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Die wirtschaftlichen Effekte einer UNESCO Weltkulturlandschaft Bodensee Die wirtschaftlichen Effekte einer UNESCO Weltkulturlandschaft Bodensee Die wirtschaftlichen Effekte einer UNESCO Weltkulturlandschaft Bodensee Die wirtschaftlichen Effekte einer UNESCO Weltkulturlandschaft Bodensee - Expertise im Auftrag der Internationalen Bodenseekonferenz Expertise im Auftrag der Internationalen Bodenseekonferenz Expertise im Auftrag der Internationalen Bodenseekonferenz Expertise im Auftrag der Internationalen Bodenseekonferenz - Roland Scherer, Julia Johnsen, Simone Strauf St.Gallen, November 2005

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Die wirtschaftlichen Effekte einer UNESCO Weltkulturlandschaft BodenseeDie wirtschaftlichen Effekte einer UNESCO Weltkulturlandschaft BodenseeDie wirtschaftlichen Effekte einer UNESCO Weltkulturlandschaft BodenseeDie wirtschaftlichen Effekte einer UNESCO Weltkulturlandschaft Bodensee

---- Expertise im Auftrag der Internationalen Bodenseekonferenz Expertise im Auftrag der Internationalen Bodenseekonferenz Expertise im Auftrag der Internationalen Bodenseekonferenz Expertise im Auftrag der Internationalen Bodenseekonferenz ----

Roland Scherer, Julia Johnsen, Simone Strauf

St.Gallen, November 2005

Kontaktadresse:

Institut für öffentliche Dienstleistungen und Tou-rismus (IDT-HSG), Universität St. Gallen

Dufourstrasse 40a CH-9000 St. Gallen

Tel. +41 71 224 25 25 Fax +41 71 224 25 36

E-mail: [email protected] http://www.idt.unisg.ch

InhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnis

1 Hintergrund und Zielsetzung der Studie 1

2 Forschungsaufbau und methodisches Vorgehen 2

2.1 Theorieansätze und Limitationen 2

2.2 Vorgehen und methodische Instrumente 3

3 Der Wirtschaftsraum Bodensee 6

4 Bedeutung von Labels für die Regionalentwicklung 11

4.1 Allgemeine Bedeutung von Labels und Zertifizierungen 11

4.2 Erfahrungen aus anderen Regionen 13

4.3 Fazit 16

5 Die Wirkungen einer UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee 18

5.1 Wirkungen auf den Tourismus 18

5.2 Wirkungen auf die Landwirtschaft 20

5.3 Wirkungen auf die Wirtschaft 22

6 Die Bewertung der wirtschaftlichen Effekte 28

7 Fazit und Ausblick 30

8 Quellen- und Literaturverzeichnis 31

Anhang 35

AbbildungsAbbildungsAbbildungsAbbildungsverzeichnisverzeichnisverzeichnisverzeichnis

Abbildung 1 Die Bedeutung unterschiedlicher Standortfaktoren aus Sicht der regionalen Akteure 8

Abbildung 2 Bekanntheitsgrad der Bodenseeregion 9

Abbildung 3 Funktion von Labels im Regionenmarketing 12

Abbildung 4 Potenzielle Wirkungen eines UNESCO-Labels auf verschiedene Zielgruppen 12

Abbildung 5 Erwartete Wirkungsbereiche einer UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee auch Sicht der regionalen Akteure 14

Abbildung 6 Konfliktpotenziale durch eine UNESCO-Zertifizierung 15

Abbildung 7 Schematische Darstellung des Markeneffekts von Labels 17

Abbildung 8 Einfluss des Labels auf das Reiseverhalten aus Regionssicht 18

Abbildung 9 Entwicklung der Logiernächte in ausgewählten UNESCO-Regionen 1989 - 2004 19

Abbildung 10 Einfluss eines UNESCO-Labels auf die Vermarktung ländlicher Produkte 21

Abbildung 11 Einfluss des UNESCO-Labels auf Standort, Gemeinde und Unternehmen aus Sicht der regionalen Akteure 23

Abbildung 12 Standortvorteile aus Sicht der regionalen Akteure 23

Abbildung 13 Standortnachteile aus Sicht der regionalen Akteure 24

Abbildung 14 Übersicht über harte und weiche Standortfaktoren 25

Abbildung 15 Veränderung des Standortwahlprozesses von Unternehmen 26

Hintergrund und Zielsetzung der Studie 1

1111 Hintergrund und Zielsetzung der StudieHintergrund und Zielsetzung der StudieHintergrund und Zielsetzung der StudieHintergrund und Zielsetzung der Studie

1972 hat die UNESCO das "Internationale Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der

Welt" verabschiedet. Inzwischen haben es 180 Staaten unterzeichnet. Es ist das international bedeu-

tendste Instrument zum Schutz des kulturellen und natürlichen Erbes, dass die internationale Völkerge-

meinschaft beschlossen hat. Kriterien für die Auszeichnung als Welterbe sind dessen aussergewöhnlicher

universeller Wert, die Einzigartigkeit, die Authentizität ("historische Echtheit) eines Kulturdenkmals bzw.

die "Integrität" einer Naturerbestätte sowie ein hochwertiger Erhaltungszustand des Welterbes. Zum

UNESCO-Kulturerbe1 gehören Baudenkmäler, Stadtensembles und Kulturlandschaften, aber auch Indust-

riedenkmäler und Kunstwerke wie Felsbilder. Das Naturerbe umfasst geologische Formationen, Fossilien-

fundstätten, Naturlandschaften und Schutzreservate von Tieren und Pflanzen, die vom Aussterben be-

droht sind. Weltweit sind heute 812 Stätten in 137 Ländern auf der UNESCO-Liste des Welterbes ver-

zeichnet. Die Spannweite dieser Stätten reicht von den Tempel von Abu Simbel über die Ruinen des

griechischen Olympia, den Galapagos-Inseln bis zur Altstadt von Bern oder der Klosterinsel Reichenau. In

Deutschland sind aktuell 31 Welterbestätten zertifiziert, von denen 5 als Weltkulturlandschaften ausge-

zeichnet sind.2

Seit dem Jahr 2003 wird auch in der Bodenseeregion eine intensive Diskussion darüber geführt, ob sich

die Region um das Zertifikat einer "UNSECO Weltkulturlandschaft" bewerben soll. Die Thematik wurde

von der Internationalen Bodenseestiftung, einem grenzüberschreitenden Zusammenschluss von Umwelt-

verbänden, aufgebracht, die diese regionale Bewerbung auch stark propagiert und im Laufe des Jahres

2005 eine umfangreiche Informationskampagne mit verschiedenen thematischen Diskussionsveranstal-

tungen durchgeführt hat. Auch die Internationale Bodenseekonferenz hat sich im Jahr 2004 der Thematik

angenommen und eine entsprechende Projektgruppe eingerichtet. Diese sollte eine Reihe von grundle-

gende Fragen beantworten, wie z. B. die rechtlichen Konsequenzen einer derartigen Zertifizierung prü-

fen, eine mögliche räumliche Abgrenzung dieser Weltkulturlandschaften vorschlagen sowie die wirt-

schaftlichen Effekte identifizieren, die von einem Label UNESCO Weltkulturlandschaft auf den Wirt-

schaftsraum Bodensee ausgehen.

Das Institut für Öffentliche Dienstleistungen und Tourismus IDT-HSG der Universität St. Gallen wurde

von der Projektgruppe beauftragt, eine kurze Expertise über (potenzielle) wirtschaftliche Effekte einer

solchen Zertifizierung zu erstellen. Im Fokus des Interesses standen die folgenden Fragestellungen:

� Welche Rolle spielt die Kulturlandschaft für den Wirtschaftsstandort Bodensee?

� Welche wirtschaftlichen Effekte können grundsätzlich aus einer Zertifizierung der Bodenseeregi-

on entstehen?

� Welche Auswirkungen hat das Zertifikat auf die Entwicklung des Tourismus?

� Auf welche weiteren Branchen kann die Zertifizierung der Region Auswirkungen haben?

� Wie sind die direkten und indirekten wirtschaftlichen Effekte für die Bodenseeregion gesamthaft

zu bewerten?

1 Quelle: http://www.unesco.de/

2 In der Schweiz sind es aktuell 6 Welterbestätten, in Österreich 8.

Forschungsaufbau und methodisches Vorgehen 2

2222 ForscForscForscForschungsaufbau und methodisches Vorhungsaufbau und methodisches Vorhungsaufbau und methodisches Vorhungsaufbau und methodisches Vorgehengehengehengehen

2.12.12.12.1 Theorieansätze und LimitationenTheorieansätze und LimitationenTheorieansätze und LimitationenTheorieansätze und Limitationen

Die Bewertung der regionalwirtschaftlichen Effekte von (öffentlichen) Programmen, Projekten und Inves-

titionsvorhaben ist schon seit Mitte der 70er Jahre Gegenstand der Forschung. Verschiedene methodi-

sche Ansätze wurden hierzu entwickelt. In der Regel untersuchten derartige regionalwirtschaftliche Wir-

kungsanalysen, welche Auswirkungen öffentliche Aktivitäten auf ökonomische Grössen wie Produktion,

Wertschöpfung, Beschäftigung und Einkommen innerhalb bestimmter räumlicher Grenzen hatten. Es

können dabei verschiedene methodische Ansätze unterschieden werden, wie z.B. die Input-Output-

Analyse, die Kosten-Nutzen-Analyse oder die räumliche Inzidenzanalyse (vgl. Laesser/Ludwig 1999). Mit

Hilfe dieser traditionellen methodischen Ansätze können jedoch nur die monetären Effekte abgebildet

werden, die direkt im Zusammenhang mit einer öffentlichen Aktivität stehen. Die langfristigen Effekte

können dagegen nur begrenzt in die Betrachtung einbezogen werden. Die Erfassung der intangiblen und

langfristigen Effekte hat bei der Analyse der räumlichen Auswirkungen von öffentlichen Aktivitäten in den

vergangenen Jahren jedoch zunehmend an Bedeutung gewonnen. Zur Analyse der Langzeiteffekte kann

ein methodischer Ansatz gewählt werden, der den Ansatz der Inzidenzanalyse durch einen Netzwerkan-

satz ergänzt. Dabei sollten bei der konkreten Analyse die theoretischen Vorgaben an die spezifischen

Gegebenheiten der jeweiligen öffentlichen Aktivität angepasst werden. Dieser an der empirischen Wirk-

lichkeit orientierte Umgang mit den theoretischen Vorgaben wird sogar von Frey (1984:44), einem der

„Väter“ dieses Theorieansatzes, explizit gefordert: „Man kommt in der Praxis kaum darum herum, gewis-

se Konzessionen an die methodische Perfektion zu machen, wenn überhaupt Entscheidungsgrundlagen

beschafft werden sollen. Grobe und verbale Antworten auf wichtige Fragen sind in der Regel immer

noch besser als gar keine Antworten oder präzise Antworten auf unwichtige Fragen: It is better to be

roughly right than exactly wrong.“

Bei einem derartigen Vorgehen wird versucht, die verschiedenen Inzidenzen, die aus einer öffentlichen

Aktivität resultieren, systematisch zu erfassen. Die primären und sekundären Inzidenzen können dabei

quantifiziert werden. Es handelt sich hier um tangible Effekte. Die Güter- und Nutzeninzidenzen werden

im folgenden qualitativ dargestellt. Es handelt sich hier um intangible Effekte. Ausgehend von einem res-

sourcenorientierten Ansatz erweitern Bieger/Frey (1999) die klassischen und oft genannten intangiblen

Effekte Image und Infrastruktur um die sogenannten Kompetenzeffekte und Netzwerkeffekte. Die

Kenntnis und die gezielte Nutzung dieser Effekte bergen nach Bieger/Frey (1999:14) ein immenses Po-

tenzial und damit die Möglichkeit, die wirtschaftlichen Effekte einer öffentlichen Aktivität nachhaltig posi-

tiv zu gestalten. Gerade die intangiblen Effekte wirken jedoch nicht nur positiv auf die wirtschaftliche Ent-

wicklung einer Region, sie können auch restriktiv wirken und wirtschaftliche Entwicklungen im Sinne von

Wirtschaftswachstum auch behindern oder gar verunmöglichen.

Der Grad der Validität räumlicher Wirkungsanalysen ist in der regional- und tourismuswirtschaftlichen

Fachdiskussion zum Teil umstritten. Dabei wird insbesondere auf Probleme der kausalen Wirkungsketten

und der Aggregation der verschiedenen wirtschaftlichen Effekte hingewiesen. Einige Autoren identifizie-

ren zwei grundlegende Probleme von räumlichen Wirkungsanalysen: Auf der einen Seite bestehen zwi-

schen den methodischen Ansätzen grundlegende Unterschiede, die zu völlig unterschiedlichen Ergebnis-

sen bei der gleichen Fragestellung führen können. So kommentieren Crompton et al. (2001:80) hierzu:

“Indeed, if a study were undertaken by five different experts, it is probable that there would be five dif-

ferent results.” Auf der anderen Seite spielt bei ökonomischen Wirkungsanalysen von Events oder von

öffentlichen Infrastruktureinrichtungen wie Theatern oder Sportstätten das Problem der Auftragsfor-

Forschungsaufbau und methodisches Vorgehen 3

schung eine wichtige Rolle. So sehen Dietl/Pauli (1999) bei einer vergleichenden Analyse von Studien

über wirtschaftliche Auswirkungen öffentlicher Sportstätten eine extrem positive Bewertung, die meist

mit einer Überbewertung der positiven wirtschaftlichen Effekte einhergeht. Zwei Gründe werden hierfür

verantwortlich gemacht: Einerseits werden in der Regel nur positive Studien publiziert, die zumeist von

den Stadionbefürwortern in Auftrag gegeben wurden. Studien mit eher negativen Ergebnissen ver-

schwinden dagegen meist in den Schubladen der Auftraggeber. Ebenso wird das Problem der (wirt-

schaftlichen) Abhängigkeit der Gutachter thematisiert: „An expert whose testimonity harms his employ-

er’s case doesn’t get much repeat business“ (Curtis 1993:7).

Eine Bewertung der regionalwirtschaftlichen Effekte, die aus einer möglichen UNESCO-Zertifizierung der

Region Bodensee als "Weltkulturlandschaft" resultieren, sieht sich mit einer Reihe von grundlegenden

methodischen Problemen konfrontiert und ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit einer ganzen Reihe von

Unwägbarkeiten verbunden. So liegen bislang keine verbindlichen Vorschläge vor, wie dieses Gebiet

räumlich abgegrenzt werden soll und welches die konkreten Inhalte, die eine derartige Zertifizierung

rechtfertigen, sind (und wie diese langfristig 'geschätzt' werden sollen). Neben diesen fehlenden Informa-

tionen über die räumliche und inhaltliche Ausgestaltung einer UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee

ist die regionalwirtschaftliche Bewertung auch mit einem zeitlichen Problem und einem Kausalitätsprob-

lem verbunden: Das zeitliche Problem resultiert aus der Tatsache, dass hier Effekte für eine mittel- und

langfristige Zukunft abgeschätzt werden müssen. Dies kann nur mit Hilfe von Prognosen erfolgen. Für ei-

nige zentralen Bereiche, v. a. den Tourismus, liegen für die Regio Bodensee aber keinerlei entsprechende

Schätzungen vor. Eine quantitative Bewertung dieser zukünftigen Effekte ist also immer mit einer hohen

Unsicherheit verbunden. Ähnlich sieht es bei dem Kausalitätsproblem aus. Hier muss davon ausgegangen

werden, dass andere Faktoren die zukünftige Entwicklung in weit stärkerem Masse beeinflussen können

und nicht alle zu erwartenden Effekte - positive wie negative - kausal auf die Intervention "UNESCO-

Zertifizierung" zurückgeführt werden können. Trotz dieser methodischen Probleme, kann bereits heute

eine erste Bewertung der wirtschaftlichen Effekte eines UNESCO-Zertifikates "Weltkulturlandschaft Bo-

densee" vorgenommen werden. Diese Bewertung setzt primär an der Markenwirkung, die Labels und

Zertifikate für die Regionalentwicklung haben, an. Darüber hinaus werden im Sinne eines Benchmarks die

konkreten Erfahrungen anderer UNESCO-Labelregionen herangezogen und es wird versucht, diese auf

die konkrete Situation in der Bodenseeregion zu übertragen. Eine regionalökonomische Wirkungsanalyse,

die quantitative bzw. monetäre Daten über die konkreten Effekte auf die regionale Wertschöpfung oder

die regionale Beschäftigung beinhaltet, kann dagegen aufgrund der o. g. Limitationen nicht durchgeführt

werden.

2.22.22.22.2 Vorgehen und Vorgehen und Vorgehen und Vorgehen und methodische Instrumentemethodische Instrumentemethodische Instrumentemethodische Instrumente

Die Bewertung der wirtschaftlichen Effekte eines UNESCO-Zertifikates "Weltkulturlandschaft Bodensee"

basiert den folgenden Punkten:

• Theoretisches Wirkungsmodell von Labels und Zertifizierungen für die Regionalenwicklung

• Benchmark der Entwicklung anderer bereits von der UNESCO zertifizierte Regionen

• Analyse des Nachfrageverhaltens in den touristischen Zielmärkten bezogen auf die Marke

"UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee"

• Analyse des Angebotsverhaltens regionaler Akteure bezogen auf die Marke "UNESCO-

Weltkulturlandschaft Bodensee"

• Restriktionsanalyse einer UNESCO-Zertifizierung für die regionale Entwicklung

Forschungsaufbau und methodisches Vorgehen 4

Die Ergebnisse dieser verschiedenen Arbeitsschritte bilden die Grundlage für die Bewertung der tan-

giblen und der intangiblen Effekte, die aus einer möglichen UNESCO-Zertifizierung als Weltkulturland-

schaft für die Bodenseeregion möglicherweise resultieren können.

Die in der vorliegenden Expertise präsentierten Ergebnisse stützen sich auf drei Befragungen ab. Dabei

wurden quantitative und qualitative Auswertungen nebeneinander gestellt, um dadurch ein möglichst

umfassendes Bild der möglichen Effekte einer Zertifizierung aufzuzeigen. Alle Umfragen wurden mittels

standardisierten Fragebögen durchgeführt. Zielgruppen der Befragungen waren (Modul 1) Management-

verantwortliche und regionale Akteure aus bereits von der UNESCO zertifizierten Regionen, (Modul 2)

Gäste und potenzielle Gäste aus den Hauptquellmärkten der Region Bodensee, Deutschland (Süd), Ös-

terreich und deutschsprachige Schweiz und (Modul 3) Akteure aus den unterschiedlichen, für die Boden-

seeregion relevanten Branchen, auch Vertreter von Gemeinden, Vereinen und Verbänden, einzelnen Un-

ternehmen etc. Aus verschiedenen Befragungen ergibt sich in ihrer Gesamtschau für die Studie eine aus-

reichend breite und objektive Informationsbasis. Da zudem bisher keine vergleichbare Studie vorliegt,

gibt sie erstmals Informationen zu denkbaren Auswirkungen einer UNESCO Zertifizierung.

Konkret wurden drei standardisierte (schriftliche Befragungen) durchgeführt.

• Im Modul 1 wurde eine schriftliche Online-Umfrage bei 71 Regionen in Deutschland, Österreich

und der Schweiz durchgeführt. Darunter befanden sich 42 Weltkulturerbe, 2 Weltnaturerbe, 23

Biosphärenreservate und 4 Geoparks. Hiermit wurden alle deutschsprachigen Gebiete und Stät-

ten mit einer UNESCO-Auszeichnung berücksichtigt.3 In jeder Region wurden Vertreter ver-

schiedener Institutionen wie z. B. der Parkverwaltung, der Tourismusorganisation oder des

Denkmalschutzes angefragt. Diese schriftliche Umfrage wurde fallweise noch durch gezielte Ein-

zelinterviews ergänzt. Sie beziehen sich auf 9 Weltkulturerbe, 6 Biosphärenreservate und 1

Geopark. Berücksichtigt werden konnten 12 deutsche, 3 österreichische Regionen und 1

Schweizer Region bzw. Welterbestätte. Diese Umfrage bildete neben schriftlichen Unterlagen

der Welterbestätten die Grundlage für den Benchmark der verschiedenen Label-Regionen.

• Im Modul 2 wurde eine telephonische Befragung von potenziellen Gästen der Bodenseeregion

durchgeführt. Diese bezog sich auf die Hauptzielmärkte der Region in Deutschland, Österreich

und in der Schweiz. Durch das Meinungsforschungsinstitut GFK wurden insgesamt 700 Personen

in einem Telefoninterview zum Tourismusregion Bodensee und zur Bedeutung einer UNESCO-

Zertifizierung für ihr eigenes Reiseverhalten befragt. Dieses Befragung bildet eine Grundlage für

die quantitativen Aussagen zum Bereich Tourismus bzw. touristische Nachfrage in der Region

Bodensee

• Für das Modul 3 wurde eine schriftliche Befragung von rd. 1'500 Gemeinden, touristischen Leis-

tungsträgern, Verbänden und Wirtschaftsunternehmen in der gesamten Bodenseeregion durch-

geführt werden. Der Rücklauf der Befragung war relativ gering, es konnten insgesamt nur 112

Fragebögen berücksichtigt werden, die von regionalen Akteuren aus der Bodenseeregion zu-

rückgesandt wurden. Die Befragung kann somit keinen Anspruch auf Repräsentativität erheben.

Gleichwohl geben die Ergebnisse der Befragung deutliche Hinweise auf die in der Region erwar-

teten Wirkungen einer derartigen Zertifizierung.

Die Module wurden zeitlich so aufeinander abgestimmt, dass die Auswertung der Befragung des voran-

gegangenen Moduls in die Ausarbeitung der Befragung des folgenden Moduls eingearbeitet und damit

3 Eine Liste der befragten Welterbestätten bzw. -regionen befindet sich im Anhang.

Forschungsaufbau und methodisches Vorgehen 5

die Ergebnisse gegebenenfalls spezifiziert werden konnten. Dieser Forschungsaufbau bietet sich für derart

explorative Studien an, da er eine schrittweise Erweiterung des Informationsbestandes ermöglicht. Die

Ergebnisse dieser drei Befragungen wurden ergänzt durch verschiedene Gespräche mit relevanten Ak-

teuren aus der Region sowie mit regionsexternen Experten. Weiterhin wurden die verschiedenen Zwi-

schenergebnisse regelmässig mit den Mitgliedern der von der IBK eingesetzten Projektgruppe kritisch dis-

kutiert.

Der Wirtschaftsraum Bodensee 6

3333 Der Der Der Der Wirtschaftsraum Wirtschaftsraum Wirtschaftsraum Wirtschaftsraum Bodensee Bodensee Bodensee Bodensee

Der Bodensee als grösster deutscher Binnensee und Zentrum der Region grenzt an drei Nationalstaaten:

Deutschland, Österreich und die Schweiz. Zu den deutschen Bundesländern Baden-Württemberg und

Bayern gehören die Abschnitte des Bodenseeufers im Norden, im Osten zählt das österreichische Bun-

desland Vorarlberg zu den Bodenseeanrainern und im Süden befinden sich die Nationalgrenzen der

Schweizerischen Kantone St. Gallen, Thurgau und Schaffhausen. Die Abgrenzung der Region, die als Bo-

denseeregion bezeichnet wird, ist im Einzelfall schwierig und auch in der Praxis und in der Literatur nicht

einheitlich. Je nach Problem- und Themenstellung wird die Region unterschiedlich abgegrenzt. Funktions-

räumliche Abgrenzungen, die sich an den jeweiligen thematischen Räumen orientieren, stehen neben

territorialen Abgrenzungen, die sich ausschließlich an politisch-administrativen Grenzen orientieren. Un-

ter dem Gesichtspunkt der Kulturlandschaft, die hier ja dem Konzept des UNESCO-Weltkulturerbes

zugrunde liegt, besteht bislang keine, auch nur in den Grundzügen erkennbare funktionale Raumabgren-

zung. Für die Zwecke der vorliegenden Expertise orientieren wir uns an zwei Raumabgrenzungen: Auf

der einen Seite an einer territorialen Raumabgrenzung, die sich an den politisch-administrativen Grenzen

der Internationalen Bodenseekonferenz orientiert. Auf der anderen Seite an einer eher funktionsräumli-

chen Abgrenzung, die sich an den Festlegungen des Internationalen Bodenseeleitbildes orientiert und

dort auf den sog. Bodenseeuferbereich (erweitert um die entsprechenden Gebiete im Kanton Schaffhau-

sen entlang des Rheins, die im Bodenseeleitbild nicht dabei waren). Diese beiden Raumabgrenzungen

bilden den gedanklichen Bezugsraum, in dem sich die vorliegende Expertise bewegt. Gebietsscharfe Aus-

sagen hinsichtlich der wirtschaftlichen Effekte auf einzelne Gemeinden oder Teilregionen können deshalb

nicht formuliert werden.

Die Bodenseeregion wird von drei grossen Agglomerationen Zürich, München und Stuttgart mit interna-

tionaler und grossräumiger Ausstrahlung beeinflusst. Die grösste Anziehungskraft, zumindest auf das

Schweizer Bodenseegebiet und die angrenzenden baden-württembergischen Landkreise, übt der Gross-

raum Zürich aus. Diese Anziehungskraft wirkt sich vor allem in Pendlerbeziehungen aus und erzeugt da-

mit Siedlungsdruck entlang der Verkehrsachsen in Richtung Zürich. Die Regionen München und Stuttgart

beeinflussen die Bodenseeregion im wesentlichen als Quellgebiete für Tagesausflügler und Urlauber. In-

nerhalb der Region finden sich vier Agglomerationen mit überregionaler Bedeutung:

• St. Gallen

• Winterthur

• Konstanz-Kreuzlingen

• Ravensburg-Weingarten-Friedrichshafen

Daneben gibt es ein knappes Dutzend .regionaler Zentren mit übergeordneter Ausstrahlung (z.B. Frau-

enfeld und Schaffhausen, Dornbirn und Bregenz, Singen und Kempten) sowie weitere regionale Zentren

(z.B. Rorschach, Romanshorn, Bludenz, Radolfzell und Bad Saulgau). Die grösseren und kleineren Zent-

ren wechseln sich mit ländlichen Gebieten ab. Entlang der Verbindungen der Zentren liegen die sog. Ent-

wicklungsachsen.

In der Bodenseeregion lebten im Jahr 2001 etwa 4.3 Mio. Menschen. Die mittlere Einwohnerdichte be-

trägt etwa 210 Einwohner pro km2. Damit liegt die Bodenseeregion knapp unter dem Mittelwert von

Deutschland (230) und deutlich über dem Schweizer Mittelwert von 173 (Programm Interreg IIIA Al-

penrhein-Bodensee-Hochrhein). Die grössten Einwohnerdichten weisen die Stadt Kempten und der

Kanton Zürich auf, am wenigsten dicht besiedelt sind der Landkreis Oberallgäu im Osten der Region, der

Landkreis Sigmaringen sowie der Kanton Appenzell-Ausserrhoden. Für das Jahr 2017 gehen die amtli-

Der Wirtschaftsraum Bodensee 7

chen Bevölkerungsvorausrechnungen für die Bodenseeregion von einem Wachstum aus. Alle Teilregio-

nen verzeichnen steigende oder stagnierende Bevölkerungszahlen. Prozentual die grössten Wachstums-

raten weisen mit knapp 8% die österreichischen Gebiete auf, für die Region Hochrhein-Bodensee und

die Region Bodensee-Oberschwaben wird mit einem Wachstum von 6.5% bzw. 5.4% gerechnet. Damit

liegen die genannten Regionen über dem baden-württembergischen Landesdurchschnitt von 3.6% bzw.

5.3%.

Die Bevölkerungszunahme der letzen Jahre führte zu enormem Siedlungsdruck verbunden mit steigen-

dem Flächenverbrauch. Dabei hat die Veränderung des Siedlungsbedarfs in den städtischen Gebieten

weniger stark zugenommen als in den ländlichen. Angesichts der prognostizierten Bevölkerungszunahme

quasi in allen Teilen der Region wird der Siedlungsdruck weiterhin noch zunehmen, ebenso der Flächen-

verbrauch. Die Freiflächen werden damit auch in Zukunft untere einem erheblichen Druck stehen und

die Steuerung des Flächenverbrauchs wird zukünftig eine der zentralen Aufgaben der Entwicklungspolitik

in der Region sein.

Die Bodenseeregion erfüllt eine Reihe unterschiedlicher Funktionen. Der Bodensee als das Zentrum hat

mit seinen Funktionen als Teil der Kulturlandschaft, Erholungsgebiet und Trinkwasserspeicher die Region

geprägt und wirkt gleichzeitig als begrenzender Faktor für die weitere Entwicklung: „Die Qualität der

Landschaft setzt den Nutzungsmöglichkeiten und -ansprüchen des Tourismus, der Wirtschaft, der Sied-

lungsentwicklung und des Verkehrs Grenzen. Im gesamten Bodenseegebiet sind gegensätzliche Nut-

zungsziele ausgeprägt, die zu Konflikten führen können.“ (Internationale Bodenseekonferenz 1994).

Als Wirtschaftsraum zeichnet sich die Bodenseeregion vor allem durch drei grosse Bereiche aus, die das

Bild der Region prägen. Zum einen blickt die Region auf eine lange industrielle Tradition zurück, die den

gesamten Wirtschaftsraum geprägt hat. Auch heute noch spielen produzierende Unternehmen eine

wichtige Rolle und es befinden sich zahlreiche High-Tech-Firmen in der Region, die traditionell hier ihren

Sitz haben oder die aus traditionellen Firmen heraus entstanden sind. Zum anderen ist die Region immer

noch stark durch die Landwirtschaft und hier insbesondere durch die Sonderkulturen Obst, Gemüse und

Wein geprägt. Hier nehmen vor allem einzelne Gebiete in Deutschland und in der Schweiz teilweise

marktführende Positionen ein. Schlussendlich stellt die Bodenseeregion eine wichtige Tourismusdestina-

tion dar, die vor allem als Sommerausflugsziel für den "klassischen" Feriengast, aber auch für den Tages-

tourismus und den Freizeitverkehr grosse Besucherzahlen aufweist. Eine aktuelle Studie rechnet für das

Jahr 2003 und für das gesamte Gebiet der IBK mit einer Anzahl von über 35 Millionen Logiernächten

(vgl. translake 2005).

Zusätzlich zu den Übernachtungsgästen besuchen jährlich etwa 14 Mio. Tagesausflügler allein die deut-

sche Bodenseeregion (DWIF 1998:27). Der Ausflugsverkehr konzentriert sich der IBT zufolge auf einige

Schwerpunkte. Diese sind der Grossraum Konstanz mit der Insel Mainau, das Dreieck Unteruhldingen

(Pfahlbaumuseum), Salem (Affenberg und Schloss) und Meersburg sowie Friedrichshafen und Lindau. Al-

lein im touristischen 'Ballungsgebiet' Konstanz-Meersburg-Unteruhldingen-Salem liegen sechs der zehn

am meisten besuchten Freizeiteinrichtungen der Region.

Im Zusammenhang mit der Fragestellung der vorliegenden Expertise sind nun zwei übergeordnete The-

men von Interesse. Zum einen stellt sich die Frage, welche Bedeutung die Kulturlandschaft für die Stand-

ortbewertung von Akteuren aus der Bodenseeregion hat und welche die anderen bedeutsamen Stand-

ortfaktoren sind. Zum anderen stellt sich die Frage nach dem Bekanntheitsgrad der Bodenseeregion bzw.

nach dem (touristischen) Markenwert der Bodenseeregion und den damit verbundenen Images, die die

Marke beeinflussen. Die Befragungen innerhalb der Region und bei den (potenziellen) Gästen lieferten

Der Wirtschaftsraum Bodensee 8

hier interessante Ergebnisse, die auch durch die Ergebnisse anderer Studien und ergänzender Interviews

bestätigt wurden.

Wie aus Abbildung 1 ersichtlich, sind die sog. "weichen" Standortfaktoren für die Bodenseeregion von

besonderer Bedeutung. Zu diesen wird auch die Kulturlandschaft und der Naturraum gerechnet. Auffal-

lend ist, dass eine genauere Analyse des Antwortverhaltens hier keine Unterschiede bezogen auf die

Branchenherkunft zeigt. D.h. auch Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe oder aus den un-

ternehmensbezogenen Dienstleistungen bewerten diese Faktoren ähnlich, wie z.B. Tourismusunterneh-

men. Die Bedeutung der "weichen" Standortfaktoren auch für die Industrie in der Region spiegelt sich

auch im Rahmen anderer Aktivitäten wieder, wie z.B. im hohen Engagement regionaler Betriebe im Pro-

jekt des Landschaftsparks Bodensee-Oberschwaben. Gerade dort begründen die Unternehmen ihr En-

gagement in Bezug auf die Verbesserung bzw. auf den Erhalt der Qualität der "weichen" Standortfakto-

ren mit der Bedeutung dieser Faktoren für ihre jeweilige Rekrutierung von qualifizierten Arbeitskräften.

Gerade die international tätigen Unternehmen der Region stehen in einem zunehmenden Wettbewerb

um diese Arbeitskräfte, die meist von ausserhalb in die Region geholt werden müssen. Der Slogan "Ar-

beiten, wo andere Urlaub machen", der ursprünglich aus den 70er Jahren stammt und damals von regio-

nalen Unternehmen gezielt verwendet wurde, um Ingenieure an den Bodensee zu "locken", hat auch

heute noch Berechtigung und wird noch von Unternehmen verwendet. Dies soll aber nicht bedeuten,

dass die "harten" Standortfaktoren in der Bodenseeregion keine Bedeutung haben. Eine Ausstattung der

Region mit entsprechenden Infrastruktureinrichtungen ist gerade heute in dem zunehmenden internatio-

nalen Standortwettbewerb eine unabdingbare Voraussetzung. Gleichwohl konnte sich die Bodenseeregi-

on - trotz gewisser Defizite bei den "harten" Standortfaktoren - in der Vergangenheit positiv entwickeln

und konnte den Strukturwandel in einzelnen Regionen erfolgreich bewältigen. Dass die Region heute als

eine der "Wachstumsregionen ausserhalb der Metropolen" (Sinz 2005) bezeichnet werden kann, hängt

sicherlich mit der hohen Lebensqualität der Region zusammen, für die insbesondere auch die Kulturland-

schaft der Bodenseeregion verantwortlich ist.

3.2

3.2

3.2

3.6

3.6

3.9

4.0

4.1

4.2

4.3

4.5

4.6

3.5

1 2 3 4 5

Siedlungsstruktur

Forschungsangebot

Verkehrserschliessung

Arbeitskräfte

Wirtschaftsstruktur

Bildungsangebot

Kulturangebot

Räumliche Lage

Internationalität der Region

Naturraum

Kulturlandschaft

Freizeitqualität

Lebensqualität

keine Bedeutung sehr grosse Bedeutung

Abbildung 1 Die Bedeutung unterschiedlicher Standortfaktoren aus Sicht der regionalen Akteure (Quelle: eigene Befragung 2005)

Der Wirtschaftsraum Bodensee 9

Die Bedeutung der Kulturlandschaft und des Naturraums in der Bodenseeregion für den Wirtschafts-

standort zeigt sich auch in den "Bildern", die mit der Region verbunden werden. Unabhängig davon, ob

sie nun die Menschen in der Region selbst oder von außerhalb der Region fragen, werden mit dem Bo-

densee ähnliche Assoziationen verbunden:

• Natur und Landschaft

• Wasser

• Lebens- und Wohnqualität

• Freizeitqualität

Je nach konkreter Fragestellung können diese "Bilder" positiv oder auch negativ wirken. Dies gilt im Hin-

blick auf den Wirtschaftsraum Bodensee, da hier auch andere "Bilder" transportiert werden müssen, die

eine prosperierende Wirtschaftsregion mit einem breiten regionalen Arbeitsmarkt für hochqualifizierte

Arbeitskräfte zeigen. In der Standortpromotion einzelner Teilregionen wird aktuell bereits versucht, diese

Verbindungen herzustellen. So präsentiert sich z.B. die Greater Zurich Area auch unter dem Begriff "Ma-

chine in the Garden", die Region Bodensee-Oberschwaben mit dem Begriff "High-Tech im Garten Eden".

Beide Promotionsaktivitäten versuchen gezielt eine Verknüpfung zwischen den stark naturräumlich bezo-

genen 'weichen" Standortfaktoren und dem technologischen und innovatorischen Potenzial der jeweili-

gen Standorte miteinander zu verknüpfen.

Es stellt sich nun die Frage nach dem Bekanntheitsgrad der Bodenseeregion. Hier lieferte die Marktanaly-

se in den Hauptzielmärkten des Bodenseetourismus, wie in der folgenden Abbildung dargestellt, eindeu-

tige Ergebnisse. Die Bodenseeregion verfügt über einen sehr, sehr hohen Bekanntheitsgrad, da bei fast

allen Befragten die Region bekannt ist und 90% die Region konkret kennen. Dieser hohe Bekanntheits-

grad zeigt sich auch nochmals darin, dass fast 90% der Befragten bereits mindestens einmal die Region

besucht haben und über die Hälfte der Befragten bereits mehrmals in der Region waren. Für eine Tou-

rismusdestination weist die Region damit einen überproportional hohen Markenwert auf, der auch im

Vergleich zu anderen touristischen Topdestinationen höher liegt (vgl. DMMA 2001). Eine Erhöhung die-

ses Bekanntheitsgrades ist u. E. in den deutschsprachigen Zielmärkten nicht mehr möglich.

12%

25%56%

7%Nie

Einmal

2-5 Mal

mehr als 5Mal

Wie oft waren Sie schon am Bodensee?

1% 10%

48%

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nein, nie gehört

ja, ich habedavon gehört

ja, kenne ich

ja, kenne ich gut

Kennen Sie den Bodensee?

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7%Nie

Einmal

2-5 Mal

mehr als 5Mal

Wie oft waren Sie schon am Bodensee?

1% 10%

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nein, nie gehört

ja, ich habedavon gehört

ja, kenne ich

ja, kenne ich gut

Kennen Sie den Bodensee?

Abbildung 2 Bekanntheitsgrad der Bodenseeregion (Quelle: eigene Befragung 2005)

Der Wirtschaftsraum Bodensee 10

Vor dem Hintergrund der Fragestellung der vorliegenden Expertise, ist es nun möglich ein erstes Fazit

hinsichtlich des Wirtschaftsraums Bodensee und der Bedeutung der Kulturlandschaft für diesen zu zie-

hen. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass die Bodenseeregion nach aussen einen sehr hohen

Bekanntheitsgrad aufweist. Natur, Landschaft und Kultur sind dabei stark prägende Elemente dieses Bil-

des. Sie sind aber auch in der Innensicht der Region von herausragender Bedeutung. Die Lebens- und

Freizeitqualität, die Kulturlandschaft und der Naturraum werden hier als ein grosser Standortvorteil in

der Region gesehen. Speziell der Kulturlandschaft wird eine grosse Bedeutung für die Lebens- und Frei-

zeitqualität und natürlich für den Tourismus zugemessen. Zusammenfassend kann deshalb festgehalten

werden, dass die Kulturlandschaft der Regio Bodensee das Image der Region prägt und von innen und

aussen als ein zentraler Standortvorteil gesehen wird.

Bedeutung von Labels für die Regionalentwicklung 11

4444 Bedeutung von Labels für die RegionalentwicBedeutung von Labels für die RegionalentwicBedeutung von Labels für die RegionalentwicBedeutung von Labels für die Regionalentwickkkklung lung lung lung

4.14.14.14.1 AllgemeineAllgemeineAllgemeineAllgemeine Bedeutung von Labels und Zertifizierungen Bedeutung von Labels und Zertifizierungen Bedeutung von Labels und Zertifizierungen Bedeutung von Labels und Zertifizierungen

Seit einigen Jahren kann auch auf der regionale Ebene ein zunehmender Bedeutungsgewinn von Labels

und Zertifizierungen festgestellt werden. Zahlreiche Regionen versuchen, sich mit Hilfe von Labels im

zunehmenden Wettbewerb der Standorte besser zu positionieren. Derartige Labels spielen aber auch in

regionalpolitischen Strategien verschiedener Nationalstaaten eine zentrale Rolle, wie z.B. in Frankreich

mit dem Konzept der "parcs naturel régional" oder in der Schweiz im Rahmen der Strategieüberlegungen

für eine "Bundespolitik für den ländlichen Raum" (vgl. ARE 2005). Grundsätzlich können drei (potenzielle)

Wirkungsrichtungen von Labels in der Regionalentwicklung unterschieden werden:

• Marketing- und Kommunikationsfunktion, d.h. das Label wird als Marketinginstrument verwendet,

um sich gezielt nach aussen profilieren und damit neue "Käuferschichten" zu erschliessen

• Institutionalisierungsfunktion, d.h. durch das Label entstehen auf der regionalen Ebene neue Insti-

tutionen, die sich Gemeindegrenzen überschreitend und oft unter Einbezug von Akteuren aus

Wirtschaft und Gesellschaft mit der regionalen Entwicklung beschäftigen

• Qualitätsfunktion, d.h. die Regionen erfüllen bestimmte Qualitätsanforderungen oder stellen ge-

samtgesellschaftlich notwendige Qualitätsprodukte her. Dafür erhalten sie Ausgleichszahlungen

für Leistungen im ökologischen, sozialen oder in einem anderen Bereich.

Die tatsächlichen Wirkungen derartiger Labels für die Regionalentwicklung sind bislang noch nicht syste-

matisch analysiert4 worden und es können deshalb auch nur begrenzt Aussagen über Wirksamkeit der

Labels getroffen werden.

Im Folgenden wird nun ausgehend von der Marketing- und Kommunikationsfunktion von Labels ein the-

oretisches Wirkungsmodell aufgezeigt, anhand dessen die konkreten Wirkungen von Labels auf die ge-

samte regionale Entwicklung bewertet werden können. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden,

dass Marken bzw. Labels in Form von Symbolen, Logos u. a. neben der Kommunikationsfunktion noch

weitere wichtige Funktionen haben, die diese erfüllen können. Eine Hauptfunktion ist, effizient und effek-

tiv alle materiellen und immateriellen Leistungsmerkmale von Angeboten zu kommunizieren. Die ver-

stärkte Suche der Kunden nach emotionalen Beziehungen zu nachgefragten Gütern und Dienstleistungen

eröffnet den Anbietern die Möglichkeit, über Labels bestimmte Assoziationen bei Kunden zu wecken, in-

dem sie ein Image aufbauen oder eine bestimmte Lebenswelt charakterisieren, zu der sich der Kunde

hingezogen fühlt. Ein Label kann dem Nachfrager damit einen emotionalen Zusatznutzen verschaffen, der

ihn vorübergehend oder dauerhaft an dieses bindet. Label entwickeln dabei nicht nur für die Kunden

Wirksamkeit, sondern können auch auf der Anbieterseite Vorteile generieren (vgl. dazu Abbildung 3).

4 Im Rahmen des Schweizer Nationalforschungsprogramms NFP 48 "Landschaften und Lebensräume der Alpen" findet derzeit eine umfangreiche Analyse von Labelregionen statt. Dabei steht vor allem die Qualitätsfunktion, die mit Labels in Verbindung stehen im Vordergrund (vgl. Boesch u.a. 2004).

Bedeutung von Labels für die Regionalentwicklung 12

Wirkung des Labels für KundenWirkung des Labels für KundenWirkung des Labels für KundenWirkung des Labels für Kunden

� Erleichterung der Identifikation, � Wegweiser für Interessierte � Orientierungshilfe � Vertrauensbasis � Beweis für Kompetenz und Sicherheit � ermöglicht Qualitätsvermutung � Image- und Prestigefunktion � Vermittlung von Emotionen und

Lebensgefühl

Wirkung des Labels für AnbieterWirkung des Labels für AnbieterWirkung des Labels für AnbieterWirkung des Labels für Anbieter � Absatzförderung � Präferenzbildung bei den Konsumenten � Differenzierung gegenüber der Konkurrenz � Zusätzliche Anreize für Reiseveranstalter,

Schaffung akquisitorischen Potentials � Erhöhung der Effizienz und Effektivität der

Kommunikation � Neues Bewertungskriterium für

Subventionen � Verhandlungsposition gegenüber dem

Handel wird gestärkt

Es kann davon ausgegangen werden, dass ein Label Wirkungen nach innen und nach aussen entfaltet.

Während das Label nach innen zu einer Verstärkung der regionalen Identität beitragen kann, wirkt es

nach aussen vor allem auf das Image, welches externe Personen von einer Region haben. Die folgende

Abbildung 4 zeigt ausgehend von den Erfahrungen in der Literatur und den Erfahrungen anderer Regio-

nen die potenziellen Wirkungen auf, die durch das Label hervorgerufen werden können. Dabei wird da-

von ausgegangen, dass das Label vor allem Wirkungen auf vier Zielgruppen entfaltet: (1) auf die Wirt-

schaftsunternehmen, die ihren Standort in der Region haben, (2) auf die regionale Bevölkerung, (3) auf

den Tourismus (Angebot und Nachfrage) und (4) auf die Vermarktung und Produktion regionaler Pro-

dukte.

InnenwirkungInnenwirkungInnenwirkungInnenwirkung AussenwirkungAussenwirkungAussenwirkungAussenwirkung

WirtschaftWirtschaftWirtschaftWirtschaft • Gewerbeflächenverfügbarkeit

• Arbeitskräfteverfügbarkeit

• Kooperation / Vernetzung

• Standortimage

• Image Arbeitsmarkt

• Image Standortpromotion

BevölkerungBevölkerungBevölkerungBevölkerung • Regionale Identität

• Siedlungsentwicklung

• Bevölkerungsentwicklung

• Image als Wohnstandort

• erhöhte Attraktivität

TourismusTourismusTourismusTourismus • Angebots- und Produktgestaltung

• Qualitätsanforderungen

• Steigerung Gästezahlen

• Kooperation / Vernetzung

• Restriktionen in Angebotsentwicklung

• Gewinnung neuer Zielgruppen

• Veränderung Gästestruktur

• Image als Destination

• erhöhte Aufmerksamkeit

LandLandLandLand----/Forstwirtschaft/Forstwirtschaft/Forstwirtschaft/Forstwirtschaft • Erhöhung Direktvermarktung

• Qualitätsanforderungen

• Kooperation / Vernetzung

• Restriktionen in Bewirtschaftung

• Marketinginstrument

• erhöhte Aufmerksamkeit

Abbildung 3 Funktion von Labels im Regionenmarketing

Abbildung 4 Potenzielle Wirkungen eines UNESCO-Labels auf verschiedene Zielgruppen

Bedeutung von Labels für die Regionalentwicklung 13

Um die volle Wirksamkeit von Labels nutzen und erhalten zu können, ist es wichtig, dass das Label mit

Qualitätskriterien verbunden wird. Nur dann kann es tatsächlich auch eine positive Wirkung auf die

Nachfrage nach regionalen Produkten und Leistungen entfalten. Anderenfalls wäre das Label nur eine

leere Hülle, die keine Inhalte transportiert. Zugleich ist es wichtig, dass ein Label für etwas steht, das tat-

sächlich vorhanden ist ("Wo Kulturerbe draufsteht, ist auch Kulturerbe drin.") Ist dies nicht der Fall, wird

das Label verwässert und kann auf Dauer nicht tragfähig sein. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch,

dass durch das Label die Region mit einem bestimmten Image versehen wird. Nach aussen wird trans-

portiert, dass die Region stolz auf ihre Kulturwerte ist und bereit ist, diese zu bewahren.

In der Praxis zeigt sich, dass Regionen und Standorte unterschiedliche Images besitzen und diese auch

konkret mit spezifischen Marketinginstrumenten verstärkt werden können. Neben einem Label können

ergänzend weitere Images (z.B. als innovativer Wirtschaftsstandort) aufgebaut werden. In diesem Falle ist

zu berücksichtigen, dass sich die verschiedenen Images nicht widersprechen dürfen. Sinnvoll ist jedoch,

wenn sie sich ergänzen und somit ein vielfältigeres Image der Region entsteht. Die Voraussetzung dafür,

das verschiedene Images in einer Region nebeneinander stehen und sich positiv ergänzen können ist die

Existenz eines übergeordneten Leitbildes für die Region. Aus diesem können dann einzelne Images ab-

gleitet werden, die widerspruchsfrei nebeneinander stehen und sich in ein kongruentes Ganzes einord-

nen.

4.24.24.24.2 Erfahrungen aus anderen RegionenErfahrungen aus anderen RegionenErfahrungen aus anderen RegionenErfahrungen aus anderen Regionen

Mit einer UNESCO-Auszeichnung sind für einen Standort sowohl Chancen als auch Risiken verbunden.

Der Motivation und der Initiative zur Erlangung der Auszeichnung sowie den damit verbundenen Hoff-

nungen stehen nicht selten die mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung, aktuelle Konflikten und Be-

fürchtungen vor zukünftigen Konfliktpotenzialen gegenüber. Es stellt sich nun die Frage, welche Erfahrun-

gen andere Regionen und Standorte konkret mit UNESCO-Auszeichnungen gemacht haben. Diese

werden im Folgenden aufgrund der Ergebnisse der Benchmark-Befragung zusammengefasst.

Die Motivation und das Interesse an einer UNESCO-Auszeichnung und das damit verbundene Engage-

ment kann je nach Region sehr unterschiedlich sein. Auffallend ist, dass die Initiative zur Beantragung des

UNESCO-Labels in der Regel von Verwaltungsstellen (Landesregierungen, Gemeinden und staatlichen

Verwaltungsbehörden) oder Denkmalschützern ausgeht und in den wenigsten Fällen von wirtschafts-

oder tourismusnahen Organisationen. Die enge Koppelung der UNESCO bei der Auszeichnung von

Weltkulturerben an die ICOMOS zeigt sich auch bei der Initiative zur Erlangung des Labels und der

Wahrnehmung der Region als 'geschütztes' Gebiet.

Wie bereits erwähnt, kann ein UNESCO-Label nach innen und nach aussen wirken. Einen Einfluss auf die

Bevölkerung kann das Label aber nur haben, wenn es auch in der Region bekannt ist. Bei den befragten

Regionen ist das UNESCO-Label bis auf eine Ausnahme in allen Regionen auf Schildern, Veranstaltungen

etc. präsent. Der Bekanntheitsgrad der Auszeichnung liegt im Durchschnitt bei 3.75 (auf einer Skala von

1 - 5) und damit relativ hoch. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass es in Regionen mit mehreren Aus-

zeichnungen schwieriger wird, alle Labels gleichermassen in der Region bekannt zu machen und eine

Identifikation der Bevölkerung mit den Labels zu erreichen. Ist eine Region beispielsweise Weltkultur-

landschaft, Biosphärenreservat und Nationalpark, ist es weder für Einheimische noch für Gäste ersichtlich,

welche Auszeichnung für welche Inhalte steht und warum die jeweilige Auszeichnung für die Region ver-

liehen wurde. Die meisten der befragten Stätten / Regionen verfügen nicht nur über die UNESCO-

Auszeichnung als Weltkultur-/Weltnaturerbe, Biosphärenreservat oder Geopark, sondern oftmals über

zusätzliche Schutzkategorien wie z.B. Nationalpark, Naturpark, Naturschutz- oder Landschaftsschutzge-

Bedeutung von Labels für die Regionalentwicklung 14

biet oder speziellen Denkmalschutz. Lediglich 3 der befragten Gebiete erhielten nur die UNESCO-

Auszeichnung.

Je nachdem ob es sich um schützenswerte Gebäude oder städtische Gebiete, Kulturlandschaften oder

Naturgüter handelt, werden auch die mit der Auszeichnung verbundenen Chancen und Hoffnungen dif-

ferieren. Bei den befragten Regionen zeigte sich, dass die Chancen für eine Region sowohl nach innen als

auch nach aussen gerichtet gesehen werden. Auf der einen Seite wurden die Chancen einer Auszeich-

nung in folgenden Bereichen gesehen:

• Grösserer Bekanntheitsgrad (Inland und Ausland)

• Imagegewinn, grösserer Attraktivität der Region

• Positive Effekte für den Tourismus (auch Bildungs- und Forschungstourismus)

• Erhaltung der Kulturlandschaft

Auf der anderen Seite wurde deutlich, dass die Auszeichnung für die Bewohner der Region oder Stadt

eine wichtige Funktion hat. Folgende Chancen wurden für die "Innenwirkung" der Auszeichnung genannt:

• Identitätssteigerung, Identifikation

• Bewusstseinsbildung

• Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität

• Verbesserung der Kooperation innerhalb der Region

Die Erfahrungen über die Chancen einer UNESCO-Zertifizierung für die jeweiligen Städte und Regionen

spiegeln sich in den Erwartungen, die die Akteure in der Bodenseeregion an eine derartigen Zertifizie-

rung haben, wider. Auch dort sind es, wie in Abbildung 5 dargestellt, der Tourismus, die Regionalver-

marktung, die regionale Identität und das Image, worauf das UNESCO-Label positiv wirken kann.

0.0

1.1

1.4

-0.1

-0.1

0.1

0.2

1.5

1.1

1.0

-2 -1 0 1 2

Landw irtschaf t

Regionalvermarktung

Tourismus

Verkehrsentw icklung

Siedlungsentw icklung

Wirtschaf tsentw icklung

Bevölkerungsentw icklung

Image

Identität

Natur- und Umw eltschutz

negative positive

Abbildung 5 Erwartete Wirkungsbereiche einer UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee auch Sicht der regiona-len Akteure (Quelle: eigene Befragung 2005)

Bedeutung von Labels für die Regionalentwicklung 15

Den erwarteten Chancen stehen auch Konflikte gegenüber. In zwei Drittel der befragten Regionen gibt

es aktuell Konflikte, die in einem Zusammenhang mit der Auszeichnung zu sehen sind. Hierbei handelt es

sich beispielsweise um Konflikte in bezug auf die verkehrliche Entwicklung, bauliche Massnahme oder die

zukünftige Ausgestaltung der Kulturlandschaft. Auch Konflikte zwischen Denkmalschutz und Tourismus

sowie die unterschiedlichen Erwartungen an eine UNESCO-Auszeichnung wurden genannt. Wie aus

Abbildung 6 deutlich wird, werden in bisher ausgezeichneten UNESCO-Regionen die grössten Konflikt-

potenziale im Bereich der Verkehrsentwicklung und der Verkehrsinfrastruktur gesehen. Deutlich weniger

Konflikte werden in den Bereichen der Gewerbeentwicklung, der Flächennutzung und der Siedlungsent-

wicklung gesehen. Auffallend ist, dass die Konfliktpotenziale in der Bodenseeregion deutlich höher be-

wertet werden, als die praktischen Erfahrungen in den bereits zertifizierten Stätten und Regionen. Der in

der Bodenseeregion latent vorhandene Konflikt zwischen Wirtschaftswachstum und Landschaftsschutz,

der bereits seit Mitte der 70er Jahre die regionalen Entwicklungsdiskussionen prägt (vgl. Blatter 2000),

zeigt sich auch in dieser kritischen Bewertung des Konfliktpotenzials einer UNESCO-

Weltkulturlandschaft Bodensee.

Auch wenn keine zusätzlichen oder neuen Gesetze mit der UNESCO-Auszeichnung verbunden sind,

verändern sich die Entscheidungsprozesse bei geplanten Infrastrukturprojekten deutlich und es gewinnt

die Erhaltung der Kulturgüter und der Landschaft deutlich grösseres Gewicht. Dafür sind vor allem, wie

gerade die Beispiele der aktuellen Konflikte um die Welterbestätten in Köln, Dresden oder Essen zeigen,

die grössere Aufmerksamkeit im In- und Ausland und indirekt damit verbunden auch das stärkere (öf-

fentliche) Gewicht von NGOs in den politischen Entscheidungsprozessen verantwortlich. Die regionale

politische Arena verändert sich damit gerade bei konflikthaften Themen und die Komplexität der Ent-

scheidungen nimmt zu. Dies kann dazu führen, dass Aspekte des Denkmalschutzes und/oder Natur- und

Landschaftsschutzes im gesamten regionalen Politikbereich stärker gewichtet werden.

1 2 3 4 5

Flächennutzung

Siedlungsentwicklung

Gewerbeentwicklung

Verkehrsentwicklung

Freizeitinfrastruktur

Verkehrsinfrastruktur

Bodensee

UNESCO-Regionen

sehr gering sehr gross

Abbildung 6 Konfliktpotenziale durch eine UNESCO-Zertifizierung (Quelle: eigene Befragung 2005)

Bedeutung von Labels für die Regionalentwicklung 16

Ingesamt gesehen wird die Verleihung der UNESCO-Auszeichnung in den Regionen von allen Befragten

positiv gewertet. Das verbesserte Image der Region wird von allen Befragten als die grösste positiv Wir-

kung der Auszeichnung angesehen. Ebenfalls positiv wirkt die Auszeichnung in bezug auf die Identität und

den Tourismus in der Region. Eher neutral bis leicht positiv wird die Wirkung der Auszeichnung auf die

Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung eingeschätzt. Eine nähere Betrachtung der Wirkungen zeigt

aber deutlich, dass diese bislang in keiner der analysierten Regionen mit konkreten Daten gestützt wer-

den können.

Die Auszeichnung ist für die Städte und Regionen auch mit Verpflichtungen verbunden. Die erhöhte

Aufmerksamkeit und das in der Regel verbesserte Image steigern auch die Erwartungen – insbesondere

der Gäste. Durch die Auszeichnung wird die Region aufgewertet und den höheren Erwartungen muss

die Region gerecht werden. So werden nicht nur Veränderungen im Stadt- und Landschaftsbild genauer

unter die Lupe genommen, sondern auch die Gäste sehen die Region mit anderen Augen. Durch die

Auszeichnung wird deutlich, dass sich die Region von anderen unterscheidet, etwas Besonderes und

Einmaliges ist und einen besonderen Stellenwert hat. Dies muss auch in der Region sichtbar werden, so

erwarten die Gäste mehr Informationen (auch in verschiedenen Sprachen), ein qualitativ hochwertiges

Angebot und eine grössere Angebotspalette. Wie bereits erwähnt, hat die Auszeichnung auch eine

Funktion für die Bevölkerung: eine bessere Identifikation mit ihrer Region und das Bewusstsein in einer

besonderen Landschaft zu leben wird gefördert. Ein stimmiges Bild nach aussen kann nur erreicht wer-

den, wenn es authentisch ist und die Auszeichnung in der Region verankert ist. Sonst kann es passieren,

dass das äussere Erscheinungsbild nicht mit der Wahrnehmung der Bevölkerung und der Gäste überein-

stimmt. Dies führt einerseits dazu, dass die Gäste zwar am Anfang interessiert sind, aber aufgrund des

fehlenden Angebots schnell das Interesse verlieren und andererseits die Bevölkerung die Chancen, die

mit der Auszeichnung verbunden sind, nicht nutzt.

4.34.34.34.3 FazitFazitFazitFazit

Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass Labels und Zertifizierungen einen Einfluss auf die wirtschaftliche

und gesellschaftliche Entwicklung der jeweiligen Standortgemeinde resp. -region haben können. Diese

Labels wirken dabei gleichzeitig nach innen und nach aussen. Die Image und Marketingwirkung ist aber

immer nur eine von mehreren Wirkungen und wird in ihrer Bedeutung oftmals massiv überschätzt. Wie

in Abbildung 7 dargestellt besteht hier ein direkter Zusammenhang zwischen der bereits existierenden

Markenstärke eines Weltkulturerbes und dem Markeneffekt, der durch die UNESCO-Zertifizierung auf

diese ausgeht: Handelt es sich bei dem Weltkulturerbe bereits um eine starke Marke, wie z.B. die Wie-

ner Hofburg oder der Kölner Dom, ist der zusätzliche Markeneffekt durch das UNESCO-Label sehr ge-

ring. Hat das Weltkulturerbe dagegen nur eine sehr schwache Marke, wie z. B. das Dessauer Gartenreich

oder das Fürst-Pückler-Land, kann der zusätzliche Markeneffekt durch die Zertifizierung sehr gross sein.

Wie bereits in Kapitel 3 dargestellt wurde, handelt es sich bei der Bodenseeregion bereits um eine starke

Marke, der zusätzliche Markeneffekt einer UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee wird deshalb sehr

gering sein.

Die Erfahrungen aus den anderen Regionen und auch aus der Literatur zeigen, dass Labels und Zertifizie-

rungen immer im Zusammenhang mit Qualitätskriterien gesehen werden müssen. Auf der einen Seite

sind dies die objektiven Anforderungen, die durch den Zertifikatsgeber - in diesem Fall die UNESCO -

vorgegeben sind. Auf der anderen Seite sind es die subjektiven Anforderungen, die von den "Kunden"

erwartet werden. Dazu gehören vor allem die entsprechenden Angebote und Produkte, die in der Regi-

on angeboten werden müssen und die dem Image des Labels entsprechen müssen. Nur wenn es gelingt,

Bedeutung von Labels für die Regionalentwicklung 17

das Label "UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee" auch mit konkreten Inhalten zu füllen, können aus

dem Label positive Effekte auf die zukünftige Entwicklung der Region ausgehen.

Markeneffekt UNESCO Label

Mar

kens

tärk

e

Nur geringer Zugewinn

schwach

niedrig

stark

hoch

Bodensee

Fürst-Pückler-Land

hoher Zugewinn

Markeneffekt UNESCO Label

Mar

kens

tärk

e

Nur geringer Zugewinn

schwach

niedrig

stark

hoch

Bodensee

Fürst-Pückler-Land

hoher Zugewinn

Abbildung 7 Schematische Darstellung des Markeneffekts von Labels

Die Wirkungen einer UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee 18

5555 Die Wirkungen Die Wirkungen Die Wirkungen Die Wirkungen einereinereinereiner UNESCO UNESCO UNESCO UNESCO----Weltkulturlandschaft BodenseeWeltkulturlandschaft BodenseeWeltkulturlandschaft BodenseeWeltkulturlandschaft Bodensee

5.15.15.15.1 Wirkungen auf den TourismusWirkungen auf den TourismusWirkungen auf den TourismusWirkungen auf den Tourismus

Mit der Zertifizierung der Bodenseeregion als UNESCO-Weltkulturlandschaft werden gerade im Tou-

rismusbereich, und zwar sowohl bei den Tourismusmarketingorganisationen als auch bei den touristi-

schen Leistungsträger hohe Erwartungen verbunden und sehr positive Effekte erwartet. Es stellt sich nun

die Frage, ob diese hohen Erwartungen realistisch sind und ob es durch das UNESCO-Label tatsächlich

zu spürbaren Veränderungen im Tourismus am Bodensee kommen kann.

Die hohen und stark überhöhten Erwartungen die von Seiten der regionalen Akteure an das Label ge-

richtet werden, zeigen sich eindrücklich in Abbildung 8. Von den regionalen Akteuren erwarten 66%,

dass aufgrund der Auszeichnung mehr Gäste in die Region kommen werden. Nur 33% sind der Meinung,

dass Gäste auch unabhängig von der Auszeichnung kommen werden. Betrachtet man alleine die Be-

kanntheit des Labels UNESCO (gestützte Bekanntheit), kann festgestellt werden, dass diese mit rund

72% der befragten potenziellen Gäste sehr hoch ist. Dabei ist es unabhängig, ob die Personen bereits ei-

ne UNESCO-Kulturerbestätte besuchte oder nicht. Die detaillierte Nachfrage nach den Inhalten des La-

bels ergab, dass nur sehr wenige Personen mit dem UNESCO Label klare Inhalte verbinden. Nur 18%

(grösste Gruppe) stimmen darin überein, dass das Label hauptsächlich für den Schutz und die Erhaltung

vorhandener Werte und Dinge steht. 8% verbinden mit dem Label Geschichte und Traditionen, 5% Kul-

tur und Kulturerbe. Die wenig klare Profilierung des Labels erscheint deutlich als Schwachpunkt dieser

Auszeichnung, da sie auf diesem Wege kaum in der Lage sein dürfte, positive Assoziationen zu wecken.

... unabhängig von

Auszeichnung82%

weiss nicht1%

sowieso nicht9%

... nicht wegen Auszeichnung

2%

... wegen Auszeichnung

6%

Regionssicht Gästesicht

... wegen Auszeichnung66%

... unabhängig von Auszeichnung

33%

... nicht wegen Auszeichnung1%

Die mangelhafte Profilierung des Labes zeigt sich schliesslich konkret im tatsächlichen Einfluss des

UNESCO-Labels auf das Reiseverhalten der (potenziellen) Bodenseebesucher. Von den potenziellen

Gästen sagen 82% aus, dass sie unabhängig von einem Label in die Bodenseeregion reisen würden. Nur

für gerade 6% ist das Label ein zusätzlicher Anreiz, in die Region zu kommen. 2 % würden die Region

Abbildung 8 Einfluss des Labels auf das Reiseverhalten aus Regionssicht (Quelle: eigene Befragung 2005)

Die Wirkungen einer UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee 19

aufgrund der Auszeichnung und der befürchteten negativen Auswirkungen auf den Einzelnen (v. a. stei-

gende Preise, zu viele Gäste) meiden. Der Vergleich der Einschätzungen von regionalen Akteuren und

potenziellen Gästen zeigt damit klar, dass die Wirkungen des Labels auf die Gäste deutlich überschätzt

werden. Interessanterweise sind es gerade Akteure aus dem Tourismus selbst, die hohe Erwartungen an

das Label knüpfen. 76% der Touristiker, 73% der Befragten aus der Wirtschaft, 58% der befragten Ge-

meinden und 50% der Repräsentanten von Verbänden gaben derartige Einschätzungen ab.

Von den bereits ausgezeichneten UNESCO Regionen wird "bestätigt", dass sie einen Bekanntheitsgewinn

im In- und Ausland verzeichnen (diese Angaben beruhen auf qualitativen Daten, sie sind in keiner der

ausgezeichneten Regionen quantitativ erfasst worden). Nur eingeschränkt können die Regionen einen

Zuwachs an Gästen auswiesen. Neue Gästegruppen, die angesprochen werden konnten, sind v.a. Fach-

gruppen auf Exkursionen und Tagesgäste (deren Beitrag zur Wertschöpfung jedoch nach wie vor nicht

richtig erfasst werden kann). 21% der befragten und bereits von der UNESCO ausgezeichneten Regio-

nen sind der Auffassung, dass durch das Label keine wesentliche Veränderung der Gästestruktur einge-

treten ist. 28% bestätigen eine Zunahme der Anzahl an Tagesgästen. Die eigentlich in allen Regionen von

den jeweiligen Verantwortlichen subjektiv identifizierten positiven Effekte auf den Tourismus, können

quantitativ nicht nachgewiesen werden. Im Rahmen einer Modellrechnung für drei UNESCO-Regionen,

die Weltkulturlandschaften Oberes Mittelrheintal (D) und Wachau (A) sowie dem Biosphärenpark Ent-

lebuch (CH) wurde mit Hilfe einer Zeitreihenanalyse versucht, den Einfluss der Zertifizierung auf die

Tourismusentwicklung zu identifizieren. Dabei wurde die Entwicklung in den einzelnen Regionen mit der

des jeweils umgebenen Bundeslandes resp. dem Kanton in Beziehung gesetzt. Hier konnte in keinem der

Gebiete ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Zertifizierung und der Entwicklung der Logier-

nächte festgestellt werden. Auch die feststellbaren Veränderungen bei den Tagestouristen müssen näher

betrachtet werden. In einzelnen Regionen ist unzweifelhaft ein Anstieg bei den Tagestouristen zu

verzeichnen. Deren Anzahl ist, wie z.B. auf der Insel Reichenau in den ersten Jahren nach der

Auszeichnung stark gestiegen, in den folgenden Jahren aber wieder fast auf das frühere Niveau

zurückgegangen. Andere Welterbestätten weisen traditionell schon sehr hohe Tagestouristenzahlen auf,

durch die Zertifizierung ist es hier nicht spürbar zu Veränderungen gekommen. Bei diesen spielen andere

Faktoren, die den globalen Reisemarkt betreffen (z.B. Sars oder der 11. September 2001), eine

entscheidendere Rolle.

0%

20%

40%

60%

80%

100%

120%

140%

1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

Entlebuch

Mittelrheintal

Wachau

Abbildung 9 Entwicklung der Logiernächte in ausgewählten UNESCO-Regionen 1989 - 2004

Die Wirkungen einer UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee 20

Zusammenfassend kann zu den Wirkungen des UNESCO Labels auf den Tourismus folgendes festgehal-

ten werden:

• Das UNESCO Label ist bekannt – aber es werden keine Inhalte damit verbunden. Es kann damit

nur sehr beschränkt zu einer Profilierung der Destination Bodensee nach aussen beitragen.

• Die grössten Wirkungen des Labels werden hinsichtlich Bekanntheitsgrad und Image sowie hin-

sichtlich der Gewinnung neuer Zielgruppen erwartet. Aufgrund des bereits hohen Bekanntheits-

grades des Bodensees werden diese Wirkungen jedoch kleiner ausfallen als erwartet.

• In der Region werden die Effekte auf die Steigerung der Logiernächte überbewertet und es wird

u. E. hier zu keiner spürbaren Steigerung der Gästeankünfte und -nächtigungen kommen. Ledig-

lich in einzelnen 'Nischenbereichen' kann es zu einer leichten Erhöhung der Gästezahlen kom-

men.

• Durch die Zertifizierung wird es u. E. nicht zu einer spürbaren Erhöhung der regionalen Wert-

schöpfung kommen, die aus dem Tourismus resultiert. Den möglicherweise in geringem Umfang

erzielbaren Mehrumsätzen stehen entsprechend höhere Aufwendungen in der Angebotsent-

wicklung und in der Gästeinformation gegenüber.

Langfristig können aus der Zertifizierung jedoch auch positive Impulse auf die Tourismusentwicklung am

Bodensee ausgehen. Diese sind vor allem auf die erhöhten Qualitätsanforderungen im Zusammenhang

mit dem UNESCO-Label zurückzuführen. Das Label kann damit einen Beitrag zur Behebung der am Bo-

densee feststellbaren Qualitätsdefizite bei verschiedenen touristischen Leistungsträgern leisten. Dazu ist

aber nicht zwingend das Label notwendig, da hier auch andere Wege beschritten werden können, um

diesen Defiziten entgegenzuwirken.

In verschiedenen Regionen hat sich die institutionelle Funktion derartiger Labels gezeigt: Im Zusammen-

hang mit den Labels konnten dort erstmalig funktionsfähige touristische Marketingorganisationen auf der

regionalen Ebene aufgebaut werden. Für die Bodenseeregion sind hier keine positiven Effekte zu erwar-

ten, da diese bereits über eine entsprechende Destinationsmanagementorganisation für die gesamte Re-

gion verfügt.

5.25.25.25.2 Wirkungen auf die Wirkungen auf die Wirkungen auf die Wirkungen auf die LandwirtschaftLandwirtschaftLandwirtschaftLandwirtschaft

Neben dem Tourismus wird die Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte gerade in ländlichen Gebiete

oft als ein Handlungsfeld angesehen, für das neue Chance aus einer UNESCO-Auszeichnung resultieren.

Auch wenn mit der UNESCO-Auszeichnung keine Auflagen für die Landwirtschaft verbunden sind, so

werden an die Produkte aus Gebieten mit einer UNESCO-Auszeichnung meist von den Kunden höhere

Anforderungen an die Qualität gestellt. Positive Veränderungen werden in bezug auf das Image der Re-

gion und der regionalen Landwirtschaft, sowie ein gesteigertes Bewusstsein für ökologische Wirtschafts-

weisen erwartet. Ebenfalls positive Effekte erhoffen sich die Akteure für eine bessere Vermarktung der

Produkte

Neben den positiven Effekten, die aus der UNESCO-Auszeichnung für die Landwirtschaft zu erwarten

sind, werden jedoch hier starke Restriktionen aufgrund der Auszeichnung befürchtet. Auf die Frage, ob

sich für die Landwirte etwas durch die Auszeichnung ändert, antworteten mehr als die Hälfte der befrag-

ten Akteure in der Bodenseeregion mit ja. Auch der Widerstand der Landwirte gegen die Auswirkung

wird recht hoch eingeschätzt.

Die Wirkungen einer UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee 21

Aus Sicht der befragten Regionen mit UNESCO-Auszeichnung bestätigen sich die genannten Befürch-

tungen nicht. Widerstand von Seiten der Landwirte gegen die Auszeichnung gab und gibt es in keiner

der befragten Regionen. Die Befürchtungen der Akteure in der Bodenseeregion scheinen somit nicht ge-

rechtfertigt und können durch die Erfahrungen der bereits ausgezeichneten Regionen nicht bestätigt

werden.

Im Bereich der Regionalvermarktung kann nur begrenzt auf die Erfahrungen anderer Regionen zurückge-

griffen werden. Lediglich zwei der befragten Regionen besitzen entsprechende Labels. Für regionale Pro-

dukte. Die Frage nach dem Einfluss der Auszeichnung auf die Vermarktung regionaler Produkte können

daher nur wenige aus eigener Erfahrung beantworten, da es sich bei den Welterbestätten auch um städ-

tische Gebiete handelt. Den grössten Einfluss der Auszeichnung sehen die Befragten noch in der Verbes-

serung der Kooperation bei den Direktvermarktern und in der Verbesserung der Qualität der Produkte,

sowie in einer Erhöhung des Umsatzes bei den Direktvermarktern.

Aus Sicht der regionalen Akteure zeigt sich ein ähnliches Bild: die Auswirkungen der Auszeichnung auf

die Regionalvermarktung werden insgesamt nur leicht positiv bis neutral eingeschätzt. Die erwarteten

positiven Wirkungen beziehen sich ebenfalls auf eine Erhöhung des Umsatzes bei den Direktvermarktern

und einer verbesserten Kooperation. Die höheren Erwartungen an ökologische Standards haben sich

von Seiten der befragten Regionen jedoch nicht bestätigt.

0.8

0.4

0.7

0.6

0.3

-2 -1 0 1 2

Erhöhung des Umsatzes beiden Direktvermarktern

Grössere Vielfalt desAngebots

Höhere ökologischeStandards

Verbesserung derKooperation bei denDirektvermarktern

Verbesserung der Qualität derProdukte

sehr negativsehr positiv

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die positiven Effekte des UNESCO-Labels auf die

Landwirtschaft und auf die Regionalvermarktung relativ gering sind und für die Gesamtregion kaum zu

quantifizieren sind. Ähnlich sieht es beim Einfluss des Labels auf eine verbesserte Vermarktung der land-

wirtschaftlichen Produkte nach aussen aus. Auch hier sind die in der Region bereits vorhandenen Labels

(Obst vom Bodensee, Gemüse von der Reichenau) so stark, dass es hier nach aussen zu keiner spürba-

ren Veränderung kommen wird. Das Label kann aber, wie die Erfahrungen aus anderen Regionen zeigen,

als Instrument zur Qualitätsverbesserung nach innen verwendet werden. Ähnlich wie im Tourismus wirkt

Abbildung 10 Einfluss eines UNESCO-Labels auf die Vermarktung ländlicher Produkte (Quelle: eigene Befragung 2005)

Die Wirkungen einer UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee 22

das UNESCO-Label damit auch im Landwirtschaftsbereich primär nach innen im Hinblick auf eine (mög-

liche) qualitative Angebots- und Produktverbesserung und nicht nach aussen hinsichtlich der Erschlies-

sung neuer Märkte. Auch im Landwirtschaftsbereich wird es damit u. E. nicht zu einer Steigerung der re-

gionalen Wertschöpfung kommen, da hier keine zusätzlichen Exporterlöse aufgrund der Zertifizierung zu

erwarten sind.

Abschliessend muss hier nochmals darauf hingewiesen werden, dass die Landwirtschaft für den Erhalt

der Kulturlandschaft auch am Bodensee eine zentrale Rolle spielt. Ihr kommt damit auch für den Wirt-

schafts- und Tourismusraum Bodensee eine wichtige Funktion zu. U. E. muss es hier zu einer entspre-

chenden Inwertsetzung dieser Leistungen kommen, denn nur so ist die Landwirtschaft in der Lage lang-

fristig ihren Beitrag zum Erhalt dieser Kulturlandschaft zu leisten. Diese Inwertsetzung kann aber nur sehr

begrenzt über erhöhte Umsätze durch ein UNESCO-Label erfolgen. Hier müssen deshalb andere Wege

gefunden werden, um die Leistungen der Landwirtschaft zu honorieren.

5.35.35.35.3 Wirkungen auf die WirtschaftWirkungen auf die WirtschaftWirkungen auf die WirtschaftWirkungen auf die Wirtschaft

Ein weiterer zentraler Wirkungsbereich, auf das sich das UNESCO-Label auswirken kann, stellt die Wirt-

schaft allgemein dar. Diese umfasst natürlich auch den Tourismusbereich sowie den land- und forstwirt-

schaftlichen Bereich, auf die bereits in den beiden vorigen Kapiteln eingegangen wurde. Im Folgenden

wird der Wirtschaftsbereich allgemein betrachtet und gezielt auf Wirkungen des UNESCO-Labels auf

den gesamten Standort Bodensee eingegangen. Es wird dabei davon ausgegangen, dass das Label einer-

seits direkt auf die Standortfaktoren wirkt und andererseits über damit verbundene Images die subjektive

Wahrnehmung und Bewertung dieser Faktoren bei betrieblichen Standortentscheidungen beeinflusst.

Grundsätzlich bewertet, wie die Abbildung 11 zeigt, ein hoher Anteil der befragten Akteure in der Bo-

denseeregion das UNESCO-Label als Standortvorteil. Dabei kann kein Unterschied festgestellt werden

hinsichtlich der Herkunft der Befragten, d.h. es ist egal, ob diese aus industriellen Grossbetrieben, Ge-

meinden oder von touristischen Leistungsträgern stammen. Fragt man im nächsten Schritt nach den di-

rekten Auswirkungen auf die jeweilige Gemeinde oder das betreffende Unternehmen, sehen nur noch

weniger als die Hälfte der Befragten einen direkten Einfluss des UNESCO-Labels. Hier zeigt sich noch-

mals deutlich, dass ohne dass das Label UNESCO-Weltkulturlandschaft mit konkreten Inhalten gefüllt

wird, eine objektive Bewertung dieses Labels durch die regionalen Akteure nur begrenzt möglich ist.

Die Wirkungen einer UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee 23

Ja Nein

Standortvorteil 75% 25%

Einfluss auf Gemeinde 44% 56%

Einfluss auf Unternehmen 43% 57%

Werden positive Effekte für den Betrieb/Verein/Verband in direktem Zusammenhang mit dem Label er-

wartet, so stehen touristische Effekte im Vordergrund. Diese Erwartungen können jedoch, wie Kapitel

5.1 zeigt, kaum als realistisch eingestuft werden. Weiterhin erhoffen sich die Befragten eine erhöhte

Aufmerksamkeit, eine Stärkung der Marke Bodensee und eine verbesserte Kooperation zwischen den

unternehmen, zwischen den Gemeinden und insbesondere zwischen Unternehmen und Gemeinden.

Neben den erwähnten Hoffnungen sind mit der Auszeichnung auch Befürchtungen verbunden. Bei den

Befragten Vereinen/Verbänden/Betrieben werden konkrete Nachteile durch Auflagen und Einschränkun-

gen erwartet. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Gewerbeflächenentwicklung, für den aus Sicht

der Wirtschaft eine - auch im Vergleich zur aktuellen Situation - restriktivere Handhabung befürchtet

wird, die möglicherweise dann zu einer Verknappung und damit auch zu einer Verteuerung der Gewer-

beflächen führen kann. Diese Befürchtungen in Bezug auf die Restriktionen, die aus dem UNESCO-Label

resultieren, sind in der Region latent vorhanden und erklären sich einerseits aus individuellen Erfahrungen

der Vergangenheit, in der es gerade in der Bodenseeregion immer wieder zu starken Konflikten bei der

Abbildung 11 Einfluss des UNESCO-Labels auf Standort, Gemeinde und Unternehmen aus Sicht der regionalen Akteure (Quelle: eigene Befragung 2005)

Abbildung 12 Standortvorteile aus Sicht der regionalen Akteure (Quelle: eigene Befragung 2005)

0

10

20

30

40

50

60

70

Tourismusförderung;Übernachtungen

Aufmerksamkeit,Bekanntheit, Image

Vermarktung,Marketing; Marke,

Prädikat, USP

Zusammenarbeit;Kooperation,gemeinsame

Aktionen

Erhaltung

Die Wirkungen einer UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee 24

Ausweisung von Gewerbe- und Industrieflächen (aber auch Siedlungsflächen) mit dem Landschaftsschutz

gekommen ist. Einzelne Beispiele, wie z.B. die Erweiterung der Firma Dornier in Immenstaad oder die

der Kramer Werke in Überlingen, die beide Anfang der 80er Jahre zu Konflikten mit dem Landschafts-

schutz geführt haben, oder auch die gescheiterte 'Ansiedlung' von Michael Schumacher im Kanton Ap-

penzeller AR, sind immer noch aktuell auf der mentalen Landkarte einzelner Akteure und bestärken die-

se in ihren Befürchtungen vor entsprechenden Restriktionen. Hier ist es Aufgabe der Politik - völlig un-

abhängig von einer möglichen Zertifizierung als UNESCO Weltkulturlandschaft - die notwendigen regio-

nalplanerischen Vorgaben zu machen, die verbindlich auch die entsprechenden Gewerbeflächenpoten-

ziale beinhalten, die für die nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in der Region benötigt werden. Besteht

Klarheit und Transparenz über die (potenziellen) räumlichen Entwicklungsgebiete und -schwerpunkte in

der Regio Bodensee könnte den Befürchtungen von Seiten der Wirtschaft über mögliche Restriktionen

begegnet werden. Ähnlich wie im Bereich der Landwirtschaft und im Tourismus ist es auch für die ein-

zelnen Unternehmen zwingend notwendig, dass das Label mit konkreten Inhalten gefüllt wird, um eine

objektive Bewertung der Restriktionen vornehmen zu können. U. E. muss der Bereich der Gewerbeflä-

chenentwicklung dabei kein Problembereich darstellen, wenn eine entsprechend angepasste überkom-

munale Gewerbeflächenplanung für die Gesamtregion vorliegt, da die Region bereits heute über ausrei-

chend Flächenpotenziale auch für die Gewerbeentwicklung verfügt.

0

10

20

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40

50

60

70

Auflagen,Entwicklungshindernis,

Einschränkungen,Fremdbestimmung

Zusätzlicher Verkehr Negative Auswirkungenauf Natur/ Umwelt und

Nachhaltigkeit derEntwicklung,

Verschmutzung,Zersiedelung

Ressourceneinsatz,finanzielle Belastung

Nenn

ungen

Die Erfahrungen aus verschiedene Labelregionen zeigen, dass auch Einzelbetriebe einen direkten betrieb-

lichen Nutzen aus der Verwendung eines Regionallabels ziehen können (vgl. Schmid 2004). Grundsätz-

lich gilt, dass die Verwendung des jeweiligen UNESCO-Labels in der Hoheit der Verwaltungsstelle des

Gebietes als "Inhaberin" des Logos liegt. Andere Institutionen, Organisationen, Vereine etc. dürfen das

Logo zwar nicht verwenden, dennoch können sie sich bei ihren Veröffentlichungen, Produkten oder

Veranstaltungen auf das UNESCO-Label beziehen. Produkte aus einer UNESCO-Welterberegion dürfen

sogar explizit als solche bezeichnet werden. Die Verwendung der Auszeichnung für Marketingzwecke

kann daher für eine Region und in ihre ansässigen Unternehmen durchaus attraktiv sein, da in der Regel

Abbildung 13 Standortnachteile aus Sicht der regionalen Akteure (Quelle: eigene Befragung 2005)

Die Wirkungen einer UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee 25

positive Attribute damit verbunden sind. Bei den befragten Regionen waren es hauptsächlich die öffentli-

che Verwaltung, Tourismusverantwortliche und das Stadtmarketing, die in ihren Aktivitäten bezug auf die

Auszeichnung genommen haben. Von Seiten der Wirtschaftsförderung oder der Landwirtschaft wird

dagegen der Hinweis auf die Lage in einem ausgezeichneten Gebiet seltener verwendet. Von Seiten der

regionalen Akteure wird die Bedeutung des Labels als Marketinginstrument im wesentlichen für den

Tourismus und das Stadtmarketing gesehen. Ausgehend von der Situation in der Bodenseeregion gehen

wir davon aus, dass einzelne Unternehmen aus dem Tourismus- und dem Landwirtschaftsbereich ein

derartiges UNESCO-Label auch aktiv verwenden werden, sofern dieses ihr bestehendes Betriebskonzept

als ein weiteres Marketinginstrument ergänzt. Wir gehen davon aus, dass eine derartige Verwendung

aber nicht zu einer spürbaren Erhöhung der jeweiligen Umsätze führt, sondern lediglich die bereits be-

stehenden betrieblichen Qualitätsbestrebungen unterstützt und damit einen Beitrag zur langfristigen Be-

triebssicherung leisten kann. Wir gehen deshalb nicht davon aus, dass es durch die Verwendung des La-

bels UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee durch einzelne Betriebe zu einem spürbaren Anstieg der

regionalen Wertschöpfung kommt.

Relevanz für die GeschäftstätigkeitUnmittelbar Nur indirekt, mittelbar

RegionalesImage

Wirtschafts-freundlichkeit

Soziales Klima

Freizeitwert

Wohnwert

Kulturangebot

Schulen undAusbildungs-möglichkeiten

Berufliche Ausbildungs-einrichtungen

Forschungs-einrichtungen

Regionaler Absatzmarkt

Nähe zu ZulieferernFlächenverfügbarkeit

Steuern

Arbeitskosten

Verkehrsanbindung

Weiche

Standortfaktoren

Harte

Standortfaktoren

Kriminalität

Umweltqualität

Gastronomisches Angebot

Fakt

en

Subje

ktiv

e

Ein

schätz

ung

Maßgebliche Entscheidungsgrundlage

Quantif

izie

rbark

eit

Gut

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lech

t

Relevanz für die GeschäftstätigkeitUnmittelbar Nur indirekt, mittelbar

RegionalesImage

Wirtschafts-freundlichkeit

Soziales Klima

Freizeitwert

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Kulturangebot

Schulen undAusbildungs-möglichkeiten

Berufliche Ausbildungs-einrichtungen

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Regionaler Absatzmarkt

Nähe zu ZulieferernFlächenverfügbarkeit

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Standortfaktoren

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Kriminalität

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Maßgebliche Entscheidungsgrundlage

Quantif

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Eine Bewertung der Wirkungen des UNESCO-Labels auf die Standortqualität und damit indirekt auch

auf das Standortwahlverhalten von Unternehmen, kann derzeit nicht zu eindeutigen und klaren Aussagen

führen. Grundsätzlich gilt, dass die Bewertung der Standortqualität je nach dem zu welcher Branche ein

Abbildung 14 Übersicht über harte und weiche Standortfaktoren (Quelle: Grabow u.a. 1995)

Die Wirkungen einer UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee 26

Unternehmen gehört und ob ein Unternehmen bereits an einem Standort ansässig ist oder aktuell eine

Standortansiedlung plant, unterschiedlich gesehen wird. In Abbildung 14 sind die verschiedenen Stand-

ortfaktoren in einem Überblick dargestellt. Es zeigt sich nun, dass Unternehmen die Standortfaktoren je

nach konkreter Problemstellung unterschiedlich gewichten. Für bereits in der Region ansässige Unter-

nehmen spielen dabei die 'weichen' Standortfaktoren eine zunehmend wichtige Rolle. Diese beeinflussen

nicht unmittelbar die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens, sondern wirken vielmehr mittelbar über die

Verfügbarkeit von Arbeitskräften, deren Qualifikationsstand und auch über die Arbeitskultur.

Vor diesem Hintergrund wird die positive Bewertung des Standortes Bodensees aus der Region heraus

verständlich, wie sie in Kapitel 3 dargestellt wurde. Die hohe Lebens- und Freizeitqualität der Region ist

der Add-on-Faktor, durch den sich Unternehmen der Bodenseeregion bei dem gerade in der Zukunft

stark zunehmenden Wettbewerb um Arbeitskräfte gegenüber anderen Unternehmen an anderen

Standorten profilieren können. Diese Lebens- und Freizeitqualität kann sich aber nicht eine durch 'klassi-

sche' Urbanität der globalen Metropolen auszeichnen, sondern ist primär durch die Kulturlandschaft ge-

prägt, die durch entsprechend angepasste hoch stehende Freizeit- und Kulturangebote ergänzt werden

muss.

Im Zusammenhang mit der bisherigen öffentlichen Diskussion über eine UNESCO-Weltkulturlandschaft

Bodensee wird oftmals die Befürchtung geäussert, dass dadurch potenzielle Standortansiedlungen von

Unternehmen von ausserhalb der Region verhindert werden. Eine Bewertung dieser Befürchtung erfor-

dert eine differenzierte Betrachtung des Standortwahlverhaltens von Unternehmen. Grundsätzlich kann

hier ein stark veränderter Prozess des Standortwahlverhaltens festgestellt werden, wie er in Abbildung

15 dargestellt ist. Im Gegensatz zur Vergangenheit, wo Standortwahlprozesse lineare Entscheidungspro-

zess waren, bei denen einmal konkrete Standortanforderungen formuliert wurden und wenn die 'ge-

passt' haben, der Standortentscheid gefällt wurde, stellen die heutigen Standortwahlprozesse einen sich

ständig verändernden Lernprozess dar, an dem zu unterschiedlichen Zeitpunkten jeweils Entscheidungen

getroffen werden müssen. Es zeigt sich dabei, dass die Entscheide nicht immer nur anhand rationaler Fak-

toren getroffen werden, sondern das immer auch subjektive und sogar emotionale Faktoren hier eine

Rolle spielen.

fitStandort-

anforderungenStandort-

faktoren

ufficina oeconomica

traditionell

in statischer Wirtschaft

emerging place decisions

Tendenzen

intented

real

heute

in hyper-dynamischer Wirtschaft

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in hyper-dynamischer Wirtschaft

Abbildung 15 Veränderung des Standortwahlprozesses von Unternehmen (Quelle: Scherer/Bieger/Derungs 2005)

Die Wirkungen einer UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee 27

Für die Bewertung des Einflusses einer UNESCO-Weltkulturlandschaft auf das Standortwahlverhalten

von Unternehmen hat diese differenzierte Betrachtung eine wichtige Konsequenz: Wie bereits ausge-

führt, gehen wir - auch anhand der bisher vorliegenden rechtlichen Expertisen der IBK - davon aus, dass

durch das UNESCO-Label keine rechtlichen Restriktionen für Betriebsansiedlungen bzw. -erweiterungen

in der Bodenseeregion resultieren und dass durch die Regionalplanung die entsprechenden Flächenpo-

tenziale für die weitere Gewerbeentwicklung rechtlich verbindlich zur Verfügung gestellt werden können.

Die rationale Bewertung der unmittelbar betriebsbezogenen Standortfaktoren wird damit nicht negativ

durch die UNESCO-Zertifizierung beeinflusst. Anders sieht es dagegen bei den subjektiven und emotio-

nalen Entscheidungsfaktoren aus. Hier kann ein entsprechendes Image einer UNESCO-

Weltkulturlandschaft Bodensee dazu führen, dass die Region überhaupt nicht auf der mentalen Landkar-

te des jeweiligen Entscheidungsträgers als potenzieller Standort erscheint und damit der Standort Boden-

see überhaupt nicht in den jeweiligen Entscheidungsprozess eines Unternehmens einbezogen wird. Das

UNESCO-Label würde in diesem Falle negativ wirken. In einem anderen Falle kann es dagegen genauso

positiv wirken, wenn ein Entscheidungsträger gerade wegen des Images einer Region mit hoher Land-

schafts- und Lebensqualität sich in einer späteren Phase des Entscheidungsprozesses genau für die Bo-

denseeregion entscheidet. Diese hier aufgeführte Differenzierung darf aber nicht überbewertet werden,

da u. E. in dem ersten Fall eine latente Präferenz des jeweiligen Entscheidungsträgers für urbane bzw.

metropolitane Standorte bestehen kann und negative Bewertung der Bodenseeregion in diesem Fall

durch das UNESCO-Label nochmals verstärkt wird. Wir gehen deshalb im Zusammenhang mit der An-

siedlung von Unternehmen in der Bodenseeregion davon aus, dass aus dem UNESCO-Label keine nega-

tiven Effekte resultieren, sofern die regionale Standortpolitik ihre 'Hausaufgaben' gemacht hat (und wei-

terhin machen kann) und den Unternehmen optimale Rahmenbedingungen auch bei den 'harten' Stand-

ortfaktoren anbieten kann.

Die Auswirkungen eines UNESCO-Zertifizierung für den Wirtschaftsstandort Bodensee lassen sich fol-

gendermassen zusammenfassen:

• Ein UNESCO-Label kann als Standortvorteil gesehen werden, durch den sich die Region als Ganzes gegenüber anderen Standorten abgrenzen kann. Für einzelne Unternehmen oder einzel-ne Gemeinde hat das Label keine direkte wirtschaftliche Bedeutung, lediglich in einzelnen 'Ni-schen' kann das Label auch in wirtschaftlicher Sicht positiv auf einzelne Unternehmen wirken.

• Da das Label bislang nicht mit konkreten Inhalten gefüllt ist, kann es negative Assoziationen und Bilder hervorrufen, die im Widerspruch stehen zu dem Image, das die Standortpromotion für die Bodenseeregion nach aussen vermitteln will. Hier ist es notwendig, ein entsprechend über-geordnetes Leitbild zu formulieren, aus dem sich die verschiedenen Images kongruent ableiten lassen.

• Für die Wirtschaftsentwicklung der Bodenseeregion hat das Label allein kaum positiven Einfluss, in Teilen kann es sogar kontraproduktiv wirken. Dies gilt aber nicht für die Kulturlandschaft der Region. Diese stellt einen wichtigen Standortvorteil für die Region auch im Wirtschaftsbereich dar. Notwendig erscheint hier deshalb ein entsprechendes räumliches Entwicklungskonzept, dass sowohl den Erhalt der Kulturlandschaft der Region garantiert, als auch die räumlichen Entwick-lungspotenziale für die Wirtschaft und auch für die Siedlung planerisch festlegt.

Die Bewertung der wirtschaftlichen Effekte 28

6666 Die Bewertung der Die Bewertung der Die Bewertung der Die Bewertung der wirtschaftlichenwirtschaftlichenwirtschaftlichenwirtschaftlichen EffekteEffekteEffekteEffekte

In den vorangegangenen beiden Kapiteln wurden verschiedene Wirkungszusammenhänge dargestellt, die

aus einer (potenziellen) Zertifizierung der Bodenseeregion als UNESCO-Weltkulturlandschaft resultieren

können. Wir können dabei zwischen verschiedenen Wirkungsarten unterscheiden. Zum einen gibt es Ef-

fekte, die direkt auf die wirtschaftlichen Tätigkeiten einzelner Unternehmen wirken und dabei in der Re-

gel die jeweiligen Umsätze beeinflussen. Diese werden als die sog. tangiblen Effekte bezeichnet und füh-

ren zu Veränderungen bei der regionalen Wertschöpfung, die direkt auf die jeweilige Aktivität zurückge-

führt werden können. Zum anderen gibt es Effekte, die nur indirekt die wirtschaftliche Tätigkeit einzelner

Unternehmen beeinflussen und sich in der Regel nur auf das Image einer Region, deren Standortausstat-

tung und auf das 'wirtschaftliche' Klima in der Region auswirken. Diese werden als die sog. intangiblen Ef-

fekte bezeichnet und haben keinen Einfluss auf die regionale Wertschöpfung. Zahlreiche Wertschöp-

fungsanalysen haben aber gezeigt, dass es vor allem die intangiblen Effekte sind, durch die langfristig der

regionalwirtschaftliche 'Erfolg' einer öffentlichen Aktivität entscheidend beeinflusst wird. Im Folgenden

wird nun versucht, eine getrennte Bewertung der tangiblen und der intangiblen Effekte vorzunehmen, die

gesamthaft aus der Zertifizierung einer "UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee" auf die Region resul-

tieren.

Eine Bewertung der tangiblen Effekte einer öffentlichen Aktivität erfolgt in der Regel anhand des Beitra-

ges dieser zur regionalen Wertschöpfung. Dieser Beitrag ist dann positiv zu bewerten, wenn es durch ei-

ne Steigerung der Exporterlöse oder durch eine Importsubstitution zu einer Erhöhung der regionalen

Wertschöpfung kommt. Diese direkten Effekte können durch Vorleistungsbeziehungen innerhalb der

Region verstärkt werden, wobei man hier von sog. Multiplikatoreffekten spricht. Diese durch eine öffent-

liche Aktivität bewirkte Steigerung der regionalen Wertschöpfung führt wiederum zu einer Steigerung

der öffentlichen Einnahmen durch erhöhte Steuerrückflüsse. Man spricht hier von einer sog. Umweltren-

tabilität. Unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten ist eine öffentliche Aktivität dann positiv zu beurtei-

len, wenn über die Umwegrentabilität die von der öffentlichen Hand investierten Finanzmittel wieder in

einer vergleichbaren Grössenordnung zurückfliessen (ohne dass es dabei zu Marktverzerrungen kommt).

Vor diesem Hintergrund können die tangiblen Effekte einer UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee

nicht positiv bewertet werden. Wir gehen davon aus, dass aus einer derartigen Zertifizierung nur sehr

begrenzt direkte positive Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung zu erwarten sind. Lediglich für den

Tourismus sind in begrenztem Umfang positive Impulse zu erwarten, indem durch das Label neue Ziel-

gruppen erreicht werden können. Es wird aber auch dort, wie in Kapitel 5.1 dargestellt, nicht zu einer

spürbaren Erhöhung der Gästezahlen in der Region kommen. Insgesamt wird es darum allein durch das

Label "UNESCO Weltkulturlandschaft Bodensee" nicht zu einer Erhöhung der regionalen Wertschöp-

fung kommen. Auf der anderen Seite entstehen der öffentlichen Hand erhebliche direkte Kosten für das

Management und das Monitoring der Weltkulturlandschaft. Der Aufbau und der Betrieb entsprechender

Management- und Monitoringsysteme ist zwingend durch die UNESCO vorgeschrieben. Eine konkrete

Abschätzung dieser Kosten ist aufgrund der bislang fehlenden inhaltlichen Konzeption einer UNESCO-

Weltkulturlandschaft Bodensee nicht möglich. Wir rechnen hier aber aufgrund der Erfahrungen aus an-

deren Regionen mit jährlichen Kosten von mindesten 1 - 1.5 Millionen € jährlich. Da wir davon ausgehen,

dass es durch die Zertifizierung nicht zu einer Erhöhung der regionalen Wertschöpfung kommt, müssen

diese Kosten aufgrund einer fehlenden Umwegrentabilität vollständig von der öffentlichen Hand über-

nommen werden. Die Finanzmittel stehen damit für andere (regionalpolitische) Massnahmen nicht mehr

zur Verfügung. Unter monetär ökonomischen Gesichtspunkten kann eine Zertifizierung "UNESCO-

Weltkulturlandschaft Bodensee" nicht gerechtfertigt werden.

Die Bewertung der wirtschaftlichen Effekte 29

Anders stellt sich dagegen die Bewertung der intangiblen Effekte dar, die von einer UNESCO-

Weltkulturlandschaft Bodensee potenziell auf die Region wirken können. Bei den intangiblen Effekten

wird in der Regel zwischen Image-, Struktur-, Kompetenz- und Netzwerkeffekten unterschieden. Sie wir-

ken langfristig durch konkrete Veränderungen bei den Standortfaktoren einer Region und bei der Wahr-

nehmung und Bewertung eines Standortes von innen und aussen, d.h. sie wirken auf das Image und auf

die Identität einer Region. Ebenso können sie auch Veränderungen bei den regionalen Angeboten und

Produkten bewirken sowie bei den regionalen Akteursstrukturen.

Unzweifelhaft kann ein Label "UNESCO Weltkulturlandschaft Bodensee" einen Beitrag für das Image der

Region nach innen und nach aussen leisten. Damit dieses Image aber positiv wirken kann, muss es mit

konkreten Inhalten gefüllt werden und müssen sich diese Inhalte aus einem übergeordneten Leitbild der

zukünftigen Entwicklung der Bodenseeregion ergeben. Es kann dann Images, die für andere Bereiche für

die Bodenseeregion aus diesem übergeordneten Leitbild abgeleitet wurden, zu einem kongruenten Ge-

samtbild der Region ergänzen. Bestehen dagegen Images (oder auch Marketingaktivitäten) die zu den

zentralen Inhalten des UNESCO-Labels im klaren Widerspruch stehen, werden dagegen negative Effekte

erwartet. Grundsätzlich muss davon ausgegangen werden, dass durch das Label die bereits in der Region

vorhandenen Konflikte nicht gelöst, sondern teilweise noch verstärkt werden. Dies gilt insbesondere für

Konflikte im Zusammenhang zwischen Kulturlandschaft und Gewerbeflächenentwicklung und (Verkehrs-)

Infrastrukturentwicklung. Den Restriktionen, die gerade in diesem Zusammenhang befürchtet werden,

kann mit einem (raum-)planerischen Entwicklungskonzept für die Bodenseeregion sowie einer klaren

Kommunikationsarbeit entgegengewirkt werden.

Positive Wirkungen kann ein Label "UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee" mittelfristig auf zwei Ebe-

nen entfalten. Zum einen bewirkt das Label auf Seiten der Kunden höhere Qualitätsanforderungen an

verschiedene Produkte. Dies ist vor allem für den Tourismus und die Vermarktung landwirtschaftlicher

Produkte relevant. Mittelfristig wird es darum bei einer Zertifizierung auf der Angebotseite zu entspre-

chenden Qualitätsverbesserungen kommen und damit insgesamt zu einer verbesserten Wettbewerbs-

stellung in diesen beiden Wirtschaftsbereichen. Gerade für den Tourismusbereich sind in der Bodensee-

region deutliche Qualitätsverbesserungen notwendig, um langfristig als Destination wettbewerbsfähig zu

bleiben (vgl. Graef/Bieger/Scherer 2003). Zum anderen kann im Zusammenhang mit dem UNESCO-

Label mit einer Intensivierung der (grenzüberschreitenden) Kooperation gerechnet werden. Insbesonde-

re im Tourismusbereich kann es dadurch zu einem verbesserten Marketing und Angebotsentwicklung

kommen, durch die sich die Region mittelfristig im Tourismuswettbewerb besser positionieren kann.

Dies führt aber, wie in Kapitel 5.1 bereits dargestellt, nicht direkt zu höheren Gästezahlen, sondern kann

zu einer verbesserten Kundenbindung führen.

Die Bewertung der intangiblen Effekte einer UNESCO-Weltkulturlandschaft fällt damit in einzelnen Teil-

bereichen positiv aus. Voraussetzung für diese positive Bewertung ist aber, dass das Label mit konkreten

Inhalten gefüllt wird und diese sich kongruent in ein von der Region getragenes übergeordnetes Entwick-

lungsleitbild einpasst. Fehlt dieses Leitbild, wird das UNESCO-Label u. E. eher negativ wirken und beste-

hende (latente) Konflikte nur weiter verstärken und damit möglicherweise zu einer 'Blockierung' der re-

gionalen Entwicklung beitragen. Wir gehen hier deshalb davon aus, dass es weniger das 'Label' an sich ist,

aus dem positive Effekte für die wirtschaftliche Entwicklung der Region resultieren, sondern die 'Inhalte'

sind, die hinter dem Label stehen: Die Kulturlandschaft der Bodenseeregion, mit ihrer Bedeutung als ei-

ner der zentralen Standortvorteile der Region. Die Kulturlandschaft als Grundlage für die hohe Lebens-

qualität hat damit auch eine hohe Relevanz für zukünftige Wirtschaftsentwicklung der Region.

Fazit und Ausblick 30

7777 Fazit und Ausblick Fazit und Ausblick Fazit und Ausblick Fazit und Ausblick

Ziel der vorliegenden Expertise war es, die (möglichen) wirtschaftlichen Effekte einer Zertifizierung der

Bodenseeregion als "UNESCO-Weltkulturlandschaft" zu identifizieren und diese hinsichtlich ihres (poten-

ziellen) Beitrages zur wirtschaftlichen Entwicklung der Region zu bewerten. Ziel der Expertise war es

aber explizit nicht, eine gesamthafte Bewertung dieser Zertifizierung vorzunehmen. Diese kann nur vor

dem Hintergrund einer (fachlichen) Bewertung des in der Region vorhandenen kulturellen und land-

schaftlichen Potenzials sowie der grundsätzlichen Entwicklungsvorstellungen für die Bodenseeregion von

den verantwortlichen politischen Institutionen der Region vorgenommen werden. Diese gesamthafte

Entscheidung setzt eine Berücksichtigung aller relevanten Aspekte voraus, die in einem Prozess gegen-

einander abgewogen werden müssen. Die hier analysierten wirtschaftlichen Effekte stellen somit nur ein

Mosaiksteinchen innerhalb des gesamten Bildes dar.

Zusammenfassend gehen wir davon aus, dass aus der Zertifizierung der Bodenseeregion als "UNESCO-

Weltkulturlandschaft" nur in sehr geringem Umfang direkte Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung

der Region ausgehen. Die - positiven und negativen - Erwartungen an ein derartiges Label werden hier u.

E. deutlich überschätzt. Direkte ökonomische Effekte auf die regionale Wertschöpfung sind hier nicht zu

erwarten. Wir gehen nicht davon aus, dass kurz- und mittelfristig zusätzliches regionales Einkommen di-

rekt im Zusammenhang mit dem Label generiert werden kann. So rechnen wir für den Tourismus, also

dem Teilbereich der regionalen Wirtschaft für den in der Regel die grössten positiven Effekte eines La-

bels vermutet werden, nicht mit einer signifikanten Erhöhung der Gäste- bzw. der Übernachtungszahlen

allein aufgrund des Labels.

Wir gehen aber davon aus, dass die Zertifizierung mittel- bis langfristig in Teilbereichen positive Effekte

auch auf die wirtschaftliche Entwicklung der Region haben kann. Dies gilt insbesondere für den Touris-

musbereich und - mit gewissen Abstrichen - auch für den Landwirtschaftsbereich. In beiden Bereichen

können durch das UNESCO-Label Qualitätsverbesserung bei den jeweiligen Angeboten und Produkten

ebenso initiiert werden, wie neue Kooperationen zwischen verschiedenen Akteuren in den jeweiligen

Bereichen. Dies setzt aber voraus, dass das Label "UNESCO-Weltkulturlandschaft Bodensee" mit den

entsprechenden Inhalten gefüllt ist, die weit über den Tourismus hinausgehen. Diese müssen kongruent

in ein gesamtes Entwicklungsleitbild für die Bodenseeregion eingebunden sind. Fehlt dieses übergeordne-

te Entwicklungsleitbild wird das Label "UNESCO-Weltkulturlandschaft" u. E. sogar kontraproduktiv für

die wirtschaftliche Entwicklung der Bodenseeregion wirken und die bereits in der Region latent vorhan-

denen Konflikte zwischen Landschaftsschutz und Wirtschaftswachstum sogar noch verstärken. Dies kann

zu einer 'Blockierung' des regionalen Entscheidungssystems führen, was langfristig negativ auf die gesamte

weitere Entwicklung der Bodenseeregion wirkt (vgl. Scherer 2005).

Insgesamt gesehen, gehen wir davon aus, dass die Kulturlandschaft für die Bodenseeregion einen wichti-

gen Standortvorteil darstellt und dieser mitverantwortlich für die positive Entwicklung der Region in der

Vergangenheit war. Wir gehen weiterhin davon aus, dass dieser Standortvorteil für die gesamte Entwick-

lung der Bodenseeregion als hoch attraktiver Wohn-, Tourismus - und Wirtschaftsstandort auch zukünf-

tig von Bedeutung sein wird. Dies setzt voraus, dass auch die anderen 'harten' Standortfaktoren, so ent-

wickelt werden, dass die Region im jeweiligen nationalen Kontext wettbewerbsfähig bleibt. Als eines der

zentralen Alleinstellungsmerkmale der Region im Wettbewerb der Standorte muss u. E. die hohe Le-

bensqualität der Bodenseeregion erhalten und weiterentwickelt werden. Dies gilt insbesondere auch für

den Erhalt und die Weiterentwicklung der Kulturlandschaft als einem zentralen Faktor für die Lebensqua-

lität am Bodensee. Hierfür müssen u. E. - völlig unabhängig von einer Zertifizierung als UNESCO-

Weltkulturlandschaft - die entsprechenden Leitbilder und Strategien entwickelt werden. Damit kann

langfristig ein Beitrag für eine erfolgreiche Zukunft des Wirtschaftsraums Bodensee geleistet werden.

Anhang 31

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www.unesco.ch

Anhang 35

AnhangAnhangAnhangAnhang

Liste der befragten Regionen (Modul 1)

Befragte Regionen mit UNESCO-Zertifizierung

Biosphärenreservate

CH Biosphärenreservat Nationalpark CH UNESCO Biosphäre Entlebuch D Biospärenreservat Berchtesgaden D Biosphärenreservat Niedersächsische Elbtalaue D Biosphärenreservat Bayerischer Wald D Biosphärenreservat Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer D Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin D Biosphärenreservat Spreewald D Biosphärenreservat Südost-Rügen D Biosphärenreservat Röhn D Biosphärenreservat Niedersächsisches Wattenmeer D Biosphärenreservat Hamburgisches Wattenmeer D Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft D Biosphärenreservat Schaalsee D Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe-Mecklenburg-Vorpommern D Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe-Brandenburg D Biosphärenresrvat Flusslandschaft Mittlere Elbe D Biosphärenreservat Vessertal D Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen A Biosphärenreservat Grosses Walsertal A Biosphärenreservat Lobau A Biosphärenreservat Neusiedlersee Weltnaturerbe

CH Monte San Giorgio CH Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn Weltkulturerbe

CH Stiftsbibliothek und Stiftsbezirk St. Gallen CH Burgen von Bellinzona CH Kloster St. Johann Müstair CH Altstadt von Bern D Aachener Dom D Speyerer Dom D Würzburger Residenz D Wallfahrtskirche "Die WieskircheW D Schlösser Augustusburg und Falkenlust in Brühl D Dom und Michaeliskirche in Hildesheim D Röm. Baudenkmäler, Dom und Liebfrauenkirche in Trier D Hansestadt Lübeck D Schlösser und Parks von Potsdam und Berlin D Benediktiner Abtei in Lorsch D Bergwerk Rammelsberg und Altstadt von Golslar D Altstadt von Bamberg D Kloster Maulbronn

Anhang 36

D Stiftskirche, Schloss und Altstadt von Quedlinburg D Völklinger Hütte D Grube Messel D Bauhaus in Weimar und Dessau D Kölner Dom D Luthergedenkstätten in Eisleben und Wittenberg D Klassisches Weimar D Wartburg D Berliner Museumsinsel D Gartenreich Dessau-Wörlitz D Klosterinsel Reichenau D Industriekomplex Zeche Zollverein D Altstädte von Stralsund und Weimar D Kulturlandschaft Oberes Mittelrheintal D Elbtal in Dresden D Rathaus und Rolandstatue in Bremen D Muskauer Park A Historisches Zentrum Salzburg A Schloss Schönbrunn A Kulturlandschaft Hallstatt A Historische Altstadt von Graz A Kulturlandschaft Wachau A Semmering Eisenbahn A Historisches Zentrum von Wien A Neusiedler See/Fertö Geoparks

D Geopark Vulkaneifel D Geopark Terra Vita D Geo-Naturpark Bergstrasse Odenwald A Naturpark Eisenwurz