Exkursion Geotechnik/ Spezialtiefbau 2016 · 2018. 4. 17. · Erster fachlicher Punkt der...

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Exkursion Geotechnik/ Spezialtiefbau 2016 Institut für Bergbau und Spezialtiefbau Institut für Geotechnik

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Exkursion Geotechnik/ Spezialtiefbau 2016

Institut für Bergbau und Spezialtiefbau Institut für Geotechnik

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Herausgeber:

TU Bergakademie Freiberg Institut für Bergbau und Spezialtiefbau Gustav-Zeuner-Str. 1A 09596 Freiberg

Tel.: +49 3731 39-2893

Ansprechpartner: Dipl.-Ing. Jörg Weißbach [email protected]

Alle in diesem Exkursionsbericht enthaltenen Angaben wurden von den Berichterstattern und Berichterstatterinnen nach bestem Wissen erstellt.

Inhaltliche Fehler oder fehlende Kennzeichnung von Zitaten können nicht vollständig ausgeschlossen werden. Deshalb erfolgen die nachstehend getroffenen Angaben und mitgeteilten Daten ohne jegliche Verpflichtung oder Garantie sowohl der Autoren als auch der Exkursionsleitung.

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Exkursion Geotechnik/ Spezialtiefbau 2016

02. bis 07.10.2016 Süddeutschland, Österreich und Schweiz

Leitung: Prof. Dr.-Ing. Wolfram Kudla

Teilnehmer: Studierende

1. Birk, Lukas Stb

2. Günther, Felix Gt

3. Heinrich, Tobias Gt

4. Herda, Daniel Stb

5. Herzog, Hannes Gt

6. Kliche, Moritz Gt

7. Kreher, Simeon Gt

8. Lenk, Samuel Gt

9. Pölzing, Philipp Gt

10. Raphael, Lukas Stb

11. Rother, Marcus MWIW-ISM

12. Schattling, Jonas Stb

13. Scholz, Markus Gt

Mitarbeiter:

Prof. Dr.-Ing. Kudla, Wolfram Institut für Bergbau

und Spezialtiefbau Dipl.-Ing. Weißbach, Jörg

PD Dr.-Ing. habil. Tamaskovics, Nandor Institut für Geotechnik

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Inhaltsverzeichnis

1 Danksagung ........................................................................ 5

2 Verlauf der Exkursion............................................................. 6

3 Gemeinschaftskraftwerk Inn.................................................... 7

4 Brenner Basistunnel ............................................................. 14

5 Belchentunnel .................................................................... 25

6 Felslabor Mont Terri ............................................................ 29

7 Die Firma Herrenknecht ....................................................... 36

8 Der Tunnel Rastatt .............................................................. 41

9 Kombilösung Karlsruhe ........................................................ 48

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1 Danksagung

Die Studenten und Mitarbeiter der TU Bergakademie Freiberg danken sehr herzlich allen Sponsoren und Unterstützern für die Ermöglichung der Exkursion.

TIWAG Tiroler Wasserkraft AG Galleria di Base del Brennero - Brenner Basistunnel BBT SE ILF Beratende Ingenieure AG Bundesamt für Landestopographie swisstopo Herrenknecht AG KASIG - Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft mbH

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2 Verlauf der Exkursion

02.10.16 8.00 Uhr Start in Freiberg 14.00 Uhr Oktoberfest München 20.00 Uhr Übernachtung Jugendherberge Innsbruck

03.10.16 10.00 Uhr Gemeinschaftskraftwerk Inn 18.00 Uhr Übernachtung Jugendherberge Innsbruck

04.10.16 09.00 Uhr Brenner Basistunnel 13.00 Uhr Vortrieb Wolf 21.00 Uhr Übernachtung Jugendherberge Lörrach

05.10.16 09.00 Uhr Belchentunnel 14.00 Uhr Felslabor Mont Terri 18.00 Uhr Jugendherberge Lörrach

06.10.16 10.00 Uhr Herrenknecht AG 15.00 Uhr Tunnel Rastatt Infocenter 18.00 Uhr Jugendherberge Karlsruhe

07.10.16 10.00 Uhr Kombilösung Karlsruhe 20.00 Uhr Ankunft Freiberg

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3 Gemeinschaftskraftwerk Inn

Von: Felix Günther Tobias Heinrich

Führung: Ing. Lukas Winkler Andreas Thuma

3.1 Einführung

Erster fachlicher Punkt der Geotechnik/Spezialtiefbau-Exkursion 2016 war am Montag der Besuch des Gemeinschaftskraftwerks Inn. Im schweizerisch-österreichischen Grenzgebiet wird am Inn zwischen Ovella im Ortsteil Martina der Gemeinde Valsot auf schweizerischer und Prutz als letzte von sieben involvierten Gemeinden des Oberen Gerichts in Tirol auf österreichischer Seite bis 2019 eines der größten Laufwasserkraftwerke des Alpenraums errichtet. Es schließt nach über 30 Jahren die Kraftwerkskette in diesem Abschnitt des Flusses und wird zum größten Teil unterirdisch gebaut. Im Wesentlichen lässt sich das Vorhaben in drei Baustellen unterteilen: Wehranlage und Stauraum in Ovella, Triebwasserstollen und Deponie in Maria Stein sowie das Krafthaus in Prutz.

Im Laufe des letzten Jahrhunderts gab es immer wieder Bestrebungen, die Kraftwerkskette des Inn im Grenzgebiet zwischen Österreich und der Schweiz um ein gemeinsames Projekt zu erweitern. Seit 2003 wurde schließlich die Planung intensiviert. Das Projekt Gemeinschaftskraftwerk Inn liegt zu 86% in österreichischer (76% TIWAG, 10% Verbund AG) und zu 14% in schweizerischer Hand (Engadiner Kraftwerke AG). Nach elfjähriger Planungs- und Genehmigungszeit, begründet in über 2000 ökonomischen und ökologischen Auflagen von Gutachtern und Behörden aus 30 Fachbereichen, erfolgte schließlich 2014 der erste Spatenstich.

Zu Beginn unseres Besuchs stellten uns Herr Lukas Winkler, Assistent der Projektleitung, und Herr Andreas Thurna, Vertreter der Bauaufsicht, das Projekt in Form einer Präsentation vor. Anschließend bekamen wir die Gelegenheit, alle drei Baustellen zu besichtigen.

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Abbildung 1: Überblick zum gesamten Projekt

3.2 Wehranlage und Stauraum Ovella

Bei Ovella verläuft die Staatsgrenze längs durch den Inn, sodass diese die dort zu errichtende Wehranlage senkrecht schneiden wird. Die Anlage ist als Staubalkenwehr mit zwei Wehrfeldern projektiert und wird etwa 15 m hoch sein. Der Stauraum wird auf 2600 m Länge ein Volumen von ca. 500.000 m³ fassen. Auf der östlichen Seite der Wehranlage befinden sich später der Triebwassereinlauf, eine Fischwanderhilfe und das Betriebsgebäude.

Im Ausgangszustand befand sich der Flusslauf zwischen der oberhalb liegenden Kantonstraße im Westen und einem Schuttkegel aus Felsmaterial, der aus der im Osten angrenzenden Felswand entstand. Um eine solide Baufläche zu gewährleisten, wurde der Schuttkegel mit einem Volumen von etwa 100.000 m³ komplett abgetragen und der Inn an dieser Stelle einige Meter nach Osten Richtung Felswand verlegt. Nun hat man die Möglichkeit, auf beiden Seiten des Flusslaufs ein Planum herzustellen. Aktuell erfolgen die Arbeiten zur Verbesserung des Untergrundes am ehemaligen Flussbett sowie die Sicherung gegen Steinschlag an der Felswand. Zur Bodenstabilisierung und Abdichtung des Baufeldes werden auf westlicher Flussseite dreireihig verankerte, aufgelöste Bohrpfahlwände sowie Hochdruckbodenvermörtelung zum Einsatz gebracht. An der

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Felswand im Osten wurden neben großflächigen Bodennetzen 13 zum Teil mehrere hundert Meter lange Steinschlagschutzzäune verankert. Diese werden regelmäßig inspiziert sowie von Geröll und Gehölz bereinigt.

Abbildung 2: Baustelle der Wehranlage

Sind die Bauflächen hergestellt, so wird mit der Errichtung des Wehrbauwerks begonnen. Um im Anschluss daran die Betriebseinrichtungen auf östlicher Seite errichten zu können, wird der Inn durch das vollendete Wehr geleitet. Durch den unter der Wasseroberfläche liegenden Triebwasserzulauf werden bis zu 75 m³/s Wasser zur Energieumwandlung aus dem Stauraum in den Triebwasserstollen geleitet. Eine besondere ökologische Maßnahme ist die geplante Fischwanderhilfe. Durch eine konstruktiv induzierte Lockströmung überwinden die Fische über 72 Becken mit insgesamt 160 m Länge einen Höhenunterschied von 15 m. Am oberen Ende folgt ein Sammelbecken, aus dem die Fische regelmäßig manuell zur anderen Seite der Wehranlage gebracht werden.

3.3 Triebwasserstollen und Deponie Maria Stein

Von der Baustelle in Maria Stein aus erfolgt der hauptsächliche Vortrieb des 23,2 km langen drucklosen Triebwasserstollens. Die vorhandene Geologie des Engadiner Fensters

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mit grauem Schiefer aus Jura und Kreide ermöglicht ideal den Einsatz von Tunnelbohrmaschinen. Es kommen zwei Doppelschildmaschinen mit 6,5 m Durchmesser, einer Länge von 200 m und einer Anpresskraft von 9000 kN/m² zum Einsatz. Von der Baustellenfläche aus wird in Maria Stein ein 800 m langer Zugangsstollen sowie daran anschließend eine größere Kaverne zum Zusammenbau der Tunnelbohrmaschinen konventionell im Sprengvortrieb aufgefahren. Der Ausbau dieses Zugangs erfolgt mit Spritzbeton, Ankerung und Gitterbogenbewehrung. Von der Kaverne aus starten die beiden Tunnelbohrmaschinen, deren 600 t schwere Bohrköpfe in den Farben des Schweizer Kantons Engadin bzw. des Österreichischen Bundeslandes Tirol gehalten sind und auf die Namen „Vielfraß“ und „Zauberbohrer“ hören, den Vortrieb des Triebwasserstollens. Insgesamt werden 21 der 23,2 km maschinell vorgetrieben, 12,7 km Richtung Wehranlage und 8,9 km Richtung Krafthaus. Momentan erreicht sind jeweils etwa 1300 m Vortrieb. Die Reststücke in Prutz und Ovella werden als konventioneller Gegenvortrieb aufgefahren. Der Zugangspunkt Maria Stein stellt den Tiefpunkt des Triebwasserstollens dar, der über diesen im Havarie- oder Wartungsfall entwässert werden kann. Die Gebirgsüberdeckung des Stollens beträgt je nach Lage zwischen 130 und 1200 m.

Abbildung 3: Deponie bei Maria Stein

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Beim Vortrieb des Triebwasserstollens und der zugehörigen Hilfsstollen entstehen etwa 1 Mio. m³ Ausbruchmaterial. Ein Großteil des Materials wird unweit des Fensterstollens in Maria Stein deponiert. Um den Transport mit Schwerfahrzeugen zu minimieren, wurde dafür ein Förderband eingerichtet, mit dem die Ausbruchmassen gezielt verkippt werden können. In der Deponie selbst kommt eine Nassauskiesung zum Einsatz. Da sich der Deponiesee etwa 3 m über dem Grundwasserspiegel befindet, ist stets darauf zu achten, dass ausschließlich Grundwassertaugliches, also unbelastetes Material eingebaut wird. Zur Sicherstellung der ökologischen und geotechnischen Anforderungen erfolgen regelmäßige Grundwasserbeprobungen sowie Setzungsmessungen während des Deponiebaus.

Während des maschinellen Vortriebs erfolgt der Tunnelausbau mittels Tübbingringen und äußerer Verpressung mit einer Mischung aus Perlkies und Ringspaltmörtel. Insgesamt werden etwa 55.000 Tübbinge verbaut. Um den logistischen Aufwand möglichst gering zu halten, erfolgt die Herstellung der Tübbinge direkt vor Ort am Fensterstollen Maria Stein in einer eigens erbauten Feldfabrik. Einige geeignete Ausbruchsmaterialen werden hier direkt als Betonzuschlagstoff in der Tübbingherstellung wiederverwertet. Ein Ring des Tunnelausbaus besteht aus 4 Tübbingen mit je 2,7 m³ Volumen und 7 t Gewicht, von denen etwa alle 12 Minuten ein neuer die Herstellung verlässt. Die Tübbinge werden dort stahlbewehrt in Form gegossen und trocknen im Wärmetunnel 8 Stunden bei 55 °C. Anschließend erfolgt zur Vermeidung von Rissen infolge zu großer Temperaturveränderung die Lagerung in einer Halle, bevor die Tübbinge nach erfolgter Aushärtung ins Außenlager verbracht werden. Die Tübbingfabrik arbeitet flexibel abhängig von der Vortriebsleistung der Tunnelbohrmaschinen.

3.4 Krafthaus Prutz/Ried

Das Herzstück des Projekts bildet das Krafthaus zwischen den Gemeinden Prutz und Ried. Mittels zweier Francis-Turbinen und zweier Generatoren soll dort Strom erzeugt werden. Es ist eine Leistung von 89 MW bzw. 414 GWh im Jahr geplant. Über ein erdverlegtes Kabel wird der Strom dann zum benachbarten Umspannwerk des Kraftwerks Kaunertal geleitet und dort in das Netz eingespeist. Das Wasser fließt über einen unterirdischen Kanal zurück in den Inn.

Das Krafthaus wird nach der Fertigstellung von außen kaum sichtbar sein, da es nur 4,5 m über das Geländeniveau hinausragt. Der Krafthausschacht reicht 26 m in den Untergrund, wodurch das Landschaftsbild nur minimal beeinflusst wird. Dies wiederum führt allerdings dazu, dass die Baugrube des Krafthauses im Grundwasser liegt, was die Bauarbeiten wiederum erschwert und den Einsatz von Tauchern erforderlich macht.

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Abbildung 4: Baustelle des Krafthauses

Zum Krafthaus hin fällt der Triebwasserstollen in Form eines Schrägschachtes mit einem Durchmesser von 3,8 m steil nach unten ab, was aufgrund der hohen Drücke von ca. 16 bar eine Panzerung aus Stahlrohren nötig macht. Zwischen Triebwasserstollen und Krafthaus befindet sich zudem noch ein 105 m hohes Wasserschloss: ein Lotschacht, der mittels Raise boring hergestellt wurde. Dafür wurde zuerst eine Pilotbohrung abgeteuft, welche anschließend von unten nach oben aufgeweitet wurde. In einem Notfall wird darüber der Druckstoß vermieden, der beim Schließen oder Öffnen von Armaturen in der Leitung entsteht, und somit ein Druckausgleich geschaffen, um keine Schäden an der Anlage herbeizuführen.

Abbildung 5: Aufbau des Krafthauses

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3.5 Vorteile des Kraftwerks

Neben den generellen Vorteilen eines Wasserkraftwerkes wie zum Beispiel der CO2-freien Stromerzeugung und somit einer nachhaltigen Energieversorgung bietet das GKI eine Reihe von weiteren Vorteilen. Dazu gehört das dynamische Restwassermodell, welches in den Sommermonaten ein natürliches Abflussverhalten des Inn garantiert. Am Wehr wird die Abgabe des Restwassers geregelt, wofür als Referenz der unbeeinflusste Pegel bei St. Moritz dient. Deshalb ist auch an extrem trockenen Sommertagen eine Mindestabflussmenge von 10 m³/s garantiert.

Ein weiterer Punkt ist die Schwallreduktion, bei der die Abflussschwankungen von bis zu 1:30 zwischen minimalem und maximalem Abfluss mit Hilfe des Stauraums ausgeglichen werden und die Wasserabgabe gleichmäßig wird.

Das GKI garantiert zudem eine kontinuierliche Wasserabflussmenge von mindestens 5,5 m³/s im ökologisch sensiblen Winter. Dadurch sollen sich Fische und Kleinstlebewesen in der winterlichen Ruhephase ungestört entwickeln können.

Ein Teil des Ausbruchmaterials, der sich für die Betonherstellung eignet, wird direkt vor Ort in der Feldfabrik in Maria Stein für die Tübbing-Produktion verwendet.

Des Weiteren gibt es eine Reihe von Ausgleichsmaßnahmen: die Stauraumgestaltung in Martina, ein Biotop in Maria Stein, Bepflanzung und Begrünung beim Krafthaus, die Aufforstung der Innschlucht, die Erweiterung Uferflächen und Schotterbänke des Inn sowie das Sicherstellen der Fischpassierbarkeit der Seitenbachmündungen in den Inn. Damit erfolgt eine weitere ökologische Optimierung des Inn.

3.6 Quellenverzeichnis

[1] http://www.gemeinschaftskraftwerk-inn.com/

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4 Brenner Basistunnel

Von: Hannes Herzog Moritz Kliche

Führung: Dr.-Ing. Chris Reinhold

4.1 Einführung

Der Brenner Basistunnel (BBT) wird voraussichtlich nach seiner planmäßigen Fertigstellung im Jahr 2025 mit 55 km Länge der zweitlängste Eisenbahntunnel der Welt. Mit seiner Anbindung an die bereits bestehende Umfahrung Innsbrucks erreicht er sogar 64 Kilometer Länge und ist laut BBT SE (Hrsg.) (2016) damit die „längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt“. Er gilt als ingenieurtechnische Pionierleistung des 21. Jahrhunderts und soll zur erheblichen Verbesserung von Reise- und Transportmöglichkeiten führen. Der BBT ist sowohl für Güter- als auch für Personenzüge ausgelegt.

Zurzeit ist der am 1. Juni 2016 eröffnete Gotthard-Basistunnel mit 57 km der längste Eisenbahntunnel der Welt. Derzeitige Planungen streben den Bau des Axentunnels und die Anbindung an den Gotthard-Basistunnel an, sodass Mitte dieses Jahrhunderts eine unterirdische Bahnverbindung von 75 km Länge entstehen könnte.

4.2 Historisches und Notwendigkeit

Schon seit hunderten von Jahren gilt die Route über den Brenner als wichtige Handelsverbindung zwischen Nordsee und den mediterranen Ländern. Bereits im 14. Jahrhundert wurden 3000 Tonnen Waren mittels Pferdekutschen über den Brenner verbracht. Der Warenstrom nahm immer mehr zu, sodass Anfang des 19. Jahrhunderts bereits 15.000 Tonnen und 50 Jahre später bereits 60.000 Tonnen pro Jahr über den Brennerpass transportiert wurden. Diese rasche Zunahme an Güterverkehr führte zu Kapazitätsengpässen und erforderte den Bau der Brennereisenbahn. Die bis heute intensiv genutzte Bestandstrecke wurde von 1859 bis 1867 realisiert und galt damals als technische Meisterleistung. Steile Anstiege bis auf 1.371 Meter Höhe mit Steigungen von bis zu 26‰ und damit verbunden eine kurvenreiche Streckenführung erlauben nur lediglich 260 Züge pro Tag. Die Vorteile des zukünftigen Basistunnels gegenüber der bestehenden Trasse sind in Tabelle 1 und Abbildung 1 verdeutlicht. Zudem wird der BBT das moderne Zugsicherungssystem ETCS LEVEL 2 (noch mit Zugführer) besitzen.

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Tabelle 1: Faktenvergleich BBT-Brennereisenbahn

Abbildung 1: Vergleich Höhenprofil (Grafik BBT SE)

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges und technischen Weiterentwicklungen kam es erneut zu einer starken Verkehrszunahme. 100 Jahre nach dem Bau der Eisenbahnstrecke über den Brennerpass wurde die Brenner Autobahn, die österreichische A13 und die italienischen A22, errichtet. Seit 1974 nahm der Schwer- und Güterverkehr rasant zu. Erste Überlegungen, einen Scheiteltunnel unter dem Brenner hindurchzubauen, hatte bereits ein italienischer Ingenieur im Jahr 1847. Die Idee keimte im Jahr 1971 erneut auf, als der Internationale Eisenbahnverband (UIC) die wichtigsten Eisenbahn-verbindungen festlegte. Mit der Entwicklung der TEN-Verkehrsachsen wurden 30 vorrangige Projekte beschlossen, darunter auch die Verbindung München-Verona mit dem BBT. Dazu zählt die Eisenbahnachse Berlin-Palermo als TEN- Projekt, die eine 2200-

Strecken-

länge

Größte

Steigung

Scheitel-höhe

[m ü. d. M]

Max. Zuglänge

Güterverkehr

Max. Anzahl

Fahrtzeit Max. Ge-

schwindig-keit

Anhängelast Lokomotiven

Güterverkehr Güterverkehr

Bestehende

Bahnlinie 75km 2,60% 1371 m 450 m 1200 t 2 - 3

105min

80km/h Güterverkehr

80min

Reiseverkehr

Brenner Basistunnel

55km 0,67% 790 m 750 m 1600 t 1

35min

250km/h Güterverkehr

25min

Reiseverkehr

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km-lange Hochgeschwindigkeitsstrecke zum Inhalt hat. Daraufhin gab der UIC eine Studie zum Bau einer Brennerbahn mit Basistunnel in Auftrag. Bis 1989 wurden drei Machbarkeitsstudien ausgearbeitet und 2004 der Staatsvertrag zwischen Italien und Österreich unterzeichnet. Die ersten Arbeiten am Erkundungsstollen begannen 2008.

Anfang der 1990er Jahre beschloss die EU dem immer stärker werdenden Schwerverkehr auf der Straße entgegen zu wirken und stattdessen den umweltschonenden Bahnverkehr zu fördern. Zwei Drittel des Güterverkehrs passieren derzeit den Brenner über die Straße und nur knapp ein Drittel auf der Schiene. Geplant ist daher den Güterverkehr durch das Prinzip der „Rollenden Landstraße“ mehr auf die Schienen zu verlagern. In diesem Jahr betrug das Güteraufkommen sogar 50 Millionen Tonnen. Heute werden mehr als 40% des gesamten alpenquerenden Güterverkehrs über den Brennerpass abgewickelt.

Abbildung 2: Lage des Brenner Basistunnels im Korridor Helsinki-Valletta (Grafik: BBT SE)

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Im Dezember 2013 wurde das Transeuropäische Verkehrsnetz von der EU aktualisiert und neun vorrangige Korridore definiert. Der BBT gehört zum SCAN-MED Korridor(Skandinavien – Mittelmeer), der in Abbildung 2.2 dargestellt ist. Dieser gilt als die längste und wichtigste Nord-Süd-Verkehrsverbindung Europas, weil sie urbane Zentren und Häfen in Skandinavien und dem Mittelmeer miteinander verbindet. Der BBT ist darin als 5.Baulos definiert und dem Korridor Helsinki-Valletta zugeordnet. Dabei nimmt der BBT eine Sonderstellung ein und wird von der EU als prioritär eingestuft.

4.3 Finanzierung

Der BBT ist ein Gemeinschaftsprojekt Österreichs und Italiens zu je 50%. Die Aktienanteile auf österreichischer Seite gehören der Österreichischen Bundesbahn. Auf italienischer Seite besitzt die Beteiligungsgesellschaft TFB die Anteile, welche zum Großteil der italienischen Staatsbahn gehört. Da es sich es um ein Projekt im Rahmen des SCAN-MED-Korridors handelt, fördert die EU das Projekt zu 40%. Die übrigen Kosten werden zu gleichen Teilen auf Österreich und Italien verteilt. Aktuell schätzt man die Gesamtkosten auf 8,7 Mrd. Euro. Darin enthalten sind Baukosten, Management, Planung, eisenbahntechnische Ausrüstung und eine Risikovorsorge.

4.4 Bauausführung

Der Brenner- Basistunnel führt auf einer Strecke von 55 km vom Nordportal Innsbruck in Österreich bis nach Franzensfeste in Südtirol. Zwei eingleisige Tunnelröhren mit 8,1 m Innendurchmesser mit 70 m Abstand sind der Hauptgegenstand des Projektes (siehe rote Röhre Abb. 3). Alle 333 m sind sie mit Querschlägen (blaue Röhren) verbunden, die im Notfall die Flucht in die andere Tunnelröhre ermöglichen. Weiterhin werden zur Sicherheit drei Nothaltestellen (blau) eingerichtet: Innsbruck, Jodok und Trens. Nothaltestellen müssen ab 20 km Tunnellänge mit weniger als 20 km Entfernung voneinander eingerichtet werden und bieten in Notfällen Evakuierungsmöglichkeiten. Nahe den Nothaltestellen des BBT befinden sich Zufahrtsstollen zur schnellen Erreichbarkeit und dienen während der Bauphase als Zwischenangriffspunkte (grüne Röhren).

Der Erkundungsstollen (orange Röhre) wird vorauseilend zu den Hauptröhren aufgefahren. Er liegt 12 m unter ihrem Niveau und weist einen Innendurchmesser von 5 bis 6 m auf. Der Erkundungsstollen liefert Aufschlüsse zu Geologie und Beschaffenheit des Gebirges. Mit diesen Erkenntnissen kann der Bau der Haupttunnelröhren wesentlich besser geplant sowie bautechnisch, zeitlich und wirtschaftlich optimiert werden. Nach der Fertigstellung dient der Erkundungsstollen der Versorgung (Daten-, Strom-, Frischluftleitungen) und Ableitung eintretender Bergwässer. Zurzeit wird die Idee diskutiert, eine Stromtrasse durch den Erkundungsstollen zu verlegen. Sollte sie verwirklicht werden, dann könnte sich das Projekt BBT mit über 8 Mrd. € innerhalb von gerade einmal 10 Jahren rentieren.

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Im Norden des BBT zweigen zwei Verbindungstunnel (lila in der Abb. 3) von den Hauptröhren ab und führen zum Umfahrungstunnel von Innsbruck (weiß). Damit verläuft die Eisenbahnstrecke vom Portal der Umfahrung in Tulfes bis zum Südportal des BBT durchgängig 64 km unterirdisch. Diese Anbindung bringt den Vorteil, dass Güterzüge nicht durch die Stadt Innsbruck fahren müssen. Parallel zum Tunnel der Südumfahrung Innsbruck wird ein Rettungsstollen aufgefahren (blau), um auch in diesem Bereich die heutigen Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Sollte sich ein Brand in einer Tunnelröhre ereignen, soll die Flucht in eine zweite Röhre möglich sein.

Abbildung 3: Aufbau des BBT (Grafik: BBT SE)

Die Verbindungstunnel weisen eine Besonderheit auf: Sie kreuzen sich, sodass eine Röhre über die andere hinweg führt. Das ist geotechnisch anspruchsvoll und wird so ausgeführt, weil der Bahnbetrieb in Österreich mit Rechtverkehr und in Italien mit Linksverkehr funktioniert. Dadurch sind keine Gleiswechsel außerhalb des Tunnels notwendig. Dies bringt Zeitersparnis sowie höhere Streckenkapazitäten mit sich.

Ein weiterer Unterschied zwischen den beteiligten Ländern zeichnet sich in der Bauweise ab: Die österreichischen Lose nutzen bei bergmännischem Vortrieb die Neue Österreichische Tunnelbauweise (NÖT). Dabei wird die Kontur nach dem Ausbruch gestützt und nicht endgültig gesichert, es wird eine begrenzte Deformation des Gebirges zugelassen. Bevor es zu Auflockerungen kommt, wird der Ausbau vorgenommen.

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Dadurch trägt das Gebirge einen Großteil der Last (bis zu 80 %) selbst und es ist wenig Ausbaumaterial notwendig. In Italien verfolgt man dagegen eine andere Strategie. „Verformung ist der größte Feind des italienischen Tunnelbauers!“ hieß es bei der Vorstellung des Projektes. Dort werden verhältnismäßig viele Anker und dicke Spritzbetonschalen verwendet, um möglichst wenig Deformationen zuzulassen.

Ein juristischer Unterschied zu Deutschland zeigte sich auf kuriose Weise bei der Entschädigung: In Österreich mussten alle Eigentümer privater Grundstücke, unter denen der BBT entlanggeführt wird, entschädigt werden. Der Tunnelbau gilt als Inanspruchnahme des Grundstückes, auch wenn die Tunnelröhre bis zu mehreren hundert Metern tief im Untergrund verläuft.

Die Geologie ist für Tunnelbau relativ günstig. Im Norden des BBT steht Quarzphyllit an. Hier wird der Vortrieb bergmännisch durchgeführt. Richtung Süden folgen Schiefer, Gneis, erneut Schiefer, die Periadriatische Störung und Granit. Dort ist das Gebirge standfest genug, um Tunnelbohrmaschinen mit Grippern einzusetzen. Insgesamt wurden 32.000 Bohrmeter zur Erkundung genutzt.

4.5 Baulose und -fortschritt

Das Baulos Tulfes-Pfons beinhaltet die nördlichen Bauwerke: Verbindungstunnel zur Umfahrung Innsbruck, Rettungsstollen Tulfes, Zufahrtstunnel Ahrental und die Nothaltestelle Innsbruck. Die genannten Projekte sind derzeit noch im Bau. Der erste Kilometer der Haupttunnelröhren wurde im bergmännischen Vortrieb bereits fertiggestellt. Insgesamt werden rund 70 % des Brenner Basistunnels maschinell (mit TBM) aufgefahren und 30 % bergmännisch (Bohren und Sprengen). Von den geforderten 15 km Erkundungsstollen sind bereits 6 km aufgefahren. Dafür ist seit September 2015 eine Tunnelbohrmaschine mit 7,93 m Schneidraddurchmesser und einer Gesamtlänge von 200 m im Einsatz. Das Schneidrad wir mit 10 Elektromotoren mit je 350 kW angetrieben und kann eine Anpresskraft von 24 MN aufbauen. Es ist mit 46 19-Zoll-Disken besetzt, mit 5 DCLM-Disken (Kraftmessung möglich) und 5 Kameraöffnungen versehen, womit aller drei Tage eine 3-D-Ortsbrustaufnahme gemacht wird. Während der Exkursion sind wir bis zur Kaverne der westlichen Abzweigung des Verbindungstunnels (siehe Abb. 4) gelangt.

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Abbildung 4: Kaverne an der Verzweigung (Foto: Kliche, 2016). Die Tunnelröhre links führt zur Umfahrung Innsbruck, die rechte Röhre zum Nordportal Innsbruck.

Das Baulos Wolf beinhaltet den gleichnamigen Zufahrtsstollen, einen Abschnitt des Erkundungsstollens und die Einrichtung der Deponie im Padastertal (siehe Abschnitt Deponie). Für die Baustelleneinrichtung wurde die Fernstraße 182 und der Fluss Sill umgelegt und Gleise an die Brennereisenbahn angeschlossen. Ein Teil des Erkundungsstollens wird hier mittels Bohren und Sprengen und vorauseilendem Injektionsschirm aufgefahren (siehe Abb. 5), weil auf kurzer Distanz klüftiges Kalkgestein ansteht. Die Gesteinschicht führt Wasser, welches mit dem oberirdischen Valstal kommuniziert. Auch bei diesem Baulos hatten wir die Chance, mit der Exkursionsgruppe zur Tunnelbaustelle einzufahren.

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Abbildung 5: Sicherungsarbeiten am Zufahrtsstollen des Bauloses Wolf (Foto: Kliche, 2016)

Das Baulos Periadriatische Naht beinhaltet 3,7 km der Hauptröhren und 1,5 km des Erkundungsstollens in der geologischen Störungszone.

Das Baulos Eisackunterquerung ist das südlichste und beinhaltet den südlichen Abschnitt des BBT sowie die Anbindung an die Brennereisenbahn und den Bahnhof Franzensfeste. Derzeit hat eine dem Los Tulfes-Pfons baugleiche TBM den Erkundungsstollen bereits 11 km vorgetrieben.

4.6 Deponien

Für die Deponierung der rund 17 Millionen Kubikmeter an Tunnelausbruchmaterial stehen sieben Deponien in Nord- und Südtirol zur Verfügung: Ampass, Ahrenthal, Padastertal, Genauen, Flaggerbach und Hinterrigger (siehe Abbildung 6). Diese befinden sich jeweils in der Nähe der Zufahrtstunnel um die Transportwege so gering wie möglich zu halten. Der Transport des Materials vom Vortriebsbereich zu den Deponien erfolgt dabei hauptsächlich über Förderbänder. Das Deponievolumen wird über 22 Mio. m³ betragen, da der Auflockerungsfaktor beachtet werden muss (Ausbruch als Festgestein und Deponierung als Lockergestein).

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Abbildung 6: Deponiestandorte (Grafik BBT SE)

Je nach Güte und Beschaffenheit des Ausbruchsmaterials wird es entweder in den genannten Deponien abgelagert oder als Betonzuschlagsstoff wiederverwendet. Dazu existieren auf den Baustellen Aufbereitungsanlagen in Form von Kies- oder Betonproduktionswerken. Zuvor wird das Ausbruchmaterial in Laboren auf den Baustellen getestet, um damit die Eignung als Betonzuschlagsstoff zu gewährleisten. Das aufbereitete Material kann zur Betonherstellung für die Innenschalung, Sohl- und Spritzbeton verwendet werden. Diese Wiederverwertung ist besonders ressourcen- und umweltschonend.

Die größte Deponie befindet sich im Padastertal (siehe Abb. 7), wo ca. die Hälfte des gesamten Ausbruchmaterials (7,7 Mio m³) abgelagert wird. Diese und die Deponie Ahrental haben wir im Rahmen der Exkursion besichtigt. Um diese gewaltigen Mengen an Material verkippen zu können, erforderte es zahlreiche Maßnahmen. Für den direkten Zugang zur Deponie mittels Förderbändern wurde ein 905 m langer Schutterstollen ausgebrochen. Der Padasterbach musste über einen zusätzlich gebauten Stollen umgeleitet werden. Ober- und unterhalb des Umleitungsstollens befinden sich jeweils Geschiebesperren, die der Verschlammung und Ablagerungen entgegenwirken sollen. Außerdem dienen sie als wichtige Hochwasserschutzmaßnahme für die im Tal liegende Ortschaft Siegreith.

Nach der vollständigen Verkippung des Ausbruchmaterials wird die Deponiefläche vollständig renaturiert: Ein naturnaher Bachlauf wird geschaffen, Weideflächen und ökologische Ausgleichsflächen sowie ein Forstweg werden entstehen.

Bei der Anlegung der Deponien und Deponiestandorte wurden stets darauf geachtet, dass sie noch einen zusätzlichen Zweck erfüllen. Dazu zählen zum Beispiel die Abschirmung vor Autobahnlärm oder die Wald- und Weidetrennung.

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Abbildung 7: Die Deponie Padastertal (Foto: Kliche, 2016) Im Endzustand wird das Tal bis auf Höhe des Waldrandes mit Ausbruch aufgefüllt sein.

4.7 BBT Tunnelwelten (Infozentrum) Steinach

Zum Abschluss des Tages besuchten wir das Infozentrum des Brenner-Basistunnels in Steinach. Interessierte, die nicht die Chance haben, den BBT mit einer Exkursion kennenzulernen, können hier einen Einblick erhalten. Anschaulich und interaktiv wird ein Einblick in Geschichte, Geologie, Bauverfahren und ökologischen Ausgleich gegeben.

Ein Beispiel ist in Abbildung 8 zu sehen: Dort kann sich ein jeder als Sprengmeister versuchen. Dafür muss eine echte (aber modifizierte) Zündmaschine bedient werden (Kurbeln, Schalten…). Der Bildschirm zeigt gut verständlich die erforderlichen Schritte an und gibt Erklärungen zum Sprengen. Wenn alle Schritte korrekt durchgeführt wurden, kann man sich über ein Sprengvideo auf dem Bildschirm und einen schönen Knall freuen.

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Abbildung 8: Interaktive Zündmaschine in den BBT Tunnelwelten (Foto: Kliche, 2016)

4.8 Quellen

[1] https://www.bbt-se.com/

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5 Belchentunnel

Von: Lukas Birk Daniel Herda

Führung: Dipl.-Ing. Sebastian Böheim

5.1 Allgemeines

Am Mittwoch, den 5.10., besuchten wir vormittags die Baustelle des Sanierungstunnels Belchen in der Schweiz. Gebaut wird vor Ort von der ARGE Marti Belchen, einer Arbeitsgemeinschaft aus mehreren Marti AG Tochtergesellschaften.

Abbildung 1: Lage des Belchentunnels (Rot: alte Röhren; Gelb: Neubau der dritten Röhre) Grafik: www.belchentunnel.ch

Der Belchentunnel (3180m) ist Bestandteil der Schweizer Autobahn A2 zwischen Basel und Egerkingen und durchquert dabei das Juragebirge. Außerdem überquert der Tunnel im Verlauf die Grenze zwischen den Kantonen Basel-Landschaft und Solothurn. Zurzeit bestehen zwei Röhren die den Nord-Süd-Verkehr von im Schnitt täglich 55.000 Fahrzeugen bewältigen. Die dritte Röhre wird in nach ihrer Fertigstellung als bauzeitliche Umfahrung dienen.

5.2 Geschichte

Das Gebirge vor Ort ist mit großen Anteilen von Gipskeupern durchsetzt und stellt so große Anforderungen an die Tragstruktur. Die beiden bestehenden Röhren wurden zwischen 1963 und 1966 im Ulmenstollenvortrieb gebaut und mussten bereits vor der Eröffnung im Dezember 1970 saniert werden, da es bereits in der Bauphase zu Schäden an den Röhren durch das Quellen der Gipskeuper gekommen ist. Dieses ist bis heute noch nicht abgeschlossen und fördert so die Bildung neuer Schäden an den zwei alten

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Röhren, sodass zeitweise sogar das notwendige Lichtraumprofil im Tunnel nicht mehr gegeben war. Eine dauerhafte Überwachung der bestehenden Röhren findet außerdem statt, um einen sicheren Verkehr gewährleisten zu können.

Abbildung 2: Überblick Baustelleneinrichtung am Südportal mit der A2 im Hintergrund

Bereits in den Jahren 2001 bis 2003 mussten für Sanierungs- und Unterhaltungsarbeiten abwechselnd die Röhren für neun Monate gesperrt werden. Dies führte zu starken Verkehrsbehinderungen an beiden Tunnelportalen. Im Jahr 2003 wurde somit das Projekt Sanierungstunnel Belchen genehmigt, welches den Bau einer dritten Röhre bis 2022 vorsieht, die während den notwendigen Sanierungsarbeiten in den zwei bestehenden Röhren als Ausweichtunnel genutzt werden kann. Die nächsten Sanierungsarbeiten für die zwei alten Röhren sind für die Jahre 2023 geplant. Nach Abschluss der Sanierungsarbeiten wird der Verkehr in den außenliegenden Röhren fließen. Die mittlere Röhre wird weiterhin als Fluchtstollen oder, sollte es zu bau- oder unfallbedingten Störungen in einer der anderen Röhren kommen, als Ausweichröhre dienen.

Abbildung 3: Geologischer Längsschnitt entlang der zukünftigen Tunnelröhre Grafik: http://www.tunnel.ethz.ch

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5.3 „Fertigungsstraße Belchentunnel“

Eine der größten Herausforderungen dieses Projekts besteht in dem frühzeitigen Ausbau der Tunnelröhre. Quellhafte Gesteine wie der Gipskeuper machen es notwendig, einen raschen Ringschluss zu realisieren. Daher gilt die Vorgabe, dass vier Monate nach der Auffahrung des Tunnels bereits der Rohbau des Gewölbes errichtet seien muss, um unkontrollierte Sohlhebungen zu verhindern. Insbesondere stellt dies erhöhte Anforderungen an die Baustellenlogistik. Daher ist der Baufortschritt in fünf Arbeitsschritte gegliedert. Der erste Schritt beinhaltet den Vortrieb und Ausbruch der Tunnelvortriebsmaschine sowie das Versetzen der Tübbinge und die Verfüllung des Ringspaltes zwischen Gebirge und Auskleidung. Die von der Firma Herrenknecht gebaute Schildmaschine ist dabei mit einem Ausbruchsdurchmesser von fast 14 Metern und einer Länge von 75 Metern die Größte, die in der Schweiz je zum Einsatz kam. Die Vortriebsgeschwindigkeit liegt im Durchschnitt bei 10 Metern pro Tag und erreichte teilweise bis zu 18 Meter, was die Erwartungen an die Leistung der Maschine unter den gegebenen geologischen Voraussetzungen übertraf. Im Anschluss an diese Arbeiten erfolgt die Montage der Tübbinge sowie der Ausbruch des Sickerschlitzes. Im gleichem Atemzug geschieht die geologische Vorerkundung für den weiteren Vortrieb. Im dritten Bauabschnitt wird die Sohle abgedichtet und das Sohlgewölbe armiert und betoniert. Anschließend werden die Querungen und zwei Untertagezentralen ausgebrochen. Im letzten Arbeitsgang wird das Gewölbe abgedichtet und betoniert. Da diese Arbeitsschritte nahezu parallel im Tunnel ablaufen sind bereits alle Prozesse des Tunnelbaus nach einem Drittel der gesamten Strecke erfolgt.

Abbildung 4: Setzen eines Tübbingringsegments mittels Erektor, Grafik: www.belchentunnel.ch

5.4 Bisheriger Baufortschritt und Meilensteine

Am 9. Februar 2016 begannen die Vortriebsarbeiten mit einer Andrehfeier am Südportal des Belchentunnels. Im Voraus wurde bereits im November 2015 der rund 350 Tonnen

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schwere Bohrkopf mit seinen 78 Rollendisken montiert. Zum Zeitpunkt unseres Besuches waren bereits 1125 Meter des Sanierungstunnels aufgefahren. Dabei überquerte die Tunnelbohrmaschine am 23. September 2016 die Kantonsgrenze Solothurn und Basel-Landschaft. Ebenso sind aktuell 160 Meter des Gewölberohbaus fertiggestellt.

Abbildung 5: Markierung der Kantonsgrenze Basel-Landschaft/Solothurn

5.5 Deponie Fasiswald

Um die 470.000 Kubikmeter Gestein, die während des Auffahrung anfallen, unterzubringen, wurden 1100 Meter Förderband zur nahegelegenen Tongrube Fasiswald errichtet. Sie dient mit ihrer Fläche von 46.000 Quadratmetern als Deponie für das anfallende Gesteinsmaterial. In diesem Gebiet befindet sich auch eine moderne Recyclinganlage, um einen Teil des Materials im Tunnel wiederzuverwenden.

Da sich in diesem Gebiet eine Kolonie vom Aussterben bedrohter Geburtshelferkröten befand, mussten diese erst umgesiedelt werden. Eigens dafür wurden fünf neue Habitate in der näheren Umgebung errichtet.

5.6 Quellen

[1] http://www.belchentunnel.ch/

[2] http://www.tunnel.ethz.ch/events/belchentunnel1

[3] Infoblätter 1 – 3 Sanierungstunnel Belchen

[4] Vortrag/Führung vor Ort

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6 Felslabor Mont Terri

Von: Simeon Kreher Samuel Lenk

Führung: Dr. Christophe Nussbaum

6.1 Allgemeines

Das Felslabor Mont Terri liegt nördlich der Stadt St. Ursanne. Ausgehend von dem 1989 errichteten Sicherheitstunnel des Mont Terri Tunnels wurde 1998 in 300 m Tiefe die erste Forschungsgalerie aufgefahren.

Abb. 1: Riss des Felslabors mit Ausbaustufen

Das erklärte Ziel der Forschungen besteht darin, den anstehenden Opalinuston hinsichtlich seiner Eignung als Wirtsgestein für ein Endlager für hochradioaktive Reststoffe zu erforschen. Dabei sieht sich das Labor selbst als technische Plattform für internationale Kooperationen. Bei diesen geht es darum, Trainings- und Demonstrationsmöglichkeiten für die Endlagerungsproblematik anzubieten, sowie neue Methoden zu erforschen und zu validieren. Im Vordergrund dieser Aktivitäten stand von vornherein, dass diese transparent und demokratisch ablaufen, um die Bedenken der Bürgerinnen und Bürger auszuräumen. Dieses Bestreben zeigt sich auch in der Organisationsstruktur des Labors, welche aus drei Akteuren besteht. Für die jährliche Zulassung ist die RCJU verantwortlich, welches die Verwaltung des Kantons Jura darstellt. Den Betrieb und die Verwaltung des Labors sichert das Bundesamt für Topographie swisstopo. Die Experimente werden von

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den Partnern des Labors koordiniert und durchgeführt. Um ein Forschungsprojekt durchzuführen, ist es notwendig sich ins das Labor einzumieten. Während sich ein potentielles Projekt in Planung befindet, wird unter den Vertragspartnern eruiert, wer als Projektunterstützer in Frage kommt.

Die Vertragspartner sind insbesondere Forschungsgruppen aus Ländern, in welchen eine Verwahrung im Tongestein in Frage kommt. Dazu zählen die Schweiz, Belgien, Canada, Deutschland, Frankreich, Spanien, Japan und die Vereinigten Staaten von Amerika

6.2 Problematik Endlagerung

Die Endlagerung von radioaktiven Abfällen stellt für die Menschheit eine der großen Herausforderungen unserer Generation dar. Weltweit sind zahlreiche Forschungsgruppen aktiv um eine geeignete Lösung zu finden. Einig ist man sich, dass die Abfallverursacher verantwortlich für die Verwahrung und Beseitigung der Stoffe sind. Diese stammen vorrangig aus der Stromproduktion, Medizin und der Industrie. Im Moment findet die Zwischenlagerung in Behältern statt. Dabei sind die radioaktiven Abfälle in eine feste Matrix eingebettet. Zukünftig besteht das erklärte Ziel darin, die hochaktiven und mittelaktiven Abfälle unterirdisch zu verwahren.

Für eine Lagerung der Reststoffe im Untergrund spricht der lange Zeitraum, für den die Sicherheit gewährleistet werden soll. In den Forschungsgruppen und Ausschüssen ist man sich einig, dass für eine Million Jahre keine Gefahr von den Endlagern ausgehen soll. Wenn man sich jetzt am Beispiel der Alpen eine Million Jahre vor Augen führt, bedeutet das Folgendes. Die Gebirgsbildung hat sich über vier Millionen Jahre erstreckt. Die Bildung des Opalinustons fand vor 180 Millionen Jahren statt. Hingegen sind die ersten menschlichen Siedlungen erst einige tausend Jahre alt. Ausgehende von diesem Wissen liegt die Schlussfolgerung nahe, dass eine Verwahrung im Untergrund eine der sichersten Methoden ist. Zudem ist der menschliche Einfluss im Untergrund als relativ gering einzuschätzen. Doch auch der Untergrund ist sehr divers und es stehen nur eine Handvoll von Wirtsgesteinen zur Diskussion. Diese werden im Folgenden hinsichtlich ihrer Eignung diskutiert.

Ton

Die Tongesteine zeichnen eine geringe Durchlässigkeit aus. Zudem besitzen die Tonmineralien eine große Oberfläche und somit ein gewisses Absorptionsvermögen. Durch die geringe Härte wird davon ausgegangen, dass ein Selbstabdichtungsvermögen vorliegt. Jedoch liegt hier auch ein Hauptkritikpunkt, die geringe Standfestigkeit macht einen starken Ausbau von Nöten, welchen man allerdings umgehen möchte, da dessen Auswirkungen auf den Chemismus nicht in Gänze erforscht sind. Des Weiteren ist der Ton schlecht wärmeleitfähig und in Kombination mit einer geringen Grenztemperatur von 100°C bestehen somit hohe Anforderungen an das Platzangebot.

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Abb. 2: Erläuterungen am Opalinuston

Kristallines Gestein

Zu den kristallinen Gesteinen zählen zum Beispiel Granit, Gneis und Basalt. Kennzeichnend für diese Gesteine ist die hohe Druckfestigkeit, sodass ein Ausbau hinfällig wird. Auch sind diese Gesteine an sich gering durchlässig. Ein weiterer Vorteil besteht in der höheren Grenztemperatur, als zum Ton. Allerdings gehen die hohen Druckfestigkeiten auch mit größeren Auflockerungszonen einher. Die Hauptgefahr stellt die Klüftigkeit des Gesteins dar, denn durch diese ist ein Eindringen von Bergwasser möglich.

Salz

Vor allem in Deutschland wird eine Endlagerung in den Salzstöcken diskutiert. Das Salzgestein hat die Eigenschaft, sich plastisch zu verformen und so die bei der Auffahrung entstandenen Auflockerungszonen zu verschließen. Auch treten keine Klüfte auf und das Salz ist standfest, sodass auch großen Kammern nichts im Wege steht. Wie auch bei den anderen beiden Varianten ist die Durchlässigkeit sehr gering. Ein großer Vorteil stellt die hohe Wärmeleitfähigkeit in Kombination mit einer bei 200°C liegenden Grenztemperatur

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dar. Kritisch wird gesehen, dass die Salzstöcke eine gewisse Dynamik besitzen und durch die geringe Dichte oft an die Erdoberfläche aufsteigen. Somit kann es im Laufe der Jahre passieren, dass der hochradioaktive Abfall, wieder zu Tage tritt.

6.3 Geologie

Das Felslabor Mont Terri liegt in den Gesteinen des Jura. Diese sind durch eine bogenförmige Falte charakterisiert, welche sich von Zürich im Nordosten bis nach Grenoble im Südwesten erstreckt. Im Fokus der Arbeiten steht vor allem der Bereich des Doggers. Dieser besteht aus dunkelgrauen, schluffigen, glimmerhaltigen Tonen, welche von sandigen Kalksteinen, Schiefern und oolithischen Eisensteinen überdeckt werden.

Abb. 3: Geologisches Profil

Der Opalinuston im Speziellen ist ein nicht standfestes, aus schluffigen und sandigen Schiefer bestehendes Gestein. Im Mittel hat dieser eine Mächtigkeit von 160 m. Das Gestein wird in drei Fazies unterteilt. Die Schieferfazies im unteren Teil der Formation, die sandige Fazies im mittleren und oberen Bereich und die kalkig, sandige Fazies, welche auch in der mittleren Region vorkommt. Unterschiede zwischen den Fazies bestehen darin, dass die schiefrige Fazies mehr Tonminerale, aber weniger Quarz als die sandigen Fazies enthält. Die kalkige Fazies enthält mehr Kalzite und Quarz, dafür weniger Tonminerale.

Das Gebiet ist von drei Hauptstörungssystem durchsetzt. Die SSE eintauchende Verwerfung ist durch eine Schichtgleitung entstanden und prägt das Gefüge des Opalinustons. Des Weiteren ist eine flach eintauchende SW Verwerfung zu identifizieren, als auch eine N bis NNE Verwerfung, welche durch Blattverschiebung entstanden ist.

Der Opalinuston zeichnet sich durch eine sehr geringe Durchlässigkeit aus (2 ⋅ 10−13𝑚/𝑠). Es wird davon ausgegangen, dass ein Stofftransport nur infolge von molekularer Diffusion möglich ist. Die Eigenschaften sind abhängig vom Flächengefüge und somit stark anisotrop. Die einaxiale Druckfestigkeit variiert von 10,5 MPa bis 25,6 MPa.

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6.4 Forschungsprojekte

Seit 1996 wurden im Felslabor 138 Experimente durchgeführt oder befinden sich gerade in der Durchführung. Diese lassen sich auf drei Kernthemen herunterbrechen. Zum ersten die Entwicklung von Methoden. Durch die besonderen Eigenschaften des Opalinustons, was die Durchlässigkeit und die Selbstabdichtung anbelangt, ist es nur schwer möglich mit den gängigen Verfahren Porenwasserdrücke oder das Spannungsfeld zu messen. Auch wurde ein neues Verfahren entwickelt, um Wasserproben zu entnehmen.

Des Weiteren steht die Charakterisierung des anstehenden Gesteins im Vordergrund. Hierbei liegen die Besonderheiten des Opalinustons im Fokus. Diese wären die geringe Durchlässigkeit, die Selbstabdichtungsfähigkeit und das Diffusionsverhalten. Zu guter Letzt spielen Demonstrationsexperimente eine wichtige Rolle. Bei diesen geht es um die realitätsgetreue Simulation der Einlagerung von hochradioaktiven Abfällen. Herauszuheben ist das Experiment FE. Dazu wurden 3 Behälter im Maßstab 1:1 in eine Kammer gefahren und diese anschließend verfüllt. In den Behältern befinden sich Heizelemente, die die Wärmeabstrahlung des Abfalls simulieren sollen. Der Kern der Forschung besteht darin, Aussagen über die Temperaturentwicklung und -verteilung, sowie die Auswirkungen im Gebirge und dem Verfüllmaterial zu bekommen.

Abb. 4: Erläuterungen zum Experiment FE

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6.5 Ausblick

Wie in den Ausführungen deutlich geworden, ist die Endlagerungsproblematik ein spannendes Forschungsfeld, welchem zunehmend mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird. Das Felslabor Mont Terri nimmt dabei eine tragende Rolle ein. Für die Schweiz stellt die Verwahrung der hochradioaktiven Abfälle in den Opalinuston nur noch eine Frage der Zeit dar. Nach derzeitigen Stand stehen 2 Gebiete als potentielle Endlager zur Diskussion: Das Gebiet Jura Ost und Zürich Nordost. Auch in anderen Ländern wird mit Vehemenz daran geforscht. Allerdings darf man nicht vergessen, welche Einwirkungen Schwierigkeiten darstellen. Hierbei spielen unmittelbare Herausforderungen wie Auflockerungszonen, Klüfte, Grundwasser und Ausbau, als auch langfristige wie Tektonik, Erdbeben, Migration von Radionukliden, Bakterien und Mikroorganismen und die Entwicklung der Menschheit eine wichtige Rolle.

Wenn man sich den Zeitraum betrachtet, für welchen die Sicherheit gewährleistet werden muss, ist es eine große Herausforderung, ein Endlager zu bauen, welches als sicher gelten kann. Dabei spielen weniger die technischen Parameter, als die Entwicklung des Systems Erde eine Rolle. Vor einer Million Jahre hat es keine Anzeichen einer menschlichen Existenz gegeben und für diesen Horizont werden die Planungen betrieben.

Abb. 5: Potentielle Endlagerstandorte der Schweiz

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6.6 Quellen

Literatur:

[1] www.mont-terri.ch

[2] www.grs.de

[3] www.nagra.ch

[4] Bossart, Paul; Thury, Marc (Hg.) (2008): Mont Terri Rock Laboratoryroject, Programme 1996 to 2007 and Results. Swiss Confederation Federal Office of Topography swisstopo.

[5] Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI (2013): Geologische Tiefenlager. Radioaktive Abfälle sicher Entsorgen.

[6] Salz als Endlagermedium - Endlagerung radioaktiver Abfälle. Online verfügbar unter http://www.endlagerung.de/language=de/7167/salz-als-endlagermedium, zuletzt geprüft am 13.10.2016.

[7] swisstopo: Felslabor Mont Terri. Forschung für die geologische Tiefenlagerung.

[8] Yardley, Bruce W.D.; Ewing, Rodney C.; Whittleston, Robert A. (2016): Deep-Mined Geologica Disposal of Radioactive Waste (12). In: Elements, 08.2016 (4).

[9] Wirtsgesteine im Vergleich - Endlagerung radioaktiver Abfälle. Online verfügbar unter http://www.endlagerung.de/language=de/10541/wirtsgesteine-im-vergleich, zuletzt geprüft am 13.10.2016.

Bilder:

[1] http://www.mont-terri.ch/internet/mont-terri/de/home/rock_lab/view_from_outside.parsys.43348.Image.jpeg

[2] Moritz Kliche

[3] http://www.mont-terri.ch/internet/mont-terri/de/home/geology.parsys.15552.Image.jpeg

[4] Moritz Kliche

[5] http://www.udo-leuschner.de/energie-chronik/081114g1.gif

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7 Die Firma Herrenknecht

Von: Lukas Raphael Jonas Schattling

Führung: Dipl.-Ing. Thomas Lindner

7.1 Allgemeines

Gegründet wurde die Herrenknecht GmbH 1977 von Martin Herrenknecht in Lahr. Durch sein hohes technisches Verständnis und wirtschaftliches Geschick gelang es ihm und seinen Mitarbeitern innerhalb nur weniger Jahre, sein Ingenieurbüro schrittweise zu erweitern und auszubauen. Stetig wurde an der Neu- und Weiterentwicklung von Vortriebsmaschinen gearbeitet. So wurde bereits 1980 der Firmensitz in die nahegelegene Stadt Schwanau verlegt und weitere 9 Jahre später die GmbH in eine AG umgewandelt.

Abbildung 1: Firmengelände

Mittlerweile ist Herrenknecht zu einem Konzern mit weltweit über 5000 Mitarbeitern angewachsen, wovon ca. 2000 im Werk in Schwanau beschäftigt sind. Dazu werden jährlich 150 bis 180 Auszubildende geschult. 2015 erwirtschaftete Herrenknecht einen Gesamtumsatz von 1,343 Mrd. Euro. Zum Konzern gehören zudem 76 geschäftsnahe Tochterfirmen im In- und Ausland sowie eigene Firmenstandorte in rund 30 Ländern. Der erste wurde 1992 in den USA gegründet. 2004 folgte mit dem Standort in Singapur auch die Expansion in den asiatisch-pazifischen Raum.

Ein Meilenstein von herausragender Bedeutung war 2011 der Hauptdurchschlag mit einer Gripper-TBM von Herrenknecht beim Gotthard Basistunnel in Sedrun. Bei diesem Projekt kamen vier dieser Tunnelbohrmaschinen von Herrenknecht zum Einsatz, welche

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insgesamt eine Rekordlänge von 85 km für den längsten Tunnel der Welt auffuhren. Ein weiterer Rekord wurde 2014 aufgestellt, als in Hongkong die bisher weltweit größte Tunnelbohrmaschine mit einem Durchmesser von 17,6 m zum Einsatz kam.

7.2 Produkte

Zur Produktpalette von Herrenknecht gehören neben Schachtabsenkanlagen und HDD-Rigs auch Rohrvortriebsanlagen und speziell entwickelte Tiefbohranlagen für Geothermie. Die Kernkompetenz des Unternehmens liegt jedoch in der Herstellung hochkomplexer Tunnelbohrmaschinen, welche größtenteils projektspezifisch angefertigt und somit an die jeweiligen geologischen Verhältnisse vor Ort angepasst werden können.

Neben diesen Produkten spielt auch der Service eine große Rolle, wobei Herrenknecht sowohl Knowhow im Bereichen der technischen Betreuung als auch in der Projektplanung zur Verfügung stellt. Zu den wichtigsten Leistungen gehört die Reparatur beziehungsweise die Aufarbeitung von Verschleißteilen. Im Fokus stehen dabei die Rollenmeißel, welche unter ungünstigen Bedingungen mitunter täglich gewechselt werden müssen. Herrenknecht bietet in diesem Zusammenhang sogenannte Full Range Solutions an, welche den kompletten Service abdecken. Weiterhin stellt der Konzern Personal zur Maschinenfahrt zur Verfügung.

Abbildung 2: Verschlissenes Schneidradsegment mit aufgeschweißter Oberflächenverhärtung (Einsatz im Gotthard-Basistunnel)

Am 06.10.2016 wurden wir von Herrn Lindner auf dem Firmengelände der Herrenknecht AG in Schwanau herzlich in Empfang genommen. Nach einer kurzen Einweisung hatten wir die Möglichkeit, ein Teil eines Schneidrades zu besichtigen, welches im Gotthard Basistunnel zum Einsatz kam. (Abbildung 2) Dabei konnten unter anderem viele Fragen

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zum Oberflächendesign des Schneidrades diskutiert und beantwortet werden. Wir erfuhren, dass abhängig vom Gebirge, eine tägliche Sichtkontrolle der 14 Schneidrollen erforderlich ist.

In der anschließenden Vortragsreihe wurde neben allgemeinen Themen wie der Firmenhistorie und der Funktionsweise von Herrenknecht Tunnelbohrmaschinen auch auf die Fragestellung der Endlagerung von Atommüll eingegangen. Bei diesem Problem konzentriert sich die Firma insbesondere auf die Frage, inwiefern es möglich ist, die Stollen mit einer TBM aufzufahren. Der konventionelle Sprengvortrieb eignet sich an dieser Stelle nicht, da man Störungen im Wirtgestein nach Möglichkeit vermeiden möchte.

Da die geplanten Endlagerstollen nur einen Zugang haben, wurden von Herrenknecht spezielle Vortriebsmaschinen entwickelt, welche durch Zurückziehen wieder geborgen werden können. Dazu werden die Schneidwerkzeuge mithilfe eines Faltmechanismus eingeklappt, sodass die Maschine problemlos zurückgezogen werden kann.

7.3 Werksbesichtigung

Nach dem Mittagessen ging es dann weiter zur Besichtigung in die Produktionshallen. Im Montagewerk in Schwanau werden von der ersten technischen Zeichnung bis zur fertigen Auslieferung der Tunnelbohrmaschinen alle erforderlichen Arbeiten selbst ausgeführt. Die durchschnittliche Bauzeit für eine TBM beträgt 7 bis 9 Monate. Dabei kommt es besonders auf eine durchdachte Planung und Logistik im Vorfeld an. Somit ist es möglich, auch größere Stückzahlen zeitgleich zu produzieren. Für die Doha-Metro in Katar wurden beispielsweise 21 EPB- Schildmaschinen geliefert, wovon 14 Stück gleichzeitig gefertigt wurden.

Abbildung 3: Vormontiertes Segment einer EBP-TBM

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Auf Nachfrage erfuhren wir, dass die Lieferzeit für Kunden ein wichtiges Kriterium für den Kauf ist. Daher ist man bei Herrenknecht sehr darum bemüht, so viele der verbauten Teile wie möglich in Gruppen zusammenzufassen. Ein Alleinstellungsmerkmal von Herrenknecht ist zudem, dass alle Maschinen vor der Auslieferung noch einmal aufgebaut und vollständig auf ihre Funktion getestet werden. Der Mehraufwand lohnt sich, da somit die TBM vor Ort sofort die Arbeit aufnehmen kann. Anhand einer fast fertiggestellten TBM für den Einsatz in Ohio hatten wir die Möglichkeit, auch das Innenleben einer TBM genauer zu betrachten. (Abbildung 3) Pro Maschine sind ca. 50 bis 100 Unterlieferanten für Elektromotoren und sonstige Teile involviert. Oft finden jedoch auch zurückgekaufte und generalüberholte Komponenten eine erneute Verwendung.

In einer weiteren Montagehalle wurde unsere Aufmerksamkeit auf eine nahezu vollständige, zur Auslieferung bereit gestellte Rohrvortriebsanlage gelenkt. (vgl. Abbildung 4) Zusätzlich zum Bohrgerät selbst liefert das Unternehmen auf Wunsch auch die passende Konsoleneinheit in Form eines Baucontainers. Von dort aus werden alle nötigen Spülungsparameter sowie die Bohrgeschwindigkeit- und -richtung gesteuert.

Abbildung. 4: Richtbohranlage einschließlich Spülungspumpen und Steuerkonsole

Am Ende der Besichtigung hatten wir noch einmal die Möglichkeit, eine komplett fertiggestellte Einfachschild-TBM aus der Nähe zu bestaunen. Die Besonderheit der

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Maschine war das Schneidrad, welches so konstruiert wurde, dass es sowohl für den Einsatz im Hart- als auch im Lockergestein geeignet ist. (vgl. Abbildung 5)

Abbildung 5: Schneidrad für Lockergestein und Hartgestein

7.4 Quellenverzeichnis

[1] https://www.herrenknecht.com/de/

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8 Der Tunnel Rastatt

Von: Philipp Pölzing

8.1 Allgemeines

Am Nachmittag des 06.10. besichtigten wir das Info-Center des Tunnels Rastatt. Vor dem Eingang des Gebäudes sind ein Tübbingelement sowie eine HDI-Probesäule aufgestellt. Zudem konnten die Exkursionsteilnehmer einen Mammut-Stoßzahn betrachten, welcher im Rahmen der Bauarbeiten entdeckt wurde. Im Info-Center informierten wir uns über die verschiedenen technischen und organisatorischen Gesichtspunkte des Bauprojekts. Nach dem Besuch des Info-Centers fand noch eine kurze Besichtigung der Baustelle und insbesondere der Grundwasserwanne statt.

Abbildung 1: Info-Center des Tunnels Rastatt

8.2 Überblick über das Projekt

Der Bau des Tunnels Rastatt bildet einen entscheidenden Teil des DB-Projekts Ausbau- und Neubaustrecke Karlsruhe - Basel. Diese Strecke liegt in der Mitte des wichtigsten Güterverkehrskorridors Europas zwischen Rotterdam und Genua.

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Abbildung 2: Der Tunnel Rastatt als Teil der Ausbau- und Neubaustrecke Karlsruhe - Basel

Die alte Strecke Karlsruhe -Basel ist derzeit mit Nah-, Fern- und Güterverkehr bis zur Kapazitätsgrenze ausgelastet. Das Projekt bringt daher zusätzliche Gleise und ermöglicht höhere Geschwindigkeiten von bis zu 250 km/h, um eine Kapazitätserweiterung zu erreichen. Die Reisezeit für Personen zwischen Karlsruhe und Basel reduziert sich dadurch um eine halbe Stunde.

Der zweiröhrige Bahntunnel wird eine Länge von 4270 m erreichen und zwischen Baden-Baden und Karlsruhe verlaufen. Von der weiter fortgeschrittenen Oströhre sind derzeit 1268 m und damit 26,7% fertiggestellt (Stand: 03.10.16). Der Tunnelvortrieb begann 2016 und soll 2018 beendet sein; die Inbetriebnahme ist für 2022 geplant.

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Die Ausführung des Tunnelbauprojekts übernimmt die ARGE Tunnel Rastatt. Diese Arbeitsgemeinschaft wird gebildet durch die Ed. Züblin AG und die Hochtief AG. Die Ed. Züblin AG übernimmt die technische Ausführung, während die Hochtief AG für die kaufmännische Ausführung verantwortlich ist. Bauherren sind gemeinsam die DB Netz AG, die DB Station & Service AG sowie die DB Energie GmbH.

8.3 Geotechnische Besonderheiten

Der Vortrieb des Tunnels findet überwiegend in tertiären und quartären Lockergesteinen unterschiedlicher Korngrößen statt. Insbesondere die sandigen Anteile führen durch Schmirgelung an den Schneiderollen der Tunnelbohrmaschinen zu erheblichem Verschleiß. Die Tone hingegen können zu Verklebungen führen; weiterhin ist mit dem Auftreten von bis zu 1,2 m großen Gesteinsblöcken zu rechnen. Zudem befindet sich der gesamte Tunnel unter dem Grundwasserspiegel und die Überdeckungen sind an einigen Stellen äußerst gering, mit einem Minimum von 4 m.

Lediglich an den Tunnelportalen kommt die offene Bauweise zum Einsatz. Mithilfe von Spundwänden wird eine Grundwasserwanne erzeugt, in welcher ein rechteckiger Tunnelabschnitt entsteht. Die HDI-Säulen kamen als Gründung der Pfeiler eines Brückenbauwerks zum Einsatz, mit denen eine Kreisstraße über die nördliche Grundwasserwanne des Tunnels geführt wurde.

Abbildung 3: Tunnelbau in offener Bauweise: Grundwasserwanne mit Spundwänden

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Abbildung 4: Tunnelbau in offener Bauweise vor dem Tunnelportal; links Tübbinglager

Der überwiegende Teil des Tunnels wird jedoch in geschlossener Bauweise vorgetrieben. Die beiden hierfür eingesetzten Tunnelvortriebsmaschinen stammen von dem Unternehmen Herrenknecht. Sie durchörtern das Gebirge von Nord nach Süd und werden schließlich am Südportal wieder das Tageslicht erblicken. Aufgrund der geologisch-hydrologischen Verhältnisse (Kiese und Sande, gesamter Tunnel unter dem Grundwasser-Spiegel) wurden Hydro- bzw. Mixschildmaschinen gewählt. Diese drücken das Schneidrad mit einer Stützflüssigkeit und einem regelbaren Luftpolster gegen die Ortsbrust.

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Abbildung 5: Simulation des Vortriebs des Tunnels Rastatt

Der Ausbruchsdurchmesser beträgt 11 m und wird umgehend mit Tübbingringen ausgebaut, sodass ein Innendurchmesser von 9,6 m verbleibt. Ein Tübbingring setzt sich aus sieben Tübbingen zusammen und hat eine Länge von 2 m bei einem Gewicht von 80 t. Insgesamt werden knapp 30.000 Tübbingringe in diesem Tunnel verbaut werden.

Abbildung 6: Tübbingelemente (Tübbinge) für den Ausbau der Innenschale

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Um den Personen im Tunnel bei einem Unfall in einer Tunnelröhre die Flucht in die andere, sichere Röhre zu ermöglichen, werden die Röhren mit acht Querschlägen verbunden. Zudem wird im Tunnel die feste Fahrbahn eingesetzt, die im Notfall zulässt, dass auch Straßenfahrzeugen der Rettungsdienste den Tunnel befahren können.

Die sehr geringen Überdeckungen machen an einigen Stellen Bodenvereisungen erforderlich, damit die Tunnelvortriebsmaschinen auch diese Bereiche sicher unterfahren können. Durch die Vereisung mithilfe von Sole oder flüssigem Stickstoff wird das Bodenwasser gefroren und damit die Festigkeit des Bodens erheblich gesteigert; gleichzeitig werden Wasserwegigkeiten unterbunden. Auch die Gleise der Rheintalbahn werden auf diese Weise bei laufendem Bahnbetrieb unterfahren, obwohl die Überdeckung nur 4 m beträgt. Hierfür findet eine Vereisung des Bodens auf 200 m Länge statt.

8.4 Betriebliche Anforderungen

Durch die Verlegung des Bahnverkehrs in einen Tunnel unter der Erdoberfläche reduziert sich die Lärmbelastung entscheidend. Ein mögliches Problem bei eingleisigen Tunneln stellt jedoch der Sonic-Boom-Effekt dar. Schnelle Züge schieben auf relativ schmalen Tunnelröhren unter Druck stehende Luft vor sich her, die beim Ausfahren aus dem Tunnel für einen lauten Knall sorgen kann. Um dies zu verhindern, werden beim Tunnel Rastatt Sonic-Boom-Schutzbauwerke eingebaut. Mit breiten Lüftungsschlitzen in dem Dach und an den Seiten der Tunnel an den Portalen soll der Überdruck bereits abgebaut werden, wenn die Züge in den Tunnel einfahren.

Abbildung 7: Simulation eines Sonic-Boom-Bauwerks

Der Tunnel Rastatt ist zudem das erste Pilotprojekten in Deutschland, bei denen das sogenannte Building Information Modelling (BIM) von allen Projektpartnern eingesetzt wird. Das BIM schafft ein virtuelles Modell des Projekts und simuliert damit Entwurf, Bauausführung und Verwendung des Tunnels. Auf diese Weise sollen Kosten gesenkt und

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mögliche Schwierigkeiten schon im Voraus erkannt werden. Aufgrund der guten Erfahrungen beim Tunnel Rastatt möchte die DB Netz AG das BIM in Zukunft bei all ihren Großprojekten verwenden.

8.5 Quellenverzeichnis

[1] Firmenprospekte zum Tunnel Rastatt der DB Netze AG: Der Tunnelvortrieb, Innenausbau mit Tübbingen, Sonderbauverfahren beim Tunnelbau

[2] http://www.karlsruhe-basel.de/kurzbeschreibung-19.html

(Offizielle Internetseite des DB-Projekts Ausbau- und Neubaustrecke Karlsruhe – Basel)

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9 Kombilösung Karlsruhe

Von: Marcus Rother Markus Scholz

Führung: Dipl.-Geol. Markus Feneberg

9.1 Geschichtliche Entwicklung

Eine Straßenbahn besitzt Karlsruhe bereits seit dem Jahre 1877, damals allerdings noch gezogen von Pferden. Generell war der Innenstadtverkehr zu diesen Zeiten noch wesentlich beschaulicher, als es heute der Fall ist. Ein weiterer bedeutender Unterschied zur damaligen Zeit ist der private Betrieb der Bahn, der ab 1894 durch die „Allgemeine Elekticitäts Gesellschaft“ (AEG) erfolgte. Diese war es auch, die 1900 auf elektrischen Betrieb umstellte und das vorhandene Streckennetz erweiterte. Ab 1903 übernahm die Stadt Karlsruhe die Bahn und führt diese auch seitdem.

Um die Entwicklung der Stadt Richtung Süden und Westen zu ermöglichen, wurde 1913 der Hauptbahnhof vom Ettlinger Tor weiter hinaus in den Süden an seinen heutigen Standort verlegt und der Schienengürtel entfernt. Zur Anbindung des neuen Bahnhofs, der zum Knotenpunkt zwischen der Stadt und der Region wurde, wurden dazu viele neue Linien eingerichtet.

In der Nachkriegszeit kam es dann zur zunehmenden Privatmotorisierung der Bevölkerung, was sich natürlich auch auf den innerstädtischen Verkehr auswirkte. So wurde Karlsruhe durch den Aus- und Neubau von Straßen weiter erschlossen. Schon damals kam es durch den starken Zuwachs an Verkehrsmitteln und –teilnehmern zu Problemen.

In den 1980er Jahren wurde das Schienennetz erneut erweitert, die Stadtteile und Vororte weiter erschlossen. Die Verkehrsströme sollten wieder auf die Straßenbahn geleitet werden. Dazu wurde eine Zweisystem-Stadtbahn eingeführt. Diese kann auf den Gleisen der Eisen- als auch auf denen der Straßenbahn verkehren. Bedeutender Vorteil ist die Erweiterung der Anbindung und Verringerung der nötigen Umstiege. Das System wurde phasenweise umgesetzt und war ein voller Erfolg. Die Fahrgastzahlen stiegen stark an und der Schienenverkehr in der Innenstadt wurde abermals dichter. [1]

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Abbildung 6: zunehmender Stadtverkehr in der Nachkriegszeit

9.2 Die Kombilösung

Im Zuge des in der Vergangenheit vorgenommen Ausbaus des Stadtverkehrs, im Sinne der Mobilitätssteigerung, hat sich allerdings auch das Bild der Innenstadt sowie deren Lebensqualität verändert. Stetig zunehmende Fahrgastzahlen mit steigender Tendenz erhöhen die Frequenz der Bahnen, welche die belebten Fußgängerzonen durchqueren. Die Abfertigung der vielen Fahrgäste führt hier zu verlängerten Wartezeiten und Überbelastung der Straßen. In der Folge wird die Qualität der Stadtboulevards gemindert. Mit dem Ziel, die belasteten Zonen insbesondere die Kaiserstraße zu entlasten und das Netz zukunftsorientiert zu ertüchtigen, wurde die Kombilösung erdacht.

Die Bezeichnung Kombilösung ergibt sich aus der Kombination zweier verschiedener Teilprojekte in einem gemeinsamen Bauvorhaben. So entsteht im ersten Projekt ein Stadtbahntunnel mit Südabzweig vom Marktplatz bis zur Augartenstraße mit modernen unterirdischen Haltestellen unter einer Fußgängerzone und im zweiten eine neu gestaltete Straßenbahntrasse in der Kriegsstraße über einem Straßentunnel. [1]

9.3 Teilprojekt 1: Stadtbahntunnel unter der Kaiserstraße

Der Stadtbahntunnel Kaiserstraße erstreckt sich auf ca. 2,2 km Länge mit den vier unterirdischen Haltestellen Europaplatz, Lammstraße, Kronenplatz und Durlacher Tor. Zusätzlich dazu ist der Südabzweig ca. 800 m lang und umfasst die U-Haltestellen Marktplatz, Ettlinger Tor und Kongresszentrum. Die Kriegsstraße wird so vom Schienenverkehr entlastet und gewinnt mit ca. 1 km schienenfreier Fußgängerzone neue Qualität.

Mit den Rohbauarbeiten an diesem Abschnitt, und damit der Kombilösung im Gesamten, wurde 2010 begonnen. Geplante Fertigstellung hierfür ist 2018. [1]

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9.4 Teilprojekt 2: Stadtbahnstraße Kriegsstraße

Unterhalb der Kriegsstraße soll ein ca. 1,4 km langer Straßentunnel entstehen und oberhalb ein begrünter Boulevard, der die derzeit vorhandene zehnspurige Straße ersetzen soll. Mit dem Tunnel wird der bestehende Autoverkehr überwiegend unter die Erde verlegt und soll, da Ampelfrei, einen flüssigen Verkehrsstrom ermöglichen. Ziel der ebenfalls begrünten Straßenbahntrasse ist unter anderem die schnellere und bessere Verbindung der Südgebiete mit der direkten Innenstadt.

Mit der Umgestaltung der Kriegsstraße wird 2015 begonnen. Die Arbeiten sollen 2019 abschlossen sein. [1]

9.5 Projektentwicklung

Verantwortlich für das Projekt zeichnet sich die „Karlsruher Schieneninfrastrukturgesellschaft mbH“ (KASIG). Diese wurde 2003 gegründet um die bereits im Vorjahr mittels Bürgerentscheid beschlossene Kombilösung umzusetzen. Sie ist zuständig für sowohl Planung als auch Errichtung und Betrieb von notwendigen Verkehrsinfrastruktureinrichtungen, besonders die der Kaiserstraße.

Alleingesellschafterin der KASIG mbH ist dabei die „Karlsruher Versorgungs-, Verkehrs- und Hafen GmbH“ (KVVH) und damit zu 100 % die Stadt Karlsruhe selbst. [1]

Abbildung 7: Holding Struktur

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9.5.1 Finanzierung

Nach „aktuellen“ Kostenschätzungen aus dem Jahr 2014 sollen die reinen Baukosten für das Gesamtprojekt d.h. beide Bauvorhaben zusammen 756,1 Mio. € betragen, wovon 530,9 Mio. € für den Stadtbahntunnel und die restlichen 225,2 Mio. € für die Neugestaltung der Kriegsstraße vorgesehen sind. In einer Prognose für 2019 wird allerdings schon von einer Kostensteigerung für den Tunnel um weitere 62,2 Mio. € ausgegangen

Unter Einbezug weiterer Kostenstellen wie beispielsweise Lohnkosten und Öffentlichkeitsarbeit werden die Gesamtherstellungskosten mit 897,3 Mio. € angenommen. Die vorgenommene Risikobewertung des Projektes für z.B. Nachträge, Mehrmengen oder Probleme beim Tunnelvortrieb ergab 40 Mio. €. Die Chancenbewertung demgegenüber ergab 10 Mio. €.

Die Finanzierung wird zum Großteil von der Bundesrepublik Deutschland mit 60 % der zuwendungsfähigen Kosten sowie dem Bundesland Baden-Württemberg mit 20 % getragen. Die restlichen 20 % der Gesamtkosten stellt die KASIG und damit die KVVH. [2]

9.5.2 Infocenter

Vergleichbar mit anderen Infrastrukturgroßprojekten bietet auch die Kombilösung ein Infocenter für interessierte Besucher. Im sogenannten „K“ am Ettlinger Tor können sich Bürger seit April 2010 die ganze Woche über und an Feiertagen mittels der verschiedenen multimedialen Ausstellungen oder über den Aussichtsturm direkt über das aktuelle und geplante Baugeschehen informieren. [3]

9.6 Bauweise und aktueller Stand

Bei den in Karlsruhe angewandten Bauverfahren wurde größter Wert auf möglichst geringe Einschränkungen für den laufenden Verkehr gelegt. Deshalb wurde sich auf möglichst schonende Bauverfahren verständigt.

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Abbildung 8: Streckenplan

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9.6.1 Schlitzwand und Bohrpfahl als Baugrubenumschließung

Beim Bau von fünf der sieben Haltestellen, außer am Europaplatz und an der Lammstraße, wurden Schlitzwände für die Baugrubenumschließung verwendet. Sie haben dabei zugleich eine statische und abdichtende Funktion. Einerseits dienen sie der Umschließung, andererseits - durch ihre Wasserundurchlässigkeit - als Dichtwand gegen eindringendes Grundwasser. Der Bodenaushub der bis zu 20 m tiefen Lamellen, erfolgte mittels Schlitzwandgreifern. Unter Einsatz einer Bentonitsuspension wird das Einbrechen des Erdreichs verhindert und der Schlitz frei von Kies und Sand gehalten. Nachdem die Endtiefe erreicht, die Bentonitsuspension entsandet und die Bewährungskörbe eingebracht wurden, folgte die Betonage.

Die Schlitzwände wurden im sogenannten Pilgerschrittverfahren hergestellt. Dabei wurden zunächst die Primärschlitze gefertigt und anschließend die dazwischenliegenden Sekundärlamellen ausgehoben. Dieses Verfahren erlaubt unter anderem eine schnellere Bauausführung.

An den Haltestellen Europaplatz und Lammstraßen dienen Bohrpfähle, aneinandergereiht oder überschnitten, als Baugrubenumschließung. Sie übernehmen dabei ebenfalls stützende und wasserabsperrende Aufgaben. [2]

Abbildung 9: U-Haltestelle Marktplatz

9.6.2 Einbringung der HDI-Sohle

Nachdem die Baugrubenumschließungswände fertiggestellt wurden, folgte die Herstellung der Baugrubensohle. Diese wurde an allen Haltestellen, ausgenommen am Kongresszentrum wo Weichgel als Injektionsmittel verwendet wird, durch Zement

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realisiert. Für die Einbringung werden Bohrgestänge in den Boden eingeführt, die das Injektionsmittel auspressen. In Karlsruhe sorgen die verwendeten Injektionen für eine Baugrundverdrängung wo ein Teil des Bodens an der Oberfläche ausgespült und dieser dann entsorgt wird. Die Drehbewegung des Gestänges beim Herausziehen gewährleistet eine gleichmäßige Verteilung des Zements im Boden. Durch Wiederholung dieses Ablaufs lassen sich großflächige Sohlen herstellen.

Zur Verankerung zwischen Wänden und Sohle werden bei der Kombilösung bevorzugt Verpressanker eingesetzt. Die Anker sorgen für den Widerstand gegen den angreifenden Erddruck, sowie den Wasserdruck. [1]

9.6.3 Aufsetzen des Stahlbetondeckels

Um einen einschränkungsarmen und flüssigen Verkehr in der Innenstadt zu gewährleisten, wurden die Deckel der Haltestellen abschnittsweise mit einer Halbdeckelbauweise hergestellt. Während man die Schienen auf die eine Seite der Baustelle verlegte, konnte auf der anderen Seite der Deckel konstruiert werden. Die Stationen Marktplatz und Kongresszentrum wurden unter Vollsperrung, das Ettlinger Tor teilweise unter Vollsperrung und unter Bahnbetrieb hergestellt. [1]

9.6.4 Die Tunnelbauverfahren

Der Tunnelvortrieb wird mittels einer 80 m langen Tunnelbohrmaschine (TBM) der Firma Herrenknecht, ansässig im baden-württembergischen Schwanau, realisiert und kommt auf der am Ende 2.049 m langen Ost-West Verbindung zwischen Durlacher Tor und Mühlberger Tor zum Einsatz. Der Ausbruchsdurchmesser liegt bei 9,30 m. Die Überdeckung beträgt zwischen 4,50 m und 9,50 m. Dabei wird die TBM stets von ca. 2 m Grundwasser überlagert. Deshalb kommt hier ein Hydroschild zum Einsatz, das unter Einsatz von Bentonitsuspension das Einbrechen des Bodens beim Vortrieb verhindert. Das in Karlsruhe anfallende Sand-Kies Gemisch samt Suspension wird anschließend in eine Separieranlage am Durlacher Tor gepumpt. Dort wird Sand und Kies voneinander getrennt und abtransportiert. Die Bentonitsuspension wird wiederverwendet. Der Tunnelausbau erfolgt durch ca. 9 t schwere Tübbinge, die zusammengesetzt einen 8,2 m breiten Innenring bilden. Der durchschnittliche Vortrieb beläuft sich auf 8 m bis 10 m pro Tag.

Der 250 m lange Abschnitt vom Marktplatz zum Ettlinger Tor wird nach der Neuen Österreichischen Tunnelbauweise (NÖT) gebaut. Die NÖT nutzt die Eigentragfähigkeit des anstehenden Bodens und ist zudem eine wirtschaftliche Herstellungsmethode. Dabei erfolgt der Vortrieb in bergmännischer Bauweise unter Druckluft, wobei Überdrücke bis zu 1,2 bar erreicht werden. Mittels Zementinjektionen wird hier im Voraus der Boden von oben verbessert und seine Tragfähigkeit dadurch erhöht. Der Ausbau erfolgt dann durch Stahlmatten, Spritzbeton und Ankern. Die Tunnelbögen bilden einen Hohlraumfreien Verbund zwischen Ausbau und anstehendem Gebirge. [1]

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Abbildung 10: U-Haltestelle Ettlinger Tor

9.6.5 Sicherung von Nebenbauwerken

Die Haltestellen in Karlsruhe liegen zum Großteil sehr nah an bestehenden Gebäuden. Damit diesen Gebäuden nicht ihre Abstützung genommen wird, werden sie auf eine stabile Grundlage gestellt. Mit dem Düsenstrahlverfahren wird Zement unter hohem Druck unter die bereits bestehenden Fundamente eingebracht. Infolgedessen wird der Boden verfestigt und die Fundamentlasten auf größere Tiefen verlagert.

Der Einsatz von Unterfangungen bedarf eines großen Maßes an Voruntersuchungen. Nicht in jedem Fall ist eine derartige Maßnahme erforderlich. [1]

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Abbildung 11: Vision Marktplatz

9.7 Quellenverzeichnis

[1] Kombilösung Karlsruhe – Ein Infrastrukturprojekt, das Karlsruhe bewegt! (Broschüre)

[2] www.diekombiloesung.de/

[3] Ein Infrastrukturprojekt, das Karlsruhe bewegt: die Kombilösung kommt! (Flyer)