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FORUM KüHLUNG VON RECHENZENTREN 60 KI Kälte · Luft · Klimatechnik · 6-7 2015 www.ki-portal.de HINTERGRUND: Nach einer Berechnung des Borderstep Instituts lag der Stromverbrauch von Servern und Re- chenzentren in Deutschland im Jahr 2011 bei 9,7 Tera- wattstunden (TWh). Damit liegt er um ca. 4 % unter dem Strombedarf des Jahres 2008 – und dies trotz steigender Zahl der instal- lierten Server. Noch im Jahr 2012 wurde ein dauerhafter Rückgang des Stromverbrauchs aufgrund des Übergan- ges auf die sogenannte Green-IT auf etwa 6 TWh im Jahr 2015 prognostiziert. Trotz aller Anstrengungen, die Ener- gieeffizienz in Rechenzentren weiter zu verbessern, stieg der Strombedarf der Rechenzentren im Jahr 2014 durch das starke Marktwachstum um 3 % auf 10 Milliarden Kilowattstunden (kWh) an. Der durchschnittliche Anteil des Energieaufwandes der Kühlung liegt bei etwa 25 %. Zusätzlich ist der Strombedarf für die Luftverteilung zu bilanzieren. Damit kommt der Wahl der Kälteerzeugung und der Art der Wärmeabfuhr eine große Bedeutung bei. Die Fülle von Systemen ist groß: direkte Verdampfung im Rack Luftsystem Wassersystem Verdunstungskühlung Entscheidend dürfte sein, inwieweit der spezifische Elek- troenergieaufwand gesenkt werden kann und welche Funktionssicherheit gewährleistet wird. Die Fragen: 1 Welche Aspekte sollten bei der Entscheidung für ein Kühlsystem berücksichtigt werden? 2 Sind luftbasierende Systeme noch zeit- gemäß? 3 Welche Art der Kälte- erzeugung – auch unter Berücksichtigung der jahreszeitlichen Schwankungen der Außenluft – kann empfohlen werden? 4 Welche weiteren Ein- sparpotenziale sehen Sie neben der Kühlung? 1 Welche Aspekte sollten bei der Entschei- dung für ein Kühlsystem berücksichtigt werden? Fridtjof Chwoyka Bei der Auswahl des Kühlsystems spie- len viele Aspekte eine Rolle. Am wich- tigsten sind die Energieeffizienz, die Temperaturen und Luftfeuchten im Re- chenzentrum sowie die Art des Rechen- zentrums, also ob es ein Neubau oder ein Bestandsgebäude ist. Ein weiterer sehr wichtiger Punkt ist die Komplexität des Kühlsystems. Aufgrund der gefor- derten Verfügbarkeit von Rechenzent- ren muss das Kühlsystem so einfach wie möglich sein, um die möglichen Fehler- quellen zu reduzieren und händelbar zu gestalten. Tobias von der Heydt Wichtige Faktoren sind die bauliche Si- tuation, die z. B. durch die Deckenhöhe oder einen Doppelboden gekennzeich- net wird, aber auch die Lage im Gebäu- de ist von Bedeutung. Die Festlegung der geplanten Zulufttemperatur für die IT-Systeme spielt eine ebenso wichtige Rolle wie das Layout der Serverfläche und das Redundanzkonzept. Als Rand- bedingungen sollten Überlegungen zum Brandschutz genauso selbstver- ständlich sein, wie ein möglichst wirt- schaftlicher Betrieb – was die Energieef- fizienz einschließt. Anton Immerz 1. Die Lokalität des Rechenzentrums im Gebäude. Befindet sich das RZ in unmit- telbarer Nähe zur Klimazentrale, ist ein indirektes, luftgeführtes Verdunstungs- kühlsystem einem wassergekühlten System vorzuziehen. Dadurch kann auf einen Zwischenenergieträger (Wasser) verzichtet und die indirekte freie Küh- lung optimal ausgenutzt werden. 2. Die zu erwartende Auslastung eines Rechenzentrums. Möchte man sich die Auslastung des RZ nach oben hin offen lassen, so empfiehlt sich ein modulares Luft-Luft-System, welches jederzeit ohne Einschränkungen bzgl. Druckverlust und Redundanz erweiterbar ist. Thomas Nieschalk Das kommt auf die Anforderungen an, die an das Datacenter gestellt werden. In erster Linie müssen der Standort, die zu kühlende Fläche und die Gesamtleistung des Rechenzentrums betrachtet werden. Sind alle Parameter bekannt und liegt eine Analyse vor, lassen sich projektspe- zifische Klimakonzepte designen. Vor al- lem sollte man sich dabei nicht zu sehr von bereits vorhandenen Strukturen, wie beispielsweise einem Kaltwassererzeu- ger für die Büroklimatisierung oder ei- nem zentralen Lüftungssystem, leiten lassen. Das führt zu Kompromisslösun- gen und später sogar mitunter zu weite- ren Kosten. Expertenforum: Kühlung von Rechenzentren

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60 KI Kälte · Luft · Klimatechnik · 6-7 2015 www.ki-portal.de

HINTERGRUND: Nach einer Berechnung des Borderstep Instituts lag der Stromverbrauch von Servern und Re-chenzentren in Deutschland im Jahr 2011 bei 9,7 Tera-wattstunden (TWh). Damit liegt er um ca. 4 % unter dem Strombedarf des Jahres 2008 – und dies trotz steigender Zahl der instal-lierten Server. Noch im Jahr 2012 wurde ein dauerhafter Rückgang des Stromverbrauchs aufgrund des Übergan-ges auf die sogenannte Green-IT auf etwa 6 TWh im Jahr 2015 prognostiziert. Trotz aller Anstrengungen, die Ener-gieeffizienz in Rechenzentren weiter zu verbessern, stieg der Strombedarf der Rechenzentren im Jahr 2014 durch das starke Marktwachstum um 3 % auf 10 Milliarden Kilowattstunden (kWh) an. Der durchschnittliche Anteil

des Energieaufwandes der Kühlung liegt bei etwa 25 %. Zusätzlich ist der Strombedarf für die Luftverteilung zu bilanzieren.Damit kommt der Wahl der Kälteerzeugung und der Art der Wärmeabfuhr eine große Bedeutung bei. Die Fülle von Systemen ist groß:

■ direkte Verdampfung im Rack■ Luftsystem■ Wassersystem■ Verdunstungskühlung

Entscheidend dürfte sein, inwieweit der spezifische Elek-troenergieaufwand gesenkt werden kann und welche Funktionssicherheit gewährleistet wird.

Die Fragen:

1 Welche Aspekte sollten bei der entscheidung für ein Kühlsystem berücksichtigt werden?

2 Sind luftbasierende Systeme noch zeit­gemäß?

3 Welche Art der Kälte­erzeugung – auch unter Berücksichtigung der jahreszeitlichen Schwankungen der Außenluft – kann empfohlen werden?

4 Welche weiteren ein­sparpotenziale sehen Sie neben der Kühlung?

1 Welche Aspekte sollten bei der entschei­dung für ein Kühlsystem berücksichtigt werden?

Fridtjof chwoyka

Bei der Auswahl des Kühlsystems spie-len viele Aspekte eine Rolle. Am wich-tigsten sind die Energieeffizienz, die Temperaturen und Luftfeuchten im Re-chenzentrum sowie die Art des Rechen-zentrums, also ob es ein Neubau oder ein Bestandsgebäude ist. Ein weiterer sehr wichtiger Punkt ist die Komplexität des Kühlsystems. Aufgrund der gefor-derten Verfügbarkeit von Rechenzent-ren muss das Kühlsystem so einfach wie möglich sein, um die möglichen Fehler-quellen zu reduzieren und händelbar zu gestalten.

tobias von der heydt

Wichtige Faktoren sind die bauliche Si-tuation, die z. B. durch die Deckenhöhe oder einen Doppelboden gekennzeich-net wird, aber auch die Lage im Gebäu-de ist von Bedeutung. Die Festlegung der geplanten Zulufttemperatur für die IT-Systeme spielt eine ebenso wichtige Rolle wie das Layout der Serverfläche und das Redundanzkonzept. Als Rand-bedingungen sollten Überlegungen zum Brandschutz genauso selbstver-ständlich sein, wie ein möglichst wirt-schaftlicher Betrieb – was die Energieef-fizienz einschließt.

Anton Immerz

1. Die Lokalität des Rechenzentrums im Gebäude. Befindet sich das RZ in unmit-telbarer Nähe zur Klimazentrale, ist ein indirektes, luftgeführtes Verdunstungs-kühlsystem einem wassergekühlten System vorzuziehen. Dadurch kann auf einen Zwischenenergieträger (Wasser) verzichtet und die indirekte freie Küh-lung optimal ausgenutzt werden.2. Die zu erwartende Auslastung eines Rechenzentrums. Möchte man sich die Auslastung des RZ nach oben hin offen lassen, so empfiehlt sich ein modulares Luft-Luft-System, welches jederzeit ohne Einschränkungen bzgl. Druckverlust und Redundanz erweiterbar ist.

thomas nieschalk

Das kommt auf die Anforderungen an, die an das Datacenter gestellt werden. In erster Linie müssen der Standort, die zu kühlende Fläche und die Gesamtleistung des Rechenzentrums betrachtet werden. Sind alle Parameter bekannt und liegt eine Analyse vor, lassen sich projektspe-zifische Klimakonzepte designen. Vor al-lem sollte man sich dabei nicht zu sehr von bereits vorhandenen Strukturen, wie beispielsweise einem Kaltwassererzeu-ger für die Büroklimatisierung oder ei-nem zentralen Lüftungssystem, leiten lassen. Das führt zu Kompromisslösun-gen und später sogar mitunter zu weite-ren Kosten.

expertenforum:

Kühlung von Rechenzentren

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reichen Faktoren ab: Modularität, Ge-samtkühlbedarf, Platzverhältnisse, Standortumgebung, Schallanforderun-gen usw. In jedem Fall muss ein ganz-

Sebastian ross

Das Primärziel der Klimatechnik ist es, einen sicheren Betrieb der IT zu gewähr-leisten. Dies bedingt einen permanenten Kühlbedarf von 8760 Stunden jährlich. Somit müssen Alarm- und Überwa-chungskonzepte, aber auch ein mög-lichst redundanter Aufbau der Anlage von Beginn an berücksichtigt werden. Aufgrund des hohen Kühlbedarfes kommt der Wahl des geeigneten Sys-tems natürlich eine besondere Bedeu-tung zu, da es eine Vielzahl von Lösungen gibt, die enorme Unterschiede hinsicht-lich Investitions- und Betriebskosten auf-weisen. Im Hinblick auf den Energiever-brauch sollte somit möglichst ein System mit direkter oder indirekter freier Küh-lung genutzt werden, um die im Jahres-mittel doch eher geringe Außentempera-tur zur Kühlung der IT zu nutzen. Das Einsparpotenzial ist enorm. Somit spie-len die klassischen Direktverdampfer-Kühlsysteme bei Neubauten eine eher untergeordnete Rolle.Aber auch bei Systemen mit freier Küh-lung gibt es große Unterschiede. Ob nun

Systeme mit direkter Außenluft, Kalt-wassersätzen, AHUs oder innenliegen-den Geräten mit indirekter Freikühlfunk-tion die beste Wahl sind, hängt von zahl-

Die experten:

Fridtjof chwoyka Projektleiter, dc-ce Berlin-Brandenburg GmbH

tobias von der heydt Senior Berater für Rechenzentrums- und Informationssicherheit, Prior1 GmbH

Anton Immerz Key Application Manager Data Centre, Munters GmbH

thomas nieschalk Systems Engineer Cooling, Schneider Electric IT Business

Sebastian ross Regionalleiter Region Nord, Stulz GmbH

roland WagnerVertriebsleiter DACH, Excool GmbH

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kühlt. Weder in Bezug auf Ausfallsicher-heit noch auf Energieeffizienz gibt es grundsätzliche Argumente, die gegen diese Form der Klimatisierung sprechen. Im Gegenteil, die Geräte sind ausgereift und bieten zudem ein Höchstmaß an Flexibilität, um für jeden Einsatzzweck die passende Lösung bereitzustellen. Neben der klassischen Luftführung über den Doppelboden gibt es sogenannte Seitenkühler-Geräte, die keinen Doppel-boden benötigen, sondern zwischen den Rackreihen platziert werden. Diese sind ideal für kleinere Serverräume, aber auch zur Kühlung von thermisch hoch beladenen Racks geeignet und können auch in Kaltgängen eingesetzt werden. Eine in Deutschland unterge-ordnete Rolle spielt dagegen die Klima-tisierung über Zentralgeräte. In ihrem grundsätzlichen Aufbau erinnern diese Systeme an herkömmliche Kastengeräte und kommen vor allem für Neubaupro-jekte in Frage. Hier müssen Umsetzbar-keit und Wirtschaftlichkeit aber immer genauestens untersucht werden.Auch die Art der Luftführung sollte im-mer genauestens betrachtet werden. Häufig weist der Doppelboden auf-grund von Überladung einen sehr ho-hen Druckverlust auf, oder die Zuluft wird ungünstig an die Racks herange-führt, was sich negativ auf den Energie-verbrauch auswirkt. In diesem Bereich hat sich in den letzten Jahren viel getan, so gibt es z. B. die Möglichkeit, eine Druckregelung zu installieren oder eine Trennung anhand von Kalt- und Warm-gängen durchzuführen. Hinzu kommen noch einige Kühlsysteme, die in direk-tem Zusammenhang mit einem Rack stehen; das Kühlmedium ist jedoch auch hier überwiegend Luft.

roland Wagner

Ja, zeitgemäß auf jeden Fall. Weiter glaube ich, dass luftbasierende Systeme uns noch viele Jahre in der Zukunft be-gleiten werden. Da eine direkte Wärme-abfuhr zu 100 % aus allen IT-Komponen-ten aktuell nicht umsetzbar ist, und dies auch in Zukunft vermutlich nur sehr bedingt umsetzbar sein wird, werden wir in der Zukunft mehr und mehr kom-binierte Lösungen auf dem Markt fin-den.

3 Welche Art der Kälteerzeugung – auch unter Berücksichtigung der jahreszeitli­chen Schwankungen der Außenluft – kann empfohlen werden?

Racks voneinander abzuschotten – Kalt- bzw. Warmgangeinhausung genannt. Dies ist für typische Anwendungen im Unternehmensbereich mit heterogener Bestückung der Racks eine gängige und erprobte Lösung. Bei sehr hohen Lasten von 20kW und mehr, z.B. im wissen-schaftlichen Bereich, sind dann wasser-gekühlte Systeme zweckmäßiger.

Anton Immerz

– Direkte Luftsysteme sind zwar günstig in der Anschaffung, aber kostenintensiv und anfällig im Betrieb (Luftfilter, Außen-luft im RZ, kritischer Einsatz bei hohen Außentemperaturen)– Indirekte Luft-Verdunstungskühlsyste-me eliminieren die Probleme der direk-ten Luftsysteme und beinhalten weitere Vorteile: Außenluft von der RZ-Luft ge-trennt, 2 voneinander unabhängige Kühlsysteme in einem Gerät integriert, sicherer Betrieb der mechanischen Küh-lung auch bei extremen Außentempera-turen. Fazit: Aufgrund der hohen Effizi-enz gegenüber konventionellen Syste-men ist ein verstärkter Einsatz in den nächsten Jahren zu erwarten. Moderne Systeme funktionieren bereits ohne Wasseraufbereitung mit selbstreinigen-den Wärmetauschern.

Thomas Nieschalk

Luftbasierende Systeme sind definitiv noch zeitgemäß. Jeder Kunde hat andere Anforderungen an Sicherheit, Verfügbar-keit, Flexibilität, Modularität und Skalier-barkeit. Um einen Großteil dieser ver-schiedenen Anforderungen zu erfüllen, werden luftbasierende Systeme benötigt. Diese können beispielsweise kühlen, hei-zen, befeuchten, entfeuchten, filtrieren und die Luft verteilen. Durch diese Luft-behandlungen wird eine ideale Umge-bung für das IT-Equipment geschaffen.

Sebastian ross

Nach wie vor wird die IT überwiegend mit Hilfe von Umluftklimageräten ge-

heitlicher Blick auf das Rechenzentrum, das Gebäude und dessen Umgebung ge-worfen werden, was auch eine Betrach-tung von Erzeugungs- und Verteilerseite bedingt. Was nun für die jeweilige An-wendung die beste Lösung ist, kann so-mit unmöglich pauschal definiert wer-den. Es empfiehlt sich daher, möglichst frühzeitig Ratschläge von Fachplanern und Herstellern einzuholen. Ein weiterer interessanter Aspekt ist die mögliche staatliche Förderung einer Anlage.

roland Wagner

Zunächst sind die „harten Fakten“ zu defi-nieren. Hierzu zählen Standortbedingun-gen, bauliche Gegebenheiten und einzu-haltende Grenzwerte inner- sowie außer-halb des Rechenzentrums. Im nächsten Schritt ist die Anforderung an den Betrieb unter Berücksichtigung der kundenspezi-fischen Anwendung, den Aufbau der IT-Fläche und die verwendete IT-Technik festzulegen. Die beiden letzteren Punkte beeinflussen nun bereits in gewissem Umfang die einsetzbare Kühltechnik, so-wie maßgeblich die Wirtschaftlichkeit. Sind diese Punkte geklärt, kann unter Be-rücksichtigung dieser die richtige Kühl-technik nach Gesichtspunkten der Wirt-schaftlichkeit, Effizienz, Skalierbarkeit und Verfügbarkeit gewählt werden.

2 Sind luftbasierende Systeme noch zeit­gemäß?

Fridtjof chwoyka

Selbstverständlich sind luftbasierte Sys-teme noch zeitgemäß. Fast alle Server werden ausschließlich mit Luft gekühlt. Es gibt in Spezialbereichen, wie das Hochleistungsrechnen, flüssigkeitsge-kühlte Server. Diese sind aber Ausnah-men. Die flüssigkeitsgekühlten Racks oder direkte Verdampfung im Rack sind auch luftbasierte Systeme bei denen das Kühlsystem nur Bestandteil des Racks ist. Die Server geben die Wärme an die Luft im Rack ab und nicht direkt an die Flüs-sigkeit im Rack.

tobias von der heydt

Ja, absolut! Es gilt allerdings, den konkre-ten Anwendungsfall zu betrachten. Ein wichtiges Kriterium ist die pro Rack ab-zuführende Wärmelast. Um einen effizi-enten Betrieb bei Lasten bis 10 kW/Rack zu gewährleisten, ist es wichtig die kal-ten oder warmen Bereiche zwischen den

Diese Spalten stehen allen Lesern der KI Kälte . Luft . Klimatechnik zur Verfü-gung. Hier werden von der Redaktion Fragen gestellt und Probleme der Bran-che aufgezeigt. Firmen und Fachleute sind eingeladen, sich jederzeit frei und uneingeschränkt dazu zu äußern.

eIn Forum Für Alle

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Fridtjof chwoyka

In Deutschland ist die indirekte freie Kühlung über Luft-Luft-Wärmeübertrager (z. B. Kreuzstromwärmeübertrager oder Rotationswärmeübertrager) das empfehlenswerteste Kühl-system. Diese Systeme zeichnen sich durch eine sehr lange freie Kühlzeit aus, sind einfach aufgebaut und haben sys-tembedingt ein hervorragendes Teillastverhalten. Je nach Standort und erlaubten Zulufttemperaturen im Rechenzen-trum ist mit diesen Systemen ein kältemaschinenfreies Re-chenzentrum möglich und damit die Erfüllung der Anforde-rungen an den Blauen Engel für Rechenzentren.

tobias von der heydt

Unabhängig vom Kühlmedium, sollte es das Ziel sein, die benötigte Kälte mit möglichst wenig Energieeinsatz zu „er-zeugen“. In modernen Rechenzentren ist eine (indirekte) freie Kühlung bei niedrigen Außentemperaturen Standard. Adiabate, auf Verdunstung basierende Kühlsysteme erwei-tern das mögliche Temperaturfenster erheblich. Werden im Jahresverlauf noch gleitende Zulufttemperaturen zugelas-sen, kann auf einen energieintensiven Kompressorbetrieb nahezu vollständig verzichtet werden. Eine klassische Kälte-maschine wird nur noch bei extremen Außentemperaturen benötigt.

Anton Immerz

Am besten ist ein Mix aus unterschiedlichen Arten der Käl-teerzeugung. Entsprechend den jahreszeitlichen Schwan-kungen schaltet das Klimasystem auf die effizienteste Art der Kühlung (freie Kühlung, indirekte Verdunstungskühlung oder indirekte Verdunstungskühlung kombiniert mit me-chanischer Kühlung) => hohe Effizienz bei erhöhter Be-triebssicherheit.

thomas nieschalk

Eine pauschale Aussage lässt sich hier leider nicht treffen. Jedes Rechenzentrum hat andere Anforderungen und Mög-lichkeiten, um eine effiziente Kühlung zu implementieren. Generell sollte aber darauf geachtet werden, so viel Frei-kühlpotenzial wie möglich zu nutzen – zugunsten der Ener-gieeffizienz.

Sebastian ross

Jede Art der Kälteerzeugung hat ihre Daseinsberechtigung. Im Hinblick auf Energieeffizienz sollte der Fokus jedoch grundsätzlich auf der Nutzung von direkter oder indirekter freier Kühlung liegen. Bei großen Anlagen ab ca. 500 kW Kühlleistung erfolgt die Kälteerzeugung zumeist anhand von Kaltwassersätzen, wogegen in darunter liegenden Leis-tungsbereichen häufig Anlagen mit indirekter oder direkter freier Kühlung Anwendung finden. Letzten Endes muss je-doch auch hier immer der Einzelfall betrachtet werden. Für Planer und Nutzer gilt in jedem Fall, dass sich vergleichen lohnt. Zwischen den einzelnen Anlagen und Herstellern gibt es große Unterschiede hinsichtlich der Performance. So las-sen sich durch vergleichsweise geringfügig höhere Investiti-onskosten enorme Einsparungen im Betrieb realisieren.

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Auch mögliche Förderprogramme für be-sonders effiziente Anlagentechnik soll-ten untersucht werden.Das Thema Verdunstungskühlung sollte gesondert betrachtet werden, da zwar

das Potenzial unbestritten ist, die Anfor-derungen hinsichtlich Wartungsauf-wand und Hygiene für einen ordnungs-gemäßen Betrieb jedoch nicht zu unter-schätzen sind.

roland Wagner

Die „zeitgemäße“ Erweiterung der Tem-peratur- und Feuchtebedingungen nach ASHRAE in 2008 und weiter in 2011 hat neue Möglichkeiten zur äußerst effizien-ten Kühlung von Rechenzentren eröffnet. Gleichzeitig hat die ASHRAE in 2011 aber ein Dokument veröffentlicht, das den Einfluss von Raumfeuchte, Gase und Stäube in der Luft des Rechenzentrums auf Korrosionsvorgänge bei IT-Kompo-nenten sehr genau beschreibt und hat somit der direkten Außenluftkühlung er-höhtes Korrosionsrisiko, Standortabhän-gigkeit und technischen Filteraufwand nachgewiesen. Die logische Konsequenz – die äußerst effiziente indirekte, adiaba-tische, freie Verdunstungskühlung auf Luft-Luft-Basis.

4 Welche weiteren einsparpotenziale se­hen Sie neben der Kühlung?

Fridtjof chwoyka

Um weiteres Einsparpotenzial im Betrieb sichtbar zu machen, ist ein flächende-ckendes Energiemonitoring notwendig. Nur mit dem Energiemonitoring lassen sich Nutzungseffekte erkennen und kön-nen optimiert werden. So lässt sich die meiste Energie einsparen, wenn Server außerhalb der Nutzungszeiten abge-schaltet werden. Dadurch sinkt die Ener-gieaufnahme des gesamten Rechenzent-rums. Das wichtigste ist, dass Energieef-fizienz ein kontinuierlicher Prozess ist und nie endet. Des Weiteren liegt im Be-reich der Beleuchtung, Energieverteilung und der unterbrechungsfreien Stromver-sorgung noch Einsparpotenzial.

tobias von der heydt

Im Bereich der Klimatisierung ergeben sich weitere Potenziale bei der Luftver-teilung und Luftführung. Eine Einhau-sung ist ein effektives Mittel, die Effizi-enz des Gesamtsystems zu erhöhen. Auch der Einsatz von EC-Ventilatoren und die Anpassung der Drehzahl an das tatsächlich benötigte Luftvolumen kön-nen weitere Einsparungen erzielen.

Anton Immerz

Das Vermeiden von Energiezwischenträ-gern (Wasser) reduziert die Verluste an den Wärmetauschern. Pumpen zum Transport der Energie entfallen => Strom-einsparung und Effizienzsteigerung.

umweltschutz und energieeffizienz ­ Kältemittel im FokusUmweltschutz und Energieeffizienz sind häufig zwei Seiten derselben Medaille. Ihre Zielrichtungen sind miteinander verschränkt. Im Bereich der Kältetechnik kann es trotzdem zu gegenläufigen Tendenzen kommen. Dies hängt mit den thermodynami-schen Eigenschaften der Kältemittel und deren Verhalten in den Kälteanlagen zusam-men. Die natürlichen Kältemittel – zumindest einige – leiden darunter, dass die Effizi-enz der Kälteerzeugung schlechter ist, als bei den heutigen gängigen Kältemitteln. Die F-Gase-Verordnung gibt einen Fahrplan vor – den sogenannten Phase-down – hinsicht-lich der dauerhaften Reduzierung des durch Kältemittel verursachten Global Warming Potentials (GWP). Schon in naher Zukunft sind bevorzugt Kältemittel mit einem Wert unter 150 anzuwenden.Demgegenüber stehen Forderungen der Europäischen Union, den Elektroenergieein-satz auch von kältetechnischen Anlagen weiter zu reduzieren. Die ErP- oder auch Eco-design-Richtlinien der EU geben die entsprechende Richtung vor. Diese sind von Kälte-mitteln mit einem geringen GWP-Wert jedoch nur schwer zu erreichen, wenn aus Si-cherheitsgründen keine brennbaren Kältemittel für Direktverdampfung möglich sind.In einem neuen Arbeitsdokument der Kommission wird ein neuer Ansatz diskutiert. Darin wird ein Bonus bei der Energieeffizienz vorgeschlagen, um kältetechnische Pro-dukte für die Raumkühlung, die Kältemittel mit reduziertem GWP-Wert nutzen, stär-ker in den Markt zu bringen.So ergibt sich z. B. für Luft-Wasser-Kälteerzeuger mit einer Kälteleistung kleiner 400 kW ein Unterschied von 157 zu 141 in der geforderten Energieeffizienz (etwa eine Reduzie-rung um 10 %) bei der Anwendung von Kältemitteln mit einem GWP-Wert kleiner 150.

1 halten Sie eine Bonusregelung zum verstärkten einsatz von Kältemitteln mit redu­ziertem gWP­Wert für sinnvoll und notwendig?

2 Sehen Sie andere Wege zur effizienzsteigerung im Bereich Kältemittel?3 Stehen Aufwand und nutzen der eu­regularen zum thema ecodesign und F­gase­

verordnung in einem wirtschaftlich sinnvollen verhältnis?4 Wie sehen Sie den marktanteil der natürlichen Kältemittel in den kommenden Jahren?

Diskutieren Sie mit:redaktionsschluss ist der 14.8.2015Ihre Antworten senden Sie bitte per E-Mail an [email protected]

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hochmoderne verdich­ter­technologie trägt in der Kältetechnik zu erhöhter energie­effizienz und zum effektiveren Schutz der umwelt bei.

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thomas nieschalk

Weitere Einsparpotenziale bieten aktu-elle und richtig dimensionierte USV-Sys-teme. In den meisten Fällen sind diese schlichtweg überdimensioniert und lau-fen daher oft nicht im idealen Wirkungs-grad. Auf diese Weise wird kontinuier-lich Energie verschwendet. Außerdem rechnet sich eine Erneuerung bezie-hungsweise Optimierung des IT-Equip-ments. Besonders hilfreich sind hier gu-te DCIM (Datacenter Infrastructure Management)-Lösungen, um ineffekti-ves und veraltetes Equipment zu lokali-sieren und dieses durch effektiveres zu ersetzen oder sogar komplett auszula-gern.

Sebastian ross

Die Kühlung ist zumeist der offensicht-lichste und größte Posten, durch den sich Einsparpotenziale ergeben. Aber auch USV und Netzwerkinfrastruktur bieten häufig Möglichkeiten zur energe-tischen Optimierung. Mit Hilfe eines DCIM (Datacenter Infrastructure Ma-nagement) Systems hat der Betreiber die Möglichkeit, sein Rechenzentrum und dessen Charakteristik genau zu be-obachten und die großen Stromverbrau-cher ausfindig zu machen. Nicht zuletzt durch die Einführung der ISO 50001 werden viele Betreiber sogar gezwun-gen sein, sich mit der Effizienz ihrer Inf-rastruktur intensiver auseinanderzuset-zen. Ein DCIM System kann dabei Be-standteil oder Ausgangspunkt eines Energiemanagementsystems sein. Viele Fachfirmen bieten darüber hinaus Au-dits an, in denen das Rechenzentrum komplett analysiert wird und mögliche Optimierungspotenziale aufgedeckt werden.

roland Wagner

Das höchste Einsparpotenzial liegt im Stromverbrauch der IT selbst. Dies be-ginnt bei der Effizienz des Prozessors. Alle vorgeschalteten Komponenten kön-nen nur durch ihre Effizienz anteilig einsparen, und dabei reicht die Kette vom Prozessorlüfter bis hin zur Trafosta-tion. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Bau der Rechenzentrumsfläche nach Be-darf, denn teilausgelastete Rechenzent-ren erreichen üblicherweise deutlich schlechtere PUE-Werte als vollgefüllte Rechenzentren.

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