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Farba t- an ten Es ist eine besondere Kunst, aile Farben so aufzufOhren, dass entwederdie physikalischen Verhaltnisse oder die menschlichenFarbempfindungen getreu wiedergegeben werden - oder im Idealfall beides. er Druck zum Beispiel dieser :- die Fiirbung yon Gar- nell, die Lackierung yon Autoka- rosserienocteT die Qualitatskontrolle yon Tafelobst - wo imrner man sich prazise tibeTFarben yerstiindigen muss, entsteht dasBedtirfnis, aIle tiberhauptwahrnehm- baren Farben in eine systematische An- ordnung zu bringen. Eine solche Anord- flung ist dann besonders instruktiy, wenn jeder Farbe ein Punkt in einem - eigens konstruierten - abstrakten Raum ent- spricht und iihnliche Farbennahe beiein- ander liegen. Diesen Raum gilt es in ei- neT Serle yon "Landkarten" wiederzuge- hen: eben einem Farbatlas. Es ist zunachst nicht selbstyerstiind- lich, sondem ein Ergebnis der Wahr- nehmungspsychologie,dass fur ei- nen solchen Farbatlas drei Dimen- sionen ausreichen: Jedetiberhaupt mogliche Farbe lasst sich dUTCh drei zahlenmaBige Attribute be- schreiben. Aus dieser "Dimen- sionsthatsache", wie Her- mann yon Helmholtz (1821- 1894) es nannte, folgt ins- besondere, was die MaIer schon seit Jahrhunderten wissen: Nahezu aIle Farben sind aus drei geeignet gewahlten "Primarfarben" zu- sammenmischbar. ~ ~ s 22 YONHANS IRTEL Welches sind die Eigenschaften, nach denen man die Farben systema- tisch anordnen konnte? In der Um- gangssprachecharakterisieren WiT Far- bell auBerdUTCh ihre Namen auch dUTCh ihre Helligkeit (helles octeT dunkles Griin) und ihre Sattigung (blasses octeT kriiftiges, "sattes" Blau). Ordnet man die Farben selbst entlang einer Skala namens "Farbton", so ergeben sich ins- gesamt drei Dimensionen ftir einen Far- batlas, der vorrangig auf den wahrge- nomrnenen Eigenschaften der Farben basiert. Der amerikanischeMaler Albert H. Munsell (1858-1918) hat als Erster einen solchen Farbatlas entwickelt. Mo- deme Varianten benutzen die Bezeich- flung HSB wie hue, saturation, brightness (Farbton, Sattigung und Helligkeit). Eine andereMoglichkeit, Far- bell zu klassifizieren, geht van den physikalischen Eigenschaften des Lichtes aus. Isaac Newton (1643-1727) hatte gegen Ende des 17. Iahrhunderts erkannt, dass weiBes Licht aus Strah- lung unterschiedlicher "Brechbarkeit" zusammengesetzt ist und dass sich durch Uberlagerung yon Lichtem unter- schiedlicher Farbe neue Farbtone erge- hen. Auf den Prinzipien dieser additiyen Farbenmischung basiert eine zweite Gruppe yon Farbatlanten, darunter die Normfarbtafel der Intemationalen Be- leuchtungskommission (Commission in- ternationale de l'eclairage, CIE), die auch Grundlage des DIN-Normfarbsys- terns ist. Physikalische Prinzipien oder Farbempfindung als Grundlage? Eine dritte Gruppe yon Farbsystemen baut auf empfindungsmiiBigen Bezie- hungen yon Farben untereinander auf. Ihr Ausgangspunktist die Beobachtung, dass wir die Farbtone Rot, Griin, Blau und Gelb als reine Farbenempfinden,die keine anderen Farbtone enthalten, wah- rend tins etwa Orange sowohl Gelb als auch Rot zu enthalten scheint. Dariiber hinaus sind Rot/Griin und Blau/Gelb Ge- gensatzpaare in dem Sinne, dassniemals beide Farben aus einem Paar gleichzei- tig in einer Farbe enthalten sind. Es gibt zwar gelbliches Rot, aberkein gelbliches Blau und kein griinliches Rot. Diese Be- ziehungen bilden heute die Grundlage des schwedischen "Natural Color Sy- stem" (NCS). Wie passen die physikalische Klassi- fizierung einerseits und die empfin- dungsgemiiBe andererseits zusammen? Das im Auge absorbierte Licht besteht aus elektromagnetischer Strahlung mit Wellenliingen zwischen 380 und 740 Na- nometer.Das Spektrum eines Lichtes ist die Funktion, die zu jeder Wellenliinge angibt, wie stark die Strahlung dieser Wellenliinge im Gemisch yertreten ist. Die spektrale Zusammensetzung be- stimmt die Farbe, mit der wir ein Licht wahrnehmen. Die Farbenpyramide von Johann Heinrich lambert (1772) demonstriert als eines der ersten Farbord- nungssysteme die Not- wendigkeit der Anord- nung von Farben im Raum. Die einzelnen Farbproben wurden durch Mischung farbiger Wachse in ganzzahlig abgestuften Anteilen hergestellt SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT. SPEZIAL: FARBEN

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Fa rba t- an tenEs ist eine besondere Kunst, aile Farben so aufzufOhren, dass entweder die

physikalischen Verhaltnisse oder die menschlichen Farbempfindungen getreuwiedergegeben werden - oder im Idealfall beides.

er Druck zum Beispiel dieser:- die Fiirbung yon Gar-

nell, die Lackierung yon Autoka-rosserien octeT die Qualitatskontrolle yonTafelobst - wo imrner man sich prazisetibeT Farben yerstiindigen muss, entstehtdas Bedtirfnis, aIle tiberhaupt wahrnehm-baren Farben in eine systematische An-ordnung zu bringen. Eine solche Anord-flung ist dann besonders instruktiy, wennjeder Farbe ein Punkt in einem - eigenskonstruierten - abstrakten Raum ent-spricht und iihnliche Farben nahe beiein-ander liegen. Diesen Raum gilt es in ei-neT Serle yon "Landkarten" wiederzuge-hen: eben einem Farbatlas.

Es ist zunachst nicht selbstyerstiind-lich, sondem ein Ergebnis der Wahr-nehmungspsychologie, dass fur ei-nen solchen Farbatlas drei Dimen-sionen ausreichen: Jede tiberhauptmogliche Farbe lasst sich dUTChdrei zahlenmaBige Attribute be-schreiben. Aus dieser "Dimen-sionsthatsache", wie Her-mann yon Helmholtz (1821-1894) es nannte, folgt ins-besondere, was die MaIerschon seit Jahrhundertenwissen: Nahezu aIleFarben sind aus dreigeeignet gewahlten"Primarfarben" zu-sammenmischbar.

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YON HANS IRTEL

Welches sind die Eigenschaften,nach denen man die Farben systema-tisch anordnen konnte? In der Um-gangssprache charakterisieren WiT Far-bell auBer dUTCh ihre Namen auch dUTChihre Helligkeit (helles octeT dunklesGriin) und ihre Sattigung (blasses octeTkriiftiges, "sattes" Blau). Ordnet mandie Farben selbst entlang einer Skalanamens "Farbton", so ergeben sich ins-gesamt drei Dimensionen ftir einen Far-batlas, der vorrangig auf den wahrge-nomrnenen Eigenschaften der Farbenbasiert. Der amerikanische Maler AlbertH. Munsell (1858-1918) hat als Erstereinen solchen Farbatlas entwickelt. Mo-deme Varianten benutzen die Bezeich-

flung HSB wie hue, saturation,brightness (Farbton, Sattigung undHelligkeit).

Eine andere Moglichkeit, Far-bell zu klassifizieren, geht van

den physikalischen Eigenschaften desLichtes aus. Isaac Newton (1643-1727)hatte gegen Ende des 17. Iahrhundertserkannt, dass weiBes Licht aus Strah-lung unterschiedlicher "Brechbarkeit"zusammengesetzt ist und dass sichdurch Uberlagerung yon Lichtem unter-schiedlicher Farbe neue Farbtone erge-hen. Auf den Prinzipien dieser additiyenFarbenmischung basiert eine zweiteGruppe yon Farbatlanten, darunter dieNormfarbtafel der Intemationalen Be-leuchtungskommission (Commission in-ternationale de l'eclairage, CIE), dieauch Grundlage des DIN-Normfarbsys-terns ist.

Physikalische Prinzipien oderFarbempfindung als Grundlage?

Eine dritte Gruppe yon Farbsystemenbaut auf empfindungsmiiBigen Bezie-hungen yon Farben untereinander auf.Ihr Ausgangspunkt ist die Beobachtung,dass wir die Farbtone Rot, Griin, Blauund Gelb als reine Farben empfinden, diekeine anderen Farbtone enthalten, wah-rend tins etwa Orange sowohl Gelb alsauch Rot zu enthalten scheint. Dariiberhinaus sind Rot/Griin und Blau/Gelb Ge-gensatzpaare in dem Sinne, dass niemalsbeide Farben aus einem Paar gleichzei-tig in einer Farbe enthalten sind. Es gibtzwar gelbliches Rot, aber kein gelblichesBlau und kein griinliches Rot. Diese Be-ziehungen bilden heute die Grundlagedes schwedischen "Natural Color Sy-stem" (NCS).

Wie passen die physikalische Klassi-fizierung einerseits und die empfin-dungsgemiiBe andererseits zusammen?Das im Auge absorbierte Licht bestehtaus elektromagnetischer Strahlung mitWellenliingen zwischen 380 und 740 Na-nometer. Das Spektrum eines Lichtes istdie Funktion, die zu jeder Wellenliingeangibt, wie stark die Strahlung dieserWellenliinge im Gemisch yertreten ist.Die spektrale Zusammensetzung be-stimmt die Farbe, mit der wir ein Lichtwahrnehmen.

Die Farbenpyramide vonJohann Heinrich lambert(1772) demonstriert alseines der ersten Farbord-nungssysteme die Not-wendigkeit der Anord-nung von Farben imRaum. Die einzelnenFarbproben wurdendurch Mischungfarbiger Wachsein ganzzahligabgestuftenAnteilenhergestellt

SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT. SPEZIAL: FARBEN

Farbkreisel mitaufsteckbaren Farb-

scheiben. James ClerkMaxwell konstruiertedamit um 1850 die

erste wissenschaftlichfundierte Farbtafel.1m kleinen Bild das

Prinzip des Maxwell-schen Farbkreisels

Aber sie ist etwas sehr Komplexes.Selbst wenn wiT den Bereich aller Wel-lenlangen des sichtbaren Lichtes in Ban-der yon je 10 Nanometem Breite zerle-gen und unterstellen, es komme nUT aufdie Durchschnittswerte innerhalb einesjeden solchen Bandes an, brauchen WiTimmer noch 35 Zahlen, urn das Spek-trum eines Lichtes hinreichend genau zubeschreiben. Das sind weitaus mehr alsdie drei Zahlen, die nach der "Dimensi-onsthatsache" zur Beschreibung einerFarbwahmehmung ausreichen. Es mussalso Spektren geben, die physikalischyerschieden sind, abeT gleich aussehen.Solche Spektren nennt man "metamer".Tatsachlich gibt es zu jeder wahmehm-baren Farbe, sprich zu jedem Oft in ei-nem Farbatlas, eine sehr groBe Mengemetarnerer Spektren.

Bei farbigen Oberflachen oder Pig-menten kann dagegen tibeT MetamerienuT gesprochen werden, wenn die Be-leuchtung bekannt ist. Eine nicht selbst-leuchtende Oberflache wild dUTch einso genanntes Rernissionsspektrum be-

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000,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 Rotanteil

SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT. SPEZIAL: FARBEN

schrieben; das ist eine Funktion, die zujeder Wellenlange angibt, welcher Anteildes eingestrahlten Lichts dieser Wellen-lange reflektiert wird. Die Strahlung, diewir sehen, ist das Produkt ailS Beleuch-tung und Remission. Streng genommenfindet also bei clem, was man allgemein

"subtraktiye Farbmischung" nennt (beimMischen yon Farbstoffen oder beimUberlagern yon Filtern), keine Subtrakti-on, sondem eine Multiplikation (mitZahlen kleiner als I) statt.

Es kann nun yorkomrnen, dass zweiPigmente bei einer bestimrnten Beleuch-tung metamere Lichter reflektieren, beieiner anderen aber nicht. So konnen zweiTextilien linter Gliihlampenlicht gleich-farbig aussehen und linter Beleuchtungmit Leuchtstoffrohren yerschieden.

Newton hatte nicht nur entdeckt, dassdie Farbe des Lichts mit seiner Brechbar-keit zusamrnenhangt und dass schon dieUberlagerung yon zwei geeignet gewahl-ten farbigen Lichtstrahlen weiBes Lichtergeben kann; er hatte auch schon die"Schwerpunktregel" formuliert, nach dersich das Ergebnis einer Mischung zweierLichter so berechnen lasst wie derSchwerpunkt einer Linie, an deren En-den Gewichte angebracht sind, die derIntensitat der Lichter entsprechen.

Der weitere Fortschritt wurde durchzwei Dinge behindert: Erstens konnteman die Prismen und Linsen fiir spektra-Ie Zerlegungen noch nicht mit ausrei-chender Prazision fertigen, und zweitenswar yielen Farbforschem damals der Un-terschied zwischen der (additiyen) Mi-schung yon Licht und der (subtraktiyen)Mischung yon Farbpigmenten nicht kIar.Erst in der Mitte des 19. Jahrhundertswurde die erste Farbtafel auf der Grund- ~

Endpunktenenthiilt

Energie beiWellenlan-

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~"~~B

Ein Farbkreis nach Michel-Eugene~hevreul (hier in einer englischenUbersetzung), in dem die benachbartenFarbproben aile den gleichen Abstandhaben sollen

lage additiver Farbmischung systema-tisch konstruiert.

Die Grundlage alter derartigen Farb-systeme ist die Invarianz del Farbemp-findung gegentiber additiver Mischung:Sehen zwei Lichter unterschiedlicherspektraler Zusammensetzung gleich ausund addiert man zu beiden das gleichedritte Licht hinzu, so sehen auch die Mi-schungen gleich aus. Der MathematikerHermann GraBmann (1809-1877) er-kannte Mitte des 19. Jahrhunderts, classman wegen diesel - empirisch gefunde-lien - Invarianz mil Farben so rechnenkann wie mil Vektoren. Ein nach diesemPrinzip konstruierter Farbraum ordnetnicht nUT jedem Licht einen Farbort zu,sondem er1aubt es auch, den Farborteiner additiven Mischung aus den Farb-orten del Komponenten zu berechnen,wie Newton das bereits mil Hi1fe sei-ner Schwerpunktregel vorweggenommenhatte.

Zur Konstruktion einer Farbtafel die-seT Art gentigt es, empirisch den Farbortin del Farbtafel ftir gewisse "elementare"Lichter zu bestimmen. Die Farborte alleranderen Lichter konnen dann aus delKenntnis ihrer spektralen Zusammen-setzung mil Hilfe del Additivitat berech-net werden. Als elementare Lichter kannman mil hinreichender Genauigkeit 35"monochromatische" Lichter wiihlen,das heiBt solche, die nUT Wellenlangen injeweils einem del oben angeftihrten Ban-

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deren Koordinaten in der Farbtafel be-rechnetwerden.

Spatere Varianten verwendeten stattdes Farbkreisels optische Spektralappa-raturen zur Mischung, das Mischverfah-fen selbst ist jedoch im Wesentlichengleich geblieben.

Die additive Mischung ist die Grund-lage des van der Intemationalen Be-leuchtungskornrnission (CIE) 1931 nor-mierten Nonnfarbsystems (Bild vorigeSeite unten), das auch in die DIN-Norm5033 iibemommen wurde. Es ist heuteein in Forschung und Technik unver-zichtbares Hilfsmittel zur Kennzeich-flung der Farben van Lichtem und wirdweltweit anerkannt.

Die psychologische Aussagekraft desSystems ist allerdings begrenzt. Es eig-net sich streng genommen nur, urn fest-zustellen, ob zwei Lichter unterschiedli-chef spektraler Zusammensetzung gleichaussehen, also metamer sind, und dazuden Farbort einer Mischung van Lichtemaus den Komponenten zu berechnen. Ins-besondere ist es nicht moglich, aus clemAbstand zweier Farborte im CIE-Raumauf die Ahnlichkeit oder Unahnlichkeitder zugehorigen Farben zu schlieBenoder Farbton, Sattigung und Helligkeitauf einfache Weise aus den CIE- Wertenzu bestimmen. Das ist nicht iiberra-schend, denn bei der Konstruktion desSystems macht ein Beobachter nur Aus-sagen fiber die Gleichheit van Lichtem,nicht fiber die genannten Farbattribute.Dariiber hinaus sind diese Attribute ab-hangig van der Umgebung, in der einLicht oder eine Farboberflache dargebo-ten wird.

Aus diesem Grund wurde bereitssehr friih versucht, den CIE-Farbraum sozu verzerren, class der Abstand zweierFarborte eine Aussage fiber die Ahnlich-keit der Farben liefert. Die IntemationaleBeleuchtungskornrnission hat mehrereTransformationen dieser Art vorgeschla-gen. Vor allem in der Informationstech-nit wird das so genannte CIELAB-System sehr haufig benutzt. Es basiertauf einer nichtlinearen Transformationdes CIE-Farbraums, in die gleichzeitigdie Umgebungsbeleuchtung mit einbezo-gen wird.

Unabhangig van physikalischenUberlegungen haben zahlreiche Prakti-kef auf empirischem Wege Tafelwerke(eben "Farbatlanten") geschaffen, in de-nen die einzelnen Farbfelder so angeord-net sind, class der Unterschied zwischenbenachbarten Feldem jeweils gleich graBerscheint. Bereits 1772 schlug JohannHeinrich Lambert (1728-1777) einedreidimensionale Ordnung dieser Art vor(Bild Seite 22). Der Chemiker Michel-~

der yon 10 NanometemBreite enthalten.

Fiir die subtraktiveFarbenmischung dage-gen gilt, wie obenschon erwiihnt, keineentsprechende In-varianzeigenschaft:Wenn zwei Lichtermit verschiedenenSpektren gleich aus-sehen, und man be-trachtet beide durch

das gleiche Farbfil-ter, werden sie in der

Regel nicht wiedergleich aussehen. Sub-

traktive Mischung ist imdreidimensionalen Farb-

raum nicht darstellbar und da-her als Grundlage eines Farbsys-

terns ungeeignet.Der Erste, der systematisch versuch-

te, eine Farbtafel durch additive Mi-schung zu konstruieren, war der schotti-sche Physiker James Clerk Maxwell(1831-1879). Zum Erzeugen additiverMischungen benutzte er einen Farbkrei-sel (Bild vorige Seite oben), eine rotie-rende Scheibe, deren Sektoren aus unter-schiedlichen Farboberfliichen bestehen.Durch die Rotation wechseln die Farb-sektoren so schnell, dass im Auge aufGrund seines begrenzten zeitlichen Auf-losungsvermogens praktisch eine additi-ve Farbmischung stattfindet.

Farbempfindungen messenmit dem Maxwellschen Kreisel

Maxwells Kreisel enthalt zwei kon-zentrische Scheiben. Die auBere bestehtails drei Sektoren rnit den PrimarfarbenRot, Blau und Gron, die innere ails zweiSektoren rnit WeiB und Schwarz; dieGroBe del Sektoren ist veranderlich. Zu-erst Wild bestimmt, welche GroBe diedrei auBeren Sektoren haben mussell, da-rnit ihre Mischung genauso aussieht wieein Grau ohne irgendeinen Farbstich.Dann Wild das Verhaltnis del innerenSektoren so geandert, dass das entste-hende Grau dem del auBeren Scheibegleicht. Darnit sind sozusagen die Pri-marfarben geeicht.

Will man jetzt den Ort einer neuenFarbe im Farbraum bestimmen, so er-setzt man den Sektor rnit del Primarfar-be, die del neuen Farbe am iihnlichstenist, durch einen Sektor rnit del neuenFarbe und justiert wiederum die Sekto-fen so ein, dass innere und auBere Schei-be das gleiche Grau zeigen. Aus denunterschiedlichen Einstellungen del Sek-torgroBen rnit und ohne Testfarbe konnen

SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT. SPEZIAL: FARREN

Eugene Chevreul (1786-1889), Leiterder Gobelin-Manufaktur in Paris, entwi-ckelte urn 1830 rnehrere Farbsysterne zurKlassifikation der Farben von Garnen(Bild links).

Gleichabstandigkeit der Farbprobenist auch das wesentliche Konstruktions-ziel des yon Albert H. Munsell (1858-1918) entwickelten "Book of Colors".Munsell ging davon aus, class jede Farbedurch eine bestimmte Auspragung auf je-der der drei Dimensionen "Hue" (Farb-ton), "Value" (Helligkeit) und "Chroma"(Sattigung) beschrieben werden kann. Inseinem Farbraum (Kasten unten) verlauft

SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT. SPEZIAL: FARBEN

Blue-Green, Purple-Blue und Red-Purp-le benutzt und durch ihre Anfangsbuch-staben abgektirzt. Den Buchstaben wer-den die Positionen auf den Zehner-Unterteilungen vorangestellt: ,,5GY" istinnerhalb der 10 Einheiten des Ab-schnitts, der mit Green-Yellow bezeich-net ist, der mittlere, stellt also genau dieMitte zwischen Green und Yellow dar.

Da nicht aile Farbtone auf alIen Va-lue-Ebenen die gleiche Anzahl von er-kennbaren Sattigungsstufen enthalten,sind die Chroma- Wertebereiche fur ver-schiedene Farbtone und Helligkeitenunterschiedlich. Die Chroma- Werte sindin der Regel nur in Zweierschritten aus-gefarbt; sie reichen etwa bei mittleremGelb (5Y) und mittlerer Helligkeit (Va-lue 7) von 1 big 12, bei mittlerem Blau,~-, 'TT""'.~ ,'-",

yon unten nach oben die Value-Dimen-sion, yon innen nach auBen die Chroma-Dimension, und die Hue-Dimension ho-rizontal im Kreise. Jede Dimension ist ineine gewisse Anzah1 yon Schritten unter-teilt, wodurch sich ein System yon Git-terpunkten im Raum ergibt. Dabei solIder Abstand zwischen den Farben be-nachbarter Gitterpunkten in jeder Rich-tung ftir einen Betrachter gleich groB er-scheinen. Die Value-Dimension ist yomtiefsten Schwarz zum he11sten WeiB in 10Schritte eingeteilt, wobei jedoch nur dieWerte 1 his 8 durch Farbpigmente rea1i-sierbar sind. Die Hue-Dimension bestehtim Prinzip aus 10 Abschnitten mit je-wei1s 10 Untertei1ungen, wobei in denheute yerftigbaren Versionen nur jederftinfte der insgesamt 100 Schritte ausge-. - - .. .

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VERSTEHEN

Der Farbkreis nach Ewald Hering. Er ordnet die vier"Urfarben" Rot, Griin, Blau und Gelb entsprechend ihrer

Polaritat als Pole zweier Achsen an, die senkrecht zu-einander stehen. Die Farben dazwischen entstehen durch

additive Mischung mit den oben dargestellten Anteilender Urfarben. Diese Anordnung bildet auch die Grundlage

des modernen schwedischen Natural Color System

eignen sich Farbangaben mit Hilfe desMunsell-Systems auch zur Kennzeich-flung yon Farboberfliichen. Die Pigmenteder heute verfiigbaren Munsell-Atlantensind so gewiihlt, dass es unter natiirlichenBeleuchtungen nUT wenig Metamere gibtund dass die Gleichabstiindigkeit rei Be-leuchtungsanderungen moglichst wenigleidet. Dieses Ziel ist weitgehend er-reicht worden; nUT bei Lichtquellen mitLinienspektren gibt es erhebliche Abwei-chungen yon der Gleichabstiindigkeit.

Der wesentliche Nachteil des Mun-sell-Systems besteht darin, dass es keineeinfache Moglichkeit gibt, seine Koordi-naten in das CIE-System urnzurechnen.Es erlaubt auch keine Vorhersage der Ko-ordinaten einer Mischung aus den Koor-dinaten der Komponenten.

Das DIN-Farbsystem

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der DIN-Farben-karte wird dieFarbtonskala, dort"Buntton"nannt, inSchritte eingeteilt.AIle Farbprobeneines DIN-Bunt-tons (rnit unter-schiedlicher Hel-ligkeit und Siitti-gung) haben indern CIE-Farbsys-tern bei einer be-stimmten Stan-

Farbprobe ist definiert als der Logarith-mus aus dem Verhaltnis der beidenLeuchtdichten.

Trotz einiger konstruktionsbedingtertheoretischer Vorteile gegentiber demMunsell-System hat die DIN-Farbenkar-te Die eine vergleichbare intemationaleVerbreitung erlangt.

Systeme von

Das dritte bedeutende Konstruk-tionsprinzip ftir Farbtafeln ist der Bezugzu den Heringschen GegenfarbenpaarenRot/Griin und Blau/Gelb. Bereits derMaler Philipp Otto Runge (1777-1810)hatte zu Beginn des 19. Jahrhundertseine "Farbenkugel" entworfen (Bildrechts), welche die Beziehungen yonFarben untereinander darstellen sollte,ohne Rticksicht darauf, wie die einzel-nen Farben erzeugt seien. Runge wuss-te, dass Rot/Griin und BlauiGelb als un-vereinbare Gegenfarben wahrgenom-men werden. In den Erlauterungen zuseiner Farbenkugel schreibt er: "WieWiT tins denn ein rothliches griin, einblauliches orange, octeT ein gelblich vio-lett, so wenig vorstellen konnen, als ei-Den ostlichen West, octeT einen stidli-chen Nord."

In der praktischen Ausftihrung derFarbenkugel unterlag Runge jedochdem gleichen Fehler wie viele seinerVorganger und auch sein Briefpartner inSachen Farbenlehre, Johann Wolfgangyon Goethe (1749-1832): Das Wissen,dass Griin als Mischung gelber undblauer Pigmente erzeugt werden kann,dorninierte die Empfindung yon Griin

Eine Seite aus Wilhelm OstwaldsFarbenatlas, einem Vorlaufer derDIN-Farbenkarte. Schwarznimmt von oben nach unten zuund die Farbe (ein orangestichi-ges Gelb) von links nach rechts

SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT. SPEZIAL: FARBEN

als reiner Farbe, die weder Gelb nochBlau enthiilt. Dartiber hinaus war wahlweder Runge noch Goethe der Unter-schied zwischen additiver und subtrakti-veT Farbenmischung bewusst. So pole-misierte Goethe heftig gegen NewtonsBehauptung, WeiB sei eine Mischungaller Farben des Regenbogens, weil erbei der Mischung mehrerer Farbpig-mente immer nuT Braun oder Schwarz,jedoch niemals WeiB rand.

Der Physiologe Ewald Hering(1834-1918) hat in der zweiten Hiilftedes 19. Jahrhunderts intensiv die Gegen-farben erforscht. Er schlug VaT, dieGegenfarbenanteile in einer Farbe dUTcheine Loschungsmethode zu quantifizie-fen. Dabei wird etwa der Anteil van Rotin einem Testlicht indirekt dUTCh die In-tensiilit eines grtinen Lichtes bestimmt,das bei additiver Mischung mit dellTestlicht den Rotgehalt vollstiindigloscht. Ein wichtiges Ergebnis dieserMethode ist, dass die Gegenfarbenanteile

. SPEZIAL: FARRENWISSENSCHAFTSPEKTRUM DER

nUT zum Teil lineare Funktionen derCIE-Farbkoordinaten sind und class dieFarborte der Gegenfarben nicht unabhan-gig van der Helligkeit in der CIE-Farbta-fel angeordnet werden konnen.

Das System der Gegenfarben ist dieGrundlage des schwedischen "NaturalColor System" (NCS). In ihm sind dieFarbtone im Kreis so angeordnet, classGegenfarben einander gegentiber liegenund ihre Verbindungslinien senkrechtaufeinander stehen (Bild links). Ziel derAnordnung ist eine intuitiv moglichsteinfache Beschreibung van Farben. DieGleichabstandigkeit ist van geringererBedeutung. Auch Schwarz und WeiBwerden als Gegenfarben aufgefasst undbilden die vertikale Achse des Systems,das die Form eines Doppelkegels hat.Eine Farbe in dieses System einzuordnenist dadurch erleichtert, class ihr Farbtonim ersten Schritt in Bezug auf die leichterkennbaren Gegenfarbenanteile be-stimmt wird, womit bereits der entspre-

chende Quadrant festliegt. Danach ist zubeurteilen, ob sie naher an WeiB oder nii-her an Schwarz liegt, wodurch die Zuge-horigkeit zum oberen oder unteren Farb-kegel bestimmt ist. Etwas schwieriger istdie Zuordnung zur Siittigungsstufe, diein Bezug auf die maximale Siittigung in-nerhalb der entsprechenden horizontalenEbene zu erfolgen hat. Das NCS-Systemhat auf Grund seiner leichten Handhab-barkeit in den letzten Jahren eine groBeVerbreitung erlangt, vor allem auBerhalbder englischsprachigen Lander und Ja-pans, wo nach wie vor das Munsell-Sy-stem dominiert.

Neue Entwicklungen

Traditionelle Farbatlanten rnit ausge-farbten Proben wie das Munsell-Systemund das NCS haben vor allem fur dieArbeit rnit Farbpigmenten Bedeutung.Dies betrifft nahezu aile Bereiche indus-trieller Produktion, vor allem aber dieKunststoff-, die Textil- und die Druckin-dustrie. Abstrakte Farbsysteme wie CIE-LAB und ahnliche haben sich in denletzten Jahren insbesondere in der Infor-mationstechnologie durchgesetzt. Dabeispielen neue, higher wenig beachtete Ge-sichtspunkte eine Rolle, wie etwa die re-lative Skalierung der Achsen zueinander.Eine geschickte Wahl dieser GroBen hilftden Aufwand fur die Ubertragung yonFarbinformationen begrenzen. Ein Sys-tem wie CIELAB ist hierfur besondersgut geeignet, da es in gewissem Sinn aileder oben genannten Ziele in sich vereint.

Die neueste Entwicklung auf demGebiet der ausgefarbten Farbatlanten isteine Ausfarbung des CIELAB-Systems,die linter dem Namen RAL Design Sys-tem in Deutschland hergestellt wird. Da-rnit will man dem bewiihrten CIELAB-System die Anwendungsbereiche der tra-ditionellen Farbatlanten erschlieBen. Es

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