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FREMDSPRACHE DEUTSCH | Kompetenzen testen, prüfen, zertifizieren 40 1. Wie alles anfing In Italien hat die Rezeption des Gemeinsamen euro- päischen Referenzrahmens früh eingesetzt: Im Juli 1998 beschloss das italienische Erziehungsministe- rium im Rahmen einer breit angelegten Schulreform die Einführung einer zweiten europäischen Fremd- sprache an italienischen Schulen unter dem Namen „Progetto Lingue 2000“. Damit begann eine drei- jährige Sprachförderungskampagne in der Sekun- darstufe I. Erklärtes Ziel dieser Kampagne war die Verbreitung einer zweiten Fremdsprache unter ju- gendlichen Lernenden. Innerhalb von drei Jahren sollten möglichst viele junge Italienerinnen und Ita- liener in einer zweiten Fremdsprache die Niveau- stufe A2 erreichen. Die drei tragenden Säulen des Progetto Lingue 2000 waren: extracurriculare Sprach- kurse, die Durchführung von Fortbildungskursen für Fremdsprachenlehrende und die Einführung der externen Zertifizierung im Bereich Fremdspra- chen. Eine ganz ähnliche Initiative gibt es zurzeit in Frankreich. In beiden Ländern ist eine der wich- tigsten Forderungen von Seiten der Schulpolitiker Dokumentierbarkeit von Fremdsprachenkennt- nissen durch international anerkannte und ver- gleichbare Zertifikate. 2. Die Rolle der europäischen Kulturinstitute im Gastland Von Anfang an hob das italienische Erziehungs- ministerium die europäische Komponente des Projektes hervor und die damit verbundene enge Zusammenarbeit mit den in Italien tätigen europä- ischen Kulturinstituten (Bureau de Coopération Linguistique e Artistique, The British Council, Consejeria de Educacion, Goethe-Institut). Das italienische Ministerium erwartete von den Kultur- instituten aktive Beteiligung bei den methodisch- didaktischen Ausbildungskursen für Fortbildende von Fremdsprachenlehrenden und die Durchfüh- rung einer externen Zertifizierung der erworbenen Fremdsprachenkenntnisse auf der Grundlage der Niveaubeschreibungen im Referenzrahmen, um damit einen verlässlichen Eintrag im individuellen Sprachenpass des Europäischen Sprachenportfolios zu ermöglichen. In den Richtlinien des italieni- schen Erziehungsministeriums („Linie guida“) Seit dem Jahr 2000 werden an öffentlichen Schulen in Italien erfolgreich Sprachprüfungen ausländischer Institutionen abgenommen. Was mit etwas mehr als 1000 Deutschprüfungen begann, erlebte eine enorme Steigerung auf derzeit circa 12 000. Andere euro- päische und außereuropäische Länder haben inzwischen ihr Interesse an Prüfungen für Schüler bekundet: In Frankreich, Polen, Griechenland und in den Niederlanden werden diese bereits eingesetzt, Rumänien, Tschechien und Spanien möchten nachziehen. EXTERNE ZERTIFIZIERUNG FÜR SCHÜLER – EINE ERFOLGSSTORY AUS ITALIEN Wie Prüfungen den Deutschunterricht verändern können VON FRAUKE VAN DER WERFF UND JOHANNES GERBES © Stockbyte/RF

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1. Wie alles anfing

In Italien hat die Rezeption des Gemeinsamen euro-päischen Referenzrahmens früh eingesetzt: Im Juli1998 beschloss das italienische Erziehungsministe-rium im Rahmen einer breit angelegten Schulreformdie Einführung einer zweiten europäischen Fremd-sprache an italienischen Schulen unter dem Namen„Progetto Lingue 2000“. Damit begann eine drei-jährige Sprachförderungskampagne in der Sekun-darstufe I. Erklärtes Ziel dieser Kampagne war dieVerbreitung einer zweiten Fremdsprache unter ju-gendlichen Lernenden. Innerhalb von drei Jahrensollten möglichst viele junge Italienerinnen und Ita-liener in einer zweiten Fremdsprache die Niveau-stufe A2 erreichen. Die drei tragenden Säulen desProgetto Lingue 2000 waren: extracurriculare Sprach-kurse, die Durchführung von Fortbildungskursenfür Fremdsprachenlehrende und die Einführungder externen Zertifizierung im Bereich Fremdspra-chen. Eine ganz ähnliche Initiative gibt es zurzeit in Frankreich. In beiden Ländern ist eine der wich-tigsten Forderungen von Seiten der SchulpolitikerDokumentierbarkeit von Fremdsprachenkennt-

nissen durch international anerkannte und ver-gleichbare Zertifikate.

2. Die Rolle der europäischenKulturinstitute im GastlandVon Anfang an hob das italienische Erziehungs-ministerium die europäische Komponente des Projektes hervor und die damit verbundene engeZusammenarbeit mit den in Italien tätigen europä-ischen Kulturinstituten (Bureau de CoopérationLinguistique e Artistique, The British Council, Consejeria de Educacion, Goethe-Institut). Das italienische Ministerium erwartete von den Kultur-instituten aktive Beteiligung bei den methodisch-didaktischen Ausbildungskursen für Fortbildendevon Fremdsprachenlehrenden und die Durchfüh-rung einer externen Zertifizierung der erworbenenFremdsprachenkenntnisse auf der Grundlage derNiveaubeschreibungen im Referenzrahmen, umdamit einen verlässlichen Eintrag im individuellenSprachenpass des Europäischen Sprachenportfolioszu ermöglichen. In den Richtlinien des italieni-schen Erziehungsministeriums („Linie guida“)

Seit dem Jahr 2000 werden an öffentlichen Schulen in Italien erfolgreich Sprachprüfungen ausländischer Institutionen abgenommen.Was mit etwas mehr als 1000 Deutschprüfungen begann, erlebte eine enorme Steigerung auf derzeit circa 12 000. Andere euro-päische und außereuropäische Länder haben inzwischen ihr Interesse an Prüfungen für Schüler bekundet: In Frankreich, Polen,Griechenland und in den Niederlanden werden diese bereits eingesetzt, Rumänien, Tschechien und Spanien möchten nachziehen.

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wurde nachdrücklich betont, dass im Anfangsun-terricht Fremdsprachen die mündliche Interaktionim Mittelpunkt stehen sollte und dass die erreich-ten Sprachkenntnisse am Ende des dreijährigenProjektes durch internationale Prüfungen doku-mentiert werden sollten.

Für Deutsch erhielt das Goethe-Institut als in-ternational anerkannte Prüfungsinstitution und eines der Gründungsmitglieder der Association of Language Testers in Europe – A.L.T.E (Vereinigung von Institutionen für Fremdsprachenprüfungen inEuropa) – den Zuschlag auf die ministerielle Aus-schreibung; die im Runderlass 345 angekündigteexterne Zertifizierung sollte auf allen Niveaustufenvon A1 bis C2 durchgeführt werden.

3. Erweiterung des Prüfungsangebotsdes Goethe-Instituts auf der A-StufeVor dem Jahr 2000 wurden vom Goethe-Institut erstab der Stufe B1 standardisierte Deutschprüfungendurchgeführt. Die neue Situation in Italien erfor-derte nun auch attraktive und motivierende Prü-fungen auf den Stufen A1 und A2 für die Zielgrup-pe jugendlicher Lernender, die in die Schulpraxisintegriert werden konnten. Das Ergebnis waren diePrüfungen Fit in Deutsch 1 und Fit in Deutsch 2, diemit Hilfe spielerischer und kreativer ElementeKenntnisse auf den Niveaus A1 und A2 des Refe-renzrahmens feststellen.

Die Anforderungen im Bereich Sprachbeherr-schung, Wortschatz sowie Lese- und Hörverstehensind bei der Prüfung Fit in Deutsch 2 (Niveau A2)doppelt so hoch wie in der Prüfung Fit in Deutsch 1(A1). Das gleiche Verhältnis können wir auch fürden Schritt von A2 nach B1 anlegen: Mit der Prü-fung Fit in Deutsch 2 sind die Lernenden auf demhalben Weg zum Zertifikat Deutsch.

Nach der Einführung der Prüfungen für Jugendlicheentstanden mit Start Deutsch 1 und Start Deutsch 2ähnliche Prüfungen für erwachsene Lernende. Auchdas Angebot für Jugendliche wurde auf der Stufe B1durch das Zertifikat Deutsch j" ergänzt. Als Varian-te zum Zertifikat Deutsch richtet es sich an Ler-nende bis 16 Jahre. Im Testformat bleibt die Vari-ante gegenüber der Erwachsenenversion unver-ändert, jedoch sind die Prüfungsinhalte an denBedürfnissen jugendlicher Prüfungsteilnehmer und-teilnehmerinnen orientiert. Für Lernende, deren sprachliche Kompetenz überdie Niveaustufe B 1 hinausgeht, wird es in naherZukunft neben dem Zertifikat Deutsch für den Beruf(ZDfB) auch eine allgemeinsprachliche Prüfung aufder Niveaustufe B2 geben (eine Übersicht über der-

zeit angebotene Prüfungen finden Sie auf S. 45 indiesem Heft).

4. Implementierung

Die Koordination des Prüfungseinsatzes an italie-nischen Schulen bzw. Prüfungszentren wurde derPrüfungszentrale Italien übertragen, die ihren Sitzzunächst am Goethe-Institut Neapel hatte und diejetzt vom Goethe-Institut Rom aus für das Qua-litätsmanagement der externen Zertifizierung ver-antwortlich ist.Zu den Aufgaben dieser Zentrale gehören: � Aufbau eines landesweiten Prüfernetzwerks,� Bereitstellung von Materialien zur Prüfer-

schulung, � Organisation flächendeckender Informations-

veranstaltungen für Schulleiter, � Durchführung von Seminaren für Aus-, Fort-

bilder und Deutschlehrer, � Versorgung aller interessierten Schulen mit

Informationsmaterial zu den Prüfungen.

Seit 2001 stehen die Modellsätze zu den Prüfungenim Netz; die Einschreibungen erfolgen online undauch die Prüfungsergebnisse können innerhalbfestgelegter Fristen von den beteiligten Schulenonline abgerufen werden. Die Zertifikate werdenvon der Prüfungszentrale in Rom an die italieni-schen Schulen verschickt.

Seit 2004 werden die Fit in Deutsch-Prüfungenweltweit von der Zentrale des Goethe-Instituts inMünchen angeboten.

5. Hinwendung zur lebendigen,gesprochenen SpracheZiel der italienischen Unterrichtsbehörden bei derEinführung des Progetto 2000 war es, für den Unter-richt rasch und unbürokratisch eine Schwerpunkt-verlagerung von der geschriebenen zur gesproche-nen Sprache zu bewerkstelligen. Die Schüler soll-ten über ihren Deutschunterricht nicht mehr nurstolz vermelden, sie hätten Thomas Mann gelesen.Sie sollten sich auch mündlich auf Deutsch im All-tag ausdrücken können. Damit hatten die Erzie-hungsbehörden den Washback-Effekt der inter-nationalen Prüfungen bewusst eingeplant. In denRichtlinien des Ministeriums wurde verlangt, dassdie gesprochene Sprache im Mittelpunkt desFremdsprachenunterrichts stehen sollte. Damitwar vor allem mündliche Interaktion und Produk-tion gemeint. Der besonderen Bedeutung dermündlichen Kommunikation wurde durch die Ge-wichtung der vier Prüfungskomponenten Hören,

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Lesen, Sprechen und Schreiben Rechnung ge-tragen. Die Teile Sprechen und Hören werden aufA1-Niveau mit je 30% gewichtet, die schriftlichenTeile mit je 20 %, auf A2-Niveau wird Sprechen mit30 % gewichtet, Lesen und Hören mit je 25 %,Schreiben mit 20 % (siehe Beispiele aus dem münd-lichen Prüfungsteil in der linken Spalte auf dieserSeite).

Die Praxis hat inzwischen bestätigt: Besondersnachhaltig ist der Washback-Effekt beim Prüfungs-teil Sprechen. Die Schülerinnen und Schüler ma-chen die Erfahrung, dass sie tatsächlich auf Deutschmiteinander sprechen können, dass das Spiel vonFragen und Antworten funktioniert, wenn auchmanchmal mit kleinen Fehlern.

Nach der erstmaligen Durchführung der mündli-chen Prüfungen sahen wir in Italien ausschließlichstrahlende Gesichter; dass dann auch die Prü-fungsergebnisse diesem positiven Eindruck ent-sprachen, war keine Überraschung: Die Bestehens-quote lag bei beiden Prüfungen bei 95%. Selbst-verständlich ist dieses erfreuliche Resultat in ersterLinie den Deutschlehrerinnen und -lehrern zu ver-danken; die Prüfungsteilnehmer waren im Allge-meinen sehr gut vorbereitet und kamen schon mitder Vorstellung in das ihrem Schulort nächstgele-gene Prüfungszentrum, dass dies nun der Tag derBelohnung sein sollte. Man konnte den Jugend-lichen anmerken, dass sie gern zeigen wollten, wassie gelernt hatten.

Die erfreuliche Akzeptanz bei Schülern, Lehrernund Eltern zeigt sich nicht nur in den Zahlen, son-dern auch in den Rückmeldungen von Lehrern. Wir haben eine ganze Reihe von Lehrerinnen undLehrern befragt und durchgehend positive Rück-meldungen bekommen. Beispielhaft stellen wir aufder Seite gegenüber zwei Interviews vor.

6. Schreiben im Kontext – lebendigeschriftliche InteraktionDie Tatsache, dass in der Prüfung Deutsch gespro-chen und geschrieben werden muss, führte natür-lich unmittelbar dazu, dass die Lehrkräfte sich mitden Prüfungsformen beschäftigten und nach We-gen suchten, wie sie ihre Deutschlernenden daraufvorbereiten. Inzwischen sind praktisch alle italie-nischen Deutschlehrwerke der neuen Generationdarauf ausgerichtet.

Handlungsorientierte Unterrichtsformen hieltentatsächlich binnen weniger Jahre Einzug in die Klas-senzimmer. Es werden Texte gehört und gelesen,wie sie in einem deutschsprachigen Umfeld zu fin-den sind; die mündliche Textproduktion ist in einen

Die mündliche Prüfung Fit inDeutsch 2 wird als Partnerprüfungdurchgeführt und dauert circa 15Minuten.

Die Aufgaben sind alltagsbezogenund lebensnah. Der Schüler / DieSchülerin soll sich vorstellen und mitHilfe von Wortkarten Fragen zueinem vorgegebenen Thema stellen,auf Fragen antworten und auf eineBildkarte mit einer Alltagssituationsprachlich reagieren.

Hier sehen Sie ein Beispiel aus demPrüfungsteil Sprechen (Subtest 2).

Die mündliche Prüfung Fit inDeutsch 1 wird als Gruppenprüfungmit maximal sechs Teilnehmendendurchgeführt und dauert circa 15Minuten.

Der Schüler / Die Schülerin soll sichmit wenigen Sätzen vorstellen. Dannstellen die Schüler sich mit Hilfe vonWortkarten gegenseitig einfache Fragen und antworten auf gestellteFragen.

Anhand von Zeichnungen sollen dieSchüler Fragen oder Aufforderungenformulieren und auf Fragen oder Auf-forderungen reagieren.

Hier sehen Sie zwei Beispiele aus dem Prüfungsteil Sprechen (Subtest 2und 3).

Fit in Deutsch 1+2: Beispiele aus der mündlichen Prüfung

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Wo unterrichten Sie? Seit wann nehmenIhre Schülerinnen und Schüler an derexternen Zertifizierung teil? Ich unterrichte seit sieben Jahren an der ScuolaMedia „Quintino di Vona“ in Mailand. MeineSchüler haben im Jahr 2000 zum ersten Mal die Prüfung „Fit in Deutsch 2“ abgelegt. Seitdem haben wir jedes Jahr teilgenommen.

Welches sind die wichtigsten Inhalte imDeutschunterricht der Sekundarstufe I? Am wichtigsten ist für mich die Landeskunde, dannmachen wir natürlich viel Wortschatz und Alltags-texte, vor allem gesprochene Texte, also Dialoge inder Klasse. Auch Lieder und E-Mail-Projekte, obwohldie Projekte oft viel Zeit kosten. Zum Thema Litera-tur haben wir jetzt ein Theaterprojekt durchgeführt„Das böse Rotkäppchen”.

Welche dieser Inhalte zielen auch auf diePrüfung? Vor allem die Alltagstexte und Dialogübungen zuverschiedenen Themenfeldern.

Wie bereiten Sie auf die Prüfung vor?Strukturen sind in den Unterricht integriert. Für die Schüler, die sich zur Prüfung eingeschriebenhaben, biete ich am Nachmittag etwa 18 StundenVorbereitung an.

Wie viele nehmen an der Prüfung teil? Ich habe 60 Deutschschülerinnen, davon machenjetzt 20 die Prüfung „Fit in Deutsch 2“. Die anderenmachen größtenteils die Englischprüfung (PET), einige sind im Fremdsprachenunterricht sehrschwach und wollen gar keine Prüfung machen.

Wer bezahlt die Prüfungsgebühren? Die Eltern müssen die Prüfung bezahlen.

Wie alt sind die Prüfungskandidatinnen?Sie sind im letzten Jahr der Scuola Media, also 13 oder 14 Jahre alt.

Wie reagieren die Schülerinnen? Haben sie Angst? Ja, natürlich haben sie Angst, auch die Eltern be-fürchten, dass die Resultate vielleicht nicht so gutsein könnten. Aber die Prüfung selbst finden siedann immer alle ganz angenehm, unterhaltsam.

Wie ist die Reaktion, wenn das Ergebnisder Prüfung negativ ist? Eine nichtbestandene Prüfung haben wir noch nichtgehabt, ich hoffe, dass das auch nicht passiert. Imersten Jahr habe ich nur die Besten zur Prüfunggeschickt, aber jetzt wollen immer mehr Kinder teil-nehmen, weil sie eine offizielle Anerkennung ihrerLeistung wollen.

Entspricht die Prüfungsnote im Allgemei-nen Ihrer Einschätzung im Unterricht? Meistens ist das Resultat der Prüfung so, wie ich erwar-tet hatte. Ich sage das auch immer den Eltern, damitsie sich weniger Sorgen machen. Für mich ist esauch wichtig, dass meine Beurteilung bestätigt wird.

Wie läuft die Prüfung ab? Haben Sie zumPrüfungsablauf Verbesserungsvorschläge? Wir gehen zur Prüfung ins Goethe-Institut und dasfinden die Schülerinnen schon sehr interessant. AmVormittag ist die schriftliche Prüfung und nach derMittagspause die mündliche, machmal müssen wirein bisschen warten, aber die Kinder finden das meistens ganz spannend. Das einzige, worüber dieKandidatInnen immer jammern, ist die Qualität derHörkassetten. Den Prüfungsteil Hören finden sie allesehr schwer – obwohl sie dann meistens doch rechtgute Ergebnisse haben.

Finden Sie, dass die externe Zertifizierungeinen Einfluss auf den Deutschunterrichthat? Wenn ja, was finden Sie dabei amwichtigsten? Ja, auf jeden Fall hat sich der Unterricht verändert:Wir legen jetzt viel mehr Wert auf die mündlicheInteraktion. Auch die Unterrichtsmethodik ist anders,wir sprechen und spielen viel mehr. In den neuenLehrwerken sind Vorschläge, wie man kleine Projek-te in den Unterricht integriert, damit die Schülerin-nen selbst etwas tun können.

Interview mit der Deutschlehrerin Caterina Buttitta, Mailand

Interview mit der Deutschlehrerin Grazia Zagariello, Bari

Wie hat sich die Einführung der externenZertifizierung auf den Unterricht ausgewirkt? Sie hat dazu beigetragen, die Lernziele besser zudefinieren und Aktivitäten einzusetzen, die die Prüfungen trainieren. Auch Fertigkeiten, die frühereher vernachlässigt waren, wie z.B. das Hörverste-hen, werden berücksichtigt, weil sie in der Prüfungvorkommen. Meiner Meinung nach hat die externeZertifizierung besonders geholfen, alle Fertigkeitenintegriert zu üben und zu evaluieren. Nicht zu ver-gessen ist die gesteigerte Motivation der Schüler-innen und Schüler im Unterricht.

Wie bereiten Sie die Schüler auf die Prüfung vor? Die ganze curriculare Planung ist auf die externe

Zertifizierung ausgerichtet. Auch die meisten Lehr-werke enthalten Übungen, die sich am Referenzrah-men orientieren und auf die Prüfung vorbereiten. ImUnterricht werden Aufgaben geübt, die die Schülerfördern, bestimmte Strategien zur Bewältigung desLernstoffs anzuwenden.

Wie viel Zeit verwenden Sie dafür? Zur Vorbereitung auf die Prüfung bietet die SchuleSonderkurse von 20 bis 30 Stunden an, die vonMuttersprachlern gehalten werden. Daran nehmennur die Schüler teil, die die Prüfung ablegen möch-ten und die Modellsätze werden intensiv geübt.

Wann und wo legen die Schüler die Prüfung ab?

Die Schüler legen die Prüfungen im April bzw. Maian der ACIT Bari (A.d.R.: Lizenznehmer) ab.

Wie ist die Reaktion auf die Ergebnisse? Meine Schüler waren nie enttäuscht, weil ihre Er-gebnisse sehr ähnlich wie die Ergebnisse der Modell-sätze waren, die sie im Unterricht geübt hatten.

Welche Bekanntheit hat das Zeugnis in Italien? Meiner Meinung nach ist das Zeugnis in Italien sehrbekannt. Ich möchte noch dazu sagen, dass dieexterne Zertifizierung auch für mich als Lehrerin sehrwichtig ist, weil ich dadurch eine zusätzliche Rück-meldung für die Bewertung, die ich in der Klassevornehme, bekomme.

deutschsprachigen Kontext eingebettet. Das giltgleichermaßen für die schriftliche Textproduktion,die bereits auf niedrigster Stufe mit Aufgaben sti-muliert wird, die der Lebenswelt der Schüler ent-sprechen (siehe Kasten auf S. 44).

Kolleginnen und Kollegen an den öffentlichenSchulen in Italien haben uns in den letzten Jahrenbestätigt, dass die Teilnahme an der externen Zer-tifizierung den Fremdsprachenunterricht in erstaun-lichem Ausmaß verändert und intensiviert hat: � Echter Austausch in der Zielsprache realisiert

sich in E-Mail-Projekten, Klassenpartnerschaf-ten, Schüleraustausch-Projekten.

� Das Interesse an Informationen über das Land,dessen Sprache die Schülerinnen und Schülerlernen, manifestiert sich in Internetrecherchen,Wandzeitungen, Filmprojekten.

� Die Erfahrung, dass Lernfortschritte objektivier-bar sind, führt zu einer bewussten Beobachtungdes eigenen Lernverhaltens. Viele Schülerinnenund Schüler waren erst nach der Prüfung dazubereit, sich mit den Kann-Beschreibungen, diesie in ihren Lehrwerken nach jedem Kapitel finden, ernsthaft zu beschäftigen.

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7. Prüfungen als MotivationsfaktorWas können also international akkreditierte Prü-fungen für den Deutschunterricht an Schulenbewirken? Prüfungen für Jugendliche haben grund-sätzlich eine andere Funktion als Prüfungen fürErwachsene. Studierende oder bereits Beschäftig-te sind an einem Sprachdiplom auf der NiveaustufeB 1 interessiert, weil sie damit ein konkretes Ziel ver-folgen: Sie bekommen an der Universität für dieSprachprüfung Kreditpunkte anerkannt oder brau-chen die Prüfung für eine Bewerbung bei einer in-ternationalen Firma. Für Jugendliche in der Schulesteht an erster Stelle die Anerkennung ihrer Leis-

tung. Die erfolgreich abgelegte Sprachprüfung ist eine Belohnung für Monate oder gar Jahre desLernens. Es ist ihnen wichtig, eine offizielle Beschei-nigung über ihre Lernerfolge zu bekommen. Undzwar von einer Institution aus dem Land, dessenSprache sie gerade gelernt haben. Und noch wich-tiger ist die Erfahrung: „Ich kann in dieser fremdenSprache kommunizieren!“

Die externe Zertifizierung in den öffentlichenSchulen in Italien hat in ihrer Dynamik die Erwar-tung der Initiatoren weit übertroffen. Es hat sichgezeigt, dass gerade die Prüfungen auf den Niveau-stufen A1 und A2 eine starke Motivierung bewirken.Die Zahl der Prüfungsteilnehmerinnen und -teil-nehmer hat sich in den ersten Jahren vervierfachtund ist auch weiterhin steigend, obwohl inzwischendie finanzielle Förderung durch die Regierung entfällt, was bedeutet, dass die Prüfungsgebühren von den Eltern oder der Schule getragen werdenmüssen. Der Erfolg der Prüfungen für Jugendlichewiderspricht dem gemeinhin negativen Image vonSprachprüfungen eindeutig. Transparenz bei derPrüfungsabwicklung und Realitätsnähe der Inhaltespielen dabei eine nicht unerhebliche Rolle. Fassenwir noch einmal die Vorteile international akkredi-tierter Prüfungen für den Deutschunterricht anSchulen zusammen.International akkreditierte Prüfungen im Deutsch-unterricht an Schulen � machen sprachliche Qualifikationen objekti-

vierbar; dieses Ziel ist wichtig für den Vergleichüber die einzelne Schule hinaus.

� stellen die Leistungen der Lernenden in eininternationales System von allgemein aner-kannten Niveaustufen und schaffen damit inerster Linie Transparenz. Dieses Ziel ist wichtig,wenn sich ein Schüler beispielsweise außerhalbItaliens bewirbt, was bei der immer mobilerwerdenden Gesellschaft zunehmend an Bedeu-tung gewinnt.

� helfen den Schulen und den Lernenden, das zuerreichende Ziel zu beschreiben;

� helfen den Lehrenden, Lernziele zu definierenund den Lernprozess zu strukturieren;

� ermutigen zu lebenslangem Lernen.

Die Prüfungen Fit in Deutsch 1 und Fit in Deutsch 2:Goethe-Institut (Hrsg.) 2001/2004: Fit in Deutsch. Deutschprüfungen für

Jugendliche. München.• Handbuch Fit 1 Prüfungsziele, Testbeschreibung.• Handbuch Fit 2 Prüfungsziele, Testbeschreibung.• Übungssatz mit Hörkassette/CD 01 zu Fit 1• Übungssatz mit Hörkassette/CD 01 zu Fit 2• Modellsatz mit Hörkassette/CD zu Fit 1• Modellsatz mit Hörkassette/CD zu Fit 2• Trainingsmaterial für Prüfende Fit 1 und Fit 2: Video mit BegleitbuchBezugsadresse: Goethe-Institut Bestellungen, Postfach 19 04 19, D-80604

München.

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Fit in Deutsch 1:Prüfungsteil Schreiben

Fit in Deutsch 2: Prüfungsteil Schreiben

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