Ethanol ist ein primärer *) Alkohol und als Komponente in alkoholischen Getränken bekannt. Sein...

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Ethanol ist ein primärer *) Alkohol und als Komponente in alkoholischen Getränken bekannt. Sein Name leitet sich vom Kohlenwasserstoff Ethan ab. Ebenso wie das Molekül von Ethan hat das Ethanol-Molekül zwei Kohlenstoffatome . *) „primär “ bedeutet: das C-Atom, welches die OH-Gruppe trägt, ist mit einem weiteren C-Atom verbunden. Im Fall eines sekundären Alkohols ist jenes C-Atom mit zwei weiteren C- Atomen verknüpft und in einem tertiären Alkohol mit drei weiteren C-Atomen. OH

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OH

Ethanol ist ein primärer*) Alkohol und als Komponente in alkoholischen Getränken bekannt.

Sein Name leitet sich vom Kohlenwasserstoff Ethan ab.

Ebenso wie das Molekül von Ethan hat das Ethanol-Molekül zwei Kohlenstoffatome.

*) „primär“ bedeutet: das C-Atom, welches die OH-Gruppe trägt, ist mit einem weiteren C-Atom verbunden. Im Fall eines sekundären Alkohols ist jenes C-Atom mit zwei weiteren C-Atomen verknüpft und in

einem tertiären Alkohol mit drei weiteren C-Atomen.

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OH O H

Bei den Kohlenwasserstoffen haben wir bislang nur die Elemente Kohlenstoff und Wasserstoff kennengelernt. Bei den Alkoholen kommt nun das Element Sauerstoff hinzu.

Ein O-Atom ist im ungeladenen Zustand zweibindig, d.h. zwei der insgesamt sechs Außenelektronen (= Valenz-elektronen) befinden sich in Hybridorbitalen (in der Regel sp3-Hybridorbitale), die mit entsprechenden Orbitalen der Bindungspartner überlappen und auf diese Weise Atombindungen ausbilden.

Die Valenzelektronen Nr. 3, 4, 5 und 6 des O-Atoms finden wir paarweise als sogenannte freie Elektronenpaare in sp3-Hybridorbitalen, die nicht mit anderen Orbitalen überlappen.

In der obigen Abbildung sind sie gemäß der Schreibweise nach Lewis als Striche wiedergegeben.

freies Elektronenpaar

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OH O H C

C

O H

H

H

H

H

H

Die Abbildung rechts zeigt ein Ethanol-Molekül in der sogenannten Strukturformel.

Der Sinn einer Strukturformel ist, die dreidimensionalen Verhältnisse in einem Molekül aufzuzeigen.

Im Fall der vierbindigen C-Atome sollten zwei der Bindungen in der Papierebene zu liegen kommen und als durchgezogene Striche gezeichnet werden.

Eine weitere Bindung ragt hinter die Papierebene vom Betrachter weg und wird als gestrichelt gezeichneter Keil wiedergegeben.

Die vierte Bindung ragt vom Kohlenstoffatom ausgehend dem Betrachter entgegen. Ihr Symbol ist der durchgezogene Keil.

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O H

Siedepunkt: 78,3°C

Molare Masse: 46,07 g / mol

Ethanol

Ethanol ist bei Raumtemperatur flüssig und hat unter Normaldruck einen Siedepunkt von 78,3°C.

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O H

Siedepunkt: 78,3°C

Molare Masse: 46,07 g / mol

Ethanol

Ethanol ist bei Raumtemperatur flüssig und hat unter Normaldruck einen Siedepunkt von 78,3°C.

Molare Masse ???!

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O H

Siedepunkt: 78,3°C

Molare Masse: 46,07 g / mol

Ethanol

Ethanol ist bei Raumtemperatur flüssig und hat unter Normaldruck einen Siedepunkt von 78,3°C.

Molare Masse ???!

Ein Mol ist die Stoffmenge, die ca. 6,022 x 1023 Teilchen entspricht.

Ein Mol Ethanol, als ungefähr 6,022 x 1023 Ethanol-Moleküle, haben eine Masse von 46,07 g.

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O H

Siedepunkt: 78,3°C

Molare Masse: 46,07 g / mol

Ethanoln-Propan

Molare Masse: 44,10 g / mol

Siedepunkt: – 42°C

Der Kohlenwasserstoff n-Propan mit einer nur geringfügig kleineren molaren Masse ist bei Raumtemperatur hingegen ein Gas mit einem Siedepunkt von – 42°C.

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O H

Siedepunkt: 78,3°C

Molare Masse: 46,07 g / mol

Ethanoln-Propan n-Butan

Molare Masse: 44,10 g / mol Molare Masse: 58,12 g / mol

Siedepunkt: – 0,5°CSiedepunkt: – 42°C

Und auch das in der homologen Reihe der Alkane folgende n-Butan mit einer höheren molaren Masse liegt bei Raumtemperatur gasförmig vor (Siedepunkt: – 0,5°C).

Die Alkohol-Moleküle werden also offenbar stärker als ein Kohlenwasserstoff durch zwischenmolekulare Kräfte zusammengehalten und am Verdampfen (= Abgang von der Flüssigkeitsoberfläche in die Gasphase) gehindert.

Welche Kräfte sind das?

Warum ist der Brennstoff Bioethanol bei Raumtemperatur flüssig und der Brennstoff n-Butan nicht?

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C-Atomkern

C-Atomkern

O-Atomkern

H-Atomkern

H-AtomkernH-Atomkern

H-Atomkern

H-Atomkern(= Proton)

EN (H) = 2,1

EN (H) = 2,1

EN (H) = 2,1

EN (H) = 2,1EN (H) = 2,1

EN (C) = 2,5

EN (C) = 2,5

EN (O) = 3,5

Zur Klärung dieser Frage betrachten wir die Atombausteine in einem Ethanol-Molekül.

Das eine H-Atom, das mit dem O-Atom verknüpft ist (siehe Pfeil), leidet wegen des Zugs des O-Atoms auf die beiden Bindungselektronen unter einem Mangel an Elektronendichte.

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C-Atomkern

C-Atomkern

O-Atomkern

H-Atomkern

H-AtomkernH-Atomkern

H-Atomkern

H-Atomkern(= Proton)

EN (H) = 2,1

EN (H) = 2,1

EN (H) = 2,1

EN (H) = 2,1EN (H) = 2,1

EN (C) = 2,5

EN (C) = 2,5

EN (O) = 3,5

Wir betrachten nun als Ausschnitt aus einem zweiten Molekül Ethanol, welches sich in direkter Nähe befindet, einzig und allein dessen O-Atom mit den dazugehörigen Elektronenpaaren (die Kerne der beiden Bindungspartner C und H sind hier nicht mit abgebildet).

O-Atomkern eines zweiten Moleküls Ethanol

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C-Atomkern

C-Atomkern

O-Atomkern

H-Atomkern

H-AtomkernH-Atomkern

H-Atomkern

H-Atomkern(= Proton)

EN (H) = 2,1

EN (H) = 2,1

EN (H) = 2,1

EN (H) = 2,1EN (H) = 2,1

EN (C) = 2,5

EN (C) = 2,5

EN (O) = 3,5

Das Defizit an Elektronendichte, unter dem das H-Atom der OH-Gruppe des ersten Ethanol-Moleküls leidet, kann durch eines der beiden freien Elektronenpaare des O-Atoms des zweiten Ethanol-Moleküls zumindest zum Teil ausgeglichen werden.

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C-Atomkern

C-Atomkern

O-Atomkern

H-Atomkern

H-AtomkernH-Atomkern

H-Atomkern

H-Atomkern(= Proton)

EN (H) = 2,1

EN (H) = 2,1

EN (H) = 2,1

EN (H) = 2,1EN (H) = 2,1

EN (C) = 2,5

EN (C) = 2,5

EN (O) = 3,5

Die gestrichelte Linie gibt eine elektronische Wechselwirkung wieder, nämlich die zwischen einem freien Elektronenpaar in einem Molekül und einem „elektronenhungrigen“ H-Atom eines anderen Moleküls, das mit einem deutlich stärker elektronegativen Partner verbunden ist (und daher diesen „Hunger“ nach Elektronen verspürt).

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C

C

O

H

H

H

H

H

C

C

O H

H

H

H

H

H

H

Wasserstoffbrückenbindungzwischen zwei Ethanol-Molekülen

Wasserstoffbrückenbindungen sind stärker als van-der-Waals-Kräfte, die z.B. zwischen zwei Molekülen eines Kohlenwasserstoffs wirken.

Daher hat Ethanol mit 78,3°C einen höheren Siedepunkt als n-Butan (– 0,5°C) , obwohl n-Butan die höhere Molmasse hat.

Diese Art von elektronischer Wechselwirkung bezeichnet man als Wasserstoffbrückenbindung.

Wir merken uns die folgenden Voraussetzungen für das Zustandekommen einer Wasserstoffbrückenbindung:

Im Molekül Nr. 1 muß ein H-Atom mit einem stark elektronegativen Element (i.d.R. Sauerstoff) verbunden sein.

Im Molekül Nr. 2 muß mindestens eines der Atome über mindestens ein freies Elektronenpaar verfügen.

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Ein weiterer kurzer Exkurs zur Klärung der Frage:

Was sind van-der-Waals-Kräfte ?

Versuchen wir, dieser Frage anhand des Kohlenwasserstoffs n-Butan auf den Grund zu gehen.

Die Abbildung zeigt uns die Atomkerne (4 x C und 10 x H) sowie die Bindungselektronen im n-Butan.

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Van-der-Waals-Kräfte sind die einzigen Anziehungskräfte, die zwischen den Molekülen von Kohlenwasserstoffen wirken.

Ein Kohlenwasserstoff wie n-Butan ist unpolar, da sich aufgrund des geringen EN-Unterschieds zwischen C und H die Bindungselektronen bevorzugt im mittleren Bereich zwischen den Atomkernen aufhalten und daher keine Dipole erzeugt werden.

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Die hier in der Abbildung gezeigte Verteilung der Bindungselektronen stellt jedoch nur eine Momentaufnahme dar.

Wir wissen zwar, daß sich die Bindungselektronen zwischen C und H bevorzugt im Bereich der Mitte zwischen den Atomkernen aufhalten.

Das heiß aber nicht, daß sie völlig statisch immer auf ihren Plätzen bleiben.

Betrachten wir in dieser kurzen Momentaufnahme einmal das mit einem Pfeil markierte Bindungselektron.

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In einer zweiten Momentaufnahme, den winzigen Bruchteil einer Sekunde später, hat sich jenes Elektron so bewegt, daß es sich kurzfristig näher als üblicherweise am Kern des C-Atoms aufhält.

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Die Folge davon ist die extrem kurzfristige Ausbildung eines vorübergehenden Dipols zwischen dem C-Atom (das in diesem kurzen Augenblick einen leichten Überschuß an Elektronendichte hat; dies wird durch das Symbol δ– wiedergegeben) und dem H-Atom mit einem entsprechenden Defizit an Elektronendichte (was mit dem Symbol δ+ gekennzeichnet wird).

δ +

δ _

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Molekül Nr. 1 temporärer Dipol δ– δ+

aufgrund unsymmetrischer Elektronenverteilung (δ– am C-Atom; δ+ am H-Atom)

Molekül Nr. 2 durch Dipol Nr. 1 induzierter zweiter Dipol δ– δ+

Im ersten Molekül n-Butan (in der Abbildung oben) erzeugt eine solche kurzfristig unsymmetrische Elektronenverteilung einen temporären Dipol.

In der direkt benachbarten C-H-Bindung eines zweiten Moleküls n-Butan wird unter dem Einfluß des Dipols im ersten Molekül kurzfristig ebenfalls ein Dipol induziert.

Auf den elektrostatischen Wechselwirkungen solcher kurzfristigen temporären Dipole beruhen die Anziehungskräfte zwischen ansonsten völlig unpolaren Molekülen, die sogenannten van-der-Waals-Kräfte.

Nur aufgrund dieser Kräfte ist bei Raumtemperatur Benzin flüssig und eine Paraffinkerze fest.

δ–

δ+

δ–

H

H δ+