Fachartikel: Euro-Krise

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Lean als nachhaltiges Rezept gegen die Frankenstärke

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Lean als nachhaltiges Rezept gegen die Frankenstärke Von David Moser, Geschäftsführender Partner der Wertfabrik AG

Als die SNB am 15. Januar 2015 den Euro-Mindest-

kurs aufhob, war der Aufschrei gross. Die Exportin-

dustrie und der Tourismus sprachen von einem

existenzbedrohenden Verlust der Wettbewerbsfä-

higkeit mit entsprechenden Konsequenzen auf die

Arbeitsplätze.

Fachartikel

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«Durchschnitt reicht heute nicht mehr»

Die meisten Unternehmen mussten sich Massnahmen überlegen, mit denen die neue Situation bewältigt werden kann. Viele Firmen griffen zum Rezept, Druck auf die Lie-feranten auszuüben, um die Einkaufspreise zu senken. Ebenfalls verständlich ist, aber volkswirtschaftlich weniger nachhaltig, dass viele Unternehmen vermehrt im Euro-Raum einkaufen. Wertschöpfung, Arbeitsplätze, Kaufkraft und Steuereinnah-men werden so ins Ausland verlagert. Andere Firmen verlagern ihre eigene Wert-schöpfung ins Ausland. «Wer nur aus Preisgründen ins Ausland verlagert, hat die He-rausforderung nicht angenommen», soll jedoch schon Wendelin Wiedeking gesagt haben, als er Anfang der 90er-Jahre Porsche sanierte. Viele Firmen haben die Arbeits-zeit erhöht.

Lean Management stärkt alle WettbewerbsfaktorenAlle bisher aufgezählten Massnahmen haben den Nachteil, dass sie meist nur einmal angewandt werden können und ausschliesslich am Wettbewerbsfaktor «Kosten» an-setzen. Es gibt aber noch weitere, ebenso wichtige Wettbewerbsfaktoren. Zu diesen gehören Qualität, Lieferperformance, Innovationskraft, Problemlösungskompetenz und Führungsleistung. Ein wirklich nachhaltiges Rezept gegen die Frankenstärke stützt alle diese Wettbewerbsfaktoren. Lean Management ist dieses Rezept.

Kosten – das Glas ist halbvollIn der Schweiz kostet eine Arbeitsstunde mehr als in Rumänien. Das Glas ist damit aber nicht halbleer, sondern halbvoll. Denn wir können viel dafür tun, dass in dieser teuer bezahlten Stunde effektiv und effizient viel Wertschöpfung betrieben und nicht Zeit vergeudet wird. Das gilt nicht nur im produktiven Umfeld, sondern auch in admi-nistrativen Prozessen, die in vielen Firmen mehr Personen beschäftigen. Lean hat da-mit zu tun, Verschwendungen in allen Prozessen und Abläufen zu reduzieren oder zu eliminieren. Wer Verschwendung aus den Prozessen entfernt, erhöht die Effizienz und reduziert damit Kosten.

Wie gut ist unsere IT-Unterstützung? Werden repetitive Prozesse automatisiert? Be-herrschen wir unsere IT-Systeme? Wie gross ist die Bürokratie, die wir aufgebaut ha-ben? Brauchen wir die Scheingenauigkeit beim gegenseitigen Verbuchen zwischen Abteilungen zur Steuerung der Firma wirklich? Besitzen und leben wir Standards? Be-treiben wir Mehrmaschinenbedienung? Machen wir uns schon Gedanken über Indus-trie 4.0-Konzepte? Vergeuden wir Kosten durch hohe Umrüstzeiten oder unzweck-mässiges C-Teile-Management?

Durchschnitt reicht heute nicht mehr. Wir streben Exzellenz an.

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Qualität – keine KompromisseIm Lean Management hat die Qualität den höchsten Stellenwert. Es werden diesbe-züglich nie Kompromisse akzeptiert. Störungsfreiheit, First-Time-Right, Null-Fehler-Prinzip, Ordnung und Sauberkeit sind Grundelemente der Lean-Philosophie. Lean för-dert die richtige Einstellung gegenüber Fehlern und die Art und Weise, wie mit Fehlern und Problemen umgegangen wird.

Die Schweiz besitzt im Ausland ein Image für hohe Qualität. Das müssen wir nutzen und bewahren. Swissness und Swiss Made sind viel wert.

Lieferperformance – Schnelligkeit und Zuverlässig-keit werden bezahltEine gute Lieferperformance beinhaltet eine kurze Lieferzeit und eine hohe Liefertreue. Lean Management wirkt auf beide Aspekte sehr direkt. Das Eliminieren von Ver-schwendung reduziert die Durchlaufzeiten. Kürzere Rüstzeiten erlauben bei gleicher Wirtschaftlichkeit kleinere Losgrössen und führen damit zu noch kürzeren Durchlauf-zeiten und vor allem zu einer viel höheren Flexibilität und Reaktionsfähigkeit gegen-über Kundenanforderungen. Störungsfreie Prozesse helfen uns, die versprochenen Termine einzuhalten.

Die Kurierdienste wie DHL oder UPS machen es uns vor. Kunden sind bereit, für Schnel-ligkeit, Flexibilität, Verlässlichkeit und Verbindlichkeit mehr zu bezahlen. Diese Karte müssen wir ausspielen, wenn wir bei Kunden in unserer Nähe gegen weit entfernte Wettbewerber oder gegen unflexible Grossunternehmen aus der EU antreten.

Innovationsfähigkeit – kurze Time-to-Market hoch-wertiger ProdukteLean Development beinhaltet acht Handlungsfelder und hat das Ziel, die Time-to-Mar-ket für neue Produkte und Dienstleistungen drastisch zu reduzieren.

«Kurze Durchlaufzeiten und hohe Flexibilität»

Technologie-management

Strategie

Quality FunctionDeployment Produktgestaltung

Organi-sation

Führung ProzessProjekt-abwick-lung

Strukturierte Innovation und Produktentwicklung mit den acht Handlungsfeldern des Lean Developments.

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Die Innovationskraft darf sich nicht auf die Entwicklung neuer Produkte oder neuer Dienstleistungen beschränken (Doblin Innovation Modell). Gefragt sind auch neue Ge-schäftsmodelle, neue Vertriebskanäle, neue Strukturen im Unternehmen, neue Pro-zesse und Abläufe, neue Netzwerke oder Zusatzangebote. Wie können wir unsere Mar-ke und unseren Brand stärken und auf dem Markt bekannt machen? Was können wir tun, um unsere Kunden langfristig an uns zu binden?

Es wird uns in der Schweiz immer schwer fallen, die Kostenführerschaft zu haben, aber wir haben gute Voraussetzungen, die Führerschaft in Technologie, Funktionalität, Ser-vice und Marke zu gewinnen.

Problemlösungskompetenz und Führungsleistung als KernkompetenzenViele Firmen nehmen sich im Tagesgeschäft nicht die Zeit, Probleme strukturiert anzu-gehen und nachhaltig zu lösen. Man beschränkt sich darauf, in «Feuerwehraktionen» Symptome zu bekämpfen.

Lean Management legt einen starken Fokus darauf, Probleme nachhaltig zu lösen, und stellt dafür auch wirksame Werkzeuge zur Verfügung. Dazu gehört, Prozesszustände zeitnah zu visualisieren, um Abweichungen sofort zu erkennen und Gegenmassnah-men einzuleiten. Im Mitarbeiter-KVP gehen die Mitarbeiter systematisch kleinere Pro-bleme aus dem Tagesgeschäft an. Der PDCA-Kreislauf bildet die Grundlage für den A3-Report zur nachhaltigen Lösung von grösseren Problemen. In Lean-Projekten und Lean-Workshops werden kontinuierlich Mitarbeiter in der strukturierten Abarbeitung eines Problems geschult. Somit wird Problemlösung zu einer Kernkompetenz im Un-ternehmen.

«Probleme nachhaltig lösen»

Deming-Kreislauf

1. Plan

2. Do3. Check

4. Act

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Machen Sie auch die Führungsleistung zu einer Kernkompetenz. Die Kennzahlen wi-derspiegeln immer direkt die Führungsleistung. Die Aufgaben der Führungskräfte un-terscheiden sich dabei stufenabhängig. Während die Geschäftsleitung dafür zu sorgen hat, dass das Unternehmen nebst Vision und Mission eine klare Strategie besitzt, hat das mittlere Management die Aufgabe, die klassischen Wettbewerbsfaktoren Qualität, Kosten und Lieferperformance zu stärken, indem sie kontinuierlich Prozesse optimie-ren. Die Führungskräfte auf der tiefsten Stufe sorgen für die Einhaltung der etablierten Standards.

Kompromisslose KundenorientierungAllen Führungskräften gemeinsam sind folgende zwei Aufgaben: Erstens für eine kom-promisslose Kundenorientierung in ihrem Verantwortungsbereich zu sorgen. Dabei ist nicht nur an den externen Kunden zu denken, sondern auch an die vorhandenen inter-nen Kunden-Lieferanten-Beziehungen. Und zweitens, ihre Unterstellten herauszufor-dern, sie zu fördern, weiterzuentwickeln und zu unterstützen. «Before you are a leader, success is all about growing yourself. When you become a leader, success is all about growing others» (John Francis «Jack» Welch).

Ein mehrstufiges Shopfloor Management verbunden mit einer zweckmässigen Visu-alisierung, Go, See & Ask, gezieltem Mentoring und dem Problemlösungsprozess sind mächtige Lean-Instrumente, die diese Aufgaben unterstützen.

«Mitarbeiter herausfordern und unterstützen»

Traditionell

Basiere Entscheide auf Reports und ERP-Systemen.

Führungskräftekennen die realenProzesse nicht.

Sehr geringerRealitätsbezug derFührungskräfte.

Lean Management

Genchi Genbutsu: Go & See & Ask,persönliche Verifikation der Fakten vor Ort.

Führungskräftekennen die realenProzesse.

Sehr hoherRealitätsbezug derFührungskräfte.

SFM als wichtiges Lean-Führungsinstrument zur sofortigen Adressierung von Abweichungen

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KontaktWertfabrik AG, Birchstrasse 2, 8472 Seuzach, Telefon +41 52 335 55 00 David Moser, Geschäftsführender Partner, [email protected]

Wertfabrik steht für umsetzungsstarke Lean-Berater – Macher mit breiter Industrieer-fahrung, praxiserprobt, fundiert ausgebildet und methodisch sattelfest. Wir arbeiten mit durchgehender Methodik und breit abgestützten Ressourcen und garantieren Erfolg in allen Wertschöpfungsbereichen. Optimale und schlanke Prozesse sind unsere Kernkompetenz. Wir entwickeln mit Ihnen Strategien, damit Ihr Lean- Projekt zum langanhaltenden Erfolg wird. Weitere Informationen zu Wertfabrik finden Sie unter www.wertfabrik.ch/de

Blut, Schweiss und TränenViele Firmen haben diese nachhaltigen Vorteile von Lean Management gegenüber allen kurzfristigen Massnahmen erkannt und haben Lean-Aktivitäten gestartet. Die exzellen-ten Firmen haben damit schon vor Jahren begonnen und waren entsprechend gut auf den unerwarteten Schritt der SNB vorbereitet.

Trotzdem ist es erstaunlich, dass nicht viel mehr Unternehmen auf den Lean-Zug auf-springen. Die Gründe liegen wohl darin, dass die Führungskräfte den Aufwand scheuen, ihr Unternehmen einer Lean-Transformation zu unterziehen. Der Aufwand ist tatsächlich nicht zu unterschätzen. Eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung zu etablieren, ist anstrengend und benötigt viel Zeit. Sie wird nie zum Perpetuum Mobile werden, sondern benötigt ständig Energie, die von den Führungskräften investiert werden muss. Lean ist kein befristetes Projekt, sondern ein langfristiges Engagement, eine Philosophie, Kultur und Strategie. Einige Mitarbeiter und Führungskräfte können nicht mit Veränderungen umgehen und werden zwangsläufig dabei auf der Strecke bleiben.

Aber wer bereit ist, die Herausforderung anzunehmen und den Lean-Weg konsequent beschreitet, wird die Ernte einfahren. Vielleicht nicht so schnell, wie ein kurzfristiges Drücken der Einkaufspreise, aber viel nachhaltiger und langfristig effektiver, weil mit dem Lean-Ansatz alle relevanten und wichtigen Wettbewerbsfaktoren gestärkt werden und somit das Unternehmen auf die Zukunft und weitere Krisen vorbereitet wird. Wir wollen mit Lean Management so gut werden, dass die Kunden gar nicht anders können, als bei uns zu kaufen.

«Lean – ein langfristiges Engagement»