Experiment Kristallzuc¨ htung: Kupfer(II)sulfat-Pentahydrat · 75 g Kupfer(II)sulfat-Pentahydrat...

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Experiment Kristallz ¨ uchtung: Kupfer(II)sulfat-Pentahydrat 1 Einf¨ uhrung In der Natur gibt es f ¨ ur die Entstehung von Kristallen verschiedenste M ¨ oglichkeiten. Die meisten nat ¨ urlichen Kristalle jedoch sind durch Kristallisation aus einer Schmelze (Magma) entstanden. In Abh¨ angigkeit von der Abk ¨ uhlgeschwindigkeit k ¨ onnen dabei mikroskopisch kleine, wie z. B. in vulkanische Gesteinen, oder relativ große Kristalle entstehen, wie wir sie im Granit erkennen. Große Kristalle entstehen, wenn sie f ¨ ur das Wachstum viel Zeit zur Verf¨ ugung haben. Im Ge- gensatz zur Kristallisation aus einer Schmelze, ist die Kristallisation aus einer w¨ assrigen L ¨ osung (z. B. alpine Kl ¨ ufte und Erzg ¨ ange) in der Natur vergleichbar selten. Da dies aber ein ¨ außerst lang- samer Vorgang ist, k¨ onnen dabei beeindruckend große und gut ausgebildete Kristalle wachsen. Außerdem eignet sich der Vorgang der Kristallisation aus einer w¨ assrigen L ¨ osung besonders f ¨ ur die Nachahmung, also f ¨ ur die Z¨ uchtung im Labor. Die Kristallisation aus der Gasphase ist eher unbedeutend. 2 Aufgabe Durch Kristallisation aus einer w¨ assrigen L ¨ osung sollen im Labor m¨ oglichst große, gut ausgebil- dete Kupfer(II)sulfat-Pentahydrat-Einkristalle gez ¨ uchtet werden (Abb. 1). 3 Kupfer(II)sulfat-Pentahydrat (Kupfervitriol) Kupfer(II)sulfat-Pentahydrat (CuSO 4 · 5H 2 O) bildet tiefblaue, trikline Kristalle, die beim Erhitzen das Kristallwasser abgeben und dann das farblose Kupfersulfat-Anhydrat bilden. Dieser Vorgang ist reversibel. Das Pentahydrat sollte eigentlich als [CuSO 4 (OH 2 ) 4 ] SO 4 · H 2 O geschrieben werden, da im Kristall vier Wassermolek¨ ule direkt an das Kupfer(II)-Ion koordiniert sind. Kupfersulfat ist in Wasser gut, in organischen L¨ osungsmitteln nicht l ¨ oslich. 3.1 Vorkommen und Gewinnung In der Natur kommt Kupfersulfat als Verwitterungsprodukt sulfidischer Kupfererze als krus- tenf ¨ ormige, k ¨ ornige oder faserige Aggregate vor (Mineral Chalkanthit). Technisch wird Kupfer- sulfat durch Einwirkung von Schwefels¨ aure auf Kupferoxide oder Kupfersulfide gewonnen. Es ist das mit Abstand wichtigste Kupfersalz. 1

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Experiment Kristallzuchtung:Kupfer(II)sulfat-Pentahydrat

1 Einfuhrung

In der Natur gibt es fur die Entstehung von Kristallen verschiedenste Moglichkeiten. Die meistennaturlichen Kristalle jedoch sind durch Kristallisation aus einer Schmelze (Magma) entstanden.In Abhangigkeit von der Abkuhlgeschwindigkeit konnen dabei mikroskopisch kleine, wie z. B.in vulkanische Gesteinen, oder relativ große Kristalle entstehen, wie wir sie im Granit erkennen.Große Kristalle entstehen, wenn sie fur das Wachstum viel Zeit zur Verfugung haben. Im Ge-gensatz zur Kristallisation aus einer Schmelze, ist die Kristallisation aus einer wassrigen Losung(z. B. alpine Klufte und Erzgange) in der Natur vergleichbar selten. Da dies aber ein außerst lang-samer Vorgang ist, konnen dabei beeindruckend große und gut ausgebildete Kristalle wachsen.Außerdem eignet sich der Vorgang der Kristallisation aus einer wassrigen Losung besonders furdie Nachahmung, also fur die Zuchtung im Labor. Die Kristallisation aus der Gasphase ist eherunbedeutend.

2 Aufgabe

Durch Kristallisation aus einer wassrigen Losung sollen im Labor moglichst große, gut ausgebil-dete Kupfer(II)sulfat-Pentahydrat-Einkristalle gezuchtet werden (Abb. 1).

3 Kupfer(II)sulfat-Pentahydrat (Kupfervitriol)

Kupfer(II)sulfat-Pentahydrat (CuSO4· 5H2O) bildet tiefblaue, trikline Kristalle, die beim Erhitzendas Kristallwasser abgeben und dann das farblose Kupfersulfat-Anhydrat bilden. Dieser Vorgangist reversibel. Das Pentahydrat sollte eigentlich als [CuSO4(OH2)4] SO4· H2O geschrieben werden,da im Kristall vier Wassermolekule direkt an das Kupfer(II)-Ion koordiniert sind. Kupfersulfat istin Wasser gut, in organischen Losungsmitteln nicht loslich.

3.1 Vorkommen und Gewinnung

In der Natur kommt Kupfersulfat als Verwitterungsprodukt sulfidischer Kupfererze als krus-tenformige, kornige oder faserige Aggregate vor (Mineral Chalkanthit). Technisch wird Kupfer-sulfat durch Einwirkung von Schwefelsaure auf Kupferoxide oder Kupfersulfide gewonnen. Esist das mit Abstand wichtigste Kupfersalz.

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Abbildung 1: Ein Kupfer(II)sulfat-Pentahydrat-Einkristall, wie er nach 1–2 Wochen Wachstum ge-bildet wird.

3.2 Verwendung

Kupfersulfat wird zur galvanischen Verkupferung, zur Herstellung von kupferhaltigen Farbenund zur Kupferstichatzung verwendet.

3.3 Sicherheitshinweise

Gefahrensymbol Xn: GesundheitsschadlichGefahrensymbol N: UmweltgefahrlichGefahrenhinweis R22: Gesundheitsschadlich beim VerschluckenGefahrenhinweis R36/38: Reizt die Atmungsorgane, Augen und HautSicherheitsratschlage S22: Staub nicht einatmenSchweizer Giftklasse: 3

3.4 Entsorgung

Salze sind in Klaranlagen nicht abbaubar, deshalb Kupfersulfat-Losung nicht in den Ausguss,sondern in eine Sammelstelle geben.

4 Prinzip der Ausf allung durch Ubers attigung

Die Loslichkeit eines Stoffes gibt an, ob und in welchem Umfang ein Reinstoff in einem Losungs-mittel gelost werden kann. Sie bezeichnet also die Eigenschaft eines Stoffes, sich unter molekularerVerteilung mit dem Losungsmittel homogen zu vermischen. Sulfate sind Salze und somit fast nurin polaren Losungsmitteln wie Wasser oder auch Fluorwasserstoff (HF) loslich. Die quantitativeLoslichkeit gibt die Menge eines Stoffes an, welche, unter gegebenen Bedingungen (Temperaturund Druck), maximal in einer bestimmten Menge der Losung loslich ist. Bei Salzen AmBn kanndie Loslichkeit (L) aus dem Loslichkeitsprodukt (KL) berechnet werden:

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0 20 40 60 80 100Temperatur [°C]

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H2O

untersättigt

gesättigt

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Übersättigung durch Verdunsten Übersättigung durch Abkühlen

Abbildung 2: Oft kann die Konstante KL experimentell ermittelt werden. Dieses Diagramm zeigtdie Loslichkeitskurve von Kupfersulfat-5-Hydrat in Abhangigkeit von der Temperatur. In 100 gdestilliertem Wasser losen sich bei 20 ◦C 37 g Kupfersulfat-5-Hydrat, bei 50 ◦C sind es 64 g.

KL = [A+]m[B−]n

L =[A+]

m=

[B−]n

= n+m

√KL

nn + mm

[g/l Losung] oder [g/100 g Losung]

In warmem Wasser ist also mehr Kupfersulfat loslich (CuSO4 ↔ Cu2+ + SO2−4 ) als in kaltem

Wasser. Die Loslichkeitskurve (Abb. 2) zeigt nun drei Falle von Losungsgleichgewichten:

1. Untersattigte Losung, Konzentration < Loslichkeit

2. Gesattigte Losung, Konzentration = Loslichkeit

3. Ubersattigte Losung, Konzentration > Loslichkeit

Um eine Ausfallung zu erhalten, bedarf es somit einer ubersattigten Losung. Wie stellt manaber eine ubersattigte Losung her, wenn man nicht mehr Kupfersulfat in Losung bringen kann?Eine Moglichkeit besteht darin, eine gesattigte Losung eindunsten zu lassen, wodurch es zur Aus-scheidung von Kristallen kommt. Eine weitere Moglichkeit ist es, eine warme, gesattigte Losungherzustellen. Beim anschließenden Abkuhlen der Losung kommt es wegen plotzlicher Ubersatti-gung ebenfalls zur Ausfallung. Ein in die ubersattigte Losung eingebrachter Kupfersulfat-Kristall

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wachst so lange, bis die Losung die Loslichkeitskurve erreicht, d. h. bis die Losung gesattigt ist.Um einen großen Einkristall anstelle von vielen kleinen Kristallen zu zuchten, benotigen wir alsoeinen Ausgangskristall, einen so genannten Impfkristall, den wir in die Wachstumslosung hangen.Sind die Bedingungen ideal, lagern sich die Ionen schichtweise an den Keimling an. Diese Phaseist heikel, da bei der geringsten Storung (Eindringen von Staub oder Erschutterungen) spontaneAusfallungen passieren konnen und so die Bildung eines Einkristalls verhindert wurde. Idealer-weise soll sich das uberschussige Kupfersulfat langsam und gleichmaßig am Impfkristall abschei-den. Haufig findet man bereits in der Ausgangssubstanz geeignete (> 1 mm) Impfkristalle undkann sich den regelmaßigsten aussuchen. Ist dies nicht der Fall, kann man gesattigte Losung ineiner flachen Schale (Petrischale) eindunsten lassen oder eine warme Losung abkuhlen lassen unddie erstgebildeten Kristalle aus der Losung entfernen.

5 Zutaten

• 175 g Kupfer(II)sulfat-Pentahydrat CuSO4· 5H2O

• dest. Wasser

• Filterpapier

• flache Schale (Petrischale)

• Feinwaage

• Kunststoffpinzette

• Heizplatte

• Thermometer

• Becherglas oder Einmachglas (Glas oder Kunststoff) mit Abdeckung

• Gummihandschuhe

• Nylonfaden

• Holzstab

• Gaze

• evtl. Nagelfeile

6 Rezept

1. Schritt: Herstellen einer gesattigten LosungDazu losen wir so viel Kupfer(II)sulfat-Pentahydrat in 50 ml destilliertem Wasser wie mog-lich (bis sich nichts mehr lost). Die Losung wird mit einem Glas- oder Kunststoffstab geruhrt.Fur die Entnahme des Kupfer(II)sulfat-Pentahydrats aus dem Behalter sollte ein Kunststoffloffel ver-wendet werden.

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2. Schritt: FiltrierenZum Filtrieren wird ein Filter ins Stativ gespannt, Filterpapier eingelegt und mit destillier-tem Wasser angefeuchtet. Das untere Ende des Filters sollte die Wand des Auffanggefaßesim obersten Teil beruhren. Nun die Losung nach und nach in den Filter gießen. Falls keinStativ vorhanden ist, kann der Filter auch in einen Zylinder gegeben und dieser ins Becherglas ge-stellt werden. Fur Versuche zu Hause konnen anstelle von Becherglas und Filter auch ein normalesEinmachglas und ein Kaffeefilter verwendet werden.

3. Schritt: Verdampfen lassenDie Losung wird in eine Petrischale (flache Schale) gefullt und an einen Ort ohne Tempe-raturschwankungen (Keller) gestellt. Nun heißt es warten, bis genugend Wasser verdampftist und sich moglichst große Kristalle am Boden der Schale abgeschieden haben. Um zuverhindern, dass Staub oder Sonstiges in die Losung kommt, sollte man die Petrischale mitGaze abdecken. Nur Geduld, es kann einige Tage dauern! Bei mir war nach vier Tagen alles Wasserverdunstet und es haben sich bis zu 2 cm lange, jedoch sehr dunne Kristalle gebildet.

4. Schritt: Impfkristall aussuchen und an Faden befestigenMit einer Kunststoffpinzette wird der schonste, regelmaßigste Impfkristall heraus gesuchtund vorsichtig vom Boden der Schale gelost. Nun wird ein Ende des transparenten Nylonfa-dens mit einer Schlinge am Kristall befestigt, wahrend das andere Ende um einen Holzstabgewickelt wird. Damit der Faden nicht abrutscht, konnen die Kanten des Kristalls mit einer Nagel-feile eingefurcht werden. Es ist darauf zu achten, dass wir weder Kristall, noch Faden mit unseren(fettigen) Fingern anfassen. Wichtig ist, die Lange des Fadens genau so zu wahlen, dass der Impf-kristall schließlich 2–3 cm uber dem Boden des Becherglases hangt. Anstelle eines Nylonfadens kannebenso gut ein Haar verwendet werden.

5. Schritt: Herstellen der Wachstumslosung150 g destilliertes Wasser werden auf ca. 60 ◦C erhitzt (Kontrolle Thermometer) und darin75 g Kupfer(II)sulfat-Pentahydrat gelost. Zum Ruhren der Losung ist idealerweise ein Magnet-ruhrer zu verwenden.

6. Schritt: Filtrieren und Abkuhlen der WachstumslosungDie Wachstumslosung wird noch warm(!) filtriert (siehe Schritt 2) in ein geeignetes Becher-glas gegeben. Nun sollte man die Losung moglichst erschutterungsfrei abkuhlen (2–3 Std.)lassen. Es ist ganz wichtig, dass das Becherglas reinlich sauber ist, deshalb mit Spulmittel und heißemWasser auswaschen und trocknen lassen.

7. Schritt: Impfkristall hinein hangen und wartenDer am Faden befestigte Impfkristall wird nun so in die Wachstumslosung gehangt, dasser moglichst frei (ohne die Gefaßwand zu beruhren), 2–3 cm uber dem Gefaßboden hangt.Mit Gaze abgedeckt soll man das Becherglas nun eine Zeit lang (3–4 Tage) stehen lassen.Die Losung sollte ofters kontrolliert werden. Haben sich an Faden, Boden oder an der Oberflache derLosung zusatzliche Kristalle gebildet, muss sie noch einmal filtriert und der Faden mit dem Impfkris-tall warm abgespult werden. Ansonsten soll das Becherglas nicht beruhrt werden!

8. Schritt: Stoppen oder neue WachstumslosungJe nach Bedarf ist der Kristall nun fertig oder kann weiter zum Zuchten verwendet werden;

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in diesem Fall nur mit Handschuhen und Pinzette anfassen. Fur die neue Wachstumslosungwerden 100 g Kupfersulfat in 200 g Wasser unter Erwarmen gelost. Ansonsten bleibt dasVorgehen dasselbe. Ist der Kristall schon und groß genug, nimmt man ihn aus der Losungund lasst ihn an der Luft trocknen. Ein guter Tipp ist es, den Kristall mit gewohnlichem Haarlackzu bespruhen, sodass er gegen Fingerabdrucke und Feuchtigkeit geschutzt ist.

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