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Ruhr-Universität Bochum Prof. Dr. med. Sylvia Kotterba Dienstort: Ammerland-Klinik GmbH Westerstede Abteilung: Neurologie Fahrtauglichkeit und sozialmedizinische Konsequenzen bei Narkolepsie Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Bettina Eberhard aus Berlin 2009

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Ruhr-Universität Bochum

Prof. Dr. med. Sylvia Kotterba

Dienstort: Ammerland-Klinik GmbH Westerstede

Abteilung: Neurologie

Fahrtauglichkeit und sozialmedizinische Konsequenzen bei

Narkolepsie

Inaugural-Dissertation

zur

Erlangung des Doktorgrades der Medizin

einer

Hohen Medizinischen Fakultät

der Ruhr-Universität Bochum

vorgelegt von

Bettina Eberhard

aus Berlin

2009

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Dekan: Prof. Dr. med. G. Muhr

Referent: Prof. Dr. med. S. Kotterba

Korreferent: PD Dr. med. B. Henning

Tag der mündlichen Prüfung: 19.01.2010

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung 5

1. Narkolepsie 7

- Epidemiologie 8

1.1 Symptome 9

- REM-assoziierte Symptome 10

- Non-REM-assoziierte Symptome 11

1.2 Diagnostik 12

- Multipler-Schlaf-Latenz-Test (MLST) 12

- Polysomnographie 12

- Stanford Sleepiness Scale (SSS) 13

- Epworth Sleepiness Scale (ESS) 14

- Maintenance of Wakefulness Test (MWT) 15

- Pupillografischer Schläfrigkeitstest (PST) 16

- HLA-Typisierung 16

- Hypocretin 17

1.3 Differentialdiagnosen 18

1.4 Verlauf und Prognose 20

1.5 Therapie 21

- Therapie der Tagesschläfrigkeit 22

- Therapie der Kataplexie 22

- Exemplarische Beispiele für die Medikation:

Stimulantien 23

Antidepressiva 24

1.6 Narkolepsie bei Kindern 25

1.7 Ärztliche Begutachtung 25

- Aufmerksamkeit und Vigilanz 26

- Einstufung als Schwerbehinderung 28

- Minderung der Erwerbsfähigkeit 29

- Fahrtauglichkeit 29

1.8 Narkolepsie und Berufsleben 31

1.9 Narkolepsie und Versichertenstatus 32

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2. Studie zur Fahrtauglichkeit und den sozialmedizinischen

Konsequenzen bei Narkolepsie 33

2.1 Methodik 33

3. Ergebnisse der Untersuchung zu Fahrtauglichkeit und

sozialmedizinischen Konsequenzen bei Narkolepsie 35

- Fahrtauglichkeit 37

- Medikation 47

-Versicherung 51

- Schwerbehinderung und Berufsunfähigkeit Versicherung 51

4. Diskussion 58

- Fahrtauglichkeit 58

- Notfallausweis 65

- Berufsleben, Schwerbehindertenstatus und Versichertenstatus 66

- Erwerbsunfähigkeit aufgrund der Narkolepsie 71

5. Zusammenfassung 72

6. Literatur 78

7. Anhang 83

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Einleitung

Die Schlafmedizin gewinnt zunehmend an Bedeutung. Schlafbezogene

Erkrankungen als Ursache von Verkehrsunfällen werden immer häufiger

Gegenstand gutachterlicher Untersuchungen. Ein Fahrzeugführer, der am

Steuer einschläft und einen Unfall verursacht, begeht eine

Ordnungswidrigkeit (Fahrerlaubnisverordnung §2). Der Tatbestand einer

Straftat ist erfüllt, wenn ein Fahrzeugführer über eine schlafbezogene

Erkrankung informiert ist, eine adäquate Therapie aber ausbleibt

(Strafgesetzbuch §315c, Kotterba 2007).

0,4% der Verkehrsunfälle in Deutschland sollen eine schlafbezogene

Ursache haben (Statistisches Bundesamt 2006). Eine Reihe von

Untersuchungen hat die Tagesschläfrigkeit als Symptom verschiedener

Schlafstörungen einerseits und als Unfallursache andererseits zum

Gegenstand. Spektakuläre und besonders fatale Unfälle in diesem Kontext

sind in Erinnerung geblieben: Das Busunglück im Juli 2005 im

Autobahnkreuz Meckenheim mit 35 Verletzten, das Busunglück im Juli 2005

auf der A9 in Südfrankreich mit 2 Toten und 16 Verletzten und das

Busunglück in Lyon 2003 mit 28 toten und 46 verletzten deutschen

Urlaubern. Alle diese Unfälle ließen sich auf einen sogenannten

Sekundenschlaf der Fahrzeugführer zurückführen. Seit langem ist der

Zusammenhang zwischen Sekundenschlaf und einem obstruktiven Schlaf-

Apnoe-Syndrom (OSAS) bekannt. Dieser ist daher nicht nur Gegenstand

zahlreicher verkehrsrechtlicher Gutachten gewesen, sondern auch in

sozialmedizinischen Untersuchungen thematisiert worden (Orth et al. 2003,

Orth et al. 2005).

Eine schlafbezogene Erkrankung mit anderem Hintergrund ist dagegen die

Narkolepsie. Auch die Narkolepsie geht wie das OSAS mit Tagesschläfrigkeit

einher, ist aber mit imperativen Schlafattacken vergesellschaftet.

Narkolepsiepatienten können dem Schlafbedürfnis nicht wenigstens einer

gewissen Zeit lang entgegen wirken. Dies immerhin ist den OSAS-Patienten

möglich. OSAS-Patienten können durch situative Anforderung an

Konzentration und Aufmerksamkeit die Tagesschläfrigkeit unterdrücken und

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sich somit auch zum Beispiel im dichten innerstädtischen Straßenverkehr

„über die Zeit“ retten. Anders die Narkolepsiepatienten: Sie können einer

Schlafattacke nichts entgegensetzen und sind einem imperativen

Schlafbedürfnis ausgesetzt. Die Narkolepsiepatienten erleiden

Schlafattacken besonders in monotonen Situationen. Monotone Situationen

können sich im Straßenverkehr ergeben, aber auch im beruflichen Alltag.

Eigengefährdung und Fremdgefährdung in diesem Zusammenhang sind

gefürchtet. Narkolepsiepatienten haben eine vier bis sieben Mal höhere

Unfallrate als Gesunde (Kotterba, Mayer 2001).

Unter dem Aspekt der sozialmedizinischen Konsequenzen der Narkolepsie

wurde die Fahrtauglichkeit von Narkolepsiepatienten intensiv untersucht.

Gewonnene Daten zu Unfallraten und Copingstrategien sind belegt (Aldrich

1989, Findley et al. 1995 & 1999, George 1996, Müller 2002, Kotterba et al.

2004).

Welche Auswirkungen die Tagesschläfrigkeit aber auf das Berufsleben der

Betroffenen hat, welche sozialmedizinischen Konsequenzen sich in Fragen

der Berufsunfähigkeit, der Berentung und Versicherungsfragen ergeben,

bleibt unbeantwortet.

In der vorliegenden Studie wird untersucht, wie Narkolepsiepatienten mit

ihrer eingeschränkten Fahrtauglichkeit umgehen und welche Möglichkeiten

sie nutzen, Autounfällen vorzubeugen. Zugrunde gelegt wurde eine

Fragebogenaktion, in der Narkolepsiepatienten Daten zu Fahrverhalten und

Unfallhäufigkeit zur Verfügung stellten. Ein Schwerpunkt betraf Fragen zu

den sozialmedizinischen Aspekten der Erkrankung, ihre Auswirkungen auf

Beruf, Versichertenstatus und Berentung.

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1. Narkolepsie

Die Definition der Narkolepsie geht auf den französischen Neurologen und

Psychiater Jean Baptiste Edouard Gelineau (1859-1906) zurück. Er

beschrieb 1880 erstmals einen Patienten, der unter Tagesschläfrigkeit mit

imperativen Einschlafattacken und Bradykardie litt. Gelineau konnte so die

Narkolepsie von anderen Schlafstörungen und insbesondere von der

Epilepsie abgrenzen.

Die rein klinische Diagnose der Narkolepsie erhielt 1935 einen wesentlichen

Impuls durch die Entdeckung und den Einsatz der Elektro-Encephalo-

Graphie (EEG). Die Entdeckung des REM-Schlafes (normale Schlafphase

mit "Rapid Eye Movement"/raschen Augenbewegungen) bildete einen

Meilenstein in der Erforschung des Schlafes und hatte in so weit auch

Einfluss auf die Erforschung der Narkolepsie (Kotterba 2001).

Die noch heute gültigen Kriterien zur Diagnostik der Narkolepsie legten 1957

Yoss und Daly fest. Ihre Untersuchung schloss 241 Narkolepsiepatienten ein,

aus der sie die so genannte narkoleptische Tetrade ableiteten:

Tagesschläfrigkeit, Kataplexie, Schlaflähmung und hypnagoge Halluzination

(Yoss, Daly 1957).

Das moderne Konzept der Narkolepsiediagnostik hat einige Ergänzungen

erfahren. Hier seien der multiple Schlaflatenztest genannt sowie die enge

Assoziation zwischen Humanem Leukozyten Antigen (HLA) DR2 und

Narkolepsie. In jüngster Zeit ist die labormedizinische Bestimmung der

Hypocretin 1 Konzentration im Liquor von Narkolepsiepatienten ein weiterer

Baustein in der Diagnostik (Fauscher, Högl 2006).

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Epidemiologie

Die Narkolepsie ist eine seltene Erkrankung. Epidemiologische Daten zeigen

für Europa eine Prävalenz vom 0,026 bis 0,05 auf 100 000 Einwohner

(Hublin et al. 1994; Ohayon et al. 1999).

Die enge Assoziation der Narkolepsie mit einem definierten HLA-Typ

(humanes Lymphozyten-Antigen) und die auffällige familiäre Häufung der

Narkolepsie, legten zwar den Verdacht nahe, dass der Erkrankung ein

genetischer Defekt zugrunde liegt, der Nachweis ist aber bisher nicht

gelungen.

Die für die Narkolepsie bedeutsamen HLA-Allele liegen auf dem Chromosom

6. Das Erkrankungsrisiko für Angehörige ersten Grades von

Narkolepsiepatienten mit Kataplexien, der schwereren Variante der

Erkrankung, ist bis zu 4% gegenüber der Normalbevölkerung erhöht. Etwa

10 bis 20% der Angehörigen von Narkolepsiepatienten mit Kataplexien

haben einen attenuierten Phänotyp, das heißt, das Schlafbedürfnis ist

auffällig, aber nicht imperativ.

Interessanterweise sind monozygote Zwillinge in 69-75% diskordant für die

Narkolepsie, das heißt, es müssen neben einem möglichen hereditären

Hintergrund auch Umgebungseinflüsse und biografische Details an der

Pathogenese der Erkrankung beteiligt sein (Mayer 2006).

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1.1 Symptome

Die Narkolepsie wird nach der neuen internationalen Klassifikation der

Schlafstörungen (Internationale Klassifikation von Schlafstörungen (ICDS) 2:

Parasomnien, 2005) als Hypersomie zentralen Ursprungs eingestuft. Sie

kann in jedem Lebensalter auftreten und zeigt zwei Häufigkeitsgipfel:

Nämlich zwischen dem 10. und 20. Lebensjahr und dem 30. und 40.

Lebensjahr (Mayer 2006). Hauptsymptome der Narkolepsie sind

Tagesschläfrigkeit, Kataplexie, Schlaflähmung und hypnagoge

Halluzinationen. Diese Symptom-Tetrade entwickelt sich aber meist nicht

zeitgleich, in der Regel nicht einmal zeitnah. Die verschiedenen Symptome

können sich im Mittel mit einem Abstand von 10 Jahren einstellen. Dabei ist

die Tagesschläfrigkeit häufig das erste Symptom, aber leider auch das

unspezifischste. Das könnte erklären, warum in der Mehrzahl der Fälle

immer noch bis zu 10 Jahre vergehen, bevor die richtige Diagnose

Narkolepsie gestellt wird. Das einzige für die Narkolepsie spezifische

Symptom ist die Kataplexie: Der plötzliche vollständige Tonusverlust der

Haltemuskulatur. Aber nur etwa 42% der Narkolepsiepatienten erleiden eine

Kataplexie. Dies führte zu der Forderung zwischen der Narkolepsie mit

Kataplexie und der Narkolepsie ohne Kataplexie zu differenzieren.

Die Tagesschläfrigkeit als erstes Symptom entwickelt sich im Laufe der

Erkrankung schnell zu einer chronischen Belastung, die aber von den

Betroffenen durch Gewöhnung oft nicht mehr wahrgenommen wird. Der

Einschlafdrang tritt dabei plötzlich und mehrmals täglich auf. Er unterliegt

einer zirkadianen Rhythmik, ist abhängig von der situativen

Monotoniebelastung und kann nahtlos in Tagschlafepisoden übergehen.

Diese Tagschlafepisoden sind definiert als häufig auftretende ungewollte

Schlafepisoden, die durch Monotonie gefördert werden. Sie können

imperativen Charakter haben und mehrfach am Tag über Sekunden bis

Stunden auftreten. Während einer Tagschlafepisode kann es sowohl zu Non-

REM-Schlaf als auch zu REM-Schlaf kommen. REM-Schlafepisoden gehen

dabei oft mit sehr lebhaften Träumen und Muskelerschlaffung einher. Nach

einer Tagschlafepisode fühlen sich Narkolepsiepatienten in der Regel wieder

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erholt und leistungsfähig für die folgenden zwei bis drei Stunden. Arbeit unter

körperlicher Belastung, Stress oder Anspannung können bei etwa 30% der

Narkolepsiepatienten die Einschlafattacken vermindern. Neben der

Tagesschläfrigkeit leiden Narkolepsiepatienten zudem unter einem gestörten

Nachtschlaf. Mehr als zwei Dritteln der Betroffenen ist es unmöglich nachts

durchzuschlafen. Die Schlafstörungen sind bedingt durch vorzeitigen REM-

Schlaf, einem vermehrten Wechsel von Non-REM und REM-Schlafphasen,

häufigen Weckreaktionen und langen Wachliegezeiten.

REM-assoziierte Symptome

Die Kataplexie (griechisch: “mit Furcht umstoßen“) ist das einzige spezifische

Symptom für die Narkolepsie, weshalb ihr der höchste Stellenwert in der

Diagnostik zukommt. Kataplexie ist definiert als plötzlich auftretender

bilateraler Tonusverlust der Haltemuskulatur, er kann aber bei 20% der

Betroffenen auch unilateral auftreten. Der Tonusverlust wird getriggert durch

starke Emotionen wie Wut, Aufregung, Angst und Freude. Am häufigsten

wird die Kataplexie aber ausgelöst durch Schreck, Überraschung, Stolz und

Lachen. Eine Kataplexie kann von wenigen Sekunden bis hin zu einer halben

Stunde andauern. Die Häufigkeit des Auftretens kann sehr stark variieren;

von nur gelegentlich bis zu mehrmals täglich. Ein über Stunden bis Tage

andauernder Status Kataplektikus wird vorwiegend durch das plötzliche

Absetzen antikataplektisch wirksamer Medikamente auslöst.

Die Patienten bleiben während der gesamten Zeitspanne einer Kataplexie

bei vollem Bewusstsein. Dieser Umstand führt bei unerfahrenen Beobachtern

einer Kataplexie zu teilweise bizarren Fehleinschätzungen, die von der

Kataplexie betroffenen Person wahrgenommen und berichtet werden.

Bewusstseinsverlust tritt allerdings ein, wenn eine Kataplexie in eine

Schlafattacke und/oder eine hypnagoge Halluzination übergeht.

Die mimische Muskulatur ist bei einem kataplektischen Anfall immer mit

betroffen, glatte Muskulatur, respiratorische Muskulatur sowie die Zungen-

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Schlund-Muskulatur ist nie mit betroffen, so dass keine vitale Bedrohung

besteht. Kataplexien enden immer schlagartig bis schnell und können

teilweise durch äußere Stimuli unterbrochen werden.

So genannte Rebound-Kataplexien können nach dem Absetzen trizyklischer

Antidepressiva auftreten und zwar noch bis zu 14 Tagen nach Entzug der

Medikation. Die enge Korrelation zwischen affektiven Stimuli und dem

Auslösen einer Kataplexie führt dazu, dass die Kataplexie als dissoziatives

Symptom eingestuft wird und die Betroffenen häufig in psychologische oder

psychiatrische Behandlung geschickt werden. Neurologisch gehen

Kataplexien mit einer Hemmung des monosynaptischen H.-Reflexes und der

polysynaptischen Sehnenreflexe einher (Kotterba 2001).

Die Schlaflähmung, ein weiteres REM-assoziiertes Symptom, tritt beim

Übergang vom Schlaf zum Wachzustand (hypnopomp) auf oder vom

Wachzustand in den Schlaf (hypnagog). Die Patienten sind bei erhaltenem

Bewusstsein unfähig, zu sprechen oder sich zu bewegen. Dieser Zustand

endet spontan, kann aber auch durch Berührungsreize durchbrochen

werden. Isolierte Schlaflähmungen können sporadisch (bei etwa 6% der

Bevölkerung mindestens einmal im Leben (Ohayon 1999)) oder familiär

gehäuft ohne Narkolepsie auftreten.

Hypnagoge Halluzinationen treten nur beim Übergang vom Wachzustand in

den Schlaf auf. Dabei erleiden die Betroffenen komplexe, in der Regel

visuelle, seltener akustische Halluzinationen, die häufig als sehr bedrohlich

empfunden werden.

Non-REM-assoziierte Symptome

Automatisches Verhalten ist ein weiteres Symptom der Narkolepsie und

bezeichnet die Fortführung automatisierter Handlungen im Zustand der

Schläfrigkeit. Über eine sehr kurze Zeitspanne von wenigen Sekunden bis

hin zu einer halben Stunde sind Wahrnehmung und Erinnerungsvermögen in

diesem Zustand eingeschränkt. Sprache und auch Bewegungen können

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stereotyp und aus dem Zusammenhang gerissen sein. Das automatische

Verhalten kann in allen Lebenssituationen auftreten: beim Autofahren, im

beruflichen Tätigkeitsfeld, im Haushalt. Die Verletzungsgefahr ist hier

besonders groß. Das automatische Verhalten ist eine unspezifische Folge

der Tagesschläfrigkeit und betrifft etwa 80% der Narkolepsiepatienten, ist

aber auch Symptom anderer Hypersomnien (Aldrich 1992).

1.2 Diagnostik

Multipler Schlaf-Latenz-Test (MSLT)

Zur diagnostischen Abklärung einer Narkolepsie wird unter anderem der

Multiple Schlaf-Latenz Test (MSLT) genutzt (Carskadon et al. 1986). Der

Multiple Schlaflatenztest ist ein polysomnographisches Verfahren in der

Abklärung von Tagesschläfrigkeit. Dabei werden fünf Durchgänge von je 30

Minuten abgeleitet und die Schlaflatenzzeit gemessen. Im Falle einer

Narkolepsie mit und ohne Kataplexie sind zur Diagnosesicherung

mindestens zwei Sleep-Onset REM-Phasen 10 Minuten nach dem

Einschlafen im Multiplen Schlaflatenztest (MSLT) gefordert sowie verkürzte

Einschlaflatenzen (unter acht Minuten) (Internationale Klassifikation von

Schlafstörungen (ICDS) 2: Parasomnien 2005).

Polysomnographie

Die Schlafaufzeichnung im Schlaflabor ist ein weiterer Baustein in der

Diagnostik der Narkolepsie. Dabei weicht das Schlafprofil (Hypnogramm)

eines Narkolepsiepatienten charakteristisch von dem eines Gesunden ab.

Die Einschlaflatenz des Patienten ist verkürzt. Die REM-Latenz, die Zeit

zwischen dem ersten Einschlafen und der ersten REM-Phase,

normalerweise bei 90 Minuten, ist ebenfalls verkürzt. Dieses

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Charakteristikum der Narkolepsie kann nicht immer in einer Nacht

nachgewiesen werden. Im Falle des Auftretens einer solchen verfrühten

Sleep-onset-REM-Phase (SOREM) hat diese aber einen hohen

diagnostischen Stellenwert, da sie beim Nachtschlaf eines Gesunden ein

seltenes Phänomen ist. Typisch für die Polysomnographie (PSG) eines

Narkolepsiepatienten im Vergleich zu einem Gesunden sind häufiges

Erwachen, lange Wachliegezeiten und häufig eine Verminderung an

Tiefschlafphasen (Schlafstadium drei und vier) (Mayer 2003).

Stanford Sleepiness Scale (SSS)

Hoddes, Dement und Zarcone entwickelten 1973 den Stanford Sleepiness

Scale zur Einschätzung des Wachheitsgrades von Menschen mit

Schlafstörungen (Hoddes E, Dement WC, Zarcone V 1973). Patienten

werden gebeten, an einem Testtag während fünf Zeitperioden ihren

Wachheitsgrad anhand einer siebenstufigen Skala anzugeben. Jede

Zeitperiode erstreckt sich dabei über eine Stunde. Die Patienten geben eine

Einschätzung ihres Wachheitsgrades im fünfzehn Minuten Takt an. Der Grad

der Schläfrigkeit ist dabei wie folgt eingeteilt (Tab.1).

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Tab.1 Stanford Sleepiness Scale – deutschsprachige Übersetzung

Grad der Schläfrigkeit Scale,

Rating

Fühle mich aktiv, vital, voll da, hellwach 1

Habe einen klaren Kopf, bin aber nicht in Top-Form, kann mich

konzentrieren

2

Wach, aber entspannt, reagiere, bin aber nicht so ganz da 3

Etwas benommen, schlaff 4

Benommen, verliere das Interesse am Wachbleiben, tranig 5

Schläfrig, benommen, kämpfe mit dem Schlaf, würde mich gerne

hinlegen

6

Kämpfe nicht mehr gegen den Schlaf, schlafe gleich ein, traumartige

Gedanken

7

Schlafe X

Epworth Sleepiness Scale (ESS)

Der von Johns 1994 entwickelte Epworth Sleepiness Scale dient der

Einschätzung der subjektiven Tagesschläfrigkeit. Der Patient wird gebeten, in

einem Score von 0 (würde niemals einnicken) bis 3 (hohe Wahrscheinlichkeit

einzunicken) seine Tagesschläfrigkeit in acht verschiedenen

Alltagssituationen einzuschätzen. Die Summe der erreichten Punktzahl gibt

Auskunft über das Maß der Tagesschläfrigkeit, wobei der Test ab einem

Punktwert von elf Punkten und mehr als pathologisch einzustufen ist.

In der Epworth Sleepiness Scale werden typische Alltagssituationen

geschildert. Die Patienten sollen die Wahrscheinlichkeit des Einschlafens

einschätzen (Tab. 2):

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Tab. 2 Epworth Sleepiness Scale

Situation Wahrscheinlichkeit

einzunicken

Im Sitzen lesend

Beim Fernsehen

Wenn Sie passiv (als Zuhörer) in der Öffentlichkeit

sitzen (z.B. im Theater oder bei einem Vortrag)

Als Beifahrer im Auto bei einer einstündigen Fahrt

ohne Pause

Wenn Sie sich am Nachmittag hingelegt haben, um

auszuruhen

Wenn Sie sitzen und sich mit jemandem unterhalten

Wenn Sie nach dem Mittagessen (ohne Alkohol) ruhig

dasitzen

Wenn Sie als Fahrer eines Autos verkehrsbedingt

einige Minuten halten müssen

Maintenance of Wakefulness Test (MWT)

Ziel dieses Testverfahrens ist die Objektivierung der Fähigkeit, sich in einer

monotonen Situation wach zu halten. Die Patienten nehmen auf einem

bequemen Stuhl oder Sessel Platz und verweilen in halb liegender Position.

Der Raum ist abgedunkelt und völlig ruhig. Die Patienten werden nun

gebeten, zu versuchen in den nächsten 20 Minuten trotz fehlender Aktivität

und Ablenkung wach zu bleiben. Der Test erfolgt zwei bis vier Mal innerhalb

von zwei Stunden. Während des Tests erfolgt eine polysomnographische

Ableitung (Littner et al. 2005, Orth et al. 2003). Durch diesen Test soll

insbesondere in der Kontrolle einer Therapie nachgewiesen werden, ob der

Proband in der Lage ist, sich Schläfrigkeit zu widersetzen.

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Pupillographischer Schläfrigkeitstest (PST)

Die Pupille unterliegt ständig Weitenveränderungen. Besonders deutlich wird

dies bei unterschiedlich starkem Lichteinfall: In einem dunklen Raum weitet

sich die Pupille, in einem sehr hellen Raum verengt sie sich. Diese

sogenannte Nachregulierung der Pupillenweite ist ein andauernder Vorgang,

dessen Geschwindigkeit und Exaktheit durch Wachheit bzw. Müdigkeit

beeinflusst wird. Ist eine Person müde und unkonzentriert, ist auch die

Nachregulierung der Pupillenweite nicht mehr exakt, es erfolgen größere

Schwankungen in der Einstellung. Mit dem PST werden diese

Schwankungen aufgezeichnet. Die Augen des Patienten werden dabei durch

eine absolut schwarze Brille abgedunkelt, die Pupille mit einer Infrarotkamera

gefilmt. Bei Müdigkeit wird die Pupille unruhig, es entstehen sogenannte

Ermüdungswellen (Wilhelm H, Lüdtke H, Wilhelm B 1988). Allerdings werden

mit dem Test nur 11 Minuten erfasst.

HLA - Typisierung

In den letzten Jahrzehnten hat die HLA (humanes Leukozyten Antigen)

Typisierung zu einer Identifizierung typischer HLA-Konstellationen bei

verschiedenen Schlafstörungen geführt. Dabei zeigt die Narkolepsie die

höchste HLA-Assoziation: 98,5% aller europäischen Narkolepsiepatienten

sind positiv für das HLA DR 15 und 60% der afroamerikanischen

Narkolepsiepatienten. Die serologische Spezifität dieses Halotyps ist bei

allen DR15 positiven Narkolepsiepatienten DQA1*0102, DQB1*1501,

DQB1*0602. Dabei zeigt sich eine besonders hohe Assoziation, mit etwa

90%, bei Narkolepsiepatienten mit Kataplexie und dem HLA DQB1*0602

(Frauscher, Högli 2006). Es wird davon ausgegangen, dass der Halotyp

DQA1*0102 und DQB1*0602 auf dem kurzen Arm des Chromosoms 6 das

„Narkolepsiegen“ enthält.

Dennoch ist die Spezifität dieser HLA-Konstellation nur gering: 25% der

kaukasischen Bevölkerung haben die gleiche Konstellation, ohne erkrankt zu

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sein. Die HLA-Typisierung kann demnach die Diagnose der Narkolepsie

lediglich stützen, aufgrund ihrer Häufigkeit in der Normalbevölkerung aber

nicht sichern. Darüber hinaus kann das Fehlen einer HLA-Konstellation die

Diagnose Narkolepsie nicht ausschließen.

Hypocretin

Eine erst kürzlich (1998) etablierte Methode in der Diagnostik der

Narkolepsie ist die Bestimmung des Neuropeptids Hypocretin 1 aus dem

Liquor. Hypocretine sind Peptide, die zuerst im Hypothalamus von Ratten

isoliert wurden. Zunächst wurde erkannt, dass die Peptide Hypocretin 1 und

2 eine wichtige Funktion in der Appetitregulation einnehmen, so dass sich die

synonyme Bezeichnung Orexin-A und -B etablierte. (Orexin, griechisch:

Appetit). Es zeichnete sich ab, dass Orexin-A ein breiteres

Wirkungsspektrum aufweist: Es beeinflusst die Regulation des Schlaf-Wach-

Rhythmus (Baumann, Bassetti 2004, Boutrel, de Lecea 2008). Orexin-A ist

ein für alle Säugetiere spezifisches Peptid. Das lipophile Peptid wird beim

Menschen vorwiegend im Hypothalamus, aber auch im Rückenmark, der

Nebennierenrinde und dem Dünndarm synthetisiert. Vom Hypothalamus

ausgehend projizieren orexinerge Neurone in verschiedene Kerngebiete im

ZNS und beeinflussen die Nahrungsaufnahme, den Schlaf-Wach-Rhythmus

und emotionales Erleben.

Orexin-A beeinflusst den Schlaf-Wach-Rhythmus insbesondere durch seine

stimulierende Wirkung auf den Locus coeruleus und seine noradrenergen

Neurone. Die Wach-Phase ist demnach mit höheren Konzentrationen von

Orexin-A assoziiert. Orexinerge Neurone des lateralen Hypothalamus

projizieren in das laterodorsale Tegmentum, einer Schaltstelle in der

Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus. Die Injektion von Orexin-A in diese

Region bei Katzen führte bei den Tieren zu einer deutlichen

Vigilanzsteigerung (Bayer et al. 2001; Xi et al. 2002). In Tiermodellen führten

Mutationen der für Orexin kodierenden Gene zu typischen Symptomen der

Narkolepsie (Chemelli et al. 1998). Nach einer Reihe von Untersuchungen

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von Narkolepsiepatienten zeigte sich, dass diese im Vergleich zu Gesunden

deutlich niedrigere Konzentrationen bis hin zum völligen Fehlen von Orexin-A

im Liquor aufweisen. Darüber hinaus ist die Zahl der Orexin produzierenden

Zellen im Hypothalamus von betroffenen Patienten erniedrigt.

Aber auch hier sind der Diagnostik Grenzen gesetzt. Orexin-A-Werte im

Liquor von >200 pg/ml sind als Normwerte zu verstehen. Werte <110 pg/ml

sprechen für eine Narkolepsie mit Kataplexie. Die Sensitivität und Spezifität

von niedrigen Orexin-A-Werten im Liquor sind für die Narkloepsie mit

Kataplexie sehr hoch: Sensitivität 87%, Spezifität 99%, positiv prädikativer

Wert 96%, negativ prädikativer Wert 96%. Niedrige Orexin-A-Werte im Liquor

können aber bei der Narkolepsie ohne Kataplexie keinen verlässlichen

Beitrag zu einer Diagnose liefern (Frauscher und Högl 2006).

1.3 Differentialdiagnosen

Die Tagesschläfrigkeit ist mit einer Vielzahl von Erkrankungen

vergesellschaftet, die differentialdiagnostisch von der Narkolepsie

abzugrenzen sind. Es sollen hier nur die wichtigsten exemplarisch genannt

werden (Fischer et al. 2002).

Die symptomatische Narkolepsie ist ursächlich bedingt durch medizinische

oder neurologische Erkrankungen wie Tumoren des Thalamus und des

Hypothalamus, Schlaganfall, Multipler Sklerose Plaques im Hypothalamus,

paraneoplastische Syndrome oder Schädel-Hirn-Trauma.

Die Idiopathische Hypersomnie geht mit einer normalen oder verlängerten

Nachtschlafperiode einher. Charakteristisch für diese Schlafstörung ist die

massive Tagesschläfrigkeit. Der Nachtschlaf der Patienten mit Idiopathischer

Hypersomnie ist im Gegensatz zu dem Nachtschlaf der Narkolepsiepatienten

nicht gestört. Während sich aber Narkolepsiepatienten selbst nach einer sehr

kurzen Schlafepisode wieder erfrischt und leistungsfähig fühlen, empfinden

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Patienten mit Idiopathischer Hypersomnie auch eine über Stunden

andauernde Schlafepisode nicht als erholsam.

Das obstruktive Schlafapnoe Syndrom (OSAS) ist charakterisiert durch

periodische wiederkehrende Obstruktionen der oberen Luftwege während

des Schlafens. Es kommt dabei zu alveolärer Hyperventilation,

Sauerstoffentsättigungen und einem Anstieg der CO2-Konzentration.

Hauptsymptom, das die Betroffenen beklagen, ist die übermäßige

Tagesschläfrigkeit.

Anamnestisch auszuschließen sind mögliche psychiatrische Ursachen für die

Tagesschläfrigkeit wie zum Beispiel der Missbrauch von Medikamenten wie

Benzodiazepinen, Antidepressiva, Beta-Blockern, Neuroleptika oder

Barbituraten.

Eine relativ unkomplizierte Erklärung für massive Tagesschläfrigkeit kann

eine zirkadiane Rhythmusstörung sein, als Folge beruflich bedingter

Schichtarbeit oder eines Jetlags. Der Jetlag wird häufig ausgelöst durch das

schnelle Überqueren von mindestens zwei Zeitzonen und manifestiert sich in

Ein- und Durchschlafstörungen und Tagesschläfrigkeit. Diese Schlafstörung

hält in der Regel aber nur wenige Tage an.

Auch die neurologische Erkrankung des Restless-Legs-Syndroms ist eine

mögliche Differentialdiagnose. Die Betroffenen beklagen im Ruhezustand,

aber besonders vor dem Einschlafen, unangenehme Dysästhesien in den

Beinen, die sie zwingen aufzustehen und sich zu bewegen. In der

Polysomnographie zeigen Betroffene vermehrte Beinbewegungen, die eine

Durchschlafstörung und in der Folge eine übermäßige Tagesschläfrigkeit

erklären können.

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1.4 Verlauf und Prognose

Narkolepsie ist eine lebenslange Erkrankung, die in jedem Alter auftreten

kann. Bei etwa 20% der Narkolepsiepatienten tritt die Erkrankung erstmals

vor dem 10. Lebensjahr auf. Da Kinder häufig dazu neigen, die Symptome

der Narkolepsie zu verheimlichen und/oder die Tagesschläfrigkeit durch

Hyperaktivität zu kompensieren, kommt es nicht selten zu der Fehldiagnose

des hyperkinetischen Syndroms. Daneben sind weitere wichtige

Fehldiagnosen Epilepsie und bei älteren Menschen zerebrale

Durchblutungsstörungen, häufig gestellt nach einer Kataplexie, die mit

Hinstürzen einherging. Da die Tagesschläfrigkeit als Symptom auch für

andere Formen der Hypersomnie sprechen kann, wird die korrekte Diagnose

Narkolepsie häufig erst mit dem Auftreten einer Kataplexie gestellt. Bei einer

späten Manifestation kann die Latenzzeit zwischen dem Auftreten der

Tagesschläfrigkeit und dem Auftreten der Kataplexie mit 32 bis 60 Jahren

besonders lang sein. Wobei Narkolepsien mit Spätmanifestation klinisch

geringer ausgeprägt sind als solche mit früher Manifestation. In der Mehrzahl

der Fälle stellen sich Betroffene erst zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr

bei einem Arzt vor. Interessant ist, dass im Krankheitsverlauf von mehr als 20

Jahren die Symptome hypnagoge Halluzinationen, Schlaflähmung und

Kataplexie rückläufig sein können, wobei die Tagesschläfrigkeit aber in mehr

als 90% der Fälle ein bleibendes Symptom ist (Kotterba 2001, Mayer 2006).

Besonders beeinträchtigend wirkt dabei die durch die Tagesschläfrigkeit

bedingte Leistungsminderung, ohne dass die körperliche und kognitive

Leistungsfähigkeit der Narkolepsiepatienten im Vergleich zu Gesunden

tatsächlich eingeschränkt ist. Allerdings ist die Fähigkeit zu kognitiver

Dauerleistung deutlich herabgesetzt, was nicht nur zu Beeinträchtigungen bei

sozialen Aktivitäten und Einschränkungen im Berufsleben führt, sondern

auch eine erhöhte Unfallgefahr im beruflichen und privaten Umfeld bedeuten

kann.

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1.5 Therapie

Da die Narkolepsie eine lebenslange Erkrankung ohne Aussicht auf Heilung

ist, gibt es nur die Möglichkeit der Milderung der Symptome, mit dem Ziel der

verbesserten Lebensqualität. Dabei steht vor der medikamentösen Therapie

in der Regel zunächst der Versuch, Bewältigungsstrategien zu entwickeln.

Dazu gehören an erster Stelle das Einhalten der individuell notwendigen

Schlafmenge, das Einlegen von Tagschlaf, Genuss stimulierender Getränke,

Alkohol- und Nikotinkarenz und körperliches Training. Als besonders wichtig

erweist sich darüber hinaus die Einübung von Bewältigungsmustern, die

gezielte Beratung bei der Berufswahl und häufig der Versuch, einen

alternativen Arbeitsplatz innerhalb eines Betriebes zu finden. Prinzipiell

scheint es enorm wichtig, Angehörige und enge Freunde über die

Erkrankung zu informieren, um ihnen die Möglichkeit zum adäquaten

Umgang mit dem Betroffenen zu geben und Missverständnissen

vorzubeugen. Natürlich sollten auch der Arbeitgeber und gegebenenfalls

Arbeitskollegen informiert sein, um auch hier Missverständnissen

vorzubeugen. Im beruflichen Umfeld ist aber die Frage der Sicherheit in den

Vordergrund zu stellen. Nur wer informiert ist, kann Risiken einschätzen und

angemessen reagieren.

Die beruflichen und privaten Anforderungen machen oft eine medikamentöse

Therapie erforderlich. Das entscheidende Problem hierbei ist, die individuelle

Entscheidung zwischen einer Dauertherapie und/oder einer

Bedarfsmedikation. Therapieziel ist in jedem Fall die ausreichende Wachheit,

wenn diese im Berufs- oder im Privatleben erforderlich ist.

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Therapie der Tagesschläfrigkeit

In der Behandlung der Tagesschläfrigkeit werden Stimulanzien eingesetzt.

Diese amphetaminähnlichen Derivate sind indirekte Sympathomimetika, die

im ZNS und in der Peripherie Noradrenalin, Dopamin und Serotonin

freisetzen. Die häufigsten Nebenwirkungen der amphetaminähnlichen

Substanzen sind Kopfschmerz, Magen-Darm-Beschwerden,

Übererregbarkeit, Reizbarkeit, Selbstüberschätzung, Appetitmangel,

Schwitzen, Zittern, Schwindel, Insomnie, Bluthochdruck, Angina pectoris,

Herzrhythmusstörungen. Einige Stimulanzien unterliegen aufgrund ihres

Abhängigkeitspotentials dem Betäubungsmittelschutzgesetz (Btm).

Unter Einnahme von Amphetaminen entsteht bei etwa 30-40% der

Narkolepsiepatienten eine Toleranzentwicklung. Hier sind

„Medikamentenferien“ und die Einstellung auf ein optimales Ersatzpräparat,

möglichst unter stationären Bedingungen, angeraten. Narkolepsiepatienten

entwickeln aber keine Abhängigkeit gegenüber Stimulanzien (Kotterba 2001).

Therapie der Kataplexie

Zur Therapie der Kataplexie und der hypnagogen Halluzination sind

Antidepressiva geeignet. Dabei sind trizyklische Antidepressiva aufgrund

ihrer Wirksamkeit insbesondere bei ansonsten therapieresistenten

Kataplexien, trotz der erheblichen Nebenwirkungen (Harnverhalt,

Potenzstörungen, Mundtrockenheit), nach wie vor Mittel der ersten Wahl. Mit

den neueren Antidepressiva gibt es bislang wenige Erfahrungen,

Langzeitergebnisse aus Studien fehlen bislang. Dennoch, viele der neueren

Antidepressiva wirken sehr gut, bei guter Verträglichkeit und geringen

Nebenwirkungen (Mayer 2003). Einen neuen Ansatzpunkt in der Behandlung

von Kataplexien und Tagesschläfrigkeit mit dann auch positiver Auswirkung

auf die Tagesschläfrigkeit bietet das ebenfalls Btm-pflichtige Natriumoxybat

(Xyrem®) (Mayer Pollmächer 2007).

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Aufgrund der möglichen Toleranzentwicklung bei der Langzeittherapie mit

Stimulantien, der Nebenwirkungen und Interaktionen mit anderen

Medikamenten und nicht zuletzt wegen der rechtlichen Fragen (Modafinil,

Vigil® z.B. unterliegt dem Betäubungsmittelschutzgesetz), sollten Patienten

sich mindestens halbjährlich bis jährlich bei einem Arzt vorstellen, der mit der

Diagnostik und Therapie der Narkolepsie vertraut ist.

Exemplarische Beispiele für die Medikation:

Stimulantien

Bei der Ersteinstellung auf eine Medikation, ist Modafinil Mittel der ersten

Wahl. Modafinil ist zugelassen für die Behandlung der Narkolepsie mit und

ohne Kataplexie (und des mittelschweren bis schweren OSAS mit exzessiver

Tagesschläfrigkeit trotz adäquater CPAP-Therapie). Modafinil kann in zwei

Dosen morgens und abends oder als Einzeldosis morgens eingenommen

werden. Die Einnahme von Modafinil wird durch die Nahrungsaufnahme nicht

beeinflusst und kann deshalb vor, nach oder während des Essens

eingenommen werden. Die Tagesdosis liegt bei 200–400 mg/d und ist bei

70-80% der Patienten wirksam. Modafinil stimuliert das zentrale

Nervensystem. Es steigert die Vigilanz ohne den Nachtschlaf zu beeinflussen

bzw. zu beeinträchtigen. Die Vigilanzsteigerung wird durch die selektive

Aktivierung des Schlaf-Wach-Zentrums im Hypothalamus erreicht.

Besonders häufige Nebenwirkungen von Modafinil sind körperliche Unruhe,

Angststörungen, Nervosität, Kopfschmerzen und Schwindel.

Neben Modafinil ist zurzeit nur noch das Amphetaminderivat Methylphenidat,

Ritalin®, zur Behandlung der Narkolepsie zugelassen. Die

Amphetaminderivate Fenetyllin, Captagon®; Pemolin, Tradon®; und Ephedrin

sind für die Behandlung der Narkolepsie erfahrungsgemäß wirksam, aber

nicht oder nicht mehr zugelassen bzw. nicht auf dem deutschen Markt

erhältlich. Diese Medikamente dürfen, nach Aufklärung des Patienten,

außerhalb des zugelassenen Indikationsbereiches nur off-label verschrieben

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werden. Diese Regelung impliziert, dass diese Medikamente nicht zu Lasten

der gesetzlichen Krankenkassen verschrieben werden dürfen, von dem

Patienten also selbst zu bezahlen sind. Es besteht für die Betroffenen aber

die Möglichkeit, einen Antrag auf Kostenübernahme bei der gesetzlichen

Krankenkasse zu stellen, sofern die zugelassenen Medikamente nicht

vertragen wurden und/oder unwirksam sind.

Antidepressiva

Mittel der ersten Wahl zur Behandlung der Kataplexie sind, wie bereits

erwähnt, trizyklische Antidepressiva. Hier ist das Clomipramin zu nennen.

Die Anwendung der trizyklischen Antidepressiva ist aber durch ihre häufigen

schweren Nebenwirkungen (Mundtrockenheit, Akkomodationstörungen,

Harnverhalt, Potenzstörungen) limitiert. Daneben kann es nach dem

Absetzen der trizyklischen Antidepressiva zu sogenannten Rebound-

Kataplexien kommen.

Den neueren Antidepressiva mit deutlich weniger Nebenwirkungen ist

deshalb in der Therapie Vorrang einzuräumen. Auch wenn hier die

antikataplektische Wirkung erfahrungsgemäß geringer ist. Es gilt zu

berücksichtigen, dass viele Patienten an einer leichten Kataplexie leiden und

gut mit den neueren Antidepressiva auskommen (Geert Mayer 2003). Zu

diesen, erst seit Kurzem in Deutschland für die Behandlung der Narkolepsie

zugelassenen Medikamenten, zählt Natriumoxybat, Xyprem®. Natriumoxybat

ist ein endogener GABA-Metabolit und moduliert das serotonerge und

dopaminerge System. Während des Tages erhöht es die Wachheit und

verhindert Kataplexien. Zudem nimmt unter Natriumoxybat die Schlafqualität

zu; es hat eine stark Schlaf erzwingende Wirkung, wird aber im Körper so

schnell abgebaut, dass Patienten es gegebenenfalls zweimal im Laufe einer

Nacht einnehmen müssen. Der Vorteil besteht dafür aber in dem fehlenden

Überhang am nächsten Morgen. Entzugssyndrome treten nur selten auf,

häufig sind dagegen Nebenwirkungen wie Übelkeit und Kopfschmerzen

(Mayer und Pollmächer 2007).

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1.6 Narkolepsie bei Kindern

Die Mehrzahl der Narkolepsiepatienten gibt bei der Diagnosestellung an,

dass sie schon als Kinder oder Jugendliche unter massiver

Tagesschläfrigkeit, gestörtem Nachtschlaf und Schlaflähmung gelitten haben.

Dennoch wird die Erkrankung in der Regel erst zwischen dem 30. und 40.

Lebensjahr gestellt. Dabei tritt bei etwa 20% der Narkolepsiepatienten die

Erkrankung sogar bereits vor dem zehnten Lebensjahr auf. Die Schwierigkeit

besteht darin, dass Kinder dazu neigen, die Symptome der Erkrankung zu

verheimlichen. Sie kompensieren die Tagesschläfrigkeit häufig durch

Hyperaktivität. In der Folge wird bei ihnen ein hyperkinetisches Syndrom

diagnostiziert. Bestehende Kataplexien können derart diskret sein, dass sie

nicht einmal dem betreffenden Kind bewusst werden (Deutsche Narkolepsie-

Gesellschaft 2001).

Besonders häufig sind bei Kindern Verhaltensauffälligkeiten wie Erregbarkeit

und Aggression, sozialer Rückzug, Verschlechterung der Schulleistung (in

ca. 60% der Fälle) und neuerlich auftretendes nächtliches Einnässen (Pavor

nocturnus). Bei den meisten der betroffenen Kinder sind SOREMS

nachweisbar und die mittlere Schlaflatenzzeit (MLST) ist stark verringert.

Die Therapie besteht in der Gabe von Methylphenidat und anderen

Stimulanzien. Für die Therapie der Kataplexien eigenen sich, wie in der

Therapie der Erwachsenen, Natriumoxybat (Mayer 2006).

1.7 Ärztliche Begutachtung

Die ärztliche Begutachtung eines Narkolepsiepatienten kann im Bereich der

Einstufung einer Schwerbehinderung, der Frage der Erwerbsfähigkeit und

der Fahrtauglichkeit gefordert sein. In allen genannten Bereichen steht die

Frage nach der Schwere der Beeinträchtigung von Aufmerksamkeit und

Vigilanz durch die Tagesschläfrigkeit im Vordergrund. Das Vorliegen einer

Kataplexie ist ebenso abzuklären. Die Kataplexie hat ihre Bedeutung vor

allem bei der Beurteilung der Minderung der Erwerbsfähigkeit und der

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Einstufung als Schwerbehinderung sowie der Beurteilung der

Fahrtauglichkeit (Kotterba et al. 2007).

Aufmerksamkeit und Vigilanz

Aufmerksamkeit hat nach bestehenden Theorien vier verschiedene

Komponenten: Die zentralnervöse Aktivierung, die selektive Aufmerksamkeit,

die geteilte Aufmerksamkeit und die längerfristige

Aufmerksamkeitszuwendung.

Die zentralnervöse Aktivierung geht der Aufmerksamkeit voraus. Gemeint ist

das unbewusste, durch das vegetative Nervensystem beeinflussbare

Aufmerksamkeitsniveau. Die zentralnervöse Aktivierung unterscheidet

zudem eine tonische und eine phasische Aktivierung. Mit der tonischen

Aktivierung ist das Aktivierungsniveau eines Individuums über einen langen

Zeitraum, z.B. 24 Stunden, gemeint. Diese unterliegt nicht der bewussten

Kontrolle, kann aber zum Beispiel mit Hilfe des Multiplen SchlafLatenz-

Testes objektiviert werden. Dagegen definiert die phasische Aktivität die

Fähigkeit das Aufmerksamkeitsniveau auf einen konkreten Reiz hin zu

steigern. Ein mögliches Testgerät zur Prüfung der phasischen Aktivität ist

beispielsweise die Zimmermann-Test-Batterie (TAP), mit deren Hilfe

Reaktionszeitmessungen auf einen Warnreiz erfolgen können (Weeß et al.

2000).

Selektive Aufmerksamkeit meint die Fähigkeit, aus einer Vielzahl von Reizen

den relevanten herauszufiltern und dabei alle anderen störenden Reize zu

ignorieren. Diese Form der Aufmerksamkeit ist zum Beispiel in einer

Gesprächsituation gefordert, in der es zwar nur einen Gesprächspartner gibt,

man sich aber auf einem Empfang in einem Restaurant mit 80 weiteren

Personen befindet, die sich ebenfalls unterhalten. Gleichzeitig bieten Kellner

Getränke an, Kinder rennen tobend zwischen den Gästen hin und her, etc.

Dieser Aspekt der Aufmerksamkeit lässt sich mit Hilfe des Wiener

Testsystems prüfen (Weeß et al. 2000).

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Die geteilte Aufmerksamkeit fordert dagegen gerade die Fähigkeit eine

Vielzahl unterschiedlicher Reize schnell und parallel sowohl kontrolliert als

auch automatisch zu verarbeiten, verbunden mit der seriellen und parallelen

Handlungsbereitschaft. Ein klassisches Beispiel ist eine Situation im

Straßenverkehr: Ein Autofahrer, der im belebten Stadtverkehr auf eine große

Ampelkreuzung zusteuert. Der Fahrer ist in dieser Situation gezwungen eine

beträchtliche Anzahl von einströmenden Reizen parallel zu registrieren und

beinahe zeitgleich zu verarbeiten, um schnell und sicher reagieren zu

können. Schon aufgrund der zeitlichen Limitation ist klar, dass hier nicht

jeder einzelne Reiz aufgegriffen und bewusst verarbeitet werden kann. Zu

einem Teil müssen die Eindrücke sofort und automatisch registriert werden,

während parallel andere Reize bewusst gemacht werden müssen, um

sicheres Reagieren zu ermöglichen. Zur Prüfung der geteilten

Aufmerksamkeit eignet sich unter anderem das Wiener Determinationsgerät

(Weeß et al. 2000).

Bei der längerfristigen Aufmerksamkeit müssen zwei Komponenten

unterschieden werden: Die Vigilanz und die Daueraufmerksamkeit.

Die Daueraufmerksamkeit ist gefordert bei der Verarbeitung von Reizen bei

einer hohen Reizfrequenz über eine längere Zeitspanne. Dem gegenüber

fordert die Vigilanz die Aufrechterhaltung eines hohen

Aufmerksamkeitsniveaus auch über Stunden bei sehr niedriger

Reizfrequenz, wie sie zum Beispiel beim stundenlangen Autofahren über

eine wenig belebte Landstrasse oder bei der Überwachung von Maschinen

gefordert sein kann.

Die Vigilanz ist dabei kein kognitives Geschehen. Es fließen motivationale

Aspekte mit ein, die dem Nachlassen der Vigilanz aktiv entgegenwirken

können (Kotterba et al. 2007). Computergestützte Testverfahren, wie zum

Beispiel der Vigilanztest aus der Zimmermann Testbatterie oder der

Vigilanztest nach Quatember und Maly oder Vigimar, zeigen, dass selbst

schläfrige Testpersonen ihre Vigilanz über einen langen Zeitraum aufrecht

erhalten können. Während dieser Zeitspanne erfolgen lediglich ein oder zwei

Einbrüche der Vigilanz.

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Entscheidend dabei ist aber natürlich in welcher Situation diese

Vigilanzeinbrüche passieren. Trifft sie eine Person während des Autofahrens

oder im beruflichen Umfeld, so sind Unfälle vorprogrammiert.

Alle Aufmerksamkeitsleitungen sind von Wachheit-/Schläfrigkeit beeinflusst

und müssen je nach gutachterlicher Fragestellung untersucht werden.

Einstufungen als Schwerbehinderung

Eine Person wird als schwerbehindert eingestuft, wenn eine

Schwerbehinderung von wenigstens 50% vorliegt (§2 Abs. 2 SGB IX). Dabei

wird die Narkolepsie wie folgt beurteilt: Je nach Häufigkeit, Ausprägung und

Kombination der Symptome (Tagesschläfrigkeit, Schlafattacken, Kataplexien,

automatisches Verhalten im Rahmen von Ermüdungserscheinungen,

Schlaflähmung – häufig verbunden mit hypnagogen Halluzinationen), sind im

Allgemeinen GdB (Grad der Behinderung)/MdE-Grade (Minderung der

Erwerbsfähigkeit) von 50 bis 80% anzusetzen. Selten kommen auch

GdB/MdE von 40% (z.B. bei gering gradig ausgeprägter Tagesschläfrigkeit in

Kombination mit seltenen Schlaflähmungen und hypnagogen

Halluzinationen) oder auch über 80% (bei ungewöhnlich starker Ausprägung)

in Betracht (Mayer, Steiner 1999, Kotterba et al. 2007).

Nach dieser Einschätzung ist die Narkolepsie in der Regel eine

Schwerbehinderung. Dennoch wird in vielen Fällen eine medizinische

Einschätzung der Erkrankung notwendig, um die Interessen des Betroffenen

beim zuständigen Versorgungsamt durchzusetzen.

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Minderung der Erwerbsfähigkeit

Die Symptomatik der Narkolepsie kann in manchen Fällen so ausgeprägt

sein, dass eine teilweise oder sogar vollständige Berufsunfähigkeit attestiert

werden muss. Die Berufsunfähigkeit ist gegeben, wenn die Erwerbsfähigkeit

des Betroffenen, aufgrund einer Erkrankung oder einer Behinderung, im

erlernten Beruf auf weniger als die Hälfte eines körperlich und geistig

gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen

Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Als voll berufsunfähig ist

derjenige einzustufen, dessen Erwerbsfähigkeit aufgrund von Krankheit oder

Behinderung in dem erlernten bzw. auf Dauer ausgeübten Beruf gegenüber

einer gesunden Vergleichsperson auf weniger als 6 Stunden gesunken ist.

Seit dem 01.01.2001 gibt es die Berufsunfähigkeit in der gesetzlichen

Rentenversicherung jedoch nur noch in Form der teilweisen

Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Für die

Narkolepsie bedeutet dies, dass Betroffene in Berufen mit hoher Anforderung

an die Vigilanz, z.B. Bedienstete im Überwachungsbereich an Bildschirmen,

als berufsunfähig eingestuft werden können, wenn sie trotz effektiver

therapeutischer Maßnahmen ungewollte Schlafepisoden und/oder

Kataplexien am Arbeitsplatz erleiden (Kotterba et al. 2007).

Fahrtauglichkeit

Etwa 0,4% aller Kfz-Unfälle lassen sich ursächlich auf die Übermüdung des

Fahrzeugführers zurückführen (Statistisches Bundesamt 2006). Dabei gilt

natürlich, dass selbst Personen, die nachweislich nicht an einer

Schlafstörung leiden, Kfz-Unfälle durch Schlafattacken am Steuer

verschulden können. Studien belegen, dass die größte Wahrscheinlichkeit

am Steuer einzuschlafen in der Zeit zwischen 2:00 Uhr und 4:00 Uhr

morgens, zwischen 14:00 Uhr und 16:00 Uhr nachmittags und zwischen

22:00 Uhr und 24:00 Uhr abends gegeben ist. In dieser Zeit ist die Vigilanz

physiologisch herabgesetzt. Während aber die Unfallrate der durch

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Tagesschläfrigkeit verursachten Autounfälle für Gesunde bei 5,3% liegt

(Aldrich et al. 1989), ist das Unfallrisiko bei Patienten mit OSAS nach

unterschiedlichen Studien 3- bis 7-fach höher (Teran-Santos et al. 1999) und

für die Narkolepsiepatienten ist das Unfallrisiko gegenüber Gesunden um

das vier- bis siebenfache erhöht (George, Boudreau, Smiley 1996).

Die Grundlage zur Beurteilung der Fahrtauglichkeit von Narkolepsiepatienten

bilden die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung. Grundsätzlich gilt,

dass die Fahrtauglichkeit bei ausgeprägter Tagesschläfrigkeit, wie sie bei

Patienten mit Narkolepsie vorliegt, nicht gegeben ist.

Gemäß § 2 Absatz 1 der Verordnung zur Zulassung von Personen zum

Straßenverkehr (FeV) muss jeder Verkehrsteilnehmer seine Eignung zur

Teilnahme am Straßenverkehr prüfen. Bestehen geistige oder körperliche

Mängel, ist der Betreffende verpflichtet, Vorsorge zu treffen, so dass er sich

und/oder andere nicht gefährdet. Führerscheinbewerber werden bei

entsprechendem Antrag aufgefordert, die Frage nach etwaigen

Beeinträchtigungen, die eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr

einschränken oder unmöglich machen, wahrheitsgemäß zu beantworten.

Genauso ist der Betreffende aber berechtigt, diese Frage offen zu lassen.

Erhebt die Verkehrsbehörde aber Zweifel an der Fahrtauglichkeit eines

Führerscheinbewerbers oder Fahrzeugführers, ist sie berechtigt, weitere

Untersuchungen anzuordnen.

Gemäß § 2 FeV wird ein durch Müdigkeit bedingter Unfall als eine grobe

Fahrlässigkeit eingestuft und als Ordnungsstrafe geahndet. Nach § 315c

StGB ist aber ein Straftatbestand erfüllt, wenn dem Betreffenden eine

Erkrankung bewusst ist, die mit Tagesschläfrigkeit einhergeht und er einen

Unfall verursacht, der zweifelsfrei auf die Müdigkeit zurückzuführen ist. Es

entstehen aber in der Praxis Schwierigkeiten bei der Erbringung des

entsprechenden Nachweises: Schwer zu erhebende Indizien dürfen nicht

geltend gemacht werden. Das bedeutet, dass der Unfallverursacher

entweder zugibt, den Unfall durch Müdigkeit verschuldet zu haben, was aber

nach Lage der Dinge unwahrscheinlich ist, oder aber es gibt Zeugen, die mit

ihrer Aussage den Unfallverursacher belasten. Im Falle eines

Schuldspruches, muss der Betreffende mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe

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rechnen, der Führerschein wird entzogen und die Kfz-Haftpflicht schränkt für

diesen Fall ihre Leistungen ein.

Die Fahrerlaubnis kann wiedererlangt werden, wenn nach erfolgreicher

Therapie der Tagesschläfrigkeit in einem ärztlichen Gutachten die

Fahrtüchtigkeit bescheinigt wird. Dabei fehlen nach wie vor einheitliche

Richtlinien zur Begutachtung der Fahrtauglichkeit. Dennoch gibt es

Vorschläge zur Durchführung der Anamnese: Es sollte eine Objektivierung

der Aufmerksamkeitsdefizite mittels der oben genannten Testmethoden

erfolgen. Dazu sollte in jedem Fall ein 30-minütiger Vigilanztest zählen. Zum

Ausschluss der Einschlafneigung eignet sich dabei der MWT. Darüber hinaus

lässt sich das individuelle Unfallrisiko gut durch den Einsatz von

Fahrsimulatoren abschätzen (Kotterba und Orth 2007).

1.8 Narkolepsie und Berufsleben

Narkolepsiepatienten sind durch die Erkrankung in ihrer Berufswahl deutlich

eingeschränkt. Bedienstete mit Überwachungsfunktionen zum Beispiel

müssen über Stunden ihre Aufmerksamkeit und Wachheit auf einem hohen

Niveau halten, selbst in Stunden andauernden eintönigen Situationen. Eine

Leistung, die ein Narkolepsiepatient nicht erbringen kann und deren Mangel

in einem solchen Beruf zu einer Gefährdung werden kann. Berufe im Bereich

der Personenbeförderung scheiden für Narkolepsiepatienten ebenfalls aus.

Auch im Falle, dass eine Fahrtauglichkeit bescheinigt wird, ist das Risiko

einer Selbst- und Fremdgefährdung zu hoch. Die Leistungsanforderungen an

Kraftfahrer, Bus- und Bahnfahrer können nicht mit den Anforderungen an

einen privaten Kraftfahrzeugführer gleichgesetzt werden. Coping-Strategien,

wie zum Beispiel längere Pausen oder das Fahren in Begleitung, können in

solchen Berufen nur unzureichend sein und sind in der Regel aufgrund eines

vorgegebenen Zeitplans auch gar nicht anwendbar.

Auch der Beruf des Kranführers oder Baggerfahrers scheidet wegen der

naheliegenden Gefährdung durch die imperativen Schlafattacken aus.

Betroffene müssen bei ihrer Berufswahl neben der Tagesschläfrigkeit

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gegebenenfalls auch die Kataplexie berücksichtigen. Berufe, die mit Arbeiten

in einer Höhe einhergehen, wie zum Beispiel Dachdecker, Schornsteinfeger,

Plakatkleber und ähnliche Berufe, können im Falle eines kataplektischen

Anfalls schnell zu lebensbedrohlichen Situationen führen.

1.9 Narkolepsie und Versichertenstatus

Lebensversicherungen sollen das persönliche Risiko absichern und im Falle

einer Kapitallebensversicherung gleichzeitig Kapital ansparen. Daneben gibt

es die Berufunfähigkeitsversicherung, inzwischen häufig Teil der

Kapitallebensversicherung, die der versicherten Person auch im Falle, dass

die Ausübung des erlernten Berufes aus gesundheitlichen Gründen

unmöglich ist, ein finanzielles Auskommen garantieren soll (Hannoversche

Lebensversicherung 2008). Die zu zahlenden Beiträge sind abhängig von

Geschlecht, Alter, Beruf und der Gesundheit der versicherten Person.

Chronische Erkrankungen, wie familiäre Hypercholesterinämie, Diabetes

mellitus Typ 1, u.ä., werden bei der Festlegung der Beiträge berücksichtigt.

Wünscht ein Versicherter eine Erhöhung der Versicherungssumme zur

besseren Absicherung seiner Person, sind die Gesundheitsfragen erneut zu

klären. Bei Verschlechterung des Gesundheitszustandes kann es Probleme

bei der Anpassung des Versicherungsschutzes geben.

Narkolepsiepatienten sehen sich bei einem geplanten

Versicherungsabschluss mit der Unwissenheit der Unternehmen konfrontiert.

Die Narkolepsie ist eine seltene Erkrankung, die in den Fragenkatalogen der

Versicherer keine Rolle spielt. Um das Risiko des Unternehmens klein zu

halten, wird ein hohes Risiko auf Seiten des Narkolepsiepatienten

angenommen mit konsekutiver Festlegung hoher Beiträge und/oder

besonderen Risikozuschlägen.

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2. Studie zur Fahrtauglichkeit und den sozialmedizinischen

Konsequenzen bei Narkolepsie

2.1 Methodik

Es wurden modifizierte Fragebögen aus dem Narkolepsieregister verwandt

und mit sozialmedizinisch relevanten Fragen kombiniert (Fragebogen siehe

Anhang).

Mittels der Fragen sollten die Fahrtauglichkeit, die berufliche Situation

einschließlich der Berentung, des Behindertenstatus und des

Versicherungsstatus der Narkolepsiepatienten ermittelt werden.

Um die Fahrtauglichkeit der Narkolepsiepatienten zu erfassen, wurden die

Patienten unter anderem gebeten, anzugeben, ob sie über einen

Führerschein der Klasse 3, bzw. nach neuer Nomenklatur, der Klasse B

verfügen, ihre Fahrpraxis in Jahren, die Fahrleistung in km pro Jahr, die

Unfallhäufigkeit, die Unfallursache (Tagesschläfrigkeit und/oder Kataplexie)

und ob bzw. welche Coping-Strategien zur Unfallvermeidung angewendet

wurden. Daneben wurde nach der aktuellen Medikation gegen die

Tagesschläfrigkeit und/oder die Kataplexie der Betroffenen gefragt.

Als statistische Instrumente dienten der Mann-Whitney-U-Test und den T-

Test zum Vergleich der Fahrleistung, der Fahrpraxis und der Unfallhäufigkeit

zwischen Männern und Frauen mit Narkolepsie.

Um die verschiedenen Aspekte der beruflichen Situation der

Narkolepsiepatienten zu erfassen, wurde nach dem Schulabschluss, der

Berufsausbildung und der aktuellen Tätigkeit gefragt, nach Berentung,

Minderung der Erwerbsfähigkeit und nach dem Grad der

Schwerbehinderung. Die Narkolepsiepatienten sollten darüberhinaus

angeben in welchem Maß sie sich mit Kollegen über ihre Erkrankung

austauschen (gar nicht, selten, manchmal, häufig), ob sie im Laufe des

Berufslebens ihren Arbeitsplatz aufgrund der Erkrankung verloren haben, ob

sie Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes haben und ob sie im Laufe des

Berufslebens zu Arbeitsunfällen aufgrund der Erkrankung gekommen ist.

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Im Zusammenhang mit dem Grad der Schwerbehinderung wurde auch

erfragt, ob und welche Probleme bei der Einstufung als schwerbehindert gab.

Die Fragen zum Versicherungsstatus sollten klären, welche Versicherungen

abgeschlossen wurden und ob der Abschluss einer Versicherung aufgrund

der Erkrankung erschwert war.

Der standardisierte Fragebogen wurde durch ein mündliches Interview,

telefonisch oder persönlich im Rahmen von Fortbildungen, Treffen von

Selbsthilfegruppen und Vorträgen ergänzt. In diesen Interviews wurden im

Fragebogen nicht beantwortete, missverständlich oder widersprüchlich

beantwortete Fragen nochmals gestellt und gegebenenfalls durch weitere

Fragen ergänzt. Zum Beispiel wurde die Frage im Fragebogen, ob das

Autofahren aufgegeben worden sei mit „fast“ oder „fahre seit einem halben

Jahr wieder Auto“ beantwortet.

Befragt wurden 80 Narkolepsiepatienten, 41 Männer und 39 Frauen.

Davon waren 14 Patienten in der Ambulanz der Neurologischen Klinik und

Poliklinik der Berufgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil von Prof.

Dr. med. Malin bekannt.

20 Patienten haben im Rahmen eines Vortrags zum Thema „Unfall und

Schlaf“ in den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil am

05.02.2005 an der Befragung teilgenommen. Weitere 46 Patienten haben im

Rahmen der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Narkolepsie am

14. Oktober 2006 in Schauenburg bei Kassel an der Befragung

teilgenommen. Für diese insgesamt 66 Patienten, die im Rahmen der

Fortbildung bzw. der Tagung teilgenommen haben, erfolgte, nach

entsprechender Einverständniserklärung durch die Betroffenen, die

Erfragung des Nachweises der gesicherten Diagnose Narkolepsie bei dem

jeweiligen behandelnden Facharzt.

Die Diagnose wurde durch Langzeit-EEG, MSLT, nächtliche Pulsoxymetrie

und die Bestimmung des HLA-Typs gesichert.

Zu Beginn der Studie lag das positive Votum der Ethikkommission der Ruhr-

Universität Bochum vor.

34

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3. Ergebnisse der Untersuchung zu Fahrtauglichkeit und

sozialmedizinischen Konsequenzen bei Narkolepsie

Das Durchschnittsalter der Männer betrug 51,6 ± 16,8 Jahre, das der Frauen

47,3 ± 17,2 Jahre.

71 der befragten Patienten litten an einer Narkolepsie mit Kataplexie, 37

Männer und 34 Frauen. Alle befragten Männer und Frauen litten unter

Tagesschläfrigkeit. Alle befragten Männer und Frauen hatten schon einmal

Medikamente gegen die Tagesschläfrigkeit und/oder die Kataplexie

eingenommen. Drei Männer und zehn Frauen verzichteten zum Zeitpunkt der

Studie auf eine Medikation.

Details zur Altersverteilung unter den Narkolepsiepatienten mit und ohne

Kataplexie können Tabelle 3 entnommen werden.

35

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Tab. 3 Altersverteilung der befragten Narkolepsiepatienten

Frauen

n = 39

Frauen mit

Narkolepsie

und Kataplexie

n = 34

Männer

n = 41

Männer mit

Narkolepsie

und Kataplexie

n = 37

Patienten im Alter

von 20 bis 30

Jahren

6 7 5 5

Patienten im Alter

von 31 bis 40

Jahren

10 8 7 7

Patienten im Alter

von 41 bis 50

Jahren

4 2 9 6

Patienten im Alter

von 51 bis 60

Jahren

9 8 3 3

Patienten im Alter

von 61 bis 70

Jahren

7 6 11 11

Patienten älter als

70 Jahre

3 3 6 5

Einige der befragten Patienten litten zum Zeitpunkt der Studie unter

verschiedenen Begleiterkrankungen, darunter waren neun Patienten mit

einer schlafmedizinisch relevanten Begleiterkrankung, dem obstruktiven

Schlafapnoe Syndrom. Zwei Patienten erhielten eine CPAP-Therapie

(Continuous Positive Airway Pressure).

36

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Fahrtauglichkeit

Von den 80 befragten Narkolepsiepatienten hatten insgesamt 77 eine

Fahrerlaubnis, 41 Männer und 36 Frauen. Drei der befragten Frauen waren

ohne Fahrerlaubnis.

Gefragt nach der durchschnittlichen Fahrleistung pro Jahr zeigten sich

deutliche Unterschiede in Alter und Geschlecht: Während von sieben Frauen

im Alter von 20 bis 30 Jahren zwei das Auto fahren aufgegeben hatten und

zwei Frauen nur noch maximal 5 000 km im Jahr fuhren, hatte von den fünf

Männern im gleichen Alter keiner das Auto fahren aufgegeben. Die

Fahrleistung pro Jahr der Männer war wesentlich höher: Zwei gaben an,

durchschnittlich 8 000 bis 12 000 km im Jahr zu fahren, zwei legen

durchschnittlich 12 000 bis 20 000 km im Jahr mit dem Auto zurück und einer

der Männer gab eine Fahrleistung von mehr als 20 000 km im Jahr an.

Dagegen gibt eine der Frauen eine jährliche Fahrleistung von 5 000 bis

8 000 km an, eine weitere eine jährliche Fahrleistung von 8 000 bis

12 000 km und eine der Frauen gibt an jährlich mehr als 20 000 km mit dem

Auto zurückzulegen.

Ähnlich deutlich waren die Unterschiede zwischen Männern und Frauen im

Alter von 31 bis 40 Jahren. Hier gaben von den sieben Männern zwei eine

jährliche Fahrleistung von 8 000 bis 12 000 km an und fünf Männer fahren

mehr als 20 000 km pro Jahr. Unter den neun Frauen war lediglich eine, die

angab, mehr als 20 000 km im Jahr mit dem Auto zu fahren, während eine

der Frauen das Autofahren aufgegeben hatte und zwei weitere Frauen

weniger als 5 000 km im Jahr mit dem Auto zurücklegten (Abb. 1, Abb. 2).

Im Alter zwischen 41 und 50 Jahren waren die Unterschiede zwischen

Männern und Frauen nicht so deutlich: Von den vier Frauen gaben drei

Frauen eine jährliche Fahrleistung von weniger als 5 000 km an, während

eine der Frauen mehr als 20 000 km im Jahr mit dem Auto fuhren. Von den

neun Männern im selben Alter hatten zwei Männer das Autofahren

aufgegeben und ein Mann beschränkte seine Fahrleistung auf weniger als

5 000 km im Jahr. Drei Männer gaben eine Fahrleistung von 8 000 bis

37

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12 000 km im Jahr an, zwei Männer eine jährliche Fahrleistung von mehr als

20 000 km (Abb. 1, Abb. 2).

Wesentlich deutlicher dagegen fielen die Unterschiede in der jährlichen

Fahrleistung zwischen Männern und Frauen auf, die älter als 70 Jahre

waren. Hier hatten von drei Frauen, zwei das Autofahren aufgegeben und die

Dritte fuhr weniger als 5 000 km im Jahr. Dagegen fuhren von den fünf

Männern, vier jährlich zwischen 5 000 und 8 000 km mit dem Auto, während

der fünfte angab, sein Fahrleistung auf weniger als 5 000 km im Jahr zu

beschränken (Abb. 1, Abb. 2).

38

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Abb. 1: männliche Narkolepsiepatienten/Alter und Fahrleistung in km pro Jahr

Abb. 2: weibliche Narkolepsiepatienten/Alter und Fahrleistung in km pro Jahr

39

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Die befragten Männer gaben an, an insgesamt 131 Autounfällen beteiligt

gewesen zu sein, davon wurden aber lediglich 47 ursächlich auf die

Tagesschläfrigkeit zurückgeführt (Abb. 3). Die befragten Frauen gaben an,

bei insgesamt 45 Autounfällen beteiligt gewesen zu sein, wobei auch hier nur

12 Unfälle durch Tagesschläfrigkeit verschuldet sein sollten (Abb. 3).

Einer der befragten Männer hat nach eigenen Angaben einen Autounfall

durch einen kataplektischen Anfall verschuldet.

In der Fragebogenaktion hat keine der 36 Frauen einen Unfall durch einen

kataplektischen Anfall verursacht. 24 Personen wurden zusätzlich in einem

persönlichen Interview befragt. 18 Personen im Rahmen von

Selbsthilfegruppetreffen in Unna, sechs Personen im Rahmen der

Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Narkolepsie in Kassel. In

einem dieser persönlichen Interviews gaben zwei Frauen an, dass jeweils ein

Unfall durch einen kataplektischen Anfall bedingt war.

Die jüngere der beiden Patientinnen gab zu, dass sie im Gespräch mit

Freunden und Bekannten die Kataplexie als Unfallrisiko ausschloss: „Ich

habe im Fragebogen die Standardantwort genommen, die ich Freunden und

Bekannten immer gebe. Aber Sie sind ja Ärztin. Ihnen kann ich ja wohl die

Wahrheit sagen: Ich hatte schon einmal eine Schrecklähmung beim

Autofahren. Es ist zum Glück nichts passiert, aber seitdem fahre ich kein

Auto mehr. Freunden und Bekannten sage ich aber lieber nur, dass ich nicht

mehr fahre wegen der Schlafattacken. Die würden mich doch gar nicht

verstehen.“ Eine andere Betroffene erklärte ihr Schweigen damit, dass sie

sich bis heute nicht verzeihen könne, sich überhaupt jemals hinter ein Steuer

gesetzt zu haben. Ihre Naivität in Bezug auf die Kataplexie sei unverzeihlich

gewesen. Da aber in der Selbsthilfegruppe keiner je von einem

kataplektischen Anfall beim Autofahren berichtet habe, alle nur die

Tagesschläfrigkeit diskutierten, die ja mittels Copingstrategien gut zu

kompensieren sei, habe sie sich nie getraut, ihren kataplektischen Anfall zu

erwähnen.

In der Abb. 3 wurden die Fahrleistung in km pro Jahr und die von den

Betroffenen angegebenen Unfälle gegenüber gestellt.

40

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<5000 km/Jahr5000-8000 km/Jahr

8000-12000km/Jahr

12000-20000km/Jahr

>20000km/Jahr

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

Anzahl der Unfälle

Unfälle gesamt Anzahl der Unfälle Männer Anzahl der Unfälle Frauen

Abb. 3: Unfälle und Fahrleistung in km pro Jahr

41

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Unfälle gesamt

Unfälle aufgrund Tagesschläfrigkeit

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

Anzahl der Unfälle

Männer und Frauen Männer Frauen

Abb. 4: Autounfälle/Tagesschläfrigkeit

42

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Tab. 4 Übersicht über Narkolepsiepatienten mit Führerschein

Gesamt

N = 77

Männer

N = 41

Frauen

N = 36

Signifikanz

Median Fahrleistung

[Kategorie]

([km/Jahr])

2

(5.000-8.000)

3

(8.000 – 12.000)

1

(< 5. 000)

p = 0,004

Mann-

Whitney-U-

Test

Alter (Mittelwert) 49,6 ± 17,0 51,6 ± 16,8 47,3 ± 17,2 n.s.

Fahrpraxis (Mittelwert)

in Jahren

28,2 ± 15,4 31,6 ± 14,9 25,6 ±15,4 n.s.

Unfälle

(Mittelwert)

2,2 ± 2,9 3,2 ± 3,5 1,1 ± 1,5 p = 0,001

Unfälle wg.

Tagesschläfrigkeit

(Mittelwert)

0,8 ± 2,5 1,2 ± 3,3 0,3 ± 0,8 n.s.

43

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Die Befragung der Narkolepsiepatienten implizierte auch die Frage nach

Bewältigungsstrategien, sogenanntem Coping, insbesondere im

Zusammenhang mit der aktiven Teilnahme als Kfz-Führer im

Straßenverkehr. Die Befragung ergab dabei folgendes Bild: Coping wandten

38 von 41 Männern und 33 von 36 Frauen an. Wobei drei Männer angaben,

das Autofahren aufgegeben zu haben. Unter den Frauen waren es hingegen

acht (Tab. 5).

Die häufigste Coping-Strategie, die sowohl die Männer als auch die Frauen

anwenden, besteht in der Vermeidung längerer Autofahrten (26 von 37

Männern, 24 von 33 Frauen). Besonders drastisch unterschieden sich

Männern und Frauen bei folgenden Coping-Möglichkeiten: Während drei der

befragten Männer vor einer längeren Fahrt Medikamente einnehmen, sehen

die Frauen darin gar keine Coping-Möglichkeit. Weniger deutlich, aber

dennoch auffällig wurde die Frage nach häufigeren Pausen während einer

längeren Autofahrt beantwortet. Während 11 Männer angaben, dieses

Coping anzuwenden, waren es unter den Frauen nur sechs. Ähnlich verhält

es sich bei der Frage nach Begleitung durch einen Beifahrer. Hier sind es 23

Männer gegenüber 16 Frauen, die die Unterstützung eines Beifahrers in

Anspruch nehmen (Tab.5).

Differenziert man das Coping nicht nur nach dem Geschlecht der Befragten,

sondern auch nach dem Alter entsteht noch ein anderes Bild: Von insgesamt

fünf Männern im Alter zwischen 20 und 30 Jahren, gab nur einer an, längere

Autofahrten zu vermeiden, während von den insgesamt acht Frauen

derselben Altersspanne sieben angaben, längere Autofahrten zu vermeiden.

Zwei der Frauen machten häufigere Pausen während längerer Fahrten und

sechs gaben an, in Begleitung zu fahren. Unter den Männern dieser

Altersspanne nutzte keiner diese Strategien. Interessant war in diesem

Zusammenhang, dass in dieser Altersspanne unter den Männern 10 Unfälle

zu registrieren waren, von denen zwei auf Tagesschläfrigkeit zurückgeführt

wurden. Bei den Frauen war dagegen nur ein Unfall zu verzeichnen, der

nicht mit Tagesschläfrigkeit in Zusammenhang gebracht wurde.

Mit zunehmendem Alter kehrte sich das Verhältnis zwischen Männern und

Frauen beinahe um: Im Alter zwischen 41 und 50 fuhren von insgesamt drei

44

Page 45: Fahrtauglichkeit und sozialmedizinische Konsequenzen bei ... · PDF fileNarkolepsie, das heißt, es müssen neben einem möglichen hereditären Hintergrund auch Umgebungseinflüsse

Männern dieser Altersgruppe drei in Begleitung, während von den insgesamt

sieben Frauen nur zwei zu diesem Coping griffen. Zwei Männer gaben an,

während längerer Fahrten häufiger Pausen einzulegen. Demgegenüber

nutzte keine der Frauen dieser Altersgruppe diese Strategie.

Die Zahl der Unfälle unter den Männern zwischen 41 und 50 Jahren belief

sich auf 27, wovon drei durch Tagesschläfrigkeit bedingt waren. die der

Frauen in dieser Altersspanne auf sechs, von denen einer auf

Tagesschläfrigkeit zurückzuführen war (Abb. 4).

Unter den 61 bis 70 jährigen sieht das Coping wie folgt aus: Von 12 Männer

haben 10 angegeben, längere Autofahrten zu vermeiden, von den insgesamt

fünf Frauen sind dies vier. 11 Männer nehmen zur Sicherheit einen Beifahrer

mit, während dies nur für zwei der fünf Frauen zutrifft. Längere Pausen legen

aber nur zwei der befragten Männer ein und nur eine der fünf Frauen.

Die Zahl der Kfz-Unfälle von Männern zwischen 61 und 70 Jahren lag bei 50,

wovon 31 durch Tagesschläfrigkeit verursacht wurden. Bei den Frauen

zwischen 61 und 70 wurden 12 Unfälle gezählt, wobei keiner von diesen

durch Tagesschläfrigkeit bedingt sein sollte.

Einer der befragten Männer gab an, seine Fahrerlaubnis aufgrund eines

durch Tagesschläfrigkeit verursachten Autounfalls verloren zu haben. Ein

weiterer Befragter gab an, dass sein Arbeitgeber ein ärztliches Gutachten

über seine Fahrtauglichkeit eingefordert hatte. Anlass für die Frage der

Fahrtauglichkeit war, dass der Arbeitnehmer häufiger durch Schlafpausen

während Vorträgen im Rahmen der beruflichen Weiterbildung aufgefallen

war.

45

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Tab.5 Copingstrategien der Narkolepsiepatienten mit Führerschein

Männer mit

Fahrerlaubnis

(n = 41)

Frauen mit

Fahrerlaubnis

(n = 36)

Gesamt mit

Fahrerlaubnis

(n = 77)

Auto fahren

aufgegeben

3 8 11

Fahre weniger als

5 000km/Jahr

9 12 21

Fahre möglichst in

Begleitung

23 16 39

Vermeide längere

Autofahrten

26 24 50

Mache häufige

Pausen, um zu

schlafen

11 6 17

Bereite mich bewusst

auf Fahrten vor, durch

Schlaf oder

Medikamente

3 0 3

Fahre möglichst nachts 0 1 1

46

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Medikation

Neben der Frage nach Kfz-Unfällen während der Fahrpraxis, wurde auch

ermittelt, ob Medikamente gegen die Tagesschläfrigkeit und/oder die

Kataplexie eingenommen werden (Abb.4): Unter den Männern, die eine

Fahrerlaubnis hatten, verzichteten drei auf eine Medikation. Die Männer

waren zwischen 20 und 30 und zwischen 41 und 50 Jahre alt, ein Mann war

72 Jahre alt. Alle drei nahmen als Autofahrer aktiv am Straßenverkehr teil

und gaben insgesamt fünf Autounfälle an, von denen aber keiner ursächlich

auf die Tagesschläfrigkeit oder die Kataplexie zurückzuführen war.

Unter den Frauen mit Fahrerlaubnis gaben acht an, keine Medikamente

gegen Symptome der Narkolepsie einzunehmen. Zwei der acht Frauen

haben das Fahren aufgegeben. Drei der sechs Frauen waren zwischen 40

und 55 Jahren alt und nahmen aktiv als Kfz-Führer am Straßenverkehr teil.

Eine Frau war 67 Jahre alt und eine Frau ist 24 Jahre alt. Beide nehmen

aktiv am Straßenverkehr teil.

Zur Therapie der Tagesschläfrigkeit bei Patienten mit Narkolepsie sind

zurzeit nur zwei Medikamente zugelassen: Das Modafinil und das

Methylphenidat. Beide Medikamente unterlagen zum Zeitpunkt der

Untersuchung dem Betäubungsmittelschutzgesetz.

Von den in dieser Studie befragten 80 Patienten, gaben 68 Patienten an,

Medikamente gegen die Tagesschläfrigkeit einzunehmen. 32 Männer und 21

Frauen nahmen ausnahmslos Modafinil und/oder Methylphenidat ein. Sechs

Männer und acht Frauen nahmen weder Modafinil noch Methylphenidat zur

Behandlung der Tagesschläfrigkeit ein.

Für die Therapie der Kataplexie waren zum Studienzeitpunkt das

Clomipramin und Natriumoxybat zugelassen. Von den befragten Patienten

litten 37 Männer und 34 Frauen an einer Narkolepsie mit Kataplexie.

52 Patienten nahmen Medikamente zur Therapie der Kataplexie ein, darunter

23 Frauen und 29 Männer. Sieben Männer und sechs Frauen nahmen keine

Medikamente gegen die Kataplexie ein. Insgesamt nahmen aber nur 22

Patienten die für die Therapie der Kataplexie zugelassenen Medikamente

47

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ein. 30 der Betroffenen werden mit sogenannter “off label“ Medikation

behandelt, 15 Männer und 15 Frauen (Abb. 5 bis 7).

Medikation gegen Tagesschläfrigkeit

off label Medikation gegen Tagesschläfrigkeit

0

5

10

15

20

25

30

35

40

Anzahl der Narkolepsie-

patienten

Männer Frauen ohne Medikation

Abb. 5: Medikation gegen die Tagesschläfrigkeit

48

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Medikation gegen Kataplexie

zugelassene Mediaktion gegen Kataplexie

off label Medikation gegen Kataplexie

0

10

20

30

40

50

60Anzahl der

Narkolepsie-patienten

Patienten gesamt Männer Frauen

Abb. 6: Medikation gegen die Kataplexie

49

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Medikation gesamt

zugelassene Medikation

off label Medikation

Kombi. aus off label und zugel.

Medikation

0

10

20

30

40

50

60

70

80

Anzahl der Narkolepsie-

patienten

Patienten gesamt Männer Frauen

Abb. 7: zugelassene Medikation und off - label Medikation

50

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Versicherung

Fünf Narkolepsiepatienten wollten eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung

abschließen und wurden aufgrund der Erkrankung abgelehnt.

Bei dem Versuch eine Lebensversicherung zur Altersvorsorge

abzuschließen, mussten von neun Narkolepsiepatienten zwei Betroffene

Bescheinigungen bzw. ein Gutachten vorlegen, um zu belegen, dass die

Erkrankung keine Auswirkung auf die normale durchschnittliche

Lebenserwartung hat. Zwei Narkolepsiepatienten wurde der Abschluss einer

Lebensversicherung mit Hinweis auf die Schwere der Erkrankung verweigert

und fünf der Betroffenen wurde der Abschluss nur unter der Bedingung eines

Risikozuschlags gewährt, der bei einigen Unternehmen bei 100% lag.

Bei dem Versuch, die Unfallversicherung zu wechseln, um neue günstigere

Verträge abzuschließen, waren zwei Narkolepsiepatienten mit dem Hinweis

auf die bestehende Erkrankung gescheitert. Sie konnten sich lediglich

entscheiden, zukünftig auf eine Unfallversicherung zu verzichten oder aber

den bestehenden ungünstigen Vertrag fortzuführen. Vier Betroffenen wurde

mit dem Verweis auf die Schwere der Erkrankung der Abschluss einer

Berufsunfähigkeitsversicherung verweigert. Ein Patient scheiterte aufgrund

der Narkolepsie bei dem Versuch, eine Pflegeversicherung abzuschließen.

Schwerbehinderung und Berufsunfähigkeit

Von den 80 befragten Narkolepsiepatienten haben 48 Patienten einen

Schwerbehindertenausweis, 22 Frauen und 26 Männer. Vier Männer mit

Schwerbehinderung waren unter 40 Jahren, sieben Männer waren unter 50

und 13 waren älter als 60 Jahre. Zwei Männer mit

Schwerbehindertenausweis waren zwischen 50 und 60 Jahre alt. Von den 15

männlichen Betroffenen, die keinen Schwerbehindertenstatus hatten, waren

sieben Patienten unter 40 Jahre, vier waren unter 50 Jahre und drei waren

älter als 60 Jahre. Ein Mann ohne Schwerbehindertenausweis war 53 Jahre

alt. Unter den Frauen mit einem Schwerbehindertenausweis waren sieben

51

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unter 40 Jahre, drei unter 50 Jahre und sieben Patientinnen älter als 60

Jahre. Fünf Frauen mit Schwerbehindertenausweis waren zwischen 50 und

60 Jahren alt. 17 der Frauen hatten keinen Schwerbehindertenausweis,

davon waren neun Frauen unter 40, zwei Frauen waren unter 50 und zwei

Frauen waren älter als 60 Jahre. Vier Frauen ohne

Schwerbehindertenausweis waren zwischen 50 und 60 Jahre alt.

jünger als 40 Jahre

40 bis 50 Jahreälter als 60 Jahre

0

2

4

6

8

10

12

14

Anzahl der Narkolepsie-

patienten

Männer mit Schwerbehinderung Männer ohne Schwerbehinderung

Frauen mit Schwerbehinderung Frauen onhe Schwerbehinderung

Abb. 8: Schwerbehindertenstatus/Alter

52

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16 Narkolepsiepatienten reichten vor den Sozialgerichten Klage zur

Durchsetzung ihrer Interessen ein. Eingeklagt wurde entweder die Einstufung

als schwerbehindert aufgrund der Narkolepsie oder aber die Erhöhung der

Einstufung des Grades der Behinderung. Drei Narkolepsiepatienten erstritten

ihre Erwerbsunfähigkeit vor den Sozialgerichten.

Schwerbehinderten-ausweis

unko mpliziert

Schwerbehinderten-ausweis eingeklagt

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

Anzahl der Narkolepsie-

patienten

mit Schwerbehindertenausweis gesamt Männer Frauen

Abb. 9: Schwerbehinderung vor dem Sozialgericht eingeklagt

53

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Nur eine betroffene Patientin versuchte beim Sozialgericht die

Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen für sogenannte off-

label-Medikation zu erstreiten. Keiner der Betroffenen hat versucht,

gerichtlich gegen einen Arbeitsplatzverlust vorzugehen. Dabei gaben 7

Frauen und 15 Männer der in der vorliegenden Studie befragten

Narkolepsiepatienten an, aufgrund der Erkrankung ihren Arbeitsplatz

verloren zu haben (Abb. 10).

Von den 80 befragten Betroffenen gaben insgesamt 16 Männer und 16

Frauen an, ihren Arbeitsplatz im Laufe ihres Berufslebens aufgrund der

Narkolepsie einmal verloren zu haben oder aber ihren Beruf ganz aufgeben

zu haben. Von den 32 zum Zeitpunkt der Untersuchung berufstätigen

Narkolepsiepatienten haben fünf Frauen und vier Männer ihren Arbeitsplatz

einmal aufgrund der Erkrankung verloren. Acht Männer und 12 Frauen gaben

an, Angst vor dem Arbeitsplatzverlust zu haben. Acht Männer und fünf

Frauen gaben Arbeitsunfälle aufgrund der Tagesschläfrigkeit an (Abb. 10).

Ein direkter Zusammenhang zwischen Arbeitsunfällen und Arbeitsplatzverlust

wurde allerdings nicht erfragt.

Lediglich drei der betroffenen Frauen und fünf Männer erklärten, die

Narkolepsie habe keine Auswirkungen auf ihr Berufsleben. Sieben der

berufstätigen Frauen und fünf der berufstätigen Männer redeten nie oder

selten mit Arbeitskollegen und/oder Bekannten über die Kataplexie; sieben

Frauen und sechs Männer redeten manchmal mit Bekannten und/oder

Arbeitskollegen über die Kataplexie. Nur eine der berufstätigen Frauen und

vier der berufstätigen Männer redeten häufig mit Arbeitskollegen und/oder

Bekannten über die Kataplexie. Ob die Tagesschläfrigkeit mit Freunden

und/oder Arbeitskollegen oder Arbeitgeber thematisiert wird, wurde im

Rahmen der Fragebogenaktion nicht gefragt. Aus informellen Interviews

ergab sich aber, dass die Betroffenen eher bereit waren über die Kataplexie

zu reden als über die Tagesschläfrigkeit.

Drei der Betroffenen gaben in einem persönlichen Gespräch an, beinahe

ihren Arbeitsplatz verloren zu haben. In allen drei Fällen waren die

Arbeitnehmer den Kollegen und/oder dem Arbeitgeber durch Schlafpausen

am Arbeitsplatz aufgefallen. Die Männer zeigten sich überrascht und

erleichtert über das Verständnis des jeweiligen Arbeitgebers. In zwei Fällen

54

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konnten nach der „Aussprache“ bessere Arbeitsbedingungen für die

Betroffenen geschaffen werden. Der dritte, im Außendienst tätige

Arbeitnehmer, wurde gebeten, sich beim Betriebsarzt vorzustellen und ein

Gutachten über seine Fahrtauglichkeit einzuholen. Das weitere

Beschäftigungsverhältnis ist nach der Bescheinigung der Fahrtauglichkeit

ungetrübt.

BerufstätigAngst vor

Arbeitsplatzverlust

Arbeitsunfälle

Arbeitsplatzverlust

0

5

10

15

20

25

30

35

Anzahl der Narkolepsie-

patienten

Gesamt Männer Frauen

Abb. 10: Arbeitsplatzverlust/Arbeitsunfälle

55

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14 Frauen waren berentet, davon waren neun Frauen aufgrund der

Narkolepsie als erwerbsunfähig eingestuft worden. 23 Männer waren

berentet, davon waren 11 Männer aufgrund der Narkolepsie als

erwerbsunfähig eingestuft worden. Vier der Frauen waren zum Zeitpunkt der

Berentung zwischen 30 und 40 Jahre alt, drei Frauen waren zwischen 40 und

50 Jahre alt, zwei Frauen waren zwischen 50 und 60 Jahre alt und drei

Frauen waren zum Zeitpunkt der Berentung älter als 60 Jahre. Bei den

Männern waren vier zum Zeitpunkt der Berentung zwischen 40 und 50 Jahre

alt, 12 Männer waren zwischen 50 und 60 Jahre alt. Fünf Männer waren zum

Zeitpunkt der Berentung älter als 60 Jahre (Abb. 11).

56

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berentet gesamt

berentet unter 40

berentet unter 50

berentet unter 60

berentet mit 60 berentet älter 600

5

10

15

20

25

30

35

40Anzahl der Narkolepsie-

patienten

Frauen und Männer Männer Frauen

Abb. 11: Berentung

57

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4. Diskussion

Fahrtauglichkeit

Von den 80 befragten Narkolepsiepatienten litten 34 Frauen und 37 Männer

an den Symptomen Tagesschläfrigkeit und Kataplexie. Neun der betroffenen

Patienten litten an einer Narkolepsie ohne Kataplexie. Zehn der befragten

Frauen verzichteten zum Zeitpunkt der Befragung auf eine Medikation.

Sechs dieser Frauen nahmen aktiv am Straßenverkehr teil. Unter den

Männern verzichteten drei zum Zeitpunkt der Befragung auf eine Medikation.

Alle drei nahmen aktiv am Straßenverkehr teil.

In den wenigen vorliegenden Studien wurde bei Narkolepsiepatienten

gegenüber Gesunden ein 4 bis 7fach erhöhtes Unfallrisiko angegeben, wobei

die Unfälle in 70% der Fälle auf eine erhöhte Einschlafneigung

zurückzuführen waren. Darüber hinaus belegen statistische Daten, dass die

Unfallrate der unter 40jährigen Narkolepsiepatienten signifikant höher ist, als

die der über 40jährigen Narkolepsiepatienten (Kotterba et al. 2004).

Den Daten des Statistischen Bundesamtes zufolge gilt auch für gesunde

Autofahrer, dass die Unfallrate bei den unter 40jährigen signifikant höher ist,

als unter den über 40jährigen.

Aus den in der vorliegenden Studie erhobenen Daten ergibt sich folgendes

Bild: Es wurden insgesamt 173 Autounfälle angegeben, davon sollten 59

ursächlich auf die Tagesschläfrigkeit zurückzuführen sein; das entspricht

einem prozentualem Anteil von 33,7%. Ein Autounfall war auf einen

kataplektischen Anfall zurück zu führen.

Verglichen mit den Daten des Statistischen Bundesamtes von 2006, wonach

schlafbezogene Unfälle etwa 0,4% aller Unfälle ausmachen, ergibt sich aus

dieser Studie ein erhöhtes Risiko für Unfälle aufgrund von Tagesschläfrigkeit

bei den befragten Narkolepsiepatienten.

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Page 59: Fahrtauglichkeit und sozialmedizinische Konsequenzen bei ... · PDF fileNarkolepsie, das heißt, es müssen neben einem möglichen hereditären Hintergrund auch Umgebungseinflüsse

Die Daten zu Alter und Unfallrate der Narkolepsiepatienten ergeben ein zu

den vom Statistischen Bundesamt erhobenen Daten widersprüchliches Bild:

123 Unfälle wurden von den über 40jährigen Narkolepsiepatienten

angegeben, 50 Unfälle von den Narkolepsiepatienten, die zum Zeitpunkt der

Befragung unter 40 Jahre alt waren.

Auch die Untersuchung zur Fahrtauglichkeit von Narkolepsiepatienten von

Müller 2002 ergab, dass die unter 40 Jährigen eine signifikant höhere

Unfallrate aufweisen, als die über 40 jährigen Patienten (Müller 2002).

Dabei ist die unterschiedliche Vorgehensweise der beiden Studien zu

berücksichtigen. Müller 2002 stützt ihre Untersuchung auf Fragebögen zur

Fahrpraxis und Unfällen bei Narkolepsiepatienten und der praktischen

Überprüfung der Fahrtauglichkeit der Betroffenen mittels eines

Fahrsimulators. Die vorliegende Studie kommt ohne jede praktische

Unterstützung aus. Die Datenerhebung erfolgte ausschließlich auf der Basis

eines Fragebogens und ergänzenden Interviews. Die von Müller 2002

erhobenen Daten beruhen auf der objektiv zu messenden Fahrleistung und

den Fahrfehlern, während in der vorliegenden Studie die Datenerhebung

aufgrund der subjektiven Beantwortung von Fragen erfolgte.

Ein Grund für die unterschiedlichen Ergebnisse kann zudem darin liegen,

dass Daten über das Alter zum Zeitpunkt des Unfalls nicht erhoben worden

sind. Erkennbar ist aus den Erhebungen, dass gerade die jüngeren Patienten

das Auto fahren aufgegeben haben, nachdem sie Tagesschläfrigkeit gespürt

haben, ohne dass sie bis dahin einen Unfall verschuldet zu haben. Hier

könnte sich ein höheres Sicherheitsbewusstsein der jüngeren Generation

niederschlagen, auch unter Berücksichtigung der höheren Verkehrsdichte

und der schnelleren Autos. Denkbar ist aber auch die Furcht vor

Konsequenzen. Für die jüngeren Narkolepsiepatienten gilt ein geändertes

Verkehrsrecht. Seit dem 01.01.1986 gibt es den sogenannten Führerschein

auf Probe: Zwei Jahre stehen die Erwerber eines Führerscheins unter der

erhöhten Aufmerksamkeit der Behörden. Verkehrsdelikte werden bewertet

und können je nach Schweregrad eine nochmalige mündliche oder

praktische Fahrprüfung, und/oder eine psychologische Schulung nach sich

ziehen (§ 2a Abs. 1 Satz 1 StVG; § 2a Abs. 2 und 2a StVG).

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Page 60: Fahrtauglichkeit und sozialmedizinische Konsequenzen bei ... · PDF fileNarkolepsie, das heißt, es müssen neben einem möglichen hereditären Hintergrund auch Umgebungseinflüsse

Zudem sind nach Einführung des Führerscheins auf Probe die Unfallzahlen

bei den 18 bis 25jährigen Fahrern rückläufig (Statistisches Bundesamt 2007).

Die befragten Männer gaben insgesamt 131 Kfz-Unfälle an, von denen

35,9% durch Tagesschläfrigkeit verschuldet waren. Die Frauen verursachten

insgesamt 42 Unfälle, von denen sie 26,8% auf die Tagesschläfrigkeit

zurückführten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Männer signifikant mehr

Kilometer im Jahr mit dem Auto zurücklegten als die Frauen (siehe Tab. 4).

Männer zeigten auch eine signifikant höhere Fahrpraxis gegenüber den

Frauen. Die Fahrpraxis in Jahren der Männer lag bei 31,6 ± 14,9 Jahren, die

der Frauen bei 25,6 ± 15,4 Jahren.

Unabhängig von den Symptomen Tagesschläfrigkeit und Kataplexie lag die

durchschnittliche Unfallrate der Männer bei 3, die durchschnittliche Unfallrate

der Frauen bei 1,1 Unfällen. Demnach machen Männer signifikant mehr

Unfälle als Frauen. Der höhere Anteil an Unfällen auf Seiten der Männer

korreliert mit der höheren Fahrleistung pro Jahr.

30,6% der befragten 36 Frauen gaben Mehrfachunfälle an. Im Vergleich

dazu gaben von den 41 Männern 65,9% an, Mehrfachunfälle verursacht zu

haben. Die Rate der durch Tagesschläfrigkeit verursachten Mehrfachunfälle

lag bei den Frauen bei 2 Unfällen bzw. 5,6%, während sechs Männer

Mehrfachunfälle durch Tagesschläfrigkeit angaben; das sind 14,6%. Die

Untersuchungen von Kotterba et al. 2002 und Müller 2002 ergaben ein

ähnliches Bild. Die Zahl der Mehrfachunfälle war unter den befragten

Männern mit Narkolepsie deutlich höher als unter den Frauen mit

Narkolepsie (38,5% der Männer und 27,6% der Frauen). Dabei ist auch hier

zu berücksichtigen, dass die Männer in dieser Untersuchung signifikant mehr

Kilometer pro Jahr mit dem Auto zurücklegten als die Frauen.

Stellt man die Fahrleistung in einem Jahr ins Verhältnis zu den Unfällen,

ergibt sich in dieser Studie vordergründig ein leicht widersprüchliches Bild:

Die Unfallrate war bei einer Fahrleistung von weniger als 5 000 km im Jahr

am höchsten. Tatsächlich verursachten acht Männer, die älter waren als 60

Jahre 35 Unfälle. Einer der Männer war 46 Jahre alt und verursachte vier

Unfälle. Von diesen insgesamt 35 Unfällen wurden 26 Unfälle auf die

60

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Tagesschläfrigkeit zurückgeführt. Die neun Männer gaben dabei eine

Fahrleistung von weniger als 5 000 km im Jahr an. Zwölf Frauen fuhren

weniger als 5 000 km pro Jahr. Drei der Frauen waren jünger als 40 Jahre,

vier Frauen waren zwischen 40 Jahre und 50 Jahre alt und fünf Frauen

waren älter als 60 Jahre. Insgesamt hatten diese zwölf Frauen neun Unfälle

verursacht.

Eine mögliche Interpretation der Daten kann demnach lauten, dass die

Betroffenen aufgrund der hohen Rate an verschuldeten Unfällen, ihre

Fahrleistung auf maximal 5 000 km pro Jahr beschränkten.

In den bisherigen Studien (Müller 2002, Kotterba et al. 2004) zu

Fahrtauglichkeit von Narkolepsiepatienten wurde nur ein Unfall berichtet, der

durch einen kataplektischen Anfall bedingt war. Auch in der vorliegenden

Studie gab einer der Befragten an, dass ein Unfall durch einen

kataplektischen Anfall verursacht worden sei. In persönlichen Interviews

zeigte sich noch ein anderes Bild: Hier waren zwei weitere

Narkolepsiepatienten bereit, einzugestehen, dass sie das Auto fahren

aufgrund eines kataplektischen Anfalls am Steuer aufgegeben haben. In

beiden Fällen waren die Unfälle ohne Fremdbeteiligung und es entstand

„nur“ Sachschaden. Die Betroffenen sahen keine Notwendigkeit, die

Unfallursache polizeilich anzuzeigen. Das Entsetzen war aber doch so

nachhaltig, dass die Betroffenen das Auto fahren aufgegeben haben und

trotz gut eingestellter Medikation auch nicht mehr aufgenommen haben.

Dass Narkolepsiepatienten in den Fragebögen relativ unbesorgt die

Tagesschläfrigkeit als Unfallursache angeben, mag auch damit

zusammenhängen, dass der „Sekundenschlaf“ den wenigsten unbekannt ist

und zum Zeitpunkt der Studie nicht als bedrohlich hinsichtlich eines

möglichen Führerscheinverlustes gesehen wurden. Durch Schlaf bedingte

Unfälle wurden aber im Falle der hier Befragten, nur in einem einzigen Fall

geahndet. Im Gespräch mit Kollegen oder Freunden ließ sich die

Tagesschläfrigkeit am Steuer wohl erklären und die Versicherung Coping-

Strategien anzuwenden, kann möglicherweise auch Ängste kaschieren. Es

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ist sogar wahrscheinlich, dass auch Nicht-Betroffene ein Müdigkeitserlebnis

hinter dem Steuer zum Gespräch beitragen können. Allerdings ist nach der

Fahrerlaubnisverordnung jeder Fahrer dafür verantwortlich, dass er sicher

fährt. Lenkt er trotzdem ein Fahrzeug, ist dies zunächst als

Ordnungswidrigkeit zu werten. Kommt es aber zu einem Unfall durch

Tagesschläfrigkeit bei einem Patienten, der krankheitsbedingt schläfrig ist

und darauf hingewiesen wurde (was bei Narkolepsiepatienten stets der Fall

ist ), kommt es zu einem Strafverfahren mit entsprechenden Konsequenzen

(Führerscheinentzug, Geld-/Freiheitsstrafe, Einschränkung der

Versicherungsleistung (Kotterba et al. 2007)).

Ganz anders verhält es sich mit der Kataplexie. Dieses Symptom kann nur

erklären und in seinem Ausmaß begreifen, der es erleidet. Der Tonusverlust

der Haltemuskulatur bei vollem Bewusstsein ist nicht nur für den Betroffenen

ein beängstigendes Erlebnis, sondern auch für mögliche Zeugen des

Geschehens und auch für jene, die als gute Freunde informiert werden. Das

könnte erklären, warum Narkolepsiepatienten schon die Möglichkeit eines

Unfalls aufgrund eines kataplektischen Anfalls nicht erwähnen, geschweige

denn, einen tatsächlich erlebten.

Hier sollte gezielte Aufklärung erfolgen. Nicht nur die Epilepsie ist über

Medikamente gut einzustellen, sondern auch die Kataplexie. Und so wie es

Epilepsiepatienten unter klaren Auflagen erlaubt ist (Bundesanstalt für das

Straßenwesen 2000), ein Kraftfahrzeug zu führen, ist dies auch für Patienten

möglich, die an einer Narkolepsie mit Kataplexie leiden (Kotterba, Orth

2007). In der aktuellen Fahrerlaubnisverordnung 2007 §11 Anlage 4 Absatz

11.2.1 und 11.2.2 wird neu in den Krankheitssymptomen, die die

Fahrtauglichkeit einschränken, die messbare Tagesschläfrigkeit als

gesondertes Kapitel beschrieben. Prinzipiell ist also der Führerscheinentzug,

aber auch das Wiedererlangen der Fahrerlaubnis bei Tagesschläfrigkeit

möglich, die genauen gutachterlichen Untersuchungsinstrumente werden

derzeit erarbeitet (Kotterba 2009).

Beim Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis wird Erkrankungen, die die

Fahrtauglichkeit einschränken könnten, gefragt. Das impliziert Erkrankungen,

die zu vermehrter Schläfrigkeit führen genauso wie Erkrankungen, die mit

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Page 63: Fahrtauglichkeit und sozialmedizinische Konsequenzen bei ... · PDF fileNarkolepsie, das heißt, es müssen neben einem möglichen hereditären Hintergrund auch Umgebungseinflüsse

einem Anfallsleiden einhergehen. Zu diesen wird auch die Kataplexie

gerechnet. Die Bewerber sind aber nicht verpflichtet, entsprechende

Angaben zu machen.

Letzten Endes obliegt es schließlich dem Narkolepsiepatienten, ob er/sie die

Erkrankung angibt und in der Folge eine Überprüfung der Fahrtauglichkeit

vornehmen lässt. Sollte die Fahrerlaubnisbehörde allerdings Kenntnis von

einer Erkrankung erlangen (z.B: durch Anzeige) kann sie weitere

Untersuchungen anordnen (Fahrerlaubnisverordnung § 11, Abs. 2, 2007).

Nach der Auswertung der Interviews mit 24 Narkolepsiepatienten zeigte sich,

dass weder unter den 20- bis 30jährigen, noch unter den älteren Betroffenen

jemand bei dem Antrag zur Fahrerlaubnis die Erkrankung angegeben hat.

Keiner der Betroffenen wollte das Risiko eingehen, die Fahrerlaubnis gar

nicht oder erst nach Untersuchungen mit Wartezeit zu erhalten. Schließlich

hatten sie ihre Fahrtauglichkeit während der Fahrstunden unter Beweis

gestellt und schon finanzielle Aufwendungen gehabt. Bei angegebenen

Einschränkungen wäre mit einer regelmäßigen Überprüfung der

Fahrtauglichkeit zu rechnen. Während der Studie häuften sich aber,

insbesondere durch zunehmendes behördliches Interesse am Problem der

Tagesschläfrigkeit, die Aufforderungen an Betroffene, ärztliche Zeugnisse zur

Fahrtauglichkeit beizubringen.

Auch hier ist Aufklärungsarbeit zu leisten: Während der Fahrstunden erlangt

man die Fähigkeit ein Kraftfahrzeug zu führen; die Fahrtauglichkeit ist davon

aber nicht berührt. Ein ärztliches Gutachten mag als lästig empfunden

werden, dabei gilt es doch aber, die eigene Sicherheit im Straßenverkehr zu

gewährleisten und das Risiko einer Eigen- und/oder Fremdgefährdung so

gering wie möglich zu halten.

Darüber hinaus müssen Narkolepsiepatienten damit rechnen bei einen

schweren, im Falle eines durch Tagesschläfrigkeit oder Kataplexie

verschuldeten Unfalls, strafrechtlich verfolgt zu werden und tragen persönlich

die Beweislast der Unfallumstände. In diesem Fall kann es von Vorteil sein,

wenn ärztliche Untersuchungen zur Frage der Fahrtauglichkeit vor dem

Unfall vorliegen (Kotterba 2004, 2007).

63

Page 64: Fahrtauglichkeit und sozialmedizinische Konsequenzen bei ... · PDF fileNarkolepsie, das heißt, es müssen neben einem möglichen hereditären Hintergrund auch Umgebungseinflüsse

Ein anderer Aspekt im Zusammenhang mit der Frage der Fahrtauglichkeit

von Narkolepsiepatienten betrifft die medikamentöse Therapie. In der

Therapie der Tagesschläfrigkeit sind Stimulanzien Mittel der ersten Wahl.

Von den befragten 80 Patienten, gaben 53 an, regelmäßig Modafinil

und/oder Methylphenidat einzunehmen. Beide Substanzen unterlagen

aufgrund ihres Abhängigkeitspotentials zum Zeitpunkt der Studie dem

Betäubungsmittelschutzgesetz, aktuell ist Modafinil aus der Btm-Pflicht

genommen.

Die Frage der Fahrtauglichkeit unter Einnahme solcher und ähnlicher

Substanzen, ist durch §24a StVG Absatz 2 geregelt: Danach ist das Führen

eines Kraftfahrzeugs unter dem Einfluss von Amphetaminen eine

Ordnungswidrigkeit, die strafrechtlich zu verfolgen ist. Nach StVG §24 Absatz

2c ist das Verhalten nur dann nicht ordnungswidrig, wenn die festgestellte

Substanz, in diesem Fall Methylphenidat, ausschließlich durch die

bestimmungsgemäße Einnahme eines Arzneimittels in das Blut gelangt ist,

vorausgesetzt, die Einnahme wurde für einen konkreten Krankheitsfall

ärztlich verordnet.

Auch unter diesem Aspekt müssen Narkolepsiepatienten angehalten werden,

sich die Fahrtauglichkeit von ärztlicher Seite bescheinigen zu lassen. Der

Arzt sollte mit dem Krankheitsbild der Narkolepsie vertraut sein. Es darf

erinnert werden, dass die Narkolepsie zum Fachbereich eines Facharztes für

Neurologie gehört. Ein Hinweis auf eine zusätzliche Spezialisierung ist die

Zusatzbezeichnung „Somnologe“ der Deutschen Gesellschaft für

Schlafmedizin und Schlafforschung (DGSM) bzw. die Zusatzbezeichnung

Schlafmedizin im Sinne einer weiteren Facharztqualifikation durch die

Ärztekammern (Kotterba 2007).

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Notfallausweis

Für alle hier erörterten Aspekte der Narkolepsie und ihrer Therapie im

Zusammenhang mit der Fahrtauglichkeit, lässt sich ableiten:

Narkolepsiepatienten sollten mit einem Notfallausweis ausgestattet sein,

ähnlich wie Patienten, die an einem Diabetes leiden oder aber auf eine

hämodynamisch relevante Medikation, wie Phenprocoumon, Marcumar®,

eingestellt sind. Dieser Ausweis hat nicht nur im Verkehrswesen seine

Relevanz, sondern kann insbesondere im Falle eines Unfalls, mit

Einschränkung des Bewusstseins oder der Sprachfähigkeit für den

behandelnden Notarzt von Bedeutung sein. Die vor Ort vorzunehmenden

Maßnahmen können durch das Wissen um bekannte Erkrankungen

angepasst werden. Es kann aber nicht erwartet werden, dass ein Notarzt mit

der Narkolepsie vertraut ist und zum Beispiel eine Kataplexie richtig deuten

kann. Hier ist die Missdeutung eines epileptischen Anfalls möglich, der noch

vor Ort durch die Gabe eines Benzodiazepins durchbrochen werden soll.

Diese Sofortmassnahme ist aber im Falle eine Kataplexie kontraindiziert

(Mayer 2006).

Ist ein Patient auf Stimulantien eingestellt, wird ein Notarzt diese Medikation

bei einem notwenig werdenden therapeutischen Eingreifen berücksichtigen

können. Im Falle einer notwendigen Operation, sollte der Anästhesist über

die Erkrankung informiert sein: Die postoperative Vigilanz eines Patienten

kann nur schwer eingeschätzt werden, wenn Benzodiaziepine verabreicht

werden. Eine REM-induzierte Atonie von einem Relaxans-Überhang zu

differenzieren, ist nur mit der Kenntnis der Narkolepsie und der Kataplexie

möglich (Deutsche Gesellschaft für Narkolepsie 1999). Und eine

postoperative Schlaflähmung kann nur als harmlos einschätzen, wer

informiert ist.

Da jeder Facharzt einen solchen Notfallausweis ausstellen kann und

entsprechende Vordrucke von verschiedenen Institutionen bereitgestellt

werden, ist es unverständlich, dass die wenigsten Patienten mit einem

solchen Ausweis ausgestattet sind. Wie sich im Rahmen eines

Selbsthilfegruppentreffens herausstellte, trug nur einer von den anwesenden

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27 Narkolepsiepatienten einen Notfallausweis bei sich. Und dieser war selbst

entworfen.

Berufsleben, Schwerbehindertenstatus und Versichertenstatus

In den bisherigen Untersuchungen zur Narkolepsie, gibt es bislang wenig

Material zu Fragen der sozialmedizinischen Konsequenzen der Erkrankung

hinsichtlich des Berufslebens, des Versichertenstatus und der Berentung

(Mayer 1999, Kotterba 2004, 2007). In der vorliegenden Studie bildeten diese

Aspekte einen besonderen Schwerpunkt.

Es zeigte sich, dass ein Großteil der Narkolepsiepatienten in NRW in

Selbsthilfegruppen vertreten ist, organisiert von Der deutschen Gesellschaft

für Narkolepsie. Hier erfolgt neben regelmäßigen Zusammenkünften

Aufklärung und Hilfestellung für die Betroffenen über die Zeitschrift Der

Wecker.

Dennoch ergab sich in dieser Studie, dass ein Informationsmangel herrscht.

Es muss dabei als unzureichend eingestuft werden, dass zwar die

Betroffenen selbst und auch die Angehörigen zu einem Teil gut aufgeklärt

sind, in den persönlichen Gesprächen und insbesondere bei Diskussionen im

Rahmen von Selbsthilfegruppentreffen zeigte sich aber, dass die Unkenntnis

von Behörden und auch von Ärzten zu einer unüberwindlichen Hürde werden

kann: Die mangelnde Kenntnis der Versorgungsämter über die Narkolepsie,

die ohne Frage aufgrund des Symptoms der Tagesschläfrigkeit, als

Schwerbehinderung einzustufen ist (siehe oben), führte in 16 von 49 Fällen

zu kosten- und zeitintensiven Verfahren vor den Sozialgerichten. Dabei

beklagten drei dieser 16 Betroffenen darüber hinaus die Unkenntnis des

behandelnden Arztes oder des sie vertretenden Anwalts, die zu einer

Verzögerung des Verfahrens oder sogar zu einer Fehleinstufung des

Behindertenstatus führte. In der Folge kam es zu einem erneuten Prozess.

Sozial benachteiligend wirkt sich die Erkrankung für die Narkolepsiepatienten

aus, wenn es um den Abschluss von Versicherungen geht. Es ist den

Betroffenen unmöglich, eine Versicherung gegen das Risiko einer

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Erwerbsunfähigkeit abzuschließen. Lediglich eine Versicherungsgesellschaft

zeigte sich bereit, eine solche Versicherung anzubieten, allerdings mit der

einschränkenden Bedingung, dass eine Auszahlung der Versicherung nur

dann passieren kann, wenn die Erwerbsunfähigkeit auf jede beliebige

Ursache zurückzuführen ist, solange diese in keinem Zusammenhang mit der

Narkolepsie steht. Der Narkolepsiepatient verzichtete daraufhin auf den

Vertragsabschluss.

Die in diesem Zusammenhang deutlich erschwerten Versuche, eine Kapital

bildende Lebensversicherung zur Altersvorsorge abzuschließen, sind

bedenklich. Narkolepsiepatienten wurden aufgefordert Gutachten zu

erbringen, um nachzuweisen, dass die Erkrankung nicht zu einer Verkürzung

der normalen durchschnittlichen Lebenserwartung führt. Nur auf der

Grundlage eines solchen Gutachtens wäre der Abschluss einer Versicherung

zwar möglich gewesen, aber zu der Bedingung eines Risikozuschlags in

Höhe von 100%. Unkompliziert waren die Abschlüsse nur, solange sie vor

der Diagnose der Erkrankung erfolgten.

Ähnlich ergeht es den Betroffenen bei dem Versuch eine Unfallversicherung

abzuschließen. Ein Neuabschluss zu verbesserten Konditionen wird den

Betroffenen in der Regel versagt. Lediglich die Fortführung einer

bestehenden ungünstigeren Unfallversicherung war mit den Unternehmen zu

verhandeln.

Sicher besteht hier dringender Aufklärungsbedarf. Die Narkolepsie sollte

deutlicher als bisher in den Fokus der Behörden und der Unternehmen

gerückt werden. Zudem ist den betroffenen Patienten zu raten, sich bei der

Wahl des behandelnden Arztes über dessen Qualifikation auf dem Gebiet

der schlafbezogenen Erkrankungen zu informieren. Unter Umständen kann

dies zu langen Anfahrten führen: die Erkrankung ist selten und nicht in jeder

Stadt findet sich ein Facharzt für Neurologie mit dem Qualitätsnachweis

„Somnologe“ der DGSM oder der Zusatzweiterbildung Schlafmedizin.

Dennoch zeigt die Untersuchung, dass die korrekte Beratung und Information

für die Narkolepsiepatienten in allen Aspekten des sozialen Lebens

unabdingbar ist und es sich dringend empfiehlt solche und ähnliche Hürden

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Page 68: Fahrtauglichkeit und sozialmedizinische Konsequenzen bei ... · PDF fileNarkolepsie, das heißt, es müssen neben einem möglichen hereditären Hintergrund auch Umgebungseinflüsse

in Kauf zu nehmen. Denn besonders schwer wiegt das Wissen um die

Erkrankung und ihre möglichen Einschränkungen, in der Wahl des Berufes.

Insbesondere den jüngeren Patienten muss eine intensive und weitreichende

Beratung bei der Berufswahl zu Teil werden.

Es gilt, den Verlust des Arbeitsplatzes oder des Ausbildungsplatzes aufgrund

der Erkrankung unbedingt zu vermeiden.

In der vorliegenden Studie musste für wenigstens 12 der 80 Patienten gesagt

werden, dass sie einen mit der Erkrankung nur schwer zu vereinbarenden

Beruf ausübten. So gibt es unter den Betroffenen Kraftfahrer, Bergmänner,

Schornsteinfeger, Metzger, Köche, Bäcker und Frisöre, die alle ihren Beruf

auf Dauer nicht ausüben konnten. Teils erfolgte eine Umschulung, teils

wurde die Erwerbsunfähigkeit festgestellt.

Insgesamt haben 32 Patienten ihren Arbeitsplatz aufgrund der Erkrankung

verloren, das entspricht einem Prozentsatz von 25,6%. Drei der Patienten

waren unter 30 Jahre alt, zwei Männer und eine Frau, fünf Betroffene waren

zwischen 30 und 40 Jahre alt, vier Frauen und ein Mann, und fünf Männer

und vier Frauen waren zwischen 40 und 50 Jahre alt.

Erfragt wurde die psychische Belastung im Beruf. So gaben 20 von den 33

zum Zeitpunkt der Befragung berufstätigen Narkolepsiepatienten an, Angst

vor dem Verlust des Arbeitsplatzes zu haben. Dies könnte erklären, warum

nur ein Teil der Betroffenen gerade noch bereit ist, Arbeitskollegen über die

Narkolepsie und ihre Symptome zu informieren. Keiner der Betroffenen hat

unaufgefordert seinen Arbeitgeber informiert: Im schlimmsten Fall fielen die

Arbeitnehmer durch Arbeitsunfälle auf, im günstigsten Fall wurde der

Arbeitgeber auf die Erkrankung aufmerksam, wenn der Arbeitnehmer bei

dem Besuch von Vorträgen anlässlich beruflicher Fortbildungen gehäuft

einschlief. Einige Betroffene berichteten im persönlichen Gespräch aber auch

von dem demütigendem „Anschwärzen“ bei dem Arbeitgeber durch Kollegen,

denen sie durch vermeintlich unangemessene Schlafpausen aufgefallen

waren.

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Auffällig viele Patienten erstritten vor den Sozialgerichten die Einstufung als

schwerbehindert. Dabei zeigt sich eine interessante Tendenz: Unter den über

60jährigen Männern hatten 13 den Status schwerbehindert, im Gegensatz zu

drei über 60jährigen, die auf diesen Status verzichteten. Dagegen hatten vier

Männer, die jünger als 40 Jahre waren, einen Schwerbehindertenausweis.

Unter den Frauen war der Unterschied zu Alter und Schwerbehindertenstatus

noch etwas deutlicher: Hier waren es sieben Frauen, die einen

Schwerbehindertenausweis hatten und dabei jünger als 40 Jahre waren,

gegenüber 10 Frauen, die auf diesen Status verzichteten. Unter über

60jährigen Frauen waren es neun Frauen, die einen

Schwerbehindertenausweis hatten gegenüber nur einer Frau, jenseits der 60,

die auf diesen Status verzichtete.

Bei einigen Selbsthilfegruppentreffen wurde gerade dieser Aspekt mitunter

heftig diskutiert: Wie sinnvoll ist der Status schwerbehindert in der jetzigen

Berufs- und Arbeitsmarktsituation? Während die Älteren die Vorteile des

Schwerbehindertenausweises, wie die freie Fahrt mit ÖPNV für sich und eine

Begleitperson, Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, besonderen

Kündigungsschutz und weiteren Vergünstigungen in den Vordergrund

stellten, gaben die Jüngeren zu bedenken, dass ein

Schwerbehindertenausweis bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz

durchaus zum Nachteil geraten kann. Insbesondere wenn ein

Narkolepsiepatient seinen Arbeitsplatz aufgrund der Erkrankung verloren hat

und ihm nun nach längerer Arbeitslosigkeit, eine neue Stelle in Aussicht

gestellt wurde, überwiegt die Sorge, abgelehnt zu werden, sollte die

Schwerbehinderung und in Folge die Erkrankung im Vorstellungsgespräch

thematisiert werden. In diesem Zusammenhang ist eine immer wieder

kehrende Frage, ob eine Schwerbehinderung dem Arbeitgeber verschwiegen

werden darf. Das ist nicht der Fall. Wenn ein Arbeitnehmer nach einer

Schwerbehinderung gefragt wird, ist er verpflichtet diese Frage

wahrheitsgemäß zu beantworten (Bürgerliches Gesetzbuch §119, Absatz 2,

§123, Absatz 1).

Von einem Narkolepsiepatienten kann nicht erwartet werden, dass er zum

Beispiel eine Qualitätskontrolle am Bildschirm fehlerfrei bewältigen wird

(Kotterba 2007). Die Tätigkeit erfordert aufgrund der Monotoniebelastung

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eine für den Patienten nicht zu leistende Anforderung an die Vigilanz. Zudem

gilt, dass die konkrete Frage nach einer Schwerbehinderung

wahrheitsgemäß zu beantworten ist, damit ein Arbeitgeber die Möglichkeit

hat, seiner Verpflichtung zu besonderem Schutz des Arbeitnehmers nach zu

kommen.

Zwar darf nach geltendem Recht, niemand aufgrund einer Behinderung

benachteiligt werden, doch in der Realität vertrauen die wenigsten

Narkolepsiepatienten auf die Gesetzgebung. Dieses mangelnde Vertrauen

kann in der Studie an Hand der Daten gut nachvollzogen werden: Während

16 Narkolepsiepatienten vor den Sozialgerichten einen

Schwerbehindertenstatus erstritten, hat kein einziger Betroffener den

Versuch unternommen, seinen Arbeitsplatz einzuklagen.

Hier besteht aber nicht nur Aufklärungsbedarf auf Seiten der

Narkolepsiepatienten. Da sich die Ursache für das Verschweigen auf die

Angst vor der mangelnden Kenntnis und dem damit möglicherweise

einhergehenden Unverständnis des Arbeitgebers gründet, sollte versucht

werden, in diesem Bereich Aufklärungsarbeit zu leisten. Ohne Frage ist diese

Aufgabe anspruchsvoll und nicht ad hoc zu leisten. Dennoch ist sie am

ehesten durch die sehr engagierte Deutsche Gesellschaft für Narkolepsie zu

bewerkstelligen. Es sollte ein Konzept erstellt werden, das den

verschiedenen regionalen Selbsthilfegruppen zugänglich gemacht wird. An

erster Stelle sollte dabei die Beschreibung der Erkrankung stehen. Gefolgt

von Beispielen für Berufe, die nicht geeignet sind sowie den Berufen, die sich

sehr wohl mit der Erkrankung vereinbaren lassen. Dabei sollte auch die

Frage der Fahrtauglichkeit mit allen ihren Facetten berücksichtigt werden. Es

könnte eine Aufgabe der regionalen Selbsthilfegruppen werden, in

verschiedenen großen und mittelständigen Betrieben vorstellig zu werden,

mit dem Angebot über die Erkrankung zu informieren. In Betrieben mit einem

Betriebsarzt sollte dieser angesprochen und nach Möglichkeit in das Konzept

mit eingebunden werden. Natürlich wäre dabei die Unterstützung durch die

Medien, insbesondere des Fernsehens, wünschenswert.

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Erwerbsunfähigkeit aufgrund der Narkolepsie

Die Erwerbsunfähigkeit aufgrund einer Narkolepsie ist für diese Patienten ein

besonders schwerer Eingriff in die Biografie, vor allem auch deswegen, weil

über das Wesen der Erkrankung weithin Unwissenheit vorherrscht. Von den

in der Studie Befragten, gaben neun Frauen und 11 Männer

Erwerbsunfähigkeit an. Davon waren vier Frauen jünger als 40 Jahre, von

den Männern wurde einer vor Erreichen des 40igsten Lebensjahrs berentet.

Befragt nach Begleiterkrankungen, gaben zwei der berenteten Frauen und

einer der Männer eine Depression an. Jenseits des 40igsten Lebensjahrs,

aber vor Erreichen des 60igsten Lebensjahrs wurden fünf Frauen und 12

Männer als erwerbsunfähig eingestuft.

Inzwischen ist die Erwerbsunfähigkeitsrente ab 01.01.2001 ersetzt durch die

Berentung bei teilweiser oder voller Erwerbsminderung. Eine

Erwerbsunfähigkeitsrente im ursprünglichen Sinne gibt es nach einer

Gesetzesänderung nicht mehr. Eine volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn

täglich weniger als drei Stunden Arbeitsfähigkeit besteht. Teilweise

Erwerbsminderung wird angenommen, wenn Arbeitnehmer täglich mehr als

drei Stunden, aber weniger als sechs Stunden arbeitsfähig sind (SGB VI

§240 2004, Kotterba 2007).

Unter diesen neuen Bedingungen ist es wahrscheinlich, dass weniger

Narkolepsiepatienten als teilweise oder voll erwerbsunfähig eingestuft

werden. Unbeschadet dessen bleibt die Forderung nach gezielter Aufklärung

besonders aktuell. Insbesondere für Berufseinsteiger muss deutlich werden,

welche berufliche Tätigkeiten für Narkolepsiepatienten geeignet sind. Aber

auch für bereits im Arbeitsverhältnis stehende Narkolepsiepatienten, besteht

Aufklärungsbedarf, welche Verbesserungen am Arbeitsplatz möglich sind

und geboten werden können, bis hin zur Prüfung einer Weiterbildung oder

Umschulung.

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5. Zusammenfassung

Die durchgeführte Befragung hatte zum Ziel, die sozialmedizinischen

Konsequenzen Fahrtauglichkeit, Arbeitslosigkeit, frühzeitige Berentung und

Versicherungsauflagen zu evaluieren.

Die vorliegende Datenerhebung gründet sich auf einem standardisierten

Fragebogen in Anlehnung an das Narkolepsieregister und unter

Berücksichtigung der Fragen einer vorangegangenen Arbeit zur

Unfallhäufigkeit bei Narkolepsie (Müller 2002).

Der Fragebogen umfasste Fragen nach den Narkolepsiesymptomen, der

bisherigen Therapie und Begleiterkrankungen. Zur Fahrtauglichkeit wurden

der Führerscheinbesitz, die Dauer der Fahrpraxis und die Kilometerleistung

pro Jahr erfragt, sowie Unfälle und deren Ursache.

Um die sozialmedizinischen Konsequenzen der Narkolepsie zu erfassen,

wurde nach dem aktuellen Beruf, Arbeitsplatzverlust, Arbeitsunfällen,

Erwerbsunfähigkeit, Berentung, Schwerbehinderungsgraden und

Versicherungsstatus gefragt. Diese Fragen wurden durch halbstandardisierte

Interviews ergänzt, in denen insbesondere nach Problemen im

Behindertenrecht, Problemen am Arbeitsplatz und im Versicherungswesen

angesprochen wurden.

Führende Symptome der Narkolepsie sind Tagesschläfrigkeit mit imperativen

Einschlafattacken und Kataplexie. Es gilt, dass Narkolepsiepatienten

aufgrund der Tagesschläfrigkeit und der Kataplexie als nicht fahrtauglich

einzustufen sind (Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrzeugeignung 2005).

Die Fahrtauglichkeit kann aber bei adäquater medikamentöser Therapie

durch die Begutachtung eines ausgewiesenen Facharztes für Neurologie

bescheinigt werden (Kotterba, Orth 2007).

Befragt wurden 80 Narkolepsiepatienten, 41 Männer und 39 Frauen. Das

Durchschnittsalter der Männer betrug 51,6 ± 16,8 Jahre. Das

Durchschnittsalter der Frauen betrug 47,3 ± 17,2 Jahre. 37 Männer litten an

Narkolepsie mit Kataplexie und vier Männer an einer Narkolepsie ohne

Kataplexie. 34 Frauen litten an einer Narkolepsie mit Kataplexie und fünf

Frauen an einer Narkolepsie ohne Kataplexie. 13 Männer und Frauen

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verzichteten zum Zeitpunkt der Befragung auf Medikation gegen

Tagesschläfrigkeit und/oder Kataplexie.

41 Männer und 37 Frauen hatten zum Zeitpunkt der Befragung einen

Führerschein. 38 Männer und 28 Frauen nahmen zum Zeitpunkt der

Befragung aktiv am Straßenverkehr teil. Drei Männer und acht Frauen hatten

zum Zeitpunkt der Befragung das Auto fahren aufgegeben.

Die Fahrpraxis in Jahren (Mittelwert) der Männer lag bei 31,6 ± 14,9 Jahren,

die Fahrpraxis in Jahre (Mittelwert) der Frauen lag bei 25,6 ± 15,4 Jahren.

Die Kilometerleistung pro Jahr der Männer war signifikant höher als die der

Frauen (p= 0,004).

Insgesamt gaben die 77 Narkolepsiepatienten mit Führerschein an, an 173

Autounfälle beteiligt gewesen zu sein. Davon entfielen 131 Unfälle auf die

Männer und 42 Unfälle auf die Frauen. Aber nur 59 Autounfälle sollen nach

Angaben der Patienten durch die Tagesschläfrigkeit verursacht worden sein.

Das entspricht einem prozentualen Anteil von 33,7%. Den Daten des

Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2005 zufolge, sind etwa 0,4% aller

Unfälle auf Tagesschläfrigkeit zurückzuführen. Darüberhinaus ist die

Unfallrate unter den Gesunden unter 40jährigen signifikant höher als bei den

über 40jährigen. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie ergeben ein

deutlich höheres Unfallrisiko der Narkolepsiepatienten gegenüber Gesunden.

Dieses Ergebnis deckt sich mit den Daten bisheriger Studien (Aldrich et al.

1989, Müller 2002, George, Boudreau, Smiley 1996, Kotterba et al. 2004).

Die Daten zu Alter und Fahrpraxis zeigen ein zu den Daten des Statistischen

Bundesamtes und den Daten bisheriger Studien (Müller 2002, Kotterba et al.

2004) widersprüchliches Bild. Hier verursachten die über 40jährigen

signifikant mehr Unfälle als die unter 40jährigen. Dabei ist aber zu

berücksichtigen, dass nur allgemein nach der Anzahl der Unfälle im Laufe

der Fahrpraxis gefragt wurde, nicht nach dem Alter zum Zeitpunkt des

Unfalls. Eine Korrelation zwischen Alter und Unfallrate ist deshalb nicht

herzustellen.

Die erhobenen Daten zeigen einen signifikanten Unterschied zwischen der

Unfallhäufigkeit und dem Geschlecht. Die durchschnittliche Unfallrate der

Männer liegt bei 3 Unfällen, die der Frauen bei 1,1 Unfällen. Das Männer

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demnach nominal mehr Unfälle machen, lässt sich durch die Fahrleistung pro

Jahr erklären: Im Vergleich zu den Frauen legen die Männer signifikant mehr

Kilometer pro Jahr mit dem Auto zurück.

Schriftlich in den Fragebögen gab nur ein Mann einen Unfall an, der durch

eine Kataplexie verursacht worden sei. In den mündlichen Interviews gaben

zwei der Frauen einen Unfall an, der durch eine Kataplexie bedingt gewesen

sei und sie zum Aufgeben des Autofahrens bewegt habe.

Der Vorteil des Fragebogens besteht zweifellos in der Standardisierung.

Dennoch zeigte sich in dieser Studie, dass ein halbstandardisiertes Interview

bei der heiklen Frage nach Autounfällen aufgrund der Narkolepsie eine

sinnvolle Ergänzung sein kann. Selbst unter der Zusicherung der Anonymität

und der ausbleibenden Sanktionierung muss die Validität der Antworten

berücksichtigt werden. Unfälle aufgrund von Tagesschläfrigkeit wurden von

den Befragten eingeräumt. Die Zahl der Unfälle insgesamt (173) und die

Unfälle aufgrund von Tagesschläfrigkeit (59) differierte deutlich. Unfälle

aufgrund der Kataplexie wurden aber nur von einem Patienten eingeräumt.

Erst in einem persönlichen Gespräch waren zwei Betroffene bereit

zuzugeben, dass auch die Kataplexie Unfallursache war. Eine Patientin gab

zu, dass sie im Gespräch mit Freunden und Bekannten die Kataplexie als

Unfallrisiko aus Angst vor möglichen Sanktionen ausschloss. Aufgrund der

gewonnen Daten scheint die Ergänzung eines standardisierten Fragebogens

durch ein persönliches Interview sinnvoll. Der persönliche Kontakt schafft ein

Vertrauen, das nur durch schriftliche Befragung nicht möglich und

offensichtlich auch nicht ausreichend ist.

Die Fragen nach der beruflichen Situation der Narkolepsiepatienten ergab

das folgende Bild: Insgesamt waren 23 Männer berentet, davon 11 Männer

aufgrund einer Minderung der Erwerbsfähigkeit. Vier Männer waren zum

Zeitpunkt der Feststellung der MdE jünger als 50 Jahre, acht Männer jünger

als 60 Jahre.

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Insgesamt waren 14 Frauen berentet, 11 der Frauen aufgrund einer

Minderung der Erwerbsfähigkeit. Sechs Frauen waren zum Zeitpunkt der

Feststellung der MdE jünger als 50 Jahre, vier Frauen jünger als 60 Jahre.

15 Männer und 16 Frauen waren zum Zeitpunkt der Befragung berufstätig.

15 Männer und sieben Frauen gaben Angst vor einem Verlust des

Arbeitsplatzes an, wobei acht Männer und fünf Frauen Arbeitsunfälle

aufgrund der Erkrankung erlitten hatten.

Ein Viertel der befragten Narkolepsiepatienten hat im Laufe des Berufslebens

ein Mal den Arbeitsplatz aufgrund der Erkrankung verloren. 20 der 31 zum

Zeitpunkt der Befragung berufstätigen Narkolepsiepatienten gaben an, Angst

vor einem Arbeitsplatzverlust zu haben. Das mag erklären, warum keiner der

Betroffenen den Arbeitgeber bei Antritt des Arbeitsverhältnisses über die

Erkrankung informiert hat. Die Betroffenen schließen die Möglichkeit, dass

ein Arbeitgeber mit der Information umgehen kann, von vorneherein aus.

Kollegen werden nur nach langjähriger Zusammenarbeit informiert und dann

auch nur über die Kataplexie, selten auch über die Tagesschläfrigkeit. An

Narkolepsie erkrankte Arbeitnehmer berichteten im Rahmen von informellen

Interviews über das Anschwärzen von Kollegen beim Arbeitgeber wegen

vermeidlicher Schlafpausen während der Arbeitszeit. In einem Fall folgte die

Kündigung des Arbeitsverhältnisses, in zwei weiteren Fällen wurde eine

Aussprache möglich, die zur Schaffung besserer Arbeitsbedingungen führte.

Es überwiegt die Angst, dass ein Arbeitgeber aus Unkenntnis über die

Erkrankung nicht adäquat reagiert und die Beweislast zur Arbeitsfähigkeit

allein auf Seiten des Betroffenen liegt. Die Narkolepsiepatienten nehmen das

Risiko eines Arbeitsunfalles aufgrund unzureichender Arbeitsbedingungen

dabei in Kauf.

16 der befragten 80 Narkolepsiepatienten entschieden sich für Berufe, die

mit ihrer Erkrankung nicht vereinbar sind, weil sie ein hohes Unfall- bzw

Verletzungsrisiko bedeuten. Vertreten sind Berufe wie Elektriker, Schweißer,

Metzger, Kraftfahrer und Schornsteinfeger. Die Hälfte der Betroffenen konnte

durch Umschulungsmaßnahmen berufstätig bleiben, für acht der Betroffenen

wurde aber eine MdE ausgesprochen. Vier der acht Patienten waren zum

Zeitpunkt der Berentung unter 40 Jahre alt, zwei der Patienten waren 41 und

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44 Jahre alt und zwei Patienten waren zum Zeitpunkt der Berentung 52

Jahre alt.

Gemäß §2 Abs.2 SGB IX sind Patienten mit Narkolepsie aufgrund der

Symptomatik der Erkrankung (Tagesschläfrigkeit, Schlafattacken,

Kataplexien, automatisches Verhalten im Rahmen von

Ermüdungserscheinungen, Schlaflähmung – häufig verbunden mit

hypnagogen Halluzinationen), als schwerbehindert einzustufen.

22 Frauen und 26 Männer waren zum Zeitpunkt der Befragung als

schwerbehindert eingestuft worden. Acht Männer und acht Frauen reichten

zur Durchsetzung ihrer Interessen vor dem Sozialgericht Klage ein. Dabei

erstritten sich die Patienten entweder die erstmalige Einstufung als

schwerbehindert oder aber eine prozentuale Erhöhung der bisherigen

Einstufung.

Die Narkolepsiepatienten beklagten dabei, dass die sie vertretenden Anwälte

zum Teil nur unzureichend über die Erkrankung informiert waren, weshalb

sich Gerichtsverfahren verzögerten oder aber die Betroffenen kein Recht

bekamen.

Betroffene konnten von teils kuriosen Verhandlungen mit

Versicherungsgebern berichten: Mit Verweis auf Erkrankung wurden

Abschlüsse entweder verwehrt oder an Auflagen (Risikozuschlag,

Ausschluss von Unfällen, die sich auf die Erkrankung zurückführen lassen)

gebunden.

Zukünftig müssen Arbeitgeber, Versicherungen und Behörden Zugang zu

fachlicher Information bekommen, um eine soziale Integration der Erkrankten

zu verbessern. Frühberentung und teilweise Erwerbsunfähigkeit muss durch

geeignete Berufsberatung und Berufswahl vorgebeugt werden.

Arbeitskollegen müssen intensiver als bisher mit der Erkrankung vertraut

gemacht werden, um Missverständnisse und demütigendes Anschwärzen bei

Vorgesetzten zu vermeiden. Arbeitgeber müssen informiert sein, um

Arbeitsbedingungen verbessern und das Risiko für Arbeitsunfälle minimieren

zu können.

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Nur die bessere fachliche Information von Arbeitgebern, Behörden und

Versicherungen kann die soziale Integration von Narkolepsiepatienten

deutlich verbessern.

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7. Anhang

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Danksagung

Ich möchte mich herzlichst bedanken bei

Frau Prof. Kotterba, für die freundliche Bereitstellung des Themas der Arbeit.

Frau Prof. Kotterba fand trotz ihrer vielen Verpflichtungen in den letzten

Jahren die Zeit für eine individuelle intensive Betreuung. Auch nach Ihrem

Umzug an die Ammerland Klinik GmbH in Westerstede, wo sie als Chefärztin

der Klinik für Neurologie tätig ist, stand sie mir immer mit kompetentem Rat

zur Seite.

Außerdem möchte ich mich bedanken bei

Dr. med. A. Pranada für die wichtigen Denkanstöße und das Korrekturlesen

der Arbeit.

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Lebenslauf

Name: Eberhard

Vorname: Bettina

geb. am: 12.06.1968

in: Berlin

1971 bis 1974: Besuch des Kindergartens in Aachen-

Laurensberg

1974 bis 1976: Besuch der Grundschule Aachen-Laurensberg

1976 bis 1978: Besuch der Grundschule in Dortmund-

Eichlinghofen

1978 bis 1984: Besuch des Helene-Lange-Gymnasiums in

Dortmund

1984 bis 1985: Besuch der Robert-Koch-Realschule in

Dortmund

1985 bis 1988: Besuch des Aufbau-Gymnasiums in Dortmund

mit Abschluss des Abiturs im Juni 1988

01.08 bis 30.09.1988: Praktikum in der Küche Des Restaurants „Jörg

Müller“ auf Sylt

01.10.1988 bis 31.10.1989: Ausbildung zur Köchin im Restaurant

„Goldschmieding“ in Castrop-Rauxel

01.11.1990 bis 31.07.1991: Besuch der Berlitz-School in Dortmund mit

Abschluss der Fremdsprachenkorrespondentin

Oktober 1991: Eingeschrieben an der Heinrich-Heine-

Universität in Düsseldorf für das Fach Linguistik

mit Abschluss des Magister atrium im Juli 1997

01.01.1998 bis 15.07.1998: Arbeit im Tätigkeitsbereich einer Arzthelferin in

der Neurologischen Praxis Dr. Eberhard

31. Juli 1998: Geburt meiner Tochter Carlotta

Oktober 1998: Eingeschrieben an der Ruhr-Universität-

Bochum im Fachbereich Medizin

17. August 2000: Geburt meines Sohnes Aaron

28. April 2002: Geburt meines Sohnes Elias

28. Mai 2008 Abschluss des Medizinstudiums mit der

Approbation als Ärztin

01. August 2008 Weiterbildungsassistent im MVZ Dortmund

Dr. med. Eberhard und Partner