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Europäischer Islam

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Ertuğrul Şahin

Europäischer IslamDiskurs im Spannungsfeld von Universalität, Historizität, Normativität und Empirizität

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Ertugrul SahinFrankfurt am Main, Deutschland

ISBN 978-3-658-18155-0 ISBN 978-3-658-18156-7 (eBook)DOI 10.1007/978-3-658-18156-7

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für meine Tochter Malhun İclal in bester Erinnerung an Remziye

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VII

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIDanksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXITranskription und Schreibweise der arabischen Wörter . . . . . . . . . . . . . . XXXIII

1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 .1 Einführung: Problem- und Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 .2 Islamforschung und Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

1 .2 .1 Forschungsumfeld um den Euro-Islam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 .2 .2 Verfechter der Euro-Islam-Ansätze und ihr Schrifttum . . . . . 321 .2 .3 Studien und Forschungsstand zum Euro-Islam . . . . . . . . . . . . 42

1 .3 Methode und Aufbau der Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

2 Theoretische Grundlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632 .1 Anspruch einer Makrotheorie und historische Wirklichkeit . . . . . . . 63

2 .1 .1 Integrationsdebatte und Adressaten der euro-islamischen Aussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

2 .1 .2 Theoretische Reichweite der Euro-Islam-Ansätze . . . . . . . . . . . 742 .1 .3 Makroebene vs . Meso- und Mikroebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . 812 .1 .4 Pragmatische Anpassung vs . Euro-Islam:

Ist die Vereinbarkeitsfrage plausibel? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 972 .2 Universalismus im Euro-Islam-Diskurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

2 .2 .1 Islamdiskurs und das universalistische Wesen von Europa und Islam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

2 .2 .2 Universalismus in Euro-Islam-Ansätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1212 .3 Dauerspannung: Grenzziehungen von Universalität und

Historizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1292 .3 .1 Universalismus / Universalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1302 .3 .2 Antonyme: Historizität, Partikularität, Relativität . . . . . . . . . 141

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InhaltVIII

2 .3 .3 Kulturrelativismus zwischen Universalität und Historizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

2 .3 .4 Historizitätsrelevanz in der (islamischen) Theologie . . . . . . . 1562 .3 .5 Epistemologisches und theologisches Verhältnis

von Normativität und Empirie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1662 .4 Kategorisierungsversuch der Universalismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

3 Universalität und Historizität in Euro-Islam-Ansätzen . . . . . . . . . . . . . 1933 .1 Europäischer Universalismus: Universalität und Historizität

bei Bassam Tibi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1933 .1 .1 Ontologisch-theologischer Universalismus . . . . . . . . . . . . . . . 1933 .1 .2 Epistemologisch-rationalistischer Universalismus . . . . . . . . . 2083 .1 .3 Soziokulturelle Universalismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2203 .1 .4 Ideologische Universalismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227

3 .2 Islamischer Universalismus: Universalität und Historizität bei Tariq Ramadan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2363 .2 .1 Ontologisch-theologischer Universalismus . . . . . . . . . . . . . . . 2403 .2 .2 Epistemologisch-rationalistischer Universalismus . . . . . . . . . 2503 .2 .3 Soziokulturelle Universalismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2723 .2 .4 Ideologische Universalismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

4 Normativ-präskriptive und empirisch-deskriptive Komponenten der Euro-Islam-Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2894 .1 Zur Notwendigkeit der empirischen Plausibilitätsprüfung . . . . . . . . 2904 .2 Verhältnisbestimmung von Normativität und Empirie durch

Historisierung der Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2974 .2 .1 Geschichtskonstruktion bei Bassam Tibi:

Vom Historizitätspostulat zum Dualismus des normativen Überbaues . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298

4 .2 .2 Geschichtskonstruktion bei Tariq Ramadan: Von der dualen Geschichte zum Historizitätspostulat . . . . . . 315

4 .3 Gegenwartsbezug und empirische Plausibilität der euro- islamischen Aussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3224 .3 .1 Normativität und Empirie des Euro-Islam

bei Bassam Tibi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3234 .3 .1 .1 Plausibilität des normativen Maßstabs

(der regulativen Idee) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3274 .3 .1 .2 Ad-hoc-Äußerungen als Politikempfehlung und

das französische Vorzeigemodell . . . . . . . . . . . . . . . . . 333

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IX

IX

Inhalt

4 .3 .2 Normativität und Empirie des europäischen Islam bei Tariq Ramadan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3404 .3 .2 .1 Von der regulativen Idee des Einheitsislam

zum lebensräumlichen Pragmatismus . . . . . . . . . . . . 3424 .3 .2 .2 Der europäische Islam auf der Grundlage der

kulturellen Vielfalt und der europäisch- muslimischen Identität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345

5 Schlussbetrachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367

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XI

VorwortVorwortVorwort

Die vorliegende Studie wurde in einer gestalterischen Zeitspanne angefertigt, in der das disziplinäre Novum, die islamische Theologie, auf die universitäre Bühne Deutschlands eintrat . Die Arbeit entstand aus zweifacher Hinsicht prozessbegleitend, was den Forschungsvorgang erschwerte . Der Autor gehört zu jenen Akteuren, die sich zum – als historisch einmalig begriffenen – Aufbau der islamisch-theologischen Studien an der Goethe-Universität Frankfurt am Main verpflichtet fühlten . Der Zeitaufwand, der für institutionelle und curriculare Etablierung mit Engagement und Enthusiasmus aufgebracht werden musste, ließ die Verschriftlichung der Dissertation mehrmals für längere Zeiten pausieren .

Andererseits stand dieser Gestaltungsprozess mit dem untersuchten Phänomen unmittelbar im Bezug . Zu den nach wie vor heiß diskutierten Veranlassungen der universitären Einführung der islamischen Theologie gehört ihre mögliche Funktion, zumindest der mitschwingende willkommene Nebeneffekt, dass erneu-erungstheologische Impulse für die weitere Europäisierung des Islam entstehen würden (und müssten) . Es mussten also nicht nur die akademisch-institutionellen Voraussetzungen geschaffen und erfüllt werden, sondern auch diskutiert und mitbedacht werden, ob die islamische Theologie eine solche Rolle übernehmen, und wenn ja, den gesellschaftspolitischen Erwartungen entsprechen kann . Alles in allem wurde in zahlreichen Tagungen, Ringvorlesungen und Seminaren über den Islam und die Muslime im europäischen Kontext interdisziplinär debattiert sowie auch in der curricularen Entwicklung laut nachgedacht . Die Studie entstand daher in der funktionalen Verzahnung der Tätigkeiten des Autors, wenn angenommen werden darf, dass die Einführung des neuen Faches als ein wichtiger Schritt für die Beheimatung der Muslime gilt . Insofern sind Einflüsse des Lautgedachten nicht auszuschließen . Falls aus den errichteten islamischen Studien Kontextualisierungen des religiösen Wissens und Anreize für das europäisch-muslimische Bewusstsein hervorgehen sollten, dürfte diese Studie zu solchen kritischen Reflektionen zählen, die eine europäisch-islamische Symbiose weder einer muslimischen oder europä-

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XII Vorwort

ischen Apologetik überlassen wollen noch als eine selbsterfüllende Prophezeiung für selbstverständlich halten .

Die Studie profitierte von den diskursiven Begegnungen und dem interdisziplinä-ren Austausch während der Einführungsperiode der islamischen Theologie . Sie ließ sich gar von der sich aufdrängenden Erkenntnis verführen, dass ein theologischer Grundlagendiskurs über das Werden eines europäischen Islam dringlicher ist als die integrationspolitischen und -soziologischen Debatten auf der theoretischen und methodischen Meso- oder Mikroebene, obwohl der sozialwissenschaftliche Hintergrund des Autors den Letzteren hätte Vorzug gewähren können . Diese sind allerdings auch in dieser Arbeit nicht belanglos geblieben . Im Gegenteil: Eine Metaperspektive des europäischen Islam, die in öffentlichen Debatten im zivilisa-torischen oder welthistorischen Format immer mitschwingt und sich auch in den untersuchten Konzepten unmissverständlich auftut, musste auf ihre empirische Plausibilität hin abgefragt werden . Die zweifache Zielsetzung war selbst für den Ver-fasser lehrreich . Seine anfängliche theologische Überzeugung, ein Euro-Islam könne in ein normatives Konzept eingegossen werden, das zugleich empirische Qualität mit großem praktischem Nutzen erweisen kann, wurde fallengelassen . Hingegen bestärkt die analytische Untersuchung solche bereits vorausgegangenen Befunde, dass die konkrete Gestalt eines europäischen Islam der Komplexität der Realität in ihrer geschichtlich mehrdimensionalen Prozesshaftigkeit unterliegt . Die normativen Vorstellungen bieten zwar in der (Trans-)Formation der Identität, Zugehörigkeit und Handlungsmustern Orientierungen sowie in den Aushandlungsprozessen einen diskursiven Input an, wobei die Auswirkung einzelner Konzepte durch konkurrierende Einflüsse und multidimensionale Faktizität eingeschränkt bleibt .

Die Goldgräberstimmung in den Islamstudien, die Levent Tezcan 2003 für das begehrte Objekt „Islam/Muslim“ feststellte, gewann in den letzten Jahren über ein-zelne Disziplinen hinweg weiteren Aufschub . Die hauptsächliche Ursache mag zwar in den weltbewegenden Ereignissen und politisch-ideologischen Radikalisierungen liegen, dennoch haben der Etablierungsgang der islamischen Theologie und der Eifer der jungen Generation der TheologInnen zumindest im deutschsprachigen Raum keinen geringen Anteil . Auch der untersuchte interdisziplinäre Sachverhalt bewegte nach dem Abschluss dieser Studie in zunehmender Intensität andere Studien . In allgemeinster Form handelt es sich beim Sachverhalt um die Vereinbarkeit von Islam und Europa, die an Werten und Normen oder auch an Handlungsmotiven der kollektiven und individuellen Akteure vergegenständlicht wird . Er ist weitläufig feststellbar in Migrations-, Integrations-, Identitäts- und Zugehörigkeitsdiskursen, die sich aus unterschiedlichen disziplinären und methodischen Standpunkten an den „europäischen“ Islam herantasten .

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Vorwort XIII

XIII

Die Hypostasierungen der Vereinbarkeit gehen der gesellschaftspolitischen Zielsetzung nach, unter welchen Bedingungen die Beheimatung der Muslime als realisierbar oder im Vollzug anzusehen ist . Dieses Heimischwerden ist ein sozio-kultureller und politischer Prozess vom Islam in Europa zum Islam von Europa, dessen Ergebnis sich durch die Begrifflichkeit des europäischen bzw . Euro-Islam zum Ausdruck bringt . Obwohl der Terminus technicus in aller Munde ist, gehen die Meinungen über das Bestehen oder Entstehen eines europäischen Islam weit auseinander . Die Auseinandersetzung beginnt bereits mit der grundsätzlichen Frage nach der Notwendigkeit eines europäischen oder Euro-Islam, welcher durch normative Vorlagen, über die allerdings weithin keine Einigkeit erzielt werden kann, vorgegeben wird . Der normative Diskurs, der diese Studie antrieb, resultiert in erster Linie daraus, dass sich beide Entitäten – Islam und Europa – Universalitäten zuweisen lassen, aufgrund derer die Geschichte und Gegenwart von zwei Zivilisati-onen – mit Islam und Christentum auch zwei Weltreligionen – zum unmittelbaren Diskursgegenstand werden . Die Integrationsdebatte wird somit in den Disput über den Zusammenprall der Zivilisationen eingegliedert und mündet schließlich in eine geballte Kontroverse zwischen den Universalismen . Das spezifische Diskursfeld der Integration bzw . der Beheimatung der muslimischen Migranten wird nun mehr zum Schauplatz eines angeblichen globalen Kampfes mitten in Europa .

Nach wie vor sind die in diesem Buch analysierten Euro-Islam-Ansätze nicht nur die bekanntesten, sondern die einzigen, die sich als ganzheitliches und kohärentes Lösungskonzept darbieten .1 Sie liefern makrotheoretisch orientierte, weitgreifende Aussagesysteme mit ontologischen, theologischen, epistemologischen und sozio-kulturellen Argumenten dafür, wie der Islam und Europa zu versöhnen sind und welche von ihren für universal gehaltenen Ansprüchen zur Geltung kommen sollen oder dürfen . Das Universalitätsaxiom ruft zwangsläufig sein Antonym, die Histo-rizität, auf den Plan . Die Studie eruiert zunächst die theoretische Reichweite dieser Ansätze und richtet ihr Augenmerk auf die zugrunde gelegten epistemologischen Prämissen und Axiome . Aus der Theorien- und Ideengeschichte werden Ansätze der Bestimmungen und Grenzziehungen zwischen Universalität und Historizität aufgenommen, um eine Analysegrundlage zu gewinnen . Auf dieser Basis wird der Versuch unternommen, Universalismen in Kategorien aufzufassen, um anschlie-ßend der Universalitätskonstruktion in den Euro-Islam-Ansätzen auf den Grund gehen zu können . Die letzte Etappe der Studie nimmt den Normativismusvorwurf an den Ansätzen, somit die zweite Grundfrage, auf und geht der Empiriewertigkeit

1 Siehe zu einem ähnlichen Standpunkt: Hanne, Gabriel, Islam, Islamismus, Europa. Kompatibilitätsdifferenzen und euroislamische Lösungsansätze im Kontext der EU-Grund-rechtecharta, Berlin 2013, S . 405 ff .

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XIV Vorwort

ihrer Aussagen nach . Die Rekonstruktion der Geschichte und die Gegenwarts-auffassung in ihnen werden analysiert, um dann der letzten und entscheidenden Frage nachzugehen, ob die Euro-Islam-Ansätze plausible Lösungskonzepte und Handlungsoptionen anbieten, die der empirischen Realität entsprechen können .

Das Hauptergebnis der Studie2 besteht darin, dass ein normativer Euro-Islam-An-satz, der zukunftsträchtig sein möchte, in einer theologischen, epistemologischen und empirisch gesättigten Finalität nicht konzipiert werden kann . Der Begriff des Euro-Islam ist viel zu normativ aufgeladen, so dass sein weiterer Gebrauch kaum von Nutzen ist; der des europäischen Islam hingegen flexibel genug, als empirisch-analytischer Begriff ohne normative Überlastung eingesetzt zu werden . Mittlerweile kann sich der Befund, der auch von anderen sozialwissenschaftlichen Arbeiten in Aussicht gestellt worden war, selbst vom profiliertesten Vordenker des Euro-Islam bestätigen lassen . Bassam Tibi, der in seinem letzten deutschspra-chigen Buch (Euro-Islam, 2009) mit einigem Entsetzen seinen Rückzug vor dem deutschsprachigen Publikum ankündigte, meldete sich 2016 mit Fernsehdebatten und Zeitungsinterviews zurück und gab seine Kapitulation bekannt, indem er das Konzept des Euro-Islam für gescheitert erklärte .3 Er gebe seine Hoffnung auf und räume seine Niederlage als Urheber dieser Friedensvision ein, weil der Scharia-Islam der muslimischen Parallelgesellschaften sich mit der Unterstützung des deutschen Staates gegen den Euro-Islam durchgesetzt habe . Selbst in Frankreich, im von ihm wegen seiner Laïcité als Modell favorisierten Land, scheine das Projekt gescheitert, weil die Integrationsdebatte in Paris unter dem Primat der Sicherheit geführt werde . 2015 markiere das Ende seiner Hoffnung auf eine Europäisierung des Islam, weil „mehr als anderthalb Millionen Flüchtlinge aus der Welt des Islam, überwiegend aus meiner Heimat Syrien, nach Europa gekommen, unter denen ich keine einzige europäisch gekleidete Frau gesehen habe . Ich sehe bärtige Islamisten und Frauen in islamistischer Uniform und resigniere .“4

Der achtsame Sachkenner wird bei der Textlektüre gleich erkennen, dass nicht der Theoretiker sondern der Politstratege resigniert . Tibis Kapitulation ist kein wissenschaftliches Eingeständnis, sondern eine politstrategische Anklage . Eine Einsicht in die Unzulänglichkeiten des eigenen Denkgebäudes, die in dieser Studie

2 Das Ergebnis war 2012 vorangekündigt worden: Şahin, Ertuğrul, Anspruch und Wirk-lichkeit. Was taugt die Forderung nach einem Euro-Islam?, in: Herder Korrespondenz, 66 . Jahrgang, Heft 12, Dezember 2012, S . 622-626 .

3 Tibi, Bassam, Warum ich kapituliere, in: Cicero – 6 . 2016, S . 115-119 . Die Kapitulations-erklärung griffen andere Medien wie Deutschlandfunk (online Ausgabe von 01 .08 .2016) oder Hamburger Abendblatt (online Ausgabe von 05 .08 .16) mit der Schlagzeile „Der Euro-Islam ist gescheitert“ auf .

4 Ebd ., S . 115 .

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Vorwort XV

XV

und anderswo reichlich diskutiert wurden, lässt sich keineswegs erkennen . Es ist nicht das konzeptionelle Können des Theoretikers, sondern der Euro-Islam, der die Niederlage erlitt . Er erklärt das Unvermögen der Muslime und der Zuwande-rungs- und Integrationspolitik des deutschen Staates, die seine Version und Vision des europäischen Islam nicht übernahmen, für bankrott und klagt es öffentlich an . Man könne „die Durchsetzung des Kopftuch-Islam als einen Sieg der Verweigerung der Integration und eine Parteinahme gegen den Euro-Islam deuten .“5 Es sind die Feinde des „offenen Euro-Islam“, so Tibi auf Karl Popper anspielend, die „einerseits die Islamisten und die schriftgläubigen orthodoxen salafistischen Muslime […], sowie andererseits die deutschen und europäischen Feinde des offenen Islam, nicht nur unter Rechtspopulisten“ sind .6 Der Eklektiker begräbt seine Hoffnung, weil „die große religiöse und kulturelle Vielfalt innerhalb der deutschen Islamdiaspora“ sich nicht nur in einem „Eintopf-Islam“ nicht wiederfindet, wie Tibi selbst den deutschen Behörden kritisierend zu Protokoll gibt7, sondern auch sich in einem Eintopf-Euro-Islam à la Bassam Tibi nicht homogenisieren lässt . Der Politstratege ist in seiner Lagebeschreibung und Prognose voreilig und beraubt die Geschichte ihrer Geschichtlichkeit .

Andere Akademiker und neuere Studien belegen, dass vom Scheitern des „europäischen Islam“ nicht die Rede sein kann, auch wenn auf die normative Begriffsbelegung Tibis verzichtet wird . Das Diskursfeld des europäischen Islam besteht nicht nur in seiner ganzen Brisanz weiter, zu der Tibi viel beigetragen hat, sondern bringt auch weitere wertvolle Studien zum Islam in Europa hervor . Inzwischen sind einige Publikationen zu verzeichnen, die trotz ihrer verlagerten Fragestellungen bezüglich des interdisziplinären Sachverhalts und der eingesetzten Methoden hätten in dieser Arbeit Beachtung finden können . Im Folgenden sollen diese neueren Studien, die mit dieser Studie parallel entstanden sind und mit ihr im unmittelbaren thematischen Zusammenhang stehen, in aller Kürze besprochen und inhaltliche Verknüpfungen angesprochen werden .

Die Konzepte der in diesem Buch behandelten Autoren und betreffende Fragen sowie Sachstände lassen sich in den Untersuchungen von Hashas8, Yu9 und Neu-

5 Ebd ., S . 116 .6 Ebd ., S . 118 .7 Ebd .8 Hashas, Mohammed, On the Idea of European Islam. Voices of Perpetual Modernity,

unveröffentlichte Dissertation, LUISS University of Rome, Italy 2013 .9 Yu, Chi-chung (Andy), Thinking Between Islam and the West. The Thoughts of Seyyed

Hossein Nasr, Bassam Tibi and Tariq Ramadan, Oxford u . a ., 2014 .

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XVI Vorwort

gebauer10 wiederfinden . Göle11 stellt hingegen eine europaweite empirische Studie dar, in der diese Denker kurz angesprochen sind . In seiner unveröffentlichten Dissertation fragt Hashas zunächst bestehende Entwürfe von Bassam Tibi, Tariq Ramadan, Tareq Oubrou und Abdennour Bidar kontext- und diskursanalytisch dahingehend ab, wofür der Begriff bzw . das Phänomen des europäischen Islam steht, um anschließend der Frage nachzugehen, ob und wie ein europäischer Islam möglich ist . Der angegebene thematische Fokus der Dissertation von Yu ist beim ersten Blick umfassender . Yu macht die Kompatibilität von Islam und Modernität zum Gegenstand und sichtet ebenso diskursanalytisch und vergleichend die Texte von drei muslimischen Denkern (Seyyed Hossein Nasr, Bassam Tibi und Tariq Ra-madan) zur (westlichen) Moderne . Bei Neugebauer wird hingegen die europäische und muslimische Identität zum Untersuchungsgegenstand ihrer Dissertation, die ebenfalls drei muslimische Konzepte (Tariq Ramadan, Mustafa CeriĆ und Navid Kermani) zur Vereinbarkeit von religiöser und bürgerlicher Zugehörigkeit behan-delt . Yu und Neugebauer geht es hauptsächlich um ein vergleichendes Abbild der ausgewählten Konzepte, um ihre Gemeinsamkeiten oder Unterschiede mit Bezug auf ihre jeweiligen Fragestellungen (Modernität bzw . Zugehörigkeit) herauszuarbeiten . Şahin und Hashas gehen über eine Rekonstruktion hinaus und möchten die Frage grundsätzlich beantworten, ob, und wenn ja, wie ein europäischer Islam möglich ist . Angesichts der starken Verknüpfung der untersuchten Phänomene – europäischer Islam (Şahin und Hashas), Modernität (Yu) und Zugehörigkeit (Neugebauer) –, auf die sich alle vier Studien mit unterschiedlichem Forschungsdesign fokussieren, sollen die Schnittmengen sowie Gemeinsamkeiten und Unterschiede in ihren Befunden etwas näher besprochen werden .

Die großen Verbindungen zum Inhalt dieses Buchs entstehen nicht nur über die untersuchten Namen . Sie sind intensiv durch die Fragestellung gegeben, dass die Vereinbarkeit von Islam, Europa, Westen und Moderne makrotheoretisch und diskursanalytisch (Şahin, Hashas und Yu) und die von europäischen und islamischen Zugehörigkeiten differenzhermeneutisch und inhaltsanalytisch (Neugebauer) im Mittelpunkt stehen . Sicherlich machen die muslimischen Haltungen zur Moderne und zur Zugehörigkeit zwei der wichtigen Diskursfelder des europäischen Islam aus . Alle vier Arbeiten versuchen die Ideenwelten der ausgewählten Denker im Rahmen ihrer Fragestellung zu rekonstruieren . Über eine vergleichende Rekons-

10 Neugebauer, Vivien, Europa im Islam – Islam in Europa. Islamische Konzepte zur Ver-einbarkeit von religiöser und bürgerlicher Zugehörigkeit, Frankfurt a . M . 2016 .

11 Göle, Nilüfer, Europäischer Islam – Muslime im Alltag, Berlin 2016 (franz . Original: Musulmans au quotidien: Une enquête européenne sur les controverses autour de l’islam, Paris 2015) .

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Vorwort XVII

XVII

truktion hinaus liegt der eigenen Studie die Absicht zugrunde, die muslimischen Konzepte aus einer erkenntnistheoretischen Sicht heraus kritisch zu hinterfragen, um grundsätzlich die Notwendigkeit und Möglichkeit eines europäischen Islam eruieren zu können . Hinter dem Vorhaben und der Beschränkung auf zwei Denker steht die begründete Annahme, dass die divergierenden und konkurrierenden Vorstellungen in den Konzepten von Bassam Tibi und Tariq Ramadan thematisch und argumentativ zwei voneinander entfernte, normative Hauptstränge des allge-meinen Diskurses über den europäischen Islam repräsentieren . Die Hinterfragung findet gerade mit Bezug auf eine metatheoretische Herausforderung, nämlich die der den Islam und Europa zugewiesenen Universalitäten, statt, deren Relevanz bei Hashas und Yu ebenfalls erkannt wird . Yu stellt in seiner Arbeit abschließend die ontologische Gegenüberstellung von Islam und (westlicher) Moderne kritisch in Frage und möchte hierfür weitere Analysen anregen, die theologisch und philoso-phisch fundiert sein müssten .12 Die Studien von Şahin und Hashas können diesem Befund nicht nur beipflichten, sondern gehen darüber hinaus der Problematik intensiv nach . Gerade die Erkenntnis des diesbezüglichen Forschungsdesiderats, die sich durch die Debatten über die Etablierung und Funktionalisierung der isla-mischen Theologie sowie durch die sachspezifische Textlektüre verfestigte, konnte und wollte die eigene Studie nicht übergehen . In ihrem Versuch, unterschiedliche Modi der Universalität in Kategorien aufzufangen, um sie dann zur analytischen Grundlage zu machen, wurde die ontologische Dimension als höchste normative Ebene der Universalitäten eingestuft . Hashas bespricht ebenfalls die Problematik der Abgrenzungen zwischen dem Universalen und Historischen, um abschließend die ontologische Gegensätzlichkeit zwischen dem Islam und Europa/Westen zu-rückzuweisen und die eigene Konzipierung eines europäischen Islam zu begründen .

In der gegenständlichen Problematik am nächsten, im Endergebnis doch am entferntesten, steht die Studie von Hashas zu dieser Untersuchung . Mit einem ähnlichen kognitiven Hintergrund und mit derselben Frage dieser Studie nach dem gegenwärtigen Standpunkt des europäischen Islam eruiert er zunächst die Begriffsbelegung (den inhaltlichen Gehalt) in den von ihm ausgewählten Konzepten . Die Dissertation ist allerdings in ihrer finalen Zielsetzung nicht bescheiden . Hashas will nicht nur vergleichen, analysieren und hinterfragen . Weil er keine ausgereifte Idealkonstruktion ausfindig machen kann, hat er das ehrgeizige Ziel, die Idee des europäischen Islam im letzten evaluativen Teil seiner Dissertation theologisch wie politisch zu erneuern und zu einer „reasonable comprehensive doctrine“ zu vollenden . Er versucht die Texte vergleichend unter der Maßgabe ihrer Eignung

12 Vgl . Yu 2014, Einleitung, S . 2 f . und das abschließende Kapitel seiner Studie, S . 235 ff .

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XVIII Vorwort

zu erfassen, dass sie Argumente und Rechtfertigungen für seine Evaluation eines vollendeten europäischen Islam liefern . Hierbei macht er die theologische Fundie-rung zum Auswahlkriterium, weshalb er Tibis politisches Rechtfertigungsmodel, das einer simplen Nachahmung der kulturellen Euro-Modernität verdächtigt wird, in seiner Evaluation ausschließt . Seinem Befund, dass Tibis Konzept theologisch nicht gesättigt ist, kann diese Studie beipflichten . Tibi führt nicht nur keinen theologischen Diskurs; er lässt ihn unter dem Primat der Universalität der kulturellen Moderne nicht zu . Die Reformagenda Ramadans, dessen ideelle Wandlung in dieser Studie ebenfalls beschrieben wird, weise diese theologische Lücke nicht auf, weshalb sie als die theologisch-politische Rechtfertigung für den europäischen Islam heran-gezogen wird . Seine theologisch-philosophische Begründung findet Hashas in der laizistischen Geotheologie von Oubrou und im islamischen Existentialismus einer überwundenen Religion von Bidar . Mit Oubrous Minderheitenrecht in Europa kann er für die Relativierung der Scharia zugunsten der Ethik in anderen Kontexten argumentieren . Bidar liefert ihm schließlich die doktrinäre Begründung für die Modernität als ein beispielloses Ereignis des Heiligen .

Sein theologisch anvisierter Vergleich will herausfinden, was im europäischen Islam neu ist . Das islamisch-europäisch Neue müsste im Grunde eine diachrone Geschichtsschreibung über soziale, kulturelle, politische u . ä . Transformationen provozieren . Die Analyse des europäischen Islam im Kontext bekommt allerdings bei Hashas eine völlig andere Dimension und wird nun mehr eine Rückschau auf die islamische Ideengeschichte . Der Kontextbegriff verliert seinen geographischen Bezug, so dass Europa nicht mehr der von der übrigen Welt geographisch abgegrenzte gemeinsame Raum ist, in dem der Islam in Europa zum Islam von Europa werden soll . Europa wird nahezu wortwörtlich zum Äquivalenzbegriff für Modernität und Rationalität . Hashas versucht die rationalistische Kalām-Tradition, präsentiert durch die Ethiktheorie des muʿ tazilitischen Rationalisten Qāḍī ʿ Abd al-Ǧabbār, die politischen Reformideen innerhalb des islamischen Rechts der früheren Reformis-ten (19 . Jh .) und die theologischen Reformen jenseits der verankerten Scharia bei späteren Reformisten (20 . Jh .) zu verbinden . Die lange rationalistische Tradition wird herangezogen, um die Kombination von Vernunft und Ethik für notwendig und möglich zu erklären . Das vergleichende Fazit beschreibt einen „neuen“ euro-päischen Islam, der die Ethik rationalisiere und dabei „revisionist-reformist“ oder „traditionell-modern“ sei .13 Spätestens an diesem Punkt verliert der Begriff des europäischen Islam seinen empirischen Bezug auf den europäischen Raum sowie auf die sozialen, kulturellen, politischen Fakten völlig und wird zur abstrakten Idee und Vision .

13 Vgl . Hashas 2013, S . 299 ff .

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Vorwort XIX

XIX

Seine Konzeptualisierung der Idee des europäischen Islam soll die klassischen Dichotomien des islamischen Denkens, ja des menschlichen Denkens überhaupt, überwinden . Sie soll eine konstruktive Beziehung zwischen Islam und Modernität und zwischen Muslimen und westlichen Gesellschaften ermöglichen . Dabei zieht er die reformistische Lesart des tunesischen Gelehrten Taha Abdurrahman zu Rate, die er für Innovation in der Humanisierung, Historisierung und Rationali-sierung der Offenbarung für bestens geeignet hält .14 Um das theologische Gerüst mit einem politischen zu vervollkommnen und zu konsolidieren werden zum Schluss die Theorie der sozialen Gerechtigkeit und der politische Liberalismus von John Rawls, der auf einen übergreifenden Konsens fokussiert ist, einbezogen . Sein politisches Framework sei am geeignetsten, im Zeitalter des Pluralismus die Werte einer liberalen Gesellschaft der Gerechtigkeit und die (ethischen) Werte der Lehre des europäischen Islam zu verbinden und zu bewahren . Der übergreifende Konsens, der für eine fortwährende Modernität durch Meinungsmehrheiten sorgt, ermöglicht zugleich die ständige Konsolidierung der Idee des europäischen Islam, die in seiner vollendeten Form einer umfassenden Theorie des Guten dennoch als eine intern pluralistische theologische Lehre bleiben soll .15 Seine eigene Konzep-tualisierung des europäischen Islam soll die Modernität perpetuieren, indem sie sich auf die europäische und islamische Modernität – in ihrer von Abdurrahman gedachte Essenz – stütze:

European Islam’s modernity is neither Euro-centrist nor Islamo-centrist . It stands in a third space between the two . It tries to break the strong “classical dichotomous thought” of secular versus religious, revelation versus reason, private versus public, etc . It is revisionist, or traditional, in the sense that it preserves the divine as the core of its ethos . It is reformist, or modern, in the sense that it embraces modernity values, but re-interprets them according to the divine ethos . Perpetuity in modernity stems, henceforth, from the fact that neither revelation per se, nor modernity per se, claims stability in interpretation . Rather, since its ideal is social stability and social welfare, perpetual modernity requires that revelation remains modern, constantly revisited to answer human needs, so it remains appealingly “new” in the eye of its beholders .16

Der Versuch von Hashas mag für manche Reformerwartungen theologisch-dok-trinär einleuchtend und sympathisch vorkommen . Seine Idee einer umfassenden reasonable comprehensive doctrine hat mit dem eigentlichen europäischen Islam im gegenständlichen Diskurs nichts mehr zu tun . Es ist kein Konzept für den Islam in

14 Vgl . ebd ., S . 399 ff .15 Vgl . ebd ., S . 459 ff . sowie 493 ff .16 Vgl . ebd ., S . 482 .

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XX Vorwort

Europa, sondern eine Abstraktion für ein modernes islamisches Denken jenseits regionaler oder nationaler Grenzen . Es ist ein enorm eklektischer Versuch für eine islamische Erneuerungstheologie mit universalistischer Weltvision, die das spezifisch Europäische, das in Europa empirisch Entstehende, völlig aus der Debatte vertreibt, daher die Bezeichnung „europäisch“ nicht verdient . Aus diesem Grunde erübrigt sich hier jegliche Auswertung seiner evaluativen Abstraktion eines angeblichen europäischen Islam . Er hätte auch ohne faktische Bezüge Beachtung finden können, wenn er sich doktrinär nicht übernommen und seine normativen Aussagen auf die Umstände der europäischen Muslime fokussiert hätte . Ramadans Vorschlag der Konsultationsräte ist den europäisch-muslimischen Realitäten viel näher als der übergreifende Konsens, dessen nationalstaatliche Umsetzung sich in demokratischen und rechtsstaatlichen Verfahren und Institutionen bereits realisiert, in denen sich die muslimischen Sichtweisen in ihrer Vielfalt artikulieren können . Seine Anleihen von Rawls und der Fokus auf den Konsens können eventuell argumentieren, wes-halb die religiöse Rede im Gegensatz zu Tibis Ansicht auch im öffentlichen Raum eines säkularen Staats zulässig bleiben und sich in Meinungsbildungsprozessen einbringen darf . Die muslimische Rede wird sich allerdings aller Voraussicht nach nicht vereinheitlichen . Insofern wird auch die muslimisch-säkulare Weltsicht, die von Tibi vertreten wird, in den Aushandlungen der muslimischen Beheimatung ihren Anteil haben . Daher kann der völlige Ausschluss der Sichtweise Tibis aus der Debatte nicht als berechtigt gelten . Wenn auch seine Idee des Euro-Islam von keinem substantiellen Nutzen ist, sondern einzig instrumentell eingesetzt werden kann, repräsentiert sie die Gedankenwelt eines breiten politischen, medialen und öffentlichen Publikums, zu dem auch manche Muslime gehören . Der Ausschluss dieser Gedankenwelt bedeutet zugleich der Ausschluss eines der Gestaltungsfakto-ren, der in Verhandlungsprozessen, daher auf faktische Entstehungsbedingungen eines europäischen Islam einen wichtigen Einfluss ausüben kann . Hashas begeht den gleichen Fehler, den Tibi mit seinem homogenisierenden Euro-Islam-Konzept und mit dem diskursiven Ausschluss Ramadans machte .

Hashas zweifache Empirieferne wird durch die Ergebnisse der vergleichenden Studie von Yu erneut dadurch deutlich, dass sich die muslimischen Ideenwelten nicht einfach zu einer zusammenhängenden Metatheorie, sei es für einen europäischen Islam oder darüber hinaus, verzahnen lassen . In seiner 2014 veröffentlichten Dis-sertation nimmt sich Yu drei muslimische, intellektuelle Begegnungen des Gegen-wartsislam vor, die mit ihren mehr oder weniger reformistischen Ideen Antworten auf die Herausforderungen der Moderne suchen . Die Studie ist bestrebt, mögliche muslimische Reflektionen auf die soziale Vision der Muslime im Westen und auf ein Zusammenleben ohne Angst und Sorge zu eruieren . Seine makrotheoretisch vergleichende Ausrichtung fragt nach der Kompatibilität von Islam, Westen und

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Vorwort XXI

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Moderne . Nasr steht für den Traditionalismus, der die Rückkehr zur authentischen Religion bedeutet und gegenüber der (westlichen) Moderne mit Bezug auf die Gesell-schaftsordnung eine durchgehend kritische Haltung entwickelt .17 Seiner perfekten religiösen Ordnung mit einer Rechtfertigung sozialer und politischer Hierarchie kann Yu wenig abgewinnen . Die Ablehnung der „halben Moderne“ in der islamischen Welt und die Perspektive des Reform-Islam mit dem ausgeprägten Rationalismus und der Säkularität bei Tibi sind das markante Gegenteil dessen, was bei Nasr auf die Islamisierung des Wissens und der Politik hinausläuft .18 Ramadan hingegen nimmt eine Zwischenposition ein und entwickelt einen dialogisch-kommunika-tiven Versöhnungsansatz . Der Dialog zwischen Muslimen und Nichtmuslimen in öffentlichen Angelegenheiten ist für die Versöhnung entscheidend und wird durch eine kommunikative Gesellschaft ermöglicht .19 Yu bestärkt die Befunde dieser Studie im Falle einzelner Denker dahingehend, dass dem dialogisch-kommuni-kativen Charakter des Reformansatzes von Ramadan mehr Versöhnungschancen eingeräumt werden können, als dem zivilisatorischen Lösungsansatz von Tibi, der einen beschränkten Dialog zwischen säkularen Kreisen vorsieht . Die in der eigenen Studie aufgedeckte Ambivalenz Tibis wird durch die Präsentation des Euro-Islam bei Yu deutlich . Yu versteht das Euro-Islam-Konzept von Tibi als ein globales Angebot der zivilisatorischen Konfliktlösung im Deal zwischen Islam und Moderne . Tibi selbst macht unterschiedliche Aussagen darüber, ob sein Konzept auf Europa beschränkt ist oder für den globalen Zivilisationskonflikt gelten soll .

Wenn auch Unterschiede zwischen seiner und dieser Studie im problematisie-renden Fokus bestehen, kann Yu letztlich gut demonstrieren, dass das moderne islamische Denken nicht monolithisch ist, sondern unterschiedliche Ansätze mit divergierenden Verbindungs- und Versöhnungsstrategien zwischen Islam und Moderne bereitstellt . Eine weitere Gemeinsamkeit lässt sich im Verständnis von Modernität, Westen oder Europa erkennen . Auch für Yu gilt, dass der Modernismus und der Westen fortwährend diskutiert werden wollen, infolgedessen die Beziehung zwischen Religion und Modernität noch vielschichtiger und komplizierter wird . Religion und Tradition dürfen nicht immer als Hindernisse des Fortschritts, der Rationalität oder einer freiheitlichen Gesellschaft angesehen werden .20 Yu selbst ist in seiner Bemühung des Verstehens muslimischer Sichtweisen auf die Moderne insofern nicht voreingenommen, dass ein konfliktträchtiges Verhältnis von Islam und Westen als etwas ausschließlich Negatives impliziert wird . Seine Rekonstruk-

17 Vgl . Yu 2014, S . 27 ff .18 Vgl . ebd ., S . 87 ff .19 Vgl . ebd ., S . 139 ff .20 Vgl . ebd ., S . 11 ff ., insb . S . 15 ff .

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XXII Vorwort

tion legt den wissenschaftlich-intellektuellen Hintergrund dieser Denker gekonnt dar, wodurch die Relevanz und die Beheimatung des muslimischen Denkens in den westlichen Gesellschaften der Gegenwart herausgearbeitet sind . Die bewusste Offenheit der Studie trägt zugleich ein alternatives Perspektivenangebot für das Beziehungsgeflecht zwischen Islam und Westen mit . Hierdurch werden eventuelle Kompatibilitätsaussichten einer immanent konfliktträchtigen Gegensätzlichkeit nicht preisgegeben . Sie erhebt keinen Anspruch, weder die untersuchten Ansätze als ausgereift und kohärent darzustellen noch ein eigenes Angebot zu unterbreiten . Sein Plädoyer, im Westen tätige muslimische Denker als westliche Denker anzu-sehen und in die Diskurse und Publikationen zum philosophischen, politischen und religiösen Denken einzubeziehen, hat einen zweifachen Stimulus: Zum einen könne der Westen dadurch als Geste guten Willens zu einem besseren Islamdiskurs beitragen, zum anderen solle die unverhältnismäßige Repräsentation muslimischen Denkens im akademischen Diskurs verbessert werden .21

Die europäisch-islamische Vereinbarkeit regt auch die Arbeit von Neugebauer an, der sie in der konzeptuellen Formation gleichzeitiger Zugehörigkeit zum Islam und Europa nachgehen möchte . Die durch die qualitative Inhaltsanalyse rekons-truierten Europa-Konzepte von Tariq Ramadan (Raum der Bezeugung), Mustafa CeriĆ (Haus des Gesellschaftsvertrages) und Navid Kermani (Ort der Vielfalt) werden aus der differenzhermeneutischen Perspektive auf ihre Gemeinsamkeiten oder Unterschiede hin untersucht . Die Antworten dieser Denker auf Fragen des Status der Scharia, der Vergemeinschaftung, der Loyalität, der Partizipation, der Religionsfreiheit, der Toleranz oder des Miteinanders in einer wertepluralen Gesellschaft werden ermittelt, um muslimische Positionen zur Vereinbarkeit zu generieren . Neugebauer bescheinigt diesen Konzepten, die in einem Balanceakt zwischen Flexibilität und Erhalt stünden, zusammenfassend die Kompetenz zu, den Muslimen in Westeuropa die Beheimatung ermöglichen zu können . Sie vermit-telten ein muslimisches Selbstverständnis dafür, um sich in Europa einzufinden, als Teil dieser Gesellschaft zu verstehen und zu Hause fühlen zu können, ohne die eigene Religion für die bürgerliche Zugehörigkeit aufgeben zu müssen . Den Mus-limen würden sie auf verschiedene Weise die Berechtigung zusprechen, die eigene Gestaltung ihrer religiösen Zugehörigkeit zum Lebensmittelpunkt machen und sie selbstbewusst vertreten zu dürfen . Das anvisierte Zielstadium der integrativen Transformation sei ein europäischer Islam, in dem die Muslime Europas Bürger muslimischer Herkunft sind und nicht die Muslime, die in Europa leben .22

21 Vgl . ebd ., S . 235 ff .22 Neugebauer 2016 . Die Autorin zieht Zwischenbilanz in mehreren Kapiteln ihrer langen

Dissertation . Gesamtergebnisse werden im 9 . Schlusskapitel (S . 389 ff .) zusammengetragen .

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Vorwort XXIII

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Wie Yu plädiert Neugebauer im Schlusskapitel ihrer Studie für die Wertschät-zung islamischer Konzepte, die Beiträge einer pluralen Religionskultur in Europa aus einer islamischen Binnenperspektive seien, die so von außen durch die sozial-wissenschaftlichen und christlich-theologischen Studien nicht abgebildet werden können . Ihre Studie ist sich dessen bewusst, einen Ausschnitt der muslimischen Beiträge im Verhandlungsprozess abgebildet zu haben und weit davon entfernt, in der Frage der Zugehörigkeit ein monolithisches Bild zu vermitteln . Als eine grundsätzliche Gemeinsamkeit in den von ihr analysierten Konzepten lässt sich festhalten, dass Europa und Islam durchaus zusammen gedacht werden können .23 Kein Konzept widerspricht freilich der Loyalität, Partizipation, Religionsfreiheit oder Toleranz . Die Bereitschaft für die Reform der Scharia ist ebenfalls gegeben wie die Beachtung der Rechtsordnungen . In der Gewichtung und Argumentation einzelner Aspekte und in der konkreten Formung der Beheimatung tun sich aber das innerislamische Spannungsfeld und die Vielfalt der Ideen auf . Neugebauers Befund der konzeptuellen Unterschiede in vielen Fragen, wie etwa nach der pri-vaten und kollektiven öffentlichen Sichtbarkeit, der Institutionalisierung oder der ethnisch-kulturellen Selbstidentifikation24 bestätigen die Befunde in diesem Buch . Beispielsweise plädiert Ramadan für eine universelle islamische Lebensweise, die jedoch die aus den muslimischen Ländern übernommenen Traditionen und Kul-turen in Europa ausschließen will und ihre neue Authentizität dadurch erlangt, dass sich die europäische Identität mit der Zugehörigkeit zur islamischen Umma verknüpft . Das Konzept der De-Essentialisierung von Kermani lässt hingegen mehr Inkulturation zu, dagegen die universalistische Auffassung der Umma fallen – wie bei Tibi . Die Konsequenz der innermuslimischen Spannung ist im öffentlich- institutionellen Handlungsbereich bestens bekannt .

Der von Neugebauer berücksichtigte Verhandlungsprozess25 macht auf die Prozesshaftigkeit der sozialhistorischen Realitäten, daher auf die prozessuale Ent-wicklung des europäischen Islam aufmerksam, die im vorliegenden Buch betont und zum Geltungskriterium der Konzepte erhoben wird . Die Aushandlungen im Gestaltungsprozess wie die der Beheimatung bedürfen empirischer Untersuchungen, um das geschichtliche Werden des europäischen Islam mit anderen kontextuellen Formungen in anderen Geographien vergleichend analysieren und schließlich vom

23 Siehe für eine inklusivistische Position, nach der Europa und Islam aufgrund der jahrhundertelangen europäisch-islamischen Geschichte zusammengedacht werden müssen: MuhiĆ, Ferid, Islamische Identität Europas, hrsg . v . Institut de Recherche, d’Education et de Dialogue Interculturel (IREDI .), 2016 .

24 Vgl . Neugebauer 2016, S . 407 ff .25 Vgl . ebd . 132 ff .

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XXIV Vorwort

existenten europäischen Islam sprechen zu können . Das neue Buch von Göle, in dem die hoffnungsvolle Bilanz einer jahrelangen Feldforschung dargestellt wird,26 beleuchtet diesen Prozess „von der Collage zum Gewebe“27 . Mit einem besonderen Fokus auf den Alltag „ganz einfacher Muslime“ findet sich darin eine gesamteu-ropäische Perspektive, die empirische Beweise für die Entstehung eines in Europa beheimateten Islam und für die Existenz des Muslim-Europäers liefert .

Dennoch ist weder von einem homo islamicus noch von einem monolithischen Euro-Islam die Rede . Die Kategorie der Muslime sei, so beschreibt Göle die begriffli-chen Verschärfungsversuche während der soziologischen Feldforschung, „in tausend Stücke auseinandergebrochen und erfuhr zahlreiche Erweiterungen auf Grund großer Unterschiede zwischen der einen oder anderen Gruppierung in Bezug auf ethnische Zugehörigkeit, Route der Migrationsbewegung, Verhältnis zum Glauben und zu den europäischen Normen“ .28 Der Begriff des europäischen Islam wird nicht definiert . Gleichwohl kann dem gesamten Inhalt eine Beschreibung entnommen werden . Er steht nicht für ein strukturiertes und monolithisches Gebilde in einem kontroversfreien Raum . Er drückt die neuartige Präsenz des Islam in Europa aus, in dem das Neue die Grenzen zwischen privaten und öffentlichen Räumen verändert – trotz der nicht fehlenden Gewalt und heftigen Auseinandersetzungen . Er steht für vielfältige „andere muslimische Stimmen und Sichtweisen auf die öffentlich manifestierten Realitäten“ des Islam in Europa, „die sich hinter den in den Medien ausgetragenen Kontroversen verbergen“ .29 Er drückt einen neuen islamischen Habitus aus, in dem die Scharia ihren Einfluss auf die Selbstidentifikation und Vorstellungs-welt der befragten Muslime deutlich verliert . Die religiösen Praktiken spiegeln die der Familientradition nicht wieder oder das neue Profil der europäischen Muslimin ist durch ihre kritische Haltung und ihren Unabhängigkeitswillen geprägt .30 Diesen europäischen Islam prägen die Abwandlung des religiösen Wortschatzes und die erkennbare Bedeutungsverschiebung des theologisch ursprünglichen Sinns wie auch die phänomenologisch-politischen Ritualpraktiken im öffentlichen Raum31

26 Die Feldforschung wurde im Rahmen des Forschungsprojekts EuroPublicIslam des Pariser École des hautes études en sciences sociales (EHESS) zwischen 2009 und 2013 europaweit in 21 Städten durchgeführt .

27 Göle 2016, S . 9 .28 Ebd ., S . 15 .29 Vgl . ebd ., S . 18 f .30 Vgl . ebd ., S . 61 ff . Im Scharia-Begriff erkannten sich die Befragten nicht wieder, weil sie

ihn mit körperlichen Strafen und einem islamischen Staat verbinden würden . Er fände Anwendung, wenn sie ihre Zugehörigkeit zu Europa bekräftigten (vgl . S . 61 sowie 175 ff .) .

31 Vgl . ebd ., S . 257 .

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Vorwort XXV

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oder die entstehende Kreativität in ästhetischen und künstlerischen Dimensio-nen des öffentlichen Lebens .32 Der Begriff des europäischen Islam findet seinen Gebrauch ganz im Sinne der begrifflichen Schlussfolgerung dieses Buches . Er ist nicht der Euro-Islam und nicht der europäische Islam, sondern der empirische Ausdruck für die von muslimischen Herkunftsländern abweichenden, neuen aber vielfältigen Identitäten, Zugehörigkeiten, Lebenswelten und Formen des gemein-samen Zusammenlebens . In ihm ist nicht zu guter Letzt die postdiasporische oder postmigrantische Selbstverständlichkeit inbegriffen, dass der Islam zum Bestandteil des gemeinsamen Alltagslebens erklärt werden kann, ohne dabei Konfrontationen und neue Konflikte zu überspitzen oder zu verharmlosen .

Das Buch von Göle ist dadurch gekennzeichnet, dass die Autorin die Befunde der empirischen Feldforschung, die im experimentellen öffentlichen Bereich33 in verschiedenen europäischen Städten durchgeführt worden ist, mit den öffentlichen Islam-Debatten und mit den Vorstellungen (u . a . Tibi und Ramadan) zum europäi-schen Islam verbindet . Die Paradoxie, die Tibis Begriff der europäischen Leitkultur durch die Instrumentalisierung in der deutschen Leitkulturdebatte erfuhr und in dieser Arbeit auch reichlich skizziert wurde, findet ihren Platz genauso wie die Ausweglosigkeit seines Unterscheidungskriteriums, das die französische laïcité zum Wesensmerkmal des Euro-Islam erhob . Das laïcité-Model verliert ihren Reiz dadurch, dass der Neutralitätsgrundsatz der staatlichen Autorität in Frankreich wie in Deutschland durch die Erhebung der Laizität und der Leitkultur zu iden-titätsstiftenden Grundpfeilern umformuliert und überbewertet wird . Die Laizität im französischen Exzeptionalismus und die Leitkultur im deutschen Kulturessen-tialismus wurden laut Göles Beobachtung zur Eigenheit der nationalen Identität erhoben, in der die Beziehungen zwischen den Kulturen hierarchisch gegliedert sind . Sie wurden als Forderung nach einer absoluten Loyalität gegenüber der domi-nanten Kultur neu justiert und dadurch auch zu den Inbegriffen des Ausschlusses .34 Der Begriff der Leitkultur, deren Wesensmerkmale in den letzten fünfzehn Jahren vervielfacht worden seien, „sorgte vor allem in der Migrationspolitik für eine Um-orientierung auf kultureller Ebene . Die Übernahme der sozialen Normen wurde zu einer Vorbedingung für die Teilnahme an der nationalen Gemeinschaft .“35 Man kann ohne weiteres hinzufügen: Durch die Leitkulturdebatte wurde die Debatte über den europäischen Islam zu einer Debatte über den deutschen Islam .

32 Vgl . ebd ., S . 24, 261 ff .33 Siehe zu der Forschungstechnik EÖB ebd ., S . 72 ff .34 Ebd ., S . 30 ff .35 Ebd ., S . 35 .

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XXVI Vorwort

Göle erklärt Tariq Ramadan zu jener öffentlichen Figur, die die in Europa lebenden Muslime wahrscheinlich am besten und doch am umstrittensten reprä-sentiere . Die Feldforschung soll gezeigt haben, dass er bei jungen Muslimen sehr beliebt ist und seine den europäischen Kontext einbeziehenden Analysen große Wirkung auf europäische Muslime haben . Die Selbstidentifikation, ein „franzö-sischer Staatsbürger mit muslimischer Konfession“ zu sein, drückt das von ihm vermittelte Bewusstsein der doppelten Zugehörigkeit aus, das über die gängigen Phrasen zum Thema Migration und gescheiterte Integration hinausgehe .36 Ra-madans Verständnis des Universalismus lässt ihn bei Göle als „Verfechter eines gemeinschaftlichen Universalprinzips“ identifizieren, der dem „republikanischen Universalismus“ widerspreche . Eine Geltungshierarchie zwischen unterschiedlichen Kategorien der Universalitäten, wie diese in diesem Buch herausgearbeitet sind, lässt den Widerspruch nachvollziehen . Im gemeinschaftlichen Universalprinzip gibt Ramadan allerdings seinen islamtheologisch bestimmten, ontologischen Universalismus nicht auf . Göle geht es um den Widerhall, den sein Aggiornamen-to-Versuch, in dem sein Universalismus in einem theologisch-philosophischen Gespräch zum Tragen kommt, über die muslimischen Kreise hinaus ausgelöst hat . Sie will zeigen, dass die etablierten Grenzen zwischen Islam und Europa durchbrochen werden .37 Ramadans Generierung der Universalprinzipien, die Position der Scharia und die Rolle der islamischen Normenlehre (fiqh und uṣūl al-fiqh) werden in folgenden Kapiteln dieses Buches reichlich diskutiert . Die bei Göle aufgenommenen innermuslimischen Debatten liefern dennoch ausreichende Indizien für die Begrenztheit seiner universalethischen Öffnung dahingehend, dass die von ihm anvisierte Neubestimmung der Ethikprinzipien innerhalb der von ihm beschriebenen Normenlehre nicht bleiben können .

Einige Interrelationen zwischen den umrissenen Studien und der eigenen wurden bisher besprochen . Als Fazit lässt sich Folgendes schlussfolgern:

Alle fünf Studien sind sich darin einig, dass ein einheitliches Bild von Islam, Europa und Westen weder bei Muslimen noch bei Europäern zu finden ist . Dieser Befund wird sicherlich keinen Aha-Effekt auslösen . Außer essentialistisch vorge-hender Ausnahmen38 in der Forschung gehört die Feststellung zur allgemeinen wissenschaftlichen Reflektion, dass von einem homogenen Islam und Europa nicht die Rede sein kann . Die Studien von Göle, Yu und Neugebauer unterliegen im Ge-gensatz zu Hashas nicht der Versuchung, ihre Ergebnisse in einem „islamischen“

36 Vgl . ebd ., S . 58 ff .37 Vgl . ebd ., S . 178 ff .38 Als Beispiel lässt sich erwähnen: Nagel, Tilman, Angst vor Allah? Auseinandersetzungen

mit dem Islam, Berlin 2014 .

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Vorwort XXVII

XXVII

Denkschema zu uniformieren . Ähnlich zur Infragestellung des genuin Islamischen und Modernen von Yu lässt sich aufgrund der weitgehenden Offenheit der musli-mischen Ansichten bei Neugebauer erneut fragen, ob die Unterscheidung zwischen „islamisch“ und „nichtislamisch“ in ihrer essentialisierenden Zuspitzung berechtigt ist . Die Gegensätzlichkeit und die Konfliktträchtigkeit zwischen dem Europä-isch-Westlichen und dem Islamischen werden zwar nicht zu Nebensächlichkeiten erklärt, den untersuchten Konzepten werden allerdings keine essentialistischen Gesetzmäßigkeiten entnommen . Die theologische oder europäisch-universalisti-sche Apologetik wird sich sicherlich damit nicht zufrieden geben . Bei Yu wird die Bedeutung der universalistisch-ontologischen Inhalte erkannt . Hashas überspitzt sie von islamtheologischen Grundlagen ausgehend, wie bei Ramadan und manchen anderen, zu einer universellen Ethik . Şahin arbeitet in diesem Buch heraus und betont, dass jegliche Universalitäten vor menschlicher Deutung und Sinngebung nicht gefeit sind . Er kann aus diesem Grunde dem „alternativen“ Perspektivenan-gebot bei Yu und Neugebauer beisteuern .

Eine Gesamtschau lässt resümieren, dass die ersten drei Studien in die in-tellektuellen Ideenwelten eindringen und sie inhaltsanalytisch zu Konzepten rekonstruieren . Obwohl diese Konzepte durchaus Realitätsreflektionen beinhalten können, sind sie als normative Ansätze einzustufen, die handlungsmotivierend auf die Realitätsgestaltung des europäischen Islam auswirken können . Aufgrund der Multikausalität des Geschichtsprozesses ist der Einfluss einzelner Konzepte nicht zu überbewerten . Die normative Kraft des Faktischen ist meistens mächtiger als die Geltung des normativen Denkens . Sie hat oft Enttäuschungen der Aggiorna-mento-Versuche wie im Falle Tibis verursacht . Aller Voraussicht nach wird der Versuch von Hashas davor nicht verschont bleiben . Die Spannung zwischen dem Normativen und Faktischem lässt sich in der Frage, wie viel Flexibilität es für die Anpassung bedarf, ohne die Substanz zu verlieren, erkennen, die Neugebauer an die Konzepte heranträgt . Die Antwort variiert mit den Argumenten und Moti-ven der Konzepte, ohne die Spannung zwischen der Flexibilität – Nötigung des Faktischen – und dem Erhalt von islamischer Zugehörigkeit – normative Vorgabe der Religion – aufheben zu können . Das Buch von Göle verdeutlicht nicht nur die Relevanz der Feldforschung, sondern zeigt auch die Praktikabilitätsgrenzen der normativen und präskriptiv überspitzten Ansätze . Selbst ihre eigene Hoffnung, dass die Collage erfolgreich zum Gewebe wird, weil die strukturierende Wirkung des Fremden auf die europäische Identität und die beispiellose schöpferische Freiheit in Europa einen Horizont des Möglichen errichten könnten,39 bekommt durch

39 Vgl . Göle 2016, S . 19, 28, 247 ff .

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XXVIII Vorwort

Gewalt- und Terrorakte ihren Dämpfer .40 Die eigene Studie hat mit den ersten drei besprochenen Studien das rekonstruierende Vorgehen gemeinsam, schlägt aber die Brücke zur vierten, indem sie nach dem Praxisbezug der Konzepte fragt und sie einer empirischen Plausibilitätsprüfung unterzieht . Der Untertitel dieser Arbeit deutet auf diese Verhältnisbestimmung von Normativität und Empirie hin .

Die Studien zeigen auf, dass der europäische Islam sowohl ein mehrdimensionales Phänomen der Wirklichkeit mit vielen Gesichtern ist, als auch – gerade aufgrund seiner vielen realen Gesichter – ein interdisziplinäres Forschungsobjekt darstellt, das mit den Forschungsfragen und methoden einzelner Disziplinen nicht hinreichend erfasst werden kann . Die in den meisten Abhandlungen mitschwingende Kernfrage nach der Kompatibilität, die den Universalismusdiskurs41 auslöst, ruft in erster Linie die Theologie und Philosophie auf . Die theologisch und philosophisch abgewogenen Wahrheiten müssen allerdings in die sozialen, politischen, kulturellen oder juris-tischen Wirklichkeiten übersetzt werden . Die Richtung der Interrelation lässt sich umkehren . Zahlreiche Sammelbände reflektieren zwar einzelne Sachstände aus der Perspektive mehrerer Disziplinen und öffnen weitere heuristische Horizonte; sie sind dennoch nicht in der Lage, der Mehrdimensionalität des Gegenstandes gerecht zu werden . Das Forschungsdesiderat besteht in interdisziplinären Untersuchungen mit kombinierten Sachfragen und Methoden . Das Forschungsformat der empirischen Studie von Göle legt ein weiteres wesentliches Desiderat offen . Das „Europäische“ an dem europäischen Islam ruft die erkenntnistheoretische Notwendigkeit von empirischen Studien auf den Plan, die länderübergreifend angelegt sein müssten . Überaus wichtig sind die empirischen Vergleiche zwischen den europäischen und nicht-europäischen Ländern, um Unterschiede eruieren zu können, weil uns erst der Unterschied berechtigt, vom europäischen zu sprechen .

Alle besprochenen Studien sind ungefähr im gleichen Zeitraum entstanden . Nach ihrer durchgehenden Lektüre sieht die vorliegende Studie keinen Anlass, ihre grundlegenden Fragen, Argumentationen oder Hauptthesen zu ändern oder neu zu formulieren . Sicherlich verdient der eine oder andere Teil oder Argumentationsschritt eine andere Gewichtung oder Neujustierung . Alles in allem sieht sie sich durch die behandelten Fragen und gewonnenen Ergebnisse weitgehend bestätigt und bestärkt . Falls künftig eine neue Ausgabe dieses Buches notwendig und möglich sein sollte, wird es sich höchstwahrscheinlich mit den hinzugekommenen Personen, Facetten und Fortschritten des europäischen Islam beschäftigen müssen .

40 Vgl . ebd ., S . 267 ff .41 Siehe für eine Neuaufnahme des Diskurses: Universalität und Universalismus im Islam,

Frankfurter Zeitschrift für islamisch-theologische Studien, 3 / 2016 .

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Vorwort XXIX

XXIX

Eine letzte Bemerkung für die Lektüre des folgenden Textes sei dem Autor erlaubt: Leser werden ausdrücklich gebeten, die Verwendung des generischen Maskulinums nicht als Ausschluss aufzufassen . Sie schließt alle Geschlechter ein, außer, wenn die weibliche grammatikalische Form explizit eingesetzt wird .

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XXXI

Danksagung

Die Wegstrecke bis zur Veröffentlichung dieser Studie war eine unverhofft lange und kommt nun zu ihrem lang ersehnten Ende . Diese Qualifikationsarbeit wurde nach dem zweiten Start meiner akademischen Laufbahn in einem fortgeschrittenen Lebensalter verwirklicht . Ihre Entstehung ist mit der akademischen Etablierung der islamischen Theologie in Deutschland eng verbunden . Sie wurde im Dezember 2013 als die erste Dissertation im neu eingerichteten Promotionsfach „Islamische Studien“ an der Goethe Universität Frankfurt am Main disputiert und darf sich als die erste bundesweite Promotion an den Standorten der islamischen Theologie, die durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert werden, bezeichnen . Mit diesem geschichtlichen Hintergrund hätte sie ohne die Unterstützung vieler Menschen nicht entstehen können . Mehrere Menschen haben ihren besonderen Anteil, denen ich zum größten Dank verpflichtet bin .

Mein ausdrücklichster Dank gilt meinem theologischen Mentor und Doktor-vater Prof . Dr . Ömer Özsoy, der nicht nur die Promotion betreute, sondern auch die arbeitsintensivsten Phasen unserer gemeinsamen institutionellen Tätigkeit durch seinen leisen Ton erleichterte . Mein besonderer Dank gilt meinem Zweitgutachter Prof . Dr . Arndt Graf, der die Dissertation in ihrer interdisziplinären Ausrichtung begleitete und ohne zeitliche Verzögerung begutachtete . Ein besonderer Dank gilt meinem geschätzten Freund Prof . Dr . Abdullah Takim . Er hat nicht nur die gesamte Arbeit zur Korrektur gelesen, sondern seine Entstehung mit seinem unschätzbaren Rat begleitet . Eine interdisziplinäre Prüfungskommission hat die Disputation abge-nommen, in der ich mit Prof . Dr . Thomas M . Schmidt die religionsphilosophischen Standpunkte der Dissertation diskutieren durfte . Ihm und Prof . Dr . Thomas Paul-sen, dem Vorsitzenden der Prüfungskommission, sei bester Dank ausgesprochen .

Herzlich bedanken möchte ich mich bei Serdar Güneş, Prof . Dr . Hansjörg Schmid, Dr . S . Fritz Forkel und Tim Sievers . Serdar Güneş war mir nicht nur ein Arbeitskollege . Seine weitgehenden Literaturkenntnisse und tiefsinnigen Gedanken haben mir viel geholfen . Hansjörg Schmid verdanke ich weiteren wertvollen thematischen Gedan-

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XXXII Danksagung

kenaustausch und viele gemeinsame Tagungen, die meinen intertheologischen und dialogischen Horizont erweiterten . Fritz Forkel und Tim Sievers übernahmen eine weitere Textkorrektur und gaben mir wertvolle Hinweise zum sprachlichen Ausdruck .

Ein besonderer Dank geht an die Institutionen, ohne deren Initiative weder das Projekt Islamische Studien noch diese Dissertation zustande gekommen wären . Der Stiftungsvertrag zwischen der Goethe-Universität Frankfurt am Main und dem tür-kischen Präsidium für religiöse Angelegenheiten ebnete diesen Weg . Die Universität gab mir die Chance, der zweifachen akademischen Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter nachgehen zu können . Der überaus kritische Ton dieses Buchs wird hoffentlich all diejenigen, die die Fremdfinanzierung als geistige Fremdsteuerung deuten wollten, vom Gegenteil überzeugen . Im institutionellen Rahmen möchte ich herzlich dankend Prof . Dr . Mehmet Emin Köktaş, den ersten Inhaber der Stiftungs-professur für Islamische Religion, und die Religionswissenschaftlerin Prof . Dr . Bärbel Beinhauer-Köhler nennen . Nicht vergessen werden darf ist auch Waltraud Steege, die für Promotionsangelegenheiten zuständige Dekanatssekretärin, die die Einführung des neuen Promotionsfaches Islamische Studien und mein Promotionsverfahren mit Sorgfalt und Geduld begleitete . Im akademischen Kreis bin ich vor allem meinen Studenten, mit denen ich in vielen Seminaren über einzelne Themengebiete dieses Buchs immer wieder diskutiert habe, zum besten Dank verpflichtet .

Mein akademischer Zugang in die theologischen Diskurse profitierte von einigen Plattformen, deren Verantwortlichen und Teilnehmern auch ein herzlicher Dank ausgesprochen werden muss . Die Gesellschaft zur Förderung der Islamstudien e . V . (GEFIS), zu deren Mitgliedern ich mich zählen darf, hat mir den Weg der theologisch-wissenschaftlichen Tätigkeit vorbereitet . Dem an der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart etablierten Theologischen Forum Christentum – Islam verdanke ich viele persönliche Bekanntschaften, dialogische Gespräche und unschätzbare Horizonterweiterungen . Meine Hochachtung und mein Dank gelten allen Verantwortlichen, Teilnehmern und Unterstützern .

Die Dissertation kam wegen eines schweren persönlichen Verlusts zum Still-stand . Ohne meine Freunde, auf die jederzeit zu bauen ist, wäre die Trauerzeit nicht überstanden . Dafür danke ich Abdurrahman, Ahmet, Ali, Ayşegül, Ayhan, Dieter, Halil, Hasan, Lalehan, Muhammed Mustafa, Müyesser, Naime, Nurhayat, Nuriye, İhsan, Ruth, Şaban, Salih, Selahattin, Yakup, Zeki und vielen anderen .

Ohne die eigene Familie wäre auch die beste Beschäftigung nicht erfüllend . Meine „Sonne“ Malhun İclal, meine Eltern und meine Schwester mussten für längere Zeiten auf den Vater, Sohn und Bruder verzichten . Sie verdienen den innigsten Dank . Der größte Dank gebührt meiner Frau Ayşe, die mich nicht nur zur Publikation ermuntert, sondern mit mir die zweite schwere Phase in Liebe und Geduld durchgestanden hat .Frankfurt, im Dezember 2016 Ertuğrul Şahin

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XXXIII

Transkription und Schreibweise der arabischen Wörter

In der Studie erfolgt die Transkription der arabischen Wörter und Eigennamen anhand der Regeln der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft (DMG) . In der Abwägung zwischen dem Gebot der Einheitlichkeit, dem Gebot der Zitiertreue und der sozialwissenschaftlichen Eindeutschung konnte allerdings keiner einheit-lichen Schreibweise gefolgt werden . Die arabischen Namen und Begriffe sowie ihre Umschrift wurden der Quelle entsprechend zitiert . Während der Behandlung des jeweiligen Autors wurde seine Schreibweise weitgehend beibehalten . So kam es zu unterschiedlichen Schreibweisen desselben Begriffs wie bei

šarīʿa / Scharīʿa / Schari’a / Scharia : شريعة

جهاد : ǧihād / Dschihād / Dschihad / Djihad / Jihad

عصبية : ʿaṣabīya / ʿaṣabiyya / Asabiya / Asabiyya

توحيد : tawḥīd / tauḥīd / tawhid / Tawhid

Die eigene Verwendung folgt der verbreiteten Form sozialwissenschaftlicher Ein-deutschung .