F a c h a r t i k e l Analog, digital oder beides? · Ob Analog- oder Digital Oszilloskop, beide...

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Analog, digital oder beides? Fachartikel

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Analog, digital oder beides?

F a c h a r t i k e l

Der vorliegende Artikel richtet sich an Anwender und New comer gleichermassen. Besonders, wer das Oszillos kop nicht stän-dig im Einsatz hat, erhält eine wertvolle Orien tie rungshilfe. Ob Analog- oder Digital Oszilloskop, bei de haben ihre spezifischen Vor- und Nachteile. Ziel der nach folgenden Ausführungen ist es, ein realistisches Bild vom momentanen Stand der Technik aufzu-zeigen. Nach der Lektüre soll es dem Leser möglich sein, das für seine An wendungen am besten geeignete Oszil loskop auszuwählen.

Vielseitiges MessgerätDas Oszilloskop ist das vielseitigste Mess-gerät! Mit ihm lassen sich Span nungen, Zeiten, Frequenzen und Tast ver hält nisse «auf einen Blick» bestimmen. Das Mess-ras ter und der Cursor ermöglichen Mes-sun gen an ausgewählten Signal ab schnitten (Überschwingen, Frequenzen von Ein-schwin g vorgängen, Anstiegszeiten von Im pulsen, Jittern usw.). Zudem er mög licht

die Visualisierung die Beur tei lung von Stör-ab ständen durch Rauschen, Überlagerungen oder Netzfrequenzein streuungen.Digital-Multimeter und -Zähler bieten zwar eine höhere Mess genauigkeit, aber keine optische Real-Time-Dar stel lung des Mess-signals. Bei der Messung von Signalen mit Fre quenzgemischen sind daher Fehl mes-sungen leicht die Fol ge, da der Anwen der quasi «blind» messen muss. Die Dar stellung des zu messenden Signals ist der entscheiden de Vorteil eines Oszil-loskops. Dieser Vorteil ist um so grösser, je originalgetreuer das gemessene Signal angezeigt wird!

Kriterium AuflösungDas Analogoszilloskop ermöglicht eine unterbrechungsfreie Darstellung des Mess signals, gleichgültig, ob der Elek-tronen strahl in vertikaler, horizontaler oder gleich zeitig in beide Richtungen abgelenkt wird. Beim Digital Os zillos kop ist dies nicht der Fall. Hier werden nur einzelne Punkte erfasst. In vertikaler Richtung können bei-spielsweise mit 8 Bit auflösenden AD- Wandlern nur 25 Punkte pro Rasterteilung (Division) dargestellt werden.Die Horizontalauflösung wird bei Digital-oszilloskopen durch die physikalischen Eigenschaften der Anzeige be stimmt. Digi-taloszilloskope mit LCD-Anzeige stellen nur 25 Abtastpunkte pro Division in X-Richtung dar. Wird statt einer LCD-Anzeige eine im VGA-Modus betriebene

Analog, digital oder beides?

Analog- oder Digital-Oszilloskop. Welches zeigt die Wahrheit?

Seit kurzer Zeit ist immer wieder zu lesen, dass Analog-Oszilloskope durch Digital-Oszilloskope abgelöst worden seien. Diese Aus sage ist mit Vorsicht zu geniessen. In den Statistiken werden hohe Wachstumsraten von digitalen Speicheroszilloskopen genannt, ohne dabei zu erwähnen, dass darin zum Beispiel auch sämtliche verkauften »Com-biscopes» (das heisst, Geräte, die analog und digital arbeiten) enthalten sind.

Analog/Digital-Oszilloskop mit2 x 150 MHz und 200 MSample/s.

Oft ist ein gemischtes analog/digi-tales Oszilloskop die beste Wahl!

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Mo ni tor röhre eingesetzt, erhöht sich die X-Auflösung auf 50 Punkte/Division. Im Falle der LCD-Anzeige können somit nur 250 Abtastpunkte über das gesamte Raster dargestellt werden. Im Gegensatz zur LCD-Anzeige bietet die Elektro nenstrahlröhre die höchste Auflö sung; hier ist die Auf -lösung quasi unendlich.

SpeicherkapazitätAufgrund der begrenzten Speicher kapa-zität bei Di gital o szillos kopen ergibt sich ein weiteres Problem. Um den in teres sie-ren den Signalabschnitt vollständig erfas-

sen zu können, muss in vielen Fällen die Zeit basis verlangsamt und damit die Abtast rate verringert werden. Da durch werden höherfrequente Signal anteile (z. B. Stör im pul se) entweder gar nicht oder mit zu wenig Ab tast punkten erfasst. Auch der Versuch, diesen Nachteil durch eine Min-/ Max-Funktion zu beseitigen, ist nicht hilf-reich, da dadurch das schlechte Signal-/ Rausch Verhältnis des AD-Wandlers sicht-bar wird. In der Tabelle 1 sind die wich-tigsten Kriterien der Anzeigen ge gen übergestellt.

Vergleich 1Problem der stufigenDarstellung und des JittersDie beschränkte Auflösungsmöglichkeit des LC-Displays bei Digitaloszilloskopen führt zu einer stufigen Darstellung des Signals. Dabei kann der Eindruck entstehen, dass dem ur sprünglichen Signal ein oder mehrere Sig-

Bild 1CDarstellung Analogoszilloskop mit CRT-Schirm. Signal: 1z Rechteck, Oszilloskop-Einstellung: Y-Ablen-kung 10 mV/cm, X-Ablenkung 5 ns/cm. Einwandfreies Rechteck signal.

Bild 1DDigitaloszilloskop mit LC-Anzeige, Signal und Einstellungen entspre-chend 1C. Rechtecksignal (jitternd).

Tabelle 1 Vergleich LCD-Anzeige

mit Strahlröhre

Bild 1ADarstellung auf Analogoszilloskop mit CRT-Schirm. Signal: 430 Hz Sinus, Oszilloskop-Einstellung: Y-Ab len-kung 100 mV/cm, X-Ablen kung: 10ms/cm. Ein wand-freies Sinussignal.

Bild 1BDigitaloszilloskop mit LC-Anzeige, gleiches Signal und Oszilloskop ein stellungen wie 1A. Stufige Darstel lung täuscht übergelagerte Signale vor (= perzeptorisches Aliasing).

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Anzeige-Kriterien Digitaloszilloskop Analogoszilloskop mit LCD-Anzeige mit Strahlröhre

Auflösung in X-Richtung: 250 Punkte quasi unendlich in Y-Richtung: 250 PunkteAktualisierungsgeschwindigkeit gering–mittel EchtzeitHelligkeitsmodulation nicht vorhanden vorhandenBlickwinkel/Ablesbarkeit eingeschränkt kleiner 180°

nale überlagert werden. Dieser Effekt ist in Bild 1B festgehalten (siehe auch Vergleich 4 «Aliasing»). Bedingt durch die geringe Auf -lösung mit der punktweisen Aufnahme kann z.B. auch der Eindruck erweckt werden, als würde eine Kurve stark jittern (= wackeln). Dieser Sachverhalt ist in den Bildern 1C und 1D festgehalten.

Vergleich 2Problem der Interpolationund Amplituden schwankungen Mit einem 1-GS/s-Wandler wird zum Beispiel im Abstand von 1 ns gewandelt. In der Zeit-basis stel lung 5 ns/div. wer den also 5 Analog-werte pro Division erfasst und digitalisiert. Die zu 25 Punkten pro Division fehlenden 20 Werte werden interpoliert. Das Ergebnis der Interpolation hängt davon ab, an welcher Stelle das Signal abgetastet wurde.

Durch die rechnerische Aufbereitung wird die Kurve verzerrt. Das Signal sieht so stark de for miert aus oder weist nicht vorhandene Am plitudenschwankungen auf (Bild 2B).Eine lineare Interpolation liefert gute Ergeb-nisse, wenn die Zahl der Abtast punkte etwa zehn pro Periode beträgt oder mehr als drei Abtastpunkte in einer Flanke zur Ver fügung stehen. Polynome höherer Ordnung führen

bei den Vor aus setzungen des Abtast theo-rems meist zu Überschwingen bei Recht ecksignalen.

Vergleich 3Problem des Rauschensbei reinen Di gi tal oszilloskopenAus den Bildern 3A und 3B lässt sich ein wesentliches Pro blem von Digitalos zil los-kopen erkennen. Der Pegel des Rauschens ist bei den Digitaloszilloskopen mit Ana log-zwischenspeicher (Abtastrate grösser 500 MS/s) sehr hoch. Bei Analog oszilloskopen

kann das Eigen rauschen praktisch vernach-lässigt werden.Das Eigenrauschen beim Digitaloszilloskop wird nicht nur vom Messverstärkereingang bestimmt, sondern zusätzlich von dem für die Digitalisierung verwendeten Prinzip. Der eingebaute AD-Wandler ist bei der Beur-teilung ein sehr wichtiger Punkt, da er das Signal durch Rauschen und Nicht linearitäten

Bild 2ADarstellung Analogoszilloskop mit

CRT-Schirm. Signal: 100 MHz Sinus, Oszilloskop-Einstellung: Y- Ab len-

kung: 100 mV/cm, X-Ablen kung: 5 ns/cm. Einwandfreies Sin ussignal.

Bild 2BDigitaloszilloskop mit LCD, Para-

meter wie bei 2A. Durch Interpo la-tion verfälschtes Signal.

Bild 3AAnalogoszilloskop mit CRT-Schirm. Signal: 20 Hz Si nus, Oszilloskop-Einstellung: Y-Ablenkung: 2 mV/cm, X-Ab lenkung: 10 ms/cm. Rauschfreies Signal.

Bild 3BDigitaloszilloskop mit LC-Anzeige, gleiche Vor aus set-zungen wie bei 3A. Verrauschtes Signal (Min/Max-Dar stel lung).

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stark verfälschen kann. Man kann zwei grundsätzliche Prinzipien unterscheiden:Die Digitalisierung erfolgt direkt mit einem schnellen Flash-AD-Wandler, oder das Messsignal wird zuerst analog zwischenge-speichert und anschliessend mit einem relativ langsamen AD-Wandler digitalisiert. Vor allem die analoge Zwischen speicherung in CCD-Zei len oder -Arrays erzeugt zusätz-liche Störpegel, die sich zum ohnehin vor-handenen Quantisierungs rauschen des AD-Wandlers addieren.

Kleine Signale messenBesonders problematisch wird es bei Digitaloszillos ko pen, wenn man Signale mit kleiner Amplitude messen will. Das starke Rauschen bedingt hier eine weitere Ver-schlechterung des Signal-/Rausch-Ver-hältnisses. Um Kosten zu sparen, wer den bei Digitaloszilloskopen hohe Y-Ein gangs-em pfind lich keiten oftmals nur durch eine Soft waredehnung realisiert. In diesem Fall

werden die Signaldaten rechnerisch mit einem festen Faktor multipliziert. Dabei wird das Rau schen ebenfalls multipliziert und das Problem zusätzlich ver schärft.Um dies zu kaschieren, zeigt man bei auf Ground geschaltetem Eingang eine rausch-freie, rechnerisch erzeugte Li nie. Sie ent-spricht der Y-Positionseinstellung.Bei offenen, aber abgeschirmten Eingängen wird das starke Rauschen besonders gut sichtbar. Dieser Sachverhalt wird durch die Bilder 3C und 3D dargestellt.

Man wird sich wahrscheinlich irgendeinmal fragen: «Woher weiss ich, was rauscht? Meine Schaltung? Mein Oszilloskop? Oder beides zusammen?» Hier wird oftmals als Lösung der «Average»-(Mittelwert-)Modus angeboten. Durch ihn wird die Signal dar-stellung rauschärmer, je grösser die Zahl der Messungen ist, aus denen der Mittel-wert gebildet wird. Allerdings wird ein aus der Sig nal quelle stammendes Rauschen ebenfalls mitgeglättet, und so kann es pas-sieren, dass eine stark verrauschte Quelle den Eindruck erweckt, rauschfrei zu sein!

Vergleich 4Problem des Aliasing Der Begriff «Aliasing» kommt aus dem Englischen und be deu tet soviel wie «Infor-mationsverfremdung». Dadurch kann eine Signaldarstellung erfolgen, bei der die Form, Fre quenz und/oder Amplitude falsch dargestellt werden (Bild 4B).Man unterscheidet zwischen zwei verschie-denen Aliasing-Arten: Dem tatsächlichen Aliasing und dem perzeptorischen Aliasing (siehe Bild 1B). Das tatsächliche Aliasing tritt bei Unterabtastung auf, das heisst, wenn ein Signal we niger häufig abgetastet wird, als es nötig wäre.

Das Abtasttheorem setzt ein bandbe-grenztes Signal voraus und besagt nur, dass ein reines Sinussignal mit min des tens 2 Abtas tungen pro Periode erfasst werden muss, um es fehlerfrei rekonstruieren zu können. Mit weniger als 2 Abtastungen pro Periode (Unterab tastung) erfasste Sig na le werden in bezug auf ihre Frequenz falsch darg stellt. Ta tsächlich wird für die unver-fälschte Dar stellung mit einem Oszilloskop eine we sentlich höhere Zahl von Ab tas tung-en pro Periode benötigt.Die besondere Gefahr des tatsächlichen

Bild 3CDarstellung auf Analogoszilloskop mit CRT Schirm. Kein Signal, Oszilloskop-Einstellung: Y Ab len kung: 2 mV/cm, X-Ablenkung: 50 ms/cm. Rauschfreie Nul linie.

Bild 3DBedingungen siehe 3C. Nulllinie auf Digitaloszilloskop (Min/Max-Darstellung).

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Aliasing besteht darin, dass man sein Auf-treten oft nicht bemerkt und sich beim Messen auf der richtigen Seite wähnt.

Perzeptorisches AliasingDas perzeptorische Aliasing ist eine Art optische Täu schung. Vergleiche hierzu «Ver-gleich1» und Bild 1B.Aliasing ist beim Analogoszilloskopen grund-sätzlich nicht mög lich.

Vergleich 5Komplexe SignaleUm den interessierenden Signalabschnitt vollständig er fassen zu können, muss in vie-len Fällen die Zeitbasis ver langsamt und damit die Abtastrate verringert werden. Da durch werden höherfrequente Signal-anteile (z. B. Stör im pulse) entweder gar nicht oder mit zu wenig Ab tast punk ten erfasst (Bild 5A, 5B).Komplexe Signale sind zum Beispiel Trä ger-signale, Videosignale usw. Hier können die Phase, Frequenz oder Am plitude moduliert

sein. In den Bildern 5C und 5D wird ein Video-signal gezeigt, das aus mehreren Anteilen mit un ter schiedlicher Amplitude und Fre-quenz besteht.Helligkeitsunterschiede, die zur Schreib-geschwindigkeit umgekehrt proportional sind (und eine unendliche Auf lö sung), lie-

Bild 4ADarstellung Analogoszilloskop mit CRT-Schirm. Signal: 1 MHz Sinus, 1 kHz AM 50 %, Oszilloskop Ein-stellung: Y-Ablenkung: 200 mV/cm, X-Ablen kung: 500 µs/cm. Resultat: 1-kHz-AM-Signal.

Bild 4BDigitaloszilloskop mit LC-Anzeige. 1-kHz-AM Sig nal (vgl. 4A) durch Aliasing verfälscht.

Bild 5ADarstellung mit Analogoszilloskop mit CRT Schirm. Signal: Burst-Signal, Oszilloskop-Einstellung: Y Ab lenkung: 500 mV/cm, X-Ablenkung: 10 ms/cm. Gut be ur teilbares Burst-Signal.

Bild 5BDigitaloszilloskop mit LCD, Signalparameter siehe 5A. Burst-Signal wird verfälscht dargestellt.

Bild 5CDarstellung Analogoszilloskop mit CRT-Schirm. Signal: FBAS (Videosignal), Oszilloskop-Einstellung: Y-Ablen kung: 200 mV/cm, X-Ablenkung: 10 µs/cm. Resultat: un verfälschtes FBAS-Signal.

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fern beim Analogoszilloskop ein einwand-freies Bild. Hier kann das Signal (Farbinfor-mation usw.) richtig in terpretiert werden. Beim Digitaloszilloskop (Bild 5D) wird ein grosser Teil der Informationen nicht ange-zeigt. (rb)

Pro und Kontra

Wie im vorliegenden Artikel gezeigt wird, sind für viele An wen dungen Analog oszil-loskope nach wie vor unersetzlich. Das Digitaloszilloskop hat seine Vorteile bei der Mes sung von Signalen mit geringer Repetier rate bzw. bei ein malig auftre-tenden Signalen. Ein weiteres Plus sind die viel fältigen Triggermöglichkeiten und die Darstellung der Vor geschichte von Sig nalen mit dem Pre-Trigger. Höher-wer tige Geräte erlauben mit einem Post-Trigger auch die Auf zeichnung der nach-folgenden Ergeb nisse. Die Do ku men ta-tion via PC gestaltet sich bei einem Di gital oszillos kop wesentlich einfacher als bei einem reinen Analog oszilloskop (Polaroid-Kamera). Für gewisse An wen-dung en sind jedoch Ana log oszil loskope nach wie vor unentbe hr lich. Diese Geräte zeigen die beste Sig naldarstellung in be zug auf die Ampl i tu den auflösung und Signaltreue. Auf grund der sehr guten Aktualisie rungs geschwin digkeit wird eine Änderung sofort angezeigt. Um dieses Ergebnis bei Digital oszilloskopen zu erreichen, helfen bisher auch die raffi-niertesten, mathematischen Kniffe und Hard ware tricks – die in der Signalrekon-struktion unternommen wer den – nicht aus. Daher wird ein kombiniertes Ana log /Di gi tal-Oszilloskop hinsichtlich seiner universellen An wend bar keit oftmals die optimale Lösung sein.

Bild 5DDigitaloszilloskop mit LC-Anzeige, Signal wie 5C. FBAS-Signal mit Informationsverlust.

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