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Kollektive EntscheidungenKollektive Entscheidungen

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Kollektive EntscheidungenKollektive Entscheidungen

1. Wirtschaftspolitik: Begriff und Verständnis

2. Einstimmigkeitsregeln und Grundkonsens

3. Mehrheitsregeln

Literaturverweise und Übungsaufgaben

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Wirtschaftspolitik der demokratischen Gesellschaft

• Ausgangspunkt: Individuum mit Interessen, Entscheidungen, Handlungen

• Ziel: Verbesserung der individuellen Wohlfahrt

• Verhalten: rational [per Annahme]

Prinzip der individuellen Rationalität wirtschaftliche und politische Prozesse

individuelle Handlungen

1. Wirtschaftspolitik: Begriff und Verständnis

Wirtschaftspolitik ist als Prozeß zu verstehen, der Gruppen von Personen betrifft und dem politische Entscheidungen zugrunde liegen, welche für das Kollektiv bindend sind.

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1. Wirtschaftspolitik: Begriff und Verständnis

Implikationen für die Theorie der Wirtschaftspolitik

• Kollektive sind kein „unabhängiger Organismus“

• Konsumentensouveränität existiert

• Konzept der kollektiven Rationalität gilt unter bestimmten Bedingungen

Rationale Wirtschaftspolitik

• orientiert sich an rationalen kollektiven Zielen, die den individuellen Bedürfnissen der Mitglieder des Kollektives entsprechen und für diese vorteilhaft sind

• auf gemeinsame Vorteilhaftigkeit ausgerichtetes gesellschaftliches Koordinationsverfahren: Konsensprinzip

• Konsensprinzip: freiwillige, einstimmige Entscheidungen mit Pareto-Verbesserung als Ergebnis

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2. Einstimmigkeitsregeln und Grundkonsens

• Substitut zur Marktkoordination kollektiver Ziele• Vorteile - niemand wird schlechter gestellt

- keiner muß Entscheidung tragen, der er nicht zustimmt

Entscheidungen, die unter Einstimmigkeit getroffen werden, sind immer Pareto-Verbesserungen.

Die Einstimmigkeitsregel beschreibt eine Methode der Entscheidungsfindung, die auf 100%iger Zustimmung aller Beteiligten basiert.

UA

UB

U1A

U1B

C

SD

Pareto-Effizient

Mehrheit bei A

Mehrheit bei B

Y Y‘

Y‘

Y

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2. Einstimmigkeitsregeln und Grundkonsens

• Anwendungsprobleme

- hohe Kosten der Entscheidungsfindung

- Vetorecht: - geheime Abstimmung: Vernachlässigung der Intensität der Präferenzen

- offene Abstimmung: Verkauf des Vetorechtes

- Anreiz zu strategischem Verhalten

Fazit für kollektive Entscheidungen

• Verzicht auf Einstimmigkeitsregel

• Lösungsansätze mit Annäherung an das Konsensprinzip

1. Planer entscheidet für Kollektiv auf Basis einer sozialen Wohlfahrtsfunktion -> kaum praktische Relevanz (Erfassung der individuellen Präferenzen,...)

2. Mehrheitsregeln zur Entscheidungsfindung

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3. Mehrheitsregeln

Anwendung

• bei Verzicht auf Einstimmigkeitsregel

• wenn Herleitung einer SWF durch Planer nicht möglich

Kosten

• Vorteil: geringe Kosten der Entscheidungsfindung [z.B. Überzeugungsarbeit]

• Nachteil: hohe externe Kosten für die, die Entscheidung nicht gewollt haben

Mehrheitsregeln beschreiben Methoden der Entscheidungsfindung ohne die Forderung nach 100%iger Zustimmung aller Beteiligten. [Bsp. Einfache o. 2/3 Mehrheit]

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3. Mehrheitsregeln

Kosten von Abstimmungsverfahren

Kosten der Entscheidungsfindung (KE)

• fallen mit fallender Zustimmungserfordernis

• höchstes Niveau bei Einstimmigkeit

• wird von allen Beteiligten getragen

Externe Kosten (EK)

• fallen mit steigender Zustimmungserfordernis

• niedrigstes Niveau bei Einstimmigkeit

• wird von denen getragen, die nicht zustimmen

Zustimmungserfordernis100%0% 50%

Kosten

KE EK

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3. Mehrheitsregeln

Optimale Zustimmungserfordernis

Kostenarten

• Kosten der Entscheidungsfindung (KE)

• Externe Kosten (EK)

Gesamtkosten (GK) mit: GK=KE+EK

Optimale Zustimmungserfordernis

Zopt im Minimum der Gesamtkosten Zustimmungserfordernis100%0% 50%

Kosten

KE EK

GK

Zopt

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3. Mehrheitsregeln

Optimale Zustimmungserfordernis - wirtschaftspolitische Praxis

• Problem: Verlauf der Kostenkurven nicht exakt zu ermitteln

• alle Kosten steigen mit zunehmender Abweichung der individuellen Präferenzen

• alle Kosten variieren mit der Art des Abstimmungsgegenstandes

• hohe EK, wenn Entscheidung besondere Bedeutung hat

• hohe KE, wenn Zahl der Abstimmungsberechtigten steigt

Optimum liegt nicht zwingend bei 50% [einfache Mehrheit].

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3. Mehrheitsregeln

Zyklische Mehrheiten

• Mehrheitsregel führt bei mehr als 2 Alternativen nicht immer zu eindeutigem Ergebnis

• Problemspezifikation durch: Marquis de Condorcet im Jahr 1785 als Condorcet-Paradoxon

Condorcet Paradoxon

• Gegeben: 3 Wähler (1,2,3); 3 Alternativen (A,B,C)

• Ordnungsentscheidung je Wähler:

• Wähler 1: A > B > C

• Wähler 2: C > A > B

• Wähler 3: B > C > A AlternativenA

1:

2:

3:

B C

Präferenzen

Problem intransitiver kollektiver Präferenzen

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3. Mehrheitsregeln

Transitivität: wenn A > B und B > C folgt: A > C, d.h. konsistente Entscheidung

Entscheidungen

1: A > B > C

2: C > A > B

3: B > C > A

Problem: nach der Forderung der Transitivität gibt es kein eindeutiges Ergebnis

Analyse des Condorcet Paradoxons

• Abstimmung zwischen A und B A > B [mit 2:1]

• Abstimmung zwischen A und C C > A [mit 2:1]

Folgerung: C > A > B; d.h. nach Transitivität gilt: C > B

• Kontrollabstimmung zwischen B und C B > C [mit 2:1]

Folgerung: C > A > B > C .... Widerspruch

Problem zyklischer Mehrheiten: Ergebnis hängt von der Reihenfolge der Abstimmungen ab

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3. Mehrheitsregeln

Problem und Erkenntnis

• Problem der zyklischen Mehrheiten kann nicht gelöst werden

• Arrow Paradoxon: kein Verfahren bekannt, daß individuelle Präferenzen in kollektive Präferenzordnung unter Bedingungen umsetzt

Bedingungen des Arrow Paradoxons

• Vollständigkeit, Reflexivität, Transitivität

• Pareto-Prinzip

• Unbeschränkter Definitionsbereich

• Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen

• Nicht-Existenz eines Diktators

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3. Mehrheitsregeln

Wahl zwischen direkten u. indirekten Verfahren: nach Zweckmäßigkeit

• Direkte Verfahren: jedes Kollektivmitglied ist beteiligt

Bsp. Direkte Demokratie mit Volksabstimmungen

• Indirekte Verfahren: Entscheidungskompetenzen werden über Verfahren (Wahlen) an Repräsentanten (Personen o. Parteien) delegiert

Bsp. Repräsentative Demokratie mit Parlamentsentscheidungen

Vorteil: geringere Entscheidungsfindungskosten

Nachteil: hohe Externe Kosten, wenn nicht alle gesellschaftlichen Interessen vertreten sind

Wahl eines Abstimmungsverfahrens: nach Zweckmäßigkeit

• bei staatl. Bereitstellung von Kollektivgütern: Verfahren, das strategisches Verhalten verhindert

• für Schutz von Minderheiten: Verfahren, das alle individuellen Präferenzen beachtet

• für niedrige Entscheidungsfindungskosten: Verfahren mit einfacher Mehrheit

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Literaturverweise

Berg, H./ Cassel, D./ Hartwig, K.-H. (2003): Theorie der Wirtschafspolitik, in: Vahlens Kompendium der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik, Band 2, 8. Auflage, München.

Fritsch, M./ Wein, Th./ Ewers, H.-J. (2001): Marktversagen und Wirtschaftspolitik, 4. Auflage, München.

Weimann, J. (2001): Wirtschaftspolitik - Allokation und kollektive Entscheidung, 2. überarb. Und erw. Aufl., Berlin.

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Übungsaufgaben

Aufgabe A) (25 Punkte)

Stellen Sie sich vor, Sie wären Mitglied einer verfassunggebenden Versammlung. Bei einem Treffen wird der Vorschlag unterbreitet, alle kollektiven Entscheidungen der strengen Einstimmigkeitsregel zu unterwerfen. Begründet wird diese Forderung mit “dem Schutz des Einzelnen”.

Wie bewerten Sie als Ökonom diesen Vorschlag und seine Begründung? Gehen Sie bei Ihrer Argumentation ausführlich auf Vor- und Nachteile sowie Anwen-dungsprobleme der Einstimmigkeitsregel ein. Diskutieren Sie außerdem in diesem Zusammenhang die Kosten von Abstimmungsverfahren und die optimale Zustimmungserfordernis, argumentieren Sie mit Hilfe einer grafischen Darstellung.

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Übungsaufgaben

Lösung Aufgabe A)

10 Punkte für:- Kosten von Abstimmungsverfahren: Grafik mit drei Kurven dazu:- Kosten der Entscheidungsfindung: Verlauf erläutern; hoch, wenn Zahl der Abstimmungsberechtigten steigt; werden von allen Beteiligten getragen]- Externe Kosten: Verlauf erläutern; hoch, wenn Entscheidung besondere Bedeutung hat; wird von denen getragen, die nicht zustimmen- Optimale Zustimmungserfordernis aus Gesamtkosten ableiten- Problem: ermitteln der Verläufe der Kostenkurven- Einstimmigkeitsregel: Kosten der Entscheidungsfindung am höchsten; keine externen Kosten- Mehrheitsregel: geringere Kosten der Entscheidungsfindung; externe Kosten variieren mit geforderter Mehrheit (einfach oder 2/3)

Zustimmungserfordernis100%0% 50%

Kosten

KE EK

GK

Zopt

5 Punkte für Grafik: AchsenbeschriftungEK-Kurve, KE-Kurve,GK-Kurveopt. Zustimmungserf.: Z opt

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Übungsaufgaben

Aufgabe B) (35 Punkte)

Tante Helga verspricht Ihren drei Neffen Robert, Hendrik und Matthias eine Süßigkeit zu kaufen. Sie bittet die Jungen, sich für eine Süßigkeit zu entscheiden, wobei zur Auswahl die Alternativen: Schokolade, Fruchtgummi oder Lakritz stehen.

B.1.) Welches Problem kann bei der Entscheidung zwischen den drei Jungen mit Hilfe der Mehrheitsregel auftreten? Verdeutlichen Sie Ihre Argumentation mit Hilfe einer grafischen Darstellung. (25 Punkte)

B.2.) Wie könnte einer der Jungen die Entscheidung zu seinen Gunsten beeinflussen? Erläutern Sie Ihre Antwort und argumentieren Sie beispielhaft. Gibt es weitere Möglichkeiten zur Lösung des unter 1. genannten Problems? (10 Punkte)

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Übungsaufgaben

Lösung Aufgabe B)

B.1.) 25 Punkte für:-Mehrheitsregel führt bei mehr als 2 Alternativen zu nicht-eindeutigem Ergebnis-Problem der zyklischen Mehrheiten [seit 1785] als Condorcet-Paradoxon bezeichnet-zum konkreten Beispiel: 3 Alternativen (Schoko, Fruchtgummi, Lakritz) und 3 Wähler (Robert, Hendrik, Matthias)- jeder wählt andere Präferenzreihenfolge : R: S > F > L (weiß)

H: L > S > F (grau)M: F > L > S (schwarz)

AlternativenSchoko

1:

2:

3:

Fruchtg. Lakritz

Präferenzen

-Problem der intransitiven kollektiven Präferenzen-Transitivität hieße: A>B und B>C heißt auch A>C, im Sinne einer konsistenten Entscheidung-Es gibt kein eindeutiges Ergebnis, denn: -Entscheidung zw. Schoko und Fruchtg: S > F (2:1)-Entscheidung zw. Schoko und Lakritz: L > S (2:1)-Transitive Schlußfolgerung: L> F!-Aber: hier Entscheidung zw. Fruchtg. und Lakritz: F > L (2:1) = Widerspruch!

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Übungsaufgaben

Lösung Aufgabe B)

B.2.) 10 Punkte für:

• Problem hängt von Reihenfolge der Abstimmung ab

• der, der Reihenfolge der Abstimmung über Süßigkeiten festlegt, kann die Entscheidung beeinflussen

• Bsp. Matthias, der Fruchtgummi-Fan, könnte die Abstimmungen wie folgt reihen: erst der Vergleich von F und L, dann der Vergleich von L und S; Ergebnis wäre: F > L, dann L > S, die dann gültige Relation wäre F > L > S , so daß die Entscheidung auf Fruchtgummi fallen würde, obwohl ein Paarvergleich zwischen S und F zu: S > F geführt hätte

• weitere Möglichkeiten: Einsetzen eines “Diktators”, der entscheidet; Einstimmigkeitsregel einführen

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Aufgabe C)Matthias, Angela und Guido planen einen gemeinsamen Urlaub. Einzig über das Ziel sind sich die drei Freunde noch uneinig. Als mögliche Alternativen haben sich letztlich Mallorca, Gran Canaria, Ibiza und – da alle Schlechtverdiener sind – ein kostengünstiger Heimurlaub in Deutschland herauskristallisiert. In den langen Diskussionsrunden zeigt sich, dass folgende Präferenzordnungen vorliegen:

Rang 1 2 3 4Matthias Deutschland Gran Canaria Ibiza Mallorca

Angela Ibiza Deutschland Mallorca Gran Canaria

Guido Gran Canaria Ibiza Deutschland Mallorca

Fragen:1. Welches Problem tritt auf, wenn wie hier nach der Mehrheitsregel entschieden werden soll?2. Wie kann der als Wahlleiter herbeigerufene Ede das Ergebnis beeinflussen?

Lösung: analog zu oben

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Aufgabe D)In einem Schweizer Kanton sollen die Wähler über drei alternative Standorte einer Industrieansiedlung abstimmen. Zur Abstimmung stehen die Städte A-Stadt, B-Stadt und C-Stadt. Die Wähler lassen sich in drei Wählertypen gruppieren, die folgende Präferenzen haben:

Wählertyp

1 2 3

Wählerprozentsatz 35 45 20

1.Wahl A B C

2.Wahl B C A

3.Wahl C A B

Frage: Zeigen Sie anhand dieses Beispiels sowohl das Problem einer paarweisen Mehrheitsabstimmung als auch das Problem der so genannten Borda-Abstimmung (Punktbewertung der Alternativen durch die Wähler).

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Lösung Aufgabe D)

• Problem der paarweisen Abstimmung (Condorcet-Paradoxon)

• paarweise Abstimmung analog zu den vorherigen Aufgaben, aber Berücksichtigung der Mehrheitsverhältnisse:

• (A,B) -> A > B (55:45)

• (B,C) -> B > C (80:20)

• daraus folgt: A > B > C

• wäre Transitivität gegeben, müsste also auch A > C gelten

• Probeabstimmung zwischen A und C zeigt aber, dass C > A, d.h. die Arrow- Forderung nach Transitivität wird nicht erfüllt

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• Problem der Borda-Abstimmung (Punktvergabe)• jeder Wählertyp vergibt den Alternativen A, B und C Punkte, die eine Rangordnung

ausdrücken. Die erste Wahl erhält 3, die zweite 2 und die dritte 1 Punkt.• Es ergeben sich unter der Berücksichtigung der Stimmanteile der drei Wählertypen daher

folgende Punktwerte für A, B und C:

Wählertyp

1 2 3

Wählerprozentsatz 35 45 20

1.Wahl (3 Punkte) A = 3 * 35 = 105 B = 135 C = 60

2.Wahl (2 Punkte) B = 70 C = 90 A = 40

3.Wahl (1 Punkt) C = 35 A = 45 B = 20

Summen: A = 105 + 45 + 40 = 190; B = 70 + 135 + 20 = 225; C = 35 + 90 + 60 = 185

-> demnach müsste B der Gewinner, d.h. die Präferenz des Kollektivs als Resultat dieser

Mehrheitsabstimmung sein.

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Allerdings ist die Arrow-Forderung nach Unabhängigkeit irrelevanter Alternativen nicht erfüllt!

Dies besagt, dass die Rangordnung von zwei beliebigen Ergebnissen nicht von irgendwelchen dritten Alternativen abhängen darf. Sollte in diesem Fall aber – aus welchem Grund auch immer – die Alternative C ausscheiden, ändert sich die Rangordnung zwischen A und B:

Wählertyp

1 2 3

Wählerprozentsatz 35 45 20

1.Wahl (2 Punkte) A = 2 * 35 = 70 B = 90 A = 40

2.Wahl (1 Punkte) B = 35 A = 45 B = 20

3.Wahl (1 Punkt) C ausgeschieden C ausgeschieden C ausgeschieden

Summen: A = 70 + 45 + 40 = 155; B = 35 + 90 + 20 = 145-> jetzt gewinnt A, obwohl sich die Präferenzenreihungen und Stimmanteile der Wählertypen nicht geändert haben.