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Facharbeit Von: Viktor d’Heureuse Thema: Die Revolution im Iran 1979 Kurs: Geschichte GK Gymnasium Gerresheim am Poth

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Page 1: Facharbeit Geschichte GK - Gymnasium Gerresheim: … · Gymnasium Gerresheim am Poth . Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 3 2. Der Iran unter den Pahlewi 3 3. Ursachen der Revolution

Facharbeit

Von: Viktor d’Heureuse

Thema: Die Revolution im Iran 1979

Kurs: Geschichte GK

Gymnasium Gerresheim am Poth

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Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 3

2. Der Iran unter den Pahlewi 3

3. Ursachen der Revolution 5

3.1. Ungleiche ökonomischen Entwicklung und damit einher-

gehender gesellschaftlicher Wandel 6

3.2. Widerstand des Klerus gegen die „Verwestlichung“

(Säkularisierung, Abhängigkeit von den USA) und die

Religion als Mittelpunkt der Opposition 9

3.3. Mangelnder Rückhalt der Monarchie in der Bevölkerung

und persönliche Schwäche des Schah 10

3.4. Demoralisierung der Armee 11

4. Die Politisierung der Schia 12

5. Ayatollah Khomeini, Ideologie und Wirken 14

6. Schluss 16

7. Anhang 18

7.1 Ergebnisse der Landreform 1962-1971 18

7.2 Abhängigkeit der iranischen Wirtschaft und des Staates

vom Erdöl 18

7.3 Die Besitztümer des Schah 19

7.4 Zeittafel der iranischen Geschichte vom 2.Weltkrieg bis 1980 20

7.5 Machtverteilung im Iran 2004 21

7.6 Karte des Iran 22

8. Literaturverzeichnis 23

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1. Einleitung

Als Thema meiner Facharbeit habe ich die Revolution in den Jahren 1977 bis 1979 im

Iran ausgesucht. Obwohl sie schon vor über 25 Jahren stattfand, hat sie die politische

Landschaft im Nahen Osten maßgeblich verändert, da heute noch die Ereignisse von

damals auf den Iran und seine Nachbarstaaten einwirken. Die „islamische Demokratie“,

wie sie Khomeini wollte, existiert nach wie vor, ist jedoch in einem entscheidenden

Umbruch begriffen, wie man der Tagespresse entnehmen kann. Allerdings werden die

Ereignisse der Iranischen Revolution nicht im Geschichts- oder Sozialwissenschafts-

Unterricht ausführlich behandelt. Aufgrund unserer geographischen Entfernung zum

Iran sehen wir die dortigen Ereignisse natürlich aus einer gewissen Distanz, aber wir

sollten nicht vergessen, dass auch hier in Deutschland die Demokratie, in der wir leben,

erst seit 1949 gegeben ist. Deshalb sollten wir auf die Ereignisse im Iran achten. Um

mir selbst und denjenigen, die diese Facharbeit lesen, die derzeitige politische Lage im

Iran besser verständlich zu machen, habe ich dieses Thema gewählt. Im Folgenden

stelle ich Ursachen der Revolution im Iran heraus. Weiter habe ich die

Revolutionsideologie und den Werdegang Ayatollah Khomeinis dem Revolutionsführer

zusammengefasst und ziehe aus dem Geschehen ein Fazit. Die Facharbeit ist in vier

Teile zu unterteilen. Sie beginnt mit einer Zusammenfassung der Geschichte des Iran

unter der Herrschaft der beiden Pahlewi und des Verlaufs der Revolution. Es folgt eine

Analyse der Ursachen der Revolution. Weiter untersuche ich die ideologische

Grundlage der Revolution und gebe einen Überblick über Khomeinis Wirken. Als

letztes folgt dann mein Fazit mit der Zusammenfassung der Ergebnisse.

2. Der Iran unter den Pahlewi

Nach dem Abzug der britischen und russischen Truppen, die den Iran während des 1.

Weltkriegs besetzt hielten, im Jahre 1921, war die damalige iranische Regierung stark

geschwächt. Der Vater von Mohammed Resa Pahlewi, Resa Pahlewi, bildete, als

Befehlshaber einer Kosakenbrigade, eine neue Regierung, in der er Kriegsminister

wurde. Vier Jahre später setzte er den regierenden König Ahmed Schah ab und

inthronisierte sich selbst als Schah Resa Pahlewi. Während seiner Zeit als Regent

förderte er die Industrialisierung der damals noch unentwickelten iranischen Wirtschaft,

er reorganisierte das Verwaltungs- und Finanzwesen, förderte den Ausbau der

iranischen Infrastruktur und ließ westliche kulturelle Einflüsse im Land Fuß fassen.

Insgesamt lässt sich sagen, dass der Iran während der Pahlewi-Dynastie, die 54 Jahre

andauerte, die industrielle Entwicklung erlebte, die in Europa mehr als dreimal so lange

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brauchte. Im 2. Weltkrieg musste Schah Reza Pahlewi jedoch das Land verlassen, da die

Alliierten den Iran besetzten und als Nachschubroute nach Russland benutzten. Sein

Sohn Mohammed Resa Pahlewi kooperierte mit den Alliierten und konnte sie 1946 zum

Abzug ihrer Truppen bewegen. Der Iran gewann seine volle Souveränität zurück und ist

seit dem 25. Juli 1945 Mitglied der UN. Der Schah orientierte sich nach dem Krieg weg

von der UdSSR an den USA. Nach einer heftigen ökonomischen Krise, verursacht

durch ein Sinken der Erdölpreise im Jahre 1950, wurde General Ali Rasmara

Ministerpräsident. Er schaffte es, die wirtschaftliche Situation des Iran zu verbessern.

Nachdem er sich der Verstaatlichung der Erdölindustrie widersetzt hatte, wurde er 1951

von einem nationalistischen Extremisten ermordet. Nach seinem Tod beschloss das

Parlament die Verstaatlichung der Erdölindustrie. Hasain Ala, der neue

Ministerpräsident, unternahm nichts, um diesem Beschluss Folge zu leisten, so dass

seine Regierung gestürzt wurde und Mohammed Mossadegh neuer Ministerpräsident

wurde. Es folgte die Verstaatlichung der gesamten Erdölindustrie, was trotz

amerikanischer Vermittlungsversuche zum Bruch der iranisch-englischen Beziehungen

führte. Nachdem sich Mossadegh und seine Anhänger offen mit dem Schah angelegt

hatten, wurden sie im August 1953 verhaftet, was zu Unruhen in der iranischen

Bevölkerung führte. Obwohl der Schah zunächst fliehen musste, konnte er nach

Mossadeghs Verhaftung zurückkehren. Der Sturz des Nationalisten Mossadegh, der

breite Unterstützung im Volk, jedoch nicht beim Klerus besaß, gelang nur durch

amerikanische Unterstützung. Die CIA bestach einige Offiziere, die mit ihren Einheiten

den Sturz Mossadeghs verursachten. General Fasullah Zahedi bildete daraufhin eine

neue Regierung, die 1959 ein Verteidigungsabkommen mit den USA unterzeichnete.

Außerdem wurde der Staat Israel anerkannt, was zu Verstimmungen mit den arabischen

Staaten führte. In den 1960er Jahren führte der Schah die so genannte „Weiße

Revolution“ durch. Pahlewi erließ Reformen bzw. Programme zur Modernisierung des

Staates: unter anderem eine Bodenreform, Maßnahmen zur Industrialisierung,

Gründung landwirtschaftlicher Genossenschaften, Ausbau des Bildungs- und

Gesundheitswesens sowie Gewährung politischer Rechte an Frauen. Die Reformen

trafen auf Zustimmung und auch auf starke Ablehnung. Vor allem die schiitische

Geistlichkeit sah in vielen der neuen Gesetze Widersprüche zum traditionellen

islamischen Recht, der Scharia. Im Zuge der nun folgenden Proteste wurde der

Geistliche Ayatollah Khomeini aus dem Iran ausgewiesen, der sich immer mehr zum

Westen wendete. Am 26. Oktober 1967, nach 26 Jahren Regierungszeit, wurde Pahlewi

formell gekrönt. Ende der 60er Jahre suchte der absolut regierende Schah Verbindungen

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zum Ostblock, um nicht zu abhängig vom Westen zu werden. Der Iran näherte sich

außerdem den arabischen Staaten mit Ausnahme des Irak, mit dem es territoriale

Streitigkeiten gab, wieder an. Diese territorialen Streitigkeiten führten 1971 zu

Grenzkonflikten mit dem Irak, die aber 1975 beigelegt werden konnten. Im gleichen

Jahr beendete der Schah das Mehrparteiensystem und schuf eine Einheitspartei mit dem

Namen Rastachîz („Auferstehung“). In den 60er und 70er Jahren schien sich der Schah

zunehmend von der iranischen Bevölkerung zu entfremden. Seine kostspielige

Hofhaltung stand im krassen Gegensatz zu den ärmlichen Verhältnissen, in denen viele

Iraner lebten. Denn obwohl das durchschnittliche Einkommen in den 70er Jahren bei

2000 US $ lag, lebte ein Großteil der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Von der

Modernisierung und Industrialisierung des Staats profitierte nur ein kleiner Teil der

Bevölkerung und auch die relativ wohlhabende Mittelschicht ging durch staatliche

Repression und wegen der Verwehrung politischer Emanzipation auf Distanz zur Politik

des Schahs. In den Jahren 1977 und 1978 eskalierte die Situation im Iran. Zwei

Ereignisse dienten als Anlässe für Massenproteste iranischer Theologiestudenten. Im

Oktober 1977 verstarb der Sohn Khomeinis im Irak unter mysteriösen Umständen. Im

Iran nahmen viele Leute an, dass er im Auftrag des Schah liquidiert worden sei. Zudem

erschien am 7. Januar 1978 in der regierungstreuen Zeitung Etalaat ein Artikel des

Informationsministers Homayun, der den im Exil lebenden Ayatollah Khomeini grob

verunglimpfte. Die Proteste wurden blutig niedergeschlagen. In der folgenden

Trauerzeit kam es zu weiteren Protestdemonstrationen, die wiederum niedergeschlagen

wurden. So eskalierten die Demonstrationen und die Reaktion der Staatsgewalt immer

mehr. Anfang 1979 herrschten im Land bürgerkriegsähnliche Zustände und der Iran war

für den Schah nicht mehr regierbar. Er verließ ihn am 16. Januar 1979 und reiste nach

Kairo. Der zurückgekehrte Ayatollah Chomeini setzte die vom Schah verfügte

Übergangsregierung wieder ab und ließ eine neue Regierung von Mehdî Bâzârgân

zusammenstellen. Nach einem Referendum im März wurde mit überwältigender

Zustimmung der Bevölkerung die Islamische Republik Iran am 1. April 1979

ausgerufen. Damit endete formell die Revolution im Iran. Der Schah verstarb am 27.

Juli 1980 in Kairo an einem Krebsleiden.

3. Ursachen der Revolution

Es lassen sich mehrere Ursachenkomplexe ausmachen, die zur Revolution führten und

sie ermöglichten. Im Folgenden werden die Hauptgründe für die Revolution im Iran

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genannt und untersucht. Außerdem werden die Faktoren beleuchtet, die den

erfolgreichen Ablauf der Revolution ermöglichten.

3.1. Ungleiche ökonomische Entwicklung und dem damit einhergehender

gesellschaftlicher Wandel

Als eine der Ursachen für die Revolution im Iran lässt sich die schnell, aber ungleich

verlaufene ökonomische Entwicklung des Landes anführen. Der Iran war bis zum 20.

Jahrhundert ein wenig entwickeltes Land, dessen Wirtschaft hauptsächlich auf den

Agrarsektor konzentriert war. Unter der Pahlewi-Dynastie wurde die wirtschaftliche

Entwicklung erheblich vorangetrieben (s.o.). Die alliierten Besatzungsmächte

hinterließen nach ihrem Abzug 1946 ein gut ausgebautes Verkehrsnetz aus Straßen und

Bahnlinien. Vor allem in den zwanzig Jahren vor der Revolution machte der Iran

erhebliche Fortschritte auf dem Weg zu einer industrialisierten kapitalistischen

Gesellschaft, die selbst die vorangegangenen Jahre in den Schatten stellten. Im

Vergleich zu den 60er und 70er Jahren war das Land in den vorangegangenen Jahren

nur relativ wenigen Veränderungen ausgesetzt. Der beschleunigte Wandel erzeugte

starke Spannungen in der iranischen Gesellschaft. Zum Beispiel wollten die von Reza

Pahlewi unterdrückten iranischen Nomadenstämme in den 50er Jahren ihre einst

verloren gegangene Bewegungsfreiheit und Unabhängigkeit zurückerlangen. Diese und

ähnliche Ereignisse führten dazu, dass vorindustrielle und vorkapitalistische Strukturen

beibehalten wurden (z.B. Basare), welche später zu Konflikten innerhalb der iranischen

Bevölkerung führten, da sie mit dem zunehmenden Fortschritt nicht mithalten konnten.

Der Antrieb für die ökonomische Entwicklung kam von der iranischen Erdölindustrie,

deren Einnahmen von 45 Millionen Dollar im Jahre 1950 auf 1,039 Milliarden Dollar

1970 und nach den Preissteigerungen durch die OPEC im Jahr 1976 noch einmal auf

20,5 Milliarden Dollar stiegen. Während der Mitte der 70er Jahre hatte das Pro-Kopf-

Einkommen im Iran mehr als 2000 Dollar erreicht und die Industrieproduktion stieg um

15% pro Jahr. Die Binnenwanderung führte dazu, dass fast die Hälfte der Bevölkerung

in den Städten lebte. Der Iran genoss einen relativen Wohlstand, der dazu führte, dass

eigentlich keine soziale Gruppe eine Senkung des Einkommens hinnehmen musste.1

Dieses allgemeine Wachstum brachte jedoch auch seine eigenen Probleme mit sich. Das

reichlich vorhandene Öleinkommen und die damit verbundenen hohen Profite führten

zu einer Konzentration der Entwicklung auf die Erdölförderung, so dass andere

Industriesektoren in ihrer Entwicklung zurückblieben. Auch vormals rentable

1Fred Halliday, 1981, S. 195f.

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Unternehmen wurden langsam unrentabel und waren nicht mehr konkurrenzfähig. Das

Öleinkommen förderte eine Subvention unrentabler Industriezweige und nährte einen

riesigen Dienstleistungssektor. Die Iraner lebten in der Illusion, dass sie sich die

Anstrengungen, die andere Industriestaaten ohne eigene Ölvorkommen aufbringen

mussten, sparen konnten.

Der Öl-Boom war jedoch nicht von Dauer und nach den großen Preissteigerungen der

OPEC Mitte der 70er Jahre setzte in den Jahren 1977 und 1978 eine Stagnation des

Bruttosozialprodukts des Iran ein. Es gab eine beträchtliche Inflation, die Mietpreise

stiegen, Engpässe bei der Nahrungsmittelversorgung und ständige Stromausfälle plagten

die Stadtbevölkerung. Das führte zwar zu keiner größeren Notlage, aber der

wirtschaftliche Abschwung raubte den Menschen die Zuversicht und das Vertrauen in

das politische System. Die Regierung musste den Kaufleuten Preiskontrollen

auferlegen. Außerdem entschloss sich die Regierung unter Ministerpräsident Amuzegar,

im Jahr 1977 dem Klerus die staatlichen Subventionen zu kürzen. Ein Schritt, der noch

Konsequenzen nach sich ziehen sollte. Für die Armen war jedoch die ungleiche

Verteilung des, trotz der Stagnation, immer noch immensen BSP das größte Ärgernis.

Der Unterschied zwischen ländlichen und städtischen Einkommen war in den 70er

Jahren so groß wie nie zuvor. Nun geschah das gleiche auch innerhalb der städtischen

Gebiete. Mitte der 70er Jahre tätigten 10% der Bevölkerung 40% der Ausgaben. Die

städtischen Armen litten indessen besonders unter der Wohnungsnot und der damit

verbundenen Inflation der Mietkosten, so dass sie 70% ihres durchschnittlichen

Einkommens für Mieten ausgeben mussten. Die neue Generation der Wanderarbeiter

mochte zwar in den Städten ein höheres Einkommen erreichen, verlor aber gleichzeitig

das soziale Netz ihrer Dorfgemeinschaft. Die Korruption, in die auch die Mitglieder der

königlichen Familie verwickelt waren, nahm in den 70er Jahren ungeheure Ausmaße

an, was später den Zorn vieler enttäuschter Iraner auf die Verantwortlichen lenkte.2

Der Kern des Problems war jedoch die ungleiche soziale und ökonomische

Entwicklung, die sich nicht in allen Sektoren gleichzeitig vollzog. Trotz großer

Fortschritte bei der industriellen Erdölverarbeitung und Förderung blieben eigentlich

alle anderen Sektoren der Wirtschaft in der Entwicklung zurück. In der Landwirtschaft

zum Beispiel schufen die Reformen der sechziger Jahre einen marktwirtschaftlich

orientierten Sektor, der auf die städtische Wirtschaft ausgerichtet war, aber gleichzeitig

blieben große Teile des Landes im Besitz von Familienbetrieben, die völlig abgeschottet

2 Siehe Anhang 7.1

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von der übrigen Wirtschaft arbeiteten,3 was zu der Nahrungsmittelkrise der 70er Jahre

führte. Dies wiederum zwang den Schah zum Import von Nahrungsmitteln zur

Versorgung der Bevölkerung. Da auf dem Weltmarkt teilweise stark subventionierte

Agrarprodukte aus den Industrieländern erworben wurden, deren Preise unter denen der

heimischen Produkte lagen, ging die iranische Agrarwirtschaft langsam zu Grunde.

Auch in den Städten gab es eine ungleiche Entwicklung. Es bestand eine lange

Tradition der kommerziellen und religiösen Institutionen rund um die Basare, die sich

zwar den Reformen geschickt anpassten, aber dennoch ihre Unabhängigkeit bewahrten.

Im produzierenden Gewerbe fanden zweieinhalb Millionen Menschen Anstellung, was

ein Viertel der iranischen Arbeitskräfte war. Doch die große Mehrheit der kleinen

Handwerksbetriebe, in denen sie arbeiteten, hielten an den Produktionsmethoden,

kulturellen Werten und Verhaltensweisen früherer Epochen fest.

Vergleichbares geschah auch auf dem Finanz- und Handelssektor. Trotz der Bildung

eines modernen Bankenwesens und moderner Einzelhandelsmärkte gaben die

traditionellen Basare ihre Vormachtstellung auf diesen Gebieten nicht auf. Ein

wesentlicher Teil des Handels und der Geldgeschäfte blieb unter der Kontrolle der

Basare, die traditionell diesen Sektor beherrschten. Die Basar-Kaufleute waren zwar

sehr unzufrieden mit dem Angriff der neuen Banken und Einzelhandelsmärkte auf ihre

Vormachtstellung, aber ihre Stellung besserte sich durch die Zunahme von

Geldgeschäften und des Handels durch den wirtschaftlichen Aufschwung. Sie hatten

nach wie vor zwei Drittel der Geschäfte unter ihrer Kontrolle, was ihnen weiterhin

beträchtliche Gewinne einbrachte. Die Basar-Kaufleute waren auch weiterhin die

Anlaufstelle für Leute, die von den Banken für nicht kreditwürdig erachtet wurden. Sie

waren es auch, die traditionellerweise die religiösen Einrichtungen finanzierten wie

Moscheen, Heiligtümer und religiöse Schulen. Dies alles sicherte den Basar-Kaufleuten

einen großen Einfluss auf das Land, den die Regierung unbedingt schmälern wollte. Die

Basarhändler, die städtischen Armen und die Geistlichkeit waren somit die Teile der

Bevölkerung, die später zur Revolution schritten und außerdem an den alten Werten und

Traditionen festhielten. Die Umwandlung und der Versuch der Modernisierung der

iranischen Bevölkerung und der Wirtschaft barg also erhebliches Konfliktpotenzial.

Der Iran wurde zunehmend zu einem monostrukturierten Exportland, dessen einzige

Devisenquelle der Export von Erdöl war. Vor allem in der Phase des wirtschaftlichen

Abschwungs explodierten die Ausgaben des Schah für Rüstungsgüter. In den Jahren

von 1970 bis 1978 hatte die Aufrüstung der iranischen Armee 75 Milliarden Dollar

3 Siehe Anhang 7.2

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verschlungen4. Erst während der Revolution kam langsam das ganze Ausmaß der

Verschwendung zutage, die sich der Schah hatte zuschulden kommen lassen.5 So

wurden zum Beispiel zwischen 1960 und 1976 insgesamt 52,6 Milliarden Dollar durch

Erdölexporte eingenommen. Davon mussten 33 Milliarden Dollar zur Begleichung des

Außenhandelsdefizits, das durch Nahrungsmittel- und Rüstungsgüterimporte entstanden

war, ausgegeben werden.6

3.2. Widerstand des Klerus gegen die „Verwestlichung“ (Säkularisierung,

Abhängigkeit von den USA) und die Religion als Mittelpunkt der Opposition

In der Herausbildung des Islam als Widerstandsideologie spielte ein Faktor die

entscheidende Rolle: die Tatsache, dass unter dem Schah und seinem Vater fast alle

weltlichen Widerstandsbewegungen zerschlagen worden waren. Diese Kräfte hatten in

den früheren Jahren den Widerstand gegen das Regime organisiert. Die letzten

weltlichen Widerstandsgruppen, die Guerillagruppen (Fedayin, Mojhaddin), waren nach

ihrem langen und erfolglosen Kampf gegen das Regime in den 50er bis in die 70er Jahre

geschwächt. Da auf diese Weise weltliche Protestbewegungen unterbunden worden

waren, wurde die Religion zum Symbol und zur organisatorischen Mitte des

Widerstandes.

Die Liberalen und die Guerillas, die in den 70er Jahren das Regime bekämpften, wurden

seit dem Januar 1978 zunehmend durch geistliche Kräfte und die Basarhändler ersetzt.

Innerhalb der islamischen Kräfte selbst ging die Führung von der gemäßigten

Geistlichkeit (Sharriat-Madari) und von den reformorientierten moslemischen

Militanten (Bani-Sadr, Bazargan) auf die stärker fundamentalistische Geistlichkeit der

Khomeini-Beheshti-Variante über. Die Tatsache, dass die Revolution nicht von einer

einzelnen Partei organisiert wurde, machte sie unempfindlicher gegenüber den

Gegenmaßnahmen des Regimes, die frühere Revolutionsversuche unterdrückt hatten.

Einer der Aussprüche der islamischen Militanten war: „Unsere größte Stärke ist unser

Mangel an Organisation“7. Die große Koalition der Kräfte, die den Schah stürzte, war

gerade wegen ihres vielseitigen und spontanen Charakters stark. Dies sorgte jedoch

auch für die nachrevolutionäre Lähmung der gemäßigten Kräfte und die

Fundamentalisierung der neuen iranischen Republik.

4 Gerhard Konzelmann, 1988, S. 58 5 Siehe Anhang 7.3 6 Ulrich Tilgner, 1979, S. 164f. 7 Fred Halliday, 1981, S. 200

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Jeder, der im Iran an der Revolution teilnahm wie die Studenten, die kleinen

Oppositionsgruppen, war letztendlich gezwungen, sich der vorherrschenden religiösen

Strömung unterzuordnen. Die politische Organisation spielte auch aus diesem Grund

nur eine sekundäre Rolle. Viel wichtiger war die Organisation durch die Geistlichkeit

selbst, die, gestützt auf alle Stadtteile mit Zentren in den Moscheen, in der Lage war, die

religiöse Infrastruktur zu nutzen, um die Bevölkerung zu mobilisieren. Diese Netzwerke

erhielten in den Jahren der Revolution eine führende Rolle, obwohl sie anfangs nicht für

diese weltlichen Zwecke gedacht und geeignet waren. Außerdem hatten sie 1978 mit

Ayatollah Chomeini einen mitreißenden, charismatischen Führer gefunden. Hinter der

Geistlichkeit stand zudem die islamistische militante Untergrundorganisation Fedayin-

Islam, die in den fünfziger Jahren gegründet worden war. Auch wenn Khomeini selbst

nicht Mitglied dieser Organisation war, einige andere führende Geistliche waren es.

Diese Organisation bereitete sich seit Jahrzehnten auf die Entmachtung des Schahs vor

und war zu allem entschlossen, um ihr Ziel zu erreichen.

3.3. Mangelnder Rückhalt der Monarchie in der Bevölkerung und persönliche

Schwäche des Schahs

Sowohl der Vater des Schah als auch der Schah selbst waren nicht durch die

Bevölkerung an die Macht gelangt, sondern hatten ihre Macht durch Putsche und -im

Falle des Schah- auch durch Kollaboration mit den alliierten Besatzern gewonnen. Sie

genossen daher niemals die Loyalität des iranischen Volkes. Beide regierten in

unterschiedlichen Formen politischer Diktatur. Der Schah und sein Vater wurden von

Chomeini als ‚Usurpatoren’ bezeichnet und er wählte damit nach Ansicht vieler Iraner

genau den richtigen Ton, obwohl es wohl zwei unterschiedliche Auslegungen für diesen

Begriff gab. Aus Sicht der politischen Opposition traf diese Aussage zu, da sie

entmachtet worden war (u.a. durch die Verfassung, die der Vater des Schah erstellte und

die Vertreibung von Masadeq). Viele Geistliche sahen im Schah einen unrechtmäßigen

Herrscher, da sie die, nach ihrer Auslegung des Korans, legitime Führungsrolle im Staat

für sich beanspruchten.

Beide Pahlewis waren auch unbeliebt, weil sie auf Hilfe aus dem Ausland angewiesen

waren. Der Sohn konnte den Aufstand Masadeqs 1953 nur mit amerikanischer Hilfe

niederschlagen und war den Amerikanern daher verpflichtet.

Die Popularität des Schah blieb jedoch nicht immer gering. Zwar fruchteten die

Versuche, als neue Staatsideologie den „Pahlewismus“ (Betonung der vorislamischen

Vergangenheit zur Legitimierung der Monarchie) einzuführen, nicht. Mit dem

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wirtschaftlichen Boom der 60er und 70er Jahre wurde die Diktatur des Schah allerdings

stillschweigend gebilligt. Doch gerade, als der Aufschwung Mitte der 70er Jahre am

größten war, sorgte die immer weiter grassierende Korruption für zunehmende

Unzufriedenheit mit der Politik des Schah. Auch die Mittelklasse, die eigentlich

Nutznießer des neuen Reichtums war und keine materiellen Verbesserungen von einer

Revolution erhoffen konnte, ergriff keine Partei für den Schah, als seine Macht zu

wanken begann. Dies hing damit zusammen, dass das durch und durch diktatorische

Regime des Schah der Mittelschicht in politischen Dingen kein Mitspracherecht

gewährt hatte. Somit versäumte es der Schah, den politischen Interessen seiner einzigen

gesellschaftlichen Stütze nachzukommen, und er verspielte dadurch die Chance zur

Bildung einer aktiven Anhängerschaft. So war er, als die Revolution ausbrach, politisch

isoliert.

Außerdem zeigte der Schah in der Zeit vor der Revolution eine gewisse Distanz zu der

Realität im Iran. Seine Unwissenheit über die Zustände im Land und seine Neigung

zum politischen Inaktionismus trugen mit zum Gelingen der Revolution bei. Dieser

Fatalismus, aber auch teilweise seine Rücksichtslosigkeit bei der Durchsetzung seiner

Reformen in den letzten Regierungsjahren lassen sich mit seinem Krebsleiden erklären,

da der Schah vermutlich seit 1974 wusste, dass er Krebs hatte, woran er auch 1980 in

Kairo starb.

3.4. Demoralisierung der Armee

Ein weiterer wichtiger Faktor für das Gelingen der Revolution war die Demoralisierung

der Armee. Ein Grund dafür war die Form, die die Konfrontation mit der Bevölkerung

annahm. Unbewaffnete Mengen mit einer allgemein anerkannten Ideologie, dem Islam,

standen einer hochgerüsteten Armee, die nur von korrupten Offizieren

zusammengehalten wurde, gegenüber. Der Konflikt zwischen den Demonstrierenden

und dem Militär war ein Zermürbungskampf, der als wiederkehrendes Muster ablief.

Wenn eine Demonstration begann, wurde sie vom Militär auseinandergetrieben. Nach

den folgenden vierzig Trauertagen für die Toten* kam es zu neuen

Protestkundgebungen. Diese provozierten wiederum eine Reaktion des Militärs.

Die Armee, der diese Massen gegenüberstanden, war ein Wehrpflichtigenheer, dessen

Soldaten die Probleme der Protestierenden natürlich bekannt waren. Chomeini sprach

die Angehörigen der Armee direkt an und appellierte an die Wehrpflichtigen, ihre

* (Es gab immer Tote und Verletzte, 40 Tage Trauer sind islamische Tradition, genau wie die folgenden Beileidsbekundungen in Form von Märschen durch die Städte.)

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Einheiten zu verlassen. Er machte jedoch gleichzeitig klar, dass die korrupten Offiziere

nach einer geglückten Revolution einer Strafe nicht entgehen konnten. In einer

Ansprache in seinem Pariser Exil sagte Chomeini:

„In jedem Fall fordere ich diese jungen Männer der Armee auf, in die Arme des Volkes zurückzukehren. Ich weiß, dass sie ihre islamische Wesensart, ihr menschliche Wesensart, nicht verloren haben. Doch sie unterstehen jetzt, wie sie glauben, dem Befehl von Höheren, von Generalen und ähnlichen Leuten, und man macht ihnen Angst damit, dass es in einer islamischen Armee keine Offiziere mehr geben wird. Doch das ist falsch (...). Das Land braucht immer die Armee und braucht immer Offiziere (...). Was das Land aber nicht braucht, sind Schmarotzer, die das Eigentum des Volkes stehlen und nicht arbeiten wollen. Diese Leute müssen ihre eigene Rechnung aufmachen: Je weniger sie stehlen, um so besser für sie (...), denn wohin sie auch gehen werden, wir werden sie finden.“8

Viele hatten kein Interesse mehr, auf die Demonstranten zu schießen, die ihre eigenen

Interessen vertraten und zur eigenen Familie gehören konnten. Sie nahmen daher

Khomeinis Angebot an und desertierten. Als der Schah das Land verließ, hinterließ er

eine Armee, deren Offizierskorps gespalten war. Ein weiterer Nachteil der Armee war,

dass ihr jegliche Legitimität innerhalb der Bevölkerung fehlte, da sie nur als Werkzeug

des Schah zur Unterdrückung der Bevölkerung gedient hatte. Das wenig rühmliche

Verhalten der iranischen Armee im Grenzkonflikt mit dem Irak war der Moral nicht

zuträglich gewesen. Dies alles sorgte für eine Spaltung der Mehrheit der iranischen

Bevölkerung und des Militärs. Der iranischen Armee fehlte jegliche politische und

soziale Unterstützung, um an der Revolution mitzuwirken oder ihr gar wie etwa in Chile

oder der Türkei mit einem Putsch zuvorzukommen. Dafür waren die hohen Offizier viel

zu eng mit dem Schah verbunden.

4. Die Politisierung der Schia

Nahezu alle Iraner sind Muslime, wovon 95% Angehörige der schiitischen Gruppe des

Islam sind. Dies ist neben den Sunniten die zweite große Hauptgruppe des Islam. Diese

beiden Gruppen unterscheiden sich hauptsächlich durch ihre Ansicht über die

Rechtmäßigkeit des Imam. Schiiten sind die Anhänger der so genannten Schia. Schia

heißt Šī’at ’Alī (Gruppe oder Partei Alis). Ali ibn Abi Talib war der Schwiegersohn und

enger Vertrauter Mohammeds, des Begründers der muslimischen Religion. Seine

Anhänger waren der Meinung, dass nur er das Recht habe. die Nachfolge Mohammeds

als Imam anzutreten. Nach seinem Tod stritten die Anhänger Šī’at ’Alī über seine

Nachfolge. Es gab einige Abspaltungen in den vergangenen Jahrhunderten, weil man

sich nicht einigen konnte, wer aus Alis Nachkommenschaft der rechtmäßige Imam

8 Khomeini-Rede, Ashura 1978 (Neufle-le-Chateau, 11.November 1978), Ulrich Tilgner, 1979, S. 104f.

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werden sollte. Heute ist die so genannte Zwölferschia die stärkste Fraktion der Schiiten.

Die Anhänger der Zwölferschia sehen in Mohammed al-Mahdī den letzten Imam. Er sei

als Kind in die Verborgenheit entrückt worden und werde am Ende der Zeiten als Mahdi

(Messias) erscheinen. Andere Gruppen sind die Siebener-Šī’at, die Isma’il anerkennt,

oder die Zaidīya, die die Zain al-’Abidīn als rechtmäßigen Imam betrachtet. Die im Iran

herrschende Gruppierung ist seit 1501 (damals noch Persien) die Zwölferschia. Die

Schia gilt im Vergleich zur Sunna, der allgemein vorherrschenden Form des Islam, als

fanatisch. Sie erkennt „Ungläubige“ nicht an. Die Gräber der zwölf Imame sind viel

besuchte Wallfahrtsorte (besonders Kerbela und Nedschef im Irak und Qum und

Maschhad im Iran) und beliebte Begräbnisstätten.9

Trotz der Tatsache, dass sich die Revolution im Iran auf die Schia berief und diese heute

Staatsreligion des Iran ist, war die Schia in der Vergangenheit eigentlich unpolitisch.

„Die Idee einer politisch aktiven Schia ist ein neues Phänomen und (...) wurde von iranischen intellektuellen unter dem Eindruck der kulturellen Überfremdung und wirtschaftlichen Ausbeutung Irans entwickelt.“10

Diese Intellektuellen waren vor allem Dschalâl Âl-e Ahmed (1923-1969) und Alî

Scharî’atî (1933-1977), sein Schüler. Unter dem Eindruck der westlichen Einflüsse, die

der Schah in den Iran brachte, entwickelten sie eine eigene Weltanschauung. Sie zogen

wie viele andere den Nutzen westlicher Vorbilder für den Iran in Zweifel und

erwarteten, dass sich die Iraner auf die eigenen kulturellen Werte zurückbesinnen und

wollten nicht länger mit ansehen, wie der Iran durch die Nachahmung des Westens von

seinen Wurzeln entfremdet wurde, einen Vorgang, den sie als „Befallensein vom

Westen“, „Vergiftung vom Westen“ und „Verwestlichung“11 bezeichneten. In der

Religion sahen sie den einzigen von diesen Phänomenen nicht befallenen Wert, wobei

vor allem Alî Scharî’atî diese Theorie weiter entwickelte. Er sah die Urgemeinde

Mohammeds als Ideal an und wollte einen kämpferischen Islam, der sich gegen die

westlichen Werte verteidigte. Von allen Gläubigen erwartet er politisches Handeln und

brandmarkte Abweichler als Anhänger der in seinen Augen verweichlichten

„Schwarzen Schia“, die sich westlichen Einflüssen ergab. Sich selbst sah er als

Anhänger der „Roten Schia“:

„Die ‚Rote Schia’ ist die ursprüngliche, unverfälschte, wahre Schia (...), eine revolutionäre Bewegung, die für Gerechtigkeit eintritt und jegliche Fremdherrschaft, Unterdrückung, despotische Willkür und Ausbeutung bekämpft.“12

9 Annemarie Schimmel, 1990, S. 82f. 10 Monika Gronke, 2003, S. 105 11 Monika Gronke, 2003, S. 106 12 Monika Gronke, 2003, S. 106

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Er forderte weiter, das Reich Gottes auf Erden zu errichten, und erwartete somit von den

Gläubigen selbst die Vertretung des verborgenen zwölften Imam zu übernehmen, der

dieses Wunder eigentlich vollbringen sollte. Den hohen Geistlichen wies er eine

Position als Organisatoren der Revolution zu, befreite sie jedoch von ihrer traditionell

herausgehobenen Position. Damit gelang es ihm, die traditionell unpolitische Schia zu

einer Revolutionsideologie zu transformieren. Allerdings verstarb er selbst, bevor sich

seine Ideen in die Tat umsetzten ließen, im Exil 1977 in London. Die Revolution

entwickelte sich über seine teilweise gegen den Klerus gerichteten Vorstellungen

hinaus, wie sich im theokratisch organisierten nachrevolutionären Iran zeigt. Khomeini,

der die Führung der Revolution übernahm, entwickelte seine Ideen im eigenen Sinne

weiter, indem er offen gegen die in westlichen Demokratien praktizierte Säkularisierung

agitierte:

„Es gibt Leute, die behaupten, Religion und Politik müssten getrennt werden. Nach ihrer Meinung sollten sich die Männer des Glaubens nicht in die Angelegenheiten des Staates einmischen. (...) Wer so redet ist ein Atheist und spricht das nach, was die Imperialisten ihm diktieren. Zur Zeit des Propheten war die Religion keineswegs von der Politik getrennt. (...) Der Prophet hat die niemals aufzulösende Einheit von Religion und Staat geschaffen(...).“13

Mit diesen Worten erstickte Khomeini den Versuch, nach der Abdankung des Schah

eine westlich orientierte Demokratie im Iran zu schaffen.

5. Ayatollah Khomeini, Ideologie und Wirken

Ayatollah Rûhollâh Mussawi Hendi Khomeyni (1902-1989), im Folgenden Khomeini

genannt, wurde der Führer der Revolution im Iran. Ayatollah (Geschenk oder Spiegel

Gottes) ist ein höherer Ehrentitel, der einem Mudschtahid (Schriftgelehrten) angetragen

werden kann. Es gibt keine zentrale Instanz, die den Titel verleiht. Khomeini stammte

aus einer Familie kleiner Landeigentümer aus der Kleinstadt Khomeyn im Zentrum des

Iran (zwischen Hamadân und Isfahan). Er wurde von Ayatollah Hoseyn Borûdscherdî in

der Stadt Qum unterrichtet, der, wie viele Geistliche damals, jegliche politische

Betätigung weit von sich wies. Unter diesem Einfluss hielt Khomeini seine politischen

Interessen zunächst zurück, und erst im Oktober 1962 und im Juni 1963, nachdem

Borûdscherdî verstorben war, trat Khomeini erstmals offen gegen den Schah auf. Er

nahm hauptsächlich Anstoß an zwei Reformen des Schah. Erstens gab der Schah bei

den anstehenden Wahlen der Provinzräte auch Frauen und Andersgläubigen das

Wahlrecht, und zweitens verletzte die anstehende Landreform in seinen Augen das

13 Gerhard Konzelmann,1988, ,S. 55

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heilige Recht der Muslime auf Eigentum. In einer seiner Reden bezeichnete er den

Schah als Satan, was er noch oft wiederholte, so dass der Schah ihn festnehmen ließ.

Doch die ärmeren Bewohner Teherans, als deren Sprachrohr er sich profiliert hatte,

demonstrierten dagegen. Nachdem Ende des Jahres 1963 bürgerkriegsähnliche Zustände

in Teheran herrschten, sah sich der Schah gezwungen Khomeini freizulassen. Dieser

Vorfall zeigte erstmals, dass Teile der iranischen Bevölkerung der religiösen Führung

im Kampf gegen das Regime des Schah beistanden. Die Bedeutung dieser Ereignisse

schien nur von Chomeini verstanden zu werden, dem Schah, der liberalen Opposition

und den Menschen im Ausland entging sie vollständig. Gerade die Bereitschaft der

Bevölkerung, der religiösen Führung zu folgen, sollte einerseits Khomeinis Überleben

sichern und andererseits später die Revolution möglich machen. Nachdem Khomeini

mit seinen Beleidigungen gegen den Schah fortfuhr, wurde er unter Hausarrest gestellt.

In dieser Zeit machte er die Vereinigten Staaten von Amerika als sein größtes Feindbild

neben dem Schah aus, da dieser sich nicht ohne die Unterstützung der USA an der

Macht halten konnte. Die USA schlugen dem Schah daraufhin vor, den Unruhestifter

Khomeini deportieren zu lassen. Ein Mord, wie er im Iran an Dissidenten sonst üblich

war, kam nicht in Frage, da er zu viele opferbereite Anhänger hatte. 1964 wurde

Khomeini ins Exil in die Türkei geschickt. Im Jahr 1965, nach elf Monaten Aufenthalt

in der Türkei, erhielt er eine Einreisegenehmigung in den Irak und ließ sich am Schrein

von Nedschef, dem Begräbnisort Ali ibn Abi Talibs, nieder. Auch hier hetzte er

weiterhin gegen das Regime des Schah. Genau das erwartete die irakische Regierung

(damals unter Präsident Ahmed Hassan Al Bakr) von ihm, da sie sich eine politische

Destabilisierung des Iran erhoffte, denn es gab einen Grenzkonflikt zwischen den

beiden Staaten, der 1971 zu kriegerischen Auseinandersetzungen führte.

Tonbandkassetten seiner Reden wurden von seinen Anhängern in den Iran gebracht und

fanden dort Gehör. 1977 starb in Nedschef der Sohn Khomeinis, Mustapha Khomeini,

im Alter von 49 Jahren. Obwohl die Todesursache nie festgestellt wurde, glaubten viele

Iraner, dass der Sohn des unermüdlichen Regimekritikers umgebracht worden war. Im

Iran kam es zu Demonstrationen, die niedergeschlagen wurden. Nachdem der Iran 1975

mit dem Irak einen Friedensvertrag geschlossen hatte, wurde Khomeini zunehmend

lästig für die irakische Regierung, die ihn 1978 ausweisen lies. Die letzte Exil-Station

Khomeinis war Neauphle-le-Château, ein Vorort von Paris. Anders als sonst bei

Asylanten üblich, bekam Khomeini nicht die Auflage, politische Betätigung zu

unterlassen, denn die französische Regierung schien erkannt zu haben, dass es mit dem

Regime des Schah zu Ende ging. So durfte Khomeini in seinem neuen Exil eine

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Gegenregierung aufbauen und er erklärte offen, dass jegliche Schmälerung seiner

politischen Bewegungsfreiheit und seiner Aktivitäten unerwünscht sei: „Frankreich

muss sich überlegen, wo seine Interessen in der islamischen Welt liegen.“14 Frankreich

ließ dem zukünftigen Herrscher des Iran umfangreiche Unterstützung zukommen. Für

seine Rückreise nach Teheran am 1. Februar 1979, nachdem der Schah aus dem Iran

vertrieben worden war, stellte ihm die Air France einen Jumbo Jet zur Verfügung. Nach

seiner Ankunft in seinem Heimatland nach fünfzehn Jahren im Exil brachte seine kurze

Ansprache seine ganze Wut zum Ausdruck: „Der Schah hat dieses Land zu Grunde

gerichtet. Zwanzig Jahre wird der Wiederaufbau brauchen (...). Wirklich ausgebaut hat

Mohammed Reza Pahlewi nur die Friedhöfe.“15 Nach dem Ausruf der Islamischen

Republik Iran im Jahr 1979 wurde Khomeini Staatsoberhaupt und oberster religiöser

Führer. Im selben Jahr billigte er die Erstürmung der amerikanischen Botschaft, bei der

50 amerikanische Staatsbürger als Geiseln genommen werden. Dieses Ereignis prägte

die Beziehungen zwischen dem Iran und den USA für lange Zeit. Der 1. Golfkrieg

zwischen dem Iran und dem Irak wurde zum Teil wegen der Weigerung Khomeinis, mit

den Irakern in einen Dialog zu treten, acht Jahre lang geführt, ohne dass eine Seite die

Oberhand gewinnen konnte. Khomeini hoffte, mit dem Krieg auch das Nachbarland

Irak von seinem Despoten befreien zu können. Das Ende der Herrschaft Saddam

Husseins erlebte er jedoch nicht mehr, da er am 3. Juni 1989 starb. Vorher hatte er noch

einmal international Aufsehen erregt mit seinem Todesurteil gegen den indischen

Schriftsteller Ahmed Salman Rushdie wegen dessen Romans „Die Satanischen Verse“.

6. Schluss

Als Fazit der vorrevolutionären Ereignisse lässt sich sagen, dass man hier einen

Revolutions-Verlauf sieht, der sich grundlegend von dem der bekannten europäischen

oder der Russischen Revolution unterscheidet. Anders als bei der Französischen

Revolution war nicht das Streben nach politischer Freiheit ausschlaggebend für die

Revolution, sondern das Streben nach religiöser Freiheit. Daher verlief die Revolution

auch anders als etwa die Russische Revolution 1917, in der der russische Klerus als

Hauptfeind der Revolution neben dem zaristischen Regime angesehen wurde. Die

Tatsache, dass eine religiöse, keine politische Ideologie der Revolution zugrunde lag

und dass sie hauptsächlich vom iranischen Klerus und den Armen getragen wurde und

nicht vom Bildungs- und Besitzbürgertum, macht einen wichtigen Unterschied zu den

14 Gerhard Konzelmann, 1988, S. 53 15 Gerhard Konzelmann, 1988, S. 57

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vielen anderen Revolutionen des zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahrhunderts aus.

Auch die verworrene Geschichte, die der Iran nach dem Ende des Regimes des Schah

erlebte, ist eine Besonderheit. Den meisten Anhängern der Revolution war vor dem

Ende der Revolution wahrscheinlich gar nicht klar, was Khomeini sich für den

nachrevolutionären Iran ausgedacht hatte. Auch wenn der Irak als äußeren Feind das

Land noch einmal einte, konnte der Zerfall der „Gottesherrschaft“ Khomeinis nicht

aufgehalten werden. Heute, 25 Jahre nach der Gründung der Islamischen Republik Iran,

steht der Staat an einem Scheideweg. Obwohl nach Khomeinis Tod 1989 alles nach

einer Liberalisierung aussah, besteht für die islamische Demokratie wieder die Gefahr,

sich in eine islamische Diktatur zu verwandeln.

Im Iran scheint die Revolution auch 25 Jahre nach ihrem offiziellen Ende noch nicht

vorbei zu sein und auch in Zukunft wird sich die politische Landschaft im und um den

Iran noch ändern, wie die Einnahme des Irak durch die Amerikaner und die Alliierten

und der Streit um die bevorstehenden Wahlen im Iran zeigen.16

16 Siehe Anhang 7.5

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7.1 Ergebnisse der Landreform 1962-19711

Landverteilung vor...

Land in % der fruchtbaren

Gesamtfläche/ in ha pro Bauer Anzahl der Bauern/ in %

der Gesamtzahl 5/ < 2 ha

13,7/ 2 bis 5 ha 67,6/ 5 bis 50 ha

13,7/ 50 bis 100 ha

508000/ 40 321300/ 25,3 431800/ 34 8890/ 0,7

...und nach der Landreform

Land in % der fruchtbaren

Gesamtfläche/ in ha pro Bauer Anzahl der Bauern/ in %

der Gesamtzahl 4,3/ < 2 ha

10,6/ 2 bis 5 ha 63,7/ 5 bis 50 ha

21,4/ 50 bis 100 ha

513000/ 34 325900/ 21,6 653300/ 43,3 16600/ 1,1

Iranische Bauern als Selbstversorger

Vom Ertrag wurde

verkauft nichts weniger als die

Hälfte die Hälfte oder

mehr insgesamt 51% 26,7% 22,3%

bei einer Größe von weniger als 1 ha

1 bis 2 ha 3 bis 5 ha 5 bis 10 ha 10 bis 50 ha 50 bis 100 ha

100 ha und mehr

55,5 39,5 51,1 59,2 48,4 1,0 3,0

25,9 28,5 26,6 26,5 28,2 1,9 0,2

18,6 32,0 22,3 14,3 23,4 97,1 96,8

7.2 Abhängigkeit der iranischen Wirtschaft und des Staates vom Erdöl2

Der Iranische Staatshaushalt 1970- 1977

Staatseinkommen in % Jahr 1970/71 1971/72 1972/73 1973/74 1974/75

Gas und Erdöl Steuern

Sonstiges

49,2 41,6 9,2

60,0 32,1 7,9

59,0 34,0 7,0

67,0 29,2 3,8

86,4 11,7 1,9

Staatseinkommen in %

Jahr 1975/76 1976/77 Gas und Erdöl 76,7 84

1 nach Ulrich Tilgner, 1979, S. 162 2 Ulrich Tilgner, 1979, S. 163

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7.3 Die Besitztümer des Schah3

(Übersetzung eines Flugblattes aus dem Persischen) Das, was ihnen in dieser Abhandlung zur Verfügung steht, wurde mit Fleiß und mühevollen Recherchen im In- und Ausland erforscht und zusammengestellt. Nach Ansicht des Chronisten soll diese Zusammenstellung dazu Beitragen, die Tyrannen dieser blutrünstigen Maschinerie und die Plünderer (...) zu beseitigen. Diener und Untergebene! Sagt nicht, keine Möglichkeit gehabt zu haben, die Verbrechen des Regimes aufzudecken. Der Vater des Schah, Reza, einst genannt der Mauleseltreiber, erlangte seinen Namen Reza Khan auf folgende Weise: Als er aus dem Norden nach Teheran zog, besaß er nur einige Kleider und ein paar Stiefel. Dann schloss er sich einer Kosakentruppe an und begann die Dienerschaft bei den Russen, mit deren Hilfe er schließlich einen Putsch durchführen konnte. Nach 16 Jahren diktatorischer Herrschaft und unzähligen Verbrechen an Land und Nation warfen ihn andere Herren hinaus. Zu diesem Zeitpunkt besaß er 67 Millionen Toman Bargeld, Teheraner Paläste, Immobilien in Sari, zwei Drittel des Geländes in Gorgan, wesentliche Teile Chorasans, Fabriken im Norden und Boden in Shemiran. Schah Mohammed Reza wurde Erbe all dieses Besitzes. Als er auf der Szene auftauchte, verkaufte er Teile des Landbesitzes an seine Herren; ein anderer teil wurde dann von Dr. Mossadegh enteignet und der Nation zur Verfügung gestellt. Mit dem Erlös aus dem Verkauf von Teilen des Landbesitzes wurde die Bank-e-Omran (Bank des Aufbaus) gegründet. Es folgt eine Zusammenstellung weiterer Besitztümer des Schah, die er sich nach der so genannten Weißen Revolution angeeignet hat – die so genannte Weiße Revolution war im Grunde ein Befehl seiner Herren, genauso wie er neuerdings den Befehl erhalten hat, die Nation eine offenbar politische Atmosphäre und Freiheiten zu gewähren. Ihr Diener! Gebt ihm Bescheid: Hast Falsch kalkuliert, musst gehen wie dein Vater(...)Im Anhang fand sich eine lange Liste mit Besitztümern und Barvermögen des Schahs im In- und Ausland. Der Gesamtwert Betrug wohl einige Zehn Milliarden US Dollar. ...Der Schah sagte in Amerika während einer Unterredung mit Journalisten, dass er während seiner Herrschaft niemals Ruhe gehabt habe, dass er all seinen Besitz und alles der Nation zur Verfügung gestellt habe. Der verbrecherische Lügner wurde zu guter Letzt bloßgestellt. Augenblicklich hat er ja nichts übrig gelassen, und es gibt kein Verbrechen, das er noch nicht ausgeführt hat, aber nun ist er mit dem Zorn des Volkes konfrontiert.(...) Veröffentlicht wurde dieses Flugblatt von Angestellten mehrerer iranischer Banken. Das Flugblatt löste im Iran einige Diskussionen aus, wie die Besitztümer des Schahs nach der Revolution verstaatlicht werden können.

3 Ulrich Tilgner, 1979, S. 171f.

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7.4 Zeittafel der iranischen Geschichte vom 2.Weltkrieg bis 1980

II Weltkrieg Alliierte zwingen den deutschlandfreundlichen Schah Pahlewi zur Flucht, übernehmen die Kontrolle und nutzen den Iran als Nachschubweg und Rohstoffquelle. 1943 kehrte der Sohn Pahlewis, Mohammed Resa Pahlewi, in den Iran zurück. Er kooperierte mit den Alliierten und konnte sie...

Nach 1945 ...1946 zum Abzug ihrer Truppen bewegen. Der Iran gewann somit seine volle Souveränität zurück. Seit dem 25. Juli 1945 ist der Iran Mitglied der UN. Der Schah orientierte sich nach dem Krieg an den USA, weg von der UdSSR.

1950 Heftige ökonomische Krise. General Ali Rasmara wurde Ministerpräsident. 1951 Ali Rasmara wurde ermordet, nachdem er sich der Verstaatlichung der

Erdölindustrie widersetzte. Nach seinem Tot beschloss das Parlament die Verstaatlichung der Erdölindustrie. Hasain Ala, der neue Ministerpräsident, unternahm nichts, um diesem Beschluss Folge zu leisten. Seine Regierung wurde gestürzt, Mohammed Mossadegh wurde neuer Ministerpräsident. Es folgte die Verstaatlichung der Erdölindustrie, was trotz amerikanischer Vermittlungsversuche zum Bruch der iranisch-englischen Beziehungen führte.

1953 Nachdem sich Mossadegh und seine Anhänger offen mit dem Schah angelegt hatten, wurden sie im August 1953 verhaftet. Obwohl der Schah zunächst fliehen musste, konnte er nach Mossadeghs Verhaftung zurückkehren. General Fasullah Zahedi bildete daraufhin eine neue Regierung.

1959 Bildung eines Verteidigungsabkommens mit den USA. Anerkennung des Staates Israels, was zu Verstimmungen mit den anderen arabischen Staaten führte.

Die 60er So genannte Weiße Revolution. Pahlewi erließ Reformen bzw. Programme: u.a. Bodenreformen, Industrialisierung, Gründung landwirtschaftlicher Genossenschaften, Ausbau des Bildungs- und Gesundheitswesens sowie Gewährung politischer Rechte an Frauen. Der Iran wandte sich immer mehr dem Westen zu. Am 26. Oktober 1967, nach 26 Jahren Regierungszeit, wurde Pahlewi auch formell gekrönt. Ende der 60er Jahre suchte der absolut regierende Schah auch Verbindungen zum Ostblock, um nicht zu abhängig vom Westen zu werden. Der Iran näherte sich außerdem den anderen arabischen Staaten wieder an, außer dem Irak, mit dem es territoriale Streitigkeiten um Schatt el Arab und um den Besitz mehrerer Inseln im Persischen Golf gab.

1971 Das führte zur Besetzung der Inseln durch den Iran und zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Iran und Irak.

1975 Erst 1975 konnten sich die beiden Staaten auf einen Friedensvertrag einigen. Am 2. März 1975 kündigte der Schah das Ende des Mehrparteiensystems an und führte das Einparteiensystem ein, einzige zugelassene Partei war die Iranische Nationale Erneuerungspartei.

1977 Zunehmende Unzufriedenheit unter der iranischen Bevölkerung. Ende der 70er Jahren entfremdete sich der Herrscher immer mehr von seinem Volk. Im Oktober starb ein Sohn Khomeinis auf mysteriöse Weise. Viele Anhänger Khomeinis nahmen an, das der iranische Geheimdienst SAVAK dafür verantwortlich war. Im Dezember fand eine Anti-Schah-Demonstration anlässlich eines Besuchs des Schahs in Washington statt. Diese Demonstration wurde auch im iranischen Fernsehen übertragen.

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1978 Am 7.1.erschien in der Zeitung Etalaat ein Artikel des Informationsministers Homayun, der den im Exil lebenden Ayatollah Chomeini verunglimpfte. Daraufhin gab es erste Sympathiemärsche für Khomeini von Theologiestudenten in Qum, die blutig niedergeschlagen wurden. Das zog wiederum Demonstrationen nach sich, deren erneuter Niederschlagung immer weitere Demonstrationen folgen. Im April gab es auch erste Streiks und in 20 Städten fanden Demonstrationen statt. Seit Januar waren ca. 4000 Tote durch Militär- und Polizeieinsätze zu beklagen. Ende April kam es zum Generalstreik. Ende des Jahres musste in Ishfahan das Kriegsrecht ausgerufen werden, was weitere Demonstrationen nicht verhindern konnte.

1979 Im Land herrschten bürgerkriegsähnliche Zustände, die den Schah am 16.1. zum Verlassen des Landes zwingen. Die zuvor gebildete zivile Übergangsregierung unter Bakhtiar wurde von dem am 1.2. zurückgekehrten Khomeini für illegal erklärt. Khomeini lies Mehdî Bâzârgân eine Gegenregierung bilden. Nachdem große Teile der Verwaltung die Gegenregierung unterstützten, erklärte die Armee am 12.2. ihre Neutralität und die Regierung Bakhtiar ihren Rücktritt. Führende Minister und Verantwortliche der Schah-Regierung wurden verhafte. Am 14.2. besetzten Demonstranten die amerikanische Botschaft. Im April 1979 wurde die Islamische Republik Iran ausgerufen. Der neuen Theokratie stand Ayatollah Chomeini als oberste Kontrollinstanz vor. Die Revolution im Iran endete. Der Schah starb 1980 im Exil in Kairo.

7.5 Machtverteilung im Iran 2004

Präsident Islamischer Führer Macht relativ gering Höchste Instanz im Staat

Ali Chamenei Mohammed Chatami • Wird vom Expertenrat auf

Lebenszeit gewählt • Direkt vom Volk gewählt • Chef der Exekutive

• Bestimmt politische Richtlinien • Ist Oberbefehlshaber der

Streitkräfte und paramilitärischer Einheiten

Parlament („Madschlis“) • Direkt vom Volk gewählt

• Bestätigt den Präsidenten • Relativ geringe Macht, da...

Wächterrat • Zwölfköpfig, je zur Hälfte vom

Präsidenten und vom Parla-ment bestimmt

...Gesetzvorlagen Genehmigt werden müssen vom... • De facto ein Machtinstrument

der konservativen Führung

290 Abgeordnete, 123 legten aus Protest ihr Mandat nieder

Ausschluss von rund 2500 reform-orientierten Kandidaten von der Parlamentswahl am 20. Februar

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7.6 Karte des Iran

©2004 Microsoft Corporation

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8. Literaturverzeichnis Quelle: (Alle Angaben: Titel: Untertitel; Autor(en); Ort + Jahr) Ayatollah Khomeini: Leben, Revolution, Erbe; Ulrich Encke; o.O.;o.J. Brennpunkt Mittel-Ost; Fred Halliday; Stuttgart 1981 Der Atem Allahs: Die islamische Welt und der Westen – Kampf der Kulturen?; Bernard Lewis; Wien – München 1994 Der Islam: Eine Einführung; Annemarie Schimmel; Stuttgart 1990 Die Golfregion in der Weltpolitik; versch. Autoren; Stuttgart 1991 Die islamische Herausforderung; Gerhard Konzelmann; München 1988 Die Islamische Republik Iran, Ebert/Fürtig/Müller; Köln 1987 Encarta Enzyklopädie 2005 Build Nr.: 14.0.0.0603 ; versch. Autoren; Redmond 2004Geschichte Irans: Von der Islamisierung bis zur Gegenwart; Monika Gronke; München 2003 Golf Journal; versch. Autoren; Frankfurt a.M. 1991-1992 Iranisches Tagebuch: 5 Jahre Revolution; Hans-Peter Drögemüller; Hamburg 1983 Iran: From Religious Dispute to Revolution; Michael m.J.Fischer; Cambridge, Massachusetts, London 1984 Umbruch im Iran: Augenzeugenberichte – Analysen – Dokumente; Ulrich Tilgner (Hg.); Hamburg 1979