ETH Zürich, Jahresbericht 2011Jahresbericht 2011 ETH ZÜricH Jahresbericht 2011...

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  • Die ETH Zürich steht für exzellente Lehre, wegweisende Grundlagenforschung und

    die Anwendung der Ergebnisse zum Nutzen der Gesellschaft. 1855 gegründet,

    bietet sie heute als eine der international führenden technisch-naturwissen-

    schaftlichen Hochschulen Forschenden ein inspirierendes Umfeld und ihren

    Studierenden eine umfassende Ausbildung.

    Die ETH Zürich zählt über 17 000 Studierende aus rund 80 Ländern, davon 3700

    Doktorierende. Mehr als 450 Professorinnen und Professoren unterrichten und

    forschen zurzeit auf den Gebieten der Ingenieurwissenschaften, Architektur,

    Mathematik, Naturwissenschaften, systemorientierten Wissenschaften sowie der

    Management- und Sozialwissenschaften. Die ETH Zürich wird in internationalen

    Rankings regelmässig als eine der weltweit besten Universitäten bewertet.

    21 Nobelpreisträger, die an der ETH Zürich studiert, gelehrt oder geforscht haben,

    unterstreichen den hervorragenden Ruf der Hochschule.

    Ihr Wissen in die Wirtschaft und die Gesellschaft zu transferieren, ist eines der

    Hauptanliegen der ETH Zürich. Sie tut dies mit Erfolg, wie die jährlich 80 neuen

    Patentanmeldungen sowie die rund 240 Spin-off-Firmen belegen, die zwischen

    1996 und 2011 aus der Hochschule hervorgegangen sind. Die ETH Zürich trägt zur

    nachhaltigen Lösung globaler Herausforderungen bei. Zu ihren Forschungs-

    schwerpunkten gehören Energieversorgung, Umgang mit Risiken, Entwicklung

    von Zukunftsstädten, Welternährung und Gesundheit des Menschen.

    Y www.ethz.ch

    « Die ETH Zürich liefert – basierend auf Grundlagen-forschung – auch wichtiges Orientierungswissen zu aktuellen Debatten der Gesellschaft. »Ralph Eichler, Präsident der ETH Zürich

    Herausgeberin: ETH Zürich, Hochschulkommunikation

    Projektleitung: Karin Köchle

    redaktion: Roland Baumann, Beat Gerber, Christine Heidemann, Martina Maerki, Peter Rüegg, Felix Würsten

    Layout: formerei gmbh, Sergeant AG

    Bildserie: (Bilder Titelseite und Seiten 8/9, 24/25, 34/35, 42/43): Alexander Sauer/Scanderbeg Sauer Photography

    Fotos: Nathan Beck, Yakoov Benenson/Ron Weiss, Katharina Bohm/Felix Voigts-Hoffmann, Boltshauser Architekten, Frank Brüderli, Martin Bürge, Marco Carocari, Monika Estermann, Fotalia, Gramazio & Kohler/Architektur und Städtebau Zürich, gta Ausstellungen, Heidi Hofstettler, Lucio Isa, iStockphoto, Tom Kawara, Thomas Langholz, François Lauginie, Michael Lowry/ IBM Research, Giulia Marthaler, Max Frisch-Archiv/Zürich, Nicola Pitaro/Tages-Anzeiger, Peter Rüegg, Scanderbeg Sauer Photography, Rafael Spöri, Roland Tännler

    Druck: Neidhart + Schön AG

    Auflage: 8500

    © ETH Zürich, April 2012

    Der Jahresbericht kann in Deutsch und Englisch bezogen werden: ETH Zürich, Versandzentrale [email protected] www.ethz.ch

    KontaktETH ZürichHochschulkommunikationTel. +41 (0) 44 632 42 [email protected]

    impressum

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  • Inhalt

    Vorwort des Präsidenten 3Höhepunkte 2011 4

    Kernaufgaben der ETH Zürich 8

    Lehre – Qualität hat Vorrang 10Forschung – Die Forschung gezielt ausbauen 14Wissens- und Technologietransfer – Erfolgreiche Partnerschaften mit der Industrie 22

    Die ETH Zürich als Unternehmen 24

    Infrastruktur und Personal – Zusätzlicher Raum an den Hauptstandorten 26Finanzen und Controlling – Finanzierung nachhaltig sichern 30Verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen – Nachhaltigkeit fest verankert 32

    Gesellschaftliches Engagement der ETH Zürich 34

    Dienstleistungen und kulturelle Einrichtungen – Einschätzungen zu aktuellen Fragen 36Dialog mit der Öffentlichkeit – Faszination Wissenschaft 40

    Namen und Fakten der ETH Zürich 42

    Die ETH Zürich in Zahlen 44Ehrungen und Preise 58Ehrungen am ETH-Tag 64Neue Professuren 66Donationen 68Organisation 70

    Erläuterungen zur Bildserie 72

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  • 3Vorwort des Präsidenten

    Orientierungswissen für die Gesellschaft

    Die Bevölkerung erwartet von einer Hochschule, die vor-wiegend über die öffentliche Hand finanziert wird, dass sie letztlich der Gesellschaft dient. Wie dieser Anspruch verwirklicht werden soll, dazu gibt es unterschiedliche Mei-nungen. Soll sie Beiträge zu aktuellen Themen des eigenen Landes leisten? Oder sich mit den Herausforderungen der Weltgesellschaft befassen? Oder primär wissenschaftliches Neuland entdecken und der Schweiz so langfristig einen Wettbewerbsvorteil sichern?

    Wie immer wir auch die Prioritäten setzen: Es braucht in jedem Fall hervorragende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Lehre, Forschung und Ver-waltung, aber auch engagierte und talentierte Studierende. Eine attraktive Hochschule wie die ETH Zürich vermag solche Menschen anzuziehen. Genau dies widerspiegeln die vor-trefflichen Positionen in den internationalen Universitätsranglisten, ist doch die ETH Zürich ausserhalb des angelsächsischen Systems die führende Hochschule.

    Energie, Wasser und Ernährung bilden die Grundlagen für ein würdevolles Leben auf die-sem Planeten. In allen drei Bereichen ist die ETH Zürich fachübergreifend engagiert. In der Schweiz steht insbesondere der Umbau des Energiesystems im Vordergrund der aktuellen Debatte. Der Energieverbrauch unseres Landes hat in den letzten 50 Jahren stetig zugenom-men und ist heute dreimal so hoch wie 1960. Mit dem erhofften Wirtschaftswachstum und der Zuwanderung wird er noch weiter ansteigen.

    Gesellschaft und Politik wünschen, dass Energie- und Wirtschaftswachstum entkoppelt werden. Gleichzeitig sollen 40 Prozent der Stromproduktion aus Kernkraftwerken ersetzt und die CO2-Emissionen massiv gesenkt werden – und dies alles bei gleich bleibendem Le-bensstandard. Für diese Generationenaufgabe sind noch viele technologische, wirtschaft-liche, politische und soziale Fragen offen, die nun in einem demokratischen Prozess beant-wortet werden müssen. Die ETH Zürich liefert zu dieser Debatte wichtiges Orientierungs-wissen, sie forscht an effizienten Energieumwandlungstechniken und setzt innovative Massnahmen auf dem eigenen Campus um.

    Entscheidend für den weiteren Erfolg der ETH Zürich ist eine stabile Finanzierung. Der gröss-te Beitragszahler ist der Bund, der mit seiner Grundfinanzierung 76 Prozent des Budgets abdeckt. Der Sockelbeitrag muss zwar zusätzlich die indirekten Kosten der Zweitmittel und den Mehraufwand infolge der stark gewachsenen Studierendenzahlen tragen, was eine Grenze für Drittmittel setzt. Doch er stellt nach wie vor einen wichtigen Wettbewerbsvorteil dar: Forschende können dank dieser soliden Finanzierung auch Ideen ausserhalb des akade-mischen Mainstreams verfolgen – eine motivierende Perspektive für die Wissenschaft!

    Ralph Eichler, Präsident der ETH Zürich

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    Höhepunkte 2011

    01 – Ein Beitrag zur Energiedebatte: Beim Energiegespräch diskutieren ETH-Forschende in Anwesenheit von Bundes-rätin Doris Leuthard zusammen mit Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik über eine nachhaltige Energiezu-kunft. Y Seite 36

    02 – Ausgezeichnete Quantenwissenschaften: Den mit 200 000 Schweizer Franken dotierten Max-Rössler-Preis 2011 erhält der junge Professor Andreas Wallraff für seine heraus-ragende Forschung an der Schnittstelle zwischen Informa-tionstechnologie und Quantenphysik. Y Seite 58 f.

    03 – Fortschritte in der Krebsforschung: Ein in menschliche Zellen eingebautes biologisches Computernetzwerk kann Krebszellen erkennen und zerstören. Vielversprechend ist auch eine neue hochpräzise Diagnosemethode für Prosta-takrebs. Y Seiten 19 und 20

    04 – Faszination Forschung: Über 15 000 Besucherinnen und Besucher strömen am Wochenende vom 27./28. August 2011 in die Hauptgebäude der ETH Zürich und der Universität Zürich und lassen sich an der «Scientifica» von der Faszina-tion für Wissenschaft anstecken. Y Seite 40

    05 – Integrierte Risikoforschung: Im neu eröffneten «Risk Center» entwickeln Forschende der ETH Zürich gemeinsam mit der Wirtschaft integrative Forschungs- und Beurteilungs-ansätze für die globalen systemischen Risiken der Zukunft. Y Seite 14

    06 – DEZA-Jubiläum: Die Direktion für Entwicklung und Zu-sammenarbeit (DEZA) feierte 2011 ihr 50-jähriges Bestehen. An der ETH Zürich spricht Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey über die langjährige enge Verbindung zwischen der Hochschule und der DEZA. Y Seite 39

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    Höhepunkte 2011

    07 – Fliegend bauen: Ein ETH-Team zeigt in Orléans (F) die weltweit erste Architekturinstallation, die mit fliegenden Robotern erstellt wird: ein sechs Meter hohes Modell eines futuristischen Hochhauses. Die Performance sorgt inter- national für grosses Aufsehen. Y Seite 21

    08 – Erfolgreiche Spin-offs: 2011 gründen ETH-Angehörige 22 Firmen und bringen damit viel Know-how in die Praxis. Der ETH-Spin-off Dacuda, eines der weltweit innovativsten Unternehmen, lanciert im Sommer seine Scannermaus er-folgreich auf dem Markt. Y Seite 23

    09 – Theorie und Praxis: Die Fokusprojekte bieten angehen-den Ingenieuren Gelegenheit, ihre theoretischen Kennt-nisse in einem eigenen Projekt praktisch umzusetzen. Die Resultate überzeugen – zum Beispiel der schlangenförmige Roboter «Traloc». Y Seite 13

    10 – Vorbildliche Partnerschaft: Die ETH Zürich und das IBM-Forschungslabor Zürich eröffnen ein gemeinsames Nanotechnologie-Zentrum in Rüschlikon. Zur weltweit ein-zigartigen Infrastruktur gehört auch ein 950 m2 grosser Reinraum für die Mikro- und Nanofabrikation. Y Seite 22

    11 – Fokus Welternährung: Mit der Gründung des Kom-petenzzentrums World Food System setzt die ETH Zürich einen neuen Forschungsschwerpunkt. V.l.n.r.: Nina Buch-mann, World Food System, Albert Kesseli, Stiftung Mercator Schweiz, und ETH-Präsident Ralph Eichler. Y Seite 14

    12 – Offene Türen in Basel: Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Departements für Biosysteme am ETH-Standort Basel öffnen ihre Türen und ermöglichen dem interessierten Publikum Einblicke in die vielfältige For-schungsarbeit. Y Seite 40

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    Innovative Instrumente sichern trotz wachsender Studierendenzah-len die hervorragende Qualität der Lehre. In der Forschung kann die ETH Zürich ihre Aktivitäten dank privater Donationen ausbauen. Die kontinuierliche Zusammenarbeit mit der Industrie und die Gründung von neuen Spin-offs sichert den Wissens- und Technologietransfer.

    Kernaufgaben der ETH Zürich

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    Der ETH Zürich ist es bisher gelungen, das starke Wachstum der Studierendenzahlen ohne Qualitätseinbusse aufzufangen. Verschiedene Instrumente sichern den hohen Stand der Lehre und ermöglichen eine kontinuierliche Weiter-entwicklung der einzelnen Studiengänge.

    Die Zahl der Studierenden an der ETH Zürich hat auch 2011 weiter zugenommen: 2560 Männer und Frauen haben im Herbst ihr Bachelorstudium aufgenommen, das sind 4,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Wie schon in den letzten Jah-ren weisen die beiden Studiengänge Maschineningenieur-wissenschaften und Architektur am meisten Neueintritte auf. Hoch im Kurs stehen auch Physik, die Bauingenieur-wissenschaften, Elektrotechnik und Informatik. Auf eine erfreulich grosse Nachfrage stiess der neue Studiengang Gesundheitswissenschaften und Technologie, der mit Blick auf das neue, gleichnamige Departement eingeführt wurde (Y Seite 14).

    Auf der Masterstufe bewegen sich die Studierenden-zahlen weiterhin auf einem hohen Niveau. Wie bereits im Vorjahr haben sich auch 2011 rund 2600 Studentinnen und Studenten, die ihren Bachelor an einer anderen Hochschule erworben haben, um eine Zulassung zum Masterstudium an der ETH Zürich beworben. Davon kommen 85 Prozent aus dem Ausland. Knapp 1000 aller Bewerberinnen und Be-werber sind nach Prüfung der Dossiers zum Studium zuge-lassen worden, rund 600 der Zugelassenen haben das Mas-terstudium an der ETH Zürich angetreten. Eine starke Zu-nahme verzeichnet die ETH Zürich bei den Doktorierenden: Ende 2011 waren 3700 junge Forscherinnen und Forscher im Doktorat eingeschrieben, was gegenüber dem Vorjahr

    Kernaufgaben – Lehre

    Qualität hat Vorrang

    einem Plus von mehr als fünf Prozent entspricht. Insgesamt hat sich die Zahl der Studierenden im Herbstsemester 2011 auf mehr als 17 100 Personen erhöht.

    Bessere Abstimmung der InstrumenteDie wachsenden Studierendenzahlen bringen die ETH Zü-rich zunehmend an ihre Kapazitätsgrenzen. Die Zahl der Studierenden ist seit dem Jahr 2000 bis heute um über 60 Prozent gewachsen, während der Finanzierungsbeitrag des Bundes für die ETH Zürich in der gleichen Zeit teuerungskor-rigiert lediglich um knapp zehn Prozent zugenommen hat. Mit einer Vielzahl von Massnahmen konnte die Hochschule das unterschiedliche Wachstum in den letzten Jahren auf-fangen. Für die Schulleitung ist klar, dass die Möglichkeiten ausgeschöpft sind. In einem Konzeptpapier zuhanden des ETH-Rats machte sie im Herbst 2011 klar, dass bei einem wei-teren Wachstum der Studierendenzahlen die Qualität der Lehre nur mit einer substanziellen Erhöhung der finanziel-len Mittel aufrechterhalten werden kann (Y Seite 47).

    Um die Qualität der Lehre weiterzuentwickeln, hat die ETH Zürich ein System aus verschiedenen Instrumenten etabliert. Dieses System wurde 2011 überprüft. Die einzel-nen Prozesse wurden besser aufeinander abgestimmt. So werden die Ehemaligenbefragungen nun zusammen mit dem Bundesamt für Statistik alle zwei Jahre durchgeführt. Dadurch können die Rückmeldungen der Absolventinnen und Absolventen besser in die Weiterentwicklung der Stu-diengänge einbezogen werden. Im Rahmen eines Pilotver-suchs wurde zudem die Unterrichtsbeurteilung durch die Studierenden neu ausgerichtet. Es kommt ein neuer Frage-bogen zum Einsatz, der den Lehr- und Lernprozess als Ein-heit erfasst und auch die Prüfungen einbezieht. Aufgrund der positiven Erfahrungen wird das neue Verfahren nun schrittweise eingeführt.

    Einen Beitrag zur Transparenz liefert die von der Stelle für internationale institutionelle Angelegenheiten lancier-te «International Knowledge Base». Sie fasst alle Angaben zu den internationalen Beziehungen zusammen. Das neue Instrument soll auch verbesserte Entscheidungsgrundla-gen für die Zulassung zum Masterstudium liefern.

    Innovation und ExzellenzMit dem Innovedum-Fonds der Rektorin unterstützt die ETH Zürich Projekte, die das Lernen und das Lehren nachhaltig verbessern (Y Seite 13). Speziell unterstützt werden Initiati-ven zur optimalen Abstimmung von Lernzielen, Unterrichts-aktivitäten sowie Prüfungen. Gefördert werden auch neue Ansätze für Lehrveranstaltungen sowie Initiativen, welche die Forschung stärker in die Lehre einbeziehen. Für Neue-rungen, die einen ganzen Studiengang betreffen, gibt es

    «Wir brauchen mehr Mittel,um das hohe Niveau der Lehre zu halten.»Heidi Wunderli-Allenspach, Rektorin der ETH Zürich

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    Die Zahl der Studierenden an der ETH Zürich hat auch im Jahr 2011 weiter zugenommen. Dank verschiedener Optimierungsmassnahmen gelang es in den letzten Jahren, das starke Wachstum ohne Qualitätseinbusse aufzufangen.

    das Instrument der Studienganginitiative. Auch die Studie-renden werden stärker in die Entwicklung der Lehre einbe-zogen: Bei dem 2011 erstmals durchgeführten Wettbewerb «Innovate Teaching!» konnten sie Ideen zur Verbesserung der Lehre einreichen.

    Ein wichtiges Anliegen der ETH Zürich ist es, hervor- ragenden Studierenden ein günstiges Umfeld zu bieten. Das «Excellence Scholarship and Opportunity Programme» för-dert besonders begabte Studierende mit einem Leistungs-stipendium. Seit dem Start des Programms im Jahr 2007 ha-ben bereits 114 Studierende aus allen Departementen von einem Stipendium profitiert, rund ein Drittel davon sind Schweizerinnen und Schweizer; 27 von ihnen – darunter elf Frauen – erhielten im September 2011 den Zuspruch. Das Förderprogramm weist eine grosse Internationalität aus, wurden bisher doch Studierende aus 29 Nationen unter-stützt. Finanziert wird es durch private Donatorinnen und Donatoren: Neben namhaften Unternehmen und Stiftun-gen haben auch rund 800 Alumni einen Beitrag geleistet.

    Nachhaltigkeit in der LehreEin besonderes Augenmerk richtet die ETH Zürich auf das Thema Nachhaltigkeit. So befassen sich spezifische Lehr- angebote mit Nachhaltigkeitsthemen. Dazu gehört etwa die Sommerakademie der Koordinationsstelle ETH Sus-

    tainability. Vom 26. Juni bis zum 15. Juli setzten sich 30 Stu-dierende aus 18 Ländern unter dem Titel «Alles nur Müll?» mit dem Themenbereich Abfall, grünes Produktdesign und Stoffkreisläufe auseinander. Eine Gelegenheit, den Kontakt mit Praktikern, Stakeholdern und der Öffentlichkeit zu pfle-gen, erhielten Nachwuchsforschende in der CCES Winter School «Sustainability Science Meets Practice». Diese fand erstmals im Januar und Februar 2011 in Einsiedeln und Män-nedorf statt. Dabei setzten sich 17 Doktorierende und Post-docs kritisch mit den sozialen Implikationen ihrer Arbeit auseinander.

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  • 12 Kernaufgaben – Lehre

    Im Zuge der Umsetzung der Bologna-Reform führte die ETH Zürich auch verschiedene spezialisierte Masterstudiengän-ge ein, die interdisziplinär und departementsübergreifend realisiert werden. Diese stossen bei den Studierenden auf grosse Resonanz, wie der Studiengang «Master in Energy Science and Technology» (MEST) zeigt. Er wird seit 2007 unter der Federführung des Energy Science Center durch-geführt und von den beiden Departementen Informations-technologie und Elektrotechnik sowie Maschinenbau und Verfahrenstechnik getragen. Der Studiengang vermittelt ein breites und fundiertes Wissen zu unterschiedlichsten Energiethemen – etwa zur Stromerzeugung und -vertei-lung, zu erneuerbaren Energien, Transportsystemen, Ge-bäudetechnologien und industriellen Prozessen. Dabei wer-den nicht nur technische Aspekte angesprochen, sondern auch ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Fak-toren. Der MEST ist inzwischen mit rund 50 zugelassenen Studierenden pro Jahr der beliebteste spezialisierte Master-studiengang an der ETH Zürich. Die steigende Zahl von Be-werberinnen und Bewerbern bestätigt, dass die ETH Zürich mit den spezialisierten Studiengängen ein erfolgreiches Angebot geschaffen hat.Y www.master-energy.ethz.ch

    Im Jahr 2001 wechselte das Departement Informationstech-nologie und Elektrotechnik als erstes Departement vom bisherigen Diplomstudium auf das neue Bachelor-Master-System. Damit wurde an der ETH Zürich der Grundstein zur Umsetzung der Bolognareform gelegt. Bereits ein Jahr spä-ter wurden die Bachelorstudiengänge für Maschinenbau und Verfahrenstechnik, Materialwissenschaft, Chemie und Chemieingenieurwissenschaften, Bewegungswissenschaf-ten und Sport sowie ein Studiengang für Berufsoffiziere ein-geführt. In den folgenden Jahren setzten auch die übrigen Departemente die Reform um. Inzwischen bietet die ETH Zürich insgesamt 24 Bachelorstudiengänge sowie 25 konse-kutive und 16 spezialisierte Masterstudiengänge an.

    Die Umstellung aller Lehrpläne auf das neue europa-weit geltende Kreditpunktesystem ECTS forderte allen Be-teiligten viel ab. Die ETH Zürich nahm die anspruchsvolle Reform zum Anlass, ihre Studiengänge formal und inhalt-lich komplett zu überarbeiten. Insbesondere nutzte sie auch die Gelegenheit, verschiedene spezialisierte Studiengänge einzuführen.

    Ein wichtiges Anliegen der europäischen Bolognareform war es, die Mobilität der Studierenden zu erleichtern. Nach-

    dem die Nachfrage nach einem Austauschsemester oder Austauschjahr an der ETH Zürich anfangs rückläufig war, hat sie in den letzten Jahren wieder zugenommen (hori-zontale Mobilität). In Bezug auf die vertikale Mobilität zeigt sich, dass über 90 Prozent der ETH-Bachelorabsolventen ihr Studium an der ETH Zürich fortsetzen. Stark angestiegen ist hingegen die Zahl derjenigen, die mit einem Bachelor einer anderen Universität an der ETH Zürich ihre Master- ausbildung absolvieren möchten.

    Die Einführung der Masterstudiengänge hat an der ETH Zürich zu einer Öffnung der Fachbereiche geführt und die Durchlässigkeit zwischen den Studiengängen verbessert (thematische Mobilität). Dies ist nicht nur auf die neuen, interdisziplinär ausgerichteten Studiengänge zurückzufüh-ren, sondern gilt auch für die konsekutiven Masterstudien-gänge. Es ist davon auszugehen, dass in den kommenden Jahren die Zahl der Mastereintritte, die mit einem Fachrich-tungswechsel verbunden sind, weiter zunehmen wird.Y www.soc.ethz.ch

    Beliebter Energiestudiengang

    Zehn Jahre Bologna an der ETH Zürich

    Der «Master in Energy Science and Technology» vermittelt theoretische Grundlagen und angewandte Aspekte der Energie-forschung.

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    Das Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik hat mit den Fokusprojekten ein Lehrangebot entwickelt, das Theorie und Praxis auf einzigartige Weise miteinander verknüpft. Die Fokusprojekte, die über die ETH Zürich hin-aus Bekanntheit erlangt haben, bieten den angehenden In-genieurinnen und Ingenieuren eine erste praktische Prob-lemstellung. Bachelorstudierende im fünften und sechsten Semester erhalten die Gelegenheit, anstelle des herkömm-lichen Vorlesungsbetriebs selbstständig ein Projekt zu rea-lisieren. Dabei können sie die theoretischen Kenntnisse, die sie in den ersten Studienjahren erworben haben, erstmalig praktisch anwenden und zusätzlich auch Soft Skills erler-nen, die im späteren Berufsleben wichtig sind. Ausgehend von einer Produktidee durchschreiten die Teams, die von Studierenden verschiedener Fachhochschulen unterstützt werden, realitätsnah alle Prozesse der Produktentwicklung: Konzeption, Entwurf, Design, Simulation, Engineering, Pro-duktion und Marketing.

    Bei der Präsentation der diesjährigen Fokusprojekte am 31. Mai 2011 im ETH-Hauptgebäude zeigten die Studieren-den wiederum verschiedene pfiffige Projekte, beispielswei-se einen Basejumpingroboter oder einen solarbetriebenen Sportwagen. Auch der schlangenförmige Roboter «Traloc» sorgte für Aufsehen: Das innovative Gerät kann sich in un-wegsamem Gelände durch Trümmer und Schutt fortbe-wegen. Es soll den Rettungskräften nach einem Erdbeben helfen, vermisste Menschen schneller aufzufinden. Der von den Studierenden entwickelte Prototyp, der dem brei-ten Publikum mit Erfolg an der «Scientifica» (Y Seite 40) vorgestellt wurde, besteht aus fünf zusammenhängenden Elementen, die sich mit Hilfe von Raupen fortbewegen. Die Konstruktion ist auf hohe Belastungen ausgelegt, so dass der Roboter auch Spalten und Stufen überwinden kann. Über ein Kamerabild und ein kleines Modell lässt sich «Tra-loc» von einer sicheren Position aus fernsteuern. Im Laufe des Projekts mussten die Studierenden eine Reihe von tech-nischen Lösungen entwickeln: ein robustes und gleichzeitig flexibles Gelenk, mit dem die einzelnen Teile verbunden sind, einen leistungsfähigen Antrieb sowie zwei unterschiedliche Steuerungskonzepte, mit denen der Schlangenroboter ziel-sicher navigiert werden kann.

    Innovative LehransätzeAuch an anderen Departementen werden Lerneinheiten direkt mit der Forschung verknüpft. Mit dem Innovedum-Fonds der Rektorin fördert die ETH Zürich gezielt solche An-sätze. Übungen und Laboraufgaben werden dabei als kleine Forschungsaufgaben gestaltet, die den ganzen Zyklus von der Hypothesenformulierung bis zur Präsentation abde-cken. Am Departement Umweltwissenschaften besuchten

    beispielsweise Studierende im Rahmen einer Lehrveranstal-tung ausgewählte Bauernhöfe und führten bei diesen eine konkrete Nachhaltigkeitsbeurteilung anhand neuartiger Bewertungsinstrumente durch. Die Ergebnisse wurden di-rekt auf den Betrieben präsentiert und später auch anderen Studierenden zur Verfügung gestellt.

    Y www.ethz.ch/fokusprojekte Y www.innovedum.ethz.ch

    Theorie und Praxis in der Lehre verknüpfen

    Der schlangenförmige Roboter «Traloc» soll nach einem Erdbeben die Suche nach verschütteten Personen erleichtern.

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  • 14 Kernaufgaben – Forschung

    Unter dem Begriff «Nachhaltige Welten» will die ETH Zürich ihre Aktivitäten in den Bereichen Energie, Klima, nachhaltiges Bauen und Welternährung ausbauen. Im Schwerpunkt «Komplexe Systeme» wurde mit der Eröffnung des ETH Risk Center ein Grundstein für integrierte Risikoforschung gelegt.

    Die ETH Zürich hat im September mit der Gründung des Kompetenzzentrums World Food System einen wichtigen Grundstein für die künftige Forschungstätigkeit gelegt. Am World Food System beteiligen sich 31 Professuren aus sechs Departementen der ETH Zürich und der Eawag. Das Kompe-tenzzentrum wird Grundlagen für eine nachhaltige Land-wirtschaft, für die Produktion hochwertiger Nahrungsmittel und die stabile Versorgung einer gesunden Weltbevölkerung erarbeiten. Dabei kooperiert es eng mit Politik, Industrie und Institutionen aus dem In- und Ausland. Dank der Unterstüt-zung privater Donatoren konnten bereits eine neue Profes-sur im Bereich nachhaltige Agrarökosysteme ausgeschrie-ben und ein spezifischer Projektfonds eingerichtet werden. Zudem soll eine Professur für Wasserökonomie geschaffen werden.

    Erweiterung der Bereiche Energie und nachhaltiges BauenAuch in der Energieforschung konnte die ETH Zürich ihre Forschungsanstrengungen weiter verstärken, nicht zuletzt dank der Unterstützung der Industrie. Nachdem in den Jahren 2009 und 2010 im Bereich Energietechnik vier neue Professuren eingerichtet wurden, kamen 2011 zwei weitere Professuren für Elektrochemie sowie Elektrospeicherung hinzu, die im Departement Chemie und angewandte Bio-wissenschaften angesiedelt sind.

    Eine weitere neue Initiative stellte die ETH Zürich am Lo-kaltermin des ETH-Präsidenten Mitte Oktober 2011 vor: Die Hochschule will künftig im Bereich nachhaltiges Bauen vermehrt Akzente setzen. Dazu werden sieben neue Pro-fessuren in den Departementen Architektur, Materialwis-senschaft sowie Bau, Umwelt und Geomatik eingerichtet. Drei dieser neuen Professuren werden durch die ETH Zürich selbst finanziert: je eine Professur für digitale Fabrikation, Holzphysik und Bautechnik. Vier weitere Professuren kön-nen dank Zuwendungen von privaten Partnern eingerich-tet werden, und zwar in den Bereichen nachhaltiges Bauen, urbane Wassersysteme, Architektur und nachhaltige Ge-bäudetechnologien sowie Materialwissenschaft für nach-haltiges Bauen.

    Integrale Betrachtung systemischer RisikenAm 23. Juni wurde – eingebettet in den internationalen Workshop «Coping with Crises in Complex Socio-Economic Systems» – das ETH Risk Center eröffnet. Im neuen Kompe-tenzzentrum entwickeln Forschende der ETH gemeinsam mit der Wirtschaft integrative Forschungs- und Beurtei-lungsansätze für die globalen systemischen Risiken der Zu-kunft. Natur-, Ingenieur- und Sozialwissenschaftler führen ihre fachspezifische Forschung zu einer ganzheitlichen Ri-sikobetrachtung und Modellierung zusammen und entwi-ckeln Vorschläge zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit von gesellschaftlichen Systemen. Das Kompetenzzentrum ist institutionell breit abgestützt und vereint zehn Grün-dungsprofessuren aus fünf Departementen. Auch in die-sem Bereich haben private Donationen geholfen, drei neue Professuren einzurichten sowie strategische Forschungs-projekte aufzubauen.

    Verstärkung der MedizintechnikEin weiterer wichtiger Forschungsbereich ist die Medizin-technik. Bereits heute verfügt die ETH Zürich in diesem Gebiet über breit abgestützte Kompetenzen. Diese wer-den nun im Rahmen der MedTech-Initiative mit sechs wei-teren Professuren ausgebaut. Dank des Engagements von privater Seite konnten einige dieser Professuren bereits besetzt werden. Die Medizintechnik ist auch ein zentraler Bestandteil des neuen Departements Gesundheitswissen-schaften und Technologie, das 2012 den Betrieb aufnimmt und dem auch die Bereiche Bewegungswissenschaften und Sport, Lebensmittelwissenschaften und Ernährung sowie Neurowissenschaften angehören werden. Die beteiligten Professuren haben 2011 eine Reihe von Schwerpunkten de-finiert, die sie in den kommenden vier Jahren bearbeiten werden. Im Vordergrund stehen die Themen Biomaterialien in der Medizin, Gesundheit im Alter, «massgeschneiderte»

    Die Forschung gezielt ausbauen

    «Die ETH Zürich setzt in der Forschung klare Akzente.»Roland Siegwart, Vizepräsident Forschung und Wirtschaftsbeziehungen

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    Lebensmittel und Ernährung, Biomechanik und regenerati-ve Technologien sowie neuronale Steuerung, Plastizität und Rehabilitation.

    Erfolgreiche Partnerschaften im In- und AuslandErfolge kann die ETH Zürich auch auf internationaler Ebe-ne vermelden: Im Rahmen ihres 7. Forschungsrahmen-programms hat die EU Flaggschiffinitiativen im Bereich Future and Emerging Technologies ausgeschrieben. Die sechs aussichtsreichsten Projekte wurden im März 2011 er-mittelt; unter ihnen befinden sich auch zwei Projekte, an denen sich die ETH Zürich als Co-Leader beteiligt: FuturICT und Guardian Angels. Auch bei den begehrten ERC Grants des europäischen Forschungsrats schnitten Forscher der ETH Zürich wieder sehr erfolgreich ab: Fünf Wissenschaft-ler erhielten ein ERC Starting Grant zugesprochen, sieben weitere ein ERC Advanced Grant. Schliesslich erhielten im Frühjahr 2011 sechs Nachwuchsforschende den Zuschlag für eine SNF-Förderungsprofessur an der ETH Zürich. Eine Neuerung gibt es bei den ETH Zurich Postdoctoral Fellow-ships, die jedes Jahr an rund 24 Postdocs verliehen werden. Bis 2014 wird das Programm im Rahmen von COFUND zu 40 Prozent von der EU kofinanziert.

    Neue Impulse für die Forschung ergeben sich schliess-lich auch durch spezifische Kooperationen: So haben die

    ETH Zürich und das IBM-Forschungslabor Zürich am 17. Mai ein gemeinsames Nanotechnologie-Zentrum in Rüschlikon eröffnet. Und mit dem «BeingThere Center», das mit 18 Mil-lion US-Dollar gefördert wird, erforscht die ETH Zürich zu-sammen mit der Nanyang Technological University in Sin-gapur und der University of North Carolina at Chapel Hill ganz neue Konzepte und Technologien in der Telepräsenz. Dabei wird das ETH-Institut für Visual Computing sich auf die Entwicklung eines robotisierten mobilen Displays kon-zentrieren, mit dem die Illusion einer im Raum anwesenden Person erzeugt werden kann.Y www.ethz.ch/world_food_systemY www.riskcenter.ethz.chY www.hest.ethz.chY www.cs.unc.edu/cms/research/research-groups/being-there

    Die ETH Zürich verfügt im Bereich Medizinaltechnik über breite Kompetenzen. So haben ETH-Ingenieure massgeblich an der Entwicklung des Therapieroboters «ARMin» mitgearbeitet, mit dem die Rehabilitation von Schlaganfallpatienten unterstützt wird.

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  • 16 Kernaufgaben – Forschung

    In der Schweiz wird es infolge des Klimawandels voraussicht-lich deutlich wärmer und im Sommer trockener werden. Das zeigen neue Klimaszenarien, die Forschende der ETH Zürich und MeteoSchweiz in ihrem Bericht «Swiss Climate Change Scenarios» im September 2011 veröffentlicht haben.

    Die neuen Resultate stimmen weitgehend mit den frü-her publizierten Szenarien aus dem Bericht des OcCC (Bera-tendes Organ für Fragen der Klimaänderung) aus dem Jahr 2007 überein. Darin werden die wichtigsten Ergebnisse des 4. Wissensstandsberichts des IPCC (Intergovernmental Pa-nel on Climate Change) mit ihrem Bezug zur Schweiz prä-sentiert. Doch im Unterschied dazu standen den Forschern für den 2011er-Bericht neue Klimasimulationen und verbes-serte statistische Verfahren zur Verfügung. Mit deren Hilfe konnten sie insbesondere die Unsicherheiten genauer ab-schätzen und quantifizieren.

    So flossen 2007 noch Modelle mit einer Auflösung von 50 bis 100 Kilometern in den Bericht ein. Nun konnten die Forscher Daten aus Modellen mit einem Gitterabstand von nur 25 Kilometern berücksichtigen. Ausserdem unterschei-den sie im aktuellen Bericht drei verschiedene Emissions-szenarien – darunter ein neues, so genanntes Interventions-szenario, das eine Halbierung der globalen Treibhausgas-emissionen bis 2050 vorgibt. Damit konnten die Forscher erstmals sichtbar machen, wie sich die globale Klimapolitik auf das Klima in der Schweiz auswirken wird.

    Hitzewellen und mehr RegenDanach werden sich die Auswirkungen von Hitzewellen und Dürren in der Schweiz am stärksten im Tessin manifestieren. Die Szenarien zeigen weiterhin signifikante Veränderun-gen bei den Niederschlägen, wobei insbesondere der Re-gen auf Kosten des Schneefalls zunehmen wird. Vor allem in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts wird sich der Klima-wandel laut den Prognosen in immer mehr Klimavariablen, wie etwa den mittleren Temperaturen und Niederschlägen, klar abzeichnen. Selbst wenn es gelänge, den globalen Treib-hausgasausstoss bis 2050 gegenüber 2000 zu halbieren, wird sich das Schweizer Klima bis dahin gegenüber dem Zeitraum zwischen 1980 und 2009 um 1,2 bis 1,8 Grad Cel-sius erwärmen.

    Für ihre aufwändigen Simulationen – sie dauerten 20 Wochen und produzierten 9,5 Terabyte Daten – nutzten die Wissenschaftler die Supercomputer am CSCS, dem nationa-len Hochleistungsrechenzentrum der Schweiz.

    Darüber hinaus arbeiten die Klimaforscher mit den CSCS-Spezialisten im Projekt HP2C (High Performance and High Productivity Computing) zusammen. Dank die-ser Kooperation gehört das Schweizer Forscherteam zu einer der ersten Klimagruppen weltweit, die ihre Compu-

    tercodes und Algorithmen an die künftigen Rechnerarchi-tekturen anpassen.

    Für den neuen Bericht «Swiss Climate Change Sce- narios» kooperierten die beteiligten Forscher im Rahmen des Kompetenzzentrums Center for Climate Systems Mode-ling (C2SM), einer an der ETH Zürich basierten Forschungs-einrichtung, an der neben ETH und MeteoSchweiz auch die Forschungsanstalten Empa und Agroscope Reckenholz- Tänikon (ART) beteiligt sind. Weitere Partner, die an dem Bericht mitgewirkt haben, sind der Nationale Forschungs-schwerpunkt Klima (NCCR Climate) und das Beratende Organ für Fragen der Klimaänderung (OcCC).Y www.ch2011.ch

    Neue Klimaszenarien präsentiert

    Keine guten Aussichten für schmelzende Gletscher: Laut den neuen Klimaszenarien wird es in der Schweiz deutlich wärmer werden.

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  • 17

    Einem Forschungsteam der ETH Zürich, des Paul Scherrer Instituts (PSI) und des California Institute of Technology ist es gelungen, aus Wasser und Kohlendioxid solare Treibstof-fe zu erzeugen. Dazu haben die Forscher einen neuartigen Reaktor entwickelt, in dem konzentrierte Sonnenstrahlung ein stabiles und schnelles thermochemisches Verfahren an-treibt, das Wasser (H2O) und Kohlendioxid (CO2) in ein Ge-misch von Wasserstoff (H2) und Kohlenmonoxid (CO) um-wandelt. Dieses «Syngas» ist eine Vorstufe von flüssigen Treibstoffen.

    Der Reaktor besteht aus einem Hohlraumreceiver, der einen porösen, monolithischen Ceriumoxidzylinder enthält. Die konzentrierte Solarenergie hat eine Strahlungsintensi-tät, die der Kraft von 1500 Sonnen entspricht und wird vom Ceriumoxid direkt und effizient absorbiert. Im ersten Schritt des zweistufigen chemischen Prozesses gibt Ceriumoxid mit Hilfe von konzentrierter Sonnenstrahlung bei einer Temperatur von 1500 Grad Celsius Sauerstoffatome aus der Struktur ab. Im zweiten Schritt lässt man das Material bei etwa 900 Grad Celsius mit Wasserdampf und CO2 reagieren. Dabei werden die Wasser- und CO2-Moleküle aufgebrochen. Die freiwerdenden Sauerstoffatome werden so in die Mate-rialstruktur von Ceriumoxid integriert, dass es in seine Aus-gangsform zurückkehrt und der Prozess erneut beginnen kann. Übrig bleibt das erwünschte «Syngas».

    Der Umwandlungswirkungsgrad von Sonnenenergie in Treibstoff eines 2-kW-Reaktor-Prototyps betrug 0,8 Prozent. Thermodynamische Analysen zeigen, dass Wirkungsgrade von bis zu 19 Prozent erreicht werden können. Zurzeit ist das Forschungsteam um Aldo Steinfeld, Professor für erneuer-bare Energieträger an der ETH Zürich und Leiter des Labors für Solartechnik am PSI, daran, mit Hilfe numerischer Strö-mungsmechanik und Wärmeübertragungs-Simulationen

    Forschern um ETH-Professor Colombo Bolognesi ist gemein-sam mit französischen Kollegen ein weiterer Miniaturisie-rungsschritt in der Leistungselektronik gelungen. Sie haben erstmals Hochgeschwindigkeitstransistoren aus Gallium-nitrid hergestellt, das auf einem Substrat aus (110)-Silizium gewachsen ist. Diese Transistoren sind kompatibel mit gän-gigen Metalloxid-Halbleiterchips (CMOS), die auf Silizium mit derselben Kristallorientierung basieren.

    Bisher konnte Galliumnitrid nur auf Saphir oder Sili-ziumcarbid als Trägermaterial verwendet werden. Das ist wesentlich teurer als reines Silizium und ermöglicht zudem nur die Herstellung von kleineren Substratscheiben.

    den Solarreaktor so zu optimieren, so dass er auch in gros-sem Massstab – im Megawattbereich – in Solarturmanlagen eingesetzt werden kann.

    Für die bahnbrechende Entwicklung des neuartigen Re-aktors erhielt Aldo Steinfeld 2011 den «Golden Idea Award» der Schweizerischen Gesellschaft für Ideen und Innova-tionsmanagement «Idée Suisse».Y www.pre.ethz.ch

    Mit der neuen Herstellungsmethode wird die Galliumnitrid- technologie nicht nur profitabler, sondern mit ihr könnten fortan auch Transistoren entwickelt werden, die schnel-ler, hitzeresistenter und energieeffizienter sind. So erträgt Galliumnitrid Temperaturen von bis zu 1000 Grad Celsius, was das Material zum Beispiel für den Bau von Sensoren in Automotoren interessant macht. Auch zeigten die Forscher, dass Galliumnitrid-Silizium-Transistoren Frequenzen von bis zu 205 Gigahertz zulassen. Das ist mehr als genug, um Handys, Computer und die Leistungselektronik schneller, sparsamer und kleiner zu machen.Y www.mwe.ee.ethz.ch

    Benzin aus Wasser, CO2 und Sonnenlicht

    Neue Transistoren entwickelt

    Mit konzentrierter Sonnenstrahlung kann der neuartige Reaktor Treibstoff aus Wasser und Kohlendioxid erzeugen.

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  • 18 Kernaufgaben – Forschung

    Licht reguliert Gen-Netzwerk 01Forscher um ETH-Professor Martin Fussenegger vom De-partement Biosysteme (D-BSSE) haben einen biologischen Schaltkreis in menschlichen Zellen konstruiert, mit dem sich Gene durch blaues Licht gezielt anschalten und regulieren lassen. Dadurch produzieren diese ein Hormon, das die Insu-linproduktion kontrollieren und den Blutzuckerspiegel wie-der ins Gleichgewicht bringen kann. Dieser «Gen-Lichtschal-ter» ermöglicht somit Therapien, die unter anderem bei Diabetes Typ 2 zum Einsatz kommen könnten.

    Der Sensor, mit dem die Wissenschaftler das Netzwerk anschalten, besteht aus Melanopsin, einem Protein, das in der Netzhaut des menschlichen Auges vorkommt und unter dem

    Einfluss von blauem Licht seine Form verändert. Dadurch wird normalerweise eine Signalkaskade in Gang gesetzt, die den Tag-Nacht-Rhythmus beeinflusst. Die Wissenschaftler haben diesen Vorgang jedoch neu verschaltet: mit einem Signalweg, der bei der Immunregulation eine wichtige Rolle spielt.

    Dadurch entsteht unter Blaulicht das Hormon GLP-1, das ähnlich wie manche Diabetesmedikamente die Insulinpro-duktion anregt. Bei diabetischen Mäusen hat die Methode bereits funktioniert. Martin Fussenegger kann sich vorstel-len, dass die GLP-1-Gentherapie in Zukunft die klassische In-jektion von Insulin bei Diabetikern ersetzen wird.Y www.bsse.ethz.ch/research

    Neue Möglichkeiten für Materialforschung 02ETH-Wissenschaftlern ist es gelungen, ein zentrales Problem in der Materialforschung zu lösen. Sie kombinierten ein Ver-fahren aus der Biologie, die so genannte Gefrierätztechnik, mit Elektronenmikroskopie, um damit erstmals die Benet-zungseigenschaften einzelner Nanopartikel, das heisst Teil-chen, die bis zu 5000-mal kleiner als der Durchmesser eines Menschenhaars sind, direkt zu messen. Konkret bestimmten sie den Kontaktwinkel eines nur zehn Nanometer grossen Teilchens an der Grenzfläche zweier Flüssigkeiten. Diesen Kontaktwinkel zu kennen ist essenziell für die Herstellung neuer Materialien, etwa für Salben oder Cremes – also Emulsionen, in denen Öl und Wasser zusammen verarbeitet

    werden. Denn über den Kontaktwinkel können die Wissen-schaftler die Eigenschaften des Nanopartikels und die Struk-tur des Materials ableiten, um dann Materialien mit genau den gewünschten Eigenschaften herzustellen.

    Für ihre Forschung bringen die Materialwissenschaftler eine ölige und eine wässrige Phase in Kontakt. Auf diese flüs-sige Grenzfläche bringen sie wasserliebende und fettlieben-de Nanopartikel auf. Je tiefer die Partikel ins Wasser eintau-chen, desto kleiner ist der Kontaktwinkel. Mit Hilfe des Elek-tronenmikroskops ist es nun möglich, diesen Winkel für bis zu hundertmal kleinere Teilchen direkt zu messen.Y www.surface.mat.ethz.ch

    Strom gegen Bakterien 03Mit einer neuen Methode könnten Zahnmediziner schäd-liche Bakterien an Zahnimplantaten schon bald wirksam bekämpfen – und zwar mit Strom. Schon wenige Milli- ampère, die der Patient je nach Sensibilität und Stromstär-ke gar nicht oder nur als leichte Muskelkontraktion wahr-nimmt, reichen aus, um die Bakterien abzutöten. Das zeigen Experimente, die Dirk Mohn im Rahmen seiner Doktorarbeit bei ETH-Professor Wendelin Stark vom Institut für Chemie- und Bioingenieurwissenschaften in Zusammenarbeit mit Thomas Imfeld, Professor am Zentrum für Zahnmedizin der Universität Zürich, durchgeführt hat.

    In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der eingesetzten Zahnimplantate in Europa und den USA verdoppelt. Dabei treten bei rund zehn Prozent der Patienten Probleme auf, meist im ersten Jahr nach dem Eingriff: Das Implantat heilt erst gar nicht im Knochen ein oder das umliegende Gewebe infiziert sich. Eine Infektion kann schliesslich zu Knochen-schwund führen und dazu, dass das Implantat wieder ent-fernt werden muss.

    Ziel der Forscher war es, ein nichtinvasives Verfahren zu entwickeln, um solche Entzündungen effizient und scho-nend zu behandeln.Y www.fml.ethz.ch

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  • 19

    Forschern ist es gelungen, ein biologisches Computernetz-werk in menschliche Zellen einzubauen, das Krebszellen er-kennt und zerstört. ETH-Professor Yaakov Benenson, Profes-sor für Synthetische Biologie an der ETH Zürich, entwickelte zusammen mit seinem Forscherkollegen Ron Weiss vom Massachusetts Institute of Technology einen Schaltkreis aus verschiedenen Genen, dessen Aufgabe es ist, im In-nern einer menschlichen Zelle Gesundheitsinformationen zu sammeln und gleich auch eine Behandlung einzuleiten. Der «Biorechner» soll zwischen Krebszellen und gesunden Zellen unterscheiden können und bei entarteten Zellen den Zelltod einleiten. Er tritt in Aktion, wenn im Inneren der Zel-le fünf krebsspezifische Faktoren in ausreichender Konzen-tration vorhanden sind.

    Die Forscher testeten das Gen-Netzwerk in Krebszellen aus dem Gebärmutterhals und in gesunden Zellen. Zuerst mussten sie herausfinden, welche Kombination von Signal-molekülen für Krebszellen spezifisch genug sind, um die Zer-störung gesunder Zellen auszuschliessen. Schwierig dabei war, dass es im menschlichen Körper ungefähr 250 verschie-dene Zelltypen und unzählige Varianten von Krebszellen gibt. Der jetzt entwickelte Zellcomputer kann fünf Faktoren miteinander verknüpfen und daraus die richtige Diagno-se stellen. Dies ist ein wichtiger Schritt zu einer funktiona-len Behandlungsmethode von Krebspatienten. Der Versuch

    Ein Forscherteam hat gemeinsam mit der Firma Roche einen bisher unbekannten Mechanismus aufgedeckt, der die Insulin produzierenden Betazellen negativ beeinflusst. Es ist Ihnen gelungen, diesen zu hemmen und so die Betazellen zur Ver-mehrung anzuregen. So könnte Diabetes bekämpft werden.

    Die entscheidende Rolle spielt dabei das Enzym Bace2. Im Gegensatz zu seinem nahen Verwandten Bace1 – der Pro-tease, die zur Alzheimerkrankheit beiträgt – wusste man von Bace2 bisher nur, dass es zu dieser Erkrankung keinen Beitrag leistet, da es in Nervenzellen kaum vorhanden ist.

    Nun haben Wissenschaftler um ETH-Professor Markus Stoffel herausgefunden, dass Bace2 hauptsächlich in den Insulin produzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse vorkommt und dort die Teilung dieses Zelltyps hemmt, was letztlich die Insulinproduktion vermindert. Die Folge: Die Zu-ckeraufnahme in Zellen wird gestört, es kommt zu Diabetes.

    Wie Bace1 ist auch Bace2 ein Schneidewerkzeug, eine so genannte Membranprotease. Sie ist in die Membran ein-gebettet und schneidet Zelloberflächenmoleküle, die sie dadurch inaktiviert. Als möglicherweise wichtigstes Subst-

    Benensons ist der erste seiner Art an lebenden Zellen. In einem nächsten Schritt will er den Zellcomputer an einem geeigneten Tiermodell testen.Y www.bsse.ethz.ch/synbio

    rat von Bace2 bestimmte die Forschungsgruppe das wachs-tumsstimulierende Protein Tmem27. Wird dieses aufgrund der Aktivität von Bace2 vermindert, können sich die Beta-zellen weniger schnell oder gar nicht mehr vermehren. Das heisst, je inaktiver Bace2 ist, desto stärker teilen sich die Be-tazellen. Und tatsächlich: In genetisch veränderten Mäusen, denen aktives Bace2 fehlt, fanden die Forscher mehr Tmem27 in den Membranen der Betazellen. Die Mäuse verfügten zu-dem über mehr Betazellen, die auch mehr Insulin ausschüt-teten. Zugleich fanden die Wissenschaftler einen Weg, um aktives Bace2 zu hemmen. Sie entdeckten in der Substanz- bibliothek der Firma Roche einen spezifischen Inhibitor für diese Protease. Diese Substanz verabreichten sie diabetischen Mäusen, woraufhin sich deren Betazellen vermehrten und sich der Zuckerhaushalt der Tiere verbesserte – ein Zeichen dafür, dass die neu entstandenen Zellen tatsächlich Insulin produzierten. Da Bace2 und Tmem27 auch in der menschli-chen Betazelle vorkommen, könnten womöglich auch Diabe-tiker eines Tages von der Bace2-Hemmung profitieren.Y www.imsb.ethz.ch

    «Biorechner» gegen Krebszellen

    Hoffnung für Diabetiker

    Das Schaltschema des Zellcomputers. Stimmen fünf krebs- spezifische Faktoren überein, wird die Zelle zerstört.

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  • 20 Kernaufgaben – Forschung

    Forscher unter der Leitung von Nenad Ban, Professor für Strukturbiologie an der ETH Zürich, haben die Form der grösseren von zwei Untereinheiten des Ribosoms höhe-rer Organismen aufgeklärt. Das wird es Wissenschaftlern nicht nur ermöglichen, die Funktion dieser zellulären «Pro-teinfabrik» besser zu verstehen, sondern auch, neue Medi-kamente wie etwa Antibiotika zu entwickeln.

    Die zelluläre Maschine, die die Erbinformation Stück für Stück abliest und darauf basierend Eiweisse herstellt, das so genannte Ribosom, ist eines der komplexesten Enzyme, das es in der Biologie gibt. Es besteht aus zwei Untereinheiten, die ihrerseits aus mehreren Dutzend Proteinen und weite-ren Molekülen zusammengesetzt sind. Vor einem Jahr ha-ben Nenad Ban und sein Team bereits die dreidimensionale Struktur der kleineren der beiden Untereinheiten bei einem höheren Organismus entschlüsselt, die so genannte 40S-Untereinheit. Nun doppelten sie nach und veröffentlichten die Form der grösseren 60S-Untereinheit.

    Diese Struktur klärten die Forscher beim einzelligen Wimperntierchen Tetrahymena thermophila auf. Die Ribo-somenuntereinheit des Wimperntierchens ist jener von an-deren höheren Lebewesen ähnlich, darunter auch der des Menschen.Y www.mol.biol.ethz.ch

    Eine interdisziplinäre Gruppe von Wissenschaftlern der ETH Zürich, des Universitätsspitals Zürich und des Kantonsspitals St. Gallen hat in fünfjähriger Forschungsarbeit eine hochprä-zise Diagnosemethode für Prostatakrebs entwickelt. Sollte sich die neue Methode in weiteren klinischen Tests als wirk-sam bestätigen, wäre dies ein enormer Fortschritt. Denn heu-tige Diagnoseverfahren für Prostatakrebs, die Tumor-Antige-ne im Blut nachweisen, liefern oftmals falsche Resultate. Das ist nicht nur teuer; die Patienten müssen sich auch mitunter schmerzhaften und unnötigen Biopsien unterziehen.

    Mit ihrer Arbeit liefern die Forscher zugleich eine gene-rell anwendbare Methode zur Identifikation von so genann-ten Biomarkern, das sind charakteristische, objektiv mess- bare Merkmale, wie zum Beispiel Proteine, die auf einen krankhaften Prozess im Körper hinweisen können. Damit lies-sen sich auch andere Krebsarten frühzeitig diagnostizieren, verändert sich doch bei der Entstehung von Krebs auch das Proteinmuster im betroffenen Organ. Da ungefähr 20 Prozent der Oberflächenproteine bestimmter Gewebe, so auch der Prostata, abgespalten und im Blutserum nachgewiesen wer-den können, stellt die Detektion eines solchen für die Krank-

    heit spezifischen Proteinmusters eine zuverlässige Diagnose-methode dar. Das jeweilige Biomarkermuster enthält zudem Informationen über die Art des Tumors, wodurch eine indivi-duellere Therapie des Patienten möglich würde.

    Mit Hilfe einer im Mausmodell erstellten Liste von spe-zifischen Prostataproteinen identifizierte das Forscherteam 39 entsprechende Proteine im Menschen. Daraus ermittel-ten Informatiker jene vier Proteine, mit denen die zuverläs-sigste Diagnose gestellt werden kann. Anhand dieses Bio-markermusters untersuchten die Wissenschaftler sodann eine Gruppe von Patienten, deren Blut noch nie zuvor analy-siert worden war – und konnten mit Präzision, Stabilität und Reproduzierbarkeit voraussagen, ob diese an Prostatakrebs erkrankt waren.

    Das Verfahren soll nun in grösseren klinischen Studien überprüft werden. Die Weiterentwicklung des vielverspre-chenden Projekts übernimmt der ETH Spin-off Proteomedix AG, der zurzeit an einem Diagnosekit arbeitet.Y www.cell.biol.ethz.chY www.ccspmd.ethz.chY www.proteomedix.ch

    Zentraler Enzymkomplex im Detail entschlüsselt

    Präzise Krebsdiagnose

    Von ETH-Forschern erstmals entschlüsselt: die Untereinheit des Ribosoms eines höheren Organismus.

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  • 21

    Eine Gruppe von Wissenschaftlern um Fabio Gramazio und Matthias Kohler von der Professur Architektur und digita-le Fabrikation sowie Raffaello D'Andrea, Professor am Ins-titut für dynamische Systeme und Regelungstechnik, hat Ende 2011 mit einer Aktion im Fond régional d'art contem-porain (Frac) Center in Orléans für Aufsehen gesorgt: Das ETH-Team zeigte in der Ausstellungshalle die weltweit ers-te Architekturinstallation, die mit fliegenden Robotern er-stellt wurde. In einer zwölfstündigen, über drei Tage verteil-ten Performance konnten die Besucherinnen und Besucher live miterleben, wie die autonom fliegenden «Quadrocop-ter» eine sechs Meter hohe Struktur aus 1500 ziegelförmi-gen Schaumstoffformteilen aufbauten. Das Projekt «Flight Assembled Architecture» steht für eine architektonische Vision, die mit einer Wohnfläche für über 30 000 Einwoh-ner und einer Höhe von über 600 Metern einen urbanen Massstab annimmt und damit einen Ausblick auf künfti-ge Siedlungsstrukturen gibt. Der Performance in Orléans gingen mehrjährige Vorbereitungen voraus. So musste den Flugrobotern beispielsweise in aufwändiger Arbeit «bei-gebracht» werden, wie sie auf engem Raum die einzelnen Bauteile an ihren vorgesehenen Ort absetzen können, ohne dass sie dabei miteinander kollidieren.Y www.ethz.ch/quadrocopter

    Hans Jakob Wörner vom Laboratorium für Physikalische Chemie der ETH Zürich ist es gemeinsam mit Forschern aus Frankreich und Kanada erstmals gelungen, die Bewegung von Elektronen während einer chemischen Reaktion kom-plett sichtbar zu machen. Die Erkenntnisse aus dem Experi-ment sind grundlegend für die Photochemie und könnten dabei helfen, Solarzellen effektiver zu machen oder eines Ta-ges künstliche Photosynthese zu ermöglichen.

    Die Wissenschaftler bestrahlten Stickstoffdioxid (NO2) mit einem sehr kurzen ultravioletten Laserpuls. Das Molekül nimmt die Energie, die in diesem Puls enthalten ist, auf und versetzt die Elektronen in Bewegung. Diese beginnen dar-aufhin, sich anders zu verteilen, wobei die Elektronenwolke für kurze Zeit in zwei unterschiedlichen Formen vorliegen kann. Dann gerät das Molekül in Schwingung und zerfällt schliesslich in Stickstoffmonoxid und ein Sauerstoffatom.

    Wörner und seine Kollegen verwendeten einen zwei-ten Laserpuls, um ein Elektron aus NO2 zu entfernen, zu be-schleunigen und wieder ins Molekül zurückzuführen. Dabei emittiert das Elektron Licht in Form eines Attosekunden-pulses (1 Attosekunde = 10-18 Sekunden), dessen Messung

    detaillierte Informationen über die Elektronenverteilung und deren zeitliche Entwicklung liefert. Diese Informatio-nen offenbaren Details chemischer Reaktionsmechanismen, die bisher nicht erfasst werden konnten. Das Experiment hilft dabei, fundamentale Vorgänge in Molekülen besser zu verstehen und ist eine ideale Ergänzung zu Computersimu-lationen photochemischer Prozesse.

    Interessant ist, dass im NO2-Molekül zwei Zustände der Elektronen dieselbe Energie haben können – man spricht von einer konischen Überschneidung. Diese ist zentral für die Photochemie und tritt in der Natur häufig bei chemi-schen Prozessen auf, die durch Licht ausgelöst werden. Da-bei funktioniert sie wie eine Art Kippschalter: Trifft zum Beispiel Licht auf die Netzhaut, geraten auch dort die Elek-tronen in Bewegung und die Netzhautmoleküle «klappen» um, was letztlich die Information des Lichts in elektrische Informationen für das Hirn umwandelt. Das Besondere an konischen Überschneidungen ist, dass die Elektronenbewe-gung sehr effizient in eine Bewegung der Atome übergeht. Y www.atto.ethz.ch

    Roboter bauen futuristisches Hochhaus

    Elektronen im Molekül beobachtet

    Mit autonom fliegenden Robotern baute das ETH-Team in Orléans ein Modell eines futuristischen Hochhauses auf.

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  • 22 Kernaufgaben – Wissens- und Technologietransfer

    Die ETH Zürich hat die Beziehungen zur Industrie weiter ausgebaut. Eine beispielhafte Public-Private-Partnerschaft ging sie mit der Realisierung eines neuen Forschungszentrums für Nanotechnologie in Rüschlikon ein.

    Im Beisein von Bundesrat Didier Burkhalter und 600 weite-ren Gästen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik haben IBM Research Zürich und die ETH Zürich am 18. Mai 2011 das «Binnig und Rohrer Nanotechnology Center» in Rüschlikon eröffnet. Das neue Forschungszentrum bietet auf rund 6500 m2 eine Forschungsumgebung auf dem neuesten Stand der Technik. Kernstück ist ein 950 m2 grosser Reinraum für die Mikro- und Nanofabrikation. Dazu kommen so genannte Noise-free-Labs für extrem empfindliche Messungen. Die ETH Zürich hat im neuen Zentrum für mindestens zehn Jah-re drei Forschungsgruppen fest untergebracht.

    Vertiefte ZusammenarbeitDas neue Zentrum ist eine beispielhafte Public-Private-Part-nership: Die beiden Partner erweitern damit nicht nur ihre Infrastruktur, sondern vertiefen auch die Zusammenarbeit. Die Wissenschaftler entwickeln beispielsweise neuartige Schaltelemente für Computerprozessoren und Speicher oder forschen an Materialien, die den Bau energiesparsamer Rechner ermöglichen. Auf der Forschungsagenda stehen auch Mikro- und Nanosysteme, kohlenstoffbasierte elek-tronische Bauteile, funktionale Materialien und die optische Datenkommunikation.

    Auch im Rahmen der strategischen Initiativen pflegt die ETH Zürich intensive Kontakte mit der Industrie. In en-ger Zusammenarbeit mit der ETH Zürich Foundation will die ETH Zürich mit diesen Initiativen Unternehmen, Institutio-nen und private Donatoren als Partner gewinnen, um den Ausbau der entsprechenden Gebiete zu beschleunigen. Bei verschiedenen Initiativen wurden inzwischen so genannte Partnership Councils eingerichtet, um so den Kontakt zwi-schen den involvierten Partnerfirmen und den ETH-For-schenden zu vertiefen. Erste Treffen solcher Councils fan-den im Herbst bei den Initiativen World Food System und Integratives Risikomanagement statt; bei der elektrischen Energie-Initiative traf sich das Partnership Council bereits mehrmals zum Gedankenaustausch.

    Unterstützung für JungunternehmerNach wie vor ein wichtiges Element für den Wissens- und Technologietransfer in die Praxis sind Spin-off-Firmen, die aus der ETH Zürich hervorgehen. Auch im Jahr 2011 wurden

    wieder erfreulich viele Unternehmen gegründet. Von den insgesamt 22 neuen Spin-offs sind fünf Firmen im Sektor Informations- und Kommunikationstechnik tätig, sieben im Dienstleistungs- oder Beratungsbereich, drei im Maschi-nenbau sowie je zwei in den Bereichen medizinische Geräte und Elektrotechnik. In den letzten fünf Jahren wurden von ETH-Forschenden somit 110 Jungunternehmen gegründet.

    Um Studierende und Forschende auf ihrem Weg zum eigenen Unternehmen noch besser zu unterstützen, hat die ETH Zürich das Förderinstrument «Pioneer Fellowships» ein-gerichtet. Damit soll die Umsetzung von neuen Erkenntnis-sen der Grundlagenforschung in Marktideen beschleunigt werden. Angesprochen werden junge Wissenschaftler mit Unternehmergeist, die potenziell interessante Erkenntnisse gewonnen haben, diese jedoch für eine konkrete Umsetzung noch zu wenig ausgereift sind. Bisher gab es kein Förderins-trument, um diese Lücke zu überbrücken. Während 2010 ins-gesamt fünf Projektideen unterstützt wurden, erhielten 2011 sieben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein Sti-pendium zugesprochen. Damit können die Forschenden nun über einen Zeitraum von 18 Monaten hinweg ihre Ideen kon-kretisieren. Nach einer Anschubfinanzierung durch die ETH Zürich soll auch diese Form der Talentförderung langfristig über private Zuwendungen finanziert werden.

    Die ETH Zürich unterstützt junge Unternehmer nicht nur bei der Firmengründung, sondern will sie auch stärker miteinander vernetzten. Die Hochschule lud daher im Sep-tember alle Spin-offs und Pioneer Fellows zu einem «Home-coming Day» an ihre Alma Mater ein. Nahmen beim ersten Anlass im Vorjahr rund 80 Firmen teil, trafen sich 2011 be-reits 130 Spin-off-Gründer mit ihren Kolleginnen und Kolle-gen zum Erfahrungsaustausch.Y www.transfer.ethz.ch

    Erfolgreiche Partnerschaften mit der Industrie

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    Ein Musterbeispiel für eine erfolgreiche Public-Private-Partnership: Im Mai eröffneten die ETH Zürich und IBM Research Zürich in Rüschlikon ein gemeinsames Forschungszentrum für Nanotechnologie, das Forschung an den Grenzen des technisch Machbaren ermöglicht.

    Erfolgreiche ETH-Spin-offs

    Im August hat Bundesrat Johann Schneider-Ammann die ersten drei KTI-Innovationsvouchers im Bereich Life Sciences vergeben, mit denen Start-up-Firmen und KMU finanziell unterstützt werden. Zwei der drei ausgezeich-neten Unternehmen stammen aus dem Umfeld der ETH Zürich: Der Spin-off Philochem entwickelt innovati-ve Methoden, um antikörperbasierte Medikamente für die Krebstherapie herzustellen; die Firma Compliant Concept, ein Start-up der ETH Zürich und der Empa, entwickelt ein neuartiges Bett, das Patienten automa-tisch umlagert.

    Bereits zum dritten Mal hat die europäische Inno-vationsplattform «Science Business» die «Academic Enterprise Awards Europe» verliehen. Zwei der fünf verliehenen ACES-Awards gingen an die beiden ETH-Spin-offs Mirasense und Dybuster. Mirasense hat eine Applikation für Handys entwickelt, die Barcodes von Produkten einscannt und innerhalb von Sekunden

    zusätzliche Informationen liefert. Dybuster entwickelt eine Therapiesoftware, welche die Rechtschreibeleis-tung von Legasthenikern verbessert.

    Einen wichtigen Meilenstein konnte der Spin-off Dacuda vermelden: Die Jungfirma hat mit LG Electro-nics einen mehrjährigen Vertrag abgeschlossen. Der Elektronikgigant hat im Sommer 2011 die Scanmaus von Dacuda lanciert und will nun eine ganze Produkt-familie, basierend auf dieser Technologie, entwickeln.

    Als Erfolg zu werten ist auch der Verkauf des Spin-offs Procedural, der Software für die Animation von Gebäuden und Städten entwickelt. Der kalifornische Softwaregigant ESRI (Environmental Systems Reserach Institute) möchte mit dem Kauf von Procedural den Standort Zürich zu einem führenden Forschungs- und Entwicklungszentrum im Gebiet Urban Design und 3D-Visualisierungen machen.

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    Mit Neubauten begegnet die ETH Zürich dem wachsenden Bedarf an Infrastruktur und Personal. Steigende Drittmittel erfordern langfristige Lösungen im Bereich Finanzen und Controlling. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen dient nicht nur der Umwelt, sondern ermöglicht auch finanzielle Einsparungen.

    Die ETH Zürich als Unternehmen

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  • 26 Unternehmen – Infrastruktur

    Die ETH Zürich ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Damit hat auch der Raumbedarf entsprechend zugenommen. Mit verschiedenen Neubauten an den beiden Standorten Zentrum und Hönggerberg will die Hochschule das Problem entschärfen.

    Das kontinuierliche Wachstum der ETH Zürich wirkt sich auch auf den Immobilienbedarf und die Immobilienpla-nung der Hochschule aus. In den kommenden Jahren wird die ETH Zürich gemäss ihrer Strategie 2012–2016 rund eine Milliarde Franken in Gebäude investieren, damit sie den dringend benötigten Raum- und Instandsetzungsbedarf decken kann. Insgesamt geht die ETH Zürich gemäss ihrer langfristigen Finanzplanung davon aus, dass sie rund 15 Pro-zent ihres Budgets für Immobilieninvestitionen ausgeben wird.

    Neubauten am Standort ZentrumAm Standort Zentrum schafft die ETH Zürich mit zwei Neubauten zusätzlichen Raum: An der Leonhardstrasse entsteht zurzeit ein markantes neues Gebäude mit 400 Arbeitsplätzen, das 2014 bezogen werden kann. Und an der Gloriastrasse wird die ETH Zürich anstelle der heutigen Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziolo-gie einen weiteren Neubau erstellen, in dem künftig Teile des neuen Departements Gesundheitswissenschaften und Technologie untergebracht sein werden. Der Juryentscheid für den Neubau wurde im April gefällt: Das Projekt «Ammo-nit» des Zürcher Büros Boltshauser Architekten setzte sich nicht zuletzt dank seiner nachhaltigen Konzeption gegen die Konkurrenz durch. Das neue Gebäude wird eine Nutzflä-che von 10 000 m2 für verschiedene Labortypen, Technolo-gieplattformen sowie Büro- und Seminarräume aufweisen und schafft Raum für mindestens zehn ordentliche Profes-suren. Mit den Vorbereitungsarbeiten für den Neubau soll im Herbst 2013 begonnen werden. Unterstützt wird die Rea-lisierung des Gebäudes durch die Donation einer privaten Stiftung.

    Die beiden Neubauten an der Leonhard- und Gloria-strasse sind ein wichtiger Bestandteil der Entwicklungs-planung für das Hochschulgebiet Zürich-Zentrum. Basie-rend auf dem Masterplan aus dem Jahr 2005/06, der die Eckwerte definiert, wie sich die ETH Zürich, die Universität Zürich und das Universitätsspital Zürich in den nächsten 25 Jahren entwickeln sollen, wurde das entsprechende Kapitel des kantonalen Richtplans erarbeitet. Im Zuge dieser Ent-wicklungsplanung hat sich die ETH Zürich der Stadt gegen-

    über verpflichtet, Wohnungen, die sie zurzeit als Büroräume nutzt, wieder freizugeben. Insgesamt plant die Hochschule, 7500 m2 Geschossfläche wieder als Wohnraum verfügbar zu machen.

    Zusätzlicher Raum auf dem HönggerbergAuch am Standort Hönggerberg schafft die ETH Zürich zu-sätzlichen Raum: Südlich des HCI-Gebäudes wird bis Anfang Herbstsemester 2012 mit Investitionsmitteln der ETH Zürich Foundation die erste Etappe des neuen Gebäudes HCP von einem Totalunternehmer erstellt. Der Zusatzbau wird rund 1000 m2 Bürofläche sowie jeweils 450 m2 Unterrichtsräume und Arbeitsplätze für Studierende aufweisen. Die zweite Etappe mit weiteren 2600 m2 Hauptnutzfläche wird gleich anschliessend realisiert. Die ETH Zürich kann dank des Neu-baus teure Laborflächen, die sie aus Kapazitätsgründen zur-zeit als Büroräume nutzt, wieder für ihren ursprünglichen Zweck verwenden.

    Ebenfalls massive Kapazitätsengpässe bestehen bei den Unterkünften für Studierende. Um der akuten Wohnungs-not im Grossraum Zürich entgegenzuwirken, realisiert die Stiftung für Studentisches Wohnen Zürich (SSWZ) eigene Bauprojekte an verschiedenen Orten in der Stadt. Zwei neue Studentenwohnhäuser weihte die Stiftung Anfang Septem-ber an der Bächlerstrasse in Zürich-Affoltern ein. Sie bieten Platz für insgesamt 179 Studierende. Einen Schritt näher an der Realisierung sind auch die beiden Studentenwohnhäuser HWO und HWW, welche die ETH Zürich zusammen mit der SSWZ und mit privaten Investoren am Standort Hönggerberg verwirklicht. Sie sollen Wohnraum für insgesamt 1000 Stu-dierende schaffen. Für das HWO-Projekt erfolgte die Eingabe für das Bauprogramm 2013 beim ETH-Rat; beim Projekt HWW konnte 2011 die Präqualifikation für den Investorenwettbe-werb abgeschlossen werden, der 2012 durchgeführt wird.

    Zusätzlicher Raum an den Hauptstandorten

    «Die ETH Zürich engagiert sich für ein attraktives Hochschulquartier.»Roman Boutellier, Vizepräsident Personal und Ressourcen

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  • 27

    Neues Bildungs- und Forschungszentrum in LindauNeue Wege beschreitet die ETH Zürich am Standort Lindau-Eschikon: Zusammen mit der Vetsuisse-Fakultät der Uni-versität Zürich und dem kantonalen Kompetenzzentrum für Land- und Ernährungswirtschaft Strickhof will sie das gemeinsame Bildungs- und Forschungszentrum Agrovet-Strickhof von nationaler und internationaler Bedeutung auf-bauen. Läuft alles nach Plan, wird das Zentrum seinen Be-trieb in Etappen ab 2014 aufnehmen. Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat Ende September 2011 den Projektantrag für die entsprechenden Neubauten am Strickhof genehmigt. Die Ausschreibung des Gesamtplanerwettbewerbs erfolgte im Dezember 2011.

    Die drei beteiligten Partner wollen in verschiedenen Pro-jekten an den Schnittstellen zwischen Agrarwissenschaft, Veterinärwesen und Praxis eng miteinander zusammen-arbeiten. Die ETH Zürich wird in Lindau ein Stoffwechsel-zentrum aufbauen, an dem Wissenschaftler unter anderem herausfinden sollen, wie Nutztiere effizienter und emis-sionsärmer gehalten werden können. Durch die räumliche Nähe der verschiedenen Partner entsteht die einzigartige Möglichkeit, die Nahrungskette von der Pflanze über das Tier bis zum Menschen zu erforschen. Damit passt das neue Zentrum Agrovet-Strickhof ideal zur Forschungsstrategie

    des neuen ETH-Kompetenzzentrums World Food System (Y Seite 14), das sich schwergewichtig mit nachhaltiger Landwirtschaft befassen wird.Y www.ressourcen.ethz.ch/real_estate

    Das Wachstum der Hochschule wirkt sich auch auf die Immobilienbewirtschaftung aus. Am Standort Zentrum plant die ETH Zürich an der Gloriastrasse einen markanten Neubau, in den Teile des neuen Departements Gesundheitswissenschaften und Technologie einziehen werden.

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  • 28 Unternehmen – Infrastruktur

    Das ETH Career Center hat sich seit seiner Gründung 2010 erfolgreich an der Schnittstelle zwischen Firmen und Stu-dierenden positioniert. Es begleitet Studierende und Dok-torierende individuell bis zu ihrem Berufseinstieg und setzt sich dafür ein, dass Unternehmen mit den passenden Nach-wuchstalenten in Kontakt treten können. Während der letz-ten zwei Semester wurden diverse Veranstaltungen mit Firmen durchgeführt, an denen sich die Unternehmen inte-ressierten Studierenden präsentieren konnten. Die Firmen sind mit diesen Veranstaltungen zufrieden: Die bisherigen Partnerunternehmen wollen die Zusammenarbeit mit dem ETH Career Center 2012 fortsetzen und es auch weiterhin finanziell unterstützen.

    Eine Orientierungshilfe bei der Vorbereitung der beruf-lichen Laufbahn bot auch eine vom ETH Career Center ge-leitete Podiumsdiskussion zum Thema «Grosskonzern oder KMU», bei der sich Firmen vorstellen konnten.

    Das ETH Career Center bietet seine Expertise auch Arbeitgebern an, etwa wenn es um Graduate-Arbeitsmarkt-fragen oder um Arbeitgeber-Marketingaktivitäten geht. Dieses Angebot wird nicht nur von lokalen Firmen nach-gefragt. So wurde das Career Center zum Beispiel auch von einem Unternehmen aus den USA kontaktiert, das seinen Hauptsitz nach Zürich verlagern will.

    Die ETH-Studierenden und -Doktorierenden profitieren aber nicht nur von den Firmenveranstaltungen, sondern auch von den Trainings und individuellen Beratungen, die das ETH Career Center anbietet. Bisher nahmen rund 450 Studierende und Doktorierende eine persönliche Beratung in Anspruch. Bei der kürzlich durchgeführten Zufrieden-heitsbefragung erklärten 91 Prozent der rund 190 teilneh-

    menden Studierenden, die Beratungsdienstleistungen des ETH Career Centers hätten zu einer erfolgreichen Bewer-bung oder Standortbestimmung beigetragen.Y www.careercenter.ethz.ch

    Erfolgreich positioniert

    Die Angebote des ETH Career Center stossen bei Firmen und Studierenden auf positive Resonanz.

    Alumni-Netzwerk wächst weiter

    Das internationale Alumni-Netzwerk ist 2011 erneut grösser geworden: Nach Neugründungen in China, Japan, Singapur und Italien wurden nun auch in Bos-ton und London neue Landesvertretungen gegründet. Am 4. November fand zudem in Anwesenheit von ETH-Präsident Ralph Eichler die Eröffnungsfeier des Bay Area Chapters in San Francisco statt.

    Auf regen Zuspruch stiess der dritte Homecoming Day: Rund 600 Alumni kamen am 28. August an die ETH Zürich und liessen sich aus erster Hand über die Aktivi-täten ihrer Alma Mater informieren. Gelegenheit zum Networking boten auch weitere Alumni-Anlässe, etwa

    der Kulturbrunch mit dem Germanisten Peter von Matt sowie die Business Events mit Jasmin Staiblin (ABB Schweiz), Carsten Schloter (Swisscom) und Hansueli Loosli (Coop Schweiz).

    Auch die verschiedenen Workshops, Vorträge und Seminare, die unter dem Titel «ETH Alumni Career Advancement» durchgeführt werden, fanden breite Resonanz. Angesprochen wurden Themen wie Stra-tegieentwicklung, Personalführung, Konfliktbewälti-gung, Verhandlungsführung und Altersvorsorge, aber auch Stimmbildung und Dresscode.Y www.alumni.ethz.ch

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  • 29

    52 Lernende der ETH Zürich haben im Sommer 2011 die Lehr-abschlussprüfung erfolgreich bestanden. Über die Hälfte von ihnen hat die Note 5 oder höher erzielt. Die Leistungen der Lernenden widerspiegeln die Qualität der Berufsbil-dung an der ETH Zürich. Sie zeichnet sich nicht zuletzt dank der Nähe zur Wissenschaft durch ein breites Spektrum von Experimentiermöglichkeiten aus. Erstmals schlossen 2011 zwei Lernende ihre Berufslehre für Betriebsunterhalt ab. Diese Ausbildung vermittelt das Know-how zum Überwa-chen und Warten von haustechnischen Anlagen.

    Die permanente Weiterentwicklung der Lehr- und Lern-formen auf allen Ausbildungsstufen wirkt sich auch auf die Lernenden aus: Bildete die ETH im Jahr 2000 noch 112 Ler-nende in 11 Berufsrichtungen aus, waren es 2011 bereits 153 Lernende und Praktikanten in 15 Berufsrichtungen. Für die jedes Jahr frei werdenden 55 Lehrstellen bewerben sich je-weils 1000 bis 1200 Kandidatinnen und Kandidaten. Rund ein Fünftel der Lernenden bleibt nach dem Abschluss an der ETH Zürich.Y www.lernende.ethz.ch

    Die ETH Zürich möchte den Frauenanteil in den MINT-Dis-ziplinen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) erhöhen. Da das Interesse an Naturwissenschaften und Technik bereits im frühen Kindesalter entsteht, hat die Stelle für Chancengleichheit Equal! zusammen mit dem De-partement Physik und den beiden Nationalen Forschungs-schwerpunkten «Quantum Science and Technology» und «Molecular Ultrafast Science and Technology» das Compu-terspiel «MINT-Land» für 10- bis 13-jährige Kinder entwickelt. Das Spiel soll insbesondere den Mädchen den Zugang zu Naturwissenschaften und Technik erleichtern und ihnen zeigen, dass die Inhalte dieser Fächer Teil unseres Alltags sind. Ein Prototyp des Spiels wurde Ende August an den Zür-cher Wissenschaftstagen «Scientifica» präsentiert (Y Seite 40). Mädchen und Jungen fühlten sich gleichermassen vom Spiel angesprochen. Als nächstes soll «MINT-Land» nun wei-terentwickelt und mit mehr Kindern getestet werden.

    Genderfragen sind auch in der Forschung ein Thema. Auf Einladung von Equal! und des Departements Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften weilte Londa Schiebin-ger, Wissenschaftshistorikerin an der Stanford University und Expertin im Bereich «Gender in Science and Technolo-gy», im November für zwei Wochen als Gastprofessorin an die ETH Zürich. Neben Gesprächen mit verschiedenen ETH-

    Gremien (Schulleitung, Departementsvorsteherkonferenz, Forschungskommission, Rektorin und Women Professors Forum, Arbeitsgruppe Diversity-Strategie) hielt Schiebinger auch öffentliche Vorträge zu den Themen «Gendered Inno-vations in Science and Engineering» sowie «Subtle Gender Biases in Science Institutions». Dabei zeigte sie auf, wie das Ausblenden von Geschlechterfragen die Perspektiven der Forschung einengt und wie wissenschaftliche Institutionen durch unbewusste Diskriminierungen die Chancengleich-heit von Frauen und Männern schmälern. Der Besuch Schie-bingers diente auch der Vorbereitung zweier einsemestriger Gastprofessuren an der ETH Zürich im Bereich «Gender in Science and Technology» in den Jahren 2012 und 2013.Y www.equal.ethz.ch

    Gut gerüstet für die Berufslaufbahn

    Frauen stärker einbeziehen

    52 Lernende der ETH Zürich haben im Sommer 2011 die Lehrabschlussprüfung erfolgreich bestanden.

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  • 30 Unternehmen – Finanzen und Controlling

    Wachsende Studierendenzahlen bei einer stagnierenden Grundfinanzierung des Bundes: Das Finanzmanagement der ETH Zürich war auch 2011 gefordert. Dank Sparanstrengungen und verstärktem Drittmitteleinsatz konnte der Handlungsspielraum kurzfristig erhalten werden.

    Die Finanzlage der ETH Zürich bleibt angespannt. Auf-grund ihrer Attraktivität als Ausbildungsstätte im Inland und zunehmend auch im Ausland steigen die Studieren-denzahlen weiterhin an. Seit dem Jahr 2000 verzeichnete die Hochschule einen Zuwachs der Gesamtstudierenden-zahlen um mehr als 60 Prozent. Im gleichen Zeitraum hat der Bundesbeitrag an die ETH Zürich teuerungsbereinigt aber um lediglich 8,8 Prozent zugenommen. Die Schere zwischen dem Anspruch von Wirtschaft und Gesellschaft an die renommierte Hochschule und den vom Bund als Trä-ger zur Verfügung gestellten finanziellen Mitteln hat sich also weiter geöffnet. Ihren Handlungsspielraum konnte sich die ETH Zürich im vergangenen Jahr vor allem dank einer internen Sparrunde, weiterer organisatorischer Opti-mierungen und dem verstärkten Einsatz von Drittmitteln erhalten. Projektorientierte Forschungsfinanzierungen durch Dritte bringen zwar kurzfristig eine Entlastung des Budgets, verursachen jedoch langfristig Folgekosten. Um das Wachstum nachhaltig zu verankern, ist die ETH Zürich auf ein langfristiges solides reales Wachstum des Finanzie-rungsbeitrags des Bundes angewiesen.

    Steigende AusgabenDie Gesamtausgaben der ETH Zürich im Jahr 2011 belie-fen sich auf 1455 Millionen Franken (+ 7 Prozent gegenüber 2010). Davon konnten 1101 Millionen Franken über den Fi-nanzierungsbeitrag des Bundes (FBB) beglichen werden (1089 Millionen Franken zugewiesene FBB-Jahrestranche 2011, 12 Millionen Franken Auflösung Reserven aus Vorfinan-zierung HPCN/LCA-Gebäude). Dies entspricht einem An-teil von 76 Prozent (2010: 80 Prozent). Die aus Drittmitteln bestrittenen Ausgaben stiegen markant an, nämlich auf 353 Millionen Franken (+ 27 Prozent).

    Wie wichtig die Drittmittel für die Finanzierung der Auf-gaben inzwischen geworden sind, wird bei einem Blick auf die Einnahmenseite deutlich (vgl. nebenstehende Grafik): Ihr Anteil an den gesamten Einnahmen der ETH Zürich stieg über die letzten elf Jahre hinweg von 15 Prozent (2000: 160 Millionen Franken) auf 25 Prozent (2011: 362 Millionen Fran-ken). 2011 stammten etwas mehr als die Hälfte dieser Dritt-

    mittel aus der nationalen Forschungsförderung sowie aus europäischen Forschungsprogrammen. Die andere Hälfte geht auf das Konto von Zusammenarbeitsverträgen mit der Wirtschaft, von Schenkungen und Legaten sowie diversen Dienstleistungs- und Finanzerträgen.

    Handlungsspielraum dank DrittmittelnDie ETH Zürich Foundation konnte auch 2011 mit namhaf-ten Unternehmen, Stiftungen, Verbänden sowie mit Privat-personen Schenkungsverträge abschliessen. So erhielt die Stiftung im vergangenen Jahr Zusagen für finanzielle Zu-wendungen an die ETH Zürich über insgesamt 63 Millionen Franken (Y Seite 68). Dank diesen Donationen kann die Hochschule ihre strategischen Ziele beschleunigt umset-zen, zum Beispiel, indem sie neue Professoren früher beruft (Y Seite 66).

    Die Donationen können die ordentlichen Budgetmit-tel jedoch nicht ersetzen, sondern ergänzen sie in thema-tischen Schwerpunkten: Eine Donation erlaubt der ETH Zürich zum Beispiel, eine neue Professur über rund zehn Jahre zu finanzieren; danach werden die Kosten aus ordent-lichen Budgetmitteln bestritten. Denn ein Professor oder eine Professorin ist nach der Berufung durchschnittlich 23 Jahre an der ETH Zürich tätig. Neben der Finanzierung der Folgejahre gilt es zudem, die gesamte Infrastruktur einer Professur über ordentliche Budgetmittel bereitzustellen, so für Räume, Forschungslabors, technische Apparaturen sowie Informations- und Kommunikationstechnologie.

    Keine Kompensation der GrundfinanzierungNoch akzentuierter präsentiert sich die Lage bei kompetitiv eingeworbenen Geldern aus Forschungsprogrammen. Zwar ist der Anstieg dieser Gelder äusserst erfreulich, reflektieren

    Finanzierung nachhaltig sichern

    «Eine nachhaltige Finanzierung des Wachstums durch den Bund zahlt sich aus.»Robert Perich, Vizepräsident Finanzen und Controlling

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  • 31

    sie doch auf eindrückliche Weise die Exzellenz und Wettbe-werbsfähigkeit der Forschenden an der ETH Zürich. Doch für die Hochschule stellen sie eine zunehmende Herausforde-rung dar: Zum einen werden viele Gelder nur für ausgewähl-te, restriktiv definierte Grossprojekte gesprochen, entziehen sich also der strategischen Planung und sind so wenig nach-haltig. Zum anderen decken diese Mittel oft nur die direkten Projektkosten. So genannte Overheadkosten für Infrastruk-tur und Administration werden – wenn überhaupt – nur zu einem kleinen Teil abgegolten. Bei europäischen Forschungs-projekten werden oft sogar nur drei Viertel der direkten Kos-ten abgegolten. Hier muss die ETH Zürich neben den Over-headkosten über so genannte Matching Funds einen Teil der Projektkosten übernehmen.

    Optimierungspotenzial ausgereiztIn vergangenen Jahren hat die ETH Zürich durch Umlagerun-gen und organisatorische Optimierungen die hohe Qualität der Ausbildung trotz Studierendenwachstums halten und die Forschung in zentralen Gebieten massvoll ausbauen können. Die generelle Budgetkürzung um 2,5 Prozent, die sämtliche Einheiten im Vorjahr vorgenommen haben, hat

    ebenso dazu beigetragen wie organisatorische Massnah-men, indem Forschungseinrichtungen departementsüber-greifend genutzt oder Vorlesungen in weitere Hörsäle über-tragen werden. Das Potenzial für Umlagerungen ist aber ausgereizt. Auch wurden Investitionen in die Infrastruktur hinausgeschoben, die nun dringend anstehen (Y Seite 26).

    Stark steigender MittelbedarfZusätzliche Studierende benötigen Platz in Hörsälen und Mensen; Professoren und Senior Scientists brauchen Bü-ros und Forschungslabors. Ökonomisch ausgedrückt ver-ursacht das Wachstum so genannte sprungfixe Kosten. So weist die Finanzplanung einen sprunghaften Anstieg des Mittelbedarfs aus. Allein für die Investitionen in Bauten sind bis 2016 rund eine Milliarde Franken budgetiert.

    Diese Investitionen lassen sich nur mit zusätzlichen Bundesmitteln nachhaltig finanzieren. Volkswirtschaftlich sind das sinnvolle Investitionen, denn ETH-Absolventinnen und -Absolventen treiben mit ihrem breiten Grundlagen-wissen die Innovationskraft der Wirtschaft an und schaffen nachhaltiges Wachstum für die Schweiz.Y www.fc.ethz.ch

    Finanzierung nachhaltig sichern

    Entwicklung und Struktur der Erträge der ETH Zürich

    Der Blick auf die Ertragsentwicklung der ETH Zürich verdeutlicht die zunehmende Bedeutung der Drittmittel. Sie werden meist zweck- gebunden gesprochen und kommen hauptsächlich der Forschung zugute. Bei der Lehre und beim Ausbau der Infrastruktur hingegen ist eine Kompensation der Trägerfinanzierung des Bundes durch Drittmittel in der Regel nicht möglich. Für eine nachhaltige Finanzierung ist daher eine stabile Entwicklung des Bundesbeitrags unabdingbar.

    Drittmitteleinnahmen

    Nationale Organisationen (Forschungsförderung) Forschungsaufträge Bundesämter (Ressortforschung) Europäische Forschungsprogramme (FRP) Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, übrige Drittmittel Schenkungen und Legate

    0

    200

    400

    600

    800

    1000

    1200

    1400

    1600

    Finanzierungsbeitrag des Bundes (FBB) Drittmittel

    2007 2008 2009 2010 2011

    24.9%

    2000

    14.9%30.2%

    7.4%

    16.3%

    40.9%

    5.2%

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  • 32 Unternehmen – Verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen

    Die ETH Zürich engagiert sich auf verschie-denen Ebenen für mehr Nachhaltigkeit: Sie wandelt «ETH Sustainability» zur festen Geschäftsstelle um, setzt Massstäbe in der Umweltberichterstattung, saniert Gebäude nach innovativen Ansätzen und optimiert mit zahlreichen Massnahmen den Energieverbrauch.

    Nachhaltigkeit ist der ETH Zürich ein zentrales Anliegen, dem sie in vier Handlungsfeldern Rechnung trägt: In der Lehre vermittelt sie den Studierenden zentrale Aspekte der Nach-haltigkeit (Y Seite 10). In der Forschung will die ETH Zürich ihre führende Stellung in der Umwelt- und Nachhaltigkeits-forschung mit dem thematischen Schwerpunkt «Nachhal-tige Welten» festigen (Y Seite 14). Darin gebündelt sind die drei Forschungsfelder Städtebau, Energie und Klima sowie Landwirtschaft und Ernährung. Mit koordinierter Öffentlich-keitsarbeit will sie ihre Aktivitäten intern und extern bekannt machen und einen Beitrag zum gesellschaftlichen Diskurs leisten (Y Seite 36). Und schliesslich will sie unter dem Stich-wort «Campus Sustainability» die Nachhaltigkeit an den bei-den Standorten Zentrum und Hönggerberg verbessern.

    Führend beim ReportingEine wichtige Drehscheibenfunktion bei der Erfüllung die-ser Aufgaben übernimmt die Koordinationsstelle «ETH Sustainability», die 2008 im Rahmen des «Projekts Nach-haltigkeit ETH» gegründet wurde. Aufgrund der positiven Evaluation durch externe Experten beschloss die Schullei-tung im Oktober 2011, ETH Sustainability künftig als feste Geschäftsstelle direkt dem ETH-Präsidenten zu unterstellen. Ihre Aufgabe wird es sein, die Aktivitäten der verschiede-nen Departemente und Kompetenzzentren, die im Bereich Nachhaltigkeit tätig sind, zu vernetzen und durch koordi-nierte Auftritte sichtbar zu machen.

    Neue Massstäbe setzte die ETH Zürich im Juni 2011, als sie als erste Hochschule weltweit einen Nachhaltigkeitsbe-richt veröffentlichte, der sowohl den Richtlinien der Global Reporting Initiative (GRI) als auch den Kriterien der ISCN-GULF Sustainable Campus Charter entspricht. Das Doku-ment zeigt auf, an welchen Programmen sich die ETH Zürich beteiligt und welche Massnahmen sie im Bereich Nachhal-tigkeit unternimmt. Mit der Einhaltung der GRI-Richtlinien, die in der Wirtschaft hohe Anerkennung geniessen, will die ETH Zürich auch gegenüber Gesellschaft und Wirtschaft transparent machen, wie ihre Nachhaltigkeitsbilanz aus-sieht. Der «Sustainability Report 2009 to 2010» formuliert

    klare Ziele und zeigt, dass die ETH Zürich in vielen Bereichen Fortschritte erzielen konnte. So kann sie auch für das Jahr 2011 bei verschiedenen Umwelt- und Energiekennzahlen eine positive Entwicklung vermelden. Dies ist im Wesent- lichen auf zwei Faktoren zurückzuführen: auf die Sanierung von Gebäuden und auf Betriebsoptimierungen.

    Zwei unterschiedliche AnsätzeBei den Gebäudesanierungen beschritt die ETH Zürich am Standort Hönggerberg zwei unterschiedliche Wege. Wäh-rend das HPP-Hochhaus gemäss herkömmlichem Minergie-Standard saniert wurde, basiert die Sanierung des HPZ-Ge-bäudes auf einem neuen Ansatz: Hier werden verschiedene innovative Technologien im realen Einsatz getestet. Das Ge-bäude weist ein effizientes und bedarfsabhängig gesteuer-tes Lüftungssystem auf und ist mit neuartigen Isolations-gläsern (so genannten M-Gläsern) und energiesparenden LED-Leuchten ausgerüstet. Die Wirksamkeit des neuen An-satzes beim HPZ-Gebäude lässt sich nun direkt mit dem Minergie-Ansatz beim HPP-Hochhaus vergleichen. Beide Gebäude werden übrigens 2012 an das dynamische Erdspei-chersystem auf dem Hönggerberg angeschlossen.

    Auch mit zahlreichen kleineren Massnahmen wird an der ETH Zürich der Energieeinsatz systematisch reduziert. Die Betriebspunkte von Kälteanlagen, Maschinen und Lüf-tungen werden laufend optimiert. Alte, ineffiziente Anlagen werden durch energieeffizientere ersetzt. Und auch mit An-lagen zur Wärmerückgewinnung oder Einsparungen bei der Beleuchtung konnte die Energieeffizienz verbessert wer-den. Insgesamt führten die Massnahmen, die in den letzten fünf Jahren durchgeführt wurden, zu einer jährlichen Ein-sparung von 1000 MWh Wärme und ca. 8000 MWh Strom. Die Energiekosten konnten so um 2,8 Millionen Franken pro Jahr reduziert werden.

    In welchen Bereichen weiterer Handlungsbedarf be-steht, zeigt eine Ende 2011 abgeschlossene Studie auf. Das grösste Sparpotenzial bietet demnach die Optimierung der Rechenzentren, der Lüftungs- und Klimaanlagen sowie der Beleuchtung. Die mögliche jährliche Stromeinsparung wird auf über 15 000 MWh geschätzt, wobei die Massnah-men nun noch detailliert evaluiert werden müssen. Die Be-leuchtung, die mit etwa 10 Prozent des Stromverbrauchs zu Buche schlägt, wurde bereits optimiert: Im Hauptgebäu-de wurde eine sehr effiziente LED-Beleuchtung installiert, und am Standort Hönggerberg wird die 30-jährige Aussen- beleuchtung durch LED-Leuchten ersetzt.

    Nachhaltigkeit fest verankert

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    Beitrag der Mitarbeitenden und StudierendenAuch die ETH-Angehörigen können mit ihrem Verhalten einen konkreten Beitrag zum Umweltsch