Faktor Sport - Ausgabe 4/2010

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DIE SPORTWISSENSCHAFT SUCHT IHREN WEG TÜFTELN AM SELBSTBILD FAKTOR [ SPORT ] DAS MAGAZIN DES DEUTSCHEN OLYMPISCHEN SPORTBUNDES WAS WOLLEN DIE NUR? [ ] REAL MODISCH [ ] DISPUT IN EIGENER SACHE [ ] Eventbesucher und ihre Motive Michael Michalsky und die Sneakers-Karriere Carl Diem und der Sport 4 I 2010 Euro 6,-

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Faktor Sport, dessen aktuelle Ausgabe gerade erschienen ist, hat gleich in seinem ersten Erscheinungsjahr den internationalen Preis "Spotlight-Award" gewonnen.

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DIE SPORTWISSENSCHAFT SUCHT IHREN WEG

TÜFTELN AM SELBSTBILD

FAKTOR[SPORT ]DAS MAGAZIN DES DEUTSCHEN OLYMPISCHEN SPORTBUNDES

WAS WOLLEN DIE NUR? [ ]REAL MODISCH [ ]DISPUT IN EIGENER SACHE [ ]

Eventbesucher und ihre Motive

Michael Michalsky und die Sneakers-Karriere

Carl Diem und der Sport

4 I 2010

Euro

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Faktor Sport [ Editorial ] 3

Thomas Bach,Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes

Zwei Themen mit hoher Bedeutungfür den Sport: einerseits die Bildung,wie hier an der SporthochschuleKöln, andererseits die MünchenerOlympiabewerbung 2018, die nichtzuletzt mit Unterstützung von Katarina Witt erfolgreich gestaltetwerden soll

LIEBE FREUNDINNEN UND FREUNDE DES SPORTS,

„Wir suchen den öffentlichen Diskurs, um unsere Stellung in der Gesellschaft aufrechtzuerhalten“

die erste Amtsperiode des Deutschen Olympischen Sportbundes ist vorüber, und wir könnensagen: Der DOSB repräsentiert die Einheit in der Vielfalt des deutschen Sports, er spricht miteiner Stimme.

Der DOSB als größte zivilgesellschaftliche Organisation in Deutschland ist geschätzter Gesprächspartner in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Die schwierigen sportpolitischenDebatten der letzten Monate wären ohne den einen – und vor allem einigen – Dachverbandnicht so effizient und erfolgreich zu bestehen gewesen.

Der Sport stellt sich den wichtigen gesellschaftspolitischen Herausforderungen und sprichtein gewichtiges Wort mit. Das Thema Integration steht sicherlich an erster Stelle, weil Sportder beste Eisbrecher ist. Mit dem gleichen Engagement gehen wir die anderen großen The-men an, etwa die Bildung im und durch den Sport. Auch das Anliegen, mehr Frauen den Wegin Führungspositionen zu bereiten, bleibt nach dem Jahr der Frauen im Sport, das der DOSBfür 2009 ausgerufen hatte, ganz oben auf der Agenda.

Die Bewerbung um die Olympischen und Paralympischen Winterspiele 2018, unser großes Zielfür das Jahr 2011, hätte ohne die Geschlossenheit des Sports nicht diesen Schwung entwickelt,mit dem wir nun selbstbewusst der Entscheidung im kommenden Juli entgegenblicken.

Wir suchen den öffentlichen Diskurs, um diese Stellung in der Gesellschaft aufrechtzuerhalten,die konstruktiv-kritische Begleitung braucht.

Das zeigen wir auch in der vierten Ausgabe unseres Magazins „Faktor Sport“, in der das Thema Bildung eine Hauptrolle spielt und in der wir der historischen Debatte Raum geben,auch mit dem kritischen Blick von außen.

Das gehört dazu. Sport ist Vielfalt. Und wir freuen uns, seine Zukunft gestalten zu können.

Herzlichst Ihr

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04 [ Inhaltsübersicht ] Faktor Sport

Spiegelbild

INHALT

06 Einmal groß seinFecht-WM in Paris und ein Hauch von Champions-League

26 Kennen wir uns?Der Sport und seine Fans.Die bemerkenswerten Erkenntnisse der Publi-kumsforscher

40 In Bewegung verharrtDie Sport-Misere an weiterführenden Schulen

36 Niemals langweiligAntje von Dewitz, Marie-Luise Probst-Hindermann,Nicole Leder oder dieAkrobatik des Alltags

32 Kurzhaar aus KreuzbergDunja Hayali: Wie mandem Publikum gefällt, ohneihm zu verfallen

[32][06] [26] Tribüne [36]ProfileAugenblick, verweile

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Faktor Sport [ Inhaltsübersicht ] 05

[ ][ ]

10 Flutlicht

08 I 24 I 44 I 58 I 66 Bewegungsmelder

[46]Puls 180 Vermittlungskunst

Sport ist eine Wissenschaft für sich: stimmt. Sport ist keine Wissenschaft für sich:stimmt auch. Seit ihrer Entstehung ist der Studien- und Forschungsdisziplin eine gewisse Unentschiedenheit eigen. Liegt darin ihre Schwäche oder ihr Potenzial? Die Frage stellt sich mehr denn je. 20 – 21 Interview mit Ilse Hartmann-Tews, Geschlechterforscherin im Sport | 22 – 23 Die Spoho Köln im Porträt

[50] [60] Zeitgeist [54]Wechselspiel

46 Gedehnte DebatteCarl Diem und die unver-gängliche Vergangenheit

50 Begrenzte SichtDas Programmsponsoringsoll in Teilen verbotenwerden. Der Sport ist nichtgemeint, aber besondersbetroffen. Eine Meinungs-bildung unter Beteiligten

60 Ein Picker und StilistDesigner Michael Michalsky über die Kulturbequemer Klamotten

64 Der gespaltene Aufbruch Fredy Stober und dieGründerjahre des DSB

54 Projekt auf AchseÖko-Logik und Sportlo-gistik. Noch ist nicht zusammengewachsen, waszueinander passt

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FAKTOR[SPORT ]DAS MAGAZIN DES DEUTSCHEN OLYMPISCHEN SPORTBUNDES

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Eventbesucher und ihre Motive

Michael Michalsky und die Sneakers-Karriere

Carl Diem und der Sport

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6 [ Augenblick, verweile ] Faktor Sport

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Faktor Sport [ Augenblick, verweile ] 7

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8 [ Bewegungsmelder ] Faktor Sport

DAS UMKÄMPFTE OLYMPIASTADION

Das Finale heißt Tottenham Hotspurs gegen Westham United: Die beiden Premier-League-Clubs stehen, je als Teil eines Konsortiums, auf der Shortlist zur Übernahme des LondonerOlympiastadions nach den Spielen 2012. Die „Spurs“ und die Anschutz Entertainment Group(AEG) haben einen Plan vorgelegt, der den Umbau des zurzeit entstehenden Komplexes in einreines Fußballstadion vorsieht. Die „Hammers“ und der Gemeinderat des Londoner StadtteilsNewham, vom Entertainment-Giganten Live Nation unterstützt, bevorzugen das Konzept ei-ner 60.000-Zuschauer-Arena, in der Fußball, Konzerte und Leichtathletikevents stattfindenkönnten. Dann bliebe die Laufbahn erhalten und es würde eine Zusage erfüllt, die SebastianCoe als Vorsitzender des Organisationskomitees für 2012 dem IOC gegeben hat. Die OlympicPark Legacy Company (OPLC) will im Frühjahr 2011 über den Betreiber entscheiden.

2013

Animation des Londoner Olympiastadions: Für welchen Betreiber wird das Herzder Spiele nach 2012 weiter schlagen?

endet ein Vertrag, den der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) mit Sport1

geschlossen hat. Seit einigen Wochen darf der TV-Sender Inhalte

des DEB medial verwerten, aber auch Werberechte nutzen. Das sieht

die Partnerschaft vor, die beide Seiten im November verkündeten.

Sport1 überträgt in den nächsten drei Jahren den Deutschland-Cup live, in Teilen auf derjungen Pay-Plattform Sport1+. In ihrem News-Format will die Constantin-Media-Tochterauch über Events wie etwa die U18-WM der Männer und die Frauen-WM der Division I („B-WM“) berichten, die 2011 in Deutschland stattfinden. Des Weiteren hat das Duo fürsnächste Jahr ein gemeinsames Event samt Live-Bildern angekündigt.

Die Kooperation ist jeweils strategisch eingebettet. So hat Sport1 von Infront Sports & Media,Vermarkter des Eishockey-Weltverbandes IIHF, die Erstrechte erworben, um die Männer-WMsvon 2012 bis 2017 auf allen medialen Kanälen zu verwerten. Der DEB hat die Heim-WM 2010genutzt, um seine Kommunikation zu professionalisieren. Unter anderem wurde in ManuelHüttl, Deutschland-Chef der globalen PR-Agentur Waggener Edstrom, ein VizepräsidentMarketing eingestellt. Zudem ging eine neue Homepage online. Nun scheint eine regelmäßigeFree-TV-Präsenz des DEB und der Sportart gesichert.

PROFILIGEN BLEIBEN STABIL

In seinem „Finanzreport Deutscher Profiligen“ hat das Prüfungs- und Con-sultingunternehmen Deloitte die wirt-schaftliche Situation in den größten Spiel-klassen jenseits der Fußball-Bundesligauntersucht. Demnach kumulierten die 2. Fußball-Bundesliga (2. BL), DeutscheEishockey Liga (DEL), die Toyota Hand-ball-Bundesliga (HBL) und die Beko Basketball Bundesliga (BBL) in der Saison2009/10 einen Gesamtumsatz von 516,5 Millionen Euro, nahezu der Vorjah-reswert (518,2 Millionen). Das Gros derSumme steuert die 2. BL mit geschätzten290,2 Millionen bei. Freilich hat sie,ebenso wie die DEL (87,4 Millionen)etwas an Gewicht verloren, während dieHBL deutlich (79,5 Millionen, plus 7,2 Millionen) und die BBL minimal (59,4 statt59,3 Millionen) zulegten.

DSV UND SPORTFIVE GELOBEN SICH TREUE

Das ist ein Pflock im Schnee: Sportfive und der Deutsche Ski-Verband (DSV) arbeiten mindestens bis 2016 zusammen.Der Hamburger Vermarkter nutzte seinErstverhandlungsrecht, um die 2008 auf-genommene, zunächst bis 2011 verabre-dete Verbindung zu verlängern. Sportfivevermarktet so wie gehabt die Werberechtean allen in Deutschland ausgetragenenWeltcups im alpinen Skisport sowie jene im Skispringen, ausgenommen die Vier- schanzentournee. Deren vier Events (davonzwei deutsche) werden vom SchweizerUnternehmen Infront Sports & Mediabetreut.

Ein großer Wurf: Die HBL steigert ihrenUmsatz deutlich

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10 [ Flutlicht ] Faktor Sport

UM DIE EINE LEHREDAS RINGEN

Was haben der Bachelor, ein geerbter Bindestrich

und neue Berufsbilder gemeinsam? Sie zwingen der

Sportwissenschaft Strukturen auf, die ihre Zukunft

zu gefährden scheinen. Denn wie soll Gemeinsames

entstehen, wenn Lehre und Forschung zerfasern?

Lagebericht einer Identitätssuche. TEXT: NICOLAS RICHTER UND KLAUS JANKE

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Faktor Sport [ Flutlicht ] 11

enn ein Student der Sportwissenschaftsagt, er studiere Sport, kann man das naheliegend finden. Oder proble-matisch. Indem er „Wissenschaft“

verschweigt, scheint er ein Klischee zu bestäti-gen: Dieses Studium sei die Fortsetzung eines Hobbys unter anderen Umständen, diese Ausbildung bestenfalls semiakademisch, so schweißfetischistisch wie forschungsfern.

Der Kampf um Akzeptanz begleitet die Sport-wissenschaft seit ihren Anfängen vor vier (imWesten) respektive sechs (im Osten) Jahrzehn-ten. Das bringt ihr Gegenstand mit sich und ihrStatus als Bindestrichwissenschaft: Sie unter-sucht Sport traditionell aus der Perspektive anderer, etablierter Disziplinen, etwa der Päda-gogik, Psychologie, Medizin, Soziologie.

Der Gegenstand, der Status, der Kampf: Vielmehr Konstanten kennt die Sportwissenschaftnicht. Seit einiger Zeit sieht sie sich von gesellschaftlichen, politischen, ökonomischenTrends getrieben. Die viel beschriebene Aufwertung der Themen Fitness, Körper undGesundheit, die Wechselwirkungen zwischenSport und Medien haben Sportmärkte entstehenoder wachsen lassen und entsprechenden Ausbildungsbedarf geschaffen. Zugleich erlebtder Bildungsapparat eine „Umwälzung“, wie esder Münsteraner Professor Bernd Strauß aus-drückt, Ex-Präsident der Deutschen Vereini-gung für Sportwissenschaft (dvs) und ein Vor-denker der Disziplin. Während der PISA-moti-vierte Exzellenztrend den Wettbewerb unter denHochschulen befeuert, wurde unter der ChiffreBologna-Prozess das Studiensystem runder-neuert.

Es ist Zeit für eine Zäsur, schon formal. 2010 istder Schlüsseltermin im Bologna-Prozess. In diesem Jahr sollte das neue gestufte System(Bachelor, Master, Graduierte) bundesweit eingeführt sein und ein europäischer Hochschul-raum zumindest skizzenhafte Gestalt angenom-men haben.

Zäsur heißt hinschauen: zu erkennen, was dieVeränderung mit der Sportwissenschaft machtund was die Sportwissenschaft mit der Verän-derung. Was der Wandel für Studierende, Pro-fessoren, Standorte einerseits bedeutet und fürdas Fach und sein Ringen um Identität anderer-seits. Es wird sich zeigen: Das eine kann durch-aus im Widerspruch zum anderen stehen.

W STATIONEN DER DEUTSCHENSPORTWISSENSCHAFT

1950Mit der Gründung des Deutschen Sportbun-des in Hannover und der Deutschen Hoch-schule für Körperkultur in Leipzig beginnt die systematische Erforschung des Sports.

Ende der 60erErst jetzt werden an den deutschen Universi-täten die ersten Professuren für Sportwissen-schaften eingerichtet.

1970Das Bundesinstitut für Sportwissenschaft in Bonn wird gegründet. Es soll Forschungs-bedarf ermitteln und Vorhaben initiieren. Im April wird die Deutsche SporthochschuleKöln (1947 gegründet) als wissenschaftlicheHochschule des Landes Nordrhein-Westfalenanerkannt, sie erhält Satzungs-, Promotions-und Habilitationsrecht.

1972Mit den Olympischen Spielen in Münchenbeginnt die systematische Verankerung derSportwissenschaft an den westdeutschenHochschulen.

1976In München wird die Deutsche Vereinigungfür Sportwissenschaft (dvs) gegründet, einZusammenschluss der Sportwissenschaftler.

80er-JahreFreizeitsport wird zum Megatrend. Die Ausdifferenzierung der Sportwissenschaft in Teildisziplinen nimmt zu.

90er-JahreWellness und die gesundheitliche Bedeutungdes Sports werden auf breiter Basis entdeckt.

1999Beginn des Bologna-Prozesses: Ziel ist eineuropäisches Hochschulsystem bis 2010.

2003Die Kultusministerkonferenz legt die Strukturder Bachelor-Studiengänge fest, die damit bis2010 eingeführt werden müssen.--›

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12 [ Flutlicht ] Faktor Sport

„Ich verstehe nicht, warum der Bachelor im Lehramtsstudium nicht wie in anderenStudiengängen als berufsqualifizierender Abschluss gilt. Um Lehrerin zu werden, muss man

zusätzlich den Master machen. Außerdem finde ich eine Lehrstunde pro Sportart und Woche viel zu wenig. Früher waren es drei. Unsere Dozenten machen das gut, aber die Zeit reicht nicht,

um wirklich etwas zu lernen. Und die praktische Prüfung ist ja gleich geblieben.“Die 23-jährige Zweitliga-Handballerin Johanna Holstein studiert in Mainz im dritten Semester

Bachelor of Education. Fächer: Sport, Philosophie und Bildungswissenschaften

AUSGANGSPUNKT BOLOGNA ODER:BILDER EINER UMSTELLUNG

Seit 1999 folgt Deutschland einem Bildungs-system angelsächsischer Prägung. Der Bachelor (of Arts, of Education et cetera),Regelstudienzeit drei, selten vier Jahre, solleine erste Berufsqualifikation liefern, derzulassungsbeschränkte ein- bis zweijährigeMaster spezifische Kenntnisse ergänzenoder vertiefen. Der Lehrstoff wird in Modulegepackt. Das Modell soll die nationale undinternationale Mobilität der Studierendensteigern und fließende, frühe Übergängevom Studium ins Arbeitsleben schaffen.

Cut 2010. Die Einführung von Bachelor undMaster in der Sportwissenschaft scheint weitfortgeschritten. Die Deutsche Sporthoch-schule Köln (DSHS, rund 5000 Studieren-de) und das einschlägige Institut der UniMünster (circa 1500) haben die Umstellungvon Diplom und Magister auf Bachelor undMaster abgeschlossen. Weitere Großstand-orte wie die Unis Leipzig, Bochum und die TU München sind genauso oder fast so weit.Aber: Sind auch die inhaltlich-ideellen Zieledes Prozesses schon Realität?

Bei genauerer Betrachtung offenbaren sichLücken zwischen Theorie bolognese unddeutscher Praxis. Das betrifft zunächst denAspekt Mobilität. Gerade in der Lehreraus-bildung, die circa 40 Prozent der Sportstu-dierenden durchlaufen, ist nationale Harmo-nie vorläufig Fantasie. In manchen Ländernund Hochschulen muss man sich zu Beginnfür eine Schulform entscheiden, in anderen

nicht. Teilweise sind noch Staatsexaminamöglich – wenn auch auf Basis von Modulenwie im Bachelor –, Sachsen gar hat den altenAbschluss samt Grund- und Hauptstudiumwiedereingeführt, wegen der hohen Abbre-cherquoten im Bachelor of Education.

Das System ist zu jung, um Empirisches überdie nationale Mobilität der sportlich Studie-renden zu wissen. Der internationale Aus-tausch jedenfalls scheint zunächst gebremstworden zu sein. Der Anteil ausländischerStudierender an deutschen Sportwissen-schaftsstandorten ist gesunken (siehe KastenSeite 13) und die erste Bachelor-Kohorte in Köln drängte seltener über Grenzen alsfrüher die Diplom-Generationen. Offenbarfürchteten viele, ein Auslandssemester lassesich nicht in das relativ starre System inte-grieren. Erst nachdem die DSHS den aktuel-len Jahrgang gezielt über ihre großzügige Linie bei der Anerkennung von Inhalten auf-geklärt hat, ist die Nachfrage gestiegen.

Die Kritik am neuen Studienmodell ist nahe-zu einhellig. Allerdings hat das weniger mitder Mobilitätsfrage zu tun als mit der Lehr-struktur. Gabriele Klein, Professorin für Bewegungswissenschaft an der Uni Hamburg,beklagt, den Studierenden bleibe „kaumnoch ein Denk- und Selbstgestaltungsraum“.Ihr Fazit: „Das Bachelor-System bewirkt die Vertreibung des Geistes aus den Wissen-schaften.“

Die Kürze des Studiums mag Würze haben.„Kundenorientierung und Straffung habender Disziplin gutgetan“, sagt Sportpsycholo-

Alles nach Plan – das ist das Problem:Das verschulte Bachelor-System drohtden gerade in der Sportwissenschaftnötigen Forschungsgeist zu bremsen

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Faktor Sport [ Flutlicht ] 13

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ge Strauß; andere beklatschen die Möglich-keit, zwischen Bachelor und Master Berufs-erfahrung zu sammeln. Aber erstens ist das mit der Kürze so eine Sache, speziell imLehramt: Der Schuleinstieg setzt überwie-gend einen Master of Education (und dasReferendariat) voraus, das Durchschnitts-studium könnte sich verlängern. Zweitenshat die Kürze ihren Preis: sinkende Qualitätoder steigender Druck (auf die Studieren-den) oder beides.

Was hat sich konkret für das Fach geändert?Im Bachelor hat neben der Sportpraxis –jenseits des berühmten Eingangstests wer-den traditionell vier Einzel- und vier Spiel-sportarten geschult – die multidisziplinäreBasis Gewicht verloren: zugunsten berufs-orientierter Themen meist fachspezifischer,teils auch allgemeiner Art; Soft Skills und so.Im Master wird dieser Ansatz vertieft, nichterweitert.

Ob das Ganze im Sinne des Berufsprakti-schen ist, steht vorläufig infrage. „Viele Studenten kommen mit der Verschulungnicht zurecht“, beobachtet Klaus Roth, Pro-fessor am Institut für Sport und Sportwis-senschaft an der Universität Heidelberg.„Wir sind daher unsicher, was mit unserenBachelor-Absolventen passieren wird.“ SeinTübinger Kollege Oliver Höner, als Sport-psychologe Vizepräsident Nachwuchsförde-rung der dvs, hält es für wichtig, wenn nichtdas Diplom, so doch seinen multidisziplinä-ren Geist zu erhalten: „Sportwissenschaftlerwerden von Beginn an mit verschiedenenPerspektiven konfrontiert. Wenn vermehrtInterdisziplinarität gefordert wird, kann daraus eine besondere Qualifikation ent-stehen.“

Schließlich ist es auch so: Der Bachelorbringt eine Tendenz zum spitzeren Studiummit sich. Im Endeffekt leidet die Vergleich-barkeit, folglich die Mobilität – das Bologna-Ziel Nummer eins.

WISSENSCHAFTLICHE DIÄT UNDIDENTITÄT

Bis hierhin gleichen die Probleme in derSportwissenschaft denen anderer Fächer.Der spezifische Nachteil hat mit der relativkurzen Geschichte der Disziplin und dem

Freizeit-Image zu tun: Ein Diät-Studiumhemmt das Bemühen um ein weniger sportli-ches, stärker wissenschaftliches Profil –Stichwort Vertreibung des Geistes. Straußbestätigt: „Die Studierenden brauchen einengewissen Freiraum. Wie soll sich die Sport-wissenschaft entwickeln, wenn das Studiumvon Anfang an den Charakter einer vorgezo-genen Berufsausbildung hat?“

Und man könnte anfügen: Wie soll eine Dis-ziplin eine Identität entwickeln, wenn sie immer kleinteiliger, vielfältiger wird? Tatsäch-lich gibt es Anhaltspunkte, die gegen Fort-schritt in dieser Frage sprechen. Nicht nurStrauß sagt, er habe Probleme, wissenschaft-lichen Nachwuchs zu rekrutieren. Laut Statistischem Bundesamt sinkt die Zahl der Studierenden seit einigen Jahren – leicht,aber gegen den allgemeinen Trend (s. Kastenoben) – und zuletzt ging auch die der Promo-vend(inn)en zurück: von jeweils 110 (2007

SPORTSTUDIUM IN DEUTSCHLAND:ZAHLEN UND FAKTEN67 sportwissenschaftliche Einrichtungen gibt es an deutschen Hochschulen. LautCHE-Ranking sind 48 davon an Universi-täten angeschlossen. Insgesamt zählt die Disziplin rund 230 Professuren und etwa1500 hauptamtlich Beschäftigte – die Zahlenschwanken ständig und die fachliche Zuordnung mancher Stelle ist schwierig.

Laut statistischem Bundesamt umfasste die Fächergruppe Sport im Wintersemester2009/2010 exakt 26.677 Studenten, davon10.062 Frauen. Unter den 1141 ausländischenStudierenden waren 355 weiblich. Die Gesamtzahl ist etwas rückläufig: Vier Jahrezuvor waren hierzulande 28.944 Studenten in Sport(-wissenschaft) eingeschrieben,davon 11.784 Frauen. Der Zulauf sinkt gegenden allgemeinen Trend: 2005/2006 gab es in Deutschland 2 Millionen Studierende,für 2010/2011 wurden jüngst 2,2 Millionen gemeldet – Rekord.

Hinzu kamen allerdings 2077 Studenten im gesondert ausgewerteten StudiengangSportmanagement/Sportökonomie. Ihre Zahl hat sich seit 2000 nahezu verfünffacht.

Unter den knapp 27.000 Studierenden2009/10 strebten rund 10.000 nach Bacheloroder Master. Bei Lehramtsanwärtern betrug ihr Anteil nicht mal ein Fünftel, beiden weiteren Abschlüssen über die Hälfte.

„VieleStudenten

kommen mit der

Verschulung nicht zurecht“

Page 14: Faktor Sport - Ausgabe 4/2010

und 2008) auf 101 (2009). Die erste Teil-nahme der Sportwissenschaft am Rankingdes Centrums für Hochschulentwicklung(CHE) spiegelte ein brüchiges Selbstbewusst-sein. Der Rücklauf der Fachbereiche, sagtCort-Denis Hachmeister vom CHE, sei „er-nüchternd“ gewesen. Unter anderem enthieltsich der Platzhirsch DSHS der Beteiligung.

Was kann man innerhalb des gegebenenRahmens tun für Studien- und Forschungs-qualität? Immerhin haben Exzellenztrendund Bologna-Prozess eine gewisse Dezen-tralisierung der bildungspolitischen Struktu-ren bewirkt – mehr Macht den Hochschulenund ihren Einheiten. Strauß fordert auf, dasin Absprache mit den Studierenden zu nut-zen. „Mein Eindruck ist, dass viele sportwis-senschaftliche Bereiche die neuen Richtlini-en sehr rigide umgesetzt haben. Das war als erste Reaktion verständlich, aber viele erkennen erst jetzt die Freiräume, die der Gesetzgeber an einigen Stellen gelassen hat.“

MÄRKTE UND MÖGLICHKEITEN

Ihr populärer, vielseitiger Gegenstand setztdie Sportwissenschaft, es wurde erwähnt,besonderen Anforderungen aus. Unter an-derem solchen der Gesellschaft und – oftdamit verzahnt – der Wirtschaft. „PraktischeAnwendungsinteressen sind im Sport stärkerwirksam als in anderen Wissenschaften“, erklärt Ansgar Thiel, Professor am Institutfür Sportwissenschaft der Uni Tübingen. Was bedeutet das? Die einzelnen Standortemüssen diese Anforderungen strategisch behandeln. Sie müssen sich im Sinne ihrer

eigenen Entwicklung profilieren, auch wenndas die Entwicklung des Fachs in Gänzehemmt.

Aktuelles Beispiel: Zum Wintersemester2010/2011 haben die Universität Heidelbergund das Karlsruher Institut für Technologie(KIT) gemeinsam den Masterstudiengang„Sport und Bewegung im Kindes- und Jugendalter“ gestartet, der bislang einzigeseiner Art. 20 Studierende pro Jahrgangsollen sich mit der alltags- und sportmoto-rischen Leistungsfähigkeit des Nachwuchses beschäftigen und danach in Kindergärten,Schulen, Vereinen, Verbänden oder beikommerziellen Anbietern zum Einsatz kom-men – die steigende Anzahl von übergewich-tigen und adipösen Kindern hat Medien,Gesellschaft, Politik in Bewegung gesetzt.„Im Kinder- und Jugendbereich fehlen qua-lifizierte Spezialisten“, so StudiengangsleiterKlaus Roth. Der Themenkomplex Gesund-heit dürfte bald weitere Neuerungen hervor-bringen. Die dicken Deutschen als Jobmotor.

Einer von zwei mit ordentlich PS. Das FachSportmanagement ist Standard an Groß-standorten und Liebling von FHs und Privat-hochschulen. Die Zahl der Studierenden,vom Statistischen Bundesamt separat erfasst,steigt steil und stetig, gegen den Trend in der Fächergruppe Sport. Wie die Hoch-schulen marktorientierte Studiengänge ambesten konzipieren, hängt auch von den po-tenziellen Arbeitgebern ab. Sportartiklersind längst nicht mehr die einzige Option fürAbsolventen (s. Grafik S. 18). Aber für vieledie nächstliegende.

Bei der Adidas-Gruppe gibt es die Position ei-ner Leiterin Nachwuchsprogramme undHochschulmarketing. Jela Götting bestätigtden substanziellen Bedarf an sportwissen-schaftlich ausgebildeten Kräften. Es kommedabei auf „die richtige, für uns relevante Kom-bination mit weiteren Schwerpunkten, etwaSport und Marketing, Sport und Ingenieurwe-sen, Sport und Management“ an. Entschei-dend aber sei die Leidenschaft für den Sport –„unabhängig vom Studienabschluss“.

Bei Uhlsport, einem Sportartikelhersteller imbaden-württembergischen Balingen, nenntman die breite Sportausbildung und prakti-sche Vorerfahrungen als Pro der Sport-absolventen. „Sollte der Bachelor zu einerVerknappung dieser Erfahrungen führen,begrüßen wir das natürlich nicht“, sagt Mar-ketingleiterin Sina Haug. Tatsächlich ist genau das durch die Verkürzung vielerortspassiert, was insofern problematisch zu seinscheint, als Uhlsport gerade in Kommunika-tion und Vertrieb auch BWLer einstellenkönnte. Freilich fügt Haug an: „Wichtiger alsder Studiengang ist die aktive Erfahrung mitbestimmten Sportarten.“

Höner glaubt, dass das für viele Unterneh-men gilt. Der dvs-Vize mahnt, die jungenMärkte Gesundheit und Management nichtzu überfüttern; er meint, Sportpraxis könneselbst für Sportökonomen von Vorteil sein; erhält die klassisch-breite Studienbasis auchfür wichtig, weil sie die Absolventen flexibelmache bei der Jobsuche. Tatsächlich lässteine an der DSHS erstellte Studie vermuten,die Aussagen der Sportartikler seien bedingt

Wissenschaft und Praxis: Das von Professor Klaus Rothan der Uni Heidelberg ent-wickelte Konzept „Ballschule“wird heute in Halle (Bild) und anderswo umgesetzt. VonSponsoren gefördert, basiert es auf der Kooperation sport-wissenschaftlicher Institutemit Vereinen und Schulen

Page 15: Faktor Sport - Ausgabe 4/2010

Faktor Sport [ Flutlicht ] 15

FRAUEN-ÜBERZAHL IN LEHRAMTSSTUDIENABSCHLÜSSE IN DER FÄCHERGRUPPE SPORT* AN STAATLICH ANERKANNTEN HOCHSCHULEN IM PRÜFUNGSJAHR 2009; NACH ABSCHLUSSART UND GESCHLECHT

Quelle: Statistisches BundesamtBasis: staatlich anerkannte Hochschulen in Deutschland

* unter Sport/Sportwissenschaft zusammengefasste Fächer sowie Sportmanagement** Diplom und Magister sowie Bachelor und Master (sofern nicht auf Lehramt geprüft)

*** einschließlich Lehramts-Bachelor und -Master**** nur in Sportmanagement

51,20 % universitäre Abschlüsse

außer Lehramt**,Anteil weiblich:

21,91 %

44,15 %Lehramtsprüfungen***,Anteil weiblich:

24,13 %

„Vor allem zwei Dinge an meinem Studium waren wichtig: die viermonatigen Praktika und das Netzwerk der Studenten. Dadurch habe ich heute Bekannte – und Freunde –

in diversen Unternehmen, Vereinen, großen Verbänden und Agenturen.Inhaltlich gab es zu meiner Zeit zu viele ,sportliche’ Kurse ohne betriebswirtschaftlichen Aspekt.

Das hat sich inzwischen aber gebessert.“ Marcel Boyé, 31, hat 2004 sein Studium zum Diplom-Kaufmann, Fachrichtung Sportmanagement

an der FH Ostfalia (Standort Salzgitter) beendet. Nach insgesamt fünf Jahren bei Sportfive

in Hamburg und der Stadion Frankfurt Management GmbH ging er 2009

für ein MBA-Studium nach Toronto,

das er im Mai 2011 abschließen wird

übertragbar: Darin wurden Kölner Diplom-prüflinge der Jahrgänge 2006 bis 2008 unteranderem nach den Gründen für ihre Ein-stellung durch Arbeitgeber verschiedenerBranchen befragt. 44 Prozent nannten denDiplomabschluss, sogar 74 Prozent die mit-gebrachte Job-Erfahrung.

Jedem Trend hinterherzuhecheln, wäre un-sinnig für die Sportwissenschaftsstandorte –und unmöglich. Jenseits von Köln sind ihneneher enge Grenzen gesetzt: durch die hoch-schulinterne Position respektive die perso-nellen und finanziellen Mittel. Strauß folgert:„Um in dem Umbruch, den die Universitätgerade erlebt, nicht unterzugehen, müssenSie sich als sportwissenschaftlicher Bereichder Strategie der Hochschule anpassen.“ Fürdas große Institut in Münster heißt das, ersteAdresse für Lehrerausbildung und Bildungs-forschung zu werden und internationalsichtbare Schwerpunkte zu setzen – in demFall etwa Spitzensport- und Gesundheits-forschung. Ein kleinerer Standort wie die THDarmstadt spezialisiert sich – in dem Fall auf Sportinformatik.

DAS KREUZ MIT DEM BINDESTRICH

Die diversen Trends und Einflüsse habenverschiedene Ursachen. Und eine vorherr-schende Wirkung: Ausdifferenzierung. Wieviel davon vertragen die Disziplin und ihrRingen um Identität? Strauß, der Mahner,sagt: „Die Sportwissenschaft muss aufpas-sen, dass sie nicht völlig zerfleddert. Wenn esihr nicht gelingt, einen gemeinsamen wis- --›

2 ,12 %Fachhochschulabschlüsse****,

Anteil weiblich:

0,79 %

2,08 %Promotionen,Anteil weiblich:

0,88 %

Page 16: Faktor Sport - Ausgabe 4/2010

16 [ Flutlicht ] Faktor Sport

SCHUB FÜR STUDIERENDE KADERATHLETEN Eine echte Lex Spitzensportler ist es nicht,aber der Effekt ist ähnlich: Seit dem 15. Juni2010 gilt in Baden-Württemberg ein neuesHochschulzulassungsgesetz (HZG), das eineVorabquote von 20 Prozent für bestimmte Bewerbergruppen in Studiengängen vorsieht,in denen örtliche (also nicht über die ZVS geregelte) Zulassungsbeschränkungen gelten.Von der Änderung profitieren Mitglieder der„auf Bundesebene gebildeten A-, B- oder C-Kader eines Bundesfachverbandes des Deut-schen Olympischen Sportbundes“, aber auchsoziale Härtefälle, Absolventen eines Zweit-studienganges und ein Teil ausländischerStudierender. Leistungssportler werden be-günstigt, weil sie laut HZG einem „im öffent-lichen Interesse zu berücksichtigenden oderfördernden Personenkreis“ angehören, der an den Studienort gebunden sei. Das Gesetzwird ab dem Sommersemester 2011 angewen-det, wobei die Umsetzung den Hochschulenzusteht. Baden-Württemberg folgt damitNordrhein-Westfalen. Dort werden Kader-athleten seit November 2008 bei der Vergabeörtlicher Studienplätze begünstigt, nachetwas anderem System. In der Praxis räumenNRW-Hochschulen Sportler nun eine Son-derquote ein, meist 2 Prozent der maximalenStudierendenzahl im betreffenden Fach. Dem Vernehmen nach könnten bald auch dieHochschulzulassungsgesetze von Bayern undRheinland-Pfalz gesonderte Bestimmungenfür Spitzensportler aufnehmen.

senschaftlichen Kern zu definieren, wäre dasim Grunde ihr Abgesang.“

Damit ist man beim Bindestrich-Status alsBasis des Problems. Denn was ist der identi-tätsstiftende Kern einer Disziplin, die sichüber viele starke „Mütter“ definiert? DieBemühungen um einen gemeinsamen Wis-senschaftskanon sind alt, und bisher warensie vergeblich. Thiel erklärt das Dilemma:Das Ideal sei zwar eine einheitliche Sport-wissenschaft. „In der Realität erweist sie sichaber als ein multidisziplinäres Gebilde, unddie einzelnen Subdisziplinen wenden jeweilsspezifische Theorien und Methoden unter-schiedlicher Mutterwissenschaften an.“ Erfolgert: Es kann keinen gemeinsamen Kerngeben.

Die Existenz als Juniorpartner birgt sogardas Risiko feindlicher Übernahmen. „Wirstehen in ständiger Konkurrenz“, beobachtetThiel mit Blick auf die Bezugsdisziplinen.„Themen aus dem Sport sind sehr attraktivund natürlich nicht geschützt, sodass sichsehr viele außerhalb der Sportwissenschaftgern damit beschäftigen – allerdings nichtselten mit Ergebnissen, die hinter den Forschungsstand der Sportwissenschaften

zurückfallen.“ Walter Tokarski, Rektor derDSHS in Köln, sieht eine Rückbesinnung auf die „Mütter“: „An den Instituten werdenwieder häufiger Verantwortliche eingestellt,die nicht aus den Sportwissenschaften kommen.“

Das ist im Übrigen nicht die einzige interneTendenz, die anzeigt, wie wenig festgezurrtdie Identität der Disziplin vorläufig ist. In Hamburg, am Fachbereich von GabrieleKlein, spricht niemand mehr von „Sport“:„Wir thematisieren verschiedene Bewe-gungskulturen, nicht nur den Sport im klas-sischen Sinn“, sagt Klein. „Daher wurde der Fachbereich vor einigen Jahren in ‚Bewegungswissenschaft‘ umbenannt.“ EinSchritt, der auch an anderen Hochschulenerwogen wird.

VON MÄUSEN UND MENSCHEN

Wenn die Sportwissenschaft – manche be-vorzugen „Sportwissenschaften“, eine ewigeDebatte – keinen identitätsstiftenden Kernfindet, erlangt sie nie akademische Anerken-nung. Sie läuft Gefahr, von den „Müttern“absorbiert oder im Wettbewerb zwischenund innerhalb der Hochschulen zerrieben

„Bei meiner Tätigkeit heute helfen mir die Lerninhalte aus dem Studium in Köln sehr wenig. Der Studiengang war weitaus zu theoretisch ausgerichtet, Praktika spielten eine zu geringe Rolle.

Was ich heute kann, habe ich mir daher im Job aneignen müssen."Julia Versteyl, 36, arbeitete als Head of Sole & Exclusive Operations FIFA World Cup 2010 in Südafrika für Coca-Cola und ist demnächst

in derselben Funktion bei der EURO 2012 in Polen tätig. Sie hat Sportökonomie und -management an der Sporthochschule in Köln studiert

„Themen aus dem Sport sind sehr attraktiv,sodass sich sehr viele außerhalb der Sportwissenschaft gern damit beschäftigen“

--›

Page 17: Faktor Sport - Ausgabe 4/2010

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Page 18: Faktor Sport - Ausgabe 4/2010

18 [ Flutlicht ] Faktor Sport

zu werden. Am Ende bliebe – wie in den50erJahren – die Ausbildung der Sportleh-rer. So kann man das sehen.

Die Frage ist, ob das nicht arg zugespitzteGedanken sind. Ob es eine übergreifendeIdentität braucht beziehungsweise ob sienicht jenseits eines wissenschaftlichen Ka-

nons wachsen kann. Für die Lehre hieße das,den verbindenden Geist zu erhalten; dafür zusorgen, dass der aktive Sport und der multi-disziplinäre Ansatz nicht aus den Lehrplänenverschwinden. Damit die Absolventen nochdasselbe gemeinsam Erlebte meinen, wennsie „Basketball“, „Motivation“ und „Moto-rik“ sagen.

Schwieriger ist es mit dem wissenschaftli-chen Selbstverständnis. Sicher sind einigeübergeordnete Aspekte wichtig. Zum Bei-spiel Standards zu etablieren, um die Quali-tät von Forschung und Publikationen dereinzelnen Teildisziplinen zu vergleichen.Zum Beispiel halbwegs geschlossen amCHE-Ranking teilzunehmen. Beides kanndie dvs befördern, beides verlangt mögli-cherweise ein weiter gehendes Zusammen-rücken der Teildisziplinen (in der dvs sind11 Sektionen versammelt).

Es geht nicht um Identität als Selbstzweck.Es geht um Kohle, Mäuse, sprich: Fördergel-der. Es braucht Zusammenschlüsse, um Projekte größeren Gewichts zu betreiben.Zunächst mit anderen Fakultäten, schon aus pragmatischen Gründen. So gibt es beider Deutschen Forschungsgemeinschaft bisher gar kein sogenanntes Fachkollegiumfür Sportwissenschaft; und die teure Sport-medizin zählt mancherorts akademisch zumFachbereich Sport, etatbürokratisch aber zur Medizin. Darüber hinaus empfiehlt derExzellenzgeist Partnerschaften mit anderenHochschulen und Einrichtungen im In- und Ausland. Die Bewegungswissenschaft in Hamburg etwa ist in eine entsprechendeInitiative ihrer Uni beim Thema Graduierten-schulen integriert.

Was wird? Strauß glaubt an eine Konzentra-tion. „Größere Standorte wie DSHS, Leip-zig, Münster oder die TU München setzenzwei, drei Schwerpunkte und bedienen miteinem Teil die Sportlehrerausbildung, wäh-rend ein anderer zum Beispiel die Anknüp-

MEHR LEISTUNG, GESUNDHEIT UND ORGANISATIONARBEITSBEREICHE VON DSHS-ABSOLVENTEN IM ZEITVERGLEICH

2003-2005 2006-2008Angaben in % (Mehrfachnennungen möglich)

Quelle: Ilse Hartmann-Tews, Joachim Mrazek: Absolventenstudie 2010 der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS)Basis: 417 Absolventen der DSHS mit Diplomabschluss zwischen 1.1.2006 und 31.12.2008Erhebungszeitraum: Juni/Juli 2009Methode: Onlinefragebogen

0 5 10 15 20 25 30 35

Organisation/Management

Prävention

Rehabilitation

Freizeit-/Breitensport

Publizistik

Leistungssport

Spiel/Musik/Tanz

anderes Berufsfeld 29,727,3

4,22,1

7,913,5

17,3

17,317,1

18,921,7

22,824,8

29,132,1

17,4

„Für die Tätigkeit, die ich heute ausübe, hätte auch ein BWL-Studium gereicht. Studiert man dagegen Sportmanagement, muss man sich einige betriebswirtschaftliche Fähigkeiten später im Job

noch aneignen. Aber ein Sportstudium transportiert neben dem Wissen auch die Begeisterung für den Sport –und das ist letztlich das Wichtigste. Ohne Begeisterung kann man nicht im Marketing von Werder Bremen arbeiten."

Tim Barten, 34, Marketing- und Sponsoring-Manager bei Werder Bremen,

hat Sportmanagement an der Universität Leipzig und an der Sporthochschule Köln studiert

Page 19: Faktor Sport - Ausgabe 4/2010

„Wir waren jung, sportbegeistert, und die Uni Mainz war unsere Spielwiese. Sportdidaktik in Theorie und Praxis hat das Studium geprägt. Da wachsen Sportverständnis und Freundschaften fürs Leben. Woraufdas vorbereitet hat? Auf nichts und alles. Wenn ich auf meine früheren Studienkollegen schaue, haben alle einen Job – auch fachfremd – und keiner hat den gleichen.“Andreas Fink, 30, hat von 2001 bis 2007 in Mainz Diplom-Sportwissenschaft studiert, Schwerpunkt Sportökonomie

und -management. Er arbeitet bei der Frankfurter Beratungsagentur Novello Sports

fung an andere Hochschulbereiche und dieinternationale Präsenz gewährleistet. Kleinere fokussieren sich und ziehen sichetwa aus der Lehrerbildung zurück.“

Im Übrigen kann die Sportwissenschaft dasgute Gefühl haben, mehr denn je gebraucht zuwerden. Nicht nur von Märkten vieler Art,sondern auch vom organisierten Sport. Er willseine Spitzenathleten international konkur-renzfähig halten; vor allem aber muss er zuse-hen, wie er all die Aufgaben erledigt bekommt,die Gesellschaft, Politik, Wirtschaft an ihn he-rantragen. Ohne einigermaßen kräftiges wis-senschaftliches Rückgrat wird das nicht gehen. Aber es braucht die Übersetzung zwischenTheorie und Praxis. Höner sagt: „UnsereAnsprechpartner in Verbänden sind heutzu-tage selbst häufig sportwissenschaftlich aus-gebildet. Ich habe die Hoffnung, dass sichdas gegenseitige Verständnis zwischen Wis-senschaft und Sport dadurch weiter verbes-sert.“ Denn was sind Institute und Hoch-schulen? Am Ende des Tages Menschen, diedarüber entscheiden, ob sie Sport soziolo-gisch, trainingswissenschaftlich oder philo-sophisch betrachten. Und was sind Verbände

und Vereine? Am Ende des Tages Menschen,die darüber entscheiden, ob Sport eine Medizin, eine Ware oder eine Kulturform ist.Oder ein gesellschaftliches Phänomen mitsehr vielen Seiten. Sport eben. ]

Läuft und kommt nicht voran: Der „Visual Walker“ auf dem Endlosband, Beitrag des sportwissenschaftlichen Instituts zu einer Ausstellung der Friedrich-Schiller-Uni-versität Jena im letzten Jahr,scheint die Situation der Disziplin zu spiegeln

Sportwissenschaft wohin? Diskutieren Sie unter www.faktorsport.net

Page 20: Faktor Sport - Ausgabe 4/2010

20 [ Flutlicht ] Faktor Sport

[ ]Ilse Hartmann-Tews leitet Deutschlands einzige sportwissenschaftliche

Abteilung für Geschlechterforschung. Die Soziologin über Frauen

in Führungspositionen und das Rätsel weiblichen Nachwuchsmangels.

INTERVIEW: NICOLAS RICHTER

„Ausnahmen werden zum Trend“

Page 21: Faktor Sport - Ausgabe 4/2010

Sie befassen sich mit den Geschlechterstrukturen im Sport. Wie neh-men Sie das Verhältnis zwischen Männern und Frauen in der Sport-wissenschaft wahr? Wenn Sie sich auf die Quan tität wissenschaftli-chen Personals beziehen, ist das ein ähnliches Bild wie in anderen Wis-senschaften. Wobei der Anteil von Fach zu Fach stark variiert und wir imSport mit der Anzahl der Professorinnen eher unter dem Durchschnittliegen. Es werden vielleicht 10 Prozent sein, und mit jeder K arriere-stufe nimmt der Anteil von Frauen in den entsprechenden P ositionenab. An der Sporthochschule sind 30 ordentliche Professuren und ichwar lange die einzige Professorin – jetzt sind wir zu zweit.

An der Spitze der dvs steht mit Dorothee Alfermann eine Frau: Aus-nahme oder Entwicklungshinweis? Das ist wie bei der Bundeskanzle-rin. Die Ausnahmen werden zum Trend! Es ist für die Ausbalancierungder Geschlechterstrukturen schön, dass an der Spitze eine Frau ist, unddies hat sicher auch Signalwirkung. Aber wenn Sie sich die einflussrei-chen Positionen darunter anschauen, ist es im Wissenschafts- wie impolitischen System: Es besteht ein starkes Gefälle, das nur sehr langsamabnimmt. Schnellere Veränderungen sind nur durch gezielte Maßnah-men erreichbar wie die Quote in der Politik oder Förderprogramme fürWissenschaftlerinnen.

Nur zwei Professorinnen in Köln – das klingt nicht nach dem Vorbild,das die DSHS sein sollte. Die DSHS hatte vor einigen Jahren sicher-lich Nachholbedarf, mittlerweile sind aber verschiedene Förderaktivi-täten angelaufen. So ist die DSHS aufgrund ihres Gleichstellungskon-zeptes und des Audits „Familienfreundliche Hochschule“ in das bun-desweite Professorinnenprogr amm aufgenommen worden. Hierzugehört zum Beispiel ein Mentoringprogramm für junge Wissenschaft-lerinnen, in dem jährlich circa 10 F rauen von externen P ersonen inWissenschafts- und Karrierefragen begleitet und beraten werden. Auchhaben wir ein F orschungsfördermodell für Wissenschaftstalente, dasgrundsätzlich beide Geschlechter betrifft …

… aber? In der ersten Runde haben sich überproportional viele Män-ner und sehr wenige Frauen beworben. Unsere Gleichstellungsbeauf-tragte hat interveniert und das Programm wurde finanziell aufgestockt,um zusätzliche Stipendien für Wissenschaftlerinnen zu reservieren.

Der Bereich „Geschlechterforschung“ in Köln entstand 1996. War’sein harter Kampf am Anfang? Die Sporthochschule hatte diese Pro-fessur damals im Rahmen einer NRW-Initiative zur Förderung der Ge-schlechterforschung beantragt. Es war also klar: Die Leitung steht da-hinter. Ansonsten habe ich vor allem so etwas wie „verhaltene Neugier“gespürt und hier und da Stereotype wahrgenommen – es war ja etwaskomplett Neues. Bei den Studierenden ging das aber schnell in Begeis-terung über.

Begeisterung ist ein starkes Wort. Sie ist durch das Lehr angebot unddie Integration in unsere Forschungsprojekte entstanden. Unsere Stu-dierenden erfahren viel über soziale Ungleichheit und Geschlechter-verhältnisse in der Gesellschaft und speziell im Sport. Und sie bekom-men vermittelt, wie sie diese Phänomene im Alltag entdecken und ih-nen ein Stück entgegenwirken können.

Wie viele Männer und Frauen sitzen in Ihren Veranstaltungen? Das ist völlig gemischt. Wobei ich grundsätzlich Soziologie unterrich-te und dort jeweils die Geschlechterforschung einfließt. Seit vergan-genem Semester gibt es ein explizites Bachelor-Modul „Gender Stu-dies“, aber auch da ist das Verhältnis ungefähr ausgeglichen. SozialeUngleichheiten betreffen ja nicht nur Mädchen und F rauen, sondernauch Jungen und Männer. Geschlechterforschung nimmt beide Seitenin den Blick.

Der Anteil der Sportwissenschaftsstudentinnen liegt bundesweit beiknapp 38 Prozent, Tendenz leicht sinkend. Ist das in Köln anders? Nein, die Tendenz ist die gleiche: Wir haben jedes Jahr circa 560 Studienanfänger und -anfängerinnen. Der Anteil der Frauen ist seitMitte der 90er-Jahre deutlich gesunken, von etwa 45 Prozent auf eingutes Drittel heute.

Frustriert Sie das? Ich bin über diesen Trend überrascht und mich in-teressieren die Ursachen. Es gibt ger ade eine Arbeitsgruppe bei uns,die das zu eruieren versucht. Ich habe nur eine unmittelbare Wahr-nehmung und zumindest eine These. Über den Eignungstest an derDSHS wurde bei Vox und auch Sat.1 mehrfach berichtet. Die Darstel-lungen waren ziemlich martialisch und mit der Botschaft v erbunden:für harte Männer. Vielleicht haben sich einige Abiturientinnen davonabschrecken lassen. ]

Faktor Sport [ Flutlicht ] 21

KÖLNER KARRIEREIlse Hartmann-Tews hat die bundesweit einzige Professur für Geschlechterforschung im Sport. Nach einem Studium der Sozialwissenschaft undAnglistik sowie Promotion an der Universität zu Köln habilitierte sie an der Kölner Sporthochschule.Seit 1996 lehrt sie am dortigen Institut für Sportso-ziologie, dem die Gender-Abteilung zugeordnet ist.2009 erhielt die 53-Jährige, die diverse Gutachter-und Beratungsfunktionen in Wissenschaft, Sport und Politik ausfüllt, den Landespreis für „Sport und Wissenschaft" des Innenministeriums vonNordrhein-Westfalen.

„Der Anteil der Frauen ist seit Mitte

der 90er-Jahre deutlich gesunken"

Page 22: Faktor Sport - Ausgabe 4/2010

22 [ Flutlicht ] Faktor Sport

anz schön eng hier: Eine 30 Meter lan-ge Schlange hat sich vor dem Mensa-Eingang gebildet – in froher Erwartungvon Hackbraten, Fisch und Nudeln.

Viele kommen in Trainingskleidung, die Sport-taschen unterm Arm, Energie tanken nachanstrengenden Praxisstunden in der Halle.

An dieser Hochschule geht es ausschließlichum Sport, und das sieht man: In der Hallevor der Mensa werden Laufschuhe verkauft,nur wenige Studenten rauchen draußen vorder Tür, Übergewicht hat keiner. Von ihrendurchtrainierten Körpern abgesehen, begeg-net man hier aber ganz gewöhnlichen jungenLeuten. Es fällt höchstens noch auf, dass diemeisten gute Laune versprühen.

Nicht wenige fühlen sich wohl einfach richtigan der Deutschen Sporthochschule Köln.Michael Müller, 23, studiert im dritten Se-mester Sportmanagement und Kommunika-tion. Er sagt: „Das Studienangebot ist hoch-wertig, und die Ausstattung stimmt. Zudemist das Studium kein Fulltime-Job – es bleibtauch Zeit, Erfahrungen zu sammeln, dieStadt kennenzulernen und einfach Spaß zuhaben. Wer einmal hier studiert, will auf keinen Fall mehr weg.“

Die DSHS wird nicht selten „nördlichsterClub Méditerranée“ genannt. Ein zweifelhaf-ter Ruf, der jedoch mit bemerkenswertemRenommee als Wissenschafts- und Bildungs-institution einhergeht. Hier studiert man auf

hohem Niveau, findet danach fast mit Sicher-heit einen Job und bewegt sich ziemlich un-gezwungen. Vor drei Jahren standen Athletender „SpoHo“, wie sie in Köln nur genanntwird, für einen Aktkalender (Foto-)Modell,der für wohltätige Zwecke produziert wurde.Die Professoren lassen ihre Schützlinge ge-währen, weil bei aller Freiheit eine leistungs-orientierte Atmosphäre herrscht.

„Hier stellt man sich den Problemen undfindet Lösungen, statt zu jammern“, sagtWalter Tokarski, seit 1999 Rektor. Der 64-Jährige hält sich mit Fußball, Tennis und Golffit und sieht entsprechend jünger aus. SeinJob verlangt eine Hatz von Termin zu Ter-min, um internationale und nationale Kon-

G

Sie wird „nördlichster Club Méditeranée“ genannt und gilt doch als erste Bildungs- und

Wissenschaftsadresse: Ein Besuch an der Deutschen Sporthochschule in Köln.TEXT: KLAUS JANKE

„WER EINMAL HIER STUDIERT, WILL AUF KEINEN FALL WEG“

Angst vor dem Flop: Der Eignungstest ist immer noch Voraussetzung für ein DSHS-Studium. Viele Lehrende halten ihn für angemessen, viele Studiumsanwärter fürchten ihn

Page 23: Faktor Sport - Ausgabe 4/2010

takte zu Wissenschaftlern und Unternehmenzu knüpfen. Im September wurde an derSporthochschule das neue Zentrum für inte-grative Physiologie im Weltraum (ZiP) ge-gründet. „Fast kein Spaceshuttle wird in denWeltraum geschickt, ohne dass wir irgendeinExperiment dabeihätten“, so Tokarski.

Die DSHS ist die einzige deutsche Universi-tät, die sich allein dem Sport widmet – undeuropaweit die größte ihrer Art. Sie wurde1947 gegründet und hat aktuell 5000 Studie-rende aus 59 Nationen, 7 Prozent kommenaus dem Ausland. Das Bildungsangebot um-fasst vier Bachelor-, vier Master- sowie dieLehramtsstudiengänge; auch ein Promotions-studium ist möglich. An 19 wissenschaftlichenInstituten wird geforscht und gelehrt – vonerziehungs-, geistes- und sozialwissenschaft- lichen Fächern bis hin zu medizinisch-natur-wissenschaftlichen. Tokarskis Anspruch istes, in allen Bereichen den Ton anzugeben:„Wir wollen eine vorbildliche Ausbildungs-und Forschungsstätte sein.“

Dazu stellt er gerade die Weichen neu. Diegrößte Herausforderung erkennt jeder, dersich über die Gehwege zwischen den Gebäu-den bewegt oder vergeblich nach einemParkplatz sucht – die Enge ist überall. ImKampf um Räumlichkeiten geht man in derVerwaltung sogar schon zum Schichtbetriebüber. Abhilfe wird ein für das nächste Jahrgeplanter Neubau schaffen.

Hinzu kommt eine stärkere inhaltliche Ak-zentuierung. Lange Zeit hat man auch inKöln das fachliche Spektrum ausgeweitet

und alle Facetten des Themas Sportwissen-schaft abgebildet. „Nun wollen wir uns stär-ker konzentrieren und Schwerpunkte defi-nieren“, erklärt Tokarski. „Diese können zumBeispiel in den Bereichen Leistungssport,Gesundheit, Schule, Freizeit-/Breiten-/Trendsport, Sportarten und auch in der Ver-einsforschung liegen. Das ist aber noch nichtentschieden.“

Darüber hinaus sollen künftig mehr Studen-tinnen an die „SpoHo“ geholt werden – ihrAnteil ist auf rund ein Drittel gesunken (s. In-terview S. 20): „Wir versuchen in der Außen-darstellung das Bild des harten, männlich do-minierten Sportstudiums zu korrigieren, umauch mehr Frauen zu begeistern“, so Tokarski.

In der Forschung wünscht sich Tokarski einengeres Zusammenrücken mit Unterneh-

men: „Etats aus der Wirtschaft fließen indiesem Bereich bislang nur spärlich. Dabeigäbe es hier zahlreiche Anknüpfungspunkte –über die Beratung von Brillenherstellernbeim Thema Hand-Auge-Koordination biszum Test und zur Zertifizierung von Sport-geräten.“ Tokarski hat auch keine Berüh-rungsängste vor Herstellern von „Dickma-chern“. So kooperiert die Deutsche Sport-hochschule im Rahmen des Schulsport-Förderprojekts „Fit am Ball“ mit Chips-Pro-duzent Intersnack. Argumentation des Rek-tors: „Snacks oder Süßigkeiten sind ja nichtper se gesundheitsschädlich – nur wenn man zu viel davon isst oder sich parallel nichtausreichend bewegt.“ Im Übrigen sehe erdas Sponsoring pragmatisch: „Wenn eineAktion wie ,Fit am Ball‘ nicht von Intersnackgefördert wird, fördert sie niemand – unddie Chips sind trotzdem da.“ ]

„Ich will später Sportjournalist werden. Dazu erhält man hier eine sehr fundierte Ausbildung, zudem ist die Ausstattung der Hochschule sehr gut. In den ersten

zwei Semestern gibt es auch praktische Module, Turnen/Schwimmen/Leichtathletik, eine Einzelsportart und Gymnastik. Diesen Praxispart halte ich für sehr wichtig, da auch

ein Sportjournalist Erfahrung in den Sportarten haben sollte, über die er berichtet.“Michael Müller, 23, studiert Sportmanagement und Kommunikation

an der Sporthochschule Köln

Faktor Sport [ Flutlicht ] 23

Hörsaal der Prominenz: Jogi Löw nimmt Anlauf zu einer Pressekonferenz im Vorfeld eines Länderspiels – sowas gibt’s nur in Köln

Page 24: Faktor Sport - Ausgabe 4/2010

24 [ Bewegungsmelder ] Faktor Sport

Personen wurden insgesamt befragt. Und drei Viertel von Ihnen, also

fast 1700 Redakteure, vertraten eine Meinung, die mit einem gängigen

Bild aufräumt: Journalismus sei ein Traumberuf.

Sie haben nämlich den Eindruck, ihre Arbeitsbedingungen hätten sich in den vergangenenJahren verschlechtert. 53 Prozent beurteilen ihre Jobumstände aktuell als „weniger“ bis„überhaupt nicht“ gut; nur etwa ein Viertel ist (eher) zufrieden.

Das sind die Ergebnisse des fünften Journalisten-Barometers von Marketagent.com. Daswebbasierte Marktforschungsinstitut hat im Herbst Redakteure aus Deutschland (Anteil etwa76 Prozent), Österreich, Slowenien und der Schweiz befragt, von denen sich immerhin17,5 Prozent mit Sport befassen. Schwerpunktthema: „Journalisten im Spannungsfeld redak-tioneller Freiheit und wirtschaftlichen Drucks“.

Ein offenbar treffender Untertitel: 60 Prozent der Befragten gaben an, solchen Druck starkbis sehr stark zu spüren – und sieben von zehn derart Betroffenen sehen ihre Arbeit dadurchnegativ beeinflusst. Im Einzelnen geht der Druck etwa von Anzeigenkunden (41,6 Prozent),oder – etwas abgeschwächter, aber immer noch deutlich – von Interessenvertretungen undpolitische Stellen (21,6 Prozent) sowie Unternehmenssprecher oder deren PR-Agenturen(18,6 Prozent) aus. Konkret vertraten 78 Prozent die Ansicht, journalistische Inhalte würdenvermehrt zum Umfeld für Werbekunden. Über 60 Prozent empfinden, dass kritische Berichtezunehmend unerwünscht sind.

Natürlich stehen die Klagen im Zusammenhang mit der Marktlage, zumal 80 Prozent derBefragten (auch) in der durchaus geplagten Printbranche arbeiten. So beurteilt das Gros dieZukunft des Journalismus als eher (44,7 Prozent) respektive sehr (8,5 Prozent) schwierig.Die gute Nachricht ist: Mehr als drei Viertel würden den Beruf wieder wählen.

ERFOLGSFAKTOR

Die League of American CommunicationsProfessionals (LACP) hat Faktor Sport denSpotlight-Award verliehen. Bei insge- samtüber 1100 Einreichungen aus zwölf Ländern erhielt das Magazin „Gold“ in der KategoriePrint – und zählt damit 2010 weltweit zu den100 Top-Kommunikationsmedien. Mit demSpotlight-Award werden jährlich die interna-tional besten Unternehmenspublikationenausgezeichnet. Faktor Sport erscheint seitdiesem Jahr, Herausgeber sind der DeutscheOlympische Sportbund sowie die DeutscheSport-Marketing. Bei Grafik, Produktion undVertrieb unterstützt die Medienfabrik dasProjekt, im Fotobereich dpa Picture-Alliance.Das journalistisch ausgerichtete Magazin hateine Auflage von rund 10.000 Exemplarenund wird ab dieser Ausgabe bundesweit in denLounges der Deutschen Bahn ausliegen.

2212

EINFLUSSNAHME AUF DIE JOURNALISTISCHE BERICHTERSTAT TUNG

Basis: Respondenten sind Journalisten/Redakteure, die im beruflichen Alltag unter wirtschaftlichem Druck stehen,der sich unter anderem durch Einflussnahme auf die Berichterstattung äußert

Journalistische Inhalte werden zunehmend zum Umfeld für Werbekunden

Kritische Berichterstattungzunehmend unerwünscht

„Gefärbte" Berichterstattung

Trend zum Abschreiben/„Copy-Paste-Journalismus"

Trend zum „Unterhaltungsjournalismus"

Druck, die politische Mehrheits-meinung darzustellen

Sonstiges

Keine Angabe

77,9 %

60,1 %

51,1 %

48,2 %

41,6 %

n=562

11,0 %

4,3 %

0,9 %

WENN FRAUEN STIFTEN

Eine andere Erfolgsgeschichte: Die Zahl derStiftungsgründungen in Deutschland hat inden vergangenen Jahren deutlich zugenom-men. Und immer öfter stehen Frauen dahin-ter. Von den rund 914 Neuerrichtungen imvergangenen Jahr sind bereits ein Viertel aufweibliche Initiative zurückführen. In einemneu erschienenen Buch des BundesverbandesDeutscher Stiftungen stehen daher die„Stifterinnen“ im Mittelpunkt. In 26 Por-träts ergründet die Autorin Vera Bloemerderen Ziele, Visionen, praktische Erfahrun-gen und persönliche Ansätze. Unter denbürgerschaftlich Engagierten finden sich mitAnn Kathrin Linsenhoff und Sandra Völkerauch wohlbekannte Frauen aus dem Sport.Bestellung per E-Mail: [email protected];Preis: 24,80 Euro (Mitglieder 19,80 Euro)

Page 25: Faktor Sport - Ausgabe 4/2010

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Anz. Barrierefrei_4c_Faktor Sport A4_apu 19.11.2010 17:45 Uhr Seite 1

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26 [ Tribüne ] Faktor Sport

IN DIE MASSE AUSBRUCH

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Faktor Sport [ Tribüne ] 27

Leichtathletik-WM 2009: Das Stadionrund – mit Eintauchen indie Menge – als Ort ungewohntenFreiraums für die Zuschauer --›

Es scheint auf der Hand zu

liegen: Wer ins Stadion geht,

möchte einfach nur Sport

erleben. Mitnichten. Studien

zur Motivation von Zuschauern

haben zahlreiche Beweggründe

zutage gefördert. Sport ist

einer davon, aber er hat reich-

lich Gesellschaft bekommen.

Einblicke in die Fanforschung.

TEXT: ROLAND KARLE

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28 [ Tribüne ] Faktor Sport

ls Zuschauer betrachtete Karl Valentinsportlichen Wettbewerb mit geringerAnteilnahme. „Enden tat das Spiel mit dem Sieg der einen Partei“, schrieb

der Münchener Volkskomiker und ließ ein lässiges Fazit folgen: „Es war vorauszusehen, dass es so kam.“ Eine derart nebensächliche Bewertung des Sports käme dem Autor Chris-toph Biermann niemals in den Sinn. Mit feinerIronie und klarer Botschaft formulierte er denTitel seines Buches: „Wenn du am Spieltagbeerdigt wirst, kann ich leider nicht kommen“.

Einstellungen und Erwartungen von Sportzu-schauern unterschieden sich schon immer be-trächtlich. Und doch: Warum Menschen zumFußball, Tennis oder Skirennen gehen, worindie Anziehungskraft einzelner Sportarten be-steht und welchen Einfluss das direkte Umfeldeines Wettkampfs auf das Publikum ausübt,sind Fragen, die für Organisatoren und Veran-stalter lange Zeit eine Art Blackbox zu seinschienen – obwohl schon seit mehreren Jahr-zehnten zu diesem Thema geforscht wird.„Klischees, Vorurteile und Spekulationen be-herrschten die Diskussion“, sagt Hans Stollen-werk von der Deutschen Sporthochschule inKöln. Der Psychologe, einer der profiliertestenPublikumsforscher in Deutschland, hat seitEnde der 70er-Jahre annähernd 100 Studienzu 17 Sportarten ins Feld geführt.

DAS RAUSCHEN DES OZEANS

In dieser Zeit haben sich die Rahmenbedin-gungen für Sportveranstaltungen verändert,drastisch geradezu. Stollenwerk nennt alswichtigste Ursachen Aspekte wie Kommer-zialisierung und Professionalisierung, me-diale Berichterstattung sowie Emotionalisie-rung und Boulevardisierung, speziell imFußball. „Der Trend zur Eventisierung istunverkennbar, wenn auch je nach Sportartunterschiedlich ausgeprägt.“

Das ist die eine Seite des Phänomens. Dieandere beschreibt Stephan Grünewald, Psy-chologe und Geschäftsführer des Rheingold-Instituts in Köln. Er stellt zwei besondereEreignisse in den Vordergrund, die ihre Wir-kung im ablaufenden Jahrzehnt mit großerWucht entfalteten: zunächst den 11. Septem-ber 2001, der aus Angst vor einer unbere-chenbaren Welt zu einem verstärkten Rück-zug in die Familie geführt habe. Und dann –

gewissermaßen in Umkehrung – die Fuß-ball-WM 2006, durch die diese „Verschan-zungsmentalität“ überwunden worden sei.Gemeinsames Erleben, Feiern und Erleidenmacht wieder Spaß. Grünewald: „Ob Hand-ball-WM, Frauenfußball-WM oder Katholi-kentag – die Sehnsucht nach immer neuenGemeinschaftsevents ist groß.“

Der Rheingold-Forscher spricht von einem„rauschhaften oder ozeanischen Erlebnis, in einer bewegten Masse aufgehoben zu wer-den“. Im kollektiven Stöhnen, Schreien, Jubeln entsteht ein ungewohnter Freiraum.Stollenwerks Studien bestätigen das. „Eineüberwältigende Mehrheit sagt, dass man imStadion ausleben kann, was im sozialen Alltagnicht möglich ist.“ Für 80 bis 90 Prozent derFußballfans, obwohl sie zuvorderst des Sportswegen kommen, steht das Spiel für Unterhal-tung. „Ähnlich wie ein Kinobesuch.“

WER IST MEIN FAN?

Der Sport als Sinn, Freude und Gemein-schaft stiftendes Element scheint damit erklärt. Doch nicht, warum das Lagerfeuer in der einen Sportart lodert und bei der Alternative nicht einmal glimmt. Allein miteinem Hinweis „auf Regelwerk, Ästhetikoder bekannte Athleten“ lasse sich diese Be-sonderheit nicht überzeugend erklären, sagtdie Sportsoziologin Gertrud Pfister aus Ko-penhagen. Auch eine Wechselwirkung zwi-schen Sportaktivität und Zuschauerinteressesei empirisch kaum belegbar. Ehemalige Aktive seien zwar im Handball, Fechten,Dressurreiten und Geräteturnen unter denBesuchern überrepräsentiert, aber es gebekeinen Automatismus. Autorennen und Skispringen zum Beispiel sind fast reineZuschauer-Sportarten.

Weiter scheint der Deutungsansatz zu führen,der sich mit Professionalisierung und Kom-merzialisierung beschäftigt. Er vergrößert dieBrennweite, öffnet den Blick vom Sport auf die Schauplätze, die Stadien und Arenen.Hier haben sich Kriterien wie Sicherheit,Komfort und Rahmenprogramm deutlichverbessert, den Besuch für neue, sportferneZielgruppen attraktiv gemacht. „Die Zusam-mensetzung des Publikums hat sich verän-dert und dadurch auch die Atmosphäre“,sagt der promovierte Wirtschafts- und Sozi-

alwissenschaftler Carsten Schröer von Sport+ Markt aus Köln. „Angestammte Fans neh-men nun ihre Familien mit ins Stadion.“Schröer teilt die Zuschauer idealtypisch invier Kategorien: Fans, Experten, Opportu-nisten und Eventhusiasten (siehe Kasten).

Das Stadionerlebnis hat man nicht in jederSportart. Eine Studie der Uni Leipzig von2008 bestätigt weitergehende Unterschiede:Im Fußball und Motorsport ist die Frauen-quote am niedrigsten, zum Basketball kom-men die jüngsten Zuschauer und zu Galopp-rennen die ältesten. Das typische Publikumbeim Wintersport – im Alter leicht über demDurchschnitt – ist zum Großteil eventorien-tiert. „Beim Biathlon-Weltcup zum Beispielsteht die Stimmung an der Strecke mindes-tens ebenso im Fokus wie das Interesse ander sportlichen Leistung. Wer nach Ruhpol-ding fährt, will die deutschen Athleten siegensehen – und etwas erleben“, sagt Schröer.Oft verbinde der Zuschauer den Besuch derVeranstaltung mit einem verlängerten Frei-zeitaufenthalt.

A

„Eventomanie“ hin und „Partyotismus“ her, ob in einer Turnhalle in der 2. Handball-Bundesliga(oben) oder in einem modernen Fußball-stadion (Bild unten: Veltins-Arena auf Schalke),die meisten Zuschauer kommen immer nochwegen des Sports zum Wettkampf. Laut Publi-kumsexperte Hans Stollenwerk gilt das besonders für Fußball

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Faktor Sport [ Tribüne ] 29

ZURÜCK ZUM KERN

Ausgangspunkte für das Interesse an einerSportart bleiben der sportliche Erfolg undcharismatische Helden. Das klingt zunächstwie ein Widerspruch zur These der Sportso-ziologin Pfister, die sagt: Helden locken nicht die Massen. Das stimmt, sofern Triumphund Persönlichkeit sich nicht die Hand reichen. Eins allein funktioniert nicht – odernur selten.

Als Beispiel für das Zusammenwirken not-wendiger Faktoren mag der alpine deutscheSkisport herhalten. Sympathische Athletenmit Strahlkraft hat er seit längerer Zeit undPotenzial sowieso, wie Schröer betont: „Historisch bedingt war das Interesse schonimmer vorhanden.“ Was lange fehlte, warenSiege. „Durch die jüngsten Erfolge von Maria Riesch und Viktoria Rebensburg istdieses Interesse deutlich gestiegen. Persön-lichkeiten wie Riesch oder bei den MännernFelix Neureuther können zu Aushängeschil-dern werden – und noch mehr Besucher an-

ziehen.“ „Eventomanie“ hin und „Partyotis-mus“ her, für die Mehrheit der Zuschauer sei das Interesse am Sport immer noch derwichtigste Beweggrund, einen Wettkampf zu besuchen, sagt Experte Stollenwerk undführt den Fanzuspruch auf seinen sportlichenKern zurück. Nur: Die Hingabe ist unter-schiedlich stark ausgeprägt, je nach Disziplinund Tradition des Angebots. Im Fußballscheint die Nähe der Gefolgschaft zum Geschehen nach wie vor groß – trotz der At-traktivität für neue Zielgruppen. StollenwerksUmfragen unter rund 60 Zuschauerfraktio-nen in den vergangenen 20 Jahren haben empirisch belegt, dass 90 bis 95 Prozent der Besucher sowohl Fans der Sportart als auchFans einer der beiden Mannschaften sind.

Anders verhält es sich beim Publikum ver-pflanzter Veranstaltungen: Vor einigen Jah-ren landeten American Football, Handballoder Basketball neu beziehungsweise nachlängerer Pause in modernen Arenen städti-scher Zentren, wie in Köln. In solchen Fällenbesteht, gerade zu Beginn, ein weit über-

durchschnittlicher Teil des Publikums ausneutralen und fachfremden Zuschauern, dievon der Lust auf Neues getrieben werden.Die enthusiastischeren Fans kommen dannhäufig von weiter her. Beispiel Handball: vonGummersbach nach Köln oder von Lübecknach Hamburg.

Am Ende aber reichen die Erklärungsmusterdoch nicht ganz, um die verschachtelte Beziehung von Fan zu Sportart und Sportartzu Fan auszuleuchten. Deshalb sei an dieserStelle erneut auf Stollenwerk Bezug genom-men. Er versucht die Zerrbilder der Wirk-lichkeit auf deren mediale Vermittlung zu-rückzuführen. Der Fanforscher verweist aufGalopprennen, bei denen stereotype Auf-nahmen von Frauen mit ihren extravagantenHüten die Stilisierung des Sportereignisseszum Treffpunkt der High Society begünsti-gen. „Dabei stellen sie im Vergleich zumGesamtpublikum eine Minderheit dar“,sagt Stollenwerk. Leidenschaft ist also auchhier zu finden, nur nicht immer vor derKamera. ]

IM WECHSEL DER IDENTITÄTENSport + Markt skizziert vier idealtypi-sche Kategorien von Sportzuschauern,die „in der Realität freilich nicht so analytisch getrennt werden können undin einzelnen Personen vielfach ver-schmelzen“, sagt Carsten Schröer.

DIE FANS: Sie nehmen Partei für die eigene Mann-schaft, zu der sie auch stehen, wenn esmal nicht so gut läuft. Identifikation istihr zentrales Motiv. Der Fan ist häufig an eine Region gebunden, die er vertritt.

DIE EXPERTEN: Sie verfügen über immenses Wissen undbauen es in Geschichten zum aktuellenSportereignis ein. Sie laden den Sportfür das Publikum mit Spannung undUngewissheit auf.

DIE OPPORTUNISTEN: Sie wollen Höchstleistungen sehen,knüpfen aber nicht zwingend Bindungenzu Mannschaften oder Sportlern.

DIE EVENTHUSIASTEN: Sie sind generell stark eventorientiert,wollen beim Sport Teil des Ganzen sein.Sie picken sich die Rosinen heraus.

Stars locken jüngeres Publikum, davonkann eine Traditionssportart wie Leicht-athletik besonders zehren, wie bei derWM in Berlin. Zuschauer im Wintersportdagegen liegen im Alter etwas über demDurchschnitt, sind aber zum Großteileventorientiert

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MÜNCHEN 2018Die freundlichen Spiele

Dankeschön

Die Bewerbung um die Olympischen und Paralympischen Winterspiele 2018 bedankt sich bei ihren Nationalen Förderern, Nationalen Ausstattern und allen Freunden für die große Unterstützung.

Lasst uns alle sagen: „Ja, ich will sie!“ unter www.die-freundlichen-spiele.de

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SOUVERÄNER

FREIGEIST

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Faktor Sport [ Profile ] 33

eulich hat Dunja Hayali ein Paketaus Mönchengladbach erhalten, darin war der offizielle Clubanzug des VfL Borussia. Seitdem sehnt

sie sich danach, mal wieder auf der Tribüne ihres bevorzugten Fußball-Bundesligisten zu sitzen, „obwohl ich da sonst eher legerhingehe: Jeans, Pulli, fertig. Am liebsten steheich im Stadion, weil man so die Spannungbesser aushält.“ Mittendrin, nicht herausge-hoben, so lebt Hayali ihre Passion am liebs-ten; nicht im Verborgenen, aber auch nichtzum Fenster hinaus. Diese Leidenschaft fürden Sport braucht sie nicht erst zu erfinden.

Daheim in Datteln, nahe Recklinghausen,setzte sie schon dem Ball nach, bevor sie indie Schule kam. „Das lag am Sohn unsererHaushälterin, in den ich unsterblich verliebtwar. Der war Gladbach-Fan und hat immermit mir gekickt.“ Später spielte sie in derMädchenauswahl des Gymnasiums und belegte an der Sporthochschule Köln dasFach Fußball. Überhaupt gefiel ihr jedeSportart, solange nur ein Ball im Spiel war.

„Ich lasse mich ungern einengen. Darumwar das Studium an der Sporthochschuleauch perfekt. Man konnte an der größten

Freizeituni der Welt, wie wir sie nannten,einfach alles ausprobieren.“

Soweit die Vorgeschichte: Sie scheint pas-send für eine Person, die Botschafterin fürdie Spiele der Fußball-WM der Frauen 2011in Mönchengladbach sein wird. Dunja Hayalihat Sport erlebt, geschwitzt und kommentiert.Insgesamt zehn Jahre lang arbeitete sie imbewegten Ressort; vom Kölner Lokalradiobis zu den Sportnews auf Deutsche Welle TV.In dieser Zeit lernte sie fast alles, was ihrnun zugute kommt, als Moderatorin etwavon „heute journal“ oder, seit kurzem, des„Morgenmagazins“ im ZDF. Jobs, mit denensich Hayali in die noch junge Tradition unterden „Anchor Women“ im deutschen Fern-sehen einreihte: Auch Maybrit Illner undAnne Will hat es vom Sport in andere Pro-gramme gezogen.

„Der Sport hat mein Leben maßgeblich be-einflusst und gestaltet. Er hat mir viele Per-spektiven eröffnet, beruflich wie privat“, sagtHayali, die in ihrem Kreuzberger Lieblings-café sitzt und zwei Tassen Earl Grey trinkt. Siefällt nicht weiter auf in ihrem Freizeit-Lookzwischen den schrägen Tapeten und all denTeilzeit-Bohemiens im Kiez. Und das ob-

wohl die selbstbewusste Tochter irakischer Eltern zu den populärsten TV-Gesichterngehört, seitdem sie im ZDF für die wichti-gen Formate besetzt wird. Ihr Name zähltjetzt etwas. Dieses Ansehen nutzt die 36-Jährige, sobald sie von einer Sacheüberzeugt ist. Mit dem 74er-WeltmeisterRainer Bonhof trommelt sie für die Frauen-WM im Borussia-Park, in dem sie frühernach Spielende als Livereporterin Stim-men gesammelt hat. Und mit Stars wieRufus Beck, Ulrich Wickert und PeterHärtling bezieht sie in der Kampagne desVereins „Gesicht Zeigen! Für ein welt-offenes Deutschland“ Stellung gegenFremdenfeindlichkeit und Rassismus.

Die Hayali wirkt in diesen Tagen passend,wo immer sie gerade steht. Im „Morgen-magazin“ ist sie die saloppe, stets profundeGastgeberin, die mit Co-Moderator ChernoJobatey zum Frühstück das schmeichel-hafte Bild eines lockeren, weltoffenenDeutschlands befördert. Im „heute jour-nal“ dagegen trat sie bis zum vorläufigenEnde ihres Engagements im Herbstmanchmal so seriös wie eine Businesstanteaus der Senator-Lounge auf. Die vielenTattoos hätte da keiner unter ihren Hosen-

N

Dunja Hayali ist als TV-Moderatorin eine Marke. Trotz ihrer

Popularität hat sich die 36-Jährige zwischen Fernsehstudio,

öffentlicher Erwartung und Berlin-Kreuzberg ihre persönliche

Freiheit bewahrt – und die Leidenschaft zum Sport. TEXT: BERTRAM JOB

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anzügen vermutet. Bis sie zur Verleihung desDeutschen Fernsehpreises Anfang Oktoberim ausgeschnittenen Kleid erschien – mit ihrer Lebensgefährtin Mareike im Schlepptau.

„Ich bin halt Zwilling, ich hab´ zwei Ge-sichter. Und an dem Abend hatte ich Lust,ein Kleid zu tragen ... Ich mag meine Tattoos, finde es nicht besonders verrückt,welche zu haben. Aber auf dem Bildschirmhaben sie absolut nichts zu suchen. In einigen Dingen bin ich sicher konservativerund spießiger, als viele annehmen ... DieLeute sollten einfach aufhören, in Schub-laden zu denken, und sich lieber öfter malüberraschen lassen.“

Das kommt nicht beleidigt, eher amüsiert. Vonzu Hause ist sie es gewöhnt, so sein zu dürfen,wie ihr gerade ist. Für Hayali, die als Nest-häkchen ihrer Familie am oberen Rand desRuhrgebiets aufwuchs, war das Alltag. „MeineEltern haben Integration einfach gelebt“, sagtsie. „Das war immer ein Haus der offenenTüren. Es war egal, wo die Leute herkamen;Hauptsache, man hatte sich was zu sagen undabends was zu feiern.“ Niemand rieb sich an ihrem heftigen Interesse für den Sport, imGegenteil: Nach den ersten Versuchen imJudo probierte sie sich im Tennis, und als sieimmer besser spielte, chauffierte der Vater sie zu den Matches. Bis der Teenager das„irgendwie unspannend“ fand und auf dieTennisschule verzichtete. Aber nur darauf.

„Von da an hab’ ich überlegt, wie man an diese Leute rankommt. Ich fand den Tennis-Zirkus interessant, die ganzen Geschichtenhinter den Sportlern, und dachte: Dann wirst

du eben Journalistin.“ Also wählte sie an der„Spoho“ den Schwerpunkt Publizistik undversuchte sich nebenher in allen möglichenDisziplinen, wie etwa dem Fechten. „Wirsind in diese verschwitzten Anzüge gestiegen,das war ekelhaft“, sagt sie, „aber auch wiederegal, weil es so einen Spaß gemacht hat.“Dann folgten Jahre zum Durchbeißen unterLeichtathleten und Fußballern, die einerneugierigen Frau noch immer nicht ohneWeiteres Kompetenz zugestehen. „Wenn manaber gescheite Fragen stellt, sind sie einerFrau gegenüber vielleicht sogar zugänglicher“,sagt Hayali. Und es kamen die Momente, in denen die Zukunft auf der Kippe stand –nur dass jeder Rückschlag eine neue Chancefür sie einleitete. Erst die Kündigung durchsLokalradio eröffnete das Zeitfenster für einPraktikum beim WDR. Erst die Insolvenz eines Subarbeitgebers brachte sie dazu, sichfür die Nachrichtenredaktion von DeutscheWelle TV zu bewerben.

„Ich dachte zuerst: Was soll ich denn da?Dann war ich aber doch beim Casting, undzwei Wochen später saß ich in Berlin, hatteeine neue Wohnung und ein neues Leben.Ein halbes Jahr später kam der erste Anrufvom ZDF.“

Das soll bedeuten: Sie wurde nicht einfachdurchgewinkt, weil sie einen Migrations-hintergrund hat – und dazu diesen nicht an-trainierten, androgynen Charme. Sie hat esgeschafft, weil sie immer einmal mehr aufge-standen als hingefallen ist, was unterm Strichdie wichtigste Disziplin bleibt. Wie im Sporteben. „Ein Tennismatch dauert mehrere Sätze, und ich hab’ immer versucht, mich ins

Match zurückzukämpfen – egal, wie aus-sichtslos der Spielstand ist. Ich verliere ein-fach sehr ungern, und ich hab’ ein dickes Fell.Ist doch eine ganz gute Kombi. Nichtsdesto-trotz bin ich in gewissen Dingen sehr sensibel.Wenn es um meine Familie und mein Umfeldgeht, kann ich auch die Krallen ausfahren.“

Es war also durchaus sportlich, sich zu be-haupten und dabei ab und zu nach oben zusehen: „Wenn du Bundesliga spielst, willst duim nächsten Jahr am liebsten ChampionsLeague spielen. Ich suche ja immer von selbstden nächsten Kick.“ Das erste „heute jour-nal“ an der Seite von Claus Kleber war schon„wahnsinnig aufregend“, sagt sie, „aber inerster Linie hat es Spaß gemacht. Es gibt mirein gutes Gefühl, wenn Mumm auch Selbst-überwindung einschließt.“ Beim „Morgen-magazin“ kommen die Herausforderungennun im Tagesrhythmus: Heute DFB-ChefTheo Zwanziger, morgen Deborah Anne Dyeralias „Skin“, Frontfrau von Skunk Anansie.

Es sind die ganz besonderen Seiten ihres Jobs,wenn Hayali als Interviewerin ihren persönli-chen Popikonen begegnet, „irre“ sagt sie dazu.Nur zu gerne würde sie mal auf Steffi Graftreffen, die nach ihrer Karriere „unglaublichsympathisch und bodenständig“ wirke.

Für einen Moment klingt es so, als kommeWehmut über ihre eigene, abgebrocheneLaufbahn im Tennis auf. Dunja Hayali lässtden Blick kurz über die Tapeten wandern,bevor sie sich wieder zur Grundlinie begibt:„Natürlich denkt man manchmal: Was wäregewesen wenn ..? Aber ich hab’ ja meinenTraumjob.“ ]

GEFRAGTES TV-GESICHTDUNJA HAYALI

Sie hätte auch Tennisprofiwerden können. Oder Sport-

lehrerin. Stattdessen hat esdie 1974 in Datteln geborene

Dunja Hayali vorgezogen,nach dem Sportstudium über

ihr Lieblingsthema zu berich-ten. Kein Umweg, sonderneine gute Schule für ihren

aktuellen Job als Moderatorindes „Morgenmagazins“

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38% der Deutschen sind

Bewegungsmuffel.

62% nicht. Sport im Verein.

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36 [ Spiegelbild ] Faktor Sport

ANTJE VON DEWITZMARIE-LUISE PROBST-HINDERMANNNICOLE LEDER

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DIE BEWEGTEN FRAUENSo wenig durchschnittlich ihre Leben verlaufen, so symptomatisch

ist manche Schwierigkeit, der sie begegnen: Antje von Dewitz, Nicole

Leder und Marie-Luise Probst-Hindermann üben sportliche Berufe

aus, die sie irgendwie mit dem Muttersein vereinbaren müssen.

TEXT: ELKE RUTSCHMANN

Faktor Sport [ Spiegelbild ] 37

ie CSU hat sie erstmal hinter sich,Kristina Schröder und Alice Schwarzerauch, der Sport steckt mittendrin: ineiner Frauendebatte. Laut einer Studie

gingen den rund 91.000 deutschen Vereinenin den vergangenen Jahren besonders vieleweibliche Mitglieder zwischen 27 und 40Jahren verloren. Nicht dass Vereine, Verbändeund DOSB dem Thema den Rücken kehrten;Letzterer begegnet dem Trend mit der Kam-pagne „Sport bewegt Familien – Familienbewegen den Sport“. Aber erstens bemühensich auch Fitness-Studios und andere Ein-richtungen um die Zielgruppe, zweitens sinddie Ursachen wohl weniger im Sport zu suchenals in der gesamtgesellschaftlichen Realität.

Die Unternehmerin Antje von Dewitz (38), dieTriathletin Nicole Leder (39) und die Landes-turntrainerin Marie-Luise Probst-Hindermann(42) folgen sehr verschiedenen Lebensentwürfen.Sie sollen hier nicht als Vorbilder, schon gar nichtals Kämpferinnen für oder gegen eine Sache vor-gestellt werden. Sondern als berufstätige Mütter,denen die gemeinte gesellschaftliche Realität inder einen oder anderen Facette begegnet.

DIE FAMILIENFREUNDIN

Nein, es versteckt sich keine echte Leistungs-sport-Vergangenheit in der Vita von Antje von Dewitz. Aber die Geschäftsführerin des Bergsportausrüsters Vaude in Obereisenbachbei Tettnang hat in ihrer Jugend auf gutem Niveau Tennis und Handball gespielt. „Inmeinem beruflichen Alltag gehe ich oft anmeine Belastungsgrenze“, erzählt sie. „Da hilftmir natürlich die Erfahrung aus dem Sport.“

Antje von Dewitz sitzt im Zug nach Frankfurt.Sie nimmt dort an einer Diskussionsrundezur ethischen Verantwortung in Unternehmenteil. „Das sind Sachen, die mir auch Spaßmachen“, sagt sie. Sie wird bei einer Freundinübernachten. Ein Abend zum Plaudern undGenießen. Solche Momente der Ruhe sindkostbar im Leben der blonden Gipfelstürme-rin. 2009 übernahm die vierfache Mutter dieGeschäftsführung von ihrem Vater Albrechtvon Dewitz. Wie fühlt es sich an, wenn manals „Miss Perfect“ überall gelobt und von der„Wirtschaftswoche“ gar zu einer „First Lady“gekürt wird? „Ich weiß, dass ich als Frau in

einer Führungsposition mit vier Kindern eineNische besetze, und kann diese Dinge durchaus einordnen“, sagt Antje von Dewitz.

Als sie 1999 zum ersten Mal schwanger war,konnte sie es sich nicht vorstellen, mit Kind zuarbeiten. „Das lag auch daran, dass ich keineweiblichen Vorbilder hatte.“ Nach der Geburtder Tochter stieg sie vorsichtig wieder ein:zehn Stunden im Monat, mehr nicht. EineFreundin unterstützte sie. Die Zeit reichte,ein Projekt anzustoßen, das der Mutter vonDewitz wohl ebenso entspricht wie derUnternehmerin von Dewitz. Sie griff die Ideeihres Vaters auf und gründete ein firmen -eigenes Kinderhaus. In der ländlich-konser-vativen Region nicht weit vom Bodenseebrachte ihr das zunächst Überzeugungsarbeitein. Heute werden dort 28 Kinder betreut.

Dank der Kita und flexiblen Arbeitszeitmo-dellen sind 60 Prozent der Beschäftigten amStandort Frauen, die auch in Teilzeit als Füh-rungskräfte arbeiten. Vielleicht ein Grund, wes-wegen die Nutzer von Utopia, Online-Platt-form für strategischen Konsum, Vaude kürzlichzum nachhaltigsten Unternehmen 2010 wähl-ten (im Sommer hatte der Ausrüster den Beitrittzur Fair Wear Foundation beschlossen, eineNon-Profit-Organisation zur Verbesserungder Arbeitsbedingungen in der Textil- undBekleidungsindustrie). Ganz sicher eines derMotive für das Familienministerium, die Firma2008 als eines der zwölf familienfreundlichstenUnternehmen in Deutschland auszuzeichnen.

Wie freundlich aber ist die Firma für die eigeneFamilie? Die Rollenverteilung funktioniert of-fenbar: Der Lebensgefährte von Antje von De-witz arbeitet vormittags und kümmert sich dannum die Kinder. Darüber freuen sich vor allemdie beiden Jungs. Sie selbst würde gern wiedermehr Tennis mit ihrer älteren Tochter spielen,im heimischen Verein. Das kommt zu kurz.

Nicht dass wasserdichte Rucksäcke, recycel-bare Kletterkleidung und vier Kinder jegli-chen Platz nähmen, um an den eigenen Körper, das eigene Befinden zu denken. „Ichhabe mir den Sport ins Haus geholt und einenYogalehrer eingestellt“, sagt Antje von Dewitz.Yoga ist für sie eine kleine Flucht aus stickigenKonferenzräumen und nicht enden wollendenE-Mail-Anfragen. „Das erdet so schön.“Weitere Kraft holt sie sich beim Laufen.

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38 [ Spiegelbild ] Faktor Sport

Dazwischen geht sie einkaufen und holt dasLaufen nach, wenn sie es morgens nicht ge-schafft hat, oft bis zu zwei Stunden. „Darausziehe ich meine Kraft und entwickle neben-bei neue Trainingspläne.“ Guti Probst-Hindermann bezeichnet sich als unruhigenGeist. „Damit stresse ich meine Umgebung.Meine Ehe hat das nicht ausgehalten.“

Seit zehn Jahren ist sie alleinerziehend. Die Frau mit dem Pferdeschwanz und ihrEx-Mann Thomas steckten noch im Studi-um, als Marie-Sophie geboren wurde. Mit-hilfe einer Tagesmutter und eines Krippen-platzes schafften beide ihr Examen. Dannkam Giulia und 1998 Lilli. „Damals warenwir ein perfekt organisiertes Team“, sagt GutiProbst-Hindermann. Sie hatte eine halbeStelle beim STB und war (bis 2005) Dozen-tin an der Uni Tübingen, ihr Mann arbeitetehalbtags als Journalist. „Wir haben uns oftauf einem Parkplatz zwischen Tübingen und Stuttgart getroffen, und ich habe Lilli gestillt.“ Die Mädchen wurden immer mit indie Turnhallen geschleppt. „Sie hatten keineWahl. Ich weiß nicht, was ich gemacht hätte,wenn sie lieber Querflöte gespielt hätten.“

Inzwischen haben es sich die vier Hinder-mann-Frauen eingerichtet in ihrem prallen,anstrengenden Leben. Sportsoldatin Marie-Sophie und Giulia gehören zum DTB-Kader,Lilli springt Trampolin. Es wird viel trainiert,sehr viel, inklusive samstags und in den Fe-rien. Und zehn Jahre lang war Guti Probst-Hindermann auch noch ehrenamtlicheSportwartin beim STB. „Mich plagt schon hinund wieder ein schlechtes Gewissen.“ Sie hatGlück, dass ihre Mädels sehr selbständig undaußerdem hervorragende Schülerinnen sind.Einmal die Woche kommt die Powerfrau zurRuhe. Am Donnerstagabend sind die Kinderbeim Vater. Da gönnt sich Guti Probst-Hin-dermann einen Saunaabend mit ihrem Le-bensgefährten Robert Mai. Er ist Landes-turntrainer, er passt perfekt in ihre Welt.

SPITZE, SCHWANGER, SPITZE

Es gibt im Vergleich zu früher viele Frauen,die Sport zu ihrem Beruf machen. Es gibt einige, die aktiven Sport zu ihrem Beruf machen. Aber es gibt wenige, denen gelingt,was Nicole Leder gelungen ist: Die Triathletin hat ihre Karriere nach Schwangerschaft und

Ihr Job setzt ein gewisses Quantum an Fitnessvoraus. Gut, wenn sie diesem Anspruch gerngenügt. Noch schöner, wenn er sich mit privatenWünschen vereinbaren lässt. An den Wochen-enden geht die Familie wandern, klettern, Radoder Kanu fahren – Umsetzung eines amerika-nischen Mottos der 38-Jährigen: „A family whoplays together, stays together“. Sie sagt: „Dasschweißt uns zusammen.“ Die Karriere, die Familie, der Sport: Im Leben von Antje von Dewitz fügen sich diese Elemente auffallend oftineinander. Im Sommer geht sie gern schwim-men, im eigenen Freibad sozusagen. Die Kom-mune wollte das Bad 2006 wegen Geldmangelsschließen. Vaude sprang ein, übernahm den Betrieb auf Probe und, da sich das neue Konzeptbewährt hat, bis auf Weiteres. Neues Konzept?Obereisenbach hat jetzt ein Familienbad.

DAS SCHNELLE LEBEN DER GUTI P.

Ihr Arbeitsplatz ist Hort ihres Hobbys undFamilientreffpunkt. Oft hat Marie-LuiseProbst-Hindermann gemeinsam mit ihrendrei Töchtern – Lilli ist 12, Giulia 16, Marie-Sophie 19 – in der Sporthalle gestanden. Seit 2005 arbeitet die 42-jährige Sportwis-senschaftlerin als hauptamtliche Landes-trainerin beim Schwäbischen Turnerbund(STB). Jetzt sitzt sie im Restaurant einesVereinsheims gleich neben dem Kunstturn-forum (KTF) in Stuttgart und bestellt sich einen Cappuccino. Auf dem Tisch liegt eineangebissene Karotte.

Marie-Luise Probst-Hindermann, die vonihrem Umfeld nur „Guti“ gerufen wird, hatnicht viel Zeit – die hat sie fast nie. Um 5.25Uhr ist sie heute aufgestanden in ihrer Woh-nung in Tübingen. Sie hat Lilli ins Wirtem-berg-Gymnasium nach Stuttgart gefahren,eine Eliteschule des Sports; normalerweisesitzt Giulia mit im Auto, die in Rotterdam gerade ihre ersten Turn-Weltmeisterschaf-ten erlebt und nebenbei die ältere SchwesterMarie-Sophie trösten muss, die verletzt zuschaut. Von 7.15 bis 9.15 Uhr leitet GutiProbst-Hindermann ihr erstes Training imKTF. So ein intensiver Tagesbeginn ist keinProblem für die geübte Frühaufsteherin.„Ich liebe den Morgen.“ Wenn möglich, läuftsie bereits um 5 Uhr allein ihre Strecke. DerSolo-Sport entspannt sie, weil sie mit nie-mandem reden muss. Von 14 bis 19.15 Uhrfolgen die weiteren Einheiten in der Halle.

Geburt erfolgreich fortgesetzt. Sie hat es geschafft, aber sie versteht, warum es andereFrauen nicht schaffen. Die Probleme liegenseltener in der Rückkehr in den Sport an sichals in der Organisation des Alltags. „Das liegtdaran, dass du als Sportlerin ganz andere Betreuungszeiten als in einem normalen Jobbrauchst, und das Wochenende ist auch nochverplant“, sagt Leder.

Sie hatte die Schwangerschaft im Jahr 1998nicht erwartet, der positive Test war ein klei-ner Schock: Die Athletin bereitete sich geradeauf die Spiele 2000 in Sydney vor. Es war eineschwierige Situation, der Verband unterstütztesie nicht wie erhofft. „Man hat mich nicht ein-mal gefragt, ob ich danach weitermachenwill.“ Zehn Wochen nach der Geburt von Mia

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Faktor Sport [ Spiegelbild ] 39

„Wir haben uns oft auf einemParkplatz zwischen Tübingenund Stuttgart getroffen, und ich habe Lilli gestillt“ Marie-Luise Probst-Hindermann

absolvierte sie wieder leichtes Training, nachsechs Monaten das volle Programm.

Im Kader der Deutschen Triathlon Union(DTU) gab es für sie keinen Platz mehr. Nicole Leder fuhr auf eigene Kosten zuWeltcups, bevor sie – noch vor den Spielenvon Sydney - von der olympischen Distanzauf die Langstrecke wechselte. „Das war einGlücksfall, denn ich bin noch besser gewor-den“, sagt sie. Immer wieder wurde sie indem zehrenden Dreikampf von ihrem Bissund ihrem Talent für den Marathonlauf getrieben, der auf Schwimmen (3,8 Kilome-ter) und Radfahren (180 Kilometer) folgt.Dreimal wurde sie deutsche Meisterin, ein-mal holte sie den EM-Titel, zweimal gewannsie den Ironman in Roth, einmal in Frankfurt.Ihre beste Platzierung auf Hawaii war Zehnte.

Mia wurde zwischen Laufschuhen und Fahr-radteilen groß. Nicole Leder ist die Frau vonLothar Leder, seinerseits Spitzentriathlet.Beide sind Profis, insofern konnten sie sichihre Zeit halbwegs einteilen. Andererseits:dieser enorme Trainingsaufwand, die Reisen,das ganze Drumherum. Es ging, weil sich dieEheleute in der Betreuung einigermaßen ab-wechselten, etwa wenn der jeweils andere ei-nen Wettkampf hatte. Und die Schwiegerel-tern unterstützten sie. „Ich habe immer aufstabile Bezugspersonen für meine Tochtergeachtet“, sagt die Ironwoman.

Ein sehr mütterlicher Satz, und das ist keinZufall: Nicole, ausgeglichener, weniger be-wegt als Lothar, leistet offenbar den Großteilder Erziehungsarbeit, er kümmert sich mehrums Management. Als sie vor drei Jahrennach Hawaii fuhr, hieß es in der „FAZ“, siehabe ihrem Mann „sicherheitshalber auf dreiDIN-A4-Seiten geschrieben, woran er alleszu denken hat“. Den klassischen Sommerur-laub hat es bei Leders – das Paar ist seit 1994zusammen – nie gegeben. Nicole kommt lie-ber zu Hause in Darmstadt zur Ruhe. Sie ist39, wie er, und plant nur noch von Saison zuSaison. Sie hat den Trainingsumfang gesenkt.15 Kilometer Schwimmen, 400 auf dem Rad,70 Kilometer Laufen plus Krafttraining undMassagen, das gibt rund 25 Stunden dieWoche. Der Leistungssport ist ja nur nocheine Säule des Familieneinkommens: Seit ei-nigen Jahren geben die Leders Motivations-seminare für Manager oder Trainingskurse. ]

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DAS SPIELENDEKLASSENZIMMER

Experten predigen es, Studien belegen es, und eigentlich ist sich ja auch

die Gesellschaft einig: Schüler brauchen mehr Sportstunden

und generell mehr Bewegung. Trotzdem besteht nach wie vor großer

Nachholbedarf, besonders in weiterführenden Einrichtungen.TEXT: YVONNE WAGNER UND JASPER ROTHBAUM

40 [ Spiegelbild ] Faktor Sport

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Die einfacheren Gehirnareale steuern Sensorik und Motorik undsind die Basis für die Denkprozessein den höheren Gehirnregionen“

chule braucht Rhythmus. Das heißt ei-nen Tagesablauf, der Schülern imWechsel das richtige Maß von Kon-zentration und Pausen verabreicht. Am

besten aktive Pausen, die der Entspannungdienen und zugleich Unterrichtsinhalte fes-tigen. Aber die meisten weiterführendenSchulen in Deutschland bieten nicht einmaleine dritte Sportstunde an. Stattdessen fälltjede dritte bis vierte Lektion aus. Diese Aus-sagen basieren zwar auf der Sprint-Studievon 2005 – eine Untersuchung zur Situationdes Schulsports in Deutschland –, aber siesind wohl auf heute übertragbar.

Das ist jedenfalls die Beobachtung von Wolf-Dietrich Brettschneider, Professor an derUniversität Paderborn und Leiter der Studie.

Faktor Sport [ Spiegelbild ] 41

S

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42 [ Spiegelbild ] Faktor Sport

Entwicklung schadet: „Die einfacheren Ge-hirnareale steuern Sensorik und Motorik undsind die Basis für die Denkprozesse in denhöheren Gehirnregionen. Wenn es auf untererEbene unscharf zugeht, kann auf der höherenEbene nicht scharf gedacht werden.“ Wer sichmit Freude sportlich betätige, fördere dasWachstum von Nervenzellen in jener Gehirn-region, die für das Speichern von Lerninhaltenzuständig sei: im Langzeitgedächtnis. „Zudemunterstützt die trainierte Feinmotorik dasLernen, weil der Geist den Körper im Griff hat und nicht umgekehrt“, sagt Spitzer.

JEDE SCHULE DARF – KEINESCHULE MUSS

Um richtig pauken und sich kognitiv entwi-ckeln zu können, müssen sich Schüler jedenAlters regelmäßig austoben. Das sollte derBildungspolitik Anlass genug sein, den Ausbauvon Sport- und Bewegungsangeboten ent-schieden zu beschleunigen. Indes hat die Kul-tusministerkonferenz die Schulen über denregulären Sportunterricht hinaus nur ver-pflichtet, bis zur zehnten Klasse die Bundes-jugendspiele zu veranstalten (1979 beschlos-sen, 2004 erneuert) und Schulsportwettbe-werbe mit Vereinen zu koordinieren (1976 mitDSB beschlossen, 2003 durch beide Institu-tionen angepasst). Ob das Bildungsministeri-um eines Landes über diese Regelung hinausaktiv wird, bleibt ihm selbst überlassen.

Tatsächlich erkennen viele Bundesländer, wiewichtig es ist, Projekte mit Landessportver-bänden, Wirtschaftspartnern oder Kranken-kassen auf die Beine zu stellen. In Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg gibt es sogar Koordinierungs-stellen, um die Nachfrage der Schulen mit Vereinsangeboten zu vernetzen. Aber auch dies setzt nur einen Rahmen. Wie die Schu-len nachhaltige Angebote schaffen, bleibt ihrerFantasie überlassen. Was den Vormittag an-geht, gibt es da zwei Standardrezepte. Das einesetzt auf die Initiative Einzelner: Lehrer ge-währen zu lassen, kleine Bewegungsportionen

In der Primarstufe habe sich das Bewusstseinfür Sport deutlich verbessert, sagt der Sportwis-senschaftler. „Infolge der Sprint-Studie wurdenden Pädagogen, die fachfremd Sport unterrich-ten, mehr Fortbildungen angeboten“; darüberhätten die Kultusministerien berichtet. ÜberVerbesserungen in weiterführenden Schulenhingegen sei nichts zu vernehmen gewesen.

Besonders in der Sekundarstufe, also den Klas-sen 5 bis 10, wäre aus Sicht des Sports ein hohes schulisches Angebot wichtig. Jugendlicheentsprechenden Alters verfügen über relativwenig Freizeit, die sie mit ganz vielen konkur-rierenden Inhalten füllen können: Mit Face-book oder freiwilliger Feuerwehr, mit Klavier-spielen oder Knutschen, mit Chillen oderShoppen. Es ist das Alter, in dem Sportbegeis-terung unter Umständen im Zeitraffer welkt:Das aktive Kind von heute ist der passive Teenievon morgen. Umso problematischer, wennSportstunden gerade in dieser Altersgruppehäufig ausfallen. Die Ursache sind meist fehlende Räume respektive Hallen. Wo vieleSchüler unterrichtet werden, benötigt man vielPlatz, weil etliche Sportstunden parallel statt-finden müssen. Bei Hunderten Schülern kanndie Koordination schwerfallen – und in derSekundarstufe sind es nicht selten um 1000.

Natürlich kann es in der Bewegungsdebattenicht zuerst um das Interesse des Sports ge-hen. Und nicht nur um die Sportstunde. Esgeht um die Schüler und um Unterrichtsstruk-turen, die ihnen gerecht werden. Es gibt kaumTendenzen, die Stunden durch Bewegungs-spiele aufzulockern, obwohl dies die SchülerStudien zufolge motiviert und ihre Konzentra-tion hebt. Schlimmer noch: Zu Hause bleibendie Kids oft bewegungsarm, denn viele paukenweiter, besuchen die professionelle Nachhilfeoder „entspannen“ sich vor dem Computer.

Dass das auf Dauer ungesund ist, wird seitJahren und inzwischen von nahezu jedermannund -frau gepredigt. Manfred Spitzer, Hirn-forscher am Universitätsklinikum Ulm, kannerklären, warum es zudem der intellektuellen

in ihren Unterricht einzubauen; oder Eltern,engagierte Schüler oder ehrenamtliche Helfer,wenn sie Sportarbeitsgemeinschaften im Judo,Tischtennis oder Fußball gründen und zusätz-liche Sportelemente organisieren. Auf dieseWeise kann fast jede Schule zumindest kleineProjekte wie Pausenspaß oder Sportfeste an-bieten – die freilich nur so lange funktionie-ren, wie sich der Einzelne darum kümmert.Schulleitungen, die Sport und Bewegung fürbesonders wichtig halten, wählen deshalb dasnachhaltigere Rezept B: Sie legen entspre-chende Ziele im Schulprogramm fest.

Der Nachmittag ist ein eigenes, in Zeiten desGanztagsunterrichts zentrales Thema. Stan-dardlösung hier: mit Vereinen zusammenar-beiten. Denn sie sehen in den Schulen zu-gleich das Problem – Zeit- und damit Nach-wuchsräuber – und seine Lösung: direkterZugang zu vielen Kindern und Jugendlichen.

Teils gelingt die gemeinsame Sache, teils ge-staltet sie sich kompliziert. „Die Sportange-bote wirken oft wie Anhängsel“, sagt BorisRump, im DOSB für den Bereich Sport undSchule zuständig. Seiner Meinung nachklemmt es bei den Bildungseinrichtungen.Symptom: mangelnde Akzeptanz der Vereineals echte Partner: „Die Übungsleiter solltenin die Fachkonferenzen eingeladen werden.Dann würde vieles nicht nebeneinander her-laufen, man könnte sich auch über Schüleraustauschen.“ Diagnose: Angst vor Kontroll-verlust. Anstatt sich über neues Personal zufreuen, sorgten sich die Schulen wegen derFluktuation, so Rump - wenn StudentenKurse übernehmen, sind sie nach dem Exa-men vielleicht nicht mehr verfügbar.

ANGST VOR DER BLAMAGE

Skepsis und Scheu spielen in der ganzen De-batte eine Hauptrolle. Dorothea Beigel ist imHessischen Kultusministerium für das The-ma Wahrnehmung und Bewegung verant-wortlich, sie bildet Lehrer entsprechend fort.„Einige Kollegen sind besorgt, dass sie durch

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Faktor Sport [ Spiegelbild ] 43

Bewegung im Unterricht Zeit verlieren, diesie brauchen, um ihre Schüler zu qualifizie-ren“, sagt sie. Manche fürchteten auch diezusätzliche Unruhe. Und dann ist da nochdie Angst, sich vor den Schülern zu blamie-ren, zum Beispiel: Weil man unsportlich seioder annimmt, die lieben Kleinen seien nichtlieb genug mitzumachen.

Wie könnte man im ersten Schritt Abhilfeschaffen? Der Mediziner Dietrich Gröne-meyer plädiert dafür, Schüler in die Weiter-bildungen zum Komplex Sport und Bewe-gung einzubeziehen. Gemeinsam mit Beigelist er in dem Projekt „Schnecke – Bildungbraucht Gesundheit“ aktiv, das über die Be-deutung des Gleichgewichtssinns für Hör-vermögen und Konzentrationsfähigkeit desMenschen aufklärt. Seit einem Jahr bildet erin diesem Rahmen Jugendliche zu Gesund-heitsbotschaftern aus und sensibilisiert sieauch für Bewegung. Projektwochen, der Un-terricht oder gar Konferenzen in der eigenenSchule geben ihnen Anlass, ihr Wissen an dieAltersgenossen weiterzutragen. „Wir wollenmit den Schülern auf Augenhöhe arbeiten“,sagt Grönemeyer, „und gemeinsam das ZielGesundheit in den Mittelpunkt stellen.“ ]

WEGE ZUR BEWEGUNGHELFER UND MENTORENAls sogenannte Sporthelfer, -assistenten oder -mentoren unterstutzenSchuler ihre Lehrer im Sportunterricht, bei Veranstaltungen oder bieten selbst Sportprojekte an. Gesundheitsbotschafter bauen oft aufsolchen Initiativen auf. Sie setzen sich unter anderem fur sinnvolle Ernährung ein.

KOOPERATIONENVereinsangebote finden vornehmlich nachmittags statt und nennen sichetwa „Sport nach 1“ oder „Schule und Verein“. Weitere Impulse kommenvon außen und zielen stärker auf das Thema Gesundheit generell ab alsauf Sport im Speziellen. Einige reichen über Ländergrenzen hinaus, wiezum Beispiel das von der Bertelsmann Stiftung gestartete Programm„Anschub.de“ oder „Schnecke - Bildung braucht Gesundheit“.

ZERTIFIZIERUNGIn Hessen, Baden-Wurttemberg oder Niedersachsen versucht manSchulen einen Anreiz zu bieten, sich fur Bewegung und Gesundheitstarkzumachen, indem das Engagement mit Zertifikaten fur einegesunde oder sportfreundliche Schule gewurdigt wird.

Warum funktioniert das, was bei Grundschülern geht, an weiterführenden Schulen nicht mehr?

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44 [ Bewegungsmelder ] Faktor Sport

fast so groß wie ein Volleyball-Spielfeld, sind die Plakate, mit denen

München in diesen Wochen auf die Bewerbung um die Olympischen

und Paralympischen Winterspiele 2018 aufmerksam macht.

Ein Dutzend Motive sollen den Blick auf diejenigen lenken, die im Mittelpunkt des MünchnerKonzeptes stehen: die Athletinnen und Athleten. Der Ski-Rennfahrer Felix Neureuther warder erste, der überlebensgroß auf einer Fassade in der Nymphenburger Straße prangte. DieRiesenbanner – zu finden an stark frequentierten Straßen und Plätzen – sind eine Aktion derMünchener Immobilienwirtschaft (Immo 2018), die als Nationaler Förderer die Bewerbungunterstützt. Zur Initiative „Immo 2018“ zählen mehr als 20 Unternehmen der Branche; da-runter Architekten, Bauträger, Makler, Projektentwickler und Beratungsfirmen.

KRONE STAT T RINGE

London denkt über die Spiele von 2012 hinaus. Der Olympia-Park im Osten derStadt wird nach den Spielen den Namen der britischen Königin Elizabeth II. tragen. Olympia sei groß und wichtig. Aber, so Kultur-Staatssekretär Jeremy Hunt, es gebe in Großbritannien keine dauerhaftere Institution als die Monarchie. Ihre Majestäthabe dem Plan bereits huldvoll zugestimmt,ebenso das IOC und das NOK. Die Queenbegeht 2012 ihr 60-jähriges Thronjubiläum.

NEUE FREUNDE

Die Zahl der Förderer wächst. Ende Novem-ber hat München 2018 fünf neue „Freundeder Bewerbung“ vorgestellt: Der einzigedeutsche Ski-Hersteller Völkl, die Münz-handelsgesellschaft Deutsche Münze (MDM),Stream5 (Online-Videotechnik), das Riesser-see Hotel in Garmisch-Partenkirchen undNeumann&Müller (Veranstaltungstechnik).MDM aus Braunschweig ist schon seit ihrerGründung 1970 eng mit dem olympischenThema verbunden: Eine der ersten Prägun-gen waren die deutschen Silber-Gedenk-münzen zu den Spielen 1972. Mit elf neuenEditionen in Silber und einer in Gold unterstützt MDM nun München 2018.

ZWEI FARBEN GRÜN

Das Umweltkonzept von München 2018 hatBestnoten erhalten. Deshalb sieht DOSB-Präsident Thomas Bach Münchens Chancendurch das ablehnende Votum des Grünen-Bundesparteitags Ende November nicht ge-mindert. „Entscheidend ist die Haltung imMünchner Stadtrat, der sich mit den Stimmender Grünen zu über 90 Prozent für die Spieleentschieden hat.“ Es sei entscheidend, dasssich beim Besuch der IOC-Kommission dieFakten durchsetzten, die eine Grünen-Mehr-heit jetzt ignoriert habe. Münchens Konzeptsei das ökologisch nachhaltigste, das es jemalsgegeben habe. Für den Schutz der Umwelt seien mehr als 100 Millionen Euro vorgesehen.

140 m2

TOUR MONDIALE

Es dauert kaum noch mehr als ein halbes Jahr, dann fällt im sudafrikanischen Durban zwischen Annecy, Pyeongchang und München die Entscheidung über den Gastgeber derWinterspiele 2018. Fur Mu nchen stehen nach internationalen Auftritten in Acapulco (Mexiko), Guanghzou (China) und Belgrad (Generalversammlung der Europäischen NOK),zunächst zwei wichtige Termine in der Heimat an: Ende des Jahres ermittelt das Internatio-nale Olympische Komitee (IOC) per Umfrage die öffentliche Zustimmung zur Bewerbung.Zwischen dem 8. Februar und 4. März schließlich bereist die Evaluierungskommission diedrei Kandidatenstädte.

Danach schwärmen die Konkurrenten wieder aus. Ihr Ziel heißt Nouméa, Hauptstadt vonNeukaledonien im Südpazifik. Dort tagen vom 29. März bis zum 4. April 2011 die NOKsOzeaniens. Zwei Tage später beginnt in London die Konferenz von SportAccord, der Verei-nigung aller olympischen und nicht-olympischen Sportfachverbände. Den vorläufigenSchlusspunkt setzt der Besuch im IOC-Hauptquartier in Lausanne am 18. und 19. Mai, ehedie gemeinsame Reise im Juli in Durban endet – und nur für einen bis 2018 weitergeht.

Gruppenbild mit Athlet: Die Plakatkampagne der Initiative „Immo 2018“lenkt den Blick auf die Hauptakteure der Olympischen Spiele

Page 45: Faktor Sport - Ausgabe 4/2010

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Page 46: Faktor Sport - Ausgabe 4/2010

46 [ Puls 180 ] Faktor Sport

Vorab: Der deutsche Sport hat sich, wie vonanderen Institutionen vorgemacht, der Aufarbeitung eines wichtigen Kapitels seinerNS-Vergangenheit gestellt. Die Unabhän-gigkeit, die ich bei diesen Forschungen genoss, durfte, so die Geschäftsgrundlagedes Projekts, auch durch einen sogenannten„Projektbeirat“, der mir an die Seite gestelltwurde, nicht angetastet werden. „Der Projektbeirat“, erklärte Michael Krüger zu Beginn der Forschungsarbeit program-matisch, „wird diese Arbeit unterstützen,ohne den Biographen in seiner Arbeit zubeeinflussen beziehungsweise ohne Einflussauf sein Urteil nehmen zu wollen“ (MichaelKrüger, Leben und Werk Carl Diems: Ein

Forschungsprojekt des deutschen Sports, in:DSB-Jahresmagazin 2004/05, S. 110–113,hier 113).

Inzwischen ist die „Herkulesaufgabe“ (ebd.,S. 112) fast bewältigt: Drei Bände meinerDiem-Biografie liegen vor, der vierte undletzte wird demnächst erscheinen. Aber wiees bei dicken Büchern so ist: Sie werden oftnicht gelesen, noch öfter missverstanden.Die Studie ist zu einer Apologie umgedeutetworden! Das verlangt nach einer Richtig-stellung.

Meine Forschungsergebnisse belasten Diemin vielen Punkten: Schon in der Endphase

der Weimarer Republik streckte er Fühler zurNSDAP aus. Während der Gleichschaltungder deutschen Sportverwaltung 1933/34diente er sich dem Regime an und bemühtesich um den Posten des Reichssportkommis-sars. Ab 1935 feierte er die „Erfolge“ Hitlersbei der Revision des Versailler Vertrages;1940 jubelte er nach dem Sieg über Frank-reich im „Reichssportblatt“ (25. Juni 1940):„So kam es zum Sturmlauf durch Polen,Norwegen, Holland, Belgien und Frankreich,zum Siegeslauf in ein besseres Europa!“

1939 übernahm Diem kommissarisch dieLeitung der Auslandsabteilung beim „Nationalsozialistischen Reichsbund für

Wie soll mit der öffentlichen Erinnerung an Carl Diem umgegangen werden?GASTBEITRAG VON FRANK BECKER

ede Generation muss sich die Vergangenheit selbst aneignen,um sich ihrer Wurzeln klar zu werden und sie mit Gegenwartund Zukunft zu verbinden. Der Blick zurück kann Themen undPerspektiven verändern, er kann schmerzhaft sein, und Teile

des deutschen Sports haben ihn lange gescheut. Im Lauf der Zeit riefdas zunehmend öffentliche Kritik hervor. Seit den 80er-Jahrengalt – und gilt – die Debatte vor allem der Frage: Wie sollen wir mitdem Namen Carl Diem und der öffentlichen Erinnerung an ihn umgehen?

Carl Diem war der wichtigste deutsche Sportfunktionär zwischenKaiserreich und Bundesrepublik. Zumindest darin sind sich Freun-de, Kritiker und Wissenschaftler einig. In vier Epochen der neuerendeutschen Geschichte prägte er Turnen und Sport. Eine schillerndePersönlichkeit mit viel Licht, aber auch Schatten. Denn wie, vor al-lem, ist seine Rolle im Nationalsozialismus zu werten? Darum drehtsich die Auseinandersetzung nach wie vor. Und in diesen Tagen soheftig wie lange nicht.

Nicht nur, dass Städte prüfen, ob sie Straßen, Wege, Plätze oderSportanlagen umbenennen sollen, die den Namen Carl Diem tragen,wie jüngst etwa Neuss, Heinsberg, Reutlingen und Münster; Höhe-punkt war gewiss der Streit um den Kölner Carl-Diem-Weg, Haus-

DER STREITFALLDIEMEr war eine zentrale Figur des deutschen

Sports, das ist klar. Und wohl kein National-

sozialist im engen Sinne. Im Weiteren

aber gibt Carl Diem Historikern Anlass zu

heftiger Debatte, auch und gerade infolge

des jüngsten Forschungsprojekts.

TEXT: JÖRG STRATMANN

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Faktor Sport [ Puls 180 ] 47

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Leibesübungen“. Dort arbeitete er eng mitReichssportführer Hans von Tschammerund Osten zusammen und stellte die inter-nationalen Aktivitäten des deutschen Sportsin den Dienst der NS-Propaganda. Zudemtrat Diem in den Vorstand der „Deutsch-Italienischen Gesellschaft“ ein, die das Ver-hältnis zwischen den „Achsenpartnern“Deutschland und Italien verbessern sollte.Parallel veröffentlichte Diem in Goebbels’Hauszeitschrift „Das Reich“ und andernortsTexte, die Topoi der NS-Propaganda ver-wendeten. Spätestens im Sommer 1943 warer über den Holocaust informiert. Trotzdemäußerte er noch Ende 1943 sein Bedauerndarüber, im Frühjahr nicht als Nachfolger

des verstorbenen Tschammer Reichssport-führer geworden zu sein, also politischeVerantwortung im NS-Staat übernommenzu haben.

Auch weiterhin übererfüllte Diem seinSoll: Bei Kriegsende meldete er sich frei-willig zum Volkssturm – er war bereits 62Jahre alt, eine Dienstpflicht bestand nurbis zum 60. Lebensjahr. Als Volkssturm-mann hielt er am 18. März 1945 auf demBerliner Olympiagelände eine Rede vorHitlerjungen, die diesen – angesichts derbevorstehenden Kämpfe mit der Roten Armee – das Vorbild der tapferen Spartanervor Augen stellte. Ein Befehlsnotstand,

der Diem zu dieser Durchhalterede vorKindersoldaten gezwungen hätte, ist nichtnachweisbar, ja in Anbetracht der Umständehöchst unwahrscheinlich. Nach 1945 zeigte Diem weder Reue, noch war er bereit, sich überhaupt in irgendeiner Formmit seinem Verhalten in der NS-Zeit auseinanderzusetzen. Stattdessen vertuschteer seine eigene Verstrickung, so gut er es vermochte, und stellte sich als Opfer desHitlerregimes hin.

Wie soll vor diesem Hintergrund mit der öffentlichen Erinnerung an Diem umgegan-gen werden? Grundsätzlich gilt, dass die Wissenschaft selbst keine moralischen

anschrift ausgerechnet des Carl-und-Liselott-Diem-Archivs derDeutschen Sporthochschule, deren Gründungsrektor Diem von 1947bis zu seinem Tode 1962 war. Seit 2007 heißt die Straße „Am Sport-park Müngersdorf“.

Diskutiert wird auch die Grundlage, auf der solche Entscheidungengefällt werden: Sie ist nach wie vor nicht recht tragfähig. Das habenselbst die jüngsten Ergebnisse der Diem-Forschung nicht geändert,die von den beteiligten Geschichtswissenschaftlern höchst unter-schiedlich ausgelegt werden. Was als Abschluss der Debatte gedachtwar, ist Ausgangspunkt für weitere Runden des zähen, mittlerweileauch persönlich gefärbten Ringens um die Deutungshoheit gewor-den, das seit gut 15 Jahren anhält.

Mitte der 90er-Jahre hatte der damalige Deutsche Sportbund(DSB) eine Expertenkommission eingesetzt, die das Wirken Diemsuntersuchen, bewerten und ihre Erkenntnisse zu einer Empfehlungbündeln sollte. Sie kam – wie der gleichzeitig von der Sporthoch-schule Köln beauftragte Historiker Hans Joachim Teichler – zu demErgebnis: Diem war „deutschnational“ eingestellt, auch opportunis-tisch, aber weder Nazi noch Rassist oder Antisemit; seine Verdiensteum den deutschen und olympischen Sport und den Aufbau der deut-schen Sportwissenschaft stünden außer Zweifel. Deshalb solle der --›

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48 [ Puls 180 ] Faktor Sport

Urteile fällt. Die Entscheidung, eine be-stimmte Bombe nicht zu bauen, geht nichtaus physikalischen Formeln hervor; es ist der Physiker als moralisch urteilendes Indi-viduum, das eine solche Entscheidung trifft.Ich schlüpfe also aus der Rolle des Wissen-schaftlers in die Rolle des Bürgers, der einemGremium angehört, das über die Umbenen-nung einer Diem-Straße entscheiden soll.Natürlich bin ich gegenüber allen anderenBürgern privilegiert durch die Sach- undQuellenkenntnis, die ich von 2005 bis heuteerworben habe.

Um meine Auffassung zu erläutern, will ichzunächst auf neueste Gerichtsurteile hinwei-sen, die festgestellt haben, dass jede Stra-ßenbenennung nur auf Zeit erfolgt; bei einerUmbenennung handelt es sich um die nüch-terne Beendigung einer – niemals für die

Ewigkeit gewährten – besonderen Ehrungeiner Person (FAZ vom 05.08.2009, Nr. 179,S. 31). Man hat Straßen nach Diem benannt,als man seine Verdienste um den Sport imBlick hatte, ohne seine Verstrickung in denNationalsozialismus zu kennen. Inzwischenweiß man jedoch um diese Verstrickung. Im Jahre 2010 befindet sich die Debatte zurNS-Erinnerungskultur in Deutschland aufeinem Stand, der nur das Urteil zulässt: Persönlichkeiten, die sich gegenüber demNationalsozialismus so verhalten haben wie Diem, können keine Vorbilder sein. Die abschließende Empfehlung lautet also: Benennt die Diem-Straßen um! ]

DSB die Tradition pflegen, beispielsweise in Form der Carl-Diem-Plakette, die seit 1953 als DSB-Wissenschaftspreis vergeben wurde.Dieser Empfehlung schloss sich das DSB-Präsidium 1996 an.

Gleichwohl dauerte die öffentliche Diskussion fort. Deshalb gab derDSB gemeinsam mit der Sporthochschule Köln eine wissenschaftli-che Biografie Diems in Auftrag, nach den Standards moderner Geschichtswissenschaft verfasst. Ein Beirat aus Sportwissenschaft-lern und Historikern, darunter Professoren wie Teichler, GertrudPfister aus Kopenhagen, der Tübinger Ommo Grupe und derMünsteraner Michael Krüger, übertrug die Aufgabe 2005 dem habili-tierten Geschichtswissenschaftler Frank Becker, finanziert mit einemDrei-Jahres-Stipendium der Alfried–Krupp-von-Bohlen-und-Halbach-Stiftung. Becker kündigte eine Biografie in vier Bänden an.Zwei Bände erschienen 2009, ein dritter Anfang 2010, der vierte sollin Kürze folgen.

Seit 2006 hat der Deutsche Olympische Sportbund das Projekt vomDSB übernommen. Muss er nun dessen Beschluss von 1996 revidie-ren? Der Beirat sagt: nein. Vor allem auf Grundlage des zweitenBandes Beckers, der unter anderem Diems Karriere während desNationalsozialismus behandelt, schrieben die Wissenschaftler eineEmpfehlung, die der von 1996 sehr ähnelt. Auch eine Umbenennung

von Carl-Diem-Straßen, -Sportplätzen und –Turnhallen sei nichtzu begründen. Doch der Schlussstrich ist damit nicht gezogen. DerBeirat zeigt sich in seinem Bericht vom März 2010 enttäuscht vonder - wie die Wissenschaftler meinen - konventionellen Art Beckers,die Aufgabe anzugehen. Er biete keine neuen Erkenntnisse. Auchder DOSB bekommt sein Fett weg. Weder Grupe noch Krüger können jedenfalls die Entscheidung des Präsidiums gleich nachGründung des neuen Dachverbandes nachvollziehen, sämtliche mitNamen verbundene Auszeichnungen und Ehrungen nur noch alsDOSB-Preise zu vergeben, also auch die frühere Carl-Diem-Plakette. Dabei ging es dem DOSB-Präsidium nicht um eine „LexDiem“, sondern um Grundsätzlicheres: nämlich eine generelle Verbindung von Preis und Zusammenhang zu schaffen - etwa beimDOSB-Wissenschaftspreis.

Und nun? Nun meldet sich Becker seinerseits zu Wort. Im Anhangseiner Bände hat er es „den jeweils betroffenen Bürgerinnen undBürgern in den zuständigen politischen Gremien“ überlassen,Schlüsse aus seiner Forschung zu ziehen. Im folgenden Beitrag für„Faktor Sport“ schlüpft er selbst in diese Rolle. Dabei kommt Becker,„privilegiert durch die Sach- und Quellenkenntnis“, zu einem eindeutigen Urteil, das – so viel sei verraten – eines klarmacht: DerStreit um den wichtigsten deutschen Sportfunktionär lebt weiter. ]

Startschuss für die Sporthochschule in Köln am 29. November 1947, der Carl Diem bis zu seinem Todim Jahre 1962 als Rektor vorstand

Page 49: Faktor Sport - Ausgabe 4/2010

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Page 50: Faktor Sport - Ausgabe 4/2010

50 [ Vermittlungskunst ] Faktor Sport

DER GETEILTE BLICKDer Plan der Politik, öffentlich-rechtliches Programmsponsoring nur noch bedingt

zuzulassen, treibt den Sport um. „Ungerecht!“, lautet der Hauptvorwurf, den die Marktteil-

nehmer erheben. Dem lässt sich auch bei genauer Betrachtung schwer widersprechen.

TEXT: NICOLAS RICHTER UND MARCUS MEYER

anche Themen verhalten sich wie kör-perliche Gestalten: Erst wenn manihnen nahe kommt, erkennt man ihrewahre Form und Größe. Die Beschrän-

kung von Programmsponsoring im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ab 2013 ist so ein Thema.

Der im Oktober von den Ministerpräsidentenverabschiedete Entwurf zur Änderung desRundfunkstaatsvertrags (siehe Kasten) hateine Debatte entzündet, an der vor allemSportverbände, Vermarkter, Sponsoren sowiedie öffentlich-rechtlichen Sender teilneh-men. Sie kritisieren die Beschränkung vonTV-Presenting im Allgemeinen und spezielldie Ausnahmeregelung, die nur für Olympi-sche Spiele und den Fußball gilt, konkretTeile von WM, EM, DFB-Pokal und Länder-

spiele mit deutscher Beteiligung. Tatsächlichberührt das Thema aber auch politische undgesellschaftliche Grundsatzdiskussionen.

Die Sponsoring-Debatte ist von einem me-dienpolitischen Richtungsstreit hinterlegt.Dürfen sich ARD und ZDF (auch) durchWerbung finanzieren oder nicht? BerndHolznagel, Professor für Staats- und Ver-waltungsrecht an der Uni Münster undRundfunkrechtsexperte, ordnet die Ent-scheidung ein: „Die Politik reagiert auf den Druck der Öffentlichkeit und der Privaten.“

Festzuhalten ist: Die geplante Beschränkungwürde die bisherige Ausnahme TV-Presentingin den Rahmen rücken, der Werbung auf öffentlich-rechtlichen Kanälen nach 20 Uhr

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Page 51: Faktor Sport - Ausgabe 4/2010

Das Problem liegt darin, dass der Sport nichtprimär gemeint, aber primär betroffen ist.Fraglos wussten die Landesregierungen dasbei der Ausarbeitung, aber es hatte wohl keinePriorität.

Tiefe verlängert, zum Beispiel bei der Ski-WModer unserer eigenen Plattform Audi-Cup.“

Jörg Augustin, Senior Director der öffentlich-rechtlichen Einkaufsagentur Sport A: „Die Rechtegeber, also die Verbände und ihreVermarkter, können ihren Werbepartnernkeine vernetzten Strategien mehr anbieten,weil sie bei ARD/ZDF das dafür interessanteProgrammsponsoring nicht mehr buchenkönnen.“ Und vernetzen will heute jeder.

Augustin: „Es gibt bestimmte Elemente, dieman hergeben muss, wenn man im Rechte-erwerb zum Zuge kommen möchte.“ WennPresenting nicht im Paket ist, könnten Sender und Sport(art) Partner verlieren.Michael Lina, Sportvermarkter bei ARD-Werbung SALES & SERVICES, sagt: „AlsUnternehmen überlege ich mir, wie ich mei-ne Kommunikationsziele am besten errei-che. Und wenn ich das bei der Wok-WM von Stefan Raab besser kann als mit Skifahrenoder Handball, entscheide ich mich eben dafür.“ Es wird ja nicht jeder Sportklienteinfach den Sender wechseln.

Bernd Daubenmerkl, Geschäftsführer Euro-sport Deutschland: „Unser europäischesKonzept ist sicher auch für Kunden der Öf-fentlich-Rechtlichen interessant. ,Abstau-bertore’ in Sachen Vermarktung werden wiraber nicht erzielen können.“

Faktor Sport [ Vermittlungskunst ] 51

sowie an Sonn- und Feiertagen verbietet. Siewürde, so das Gegenargument etwa des Spon-sorenverbandes S20 und von ARD und ZDF,eine vom Publikum akzeptierte und aus Sichtvon Wirtschaft, Sport und Medien schwerverzichtbare Kommunikationsform angreifen.

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DER ABSATZ MIT DEM SPRINGENDEN PUNKT Auf der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) imOktober wurde ein Entwurf zum 15. Rundfunk-änderungsstaatsvertrag bestätigt. Ein Absatzformuliert eine Beschränkung von Programm-sponsoring im öffentlich-rechtlichen Fernse-hen: Werktags nach 20 Uhr sowie an Sonn-und Feiertagen dürfte das Werbeinstrumentnicht mehr genutzt werden. Ausgenommen sind„Großereignisse nach Paragraph 4, Absatz 2“.

Dort sind eigentlich die Events definiert, diedie Politik aufgrund des allgemeinen Interessesauf jeden Fall im Free-TV sehen will, nämlichOlympische Spiele und ausgewählte Fußball-spiele: bei WM und EM die Partien der Deut-schen, das Eröffnungsspiel, die Halbfinals und das Finale – also sieben bis 10 Spiele; die Halbfinals und das Finale im DFB-Pokal; alle Länderspiele der Nationalmannschaft;Endspiele in Champions League und EuropaLeague bei deutscher Beteiligung.

Stefan Krauß, Geschäftsführer der DSV-Marketinggesellschaft: „Wir gehen davonaus, dass wir an etwa 8 bis 12 Tagen pro Saison indirekt betroffen wären. Eine Beschränkung des Programmsponsorings betrifft zunächst die Budgets von ARD undZDF. Allerdings werden dort die finanziellenSpielräume kleiner, was Auswirkungen aufden DSV haben könnte.“

Als die Presenting-Pläne der Politik

bekannt wurden, kreiste die Aufregung

um den finanziell eigenständigen

Deutschen Ski-Verband (DSV). Tatsächlich

liefert er ein Beispiel, inwiefern der

Entwurf Interessen von Rechtehaltern

berührt.

Florian Zitzlsperger, Leiter Markenpartner-schaften und Sportmarketing bei Audi:„Wir setzen Programmsponsoring ein, wenn es die Botschaft eines Engagements in der

Der Verlust eines Sponsors kann schmer-

zen. Vor allem, wenn die TV-Präsenz sinkt

und mit ihr die Hoffnung auf Ersatz. Wird

nur noch gezeigt, was zu versponsern ist?

Das muss nicht die einzige Konsequenz

bleiben. Sportrechte werden in einer

ziemlich verhedderten Kette verwertet:

Wirtschaftspartner, Vermarkter,

Verband, Medium hängen mehr oder

weniger direkt zusammen. Klar ist,

wer das Geld in den Markt bringt: der

Werbungtreibende.

Axel Balkausky, Sportkoordinator des Ersten,sagt: „Es wird sicherlich Einsparungen gebenmüssen. In welchem Bereich und in welchemUmfang, haben wir noch nicht festgelegt.“

Man darf sich den Zusammenhang nicht zu direkt vorstellen. ZDF-Sportchef DieterGruschwitz: „Die Einnahmen aus Programm-sponsoring unserer Sportsendungen kommengrundsätzlich dem ZDF-Gesamthaushalt zu-gute und nicht der Sportredaktion.“

Trotzdem fügt er an: „In der redaktionellenBerichterstattung wird es bei zu erwartendenMindereinnahmen möglicherweise zu einer neuen Prioritätensetzung kommen.“

Es geht auch um Standards. BarbaraSchmidt, Leiterin Sponsoring beim ZDFWerbefernsehen: „‚Das aktuelle Sportstu-dio‘ und die ‚ZDF-Sportreportage‘ wärenvoll vom Sponsoringverbot betroffen, einWintersportwochenende etwa zur Hälfte.“

Kompensation könnte sich im Inhalt

oder in der Produktion niederschlagen –

mal abgesehen vom Einkauf. Krauß

spricht von „spürbarem“ Einfluss der

Debatte auf die laufenden Verhandlungen

des Verbandes mit Sport A über einen

neuen TV-Vertrag. Wobei der DSV das

Glück hat, für mehrere große Sender

interessant zu sein. So wie der

ebenfalls stark berührte

Biathlon-Weltverband IBU.

Thomas Härtel, Staatssekretär für Sport im Berliner Senat, bekam bei der jüngstenSportministerkonferenz (SMK) den Ein-druck: „Die überwiegende Mehrheit derSportminister war in die Vorbereitung die-ser Frage überhaupt nicht eingebunden.“

Und nun? Was würde die Beschränkungbewirken? Eine kommentierte Umfrageunter Beteiligten gibt Einblick.

Page 52: Faktor Sport - Ausgabe 4/2010

52 [ Vermittlungskunst ] Faktor Sport

50 PROZENT WENIGER PRESENTINGARD-Werbung Sales & Services hat den Anteil von Liveübertragungen und Studiobe-richterstattung (Regelsendungen also nicht)der Jahre 2006 bis 2009 berechnet, die dievorgesehene Beschränkung des TV-Presen-tings betroffen hätte. Ergebnis: 40 Prozentder Sendungen im Ersten, 65 Prozent in dendritten Programmen wären nicht zu verspon-sern gewesen, von Basketball über die Para-lympischen Spiele bis Wasserball. Der hoheAnteil in den Dritten berührt regionale Ereig-nisse ebenso wie nationale und internationaleHighlights in wenig TV-präsenten Sportarten.Beim ZDF spricht man von „circa 50 Prozent“aller Sportsendungen, die nicht mehr präsen-tiert werden könnten. Das beträfe gemeinsameÜbertragungsrechte mit der ARD – etwa 5 von8 Livespielen im DFB-Pokal –, aber auch dieGala „Sportler des Jahres“ oder die Regelsen-dung „Das aktuelle Sportstudio“.

Eine weitere Fundamentaldebatte scheint

auf: Wie viel programmliche Vielfalt

wollen die Öffentlich-Rechtlichen gewähr-

leisten, um die vorgeschriebene

Grundversorgung abzudecken, und was

müssen sie sich das kosten lassen?

Denn wie viele Rechteinhaber besitzen

Alternativen – und zwar jenseits von RTL

oder Sat.1? Dort landete vielleicht Biathlon

respektive der DFB-Pokal, nicht viel mehr.Stefan Krauß, DSV: „Wir gehen davon aus, dass wir an etwa 8 bis 12 Tagen pro Saison indirekt betroffen wären“

Thomas Härtel, Berliner Staatssekretär: „Die überwiegende Mehrheit der Sportminister war in die Vorbereitung dieser Frage überhaupt nicht eingebunden“

Bernd Daubenmerkl, Eurosport: „Wir arbeiten daran, unsere Vermark-tungspalette gerade auch durch eigeneEurosport-Events zu verbessern“

Dessen Generalsekretärin Nicole Resch sagt:„Unsere TV-Strategie ist, dass in möglichstvielen Ländern auf der Welt in öffentlich-rechtlichen Programmen unser Sport für jedermann zu sehen ist.“ Freilich entstehendie ganz großen Probleme eher an andererStelle. Augustin: „Es könnte auch der 34er-Vertrag betroffen sein.“

Krauß:„Die vorgesehene Regelung könnte zuEinbußen der Leistungsfähigkeit in vielen,vor allem kleineren Verbänden oder zuMehrkosten für den Bund im Rahmen derSpitzensportförderung führen. Ich weißnicht, ob das bedacht wurde.“ Medienpolitikist das eine, Haushalts- und Standortpolitiketwas anderes. Härtel: „Wir wollen die EM im Schwimmen und der Leichtathletik aus-richten. Wenn es keine Einnahmen aus demProgrammsponsoring gibt, heißt das, dassdie Stadt ihren Zuschuss erhöhen muss.“

In diesem Vertrag sind TV-Rechte olympischer

Disziplinen gebündelt. Ihre strategische Bedeutung

für ARD und ZDF ist nicht mit Fußball vergleichbar.

Nun drohen sie zudem ihren finanziellen Anreiz

zu verlieren, der jenem – in Teilen – erhalten bleibt.

Deshalb reibt sich die Sportwelt so an der

Ausnahme-Frage.

Der Berliner war treibende Kraft, als die SMK

kürzlich den Vorschlag erarbeitete, mehr

Ausnahmen zu gewähren: für „national und

international besonders bedeutsame Sport-

veranstaltungen“. Was soll das heißen?

Härtel: „Wir mussten in der SMK zu einemeinstimmigen Beschluss finden, dies hat unvermeidlich Kompromisse zur Folge. Wirbrauchen unbestritten eine Rahmenrege-lung, aber wir müssen flexibel im Einzelfallentscheiden können, welche Sportveranstal-tungen – außer Fußball und OlympischenSpielen – so bedeutend sind, dass wir eineAusnahme zulassen wollen.“

Das Kernproblem des Sports löste das nicht:Der Graben vertiefte sich – eben nicht zwi-schen Fußball und Handball, sondern etwazwischen Handball und Volleyball, Ski alpinund Tischtennis. Dort besteht auch jetzt eineHierarchie; aber ein Presenting-Verbotdürfte sie vergrößern, weil Sportarten mitmäßigem Marktpotenzial den finanziellenAnreiz – siehe oben – entbehren müssten.

Audi-Mann Zitzlsperger: „Der Konzentrati-onsprozess in der medialen Landschaft wirdverstärkt. Sportarten sind gezwungen, weiterin Richtung Spartensender auszuweichen.“

Was deren Interesse voraussetzt. Dauben-merkl klingt wenig kaufhungrig: „Mit Folgen,die nicht absehbar sind, können wir nicht kal-kulieren. Wir arbeiten daran, unsere Vermark-tungspalette durch eigene Eurosport-Events zuverbessern. Für viele Sportarten hinter Fußballund der Formel 1 sind wir ja heute schon dievielleicht wichtigste Plattform in Europa.“

WAS WIRD?

Am 15. Dezember, auf der nächsten MPK,soll der 15. Rundfunkänderungsstaatsvertragunterzeichnet werden. Der Plan der Sport-minister hat die Debatte erhitzt. Jürgen Doetz, Präsident des Verbandes PrivaterRundfunk und Telemedien (VPRT), hat KurtBeck als Vorsitzendem der Rundfunkkom-mission der Länder geschrieben und ver-langt: keine weiteren Ausnahmen vom Ver-bot für sportliche Großereignisse. Tatsäch-lich zitierte die Nachrichtenagentur epdkurz darauf Martin Stadelmaier, Leiter derStaatskanzlei von Rheinland-Pfalz, es sei„ganz klar, dass es keine Ausnahmeregelun-gen für weitere Sportarten geben wird“. SeinMinisterpräsident will offenbar noch weitergehen: „Unser Auftrag ist es, das Programm-sponsoring bis 2015 ganz aus dem öffent-lich-rechtlichen Fernsehen zu kriegen“,sagte Beck kürzlich laut SID. So ein Total-verbot würde ARD und ZDF unter Drucksetzen, könnte aber vor allem den Sport belasten. Juristisch wäre es wohl nicht an-fechtbar. Rundfunkrechtler Holznagel: „DieMinisterpräsidenten haben die Ausgestal-tungskompetenz für Programmsponsoring.Wenn der Sport gegen die Entscheidung vorgeht, freut sich nur der Anwalt.“ ]

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DER GRÜNE AUFTRAGZwischen Klimaschutz und Logistik besteht eine existenzielle

Verbindung. Zwischen Logistik und Sport sowie Sport und Klimaschutz

immerhin eine wachsende. Trotzdem fehlen der Logistik und dem Sport

Strategien, die die drei Themen vereinen. TEXT: NIKOLAUS SEELIG

m Sommer 2008 packt ein nordamerika-nischer Gigant seine Kisten, und zwarflott. Der TV-Sender NBC muss seineAusrüstung, die er gerade bei diversen

Veranstaltungen in den USA eingesetzt hat,nach Peking transportieren, damit sie zu Beginn der Olympischen Sommerspiele ein-satzfähig ist. Natürlich: Er transportiert nichtselbst, er lässt transportieren, vom Logistik-dienstleister DB Schenker. Der plant, steuert,überwacht den Trip der teuren Fracht –Gesamtwert 400 Millionen Dollar – über denPazifik und bringt sie per Lkw an die ver-schiedenen Orte und Stellen des Geschehens.

I54 [ Wechselspiel ] Faktor Sport

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Faktor Sport [ Wechselspiel ] 55

Die Deutsche Welle hat in einer Marktanaly-se der Logistikbranche kürzlich zwei „Über-lebensfragen“ definiert. Eine lautete: „Wielassen sich Logistikketten klimafreundlicherund damit energiesparender organisieren?“Das Beispiel NBC zeigt, wie knifflig dieseFrage im Einzelfall sein kann. Flugzeug undLkw sind bekanntlich wendiger, aber auchenergieaufwendiger als Schiff und Bahn.Weil es manchmal schnell gehen muss, kom-men sie im Umfeld von Sport-Events relativ oft zum Einsatz. Typischerweise beimTransport von Medienequipment sowie vonMannschaftsausstattung – vor der Veran-

staltung ist nach dem letzten Training, nachder Veranstaltung oft vor dem nächstenWettkampf.

SPORT: DIE WICHTIGE NISCHE

Der Sport, der Klimaschutz: Zu beiden führtdie Logistikbranche eine tendenziell wachsende Beziehung. Fußball-Highlights,Olympische Spiele oder Formel-1-Rennensind mäßig wichtige Umsatzbringer und nurbei DB Schenker ein strategisches Ge-schäftsfeld. Selbst Christian Schultze, Leiterder Abteilung Sportsevents des Bahn-

Unternehmens, sagt: „Die Sport- undEventlogistik ist innerhalb unserer breitenProduktpalette ein Nischenprodukt.“ Aber,das ist entscheidend, eines mit „nicht zu unterschätzender Imagewirkung“. Deshalbtritt DB Schenker seit Sydney 2000 beiOlympischen wie Paralympischen Spielenund Fußball-WMs in Erscheinung. Deshalb engagiert sich auch DHL als Logistikpartnerder Formel 1 und der Rugby-WM 2011 inNeuseeland. Deshalb schickt selbst ein eher stiller Dienstleister wie Lufthansa Cargo einePressemitteilung raus, wenn er fünf TonnenDFB-Gepäck zur WM nach Südafrika fliegt. --›

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56 [ Wechselspiel ] Faktor Sport

Eine der wenigen Gelegenheiten übrigens, beidenen für die Kranich-Marke relevant ist, wassie da verfrachtet. „Der Sport ist für uns keinspezielles Geschäft, weil das meiste Materialkeine besonderen Anforderungen stellt“, sagtMichael Göntgens, Leiter PR und interneKommunikation bei Lufthansa Cargo. Dasgibt einen Hinweis: Die Frage, wie sich Sport-logistik und Umweltschutz zueinander verhalten, lässt sich nicht leicht beantworten.

ZUG ZUM ENERGIESPAREN

Klar ist einerseits: Auch wenn der Sport-Transport für die Konzerne relativ geringesGewicht hat, bewegt er im absoluten Maß-stab Massen. Anlässlich der Sommerspiele2008 verschiffte DB Schenker 1500 Con-tainerladungen nach China, 1250 Mitarbeiterwaren bei den Spielen im Dauereinsatz; anjedem Formel-1-Wochenende laden DHL-Teams 300 Tonnen Material ein, aus undwieder ein. Hat andererseits nicht der DFB,vom Öko-Institut unterstützt, bei der Fuß-ball-WM 2006 das Umweltkonzept „GreenGoal“ umgesetzt, durchaus erfolgreich?Schon. Aber mag das grüne Thema bei allenBeteiligten mehr oder weniger starke Kon-junktur haben – praktisch bildet es bisherkeine Schnittmenge mit Logistik und Sport.Eher Berührungspunkte.

Der wichtigste entsteht aus den grundsätzli-chen Strategien der Logistikgrößen. Wer mitdem Energie-Thema unterm Arm anklopfenwill, findet ihre Türen offen. Sogleich ist vonkonkreten Maßnahmen und klaren Zielen die

Rede, von optimierten Netzwerken, energie-effizienten Motoren und Versuchen mit Alternativantrieben; von Konsolidierungs-zentren (in denen einzelne Luftfrachtsen-dungen zusammengefasst werden) oder einem Umweltmanagement-Zertifikat beiDB Schenker respektive CO2-neutralenSendungen im Rahmen des sogenanntenGoGreen-Programms bei DHL.

Jedenfalls die deutschen Riesen der Boom-branche (das schwache Jahr 2009 war einZwischentief) sind also vorn dran bei demMegatrend. Logisch. Erstens schafft GrößeSynergieeffekte. „Unser internationalesNetzwerk ist die Basis unseres Umweltvor-teils, weil es alle Verkehrsträger sinnvoll mit-einander verbindet“, sagt Schultze. Zweitensist Energieeffizienz gleich Kosteneffizienz.„Es liegt in unserem ureigensten Interesse,Treibstoff zu sparen und damit den CO2-Ausstoß zu senken. Umso stärker in Zeitensteigender Energiekosten“, erklärt Göntgens.Zudem wachse das entsprechende Bewusst-sein bei Geschäftspartnern: Endkunden, vorallem aber Spediteure.

Es gibt noch keine Studien zur Größe desökologischen Fußabdrucks, den Logistik-dienstleister bei Sportveranstaltungen hin-terlassen. Freilich variiert der ganz erheb-lich. Nach Größe des Events natürlich, nachSportart(en) und dem mit beidem verbunde-nen Frachtvolumen, aber auch nach örtlichenund zeitlichen Gegebenheiten. Letztlich istvor allem entscheidend, wie hoch der Anteil„zeitkritischen Materials“ ist, wie Schultze

das nennt. Bei Olympischen Spielen, Fuß-ball-EM und -WM macht schnelles Trans-portgut – Medien hin, Sportlerausrüstungher – den geringeren Anteil am Frachtauf-kommen aus. Das meiste liefern langfristigplanende Kunden aus der Eventinfrastrukturan, in Form von Zelten, Catering-Ausstat-tung, Möbeln, Einrichtung für Medienzen-tren oder – bei Olympia etwa – das Deut-sche Haus. DB Schenker als jeweiligerDienstleister liefert dieses Material zumGroßteil per Schiff oder Bahn an, je nachAustragungsland. Plus in der Ökobilanz.

Gegenbeispiele liefern etwa internationaleMotorsportevents. Sie passen in das Profil,das Schultze beschreibt, wenn er sagt: „Eine Wettkampfserie, die innerhalb kurzerZeit mit großem Transportvolumen lange Strecken per Luftfracht zu überwinden hat,ist sicherlich sehr emissionsintensiv.“ Esentsteht der klassische Konflikt zwischenÖkonomie und Ökologie, in dem sich DB Schenker wie DHL und Lufthansa Cargo nach eigener Aussage zwar offener verhaltenals früher, sich die Ressourcenschonung aber prinzipiell unterordnen muss. WennDHL die Formel 1 unterstützt oder DBSchenker das US-Pendant IndyCar Series,ist das Energiesparpotenzial begrenzt.

VORFAHRT PERSONENVERKEHR

Man kann sagen: Der Umweltaspekt hat fürdie Logistik vergleichsweise hohe Bedeutung,das berührt den Sport zumindest am Rande.Der Sport seinerseits scheint sich den Part-

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Faktor Sport [ Wechselspiel ] 57

nern nur bedingt entgegenzustrecken. KeineFrage, dass das Thema Klimaschutz bei derPlanung von Megaevents Raum gewinnt, gerade in Ländern wie Deutschland, geradeim Fußball. Tatsächlich aber war die Logistikselbst 2006 im Rahmen von „Green Goal“kein Schwerpunkt. Sie wird es ebenso wenig2011 sein, wenn das Konzept anlässlich derFrauen-WM neu aufgelegt wird. Details sind in der Entwicklung. Nils Wiechmann,Umweltreferent des Organisationskomitees,sagt: „Sicherlich werden wir versuchen, unsere Klimabilanz auch logistisch zu opti-mieren. Aber 80 bis 90 Prozent am CO2-Ausstoß eines Fußball-Events macht die Zuschauermobilität aus. Das ist für uns ein entscheidendes Thema.“

Auch für die Alpine Ski-WM im Februar gibtes ein professionell begleitetes Umwelt- und Nachhaltigkeitskonzept – in dem Logistikkeine explizite Rolle spielt, aus ähnlichenGründen. Freilich fallen Tobias Lienemann,Ressortleiter Umwelt und Verkehr im OK,auf Nachfrage speditionsspezifische Aspekteseiner Arbeit ein. So hofft er, sich mit EPSLogistik in Nürnberg, Partner für Tribünen-bau, darauf zu einigen, neben Bodenschutz-systemen für Fanparks oder Fußwege auchAbsperrgitter und Banner anzuliefern, umFahraufkommen zu sparen.

Vielleicht ist das Thema wichtiger, als es denAnschein hat. Daniel Bleher, wissenschaftli-cher Mitarbeiter des Öko-Instituts, sagtüber Sportveranstaltungen im Allgemeinen:„Das Thema Logistik ist noch nicht sehr prä-

sent, weil es vorwiegend hinter den Kulissenstattfindet.“ Zudem meint „Logistik“ nichtnur Fracht. DB Schenker etwa liefert alsPartner der Frauen-WM sämtliche Materia-lien an, verteilt sie an den Spielstätten, orga-

nisiert die Lagerung, schult gar die freiwilli-gen Helfer. Im Übrigen könnte die Chancefür Unternehmen darin bestehen, die mar-ketingträchtigen Themen Sport und Klima-schutz zu verbinden. ]

WIE LOGISTIKER ENERGIE SPARENDB SCHENKERDas Ressort Transport und Logistik der Deutschen Bahn kooperiert vorwiegend mit nach Um-weltkriterien definierten „preferred Carriers“. In Konsolidierungszentren fasst es Luftsendungenzusammen und über ein Hub-System Lkw-Fracht. Apropos Lkw: DB Schenker will bis 2014 die(von ihm) in Europa eingesetzten 20.000 Fahrer in energiesparender Fahrweise schulen lassenund in LKW investieren, die die Euro-5-Abgasnorm erfüllen.

DHLDer Zweig von Deutsche Post DHL soll dazu beitragen, die CO2-Effizienz des Konzerns um 30Prozent bis 2020 zu steigern. Das ist zentrales Ziel des Programms „GoGreen“, durch das Routenund Netzwerke gestrafft, die Flotte modernisiert, aber auch die Energieeffizienz in Gebäudenverbessert werden soll. Ein „GoGreen“-Service bietet Privat- und Firmenkunden an, Transport-emissionen über externe Klimaschutzprojekte ausgleichen zu lassen.

LUFTHANSA CARGOSeit 2007 folgt der Linien-Carrier einer Umweltleitlinie. Der CO2-Ausstoß soll bis 2020 um 25 Prozent sinken, unter anderem durch optimierte Routen (im Sinne höherer Auslastung), Umstellung auf leichtere Container und eine weitere Modernisierung der Flotte. Bisher setzendie recht jungen Joint Ventures Jade Cargo (mit Shenzhen Airlines und der KfW-Tochter DEG)und AeroLogic (mit DHL) neuere, effizientere Maschinen ein als die Mutter.

Das letzte Glied der Kette: DB Schenker übernahm bei der Fußball-WM 2010 auch den Transport im Stadion

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58 [ Bewegungsmelder ] Faktor Sport

Millionen Euro sind im Haushalt des kommenden Jahres für die

Spitzensportförderung vorgesehen.

Das zuständige Ministerium des Innern (BMI) hatte diese Summe vorgeschlagen, derDeutsche Bundestag genehmigte und verabschiedete die finanziellen Aufwendungen. Damitbleibt die Spitzensportförderung des Bundes 2011 auf einem hohen Level.

Der Sportförderetat für 2010 lag bei 138,3 Millionen Euro. Christoph Bergner, Staatssekretärim Innenministerium, hatte zuvor die Einsparungen von knapp 5,5 Millionen Euro als Beitragzur Konsolidierung des Bundeshaushaltes bezeichnet. Auch auf diesem Niveau, so Bergner,könne die Förderung des Bundes dazu beitragen, dass der deutsche Sport bei den OlympischenSpielen 2012 die Rückkehr in die Weltspitze schaffe. „Das ist ein gutes Signal für den deutschenSpitzensport und unser Land“, sagte DOSB-Präsident Thomas Bach.

BUND STARTET CSR–AKTION

Der Einsatz von Bürgern und Unternehmenfür die Gesellschaft soll künftig besser auf-einander abgestimmt und zusätzlich ge-stärkt werden. Dieses Ziel verfolgt die Bun-desregierung mit der am 6. Oktober vomKabinett verabschiedeten ersten NationalenEngagementstrategie (Aktionsplan CSR -Corporate Social Responsibility).

Die intensivere Vermittlung zwischen denAktivitäten von Staat, Wirtschaft und Zivil-gesellschaft ist nur ein Aspekt der Initiative.Es geht auch um eine bessere Einbindungder Stiftungen, eine größere Anerkennungder Leistung von Engagierten sowie günsti-gere Rahmenbedingungen für bürgerschaft-lichen Einsatz. Schon heute engagieren sich36 Prozent der deutschen Bevölkerung über14 Jahre freiwillig, das sind etwa 23 MillionenMenschen. Davon setzen sich 10 Prozent in„Sport und Bewegung“ ein, gefolgt von„Kindergarten und Schule“ (6,9 Prozent)und „Kirche und Religion“ (6,9 Prozent).

Bundesarbeitsministerin Ursula von derLeyen nimmt zudem die Unternehmendeutlich in die Pflicht: „Erfolgreiches Wirt-schaften findet nicht im luftleeren Raumstatt. In der vernetzten Welt des 21. Jahr-hunderts können es sich Firmen nicht mehrleisten, auf rein kurzfristige Ziele zu setzen.Ich will, das gesellschaftliche Verantwor-tung von Unternehmen ein echter Stand-ortfaktor für Deutschland wird.“

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AMATEURE FÜR ALLE

„Hartplatzhelden“ – das klingt nach Basis, Staub und ehrlicher Arbeit. Und im neuen Zusam-menhang nach Kampf zwischen David und Goliath. Auch dieser David kann einen Sieg verzeich-nen. Das Internetportal „Hartplatzhelden“ jedenfalls darf jetzt offiziell Videoaufnahmen vonFußball-Amateurspielen im Internet veröffentlichen. Es hat im Streit mit dem Württembergi-schen Fußballverband (wfv) vor dem Bundesgerichtshof gewonnen. Der BGH widersprach demArgument des Verbandes, dieser habe als Veranstalter der Spiele ein ausschließliches Recht ander Verwertung. Es stehe den Veranstaltern aber frei, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen.

Es geht ums Geld: Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) will das werbefinanzierte Portal„fussball.de“, das er gemeinsam mit der Deutschen Telekom betreibt, zur zentralen Anlauf-stelle für Fotos und Videos der Amateurligen erweitern. Auch „Hartplatzhelden“ brauchtWerbeeinnahmen. „Bislang mussten wir keine Elefanten kaufen, die uns im Keller das Bargeld platttreten“, schreibt Betreiber Oliver Fritsch in seinem Blog. Er erwägt nun eine Kooperation mit Zeitungsverlagen. Diese könnten die Videos von Amateurfußballspielenkostenlos auf ihren Internetsites verwenden, sagte er dem Lokaljournalismus-Portal„Drehscheibe“. Offen bleibt bislang, wie die „Hartplatzhelden“ davon profitieren würden.

ALTHOFF SPRICHT FÜR S20

Die Sponsorenvereinigung S20 hat einen neuen Vorstandsvorsitzenden. Eine Vollversammlunghat Stephan Althoff zum Nachfolger des Hypo-Vereinsbank-Managers Dirk Huefnagels erko-ren. Neben Althoff, Telekom-Verantwortlicher für Corporate Sponsoring, wurden JoachimStrunk (Deutsche Postbank) als Vize und Ines Rupprecht (Coca-Cola) als Zuständige für Finan-zen in den Vorstand gewählt. Die Schlüsselthemen hat Althoff geerbt. Unter anderem will er dierechtlichen Rahmenbedingungen beim Thema Hospitality-Einladungen geklärt sehen und dieBeschränkung öffentlich-rechtlichen Programmsponsorings (siehe Seite 50) verhindern.

Soziales Engagement braucht Vorbilder: Moderato-rin Dunja Hayali und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen bei der Gala „Goldene Bild der Frau“,einer Auszeichnung für soziales Engagement

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Die Nummer 1 auch in der Sportförderung.

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GfDWinterMunch Newsletter 11.10.2010 11:17 Uhr Seite 1

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60 [ Zeitgeist ] Faktor Sport

Klingt nicht schmeichelhaft. Für Ihr Alter machen Sie es ganz gut.

Beruhigend. Aber kommen wir zu den großen Fragen: Welche Bedeu-tung Mode für Sie hat, ist klar. Welche hat sie generell, im Alltag? Dashat sich in den letzten 10 bis 15 Jahren sehr geändert. Für mich ist Modegleich Entertainment. Das lässt sich schon dar an erkennen, dass dasThema heute auf allen Kanälen kommuniziert wird, auch dort, wo esfrüher keine Rolle spielte. Wenn Sie die Fashion-Week in Berlin alsBeispiel nehmen: Die läuft im TV auf sämtlichen Boulevard-Formaten.Mode ist aber genauso in zeitkritischen und Gesellschaftsmagazinenein großes Thema. Und auf vielen Newsportalen.

Es ist hell im Büro von Michael Michalsky, um nicht zu sagen licht-durchflutet. Eine Menge Glas lässt den freundlichen Herbsttag ineinen Raum, in dem wenige persönliche Gegenstände ins Auge fallen,darunter eine Widmung von Madonna sowie eine F. C.-Gundlach-Fotografie: ein Model vor dem Brandenburger Tor, aufgenommennoch vor dem Mauerbau. Der Designer sammelt schwarz-weißeModefotografie der 50er- bis 70er-Jahre.

Das Loft von Michalsky liegt sehr mittig in der Hauptstadt, Hinterhof,restauriert – ein bisschen wie Hackesche Höfe in Klein. Von hier ausdirigiert der 43-Jährige sein Label, das zu den Top-Adressen inDeutschland zählt. Die Vorgabe für das Interview waren 20 Minuten,mit einer Prise Hartnäckigkeit werden 45 daraus. Michalsky istfreundlich und konzentriert, auch wachsam. Auf dem Tisch: ein Feu-erzeug, zwei Zigaretten. Eine davon wird sich während des Gesprächsin Rauch auflösen.

Herr Michalsky , haben Sie das Outfit Ihrer Gäste beim Eintreten gecheckt? Nein.

Wollen Sie uns glauben machen, ein Mode-Profi wie Sie schaue nichtzuerst auf die Kleidung? Ich bin ein großer Fan von Individualität undnicht von Uniformität. Sie kennen doch meinen Slogan: „Real Clothesfor Real People“. Und außerdem: Geschmack ist nun mal subjektiv.

Modedesigner Michael Michalsky im Gespräch: wie Sport und Fashion miteinander verschmelzen, Helden das

Vereinsleben demokratisieren und Jugendkultur neue Stile befeuert. INTERVIEW: MARCUS MEYER UND JÖRG STRATMANN

AUF SPORT GENÄHT

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Faktor Sport [ Zeitgeist ] 61

Womit erklären Sie sich diese Allgegenwart? Das hat meiner Ansichtnach mit der Demokratisierung der Mode zu tun. Wenn Sie heute Leu-te auf der Straße fragen, werden 9 von 10 antworten, dass es ihnen wich-tig ist, was sie anziehen. Das gehört zum allgemeinen Zeit geschmackund ist nicht mehr bestimmten sozialen Schichten vorbehalten.

Sie haben 1995 als Designer bei Adidas angefangen. Das fällt in etwain die Zeit, in der die Sportartikler begannen, ihre traditionellenPfade zu verlassen. Damals begann man, Kleidung, die für einebestimmte F unktion designt wurde, aus ihrem jeweiligen K ontextherauszunehmen. Sportswear wurde gewissermaßen als Statementgetragen. Das haben sich die Leute von Adidas wahrscheinlich nichtträumen lassen, dass eines Tages eine Trainingsjacke die Eintrittskar-te in eine bestimmte exklusive Welt ist. Dass Leute Sneakers tragen undnicht damit Sport machen.

Und dass Madonna drei Streifen trägt. Das auch. Der Erfolg hattejedoch noch andere Gründe: Ende der 70er-Jahre ist eine neueJugendkultur entstanden, und das war Hip-Hop und Rap. Da habenLeute begonnen, Sneakers als Statussymbol einzusetzen. Dann kam inden 80er-Jahren die Dancemusic auf. Man denke an die ersten Love-Parades, an Techno. Die Menschen wollten einfach bequemere Kla-motten tragen.

Jugendkultur hat viel mit Musik zu tun. Interessieren Sie sich deshalbso sehr dafür, quasi beruflich? Ich glaube, dass Jugendkultur seit den50er-Jahren nur über Musik funktioniert. Zuerst gibt es die Musik,über die ein gewisser Kreis von Menschen sein Gefühl ausdrückenmöchte. Dann kommt die Kleidung, um die Message nach vorn zu brin-gen. Jugendkultur treibt Mode an.

Und wer oder was treibt den Sport an? In den vergangenen 20 Jahrenwaren das die Supersportler, die zu Entertainment-Stars gewordensind: Boris Becker, David Beckham, Kobe Bryant, Michael Jordan oderwie die Leute alle heißen. Es gibt mittlerweile viele Athleten, die sichzu Entertainern entwickelt haben und bei denen es nicht mehr nur umden Sport, sondern vor allem um die P ersonality geht. Das hat AndyWarhol schon in den 70er-Jahren erkannt, als er sagte: In der Zukunftwerden die größten Popstars Sportler sein. Er hat recht bekommen.

Die Entwicklung kann man sehr unterschiedlich bewerten. Natürlich.An exponierten Persönlichkeiten scheiden sich immer die Geister. Ichwürde niemals sagen, dass die Arbeit auf Vereinsbasis nicht auch sehrwichtig ist, im Gegenteil: das sind Gr assroots-Activities von großerBedeutung. Genauso notwendig sind aber Helden, die den Sport wei-terverbreiten. Diese P ersonen haben dazu beigetr agen, dass sichSportwelten – wie zum Beispiel im Tennis – für die breite Masse ge-öffnet haben. Das ist letztlich sehr demokratisch. --›

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62 [ Zeitgeist ] Faktor Sport

Das können nicht die einzigen Beschleuniger gewesen sein. Es kam vie-les zusammen. Medien begannen wichtiger zu werden, das Privatfern-sehen verbreitete sich immer weiter. Als ich Teenie war, konnte man zwi-schen 3 Programmen wählen, plötzlich waren es ganz viele. Zu meinerZeit bei Adidas genoss MTV zum Beispiel einen hohen Stellenwert. Auf-tritte dort waren wichtig, um Trends und Moden zu verbreiten: Popstarsführten die Klamotten vor , die die Kids anschließend kaufen wollten.Sportverbände begannen, Events professioneller zu vermarkten. Ich habeoft für Olympische Spiele oder F ußball-WMs zugeliefert. Etwas spätertauchte dann mit dem Internet ein weiterer Verbreitungskanal auf.

Wie sind Sie zur Sportmode gekommen? War es die Körperlichkeit, dasLebensgefühl oder die Möglichkeit, einem Athleten Kleidung zu desig-nen, die ihn nicht nur schicker, sondern auch besser werden lässt? Michhaben immer Stil und Ästhetik interessiert. Und jede Sportart hat ihreeigene Kultur und Ästhetik, eine DNA , die man nicht einfach ver än-dern kann. Man muss sie aufgreifen und in Mode umsetzen. Wer Polospielt, ist in der Regel nicht mit jemandem zu vergleichen, der bolzt –und ein Beachvolleyballer nicht mit einem Tischtennisspieler.

Sie sind seit knapp fünf Jahren mit ihrem eigenen Label unterwegs,doch richtig getrennt haben Sie sich nie vom Sport. Er steckt in eini-gen ihrer Kollektionen. Ich werde auch immer drinbleiben. Erstensmacht es mir Spaß und zweitens kann ich es. Das ist ein spannenderBereich, der sich schnell weiterentwickelt. Wenn ich allein s ehe, wiesich die Sportartikelfirmen in den vergangenen Jahren neu positionierthaben und mittlerweile eine ganze Menge Umsatz mit Sachen machen,die eigentlich nicht ihrem Selbstverständnis entsprechen. Und wasmich besonders fasziniert: Wie sich die Attitüde der Bevölkerunggegenüber dem Sport grundlegend geändert hat. Sportmode hat denSiegeszug in unser Leben angetreten. Produkte, die für bestimmteSportarten entworfen wurden, sind aus unserem Alltag nicht mehr weg-zudenken: das P olo- oder Rugby-Hemd, eine Trainingsanzugjacke

oder eben Sneakers. Ein T-Shirt, wie ich es heute anhabe, wird nie wie-der aus unserem Leben verschwinden.

Die geschäftsfördernde Wechselwirkung zwischen Sport- und All-tagsmode. Ganz kl ar. Die meisten K ollektionen werden ja an Top-Sportlern aufgehängt und später weitergereicht an Leute, die genausoaussehen wollen wie die Stars.

Wird sich die Verschmelzung fortsetzen? Neues entsteht heutzutage nur,wenn man Altes nimmt, es aus seinem Kontext reißt und wieder neu zu-sammensetzt. Das spricht als o für ein weiteres Zusammenw achsen,wenn man innovativ bleiben will.

Bei Ihrem Anspruch, echte Klamotten für echte Menschen zu produzie-ren, brauchen Sie engen Kontakt zum Alltag. Klappt das, wenn Sie sichüberwiegend in der glitzernden Welt der Mode bewegen? Sie haben an-scheinend völlig falsche Vorstellungen von meinem Leben. Ich bin ja keinStar wie Madonna oder K ylie Minogue. Und auch kein fr anzösischerCouturier, der im Elfenbeinturm sitzt und ansonsten mit seinem Privat-

Sportmode hat den Siegeszug in unser Leben angetreten

Gemischtes Doppel statt Anzeige: Natalia Wörner und Michael Michalsky bei einemPR-Event. Große Marketingetats habe er nicht, sagt der Designer. Er mache mit Publicity auf seine Mode aufmerksam

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Faktor Sport [ Zeitgeist ] 63

Wenn wir die beiden Welten betrachten, in denen Sie bislang unter-wegs waren – worin unterscheiden sie sich? Sie sind gar nicht so un-terschiedlich, wie alle Leute denken. Letztlich geht es darum, Mode zukreieren, die möglichst vielen Menschen gefällt. Und in der Zusam-menarbeit mit Celebritys finden sich gleichfalls große Ähnlichkeiten,egal ob es sich um einen Schauspieler , einen Musiker oder einen Top-Sportler handelt. Alle haben ihre Befindlichkeiten, alle haben vor allemihr Image im Sinn und alle haben einen Tross von Beratern dabei.

Haben Sie eigentlich das Gefühl, das ist jetzt genau Ihre Zeit, der Hö-hepunkt gewissermaßen? Nö, das würde sich ja so anhören , als hätteich schon genug. Aber das habe ich nicht. Deshalb designe ich auch ge-rade zum ersten Mal ein Restaur ant. Das Schöne an der Mode ist ja,dass dauernd neue Sachen passieren. Mode ist mittlerweile nicht al-lein das, was wir anziehen, sondern wohin wir in den Urlaub fahren,welche Möbel wir kaufen, wie unsere Kaffeekannen aussehen, was wiressen und in welchen Hotels wir schlafen.

Manche empfinden das als Last. Für mich ist es Freiheit. ]

jet durch die Gegend fliegt. Ich stehe mit beiden Beinen im Leben. Ichnehme am Alltag teil, bin sehr neugierig, lese viele Bücher und viel Zei-tung, bin oft im Internet. Und Sie werden ’s nicht glauben: Ich gehesogar zu Fuß, fahre mit dem Fahrrad oder mit der U2 die vier Stationenvon zuhaus hierher. Ich liebe die Menschen, den sozialen Aspekt.

Apropos „am Leben teilnehmen“. Wir haben widerstreitende Dinge überSie gelesen: Mal waren Sie in einem Londoner Club der Türsteher, malder Animateur. Das ist ja bekanntermaßen nicht das Gleiche. Ich habefrüher tatsächlich in Clubs gearbeitet, aber ich war nicht der Typ mit denaufgepumpten Muskeln. Ich habe den „Picker“ gemacht, also ausgesucht,welche Leute reindurften und welche nicht.

In Berlin gibt’s viele Clubs. Wenn Sie noch als Picker arbeiten müss-ten, wen würden Sie da reinlassen? Ich habe das Publikum immer gernwild durchgemischt. Es ist nichts langweiliger als eine homogene Mas-se. Da fanden sich Spießer genauso wie Ausgeflippte, Männer genau-so wie F rauen. Das finde ich cool. Ich hasse alles, was in RichtungGleichheit geht.

DIE EIN-MANN-MARKEDer 43-jährige Michael Michalsky blickt auf einen lupenreinen Werde-gang als Modedesigner: Direkt nach seinem Abitur 1987 im schleswig-holsteinischen Bad Oldesloe zog es ihn nach England, wo er 1992 seinStudium am London College of Fashion abschloss. Erste berufliche Erfah-rungen sammelte er als Designmanager bei Levi Strauss Deutschland,1995 folgte der Wechsel zu Adidas.

In Herzogenaurach leitete Michalsky als internationaler Kreativdirektorzeitweise ein Team von 200 Designern und entwickelte unter anderem mitseinem großen Vorbild Yohji Yamamoto zusammen die exklusive Linie Y3.Über Kooperationen mit der Rap-Musikerin Missy Elliott oder StellaMcCartney führte Michalsky die Themen Musik, Mode und Sport stärkerzusammen.

AUSGEZEICHNETES WIRKEN

Über fehlende Anerkennung seiner Arbeit kann Michalsky sich nicht beschweren: 2003 wurde er als „National Designer of the Year“ mit demGQ Award ausgezeichnet, 2004 erhielt er den „Sportstyle Designer of the Year“ der ISPO Vision und 2005 schließlich wurde er mit seinem Adidas-Team zum „red dot: design team of the year“ gewählt.

DRANG ZUR SELBSTÄNDIGKEIT

2006 schließlich verließ der Stardesigner nach 11 Jahren Adidas, um sein eigenes Label zu gründen: die Michalsky Holding. 2007 präsentierteer die Premiumlinie „Michalsky“ und die Jeanslinie „Michalsky Jeans“.Im Unternehmensbereich arbeitet der Designer unter anderem für Wella,Sony, DHL und Mercedes-Benz, für Kappa China ist er im Sportswear-Bereich tätig. Musik, sagt Berlin-Liebhaber Michalsky, gebe ihm Inspira-tion, Fotografie sei seine Leidenschaft.

Auf dem Weg zum Eigenem: Sonderausstellung zumred dot Award, den Michalsky und sein Team 2005 erhielten(l. o.). Ein Anschub zur Unternehmerkarriere. 2008 posierter in seiner Berliner Boutique (r. o.)

Zwischen den Welten: Pressekonferenz im April dieses Jah-res zur Show „Yma - zu schön, um wahr zu sein“ (l. u.).Und 2007 auf einer Kundgebung von Menschenrechtsorga-nisationen mit Mia Farrow und dem Sprecher der Darfur-Hilfe Ahmed Musa (r. u.)

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64 [ Zeitgeist ] Faktor Sport

Er erinnert sich noch sehr gut an denTag, an dem der Deutsche Sportbund(DSB) gegründet wurde. „Es war inHannover“, sagt Fredy Stober. „Die At-

mosphäre war zum Teil sehr gespannt.“ An diesem 10. Dezember 1950, fünfeinhalbJahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs,machte sich der Vereinssport im WestenDeutschlands an die Aufgabe, sich eine demokratisch verfasste Struktur zu geben.Unterschiedliche Strömungen standen inOpposition zueinander. Stober: „Vertreterdes kommunistisch geprägten Arbeitersportstrafen auf Funktionäre mit einer kaiserwil-helminischen Einstellung zum Sport. Es warschwer, das unter einen Hut zu bringen.“

Einem sei es damals gelungen, die Kräfte zubündeln. „Willi Daume mit seinen Adlati warder Macher. Anfangs waren die einfachenLeute mit Kontakt zum Volk in der Mehrheit.Doch es gelang ihm, auch die Stimmen derreligiös geprägten Funktionäre für sich zugewinnen. Das gab den Ausschlag. Er setztesich an die Spitze“, sagt Stober. Daume ließsich zum Gründungspräsidenten des DSBwählen, und er sollte diesen Vorsitz 20 Jahrelang führen. Ein turbulenter und umkämpfterStart des deutschen Sports, der mit einemCoup von Daume endete. Stober kann alseinziger Zeitzeuge noch davon berichten,denn er ist der letzte lebende Mitbegründerdes DSB.

DAS NETZWERK FUNKTIONIERT

Stober lebt in Freiburg. Am 25. September2010 hat er seinen 100. Geburtstag gefeiert.An seinen guten Tagen kann er so lebendigerzählen, versprüht er einen so gewinnendenCharme, dass die Vorstellung, selbst einesTages steinalt zu sein, im Nu jeden Schre-cken verliert. Stober sitzt, während er er-zählt, wie meist im Winter entspannt in seinem kleinen Arbeitszimmer unterm Dachseines Hauses an dem Schreibtisch, an demauch seine Bücher entstanden.

Seine Autobiografie hat er schon vor zweiJahren geschrieben. „Ein Leben mit dem

E

100JAHRE FÜR DEN

SPORTFredy Stober ist der älteste

noch lebende Mitbegründer

des Deutschen Sportbunds.

Erinnerungen an einen

spannungsreichen

Anfang.

TEXT: ANDREAS STREPENICK

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Faktor Sport [ Zeitgeist ] 65

Stober verstand sich selbst lieber als Helferund Betreuer der Athleten. „Funktionär, dasWort hat keinen guten Beigeschmack“, sagter. Was er über einige Spitzenfunktionäre derGegenwart zu sagen hat, ist nicht druckreif.

WIDER DEN KOMMERZ

In den 1950er Jahren, den aktivsten seinesLebens, schuf Stober viele nachhaltigeStrukturen im südbadischen Sport. DasLeistungszentrum Herzogenhorn, jene ma-gische Sportlerschmiede im Hochschwarz-wald, wäre ohne ihn wohl nicht entstanden.Bis heute suchen Olympiasieger wie derGewichtheber Matthias Steiner die Abge-schiedenheit des Zentrums, um sich dort aufsportliche Höhepunkte vorzubereiten. Bisvor ein paar Jahren fuhr Stober noch selbstmit seinem betagten Mercedes von Freiburgaus hoch aufs „Horn“, wie es im Schwarzwaldheißt. Er verbrachte viel Zeit 1300 Meterüber dem Meer in unendlich klarer Luft aneinem der letzten Orte ohne Handyempfang.

Heute lässt Stobers Gesundheit solche Aus-flüge kaum noch zu. Sein Geist ist klar, abersein Körper macht ihm zu schaffen. Er hältweiterhin Kontakt zu einigen zentralen Ge-staltern des Sports in Deutschland – unge-achtet dessen, dass er sich stets auf der Seiteder kleinen Leute sah. Wenn er darüberspricht, welchen Weg Teile des Spitzensportsnahmen, dann sprüht wieder die alte Energiein ihm. Er kämpfte erbittert gegen die Kom-merzialisierung, das Wort Sponsor geht nurschwer über seine Lippen, und er geißelt denEinfluss des Geldes.

Stober fand den Deutschen Sportbund kluggebaut, die Verbandsstruktur effektiv. Gingees nach ihm, hätte der DSB das Jahr 2006überdauern dürfen. „Ich war immer gegendie Umbenennung in einen OlympischenSportbund“, sagt er. „Der deutsche Sport istder Sport von jedermann, nicht von Olympia.Aber heutzutage ist das Geld dominierend.Und andere Interessen.“ ]

1958

ERBAULICHE SYMBIOSE Ein Funktionär wollte er zwar nichtsein, doch gedreht hat Fredy Stober anvielen Hebeln im Sport, vor allem imSüdschwarzwald. Auch die nationaleBühne war ihm nicht unvertraut. DenDeutschen Sportbund fand er klug gebaut und effektiv gestaltet.

Kombinierer und Strippenzieher: HansThoma und Fredy Stober bei der Deut-schen Meisterschaft in Hinterzarten

100 Jahre für die Bewegung – undnicht ohne Ehrgeiz: Der Grandseigneurdes Sports bei der Vorstellung seinesBuches

2005

2008

Sport“ nannte er sie. Derzeit arbeitet er anseinem vielleicht letzten Buch, und der eineoder andere hat noch einmal Grund es zufürchten.

Stober zog mehr als sechs Jahrzehnte langviele Fäden im Sportgeschehen der Region.Genauer gesagt: Er zieht einige immer noch.Stobers Einflussnahme, sein Griff zum Tele-fonhörer, wird auch in seinem 101. Lebens-jahr immer wieder gewünscht. Die Autoritätseines Alters, aber auch das Netzwerk ma-chen ihn zu einem Mann, mit dem man sichnur ungern anlegt. Stober ist streitbar, manhat ihn lieber nicht zum Gegner.

UMTRIEBIGER GRÜNDER

Gleichwohl hat die Region, namentlich derSchwarzwald, Stober viel zu verdanken. Erwar Gründungspräsident des BadischenSportbunds, führte über Jahrzehnte denSkiverband Schwarzwald (SVS) und in den1950er Jahren sogar für einige Zeit denDeutschen Skiverband (DSV). Stober fuhrselber auf Brettern und sprang von Schan-zen, er spielte aber auch gern Tennis undkickte beim Freiburger FC. Nach einerschweren Erkrankung verlegte er sich späterauf den Golfsport.

Es hat viel mit seiner zupackenden Art undmit seinem Ehrgeiz zu tun, dass er Vereinenicht nur gründete, sondern oft auch gleichderen Präsidentschaft übernahm. StobersHerz aber schlug von Anfang an für denWintersport, und dabei ist es bis heute ge-blieben. Er trainierte mit Christl Cranz, derlegendären Freiburger Skirennfahrerin derVorkriegszeit. Später förderte er den Nor-dischen Kombinierer Georg Thoma. DerHütebub aus Hinterzarten gewann 1960 beiden Olympischen Winterspielen von SquawValley als erster Mitteleuropäer die Gold-medaille. Es war auch im Leben des Funk-tionärs Fredy Stober einer der schönstenTage. „Dabei wollte ich genau das niemalssein, ein Funktionär.“

Der Macher der ersten Stunde bleibt am Ruder: Willi Daume bei seiner fünften Wiederwahl zum DSB-Präsidenten in Hamburg (Oktober1958); mit Heinz Huth und ProfessorCarlo Schmidt (v.l.n.r.)

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66 [ Bewegungsmelder ] Faktor Sport

2011Jan Tenhaven ist der Regisseur des berührenden Films über hochbetagte Frauen und Männer,die bei der Leichtathletik-WM in Finnland antreten. Er handelt vom Verlieren und Gewinnen,Altwerden und Jungbleiben, vom Leben und vielleicht auch vom Tod seiner quicklebendigenProtagonisten (siehe Faktor Sport 2/2010). Zunächst steht „Herbstgold“ im Wettbewerb um diesogenannte Shortlist, die besten 15 internationalen Dokumentarfilme. Fünf davon werdenschließlich nominiert. Der Kinofilm hat seit seiner Premiere im Sommer zahlreiche internatio-nale Preise gewonnen. Am 10. Dezember 2010 erscheint er auf DVD.

Dieter Massin, Präsident des europäischen Senioren-Leichtathletik-Verbandes (EVAA), über„Herbstgold“:

Sie haben mit Regisseur Jan Tenhaven die Idee für den Dokumentarfilm „Herbstgold“ ent-wickelt. Was hat Sie dazu bewegt? Mir war wichtig, ein anderes Bild von Senioren zu zeichnen,als dies in den Medien üblich ist, und deutlich zu machen: Wenn ihr Sport treibt, könnt ihr auchim höchsten Alter Teil der Gesellschaft sein. Das zeigt der Film auf eine unwahrscheinlich netteArt. Sporttreiben hat einen Wert, auch wenn der Diskus nur acht Meter weit fliegt.

Bergen solche Bilder nicht auch die Gefahr, dass hier ehrgeizige Greise vorgeführt werden?Ich war kürzlich auf der Geburtstagsfeier befreundeter Leichtathleten, die zur Kinovorführungdes Films einluden. Es herrschte absolute Begeisterung, und nachher kamen Gäste auf mich zu– keine Sportler, sondern Menschen aus Wirtschaft oder Politik – und schwärmten davon, wieSport hier dargestellt wird: nämlich eher als ganz persönliche Freude denn als ehrgeizige Übung.Der Film ist ein Mutmacher, auch wenn die Leistungen abnehmen.

Dann richtet sich die Botschaft also nicht nur an Sportler? Für die Darsteller im Film ist derSport alles. Er hilft beispielsweise darüber hinweg, dass der Partner nicht mehr lebt. Aber essind keine Leute, die im Alter Erfolg suchen, weil sie vielleicht früher nicht gut genug waren.Sie zeigen, dass sie weiter Freude am Leben haben und dazugehören. Sie wollen möglichstlange gesund bleiben.

WM ALS SCHAUFENSTERDie 41. Alpinen Ski-Weltmeisterschaftenvom 6. bis 20. Februar in Garmisch-Parten-kirchen sind auch ein Schaufenster für die Organisatoren und die Wintersport-Begeisterung des deutschen Publikums.Ein gelungenes Skisportfest würde der Bewerbung um die Olympischen und Para-lympischen Winterspiele 2018 weiterenSchwung verleihen.

VORSCHAU

BESUCH VOM IOCVom 1. bis 4. März 2011 wird das Konzept derOlympiabewerbung Münchens und Garmisch-Partenkirchens auf Herz und Nieren geprüft.Dann nämlich werden die elf Mitglieder derIOC-Evaluierungskommission München alsletzte der drei Bewerberstädte besuchen.

WEITERE TERMINE10. DEZEMBER: Feierstunde in Hannover: Hier wurde der DeutscheSportbund vor 60 Jahren gegründet.

10. – 11. DEZEMBER 2010:Tagung „Erinnerungskultur im deutschen Sport“in Köln

13. – 30. JANUAR 2011:22. Handball-Weltmeisterschaft der Männer in Schweden

24. – 30. JANUAR 2011:Eiskunstlauf-Europameisterschaft in Bern in der Schweiz

5. FEBRUAR 2011:41. „Ball des Sports“ in Wiesbaden

14. – 27. FEBRUAR 2011:Bob- und Skeleton-Weltmeisterschaften in Königssee

21. – 27. MÄRZ 2011:Eiskunstlauf-Weltmeisterschaften in Nagano, Japan

30. APRIL – 15. MAI 2011:75. Eishockey-Weltmeisterschaft der Herren in der Slowakei

Die nächste Ausgabe von Faktor Sport erscheint im März 2011

IMPRESSUMHerausgeber: Deutscher Olympischer Sportbund | Generaldirektor Dr. Michael Vesper | Otto-Fleck-Schneise 12 |D-60528 Frankfurt am Main | AG Frankfurt | VR 13581 | Deutsche Sport-Marketing GmbH | GeschäftsführerAxel Achten | Schaumainkai 91 | D 60596 Frankfurt am Main | AG Frankfurt | HRB 26615 | USt-ID-Nr.DE114139775 | Redaktionsleitung: Marcus Meyer | E-Mail: [email protected] | Jörg Stratmann |E-Mail: [email protected] | Bildnachweis: dpa Picture-Alliance GmbH | Eurosport | Getty Images |Schenker Deutschland AG | Patrick Seeger | Klaus Vyhnalek | Konzeption, Realisation, Druck, Vermarktung:medienfabrik Gütersloh GmbH | Carl-Bertelsmann-Straße 33 | 33311 Gütersloh | Telefon: 05241/23480-0 |Telefax: 05241/23480-215 | www.medienfabrik.de | Autoren: Frank Becker | Klaus Janke | Bertram Job (job) |Roland Karle | Marcus Meyer (mm) | Nicolas Richter (nic) | Jasper Rothbaum| Elke Rutschmann |Nikolaus Seelig | Jörg Stratmann | Andreas Strepenick | Yvonne Wagner

Mit freundlicher Unterstützung der Fotoagentur dpa Picture-Alliance GmbH

– ist zu vermuten – dürfte Jan Tenhaven sich vorsorglich den Februar

freigehalten haben. Der Seniorensportstreifen „Herbstgold“ nämlich

geht als deutscher Dokumentarfilm ins Rennen um die Oscars, die

in rund drei Monaten in Los Angeles verliehen werden.

Alfred Proksch (101) zeigt in einer Szene des Dokumentarfilms „Herbstgold“ seine Medaille

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Für viele Sportler der beste Start vor dem Start.

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Fairness und Teamgeist, Erfolg durch höchste Leistungsbereitschaft: Lufthansaund der Sport teilen dieselben Werte. Denn im wirtschaftlichen Wettbewerb istes kaum anders als im sportlichen Wettkampf. Es zählen unbedingter Einsatzund der Wille, immer noch ein bisschen besser zu werden. Bei so viel Nähe istes nicht verwunderlich, dass Lufthansa bereits seit vielen Jahren verlässlicherPartner des deutschen Sports ist – und bevorzugte Airline vieler Spitzensportler.Unser breites Engagement hat uns zu etwas ganz Besonderem gemacht:zur Airline des Sports.

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