fuumlr Sekten- und Weltan-schauungsfragen Dr theol Michael Nuumlchtern (nuuml) geb 1949 Pfarrer Leiter der EZW Dr theol Hans-Juumlrgen Ruppert (ru) geb 1945 Pfar-rer EZW-Referent fuumlr Esoterik Okkultismus Spiritis-mus Dr p77 Michael Utsch (ut) geb 1960 Psychologe EZW-Referent fuumlr religioumlse Aspekte der Psychoszene Naturwissenschaft und Technik

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