Fachreferat B Struktur- und Kohäsionspolitik EUROPÄISCHE ...

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VERMERK Fachreferat B Struktur- und Kohäsionspolitik EUROPÄISCHE HAFENPOLITIK UND DERZEITIGE INTERNATIONALE ENTWICKLUNGEN IM BEREICH DER SEESCHIFFFAHRT 2008 DE ━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━ VERKEHR UND FREMDENVERKEHR ━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━

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VERMERK

Fachreferat BStruktur- und Kohäsionspolitik

EUROPÄISCHE HAFENPOLITIK UND DERZEITIGE INTERNATIONALE ENTWICKLUNGEN IM

BEREICH DER SEESCHIFFFAHRT

2008 DE━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━ VERKEHR UND FREMDENVERKEHR━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━━

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Generaldirektion Interne Politikbereiche der Union

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik

VERKEHR UND FREMDENVERKEHR

EUROPÄISCHE HAFENPOLITIK UND DERZEITIGE INTERNATIONALE ENTWICKLUNGEN IM BEREICH DER

SEESCHIFFFAHRT

THEMENPAPIER

Inhalt:

Die Erweiterung des Panamakanals, zu der die Bauarbeiten im September 2007 begonnen haben, sowie das stetige Wachstum in Indien und China haben erhebliche Auswirkungen auf einige europäische Häfen mit Blick auf Wettbewerbsfähigkeit, Organisation und Kapazität, die in diesem Themenpapier untersucht werden.

IP/B/TRAN/FWC/2006-156/lot5/C1/SC2 27/05/2008 PE 405.394 DE

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Diese Studie wurde vom Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments in Auftrag gegeben. Sie erscheint in folgenden Sprachen:

- Original: EN. - Übersetzungen: DE, ES, FR, IT.

Verfasser: Buck Consultants International* ISL**

Catram Consultants***

Zuständiger Beamter: Herr Nils Danklefsen Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Europäisches Parlament B-1047 Brüssel E-Mail: [email protected] Redaktionsschluss: Mai 2008

Die Studie liegt im Internet vor: www.europarl.europa.eu/activities/expert/eStudies.do?language=EN Brüssel, Europäisches Parlament, 2008.

Die hier vertretenen Auffassungen geben die Meinung der Verfasser wieder und entsprechen nicht unbedingt dem Standpunkt des Europäischen Parlaments.

Nachdruck und Übersetzung - außer zu kommerziellen Zwecken - mit Quellenangabe gestattet, sofern der Herausgeber vorab unterrichtet und ihm ein Exemplar übermittelt wird.

* Karel Vanroye, Bart van Mol, ** Holger Kramer *** Gilbert Meyer

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Europäische Hafenpolitik und derzeitige internationale Entwicklungen im Bereich der Seeschifffahrt

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Zusammenfassung

Mit seiner einzigartigen Lage an der engsten Stelle zwischen Atlantik und Pazifik ist der Panamakanal eine wichtige Verbindung auf den Ost-West-Seehandelsrouten zwischen Europa und der Westküste Nordamerikas sowie zwischen Asien und der Ostküste Nordamerikas. Darüber hinaus ist er eine wichtige Handelsroute zwischen den Ost- und Westküsten Nord- und Südamerikas. Der größte Anteil am Verkehr durch den Panamakanal entfällt auf Verkehrsbewegungen zwischen Asien und der Ostküste Nordamerikas. Mit einem Anteil von etwa 16,5 % aller Verkehrsbewegungen durch den Kanal steht die Handelsroute zwischen Europa und der Westküste Nordamerikas an zweiter Stelle. Die maximal zulässige Schiffsgröße für den Kanal ist begrenzt und entspricht der so genannten „Panamax-Klasse“. Diese Schiffe haben im Allgemeinen eine Kapazität von 5000 TEU bzw. eine Tragfähigkeit von 60 000-80 000 dwt1. Nach seiner Erweiterung wird der Kanal 2014-2015 für Containerschiffe von bis zu 12 000 TEU oder für Massengutfrachter von bis zu 130 000–140 000 dwt befahrbar sein. Der Ausbau zielt darauf ab, die Wettbewerbsposition des Panamakanals in dem stark wachsenden und sich rasch wandelnden Marktumfeld des weltweiten Seehandels aufrechtzuerhalten oder sogar zu verbessern. Der starke Anstieg des Seehandels ist vor allem auf folgende Entwicklungen zurückzuführen: • das weltweite Wirtschaftswachstum; • die Liberalisierung des Handels, die Globalisierung und das Off-Shoring2; • die geringeren Transportkosten infolge von Kostendegressionseffekten bei der

Seeschifffahrt und den Logistikketten. Diese Entwicklungen haben bei den meisten Flotten der Welt zu einem starken Anstieg der Kapazität (vor allem im Containermarkt) sowie zu einer Zunahme der durchschnittlichen Schiffsgrößen geführt. Darüber hinaus sind die Strukturen der Logistikketten im Wandel begriffen. Drei Kernpunkte spielen eine maßgebliche Rolle für den Erfolg einer Logistikkette, die unter anderem den Transport auf dem Seeweg umfasst: • die Gesamttransportkosten; • die Fahrplanzuverlässigkeit; • die Transitzeiten. Ohne die Erweiterung wird der Kanal seine maximale nachhaltige Kapazität zwischen 2009 und 2012 erreichen. Nach Erreichung der Kapazitätsgrenzen wird es zu Verkehrsüberlastungen kommen, die zu Verspätungen, Nichteinhaltung der Fahrpläne von Linienschiffen und zusätzlichen Kosten für die Schiffseigner führen, welche sich dann nach alternativen Routen umsehen werden. Es gibt folgende Alternativen: • das intermodale Verkehrssystem der USA (Landbrücke), derzeit die stärkste Konkurrenz

für den Panamakanal; • den Suezkanal für die Handelsroute zwischen Asien und der Ostküste Nordamerikas; • die Passage um Kap Hoorn.

1 Deadweight tonnes = Maßeinheit für die Tragfähigkeit eines Schiffs in metrischen Tonnen. 2 Off-Shoring: Verlagerung von Teilen der Produktion in überseeische Produktionsgebiete.

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In Anbetracht des starken Wachstums des Seehandels werden nach der Erweiterung des Panamakanals auf den Loops, die durch diesen Kanal führen, statt der derzeit eingesetzten Schiffe mit einer Kapazität von 5 000 TEU voraussichtlich größere Schiffe mit 8000-12 000 TEU zum Einsatz kommen. In den Massengutsegmenten wird darüber hinaus ein Zuwachs bei der durchschnittlichen Schiffsgröße erwartet, was vor allem zu einer Verlagerung im mittleren Segment der Massengutflotten führen wird. Daher wird die Erweiterung des Panamakanals voraussichtlich den derzeitigen Trend zur Zunahme der Schiffs- und Frachtgrößen verstärken. Es steht außer Zweifel, dass dieser Trend Folgen für die Handelsströme zu den europäischen Seehäfen haben wird, die das Eingangstor zu einem der wichtigsten Märkte der Welt darstellen. Allerdings werden sich die Auswirkungen der Erweiterung auf die europäischen Seehäfen in Grenzen halten. Auch die Präsenz Chinas und Indiens und ihr Einfluss auf die künftige Entwicklung des Seehandels und –verkehrs werden Auswirkungen auf die europäischen Häfen haben, insbesondere was den Containerverkehr betrifft. Europa ist in zunehmendem Maße abhängig von Ressourcen, die in asiatischen Ländern hergestellt werden, sei es nun in China, Japan, den „Drachenländern“, den „Tigerländern“ oder Indien. Kommissionsmitglied Mandelson stellte fest, dass allein der Anteil von China und Indien an allen in der EU verbrauchten gewerblichen Erzeugnissen bis zum Jahr 2020 auf 50 % anwachsen könnte. Derzeit sind es weniger als 20 %. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde die Containerschiffsroute Asien-Europa zur größten Seehandelsroute der Welt; seit 2004 liegt sie sogar noch vor den Routen zwischen Nordamerika und Asien. Das Wachstum dieser Handelsströme, das von China angeheizt wird, wurde in dieser Größenordnung nicht vorausgesehen. Der seit 2001 verzeichnete Trend ist bemerkenswert. Von 2005 bis 2010 wird sich der Verkehr auf der westgehenden Containerhandelsroute zwischen Asien und Europa möglicherweise von 12,6 auf 25,2 Mio. TEU verdoppeln, während vor sieben Jahren für das Jahr 2005 lediglich 5,8 Mio. TEU prognostiziert wurden. China, der größte Akteur, hat 2007 über seine Häfen etwa 110 Mio. TEU und insgesamt 5 Mrd. Tonnen umgeschlagen. Von Indien als kleinerem Akteur wurden 2007 „nur“ 520 Mio. Tonnen umgeschlagen. Der Großteil des unerwarteten Zuwachses beim Containerverkehr entfällt auf China, dessen Containerverkehr sich innerhalb von sechs Jahren vervierfacht und 2007 die 110-Millionen-TEU-Marke überschritten hat. In Shanghai seinerseits war in diesem Segment ein Anstieg von 4,2 Mio. TEU im Jahr 1999 auf 24 Mio. TEU im Jahr 2007 zu verzeichnen. Diese Entwicklung ist auf die neuen Mega-Frachtschiffe (10 000 TEU+) zurückzuführen; die auf die Fahrt zwischen Asien und Europa spezialisierten Schiffe ermöglichen angesichts steigender Kraftstoffpreise eine Verringerung der Frachtraten. Indien generiert 15-mal weniger Containerverkehr als China. Der Handel zwischen Westasien und Europa bleibt also weit hinter dem Handel zwischen Ostasien und Europa zurück. Allerdings liegt das Verkehrsaufkommen des größten indischen Hafens auf dem Stand, den Shanghai 1999 verzeichnete. Und Indien beabsichtigt, die Containerkapazität bis 2010 zu verdoppeln. Somit kann von einer Fortsetzung des explosiven Wachstums (+25 % pro Jahr) ausgegangen werden.

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Die Unpaarigkeit zwischen dem ostgehenden Verkehr und dem westgehenden Verkehr auf der Handelsroute Asien-Europa besteht schon seit langem. Infolgedessen stellt die Rückführung der leeren Container auf dieser Route ein großes Problem dar. Das schlägt sich in den Frachtraten nieder, die – vor Zuschlägen und Terminalumschlagsgebühren (THC) - in der einen Richtung vier- bis sechsmal niedriger sind als in der anderen. Dies wird für diese Handelsroute zwangsläufig auch in Zukunft eine erhebliche Beschränkung bleiben. Aufgrund dieser Unpaarigkeit werden nunmehr einige Massengüter und Massenstückgüter in Containern befördert. Ein typisches Beispiel dafür ist Stahl. Eines der ersten in Containern beförderten Massengüter war Malz, gefolgt von Getreide. Dieser Trend wird sich in ostgehender Richtung wahrscheinlich ausweiten, als Ergänzung zu den üblicherweise beförderten Ballen von Kunststoff- und Papierabfällen, die derzeit zu den Haupttransportgütern im ostgehenden Verkehr zählen. Was die landesweite Verbreitung dieses Modells betrifft, ist China wesentlich weiter als Indien, und auf die chinesischen Containerhäfen entfallen gut 20 % des weltweiten Hafenumschlags. Indien ist jedoch auf demselben Weg, und wenn alles gut geht, dann ist dort mit Ausfuhren aus den zahlreichen Freihandelszonen zu rechnen, die vor allem entlang der Meeresküsten entstanden sind. Somit dürfte sich die Vorherrschaft dieser zwei Länder auf dem asiatischen Markt nicht nachteilig auf die europäischen Häfen auswirken. Bislang waren die nordeuropäischen Häfen (Nordrange) ungeachtet ihrer am weitesten von Asien entfernten geografischen Lage für den Verkehr aus Asien von vorrangiger Bedeutung. Was die Ausfuhren betrifft, so kann die Erklärung (abgesehen von entsprechenden kaufmännischen Erwägungen) darin liegen, dass die Frachtkosten für die Beförderung eines 20-Fuß-Containers von Europa nach Asien geringer sind als die Beförderung eines solchen Containers auf der Straße über eine Strecke von etwa 200 km. Daher macht es, sofern es nicht aus zeitlichen Gründen erforderlich ist, keinen Sinn, südeuropäische Häfen zu nutzen, weil in diesem Fall der Landtransport erheblich höhere Kosten verursachen würde. Bei den Einfuhren (westgehend) sind die Frachtkosten wesentlich höher, und der Preisunterschied zwischen den südeuropäischen und den nordeuropäischen Häfen fällt geringfügig zugunsten der nordeuropäischen Häfen aus. So sind die Kosten bei einem Container, der an der Mittelmeerküste entladen wird, von Anfang an um einige hundert Euro höher. Daher sind die Einzugsgebiete der südeuropäischen Häfen kleiner als ihre geografische Lage vermuten lässt. Das kann sich jedoch ändern. Im Mittelmeerraum erfolgte der Transport meist über Hub-Ports, in denen die Container auf Feederschiffe (Zubringer) verladen wurden. Daher waren die Frachtraten dort höher als in den Häfen der Nordrange. Um von der außerordentlichen Dynamik Russlands und seiner Nachbarländer zu profitieren, haben einige Schifffahrtsgesellschaften in letzter Zeit neue Linien von Asien zur östlichen Mittelmeerregion und zur Schwarzmeerregion eröffnet, auf denen größere Schiffe eingesetzt werden. Das kann den zunehmenden Trend zur Umladung ausgleichen und die Lage der südeuropäischen Häfen erleichtern. Seit 2001 sind die jährlichen Wachstumsraten von 10 % im Containerverkehr das drängendste Problem für die europäischen Häfen. Das Wachstum ist ungleich verteilt und konzentriert sich auf die Hub-Ports und insbesondere auf die Häfen mit hohen Anteilen am Asienverkehr,

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wobei in der Vergangenheit das aggressive Exportwachstum Chinas eine größere Rolle gespielt hat als der Handel mit Indien. In Zukunft wird China bei der Entwicklung des Containerverkehrs weiterhin das Tempo vorgeben. Gegenüber dem starken Wachstum, das für den Zeitraum 2006-2010 vorausgesagt wird, dürfte es der jüngsten umfassenden Prognose zufolge langfristig zu einem Rückgang der Wachstumsraten kommen. Der Containerverkehr wird jedoch das am schnellsten wachsende Segment des europäischen Seehandels bleiben. Eine der Folgen dieser starken Wachstumsraten ist die deutliche Zunahme der Schiffsgrößen. Mit Stand vom 1. Januar 2008 sind 314 ultragroße Containerschiffe (>=8000 TEU) in Auftrag, darunter einige mit einem Tiefgang bis zu 16,0 m. Diese Schiffe werden wahrscheinlich in naher Zukunft im Verkehr zwischen Fernost und Europa und im Transpazifikverkehr eingesetzt, und die Erweiterung des Panamakanals wird die Nachfrage nach größeren Schiffen sogar noch weiter anheizen. Das hat für die nordeuropäischen Häfen vor allem drei schwerwiegende Folgen: • Die größeren Schiffe werden weniger europäische Häfen anlaufen, sodass in den

einzelnen Häfen mehr Container entladen werden und der Druck auf die Hinterlandverbindungen der Hub-Ports zunimmt.

• Werden weniger Häfen angelaufen, steigt der Bedarf an Umschlagdiensten. • In Anbetracht der wachsenden Flotte großer Schiffe sind angemessene

Liegemöglichkeiten in den Hub-Ports erforderlich. In den großen Hub-Ports sind derzeit Liegeplätze mit einer Länge von 400 m und einer Hafenbeckentiefe von 14,5 bis 15 Metern die Norm.3

Nach dem Basisszenario wird die Hafenkapazität der deutschen Nordseehäfen sowie der russischen Häfen und der Häfen der baltischen Staaten um das Jahr 2015 nahezu vollständig, d. h. bis an die Höchstgrenze ausgeschöpft. Auch für die östliche Mittelmeerregion/ Schwarzmeerregion wird die Hafenkapazität Prognosen zufolge bis zu diesem Jahr bei hohem Verkehrsaufkommen zu einem begrenzenden Faktor. Die Kapazitätsproblematik beim Containerverkehr geht also über die reine Terminalumschlagskapazität hinaus. Der Bedarf an effizienter Hinterlandlogistik ist für alle Häfen ein herausragendes Thema. Schon jetzt kommt es mitunter zu Verkehrsüberlastungen im Straßen- und Schienenverkehr. Dies wird in Anbetracht des Wachstums, das den oben genannten Prognosen zufolge zu erwarten ist, noch zunehmen. Der Transport von Massengütern und vor allem die Wahl des Hafens für das Be- und Entladen hängen in hohem Maße von der Produktion bzw. dem Verbrauch im Hinterland ab. Dies ist auf den relativ geringen spezifischen Wert von Massengutladungen und auf die daraus resultierende Tatsache zurückzuführen, dass es bei den Handelsrouten keine Flexibilität mit Blick auf zusätzliche Transportkosten gibt. Global Insight prognostiziert für den Zeitraum von 2006 bis 2025 für den europäischen Massengutmarkt eine langfristige Wachstumsrate von 1,47 %. Der Einfluss Indiens und Chinas auf den europäischen Massengutverkehr kann als minimal betrachtet werden, weil der Umschlag weiterhin unwirtschaftlich sein wird. Ebenso wie beim Containertransportmarkt wird sich das Wachstum in Abhängigkeit von zahlreichen Faktoren 3 Siehe auch OSC 2007.

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ungleich auf die europäischen Häfen verteilen. Allerdings ist die Kapazitätsproblematik nicht so leicht zu erfassen wie beim Containertransportmarkt, da hierfür intensive Untersuchungen zu jedem einzelnen Hafen erforderlich wären. Es lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen: • Die Erweiterung des Panamakanals wird dazu führen, dass europäische Häfen von

größeren Schiffen angelaufen werden und dass wachsende Frachtgrößen umgeschlagen werden müssen. Das Umschlagvolumen wird sich jedoch nicht wesentlich erhöhen.

• Zu einer Erhöhung des Volumens wird es infolge des Handels zwischen Asien und Europa kommen, bei dem China auch weiterhin eine führende Rolle spielen wird. Indien erreicht trotz seines raschen Wachstums bislang noch nicht das Niveau Chinas.

• Der Containerhandel wird das stärkste Segment des Seehandels bleiben. Wenngleich sich das Wachstum voraussichtlich gegenüber den zweistelligen Wachstumsraten des vorangegangenen Jahrzehnts verlangsamen wird, ist das bis 2025 prognostizierte Wachstum nach wie vor hoch. Das Volumen des Containerhandels wird sich den Prognosen zufolge bis 2025 verdreifachen. Dies wird in Verbindung mit den zunehmenden Flotten- und Schiffsgrößen zu einem zusätzlichen Bedarf an ausreichenden Liegekapazitäten in europäischen Seehäfen führen.

Das Konzept der Hinterland-Hubs – wie Duisburg – ist wichtig, um die bestehende Hafenkapazität in der Nordrange und in der Südrange voll auszuschöpfen. Die Schaffung solcher Hubs sollte gefördert werden.

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Abkürzungen

DWT Deadweight Tonnage - Tragfähigkeit in Tonnen

ESPO European Seaports Organisation – Organisation der europäischen Seehäfen

NAEC North American East Coast – Ostküste Nordamerikas

NAWC North American West Coast – Westküste Nordamerikas

PPP Public Private Partnership – Partnerschaft zwischen öffentlichem und privatem Sektor

TEU Twenty Foot Equivalent Unit - 20-Fuß-Einheit

THC Terminal Handling Charges – Terminalumschlagsgebühren

ULCC Ultra Large Container Carrier – ultragroßes Containerschiff / Ultra Large Crude Carrier – ultragroßer Rohöltanker

USA Vereinigte Staaten von Amerika

USEC United States East Coast – Ostküste der USA

USWC Unites States West Coast – Westküste der USA

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Tabellenverzeichnis

Tabelle 1.1. Derzeitige und künftige Abmessungen der Schleusen und maximal zulässige Schiffsabmessungen 2

Tabelle 1.2. Vergleich der alternativen Routen zwischen Asien und Nordamerika 7

Tabelle 1.3. Vergleich der alternativen Routen zwischen Europa und Nordamerika 8

Tabelle 1.4. Durchschnittliche Größe der Containerschiffe auf den wichtigsten Containerhandelsrouten (in TEU) 10

Tabelle 1.5. Durchschnittliche Schiffsabmessungen 11

Tabelle 3.1. Entwicklung des europäischen Containerverkehrs 1991-2006 21

Tabelle 3.2. Prognose für den europäischen Containerverkehr bis 2025 - Basisszenario, niedriges Szenario, Hochrisikoszenario 22

Tabelle 3.3. Ausgewählte europäische Regionen/Länder, in denen die Kapazität für den Containerverkehr nach dem Basisszenario bis 2015 einen kritischen Stand erreicht 23

Tabelle 3.4. Prognose für den Massengutverkehr nach/von Europa 25

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1.1. Seehandelsrouten, die durch den Panamakanal führen 1

Abbildung 1.2. Intraregionaler und interregionaler Handel ausgewählter Regionen, 2006, Anteil am Gesamtvolumen des weltweiten Warenhandels in Milliarden USD 2

Abbildung 1.3. Umgehung des Panamakanals auf alternativen Routen 5

Abbildung 2.1. Indizes für das Weltwirtschaftswachstum (BIP), die Industrieproduktion der OECD-Länder, die Weltwarenexporte (Volumen) und den Seehandel (Volumen), 1994-2006 13

Abbildung 2.2. Containerverkehr zwischen Asien und Europa, westgehend (tausend TEU) 14

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Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung iii

Abkürzungen viii

Tabellenverzeichnis ix

Abbildungsverzeichnis ix

1. Folgen der Erweiterung des Panamakanals 1 1.1. Einleitung 1 1.2. Gründe für die Erweiterung des Panamakanals 3 1.3. Alternative Routen 5 1.4. Auswirkungen auf Verkehrsströme und Handelslinien 8

2. Projektionen in Bezug auf den Seehandel: der Einfluss Chinas und Indiens auf die künftige Entwicklung des Seehandels 13 2.1. Die jüngste Geschichte der wichtigsten Verkehrsströme 13 2.2. Der Einfluss Chinas und Indiens auf europäische Häfen 17 2.3. Hubs kontra Direktverbindungen 19

3. Prognosen für den europäische Seehandel 21 3.1. Containerverkehr 21 3.2. Massengutverkehr 25

4. Fazit 27

Literaturverzeichnis 29

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1. Folgen der Erweiterung des Panamakanals

1.1. Einleitung

Mit seiner einzigartigen Lage an der engsten Stelle zwischen Atlantik und Pazifik ist der Panamakanal eine wichtige Verbindung auf einigen Ost-West-Seehandelsrouten. Er erstreckt sich über eine Länge von mehr als 90 km und bildet eine Passage auf den Routen zwischen Asien und der Westküste Nordamerikas (NAWC) und zwischen Europa und der Ostküste Nordamerikas (NAEC). Darüber hinaus ist der Panamakanal eine wichtige Handelsroute zwischen den Ost- und Westküsten Nord- und Südamerikas und Kanadas. In Abbildung 1.1. sind die wichtigsten Seehandelsrouten dargestellt, die durch den Panamakanal führen.

Abbildung 1.1. Seehandelsrouten, die durch den Panamakanal führen

Quelle: Buck Consultants International

Abbildung 1.2 zeigt den Anteil der Warenströme zwischen Nord- und Südamerika und zwischen dem amerikanischen Kontinent und Asien und Europa am Gesamtwert des weltweiten Warenhandels im Jahr 2006 (etwa 20 % des Gesamtwerts des weltweiten Warenhandels). Aus dieser Zahl lässt sich ableiten, dass die höchsten Werte des Warenhandels zwischen Asien und Nordamerika und zwischen Europa und Nordamerika erzielt wurden. Daher überrascht es nicht, dass der größte Anteil am Verkehr durch den Panamakanal auf Verkehrsbewegungen zwischen der Ostküste Nordamerikas und dem Fernen Osten entfällt. Die Handelsbewegungen zwischen Europa und der Westküste Nordamerikas machen die zweitgrößte Handelsroute aus. Im Jahr 2007 hatte der Handel von und nach Europa einen Anteil von 16,5 % am Gesamtvolumen der durch den Panamakanal beförderten Waren.

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Abbildung 1.2. Intraregionaler und interregionaler Handel ausgewählter Regionen, 2006, Anteil am Gesamtvolumen des weltweiten Warenhandels in Milliarden USD

6.1%

North America

Central & South

America

Europe

2%

8.7%

7.7%

0.9%

Asia

31%

13.9%

1.1%

1.3%

Quelle: Buck Consultants International, angepasst auf der Grundlage von WTO-Angaben (2007)

Legende zu Abbildung 1.2 Asia – Asien North America – Nordamerika Europe – Europa Central & South America – Zentral- und Südamerika Die derzeit maximal zulässige Schiffsgröße für den Kanal ist begrenzt. Tabelle 1.1. bietet einen Überblick über die derzeitigen und künftigen Abmessungen der Schleusen und die maximalen Schiffsabmessungen.

Tabelle 1.1. Derzeitige und künftige Abmessungen der Schleusen und maximal zulässige Schiffsabmessungen

Derzeitige Situation Künftige Situation ab 2014-2015 Schleusenabmessungen Schleusenabmessungen

Länge 304 m Länge 427 m Breite 33,53 m Breite 55 m Tiefe - Tiefe 18,3 m

Maximale Schiffsabmessungen Maximale Schiffsabmessungen Länge 294 m Länge 366 m Breite 32,3 m Breite 49 m Tiefgang4 12 m Tiefgang 15,2 m

Quelle: Panamakanal-Behörde

4 Maximaler Tiefgang in tropischem Süßwasser. Süßwasser hat eine geringere Dichte als Meerwasser. Daher

ist die von einem Schiff verdrängte Wassermenge bei Süßwasser größer. So hat beispielsweise ein Panamax-Containerschiff, dessen Tiefgang in Meerwasser 11,7 m beträgt in Süßwasser einen Tiefgang von 12 m, d. h. der Unterschied beträgt etwa 30 cm.

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Die derzeitige maximale Schiffsgröße entspricht der so genannten „Panamax-Klasse. Schiffe dieser Klasse sind auf die größtmögliche Kapazität für die Durchquerung des Panamakanals ausgelegt; sie haben im Allgemeinen eine Kapazität von 5000 TEU5 bzw. eine Tragfähigkeit von 60 000-80 000 dwt. 1.2. Gründe für die Erweiterung des Panamakanals

Das Marktumfeld des weltweiten Seehandels hat sich in den letzten Jahren wesentlich verändert. Der starke Anstieg des Seehandels ist vor allem auf die folgenden drei Entwicklungen zurückzuführen: • das weltweite Wirtschaftswachstum; • die Liberalisierung des Handels, die Globalisierung und das Off-Shoring; • die geringeren Transportkosten infolge von Kostendegressionseffekten im Bereich der

Seeschifffahrt und der Logistikketten. Diese Entwicklungen haben bei den meisten Flotten der Welt (vor allem im Containermarkt) zu einem starken Anstieg der Kapazität sowie zu einer Zunahme der durchschnittlichen Schiffsgrößen geführt. Darüber hinaus ändern sich die Strukturen der Lieferkette. Die geografischen Entfernungen zwischen den verschiedenen Stufen innerhalb eines Produktionssystems nehmen zu. Mit Blick auf den Seefrachtverkehr spielen drei Kernpunkte eine maßgebliche Rolle für den Erfolg auf der Lieferkettenebene: • die Gesamttransportkosten; • die Transportzuverlässigkeit; • die Transitzeiten. Vor diesem Hintergrund versucht die Panamakanal-Behörde, die Wettbewerbsposition des Kanals zu wahren, indem sie ihn erweitert. 1.2.1. Transitzeiten Für die Fahrt durch den Panamakanal braucht ein Schiff durchschnittlich 24 Stunden. Dies ist offensichtlich sehr viel weniger Zeit und eine sehr viel geringere Entfernung als bei alternativen Routen. So verkürzt sich beispielsweise bei einem Schiff, das von der Ostküste Nordamerikas nach Japan fährt, die Entfernung bei der Fahrt durch den Kanal um etwa 4800 km gegenüber dem kürzesten alternativen Seeweg.6 Bei der Fahrt zwischen der Westküste Nordamerikas und Europa kann ein Schiff etwa 8000 km einsparen (Panamakanal-Behörde). Durch die Erweiterung des Panamakanals wird einem größeren Teil der Weltflotte die Durchfahrt ermöglicht und es können räumliche und zeitliche Vorteile erzielt werden. 1.2.2. Gesamttransportkosten Die räumlichen und zeitlichen Vorteile führen zu Kosteneinsparungen. Die ESPO hat berechnet, dass bei einem Containerschiff jüngerer Bauart mit einer Kapazität von 8500 TEU Festkosten in Höhe von ungefähr 30 000 USD pro Tag (einschließlich Kapital-, Zins- und Darlehens-, Mannschafts- und Wartungskosten) und variable Kosten in Höhe von ungefähr 5 20-Fuß-Einheit = ISO-Standard für die Messung von Containern; wird auch für die Angabe der Kapazität

von Containerschiffen verwendet. 6 Das intermodale Verkehrssystem der USA bildet einen alternativen Landweg. Derzeit hat der Panamakanal

auf der Route zwischen Asien und der Ostküste Nordamerikas einen Marktanteil von 38 % gegenüber dem Marktanteil von 61 %, der auf das intermodale Verkehrssystem der USA entfällt. Der Marktanteil des Suezkanals beträgt lediglich 1 %.

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95 000 USD pro Tag (einschließlich Bunkerkosten, Hafen- und Kanalkosten, Versicherungs- und verschiedene Kosten) anfallen. Ein Vergleich der durchschnittlichen nautischen Entfernung zwischen einem europäischen Hafen und Los Angeles bei der Fahrt durch den Panamakanal und der Entfernung zwischen denselben Häfen bei der Fahrt um Kap Hoorn ist ein gutes Beispiel für die Kostensenkung. Fährt das Schiff durch den Panamakanal, dauert es bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 18-20 Knoten7 etwa 17,5 Tage, bis der Hafen von Los Angeles erreicht ist. Bei der Strecke um Kap Hoorn dauert die Fahrt etwa 10,5 Tage länger. Es liegt auf der Hand, dass bei diesen längeren Transitzeiten zusätzliche Kosten in erheblicher Höhe anfallen. Ein anderes Beispiel betrifft den Markt für den Transport von Trockenmassengütern. Angenommen ein Schiff der Panamax-Klasse hat eine Tragfähigkeit von 80 000 dwt und eine Charterrate von 30 000 USD pro Tag. Bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 15-16 Knoten braucht es für die Strecke um Kap Hoorn etwa 15 Tage zusätzlich, d. h. die Charterkosten wären 450 000 USD höher. Darüber hinaus können die Schifffahrtsgesellschaften, wenn der Kanal für größere Schiffe freigegeben wird, auf den Ost-West-Routen größere Schiffe einsetzen und auf diese Weise Skaleneffekte erzielen. 1.2.3. Fahrplanzuverlässigkeit Nach dem wahrscheinlichsten Nachfrageszenario, das auf der derzeitigen Kapazität des Panamakanals beruht, wird das Frachtvolumen, das den Kanal passiert, zwischen 2005 und 2025 jährlich um durchschnittlich 3 % zunehmen. Somit wird sich die Tonnage im Jahr 2025 gegenüber 2005 nahezu verdoppeln. Vor allem für Containerfracht wird ein starkes Wachstum von durchschnittlich 5,6 % pro Jahr prognostiziert. Die Tatsache, dass diese Wachstumszahlen etwas unter den Zahlen liegen, die für das weltweite Wachstum insgesamt prognostiziert werden, ist vor allem darauf zurückzuführen, dass der rasch zunehmende Handel zwischen Asien und Europa nicht über den Panamakanal läuft. Ohne die Erweiterung wird der Kanal seine maximale nachhaltige Kapazität zwischen 2009 und 2012 erreichen. Nach Erreichung der Kapazitätsgrenzen wird es zu Verkehrsüberlastung kommen, die zu Verspätungen, Nichteinhaltung der Fahrpläne von Linienschiffen und zusätzlichen Kosten für die Schiffseigner führen, die sich dann nach alternativen Routen umsehen werden. 7 1 Knoten = 1 Seemeile / Stunde = 1852 km / Stunde.

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1.3. Alternative Routen

Die alternativen Routen sind das intermodale Verkehrssystem der USA, der Suezkanal und die Passage um Kap Hoorn. Auf diese Routen, die in Abbildung 1.3 dargestellt sind, wird im Folgenden kurz eingegangen.

Abbildung 1.3. Umgehung des Panamakanals auf alternativen Routen

US Intermodal route

Passage via Cape Horn

Suez Canal route

Quelle: Buck Consultants International

Legende zu Abbildung 1.3.

US Intermodal route – Intermodale Route durch die USA Passage via Cape Hoorn – Passage um Kap Hoorn Suez Canal route – Suezkanal-Route

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Das intermodale Verkehrssystem der USA Wie bereits kurz erwähnt, ist das intermodale Verkehrssystem der USA (Landbrücke) der stärkste Konkurrent auf der Ost-West-Route. Bei diesem intermodalen Verkehrssystem handelt es sich um eine Eisenbahnverbindung zwischen der Ostküste und der Westküste der USA, die drei Vorteile bietet: • Auf einem Loop mit wöchentlichem Dienst werden weniger Schiffe benötigt. Um einen

wöchentlichen Dienst zwischen Nordostasien und der Ostküste Nordamerikas anzubieten, sind acht Schiffe erforderlich. Bei der Fahrt durch den Panamakanal ist die durchschnittliche Kapazität jedes Schiffs auf 5 000 TEU begrenzt. Bei etwa 6,5 Hin- und Rückfahrten pro Jahr erreicht ein Schiff eine jährliche Produktivität von 32 000 TEU, d. h. insgesamt beläuft sich die Kapazität auf dem Loop auf etwa 250 000 TEU jährlich. Bei Nutzung der Landbrücke sind für den wöchentlichen Transpazifikdienst nur fünf Schiffe erforderlich.

• Wird die Landbrücke genutzt, so können größere Schiffe eingesetzt werden, die z. B eine Kapazität von 8 000 TEU haben. Mit fünf 8 000-TEU-Schiffen wird dieselbe Kapazität bereitgestellt, jedoch bei höherer Produktivität (80 000 TEU jährlich pro Schiff); außerdem sind Investitionen in geringerem Umfang erforderlich. Beim Einsatz von 12 000-TEU-Schiffen steigt die jährliche Produktivität pro Schiff auf 120 000 TEU. Somit kann eine jährliche Gesamtkapazität von etwa 600 000 TEU bereitgestellt werden. Außerdem können größere Skaleneffekte erzielt werden. Dasselbe gilt für die Routen zwischen Europa und der Westküste Nordamerikas.

• Auf der Ost-West-Route sind die Frachtraten normalerweise etwas niedriger als bei einer Passage durch den Panamakanal, was auf die hohen Kanalgebühren und die höheren zusätzlichen Bunkerzuschläge zurückzuführen ist. Derzeit beläuft sich die durchschnittliche Frachtrate auf der Route zwischen Europa und der Westküste Nordamerikas über den Panamakanal für einen 40-Fuß-Container auf 3300-3500 USD. Die Frachtrate auf der Route zwischen Europa und der Ostküste Nordamerikas beläuft sich auf 2250-2500 USD; hinzu kommen etwa 900 USD für den Landtransport zwischen der Ostküste und der Westküste. Die Transitzeiten sind bei beiden Alternativen etwa gleich. Die durchschnittliche Transitzeit zwischen Europa und der Westküste Nordamerikas über das intermodale Verkehrssystem beträgt 30 bis 34 Tage. Die Ladung muss im Entladehafen abgefertigt werden, d. h. wenn ein Container in einem Hafen an der Ostküste entladen wird, so kann er erst dann zur Westküste befördert werden, wenn die Zollabfertigung erfolgt ist, was einige Tage dauert. Die durchschnittliche Transitzeit zwischen Europa und der Westküste Nordamerikas durch den Panamakanal dauert 27-29 Tage. Rechnet man einige Tage für die Zollabfertigung hinzu, so sind beide Routen mit Blick auf die Transitzeiten miteinander vergleichbar. Für einen zentralen Bestimmungsort in Nordamerika bietet die Ostküste Nordamerikas hingegen sowohl eine Zeit- als auch einen Kostenvorteil.

Die Nutzung der Landbrücke als Alternative hat jedoch auch einige Nachteile: • Kapazitätsprobleme in den Häfen entlang der Westküste infolge der Zunahme des

Handels zwischen Asien und Nordamerika; • Kapazitätsprobleme des intermodalen Verkehrssystems; • Zuverlässigkeitsprobleme infolge von Verkehrsüberlastung und der mangelnden

Integration der operationellen Dienste; • Relativ hohe Kosten, die infolge der Einbeziehung der Umweltkosten in die

Transportkosten voraussichtlich noch weiter steigen werden.

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Der Suezkanal Die Route über den Suezkanal wird hauptsächlich für den Containerfrachtverkehr zwischen Süd- und Südostasien und der Ostküste Nordamerikas genutzt. Derzeit bietet die Route keine wirtschaftliche Alternative für den Handel zwischen Nordostasien und der Ostküste Nordamerikas. Das ist schon daran erkennbar, dass nur 1 % des gesamten Handels zwischen Asien und der Ostküste Nordamerikas auf diese Route entfällt. Wenngleich die Passage durch den Suezkanal keine attraktive Alternative ist, könnte sie für manche Reeder im Fall von Verkehrsüberlastungen in den Häfen an der Westküste Nordamerikas und auf der Landbrücke eine Ausweichmöglichkeit darstellen. Der einzige Vorteil besteht darin, dass größere Schiffe eingesetzt werden können. Für diese Route sind elf Schiffe erforderlich, um einen wöchentlichen Dienst bereitzustellen. Beim Einsatz von 12 000-TEU-Schiffen ergibt sich eine jährliche Produktivität von ungefähr 56 000 TEU pro Schiff. Die bereitgestellte Gesamtkapazität beläuft sich auf 620 000 TEU pro Jahr. Die Investitionskosten sind also wesentlich höher und die Produktivität ist bei weitem geringer als bei der intermodalen Landroute. Andererseits ist die jährliche Gesamtkapazität nur geringfügig höher. Auf der Route durch den Suezkanal fahren die Schiffe durch das Mittelmeer. Sie werden also sehr wahrscheinlich einen oder mehrere Häfen im Mittelmeerraum anlaufen, um beispielsweise Frachten zwischen Südeuropa und der Ostküste Nordamerikas sowie dem Nahen Osten zu befördern. Somit können die Hub-Ports an der Mittelmeerküste zu Anlaufhäfen auf der Route zwischen Asien und der Ostküste Nordamerikas werden, wodurch sich der Druck auf die verfügbare Umschlagkapazität dieser Häfen erhöhen würde. Der Erweiterte Panamakanal Nach dem Ausbau des Kanals wird die Panamaroute für 12 000-TEU-Schiffe befahrbar sein. Somit würde sich die jährliche Produktivität pro Schiff auf 78 000 TEU belaufen, was nach wie vor weniger ist als bei der alternativen Route über die Landbrücke, und die Gesamtkapazität auf der Panamaroute würde etwa 620,000 TEU betragen. Die Zahlen hierzu sind Tabelle 1.2 zu entnehmen. Ausgehend von der Produktivität pro Schiff bietet die Landbrücke durch die USA die beste Alternative. Die jährliche Gesamtkapazität ist zwar etwas geringer, aber durchaus mit den anderen Alternativen vergleichbar.

Tabelle 1.2. Vergleich der alternativen Routen zwischen Asien und Nordamerika

Intermodale Route

durch die USA

Panamaroute (nach der

Erweiterung) Suezroute Anzahl der Schiffe 5 8 11 Kapazität pro Schiff (TEU) 12 000 12 000 12 000 Anzahl der Fahrten pro Jahr 10 6,5 4,7 Jährliche Produktivität pro Schiff (TEU) 120 000 78 000 56 400 Gesamtkapazität pro Schiff (TEU) 600 000 620 000 620 000

Quelle: Buck Consultants International, auf der Grundlage von Zahlen der Panamakanal-Behörde

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Dieselbe Rechnung lässt sich in Bezug auf den Handel zwischen Europa und der Westküste Nordamerikas anstellen. Um einen wöchentlichen Dienst zwischen einem europäischen Hafen und der Westküste Nordamerikas bereitzustellen, sind auf diesem Loop acht Schiffe erforderlich8. Bei Nutzung der intermodalen Landbrücke der USA sind für denselben Dienst nur fünf Schiffe erforderlich. Der in Tabelle 1.3 dargestellte Vergleich zeigt dieselben Ergebnisse wie beim Handel zwischen Asien und Nordamerika, d. h. die höchste Produktivität pro Schiff wird bei Nutzung der intermodalen Landbrücke erzielt; die Gesamtkapazität ist vergleichbar.

Tabelle 1.3. Vergleich der alternativen Routen zwischen Europa und Nordamerika

Panamaroute

(derzeitige Lage) Intermodale Route

durch die USA

Panamaroute (nach der

Erweiterung) Anzahl der Schiffe 8 5 8 Kapazität pro Schiff (TEU) 5 000 12 000 12 000 Anzahl der Fahrten pro Jahr 6,5 10,0 6,5 Jährliche Produktivität pro Schiff (TEU) 32 000 120 000 78 500 Gesamtkapazität pro Schiff (TEU) 260 000 600 000 624 000

Quelle: Buck Consultants International, ausgehend von verschiedenen Schiffsfahrplänen

Kostenersparnisse und Skaleneffekte sind jedoch nicht die einzigen Faktoren, die bei der Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Route eine Rolle spielen. Die verfügbare Kapazität und die Fahrplanzuverlässigkeit – zwei der größten Probleme der Landroute – sind ebenfalls von Bedeutung. Die Passage um Kap Hoorn Schließlich bleibt als letzte alternative Route die Passage um Kap Hoorn. Viele Frachtschiffe zur Beförderung von Trocken- und von Flüssigmassengut werden für die Fahrt durch den Panamakanal nach wie vor zu groß sein. Für diese Schiffe ist die Passage um Kap Hoorn die wirtschaftlichste Alternative. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die neuen Schleusen entsprechend den Abmessungen von Containerschiffen ausgelegt wurden. Der Containerverkehr hat (gemessen am Wert) den größten Anteil am gesamten Verkehr durch den Panamakanal. Außerdem werden für dieses Segment die höchsten Wachstumsraten prognostiziert. 1.4. Auswirkungen auf Verkehrsströme und Handelslinien

Dass die Erweiterung des Panamakanals Auswirkungen auf den europäischen Seeverkehrssektor und auf die Seehandelsrouten haben wird, steht außer Zweifel. Es ist jedoch schwierig, diese Auswirkungen genau vorauszusehen. Einige Trends lassen sich jedoch bereits ausmachen.

8 Hierbei handelt es sich um eine Durchschnittswert. Je nachdem, wie viele Häfen auf dem Loop angelaufen

werden, kann die Zahl der erforderlichen Schiffe in Wirklichkeit höher oder geringer sein.

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1.4.1. Auswirkungen auf die weltweiten Flotten Bei unserer Analyse gehen wir davon aus, dass mehr und größere Schiffe gebraucht werden, die die Nachfrage nach Seeverkehrsdiensten decken können und Skalenvorteile bieten. Panamax-Schiffe wurden speziell für die Fahrt durch den Panamakanal ausgelegt. Mit der Erweiterung des Kanals werden die Gründe für das Bestehen dieser Schiffe hinfällig. Daher wird voraussichtlich eine neue Generation von Schiffen eingeführt, die entsprechend den neuen Abmessungen des Panamakanals ausgelegt sind. Die Auswirkungen werden jedoch in den verschiedenen Marktsegmenten unterschiedlich sein. Der Containermarkt Im Linienfrachtverkehr werden praktisch immer Containerschiffe eingesetzt. Derzeit kommen auf der Route zwischen Asien und der Ostküste Nordamerikas sowie auf der Route zwischen Europa und der Westküste Nordamerikas vor allem Schiffe mit einer Kapazität von 4000 bis 5000 TEU zum Einsatz, aber das wird sich nach 2014 voraussichtlich ändern. Der erweiterte Panamakanal wird für Containerschiffe mit einer Kapazität von bis zu 12 000 TEU befahrbar sein. Vorstellbar sind zwei unterschiedliche Szenarien:

1. Die Nachfrage nach Seeverkehrsdiensten wird in Verbindung mit den Begrenzungen der verfügbaren Infrastrukturen maßgeblich dafür sein, welche Schiffe auf welchen Handelsrouten eingesetzt werden. Den Prognosen von Ocean Shipping Consultants zufolge werden ultragroße Containerschiffe (ULCC) mit einer Kapazität von +10 000 TEU vor allem auf den Haupthandelsrouten eingesetzt, d. h. auf den Routen zwischen Europa und Asien und sowie auf den Transpazifikrouten. Auf der Transatlantikroute zwischen Europa und Amerika werden hauptsächlich 8 000-TEU-Schiffe zum Einsatz kommen (Tabelle 1.3).

2. Das zweite Szenario geht von einem „Hub-and-Spoke-System“ aus, bei dem große Schiffe auf einem Loop zwischen mehreren Haupthäfen und Umschlaghäfen verkehren. In diesem Fall können Schiffe mit einer Kapazität von 10 000 TEU oder mehr eingesetzt werden. Die Container werden für den Weitertransport über kurze Strecken auf Schiffe mit einer Kapazität von 4000 bis 5000 TEU umgeladen.

Beide Szenarien sind wahrscheinlich, d. h. sowohl auf den Transpazifik- als auch auf den Transatlantikrouten ist mit zunehmenden Schiffsgrößen zu rechnen. Auch der RoRo-Markt fällt in den Bereich des Linienfrachtverkehrs. Da jedoch in diesem Segment das Beförderungsvolumen zwischen Europa und Amerika eher gering ist, wird hier nicht näher auf ihn eingegangen.

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Tabelle 1.4. Durchschnittliche Größe der Containerschiffe auf den wichtigsten Containerhandelsrouten (in TEU)

2000 2005 2010 2015 Hochsee Ost/West Fernost – Europa

Typisches Schiff 4500 - 5500 5500 - 7000 8000 - 9000 10500

Größtes Schiff 7500 9200 14500 14500

Transpazifikrouten

Typisches Schiff 4500 - 5000 5500 - 6500 7000 8500

Größtes Schiff 6700 8100 9000 10500 Transatlantikrouten

Typisches Schiff 3500 4000 5000 6500

Größtes Schiff 4500 4800 6500 8500

Hochsee Nord/Süd

Typisches Schiff 2500 3000 3000 3500

Größtes Schiff 3500 3500 3500 4000 Küstenschifffahrt Typisches Schiff 550 650 700 850 Größtes Schiff 900 1000 1200 1500

Quelle: Ocean Shipping Consultants, 2007

Massengutverkehr Im Gegensatz zum Container- und zum RoRo-Verkehr gibt es in anderen Marktsegmenten wie dem Trocken- und dem Flüssigmassengutsegment oftmals keinen Linienverkehr. Viele Schiffe fahren auf einer festen Route zwischen zwei Häfen (hauptsächlich in Zeitcharter, z. B. für Eisenerztransporte zwischen Australien und China)9. Oftmals fahren die betreffenden Schiffe im Rahmen von Reisecharterverträgen. Daher wird sich die Erweiterung des Panamakanals nicht auf bestimmte Handelsrouten, sondern auf die gesamte Flotte auswirken. Der erweiterte Panamakanal wird für Schiffe mit einer Tragfähigkeit bis zu 130 000-140 000 dwt befahrbar sein. In Tabelle 1.4 sind die durchschnittlichen Abmessungen der einzelnen Schiffstypen aufgeführt. Derzeit sind Panamax-Massengutfrachter und Panamax-Tanker mit einer Tragfähigkeit von 60 000 bis 80 000 dwt die größten Schiffe, die den Kanal passieren können. Die Erweiterung des Kanals wird eine Verlagerung im mittleren Segment der Flotten mit sich bringen.

9 Ein Chartervertrag (Charter Party) ist ein Vertrag zwischen Schiffseigner und Charterer über die Nutzung

eines Schiffs. Der Charterer übernimmt das Schiff entweder für einen bestimmten Zeitraum oder für eine bestimmte Reise. Es gibt zwei Charterarten, die Reisecharter und die Zeitcharter. Ein Untertyp der Zeitcharter ist die Bareboat Charter (Leerschiffcharter). Bei der Zeitcharter wird ein Schiff für einen bestimmten Zeitraum gechartert. Die Bereederung obliegt nach wie vor dem Schiffseigner, aber der Charterer gibt Anweisungen für die Nutzung des Schiffs und kann das Schiff auf Zeitcharter- oder Reisecharterbasis unterverchartern. Die Bareboat Charter (Leerschiffcharter) ist eine Zeitcharter, bei der der Charterer für die Dauer der Charter für die Bemannung (Crewing) und die Wartung des Schiffs zuständig ist und gesetzliche Pflichten des Eigners übernimmt und als „Disponent Owner“ die Verfügungsmacht über das Schiff hat.

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Tabelle 1.5. Durchschnittliche Schiffsabmessungen

Schiffstyp Tragfähigkeit Durchschnittliche

Schiffsabmessungen Länge Breite Tiefgang Panamax 60 000 dwt – 80 000 dwt 290 m 32,3 m 12 m Mini Cape 80 000 dwt – 120 000 dwt entfällt entfällt 15 m Panamax-Tanker 60 000 dwt – 80 000 dwt 228 m 32,2 m 12 m Aframax-Tanker 80 000 dwt – 120 000 dwt 244 m 42 m 13,5 m Suezmax-Tanker 120 000 dwt – 180 000 dwt (*) 274 m 48 m 15 m (*) durchschnittliche Abmessungen für ein Schiff mit einer Tragfähigkeit von 150 000 dwt

Quelle: Germanischer Lloyd und Lloyd Register

Was den Markt für den Transport von Trockenmassengütern betrifft, so ist zum Beispiel ein starker Anstieg bei den Neubauaufträgen für Schiffe der Mini-Cape-Klasse verzeichnen. Gleichzeitig sind die Aufträge für Schiffe der Panamax-Klasse zurückgegangen. Während das Mini-Cape-Segment in den letzten Jahren fast verschwunden war, zeichnet sich derzeit wieder ein erheblicher Zuwachs ab. Daher ist zu erwarten, dass die Schiffe der Mini-Cape-Klasse nach und nach die Panamax-Schiffe teilweise ersetzen. Auch im Tankersegment ist davon auszugehen, dass die so genannten Suezmax-Schiffe mit einer Tragfähigkeit von etwa 140 000 dwt die derzeitige Flotte von Panamax- und Aframax-Schiffen nach und nach ersetzen, die an Attraktivität verlieren werden. Daher wird die Erweiterung des Panamakanals voraussichtlich den derzeitigen Trend zur Zunahme der Schiffsgrößen verstärken. 1.4.2. Auswirkungen auf die Verkehrsströme Am stärksten wird sich die Erweiterung des Panamakanals auf den inneramerikanischen Verkehr, aber auch auf einige andere Handelsrouten, zum Beispiel zwischen Europa und der Westküste Nordamerikas, auswirken. Der Einsatz größerer Schiffe könnte die Frachtraten unter Druck bringen, und zwar aus folgenden Gründen:

1. Skaleneffekte aufgrund der größeren Schiffe; 2. Kostensenkung infolge der Verringerung der Transitzeiten und der Entfernung.

Insbesondere für den europäischen Kontinent, der für einen Großteil seiner Produktion weitgehend von Rohstoffimporten abhängig ist, werden die Herkunftsgebiete entlang der Westküste Südamerikas attraktiver werden. Somit beschränken sich die Auswirkungen der Erweiterung des Panamakanals auf die europäischen Häfen auf:

1. eine Zunahme der Schiffsgrößen sowohl im Containerverkehr als auch im Nichtcontainerverkehr;

2. eine Zunahme der nicht in Containern beförderten Frachten infolge der Verlagerung im mittleren Segment der Massengutflotten.

Die Erweiterung des Panamakanals wird somit nur begrenzte Auswirkungen auf die europäischen Seehäfen und auf die Nutzung der europäischen Hafenkapazität haben.

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2. Projektionen in Bezug auf den Seehandel: der Einfluss Chinas und Indiens auf die künftige Entwicklung des Seehandels

2.1. Die jüngste Geschichte der wichtigsten Verkehrsströme

2.1.1. Die Vorausschätzungen Die Ausweitung der weltweiten Seetransporte geht schneller voran als das Weltwirtschaftswachstum, da sie durch die Globalisierung angeheizt wird, die sich in den weltweiten Warenexporten niederschlägt.

Abbildung 2.1. Indizes für das Weltwirtschaftswachstum (BIP), die Industrieproduktion der OECD-Länder,

die Weltwarenexporte (Volumen) und den Seehandel (Volumen), 1994-2006

Quelle: UNCTAD, 2007

Legende zu Abbildung 2.1. World merchandise exports – Weltwarenexporte World seaborne trade – Weltseehandel GDP – BIP OECD industrial production – Industrieproduktion der OECD-Länder Insbesondere Europa ist in zunehmendem Maße abhängig von Ressourcen, die in asiatischen Ländern hergestellt werden, sei es nun in China, Japan, den „Drachenländern“, den „Tigerländern“ oder Indien. Wie Kommissionsmitglied Mandelson feststellte10, könnte allein der Anteil von China und Indien an allen in der EU verbrauchten gewerblichen Erzeugnissen bis zum Jahr 2020 auf 50 % anwachsen. Derzeit sind es weniger als 20 %.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde die Containerschiffsroute Asien-Europa zur größten Seehandelsroute der Welt; seit 2004 liegt sie sogar noch vor den Routen zwischen Nordamerika und Asien. Das Wachstum dieser Handelsströme, das von China angeheizt wird, wurde in dieser Größenordnung nicht vorausgesehen.

10 SPEECH/06/274, Seminar zum Thema Globalisierung, Wolfsberg, Schweiz, 4. Mai 2006.

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Containertransport Wenngleich der Containertransport von Anfang an ein bemerkenswertes Wachstum verzeichnete, hat niemand erwartet, dass es in den letzten Jahren zu einer derartigen Expansion kommen würde. Noch im Jahr 2000 erholte sich Asien mühsam von einer Rezession, und für diese Route wurde kein so hohes Verkehrsaufkommen vorhergesagt.

Ein Beleg dafür ist die Tatsache, dass die Prognosen für den Containerverkehr zwischen Asien und Europa seit 2000 stetig nach oben korrigiert wurden und derzeit zwei- bis dreimal so hoch sind wie 2001.11

Abbildung 2.2. Containerverkehr zwischen Asien und Europa, westgehend (tausend TEU)

Quelle: Containerisation International, „Key Numbers“, 2001-2008, zitiert aus Global Insight & MDS-Transmodal

(Jede Kurve stellt eine Prognose dar, die zu einem bestimmten Zeitpunkt gestellt wurde, meist in vierteljährlichen Abständen.)

o Im April 2005 ging man davon aus, dass im Jahr 2007 auf der Containerhandelsroute

zwischen Ostasien und Europa 9,5 Mio. TEU westgehend und 3,5 Mio. TEU ostgehend befördert werden, während für die Handelsroute zwischen Südasien+Golf und Europa 1,5 Mio. TEU westgehend und 1,9 Mio. TEU ostgehend prognostiziert wurden.

o Die tatsächlichen Zahlen für 2007 beliefen sich Angaben vom Oktober 2007 zufolge auf der erstgenannten Handelsroute auf 12,9 Mio. TEU westgehend und 5,2 Mio. TEU ostgehend, während sie auf der Handelsroute zwischen Südasien+Golf und Europa 1,8 Mio. TEU westgehend und 2,6 Mio. TEU ostgehend betrugen. Somit wurden sämtliche Erwartungen übertroffen (auf der Ostasien-Route westgehend um +36 %).

11 Eine leicht zugängliche Analyse findet sich in „Key Numbers“, in Containerisation International ab 2001.

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Wenngleich der konjunkturelle Aufschwung in Indien eher vom Binnenkonsum als von den Ausfuhren getragen wird, sind letztere auf Wachstumskurs. Im Übrigen ist der Außenhandel zunehmend auf China ausgerichtet (was vor allem auf den Export von Eisenerz zurückzuführen ist), sodass China im Jahr 2007 die USA von Platz 1 als wichtigster Handelspartner Indiens verdrängt hat. Dies erklärt vielleicht, warum die westgehende Handelsroute von Südasien nach Europa nicht besonders gut abgeschnitten hat (mit „nur“ 13 % höher als prognostiziert und einer siebenmal geringeren Beförderungsmenge als Ostasien). Was die Zahlen der Kurve von April 2008 betrifft12, ist der seit 2001 zu verzeichnende Trend bemerkenswert. Von 2005 bis 2010 kann sich der Verkehr auf der westgehenden Containerhandelsroute zwischen Asien und Europa von 12,6 auf 25,2 Mio. TEU verdoppeln, während vor sieben Jahren für das Jahr 2005 lediglich 5,8 Mio. TEU prognostiziert wurden. Wenngleich in Anbetracht der sich derzeit andeutenden Rezession abzuwarten bleibt, ob dies tatsächlich so eintritt, bieten die Prognosen zweifellos einen Anhaltspunkt, da wahrscheinlich schon im Jahr 2008 eine Beförderungsmenge von mehr als 21 Mio. TEU erreicht wird. Diese Differenzen zwischen den Prognosen angesehener Berater und der Wirklichkeit lassen sich vielleicht durch die Einführung der Megacontainerschiffe über 10 000 TEU erklären. In Anbetracht der großen Warenströme ist ihr Einsatz auf dieser Strecke rentabel geworden, und es sind Dutzende dieser Schiffe in Auftrag. 2.1.2. Bemerkenswerte Faktoren, die in Asien eine Rolle spielen Der innerasiatische Handel Ein Großteil des Welthandels findet innerhalb von Asien statt. Ein Beispiel dafür ist Eisenerz: China importiert etwa 330 Mio. Tonnen Eisenerz aus Australien und Indien, d. h. der Transport erfolgt nicht über die stark befahrende Suezroute. Davon kommen 80 Mio. Tonnen aus Indien, dem weltweit drittgrößten Eisenerzexporteur. Auf China entfallen 86 % aller indischen Erzexporte. Zwischen Ostasien und Südasien und der Golfregion findet ebenfalls ein sehr umfangreicher Handel statt, 5,6 Mio. TEU westgehend und 1,2 Mio. TEU ostgehend, meist mit Herkunft aus China. So hat China, das als größter Akteur im Jahr 2007 über seine Häfen etwa 110 Mio. TEU und insgesamt 5 Mrd. Tonnen umgeschlagen hat, keinen Einfluss in entsprechender Größenordnung auf die europäischen Schifffahrtsrouten. Indien als kleinerer Akteur hat 2007 „nur“ 520 Mio. Tonnen umgeschlagen.

12 Die genaue Bewertung dieses Phänomens wurde durch eine Änderung der Prognosemethode im Jahr 2008

erschwert. Der Versuch, diese Änderung zu retropolieren, ergibt für die ursprüngliche Prognose im Jahr 2002 einen Wert von etwa 4,9 Mio. TEU und für das Jahr 2005 einen Wert von etwa 5,8 Mio. TEU, wobei der geschätzte Anteil der Konferenzen am Verkehr 60 % beträgt. Bei dieser Kurve sind die Zahlen im Diagramm kursiv gedruckt.

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Steiles Wachstum in China und Indien Zur Förderung ihres Wirtschaftswachstums importieren Indien und China Massengüter: Kohle für Indien, Eisenerz für China. Auf diese Weise wurden die Frachtraten kräftig in die Höhe getrieben, und die Beförderung von Massengütern wird zunehmend teurer. Der Großteil des unerwarteten Zuwachses beim Containerverkehr entfällt auf China, dessen Containerverkehr sich innerhalb von sechs Jahren vervierfacht und 2007 die 110-Millionen-TEU-Marke überschritten hat. Shanghai seinerseits steigerte den Containerverkehr von 4,2 Mio. TEU im Jahr 1999 auf 24 Mio. TEU im Jahr 2007. Diese Entwicklung ist auf die neuen Mega-Frachtschiffe (10 000 TEU+) zurückzuführen: die in Asien gebauten und auf die Fahrt zwischen Asien und Europa spezialisierten Schiffe ermöglichen angesichts steigender Kraftstoffpreise die Verringerung der Frachtraten.

Indien verzeichnet seinerseits ebenfalls eine bemerkenswerte Wachstumsrate; der Containerumschlag hat sich während der letzten zwei Jahre um 45 % erhöht.13 Die zwei wichtigsten Häfen, Chennai (Madras) und JNPT (in der Nähe von Bombay) sind überdurchschnittlich rasch gewachsen – um 28 % bzw. 24 % im Jahr 2007. Chennai hat 2007 erstmals die 1-Mio.-TEU-Marke überschritten, und im JNPT-Hafen wurden erstmals mehr als 4 Mio. TEU umgeschlagen. Allerdings generiert Indien 15-mal weniger Containerverkehr als China. Abgesehen davon, geht ein beträchtlicher Teil der indischen Exporte nicht nach Europa. Indien liefert in großem Umfang in die Golfregion, und auch Nordamerika zählt zu den Abnehmern. Der wichtigste Handelspartner ist jedoch China. Der Handel zwischen Westasien und Europa bleibt also weit hinter dem Handel zwischen Ostasien und Europa zurück. Das Verkehrsaufkommen des größten indischen Hafens liegt jedoch auf dem Stand, den Shanghai 1999 verzeichnete. Außerdem sind in Indien aufgrund einer starken politischen Unterstützung für den Ausbau der Häfen viele Projekte, oftmals im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) auf den Weg gebracht worden mit dem Ziel, die Umschlagkapazität der indischen Häfen auf mehr als das Doppelte, d. h. auf 1,75 Mrd. Tonnen zu erhöhen.14 Um die Containerkapazität bis 2010 zu verdoppeln, sollen mindestens fünf große Containerterminals gebaut werden. Außerdem ist Indien neben Nordamerika weltweit das zweite Land, das Doppelstock-Containerzüge einsetzt, um diesem neuen Verkehrsfluss im Rahmen des Binnenverkehrs Rechnung zu tragen. Somit kann von einer Fortsetzung des explosiven Wachstums ausgegangen werden. Die Unpaarigkeit im Containerverkehr zwischen Asien und Europa Die Unpaarigkeit zwischen dem ostgehenden Verkehr und dem westgehenden Verkehr auf der Handelsroute Asien-Europa zeichnet sich bereits seit langem ab und nimmt der Far Eastern Freight Conference zufolge von Jahr zu Jahr zu. Erschwerend wirkt sich darüber

13 Eine Verdoppelung in nur fünf Jahren, von 3,36 auf 6,7 Mio. TEU; Quelle: Indian Port Association,

http://www.ipa.nic.in/ . 14 Quelle: http://www.eximin.net/ENews.asp?L=pn_29032 .

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hinaus die Tatsache aus, dass auf der ostgehenden Route meist 20-Fuß-Container befördert werden, die kompakte und schwere Ladungen enthalten, während es sich bei den meisten in westliche Richtung beförderten Container um 40-Fuß-Container, oftmals Großvolumencontainer, handelt. Infolgedessen stellt die Rückführung der leeren Container auf dieser Handelsroute ein großes Problem dar. Dies schlägt sich in den Frachtraten nieder, die - vor Zuschlägen und Terminalumschlagsgebühren (THC) - in der einen Richtung vier- bis sechsmal niedriger sind als in der anderen. Da es sehr unwahrscheinlich ist, dass diese Unpaarigkeit verschwindet, wird diese erhebliche Beschränkung auf dieser Handelsroute auch in Zukunft bestehen bleiben. Zunehmende Nutzung von Containern für den Massengütertransport Infolge dieser Unpaarigkeit werden nunmehr einige Massengüter und Massenstückgüter in Containern befördert, auch wegen der hohen Charterraten für Massengutfrachter. Ein typisches Beispiel dafür ist Stahl. Es gibt jedoch derzeit klare Hinweise darauf, dass herkömmliche landwirtschaftliche Massengüter zunehmend in Containern befördert werden, was auf die höheren Frachtraten im Chartermarkt für Massengutfrachter sowie darauf zurückzuführen ist, dass es nunmehr dank der sehr großen Containerschiffe möglich ist, größere Skaleneffekte zu erzielen.15 Aus diesem Grund wurden 2008 die Prognosen geändert und insgesamt um 23 % erhöht, von denen 16 % auf die Verlagerung von Massengütern auf das Containersegment („Bulk Shift“) entfallen. Diese Verlagerung kann Auswirkungen auf die europäischen Häfen haben, wenn der inländische Containertransport billiger ist als der Massengütertransport. Eines der ersten in Containern beförderten Massengüter war Malz, gefolgt von Getreide. Dieser Trend wird sich in ostgehender Richtung wahrscheinlich ausweiten, und zwar als Ergänzung zu den üblicherweise beförderten Ballen von Kunststoff- und Papierabfällen, die derzeit zu den Haupttransportgütern im ostgehenden Verkehr zählen. 2.2. Der Einfluss Chinas und Indiens auf europäische Häfen

2.2.1. Art des Einflusses Das in China und Indien vorherrschende Wirtschaftsmodell ist dadurch gekennzeichnet, dass die Gesellschaften voll und ganz an der Globalisierung teilhaben können und durch ihre Häfen weltoffen sind. Was die landesweite Verbreitung dieses Modells betrifft, ist China wesentlich weiter als Indien, und der Marktanteil Chinas am Welthandel lässt sich recht genau anhand der Tatsache bestimmen, dass auf die chinesischen Containerhäfen gut 20 % des weltweiten Hafenumschlags entfallen. 15 Quelle: MDS-Transmodal in „Containerisation international“, April 2008.

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Indien ist auf demselben Weg, und wenn alles gut geht, dann ist dort mit Ausfuhren aus den zahlreichen Freihandelszonen zu rechnen, die vor allem entlang der Meeresküsten entstanden sind. Wenn die Globalisierung weiterhin von Europa angenommen wird, dann könnte Indien durchaus zu einem Hauptakteur in diesem Spiel werden. Die Vorherrschaft dieser zwei Länder auf dem asiatischen Markt wird sich nicht nachteilig auf die europäischen Häfen auswirken. 2.2.2. Aufteilung des europäischen Verkehrs auf die verschiedenen

Küsten Die europäischen Häfen sind im Wesentlichen auf drei Ranges aufgeteilt:

o Le Havre-Hamburg, einschließlich der ARA-Hafenrange (Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen);

o westliches Mittelmeer; o östliches Mittelmeer, einschließlich der Schwarzmeerhäfen.

Bislang war die Nordrange ungeachtet ihrer weitesten geografischen Entfernung von Asien für den Verkehr aus Asien von vorrangiger Bedeutung. Was die Ausfuhren betrifft, so liegt die Erklärung darin, dass die Frachtkosten für die Beförderung eines 20-Fuß-Containers von Europa nach Asien geringer sind als die Beförderung eines solchen Containers auf der Straße über eine Strecke von etwa 200 km. Daher macht es, sofern es nicht aus zeitlichen Gründen erforderlich ist, keinen Sinn, südeuropäische Häfen zu nutzen, weil in diesem Fall der Landtransport erheblich höhere Kosten verursachen würde. Bei den Einfuhren (westgehend) sind die Frachtkosten wesentlich höher, und der Preisunterschied zwischen den südeuropäischen und den nordeuropäischen Häfen fällt zugunsten der nordeuropäischen Häfen aus. So sind die Kosten für den Landtransport eines Containers, der an der Mittelmeerküste entladen wird, von Anfang an um einige hundert Euro höher. Daher sind die Einzugsgebiete der südeuropäischen Häfen kleiner, als ihre geografische Lage vermuten lässt. Allerdings haben die östlichen Mittelmeerhäfen und die Schwarzmeerhäfen in den letzten Jahren eindrucksvolle Wachstumsraten zu verzeichnen (23 %, in einigen Fällen bis zu 51 %). Das hat dazu geführt, dass direkte Containerlinien zwischen Asien und diesen Häfen eingerichtet wurden.

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2.3. Hubs kontra Direktverbindungen

Bis vor kurzem erfolgte im Mittelmeerraum der Transport über Hubs, in denen die Container auf Feederschiffe (Zubringer) verladen wurden, die in einigen Fällen recht groß waren. Dies verursacht jedoch zusätzliche Kosten, was bedeutet, dass die Frachtraten16, wenn Mittelmeerhäfen angelaufen werden, höher sind, als wenn Häfen der Nordrange angelaufen werden.17 In letzter Zeit haben einige Schifffahrtsgesellschaften neue Direktlinien von Asien zu östlichen Mittelmeerhäfen und Schwarzmeeerhäfen eröffnet, auf denen größere Schiffe eingesetzt werden. Dies ergab sich aus der außerordentlichen Dynamik Russlands und seiner Nachbarländer sowie aus der Tatsache, dass sich zwei im Mittelmeerraum operierende Unternehmen als weltweit zweit- bzw. drittgrößte Containerlinien positioniert haben. Das kann den zunehmenden Trend zur Umladung ausgleichen, was dadurch belegt wird, dass der Marktanteil von 11 % am gesamten Containerhafenumschlag im Jahr 1980 auf 28 % im Jahr 2005 gestiegen ist.18 Dieser Übergang zur Nutzung von Direktlinien aus Asien wird wahrscheinlich den südeuropäischen Häfen einen besseren Stand gegenüber der Nordrange verschaffen und zu ihrer Entwicklung beitragen.

16 Ein Beispiel für dieses Phänomen findet sich unter folgender Adresse:

http://www.unescap.org/ttdw/Publications/TFS_pubs/Pub_2285/pub_2285_Ch7.pdf 17 Dies ist beim ostgehenden Verkehr nicht der Fall. 18 http://people.hofstra.edu/geotrans/eng/ch4en/conc4en/ch4c3en.html

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3. Prognosen für den europäische Seehandel

3.1. Containerverkehr

Seit 2001 ist die rasche Entwicklung des Containerverkehrs eindeutig das drängendste Problem für die europäischen Häfen. Insgesamt hat sich der Containerverkehr von und nach Europa von 2001 bis 2006 jährlich um 10,0 % erhöht und im Jahr 2006 ein Volumen von 92 Mio. TEU erreicht19.

Tabelle 3.1. Entwicklung des europäischen Containerverkehrs 1991-2006

Mio. TEU/Jahr durchschnittliches jährliches

Wachstum Region 1991 1996 2001 2006 91-'96 96-'01 01-'06 Nordeuropa 15,91 22,03 31,30 49,12 6,70% 7,30% 9,40% Südeuropa / Mittelmeer 8,65 15,43 25,94 42,90 12,30% 10,90% 10,60% Insgesamt 24,56 37,46 57,24 92,02 8,80% 8,80% 10,00%

Quelle: ISL, auf der Grundlage von OSC-Daten, 2007

Das aggressive Exportwachstum Chinas hat den nordeuropäischen Häfen zweistellige Wachstumsraten beschert. Aus einer Analyse der verfügbaren Datenbanken für die größten nordeuropäischen Häfen geht klar hervor, welche Auswirkungen der expandierende chinesische Außenhandel hat: Häfen mit einem höheren Anteil am Asienverkehr wie die Häfen von Hamburg und Rotterdam hatten ein rascheres Wachstum zu verzeichnen als der durchschnittliche nordeuropäische Containermarkt. Da das verarbeitende Gewerbe Indiens nach wie vor hauptsächlich auf den Inlandsmarkt ausgerichtet ist, wird China wahrscheinlich weiterhin das Tempo des künftigen Wachstums beim europäischen Containerverkehr vorgeben und ein starkes Verkehrswachstum auf den Ost-West-Handelsrouten generieren, auf denen die größten Containerschiffe zum Einsatz kommen, einschließlich weiterer Zuwächse beim Feederverkehr auf den lokalen Seeverkehrsmärkten wie im Ostseeraum sowie im Schwarzmeerraum und im Mittelmeerraum. Allerdings lassen, wenngleich nach wie vor Rekordsummen an ausländischen Direktinvestitionen in die Volksrepublik fließen und sehr wahrscheinlich das exportorientierte verarbeitende Gewerbe weiter ankurbeln, die einmaligen Auswirkungen, die durch den Beitritt Chinas zur WTO verursacht wurden, langsam nach, und mit Ausnahme einiger osteuropäischer Schwarzmeer- und Ostseehäfen werden zweistellige Wachstumsraten im Containerverkehr im nächsten Jahrzehnt eher die Ausnahme als die Regel bilden. Wenn überhaupt, werden solche Wachstumsraten bei neu geschaffenen Kapazitäten und/oder mit geringerem Verkehrsaufkommen erzielt, wie zum Beispiel bei dem im Bau befindlichen Containerhafen JadeWeserPort oder den Seeland-Häfen (Vlissingen und Terneuzen). In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass der Containerverkehr in Zukunft das dynamischste Segment des europäischen Seehandels bleiben wird.

19 Der von OSC angegebene Gesamtwert „Südeuropa/Mittelmeer” enthält per definitionem auch einen

geringen Anteil Containerverkehr aus nordafrikanischen und westasiatischen Ländern.

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Die umfassendste Prognose für den europäischen Containerverkehr wurde im Jahr 2007 von Ocean Shipping Consultants (OSC) erstellt. Die künftigen Verkehrsaufkommen werden nach einem Standardprognoseansatz hergeleitet, bei dem die Erwartungen für das makroökonomische Wachstum und die Umschlagkoeffizienten mit dem Wachstum im Containersegment verknüpft werden. Die vorgelegten Szenarien – „Basisszenario“, „niedriges Szenario“ und „Hochrisikoszenario“ – vermitteln einen realistischen Ausblick und deuten darauf hin, dass es zu einer Verlangsamung des Wachstums kommt und dass ein plötzlicher Abschwung bzw. eine Störung in der Entwicklung des Handels eher unwahrscheinlich ist. Die Prognosen reichen nur bis ins Jahr 2020 und wurden ausgehend von der Annahme ergänzt, dass sich die Dynamik nach 2020 nicht weiter verlangsamen wird.

Tabelle 3.2. Prognose für den europäischen Containerverkehr bis 2025 - Basisszenario, niedriges Szenario, Hochrisikoszenario

Mio. TEU/Jahr durchschnittliches jährliches

Wachstum Region 2006 2010 2015 2020 2025 06-'10 10-'15 15-'20 20-'25 Nordeuropa

Basisszenario 49,1 64,3 87,2 109,9 138,3 7,0% 6,3% 4,7% 4,7%Niedriges Szenario 49,1 60,3 75,9 95,6 120,3 5,3% 4,7% 4,7% 4,7%Hochrisikoszenario 49,1 58,5 70,6 88,9 111,8 4,5% 3,8% 4,7% 4,7%

Südeuropa / Mittelmeer Basisszenario 42,9 62,0 91,6 117,0 149,3 9,6% 8,1% 5,0% 5,0%Niedriges Szenario 42,9 57,4 73,8 94,2 120,2 7,6% 5,2% 5,0% 5,0%Hochrisikoszenario 42,9 53,5 70,1 89,5 114,2 5,7% 5,6% 5,0% 5,0%

Insgesamt Basisszenario 92,0 126,3 178,8 226,9 287,6 8,2% 7,2% 4,9% 4,9%Niedriges Szenario 92,0 117,7 149,7 189,9 240,5 6,4% 4,9% 4,9% 4,8%Hochrisikoszenario 92,0 112,0 140,7 178,4 226,1 5,0% 4,7% 4,9% 4,9%

Quelle: ISL, auf der Grundlage von OSC-Daten 2007; Prognoseszenarien für 2020-2025 von ISL ergänzt

Die Prognose zeigt, dass die Wachstumsraten zwischen 2010 und 2015 gegenüber dem starken Wachstum, das für den Zeitraum 2006-2010 vorausgesagt wird, zurückgehen werden, wenngleich das Niveau nach wie vor hoch sein wird. Einer Prognose von OSC zufolge wird nach dem Basisszenario die Hafenkapazität der deutschen Nordseehäfen sowie der russischen Häfen und der Häfen der baltischen Staaten um das Jahr 2015 nahezu voll, d. h. bis an die Höchstgrenze ausgeschöpft. Auch für die östliche Mittelmeerregion/Schwarzmeerregion wird die Hafenkapazität Prognosen zufolge bis zu diesem Jahr zu einem beschränkenden Faktor. In der nachstehenden Tabelle ist die OSC-Prognose für künftige Probleme im Zusammenhang mit der Hafenkapazität nach dem Basisszenario dargestellt.20

20 Die „Port Capacity Forecast“ (Prognose in Bezug auf die Hafenkapazitäten) von OSC wurde 2006

fertiggestellt und enthält einen Ausblick auf die Verkehrsentwicklung bis zum Jahr 2015, während die jüngste Prognose für den Containerverkehr 2007 veröffentlicht wurde und sich bis zum Jahr 2020 erstreckt. Die Basisszenarien beider Prognosen sind jedoch miteinander vergleichbar.

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Tabelle 3.3. Ausgewählte europäische Regionen/Länder, in denen die Kapazität für den Containerverkehr nach dem Basisszenario bis 2015 einen kritischen Stand erreicht

   Verhältnis  zwischen Angebot und Nachfrage     Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage Region  2010  2011  2012  2013 2014 2015 Region  2010 2011  2012  2013  2014 2015Deutsche Seehäfen               Portugal              

Kapazität  21,70  22,60  23,20  23,80 23,80 23,80 Kapazität  2,15 2,25  2,35  2,45  2,55 2,65Nachfrage  17,06  18,32  19,96  20,94 22,28 23,63 Nachfrage  1,69 1,83  1,97  2,12  2,27 2,42Auslastung (%)  78,6  81,1  84,6  88,0 93,6 99,3 Auslastung (%)  78,5 81,3  84,0  86,6  89,0 91,4

Dänemark               Kanarische Inseln              Kapazität  1,25  1,35  1,20  1,20 1,20 1,20 Kapazität  3,89 4,19  4,19  4,49  4,49 4,49Nachfrage  0,92  0,96  1,01  1,06 1,11 1,17 Nachfrage  2,79 3,09  3,40  3,74  4,09 4,45Auslastung (%)  73,2  71,2  84,1  88,3 92,7 97,3 Auslastung (%)  71,8 73,7  81,2  83,3  91,1 99,1

Irland               Malta              Kapazität  1,61  1,61  1,61  1,61 1,61 1,61 Kapazität  3,12 3,12  3,12  3,12  3,12 3,12Nachfrage  1,31  1,39  1,47  1,55 1,64 1,74 Nachfrage  2,96 3,22  3,47  3,72  3,97 4,23Auslastung (%)  81,6  86,3  91,3  96,6 102,1 108,0 Auslastung (%)  95,0 103,1  111,1  119,2  127,4 135,4

Russische Ostseehäfen 

             Schwarzes Meer              

Kapazität  3,54  4,20  4,60  5,01 5,16 5,57 Kapazität  3,96 4,22  4,48  4,74  5,00 5,26Nachfrage  3,01  3,65  4,26  4,88 5,45 6,07 Nachfrage  3,04 3,40  3,79  4,20  4,63 5,07Auslastung (%)  85,0  86,8  92,5  97,4 105,7 108,9 Auslastung (%)  76,8 80,7  84,6  88,5  92,5 96,5

Finnland               Griechenland              Kapazität  2,55  2,55  2,55  2,55 2,55 2,55 Kapazität  3,10 3,40  3,40  3,70  4,00 4,00Nachfrage  2,09  2,12  2,19  2,27 2,39 2,47 Nachfrage  2,68 2,94  3,22  3,54  3,88 4,25Auslastung (%)  81,8  83,0  86,0  89,1 93,9 96,8 Auslastung (%)  86,6 86,3  94,7  95,6  97,0 106,2

Baltische Länder               Türkei              Kapazität  1,13  1,13  1,13  1,13 1,13 1,28 Kapazität  6,57 6,57  6,78  6,78  6,78 6,78Nachfrage  0,97  1,02  1,09  1,16 1,24 1,31 Nachfrage  7,42 8,31  9,26  10,28  11,36 12,50Auslastung (%)  85,8  90,4  96,3  102,4 109,6 102,4 Auslastung (%)  112,9 126,4  1.3.6  151,6  167,5 184,4

Polen                             Kapazität  1,84  1,84  2,04  2,04 2,04 2,04               Nachfrage  1,06  1,19  1,33  1,48 1,63 1,79               Auslastung (%)  57,6  64,7  65,2  72,4 80,0 88,0                     

Quelle: ISL, auf der Grundlage von OSC-Daten 2006

Auch in anderen Häfen wird es zu Überlastungen kommen. Eine Auslastungsrate von 70 % gilt als Obergrenze für die Gewährleistung reibungsloser Abläufe. Ab einer Kapazitätsauslastung von 70 % treten in Spitzenzeiten Verkehrsüberlastungen auf, und bei einer Auslastungsrate von 80 % kommt es zu massiven Problemen. Insbesondere die wichtigsten Häfen wie Antwerpen, Hamburg und Rotterdam werden infolge ihrer zunehmenden Rolle als „Hubs“ in stärkerem Maße von Überlastungen betroffen sein. Betrachtet man mit Blick auf die Zunahme des Containerverkehrs in den einzelnen europäischen Regionen ausschließlich das Gesamtvolumen, so können die tatsächlichen Auswirkungen des in China zu verzeichnenden Handelswachstums auf die europäische Hafenlandschaft leicht unterschätzt werden. Am 1. Januar 2008 umfasste die Welthandelsflotte nach Angaben von Lloyds Register/Fairplay schon 142 ultragroße Containerschiffe mit einer Kapazität von mehr als 8000 TEU. Zum selben Zeitpunkt sind weitere 206 Schiffe mit einer Kapazität von 8000 bis 11 999 TEU und darüber hinaus noch 108 Schiffe mit einer Kapazität ab 12 000 TEU in Auftrag. Die meiste dieser Schiffe sollen bis 2012 geliefert und hauptsächlich im Verkehr zwischen Fernost und Europa und im Transpazifikverkehr eingesetzt werden, wobei die erstgenannte Handelsroute die besten Wachstumsaussichten für den Containerfernverkehr bietet, da die verfügbaren BIP-Prognosen für die USA auf einen Konjunkturrückgang in Nordamerika hindeuten.

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Die bevorstehende Nutzung größerer Containerschiffe für die Nordrange hat vor allem drei schwerwiegende Folgen: • Die größeren Schiffe werden im Durchschnitt weniger europäische Häfen anlaufen,

sodass in den einzelnen Häfen erheblich mehr Container entladen werden und der Druck auf die Hinterlandverbindungen der Hub-Ports zunimmt.

• Werden weniger Häfen angelaufen, steigt der Bedarf an Umschlagdiensten. • In Anbetracht der wachsenden Flotte großer Schiffe sind angemessene

Liegemöglichkeiten in den Hub-Ports erforderlich. In den großen Hub-Ports sind derzeit Liegeplätze mit einer Länge von 400 m und einer Hafenbeckentiefe von 14,5 bis 15 Metern die Norm.21

Insgesamt wird sich das prognostizierte durchschnittliche Wachstum ungleichmäßig auf die großen Hub-Ports und die kleineren Containerhäfen verteilen. Somit geht die Kapazitätsproblematik beim Containerverkehr über die reine Terminalumschlagskapazität hinaus. Das starke Wachstum des Handels zwischen Fernost und Europa hat die Nachfrage nach Containerschiffen mit größtmöglichen TEU-Kapazitäten angekurbelt. Diese Schiffe haben einen Tiefgang von bis zu 16,0 m und können daher, wenn sie voll beladen sind, in den meisten europäischen Häfen nicht problemlos anlegen. Auch der Bedarf an effizienter Hinterlandlogistik ist für alle Häfen ein herausragendes Thema. Schon das bisherige hohe Wachstum bringt große Herausforderungen für den Straßen-, Schienen- und Binnenschiffsverkehr mit sich, deren Kapazitätsgrenze erreicht ist, sodass es mitunter bereits zu Überlastungen kommt (zumindest im Straßen- und Schienenverkehr). Dies wird in Anbetracht des Wachstums, das den vorgenannten Prognosen zufolge zu erwarten ist, noch zunehmen. Die Entwicklung eines leistungsfähigen intermodalen Binnenverkehrssystems mit einem Netz von Korridoren und einem dichten Netz von qualitativ hochwertigen Binnenterminals ist besonders wichtig, um einen reibungslosen Verkehrsfluss zwischen Häfen und Hinterland zu gewährleisten und eine totale Überlastung der Häfen zu verhindern. Wenn in naher Zukunft die ultragroßen Containerschiffe (ULCC) in Dienst gestellt werden, kommt es zu einem Kaskadeneffekt. Die ehemals größten Containerschiffe, die auf den Handelsrouten zwischen dem Fernen Osten und Europa fahren, werden durch die ULCC ersetzt und daher auf anderen Handelsrouten zum Einsatz kommen, sodass in weiteren Häfen in der Nähe der großen Hub-Ports Tiefwasser-Liegeplätze erforderlich sein werden.22 Die Erweiterung des Panamakanals wird wahrscheinlich die Entwicklung bei den Schiffsgrößen in den nordamerikanischen Fahrtgebieten noch weiter beschleunigen und auf diese Weise eine zusätzlichen Anpassung von Terminals in Europa erforderlich machen, wie bereits im ersten Kapitel erörtert.23

21 Siehe auch OSC 2007. 22 Vergleiche: OSC 2007, S. 18. 23 Vergleiche: OSC 2007, S. 18.

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3.2. Massengutverkehr

Der Transport von Massengütern und die Wahl des Hafens für das Be- und Entladen hängt in hohem Maße von der Produktion und bzw. dem Verbrauch im Hinterland ab. Dies ist auf den relativ geringen spezifischen Wert von Massengutladungen und auf die daraus resultierende Tatsache zurückzuführen, dass es bei den Handelsrouten keine Flexibilität mit Blick auf zusätzliche Transportkosten gibt. Während das Umladen und der Linienfrachtverkehr im Containerverkehr eine große Rolle spielen, kommen sie im Massengutmarkt praktisch nicht vor. Eine langfristige Analyse zeigt, dass der Containerverkehr in den letzten 20 Jahren im Durchschnitt dreimal schneller gewachsen ist als das weltweite BIP, während die Massengutmärkte normalerweise entsprechend der weltweiten Produktion wachsen, da sie hauptsächlich aus Rohstoffen und Energieträgern bestehen, bei denen die Entwicklung proportional oder sogar unterproportional zum Wirtschaftswachstum verläuft. Eurostat zufolge wurden im Jahr 2005 ungefähr 2550 Mio. Tonnen Massengüter über die europäischen Häfen verschifft. Da Eurostat bis jetzt noch nicht von allen Ländern Rückmeldungen über die Zahlen für 2006 erhalten hat, wurde die Hafen-Datenbank von ISL herangezogen, um ein vorläufiges Volumen für 2006 zu berechnen. Der größte Anteil entfällt eindeutig auf Flüssigmassengüter. Zu den langfristigen Entwicklungen des europäischen Massengutverkehr liegen keine umfassenden Studien vor. Nach Angaben von Global Insight und ISL wird der europäische Massengutseeverkehr von 2006 bis 2025 um durchschnittlich 1,47 % pro Jahr zunehmen, sodass er sich im Jahr 2025 auf insgesamt 3386 Mio. metrische Tonnen belaufen wird.

Tabelle 3.4. Prognose für den Massengutverkehr nach/von Europa

Mio. metrische Tonnen

(durchschn.) jährliches Wachstum

Prognostiziertes jährliches Wachstum

Prognostizierter Massengutverkehr

insgesamt 2025

Fracht 2001 2002 2003 2004 2005 2006* 01-‘06 05-‘06 06-‘25 (Mio. metrische

Tonnen) Trocken-massen-güter 713,4 746,0 858,7 942,9 978,7 985,1 6,7% 0,7% Flüssig-massen-güter 1.289,3 1.399,6 1.424,4 1.517,1 1.571,9 1.582,3 4,2% 0,7%

1,5% 3.386,1

Insgesamt 2.002,7 2.145,6 2.283,2 2.459,9 2.550,6 2.567,4 5,1% 0,7%

* Vorläufige Schätzung von ISL

Quelle: ISL, auf der Grundlage von Eurostat-Daten, der Hafen-Datenbank von ISL und Global Insight

Im Durchschnitt ergibt sich aus dem prognostizierten Wachstum kein so großer Druck, wie dies beim prognostizierten Wachstum des Containerverkehrs der Fall ist. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass auch in diesen Marktsegmenten die voraussichtliche Zunahme der Schiffsgrößen im mittleren Segment der Massengutflotten gewisse Auswirkungen auf die Handelsströme haben wird. Daher wird das Wachstum ebenso wie beim Containertransportmarkt ungleich auf die Häfen verteilt sein, und die Varianz bei den Wachstumsraten kann sehr gering oder sehr groß sein, da dies von zahlreichen Faktoren abhängt. So wird beispielsweise Deutschland, wenn es den Abbau heimischer Kohle einstellt, wahrscheinlich die Kohleimporte über die Häfen der Antwerpen-Rotterdam-Amsterdam-Range kurzfristig über das durchschnittliche prognostizierte Wachstum hinaus erhöhen. Darüber hinaus ist in Anbetracht der Tatsache, dass der Ölverbrauch in Europa langfristig sinken dürfte, bei der durchschnittlichen

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Wachstumsrate nicht berücksichtigt, ob – in einem bestimmten Hafen – mehr Flüssigmassengut oder mehr Trockenmassengut verschifft wird und welche lokalen Faktoren für die Notwendigkeit zusätzlicher Massengutverschiffungen ausschlaggebend sein können. Allerdings ist die Kapazitätsproblematik nicht so leicht zu erfassen wie beim Containertransportmarkt, da hierfür intensive Untersuchungen zu jedem einzelnen Hafen erforderlich wären.

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4. Fazit Der Panamakanal ist eine wichtige Verbindung auf einigen der Ost-West-Seehandelsrouten, insbesondere zwischen dem Fernen Osten und der Ostküste Nordamerikas sowie zwischen Europa und der Westküste Nordamerikas. Die Erweiterung des Panamakanals wird sich vor allem auf den Containerhandel zwischen diesen Kontinenten auswirken. Derzeit werden auf der Handelsroute zwischen Europa und den USA hauptsächlich Containerschiffe mit einer Kapazität von 4000 TEU bis 5000 TEU eingesetzt. Diese Beschränkung in Bezug auf das Volumen wird nach Beendigung der Bauarbeiten im Zeitraum 2014 – 2015 nicht mehr bestehen, was zu zwei möglichen Szenarien führen kann:

1. Auf der Route zwischen Europa und der Westküste der USA werden größere Schiffe von bis zu 8000–10 000 TEU eingesetzt.

2. Auf den Routen zwischen den europäischen Häfen und den Häfen an der Ostküste der USA werden größere Schiffe von bis zu 10 000-12 000 TEU eingesetzt. Diese Ostküstenhäfen werden dann eine wichtige Rolle als Umschlaghäfen spielen.

Jedenfalls werden auf den Transatlantikrouten größere Schiffe eingesetzt, was weitergehende Folgen für die Containerumschlagkapazität in europäischen Häfen haben wird. Darüber hinaus wird die Erweiterung des Panamakanals zu einer Verlagerung im mittleren Segment der Massengutflotten führen. Das derzeitige Segment der Panamax-Schiffe wird verschwinden und durch neue und größere Massengutfrachter ersetzt werden, deren Abmessungen den künftigen Schleusenabmessungen des Panamakanals entsprechen werden. Somit beschränken sich die Auswirkungen der Erweiterung des Panamakanals auf die europäischen Häfen auf:

3. eine Zunahme der Schiffsgrößen sowohl im Containerverkehr als auch im Nichtcontainerverkehr;

4. eine Zunahme der nicht in Containern beförderten Frachten infolge der Verlagerung im mittleren Segment der Massengutflotten.

Die Erweiterung des Panamakanals wird somit nur begrenzte Auswirkungen auf die europäischen Häfen und auf die Nutzung der europäischen Hafenkapazität haben. Stärkere Auswirkungen sind den vorliegenden Prognosen zufolge für den Handel zwischen Asien und Europa zu erwarten. China wird unabhängig von der künftigen Entwicklung des Welthandels seine beherrschende Stellung beim Containerstrom aus Asien behalten. In welchem Umfang dies der Fall sein und wie groß das sich daraus ergebende Ungleichgewicht sein wird, bleibt abzuwarten. Ein Abbau des Ungleichgewichts durch eine Steigerung der chinesischen Importe könnte für die Schifffahrtsgemeinschaft auf ihrem Kurs durch die unerforschten Gewässer der Zukunft sehr hilfreich sein. Es steht außer Zweifel, dass Indien im nächsten Jahrzehnt dem chinesischen Beispiel folgen wird. Dieses Land wird große Containerströme hervorbringen. Darüber hinaus ist es bestrebt, mit Hilfe des Abkürzungskanals, der westlich von Sri Lanka in der Hoffnung gebaut wird, Colombo als Umschlag-Hub zu ersetzen, seine südlichen Häfen zu Umschlaghäfen zu machen. Wenn es gelingt, die Bürokratie abzubauen, wird der Containerverkehr Indiens weiterhin in dem Tempo wachsen, wie neue Terminals in Betrieb genommen werden, d. h. um etwa 20 % pro Jahr.

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Europäische Hafenpolitik und derzeitige internationale Entwicklungen im Bereich der Seeschifffahrt

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China, Indien und auch Russland sind diejenigen Schwellenländer, die im nächsten Jahrzehnt zu den wohlhabenderen Ländern zählen werden.24 So ist es nur natürlich, dass der Containerverkehr nicht nur aus Europa, sondern auch zwischen diesen Ländern zunimmt. Der derzeitige Trend in Richtung auf Direktverbindungen von Asien zum Schwarzen Meer und zum östlichen Mittelmehr wird sich auch in Zukunft fortsetzen. Die kontinuierlich hohen Wachstumsraten des Containerverkehrs seit dem Jahr 2000 sind das drängendste Problem für die europäischen Häfen. Dieses Wachstum dürfte sich den von einem Basisszenario ausgehenden Prognosen zufolge letztendlich zwischen 2006 und 2010 auf 8,2 % jährlich und zwischen 2010 und 2015 auf 7,2 % jährlich verlangsamen. Ab 2015 wird das jährliche Wachstum voraussichtlich auf 4,9 % absinken. Während China maßgeblich zu dieser Entwicklung beiträgt, ist der Einfluss Indiens auf den europäischen Verkehr nicht in gleichem Maße bedeutsam. Das Wachstum wird sich ungleich auf die großen und die kleineren Containerhäfen verteilen. Darüber hinaus werden die Wachstumsraten der südeuropäischen Häfen und der Mittelmeerhäfen den Prognosen zufolge etwas höher sein als die der nordeuropäischen Häfen. Um das Jahr 2015 herum wird der prognostizierte Containerverkehr voraussichtlich die Kapazität der deutschen Nordseehäfen, der russischen Ostseehäfen sowie der griechischen und der türkischen Häfen bei weitem übersteigen. Die bereits vorhersehbare gewaltige Flotte ultragroßer Containerschiffe wird zusätzlichen Bedarf an ausreichenden Liegeplatzkapazitäten wecken, und zwar nicht nur in den großen europäischen Häfen, die einen hohen Anteil am Asienverkehr haben, sondern auch in den kleineren Häfen, die infolge des Kaskadeneffekts häufiger von großen Containerschiffen angelaufen werden. Die Erweiterung des Panamakanals wird die Nachfrage nach größeren Schiffen sogar noch weiter anheizen. Was den Massengutverkehr betrifft, so führt eine langfristige Wachstumsrate von 1,47 % nicht zu gleichermaßen kritischen Kapazitätsengpässen, doch liegt es auf der Hand, dass verschiedene Faktoren eine hohe Varianz zwischen den Wachstumsraten der verschiedenen europäischen Häfen beim Massengutverkehr mit sich bringen können, die sich aus den jeweiligen Nachfragestrukturen des Hinterlands ergibt. Das Konzept der Hinterland-Hubs – wie Duisburg – ist wichtig, um die bestehende Hafenkapazität in der Nordrange und in der Südrange voll auszuschöpfen. Die Schaffung solcher Hubs sollte gefördert werden.

24 http://www.barclayswealth.com/research-insight/insight/insight_4407.htm

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Literaturverzeichnis

Quellen • Drewry Shipping Consultants, „Panama Canal Study“, Prepared for APL, November

2005. • Buck Consultants International, „The evolving role of EU seaports in global maritime

logistics: Capacities, challenges and strategies“, Study ordered by the European Parliament, March 2008.

• Lloyd’s Register, „Container ship focus: Technical news and information on container ships“, June 2006.

• Panama Canal Authority, „Proposal for the expansion of the Panama Canal: Third set of locks project“, April 2006.

• Drewry Shipping Consultants, „Shipping markets: Global port congestion: No quick fix“, February 2005.

• Panama Canal Authority, „Cost analysis of the U.S. Intermodal System“, February 2005. • World Trade Organisation, „International Trade Statistics“, 2007. Präsentationen • Germanischer Lloyd, „Design of double hull tankers“, Presention at the National

Technical University of Athens, Athens, May 2005. Websites • www.pancanal.com • www.distances.com • www.maersk.com • www.cma-cgm.com • www.apl.com