Ethik und spirituelle Dimension der Gesundheitsfürsorge · PDF fileNormalerweise wenden...

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Page 1: Ethik und spirituelle Dimension der Gesundheitsfürsorge · PDF fileNormalerweise wenden sich die Menschen an einen Arzt und fragen: „Bitte sagen Sie es mir, wenn ich irgendeine

Während es uns in unserer heutigen Zeit des großen Fortschritts in Wissenschaft und Technik bisher nicht gelungen ist, viele

der uns bekannten Erkrankungen auszumerzen, entstehen trotz der Entdeckung neuer Medikamente auch neue

Krankheitsformen. Es ist uns nicht gelungen, ein gutes und Welt umfassendes Model der Gesundheitsfürsorge bereit zu

stellen. Trotz der engagierten Forschung in den Bereichen Biomedizin und Biochemie wirft das Geheimnis um Geburt und

Tod für den Wissenschaftler immer noch viele Fragen auf. Biologen haben nun herausgefunden, dass Zellen eigenständige

Organismen sind. Ihre integrativen Aktivitäten können nicht mittels eines reduktionistischen Ansatzes verstanden werden.

Zum größten Teil werden Phänomene wie Wahrnehmung, Gedächtnis und Schmerz nur auf der Grundlage eines ganzheitli-

chen Models erklärt: „So wie das Gesetz der Gravitationskraft bereits vor seiner Entdeckung existierte und weiterhin existie-

ren wird – auch wenn die gesamte Menschheit es vergessen sollte – genau so verhält es sich mit den Gesetzen der spirituel-

len Welt.” (Swami Vivekananda)

Im Zusammenhang mit der Integration von Spiritualität und Ethik in die globale Gesundheitsfürsorge stellen sich ein paar

Fragen: „Garantiert die ganzheitliche Vision der Gesundheitsfürsorge eine tiefere Einbindung der Ärzte in das Leben ihrer

Patienten? Hat die Religion und Spiritualität des Pflegenden einen Einfluss auf Qualität und Ergebnis der

Gesundheitspflege?” etc. In der Tat wird die Bedeutung von Religion und Spiritualität oftmals missverstanden. Im umfassen-

deren Sinne bedeutet Religion die Rechtschaffenheit bzw. das Gesetz der Natur. Spiritualität ist das Reich der individuellen

Beziehung zu einer universellen Kraft. Sie ist die persönliche innere Erfahrung, sich mit der Quelle der Schöpfung zu verbin-

den. Spirituelle Angelegenheiten befassen sich mit der grundlegenden Natur und Bedeutung des Menschen: nicht nur als

materieller biologischer Organismus, sondern als Lebewesen mit einer einzigartigen Beziehung zu dem, was jenseits der

Körpersinne, Zeit und materiellen Welt stehend wahrgenommen wird.

Die universelle Energie manifestierte sich in Form von Atomen, Molekülen, größeren Zellen, Geweben und schließlich in

Form von lebenden Organismen. Man kann die versteckte Energie nicht sehen, aber sie ist der Grund für unsere Fähigkeit zu

sehen; wir können sie nicht hören, dennoch ist sie der Grund für unseren Fähigkeit zu hören. Ayurveda spricht hier von

Atma. Außerdem ist sie das versteckte Energiepotential von allem, was im Universum und im Kosmos existiert. Die absolute

Wahrheit kann nicht benannt oder gesagt werden, sie ist auch nicht definierbar. Jene, die den Zustand des Verstehens

erlangten, schwiegen darüber. Aufgrund der ständig wechselnden und dynamischen Natur waren bisher alle nicht fähig, das

innere Leben zu beschreiben.

Wenn es jedoch um die Gesundheitsfürsorge geht, kann die Religion und Spiritualität nicht von Land zu Land oder von

Person zu Person unterschieden werden. Religion und Spiritualität gehören zu den wichtigsten Faktoren zur Regelung von

menschlichen Erfahrungen, Überzeugungen, Werten, Verhalten und Krankheitsbildern. „Diese sind universell eins und dieser

Pfad ist gleichermaßen förderlich für alle Menschen“.

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Ethik und spirituelle Dimension der Gesundheitsfürsorge

von Prof. Manjari Dwivedi, Fakultät für Ayurveda, Banaras Hindu Universität,Varanasi, Indien

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Normalerweise wenden sich die Menschen an einen Arzt und fragen: „Bitte sagen Sie es mir, wenn ich irgendeine Krankheit

habe“. Dies zeigt, wie ignorant und unwissend diese Menschen in Bezug auf sich selbst sind. Es scheint gerade so, als ob sie

den Arzt als Wächter ihrer Gesundheit betrachten. Tatsache ist, Gesundheit kann nicht geschenkt werden, vielmehr muss sie

durch sich selbst erlangt werden.

„Wir müssen bei unserem eigenen Körper anfangen. Das Herz, die Leber usw. sind atavistisch: Hole sie zurück in das

Bewusstsein, kontrolliere sie, sodass sie Dir folgen und nach Deinen Wünschen agieren.” ( Swami Vivekananda)

Makrokosmisches und mikrokosmisches Kontinuum

Wir sind ein Universum im Universum. Was auch immer im Universum existiert, es existiert auch im Kleinen im eigenen

Körper. Je mehr wir uns mit diesen Energien in Einklang bringen, desto besser wird sich die Leitfähigkeit des Erfolgs in uns

und um uns herum entwickeln. Die Natur inspiriert auch den Geist, welcher wiederum den Körper beeinflusst, positiv oder

negativ gemäß der Harmonie der kosmischen Energie und Umgebung zu reagieren. Die Dynamik der Natur wirkt ständig auf

unser Sein.

Spirituelles Wohlbefinden

Der Weg muss das Wachstum in ein göttliches Bewusstsein erleichtern, erst dann sollten wir ihn als spirituellen Pfad betrachten.

„Spiritualität ist schwer definierbar oder messbar… [sie ist jedoch grundsätzlich] eine Reise zur oder eine Erfahrung der

Verbindung mit der Quelle des höchsten Sinns. Spiritualität umfasst die Verbindung mit sich selbst, mit anderen, mit der

Natur und mit einer höheren Macht. Diese Verbindung geht oftmals mit einer tieferen Geschichte einher, die dem eigenen

Leben einen Sinn gibt. Spiritualität kann formelle Religion beinhalten oder nicht.” (Gregory Plotnikoff MD, Director,

University of Minnesota, Center for Spirituality and Healing, aus Rakel, Textbook of Integrative Medicine)

Patient-Arzt-Beziehung

Großer Wert wird auf den ärztlichen Ethos gelegt. Der Arzt sollte allen Patienten in verständnisvoller und netter Weise

begegnen. Er sollte jene behandeln, bei denen eine Heilung wahrscheinlich ist, und mit jenen verbunden sein, die dem Tod

nahe sind. (Charak samhita sutrasthan 9,26)

In der Behandlung von Patienten muss der Arzt den Körper und Geist des Patienten mit dem Licht des Wissens und

Bewusstseins durchdringen. (Charak samhita Vimansthan 4,12)

Der Arzt sollte das spirituelle Wohlbefinden des Patienten in jeder Hinsicht für seinen persönlichen Fortschritt nutzen.

Manchmal muss der Arzt adaptive Methoden anwenden, um die Spiritualität des Patienten zu wecken.

Der Arzt sollte die Fähigkeit erlangen, Gewebe und Zellen durch die Aktivierung von ungenutzten und stillen Körperenergien

zu behandeln. „Wenn der behandelnde Arzt nicht versucht, mit seinem Wissen das „Herz“ des Patienten zu erreichen, so

wird er nicht in der Lage sein, eine Erkrankung zu behandeln.”(Charak samhita viman sthan 4)

Mantra-Therapie und die Kraft des Gebets

„Mantras spiegeln nicht den Namen Gottes wider, wie so oft fälschlich angenommen wird. Sie sind eine Klangenergie in

Form eines Samenkorns, das sich in den Tiefen des Bewusstseins zeigt, indem es dort Bewegung erzeugt und somit alles an

die Oberfläche bringt. Wenn jemand ein Haus voller Gerümpel aufräumen und reinigen müsste, so würde derjenige

zunächst alles ausräumen, dann ausfegen und die Spinnennetze entfernen. Erst dann würde er alle nützlichen Dinge wieder

zurück ins Haus bringen, alles nett einrichten und das Gerümpel wegwerfen. Auf diese gleiche Art und Weise stellt die

Mantra-Praxis eine Form der Reinigung dar, sie gestaltet die gesamte Psyche auf ursächlicher Ebene neu.”

(Satyasangananda saraswati -6 Sri Saundarya Lahari, The Descent)

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Yoga und Meditation

Im Ayurveda wird Yoga als Vorraussetzung zur Erlangung von moksha (Erlösung/Befreiung) betrachtet. Arbindo sagt: „Man

muss von innen her beginnen. Ich habe es bereits hundert Mal gesagt, man muss von oben beginnen. Zunächst muss die

höhere Region gereinigt werden und dann die Niedrigere.” (The Yoga of Arbindo)

„Unterschiedliche Arten von Intentionstraining (Visualisierung zum Beispiel) können helfen, entsprechende Informationen auf

die Ebene des Selbstbewusstseins zu bringen. Die Weisheit des Körpers jedoch arbeitet auf viel geheimnisvolleren Wegen:

„Der unbewusste Geist des Körpers erscheint allwissend und allmächtig, und kann in einigen Therapien zur Heilung und

Umkehr genutzt werden, ohne dass der bewusste Geist jemals herausfindet, was passiert ist.“ Die Atmung im Yoga und

diverse energiebasierte Therapien sind einige Beispiele für dafür. (aus Shift Magazine, Sommer 2004)

Meditation

„Der Mensch ist Teil eines Ganzen, was wir Universum nennen – ein Teil, der durch Zeit und Ort begrenzt ist. Wir erfahren

uns selbst, unsere Gedanken und Gefühle als etwas vom Restlichen abgetrenntes – eine Art optische Täuschung des

Bewusstseins. Diese Täuschung ist für uns so etwas wie ein Gefängnis, das uns auf unsere persönlichen Wünsche und unse-

re Zuneigung auf ein paar wenigen uns am Nächsten stehenden Personen beschränkt. Es muss unsere Aufgabe sein, uns

selbst aus diesem Gefängnis zu befreien, indem wir unseren Ring des Mitgefühls um uns herum erweitern und sowohl alle

Lebewesen wie auch die gesamte Natur in ihrer Schönheit umarmen... Der wahre Wert eines Menschen lässt sich in erster

Linie bestimmen durch das Maß in welchem er Freiheit vom Selbst erlangt hat. … Wir werden eine völlig neue Denkweise

brauchen, wenn die Menschheit überlegen soll.“ (Albert Einstein, 1954)

Spirituelle Toleranz und Verständnis, Zeit

Spiritualität ist ein integraler Bestandteil im Ayurveda. Die Bedingungen, unter welchen die Menschen auf Erden leben, sind

Ergebnis ihres Bewusstseinsstandes. Diese Bedingungen verändern zu wollen, ohne das Bewusstsein zu ändern, ist ein ver-

gebliches Hirngespinst. Spiritualität ist ein anerkannter Faktor, der bei vielen Menschen zur Gesundheit beiträgt.

Der Tod ist nicht der Schlussakt, er bildet die Fortsetzung des Lebens, der physische Körper des Menschen erfährt eine göttli-

che Gestaltung. Friede und Wohlergehen der Welt kann durch keine politische Reform, ökonomische Regeneration oder

Steigerung der Annehmlichkeiten des Lebens gesichert werden. Die Upanishaden sagen uns, dass wir den Himmel aufrol-

len können wie ein Stück Leder, jedoch wird der Frieden erst erreicht werden, wenn wir unser innerstes Selbst kennen und

realisieren.

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