Europarecht für Praktiker

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Europarecht für Praktiker Aktuelle vergaberechtliche Rechtsprechung und die Schlussfolgerungen für die kommunale Ebene Dr. Martin Schellenberg Rechtsanwalt Tel.: 040 35 52 80-86 e-mail: [email protected] 25. Februar 2011

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Europarecht für Praktiker Aktuelle vergaberechtliche Rechtsprechung und die Schlussfolgerungen für die kommunale Ebene. Dr. Martin Schellenberg Rechtsanwalt Tel.: 040 35 52 80-86 e-mail: [email protected] 25. Februar 2011. Agenda. 1. Unverzüglichkeitsanfordernis für Bieterrüge. - PowerPoint PPT Presentation

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Page 1: Europarecht für Praktiker

Europarecht für Praktiker

Aktuelle vergaberechtliche Rechtsprechung und die Schlussfolgerungen für die kommunale Ebene

Dr. Martin SchellenbergRechtsanwalt

Tel.: 040 35 52 80-86e-mail: [email protected]

25. Februar 2011

Page 2: Europarecht für Praktiker

2

AgendaAgenda

3. Rettungsdienstleistungen unterliegen dem Vergaberecht3. Rettungsdienstleistungen unterliegen dem Vergaberecht

4. Betriebliche Altersvorsorge ausschreibungspflichtig4. Betriebliche Altersvorsorge ausschreibungspflichtig

5. Keine nachträgliche Auftragserweiterung5. Keine nachträgliche Auftragserweiterung

6. Grundstücke unterliegen nicht dem Vergaberecht6. Grundstücke unterliegen nicht dem Vergaberecht

7. Anteilsverkäufe7. Anteilsverkäufe

2. Produktneutralität2. Produktneutralität

8. Ausschluss wegen negativer Vorerfahrungen 8. Ausschluss wegen negativer Vorerfahrungen

1. Unverzüglichkeitsanfordernis für Bieterrüge1. Unverzüglichkeitsanfordernis für Bieterrüge

Page 3: Europarecht für Praktiker

3

1. Unverzüglichkeitsanfordernis für Bieterrüge1. Unverzüglichkeitsanfordernis für Bieterrüge

AusgangslageAusgangslage

Verstöße müssen unverzüglich gerügt werden nach Kenntnis.Verstöße müssen unverzüglich gerügt werden nach Kenntnis.

§ 107 Abs. 3

Ziff. 1 GWB

Rechtsprechung:

1 – 7 Tage

Page 4: Europarecht für Praktiker

4

Sinn der RegelungSinn der Regelung

Vergabestelle soll die Chance zur Korrektur im Verfahren habenVergabestelle soll die Chance zur Korrektur im Verfahren haben

„unverzüglich“ ist zu unbestimmt

(ähnlicher Sachverhalt in UK)„unverzüglich“ ist zu unbestimmt

(ähnlicher Sachverhalt in UK)

EuGH vom

28.01.2010,

Rs. C-406/08

Page 5: Europarecht für Praktiker

5

StreitigStreitig

Unverzüglichkeitsanfordernis in Deutschland derzeit noch anwendbar?Unverzüglichkeitsanfordernis in Deutschland derzeit noch anwendbar?

neinneinVK Hamburg vom

07.04.2010, Az.:

VK BSU 2/10 jajaOLG Rostock

vom 20.10.2010,

Az.: 17 Verg 5/10

Praxistipp:

Bindefrist nach Tagen in der

Veröffentlichung

Page 6: Europarecht für Praktiker

6

2. Produktneutralität2. Produktneutralität

Ist die öffentliche Hand verpflichtet, so auszuschreiben, dass möglichst viel Wettbewerb entsteht?Ist die öffentliche Hand verpflichtet, so auszuschreiben, dass möglichst viel Wettbewerb entsteht?

Wie viel Spielraum hat sie bei der Bestimmung dessen, was sie haben will?Wie viel Spielraum hat sie bei der Bestimmung dessen, was sie haben will?

Page 7: Europarecht für Praktiker

7

Grundlagen des Gebots der ProduktneutralitätGrundlagen des Gebots der Produktneutralität

Waren- und Dienstleistungsfreiheit Art. 26 AEUV

Waren- und Dienstleistungsfreiheit Art. 26 AEUV

Wirtschaftlichkeitsgebot§ 7 BHO

Wirtschaftlichkeitsgebot§ 7 BHO

Wettbewerbsgebot§ 97 Abs. 1 GWB

Wettbewerbsgebot§ 97 Abs. 1 GWB

„Öffentliche Auftraggeber beschaffen ... im Wettbewerb“

„Öffentliche Auftraggeber beschaffen ... im Wettbewerb“

Ausschreibungs-

pflicht

Vorrang des

offenen

Verfahrens

§ 101 Abs. 7 GWB

Ausschreibungs-

pflicht

Vorrang des

offenen

Verfahrens

§ 101 Abs. 7 GWB

Geheim-

Wettbewerb

§ 14 EG VOL/A

§ 11 a VOB/A

Geheim-

Wettbewerb

§ 14 EG VOL/A

§ 11 a VOB/A

Wertungs-

grundsätze

z.B.

§ 6 VOB/A

§ 19 EG VOL/A

Wertungs-

grundsätze

z.B.

§ 6 VOB/A

§ 19 EG VOL/A

Nachprü-

fungsverfahren

§ 107 ff. GWB

Nachprü-

fungsverfahren

§ 107 ff. GWB

Gebot der Produktneutralität§ 7 Abs. 8 VOB/A§ 8 EG Abs. 7 VOL/A

Gebot der Produktneutralität§ 7 Abs. 8 VOB/A§ 8 EG Abs. 7 VOL/A

Page 8: Europarecht für Praktiker

8

Grundlagen des Gebots der ProduktneutralitätGrundlagen des Gebots der Produktneutralität

im LV unzulässig: Verweis auf Produktion, Herkunft, Verfahren, Marken, Patente Typen

im LV unzulässig: Verweis auf Produktion, Herkunft, Verfahren, Marken, Patente Typen

Ausschreibungs-

pflicht

Vorrang des

offenen

Verfahrens

§ 101 Abs. 7 GWB

Ausschreibungs-

pflicht

Vorrang des

offenen

Verfahrens

§ 101 Abs. 7 GWB

Geheim-

Wettbewerb

§ 14 EG VOL/A

§ 11 a VOB/A

Geheim-

Wettbewerb

§ 14 EG VOL/A

§ 11 a VOB/A

Wertungs-

grundsätze

z.B.

§ 6 VOB/A

§ 19 EG VOL/A

Wertungs-

grundsätze

z.B.

§ 6 VOB/A

§ 19 EG VOL/A

Nachprü-

fungsverfahren

§ 107 ff. GWB

Nachprü-

fungsverfahren

§ 107 ff. GWB

Gebot der Produktneutralität§ 7 Abs. 8 VOB/A§ 8 EG Abs. 7 VOL/A

Gebot der Produktneutralität§ 7 Abs. 8 VOB/A§ 8 EG Abs. 7 VOL/A

es sei denn: durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt

es sei denn: durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt

Rechtfertigungsgründe:Rechtfertigungsgründe:Technische

ZwängeTechnische

Zwänge

Aufwand für

ErsatzteilhaltungAufwand für

Ersatzteilhaltung

Schulungs-

aufwandSchulungs-

aufwand

Wartungs-

arbeitenWartungs-

arbeiten

Umwelt-

gründeUmwelt-

gründe

Schnittstellen-

risikenSchnittstellen-

risiken

Page 9: Europarecht für Praktiker

9

BeschaffungsphasenBeschaffungsphasen

MarkterkundungMarkterkundungLeistungs-

beschreibungLeistungs-

beschreibungAngebotAngebot VertragsschlussVertragsschluss

Bedarfs-

feststellungBedarfs-

feststellung

So soll es

sein! So soll es

sein! Das ist es! Das ist es!

Was wollen

wir? Was wollen

wir? Was gibt es? Was gibt es? Ist es das? Ist es das?

Keine vergabe-

rechtlichen

Beschränkungen

Keine vergabe-

rechtlichen

Beschränkungen

Gebot der

Produkt-

neutralität

Gebot der

Produkt-

neutralität

Verfahrens-

bestimmungenVerfahrens-

bestimmungenVertragsrechtVertragsrecht??

Page 10: Europarecht für Praktiker

10

BeschaffungsphasenBeschaffungsphasen

MarkterkundungMarkterkundungLeistungs-

beschreibungLeistungs-

beschreibungAngebotAngebot VertragsschlussVertragsschluss

Bedarfs-

feststellungBedarfs-

feststellung

So soll es

sein! So soll es

sein! Das ist es! Das ist es!

Was wollen

wir? Was wollen

wir? Was gibt es? Was gibt es? Ist es das? Ist es das?

Keine vergabe-

rechtlichen

Beschränkungen

Keine vergabe-

rechtlichen

Beschränkungen

Gebot der

Produkt-

neutralität

Gebot der

Produkt-

neutralität

Verfahrens-

bestimmungenVerfahrens-

bestimmungenVertragsrechtVertragsrecht

Beschaffungs-autonomie

„Die öffentliche Hand weiß selbst am

besten, WAS sie benötigt.“

Beschaffungs-autonomie

„Die öffentliche Hand weiß selbst am

besten, WAS sie benötigt.“

OLG

Düsseldorf vom

17.01.2011,

Az.: Verg 3/11

Page 11: Europarecht für Praktiker

11

VK Arnsberg vom 10.08.2009, Az.: VK 17/09VK Lüneburg vom 12.05.2005, Az.: VgK-15/2005VK Arnsberg vom 10.08.2009, Az.: VK 17/09VK Lüneburg vom 12.05.2005, Az.: VgK-15/2005

Schnittstellenprobleme

MehrkostenSchnittstellenprobleme

Mehrkosten

Markenausschreibung Storage abgelehntMarkenausschreibung Storage abgelehnt

nicht ausreichend als Begründung:nicht ausreichend als Begründung:

Page 12: Europarecht für Praktiker

12

VK Lüneburg vom 16.11.2009, Az.: VgK 62/2009VK Hamburg vom 10.10.2008, Az.: VgK 8/08VK Lüneburg vom 16.11.2009, Az.: VgK 62/2009VK Hamburg vom 10.10.2008, Az.: VgK 8/08

Verengung des Bewerberkreises durch Anforderung, die nur von einem

Marktteilnehmer erfüllt werden kannVerengung des Bewerberkreises durch Anforderung, die nur von einem

Marktteilnehmer erfüllt werden kann

Anforderung: Schreiben ohne SpezialstiftAnforderung: Schreiben ohne Spezialstift

zulässigzulässig

Page 13: Europarecht für Praktiker

13

OLG Schleswig vom 19.12.2007, Az.: 1 Verg 14/06OLG Schleswig vom 19.12.2007, Az.: 1 Verg 14/06

„Kauf“, „Miete“ betrifft nicht Beschreibung des Gegenstandes,

sondern den Gegenstand selbst„Kauf“, „Miete“ betrifft nicht Beschreibung des Gegenstandes,

sondern den Gegenstand selbst

Beschaffungsautonomie!Beschaffungsautonomie!

Page 14: Europarecht für Praktiker

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VK Südbayern vom 21.07.2008, Az.: Z3-3-3194-1-23-06/08VK Südbayern vom 21.07.2008, Az.: Z3-3-3194-1-23-06/08

Übernahme von Produktbeschreibungen eines Anbieters begründet die

Vermutung einer Verletzung des Gebots der ProduktneutralitätÜbernahme von Produktbeschreibungen eines Anbieters begründet die

Vermutung einer Verletzung des Gebots der Produktneutralität

Auf die Absicht kommt es nicht anAuf die Absicht kommt es nicht an

Page 15: Europarecht für Praktiker

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ProduktspezifikationProduktspezifikation

zulässigzulässig

Kauf statt Miete

Technologie

- z.B. ISM-Standard

gestalterische Merkmale

- z.B. Bauhaus-Drücker

Open Source Software

Produktmerkmal

- z.B. Whiteboard ohne

Spezialstift

- z.B. Länge Anschlusskabel

Kauf statt Miete

Technologie

- z.B. ISM-Standard

gestalterische Merkmale

- z.B. Bauhaus-Drücker

Open Source Software

Produktmerkmal

- z.B. Whiteboard ohne

Spezialstift

- z.B. Länge Anschlusskabel

Marke

- z.B. Mercedes, HP

bestimmter Händler mit

bestimmtem Produkt

Refill-Kartuschen

Übernahme von

Produktspezifikationen eines

Bieters

- auch nicht zulässig wenn

neutralisiert

Marke

- z.B. Mercedes, HP

bestimmter Händler mit

bestimmtem Produkt

Refill-Kartuschen

Übernahme von

Produktspezifikationen eines

Bieters

- auch nicht zulässig wenn

neutralisiert

unzulässigunzulässig

Page 16: Europarecht für Praktiker

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OLG Düsseldorf 2010OLG Düsseldorf 2010

Kein Zwang zu möglichst wettbewerbsoffener AusschreibungKein Zwang zu möglichst wettbewerbsoffener Ausschreibung

Öffentliche Hand genießt BeschaffungsautonomieÖffentliche Hand genießt Beschaffungsautonomie

Bedarf kann zu Verengung des Wettbewerbs bis hin auf einen Anbieter führenBedarf kann zu Verengung des Wettbewerbs bis hin auf einen Anbieter führen

OLG Düsseldorf

vom 17.02.2010,

Az.: Verg 42/10;

OLG Düsseldorf

vom 03.03.2010,

Az.: Verg 46/09

Page 17: Europarecht für Praktiker

17

PrüfungsmaßstabPrüfungsmaßstab

Beruht die Beschaffungsentscheidung auf sach- oder auftragsbezogenen Gründen?Beruht die Beschaffungsentscheidung auf sach- oder auftragsbezogenen Gründen?

NICHT:Lässt sich auch nach ausführlicher Prüfung dieser Gegenstand nicht wettbewerbsfreundlicher ausschreiben?

NICHT:Lässt sich auch nach ausführlicher Prüfung dieser Gegenstand nicht wettbewerbsfreundlicher ausschreiben?

So noch OLG

Celle vom

22.05.2008,

Az.: 13 Verg 1/08

OLG Düsseldorf

vom 17.02.2010,

Az.: Verg 42/09

Page 18: Europarecht für Praktiker

18

Anforderung an die Dokumentation der EntscheidungAnforderung an die Dokumentation der Entscheidung

NICHT:

OLG Celle vom 24.05.2007, Az.: 13 Verg 4/07 OLG Jena vom 26.06.2006, Az.: 9 Verg 2/06

OLG Celle vom 24.05.2007, Az.: 13 Verg 4/07 OLG Jena vom 26.06.2006, Az.: 9 Verg 2/06

Versuch,

wettbewerbsfreundlich

auszuschreiben muss erfolgt

und dokumentiert sein

Versuch,

wettbewerbsfreundlich

auszuschreiben muss erfolgt

und dokumentiert sein

dokumentiert sein muss, dass

„auftragsbezogene“ Gründe für

die Entscheidung

ausschlaggebend waren

dokumentiert sein muss, dass

„auftragsbezogene“ Gründe für

die Entscheidung

ausschlaggebend waren

OLG Düsseldorf vom 17.02.2010, Az.: Verg 42/09 OLG Düsseldorf vom 03.03.2010, Az.: Verg 46/09

OLG Düsseldorf vom 17.02.2010, Az.: Verg 42/09 OLG Düsseldorf vom 03.03.2010, Az.: Verg 46/09

Page 19: Europarecht für Praktiker

19

VK Arnsberg vom 10.08.2009, Az.: VK 17/09VK Arnsberg vom 10.08.2009, Az.: VK 17/09

Auch wenn produktspezifische Ausschreibung gerechtfertigt.Auch wenn produktspezifische Ausschreibung gerechtfertigt.

Zusatz „oder gleichwertig“ immer erforderlich?Zusatz „oder gleichwertig“ immer erforderlich?

Ja!Ja!VK Arnsberg vom

10.08.2009,

Az.: VK 17/09

Page 20: Europarecht für Praktiker

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PraxistippPraxistipp

Kein Abschreiben von Produktspezifikationen empfehlenswertKein Abschreiben von Produktspezifikationen empfehlenswert

„oder gleichwertig“ enthalten?Produktblätter von Konkurrenten übernommen?

„oder gleichwertig“ enthalten?Produktblätter von Konkurrenten übernommen?

Page 21: Europarecht für Praktiker

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3. Rettungsdienstleistungen unterliegen dem Vergaberecht3. Rettungsdienstleistungen unterliegen dem Vergaberecht

SachverhaltSachverhaltEuGH vom

29.04.2010,

Rs. C-160/08

Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland

Kommission rügt Praxis verschiedener Bundesländer, Rettungsdienstleistungen freihändig zu vergeben

Vertragsverletzungsverfahren bezieht sich allein auf das sogenannte „Submissionsmodell“, bei dem die Vergütung unmittelbar durch den Auftraggeber erfolgt

Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland

Kommission rügt Praxis verschiedener Bundesländer, Rettungsdienstleistungen freihändig zu vergeben

Vertragsverletzungsverfahren bezieht sich allein auf das sogenannte „Submissionsmodell“, bei dem die Vergütung unmittelbar durch den Auftraggeber erfolgt

Page 22: Europarecht für Praktiker

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SachverhaltSachverhaltEuGH vom

29.04.2010,

Rs. C-160/08

Der Auftragnehmer macht die

Vergütung selbst gegenüber

den Patienten bzw. den

Krankenkassen geltend.

Der Auftragnehmer macht die

Vergütung selbst gegenüber

den Patienten bzw. den

Krankenkassen geltend.

Vergütung erfolgt unmittelbar

durch den AuftraggeberVergütung erfolgt unmittelbar

durch den Auftraggeber

KonzessionsmodellKonzessionsmodell SubmissionsmodellSubmissionsmodell

Page 23: Europarecht für Praktiker

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4. Betriebliche Altersvorsorge ausschreibungspflichtig4. Betriebliche Altersvorsorge ausschreibungspflichtig

Kommunen müssen die betriebliche Altersvorsorge ihrer Mitarbeiter in einem

förmlichen Vergabeverfahren ausschreiben.Kommunen müssen die betriebliche Altersvorsorge ihrer Mitarbeiter in einem

förmlichen Vergabeverfahren ausschreiben.EuGH vom

15.07.2010,

Rs. C-271/08

Page 24: Europarecht für Praktiker

24

EntscheidungEntscheidungEuGH vom

15.07.2010,

Rs. C-271/08

Abschluss der Verträge über Dienstleistungen der betrieblichen

Altersversorgung für Arbeitnehmer des kommunalen öffentlichen Dienstes mit

tarifvertraglich ausgewählten Versorgungsträgern ohne Ausschreibung war

vergaberechtswidrig

Abschluss der Verträge über Dienstleistungen der betrieblichen

Altersversorgung für Arbeitnehmer des kommunalen öffentlichen Dienstes mit

tarifvertraglich ausgewählten Versorgungsträgern ohne Ausschreibung war

vergaberechtswidrig

Nur große kommunale Arbeitgeber betroffen – Erreichen des jeweiligen

Schwellenwertes erforderte z. B. 2006 und 2007 mindestens 2.402

Beschäftigte/Kommune

Nur große kommunale Arbeitgeber betroffen – Erreichen des jeweiligen

Schwellenwertes erforderte z. B. 2006 und 2007 mindestens 2.402

Beschäftigte/Kommune

Page 25: Europarecht für Praktiker

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5. Keine nachträgliche Auftragserweiterung5. Keine nachträgliche Auftragserweiterung

SachverhaltSachverhaltEuGH vom

22.04.2010,

Rs. C-423/07

Spanisches Ministerium schreibt europaweit eine Baukonzession für den Ausbau eines Autobahnteilabschnitts aus.

Während des Verfahrens wird der ursprüngliche Auftragsgegenstand „aus technischen Gründen“ geändert. Die zweite Bekanntmachung erwähnt insbesondere die Erweiterung des mautfreien Abschnitts der A-6 nicht.

In beiden Ausschreibungen wurden die Bieter unter Verweis auf nationale Vorschriften aufgefordert, angemessene Maßnahmen zur Regelung des Fernverkehrs zu benennen.

Spanisches Ministerium schreibt europaweit eine Baukonzession für den Ausbau eines Autobahnteilabschnitts aus.

Während des Verfahrens wird der ursprüngliche Auftragsgegenstand „aus technischen Gründen“ geändert. Die zweite Bekanntmachung erwähnt insbesondere die Erweiterung des mautfreien Abschnitts der A-6 nicht.

In beiden Ausschreibungen wurden die Bieter unter Verweis auf nationale Vorschriften aufgefordert, angemessene Maßnahmen zur Regelung des Fernverkehrs zu benennen.

Page 26: Europarecht für Praktiker

26

SachverhaltSachverhaltEuGH vom

22.04.2010,

Rs. C-423/07

Die Konzession sah sodann Arbeiten vor, die in der zweiten Ausschreibung nicht aufgeführt waren, insbesondere den Ausbau der A-6 auf vier Fahrstreifen.

Die Kommission leitet Vertragsverletzungsverfahren ein und erhebt Klage.

Spanien macht geltend, die Ausschreibung habe sich auch auf die in der Bekanntmachung genannten gesetzlichen Regelungen gerichtet, deren Ziel es sei, dass die Bieter zusätzliche Arbeiten vorschlagen könnten. Da die Verwirklichung von Baumaßnahmen zur Lösung der Verkehrsprobleme auf der A-6 gefordert war, mussten die entsprechenden Arbeiten in der zweiten Bekanntmachung nicht mehr erwähnt werden.

Die Konzession sah sodann Arbeiten vor, die in der zweiten Ausschreibung nicht aufgeführt waren, insbesondere den Ausbau der A-6 auf vier Fahrstreifen.

Die Kommission leitet Vertragsverletzungsverfahren ein und erhebt Klage.

Spanien macht geltend, die Ausschreibung habe sich auch auf die in der Bekanntmachung genannten gesetzlichen Regelungen gerichtet, deren Ziel es sei, dass die Bieter zusätzliche Arbeiten vorschlagen könnten. Da die Verwirklichung von Baumaßnahmen zur Lösung der Verkehrsprobleme auf der A-6 gefordert war, mussten die entsprechenden Arbeiten in der zweiten Bekanntmachung nicht mehr erwähnt werden.

Page 27: Europarecht für Praktiker

27

EntscheidungEntscheidungEuGH vom

22.04.2010,

Rs. C-423/07

Jedem Bieter muss durch die Bekanntmachung objektiv die Möglichkeit

verschafft werden, sich eine konkrete Vorstellung von den Arbeiten und dem

Ort ihrer Ausführung zu machen und daraufhin sein Angebot zu erstellen.

Jedem Bieter muss durch die Bekanntmachung objektiv die Möglichkeit

verschafft werden, sich eine konkrete Vorstellung von den Arbeiten und dem

Ort ihrer Ausführung zu machen und daraufhin sein Angebot zu erstellen.

Die zusätzlichen Bauwerke waren nicht Gegenstand der zweiten

Bekanntmachung. Der Zuschlag hätte auf diese nicht erteilt werden dürfen. Die zusätzlichen Bauwerke waren nicht Gegenstand der zweiten

Bekanntmachung. Der Zuschlag hätte auf diese nicht erteilt werden dürfen.

Page 28: Europarecht für Praktiker

28

EntscheidungEntscheidungEuGH vom

22.04.2010,

Rs. C-423/07

Zwar könne die Vergabestelle für Initiativen der Bieter einen gewissen

Spielraum lassen. Dieser Spielraum muss jedoch aus der Bekanntmachung

selbst erkennbar sein.

Zwar könne die Vergabestelle für Initiativen der Bieter einen gewissen

Spielraum lassen. Dieser Spielraum muss jedoch aus der Bekanntmachung

selbst erkennbar sein.

Vorliegend wurde ein derartiger Spielraum nicht definiert, da insbesondere

nicht der Ort der Maßnahmen, die für die Verringerung der Verkehrszunahme

zu ergreifen sind, in der zweiten Bekanntmachung genannt wurde.

Vorliegend wurde ein derartiger Spielraum nicht definiert, da insbesondere

nicht der Ort der Maßnahmen, die für die Verringerung der Verkehrszunahme

zu ergreifen sind, in der zweiten Bekanntmachung genannt wurde.

Page 29: Europarecht für Praktiker

29

6. Grundstücksverkäufe unterliegen nicht dem Vergaberecht6. Grundstücksverkäufe unterliegen nicht dem Vergaberecht

SachverhaltSachverhaltEuGH vom

25.03.2010,

Rs. 451/08

Investorenwettbewerb über die Nachnutzung der „Wittekind-Kaserne“ (Wildeshausen) durch Stadt Wildeshausen und Bundesanstalt für Immobilienaufgaben.

Zwei Bieter stellen der Stadt und der Bundesanstalt ihre Planung und das Nutzungskonzept für die Liegenschaft vor.

Der unterliegende Bieter leitet Nachprüfungsverfahren ein und rügt, dass kein geregeltes Vergabeverfahren stattgefunden habe.

Investorenwettbewerb über die Nachnutzung der „Wittekind-Kaserne“ (Wildeshausen) durch Stadt Wildeshausen und Bundesanstalt für Immobilienaufgaben.

Zwei Bieter stellen der Stadt und der Bundesanstalt ihre Planung und das Nutzungskonzept für die Liegenschaft vor.

Der unterliegende Bieter leitet Nachprüfungsverfahren ein und rügt, dass kein geregeltes Vergabeverfahren stattgefunden habe.

Page 30: Europarecht für Praktiker

30

VorlagebeschlussVorlagebeschluss

OLG Düsseldorf neigt dazu, eine öffentliche Baukonzession anzunehmen, da nach Erlass eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans ein Durchführungsvertrag für das Projekt geschlossen werde.

OLG Düsseldorf neigt dazu, eine öffentliche Baukonzession anzunehmen, da nach Erlass eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans ein Durchführungsvertrag für das Projekt geschlossen werde.

OLG Düsseldorf verweist auf seine Ahlhorn-Rechtsprechung und auf die von der Bundesregierung im Rahmen der Vergaberechtsreform beabsichtigte Klarstellung in § 99 Abs. 3 GWB.

OLG Düsseldorf verweist auf seine Ahlhorn-Rechtsprechung und auf die von der Bundesregierung im Rahmen der Vergaberechtsreform beabsichtigte Klarstellung in § 99 Abs. 3 GWB.

OLG Düsseldorf legt dem EuGH Fragen zur Auslegung des Begriffs des öffentlichen Auftrags und damit auch zur Europarechtskonformität des neuen § 99 GWB vor.

OLG Düsseldorf legt dem EuGH Fragen zur Auslegung des Begriffs des öffentlichen Auftrags und damit auch zur Europarechtskonformität des neuen § 99 GWB vor.

OLG Düsseldorf

vom 02.10.2008,

Az.: Verg 25/08

Page 31: Europarecht für Praktiker

31

EntscheidungEntscheidungEuGH vom

25.03.2010,

Rs. C-451/08

Ein Bauauftrag im Sinne von Art. 1 Abs. 2 b) Richtlinie 2004/18 muss die

Ausführung von Bauvorhaben zum Gegenstand haben. Ein

Grundstücksverkauf als solcher ist kein öffentlicher Auftrag.

Ein Bauauftrag im Sinne von Art. 1 Abs. 2 b) Richtlinie 2004/18 muss die

Ausführung von Bauvorhaben zum Gegenstand haben. Ein

Grundstücksverkauf als solcher ist kein öffentlicher Auftrag.

Ein Bauauftrag impliziert als entgeltlicher Vertrag, dass der öffentliche

Auftraggeber eine Gegenleistung erhält. Diese besteht in der Erbringung der

Bauleistung. Bei der Verpflichtung zur Erbringung der Bauleistung muss es

sich um eine einklagbare Verpflichtung handeln. Diese Leistung muss ein

unmittelbares wirtschaftliches Interesse für den öffentlichen Auftraggeber

darstellen.

Ein Bauauftrag impliziert als entgeltlicher Vertrag, dass der öffentliche

Auftraggeber eine Gegenleistung erhält. Diese besteht in der Erbringung der

Bauleistung. Bei der Verpflichtung zur Erbringung der Bauleistung muss es

sich um eine einklagbare Verpflichtung handeln. Diese Leistung muss ein

unmittelbares wirtschaftliches Interesse für den öffentlichen Auftraggeber

darstellen.

Page 32: Europarecht für Praktiker

32

EntscheidungEntscheidungEuGH vom

25.03.2010,

Rs. C-451/08

Nicht erforderlich ist, dass die Leistung die Form der Beschaffung eines

gegenständlichen oder körperlichen Objekts annimmt. Nicht erforderlich ist, dass die Leistung die Form der Beschaffung eines

gegenständlichen oder körperlichen Objekts annimmt.

Die bloße Ausübung städtebaulicher Regelungszuständigkeiten reicht für das

erforderliche unmittelbare wirtschaftliche Interesse des Auftraggebers jedoch

nicht aus.

Die bloße Ausübung städtebaulicher Regelungszuständigkeiten reicht für das

erforderliche unmittelbare wirtschaftliche Interesse des Auftraggebers jedoch

nicht aus.

Page 33: Europarecht für Praktiker

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SachverhaltSachverhaltEuGH vom

06.05.2010,

Rs. C-149/08

Veräußerung eines 49%-Anteils an einer staatlichen Kasinogesellschaft durch die griechische Regierung, verbunden mit 10-Jahres-Betriebslizenz und Auftrag, das Kasinogelände zu renovieren

Investorenauswahlverfahren für Anteilsverkauf, keine Ausschreibung von Bauauftrag und Dienstleistungskonzession

Veräußerung eines 49%-Anteils an einer staatlichen Kasinogesellschaft durch die griechische Regierung, verbunden mit 10-Jahres-Betriebslizenz und Auftrag, das Kasinogelände zu renovieren

Investorenauswahlverfahren für Anteilsverkauf, keine Ausschreibung von Bauauftrag und Dienstleistungskonzession

Gesamtvorgang nach EU-

Vergaberecht

ausschreibungspflichtig?

7. Anteilsverkäufe7. Anteilsverkäufe

Page 34: Europarecht für Praktiker

34

Ein gemischter Vertrag, dessen Hauptgegenstand der Erwerb von Anteilen (49

%) an einem öffentlichen Unternehmen ist, und dessen untrennbar mit dem

Hauptgegenstand verbundener Nebengegenstand die Erbringung von

Dienstleistungen und die Durchführung von Bauarbeiten betrifft, ist nicht in

seiner Gesamtheit ausschreibungspflichtig.

Ein gemischter Vertrag, dessen Hauptgegenstand der Erwerb von Anteilen (49

%) an einem öffentlichen Unternehmen ist, und dessen untrennbar mit dem

Hauptgegenstand verbundener Nebengegenstand die Erbringung von

Dienstleistungen und die Durchführung von Bauarbeiten betrifft, ist nicht in

seiner Gesamtheit ausschreibungspflichtig.

EuGH vom

06.05.2010,

Rs. C-149/08

Page 35: Europarecht für Praktiker

35

EntscheidungEntscheidungEuGH vom

06.05.2010,

Rs. C-149/08

Ausschlaggebend für Qualifikation des Sachverhalts ist HauptgegenstandAusschlaggebend für Qualifikation des Sachverhalts ist Hauptgegenstand

Hauptgegenstand ist, was wertmäßig überwiegtHauptgegenstand ist, was wertmäßig überwiegt

Hier: Wert des Geschäftsanteils überwiegt den Wert des BauauftragsHier: Wert des Geschäftsanteils überwiegt den Wert des Bauauftrags

Page 36: Europarecht für Praktiker

36

8. Ausschluss wegen negativer Vorerfahrungen8. Ausschluss wegen negativer Vorerfahrungen

FallFall

Auftragnehmer streitet sich mit Flughafengesellschaft Berlin-Schönefeld über Herkunft der Steine für Terrazzoböden

Auftraggeber kündigt den Vertrag und schreibt neu aus

Bisheriger Auftragnehmer wird wegen „Unzuverlässigkeit“ ausgeschlossen

Auftragnehmer streitet sich mit Flughafengesellschaft Berlin-Schönefeld über Herkunft der Steine für Terrazzoböden

Auftraggeber kündigt den Vertrag und schreibt neu aus

Bisheriger Auftragnehmer wird wegen „Unzuverlässigkeit“ ausgeschlossen

Zu Recht?

Page 37: Europarecht für Praktiker

37

LösungLösungOLG Brandenburg vom

14.09.2010,

Az.: Verg W 8/10;

VK Münster vom 16.12.2010,

Az.: VK 9/10

Überprüft die Vergabekammer die Wirksamkeit der Kündigung?Überprüft die Vergabekammer die Wirksamkeit der Kündigung?

Eilverfahren!Eilverfahren!

Prüfung nur auf Überschreitung des BeurteilungsspielraumsPrüfung nur auf Überschreitung des Beurteilungsspielraums

hier: Beurteilungsspielraum eingehaltenhier: Beurteilungsspielraum eingehalten

Ausschluss wirksam!Ausschluss wirksam!

Praxistipp Bieter:

Vorsicht bei vertraglichen

Auseinandersetzungen Praxistipp Auftraggeber:

Vorsicht wegen

Schadensersatzansprüchen

Page 38: Europarecht für Praktiker

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Dr. Martin Schellenberg Rechtsanwalt Sekretariat Anja ZipollTelefon + 49 (40) 355280-86Telefax + 49 (40) 355280-80E-Mail [email protected]

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