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Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung Klagenfurt I Graz I Wien Hospeace“ Hospeace“ Idee und Idee und gesellschaftspolitisch gesellschaftspolitisch e Kraft der e Kraft der Hospizarbeit Hospizarbeit Andreas Heller Andreas Heller

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„„Hospeace“Hospeace“Idee und gesellschaftspolitische Idee und gesellschaftspolitische

Kraft der HospizarbeitKraft der Hospizarbeit

Andreas HellerAndreas Heller

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Die Hospizbewegung ist eine soziale Bewegung, die eine Die Hospizbewegung ist eine soziale Bewegung, die eine gesellschaftliche Thematisierungsleistung erbracht hat.gesellschaftliche Thematisierungsleistung erbracht hat.

• Soziale Bewegung erbringt eine Soziale Bewegung erbringt eine Thematisierungsleistung: Sterben, Tod und Thematisierungsleistung: Sterben, Tod und Trauer auf die Tagesordnung „der Gesellschaft“ Trauer auf die Tagesordnung „der Gesellschaft“ und in den Kommunikationshaushalt der und in den Kommunikationshaushalt der Gesellschaft gespeistGesellschaft gespeist

• Die Hospizbewegung ist föderalistisch, kein Die Hospizbewegung ist föderalistisch, kein „Urknall“, „keine Urmutter“„Urknall“, „keine Urmutter“

• Gleichzeitig ungleichzeitig werden Gleichzeitig ungleichzeitig werden unterschiedliche Zugänge zur Realisierung der unterschiedliche Zugänge zur Realisierung der Idee gefunden, Hospiz im Pflegeheim, Hospiz, Idee gefunden, Hospiz im Pflegeheim, Hospiz, Palliativstation an Uniklinik, Schulung Palliativstation an Uniklinik, Schulung ehrenamtlicher, Rund-um-die-Uhr-Betreuungen, ehrenamtlicher, Rund-um-die-Uhr-Betreuungen, Bildungsarbeit, Betten im Pfarrhaus…Bildungsarbeit, Betten im Pfarrhaus…

• Die Hospizbewegung war Praxis und Die Hospizbewegung war Praxis und betroffenennah, hilfeorientiert, betroffenennah, hilfeorientiert, selbsterfahrungsbezogen und reflektiert sich im selbsterfahrungsbezogen und reflektiert sich im Prozess der eigenen GeneseProzess der eigenen Genese

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Diese Thematisierungsleistung ist nicht Diese Thematisierungsleistung ist nicht selbstverständlich. selbstverständlich.

• „„Deutschland war Deutschland war ein hartes Pflaster.“ ein hartes Pflaster.“ (Johann Student)(Johann Student)

• Es gab vielfach Es gab vielfach explizite und explizite und implizite implizite WiderständeWiderstände

• „„der der Verzögerungseffekt Verzögerungseffekt in Deutschland“in Deutschland“

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Die AIDS- Hospizgeschichte fokussiert Themen und Die AIDS- Hospizgeschichte fokussiert Themen und Positionen Positionen

„„Natürlich ist mir in der Auseinandersetzung Natürlich ist mir in der Auseinandersetzung mit den Hospizcrack irgendwie deutlich mit den Hospizcrack irgendwie deutlich geworden, dass sie ein Konzept von Tod und geworden, dass sie ein Konzept von Tod und Sterben haben… Und dass wir offensichtlich Sterben haben… Und dass wir offensichtlich auch eines haben, aber ein ganz anderes… auch eines haben, aber ein ganz anderes… Wir hatten kein Konzept „schöner Sterben“, Wir hatten kein Konzept „schöner Sterben“, ja, also, da muss man ganz ernst sagen, das ja, also, da muss man ganz ernst sagen, das ist ein Antikonzept gewesen. Sterben ist ist ein Antikonzept gewesen. Sterben ist genauso individuell wie das Leben, das genauso individuell wie das Leben, das gehört zum Leben dazu und damit gehört gehört zum Leben dazu und damit gehört auch Sexualität dazu. Damit gehört Rausch auch Sexualität dazu. Damit gehört Rausch dazu, damit gehört Ärger, Wut dazu. … wir dazu, damit gehört Ärger, Wut dazu. … wir wollen so sterben wie wir gelebt haben. … wollen so sterben wie wir gelebt haben. … Und wenn mein Leben schrill und bunt war, Und wenn mein Leben schrill und bunt war, dann möchte ich auch bitte schrill und bunt dann möchte ich auch bitte schrill und bunt sterben können.“ sterben können.“

(Bernd Vielhaber)(Bernd Vielhaber)

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Hospizbewegung und Palliativmedizin in Deutschland eine zweigleisige Hospizbewegung und Palliativmedizin in Deutschland eine zweigleisige EntwicklungEntwicklung

„„Ja, und ich bin weiterhin der Meinung, dass Ja, und ich bin weiterhin der Meinung, dass Palliativmedizin und Hospizidee nicht Palliativmedizin und Hospizidee nicht getrennt werden darf, auch nicht in der getrennt werden darf, auch nicht in der Philosophie. Das heißt, das was wir tun ist im Philosophie. Das heißt, das was wir tun ist im besten Sinne hospizliche Arbeit. Und wenn besten Sinne hospizliche Arbeit. Und wenn Stationen sich so abgrenzen von der Stationen sich so abgrenzen von der Hospizidee, was manchmal passiert, so halt Hospizidee, was manchmal passiert, so halt ich das für eine falsche Entwicklung. Wir ich das für eine falsche Entwicklung. Wir dürfen diese Wurzeln, die Cicely Saunders ja dürfen diese Wurzeln, die Cicely Saunders ja auch betont hat, die kommt ja auch aus dem auch betont hat, die kommt ja auch aus dem hospice. Das hat so viel mehr als die, ich sag hospice. Das hat so viel mehr als die, ich sag einmal, nüchterne Palliativmedizin, das, ich einmal, nüchterne Palliativmedizin, das, ich sag mir, man sagt, das sind zwei Seiten der sag mir, man sagt, das sind zwei Seiten der gleichen Münze. Und es gibt keinen Euro, der gleichen Münze. Und es gibt keinen Euro, der nur mit einer Seite Zahlungsmittel ist. Da ist nur mit einer Seite Zahlungsmittel ist. Da ist uns das so wichtig, dieses hospizliche uns das so wichtig, dieses hospizliche Denken.“Denken.“

(Thomas Binsack)(Thomas Binsack)

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Vom Miteinander und Füreinander und den Vom Miteinander und Füreinander und den leeren Händen ….leeren Händen ….

„„Was ich mir nicht wünsche ist, das etwas entsteht, was Was ich mir nicht wünsche ist, das etwas entsteht, was es nicht nur in der Medizin gibt, sondern überall es nicht nur in der Medizin gibt, sondern überall dort, wo Entwicklung stattfindet, nämlich eine dort, wo Entwicklung stattfindet, nämlich eine gewisse Fächerarroganz. Die Palliativmedizin lebt gewisse Fächerarroganz. Die Palliativmedizin lebt vom Gegenteil, sie lebt von Kooperation, vom vom Gegenteil, sie lebt von Kooperation, vom Miteinander und vom Füreinander. Ich glaube das Miteinander und vom Füreinander. Ich glaube das wären die wesentlichen Dinge.“wären die wesentlichen Dinge.“

(Heinz Pichlmaier)(Heinz Pichlmaier)

„„Die Haltung der leeren HändeDie Haltung der leeren Hände

„„Es ist ein wichtiger Punkt, dass wir immer wieder auch Es ist ein wichtiger Punkt, dass wir immer wieder auch in der Hospizarbeit ein Bewusstsein für unsere in der Hospizarbeit ein Bewusstsein für unsere Begrenztheit und uns're Grenzen bewahren. Dass Begrenztheit und uns're Grenzen bewahren. Dass wir nämlich als Betreuer mit leeren Händen wir nämlich als Betreuer mit leeren Händen kommen und eigentlich oft da am Bett sitzen und kommen und eigentlich oft da am Bett sitzen und eigentlich nix haben, weder tolle Techniken noch eigentlich nix haben, weder tolle Techniken noch tolle Kenntnisse noch sonst was.“tolle Kenntnisse noch sonst was.“

(Thile Kerkovius)(Thile Kerkovius)

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Lehren aus der Hospizarbeit

Was bedauern Sterbende am meisten?1. I wish I´d the courage to live true to myself, not the life others expected of me.2. I wish I hadn´t worked so hard.3. I wish I´d the courage to express my feelings.4. I wish I had stayed in touch with my

friends.5. I wish I had let myself be happier.

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Hospizbewegung in Deutschland in den 70er JahrenHospizbewegung in Deutschland in den 70er Jahren Gegenwind und Missverständnisse Gegenwind und Missverständnisse

„…„…Und ich sagte, ich hab die Absicht in Und ich sagte, ich hab die Absicht in Hannover ein Hospiz zu gründen. Ich Hannover ein Hospiz zu gründen. Ich dachte, jetzt würde die Frau sagen, dachte, jetzt würde die Frau sagen, prima Junge, mach´ so weiter. Und sie prima Junge, mach´ so weiter. Und sie guckte mich ganz lange an und sagte guckte mich ganz lange an und sagte dann so, sie sagte es viel höflicher, sie dann so, sie sagte es viel höflicher, sie ist eine sehr vornehme Dame ist eine sehr vornehme Dame gewesen, sagt aber so, bei mir kam´s gewesen, sagt aber so, bei mir kam´s nur an, oh, oh Junge, da hast du dir nur an, oh, oh Junge, da hast du dir aber was vorgenommen, das wird wohl aber was vorgenommen, das wird wohl nicht so ohne weiteres gehen. Sie hat nicht so ohne weiteres gehen. Sie hat es mir dann auch noch erklärt und hat es mir dann auch noch erklärt und hat gesagt, sie erlebt immer wieder, dass gesagt, sie erlebt immer wieder, dass aus Deutschland Ärztinnen und Ärzte aus Deutschland Ärztinnen und Ärzte kommen, und sagt sie, wundervolle kommen, und sagt sie, wundervolle Leute, aber sie scheitern alle. Und ich Leute, aber sie scheitern alle. Und ich habe damals so innerlich gedacht, na, habe damals so innerlich gedacht, na, du weisst nicht, was ich für eine du weisst nicht, was ich für eine Energie habe. Aber ich hab´s dann Energie habe. Aber ich hab´s dann gemerkt, wie schwer das war. Also, es gemerkt, wie schwer das war. Also, es war ungeheuer viel Gegenwind gegen war ungeheuer viel Gegenwind gegen die Hospizarbeit in Deutschland.“die Hospizarbeit in Deutschland.“

(Johann-Christoph Student)(Johann-Christoph Student)

Prof. DDr. Johann Christoph StudentDeutsches Institut für Palliative Care

(DIfPC)

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Der Film: Noch 16 Tage Der Film: Noch 16 Tage – eine Sterbeklinik in London– eine Sterbeklinik in London

„„Es war schon auch eine Zeit lang, also Es war schon auch eine Zeit lang, also massiver Widerstand von den Kirchen und massiver Widerstand von den Kirchen und dann vor allem von den Trägern, von den dann vor allem von den Trägern, von den Ärzten, von, gerade aus dem Fach, aus Ärzten, von, gerade aus dem Fach, aus den Fachbereichen war massiver den Fachbereichen war massiver Widerstand. Von der Bevölkerung war Widerstand. Von der Bevölkerung war irgendwo so eine Überraschung und, ja, irgendwo so eine Überraschung und, ja, Irritation, soll man sich damit befassen? Irritation, soll man sich damit befassen? Und bei betroffenen Angehörigen, die Und bei betroffenen Angehörigen, die solche Phasen miterlebt haben, eher so, solche Phasen miterlebt haben, eher so, ja, das ist doch eine Hilfe. ... Das hat mich ja, das ist doch eine Hilfe. ... Das hat mich immer höchst erstaunt, dass die so immer höchst erstaunt, dass die so ignorant reagiert haben, und so ignorant reagiert haben, und so abwehrend. Und da war er schon, er ist ja abwehrend. Und da war er schon, er ist ja nicht leicht zu entmutigen gewesen, der nicht leicht zu entmutigen gewesen, der hat dann gesagt, ja, das braucht halt hat dann gesagt, ja, das braucht halt seine Zeit und Deutsche sind dümmer und seine Zeit und Deutsche sind dümmer und so, weniger sensibel und so weiter. Und so, weniger sensibel und so weiter. Und da heben wir halt im Laufe der 80er Jahre da heben wir halt im Laufe der 80er Jahre diese grundlegende Informationstour da diese grundlegende Informationstour da gemacht, um überhaupt ein Stückchen gemacht, um überhaupt ein Stückchen weiterzukommen.“weiterzukommen.“

(Gerburg Vogt)(Gerburg Vogt)

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Ghettoisierung der SterbendenGhettoisierung der Sterbenden

„„Aber eigentlich war uns allen klar, dass Aber eigentlich war uns allen klar, dass es nicht darauf ankommt, hier es nicht darauf ankommt, hier Hospize zu bauen, auf die grüne Hospize zu bauen, auf die grüne Wiese zu stellen und einen weiteren Wiese zu stellen und einen weiteren Versorgungszweig auf zu machen, Versorgungszweig auf zu machen, wo dann die Sterbenden betreut wo dann die Sterbenden betreut werden, weil, zu Recht natürlich, werden, weil, zu Recht natürlich, befürchtet wurde, dann käme es zu befürchtet wurde, dann käme es zu eine Ghettoisierung der Sterbenden. eine Ghettoisierung der Sterbenden. Und genau das war nicht gewollt, Und genau das war nicht gewollt, das hatte sich ja auch schon Jahre das hatte sich ja auch schon Jahre vorher gezeigt, als nämlich es eine vorher gezeigt, als nämlich es eine kleine Anfrage mal gegeben hat zu kleine Anfrage mal gegeben hat zu Hospizen oder zu der Idee Hospize zu Hospizen oder zu der Idee Hospize zu haben und Sterbende eben mit ´nem haben und Sterbende eben mit ´nem besonderen Konzept zu betreuen. besonderen Konzept zu betreuen. Diese Anfrage - da war ich noch nicht Diese Anfrage - da war ich noch nicht bei der Truppe - die ist damals total bei der Truppe - die ist damals total abgebügelt worden von der abgebügelt worden von der damaligen Regierung. Nämlich mit damaligen Regierung. Nämlich mit dem Hinweis: Wir wollen diese dem Hinweis: Wir wollen diese Ghettos nicht, ne?“ Ghettos nicht, ne?“

Petra Weritz-HanfBundesministerium für

Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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Edward Raczyński 10. Dezember 1942Edward Raczyński 10. Dezember 1942

„Ein erster, zur Ausrottung der Juden führender Schritt war bereits im Oktober 1940 die

Einrichtung eines Ghettos in Warschau. …Die Lebensmittelrationen für die

Ghettobevölkerung betrugen rund ein Pfund pro Person in der Woche und sonst praktisch gesehen nichts mehr. Dadurch wuchsen die

Preise im Ghetto im Vergleich zu jenen außerhalb der Ghettos um das Zehnfache, die Sterblichkeit durch Erschöpfung, Hunger und Krankheiten erreichte – insbesondere in den vergangenen beiden Wintern – beispiellose

Ausmaße. Im Winter 1941/42 betrug die Sterblichkeit, auf das Jahr hochgerechnet, 13 Prozent; im ersten Viertel des Jahres 1942 lag sie noch höher. In den Straßen des Ghettos findet sich jeden Tag eine große Zahl von

Leichen. (463)

Guesndt, Francois (Hg.): Der Fremde als Nachbar. Polnische Positionen zur jüdischen Präsenz. Texte sei 1800. Denken u. Wissen. Eine polnische Bibliothek hgg. V. Dieter Bingen, Frankfurt 2009

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Warschauer Ghetto, 07. Dezember 1970Warschauer Ghetto, 07. Dezember 1970

„Immer wieder bin ich gefragt worden, was es mit dieser Geste

auf sich gehabt habe. Ob sie etwa geplant gewesen sei? ... Am

Abgrund der deutschen Geschichte

und unter der Last der Millionen

Ermordeten tat ich, was Menschen tun, wenn die Sprache

versagt.“[4]

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Götz Aly „Euthanasiemorde“ Götz Aly „Euthanasiemorde“

„Den Euthanasiemorden fielen zwischen 1939 und 1945 etwa 200.000 Deutsche zu Opfer. Die vielen Beteiligten sprachen beschönigend von Erlösung, Lebensunterbrechung, Gnadentod,

Sterbehilfe oder eben von Euthanasie. Sie agierten halb geheim, doch inmitten der

Gesellschaft. Viele Deutsche befürworteten den gewaltsamen Tod der „nutzlosen Esser“, zumal im Krieg; nur wenige verurteilten das Morden deutlich, die meisten schwiegen schamhaft,

wollten es nicht allzu genau wissen. Das setzte sich nach 1945 fort. Nur ausnahmsweise erinnerten sich Familien ihrer ermordeten

Tanten, Kleinkinder, Geschwister oder Großväter. Erst heute, nach rund 70 Jahren, löst sich der Bann. Langsam tauchen jene

Vergessenen wieder auf, die sterben mussten, weil sie unmoralisch, gemeingefährlich,

arbeitsunfähig oder dauernd pflegebedürftig waren, weil sie ihre Familien mit einem Makel

belasteten.“Aly, Götz (2013): Die Belasteten. Eine Gesellschaftsgeschichte. Euthanasie 1939-1945. Frankfurt 2013, 9

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Bedeutung der Pionierinnen für die deutsche Bedeutung der Pionierinnen für die deutsche HospizbewegungHospizbewegung

„„Cicely Saunders hat Cicely Saunders hat die Institution und die Institution und Elisabeth Kübler-Elisabeth Kübler-Ross die Ross die Bewegung Bewegung gefördert.“ gefördert.“

(Daniela Tausch- Flammer) (Daniela Tausch- Flammer)

Cicely Saunders

Elisabeth Kübler-Ross

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„„Also die Cicely Saunders war einfach eine Dame, Also die Cicely Saunders war einfach eine Dame, würd ich sagen. Elisabeth Kübler-Ross, ich hätte würd ich sagen. Elisabeth Kübler-Ross, ich hätte beinahe gesagt, ein Mädchen, das stimmt beinahe gesagt, ein Mädchen, das stimmt natürlich nicht, aber sie hat ja von der Form der natürlich nicht, aber sie hat ja von der Form der Figur und von der Kraft sowas Durchtrainiertes, Figur und von der Kraft sowas Durchtrainiertes, ein Energiebolzen würd ich sagen. Und Cicely ein Energiebolzen würd ich sagen. Und Cicely Saunders hat, glaub ich, ganz viel für Institution Saunders hat, glaub ich, ganz viel für Institution getan, und die Elisabeth Kübler-Ross hat getan, und die Elisabeth Kübler-Ross hat eigentlich ganz viel für die Bewegung getan, die eigentlich ganz viel für die Bewegung getan, die war eigentlich für die Hospizbewegung, indem war eigentlich für die Hospizbewegung, indem sie die Seminare gemacht hat, mit den Ärzten, sie die Seminare gemacht hat, mit den Ärzten, und so weiter. Sie hatte dann ja auch eine kurze und so weiter. Sie hatte dann ja auch eine kurze Zeit dieses Aids-Hospiz, aber ich denk, sie war Zeit dieses Aids-Hospiz, aber ich denk, sie war eher so die, die den Geist verbreitet hatte. Das eher so die, die den Geist verbreitet hatte. Das hat die Cicely Saunders auch, aber auf eine hat die Cicely Saunders auch, aber auf eine andere Art… ein bisschen distanzierter. Das andere Art… ein bisschen distanzierter. Das mein ich so mit der Dame. Und die Elisabeth mein ich so mit der Dame. Und die Elisabeth Kübler-Ross so mitten rein, würde ich sagen und Kübler-Ross so mitten rein, würde ich sagen und die Cicely Saunders hatte eine Distanz, hat die Cicely Saunders hatte eine Distanz, hat immer den Anstand bewahrt, einfach Grande immer den Anstand bewahrt, einfach Grande Dame, finde ich, das passt. Beide haben enorm Dame, finde ich, das passt. Beide haben enorm viel bewirkt.“ viel bewirkt.“

(Daniela Tausch- (Daniela Tausch- Flammer)Flammer)

Zwischen Institution und BewegungZwischen Institution und Bewegung

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Cicely Saunders und PolenCicely Saunders und Polen

Antoni Michniewicz

Marian Bohusz-Szyszko

David Tasma

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Heinrich Pera (1938-2004): Deutsche Hospizarbeit Heinrich Pera (1938-2004): Deutsche Hospizarbeit wurzelt auch in Polenwurzelt auch in Polen

„Ich selbst hatte Kontakte nach Krakau (Kraków) Polen, wo ich schon 1968 das Anliegen und die Inhalte der Hospizidee kennen und schätzen lernte. Cicely Saunders war mit dem Krakauer Professor Dr. Marian Bohusz verheiratet, so kam die Verbindung zwischen London und Krakau zustande. Im polnischen Nowa Huta gab es ehrenamtliche Helferinnen, deren Vorbereitung auf die Arbeit ich zu einem Teil übernommen hatte; Ausgangspunkt war die Kirchengemeinde, die dabei war, endlich eine Kirche zu errichten. 1972 wurde diese erste Kirche in Nowa Huta eingeweiht. Dem damaligen Bischof in Krakau, dem späteren Papst Johannes Paul II., …meinte, wir benötigen keine „Sterbehäuser.“. ….

Heinrich Pera

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Polen im Zweiten Weltkrieg

Polen hatte auf seine Größe bezogen mehr Todesopfer zu beklagen als jedes andere Land auf der Welt. „Von einer Gesamtbevölkerung, die 1939 fünfunddreißig Millionen betrug, verlor Polen über sechs Millionen Bürger, eine Verlustrate von 18 Prozent, gegenüber 0,2 Prozent in den USA, ….7,4 Prozent in Deutschland …. und 11,2 Prozent in der UdSSR. Polen wurde zum Schlachtfeld Europas, zum neuen Golgatha.“ (Norman Davies, Im Herzen Europas. Geschichte Polens, München 4. durchges. Aufl. 2006, 58-59.).

Nirgendwo führte der deutsch-österreichische Nationalsozialismus einen solchen Vernichtungskrieg wie

gegen die Zivilbevölkerung und die jüdische Bevölkerung in Polen.

Adolf Hitlers Ziel: „Vernichtung Polens als Feind“, das auf den verschiedensten Wegen angestrebt werden muss.

(Vgl. Wlodimierz Borodziej, Geschichte Polens im 20. Jahrhundert, München: Beck 2010, 190. Vgl auch im Überblick Ludolf Herbst, Das nationalsozialistische Deutschland 1933-

1945 = Neue Historische Bibliothek, Frankfurt: sv 1285, 1996, 279 ff.)

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Die Bürokratisierung der Sterbenden

„Ein anderes, ebenso wichtiges Resultat des bürokratischen Handlungskontextes ist die Entmenschlichung der eigentlichen Objekte bürokratischen Handelns; es beginnt damit, daß diese Objekte in technisch-formale, ethisch neutrale Begriffe überführt werden. …

Wo die Objekte des bürokratischen Prozesses auf rein quantitative Einheiten reduziert werden. (117)

Menschen verlieren die Eigenschaft des Menschseins, wenn sie auf Zahlen oder Nummern reduziert werden.“ (118)

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Rationalität nicht das einzige

„Aus der Sicht der Opfer hält der Holocaust viele Lehren bereit – die wichtigste, von den Sozialwissenschaften bisher nur am Rande zur Kenntnis genommen: Rationalität ist als einziger Bewertungsmaßstab für die Leistungsfähigkeit von Organisationen völlig unzureichend. In dieser Hinsicht besteht wissenschaftlicher Nachholbedarf, damit die Überbetonung der zunehmende Effizienz menschlichen Handelns, die zu Lasten qualitativer Kriterien wie etwa moralische Normen, nicht dazu führen soll, daß die möglichen negativen Konsequenzen nicht zu Ende gedacht werden.“ (ZB, 165)

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Die Folgen des deutsch-österreichischen Die Folgen des deutsch-österreichischen NationalsozialismusNationalsozialismus

„Die Reaktion einer großen Zahl von Deutschen nach 1945 war jedoch die, sich nicht erinnern zu wollen, sich nicht mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Das war zwar verständlich angesichts der ungeheuren Verluste, aber forderte einen hohen Preis. Die Folgen waren seelische Leere und verdrängter Selbsthass, der dann wieder verschoben und projiziert werden musste. Mit der Abwehr der Trauer haben wir nicht nur die Fähigkeit zum Mitleid mit den Opfern und die Beziehung zur eigenen Gefühlswelt verloren, sondern sehr oft auch die Fähigkeit, eine unmittelbare Beziehung zu den nächsten Generationen aufzubauen, ein aufrichtiges Gespräch mit ihnen zu führen.“

(Margarete Mitscherlich, 2011, 221-222)

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Ein Volk das so viel Tod verursacht in der WeltEin Volk das so viel Tod verursacht in der Welt

„Ich hab für mich so eine Antwort gehabt, die hieß, wahrscheinlich hat es etwas damit zu tun, einem Volk, das so viel Tod verursacht hat in der Welt, dass die vor dem Thema Tod eine Angst, eine Scheu haben, ist eigentlich mehr als verständlich. Dass einen so viel unbewältigte Trauer hindert, das Thema Sterben anzugehen.“

Prof. DDr. Johann Christoph Student und Prof. Dr. Franco Rest reflektieren im Interview die Zusammenhänge von Kriegserfahrung, Nationalsozialismus und Hospizarbeit.

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Sich dem Einzelnen zuwenden: FriedensarbeitSich dem Einzelnen zuwenden: Friedensarbeit

„Eine ganze Nation, eine ganze Gesellschaft, die an der Furcht und der Verleugnung des Todes leidet, kann sich offenbar nur noch durch Vernichtung wehren: Kriege. Aufstände, immer neue Morde und andere Verbrechen könnten durchaus auf unsere schwindende Fähigkeit deuten, dem Tod mit Würde und Bejahung ins Gesicht zu sehen. Vielleicht müssen wir uns wieder dem einzelnen menschlichen Wesen zuwenden, ganz von vorn anfangen und dann versuchen, den eigenen Tod zu fassen und zu lernen, diesem tragischen, doch unausweichlichen Geschehen mit weniger Verwirrung und Angst entgegenzusehen.“

(Elisabeth Kübler-Ross, 20)

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Pazifizierung

Das ... hat natürlich mit der deutschen Geschichte zu tun, irgendwie gab es eine Verzögerung der Beschäftigung mit Sterben überhaupt. Mit dem Umgang mit Sterbenden verband man eigentlich sofort in Deutschland die Gefahr, in eine Euthanasienähe zu gelangen. Also gewissermaßen Sterbehilfe eben doch zu fördern. Und deswegen verweigerte man dem das Bewusstsein“(Rest, Franco)(Rest, Franco)

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Hospeacebewegung als FriedensarbeitHospeacebewegung als Friedensarbeit

"Sag mal, wenn du auf dein Leben zurückschaust, "Sag mal, wenn du auf dein Leben zurückschaust, wirst du es dann nicht bedauern, dass du nicht wirst du es dann nicht bedauern, dass du nicht mehr für die Friedensarbeit auf der Welt getan mehr für die Friedensarbeit auf der Welt getan hast?" Dann hab ich … gedacht, - das denk ich hast?" Dann hab ich … gedacht, - das denk ich auch immer noch -, dass Sterbebegleitung auch immer noch -, dass Sterbebegleitung intensive Friedensarbeit ist. Denn man wird intensive Friedensarbeit ist. Denn man wird sich so sehr bewusst, wie kostbar das Leben, sich so sehr bewusst, wie kostbar das Leben, jedes Leben ist. Ich glaube, jemand der intensiv jedes Leben ist. Ich glaube, jemand der intensiv sich mit Sterben und Tod auseinandergesetzt sich mit Sterben und Tod auseinandergesetzt hat und Sterbebegleitung wirklich macht, der hat und Sterbebegleitung wirklich macht, der kann gar nicht anders als so behutsam und kann gar nicht anders als so behutsam und liebevoll mit Leben umgehen wie es überhaupt liebevoll mit Leben umgehen wie es überhaupt nur möglich ist. Also verstehen sie. nur möglich ist. Also verstehen sie. Ohne Ideologie - ich denke, es ist intensive Ohne Ideologie - ich denke, es ist intensive Friedensarbeit.“Friedensarbeit.“

Inger Hermann, Hospizpionierin aus Inger Hermann, Hospizpionierin aus StuttgartStuttgart

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Das Versöhnende ist Schenken

„Wirkliches Schenken hatte sein Glück in der Imagination des Glücks des Beschenkten. Es heißt wählen, Zeit aufwenden, aus seinem Weg gehen, den anderen als Subjekt denken: das Gegenteil von Vergeßlichkeit. …Alle nicht entstellte Beziehung, ja vielleicht das Versöhnende am organischen Leben selber, ist ein Schenken. Wer dazu durch die Logik der Konsequenz unfähig wird, macht sie zum Ding und erfriert.“ (Theodor W. Adorno, Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben, Frankfurt: suhrkamp 1951, 46.47.)

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Visionen für die Sorge um Menschen am Lebensende – Grundhaltungen und

Strukturen

Andreas Heller

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Krankheitspanorama Demographischer Aufbau der

Bevölkerung Leistungsfähige Medizin,

Pflege; dass schwerstkranke Kinder länger leben ist auch Folge einer interventions-orientierten Medizin

Wir leben länger, und wir sterben länger ...

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Wir leben biologisch länger, aber um eine Ewigkeit kürzer

„„Nun aber ist der Tod im Kloster etwas durchaus Verschiedenes Nun aber ist der Tod im Kloster etwas durchaus Verschiedenes vom Tode in der Welt. Der Tod in der Welt ist wie ein vom Tode in der Welt. Der Tod in der Welt ist wie ein Betriebsunfall bei einem geschäftigen Wolkenkratzerbau. Einer Betriebsunfall bei einem geschäftigen Wolkenkratzerbau. Einer der schwitzenden Arbeiter stürzt vom hohen Gerüst, und seine der schwitzenden Arbeiter stürzt vom hohen Gerüst, und seine Kollegen nehmen für ein paar Sekunden die Pfeife aus dem Mund Kollegen nehmen für ein paar Sekunden die Pfeife aus dem Mund und zwinkern scheu in die Tiefe, wissend, dass es ihnen heut und zwinkern scheu in die Tiefe, wissend, dass es ihnen heut oder morgen ebenso ergehen wird.oder morgen ebenso ergehen wird.

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Wir leben biologisch länger, aber um eine Ewigkeit kürzer

Bartolomé Esteban MurilloDer Tod der heiligen Klara (1645/46)

Der Tod im Kloster aber ist eine Der Tod im Kloster aber ist eine Art Richtfest der Seele, das die Art Richtfest der Seele, das die zünftigen Maurer und zünftigen Maurer und Zimmerleute feiern, wenn das Zimmerleute feiern, wenn das Haus aufgestellt ist. Man hat mit Haus aufgestellt ist. Man hat mit unermüdlichem Fleiß gearbeitet unermüdlichem Fleiß gearbeitet für diesen einzigen Tag wo man für diesen einzigen Tag wo man aufatmen darf und hoffen, daß aufatmen darf und hoffen, daß die sichere Wohnung erbaut ist die sichere Wohnung erbaut ist für immer. Ein Todestag im für immer. Ein Todestag im Kloster kann mit der Sensation Kloster kann mit der Sensation festlicher Neugierde verbunden festlicher Neugierde verbunden sein. Die Nonnen drängen sich sein. Die Nonnen drängen sich gerne um die Sterbenden zum gerne um die Sterbenden zum inbrünstigen Gebet. Sie glauben, inbrünstigen Gebet. Sie glauben, ihrer Schwester helfen zu können ihrer Schwester helfen zu können in den letzten Wehen. Sie fühlen in den letzten Wehen. Sie fühlen sich als weise Frauen, als sich als weise Frauen, als Hebammen der übernatürlichen Hebammen der übernatürlichen Entbindung einer Seele in die Entbindung einer Seele in die andere Welt.“andere Welt.“

Franz Werfel, Das Lied von Bernadette. Franz Werfel, Das Lied von Bernadette. Roman, Stockholm 1941: Frankfurt: Fischer Roman, Stockholm 1941: Frankfurt: Fischer Taschenbuch 9462 10. Aufl. 2002. 472. Taschenbuch 9462 10. Aufl. 2002. 472.

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„Was ich dich fragen wollte…. Sind sonst schon viel Todesfälle vorgekommen, seit du hier oben bist?“…Mehrere sicher… aber sie werde diskret behandelt, verstehst du, man erfährt nichts davon oder nur gelegentlich, später, es geht im strengsten Geheimnis vor sich, wenn einer stirbt. … wenn neben dir jemand stirbt, das merkst du gar nicht. Und der Sarg wird in aller Frühe gebracht, wenn du noch schläfst…“ Hm, sagte Hans Castorp und zeichnete weiter. „Hinter den Kulissen also geht so etwas vor sich.“

Thomas Mann, Der Zauberberg, erstmals 1924 erschienen.

Wir sterben eher hinter den Kulissen von Organisationen

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Auf dem Sterbemarkt haben wir in der Autonomiezumutung ein Multioptionsdilemma

• Leben und Sterben heute sind kein Großunternehmen in öffentlicher, sondern ein Kleinunternehmen in privater Hand

• Leben und Sterben werden zum Projekt und als „Projekt zum Projektil“ (Byung Chun Han)

• Die Marktgesellschaft bietet dem autonomen Menschen Sterbe- und Tötungsmöglichkeiten an:

• Hospizlich, palliativ, sediert, assistiert suizidiert, euthanasiert…

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Adam Smith (1723 – 1790)Adam Smith (1723 – 1790)Begründer der klassischen liberalen ÖkonomieBegründer der klassischen liberalen Ökonomie

„„Nicht vom Wohlwollen des Metzgers, Nicht vom Wohlwollen des Metzgers, Bauers, Bäckers erwarten wir das, was Bauers, Bäckers erwarten wir das, was wir zum Essen brauchen, sondern davon, wir zum Essen brauchen, sondern davon, dass sie ihre eigenen Interessen dass sie ihre eigenen Interessen wahrnehmen. Wir wenden uns nicht an wahrnehmen. Wir wenden uns nicht an ihre Menschen- sondern an ihre ihre Menschen- sondern an ihre Eigenliebe, und wir erwähnen nicht die Eigenliebe, und wir erwähnen nicht die eigenen Bedürfnisse, sondern sprechen eigenen Bedürfnisse, sondern sprechen von ihrem Vorteil. Niemand möchte von ihrem Vorteil. Niemand möchte weitgehend vom Wohlwollen seiner weitgehend vom Wohlwollen seiner Mitmenschen abhängen, außer einem Mitmenschen abhängen, außer einem Bettler, und selbst der verlässt sich Bettler, und selbst der verlässt sich nicht allein darauf.“nicht allein darauf.“

Adam Smith, Der Wohlstand der Nationen. Eine Untersuchung Adam Smith, Der Wohlstand der Nationen. Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen, München:dtv 1978, 17seiner Natur und seiner Ursachen, München:dtv 1978, 17

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„„Sterbeverwaltung…“Sterbeverwaltung…“

„„Bürokratismus kann man als Bürokratismus kann man als Methode definieren, bei der Methode definieren, bei der

a)a) Menschen wie Dinge verwaltet Menschen wie Dinge verwaltet werden und werden und

b)b) Dinge nach quantitativen statt Dinge nach quantitativen statt qualitativen Gesichtspunkten qualitativen Gesichtspunkten behandelt werden, um die behandelt werden, um die Quantifizierung und Kontrolle Quantifizierung und Kontrolle zu erleichtern und zu zu erleichtern und zu verbilligen. Das bürokratische verbilligen. Das bürokratische Verfahren wird von Verfahren wird von statistischen Daten gesteuert; statistischen Daten gesteuert; Bürokraten handeln aufgrund Bürokraten handeln aufgrund starrer Regeln, Die auf starrer Regeln, Die auf statistischen Daten basieren, statistischen Daten basieren, nicht in spontanere Reaktion nicht in spontanere Reaktion auf die vor ihnen stehenden auf die vor ihnen stehenden Personen. Sie entscheiden Personen. Sie entscheiden Sachfragen anhand der Fälle, Sachfragen anhand der Fälle, die statistisch am häufigsten die statistisch am häufigsten vorkommen“ … (182-183)vorkommen“ … (182-183)

Erich Fromm

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Wider die Bürokratisierung (des Sterbens)Wider die Bürokratisierung (des Sterbens)

„„Genauigkeit, Schnelligkeit, Eindeutigkeit, Genauigkeit, Schnelligkeit, Eindeutigkeit, Kenntnis der Akten, Kontinuität, Kenntnis der Akten, Kontinuität, Diskretion, Einmütigkeit, strenger Diskretion, Einmütigkeit, strenger Gehorsam, reduzierte Gehorsam, reduzierte Reibungsverluste sowie Material- und Reibungsverluste sowie Material- und Personalkosten – all das erreicht in Personalkosten – all das erreicht in einer streng bürokratischen einer streng bürokratischen Verwaltung einen Kulminationspunkt … Verwaltung einen Kulminationspunkt … die Bürokratisierung bietet zuallererst die Bürokratisierung bietet zuallererst die Möglichkeit der Spezialisierung von die Möglichkeit der Spezialisierung von Verwaltungsfunktionen auf der Basis Verwaltungsfunktionen auf der Basis völlig objektiver Kriterien … völlig objektiver Kriterien … „Objektive“ Amtsausübung richtet sich „Objektive“ Amtsausübung richtet sich nach berechenbaren Regeln und wird nach berechenbaren Regeln und wird „Ohne Ansehen der Person“ vollzogen“„Ohne Ansehen der Person“ vollzogen“

Max Weber Max Weber 1864-1920, 1864-1920,

deutscher Soziologedeutscher Soziologe

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Wider die „Hospizliche Normativität?“Wider die „Hospizliche Normativität?“

……Wer nicht loslassen kann…Wer nicht loslassen kann…Wer sein leben nicht durchgearbeitet hat, Wer sein leben nicht durchgearbeitet hat, kann nicht gut sterben.kann nicht gut sterben.

Wer seine unerledigten Geschäfte nicht Wer seine unerledigten Geschäfte nicht besorgt hat, dem gelingt das Sterben nicht.besorgt hat, dem gelingt das Sterben nicht.

Wer nicht aktiv die Gestaltung des Wer nicht aktiv die Gestaltung des Sterbens annimmt, stirbt nicht gut,Sterbens annimmt, stirbt nicht gut,

Wer das Alter nicht als eine Wer das Alter nicht als eine Expansionsphase ins Spirituelle begreift, Expansionsphase ins Spirituelle begreift, wird nicht weise.wird nicht weise.

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Medizin als Produktionsprozess…Medizin als Produktionsprozess…

Mensch als Produkt in das ingenieurhaft Mensch als Produkt in das ingenieurhaft eingegriffen wirdeingegriffen wird

Medizin ist auf serielle Herstellung von Medizin ist auf serielle Herstellung von Gesundheit oder standardisierten Gesundheit oder standardisierten Qualitätsaspekten ausgerichtetQualitätsaspekten ausgerichtet

Objektive vergleichbare evidenzbasierte, Objektive vergleichbare evidenzbasierte, ökonomische rationale Kriterienökonomische rationale Kriterien

ABERABER

Kranksein betrifft den ganzen Menschen, Kranksein betrifft den ganzen Menschen, verändert ihn, hinterlässt Spurenverändert ihn, hinterlässt Spuren

Der Arzt ist als Person – die Ärztin als Der Arzt ist als Person – die Ärztin als Persönlichkeit - wichtigPersönlichkeit - wichtig

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… … wie man Bänke wäscht wie man Bänke wäscht

„„Man lässt sie schlafen. Man lässt sie schlafen. Tag und Nacht.- Den Tag und Nacht.- Den Neuen Sagt man. Hier Neuen Sagt man. Hier schläft man sich schläft man sich gesund.- Nur Sonntags gesund.- Nur Sonntags für den Besuch lässt für den Besuch lässt man sie etwas wacher.man sie etwas wacher.

Nahrung wird wenig Nahrung wird wenig noch verzehrt. Die noch verzehrt. Die Rücken sind wund. Du Rücken sind wund. Du siehst die Fliegen. siehst die Fliegen. Manchmal wäscht sie Manchmal wäscht sie die Schwester - wie die Schwester - wie man Bänke wäscht ...“man Bänke wäscht ...“

Gottfried Benn (1886-1956)

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Achtsamkeit über den Tod

http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/9636037

„„Es hat entscheidende Bedeutung, Es hat entscheidende Bedeutung, Achtsamkeit über den Tod zu Achtsamkeit über den Tod zu entwickeln – darüber entwickeln – darüber nachzudenken, dass wir nicht nachzudenken, dass wir nicht lange in diesem Leben bleiben lange in diesem Leben bleiben werden. Wenn wir uns des Todes werden. Wenn wir uns des Todes nicht bewusst sind, werden wir es nicht bewusst sind, werden wir es versäumen, dieses besondere versäumen, dieses besondere menschliche Leben, das wir jetzt menschliche Leben, das wir jetzt erlangt haben zu nutzen. Dieses erlangt haben zu nutzen. Dieses menschliche Leben i s t sinnvoll ... menschliche Leben i s t sinnvoll ... Um das Leben sinnvoll werden zu Um das Leben sinnvoll werden zu lassen, ist es entscheidend, Altern lassen, ist es entscheidend, Altern und Tod als Bestandteil unseres und Tod als Bestandteil unseres Lebens zu akzeptieren. Hat man Lebens zu akzeptieren. Hat man das Gefühl, der Tod sei so gut wie das Gefühl, der Tod sei so gut wie unmöglich, so bringt das nur mehr unmöglich, so bringt das nur mehr Gier und mehr Schwierigkeiten Gier und mehr Schwierigkeiten hervor.“ hervor.“ Dalai Lama, Der Weg zum Dalai Lama, Der Weg zum sinnvollen Leben, Freiburg 2003, sinnvollen Leben, Freiburg 2003, 31.33. 31.33.

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„„Auto - Nomos“: Das Ideal vom autonomen Subjekt Auto - Nomos“: Das Ideal vom autonomen Subjekt in Humanismus und Aufklärungin Humanismus und Aufklärung

Der vernünftige Der vernünftige Mann, der sein Mann, der sein Selbst absolut Selbst absolut autonom autonom entwickelt – entwickelt – abgespalten abgespalten von von Körperlichkeit Körperlichkeit und und Abhängigkeit.Abhängigkeit.

© Elisabeth Wappelshammer

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Worin besteht das Neue, das Paradigmatische?Worin besteht das Neue, das Paradigmatische?

… … die Frau/der Mann in einer die Frau/der Mann in einer bio-psycho-sozial und bio-psycho-sozial und spirituellen Komplexitätspirituellen Komplexität

… … Komplexität braucht Komplexität braucht komplexe Arbeitsformenkomplexe Arbeitsformen

… … der Mensch in seinen der Mensch in seinen sozialen Bezügen mit den sozialen Bezügen mit den „Hingehörigen“ „Hingehörigen“ (Careunit)(Careunit)

… … menschenwürdiges, nicht menschenwürdiges, nicht demütigendes Leben und demütigendes Leben und Sterben in Sterben in Organisationen der Organisationen der Organisationsgesell-Organisationsgesell-schaftschaft

… … Hospitalitas ist unteilbarHospitalitas ist unteilbar

Science et Charité_Picasso_1897

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S. Sebastiano (B. Gozzoli – 1464) SAN GIMIGNANO – Chiesa di S. Agostino

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Palliative = Pallium = Mantel = SchildPalliative = Pallium = Mantel = Schild

Fürsorgliches Fürsorgliches Beschützen - Beschützen - sorgende Abwehrsorgende Abwehr

Indoeurop.: palliativ = pell = pellte = Schilder für den waffenabwehrenden Einsatz

Proculus Kapelle Naturns

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Inspiration durch abendländische Tradition der Inspiration durch abendländische Tradition der Gastfreundschaft und MitleidenschaftGastfreundschaft und Mitleidenschaft

• lat. Hospitiumlat. Hospitium• Absichtslose Absichtslose

Gastfreundschaft Gastfreundschaft für Fremde, für Fremde, unabhängig von unabhängig von Geschlecht, Geschlecht, Religion, Status, Religion, Status, etc.etc.

• Aus der Aus der Perspektive der Perspektive der Betroffenen fühlen, Betroffenen fühlen, denken und denken und handelnhandeln

Van.Gogh/D.barmherzige.SamariterVan.Gogh/D.barmherzige.Samariter(n.Delacroix.)St.-Remy.Mai.1890(n.Delacroix.)St.-Remy.Mai.1890

Rembrandt 1632-1633 Rembrandt 1632-1633

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Warum helfen?Warum helfen?

Compathie - Eine neue Ethik des HelfensCompathie - Eine neue Ethik des HelfensSolidarisch helfen und Mitleidenschaft üben. Solidarisch helfen und Mitleidenschaft üben. (J.B. Metz)(J.B. Metz)

„„Im Gesicht des anderenIm Gesicht des anderen sehe ich wie im Spiegel sehe ich wie im Spiegel

mich selbstmich selbst (E. Levinas)(E. Levinas) Bildquelle: www.spip.univ-poitiers.fr

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Warum helfen?Warum helfen?

„„Antlitz (…) dieser Sinn Antlitz (…) dieser Sinn der Armut, der der Armut, der Unbeholfenheit, des Unbeholfenheit, des dem Tode dem Tode Ausgesetztseins (…) ist Ausgesetztseins (…) ist ein Imperativ: „Du ein Imperativ: „Du sollst mich nicht töten“, sollst mich nicht töten“, und „Du sollst mich in und „Du sollst mich in meinem Sterben nicht meinem Sterben nicht allein lassen.“allein lassen.“

Levinas E. (2005): Humanismus des anderen Levinas E. (2005): Humanismus des anderen Menschen. S 136Menschen. S 136

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Relationale Autonomie einer Sorge-EthikRelationale Autonomie einer Sorge-Ethik

• Wir wollen autonom bleiben, aber Wir wollen autonom bleiben, aber die die Fähigkeit „autonom“ zu handeln kann Fähigkeit „autonom“ zu handeln kann relativiert und eingeschränkt sein.relativiert und eingeschränkt sein.

• Als Menschen sind wir (immer) auf Als Menschen sind wir (immer) auf Verbundenheit und Fürsorglichkeit , auf Verbundenheit und Fürsorglichkeit , auf Solidarität angewiesen und verwiesenSolidarität angewiesen und verwiesen

• Besonders wenn wir alt, krank, Besonders wenn wir alt, krank, verwirrt, sterbend und trauernd sind. verwirrt, sterbend und trauernd sind.

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Relationale Autonomie einer Sorge-EthikRelationale Autonomie einer Sorge-Ethik

• Autonomie meint auch …Autonomie meint auch …

„„das moralische Recht“, die das moralische Recht“, die Ansprüche von schwachen, Ansprüche von schwachen, vulnerablen, nicht vulnerablen, nicht entscheidungsfähigen entscheidungsfähigen Menschen in der Spannung Menschen in der Spannung von Autonomie und von Autonomie und Umsorge/Fürsorge zur Umsorge/Fürsorge zur Geltung zu bringen.Geltung zu bringen.

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Es braucht eine neue soziale Sorge und VorsorgeEs braucht eine neue soziale Sorge und Vorsorge

Es braucht einen neuen sozialen und Es braucht einen neuen sozialen und vorsorgenden Lastenausgleich vorsorgenden Lastenausgleich

Wir müssen alle neu lernen, uns mit Wir müssen alle neu lernen, uns mit der Last der Anderen zu belasten der Last der Anderen zu belasten (Klaus Dörner) (Klaus Dörner)

und diese Aufgabe als eine und diese Aufgabe als eine Bereicherung unseres eigenen Bereicherung unseres eigenen Lebens zu sehen. Lebens zu sehen.

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Die neue Sorgekultur ist eine …Die neue Sorgekultur ist eine …

• die die Leidenden und Schwachen in der die die Leidenden und Schwachen in der Mitte der Gesellschaft sieht;Mitte der Gesellschaft sieht;

• die daher den lokalen Bezug pflegt und die daher den lokalen Bezug pflegt und aufbaut;aufbaut;

• Frauen und Männer und die nächste Frauen und Männer und die nächste Generation aufsucht und findet, die sich Generation aufsucht und findet, die sich einsetzen mit ihren vielen Möglichkeiten;einsetzen mit ihren vielen Möglichkeiten;

• die Hospizlichkeit sieht als Ort, Prozess die Hospizlichkeit sieht als Ort, Prozess und Haltung der Verwiesenheit und Haltung der Verwiesenheit aufeinanders in die Finanzierung hinein aufeinanders in die Finanzierung hinein und darüberhinausund darüberhinaus

• Ohne eine Logik des Mangels kann keine Ohne eine Logik des Mangels kann keine Sorge entstehenSorge entstehen

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Leo Tolstoj 1828-1910

(1908) auf einem Foto von Prokudin-Gorski

Der Tod des Iwan Iljitsch

„„er sah, dass niemand mit ihm er sah, dass niemand mit ihm Mitleid hatte, weil niemand seine Mitleid hatte, weil niemand seine Lage begreifen wollte; nur Lage begreifen wollte; nur Gerasim begriff seine Lage und Gerasim begriff seine Lage und hatte Mitgefühl mit ihm. Und hatte Mitgefühl mit ihm. Und darum war Iwan Iljitsch nur wohl darum war Iwan Iljitsch nur wohl mit Gerasim. Ihm tat es wohl, mit Gerasim. Ihm tat es wohl, wenn Gerasim manchmal die wenn Gerasim manchmal die ganze Nacht hindurch seine Beine ganze Nacht hindurch seine Beine hielt und nicht weggehen wollte, hielt und nicht weggehen wollte, sondern sagte: „ Sorgen Sie sich sondern sagte: „ Sorgen Sie sich nur nicht um mich, Iwan Iljitsch, nur nicht um mich, Iwan Iljitsch, ich werde schon schlafen!“ oder ich werde schon schlafen!“ oder plötzlich zum Du übergehend, plötzlich zum Du übergehend, hinzufügte: „Du bist doch krank, hinzufügte: „Du bist doch krank, da muss ich dich doch pflegen.“ …da muss ich dich doch pflegen.“ …

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Einmal, als Iwan Iljitsch ihn wegschicken wollte, sagte er gerade zu: „Wir alle müssen einmal sterben, warum soll ich nicht was für Sie tun?“ Und damit drückte er aus, dass er sich nicht belästigt fühle, weil er es für einen Sterbenden tat, und hoffte, dass auch ihm einst, wenn seine Zeit komme, ein Mensch helfen werde.“

Der Tod des Iwan Iljitsch

Lew Tolstoj, Der des Iwan Iljitsch. Eine Lew Tolstoj, Der des Iwan Iljitsch. Eine Erzählung, Frankfurt: Inseltaschenbuch 2427, Erzählung, Frankfurt: Inseltaschenbuch 2427, 1961, 100-1011961, 100-101

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Car il procède de l‘autre souffrant un donner qui n’est précisement plus puisé dans sa puissance d’agir et d’exister, mais dans sa faiblesse même (223)

„Vom leidenden Anderen geht ein Geben aus, das eben nicht mehr aus seinem Vermögen zu Handeln und zu Existieren geschöpft ist, sondern aus seiner Schwäche selbst.“ (223)

C’est peut-être là l’épreuve suprême de la sollicitude, que l’inegalité de puissance vienne à être compensé par une authentique réciprocité dans l’échange, laquelle, à l’heure de l’agonie, se réfugie dans le murmure partagé des voix ou l’étreinte débile de mains qui se serrent. (223)

„Das ist vielleicht der höchste Beweis der Fürsorge, dass die Ungleichheit des Vermögens kompensiert wird durch eine authentische Wechselseitigkeit im Austausch, die, in der Stunde der Agonie, sich verbirgt im geteilten Murmeln der Stimmen oder in der schwachen Umklammerung sich drückender Hände“ (223)

Paul Ricoeur,Paul Ricoeur,Sorgen neu denkenSorgen neu denken

Paul Ricoeur1913-2005

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Fürsorge: „Suche nach Gleichheit in der Ungleichheit“ (225)Fürsorge: „Suche nach Gleichheit in der Ungleichheit“ (225)

• Un soi rappelé à la vulnerabilité de la condition mortelle peut recevoir de la faiblesse de l’ami plus qu’il ne lui donne en puisant de ses propres réserves de force.“

• „Ein Selbst, das an die Verwundbarkeit der sterblichen Bedingtheit erinnert wird, kann von der Schwäche des Freundes mehr empfangen, als er ihm gibt,schöpft.“ (224)

• … Textgrundlage: Paul Ricoeur: Soi-même comme un autre, Editions du Seuil, 1990

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Den sozialen Manteleiner fürsorglichen Haltung schneidern

1. Ein Heim mit entwickelter Palliativer Kultur hat mindestens so viele Freiwillige wie beruflich Beschäftigte

2. Die Verantwortungsbereitschaft im sozialen Nahraum nimmt zu

3. Warum sollen sich BürgerInnen für andere engagieren?• es ist sinnvoll und stiftet Sinn

• die Auseinandersetzung mit dem Sterben vitalisiert das eigene Leben

• die eigene soziale Kompetenz entwickelt sich

• man ist an etwas Wichtigem beteiligt, das soziale Bedeutung hat (Ralf Dahrendorf)

• man hat soziale Kontakte und soziale Teilhabe

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Neue Sorgekultur

• es geht um ein Offenhalten es geht um ein Offenhalten • es geht darum hospizlich es geht darum hospizlich

die Ruhe der Sterbenden zu die Ruhe der Sterbenden zu hütenhüten

• es geht politisch darum, es geht politisch darum, hospizlich um-sorgende hospizlich um-sorgende Gemeinden zu bauen Gemeinden zu bauen (compassionate cities)(compassionate cities)

• es geht um eine es geht um eine menschlichere Gesellschaftmenschlichere Gesellschaft

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Was ist Freundschaft?Was ist Freundschaft?

Vorsorge für unser LebensendeVorsorge für unser Lebensendewie geht das? wie geht das?

Verena Staggl, 2006

• Unsere Zukunft ist Unsere Zukunft ist unvorhersehbar und lässt sich unvorhersehbar und lässt sich

nicht mit nicht mit Willensverlängerungen und „im Willensverlängerungen und „im Modus der Verfügung“ klären.Modus der Verfügung“ klären.

• Wir brauchen Menschen, die Wir brauchen Menschen, die staunend und sorgend auf uns staunend und sorgend auf uns achten, und in der Lage sind in achten, und in der Lage sind in

neuen Situationen dieses neuen Situationen dieses liebend-freundschaftliche liebend-freundschaftliche

Sorgen zu praktizierenSorgen zu praktizieren• Wir müssen uns riskieren. Wir müssen uns riskieren.

Nähe, Sorge, Vertrauen, Liebe Nähe, Sorge, Vertrauen, Liebe und Freundschaft leben und - und Freundschaft leben und - was vielleicht schwerer ist - was vielleicht schwerer ist -

auch die Sorge anderer auch die Sorge anderer anzunehmenanzunehmen

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Sorgekultur – Begriff und Programm

Der Begriff der Sorgekultur ist im internationalen Diskurs von Sorge / Care sehr aktuell geworden. ‚Culture of Care‘ dient als Signal für folgende Ziele:

Überwindung einer durchgehend ökonomisierten Sichtweise: der Mensch nur mehr als Kunde

Überwindung des Trends zur Überprofessionalisierung und zu Eigenlogiken von Institutionen mit hochschwelligen Schnittstellen

Verantwortliche und vertrauensvolle Anteilnahme des Menschen an seiner Umwelt und sich selbst

Der Begriff der Sorgekultur ist daher mehr ein Programm als eine genaue Definition:

„Sorgen (Caring) ist die Aktivität, die alles umfasst, was wir tun, um unsere ‚Welt‘ zu erhalten, fortbestehen zu lassen und zu reparieren, so dass wir in ihr so gut wie möglich leben können.“ [1]

[1] Tronto, Joan C. (New York 2013): Caring Democracy. NY University Press 2013, 19

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Sorgende Gemeinden/Gemeinschaften Die „Caring Community“ richtet sich in diesem Sinne an

folgenden Prinzipien aus: Sie entwickelt sich aufgrund der Zu(sammen)gehörigkeit

der Verwandtschaft (Familie), des Ortes (Nachbarschaft), des Geistes (Freundschaft), des Wirtschaftens (Genossenschaft), des Glaubens (z.B. Kirche). Bürger/-innen entfalten im Sinne dieser Zugehörigkeiten multiple Identitäten, beziehen sich auf alle Aspekte von Zugehörigkeit.

Infrastrukturen sind gemeinschaftsstiftend, fördernd, stützend (Beratung, Quartiersmanagement, Care und Case Management)

Im Welfare Mix wird das Zusammenwirken der verschiedenen Sektoren moderiert: von Markt, Staat, Dritter Sektor, „Gemeinschaften“ - regional und personbezogen.

Das Thema Sorgekultur geht alle an, daher lässt sich die Sorge um die Sorge produktiv nutzen – in alten und neuen Allianzen von Unternehmen, Bürger/-innen, Kirchen, Zivilgesellschaft und in Generationen übergreifenden Anstrengungen als Investition und Vertrauen in soziales Miteinander.