Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo...

39
Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens- weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt Bericht Nr.: BE HSG/ CC CDQ/ 22 Lehrstuhl: Prof. Dr. H. Österle Version: 1.0 Datum: 27.09.2009 Universität St. Gallen - Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG) Institut für Wirtschaftsinformatik Müller-Friedberg-Strasse 8 CH-9000 St. Gallen Tel.: ++41 / 71 / 224 2420 Fax: ++41 / 71 / 224 2777 Prof. Dr. A. Back Prof. Dr. W. Brenner (geschäftsführend) Prof. Dr. H. Österle Prof. Dr. R. Winter

Transcript of Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo...

Page 1: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements

Alexander Schmidt Bericht Nr.: BE HSG/ CC CDQ/ 22 Lehrstuhl: Prof. Dr. H. Österle Version: 1.0 Datum: 27.09.2009

Universität St. Gallen - Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG)

Institut für Wirtschaftsinformatik Müller-Friedberg-Strasse 8 CH-9000 St. Gallen Tel.: ++41 / 71 / 224 2420 Fax: ++41 / 71 / 224 2777 Prof. Dr. A. Back Prof. Dr. W. Brenner (geschäftsführend) Prof. Dr. H. Österle Prof. Dr. R. Winter

Page 2: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Inhaltsverzeichnis 2

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis .................................................................................................... 2 Abstract ..................................................................................................................... 3 1  Unternehmen .................................................................................................... 4 

1.1  Überblick ........................................................................................................ 4 

1.2  Geschichte ..................................................................................................... 5 

1.3  Unternehmensstruktur ................................................................................... 6 

1.4  Herausforderungen im Wettbewerb ............................................................... 7 

2  Ausgangssituation .......................................................................................... 9 2.1  Strategie und Leitbilder .................................................................................. 9 

2.2  Organisation und Daten ............................................................................... 10 

2.3  Leidensdruck ............................................................................................... 11 

3  Projekt ............................................................................................................. 14 3.1  Projektziele .................................................................................................. 15 

3.2  Durchführung ............................................................................................... 16 

3.3  Herausforderungen ...................................................................................... 19 

3.4  Derzeitiger Projektstand .............................................................................. 20 

4  Neue Lösung .................................................................................................. 21 4.1  Stammdatenstrategie ................................................................................... 21 

4.2  Organisation: Rollen und Verantwortlichkeiten für Stammdatenobjekte ...... 22 

4.3  Stammdaten und Prozesse.......................................................................... 23 

4.4  IT-Systemlandschaft .................................................................................... 31 

4.5  Kosten und Nutzen ...................................................................................... 32 

4.6  Zukünftige Entwicklungen ............................................................................ 33 

5  Erkenntnisse .................................................................................................. 35 Anhang A.  Geschäftsdatenmodell (Beispiel) ................................................. 37 Anhang B.  Expertengespräche ....................................................................... 38 Literatur ................................................................................................................... 39 

Page 3: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Abstract 3

Abstract Die Ausrichtung auf das  internationale Transitgeschäft  im Zuge der Marktöffnung 

im Schienengüterverkehr führte bei der SBB Cargo zunehmend zu der Einsicht, dass 

Qualität  und Verfügbarkeit  der  Stammdaten  nicht mehr  den Anforderungen  des 

Unternehmens  (insbesondere  für  das  finanzielle  Reporting  und  die  Planung) 

entsprachen.  Durch  die  Erkenntnis,  dass  die  Unternehmensstammdaten  eine 

wichtige Ressource sind, aus deren Qualitätsverbesserung sich Kosteneinsparungen, 

Zeitersparnisse  sowie  Wettbewerbsvorteile  erzielen  lassen,  gelangte  die 

Geschäftsleitung  der  SBB Cargo  zu  der Überzeugung,  dass  die  Etablierung  eines 

zentralen, unternehmensweit gültigen Stammdatenmanagements notwendig ist. 

Als  erster  Schritt wurde  ein  dedizierter  Verantwortungsbereich  etabliert,  der  als 

koordinierende  Instanz  projektübergreifend  die  konsistente  Verwendung  von 

Stammdaten sicherstellt bzw. optimiert. Zur Erreichung dieses Zieles wurden eine 

Stammdatenstrategie  und  entsprechende  Handlungsfelder  zu  deren  Umsetzung 

definiert.  Die  Handlungsfelder  adressieren  u.a.  die  Festlegung  eindeutiger 

Verantwortlichkeiten  für  Stammdatenobjekte,  die  Verankerung  von 

Datenmanagementaufgaben  in  Projekten  der  SBB  Cargo  sowie  die  Spezifikation 

standardisierter  Daten‐  und  Metadatenpflegeprozesse.  Ein  wesentliches 

Handlungsfeld  (und  gleichzeitig  erstes  Ergebnis)  ist  die  terminologische 

Harmonisierung der Stamm‐ bzw. Geschäftsdaten  in  einem Geschäftsdatenmodell 

als  Grundvoraussetzung  für  die  Gestaltung  der  unternehmensweiten 

Stammdatenarchitektur. 

 

Page 4: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Unternehmen 4

1 Unternehmen

1.1 Überblick

Die  Schweizerische  Bundesbahnen  Cargo  AG  (SBB  Cargo)  mit  Sitz  in  Basel 

(Schweiz) ist mit über 4.200 Mitarbeitern und einer jährlichen Verkehrsleistung von 

ca.  12,5  Milliarden  Nettotonnenkilometern  der  marktführende  Dienstleister  im 

Schienengüterverkehr der Schweiz. Zudem ist das Unternehmen die Nummer zwei 

im  strategisch  wichtigen,  alpenquerenden  Transport  von  Gütern  von  den 

Nordseehäfen und Deutschland nach Italien, der sogenannten Nord‐Süd‐Achse. Als 

vollständiges  Tochterunternehmen  der  Schweizerischen  Bundesbahnen  (SBB)  ist 

SBB Cargo im Besitz der Schweizerischen Eidgenossenschaft und hat als solches den 

Auftrag, im Rahmen der Eigenwirtschaftlichkeit ein flächendeckendes Netz für den 

Wagenladungsverkehr  zu  betreiben  und  im  Transit mit  qualitativ  hochstehenden 

Gütertransporten  zur  Verkehrsverlagerung  von  der  Strasse  auf  die  Schiene 

beizutragen. 

Die  SBB  Cargo  bietet  ganzheitliche  Transportlösungen  im  nationalen  und 

internationalen Wagenladungsverkehr  (inklusive  Import,  Export  und  Transit),  im 

Ganzzugsverkehr  und  im  kombinierten  Verkehr  sowie  bahnnahe 

Zusatzdienstleistungen  (z. B.  Rangieren,  Flottenmanagement,  Beladung)  und 

Serviceleistungen  für  andere  Bahnen.  Damit  bedient  sie  zahlreiche  Kunden  aus 

verschiedensten  Industrien,  zu  denen  Unternehmen  wie  ThyssenKrupp,  Exxon 

Mobil und BASF gehören. 

Während  die  erbrachte  Verkehrsleistung  beim  Binnen‐  und  Transitverkehr 

innerhalb der Schweiz in den vergangenen Jahren eine stetig abnehmende Tendenz 

aufweist,  ist es der SBB Cargo gelungen, die Verluste durch den Auf‐ und Ausbau 

der  Verkehrsleistung  im  Ausland  (Steigerung  um  über  30%)  zu  kompensieren. 

Daher  wurden  2007  bereits  38%  der  Verkehrsleistung  ausserhalb  der  Schweiz 

Page 5: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Unternehmen 5

produziert.  Infolgedessen  ist  SBB  Cargo  heute  in  Italien  und  Deutschland  das 

grösste private Eisenbahnverkehrsunternehmen [SBB Cargo 2008, 6]. 

SBB Cargo AG

Gründung und Firmengeschichte

• Schweizerische Bundesbahnen (Bern): 01. Januar 1902; Umwandlung in AG zum 01. Januar 1999 

• SBB Cargo Schweiz (Basel): Division Güterverkehr zum 01. Januar 1999; Umwandlung zur SBB Cargo AG am 01. Januar 2001 

• SBB Cargo Deutschland (Duisburg): Gründung 2002 • SBB Cargo Italien (Gallarate): Gründung 2003 

Firmensitz Basel, Schweiz 

Branche Logistikdienstleister im Schienengüterverkehr 

Geschäftsfelder • Transportgeschäft Schweiz • Transportgeschäft International • Asset Management bzw. Instandhaltung (Service Rollmaterial) 

Firmenstruktur Aktiengesellschaft mit drei Tochterunternehmen: ChemOil Logistics sowie SBB Cargo Deutschland und SBB Cargo Italien für die es jeweils eine eigenständige Produktionsgesellschaft und Verkaufsagentur gibt (siehe Abbildung 1‐1) 

Homepage www.sbbcargo.com  

 

Umsatz Betriebsertrag: CHF 1.044,2 Mio. (2008), CHF 1.062,6 Mio. (2007) Verkehrsleistung: 12,53 Mrd. Nettotonnenkilometer (2008), davon 

• Schweiz: 7,76 Mrd. • Deutschland: 3,64 Mrd. • Italien: 914 Mio. • Einkauf bei Dritten: 198 Mio. 

Jahresergebnis CHF ‐29.9 Mio. (2008), CHF ‐190,4 Mio. (2007) 

Mitarbeiter 4.248 (2008), 4.406 (2007) 

Kunden In zahlreichen Industrien, unter anderem Eisen und Stahl, Chemikalien und Petroleum, Holz, intermodaler Transport, Handel und Baugewerbe, Logistik und Landwirtschaft 

Tabelle 1‐1: Kurzprofil der SBB Cargo AG 

1.2 Geschichte

Grundsätzlich  transportiert die SBB bereits seit  ihrer Gründung am 1.  Januar 1902 

Güter, die verschiedenen Vorläuferbahnen der heutigen Bundesbahnen sogar schon 

seit der Gründung der Nordbahn (Spanisch‐Brötli‐Bahn) im Jahr 1847. Die ʺDivision 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 6: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Unternehmen 6

Güterverkehrʺ  wurde  1999  mit  der  Reorganisation  der  SBB  zu  einer 

spezialgesetzlichen AG gegründet, ab 2000 wurde für die Division auch der Begriff 

ʺSBB Cargoʺ verwendet. Die Ausgliederung des Gütergeschäfts der SBB AG in eine 

eigenständige  Aktiengesellschaft  ʺSBB  Cargo“  wurde  auf  den  1.  Januar  2001 

wirksam. In den darauffolgenden Jahren wurden zur durchgehenden Unterstützung 

der  internationalen  Güterverkehrs  –  insbesondere  der  Nord‐Süd‐Achse  – 

Tochterunternehmen in Deutschland und Italien gegründet. 

1.3 Unternehmensstruktur

Die  SBB  Cargo  ist  eine  eigenständige Aktiengesellschaft,  deren Wertpapiere  sich 

ausschliesslich im Besitz der SBB befinden. Wie im vorherigen Kapitel beschrieben, 

wurden  nach  Gründung  der  SBB  Cargo  AG  mehrere  Tochterunternehmen 

geschaffen. Zu diesen gehören [SBB Cargo 2009a]: 

• Die am 24. Juni 2002 gegründete SBB Cargo Deutschland (bestehend aus einer 

Produktionsgesellschaft  und  einer  Verkaufsagentur)  mit  Sitz  in  Duisburg, 

welche Güterzüge in Deutschland plant, disponiert und fährt.  

• Die SBB Cargo Italien (bestehend aus einer Produktionsgesellschaft und einer 

Verkaufsagentur), welche am 29. April 2003 gegründet wurde und ihren Sitz 

in Gallarate hat. Sie plant, disponiert und fährt Güterzüge in Italien. 

• Die  ChemOil  Logistics,  die  auf  die  Logistik  von Mineralöl  und  chemischen 

Produkten  spezialisiert  ist.  Sie  entstand  aufgrund  der  Bedeutung  der 

chemischen  Industrie  für  das  Unternehmen  sowie  der  spezifischen 

Anforderungen beim Transport chemischer Produkte. 

Organisatorisch gliedert  sich die SBB Cargo  in  fünf übergreifende Zentralbereiche 

(Finanzen  &  Controlling,  Human  Resources,  Qualitäts‐  und  Informations‐

management, Corporate Services und Business Development) sowie drei operative 

Geschäftsbereiche  (siehe  unterer  Teil  von  Abbildung  1‐1).  Während  die 

Geschäftsbereiche  Schweiz  und  International  das  eigentliche  Kerngeschäft  abdecken, 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 7: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Unternehmen 7

indem  sie  wettbewerbsfähige  Logistiklösungen  sowohl  für  den 

innerschweizerischen  als  auch  den  grenzüberschreitenden  Transport  anbieten,  ist 

der  Geschäftsbereich  Asset  Management  für  die  technische  Sicherheit  sowie 

Verfügbarkeit  der Wagen‐  und  Lokomotivflotte  verantwortlich.  SBB  Cargo Asset 

Management  ist dabei nicht nur  für die anderen beiden Geschäftsbereiche der SBB 

Cargo,  sondern  auch  für  die  SBB‐Divisionen  Infrastruktur  und  Personenverkehr 

sowie für Drittkunden als Dienstleister tätig. 

SBB

Personenverkehr Infrastruktur SBB Cargo AG Immobilien

Produktionsgesellschaft DeutschlandSBB Cargo Deutschland GmbH

Verkaufsagentur DeutschlandSBB Cargo GmbH

Produktionsgesellschaft ItalienSBB Cargo Italia Srl

Verkaufsagentur ItalienSBB Cargo Srl

ChemOil Logistics AG

Leitung SBB Cargo AG

GeschäftsbereichSchweiz

GeschäftsbereichInternational

GeschäftsbereichAsset Management

Corporate Services

Business Development

Finanzen & Controlling

Human Resources

Qualitäts- und Informationsmanagement

 

Abbildung 1‐1: Unternehmensstruktur der SBB Cargo AG [SBB Cargo 2009b, 14] 

1.4 Herausforderungen im Wettbewerb

In  den  vergangenen  Jahren  haben  sich  die  Rahmenbedingungen  des 

Schienengüterverkehrs  gewandelt.  Mit  der  Globalisierung  und  der  damit 

einhergehenden  Auslagerung  von  Produktionsschritten  ins  Ausland,  ist  die 

Nachfrage nach einem durchgängigen, grenzüberschreitenden Transport gestiegen. 

Vormals national agierende Unternehmen des Schienengüterverkehrs müssen  ihre 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 8: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Unternehmen 8

angebotenen  Logistikdienstleistungen  im  Zuge  der  2001  initiierten Marktöffnung 

auf angrenzende Länder ausdehnen, um das Kundenbedürfnis nach durchgehender 

Transportverantwortung  („alles  aus  einer  Hand“)  zu  erfüllen.  Mit  dem 

grenzüberschreitenden  Verkehr  ist  allerdings  die  Abhängigkeit  von  der 

Infrastruktur  entlang  der  gesamten  Transportkette  und  somit  von  ausländischen 

Infrastrukturanbietern  verbunden.  Im  Zuge  der  Marktöffnung  steigt  daher  die 

Bedeutung  von  Partnerschaften  in  der  Branche,  weshalb  die  SBB  Cargo 

beispielsweise  2006  gemeinsam mit  der  SNCF  Fret  (französische Güterbahn),  der 

CFL  (luxemburgische  Güterbahn)  und  B  Cargo  (belgische  Güterbahn)  die 

Gesellschaft  Sibelit  gegründet  hat,  um  den  grenzüberschreitenden  Nord‐Süd‐

Gütertransport  durch  eine  Zusammenarbeit  zu  vereinfachen. Die Notwendigkeit, 

benötigte Infrastruktur (Trassen) für den Schienentransport bereits vorläufig für das 

folgende Jahr einzukaufen, führt zu hohen Anforderungen an die Planungsqualität 

und die dafür benötigten Daten, um Kosten  aufgrund nicht genutzter Trassen  zu 

vermeiden. 

Des  Weiteren  prägen  wachsende  Anforderungen  seitens  der  Kunden  und  der 

Öffentlichkeit den Güterverkehrsmarkt. Neben Qualität und Pünktlichkeit werden 

zunehmend  auch  für  hochfrequente  Sendungen mit  kleineren Mengen  komplette 

Kundenlösungen  gefordert.  Für  die  SBB  Cargo  stellen  diese  Lösungspakete  ein 

wesentliches Differenzierungskriterium gegenüber der Konkurrenz dar. Seitens der 

Öffentlichkeit besteht  ein  Interesse  an  einem nachhaltigen Güterverkehr mit  einer 

positiven Ökobilanz und unter Berücksichtigung externer Kosten. 

Zu den Hauptkonkurrenten  zählen  im Bereich des  Schienengüterverkehrs derzeit 

die BLS Cargo AG (als Tochterunternehmen der Bern‐Lötschberg‐Simplon AG), die 

Deutsche  Bahn  Schenker  Rail  GmbH  (zu  der  unter  anderem  auch  die  Railion 

Deutschland  AG  zählt)  sowie  weitere  Nischenanbieter,  die  ebenfalls  einen 

durchgängigen grenzüberschreitenden Schienengütertransport anbieten. Ausserdem 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 9: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Ausgangssituation 9

konkurriert  die  SBB  Cargo  als  Logistikdienstleister  im  Schienengüterverkehr 

indirekt  mit  Unternehmen  anderer  Güterverkehrsarten,  insbesondere  dem 

Strassengüterverkehr und dem Luftverkehr. 

2 Ausgangssituation

2.1 Strategie und Leitbilder

Vor  dem  Hintergrund  der  im  vorhergehenden  Kapitel  beschriebenen 

Herausforderungen verfolgt die SBB Cargo folgende strategische Ziele: 

• Konsequente  Umsetzung  der  eingeschlagenen  Transitstrategie  im 

Geschäftsfeld „International“, 

• Erstellung  eines  flächendeckenden  Angebots  im  Rahmen  eines 

eigenwirtschaftlichen Betriebs im Geschäftsfeld Schweiz, 

• Erwirtschaftung eines positiven Jahresergebnisses, 

• Erreichung  der  vereinbarten  Pünktlichkeitsstandards  im  nationalen  und 

internationalen Güterverkehr, 

• Angemessene jährliche Steigerung der Produktivität. 

Die  Marktöffnung  für  den  Schienengüterverkehr  im  Jahre  2001  führte  zu  einer 

Fokussierung des grenzüberschreitenden Transportes auf die Nord‐Süd‐Achse.  Im 

Zuge  dessen  wurden  nicht  nur  Tochterunternehmen  im  Ausland  gegründet, 

sondern auch das Geschäftsmodell angepasst, neue Produkte bzw. Dienstleistungen 

eingeführt,  Geschäftsprozesse  verändert  und  neue  Anwendungen  eingeführt 

[Schwaar  2009,  7].  Die  SBB  Cargo  setzt  hier  auf  eine  durchgehende 

Transportverantwortung,  durch  die  der  Kunde  einen  einzigen,  verantwortlichen 

Ansprechpartner hat [SBB Cargo 2009a]. 

Darüber  hinaus  setzt  die  SBB  Cargo  primär  auf  zwei  Differenzierungsmerkmale 

gegenüber  der  Konkurrenz.  Zum  einen  hat  sie  in  den  vergangenen  Jahren  die 

Qualität ihrer Dienstleistung durch eine erhöhte Pünktlichkeit der Auslieferung am 

Zielort  gesteigert  (so  erreichten  durchschnittlich  mehr  als  80%  der  Züge  im 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 10: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Ausgangssituation 10

grenzüberschreitenden  Verkehr  ihren  Bestimmungsort  ohne  oder  mit  einer 

Verspätung von maximal 60 Minuten, in der Schweiz über 90% pünktlich oder mit 

einer  Verspätung  von  maximal  30  Minuten),  zum  anderen  zeichnet  sich  der 

Transport durch  seine Umweltfreundlichkeit  aus  (50% weniger Energie‐ und  60% 

weniger CO2‐Verbrauch im Vergleich zum Strassengüterverkehr) [SBB Cargo 2008, 

3ff.].  Das  Umweltengagement  wird  zusätzlich  durch  für  den  Kunden 

massgeschneiderte Emissionsreports bzw. Energiebilanzen,  lärmarme Güterwagen, 

die Ausstattung  von  Gefahrguttransporten mit  Entgleisungsdetektoren  sowie  die 

Nutzung von Wasserkraft für die Erzeugung des Bahnstroms unterstützt.  

2.2 Organisation und Daten

Bezüglich  der  Organisationsstrukturen  der  SBB  Cargo  ist  insbesondere  auf  die 

Schnittstellen  zum  Mutterkonzern,  der  SBB,  hinzuweisen.  Dies  betrifft  unter 

anderem den Zentralbereich Qualitäts‐ und Informationsmanagement (QI), welcher 

die Themen Prozesse, Qualität und Informatik bei der SBB Cargo verantwortet. Bei 

diesen Themen gibt  es  eine Differenzierung zwischen „Demand“  (Gestaltung und 

Anforderungen  aus  einer  fachlichen  Sicht)  und  „Supply“  (informationstechnische 

Umsetzung der fachlichen Anforderungen). Während für ersteres der Zentralbereich 

QI  zuständig  ist, wird  die  informationstechnische Umsetzung  durch  die  zentrale 

Informatik des Mutterkonzerns SBB vollzogen. 

Der mit der Reorganisation  (Ausrichtung auf das  internationale Transitgeschäft  im 

Zuge  der  Marktöffnung)  einhergehende  Zeit‐  und  Kostendruck  führte  zu 

punktuellen,  prozessverbessernden  Lösungen,  welche  jedoch  mit  zunehmenden 

Redundanzen  und  unterschiedlichen  Verständnissen  von  Stammdatenobjekten 

einhergingen. Für das Stammdatenmanagement gab es bei SBB Cargo bis 2008 keine 

eindeutig  definierte, übergeordnete Verantwortlichkeit  im  Sinne  einer dedizierten 

Organisationseinheit  innerhalb  der  bestehenden Organisationsstrukturen,  die  das 

Stammdatenmanagement  aus  Unternehmenssicht  steuerte  und  über  ein  eigenes 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 11: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Ausgangssituation 11

Budget verfügte. Die Qualität der Stammdaten wurde entsprechend der  jeweiligen 

Anforderungen  projektspezifisch  gewährleistet,  ohne  dass  eine  koordinierende 

Instanz  projektübergreifend  die  konsistente  Verwendung  von  Stammdaten 

sicherstellte  bzw.  optimierte.  Zudem  fehlte  das  Wissen  über  die 

unternehmensweiten Anforderungen  an  die  Stammdatenqualität  und  eine  darauf 

aufbauende  Stammdatenstrategie.  Erste  Massnahmen  zur  Verbesserung  dieser 

Situation  wurden  durch  die  Erarbeitung  eines  Sollkonzeptes  für  das 

Datenmanagement sowie die Projekte „Master Data Integration“ und „Stammdaten 

Information Management“  ab  2006  initiiert. Die  Konzepte  bzw.  Projekte wurden 

zwar  nur  unzureichend  umgesetzt,  sorgten  durch  die  Dokumentation  des 

Istzustandes  aber  dafür,  das  Bewusstsein  um  die  Bedeutung  des 

Stammdatenmanagements innerhalb der SBB Cargo zu erhöhen. 

2.3 Leidensdruck

Die  fehlende  projektübergreifende Koordination  von Aktivitäten  hatte  zur  Folge, 

dass  in  neuen  Projekten  nicht  auf  bestehende  Funktionalitäten  und  Daten 

zurückgegriffen  wurde,  da  dies  in  der  Regel  einen  zusätzlichen 

Integrationsaufwand  bedeutete.  Einerseits  wurde  die  bestehende 

Applikationsarchitektur zunehmend  intransparent, da  innerhalb einzelner Projekte 

eigene  Anwendungen  (Individualsoftware)  entwickelt  wurden,  die 

projektübergreifend verwendete Daten speichern. Diese wurden dann eher ad‐hoc 

in  die  bestehende  Applikationsarchitektur  eingebunden,  wodurch  zahlreiche, 

grösstenteils  unkoordinierte  Punkt‐zu‐Punkt‐Verbindungen  entstanden. 

Andererseits wurde bei der Datennutzung und ‐speicherung nicht auf die konforme 

Verwendung  zum  bereits  bestehenden  Stammdatenbestand  geachtet: 

Stammdatenobjekte wurden mit eigenen Attributen neu definiert, Schlüsselattribute 

zur Identifikation neu vergeben. Dadurch konnte nicht mehr sichergestellt werden, 

dass ein Geschäftsobjekt über Applikations‐ und Projektgrenzen hinweg einheitlich 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 12: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Ausgangssituation 12

in  den  Systemen  abgebildet  wurde.  Vielmehr  entstanden  eine  Vielzahl  von 

Synonymen  (dasselbe  Geschäftsobjekt  wird  in  verschiedenen  Systemen 

unterschiedlich  abgebildet  und  identifiziert)  und  teilweise  auch  Homonymen 

(unterschiedliche Geschäftsobjekte  erhalten  gleiches  Schlüsselattribut). Dies  führte 

unter  anderem  dazu,  dass  für  die  Planung  eine  andere  Stammdatenbasis  (eigene 

Anwendung)  verwendet wird  als  für  die Auswertung  der  tatsächlich  erbrachten 

Leistung und betriebliche und kommerzielle Daten  in separaten Systemen gepflegt 

werden  (siehe  Abbildung  2‐1).  Für  die  Integration  von  betrieblicher  und 

kommerzieller Welt  sowie  von  Planung  und  Steuerung  wurde  eine  einheitliche 

Datenbasis als Grundvoraussetzung gesehen. 

SAP R/3

Betriebliche Planung & Steuerung

SAP BW• Kommerzielle

Stammdaten

Data Warehouse• Kommerzielle

Stammdaten (Rechnungen)

CIS 2• Kommerzielle

Stammdaten (Faktura)

CIS 1• Betriebliche

Stammdaten (Bahnhöfe, Ressourcen, Tarife etc.)

• Betriebliche Stammdaten (Fahrzeuge, Infrastruktur, Trassen)

SAP CRM• Kunden• Verträge• Angebote

Legende: CIS … Cargo Informationssystem

• Ergebnisrech-nung in CO-PA

 

Abbildung 2‐1: Vereinfachte Applikationsarchitektur der SBB Cargo 

Zudem  war  nicht  mehr  ersichtlich,  welches  System  für  ein  bestimmtes 

Stammdatenobjekt  führend  ist. Die Applikationsarchitektur mit  ihren  zahlreichen 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 13: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Ausgangssituation 13

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Punkt‐zu‐Punktverbindungen  ist  in  Abbildung  2‐1  vereinfacht  dargestellt1. 

Erschwert  werden  die  Probleme  dadurch,  dass  die  betriebliche  Planung  und 

Steuerung  nicht  sauber  und  unzureichend  in  die  Applikationsarchitektur 

eingebunden  ist  und  sich  ausserdem  die  Anwendungsowner  unterscheiden:  das 

Cargo  Informationssystem  (CIS)  liegt  in  der  Verantwortung  von  QI,  die  SAP‐

Systeme hingegen in der des Finanzbereiches. 

Die beschriebenen Probleme schlugen sich vor allem im Reporting und Controlling 

nieder,  für  das  eine  Konsolidierung  über  den  gesamten Wertschöpfungsprozess 

hinweg  notwendig  ist.  Die  redundante  Speicherung  von  Stammdaten  sowie  das 

fehlende Wissen über den Ort ihrer Speicherung erschwerte eine Konsolidierung. So 

konnten  beispielsweise  Frachtzahler  nicht  eindeutig  den  Geschäftsbereichen 

(Sparten) zugeordnet werden. Die falsche Zuordnung dieser Stammdaten führte zur 

Berechnung unkorrekter Spartenergebnisse und wirkte sich negativ auf die Qualität 

der  Finanzreports  aus. Zusätzliche Auswirkungen  haben  diese  Probleme  auf  den 

Planungsprozess.  Da  die  Planung  für  den  Kauf  notwendiger  Infrastruktur  (z. B. 

Trassen)  für  den  Gütertransport  beim  Infrastrukturbetreiber mit  Vorlauf  von  ca. 

einem  Jahr  durchgeführt werden muss,  ist  die Qualität  der  Stammdaten  für  die 

Planungsqualität  von  entscheidender  Bedeutung.  Im Vertriebsbereich  schlug  sich 

die unzureichende Datenqualität primär in Kundenreklamationen nieder. Verschärft 

wurde die Problematik durch die sich aus der Reorganisation und Neuausrichtung 

des  Unternehmens  ergebende  bereits  vorab  beschriebene  Vernachlässigung  des 

Stammdatenmanagements.  

Die  wesentlichen  Probleme  in  Bezug  auf  die  Stammdaten  lassen  sich  wie  folgt 

zusammenfassen: 

                                                 1  Die  einzelnen  Teilanwendungen,  z. B.  der  betrieblichen  Planung  und  Steuerung,  wurden  aus 

Gründen der Übersichtlichkeit nicht abgebildet. 

Page 14: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Projekt 14

• Fehlende  Strategie  für  den  Themenbereich  Stammdatenmanagement 

(Welcher  Bedarf  besteht  in  Bezug  auf  Stammdaten? Wo  wollen  wir  hin? 

Welche Handlungsfelder gibt es?), 

• Fehlendes  einheitliches  Verständnis,  da  Begriffe,  Stammdatenobjekte  und 

deren Strukturen nicht eindeutig definiert waren, 

• Fehlende  Definition  von  unternehmensweit  gültigen  Pflege‐  und 

Änderungsprozessen, 

• Fehlende Festlegung der Datenverantwortung (z. B. durch Bestimmung eines 

Datenowners), 

• Fehlende Transparenz über Entstehung und Verwendung von Stammdaten 

in den Geschäftsprozessen sowie über deren Herkunft (führendes System). 

Dies  führte  zunehmend  zu  der  Einsicht,  dass  Qualität  und  Verfügbarkeit  der 

Stammdaten  nicht mehr den Anforderungen des Unternehmens  entsprachen. Die 

Erkenntnis, dass die Unternehmensstammdaten  eine wichtige Ressource  sind, aus 

deren  Qualitätsverbesserung  sich  Kosteneinsparungen  (verbesserte 

Planungsqualität  benötigter  Trassen),  Zeitersparnisse  (automatisierte 

Konsolidierung  für das Reporting) sowie Wettbewerbsvorteile  (bessere Anpassung 

des  eigenen  Produktangebotes  auf  Grundlage  vollständiger  und  aktueller 

Kundenstammdaten) erzielen lassen, führte innerhalb der Geschäftsleitung der SBB 

Cargo zu der Überzeugung, dass die Etablierung eines zentralen, unternehmensweit 

gültigen  Stammdatenmanagements  notwendig  ist.  Hierfür  sollten  Massnahmen 

definiert  und  umgesetzt  werden,  um  die  Qualität  der  Stammdaten  aktiv  zu 

überwachen und zu steuern [Schwaar 2009]. 

3 Projekt Aufgrund der Probleme beim Reporting sowie der Planung war der Leidensdruck 

innerhalb  des  Finanzbereiches  der  SBB  Cargo  am  deutlichsten.  Als  konkreter 

Auslöser sowie Trägerprojekt  für die Stammdateninitiative diente daher das FITS‐

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 15: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Projekt 15

Projekt (Finanzielle Transparenz und Steuerung), dessen Auftraggeber und Sponsor 

der  Leiter  des  Finanzbereiches  war.  Als  eines  von  acht  Teilprojekten  des  FITS 

startete  das Datenmanagement  im  Juli  2008 mit  einer  (vorläufigen)  Laufzeit  von 

einem Jahr. 

3.1 Projektziele

Mit  dem  FITS‐Projekt  soll  die  Unternehmenssteuerung  durch  eine  erhöhte 

Transparenz über Prozesse, Daten und Ergebnisse verbessert werden. Das Projekt 

stellte  daher  eine  ideale  Plattform  dar,  um  das  Thema  Stammdaten(‐qualität)  zu 

platzieren. Das Teilprojekt Datenmanagement verfolgte im Wesentlichen vier Ziele: 

• Es  sollten  die  Grundlagen  für  ein  unternehmensweites 

Stammdatenmanagement erarbeitet werden. Hierzu zählen insbesondere die 

Identifikation  und  eindeutige  Definition  der  Stammdatenobjekte  des 

Unternehmens  (Geschäftsdatenmodell),  die  Festlegung  eines  Datenowners 

und  eines  Master‐Systems  für  ein  Stammdatenobjekt  sowie  die 

Dokumentation  der  Verwendung  des  Stammdatenobjektes  in 

Geschäftsprozessen  und  Systemen. Dieser  Teil  ist  relativ  unabhängig  vom 

FITS‐Projekt und bezieht sich auf die gesamte SBB Cargo. 

• Es  sollten  Voraussetzungen  für  ein  einheitliches  Vorgehen  beim 

Stammdatenmanagement  innerhalb einzelner Projekte  (im Besonderen auch 

für FITS  II) geschaffen werden, um  sicherstellen, dass das einmal definierte 

Geschäftsdatenmodell  in  allen  Projekten  gleichermassen  verwendet  und 

konsistent weiterentwickelt wird. 

• Es sollten unternehmensweit standardisierte Pflegeprozesse etabliert werden. 

Diese sollten durch ein entsprechendes Workflow‐Tool unterstützt respektive 

teilautomatisiert werden. 

• Speziell  für  die  Unternehmenssteuerung  sollte  eine  sogenannte 

Stammdatenschicht  eingeführt  werden,  die  Daten  aus  verschiedenen 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 16: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Projekt 16

Systemen  und  Prozessen  konsistent  zusammenführt  und  damit  die 

Grundlage für Planung und Reporting bildet. 

3.2 Durchführung

Noch  vor  Projektbeginn wurde  im  Zuge  der  Erstellung  der  Stammdatenstrategie 

(siehe Kapitel 4.1) eine Roadmap entwickelt, die wesentliche Handlungsfelder sowie 

deren zeitliche Einordnung zusammenfasst [Schwaar 2008, 19ff.]. Sie sind in Tabelle 

3‐1 dargestellt. 

Handlungsfeld Kurzbeschreibung Zeitraum

0. Freigabe Stamm‐datenstrategie 

Das Strategiepapier beinhaltet Vision, Ziele, Handlungsfelder und einen Meilensteinplan für das Stammdatenmanagement bei SBB Cargo. 

am 02.07.2008 

1. Erstellen Stammdaten‐Compliance 

Die  Stammdaten‐Compliance  beschreibt  die  gesetzlichen, aufsichts‐  und  vertragsrechtlichen  Risiken  sowie  die regulativen  Konzernvorgaben.  Sie  stellt  damit  sicher,  dass die  Stammdatenqualität  auch  bezüglich  Compliance‐Anforderungen  erfüllt wird. Ergebnis des Handlungsfeldes soll  ein  Leitfaden  (bestehend  aus Checklisten  und Arbeits‐anweisungen)  sein,  der  die  Compliance‐Anforderungen beschreibt und den Stammdatenobjekten zuordnet. 

05.01.2009 bis 16.07.2009 

2. Erstellen Stammdaten‐prozesse 

Handlungsfeld 2 definiert,  implementiert und dokumentiert nachvollziehbar  die  für  das Management  der  Stammdaten erforderlichen  Prozesse  (insbesondere  Stammdaten‐Führungsprozesse,  Pflegeprozesse,  Change  Management‐Prozesse,  Steuerungsprozesse)  sowie  die  entsprechenden Rollen und Verantwortlichkeiten. 

01.07.2008 bis 31.12.2008 

2.a Einführen toolunterstützter Workflows 

Zur Unterstützung der definierten Pflegeprozesse sollen  für jedes  Stammdatenobjekt  toolbasierte Workflows  entwickelt und implementiert werden. 

01.07.2008 bis 30.06.2009 

3  Aufbau zentrales Stammdaten‐Mutationsteam 

Ziel  ist  die  Zentralisierung  der  heute  an  verschiedenen Stellen  durchgeführten  Veränderungen  (Mutationen)  von Stammdaten  in  einem  eigens verantwortlichen Kompetenz‐zentrum.  Dadurch  sollen  schnellere  Durchlaufzeiten  und geringere Fehlerquoten bei Stammdatenänderungen erreicht werden. 

05.01.2009 bis 31.12.2009 

4  Aufbau Stamm‐datenarchitektur 

Der  Aufbau  der  Stammdatenarchitektur  ist  eine  der wesentlichen Grundlagenarbeitspakete. Es umfasst: 

• Festlegen einer einheitlichen Begrifflichkeit, • Definition  von  Stammdatenstruktur,  ‐eigenschaften 

und ‐hierarchie, • Spezifikation  des  Schlüssels  eines  Stammdatentyps 

05.01.2009bis 31.12.2010 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 17: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Projekt 17

zur eindeutigen Identifikation, • Festlegen eines führenden Master‐Systems. 

Das  Handlungsfeld  formuliert  damit  langfristige Anforderungen  und  Prioritäten  des  Stammdaten‐managements  im  Hinblick  auf  die  ICT‐Architektur (Information and Communication Technology). 

5  Erstellen Stammdaten‐Landkarte (Metamodell) 

Die  Stammdatenlandkarte  beschreibt,  welche  Stamm‐datenobjekte  in  welchen  Systemen  verwendet  werden, welches  das  führende  System  ist  und  wie  die  Daten zwischen den Anwendungen  fliessen.  Ihre Entwicklung  ist daher  eng  mit  dem  vorherigen  Handlungsfeld  verknüpft. Die bestehende Stammdatenlandkarte bildet die Basis für die Migration in das Unternehmensarchitekturmodell. 

01.07.2008 bis 31.12.2008 

6  Einführung Stammdaten‐Historisierung 

Angabe von Informationen zu den Stammdatenobjekten, die entweder  in  der Vergangenheit  oder  für  die Zukunft  über einen  längeren Zeitraum Gültigkeit  besassen/besitzen. Dies umfasst  auch  die  Versionierung  von  Objekten  und  bildet unter  anderem  die  Grundlage  für  die  Erfüllung  von Compliance‐Anforderungen. 

01.07.2009 bis 31.03.2011 

7  Erarbeiten ICT Stammdaten‐Architektur 

Die  ICT‐Stammdatenarchitektur  definiert  notwendige Plattformen  und  Anwendungen  für  das  Stammdaten‐management  sowie  die  Schnittstellen  zwischen  stamm‐datennutzenden  Cargo‐Anwendungen.  Die  Anforderungen dafür  werden  durch  die  Stammdatenarchitektur  gestellt. Dieses  Handlungsfeld  legt  die  Grundlage  für  eine langfristige  Optimierung  und  Weiterentwicklung  der Applikationsarchitektur (in Bezug auf Stammdatenqualität). 

01.07.2008 bis 31.12.2008 

7a Einführen ICT Stammdaten‐Architektur 

In  diesem Handlungsfeld  soll  die  konzeptionell  erarbeitete ICT‐Stammdatenarchitektur  unter  Berücksichtigung  der Ergebnisse  der  vorhergehenden  Handlungsfelder  (z. B. Stammdatenarchitektur,  Compliance‐Anforderungen  usw.)  umgesetzt werden

05.01.2009 bis 31.12.2011 

8  Aufsetzen Kennzahlen‐Reporting 

Das Kennzahlen‐Reporting schafft Rahmenbedingungen, um die Qualität der Daten und der Mutationsprozesse messbar zu  machen.  Dazu  gehört  die  klare  Festlegung  von Qualitätszielen,  Reportmechanismen  und  Kennzahlen.  Die Ergebnisse  werden  dem  Management  periodisch  im Stammdaten‐Cockpit  präsentiert,  um  einen Nachweis  über den Zustand der Stammdaten zu liefern. 

01.01.2009 bis 02.10.2009 

9  Umsetzung priorisierte Stammdaten‐Brandherde 

Zur  Behebung  identifizierter  Stammdaten‐Brandherde  und zur  Realisierung  von  Quick  Wins  sollen  kurzfristige Massnahmen erarbeitet und umgesetzt werden. 

01.07.2008 bis 31.12.2008 / 01.01.2009 bis 31.12.2009 

Tabelle 3‐1: Handlungsfelder der Stammdaten‐Roadmap [Schwaar 2008, 19ff.] 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 18: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Projekt 18

Für  das  Teilprojekt  „Stammdatenmanagement“ wurde  ein  Projektteam  unter  der 

Leitung von Herrn Beat Schwaar gebildet, welches externe Unterstützung von zwei 

Vertretern  der  gicom  GmbH,  ein  auf  Datenqualitätsmanagement  spezialisiertes 

Beratungsunternehmen,  erhielt.  Organisatorisch  ist  das  Stammdatenprojekt  im 

Zentralbereich QI angesiedelt, während das Gesamtprojekt FITS  in Verantwortung 

des Finanzbereiches  lag  (siehe Abbildung 1‐1). Während der Projektdurchführung 

wurden  die  entsprechenden  Vertreter  aus  den  Fachbereichen  (insbesondere  die 

Prozessowner) fortlaufend involviert, um die letztendlichen Nutzer der Stammdaten 

und  ihre Anforderungen  berücksichtigen  zu  können.  Im Rahmen  von  Interviews 

und  Workshops  identifizierten  und  definierten  die  Anwender  aus  den 

Fachabteilungen  in  Zusammenarbeit  mit  dem  Projektteam  die  von  ihnen 

verwendeten Datenobjekte  sowie die Prozesse und Systeme,  in denen die Objekte 

verwendet werden. Eine Einschränkung bezüglich bestimmter Stammdatenobjekte 

wurde  dabei  nicht  vorgenommen.  Konsolidierung  und  Aufbereitung  der 

Informationen  aus  den  Interviews  durch  das  Projektteam  führten  zu  einem 

iterativen  Abstimmungsprozess  mit  den  Fachabteilungen,  an  dessen  Ende  die 

verabschiedeten Definitionen im Geschäftsdatenmodell dokumentiert wurden (zum 

Vorgehen siehe Kapitel 4.3.1). Ausserdem fanden regelmässige Abstimmungen mit 

der  zentralen  IT  der  SBB  statt,  um  eine  den  fachlichen  Anforderungen 

entsprechende Umsetzung sicherzustellen. Teil‐ und Zwischenergebnisse (vor allem 

Definitionen  einzelner  Stammdatenobjekte) wurden  über  das  unternehmensweite 

Intranet wöchentlich publiziert, mit dem Ziel, die Stammdatennutzer frühzeitig zur 

Verwendung standardisierter Definitionen und Pflegeprozesse zu animieren. 

Zu  Beginn  des  Projektes  wurden  darüber  hinaus  parallel  zu  den  zentralen 

Handlungsfeldern der Roadmap sogenannte „Business Hot Spots“ (Brandherde) für 

Stammdaten  identifiziert,  für deren Behebung  ein  separates Handlungsfeld  (siehe 

Tabelle 3‐1) definiert wurde. Durch die Behebung dieser Stammdaten‐Brandherde 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 19: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Projekt 19

sollte  in  kurzer  Zeit  und mit  geringem  Aufwand  relativ  hoher  Geschäftsnutzen 

(sogenannte  „Quick  Wins“)  durch  das  zentrale  Stammdatenmanagement  erzielt 

werden. Dies erleichterte es dem Projektteam, den konkreten Nutzen seiner Arbeit 

aufzuzeigen sowie über einen längeren Zeitraum immer wieder positive Ergebnisse 

vorzeigen zu können. Viele „Hot Spots“ wurden im Finanzbereich (Analysesysteme) 

sowie im Vertriebscontrolling (Kundennummern, Datumsangaben) identifiziert.  

3.3 Herausforderungen

Die  grösste Herausforderung  bestand  (und  besteht weiterhin)  in  der  finanziellen 

Zuordnung  des  Stammdaten‐Vorhabens  zu  einem  nicht  in  der  QI  aufgesetzten 

Projekt  (FITS).  Als  Teil  eines  Finanzprojektes,  organisatorisch  jedoch  im 

Zentralbereich QI verankert, kommt der Stammdateninitiative organisatorisch nicht 

die  notwendige Handlungsfähigkeit  innerhalb  der  SBB  Cargo  zu, welche  der  in 

Kapitel  2.3  aufgezeigten  Bedeutung  hoher  Stammdatenqualität  für  das 

Unternehmen  entsprechen  würde.  Dies  erschwert  zurzeit  noch  die  effiziente 

Durchsetzung standardisierter Definitionen und deren Umsetzung in entsprechende 

Stammdatensysteme. Zusätzlich  ist es schwierig, nach nur einem  Jahr,  in dem das 

Stammdatenprojekt  aktiv  läuft,  den  potentiellen  Nutzen  der  aufwendigen 

Grundlagenarbeit  aufzuzeigen,  da  dieser  sich  erst  mit  der  regelmässigen, 

standardgemässen  Verwendung  einheitlich  definierter  Stammdaten  und 

Pflegeprozesse einstellen wird. Zwar konnten durch die anfangs realisierten „Quick 

Wins“  in  speziellen  Teilbereichen  positive  Ergebnisse  vorgewiesen  werden, 

trotzdem bleibt die aktive Mitarbeit des Fachbereiches als  interner Kunde  (auch  in 

Bezug  auf  die  Verwendung  der  erarbeiteten  Ergebnisse)  von  deren  Bereitschaft 

abhängig. 

Eine  weitere  Herausforderung  bestand  in  der  Sensibilisierung  der  in  ihren 

funktionalen  Strukturen  agierenden  Mitarbeiter  für  eine  durchgängige, 

stammdatenorientierte  Sichtweise  entlang  der  Geschäftsprozesse.  Hierfür  ist  das 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 20: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Projekt 20

Verständnis der Zusammenhänge und  ihrer Komplexität  zwischen  Systemen und 

einzelnen Aufgaben vonnöten, dass nur bei wenigen Mitarbeitern vorhanden war. 

Im Zusammenhang  damit war  und  ist  die  Erstellung  der  Stammdatenarchitektur 

äusserst  schwierig,  weil  das  Wissen  über  die  Geschäftsdatenobjekte 

unternehmensweit verteilt ist und aufwendig zusammengetragen werden muss. 

3.4 Derzeitiger Projektstand

Das  erste  FITS‐Projekt  ist  nach  einjähriger  Laufzeit  beendet.  Trotzdem  geht  die 

Planung  des  Teilprojektes  für  Stammdatenmanagement  bis  Ende  2011  (siehe 

Roadmap  in  Tabelle  3‐1),  da  seit  Juli  2009  das  Nachfolgeprojekt  FITS  II  läuft. 

Innerhalb von FITS II ist – analog zum ersten FITS‐Projekt – ein Teilprojekt für das 

Stammdatenmanagement  vorgesehen,  in  dem  die  Arbeit  gemäss  Roadmap 

fortgeführt werden  soll. Zusätzlich hat das Stammdatenmanagement die Aufgabe, 

für das Gesamtprojekt ein Datenkonzept zu erstellen  (siehe Kapitel 4.3.2). Bis zum 

Zeitpunkt  der  Fallstudienaufnahme  war  Handlungsfeld  2  (Definition 

Stammdatenprozesse)  abgeschlossen,  für  Handlungsfeld  2a 

(Workflowunterstützung) wurde ein erster Prototyp für ein Stammdatenobjekt und 

den  entsprechenden  Prozess  implementiert.  Der  Umfang  der  durch  das  Tool 

unterstützten  Prozesse  soll  in  den  kommenden Monaten  stetig  erweitert werden. 

Handlungsfelder 4 (Aufbau Stammdatenarchitektur) und 5 (Erstellen Stammdaten‐

Landkarte)  laufen  derzeit  parallel.  Nach  Angaben  des  Projektteams  ist man mit 

diesen  Aufgaben  bereits  weit  fortgeschritten,  da  90‐95%  der  Geschäfts‐  und 

Stammdaten  im Geschäftsdatenmodell abgebildet sind und  für 93% dieser Objekte 

der Masterprozess bzw. für 54% das Mastersystem identifiziert wurde (siehe hierzu 

Kapitel 4.3). Der Aufbau eines zentralen Mutationsteams (Handlungsfeld 3) ist einer 

der wesentlichen  Punkte,  die  als  nächstes  angegangen werden. Handlungsfeld  1 

(Stammdaten‐Compliance)  wurde  zu  Beginn  aus  Sicht  des  Gesamtprojektes  im 

Vergleich zu den anderen Handlungsfeldern niedriger priorisiert und verschoben, 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 21: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Neue Lösung 21

da hierfür die Zusammenarbeit mit einer zentralen Stelle  für Compliance‐Themen 

innerhalb des Konzerns SBB (Security) notwendig ist. Die weiteren Handlungsfelder 

werden integraler Bestandteil von FITS II sein. 

4 Neue Lösung

4.1 Stammdatenstrategie

Als Grundlage eines erfolgreichen Stammdatenmanagements stellte die Erarbeitung 

einer  Stammdatenstrategie  eine  der  ersten  Arbeitsergebnisse  der 

Stammdateninitiative  dar. Daher wurde  sie  bereits  im Vorlauf  des  FITS‐Projektes 

entwickelt  (Dezember  2007  bis  März  2008)  und  zu  Projektbeginn  im  Juli  2008 

freigegeben.  Mit  Hilfe  der  Strategie  sollten  fünf  wesentliche  Bereiche  des 

Stammdatenmanagements adressiert werden [Schwaar 2009, 13]: 

• Goals & Vision. Aufzeigen der langfristigen Möglichkeit, durch standardisierte 

und  optimierte  Datenmanagementprozesse  eine  hohe  Qualität  der 

Stammdaten zu erreichen. 

• Data  Governance.  Festlegung  notwendiger  Rollen,  Aufgaben  und 

Verantwortlichkeiten, um  eine hohe Qualität der Stammdaten dauerhaft zu 

gewährleisten. 

• Roadmap. Entwicklung eines Projektplanes mit wichtigen Meilensteinen, der 

durch wesentliche Handlungsfelder sowie angestrebte Ergebnisse  (inklusive 

zeitlicher Rahmen) die definierte Stammdatenstrategie operationalisiert (siehe 

Tabelle 3‐1). 

• Activities.  Beschreibung  der  Handlungsfelder  mit  detaillierten  Tätigkeiten 

und Teilprojekten, die zur Umsetzung der Stammdatenstrategie erforderlich 

sind. 

• Contributors. Einbindung von Experten aus  sämtlichen Fachbereichen  sowie 

der  zentralen  IT der  SBB  in den Prozess der Strategieentwicklung, um den 

Fachbereich für das Thema zu sensibilisieren und die Akzeptanz zu erhöhen. 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 22: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Neue Lösung 22

4.2 Organisation: Rollen und Verantwortlichkeiten für Stammdatenobjekte

Grundsätzlich  konzentrieren  sich  sämtliche  Aktivitäten  für  das 

Stammdatenmanagement im Projektteam von Herrn Schwaar. Die Etablierung einer 

unternehmensweiten Linienaufgabe  für das Management der Datenqualität  ist ein 

langfristiges  Ziel  (über  2011  hinaus)  und  soll  sich  aus  den  verschiedenen 

Handlungsfeldern ergeben. 

Im  Zuge  der  Identifikation  und  Beschreibung  der  Stammdaten  wurde  ein 

standardisiertes  Rollenmodell  entwickelt,  welches  für  jedes  Stammdatenobjekt 

ausgeprägt werden kann. Die darin spezifizierten Rollen sind: a) der Besteller oder 

Auftraggeber,  der  eine  Veränderung  an  einem  Stammdatenobjekt  auslöst  bzw. 

beantragt;  b)  die  Prüfstelle,  welche  die  Abhängigkeiten  von  und  zu  anderen 

Stammdatenobjekten und damit die Richtigkeit von Veränderungen untersucht;  c) 

der Datenowner, der  für die Freigabe und konsistente Änderungen verantwortlich 

ist; d) die Mutationsstelle, welche die Veränderungen am Objekt physisch ausführt, 

und  e)  die  Kommunikationsstelle,  die  Veränderungen  im  Unternehmen  publik 

macht  und  verbreitet. Mit Veränderungen  sind  hier  sämtliche Modifikationen  an 

einem  Stammdatenobjekt  gemeint,  inklusive  seiner  Entstehung  und  seiner 

Löschung. 

Die  Rolle  des  Datenowners  ist  zweigeteilt.  Es  gibt  einerseits  einen  operativen 

Datenowner, der in seiner täglichen Arbeit mit dem Objekt zu tun hat, andererseits 

einen Verantwortlichen aus dem Management  für das Objekt. Der Datenowner  im 

Management wurde  jeweils möglichst eng mit dem entsprechenden Prozessowner 

verknüpft,  idealerweise  fallen  beide  Rollen  zusammen.  Er  ist  für  die  ihm 

zugewiesenen  Stammdatenobjekte  hauptverantwortlich,  d. h.  er  entscheidet  über 

jegliche  Änderungen  des  Objekts.  Mit  dieser  Rollenzuteilung  wurde  das  Ziel 

verfolgt, das prozessorientierte Datenmanagement  (über bisherige Funktions‐ und 

Systemgrenzen  hinweg)  zu  fördern  sowie  –  durch  die  Zuordnung  der 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 23: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Neue Lösung 23

Verantwortung auf Management‐ und nicht auf operativer Ebene – den Stammdaten 

das notwendige Gewicht zu geben. 

In Bezug auf die Definition von Rollen und Verantwortlichkeiten besteht die nächste 

Aufgabe in Übereinstimmung mit der definierten Stammdaten‐Roadmap im Aufbau 

eines zentralen Mutationsteams, welches sich unternehmensweit um die konsistente 

Umsetzung von Veränderungsanfragen  für Stammdateninstanzen  (Create, Update, 

Delete) kümmert. Dazu wird  ein pragmatischer Ansatz gewählt, d.h. das zentrale 

Mutationsteam  soll  überall  dort  zum  Einsatz  kommen, wo  für  das  Business  ein 

spürbarer Nutzen entsteht.   

4.3 Stammdaten und Prozesse

4.3.1 Geschäftsdatenmodell

Der in Handlungsfeld 4 definierte Aufbau einer Stammdatenarchitektur umfasst als 

wichtiges  Ergebnis  die  Entwicklung  eines  Geschäftsdatenmodells  aus  Sicht  der 

wesentlichen Geschäftsprozesse der SBB Cargo. Das Geschäftsdatenmodell soll die 

Kernentitäten des Unternehmens  sowohl als graphisches Modell als auch  in Form 

textueller  Beschreibungen  (Glossare)  abbilden  und  somit  eine  Grundlage  für  ein 

unternehmensweit einheitliches Verständnis bilden. 

Datenarten 

Zu  Beginn  der  Arbeit  am  Geschäftsdatenmodell  wurde  deutlich,  dass  eine 

ausschliessliche  Beschränkung  auf  die  Stammdaten  dem  Ziel  einer 

prozessorientierten  Dokumentation  nur  ungenügend  gerecht  wird,  da  sie  im 

Geschäftsprozess  selten  und  eher  indirekt  verändert  werden.  Der 

Betrachtungsumfang wurde daher allgemein auf Geschäftsdaten erweitert und eine 

Dreiteilung der Datenarten vorgenommen, um eine übersichtlichere Darstellung der 

Objekte  und  ihrer  Beziehungen  zu  ermöglichen.  Folgende  Datenarten  wurden 

definiert [Schwaar 2009, 17]: 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 24: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Neue Lösung 24

• Geschäftsvorfalldaten (Business Transaction Data) sind Daten welche direkt im 

Laufe  eines Wertschöpfungsprozesses  entstehen,  verwendet,  verändert und 

wieder gelöscht werden. Typische Beispiele sind Rechnungen, Verträge oder 

Angebote.  Sie  stehen  in  Beziehung  zu  anderen  Geschäftsvorfalldaten  und 

nutzen Stammdaten sowie Kerndatenelemente. 

• Stammdatenobjekte  (Master  Data Objects) werden  in  den  Geschäftsvorfällen 

verwendet,  durch  die  Geschäftsprozesse  aber  nicht  direkt  verändert.  Sie 

bleiben  über  einen  längeren  Zeitraum  konstant  und  stehen  mit  anderen 

Stammdatenobjekten  sowie  Kerndatenelementen  in  Beziehung.  Zu 

Stammdatenobjekten  zählen  beispielsweise  Kunden,  Debitoren  oder 

Verkäufer/Lieferanten. 

• Kerndatenelemente  (Core Data Elements) entsprechen am ehesten dem  in der 

wissenschaftlichen  Literatur  verwendeten  Konzept  der  Referenzdaten,  da 

deren  Pflege  zum  Teil  nicht  im  Verantwortungsbereich  einzelner 

Unternehmen  liegt,  sondern  von  übergreifenden  Organisationen  wie  dem 

Internationalen  Eisenbahnverband  durchgeführt  wird.  Sie  dienen  in  der 

Regel  der  Klassifikation  von  Stamm‐  und  Geschäftsvorfalldaten.  Typische 

Kerndatenelemente  sind  der  NHM‐Code  sowie  die  Klassifikation  von 

Wagentypen oder Produkten. 

Zusätzlich wurde  im Laufe  der Dokumentation  eine  vierte Datengruppe  gebildet 

(„Glossarbegriffe“),  in  der  Synonyme  und  Homonyme  (mit  Begriffsowner  und 

Attributen) zu bestehenden Objekten zugeordnet werden.  

Modellierung 

Wie bereits zu Beginn des Kapitels angedeutet, wurde  für die Dokumentation der 

Geschäftsdaten  ein  zweigleisiges  Vorgehen  gewählt.  Als  erstes  wird  jedes 

Geschäftsvorfalldatum,  Stammdatenobjekt,  Kerndatenelement  sowie  jeder 

Glossarbegriff einheitlich in einem Glossar gepflegt. Zielgruppe des Glossars ist der 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 25: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Neue Lösung 25

Fachbereich, dem es über das Intranet zur Verfügung gestellt wird, um damit eine 

unternehmensweit  einheitliche  Verwendung  der  Begrifflichkeiten  zu  fördern. 

Zusätzlich  wird  den  Datennutzern  der  verantwortliche  Datenowner  als 

Ansprechpartner  angezeigt.  Innerhalb  des  Glossars  werden  folgende  Metadaten 

geführt:  Name  (des  Datums  bzw.  Objektes),  unternehmensweit  einheitliche 

Definition, zugehörige Datenklasse, mögliche Werte bzw. Ausprägungen, Attribute 

(nur  teilweise), Datenowner, Master‐Prozess, Nutzer‐Prozesse,  (führendes) Master‐

System und weitere, nutzende Systeme. Ein Beispiel ist in Tabelle 4‐1 angeführt. 

 

Name Beschreibung

Schl

üsse

lbeg

riff

Bus

ines

s

Master Prozess (Produziert)

Nutzer Prozesse (Konsumiert)

MasterSystem

NutzerSystem

Vorschlag Business Owner

Wagentyp

Typisierung / Codierung unterschiedlicher Wagen. Die Wagentypen beschreiben die Bauart und die Eigenschaften des Fahrzeugs. Die Codierung ist durch die UIC festgelegt.Beispiele: Eaos, Habbiillnss, Shimmns

Wagentyp ist eine Teilmenge von Fahrzeug.

KE Instandhaltung

K4.2 Planung (Produziert)

K1.2 Angebotsplanung (Konsumiert)K2.2 Machbarkeit (Konsumiert)K2.3 Offerte (Konsumiert)K3 Leistung (Konsumiert)K4.1 Live Cycle Management (Konsumiert)K4.3 Bereitstellung (Konsumiert)

SAP/ERP

Muster HansMeier Max

Tabelle 4‐1: Ausschnitt aus dem Glossar der SBB Cargo (Kernentität Wagentyp) 

Zusätzlich  wird  für  jedes  Geschäftsvorfalldatum  ein  UML‐Klassendiagramm 

erstellt, welches das Objekt mit seinen Schlüsselattributen sowie seinen Beziehungen 

zu  sämtlichen  Stammdatenobjekten  und  Kerndatenelementen  zeigt.  Das 

Geschäftsvorfalldatum  stellt  somit  den  zentralen  Ankerpunkt  eines  jeden 

Einzeldatenmodells  dar.  Zum  Zeitpunkt  der  Fallstudienaufnahme  konnten  11 

Geschäftsvorfalldatenmodelle  in  Abstimmung  mit  Prozess‐/Datenownern  und 

Produktverantwortlichen erstellt werden. In Anhang A ist ein Beispieldiagramm für 

das Geschäftsvorfallsdatenobjekt „Opportunity“ abgebildet. 

Eine  Modellierung  bzw.  vollständige  Beschreibung  der  Objekte  auf  Ebene  der 

Attribute  wurde  in  diesem  ersten  Schritt  bewusst  nicht  durchgeführt,  um  die 

Komplexität (insbesondere für den Fachbereich) möglichst gering zu halten. Derzeit 

werden  pro  Objekt  zum  besseren  Verständnis  wenige,  ausgewählte  Attribute 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 26: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Neue Lösung 26

modelliert;  die  Ausweitung  sowie  die  Festlegung  von  globalen  und  lokalen 

Attributen  werden  erst  im  Rahmen  der  Architekturgestaltung 

(Stammdatenverteilung)  in Zukunft durchgeführt. Überbetriebliche Spezifikationen 

wie beispielsweise railML, welche standardisierte Beschreibungen von Entitäten im 

Schienenverkehrssektor liefern, kommen nicht zur Anwendung. 

Vorgehen 

Ausgangspunkt für die Identifikation der Geschäftsdatenobjekte war die bestehende 

Dokumentation  der  Geschäftsprozesse,  die  im  Management‐System  Cargo  sehr 

detailliert  abgelegt  ist.  Anhand  dieser  Geschäftsprozesse  konnten  erste  Objekte 

erkannt und die Prozessowner kontaktiert werden. Ausgehend von Gesprächen mit 

den  Prozessownern  wurden  iterativ  Informationen  zu  einzelnen  Objekten 

gesammelt  und  konsolidiert  (wobei  wiederum  neue  Geschäftsdatenobjekte 

identifiziert wurden). Hierfür wurden Interviews und Workshops mit Nutzern der 

Geschäftsdatenobjekte  durchgeführt,  um  konzertierte  Definitionen  zu  finden  (im 

Falle  abweichender  Verständnisse),  Nutzersysteme  zu  identifizieren,  den 

zugehörigen  Prozess  (im  Sinne  des Datenlebenszyklus)  zu  spezifizieren  und  den 

Datenowner festzulegen, welcher  in Zukunft die Aufgabe hat, bezüglich möglicher 

Veränderungen an den Metadaten des Geschäftsdatenobjektes zu entscheiden. Eine 

wesentliche Herausforderung besteht in der Festlegung eines eindeutigen Schlüssels 

zur  Identifikation  von  Geschäftsdatenobjekten.  Da  sich  die  Schlüssel  derzeit 

anwendungsspezifisch unterscheiden (z.B. Kundennummer  im CRM‐ und  im SAP‐

System), ist die Bestimmung des Master‐Systems notwendig, dessen Schlüssel dann 

bei einer zukünftigen Zusammenführung der Datenbestände massgeblich ist.  

Das  Stammdatenmanagement‐Projektteam  bereitete  die  Informationen 

anschliessend auf, pflegte sie in das Glossar ein und veröffentlichte das aktualisierte 

bzw.  erweiterte  Glossar  im  Intranet.  Sukzessiv  wurden  auch  erste  UML‐

Klassendiagramme  für  einzelne  Geschäftsvorfalldaten  entlang  der 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 27: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Neue Lösung 27

Wertschöpfungskette  erstellt.  Im  Falle  uneinheitlicher  bzw.  inkonsistenter 

Definitionen  sowie  zur  Verfeinerung  der  Datenmodelle  wurden  anschliessend 

iterativ zusätzliche Abstimmungstreffen durchgeführt. 

Für  die Metadatenpflege,  also  die  konsistente  Fortführung  der  Informationen  in 

Glossar und Geschäftsdatenmodell, nach fachlicher Freigabe der Änderungen durch 

den jeweiligen Datenowner ist (auch in Zukunft) das Stammdatenmanagementteam 

zuständig. Darunter fällt die Definition neuer Geschäftsdatenobjekte, die Anpassung 

von  Datenformaten  oder  die  Änderung  von  Hierarchien  und 

Merkmalszuordnungen  im  Objekt.  Die  zentrale  Mutationsstelle  pflegt  nur 

Änderungen an den Stammdateninstanzen. 

Derzeitiger Stand 

Die Modelle sowie das Glossar werden derzeit im unternehmensinternen Enterprise 

Architecture  Management  Tool  (MEGA)  gepflegt  und  in  14‐tägigem  Rhythmus 

aktualisiert.  In diesem Tool werden  in weiteren Schritten auch  sämtliche Prozesse 

und Systeme (insbesondere der Bebauungsplan) und der Zusammenhang zwischen 

Daten,  Prozessen  und  Systemen  abgebildet.  Das  Tool  wird  dann  nicht  nur  zur 

Dokumentation  verwendet,  sondern  erlaubt  auch die Ableitung  von Reports und 

Auswertungen  über  die  gepflegten  Geschäftsdatenmodelle  (z. B.  in  welchen 

Modellen bestimmte Objekte vorkommen). Durch die derzeit noch nicht vollständig 

vorhandene Basis der Verknüpfung  von Daten  zu Geschäftsprozessen    in MEGA 

sind  integrierte Analysen  (z. B.  in welchen Geschäftsprozessen bestimmte Objekte 

verwendet werden) mit dem Tool aktuell noch wenig aussagekräftig. 

Wie  Tabelle  4‐2  verdeutlicht  wurden  insgesamt  303  Geschäftsdatenobjekte 

identifiziert,  modelliert  und  beschrieben.  Davon  sind  62  Geschäftsvorfalldaten 

(entspricht 20%) und 47 Stammdatenobjekte (entspricht 16%). Nach Einschätzungen 

des Projektteams entsprechen diese Zahlen 90‐95% der Gesamtobjektzahl. Bereits in 

den  letzten  Wochen  ist  ein  signifikantes  Wachstum  nur  noch  bei  den 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 28: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Neue Lösung 28

Glossarbegriffen festzustellen. Ausserdem ist zu betonen, dass bei mehr als 90% der 

identifizierten  Geschäftsdatenobjekte  jeweils  ein  Datenowner  definiert  und  der 

Master‐Prozess bestimmt werden konnte. 

Beschreibung Absolute Anzahl Prozentualer Anteil

Ermittelte Geschäftsdatenobjekte  303   

davon mit Owner  279  92 

davon Owner in Abklärung  23  8 

Ermittelte Geschäftsdatenobjekte (pro Ebene)  303   

Geschäftsvorfalldaten  62  20 

Stammdatenobjekte  47  16 

Kernelementdaten  114  38 

Glossarbegriffe  78  25 

noch offen  2  1 

Geschäftsdatenobjekte mit Master‐Prozess  204  93 

Geschäftsdatenobjekte mit bekanntem Mastersystem  121  54 

Tabelle 4‐2: Übersicht über definierte Geschäftsdatenobjekte (Stand: 29.05.2009) 

Schliesslich  ist  noch  auf  die  Unterschiede  zu  Versuchen  in  der  Vergangenheit 

einzugehen,  ein  unternehmensweites  Datenmodell  zu  erstellen.  Diesbezügliche 

Initiativen gab es auch innerhalb der SBB Cargo. Jedoch waren diese stets stark IT‐

getrieben und berücksichtigten nur unzureichend die Anforderungen der Fachseite. 

Für  das  jetzige  Projekt wurde  bewusst  eine  konträre Herangehensweise  verfolgt. 

Stammdatenmanagement wird  als  fachliche  und weniger  als  technische Aufgabe 

betrachtet. Massgeblich für die Erarbeitung der Ergebnisse sind die Anforderungen 

des  Fachbereiches  an  das  Stammdatenmanagement.  Dementsprechend  werden 

Konzepte primär in Zusammenarbeit mit Fachbereichsvertretern entwickelt. Mit der 

zentralen  IT  der  SBB  finden  in  der  Regel  lediglich  Abstimmungstreffen  statt,  in 

denen die informationstechnologische Machbarkeit der Umsetzung diskutiert wird. 

Dies  trifft  in  besonderem Masse  auf die  Spezifikation der  Stammdatenarchitektur 

bzw. des Geschäftsdatenmodells zu. Deren Ziel  ist nicht die Modellierung  für die 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 29: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Neue Lösung 29

anschliessende  Anwendungsentwicklung,  sondern  eine  einheitliches 

Begriffsverständnis (auch zwischen Fachbereich und IT) und darauf aufbauend eine 

konsistente Verwendung von Stamm‐ bzw. Geschäftsdatenobjekten sicherzustellen. 

Daher  ist  die  vollständige  Beschreibung  bezogen  auf  die  Art  und  Anzahl  der 

Attribute nicht notwendig. 

4.3.2 Projektübergreifende Etablierung von Datenmanagementstandards

Parallel  zu  der  im  vorherigen Abschnitt  beschriebenen Grundlagenarbeit müssen 

ständig  laufende  Projekte,  die  erste  Ergebnisse  der  Stammdateninitiative  nutzen, 

unterstützt  werden,  um  die  konsistente  Weiterentwicklung  der 

Stammdatenarchitektur  sowie  der  Stammdatenlandkarte  zu  gewährleisten.  Zur 

Erreichung dieses Ziels wurde schon frühzeitig ein einheitlicher Prozess entwickelt 

(siehe  Abbildung  4‐1),  der  zukünftig  in  allen  Cargo‐Projekten  Berücksichtigung 

finden  soll.  Dieser  umfasst  datenmanagementspezifische  Aufgaben  und 

Meilensteine, die in den allgemeinen Projektplan integriert werden.  

Phasen Projektmanagement

Aufgaben Datenmanagement

Studie Grobkonzept Detailkonzept Realisierung Einführung

PKA PKA PKA PKA

Erstellen desDatenkonzeptes mitSDM-Projektteam

Erstellen desDatendetailkonzeptes

gemässDatenkonzept

Umsetzung gemässDetailkonzept

Nachführen desGeschätsdatenmodells

Ist-Geschäfts-datenmodell

Soll-Geschäfts-datenmodell

Soll-Geschäfts-datenmodell

AktualisiertesGeschäfts-

datenmodell

Legende: SDM … StammdatenmanagementPKA … Projektkreditantrag  

Abbildung 4‐1: Einbindung des Stammdatenmanagements in das Projektmanagement 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 30: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Neue Lösung 30

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Die Aufgaben des Datenmanagements  fokussieren auf die Konsistenzwahrung des 

Geschäftsdatenmodelles. Hierfür muss das Projektmanagement auf Grundlage des 

bestehenden  Geschäftsdatenmodells  frühzeitig  ein  Datenkonzept  erarbeiten  und 

diejenigen Geschäftsdaten  identifizieren, welche  im Projekt benötigt  (also genutzt) 

oder  verändert  werden.  Auf  Grundlage  des  Datenkonzeptes  und  der  darin 

formulierten  Anforderungen  wird  ein  konsistentes  Soll‐Geschäftsdatenmodell  in 

Zusammenarbeit  mit  dem  Stammdaten‐Projektteam  sowie  den  entsprechenden 

Datenownern  erstellt.  Zur  besseren  Etablierung  sowie  zur  Unterstützung  der 

Datenmanagement‐Aufgaben  in den Projektabläufen wurden Templates erarbeitet, 

welche  die  Definition  des  Datenkonzeptes  zu  Beginn  eines  jeden  Projektes 

vereinfachen. 

4.3.3 Toolunterstützte Stammdatenworkflows

Am  6.  Juli  2009  wurde  ein mit  einem  externen  Partner  entwickeltes Workflow‐

Management‐System  (WfMS)1  in Betrieb  genommen. Das Tool unterstützt derzeit 

die  Änderungs‐  und  Pflegeprozesse  für  das  Stammdatenobjekt  „Debitor“.  Die 

Implementierung  kann  als  eine  indirekte  Bestätigung  der  erfolgreichen 

Grundlagenarbeit  gesehen  werden,  baut  sie  doch  auf  deren  Ergebnissen  auf 

(festgelegter Datenowner  sowie weitere  notwendige  Rollen,  identifizierte Master‐ 

und  Nutzersysteme  pro  Objekt,  Abhängigkeiten  zu  anderen  Geschäftsdaten‐

objekten, Verwendung  im Geschäftsprozess). Für die Umsetzung  im WfMS wurde 

der  Pflegeprozess  für  das  Stammdatenobjekt  gemeinsam  mit  dem  Datenowner 

genau  spezifiziert,  inklusive  der  Kriterien  für  eine  erlaubte  Veränderung  (als 

Entscheidungsunterstützung  für  den Datenowner),  der  Geschäftsregeln  (Business 

Rules)  zur  Überprüfung  der  Abhängigkeiten  zu  anderen  Geschäftsdatenobjekten 

                                                 1  Intern  wird  das  System  als  Prozess‐Workflow‐Tool  bezeichnet.  Aufgrund  der  gängigen 

Verwendung  des  Begriffes  Workflow‐Management‐System  in  Wissenschaft  und  Praxis, verwenden wir im Weiteren die Bezeichnung WfMS. 

Page 31: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Neue Lösung 31

und  der  Mutationsregeln  für  jedes  betroffene  System.  Nur  so  war  eine 

Implementierung des Prozesses in das WfMS möglich. 

Durch das WfMS können eine Vielzahl der Schritte im Prozess automatisiert werden 

(beispielsweise  die  Überprüfung  von  Stammdatenmutationen  bezüglich  ihrer 

Regelkonformität,  die  kontinuierliche  Dokumentation  und  Auswertung  der 

Mutationen,  die  Benachrichtigung  der  Prozessschrittverantwortlichen),  wodurch 

sowohl  die  Durchlaufzeit  des  Pflegeprozesses  als  auch  die  Fehleranfälligkeit 

reduziert werden  kann. Da  das WfMS  über  das  Intranet  grundsätzlich  für  jeden 

zugänglich  ist,  können  Anfragen  für  notwendige  Veränderungen  ohne  grossen 

Aufwand  ausgelöst  und  Informationen  über  den  aktuellen  Prozessstatus  einfach 

abgefragt werden. 

Derzeit ist es noch zu früh, um valide Aussagen bezüglich des Nutzens zu treffen. In 

den  kommenden  Wochen  soll  der  Umfang  des  WfMS  schrittweise  auf  weitere 

Objekte ausgedehnt werden, wofür die definierten Prozesse für jedes Objekt in dem 

Tool abgebildet werden müssen. 

4.4 IT-Systemlandschaft

Die  Systemlandschaft  (siehe  Abbildung  2‐1)  hat  sich  in  Bezug  auf  das 

Stammdatenmanagement  bis  zum  derzeitigen  Zeitpunkt  nicht  verändert.  Die 

zielgerichtete  (Um‐)Gestaltung  der  Applikationsarchitektur  wurde  als  wichtiges 

Thema  für das Stammdatenmanagement  identifiziert  (siehe Handlungsfeld  7a der 

Stammdaten‐Roadmap),  jedoch bewusst nach hinten verschoben.  In welcher Form 

(eigenes  Stammdatenprojekt  oder  im  Zuge  der  konzernweiten 

Integrationsarchitektur)  dieses  aufgrund  zahlreicher  Abhängigkeiten  schwierige 

Handlungsfeld adressiert wird,  ist derzeit noch nicht geklärt. Grundvoraussetzung 

hierfür ist die eindeutige Definition der Stammdatenobjekte sowie die Identifikation 

und Dokumentation  der  entsprechenden Master‐Systeme, welche  führend  für  sie 

verantwortlich  sind.  Zudem  muss  festgelegt  werden,  welche  Attribute  globale 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 32: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Neue Lösung 32

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

(unternehmensweite)  Gültigkeit  besitzen  und  welche  lediglich  über  lokale 

Gültigkeit  (z. B.  pro  System)  verfügen  sollen.  Langfristiges  Ziel  soll  es  sein,  die 

Vielzahl von  stammdatenführenden Systemen auf maximal zwei zentrale Systeme 

zu  reduzieren,  in  denen  die  Stammdaten  zentral  gepflegt  und  auf  angebundene 

Systeme  verteilt  werden.  Dadurch  soll  die  langfristige  Konsistenzwahrung  mit 

minimalem Aufwand gewährleistet werden. 

4.5 Kosten und Nutzen

Im  Rahmen  der  Entwicklung  des  Strategiedokumentes  wurde  primär  eine 

qualitative Nutzenbetrachtung  durchgeführt,  jedoch wurden  die  Kosten  und  der 

erwartete Nutzen  in einzelnen Teilbereichen  im Sinne einer vereinfachten Business 

Case‐Rechnung grob geschätzt. Der quantifizierte Nutzen wurde auf der Grundlage 

der reduzierten Anzahl von nicht abrechenbaren Sendungen (NAS)1 und des damit 

einhergehenden, geringeren Zinsverlusts sowie der Reduktion der administrativen 

Kosten  (z. B.  durch  weniger  Nacharbeit)  berechnet.  Die  Verringerung  der 

Administrationskosten  wurde  auf  7,3  FTE  (Full  Time  Equivalent,  Vollzeit‐

mitarbeiter)  pro  Jahr  geschätzt.  Durch  die  Verringerung  der  Anzahl  nicht 

bewertbarer bzw.  fakturierbarer Sendungen als Ergebnis der Stammdateninitiative 

wurde  ein  Einsparpotential  für  den  Zinsverlust  von  50%  prognostiziert, was  ca. 

1,8%  des  monetären  Wertes  der  durchschnittlichen  Anzahl  NAS  entspricht. 

Zusätzlich  werden  weitere  Nutzenpotentiale  aufgezählt,  ohne  diese  genau  zu 

beziffern.  Hierzu  zählen  unter  anderem  die  Verminderung  der  manuellen 

Aufwände  zur Pflege bzw. Fehlerkorrektur  oder die Verringerung der benötigten 

Zeit zur Erstellung finanzieller Reports sowie die Reduktion der Anzahl fehlerhafter 

                                                 1 NAS sind Aufträge, welche die SBB Cargo an den Kunden liefert, obwohl sie mangels vollständiger 

Vertragsdaten  und/oder  falscher  Angaben  der  Kunden  nicht  bewertbar  sind  und  somit  nicht fakturiert werden können. Der durchschnittliche Wert einer NAS beträgt ca. CHF 2.250. 

Page 33: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Neue Lösung 33

Reports durch eine höhere Transparenz über Datenbasis und Herkunft verwendeter 

Daten. 

Mit  Abschluss  des  ersten  FITS‐Projektes  ist  für  das  Teilprojekt 

Stammdatenmanagement ein wichtiger Meilenstein erreicht. Auch wenn es derzeit 

noch verfrüht ist, finale quantitative Nutzenbetrachtungen abzuleiten (insbesondere 

da  Investitionen  in  das  Stammdatenmanagement  keine  direkten  monetären 

Rückflüsse generieren), lassen mehrere positive Entwicklungen den Schluss zu, dass 

die erste Projektphase als erfolgreich bewertet werden kann. So deuten nicht nur die 

Aussagen  des  Projektteams,  das  die  Einschätzung  vertrat,  dass  die 

Stammdateninitiative  in  den  Fachbereichen  sehr  positiv  aufgenommen  und  aktiv 

unterstützt wird,  auf  eine  positive Resonanz  hin. Die  Expertengespräche  zeigten, 

dass insbesondere der Finanzbereich den langfristigen Nutzen positiv bewertet und 

sich  viel  von  den  Ergebnissen  verspricht,  auch wenn  das  Stammdatenprojekt  im 

Moment eher mit Aufwand verbunden ist. Insofern ist mit der deutlichen Erhöhung 

des  Problembewusstseins  für  die  Stammdatenproblematik  in  den  Fachbereichen 

bereits ein wichtiger (wenn auch nicht monetärer) Nutzen erzielt wurden. Auch die 

Weiterführung der Stammdateninitiative in FITS II (und somit bis mindestens 2011) 

ist  ein  deutliches  Zeichen  dafür,  dass  der  Nutzen  der  Arbeit  im  Unternehmen 

erkannt wird. 

Um den Fortschritt in Bezug auf die Stammdatenarchitektur zu dokumentieren und 

zu  bewerten, werden primär Auswertungen  erstellt, die mit denen  in Tabelle  4‐2 

vergleichbar sind. Hierbei sind vor allem Zahlen zur Festlegung von Datenownern 

sowie  zur  Identifikation  von  Master‐Prozessen  und  ‐Systemen  von  Bedeutung. 

Qualitative Aussagen sind jedoch (noch) nicht möglich. 

4.6 Zukünftige Entwicklungen

Auf  die  zukünftigen  Herausforderungen  beim  Aufbau  einer  zentralen 

Mutationsstelle  sowie  der  Optimierung  der  Applikationsarchitektur 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 34: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Neue Lösung 34

(Zentralisierung  der  Stammdatenhaltung)  zur  Erhöhung  der  Stammdatenqualität 

wurde bereits in den vorangegangenen Kapiteln eingegangen. Für die Fertigstellung 

des  Geschäftsdatenmodelles  wird  ein  Schwerpunkt  (auch  im  Hinblick  auf  die 

Gestaltung  der Applikationsarchitektur)  auf  der  Identifikation  der Mastersysteme 

liegen,  die  für  fast  die  Hälfte  der  Entitäten  (siehe  Tabelle  4‐2)  noch  nicht 

durchgeführt  wurde.  Ausserdem  sollen  bis  Ende  2010  schrittweise  sämtliche 

Stammdatenpflegeprozesse definiert werden. 

Eine weitere wichtige Aufgabe wird die Bearbeitung von Handlungsfeld 8 mit dem 

Aufbau  eines  kennzahlenbasierten  Reportings  für  die  Messung  der 

Stammdatenqualität sein. Diesbezüglich wird es  in einem ersten Schritt notwendig 

sein,  aussagefähige  Messgrössen  und  Key  Performance  Indicators  (KPIs)  zu 

identifizieren,  um  ein  Controlling  von  Qualität  (Vollständigkeit,  Korrektheit, 

Aktualität, Eindeutigkeit, Verfügbarkeit der Daten) und Pflegekosten zu etablieren. 

Dies  ist wichtig, um die positiven Auswirkungen der  eigenen Arbeit  aufzuzeigen 

und  damit  zusätzliche Argumente  für  eine  unternehmensweite  Verankerung  des 

Stammdatenmanagements zu haben. 

Eine naheliegende Ausweitung des Projektumfangs auf den gesamten SBB‐Konzern 

ist  derzeit  nicht  geplant  und  wird  aufgrund  der  Heterogenität  der  einzelnen 

Konzernbereiche  (Personenverkehr,  Infrastruktur, Cargo)  kritisch  bewertet. Allein 

das  Verständnis  über  einen  Kunden  unterscheidet  sich  signifikant  zwischen  SBB 

Cargo und  SBB Personenverkehr.  Sinnvoll  erscheint dies  lediglich bei gemeinsam 

genutzten Geschäftsdatenobjekten, wie z. B. Trassen oder Bahnhöfen zwischen den 

Geschäftsbereichen  Cargo  und  Infrastruktur.  Trotz  alledem  wird  das 

Stammdatenmanagement auch in den anderen Konzernbereichen aus Sicht von SBB 

Cargo  in  naher  Zukunft  ein  Schlüsselthema  sein,  weshalb  der  Transfer  von 

Erkenntnissen und Erfahrungen angestrebt werden sollte. 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 35: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Erkenntnisse 35

Aufbauend auf den Erkenntnissen aus der Erstellung des Geschäftsdatenmodelles 

wird  zurzeit  ein  analoges  Vorgehen  für  die  Dokumentation  sogenannter 

Relationsdaten  gewählt.  Als  Relationen werden  kommerzielle  Strecken  zwischen 

zwei  Bedienpunkten  bezeichnet,  welche  ein  Kunde  bestellt.  Sie  stellen  wichtige 

Entitäten in der Wertschöpfungskette der SBB Cargo dar, da sie unter anderem die 

Grundlage für das Angebot und den Verkauf von Leistungen sowie die Berechnung 

von  Kosten  bilden.  Für  das Management  von  Relationen  soll  bis  Ende  2009  ein 

Fachkonzept erarbeitet werden. 

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Internationalisierung der SBB Cargo (siehe 

Kapitel 1.4), die mit der Nutzung von Infrastruktur im Ausland einhergeht, hat sich 

die  Stammdatenproblematik  in  den  vergangenen  Jahren  noch  verschärft,  da 

Ressourcen  und  Kapazitäten  vermehrt  bei  Partnerunternehmen  (SNCF  Fret,  B 

Cargo) eingekauft werden müssen. 

5 Erkenntnisse Als  Erkenntnisse  aus  dem  Stammdatenprojekt  können  bereits  zum  jetzigen 

Zeitpunkt ein paar wesentliche Punkte abgeleitet werden, die für dessen Durch‐ und 

Weiterführung mitentscheidend waren. Dies ist zum Ersten das Bewusstsein in der 

Geschäftsleitung,  dass  Stammdaten  im Unternehmen  nicht  über  die  erforderliche 

Qualität  verfügen  und  dies  negative  Auswirkungen  entlang  der  gesamten 

Wertschöpfungskette hat  (vor Projektbeginn war dies  sowohl beim Leiter des QI‐

Bereiches als auch des Finanzbereiches der Fall). Daraus resultiert der Auftrag, das 

Stammdatenprojekt als Teilprojekt von FITS abzuwickeln. Hierdurch  ist es  leichter 

möglich,  in  relativ  kurzer Zeit  positive Nutzeneffekte  zu  erzielen  und  damit  das 

Problembewusstsein  innerhalb  des  Fachbereiches  (als  Kunden  eines 

Stammdatenprojektes)  zu  erhöhen  sowie  zusätzliche  Argumente  für  die 

Ausweitung  auf  weitere  Unternehmensteile  zu  haben.  Zudem  vereinfacht  die 

Einbettung  in das Projekt FITS die Durchsetzung der  erarbeiteten Richtlinien und 

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Page 36: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Erkenntnisse 36

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Standards. In diesem Zusammenhang ist die aktive Mitarbeit des Fachbereiches bei 

Aufgaben des Stammdatenmanagements zu betonen, die auf eine positive Resonanz 

schliessen lässt. 

Im Vergleich zu früheren Massnahmen zur Erhöhung der Stammdatenqualität stellt 

die  durchgängige  Ausrichtung  an  den  Anforderungen  und  die  Einbindung  des 

Fachbereiches  einen  entscheidenden  Erfolgsfaktor  bei  der  Entwicklung  der 

Stammdatenarchitektur  (inklusive  Geschäftsdatenmodell)  dar.  Dementsprechend 

liegt  der  Fokus  auf  der  Etablierung  eines  einheitlichen  Begriffsverständnisses  als 

Grundlage  für  die  eindeutige  Identifikation  und  konsistente  Verwendung  von 

Stammdatenobjekten. In diesem Sinne wird die Modellierung mit dem Glossar und 

der geringstmöglichen Komplexität der Datenmodelle so gewählt, dass die Nutzung 

durch  den  Fachbereich  gefördert  wird.  Erfolgsentscheidend  war  ausserdem  die 

Orientierung  an  den  Geschäftsprozessen  der  SBB  Cargo,  um  die  funktions‐  und 

systemspezifischen  Sichten  auf  die  Geschäftsdatenobjekte  zu  integrieren  und 

sicherzustellen, dass Mitarbeiter, die Daten verändern, sich der Konsequenzen ihrer 

Änderungen für Datennutzer zu einem späteren Zeitpunkt im Prozess bewusst sind. 

Die  Prozessorientierung  führte  zu  der  Erkenntnis,  dass  eine  ausschliessliche 

Fokussierung  auf  Stammdatenobjekte  unzureichend  ist,  um  die Datenqualität  im 

Unternehmen  zu  verbessern,  weshalb  das  Geschäftsdatenmodell  zusätzlich 

Geschäftsvorfall‐  und  Referenzdaten  umfasst.  Schlüsselthemen  bei  der 

Grundlagenarbeit sind die Festlegung der Datenowner (häufig fühlte sich keiner für 

ein  bestimmtes Objekt  verantwortlich),  der  verwendeten Geschäftsprozessen  und 

des Master‐Systems. Diese sind noch nicht vollständig abgeschlossen. 

Page 37: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Anhang A 37

Anhang A. Geschäftsdatenmodell (Beispiel) Abbildung  A‐1  zeigt  das  Modell  für  das  Geschäftsvorfallsdatenobjekt  (GVD) 

„Opportunity“. Es  ist mit  seinen Beziehungen zu Stammdatenobjekten  (SDO) und 

Kerndatenelementen (KE) sowie angrenzenden GVDs modelliert. 

Abbildung A‐1: Modell für das Geschäftsvorfallsdatenobjekt „Opportunity“ 

Page 38: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Anhang B 38

© HSG / IWI / CC CDQ / 22

Anhang B. Expertengespräche

Nr. Datum, Uhrzeit und Ort Interviewpartner

1  16. Juli 2009, 10:00 – 12:00, Basel (Schweiz) 

Beat Schwaar, Leiter des Projektes zum Stamm‐ und Geschäftsdatenmanagement, Qualitäts‐ und Informationsmanagement (QI), Prozessmanagement & IT, SBB Cargo AG  (seit 2004 bei SBB Cargo, seit 2008 Hauptverantwortlicher für das Stamm‐ und Geschäftsdatenmanagement bei der SBB Cargo) 

2  16. Juli 2009, 13:00 – 14:30, Basel (Schweiz) 

Mathias Hirschi, Teilprojektleiter Analysesysteme, Management & Accounting (innerbetriebliche Controllingsysteme), Finanzen & Controlling, SBB Cargo AG  (nicht direkt in Stamm‐ und Geschäftsdatenmanagement bei der SBB Cargo involviert, aber wichtiger Ansprechpartner und Kunde im Rahmen von FITS) 

3  16. Juli 2009, 14:45 – 16:15, Basel (Schweiz) 

Karl‐Heinz Diekmann, Bereichsleiter Stammdatenmanagement, gicom GmbH (seit November 2008 als externer Berater aktiv in das Projekt zum Stamm‐ und Geschäftsdatenmanagement bei der SBB Cargo involviert) 

Tabelle B‐1: Die Expertengespräche im Überblick 

Die  Interviews  führte  Alexander  Schmidt  (Wissenschaftlicher  Mitarbeiter,  IWI‐

HSG). 

Page 39: Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens ...20SBB%20Car… · Fallstudie SBB Cargo – Einführung eines unternehmens-weiten Stammdatenmanagements Alexander Schmidt

Literatur 39

Literatur [SBB Cargo 2008]   SBB  Cargo,  Geschäftsbereich  International,  http://www.maekas.wiwi.uni‐

due.de/fileadmin/fileupload/PROJEKT‐MAEKAS/PDFs/praesasentation_SBB.pdf, 20.07.2009 

[SBB Cargo 2009a]   SBB  Cargo,  Organisation,  SBB  Cargo  ‐  Schienengüterverkehr  europaweit, 

http://www.sbbcargo.com/index/sbbc_organisation.htm, 20.07.2009 [SBB Cargo 2009b]   SBB Cargo, SBB Cargo  im  Jahr 2008  ‐ Auszug aus dem Geschäftsbericht der 

SBB, Basel 2009b [Schwaar 2008]   Schwaar,  B.,  Stammdatenstrategie  bei  SBB  Cargo  ‐  Governance,  Vision, 

Handlungsfelder und Roadmap, Basel 2008 [Schwaar 2009]   Schwaar, B., Master Data Management at SBB Cargo, Presentation at the 2nd 

CC CDQ2 Workshop, St. Gallen 2009