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FAMILIE UND RECHT DIE ZEITSCHRIFT FÜR FACHANWALT UND FAMILIENGERICHT FuR AUS DEM INHALT AUS DER PRAXIS Viefhues Minenfeld der einstweiligen Anordnung zum Unterhalt · S. 558 Götsche Die zusätzliche Altersvorsorge im Familienrecht · S. 564 Volker Ausbildungsunterhalt – rund um das Studium · S. 570 Herr Die Wahlgüterstände auf dem Prüfstand – die Gütertrennung · S. 577 Büte Verbraucherinsolvenz und Unterhalt · S. 583 FuR-Basics C. Kleffmann Geschiedenenunterhalt · S. 588 RECHTSPRECHUNG BGH Kindesunterhalt / Gesteigerte Unterhaltspflicht / Inhaftierter Unterhaltsverpflichteter / Selbstbehalt / Eigengeld / Pfändungsschutz- vorschriften · S. 598 BGH Personenstandssache / Personalstatut für Familiennamen / Kind mit zwei ausländischen Staatsangehörigkeiten · S. 604 BGH Abzug von Kinderbetreuungskosten / Geringfügig beschäftigte Betreuungsperson / Zahlung auf ein Empfängerkonto · S. 606 KG Unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit endet nicht durch Insolvenzantrag · S. 611 OLG Hamm Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten im Unterhaltsverfahren · S. 613 OLG Jena Unterhaltsanspruch des volljährigen Kindes bei verzögertem Ausbildungsbeginn · S. 614 HERAUSGEBER Michael Klein Gerd Weinreich Dieter Büte Prof. Dr. Wolfgang Burandt Dr. Klaus-Peter Horndasch Dr. Norbert Kleffmann Jörg Kleinwegener Bernd Kuckenburg Dr. Franz-Thomas Roßmann Walter Schellhorn Pedro Schöppe-Fredenburg Peter Schwolow Dr. Jürgen Soyka Dr. Wolfram Viefhues BEIRAT Dr. Peter Finger Dr. Peter Gerhardt Frank Götsche Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg Dr. Eberhard Jüdt Dr. Rainer Kemper Dr. Martin Menne Renate Perleberg-Kölbel Heinrich Schürmann Prof. Dr. Kai Schulte-Bunert Dr. Alexander Schwonberg Wolfgang Schwackenberg Mathias Volker Hartmut Wick Heft 10 Oktober 2015 Seiten 557 – 620 26. Jahrgang Art.-Nr. 07734510 PVSt 21101 10 Luchterhand Verlag auf jurion.de Online Ausgabe inkl. aktueller Arbeitshilfen 2015

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FAMILIE UND RECHTD I E Z E I T S C H R I F T F Ü R F A C H A N W A L T U N D F A M I L I E N G E R I C H T

FuRAUS DEM INHALT

AUS DER PRAXIS

ViefhuesMinenfeld der einstweiligen Anordnung zum Unterhalt · S. 558

GötscheDie zusätzliche Altersvorsorge im Familienrecht · S. 564

VolkerAusbildungsunterhalt – rund um das Studium · S. 570

HerrDie Wahlgüterstände auf dem Prüfstand – die Gütertrennung · S. 577

BüteVerbraucherinsolvenz und Unterhalt · S. 583

FuR-BasicsC. KleffmannGeschiedenenunterhalt · S. 588

RECHTSPRECHUNG

BGH Kindesunterhalt / Gesteigerte Unterhaltspflicht / Inhaftierter Unterhaltsverpflichteter / Selbstbehalt / Eigengeld / Pfändungsschutz- vorschriften · S. 598

BGH Personenstandssache / Personalstatut für Familiennamen / Kind mit zwei ausländischen Staatsangehörigkeiten · S. 604

BGH Abzug von Kinderbetreuungskosten / Geringfügig beschäftigte Betreuungsperson / Zahlung auf ein Empfängerkonto · S. 606

KG Unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit endet nicht durch Insolvenzantrag · S. 611

OLG Hamm Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten im Unterhaltsverfahren · S. 613

OLG Jena Unterhaltsanspruch des volljährigen Kindes bei verzögertem Ausbildungsbeginn · S. 614

HERAUSGEBERMichael KleinGerd WeinreichDieter BüteProf. Dr. Wolfgang BurandtDr. Klaus-Peter HorndaschDr. Norbert KleffmannJörg KleinwegenerBernd KuckenburgDr. Franz-Thomas RoßmannWalter SchellhornPedro Schöppe-FredenburgPeter SchwolowDr. Jürgen SoykaDr. Wolfram Viefhues

BEIRATDr. Peter FingerDr. Peter GerhardtFrank GötscheProf. Dr. Bernd von Heintschel-HeineggDr. Eberhard JüdtDr. Rainer KemperDr. Martin MenneRenate Perleberg-KölbelHeinrich SchürmannProf. Dr. Kai Schulte-BunertDr. Alexander SchwonbergWolfgang SchwackenbergMathias VolkerHartmut Wick

Heft 10Oktober 2015Seiten 557 – 62026. JahrgangArt.-Nr. 07734510PVSt 21101 10 Luchterhand Verlag

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FuRFAMILIE UND RECHT

FuR 10 · 2015 I

Inhalt 10 ∙ 2015FuR aktuell IIIImpressum V

Editorial

Unternehmensbewertung im Familien- und ErbrechtBernd Kuckenburg 557

aus der Praxis

Minenfeld der einstweiligen Anordnung zum Unterhalt – Teil 1Wolfram Viefhues 558

Die zusätzliche Altersvorsorge im Familienrecht – Teil 1Frank Götsche 564

Ausbildungsunterhalt – rund um das StudiumMathias Volker 570

Die Wahlgüterstände auf dem Prüfstand – die GütertrennungThomas Herr 577

Verbraucherinsolvenz und UnterhaltDieter Büte 583

FuR-Basics

Geschiedenenunterhalt – Teil 1Carsten Kleffmann 588

Dokumentation

Arbeitshilfen 2015 595Heinrich Schürmann

Buchbesprechung

Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein (Hrsg.), Hand buch des Fachanwalts FamilienrechtMartin Menne 597

Rechtsprechung

FamilienrechtBGH Beschl. v. 01.07.2015 – XII ZB 240/14

Kindesunterhalt/Gesteigerte Unterhaltspflicht/ Inhaftierter Unterhaltsverpflichteter/Selbstbehalt/ Eigengeld/Pfändungsschutzvorschriften 598

BGH Beschl. v. 20.05.2015 – XII ZB 368/14

Beschwerde/Familienstreitsache/Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses in der Begründung 599

BGH Beschl. v. 13.05.2015 – XII ZB 491/14

Betreuungssache/Bekanntgabe/Unterbleiben einer erforderlichen Zustellung 600

BGH Beschl. v. 01.07.2015 – XII ZB 89/15

Betreuungsrecht/Unterbringung/Ärztliche Zwangsmaßnahme/Betreuungsrechtliche Einwilligung/Entgegenstehender Wille des Betroffenen 601

BGH Beschl. v. 16.04.2015 – IX ZB 41/14

Zwangsvollstreckung/Pfändung von Arbeitseinkommen des Schuldners/ Berücksichtigung von Unterhaltsberechtigten bei der Berechnung des unpfändbaren Teils/Naturalunterhalt von Anderen 602

BGH Beschl. v. 13.05.2015 – IV ZB 30/14

Internationales Recht/Erbrecht/Pauschaler Zugewinnausgleich 603

BGH Beschl. v. 17.06.2015 – XII ZB 730/12

Personenstandssache/Bindungswirkung familiengerichtlicher Anerkennungs - entscheidungen 603

BGH Beschl. v. 24.07.2015 – XII ZB 273/13

Personenstandssache/Personalstatut für Familiennamen/Kind mit zwei ausländischen Staatsangehörigkeiten 604

BGH Beschl. v. 21.04.2015 – VI ZR 132/13

Beweiskraft des Protokolls/Verlesung einer schriftlich fixierten Entscheidungsformel/ Wirksame Urteilsverkündung/Beginn der 6-Monats-Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde 605

BGH Urt. v. 18.12.2014 – III R 63/13

Abzug von Kinderbetreuungskosten/Geringfügig beschäftigte Betreuungsperson/Zahlung auf ein Empfängerkonto 606

BFH Urt. v. 05.11.2014 – VIII R 29/11

Vollzeitpflege/Betreuungsentgelt/Steuerfreiheit 606

FuRFAMILIE UND RECHT

FuR 10 · 2015II

BGH Beschl. v. 08.07.2015 – XII ZB 286/14

Verpflichtung zur Auskunftserteilung/ Volljährigenunterhalt/Beschwer/Zulässigkeit der Beschwerde 607

BGH Beschl. v. 08.07.2015 – XII ZB 56/14

Elternunterhalt/Obliegenheit zur Inanspruchnahme von Leistungen der Grundsicherung im Alter/ Ausschluss von Leistungen der Grundsicherung wegen eines leistungsfähigen Kindes/Unbillige Härte im Anspruchsübergang für nicht leistungsfähige Kinder/Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ggü. dem unterhaltsberechtigten Elternteil 608

KG Beschl. v. 14.04.2015 – 13 WF 59/15

Unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit endet nicht durch Insolvenzantrag 611

OLG Brandenburg Beschl. v. 26.03.2015 – 9 UF 260/14

Scheidung auch gegen den Willen des anderen Ehegatten 612

OLG Celle Beschl. v. 12.06.2015 – 2 W 137/15

Anwaltskosten werden im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nur bei erkennbarer Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung erstattet 612

OLG Hamm Beschl. v. 09.01.2015 – 6 WF 83/14

Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten im Unterhaltsverfahren 613

OLG Hamm, Beschl. v. 16.12.2014 – II-14 WF 219/14

Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe/ Zurückstellung privater Anschaffungen 614

OLG Jena Beschl. v. 11.02.2015 – 1 WF 35/15

Unterhaltsanspruch des volljährigen Kindes bei verzögertem Ausbildungsbeginn 614

OLG Koblenz Beschl. v. 03.12.2014 –13 UF 689/14

Entzug der elterlichen Sorge/Kindeswohl- gefährdung 616

AG Hamburg-Altona Urt. v. 23.12.2014 – 318b

C 106/14

Zur Frage, ob auf Partnervermittlungsverträge § 656 BGB analog anwendbar ist 616

ErbrechtBGH Urt. v. 08.04.2015 – IV ZR 161/14

Verkehrsgeschäft/Rechtsgeschäft innerhalb der Erbengemeinschaft 617

OLG Frankfurt Beschl. v. 18.12.2014 – 20 W 172/14

Insichgeschäft/Erwerb von Erbteilen durch Minderjährige 619

Vorschau auf die nächste Ausgabe: ■ Jüdt, Die Tücken des Altersvorsorgeunterhalts -

Ein Beitrag auch zur Anwaltshaftung

■ Perleberg-Kölbel, Gewerbesteuer und ihre Anrechnung im Familienrecht und weitere

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FuRaktuellQuelle: Jurion-News FamilienrechtZusammengestellt von Gerd Weinreich, Vors. Richter amOLG Oldenburg a.D.Volltextservice: Den Volltext der Entscheidungen finden Sie durch die Eingabe der Jurion-Fundstelle auf www.jurion.de.Entscheidungen in dieser Rubrik sind – je nach Wichtigkeit – auch für die Besprechung in der Rubrik Rechtsprechung in einem Folgeheft vorgesehen.

IIIFuR 10 · 2015

Mitteilung

�� Bundesverdienstkreuz für Prof. Dr. Gerd BrudermüllerDas Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland wurde Prof. Dr. Gerd Brudermüller auf Vorschlag von Heiko Maas von Bundespräsident Joachim Gauck verliehen und am 09.09.2015 in Berlin durch den Bundesjustizminister übergeben. Bei der Übergabe würdigte Maas den Einsatz Prof. Dr. Bru-dermüllers für das deutsche Familienrecht: Herr Brudermüller hat als Mitarbeiter des Bundesjustizministeriums aktiv an der Gesetzgebung mitgearbeitet, mehr als 20 Jahre lang als Rich-ter die Rechtsprechung geprägt, ist seit zehn Jahren an der Universität Mannheim in der Lehre aktiv, als Kommentator im Palandt prägt und begleitet er die wissenschaftliche Auseinan-dersetzung und schließlich hat Herr Brudermüller als Vorsitzen-der des Deutschen Familiengerichtstages die rechtspolitischen Debatten über unser Familienrecht entscheidend mitbestimmt.»Es gibt nur wenige Juristen, die ihr Rechtsgebiet so umfassend praktizieren, kommentieren und an Reformen mitarbeiten wie Gerd Brudermüller«, betonte Heiko Maas. »Durch sein umfas-sendes Wissen und sein Engagement hat er mitgeholfen, Fair-ness und Gerechtigkeit im Familienrecht zu stärken.«Pressemitteilung des BMJ vom 06.09.2015

Rechtsprechung

�� abänderung festgesetzten Ehegattenunterhalts wegen unterhaltsrelevanter tatsachenDie Zulässigkeit des Abänderungsantrags wegen tatsächlicher Änderungen setzt den Vortrag von grundsätzlich unterhalts-relevanten Tatsachen voraus, die erst nach Schluss der Tatsa-chenverhandlung des letzten Verfahrens eingetreten sind. Er-weist sich das Vorbringen des Antragstellers als unrichtig oder ist die sich daraus ergebende Änderung nur unwesentlich, so ist der Abänderungsantrag unbegründet. Im Abänderungs-verfahren bleiben auch solche im Ausgangsverfahren schon entscheidungserheblichen Umstände unberücksichtigt, die seinerzeit von den Beteiligten nicht vorgetragen oder vom Ge-richt übersehen wurden. War der Umstand (hier: Möglichkeit des Wechsels der Unterhaltsberechtigten in einen günstigeren Tarif der privaten Krankenversicherung i.R.d. Krankenvorsor-geunterhalts) im vorausgegangenen Verfahren allein für die i.R.d. Billigkeitsentscheidung nach § 1578b BGB anzustellende Gesamtschau von Bedeutung, ist seine Berücksichtigung im Abänderungsverfahren im Zweifel nicht ausgeschlossen.BGH, Beschl. v. 15.07.2015 – XII ZB 369/14; Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 22338

�� abgrenzung von privilegiertem anfangsvermögen und EinkünftenWerden der Ehefrau mehrere Monate vor Zustellung des Schei-dungsantrags des Ehemannes von verschiedenen gemeinnüt-zigen Stiftungen zweckgebunden Geldmittel zur Anschaffung eines zum Transport des gemeinsamen schwerbehinderten Sohnes der Ehegatten geeigneten PKW (VW Caddy) schenk-

weise zugewandt, so ist der Gesamtbetrag der Zuwendungen (hier: 16.900 €) gem. § 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangsvermö-gen der Ehefrau hinzuzurechnen. Nach § 1374 Abs. 2 BGB wird Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt, nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, soweit es nicht den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist. Der Pkw bzw. die zu dessen Anschaffung bereit-gestellten Geldmittel sind nicht zu den Einkünften zu rechnen.OLG Celle, Beschl. v. 28.07.2015 – 17 UF 63/15; Jurion-Fund-stelle: JurionRS 2015, 23249

�� Rückforderung von ehebezogenen Schenkungen der SchwiegerelternEhebezogene Schenkungen der Schwiegereltern können nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage er-folgreich zurückverlangt werden, wenn die nach Scheitern der Ehe zwischen Kind und Schwiegerkind bestehende Vermögensla-ge für die schenkenden Schwiegereltern unzumutbar ist. Handelt es sich um die durch die Schwiegereltern mitfinanzierte Immobi-lie, stellt sich die Frage, wie lange das eigene Kind diese Immobilie bis zum endgültigen Scheitern der Ehe mitgenutzt hat. Dieser Gesichtspunkt der so genannten teilweisen Zweckerreichung muss durch einen angemessenen Abschlag von der schwieger-elterlichen Zuwendung berücksichtigt werden. Der Abschlag für teilweise Zweckerreichung bemisst sich danach, in welchem Ver-hältnis die Dauer nach der Zuwendung bis zum Scheitern der Ehe zur angenommenen Gesamtdauer der Ehe im Zeitpunkt der Zuwendung, der so genannten Eheerwartung, steht.OLG Bremen, Beschl. v. 17.08.2015 – 4 UF 52/15; Jurion-Fund-stelle: JurionRS 2015, 23404

�� auslagenentscheidung nach antragsrücknahme im familiengerichtlichen VerfahrenWird das Verfahren nach Antragsrücknahme zum Abschluss ge-bracht, ist über die Kosten nach §§ 83 Abs. 2, 81 FamFG zu ent-scheiden. Danach kann das Gericht die Kosten des Verfahrens, also die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen, § 80 FamFG, den Beteiligten nach billigem Ermessen ganz oder zum Teil auferlegen oder von der Erhebung von Kosten absehen. Über die Kosten des Verfahrens hat das Gericht mithin nach billigem Ermessen zu befinden. Allein der Umstand, dass der Antragsteller seinen Antrag zurückgenommen hat, führt nicht notwendig dazu, dass ihm die Verfahrenskosten allein aufzuerlegen sind. Vorrangig ist vielmehr der allgem. Grundsatz, dass in familiengerichtlichen Verfahren hinsichtlich der Anordnung, außergerichtliche Kosten zu erstatten, besondere Zurückhaltung geboten ist.OLG Hamm, Beschl. v. 07.05.2015 – 11 WF 90/15; Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 20469

�� Berechnung des Verfahrenswertes für Beschwerden in UnterhaltssachenBei der Berechnung des Verfahrenswertes für Beschwerden in Unterhaltssachen ist der Stichtag für die Abgrenzung zwischen rückständigem und laufendem Unterhalt nicht der Eingang des Klageantrags, sondern der Eingang der Beschwerde. Der Rück-standswert wird grds. bis zu diesem Zeitpunkt berechnet. Der

FuR 10 · 2015IV

FuR aktuell

Zeitraum zwischen Eingang des Klagantrags und der Beschwer-de bleibt aber wegen § 40 Abs. 2 FamGKG außer Betracht, sodass der Wert jedenfalls in Fällen, in denen der Antrag nicht zwischenzeitlich erweitert wurde, gar nicht erst errechnet wer-den muss. Für den laufenden Unterhalt ist zunächst das Zwölf-fache des Unterhaltsbetrages zu errechnen, der für den Zeit-raum ab Beschwerdeeinlegung beschwerdegegenständlich ist. Anschließend ist wegen § 40 Abs. 2 FamGKG das Zwölffache des Unterhaltsbetrages zu bestimmen, der für den Zeitraum ab Eingang des Klagantrags geltend gemacht wurde. Als Ver-fahrenswert ist dann der niedrigere der beiden festzusetzen.OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13.08.2015 – 5 UF 222/14; Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 22424

�� Kein Schadensersatz für Verdienstausfall bei fehlendem KinderbetreuungsplatzEine erwerbstätige Mutter (hier: eine Architektin) kann für ihren Verdienstausfall keinen Schadensersatz wegen einer Amtspflichtverletzung verlangen, auch wenn Amtsträger die ihnen obliegende Amtspflicht, ihrem Kind einen Platz in einer Kindertagesstätte zu verschaffen, verletzt haben. Die erwerbs-tätigen sorgeberechtigten Eltern sind nicht geschützte Dritte der Amtspflicht auf Verschaffung eines Platzes in einer Kinder-tagesstätte. Die verletzte Amtspflicht ist zugunsten des Kindes drittschützend, denn dieses ist anspruchsberechtigt auf die unterlassene Amtshandlung. Im Übrigen wäre der Verdienst-ausfall der Eltern bei Verletzung der Amtspflicht auf Verschaf-fung eines Platzes in einer Kindertagesstätte auch nicht vom Schutzzweck der Norm umfasst.OLG Dresden, Urt. v. 26.08.2015 – 1 U 319/15; Jurion-Fund-stelle: JurionRS 2015, 23252

�� Weigerung zur Übernahme der ungedeckten heimkosten rechtfertigt annahme der auflösung einer eheähnlichen lebensgemeinschaftAllein die (dauerhafte) Aufnahme eines Partners einer eheähnli-chen Gemeinschaft in ein Pflegeheim und der dadurch bedingte Wegfall der bisherigen Wirtschaftsgemeinschaft bewirkt kein Ge-trenntleben im sozialhilferechtlichen Sinn. Hinzukommen muss vielmehr der nach außen erkennbar bekundete Wille eines der Partner, sich von dem anderen Partner unter Aufgabe der bishe-rigen Lebensgemeinschaft dauerhaft zu trennen. Auch die bloße Weigerung des in der bisher gemeinschaftlichen Wohnung ver-bleibenden Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft, die unge-deckten Heimkosten des anderen Partners aus seinem Vermögen zu bestreiten, führt für sich nicht zur Beendigung der eheähnli-chen Gemeinschaft. Eine eheähnliche Gemeinschaft kann ohne ein rechtlich geregeltes Verfahren wieder beendet werden. Ohne rechtlichen Hinderungsgrund kann daher der nicht verheiratete Partner jederzeit sein bisheriges Verhalten ändern und sein Ein-kommen und Vermögen ausschließlich zur Befriedigung eigener Bedürfnisse oder zur Erfüllung eigener Verpflichtungen verwen-den. Wenn sich der Partner entsprechend verhält, so besteht von diesem Zeitpunkt an eine eheähnliche Gemeinschaft nicht mehr.SG Karlsruhe, Urt. v. 14.08.2015 – S 1 SO 1225/15; Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 23093

�� Kindergeldberechtigung eines als arbeitsuchend gemeldeten KindesNach dem EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollen-det hat, beim Kindergeld berücksichtigt, wenn es noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsver-hältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeit-

suchender gemeldet ist. Die Wirkung einer Meldung als Arbeitsu-chender setzt nicht konstitutiv die wirksame Bekanntgabe einer Einstellungsverfügung voraus. Fehlt es an einer wirksam bekannt gegebenen Einstellungsverfügung, hängt der Fortbestand der Meldung als Arbeitsuchender davon ab, ob das arbeitsuchende Kind eine Pflichtverletzung begangen hat, welche die Arbeits-agentur nach dem SGB III zur Einstellung der Vermittlung berech-tigt. Die Arbeitsagentur kann die Vermittlung u.a. dann einstellen, wenn das arbeitsuchende Kind eine ihm nach einer Eingliede-rungsvereinbarung obliegende Pflicht nicht erfüllt, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Dies kann auch der Fall sein, wenn es Termine bei der Arbeitsvermittlung nicht wahrnimmt.BFH, Urt. v. 20.05.2015 – XI R 46/14; Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 20896

Veranstaltungen

�� Fehlerquellen im familienrechtlichen Mandat(waRiAG Dr. Viefhues)DAI – Deutsches Anwaltsinstitut e.V.0234/[email protected] Berlin

�� Die auslegung von Eheverträgen und anderen familienrechtlichen Vereinbarungen(RiOLG Dr. Schwonberg)DeutscheAnwaltAkademie030/726153–[email protected] Hamburg

�� Rund ums Kind – Das Kind im Familienrecht(VorsRiOLG Büte)DAI – Deutsches Anwaltsinstitut e.V.0234/[email protected] Berlin

�� Unterhaltsrechtstage(VorsRiBGH Dose/VorsRiOLG Dr. W. Maier/RiOLG Maier/RiOLG Dr. Seiler)GJI – Gesellschaft für Juristen-Information mbH07485/72 50 [email protected]./14.11.2015 München 11./12.12.2015 Stuttgart

�� Bewertungen und Berechnungen im Zugewinn(VorsRiOLG Büte)DAI – Deutsches Anwaltsinstitut e.V.0234/[email protected] Kiel

Editorial

FuR 10 · 2015 557

FuRFAMILIE UND RECHT Heft 10/2015 · 26. Jahrgang · Seiten 557 – 620

Unternehmensbewertung im Familien- und Erbrechtneuer Bewertungsstandard des Instituts der Wirtschaftsprüfer, IDW ES 13

Der FAUB (Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft des IDW) hat den Entwurf eines neuen Bewertungsstandards zu »den Besonderheiten bei der Unternehmensbewer-tung zur Bestimmung von Ansprüchen im Familien- und Erbrecht« veröffentlicht (IDW-FN 9/2015; www.idw.de).

Die Bewertungsstandards geben den state of the art für die Wirtschaftsprüfer/vereidigten Buch-prüfer wieder Von diesen Regeln darf nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

Der genannte Standard ersetzt IDW HFA 2/1995 (Klein/Kuckenburg, Handbuch Familienvermögens-recht, 2. Aufl. 2015, Rn. 1594 ff.)

Inhaltlich kommt es zu folgenden Änderungen:

Der bislang verwendete Begriff des »fairen Einigungswert« als zu ermittelndem Wert wird ersetzt durch den Begriff des »Ausgleichs- oder Auseinandersetzungsanspruchs«, auf den der Bewerter in seiner Funktion als neutraler Gutachter ausgehend vom objektivierten Wert überzuleiten hat.

Bezug genommen wird auf den IDW Praxishinweis (1/2014, IDW-FN 2014, 282 ff. (gleichlautend Hin-weise der BStBK vom 13.03.2014). Besonderheiten bei der Ermittlung eines objektivierten Unterneh-menswerts kleiner und mittelgroßer Unternehmen (IDW Praxishinweis 1/2014, 282 ff.; gleichlautend: Hinweise der BStBK vom 13.03.2014) und die dort enthaltenen Aussagen zur übertragbaren Ertragskraft und dem gegebenenfalls erforderlichen »Abschmelzen« des zukünftigen Ertragspotenzials sowie die vom BGH (FamRZ 2008, 761) entwickelten Grundsätze zum Doppelverwertungsverbot.

Die bislang als zulässig erachtete Berücksichtigung der steuerlichen Folgen aus der Finanzierung des Ausgleichs- oder Auseinandersetzungsbetrags wurde aufgegeben.

Berücksichtigt wird die BGH-Rechtsprechung (FamRZ 2011, 1367; ausführlich Klein/Kuckenburg, Rn. 1602 ff.; Kuckenburg, Latente Steuern im Zugewinnausgleich, FuR 2015, 95), zur Unterneh-mensbewertung im Zugewinnausgleich, wonach, unabhängig vom tatsächlichen Geschehensablauf, der Abzug einer sog. latenten (im Sinne von einer fiktiven Veräußerung anfallenden) Steuerlast zu berücksichtigen ist. Bei Bewertungen zu Zwecken der Pflichtteilsberechnung wird die latente Steuer nur im Veräußerungsfall oder bei einer Liquidationsbewertung angenommen (BGH NJW 1972, 1269 ff.; a.A. mit latenter Steuer: OLG Hamm, Urt. v. 10.04.2014 – 10 U 35/13, BeckRS 2014, 11567 und OLG München, Urt. v. 04.04.2012 – 3 U 4952/10, BeckRS 2012, 08586).

Darüber hinaus ist im Einzelfall zu würdigen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein damit zusam-menhängender abschreibungsbedingter Steuervorteil (sog. tax amortisation benefit) angemessen und damit bei der Ermittlung des Ausgleichsanspruchs Wert werterhöhend zu berücksichtigen ist.

Es werden keine Ausführungen mehr zur Bedeutung des Liquidationswerts (ausführlich und m.w.N.: Klein/Kuckenburg, Rn. 1535 ff.) gemacht, da im Einklang mit IDW S 1 (Rn. 140) auch nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 1986, 776 ff.; BGH BB 1982, 887; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.07.2009 –I 26 W 1/08) inzwischen der Liquidationswert in der Unternehmensbewertung im Familien- und Erbrecht nur dann als Bewertungsuntergrenze unterschritten werden darf, wenn ein rechtlicher oder tatsächlicher Zwang zur Unternehmensfortführung vorliegt.

Die Gralshüter der Deutschen Bewertungslehre folgen den betriebswirtschaftlichen Überlegungen des XII. Zivilsenats des BGH (Kuckenburg, Der 12. Zivilsenat als Betriebswirt, FuR 2014, 219)!

Die Regeln der »Bewerterbranche« entheben den Tatrichter nach BGH-Rechtsprechung (BGH FamRZ 2011, 622 (Rn. 16) u. 1367 (Rn. 34) nicht von der Verpflichtung der Auswahl der Bewertungsme-thode (§§ 286, 287 ZPO, § 738 Abs. 2 BGB, gelten wie der Ansatz der latenten Steuer für die Bewertung aller Vermögensgegenstände). Da die Methodenauswahl nicht dem Sachverständigen überlassen werden darf, hat der Rechtsanwalt zur Vermeidung von Haftungsrisiken durch sachge-rechten Vortrag auf die Auswahl der für den Mandanten günstigen Bewertungsmethode hinzuwir-ken (Klein/Kuckenburg, Rn. 1415 ff.).

Mit freundlichen Grüßen

Bernd Kuckenburg

Bernd Kuckenburg

aus der Praxis

FuR 10 · 2015558

Minenfeld der einstweiligen anordnung zum Unterhalt– teil 1

Von Dr. Wolfram Viefhues, weiterer Aufsicht führender Richter am AG a.D., Gelsenkirchen

Die einstweilige Anordnung gem. § 246 FamFG bietet – so die Vorstellungen des Gesetzgebers – einen einfachen und schnellen Weg, einen Unterhaltstitel zu beschaffen. Die Neu-gestaltung des Verfahrens der einstweiligen Anordnung als selbstständiges Verfahren werde den Streit abschließend entscheiden und damit auch Kosten sparen, indem Hauptsa-cheverfahren vermieden werden.1 Ein Hauptsacheverfahren werde in aller Regel überflüssig sein, sofern die Beteiligten mit einer einstweiligen Regelung zufrieden sind.2 Gleichwohl soll ein Hauptsacheverfahren gewährleistet sein, wenn der hiervon betroffene Beteiligte dies »wünscht«.3

Bei näherer Betrachtung ist dieser vermeintlich einfache und schnelle Weg mit erheblichen Risiken sowohl für den antragstellenden Beteiligten als auch den Antragsgegner verbunden. Denn es handelt sich um ein summarisches Ver-fahren, in dem die Entscheidung aufgrund der vorhandenen begrenzten Informationen – Belege, bloße Glaubhaftma-chungen – getroffen wird. Diese Risiken des Verfahrens für beide Seiten sollten auf jeden Fall in die Überlegungen des beratenden Anwaltes einbezogen werden.4

a. VerfahrensregelungenNach § 51 Abs. 1 Satz 2 FamFG muss der Antrag begründet werden.

Die Anordnung bedarf einer materiell-rechtlichen An-spruchsgrundlage, z.B. §§ 1360, 1361, 1570 ff., 1601 ff., 1615 l BGB, deren Voraussetzungen dargelegt werden müssen. Ein Anordnungsanspruch besteht nur dann, wenn sich aus dem Ergebnis des summarischen Erkenntnisverfah-rens ein materiell-rechtlicher Unterhaltsanspruch ableiten lässt.5

Erfasst werden Anträge auf Zahlung von Barunterhalt, Vor-sorgeunterhalt, Sonderbedarf, Verfahrenskostenvorschuss, Beitrag zu Umzugskosten zur Einleitung des Getrenntlebens, ggf. auch Taschengeld und Wirtschaftsgeld.6

Zwar handelt es sich um ein summarisches Eilverfahren, jedoch kann auch eine einstweilige Anordnung nicht ledig-lich auf Verdacht ergehen, so dass bei nicht ausreichender Begründung des Antrags mit einer – kostenpflichtigen – Ab-weisung gerechnet werden muss. Zudem kann auch bereits die summarische Entscheidung für den betroffenen Verfah-rensgegner u.U. erhebliche Auswirkungen haben.7 Die An-forderungen an die Intensität der Begründung – und auch der Glaubhaftmachung – sind daher auch von der Schwere des beantragten Eingriffs in die Rechte des Verfahrensgegners abhängig. Grenzen sind dem jeweiligen Unterhaltsbegehren im Einzelfall daher insoweit zu setzen, als die Voraussetzun-gen für die Unterhaltsanordnung lediglich auf glaubhaft ge-machtem Vorbringen mit geringerer Beweiskraft beruhen. Daher besteht ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem jeweiligen Regelungsumfang und dem Beweismaß dahinge-hend, dass mit zunehmender Höhe des verlangten Unterhalts

weitergehende Anforderungen an die Glaubhaftmachung zu stellen sind.8

Ein Anordnungsgrund – besondere Eilbedürftigkeit – ist beim Unterhalt nicht erforderlich (§ 246 Abs. 1 FamFG).

Die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anordnung sind glaubhaft zu machen.9 Dies erfolgt i.d.R. durch die eides-stattliche Versicherung (§§ 113 Abs. 1, 294 ZPO),10 aber auch Urkunden (in der Praxis speziell durch Belege über Einkünfte und Belastungen). Sofern eine mündliche Ver-handlung stattfindet, ist auch die Erhebung aller präsenten Beweismittel (§§ 31 Abs. 2, 294 Abs. 2 ZPO) zugelassen, so dass auch anwesende Zeugen und Beteiligte vernommen werden können.11

Wegen des Beschleunigungsgebots in einstweiligen Anord-nungsverfahren bedarf es keiner vollumfänglichen Beweis-aufnahme (§ 26 FamFG); insbes. nicht der Einholung eines schriftlichen Sachverständigenguthabens.12

Praxishinweis:

Die eidesstattliche Versicherung ist nur zur Glaubhaft-machung geeignet, soweit sie eigene Wahrnehmungen wiedergibt.

Nicht geeignet ist die bloße Bezugnahme auf den In-halt eines anwaltlichen Schriftsatzes. Es ist vielmehr eine eigene Sachdarstellung erforderlich.13

Geben beide Beteiligte gegensätzliche eidesstattliche Ver-sicherungen ab, ist nach allgemeinen Beweislastgrundsät-zen zu entscheiden, sodass i.d.R. der Antragsteller sein Begehren nicht durchsetzen kann und sein Antrag kostenpflichtig abgewiesen werden wird.

In der Praxis sollte dieses Risiko des Verfahrens der einst-weiligen Anordnung immer beachtet werden!

Die Bezugnahme auf Akten genügt nur dann als Glaubhaft-machung, wenn sie dem Gericht vorliegen.14 Das Angebot ei-ner noch einzuholenden Auskunft reicht ebenfalls nicht aus.

1 BT-Drucks. 16/6308, S. 199.2 Diese Einschätzung ist aus Sicht der Praxis zumindest beim Ehegatten-

unterhalt unrealistisch; vgl. FAFamR/Seiler, 10. Aufl. 2015, Kap. 6 Rn. 1088.3 Schmitz in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. 2015, § 10 Rn. 429.4 Dazu ausführlich auch Jüdt FuR 2012, 570 und FuR 2012, 625.5 Schmitz in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. 2015, § 10 Rn. 396.6 Lorenz in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 246 Rn. 16.7 Dazu s.u. Teil F. (Teil 2 des Beitrags in der nächsten Ausgabe der FuR).8 Schmitz in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. 2015, § 10 Rn. 397.9 Johannsen/Henrich/Büte, Familienrecht, 6. Aufl. 2015, § 49 FamFG Rn. 8;

Haußleiter, FamFG, 2011, § 51 Rn. 3.10 Haußleiter, FamFG, 2011, § 51 Rn. 3.11 Zöller/Feskorn, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 51 FamFG Rn. 5.12 OLG Jena FamRZ 2010, 1830; OLG Saarbrücken FamRZ 2011, 131; Zöller/

Feskorn, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 51 FamFG Rn. 6 m.w.N.; Jurgeleit/Jurgeleit, FamFG –Freiwillige Gerichtsbarkeit, 2010, Teil 1 Rn. 465.

13 BGH NJW 2004, 3491; BGH NJW 1996, 1682.14 MüKo-FamFG/Soyka, 2. Aufl. 2013, § 51 Rn. 3.

FuR 10 · 2015 559

aus der PraxisViefhues · Minenfeld der einstweiligen Anordnung zum Unterhalt

Ob § 235 Abs. 1 FamFG auch in Verfahren der einstweiligen Anordnung anzuwenden ist, ist umstritten.15

Praxishinweis:

Das Gericht ist jedenfalls nicht gehindert, angesichts der weitgehenden Folgen einer einstweiligen Anordnung sei-ne Entscheidung nicht allein auf die eidesstattliche Versicherung der Antragstellerseite zu stützen, sondern die gerichtlichen Möglichkeiten einer Sachaufklärung zu nutzen, soweit sie mit dem Ziel einer schnellen Ent-scheidung vereinbar sind.

Ob diese Maßnahmen auf die Spezialvorschrift des § 235 Abs. 1 FamFG gestützt wird (mit den verfahrensrechtli-chen Restriktionen dieser Norm) oder in Form einer – mit der Ladung zum Verhandlungstermin verbundenen – ver-fahrensleitenden Verfügung gem. § 113 FamFG i.V.m. § 273 Abs. 2 ZPO ergeht, ist letztlich nicht entscheidend.

§ 246 Abs. 2 FamFG verlangt eine mündliche Verhandlung, wenn dies – so der Regelfall – zur Aufklärung des Sachverhal-tes oder für eine gütliche Beilegung des Verfahrens geboten erscheint. Soweit ohne mündliche Verhandlung entschieden worden ist, kann ein Antrag auf mündliche Verhandlung gem. § 54 Abs. 2 FamFG gestellt werden.

Praxishinweis:

Wird ohne mündliche Verhandlung entschieden, wird in aller Regel der unterlegene Beteiligte einen Antrag auf mündliche Verhandlung gem. § 54 Abs. 2 FamFG stel-len.

Daher wird das Gericht meist aus Gründen der Verfah-rensökonomie sogleich einen Termin anberaumen.

Aus diesem Grund ist eine einstweilige Anordnung regel-mäßig nicht ohne mündliche Verhandlung zu erlangen.

Eine aufgrund mdl. Verhandlung ergangene Entscheidung im Verfahren der einstweilige Anordnung zum Unterhalt ist nicht beschwerdefähig (§ 57 FamFG). Dementsprechend ist auch eine Beschwerde gegen Ablehnung von Verfah-renskostenhilfe für das Verfahren der einstweiligen Anord-nung nicht statthaft,16 jedenfalls soweit diese Ablehnung auf sachliche Gründe (fehlende Erfolgsaussichten) gestützt wor-den ist.

Der Verfahrenswert ist gem. § 41 FamGKG auf den hälfti-gen Wert zu ermäßigen,17 dabei ist auch eine Herabsetzung unter den hälftigen Hauptsachewert möglich.18

Vertreten wird, der Verfahrenswert für eine einstweilige An-ordnung könne im Ausnahmefall den Hauptsachewert er-reichen, wenn im einstweiligen Anordnungsverfahren mit einem Vergleich der Streit der Beteiligten umfassend geregelt und beigelegt wird.19 Auch wenn im Anordnungsverfahren mit einem Vergleich der Streit der Beteiligten umfassend geregelt und beigelegt wird, erhöht sich nach überwiegen-der Ansicht jedoch nicht der Wert des Verfahrens, sondern nur der Wert des Vergleichs.20 Denn für die Bemessung des Gegenstandswertes sind die Verhältnisse zu Beginn des Verfahrens maßgeblich. Ob das einstweilige Anordnungs-verfahren das Hauptsacheverfahren vorwegnimmt oder er-setzt, kann zu diesem Zeitpunkt i.d.R. nicht prognostiziert werden.21

B. Regelungsinhalt der einstweiligen anordnung zum Unterhalt

I. leistung von zukünftigem UnterhaltEs handelt sich um eine Leistungsverfügung, mit der lau-fender voller Unterhalt ab Antragseingang ohne zeitliche Beschränkung geltend gemacht werden kann. Dagegen kann Unterhaltsrückstand im Verfahren der einstweiligen Anord-nung nicht durchgesetzt werden.22 Unterhaltsrückstand ist der Unterhalt, der bereits zum Zeitpunkt des Antragseingangs bei Gericht aufgelaufen ist (vgl. kostenrechtliche Vorschrif-ten).

Im Unterschied zu § 49 FamFG handelt es sich um eine Leis-tungsverfügung, mit der laufender voller Unterhalt ab An-tragseingang ohne zeitliche Beschränkung geltend gemacht werden kann.

Praxishinweis:

Das ist aber nicht dahingehend zu verstehen, dass das Ge-richt auch immer den vollen Unterhalt zusprechen muss.– Schon aus der Natur des summarischen Verfahrens

folgt, dass lediglich ein bestimmter Sockelbetrag fest-gesetzt werden kann, wenn eine schnelle Entscheidung über den vollen Unterhalt angesichts von Unklarheiten im Sachverhalt oder bei der Anspruchsberechtigung nicht möglich ist.

– Das Gericht ist auch nicht gezwungen, den Unterhalt unbefristet zuzusprechen, sondern kann in der einst-weiligen Anordnung die Zahlungsverpflichtung auf einen bestimmten Zeitraum befristen.23 Denn das Gesetz geht z.B. in § 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG von der Möglichkeit einer Befristung der einstweiligen Anordnung aus. Mit einer solchen nur befristeten

15 Dafür Fest NJW 2012, 428, 431; Bömelburg in: Prütting/Helms, FamFG, 2. Aufl. 2011, § 235 Rn. 6; ablehnend Klein in: Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 3. Aufl. 2012, § 235 FamFG Rn. 1; Keidel/Weber, FamFG, 17. Aufl. 2011, § 235 Rn. 3; Thomas/Putzo/Hüßtege, 36. Aufl. 2015, § 235 FamFG Rn. 2.

16 OLG Hamm, NJW 2010, 1821; OLG Frankfurt, Beschl. v. 06.05.2010 – 2 WF 119/10, JurionRS 2010, 41894; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 31.03.2010 –6 WF 46/10, ZFE 2010, 312; KG, Beschl. v. 07.10.2010 – 19 UF 55/10, FamRZ 2011, 576.

17 OLG Köln FamRZ 2011, 758; OLG München NJW-Spezial 2011, 476; OLG Frankfurt FF 2013, 466; OLG Celle FamFR 2012, 65 = NJW 2012, 789 = FamRZ 2012, 737.

18 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 20.01.2010 – 9 WF 3/10, FPR 2010, 364.19 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.06.2010 – II-7 WF 51/10, FuR 2010, 526;

OLG Bamberg, Beschl.v. 13.05.2011 – 2 WF 102/11, FamRB 2011, 343 bei einem Verfahrenskostenvorschuss; vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.02.2010 – II-3 WF 15/10, FuR 2010, 305 = FPR 2010, 363; OLG Bran-denburg, Beschl. v. 18.03.2010 – 9 WF 58/10, FPR 2010, 363; a.A. OLG Celle FamRZ 2011, 757.

20 OLG Celle FamRZ 2011, 757; OLG Jena FamRZ 2012, 737.21 OLG Bamberg, Beschl. v. 07.11.2011 – 2 WF 300/11, FamRZ 2012, 739 =

FuR 2012, 144; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.11.2011 – 9 WF 127/11, FuR 2013, 342.

22 Stößer in: Prütting/Helms, FamFG, 3. Aufl. 2013, § 49 Rn. 14; Lorenz in: Zöller, ZPO, § 246 Rn. 3; FAFamR/Seiler, 10. Aufl. 2015, Kap. 1 Rn. 580; Schmitz in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. 2015, § 10 Rn. 398.

23 Keidel/Giers, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 246 Rn. 7; FAFamR/Seiler, 10. Aufl. 2015, Kap. 1 Rn. 580; Streicher FamRZ 2011, 509, 519; OLG Jena FamRZ 2011, 491; Löhning/Heiß FamRZ 2009, 1101, 1103 m. Anm. van Els; Christl NJW 2012, 3334, 3335, NK-FamFG/Stockmann, § 56 Rn. 4 unter Hinweis auf § 56 Abs. 1 Satz 1; vgl. auch Christl NJW 2012, 3334 und Lorenz in: Zöller, ZPO, § 246 Rn. 10.

FuR 10 · 2015560

aus der Praxis Viefhues · Minenfeld der einstweiligen Anordnung zum Unterhalt

Ein Regelungsbedürfnis im Verfahren der einstweiligen An-ordnung besteht nicht, wenn Unterhalt freiwillig gezahlt wird.25

II. Einstweilige anordnung auf VerfahrenskostenvorschussAuf Grund der ausdrücklichen Hervorhebung in § 246 Abs. 1 FamFG kann der Berechtigte im Wege einstweiliger Anordnung auch die Zahlung eines Kostenvorschusses – ge-gebenenfalls selbst in Form von Ratenzahlungen26 – für ein gerichtliches Verfahren verlangen.27

Der Anspruch setzt voraus, dass folgende Voraussetzungen substantiiert dargelegt werden:

die Erfolgsaussichten des Anspruchs, für dessen gericht-liche Durchsetzung der Kostenvorschuss verlangt wird (nach Grund und Höhe),

die konkrete Berechnung des gesamten für das Hauptsa-cheverfahren erforderlichen Kostenvorschusses und

die Leistungsfähigkeit des Pflichtigen zur Zahlung dieses Vorschusses sowie

die eigene Leistungsunfähigkeit des Anspruchstellers.

Alle diese Voraussetzungen muss der Antragsteller zudem glaubhaft machen (§ 51 Abs. 1 Satz 2 FamFG).

Ist der Vorschusspflichtige aufgrund seiner finanziellen Ver-hältnisse nicht in der Lage, den Vorschuss in einem Betrag zu leisten, kann dieser Vorschuss auch in Raten geleistet wer-den.28 Dann ist dem Vorschusspflichtigen ggf. auf seinen An-trag parallel Verfahrenskostenhilfe mit einer entsprechenden Ratenzahlungsverpflichtung zu bewilligen.29

Umstritten ist,

ob gleichzeitig auch ein Kostenvorschuss für dieses Verfah-ren der einstweiligen Anordnung verlangt werden kann30 oder

ob sich der Antrag auf die Kosten des Hauptsacheverfah-rens beschränken muss und nicht außerdem die Kosten des Anordnungsverfahrens umfassen darf. Denn darüber, wer diese Kosten zu tragen hat, werde mit der Kostenentschei-dung der einstweiligen Anordnung entschieden.31 Der An-tragsteller könne die Kosten des Anordnungsverfahrens, wenn sein Antrag erfolgreich war, später auf Grund der Kostenentscheidung dieses Verfahrens festsetzen lassen. Würden sie bereits mit der einstweiligen Anordnung zu-gesprochen läge eine doppelte Titulierung vor.32

Die Vorschusspflicht kann nicht durch das Angebot des Pflich-tigen auf Zahlung eines Darlehens abgewendet werden.33

Hat der Unterhaltsberechtigte im Wege einer einstweiligen An-ordnung einen Verfahrenskostenvorschuss erwirkt, begründet

die für ihn negative Kostenentscheidung im Hauptsachever-fahren keine anderweitige Regelung i.S.v. § 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG.34

Die Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung zur Zah-lung eines Verfahrenskostenvorschusses ist auch nach Been-digung des Hauptsacheverfahrens und ungeachtet der Kos-tenentscheidung möglich. Für den Arglisteinwand (§ 767 Abs. 1 ZPO) genügt nicht das Unterliegen des Empfängers im Rechtsstreit.35 Bei einer Ermäßigung des titulierten Zah-lungsbetrages bleibt Vollstreckungstitel die »alte« einstweilige Anordnung.36

III. Sonderfall: einstweilige anordnung im Zeitraum der trennungIst eine einstweilige Anordnung im Zeitraum der Trennung ergangen, sind die Konsequenzen des Grundsatzes der Nicht-identität zu bedenken. Dieser Grundsatz besagt, dass Tren-nungs- (§ 1361 BGB) und Scheidungsunterhalt (§§ 1569 ff. BGB) streng zu unterscheiden sind, denn es handelt sich um verschiedene Streitgegenstände.37

Folglich endet die Wirkung eines Titels aus dem Haupt-sacheverfahren – automatisch – mit der Rechtskraft der Scheidung. Die weitere Vollstreckung wird unzulässig. Der Berechtigte muss sich einen neuen Titel über den Nachschei-dungsunterhalt verschaffen.

Nach früherem Recht bestand Einigkeit, dass eine während der Trennungszeit ergangene einstweilige Anordnung über den Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung hinaus wirksam blieb. Nach neuem Recht ist diese Frage noch nicht eindeutig geklärt.

Vertreten wird, dass aufgrund der Eigenständigkeit des Ver-fahrens der einstweiligen Anordnung keine Gründe mehr gegeben sind, die Wirkung der eA über den Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung hinaus gelten zu lassen.38

Über die einstweilige Anordnung soll nach der Intenti-on des FamFG gerade in einem selbstständigen Verfahren

24 Schmitz in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. 2015, § 10 Rn. 397; Schulte-Bunert/Weinreich/Schwonberg, 4. Aufl. 2014, FamFG, § 246 Rn. 3.

25 FAFamR/Seiler, 10. Aufl. 2015, Kap. 6 Rn. 1090.26 BGH FamRZ 2004, 1633, 1635 = FuR 2004, 557.27 Schmitz in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. 2015, § 10 Rn. 399.28 Bummiller/Harders/Schwamb, FamFG, 11. Aufl. 2015, § 146 Rn. 6 m.w.N.29 BGH FamRZ 2005, 1164, 1167 = FuR 2005, 368; BGH, Beschl. v.

04.08.2004 – XII ZA 6/04, FuR 2004, 557 = FamRZ 2004, 1633 mit Anm. Viefhues; BGH, Beschl v. 26.10.2005 – XII ZR 34/03, FuR 2004, 557 = Fam-RZ 2006, 99 mit Anm. Scholz und Viefhues.

30 So Musielak/Borth, FamFG, 5. Aufl. 2015, § 146 Rn. 33; Schulte-Bunert/Weinreich/Schwonberg, FamFG, 4. Aufl. 2014, § 246 Rn. 31.

31 Giers NZFam 2014, 207; wohl auch Zöller/Lorenz, ZPO, 2014, § 246 FamFG Rn. 23 a.E.

32 Keidel/Giers, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 146 Rn. 13.33 OLG Frankfurt MDR 2014, 230 = FuR 2014, 544; Bummiller/Harders/

Schwamb, FamFG, 11. Aufl. 2015, § 146 Rn. 6 m.w.N.; vgl. auch Kreutz NZFam 2014, 196; Schulte-Bunert/Weinreich/Schwonberg, FamFG, 4. Aufl. 2014, § 246 Rn. 28.

34 BGH FamRZ 1985, 802; Schmitz in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. 2015, § 10 Rn. 451.

35 Schmitz in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. 2015, § 10 Rn. 448.36 KG FamRZ 1991, 1327.37 BGH, Urt. v. 14.01.1981 – IV b ZR 575/80, FamRZ 1981, 242; BGH,

Urt. v. 13.01.1988 – IVb ZR 7/87, FamRZ 1988, 370.38 Dose, Einstweiliger Rechtsschutz, 2010, Rn. 469 m.w.N.; Thomas/Putzo/

Hüßtege, ZPO, 30. Aufl., § 246 FamFG, Rn. 3.

Anordnung wird die Unterhaltsberechtigte de facto gezwungen, selbst zeitnah das Hauptsacheverfahren einzuleiten.

Denn zwischen der Höhe und der Zeitdauer des fest-gesetzten Unterhaltes und den Anforderungen an die Glaubhaftmachung besteht ein Abhängigkeitsverhältnis. Mit zunehmender Höhe des verlangten Unterhalts sind weitergehende Anforderungen an die Glaubhaftmachung zu stellen.24

FuR 10 · 2015 561

aus der PraxisViefhues · Minenfeld der einstweiligen Anordnung zum Unterhalt

entschieden werden, dass von der Anhängigkeit und Erle-digung eines Scheidungsantrags, auch rechtskräftiger Schei-dung, unabhängig ist.

Ist aus der einstweiligen Anordnung nicht erkennbar, dass sie nur für den Zeitraum der Trennung getroffen worden ist, soll sie dennoch nicht weitergehende Geltung haben als eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren. Wird weiter vollstreckt, kann der Gegner die einstweilige Anordnung auf Antrag gem. § 54 aufheben lassen39 oder mit einem nega-tiven Feststellungsantrag gegen die einstweilige Anordnung rückwirkend vorgehen.40

Nicht haltbar ist dagegen die Ansicht, dass die einstweilige Anordnung mit der rechtskräftigen Ehescheidung entspre-chend § 56 i.V.m. § 119 Abs. 1 FamFG automatisch außer Kraft tritt.41 Denn gem. § 56 Abs. 1 Satz 2 FamFG kann nur eine rechtskräftige Endentscheidung in einer Familienstreit­sache die Wirkung der einstweiligen Anordnung beenden; die Scheidung selbst ist keine anderweitige Regelung i.S.v. § 56 FamFG, durch die die einstweilige Anordnung außer Kraft tritt.42

Die Gegenansicht geht davon aus, dass der Gesetzgeber kei-ne Änderung gegenüber dem früheren Rechtszustand gewollt habe. Daher wirke die eA über den Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung hinaus fort.43

Praxishinweis:

In der Praxis lässt sich diese Streitfrage umgehen, indem das Gericht ausdrücklich eine einstweilige Anordnung »für den Zeitraum bis zur Rechtskraft der Schei-dung« trifft oder ausdrücklich »Trennungsunterhalt« festsetzt.

Eine solche ausdrückliche Befristung ist zulässig.44 Das Gesetz geht z.B. in § 56 Abs. 1 Satz 1 von der Möglich-keit einer Befristung der eA aus.

Wenn in einer einstweiligen Anordnung der Trennungs-unterhalt zu regeln und nicht hinreichend erkennbar ist, dass auch ein nachehelicher Unterhalt geschuldet wird, sollte daher von der Regel der unbefristeten Entscheidung nach § 56 Abs. 1 Satz l FamFG abgewichen und die einst-weilige Anordnung bis zur rechtskräftigen Scheidung be-fristet werden.45

Soweit ausdrücklich ein entsprechender Antrag gestellt wird, ist das Gericht daran gebunden (§ 308 ZPO).46

Das Gericht kann auch unabhängig von dieser Frage den Unterhalt im Wege der einstweiligen Anordnung nur be-fristet festsetzen.

C. Keine BeschwerdemöglichkeitEin Rechtsmittel gegen eine im Verfahren der einstweiligen Anordnung getroffene gerichtliche Entscheidung ist nicht gegeben (§ 57 Satz 1 FamFG).

Diese Unanfechtbarkeit wirkt sich auch auf die der Hauptsache vorangehenden oder nachfolgenden Nebenentscheidungen aus.47 Während Entscheidungen zur Verfahrenskostenhilfe im Zusammenhang mit einem Hauptsacheverfahren mit der sofortigen Beschwerde (§§ 127, 569 ff. ZPO) angefochten werden können, ist dieser Weg bei der einstweiligen Anord-nung nicht gegeben. Der Grundsatz, wonach der Rechts-schutz in Nebenverfahren nicht weiter gehen kann als der in

der Hauptsache, verdrängt hier durch § 57 Satz 1 FamFG die allgemeine Beschwerdemöglichkeit.48

Jedoch gelten diese Rechtsmittelbeschränkungen nicht für die Festsetzung des Verfahrenswertes und auch nicht im Kosten-festsetzungsverfahren, da es sich hierbei um andere Entschei-dungsgegenstände handelt.49

D. Kostenrisiko auf antragstellerseiteDie gerichtliche Entscheidung über die einstweilige Anord-nung ergeht mit einer eigenständigen Kostenentscheidung für dieses Verfahren (§ 51 Abs. 4 FamFG).

Dies hat in Unterhaltsverfahren erhebliche praktische Kon-sequenzen und bedeutet ein erhebliches Risiko vor allem für den Antragsteller des Verfahrens im Falle seines Un-terliegens.

Praxishinweis:

Nach altem Recht erging bei der einstweiligen Anord-nung in aller Regel die Entscheidung, dass »die Kosten des Anordnungsverfahrens der Hauptsache folgen«. Damit konnte eine Niederlage im summarischen Verfah-ren durch ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren kosten-mäßig noch ausgebügelt werden konnte.

Diese Möglichkeit besteht jetzt nicht mehr:– Denn selbst wenn im Hauptsacheverfahren die Un-

terhaltsforderung durchgesetzt wird, bedeutet dies nicht, dass damit die getroffene Kostenentscheidung entfällt.

– Vielmehr betrifft die Entscheidung in der Hauptsache nur deren sachlichen Regelungsgehalt der einstweili-gen Anordnung. Die übrigen Anordnungen (Gegen-standswert, Kosten, u.U. Verfahrenskostenhilfe) blei-ben bestehen.

E. notwendigkeit eines inhaltsgleichen hauptsacheverfahrens für die Gläubigerseite?Wenn im Verfahren der einstweiligen Anordnung die be-antragte einstweilige Anordnung in vollem Umfang erlangt worden ist, stellen sich für die anwaltliche Praxis auf Antrag-stellerseite weitere – wegen der damit verbundenen Risiken kritische – Fragen, nämlich

39 Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 30. Aufl., § 246 FamFG, Rn. 3 m.w.N.; Keidel/Giers, § 246 FamFG Rn. 9, FA-FamR/Gerhardt, 10. Aufl. 2015, 6. Kap. Rn. 869; Christl NJW 2012, 3334, 3335; Bumiller/Harders/Schwamb, FamFG, 11. Aufl. 2015, Rn. 11; AG Rosenheim FamRZ 2012, 1823.

40 Christl NJW 2012, 3334, 3335.41 So Johannsen/Henrich/Büte, § 56 FamFG Rn. 3.42 BT-Drucks. 16/6308, S. 445; Christl NJW 2012, 3334, 3335.43 Finger FuR 2015, 258, 259; Roßmann ZFE 2011, 57, 60; Schmitz in: Wendl/

Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. 2015, § 10 Rn. 398; Lorenz in: Zöller, ZPO, § 246 Rn. 37; OLG Hamm FF 2013, 79 mit Anm. Wilinski.

44 Keidel/Giers, FamFG, 2012, § 246 Rn. 7; OLG Jena FamRZ 2011, 491; Löh-ning/Heiß FamRZ 2009, 1101, 1103; Christl NJW 2012, 3334, 3335.

45 Christl NJW 2012, 3334, 3335; vgl. Musielak/Borth, § 56 Rn. 3; weiterge-hend Löhnig/Heiß FamRZ 2009, 1101 (1103) (die Festsetzung eines Endter-mins empfehle sich regelmäßig bei jeder einstweiligen Anordnung).

46 Finger FuR 2015, 258, 259.47 Schmitz in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. 2015, § 10 Rn. 436

m.w.N.48 OLG Saarbrücken FamRZ 2010, 1829; OLG Hamm FamRZ 2010, 1467.49 Schmitz in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. 2015, § 10 Rn. 436.

FuR 10 · 2015562

aus der Praxis Viefhues · Minenfeld der einstweiligen Anordnung zum Unterhalt

ob neben einer erlangten einstweiligen Anordnung über Unterhalt

noch ein Hauptsacheverfahren eingeleitet werden darf oder sogar ein Hauptsacheverfahren eingeleitet werden

muss und welche Vorkehrungen ggf. getroffen werden müssen,

um Risiken zu vermeiden.

Damit verbunden ist vielfach die Frage, ob für einen sol-chen – weiteren – Antrag Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden wird.

Die Vorstellung des Gesetzgebers ging dahin, durch die iso-lierte einstweilige Anordnung den Streit abschließend zu ent-scheiden und damit auch Kosten zu sparen, indem Hauptsa-cheverfahren vermieden werden. Dies spricht auf den ersten Blick für die Annahme, dass nach einer in vollem Umfang erwirkten einstweiligen Anordnung keine Notwendigkeit mehr für ein Hauptsacheverfahren besteht.

I. Sicht der UnterhaltsberechtigtenDie Unterhaltsberechtigte kann jederzeit und unabhängig von dem Umfang seines Erfolges im einstweiligen Rechtsschutz-verfahren ein Hauptsacheverfahren mit einem Leistungsantrag einleiten (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 253 ZPO), um in einem ordentlichen Streitverfahren eine rechtskräftige Fest-stellung seines Unterhaltsanspruchs zu erwirken.50

Denn die Unterhaltsberechtigte muss bedenken, dass eine einstweilige Anordnung zwar in formeller, nicht aber in materieller Rechtskraft erwachsen kann51 und jederzeit, auch für die zurückliegende Zeit, durch eine im Hauptsa-cheverfahren erstrittene Endentscheidung (§ 38 FamFG) ab-gelöst werden kann (§ 56 Abs. 1 FamFG).52 Dagegen kann ein in einem Hauptsacheverfahren erwirkter Titel nur unter den strengen Voraussetzungen des. § 238 FamFG und damit auch für die Zukunft abgeändert werden.

So besteht die Gefahr, dass die einstweilige Anordnung auch mit Rückwirkung aufgehoben wird und sich daraus Ansprüche auf Rückzahlung des geleisteten Unterhalts ergeben.53 Denn die Entscheidung im einstweiligen Anord-nungsverfahren ist rein prozessualer Natur und stellt daher keinen Rechtsgrund zum Behaltendürfen dar; sie steht daher einem Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht entgegen.54 Weder der Erlass einer einstweiligen Anordnung noch etwaige Leistungen hierauf haben hinsichtlich der (Un-terhalts-)Forderung unmittelbar Erfüllungswirkung.55

Angesichts dessen besteht trotz einer einstweiligen Anord-nung ein Rechtsschutzinteresse daran, einen Titel im Haupt-sacheverfahren zu erhalten.56 Daher kann auch gleichzeitig ein Antrag im Hauptsacheverfahren und im Verfahren der einstweiligen Anordnung gestellt werden.57 Dem Unterhalts-berechtigten steht deshalb auch bei der Entscheidung, ob er die Rechtsverfolgung im summarischen Verfahren der einst-weiligen Anordnung oder im ordentlichen Streitverfahren suchen soll, ein Wahlrecht zu.58

Daher wird es teilweise als unverzichtbar angesehen, nach einer erlangten einstweiligen Anordnung noch ein Haupt-sacheverfahren durchzuführen, um einen in Rechtskraft er-wachsenden Titel zu erlangen.59 Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Hauptsacheantrag besteht daher.60

II. Sicht des UnterhaltspflichtigenDer Unterhaltspflichtige, dem durch eine einstweilige An-ordnung Unterhaltszahlungen aufgegeben worden sind, die er akzeptiert und demzufolge regelmäßig zahlt, verhält sich rechtstreu und rechnet nicht damit, mit einem inhaltsglei-chen Hauptsacheverfahren überzogen zu werden. Der Un-terhaltspflichtige gibt aus seiner Sicht damit keinen Grund, ihn mit einem weiteren Verfahren zu überziehen, in dem ihm für den inhaltsgleichen Antrag weitere – erhebliche – Kosten auferlegt werden.

Fallbeispiel:

Ehefrau F – vertreten durch RAin Schlau – hat ohne münd-liche Verhandlung eine einstweilige Anordnung erwirkt, in der dem Ehemann mtl. Unterhaltszahlungen von 500 € auferlegt werden. Der Ehemann zahlt seit 2 Monaten re-gelmäßig.

RAin Schlau leitet nunmehr das Hauptsacheverfahren ein und begehrt dort ebenfalls 500 € mtl. Unterhalt.

Der Ehemann wendet sich an RA Hubermeier, der im Ter-min die Forderung anerkennt unter Verwahrung gegen die Kosten (§ 243 Satz 2 Nr. 4 FamFG).

1. Freiwillige Zahlungen ohne zuvor ergangene einstweilige anordnungWenn die regelmäßige Zahlung des geforderten Unterhaltes ohne eine vorherige Titulierung durch die einstweilige An-ordnung erfolgt wäre, läge ein sofortiges Anerkenntnis vor. Die Unterhaltsberechtigte müsste die Kosten tragen.

50 Schmitz in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. 2015, § 10 Rn. 437.51 OLG Hamm, Beschl. v. 20.01.2011 – II-10 WF 201/10, FamRZ 2011,

1157 m.w.N.; Zöller/Feskorn, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 49 FamFG Rn. 4.52 BGH FamRZ 1984, 767; Schmitz in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht,

9. Aufl. 2015, § 10 Rn. 396; Vorwerk FPR 2009, 8, 9 m.w.N.; Zöller/Feskorn, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 49 Rn. 4; Rüntz/Viefhues FamRZ 2010, 1285 m.w.N.; van Els FamRZ 2010, 2093; vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 2009, 1834: Unterhaltsfestsetzung in eA-Verfahren keine ausreichende ander-weitige Bestimmung i.S.d. § 426 BGB.

53 Instruktiv OLG Hamm, Urt. v. 26.03.2012 – II-8 UF 109/10, FamFR 2012, 347.

54 Zöller/Feskorn, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 49 FamFG Rn. 4.55 OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.07.2013 – 4 UF 265/12, NZFam 2014, 31.56 FAFamR/Seiler, 10. Aufl. 2015, Kap. 1 Rn. 491; OLG Jena FamRZ 2010,

1830.57 FAFamR/Seiler, 10. Aufl. 2015, Kap. 6 Rn. 1107.58 Schmitz in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. 2015, § 10 Rn. 397.59 S. van Els FamRZ 2010, 2093; vgl. auch Vorwerk FPR 2009, 8, 9.60 OLG München, Beschl.v. 04.10.2011 – 2 WF 1551/11, FamRZ 2012, 391.61 OLG München, Beschl. v. 29.01.2015 –12 WF 85/15, AGS 2015, 142–143

(ST); OLG München FamRZ 2012, 391; Thomas/Putzo/Seiler, 35. Aufl., § 114 Rn. 6 a.E.; Thomas/Putzo/Hüßtege, 35. Aufl. 2014, § 209 FamFG Rn. 11.

Praxishinweis:

Dementsprechend wird auch die Ansicht vertreten, dass auch für einen völlig deckungsgleichen Antrag im Haupt-sacheverfahren Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen sei, denn dieser Antrag sei nicht mutwillig.61

Die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe schützt den Antragsteller aber nicht vor der Auferlegung der Kosten der Gegenseite im Falle eines sofortigen Anerkenntnisses (s.u.).

FuR 10 · 2015 563

aus der PraxisViefhues · Minenfeld der einstweiligen Anordnung zum Unterhalt

Um dies zu vermeiden, ist die Berechtigte auch bei freiwil-ligen Zahlungen gehalten, den Verpflichteten vorher zur Titulierung aufzufordern.

Diese Titulierungsaufforderung ist bei einem Titel, der nicht kostenfrei erstellt werden kann aber nur dann kor-rekt, wenn die Berechtigte die Kostenübernahme zusagt,62 denn nach h.M. trägt die Berechtigte die Kosten einer frei-willigen Titulierung.

Die Kosten einer einseitigen notariellen Beurkundung liegen deutlich niedriger als die Kosten eines streitigen ge-richtlichen Hauptsacheverfahrens:– In der Regel ist als Obergrenze für den Geschäftswert

der fünffache Jahresbetrag zugrunde zu legen.– Bei einem zu titulierenden monatlichen Unterhalt von

500 € beläuft sich demnach der Geschäftswert auf ma-ximal 30.000 €. Unter Berücksichtigung einer 10/10 Gebühr gem. § 36 Abs. 2 Kostenordnung ergäbe dies einen Nettobetrag von 125 € plus Auslagen und MwSt.

– Bei einem monatlichen Unterhalt von 1.000 € beläuft sich die Nettogebühr auf 192 € zzgl. Auslagen und MwSt.

2. Freiwillige Zahlungen nach einer zuvor ergangenen einstweiligen anordnungIm Fallbeispiel verfügt die Berechtigte mit der einstweiligen Anordnung sogar über einen – wenn auch nur vorläufigen – Titel. Ein Vergleich mit der Situation bei freiwilliger Zahlung des Unterhalts bietet sich an. Es besteht hier kein Grund, sie verfahrensrechtlich besser zu behandeln, wenn sie nicht nur regelmäßige freiwillige Zahlungen erhält, sondern zusätzlich bereits über einen – vorläufigen – Titel in Form der einstweiligen Anordnung verfügt.

Fortsetzung des Fallbeispiels:

Da der Ehemann bislang in gleicher Höhe gezahlt hat und nicht vor Einleitung des Verfahrens aufgefordert worden ist, einen außergerichtlichen (bestandskräftigen) Titel zugunsten der Ehefrau zu erstellen, liegt ein sofortiges Anerkenntnis ohne Veranlassung zur Einleitung eines gerichtlichen Verfah-rens vor. Das Gericht wird der Ehefrau nach § 243 Satz 2 Nr. 4 FamFG die gesamten Kosten auferlegen (Verfahrens-wert 6.000 €, Gerichtsgebühren, Kosten für beide Anwälte).

Praxishinweis:

Auch eine Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe schützt den Antragsteller nicht vor der Auferlegung der Kosten des Gegners im Falle eines sofortigen Anerkenntnisses.

3. PraxishinweiseAus Sicht des Anwalts der Unterhaltsberechtigten ist hier zu klären, wie dieses missliche Ergebnis verhindert werden kann:

Ausgehend von den allgemeinen Überlegungen zur Titu-lierung von Unterhaltsansprüchen besteht eine Möglich-keit darin, den Unterhaltspflichtigen vor Einleitung eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens aufzufordern, einen Titel über den entsprechenden Unterhaltsbetrag zu er-stellen und bereitzustellen.– Beim Unterhalt eines minderjährigen Kindes kann

dies eine Jugendamtsurkunde sein, die kostenfrei erstellt werden kann. Hier genügt die schlichte Auffor-derung, einen solchen Titel zu erstellen.

– Geht es um Ehegattenunterhalt, wäre eine einseitige notarielle Verpflichtungserklärung zu fordern. Hier liegt aber nur dann eine ordnungsgemäße Aufforde-rung vor, wenn diese mit dem Angebot der Kostenüber-nahme verbunden ist. Fehlt dieses Kostenübernahme-zusage, kann das spätere – kostenschädliche – sofortige Anerkenntnis nicht verhindert werden.

Diskutiert wird auch, den Unterhaltspflichtigen zu einer Erklärung aufzufordern, die Regelung der einstweiligen Anordnung »zu akzeptieren«.– Gibt der Verpflichtete eine solche Erklärung ab, ist zwar

deren Rechtsnatur nicht ganz eindeutig.– Dies lässt sich verfahrensrechtlich als Verzicht auf das

Antragsrecht aus § 52 Abs. 2 FamFG auf Verpflichtung zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens auslegen, denn auf dieses Antragsrecht kann in Antragsverfah-ren verzichtet werden.63 Dadurch können die Betei-ligten eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz zu einer endgültigen Entscheidung machen.64 Dies kann auch konkludent erfolgen, wobei jedoch strenge Anforderungen an den Rechtsbindungswillen zu stel-len sind. Allein die Erfüllung der titulierten Forderung reicht nicht aus.65

– Weder der Erlass einer einstweiligen Anordnung noch etwaige Leistungen hierauf haben hinsichtlich der (Un-terhalts-)Forderung unmittelbar Erfüllungswirkung.

– Denn Leistungen zur Abwendung der Zwangsvollstre-ckung aus derartigen Anordnungen haben keine Erfül-lungswirkung. Sie bilden auch keinen abschließenden Rechtsgrund i.S.v. § 812 BGB für das Behaltendürfen der darauf empfangenen Leistungen.66

– Erfüllungswirkung kommt Leistungen aufgrund ei-ner einstweiligen Anordnung nur dann zu, wenn der Schuldner parallel zu erkennen gibt, dass es mit dieser Leistung auch in der Hauptsache sein Bewenden haben soll. Dazu bedarf es einer Manifestation des Schuldners, dass seine Leistungen auch Erfüllungswirkung gegen-über der (Unterhalts-)Forderung an sich haben sollen.67

Gibt der Verpflichtete auf eine solche Aufforderung dagegen keinerlei Erklärung ab, wird er sich in einem dann von der Berechtigten eingeleiteten Hauptsacheverfahren im Fall des seines Anerkenntnisses jedenfalls nicht darauf berufen kön-nen, keine Veranlassung zur Einleitung dieses Verfahrens ge-gen zu haben.

(Der Beitrag wird in der nächsten Ausgabe der FuR fortgesetzt)

62 OLG Hamm FamRZ 2007, 1660; OLG Stuttgart FamRZ 2001, 1381; OLG Frankfurt FamRZ 1998, 445; OLG Köln FamRZ 1997, 822; OLG Düsseldorf FamRZ 1994, 117; OLG Hamm FamRZ 1992, 831; KG FamRZ 1988, 518; OLG Bremen OLGR Bremen 1996, 106; OLG Düs-seldorf FamRZ 1984, 725; OLG Hamm FamRZ 1983, 69; Viefhues in: Kemper/Schreiber, Familienverfahrensrecht, 3. Aufl. 2015, § 243 Rn. 23; Götsche in: Horndasch/Viefhues, Kommentar zum Familienverfahrensrecht, 3. Aufl. 2014, § 76 FamFG Rn. 104 m.w.N.; Musielak/Borth, FamFG, 5. Aufl. 2015, § 231 FamFG Rn. 19; Kleffmann FuR 2002, 203; einschrän-kend OLG Nürnberg FamRZ 1993, 1333.

63 Schulte-Bunert/Weinreich/Schwonberg, FamFG, 4. Aufl. 2014, § 52 Rn. 4; Thomas/Putzo/Reichhold, ZPO, § 924 Rn. 9.

64 Zöller/Vollkommer, § 926 ZPO Rn. 4 m.w.N.65 Schulte-Bunert/Weinreich/Schwonberg, FamFG, 4. Aufl. 2014, § 52 Rn. 4.66 Vgl. OLG Bamberg FamRZ 2006, 965 f. = FuR 2005, 523.67 OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.07.2013 – 4 UF 265/12, NZFam 2014, 31.

FuR 10 · 2015564

aus der Praxis Götsche · Die zusätzliche Altersvorsorge im Familienrecht

Die zusätzliche altersvorsorge im Familienrecht– teil 1

Von Frank Götsche, Richter am Oberlandesgericht, Brandenburg

Die zusätzliche (ergänzende) Altersvorsorge (Stichwort 4 %- bzw. 5 %-Rechtsprechung) ist zum festen Bestandteil der unterhaltsrechtlichen Praxis geworden. Es handelt sich um eine der wenigen Ausnahmefälle, in denen Maßnahmen der Vermögensbildung auch aus unterhaltsrechtlicher Sicht eine anzuerkennende Abzugsposition – sei es für den Unterhalts-berechtigten, sei es für den Unterhaltspflichtigen – bilden können. Der nachfolgende Beitrag zeigt Grundlagen und ak-tuelle Tendenzen der Möglichkeiten auf, eine zusätzliche Al-tersvorsorge zu bilden. Besondere Bedeutung erlangt diese Vermögensbildung im Elternunterhalt. Dabei werden ne-ben dem Unterhaltsrecht am Ende dieses Beitrags auch die Schnittstellen zum Vermögensrecht (eheliches Güterrecht, Versorgungsausgleich) beleuchtet.

a. EinleitungVom Bruttoeinkommen einer Unterhaltspartei sind Steuern und Vorsorgeaufwendungen abzuziehen. Zu diesen zählen Aufwendungen für die gesetzlichen Sozialversicherungssys-teme, so auch die gesetzliche Rentenversicherung, die für das Alter und eine eventuelle Invalidität vorsorgt.

Maßnahmen der Vermögensbildung können dagegen regel-mäßig nicht abgesetzt werden. Etwas anderes folgt aus der zu-nehmenden Bedeutung der ergänzenden Altersvorsorge. Die Grundversorgungssysteme der Altersvorsorge – insb. gesetz-liche Rentenversicherung, beamtenrechtliche Versorgungen, berufsständische Versorgungen – sowie die Durchführung des Versorgungsausgleichs können im Hinblick auf die Ent-wicklung dieser Grundversorgungssysteme in den letzten Jahrzehnten nicht mehr allein die standesgemäße Altersver-sorgung sichern. Vielmehr hat sich zunehmend die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Lebensstandard im Alter nur dann zu sichern ist, wenn neben der primären Vorsorge private Leis-tungen für eine zusätzliche Altersversorgung erbracht werden.1 Mit Rücksicht auf diese Entwicklung hat der BGH zunächst bei der Inanspruchnahme auf Zahlung von Elternunterhalt Leistungen des Unterhaltspflichtigen für eine zusätzliche Al-tersversorgung als vom Einkommen abzugsfähig anerkannt. Dabei ist er davon ausgegangen, dass in dem rechtlich schwä-cher ausgestalteten Unterhaltsrechtsverhältnis zwischen er-wachsenen Kindern und ihren unterhaltsbedürftigen Eltern ein um etwa 25 % über der gesetzlichen Rentenversicherung liegender Betrag als angemessen angesehen, also etwa in Höhe weiterer 5 % des Bruttoeinkommens zusätzliche Altersvorsor-ge betrieben werden kann.2 Dies hat der BGH nachfolgend auch auf die übrigen – stärker ausgeprägten Unterhaltsrechts-verhältnisse – übertragen und dafür in Höhe weiterer 4 % des Bruttoeinkommens zusätzliche Altersvorsorge anerkannt.3 Diese Rechtsprechung behält der BGH seither bei.4

Praxishinweis:

Zu weiteren anzuerkennenden Vermögensbildungsmaßnah-men können vor allem Tilgungsleistungen auf darlehensbe-lastetes Wohneigentum zählen; vgl. dazu näher den Exkurs unter C. I. 2. a).

B. anwendungsbereichDie zusätzliche Altersversorgung betrifft im Grundsatz sämtliche Ansparmaßnahmen außerhalb der zwingenden Grundversorgungssysteme (insb. gesetzliche Rentenversi-cherung, Beamtenversorgungen, berufsständische Versorgun-gen). Man kann sich für die Abgrenzung an dem Katalog des § 32 VersAusglG orientieren, der die (im Versorgungsaus-gleich anpassungs- und abänderungsfähigen) Grundversor-gungssysteme des Alters auflistet:

gesetzliche Rentenversicherung einschließlich Höher-versicherung (§ 32 Nr. 1 VersAusglG);

Beamtenversorgung, Soldatenversorgung, Versorgung der Richter sowie Anrechte, die zur Versicherungsfrei-heit nach § 5 Abs. 1 SGB VI (§ 32 Nr. 2 VersAusglG) führen;

berufsständische Versorgungen oder andere Versorgun-gen, die zur Befreiung der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 SGB VI führen, z.B. Lehrern und Er-ziehern an nicht öffentlich-rechtlichen Schulen, die nach beamten-/kirchenrechtlichen Grundsätzen eine Altersver-sorgung erhalten (§ 32 Nr. 3 VersAusglG);

Alterssicherung der Landwirte (§ 32 Nr. 4 VersAusglG); die Versorgungssysteme der Abgeordneten sowie der Re-

gierungsmitglieder (Minister/Senatoren) von Bund und den Ländern (§ 32 Nr. 5 VersAusglG).

Regelmäßig außerhalb dieser Grundversorgungssysteme fin-det die zusätzliche Altersversorgung ihren Anwendungsbe-reich. Die auf Freiwilligkeit und Eigeninitiative beruhende zusätzliche Altersversorgung wird vom Staat mit Zulagen und Steuererleichterungen gefördert. Dabei kann der Berechtig-te meist zwischen einer geförderten privaten (u.a. durch die im Einkommensteuerrecht geregelte sog. Riester-Rente oder Rürup(Basis)-Rente) oder betrieblichen Altersvorsorgeart wählen. Der Berechtigte muss seine zusätzliche Altersvor-sorge allerdings nicht in den ergänzenden Vorsorgesystemen betreiben. Denkbar, wenngleich in der Praxis eher selten, ist die Erweiterung seiner Ansprüche in den Grundversorgungs-systemen, z.B. durch Einzahlung freiwilliger Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung.

C. Unterhaltsrecht

I. Voraussetzungen für die abzugsfähigkeit

1. Tatsächliche Leistung/EinmalbeträgeWesentliche Voraussetzung ist stets, dass solche Aufwendun-gen für die eigene Altersvorsorge tatsächlich geleistet werden.5 Ein fiktiver Ansatz entfällt damit. Hat ein Unterhaltspflich-tiger die entsprechenden Verträge ruhend gestellt, sind

1 Art. 6 des Altersvermögensgesetzes v. 26.06.2001, BGBl. I 1330, 1335.2 BGH FamRZ 2004, 792, 793 = FuR 2004, 222-226.3 BGH FamRZ 2005, 1817 = FuR 2005, 555.4 Z.B. BGH FamRZ 2014, 1098 = FuR 2014, 470 (Ehegattenunterhalt);

FamRZ 2013, 1554 = FuR 2013, 659 (Elternunterhalt).5 BGH FamRZ 2007, 793, 795 = FuR 2007, 276-283; FamRZ 2007, 193 f. =

FuR 2007, 79-81.

FuR 10 · 2015 565

aus der PraxisGötsche · Die zusätzliche Altersvorsorge im Familienrecht

Altersvorsorgeaufwendungen nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen.6

Andererseits erscheint es nicht erforderlich, dass die Beiträge monatlich geleistet werden. Auch Einmalzahlungen, die der Altersversorgung dienen, können Beachtung finden. Dann wird aber regelmäßig die Einmalzahlung auf das Jahr, in dem die Einmalzahlung erfolgt, anteilig monatlich umzulegen sein.

Bedeutung hat die Einmalzahlung, wenn die Unterhaltspartei innerhalb des laufenden Jahres mit der zusätzlichen Alters-vorsorge beginnt. Dies kann z.B. sinnvoll sein, um staatliche Förderungen möglichst umfassend auszunutzen. Dabei dürf-te auch eine Rückwirkung unterhaltsrechtlich regelmäßig beachtlich sein, d.h. es kann am Ende des Jahres ein Ein-malbetrag gezahlt werden, der dann auf das Jahr monatlich umzulegen ist.

Beispiel:

F und M streiten um trennungsbedingten Unterhalt. Im Januar 2015 hat die F den M zur Auskunftserteilung auf-gefordert. Nach einigem Hin und Her hat der M die Aus-kunft erteilt. Die F beziffert nunmehr ihre Forderung. Im Dezember 2015 kommt der M zu Ihnen und bittet um anwaltliche Beratung.

Wird festgestellt, dass M noch keine zusätzliche Altersvor-sorge hat, ist zu überlegen, ob er eine staatlich geförderte Versorgung – z.B. eine die Riester- oder Rürup-Rente – abschließt. Diese kann er grds. auch rückwirkend zum Ja-nuar 2015 abschließen, um die volle staatliche Zulage zu erhalten. Er muss dann zwar den vollen Jahresbetrag auf einmal einzahlen, kann diesen aber monatlich auf die Zeit ab Januar 2015 umlegen und so praktisch rückwirkend sein Einkommen vermindern.

Weiteres Beispiel:7

F und M streiten um Unterhalt. Am 28.12.2012 zahlt M 2.400 € auf ein Sparbuch.

Das OLG8 hat hier ohne weiteres die Zahlung auf 200 €/Monat umgelegt (im konkreten Fall die Abzugsfähigkeit aber verneint, siehe weiter unten).

2. art der zusätzlichen altersvorsorgeWie die zusätzliche Altersvorsorge betrieben wird, ist zu-nächst dem Unterhaltspflichtigen/-berechtigten selbst über-lassen. Ob ein Ehegatte sich zum Zweck der ergänzenden Altersvorsorge z.B. für die »Riester/Rürup-Rente« entscheidet oder ein nicht zertifiziertes Produkt wählt, das ihm besser ge-eignet erscheint, obwohl es steuerlich nicht privilegiert wird, muss grundsätzlich seiner eigenen Überlegung vorbehalten bleiben.9 Die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit des Unter-haltspflichtigen muss auch vom Unterhaltsberechtigten in der Regel respektiert werden, und umgekehrt.

Die Berücksichtigung zusätzlicher Aufwendungen scheidet jedoch aus, wenn die angemessene Altersversorgung des Unterhaltsberechtigten/-verpflichteteten insoweit bereits auf andere Weise gesichert ist.10 Deshalb muss stets umfassend bewertet werden, ob nicht bereits eine zusätzliche Altersver-

sorgung betrieben wird. Die Gestaltungsformen sind dabei vielfältig.

a) Produkte mit altersvorsorgezweckAm wenigsten Bedenken am Altersvorsorgezweck werden bei der Bildung von Anrechten im Sinne des VersAusglG beste-hen, so z.B. für Versorgungsrechte der gesetzlichen Renten-versicherung oder berufsständischer Versorgungen, die durch Leistung freiwilliger Beiträge geschaffen werden, ferner bei betrieblichen Versorgungen i.S.d. BetrAVG oder sonstigen privaten Versorgungen.

aa) Unfreiwillige zusätzliche altersvorsorgeEine Altersvorsorge kann deshalb z.B. in Zahlungen auf eine Lebensversicherung (auch als Direktversicherung) und für VBL-Beiträge einer freiwilligen Rentenversicherung gegeben sein. Es kommt allerdings nicht darauf an, ob die zusätzliche Altersversorgung freiwillig oder erzwungenermaßen geleis-tet wird. Deshalb werden z.B. Beiträge, die in eine Pensions-kasse (betriebliche Altersversorgung) gezahlt werden, auf die anzuerkennende Obergrenze der zusätzlichen Altersvorsorge angerechnet. Die Tatsache, dass der Versicherte diese Beiträge als Arbeitnehmer zwangsweise entrichten muss, ändert daran nichts.11 Dies ist insb. für die Zusatzversorgungen des öf-fentlichen Dienstes von Bedeutung.

bb) Bildung von ImmobiliarvermögenAuch die Entschuldung von Immobilien ist unterhaltsrecht-lich als besondere Form der zusätzlichen Altersversorgung zu berücksichtigen. Da Wohneigentum heutzutage allgemein als Altersvorsorgevermögen anerkannt wird, können auch in den Tilgungsleistungen für eigenes Wohneigentum12 oder sogar für vermietetes Wohneigentum, wenn die künftigen Mietein-künfte der Altersversorgung dienen sollen,13 zusätzliche Al-tersvorsorgebeiträge zu sehen sein.

Beispiel:14

Der Antragsteller ist mit seiner Lebenspartnerin hälftiger Miteigentümer eines selbstbewohnten, mit Darlehenslasten versehenen Hauses. Sein Jahresbruttoeinkommen beträgt 52.980 €.

Der Wohnwert beträgt 1.200 €, dem Antragsteller ist als Miteigentümer die Hälfte = 600 € zuzurechnen. Der Zin-santeil beträgt 5.957,98 € (monatlich 496,50 €), der Til-gungsanteil 6.042,01 € (monatlich 503,50 €). Der Antrag-steller trägt davon jeweils die Hälfte.

6 OLG Düsseldorf FamFR 2013, 83.7 Nachgebildet/vereinfacht OLG Brandenburg FamRZ 2014, 219.8 OLG Brandenburg FamRZ 2014, 219.9 BGH FamRZ 2005, 1817 = FuR 2005, 555.10 BGH FamRZ 2006, 387 = FuR 2006, 180; OLG Hamm FamRZ 2010, 1911.11 OLG Köln, Beschl. v. 06.08.2010 – 25 UF 55/10, zitiert nach Viefhues in:

jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 1361 BGB, Rn. 316.12 BGH FamRZ 2013, 868 = FuR 2013, 389; FamRZ 2009, 1300 = FuR 2009,

567; FamRZ 2008, 963 = FuR 2008, 283; FamRZ 2007, 879 = FuR 2007, 263; OLG Hamm FamRZ 2009, 981, 984.

13 BGH FamRZ 2012, 56; OLG Hamm FamRZ 2010, 1911; OLG Karlsruhe OLGR 2009, 502.

14 Auszug aus OLG Brandenburg NZFam 2014, 1004.

FuR 10 · 2015566

aus der Praxis Götsche · Die zusätzliche Altersvorsorge im Familienrecht

Zusätzliche Altersvorsorge:

Der Tilgungsanteil der Annuitäten des Darlehens ist nicht beim unterhaltsrechtlich zu erfassenden Wohnvorteil, wohl aber im Rahmen der angemessenen Altersvorsorge zu be-rücksichtigen. Ausgehend von dem Jahresbruttoeinkom-men des Antragstellers von 52.980 € ist ihm damit eine zusätzliche Altersvorsorge von jährlich 2.119,20 € (4 % von 52.980 €, monatlich 176,60 €) zuzubilligen. Nur in dieser Höhe sind die Tilgungsleistungen des Beklagten als besondere Form der privaten Altersvorsorge bei der Unter-haltsbemessung zu berücksichtigen.

cc) Berücksichtigung der tilgungsleistungen im UnterhaltBei Immobilien ist aber stets zu beachten, ob nicht aus einem anderen Grunde der volle Tilgungsanteil unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen ist. Ist dies der Fall, so kann die sekundä-re Altersvorsorge auch neben den Tilgungsleistungen für die Immobilie berücksichtigt werden, d.h. die sekundäre Alters-vorsorge wird insoweit nicht aufgebraucht.15

(1) Tilgungsleistungen beim KindesunterhaltOb und gegebenenfalls in welcher Weise Schulden des Un-terhaltspflichtigen beim Verwandtenunterhalt zu beachten sind, ist nach der allgemeinen Regel des § 1603 BGB zu ent-scheiden, der in Absatz 1 die Berücksichtigung der sonstigen Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners vorsieht, wenn-gleich diese auch nicht ohne Rücksicht auf die Unterhalts-interessen des Gläubigers getilgt werden dürfen.16 Handelt es sich um Altschulden aus der Zeit intakten Familienle-bens, profitieren die noch im Haus wohnenden Kinder auch von dem Erhalt des Hausgrundstücks, sind die Belastun-gen sowohl gemessen am (Nutz-)Wert des Hausgrundstücks als auch in Bezug auf die Einkommensverhältnisse insgesamt nicht unverhältnismäßig hoch und kann insb. der (den Mindestunterhalt ganz erheblich übersteigende angemes-sene) Unterhaltsbedarf der Kinder ohne Weiteres gedeckt werden, ohne dass die barunterhaltspflichtigen Eltern auch nur an die Nähe der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit geraten, können solche Verbindlichkeiten mit ihrem Tilgungsanteil auch im Verwandtenunterhalt berücksichtigungsfähig sein.17

Dabei wird es sich aber eher um Ausnahmefälle handeln. Grundsätzlich bleibt es dabei, dass Maßnahmen der Vermö-gensbildung nicht als Schuldverbindlichkeit unterhaltsrecht-lich berücksichtigt werden können.

(2) Tilgungsleistungen beim EhegattenunterhaltGrundsätzlich sind vom Wohnwert die mit dem Eigentum-serwerb verbundenen Kosten abzusetzen. Dazu gehören auch die Tilgungsleistungen. Dass diese der Vermögensbildung dienen, steht dem solange nicht entgegen, wie der andere Ehegatte von der Vermögensbildung profitiert.

Der Tilgungsanteil von Kreditraten für Wohneigentum wird i.a.R. beim Trennungsunterhalt bis zur Rechtshängigkeit der Scheidung anerkannt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Mit- oder Alleineigentum vorhanden ist.18

Dies gilt jedenfalls für den gesetzlichen Güterstand der Zu-gewinngemeinschaft. Bei Gütertrennung gelten dagegen die nachfolgend dargestellten Grundsätze ab Rechtshängigkeit der Scheidung, es kommt also auf die Eigentumsverhältnisse an.19

15 OLG Hamm, Beschl. v. 19.02.2014 – 8 UF 105/12, JurionRS 2014, 12011.16 BGH FamRZ 2014, 923 = FuR 2014, 415; OLG Brandenburg, Beschl. v.

18.12.2014 – 9 UF 182/12; OLG Saarbrücken NJW-Spezial 2010, 228 mit Anm. Götsche.

17 OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.12.2014 – 9 UF 182/12, JurionRS 2014, 31252.

18 BGH NJW 2013, 461; FamRZ 2007, 879 = FuR 2007, 263; FamRZ 2005, 1159 = FuR 2005, 361; OLG Brandenburg FamFR 2012, 320.

19 Vgl. auch BGH FamRZ 2010, 1633 = FuR 2010, 634.20 Vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 19.2.2014 – 8 UF 105/12, JurionRS 2014,

12011 zum nachehelichen Unterhalt.21 BGH FamRZ 2013, 868 = FuR 2013, 389; BGH FamRZ 2004, 1184, 1187 =

FuR 2004, 510; BGH FamRZ 2003, 1179, 1181 f. = FuR 2003, 456-462.22 BGH FamRZ 2002, 1698 = FuR 2003, 26; Born MDR 2015, 554, 556.23 BGH FamRZ 2013, 868 = FuR 2013, 389; FamRZ 2004, 1184, 1187 = FuR

2004, 510; BGH FamRZ 2003, 1179, 1181 f. = FuR 2003, 456-462.

Nach Rechtshängigkeit der Scheidung kann der Tilgungs-anteil grds. nur noch bei beim Miteigentum der Eheleute weiterhin berücksichtigt werden, weil der andere Ehegatte von der mit der Tilgung einhergehenden Vermögensbildung als Miteigentümer weiterhin profitiert und mithin keine einseitige Vermögensbildung zu seinen Lasten stattfindet.20 Auf die güterrechtlichen Verhältnisse kommt es nicht an. Problematisch mögen hier Fälle sein, in denen kein hälftiges Miteigentum besteht.

Außerhalb von Miteigentum kann die Tilgung regelmäßig nicht mehr berücksichtigt werden, weil der andere Ehegatte von der mit der Tilgung einhergehenden Vermögensbildung des Alleineigentümer-Ehegatten über den Zugewinnausgleich nicht mehr profitiert und mithin eine einseitige Vermögens-bildung stattfindet. Ausnahmen sind aber auch hier entspre-chend den Ausführungen beim Verwandtenunterhalt denk-bar (insb. wenn der Nichteigentümer-Ehegatte weiterhin im Haus wohnt; m.E. sollte dies aber anders – über Wohnbe-darfsdeckung – gelöst werden).

(3) Elternunterhalt/Entferntere UnterhaltsverhältnisseGegenüber Unterhaltsansprüchen von Eltern und Enkelkin-dern können wegen der schwächeren Ausgestaltung diese Unterhaltsrechtsverhältnisse Tilgungsleistungen auf Wohn-eigentum regelmäßig in voller Höhe in Abzug gebracht werden.21 Denn das unterhaltspflichtige Kind muss i.R. einer Inanspruchnahme auf Elternunterhalt keine spürbare und dauerhafte Senkung des berufs- und einkommenstypischen Lebensstandards hinnehmen; die Grenze ist erst bei einem unangemessenen Aufwand oder Luxusleben anzunehmen.22 Vorausgesetzt wird, dass sich die Darlehensverbindlichkeiten und die daraus resultierenden Annuitäten in einer im Ver-hältnis zu den vorhandenen Einkünften angemessenen Höhe halten und diese Verpflichtungen bereits zu einer Zeit ein-gegangen worden sind, in der das unterhaltspflichtige Kind nicht damit rechnen musste, für den Unterhalt seines Eltern-teils aufkommen zu müssen.23

Zu weiteren Besonderheiten im Elternunterhalt vgl. insb. unten V.

b) Produkte ohne (unmittelbaren) altersvorsorgezweckDie Anerkennung einer zusätzlichen Altersvorsorge ist für Produkte, in deren Verwendung der Unterhaltspflichtige/-berechtigte aus wirtschaftlicher Betrachtung frei ist und die er nicht zwingend zur Altersabsicherung einzusetzen braucht, wegen des Charakters reiner Vermögensbildung durchaus bedenklich.

FuR 10 · 2015 567

aus der PraxisGötsche · Die zusätzliche Altersvorsorge im Familienrecht

So stellt sich dabei die Frage, ob solche vermögensbildenden Aufwendungen ebenfalls als angemessene Art der Altersvor-sorge anzuerkennen sind. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH steht es dem Unterhaltspflichtigen aber grundsätzlich frei, in welcher Weise er – jenseits der gesetzlichen Renten-versicherung – Vorsorge für sein Alter trifft. Vielmehr müs-sen grundsätzlich jegliche vermögensbildenden Investitionen als angemessene Art der Altersversorgung gebilligt werden, soweit sie geeignet erscheinen, diesen Zweck zu erreichen. Deshalb kann im Einzelfall auch die Anlage eines bloßen Sparvermögens als anzuerkennende Art der Altersvorsorge bewertet werden.24

Selbst bei Wertpapieren, Fondsbeteiligungen oder sons-tigem reinen Sparvermögen25 wie z.B. einem Bausparver-trag,26 wird also die Abzugsfähigkeit grds. bejaht.

Nur wenn ein Vorsorgezweck nicht erkennbar bzw. kon-struiert erscheint, kann die Abzugsfähigkeit zu verneinen sein. Zu berücksichtigen ist dabei, dass es im Rahmen der Unterhaltspflicht neben dem Zweck der in Rede ste-henden Verbindlichkeit gerade auch auf den Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Kenntnis des Unterhaltsver-pflichteten von Grund und Höhe seiner Unterhaltsschuld und andere Umstände an. Hier muss im Einzelfall eine um-fassende Gesamtabwägung erfolgen.27 Dabei ist zu beachten, dass dies beim Eltern- und wohl auch beim Ehegattenunter-halt eher großzügig, beim Kindesunterhalt eher streng gese-hen wird.

Beispiel zum Kindesunterhalt:28

Es besteht eine Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern. Der durchschnittlich verdienende Antragsgegner hat erstmals im Verlauf des Unterhaltsverfah-rens Sparvermögen gebildet. Dies ist durch die Eröffnung eines Sparkontos bei der Sparkasse und eine Überweisungs-gutschrift in Höhe von 2.400 € mit dem Verwendungs-zweck »Altersvorsorge 2012« mit Wertstellung (erst) am 28.12.2012 geschehen.

Das OLG29 führt aus:

»Die Anlage eines bloßen jederzeit frei verfügbaren Spar-vermögens mit schlechten Zinskonditionen stellt eine (un­rentable) Geldanlage ohne jede Bindung des Antragsgegners dar, die ein wirtschaftlich vernünftig Denkender in dieser Wei­se so nicht vornehmen würde. Durch die gewählte Anlageform kann der Antragsgegner seine Einzahlungen auf das Sparkonto frei wählen oder nach seinem Belieben sogar ganz einstellen. Zudem besteht die Möglichkeit, auf das angesparte Guthaben jederzeit zurückzugreifen. Angesichts der dargestellten Um­stände geht der Senat davon aus, dass es dem Antragsgegner vor allem darum gegangen ist, den nicht unerheblichen Mo­natsbetrag von 200 € dem Zugriff seiner unterhaltsberechtig­ten Kinder bzw. der Einstellung in die Unterhaltsbemessung zu entziehen.

Um unter den hier konkrete vorliegenden Umständen die der eigenen Alterssicherung dienenden neu beginnenden Aufwen­dungen des Antragsgegners als abzugsfähig anzuerkennen, muss eine hinreichende Gewähr dafür gegeben sein, dass die Anlage des Sparvermögens tatsächlich der Alterssicherung des

24 BGH FamRZ 2003, 860, 863 = FuR 2003, 275.25 BGH FamRZ 2006, 1511, 1514 = FuR 2006, 513; FamRZ 2005, 1817,

1821 f. = FuR 2005, 555; FamRZ 2004, 792, 794 = FuR 2004, 222.26 Vgl. OLG Brandenburg NZFam 2014, 1004 – im konkreten Fall war die

4 %-Grenze aber bereits anderweitig überschritten.27 BGH FamRZ 2013, 617 zum Kindesunterhalt.28 OLG Brandenburg FamRZ 2014, 219.29 OLG Brandenburg FamRZ 2014, 219.30 OLG Hamm FamRZ 2009, 1919.31 VL = Vermögenswirksame Leistungen; gesetzliche Grundlage ist das Fünfte

Vermögensbildungsgesetz (5. VermBG).32 OLG Hamm NJW-RR 2012, 197.

Antragsgegners dient. Die bloße Absichtserklärung des Antrags­gegners, das angesammelte Guthaben auf seinem Sparkonto bei der Sparkasse B. zur Altersvorsorge bereithalten zu wol­len, genügt dafür nicht. Denn der Antragsgegner kann das Sparvermögen jederzeit anderweitig einsetzen. Es bedarf daher einer vertraglichen Gestaltung, die etwa durch eine entspre­chende Fälligkeit, Zweckbindung oder durch sonstige Rege­lungen die Verwendung der Geldanlage für die Alterssicherung sicherstellt.

Zahlungen auf ein Sparbuch sind regelmäßig nicht als weitere Altersvorsorge zu berücksichtigen, wenn der Unterhaltspflich­tige vor der Trennung trotz ausreichender Liquidität eine ent­sprechende Altersvorsorge nicht betrieben hat.«

Weiteres Beispiel zum Kindesunterhalt:30

Der Vater betreibt das sog. VL31-Sparen. Das OLG hat die Anerkennung (die der Vater allerdings auch nicht geltend gemacht hatte) abgelehnt.

Beispiel zum Ehegattenunterhalt:32

Der unterhaltspflichtige 50-jährige Mann hat Zahlungen in einen Ratensparvertrag geleistet, der auf eine Laufzeit von 7 Jahren angelegt war.

Da sich der Mann nach Ablauf der Spardauer noch nicht im Ruhestand befinden wird, ist nicht sichergestellt, dass die Ersparnisse seiner Altersvorsorge zugutekommen. Nicht auszuschließen ist, dass das Sparguthaben nach Fristablauf für Konsumzwecke verbraucht wird. Das OLG hat dies nicht als zusätzliche Altersvorsorge anerkannt.

Praxishinweis:

Bedenken am Altersvorsorgezweck werden bei folgenden Kriterien auftreten:

Verfügbarkeit– jederzeit frei verfügbares (Spar)Vermögen– gebundenes (Spar)Vermögen wird deutlich vor Eintritt

in den Ruhestand verfügbar Aufnahme erstmals nach Trennung/Scheidung unrentable Anlage gestufte Anforderung je nach Unterhaltsverhältnis

– Kindesunterhalt = strenger– Ehegattenunterhalt = weniger streng– Elternunterhalt = sehr großzügig

FuR 10 · 2015568

aus der Praxis Götsche · Die zusätzliche Altersvorsorge im Familienrecht

Außerhalb der Versorgungsanrechte des VersAusglG kommen für einen Altersvorsorgezweck am ehesten in Betracht:

Kapitallebensversicherungen (aber auch diese sind jeder-zeit kündbar),

Tilgungsbeiträge auf Darlehen bzgl. selbstbewohntes Wohneigentum,

Bausparverträge zur Bildung von Wohneigentum, Tilgungsbeiträge auf Darlehen bzgl. Vermietung von Im-

mobilien.

Interessanterweise bieten Lebensversicherer mittlerweile auch Versicherungen an, die eine Mixtur aus Kapitallebens-/Ren-tenversicherung und reinem Sparvertrag sind:33

Laufzeit ist mindestens 10 Jahre, in den ersten Jahren feste Verzinsung, danach meist Anleh-

nung an aktuellen Rechnungszins, kündbar ohne Anfall von Gebühren, d.h. eingezahlte Be-

träge zzgl. Zinserträge werden ausbezahlt.

Hier dürfte trotz der Mischform ein Altersvorsorgezweck eher zu bejahen sein.

Zweifelsfälle sind dagegen vor allem das Ansparen von Wert-papieren oder auch sonstige Sparverträge, gerade wenn die Laufzeit deutlich vor dem Ruhestand endet. Insoweit sollte der Altersvorsorgezweck zumindest näher erläutert werden.

c) Sonderfall: Einkommen als altersvorsorgezweckDenkbar ist auch, dass bestimmte Einkunftsarten – insb. Ver-mögenserträge – nicht als Einkommen zugerechnet werden, wenn sie einem Altersvorsorgevermögen entstammen und der Altersvorsorge dienen.34

Beispiel:35

Die Antragsgegnerin hat aus dem Verkauf ihres Miteigen-tumsanteils am vormaligen Familienheim 75.000 € erlöst. Davon hat sie 20.000,00 € auf sechs Jahre für die Alters-vorsorge fest angelegt, die jährlich zwischen 1,75 und 3,5 Prozent Jahreszinsen abwerfen.

Das OLG führt dazu aus:

»Es bleibt der Antragsgegnerin unbenommen, den Kapitalbe­trag (das Stammvermögen) nach Ablauf der Anlagezeit weiter­hin für ihre Altersversorgung einzusetzen.

Soweit die Antragsgegnerin aufgrund der von ihr gewählten Vertragsgestaltung des Zuwachssparens gehindert ist, vor Ab­lauf der Vertragslaufzeit ohne wirtschaftliche Verluste über die erwirtschafteten Zinsen zu verfügen, ändert dies nichts an der fiktiven Zurechenbarkeit der entsprechenden Zinsein-künfte. Denn insoweit bildet sie – über die angelegte Summe hinaus – Vermögen, an dem der Antragsteller nach Rechtshän­gigkeit der Scheidung (Stichtag für den Zugewinnausgleich) nicht beteiligt wird.

Die Antragsgegnerin kann die Zinserträge auch nicht vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BGH zu angemessenen Altersvorsorgeleistungen als Aufwendungen für ihre Altersvor­sorge abziehen. Denn sie hat bereits das Vermögen als solches für die Altersvorsorge eingesetzt, und damit mehr als 4 % ihres Vorjahresbruttoeinkommens. Der darüber hinausgehende Ein­satz auch der erzielten Zinseinkünfte stellt vor diesem Hinter­grund keine noch als angemessen zu bewertende Altersvorsorge

33 Z.B. die Cosmos LebensV AG.34 Vgl. OLG Brandenburg NZFam 2014, 1004 – im konkreten Fall war die

4 %-Grenze aber bereits anderweitig überschritten.35 Nach OLG Brandenburg NZFam 2014, 1004.36 BGH FamRZ 2006, 387 = FuR 2006, 180; FamRZ 2005, 1159, 1162 = FuR

2005, 361; OLG Karlsruhe OLGR 2009, 502.37 OLG Brandenburg FamRZ 2014, 219, vgl. bereits zuvor.38 BGH FamRZ 2013, 616 = FuR 2013, 274; OLG Brandenburg, Beschl. v.

27.11.2014 – 9 UF 140/13, FuR 2006, 523 = FamRZ 2006, 1396, 1398; OLG Stuttgart FamRZ 2006, 1850; Borth FPR 2004, 549, 552.

39 BGH FamRZ 2012, 956; FamRZ 2010, 1535 = FuR 2010, 637.40 BGH FamRZ 2000, 351, 354 = FuR 2000, 252; Büttner FamRZ 2004, 1918,

1923.

dar. Damit sind die realistischer Weise erzielbaren Zinsen auch aus der fest angelegten Summe als Einkünfte anzusetzen.«

Praxishinweis:

Wegen der Vielfalt möglicher Vorsorgeformen muss in jedem Falle zunächst geprüft werden, ob nicht bereits eine zusätzliche Altersvorsorge betrieben wird.

3. angemessenheit der ergänzenden altersvorsorgeDie ergänzende Vorsorge ist aus unterhaltsrechtlicher Sicht beachtlich, sofern der Vorsorgeaufwand insgesamt als ange-messen zu betrachten ist.

a) UnwirtschaftlichkeitRegelmäßig ist die Angemessenheit zu bejahen. Lediglich wenn die tatsächliche Anlage des Vermögens sich als eindeu-tig unwirtschaftlich darstellt, besteht im Allgemeinen eine Verpflichtung zur Umschichtung des Vermögens zur Erzie-lung höherer Einkünfte.36 Hier mag sogar der Altersvorsor-gezweck insgesamt in Frage stehen.37

b) MindestbedarfIst der notwendige Bedarf des Unterhaltsberechtigten ge-deckt, bestehen im Rahmen der Einkommensberechnung am Abzug einer zusätzlichen Altersvorsorge regelmäßig keine Be-denken. Ist dagegen der Notbedarf oder der Mindestunterhalt nicht gedeckt, hat dessen Deckung Vorrang vor der eigenen zusätzlichen Altersversorgung.38

c) altersgrenze

aa) altersgrenze erreichtRegelmäßig ist mit dem Eintritt in das Rentenalter der Le-bensabschnitt erreicht, für den mit Rücksicht auf die sinken-den Einkünfte Vorsorge getroffen worden ist. Dass trotzdem zu Lasten der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit wei-terhin Versorgungsrücklagen gebildet werden können, dürfte dann grundsätzlich zu verneinen sein. Hat also der Unter-haltspflichtige bereits das allgemeine Rentenalter erreicht, können von ihm weiter aufgewandte Versorgungsrücklagen in der Regel nicht zu Lasten der Unterhaltsberechtigten ab-gesetzt werden.39 Denn auch für den Unterhaltsberechtigten entfällt mit dem Erreichen des 65./67. Lebensjahres regelmä-ßig der Altersvorsorgeunterhaltsbedarf.40

Allerdings ist auch hier stets eine Angemessenheitsprüfung vorzunehmen. So kann ein über die Altersgrenze hinaus selbständig tätiger Unterhaltspflichtiger, dessen Einkom-men aus dieser Selbständigkeit weiterhin unterhaltsrechtlich

FuR 10 · 2015 569

aus der PraxisGötsche · Die zusätzliche Altersvorsorge im Familienrecht

berücksichtigt wird, auch noch für diese Zeit berechtigt sein Altersvorsorgerücklagen zu bilden.41 Soweit der Unterhalts-pflichtige aber seine Erwerbstätigkeit zurückfährt, besteht dann eine Verpflichtung, das angesparte Vorsorgekapital zweckgerichtet anzugreifen, um den Einkommensrückgang auszugleichen.42

bb) Vorzeitiger RuhestandUmgekehrt kann aber auch (u.U. deutlich) vor Erreichen der regulären Altersgrenze in den Ruhestand eingetreten werden. Ist der Unterhaltspflichtige vor Erreichen der gesetzlichen Al-tersgrenze in den Ruhestand getreten, können Aufwendun-gen für eine zusätzliche Altersversorgung je nach Einzelfall weiterhin abzugsfähig sein.43

Beispiel:44

Der Antragsgegner hat seine Erwerbstätigkeit im Alter von 60 Jahren beendet, ohne dass der Antragsteller ihm einen Verstoß gegen eine Erwerbsobliegenheit angelastet hätte. Im Hinblick auf das Ausscheiden aus dem Dienstverhält-nis kann er keine weiter gehende primäre Altersversorgung erlangen. Dann kann ihm aber nicht verwehrt werden, je-denfalls seine zusätzliche Altersvorsorge bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszubauen.

II. höhe des abzugesDie Höhe der anzuerkennenden Vorsorgeaufwendungen richtet sich nach dem Einkommen einerseits und der Art des Unterhaltsanspruchs andererseits.

1. BruttoerwerbseinkommenAnknüpfungspunkt ist das gesamte Jahresbruttoeinkom-men des Unterhaltspflichtigen/-berechtigten, dass dieser im Vorjahr erzielt hat.45

Nicht gefolgt werden kann in diesem Zusammenhang der Rechenweise, die bei der Ermittlung des zulässigen Alters-vorsorgeaufwandes nicht auf das Bruttoerwerbseinkommen, sondern auf das Gesamteinkommen abstellt. Denn die zu-sätzliche Altersvorsorge will das vormalige Erwerbseinkom-men absichern; daran orientieren sich beispielsweise auch die Fördersätze im AltZertG. Maßstab ist deshalb allein das Brutto-Vorjahresgesamterwerbseinkommen46 (Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit), nicht dagegen solcher Nichterwerbseinkünfte wie Wohnvorteil, Mieteinkünfte,47 Zinseinkünfte.

2. Prozentuale höheIn der Höhe sind unterhaltsrechtlich beim Elternunterhalt bis zu 5 % des Vorjahresbruttoerwerbseinkommens48 und im Übrigen bis zu 4 % des Vorjahresbruttoerwerbseinkom-mens49 anzuerkennen.

Diese Grundsätze gelten für Selbständige wie auch für Nichtselbständige, die deshalb bis zu 24 % (bzw. 25 % im Elternunterhalt) ihres Bruttoerwerbseinkommens für die Al-tersvorsorge abziehen können.

41 OLG Hamm NZFam 2014, 30; Viefhues in: jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 1361 BGB Rn. 326.

42 OLG Hamm NZFam 2014, 30; Viefhues in: jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 1361 BGB Rn. 326.

43 BGH FamRZ 2010, 1535 = FuR 2010, 637.44 BGH FamRZ 2010, 1535 = FuR 2010, 637.45 BGH FamRZ 2006, 387, 389 = FuR 2006, 180; OLG Hamm FamRZ 2009,

981, 984.46 OLG Hamm FamRZ 2014, 777.47 A.A. OLG Hamm FamRZ 2009, 981.48 BGH FamRZ 2006, 1511 = FuR 2006, 513.49 BGH FamRZ 2005, 1817 = FuR 2005, 555.50 Auszug aus OLG Hamm FamRZ 2014, 777 – Ehegattenunterhalt.51 Wendl/Dose/Gerhardt, § 1 Rn. 1033; dieser geht sogar von rd. 20 % aus.52 OLG Frankfurt FamRZ 2011, 304.53 Hinweis: Genau genommen ist allerdings auf das Gesamtbruttovorjahresein-

kommen abzustellen.

Beispiel:50

Der R ist selbständiger RA.

Bruttogesamteinkommen RA-Tätigkeitvon 2008 bis 2011 495.635,55 €.nachgewiesene Altersvorsorgeaufwen-dungenvon 2008 bis 2011 5.472,96 €.

Verhältnis Vorsorgeaufwendungen

zu Gesamteinkommen 1 %Verbleiben für zusätzliche Altersvorsorge 23 %23 % des Bruttoerwerbseinkommens ergeben

113.996,18 €.

und damit einen jährlichen Betrag von 28.499,04 €.

Dies sollte für Nichtselbständige bei Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversi-cherung berücksichtigt werden. Liegt das Einkommen des Unterhaltspflichtigen über der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung, ist ihm für den überschie-ßenden Betrag eine primäre Versorgung für das Alter in Höhe des Beitragssatzes51 (zzgl. der 4 % ergänzende Altersversor-gung)52 zuzubilligen.

Beispiel:

M verdient 80.000 € brutto im Jahr 2015. Er darf deshalb geltend machen:

seine Pflichtversicherungsbeiträge zur GRV rd. 19 % Altersvorsorgeaufwendungen auf 7.400 €

(80.000 € – 72.600 €) 4 % ergänzende Altersvorsorge auf 80.000 €.53

(Der Beitrag wird in der nächsten Ausgabe der FuR fortgesetzt)

FuR 10 · 2015570

aus der Praxis Volker · Ausbildungsunterhalt – rund um das Studium

ausbildungsunterhalt – rund um das StudiumVon �Mathias Volker, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht, Celle

I. EinleitungDer aus § 1610 Abs. 2 BGB

»§ 1610 Maß des Unterhalts

(1) (…)

(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf ein-schließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.«

folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer an-gemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leis-tungswillen entsprechenden Berufsausbildung ist vom Ge-genseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung des Unter-haltsschuldners auf Ermöglichung einer Berufsausbildung steht auf Seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Zwar muss der Verpflichtete nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Verzö-gerungen der Ausbildungszeit hinnehmen, die auf ein vorü-bergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen sind. Verletzt dieses aber nachhaltig seine Obliegenheit, die Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durch-zuführen, büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen.1 Im Folgenden sollen die Besonderheiten beleuchtet werden, die sich unter Berück-sichtigung der eben genannten Umstände nach Abschluss der allgemeinen Schulausbildung, für die eine Unterhaltsbedürf-tigkeit nach der eingangs genannten Vorschrift außer Frage steht,2 rund um das Studium ergeben.

II. Orientierung nach SchulabschlussAus dem Gegenseitigkeitsverhältnis folgt zunächst die Ob-liegenheit des Kindes, das Studium in angemessener Zeit aufzunehmen. Auch ein Schulabgänger muss auf die Be-lange des Unterhaltspflichtigen Rücksicht nehmen und sich in angemessener Zeit darüber klar werden, welche Ausbil-dungsmöglichkeiten ihm nach seinem jeweiligen Schul-abschluss zur Verfügung stehen. Er muss sich alsbald um einen Studienplatz bemühen und das Studium zielstrebig beginnen. Zwar ist einem jungen Menschen eine gewisse Orientierungsphase zuzugestehen, deren Dauer von Fall zu Fall unterschiedlich ist und sich jeweils nach Alter, Entwick-lungsstand und den gesamten Lebensumständen richtet. Je älter er indessen bei Schulabgang ist und je eigenständiger er seine Lebensverhältnisse gestaltet, desto mehr tritt an die Stelle der Elternverantwortung die Eigenverantwortung für seinen Berufs- und Lebensweg. Selbst wenn er bisher noch keine Berufsausbildung erfahren hat, kann eine lange Verzö-gerung dazu führen, dass sein Ausbildungsanspruch entfällt und er sich daher seinen Lebensunterhalt mit ungelernten Tätigkeiten oder aufgrund sonstiger Begabung und Fertig-keiten verdienen muss.3

Allerdings gibt es keine feste Altersgrenze für die Aufnah-me eines Studiums, ab deren Erreichen der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt entfällt. Die Frage, bis wann es dem

Unterhaltsberechtigten obliegt, seine Ausbildung aufzuneh-men, richtet sich vielmehr nach den Umständen des Einzel-falls. Maßgeblich ist, ob den Eltern unter Berücksichtigung aller Umstände die Leistung von Ausbildungsunterhalt in den Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit noch zumutbar ist.4 Durch § 2 Abs. 2 Nr. 2 BKGG erkennt die Rechtsordnung eine Berufsausbildung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres unabhängig von ihrer Art als grund-sätzlich förderungswürdig an.

Subjektive Beeinträchtigungen des Unterhaltsberechtig-ten, die diesem nicht vorwerfbar sind, wie etwa eine psy-chische Erkrankung, können die verzögerte Aufnahme eines Studiums rechtfertigen.5 Gestörte häusliche Verhältnisse wirken sich nach der Lebenserfahrung vielfach nachteilig auf die schulische und sonstige Entwicklung eines Kindes aus und können im Einzelfall auch zu Verunsicherungen und mangelndem Selbstvertrauen führen.6

Andererseits mutet § 1610 Abs. 2 BGB den Eltern nicht zu, sich gegebenenfalls nach Ablauf mehrerer Jahre, in denen sie nach den schulischen Ergebnissen und dem bisherigen Werdegang des Kindes nicht mehr mit der Aufnahme eines Studiums rechnen mussten, einem Ausbildungsanspruch des Kindes ausgesetzt zu sehen.7 Dabei kann auch ins Ge-wicht fallen, dass es sich um Zeiträume handelt, in denen steuerliche Erleichterungen, Kindergeld oder kindbezogene Gehaltsbestandteile aufgrund des fortgeschrittenen Alters des Kindes unabhängig von seinem Ausbildungsstand wegfallen.8

1 BGH, Beschl. v. 03.07.2013 – XII ZB 220/12, FuR 2013, 708 = FamRZ 2013, 1375 Rn. 14 und Urt. v. 29.06.2011 – XII ZR 127/09, FuR 2011, 633 = FamRZ 2011, 1560, Rn. 15 sowie v. 04.03.1998 – XII ZR 173/96, FuR 1998, 216 = FamRZ 1998, 671.

2 BGH, Urt. v. 31.10.2007 – XII ZR 112/05, FuR 2008, 92 = FamRZ 2008, 137 Rn. 15 und Urt. v. 17.05.2006 – XII ZR 54/04, FuR 2006, 361 = FamRZ 2006, 1100, 1101; OLG Köln, Beschl. v. 30.07.2012 – II-4 UF 49/12, Fam-RZ 2013, 795.

3 BGH, Beschl. v. 03.07.2013 a.a.O. Rn. 15 und Urt. v. 29.06.2011 – XII ZR 127/09, a.a.O. Rn. 16. hingegen: unangemessene Verzögerung der Ausbil-dungsaufnahme; BGH, Urt. v. 04.03.1998 – XII ZR 173/96, a.a.O. Rn. 13 mit folgendem Sachverhalt: 1980 Mittlere Reife, Wechsel auf ein Gymnasium, im April 1982 ohne Abschluss abgegangen. In der Folgezeit bis September 1983 teils erwerbstätig, teils arbeitslos. Von Oktober 1983 bis Januar 1985 Zi-vildienst. Danach wechselnde Zeiten der Erwerbstätigkeit, der Arbeitslosigkeit und des Bezugs von Sozialhilfe. Februar 1986 bis Januar 1989 am Abendgym-nasium Abitur mit der Durchschnittsnote 2,3. Ab März 1989 Studium der Sozialwissenschaften mit dem Berufsziel »Journalist«.

4 BGH, Beschl. v. 03.07.2013 – XII ZB 220/12, a.a.O. Rn. 16 und Urt. v. 29.06.2011 – XII ZR 127/09, a.a.O. Rn. 17.

5 BGH, Beschl. v. 03.07.2013 – XII ZB 220/12, a.a.O. Rn. 17 und Urt. v. 29.06.2011 – XII ZR 127/09, a.a.O. Rn. 18; KG, Beschl. v. 10.06.2015 – 13 UF 12/15, JurionRS 2015, 19369.

6 BGH, Urt. v. 14.03.2001 – XII ZR 81/99, FuR 2001, 322 = FamRZ 2001, 757 Rn. 23.

7 Vgl. dazu: OLG Jena, Beschl. v. 17.08.2012 – 1 UF 219/12, FamRZ 2013, 890 Rn. 64-66: kein Anspruch mehr nach fast dreijähriger »Pause« bis zur Aufnahme einer Ausbildung und OLG Koblenz, Beschl. v. 28.03.2012 – 13 UF 1081/11, FamFR 2013, 105 Rn. 30: Anspruch bei Aufnahme einer Aus-bildung drei Jahre nach Schulabschluss.

8 BGH, Beschl. v. 03.07.2013 – XII ZB 220/12, a.a.O. Rn. 18 und Urt. v. 04.03.1998 – XII ZR 173/96, a.a.O.

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Jedoch kann dem Kind ein schulisches Versagen während seiner Minderjährigkeit (Wiederholen einer Klasse) nicht vorgeworfen werden.9 Umzugsbedingte Beeinträchtigungen in der Schullaufbahn gehen ebenfalls nicht zu Lasten des Kindes.10

Bewerber mit schwächerer Qualifikation mögen verstärkt da-rauf angewiesen sein, durch Motivation und Interesse an dem Berufsbild zu überzeugen, was auch durch vorgeschaltete Berufsorientierungspraktika oder mittels eines Einstiegs über eine (zunächst) ungelernte Aushilfstätigkeit gelingen kann.11 Eine etwa einjährige Dauer dieser Phase wird vom BGH noch nicht als unangemessen lang angesehen.12

Die Absolvierung eines freiwilligen sozialen Jahres im Rah-men einer Gesamtausbildung zu einem Beruf ist ebenfalls als angemessener Ausbildungsschritt anzusehen.13 Dies gilt auch, wenn bei Beginn dieses Ausbildungsabschnitts noch nicht feststeht, ob die Ausbildung später tatsächlich in ei-nen sozialen Beruf münden und das freiwillige soziale Jahr sich somit konkret »auszahlen« wird. Es spricht viel dafür, dass das freiwillige soziale Jahr schon deshalb grundsätzlich als angemessener Ausbildungsabschnitt angesehen werden kann, weil es geeignet ist, die Bildungsfähigkeit Jugendlicher zu fördern und ihre Chancen auf dem allgemeinen Arbeits-markt nach Abschluss ihrer Ausbildung zu verbessern. Hinzu kommt, dass die pädagogisch begleitete praktische Tätigkeit in einer sozialen Einrichtung auch geeignet ist, den Jugend-lichen Klarheit darüber zu verschaffen, ob sie sich für einen sozialen Beruf eignen.14 Nach § 1 des Gesetzes zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten (Jugendfreiwilligendienstege-setz – JFDG) fördern diese die »Bildungsfähigkeit« der Ju-gendlichen. Das freiwillige soziale Jahr wird zwar weiterhin als überwiegend praktische Hilfstätigkeit in gemeinwohlori-entierten Einrichtungen geleistet. Es wird aber ausdrücklich im Gesetz hervorgehoben, dass die ausgeübte Tätigkeit »an Lernzielen orientiert« ist. Außerdem wird die – weiterhin vorgesehene – pädagogische Begleitung der Tätigkeit von einer zentralen Stelle eines zugelassenen Trägers sicherge-stellt, womit das Ziel verfolgt wird, »soziale, kulturelle und interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln und das Verant-wortungsbewusstsein für das Gemeinwohl zu stärken« (§ 3 des Gesetzes). Noch stärker kommt der Ausbildungszweck in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck: So wird in der Gesetzesbegründung der Bundesregierung hervorgehoben, dass die Jugendfreiwilligendienste »Orte informeller Bildung« sind und dass die Freiwilligen »neben beruflicher Orientie-rung und Arbeitserfahrung wichtige personale und soziale Kompetenzen (erwerben), die als Schlüsselkompetenzen auch die Arbeitsmarktchancen verbessern können«.15 Der Jugend-freiwilligendienst wird als »ein an Lernzielen ausgerichteter Bildungsdienst« angesehen.16 Auch in der Stellungnahme des Bundesrats wird betont, die Freiwilligendienste dienten der Verbesserung sozialer Kompetenzen sowie der Förderung der Bildungs- und Beschäftigungsfähigkeit. Der Schwerpunkt der Durchführung dieser Maßnahme liege auf der Jugendbil-dung.17 In den Ausschussberatungen wurde als Ziel der neuen Regelungen genannt, den Freiwilligendienst stärker als Lern-dienst auszugestalten und die Selbstbestimmung, die Selbst-verantwortung und das Selbstbewusstsein junger Menschen zu stärken sowie die beruflichen Chancen gerade von benach-teiligten Jugendlichen (z.B. mit Migrationshintergrund) zu verbessern.18 Diese Ziele fanden ihren Niederschlag in den

letztlich Gesetz gewordenen Beschlüssen des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.19

Praxishinweis:

In vielen Verfahren, in denen Ausbildungsunterhalt geltend gemacht wird, finden sich »Lücken« in der Darstellung des Lebenslaufs, die wiederum Anlass zu Zweifeln an einem ziel-gerichteten Ausbildungsgang geben. Solche Lücken sollten in der Sachdarstellung unbedingt vermieden werden; regel-mäßig finden sich aus dem Bereich vorstehend dargestellter Kriterien Sachverhalte, die Unterbrechungen erklären.

Dies gilt insb. für Umstände, die der Vorbereitung des Studiums dienlich sind, wie etwa der Erwerb von berufs-bezogenen Vorkenntnissen, insb. Sprachkenntnissen oder aber Wartezeiten zur Verbesserung der Aussichten auf den Erhalt eines Studienplatzes, die mit ausbildungsrelevanten Tätigkeiten »gefüllt« werden.

III. abitur – lehre – Studium – FälleAuch Fälle, in denen zwischen Abitur und Studium noch eine Lehre absolviert wird, können eine angemessene Vorbildung zu einem Beruf i.S.d. § 1610 Abs. 2 BGB darstellen.

1. Verändertes ausbildungsverhaltenIm Jahr 1989 hat der BGH ein verändertes Ausbildungsver-halten wahrgenommen. Diese Veränderung war einerseits gekennzeichnet durch einen allgemeinen Rückgang der Stu-dierneigung und eine damit verbundene verstärkte Hinwen-dung der Studienberechtigten zu praktischer beruflicher Aus-bildung. Ein beabsichtigtes oder erwogenes Studium wurde immer seltener unmittelbar an den Erwerb der Hochschulrei-fe angeschlossen, stattdessen wurde zunächst eine praktische Berufsausbildung aufgenommen. Immer mehr Studienbe-rechtigte, die ein Studium für ihren beruflichen Weg nicht von vornherein ausschlossen, wollten sich zunächst durch eine Berufsausbildung eine sichere Lebensgrundlage schaffen. Eine Kombination von Berufsausbildung und Studium wurde von den Studienberechtigten ganz überwiegend als der beste Ausbildungsweg angesehen. Demgemäß trat neben den her-kömmlichen Ausbildungsweg (Schule – Abitur – Studium) in zunehmendem Maße die Alternative, dass die Studienberech-tigten nach dem Schulabschluss zunächst eine praktische be-rufliche Ausbildung absolvierten und erst danach ein Studium aufnahmen (sog. Abitur – Lehre – Studium – Fälle).

2. Enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang des ausbildungsgangsDiese Entwicklung zu einem eigenen und durchgängigen Bildungsweg führt dazu, letzteren auch unterhaltsrechtlich

9 BGH, Beschl. v. 05.11.1997 – XII ZR 20/96, FamRZ 1998, 367, 370.10 BGH, Beschl. v. 03.07.2013 – XII ZB 220/12, a.a.O. Rn. 20.11 BGH, Beschl. v. 03.07.2013 – XII ZB 220/12, a.a.O. Rn. 22.12 BGH, Urt. v. 14.03.2001 – XII ZR 81/99, a.a.O. Rn. 15.13 BGH, Urt. v. 29.06.2011 – XII ZR 127/09, a.a.O. Rn. 24.14 OLG Celle, Beschl. v. 06.10.2011 – 10 WF 300/11, FamRZ 2012, 995

Rn. 11; OLG Hamm, Beschl. v. 08.01.2015 – 1 WF 296/14, FamRZ 2015, 1200 Rn. 15.

15 BT-Drucks. 16/6519 S. 11.16 BT-Drucks. 16/6519 S. 12.17 BT-Drucks. 16/6967 S. 3 f.18 BT-Drucks. 16/8256 S. 21.19 OLG Celle, Beschl. v. 06.10.2011 – 10 WF 300/11, a.a.O. Rn. 10.

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insgesamt als einen Ausbildungsgang zu werten, der dem Studienberechtigten neben der herkömmlichen Ausbildung offen steht. Dabei muss jedoch die Einheitlichkeit, die das Gesetz in § 1610 Abs. 2 BGB in dem Merkmal der Vorbil-dung zu einem Beruf grundsätzlich voraussetzt, insoweit gewahrt sein, als die einzelnen Abschnitte in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen müssen. Praktische Ausbildung und Studium müssen derselben Be-rufssparte angehören oder jedenfalls so zusammenhängen, dass das eine für das andere eine fachliche Ergänzung, Wei-terführung oder Vertiefung bedeutet oder dass die praktische Ausbildung eine sinnvolle Vorbereitung auf das Studium dar-stellt. Der zeitliche Zusammenhang erfordert, dass der Aus-zubildende nach dem Abschluss der Lehre das Studium mit der gebotenen Zielstrebigkeit aufnimmt.20

Übt er im Anschluss an die Lehre den erlernten Beruf aus, obwohl er mit dem Studium beginnen könnte, und wird der Entschluss zum Studium auch sonst nicht erkennbar, so wird der Zusammenhang und damit die Einheitlichkeit des Aus-bildungsganges aufgehoben.

Dass der Studienentschluss nicht von vornherein, sondern erst nach Beendigung der Lehre gefasst wird, steht der Ein-heitlichkeit dagegen nicht entgegen. Es entspricht gerade der Eigenart dieses Bildungsweges, dass die praktische Ausbil-dung vielfach aufgenommen wird, ohne dass sich der Aus-zubildende bereits endgültig schlüssig ist, ob er es bei dieser Ausbildung bewenden lassen oder nach deren Abschluss ein Studium anschließen soll. Dieser Besonderheit würde es nicht gerecht, wenn die Einheitlichkeit des Ausbildungsganges da-von abhinge, dass das Studium bereits von Anfang an geplant war. Dadurch würde der Auszubildende überfordert. Deshalb muss es ausreichen, wenn er seine Entscheidung sukzessive mit dem Erreichen der jeweiligen Ausbildungsstufe trifft und den Entschluss zur Weiterführung der Ausbildung durch ein Studium nach der Beendigung der praktischen Ausbildung fasst.21 Nimmt der Berechtigte zwischenzeitlich jedoch eine andersartige Ausbildung auf, kann er seine ursprüngliche Ab-sicht aufgegeben haben, so dass der notwendige Zusammen-hang entfallen ist.22

3. Fallbeispiele zum sachlichen ZusammenhangBanklehre und Studium der Rechtswissenschaft stehen in einem engen sachlichen Zusammenhang. Sie gehören zwar nicht derselben Berufssparte an. Die praktische Ausbildung zum Bankkaufmann ist aber eine sinnvolle und nützliche Vorbereitung auf das Studium der Rechtswissenschaft. Die Ausbildung zum Bankkaufmann nutzt dem Juristen im Stu-dium wie auch bei der späteren Berufsausübung in vielfäl-tiger Weise. Schon der Erwerb der während der Banklehre vermittelten wirtschaftlichen Kenntnisse verschafft dem Absolventen der Lehre Vorteile in einem anschließenden Jurastudium, wobei es nicht darauf ankommt, ob und in-wieweit die Ausbildungsordnungen die Teilnahme an volks- und betriebswirtschaftlichen Lehrveranstaltungen vorsehen. Zudem führt die Einführung in die typischen Bankgeschäf-te einer Universalbank notwendig zu einer solchen Vielzahl rechtlicher Einsichten in die Bereiche etwa des Darlehens- und des Kreditsicherungsrechts, des Wertpapier- und des Gesellschaftsrechts, des Konkurses und des Vergleichsver-fahrens sowie der Zwangsvollstreckung, dass die Bankleh-re auch deshalb weithin und zu Recht als eine sinnvolle

Vorbereitung auf das rechtswissenschaftliche Studium an-gesehen wird.23

Hingegen besteht zwischen dem Studium der Rechtswis-senschaft und einer vorausgegangenen Lehre zum Spe-ditionskaufmann kein enger sachlicher Zusammenhang. Weder gehören beide Ausbildungsgänge derselben Berufs-sparte an, noch kann davon ausgegangen werden, dass die Lehre eine sinnvolle Vorbereitung auf das Studium darstellt. Das Jurastudium stellt für einen Speditionskaufmann keine fachliche Ergänzung, Weiterführung oder Vertiefung seiner Ausbildung dar. Berührungspunkte über das Handelsrecht oder die im Rahmen des Studiums geforderte Beschäftigung mit der Volkswirtschaftslehre begründen eine solche Annah-me nicht, da vielfältige Bereiche der modernen Industriege-sellschaft einen irgendwie gearteten Zusammenhang mit der Rechtswissenschaft hätten. Der Schwerpunkt des Berufs des Speditionskaufmanns liegt nicht auf rechtlichem, sondern auf kaufmännischem und technischem Gebiet.24

Ebenso hat die Ausbildung zum Industriekaufmann eine wesentlich andersartige Wissensvermittlung zum Gegenstand als das Studium des Maschinenbaus. Durch das technische Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelnde Studium des Ma-schinenbaus werden das bei der kaufmännischen Lehre er-worbene Wissen und in diesen Bereich fallende Fähigkeiten nicht ergänzt, weitergeführt oder vertieft. Der Schwerpunkt des Berufs des Industriekaufmanns liegt im kaufmännischen Bereich, der des Maschinenbauingenieurs hingegen auf tech-nischem Gebiet.25

Auch für das Studium der Volkswirtschaftslehre nach einer zweijährigen Ausbildung bei einem »FTO Fachinstitut« (»FTO« für: Fremdsprachen, Textverarbeitung, Organisa-tion) zur »Europasekretärin« hat der BGH den sachlichen Zusammenhang verneint. Die in der Ausbildung vermittelten Fremdsprachenkenntnisse mögen für ein späteres Studium und den weiteren beruflichen Werdegang eines Auszubilden-den hilfreich sein; sie reichen für sich genommen aber nicht aus, um einen engen Zusammenhang der die Fremdspra-chenkenntnisse vermittelnden Ausbildung zu später aufge-nommenen und nicht artverwandten Studiengängen zu be-gründen. Dies gilt insb. dann, wenn nicht erkennbar ist, dass die wirtschaftlich orientierten Lerngebiete der Ausbildung, die speziell auf das Berufsbild einer Sekretärin zugeschnit-ten sind, nach Qualität, Umfang und Intensität der Wis-sensvermittlung als Grundlegung für ein späteres Studium

20 BGH, Urt. v. 23.05.2001 – XII ZR 148/99, FuR 2001, 529 = FamRZ 2001, 1601 Rn. 17 verneint für eine im September 1990 abgeschlossene Ausbildung und dem erst im Oktober 1992 – nach rund zweijähriger Berufstätigkeit als Sekretärin – aufgenommenen Studium.

21 BGH, Urt. v. 07.06.1989 – IVb ZR 51/88, BGHZ 107, 376-384, FamRZ 1989, 853 Rn. 13/14.

22 BGH, Urt. v. 17.05.2006 – XII ZR 54/04, a.a.O. Rn. 30 für folgenden Sach-verhalt: Sommer 1993 Realschulabschluss. Von 1993 bis 1995 Maurerlehre. Bis 1998 Fachoberschule mit Fachhochschulreife. Anschließend Zivildienst. 1999 Aufnahmeprüfung für den gehobenen Polizeidienst bestanden und ein-getreten. Aufgabe der Ausbildung zum Jahreswechsel 2001/2002, nachdem die Zwischenprüfung zweimal nicht bestanden wurde. Bis September 2002 arbeitslos. Seit Oktober 2002 Studium der Architektur.

23 BGH, Urt. v. 23.10.1991 – XII ZR 174/90, FamRZ 1992, 170 Rn. 17.24 BGH, Urt. v. 20.05.1992 – XII ZR 131/91, FuR 1992, 369 = FamRZ 1992,

1407 Rn. 8.25 BGH, Urt. v. 12.05.1993 – XII ZR 18/92, FuR 1993, 290 = FamRZ 1993,

1057 Rn. 15-17.

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der Volkswirtschaftslehre geeignet und – auch unter dem Ge-sichtspunkt der finanziellen Lasten, die eine dem Studium vorgeschaltete entgeltpflichtige Ausbildung an einer privaten Schule mit sich bringt – sinnvoll und dem Unterhaltspflich-tigen als Vorstufe zum Studium zumutbar sind.26

Als weitere Fallbeispiele sind zu nennen:

a) Bestehender Zusammenhang

technische Informatik – Medieninformatik27

Banklehre – BWL-Studium28

Bauzeichner – Studium der Architektur29

Ausbildung zur Gestaltungstechnischen Assistentin für Grafik-Design – Pädagogikstudium mit Schwerpunkt Kunst (Lehramtsstudium Primarstufe)30

b) Fehlender Zusammenhang

Ausbildung zum Industriekaufmann – Studium der Me-dizin31

Finanzverwaltung – Studium der Psychologie32

Maurerlehre – Studium der Architektur33

Praxishinweis:

In der Praxis steht der sachliche Zusammenhang zwischen Lehre und Studium im Kern des Streits. Es empfiehlt sich deshalb, nicht nur pauschal die jeweiligen Fachrichtungen von Lehre und Studium mitzuteilen, sondern den sachli-chen Zusammenhang anhand der Lehr- und Studieninhalte aufzuzeigen. Dazu sollten einerseits die während der Lehr-zeit erhaltenen Zeugnisse einschließlich dort erworbener Zusatzqualifikationen vorgelegt, andererseits die ohne wei-teres aus den Internetauftritten der Hochschulen erhältli-chen Beschreibungen der Studiengänge einschließlich z. B. der dort zu belegenden Vorlesungen, Seminare, Übungen bzw. der zu erwerbenden Schlüsselkompetenzen dargetan werden. Ergänzend bietet sich an, Begabungen und Neigun-gen ergänzend durch das Abiturzeugnis inkl. aller belegten Oberstufenkurse auszuführen.34

IV. Realschule – lehre – Fachoberschule –Fachhochschule – FälleDie zur Konstellation Abitur – Lehre – Studium entwickel-ten Grundsätze sind auf diese Fallgruppe nicht anwendbar. Auszugehen ist nämlich von dem Grundsatz, dass die Eltern nicht für die Kosten einer zweiten oder weiteren Ausbil-dung herangezogen werden können, wenn sie ihre Unter-haltspflicht durch Finanzierung einer begabungsgerechten abgeschlossenen Berufsausbildung in rechter Weise erfüllt haben. Dahinter steht der Gedanke, dass die Reichweite der Unterhaltspflicht der Eltern von der Frage mitbestimmt wird, inwieweit sie damit rechnen müssen, dass ihr Kind nach ei-nem Schulabschluss und einer zu Ende geführten, in sich ge-schlossenen Berufsausbildung noch eine berufsqualifizierende Ausbildung – gegebenenfalls über weitere Ausbildungsstufen hinweg – anstreben werde. Die Belange der Unterhaltspflich-tigen dürfen dabei nicht unberücksichtigt bleiben. Denn die Eltern müssen sich in ihrer eigenen Lebensplanung in etwa darauf einstellen können, wie lange sie mit einer Unterhalts-last zu rechnen haben. Vor diesem Hintergrund ergeben sich wesentliche Unterschiede zwischen den beiden Ausbil-dungsvarianten Abitur – Lehre – Studium einerseits und

mittlere Reife – Lehre – Fachoberschule – Fachhochschule andererseits, die es rechtfertigen, jeweils auf andere Kriterien abzustellen. Während der Abiturient insb. in der Oberstufe mehr an das theoretische Denken herangeführt und damit auf das Hochschulstudium vorbereitet wird, gewährt der Realschulabschluss dem Absolventen eine Vorbildung, die Grundlage für eine praxisorientierte Berufsausbildung sein kann. Hat ein Kind auf dem herkömmlichen schulischen Weg das Abitur und damit die Zugangsberechtigung zum Studium erlangt, müssen die Eltern regelmäßig von vornherein mit ei-ner Hochschulausbildung rechnen. Aufgrund des allgemein geänderten Ausbildungsverhaltens der Abiturienten müssen sie sich dabei allerdings vergegenwärtigen, dass eine praktische Ausbildung vorgeschaltet und der Entschluss zu dem fachlich darauf aufbauenden Studium erst anschließend gefasst wird. Eine solche Vorausschau ergibt sich demgegenüber nicht ohne weiteres in den Fällen, in denen ein Kind, nachdem es auf-grund seiner Fähigkeiten und seines Leistungswillens einen Haupt- oder Realschulabschluss erreicht hat, im Anschluss an eine Lehre zunächst durch Wiederaufnahme einer schulischen Ausbildung die Fachhochschulreife zu erlangen sucht, um als-dann ein Fachhochschulstudium anzuschließen.35

Die Grundsätze sind danach jedenfalls dann nicht übertrag-bar, wenn die Lehre der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen ent-sprach und damit – für sich betrachtet – eine angemessene Berufsausbildung war36 und nicht schon bei Beginn der Lehre ein Studium angestrebt und dieser Plan mit dem Unterhalts-pflichtigen abgestimmt gewesen ist.37 Anhaltspunkte dafür können sich etwa aus der bisherigen schulischen Entwicklung ergeben oder auch in der anschließenden Lehre zeigen, indem sie eine deutliche Begabung, insb. in theoretischer Hinsicht, für einen Fachbereich und für eine Weiterbildung auf diesem Gebiet erkennen lassen.38

Selbst wenn sich auch insoweit ein allgemein geändertes Aus-bildungsverhalten feststellen ließe und sich etwa ergäbe, dass

26 BGH, Urt. v. 23.05.2001 – XII ZR 148/99, a.a.O. Rn. 16.27 OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.01.2011 – 10 UF 161/10, FuR 2011, 333 =

FamRZ 2011, 1067.28 OLG Bremen, Urt. v. 17.02.1989 – 5 UF 129/88, FamRZ 1989, 892.29 BGH, Urt. v. 07.06.1989 – IVb ZR 51/88, a.a.O.30 OLG Köln, Urt. v. 21.01.2003 – 4 UF 148/02, FamRZ 2003, 1409-1411.31 BGH, Urt. v. 12.06.1991 – XII ZR 163/90, FamRZ 1991, 1044.32 BGH, Urt. v. 10.12.1980 – IVb ZR 546/80, FamRZ 1981, 344-346.33 BGH, Urt. v. 17.05.2006 – XII ZR 54/04, a.a.O. Rn. 25.34 Vgl. dazu ausführlich OLG Celle, Beschl. v. 18.04.2013 – 17 UF 17/13, FuR

2013, 469 = NJW 2013, 2688.35 BGH, Urt. v. 17.05.2006 – XII ZR 54/04, a.a.O. Rn. 16-18 und v.

30.11.1994 – XII ZR 215/93, FamRZ 1995, 416 Rn. 12/13; OLG Hamm, Beschl. v. 28.03.2012 – 3 WF 114/11, FamRZ 2012, 1401.

36 Mit anderem Ergebnis im Fall BGH, Urt. v. 06.02.1991 – XII ZR 56/90, FamRZ 1991, 931.

37 BGH, Urt. v. 17.05.2006 – XII ZR 54/04, a.a.O., v. 30.11.1994 – XII ZR 215/93, a.a.O. Rn. 14 und v. 10.10.1990 – XII ZR 111/89, FamRZ 1991, 320, Rn. 14/15: In dem vom BGH hier entschiedenen Fall erwarb der Be-rechtigte nach dem Besuch von Haupt- und Berufsschule Ende Juni 1977 den Sekundarabschluss I. Sodann absolvierte er eine 2-jährige Lehre als Bü-rokaufmann und war nach deren Abschluss im Juli 1979 bis einschließlich März 1980 bei seinem Ausbildungsbetrieb als Bürokaufmann tätig. Von April 1980-Juli 1981 leistete er zivilen Ersatzdienst. Im Anschluss daran besuchte er bis Juni 1982 eine Fachoberschule und erwarb dort die Fachhochschulreife. Ab Wintersemester 1982/83 studierte er an einer Fachhochschule, Fachbe-reich Sozialarbeit und Sozialpädagogik, und beendete sein Studium im Februar 1986 als Diplom-Sozialarbeiter mit der Durchschnittsnote 1,8.

38 BGH, Urt. v. 17.05.2006 – XII ZR 54/04, a.a.O. Rn. 19.

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Kinder mit Realschulabschluss in zunehmendem Maße nach einer praktischen Ausbildung die Fachoberschule besuchen und alsdann studieren, müsste die Einheitlichkeit der Aus-bildung weiterhin verneint werden, wenn die schulische Aus-bildung (zunächst) scheitert und beim Eintritt in die prakti-sche Berufsausbildung weder die Absicht besteht, nach deren Abschluss die Fachoberschule zu besuchen und zu studieren, noch sonst nach der erkennbar gewordenen Begabung oder nach der Leistungsbereitschaft und dem Leistungsverhalten des Kindes eine entsprechende Weiterbildung nach Abschluss der Lehre zu erwarten steht. Hier braucht der Unterhalts-pflichtige nicht damit zu rechnen, nach dem Abschluss der berufsqualifizierenden praktischen Ausbildung des Kindes zu weiteren Unterhaltsleistungen herangezogen zu werden.39

Praxishinweis:

In den eben beschriebenen Konstellationen ist noch in Be-tracht zu ziehen, dass der Pflichtige eine »echte« Zweitaus-bildung zu finanzieren hat. Dies kann dann der Fall sein, wenn bislang eine angemessene Ausbildung noch nicht ge-währt worden ist.40

Wird mit einer bislang nicht begabungsgerechten »Erstaus-bildung« argumentiert, sind die Begabungen anhand von Leistungsnachweisen aus der schulischen Ausbildung und der Lehre darzutun. Oftmals finden sich Gründe für eine nicht begabungsgerechte Erstausbildung auch im persönli-chen Werdegang bzw. Umfeld des Unterhalt begehrenden Kindes (siehe dazu oben II.)

V. Bachelor- und MasterstudiengängeMit der Gemeinsamen Erklärung der Europäischen Bildungs-minister vom 19.06.1999 über den Europäischen Hoch-schulraum (sog. Bologna-Erklärung) wurde zum Zweck der Förderung der europäischen Hochschulen unter anderem ein System begründet, das die Hochschulausbildung im Wesent-lichen auf zwei Hauptzyklen stützt: einen Zyklus bis zum ersten Abschluss (undergraduate) und einen Zyklus nach dem ersten Abschluss (graduate). Regelvoraussetzung für die Zulassung zum zweiten Zyklus ist der erfolgreiche Abschluss des ersten Studienzyklus, der mindestens drei Jahre dauert. Der nach dem ersten Zyklus erworbene Abschluss attestiert eine für den europäischen Arbeitsmarkt relevante Qualifika-tionsebene. Der zweite Zyklus sollte mit dem Master und/oder der Promotion abschließen. In Deutschland obliegt die Umsetzung der Reformen Bund, Ländern und Hochschulen im Rahmen ihre jeweiligen Zuständigkeiten. Sie findet Nie-derschlag in § 19 Hochschulrahmengesetz (HRG), in dessen Abs. 1 den Hochschulen die Einrichtung von Studiengängen ermöglicht wird, die zu einem Bachelor- und einem Master-grad führen. Die Regelstudienzeit bis zum Erreichen des be-rufsqualifizierenden Bachelorgrades beträgt mindestens drei und höchstens vier Jahre (§ 19 Abs. 2 HRG), die bis zum Erreichen des Weiteren berufsqualifizierenden Mastergrads mindestens ein und höchstens zwei Jahre.

Die Umstellung auf die gestuften Studiengänge ist mit Aus-nahme der staatlich geregelten Studiengänge (insb. Medizin und Rechtswissenschaften) fortgeschritten. Die deutschen Hochschulen haben im Wintersemester 2013/14 insgesamt 7.477 Bachelor- und 7.067 Masterstudiengänge angebo-ten. Dem standen 1.698 Studiengänge mit staatlichem und

kirchlichem Abschluss sowie 392 sonstige Studiengänge gegenüber, so dass Bachelor- und Masterstudiengänge einen Anteil von rund 87 % des Angebots an deutschen Hochschu-len darstellten. Differenziert man weiter, ergibt sich der Anteil solcher Studiengänge an Fachhochschulen mit 98,5 % und an den Universitäten mit 83 %. Die Studienabbruchquoten beliefen sich im Jahr 2012 bei Bachelor-Studierenden an Universitäten auf 33 % und an Fachhochschulen auf 23 %, bei Master-Studierenden an Universitäten auf 11 % und an Fachhochschulen auf 7 %.41 An Fachhochschulen schließen 53 %, an Universitäten 77 % der Bachelorabsolventen ein Masterstudium an. Dabei berechtigen alle Bachelorabschlüsse im Sinne einer formalen Zugangsberechtigung zur Aufnahme eines Masterstudiengangs. Weitere Zulassungsvoraussetzun-gen zur Qualitätssicherung wiederum legen die Hochschulen in eigener Zuständigkeit fest. Sie beziehen sich auf fachlich-inhaltliche Qualifikationen, die durch eine Eignungsprüfung, eine berufliche Vorqualifikation oder notwendige Sprach-kenntnisse nachzuweisen bzw. einzubringen sind.42

Bachelor- und Master-Studiengänge führen zusammen zu einer dem Abschluss eines herkömmlichen grundständigen Diplomstudienganges vergleichbaren Qualifikation. Jedoch ist dabei noch zwischen sogenannten konsekutiven und wei-terbildenden Master-Studiengängen zu unterscheiden. Ein konsekutiver Studiengang (§ 19 Abs. 4 HRG) liegt vor, wenn das theoretisch- und forschungsorientierte Masterstudium zeitlich dem mehr praxisbezogenen Bachelor-Studiengang unmittelbar nachfolgt und inhaltlich auf diesem aufbaut, indem es die bereits erworbenen Kenntnisse vertieft oder erweitert. Ein weiterbildender Masterstudiengang, der zum gleichen Qualifikationsniveau führt, setzt hingegen eine qua-lifizierte berufspraktische Erfahrung von nicht unter einem Jahr voraus.43

Nach allem stellen der Bachelor- und der Master-Studiengang nicht notwendig eine Einheit dar, weil bereits der Bachelor-Abschluss eine Berufsbefähigung vermittelt. Der Studierende kann sein Master-Studium auch erst später, nach einer zwi-schenzeitlichen Berufstätigkeit, aufnehmen.

Das OLG Celle hat für den Fall inhaltsgleicher Fortset-zung des Master-Studiums nach Abschluss des Bachelors ( Studiengang Sozial-/Organisationspädagogik) das Vorliegen eines einheitlichen Ausbildungsgangs bejaht.44

39 BGH, Urt. v. 30.11.1994 – XII ZR 215/93, a.a.O. Rn. 15.40 Scholz in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen

Praxis, 8. Aufl., § 2 Rn. 91; Botur, a.a.O., Rn. 95; Müting, a.a.O., Rn. 171. Dabei hat der BGH in diesem Zusammenhang ausdrücklich klargestellt, dass die in der bisherigen Rspr. entwickelten Ausnahmen von dem Grundsatz der Verpflichtung zur Finanzierung nur einer Ausbildung keineswegs als ab-schließender, andere Fallgruppen ausschließender Katalog verstanden werden können. Haben die Eltern ihre Verpflichtung zur Finanzierung einer ange-messenen Berufsausbildung noch nicht »in rechter Weise« erfüllt, sind sie im Einzelfall auch verpflichtet, dem Kind ausnahmsweise eine angemessene zweite Ausbildung zu finanzieren, BGH, Urt. v. 17.05.2006 – XII ZR 54/04, FuR 2006, 361 = FamRZ 2006, 1100.

41 Bericht der Bundesregierung über die Umsetzung des Bologna-Prozesses 2012–2015 in Deutschland S. 13/14.

42 Bericht der Bundesregierung a.a.O. S. 15.43 Schwonberg in: Eschenbruch/Schürmann/Menne, Der Unterhaltsprozess,

6. Aufl., Kap. 2 Rn. 766; OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.01.2011 – 10 UF 161/10, a.a.O. Rn. 17.

44 OLG Celle, Beschl. v. 02.02.2010 – 15 WF 17/10, FuR 2010, 292 = FamRZ 2010, 1456.

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aus der PraxisVolker · Ausbildungsunterhalt – rund um das Studium

Das OLG Brandenburg hält mit Blick auf das aus § 1610 Abs. 2 BGB abzuleitende Merkmal der Einheitlichkeit des Ausbildungsgangs daran fest, dass die einzelnen Ausbil-dungsabschnitte in einem engen Zusammenhang stehen. In Anlehnung an die Fälle »Abitur-Lehre-Studium« sei un-terhaltsrechtlich zum einen zu fordern, dass zwischen dem Bachelor- und dem Master-Studiengang ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht. Zum anderen muss sich die Fort-setzung des Studiums nach dem erfolgreichen Bachelor-Ab-schluss als eine fachliche Ergänzung und Weiterführung oder Vertiefung (= sachlicher Zusammenhang) erweisen.45 Ausreichend ist, dass es sich um verwandte bzw. gleichwer-tige Studiengänge handelt. Von der Gleichwertigkeit ist bereits dann auszugehen, wenn nach den Zulassungsregeln der Hochschule mit dem Bachelor-Abschluss das Master-Studium aufgenommen werden darf. Erforderlich für die Zulassung war in dem vom OLG entschiedenen Fall, dass der zuvor erlangte berufsqualifizierende Bachelor-Abschluss im Fach Technische Informatik mit einem Umfang von min-destens 180 Leistungspunkten und mit Elektrotechnik- und Informatik-Anteilen, die denen des Bachelor-Studienganges Technische Informatik entsprechen, erworben wurde; alter-nativ konnten Hochschulabschlüsse in verwandten Fächern anerkannt werden, wenn sie »gleichwertig« sind. Die Zulas-sung zum Master-Studiengang belege, dass die Universität die fachliche Gleichwertigkeit im Hinblick auf den absolvier-ten Studiengang Medieninformatik anerkannt habe.46

Den sachlichen Zusammenhang hat das AG Frankfurt im Anschluss an diese Entscheidung bejaht für die Fort-setzung des Studiums nach einem Bachelor-Abschluss in Sinologie und Politologie in dem Master-Studium »Master of International Business«. Der sachliche Zusammenhang ergebe sich dabei auch aus der vorgelegten Erklärung des Programmdirektors des Master-Studienganges, wonach sich das Master-Studium besonders an Absolventen der Sinologie richte.47

Praxishinweis:

Ist der Master-Abschluss Zugangsvoraussetzung für die Ausübung eines bestimmten Berufs (praxisrelevant der-zeit für das Lehramt; in der Zukunft ggf. auch im Bereich Medizin und Rechtswissenschaft), liegt auf der Hand, dass Bachelor/Master eine einheitliche Ausbildung im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB sind. Dies gilt auch dann, wenn – wie in der Ausbildung zum Lehramt – die Schwerpunkte im Bachelor- und Masterstudium in unterschiedlichen Fach-richtungen gesetzt werden.

Auch für die sonstigen konsekutiven Studiengänge dürfte mit der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung na-heliegen, diese als einheitliche Ausbildung zu verstehen. Dafür sprechen die dort genannten Umstände ebenso wie die Tatsache, dass Bachelor-Absolventen vermehrt die »Praxis-Tauglichkeit« abgesprochen wird – offenbar ist die Wortwahl der Bologna-Erklärung (»undergraduate«) von der Realität eingeholt. Wenn die konkreten Berufsaus-sichten eines Bachelor-Absolventen auf dem Arbeitsmarkt danach deutlich schlechter einzustufen sein sollten als die eines Master-Absolventen, spräche auch dies dafür, dass mit dem Bachelor die geschuldete Berufsausbildung noch nicht abgeschlossen ist. In jedem Fall sollten die Inhalte des

konsekutiven Studiengangs wie zum sachlichen Zusammen-hang dargestellt ausgeführt werden.

Anders verhält es sich lediglich bei den weiterbildenden Masterstudiengängen. Diese scheinen eher mit den Re-alschule-, Lehre-, Fachoberschule-, Fachhochschule-Fällen vergleichbar, entsprechend sollte dort argumentiert werden. Jedoch sollte auch hier besonderes Augenmerk darauf ge-legt werden, ob die Finanzierung des Masterstudiums unter dem Gesichtspunkt von Begabung und Neigung einerseits und den konkreten Berufsausübungschancen andererseits geschuldet ist.

VI. auslandssemester bzw. -studiumKosten für einen studien- bzw. ausbildungsbedingten Aus-landsaufenthalt oder, weitergehend, ein vollständig im Ausland absolviertes Studium einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Mehrkosten gelten als unter-haltsrechtlicher Mehrbedarf.48 Ein Anspruch des Kindes darauf, dass ihm die Eltern i.R.d. Ausbildungsunterhalts Ausbildungsabschnitte im Ausland finanzieren, beispielsweise in Form von Auslandssemestern, zeitweiligen Auslandsauf-enthalten oder Auslandssprachkursen etc. besteht nach der bisherigen Rechtsprechung, soweit nicht eine entsprechende Absprache zwischen dem studierwilligen Kind und den El-tern bzw. Elternteil vorliegt, überhaupt nur dann, wenn die damit einhergehende finanzielle Mehrbelastung den Eltern bzw. dem Elternteil wirtschaftlich zumutbar ist, der Auslands-aufenthalt sachlich begründet und sinnvoll ist, um das ange-strebte Ausbildungsziel zu erreichen und der Unterhaltsbe-darf unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles insgesamt angemessen erscheint.49

Erklärtes Ziel von Bund und Ländern im Rahmen des Bolo-gna-Prozesses ist jedoch, dass jeder zweite Studienabsolvent studienbezogene Auslandserfahrung gesammelt haben soll. Bis zum Jahr 2020 sollen mindestens 20 % der Graduierten einen Studien- oder Praktikumsaufenthalt im Ausland absol-viert haben, der mindestens drei Monate gedauert hat.50 Die-ser Umstand wird in der Zukunft dazu führen, dass sich die Frage nach einem durch Auslandsaufenthalt bedingten Mehr-bedarf häufiger stellt. In diese Richtung weist eine neuere Ent-scheidung des OLG Hamm, nach der der Unterhaltspflich-tige die mit einem ausländischen Studienort verbundenen Mehrkosten zu tragen hat, wenn es ihm wirtschaftlich

45 OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.01.2011 – 10 UF 161/10, a.a.O., Rn. 20.46 OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.01.2011 – 10 UF 161/10, a.a.O., Rn. 22.47 AG Frankfurt, Beschl. v. 16.11.2011 – 454 F 3056/11 UK, NJW-RR 2012,

709 Rn. 27.48 Klinkhammer in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterli-

chen Praxis, 8. Aufl., § 2 Rn. 532; Scholz a.a.O., § 6 Rn. 17.49 KG, Beschl. v. 18.09.2012 – 17 WF 232/12, MDR 2013, 602 Rn. 10; BGH,

Urt. v. 26.02.1992 –XII ZR 97/91, FamRZ 1992, 1064: Angemessenheit eines zweisemestrigen Auslandsstudium einer Jurastudentin an der Universi-tät Genf bejaht; OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.02.2011 – 2 UF 45/09, FamRZ 2011, 1303 Rn. 4, 127: Angemessenheit eines zweisemestrigen Auslandsstu-diums eines Sinologen/Ostasienwissenschaftlers an der Universität Shang-hai und anschließende teilweise Neuausrichtung des Studienziels auf den Schwerpunkt Computerlinguistik bejaht; OLG Dresden, Urt. v. 09.02.2006 – 21 UF 619/05, OLG-Report Dresden 2006, 357: Mehrkosten i.H.v. insge-samt 6.990 € eines Gymnasiasten, der nach der 10. Klasse für ein Jahr in England ein College besucht, sind nur bei »weit überdurchschnittlichen fi-nanziellen Verhältnissen« zu tragen.

50 Bericht der Bundesregierung a.a.O. S. 19.

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aus der Praxis Volker · Ausbildungsunterhalt – rund um das Studium

zumutbar ist und sowohl die Aufnahme eines Studiums als auch die Wahl des Studienorts im Ausland den Fähigkeiten und Neigungen des Unterhaltsberechtigten am besten ent-spricht, weil dieser bereits während der Schulzeit eine Aus-bildung zum Fremdsprachenkorrespondent absolviert hatte und der von ihm in Eigenverantwortung gewählte Studien-gang eine europäische Ausrichtung aufweist (hier: European Studies).51

VII. Zielgerichtetes StudiumDie Struktur der Bachelor -und Masterstudiengänge ver-schafft den unterhaltspflichtigen Eltern eine bessere Mög-lichkeit, sich durch die geschuldeten Informationen und Nachweise über die Anzahl der in jedem Semester erworbe-nen Leistungspunkte ein genaues Bild über die Studienerfolge ihres Kindes und die Wahrnehmung seiner Ausbildungsoblie-genheit zu machen und lässt auch im Streitfall eine leichtere Beurteilung zu.

Das Studium ist regelmäßig in sogenannte Module geglie-dert, die aufeinander aufbauen. Hierbei handelt es sich um inhaltlich und zeitlich abgeschlossene Lehr- und Lerneinhei-ten. Ein Modul fasst eine oder mehrere Lehrveranstaltungen mit einem Lernziel zusammen und ist die Einheit, für die Leistungspunkte – sog. Credit Points nach dem European Credit Transfer System (ECTS) – vergeben werden. Entspre-chendes ergibt sich in der Regel aus den Studienordnungen der Universitäten. In dem vom OLG Brandenburg entschie-denen Fall waren pro Semester durchschnittlich 30 Leistungs-punkte (Credit Points) zu erwerben. Bei einem Bachelor-Stu-dium mit einer Regelstudienzeit von sechs Semestern ergaben sich so für das gesamte Studium 180 Leistungspunkte. Bei einer Regelstudienzeit des Master-Studiengangs von vier Semestern umfasste das Studium bis zum Master-Abschluss Studienleistungen im Umfang von 120 Leistungspunkten.52

An einer Obliegenheitsverletzung fehlt es, wenn sich die Aus-bildung infolge einer Schwangerschaft und der anschlie-ßenden Kindesbetreuung verzögert. Dies gilt jedenfalls in-soweit, als der Unterhaltsberechtigte seine Ausbildung nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes – gegebenen-falls unter zusätzlicher Berücksichtigung einer angemessenen Übergangszeit – aufnimmt.53 Der BGH hat zum Betreuungs-unterhaltsanspruch u.a. aus § 1615l BGB entschieden, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Basisunterhalts bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres nach § 1615l BGB dem betreuenden Elternteil die freie Entscheidung eingeräumt hat, ob er das Kind in dessen ersten drei Lebensjahren in vollem Umfang selbst betreuen oder andere Betreuungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen will.54 Die bürgerlich-rechtliche Wer-tung der Unterhaltsansprüche korrespondiert mit weiteren so-zial- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, in denen die Vollendung des dritten Lebensjahres durch das Kind be-sondere Bedeutung erlangt. Nach § 24 Abs. 1 SGB VIII steht einem Kind von der Vollendung des dritten Lebensjahres an ein gesetzlich garantierter Kindergartenplatz zu. § 15 BEEG (zuvor § 15 BErzGG) räumt den Eltern Elternzeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres ihres Kindes ein. Bis da-hin werden nach § 56 SGB VI Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet.55 Aus alledem folgt die gesetzliche Wertung, dass es dem erziehungsberech-tigten Elternteil in den ersten drei Lebensjahren des Kindes möglich sein muss, die Pflege und Erziehung des Kindes si-

cherzustellen, ohne daran durch eine eigene Erwerbstätigkeit gehindert zu sein; insoweit ist eine persönliche Betreuung durch einen Elternteil regelmäßig geboten.56

Ein Wechsel der Ausbildung ist unbedenklich, wenn er einerseits auf sachlichen Gründen beruht und andererseits unter Berücksichtigung der Gesamtumstände aus der Sicht des Unterhaltspflichtigen wirtschaftlich zumutbar ist.57 Für die Annahme eines hinreichenden Grundes kann etwa der Umstand sprechen, dass zwischen der abgebrochenen und der angestrebten Ausbildung ein sachlicher Zusammenhang besteht. Jedem jungen Menschen ist grundsätzlich zuzubil-ligen, dass er sich über seine Fähigkeiten irrt oder falsche Vorstellungen über den gewählten Beruf hat. Dabei wird ein Ausbildungswechsel umso eher zu akzeptieren sein, je früher er stattfindet.58 Dies folgt aus dem Gedanken, dass die schutz-würdigen Belange des Unterhaltspflichtigen es gebieten, sich möglichst frühzeitig darauf einrichten zu können, wie lange die Unterhaltslast dauern wird. Diese Belange erfordern es grundsätzlich auch, dass das Kind sich über seine geänderten Ausbildungspläne mit dem Unterhaltspflichtigen zu verstän-digen versucht.59

51 OLG Hamm, Beschl. v. 19.07.2013 – 6 UF 46/13, FamRZ 2014, 563.52 OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.01.2011 – 10 UF 161/10, a.a.O. Rn. 29.53 BGH, Urt. v. 29.06.2011 – XII ZR 127/09, a.a.O. Rn. 19 für folgenden Sach-

verhalt: Die Berechtigte absolvierte im Jahr 2001 das Abitur. Anschließend leistete sie bis Juli 2002 ein Freiwilliges Soziales Jahr ab. Im Januar 2003 gebar die – nicht verheiratete – Berechtigte ein Kind, das sie bis September 2006 betreute. Im Oktober 2006 nahm sie das Studium der Sozialpädagogik auf, das sie im August 2009 abschloss. Noch weiter OLG Jena, Beschl. v. 11.02.2015 – 1 WF 35/15, FuR 2015, 614 (in dieser Ausgabe) = MDR 2015, 400 Rn. 37: Zwischen dem Erreichen des Realschulabschlusses im Jahre 2006 und dem Beginn der Lehre im August 2013 lagen sieben Jahre. Die Unterhaltsberech-tigte hat während dieser Zeit vier Kinder geboren und die Lehre ein Jahr nach der Geburt des vierten Kindes begonnen.

54 BGH, Urt. v. 13.01.2010 – XII ZR 123/08, FuR 2010, 286 = FamRZ 2010, 444 Rn. 25.

55 BGH, Urt. v. 05.07.2006 – XII ZR 11/04, FuR 2006, 457 = FamRZ 2006, 1362 und v. 17.11.2004 – XII ZR 183/02, FuR 2005, 165 = FamRZ 2005, 347.

56 BGH, Urt. v. 29.06.2011 – XII ZR 127/09, a.a.O. Rn. 20.57 Vgl. dazu OLG Saarbrücken, Beschl. v. 11.02.2014 – 9 UF 71/14, juris,

Rn. 3: Im Sommer 2012 schloss die Antragsgegnerin ihre allgemeine Schul-ausbildung mit dem Abitur ab. Zum Sommersemester 2012 immatrikulierte sie sich an der Universität im Studienfach Wirtschaftsinformatik und nahm dieses eine Woche nach Abschluss der Abiturprüfungen auf. Zum Winter-semester 2012/2013 wechselte sie zum Bachelorstudiengang Wirtschaft und Recht. Mit dem Sommersemester 2014 nahm sie an der Fachhochschule den Studiengang Bio- und Pharmatechnik auf.

58 Vgl. dazu OLG Hamm, Beschl. v. 05.02.2013 – 7 UF 166/12, FamRZ 2013, 1407 Rn. 6-10 für eine Übergangszeit von 1 Jahr 10 Monaten vom Abbruch eines Studiums bis zur Aufnahme eines Studiums mit anderem Ausbildungs-ziel; sehr weitgehend allerdings OLG Zweibrücken, Beschl. v. 25.11.2010 – 6 UF 72/10, FamRZ 2011, 733 Rn. 27 zu einem Studienfachwechsel nach 10 Semestern mit folgendem Hintergrund: Der Unterhaltsberechtigte entstammt einem fremden Kulturkreis. Er verfügte bei seiner Einreise in die Bundesre-publik Deutschland über keine Kenntnisse der deutschen Sprache. Fundierte Sprachkenntnisse sind aber wesentliche Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss der als Abiturient berechtigterweise eingeschlagenen akademischen Laufbahn. Dem Unterhaltsberechtigten ist daher im Vergleich zu einhei-mischen Studenten eine längere Orientierungsphase zuzubilligen; er durfte zunächst darauf vertrauen, im Laufe der Zeit in der Lage zu sein, seine Leis-tungen zu steigern. Bleiben dann gleichwohl nach einer relativ langen Studien-dauer die erhofften Erfolge aus und gelangt er zur Erkenntnis, angesichts bis-her erzielter Ergebnisse und der Anforderungen der bevorstehenden Prüfung nicht in der Lage zu sein, einen erfolgreichen Abschluss als Grundlage für den Einstieg ins Berufsleben zu erwerben, ist dies unterhaltsrechtlich mit Blick auf die besondere persönliche Situation des Unterhaltsberechtigten hinzunehmen.

59 BGH, Urt. v. 14.03.2001 – XII ZR 81/99, a.a.O. Rn. 23, v. 10.12.1980 – IVb ZR 546/80, a.a.O. und v. 25.02.1981 – IVb ZR 547/80, FamRZ 1981, 437, 439.

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aus der PraxisHerr · Die Wahlgüterstände auf dem Prüfstand

Die Wahlgüterstände auf dem Prüfstand– die Gütertrennung

von Dr. Thomas Herr, Rechtsanwalt, Kassel

Teilhabegerechtigkeit in und nach der Ehe, Eigenverantwort-lichkeit und moderne Rollenverteilung: welche Gestaltungs-spielräume darf, welche sollte ein modernes Güterrecht gewähren? Verfassungsrechtlicher Schutz für den einen Ehe-gatten, Recht am selbst Erwirtschafteten für den anderen, Existenzsicherung für beide: das aktuelle Güterrecht veran-lasst viele Fragen, die auf eine Antwort warten.

a. Einleitung: Ein Gedankenexperiment zum naturzustand des GüterrechtsUm die Güterstände des geltenden Familienrechts im Hin-blick auf die gestellten Ausgangsfragen zu prüfen und alle problemfremden Umstände zu eliminieren, soll simuliert wer-den, dass ein gesetzlicher Güterstand nicht besteht, um von dort die weiteren Betrachtungen anzustellen. Die Freilegung des »rechtlichen Urzustands« soll die erste Frage eröffnen, ob dieser nach einer gesetzlichen Regelung verlangt und welchen Anforderungen diese genügen muss (Rechtmäßigkeit) und evtl. welchen weiteren wünschenswerten Anforderungen sie darüber hinaus evtl. genügen sollte (Zweckmäßigkeit). Das Ergebnis soll mit der tatsächlich bestehenden Rechtslage ver-glichen werden. Es sei daher unterstellt, dass die §§ 1363- 1563 BGB nicht existieren.

Der BGH (I. Senat) hatte sich damit bereits in einem Gut-achten vom 06.09.1953 befasst.1 Sei der gesetzliche Güter-stand verfassungswidrig – damals: der ehemännlichen Ver-altung und Nutznießung –, gelte ipso iure Gütertrennung (außerordentlicher gesetzlicher,2 subsidiärer3 Güterstand). Die so verstandene Gütertrennung – nicht zu verwechseln mit dem Wahlgüterstand heutiger Prägung – ist also der la-tent vorhandene güterliche Rechtszustand.4

B. Die Gütertrennung – der naturzustand des Güterrechts und was daraus geworden ist

I. Vor dem BGBBereits vor dem Inkrafttreten des BGB war das Bedürfnis, die beiderseitigen ehelichen Wertschöpfungen von Frau und Mann bestimmten Regelungen zu unterstellen, erkannt und in einzelnen Rechtsordnungen unterschiedlich ausgeprägt. Diese waren durch das jeweilige Gesellschaftsmodell und die Interessenlage der Beteiligten bedingt. Es kann insoweit auf die Untersuchungen und Ergebnisse von Meder5 verwiesen werden. Aus dem theoretischen und fiktiven »Güterstand der regelungslosen Gütertrennung« (A.) ist also nichts herzulei-ten, außer dass er grundsätzlich als korrektur- und damit als gesetzlich regelungsbedürftig angesehen wurde.

II. ab dem Inkrafttreten des BGBAuch der Gesetzgeber des BGB hatte sich dafür entschieden, es nicht beim ursprünglichen Naturzustand zu belassen, son-dern einen gesetzlichen Güterstand nebst Wahlgüterständen einzuführen.

Hierbei waren vor allem zwei Umstände von Bedeutung:

Zum einen hatte sich die eheliche Rollenverteilung grundle-gend geändert. Waren Frau und Mann früher gleichermaßen

erwerbstätig gewesen (Landwirtschaft oder städtisches Ge-werbe), waren inzwischen die bürgerliche Ehe und Familien entstanden, in welcher die Frauen weder grobe und harte Arbeit mehr zu leisten noch Leitungsverantwortung mehr zu tragen hatten. Der Wandel von der Produktions- zur Konsumgemeinschaft hatte also eine grundlegende Rol-lenänderung bewirkt. Die Haushaltsführungs- und Kindes-betreuungsleistungen der Ehefrau wurden als nicht mehr wirtschaftlich werthaltig angesehen, wie es vormals bei den erwerbwirtschaftlichen und den Leitungsfunktionen der Fall gewesen war, und damit als nicht ausgleichswürdig.6

Zum Zweiten war die Ehe nach überkommener Auffassung patriarchalisch geprägt, was seinen unmittelbaren Ausdruck in der geschlechterspezifischen Abfassung und im Regelungsge-halt der familienrechtlichen Vorschriften fand (insb. §§ 1354, 1356 BGB a.F., u.a. mit dem alleinigen Direktionsrecht des Mannes incl. Leitung des Hauswesens durch die Frau, Mit-arbeitspflicht der Frau im Geschäft des Mannes, Bestimmung des Wohnsitzes, Eingehung von Arbeitsverhältnissen).

III. Das Interregnum des art. 117 GG: die Zeit vom 23.05.1949 bis zum 31.03.1953 und die Entstehung des nebengüterrechts heutiger PrägungDas Inkrafttreten des Grundgesetzes am 23.05.1949 mit sei-nen Art. 3 Abs. 2 und 6 GG bewirkte eine grundstürzende Veränderung. Die eben angesprochenen einfachrechtlichen Vorschriften des Familienrechts wurden als verfassungs-, ins-besondere gleichbehandlungswidrig angesehen und waren unwirksam.7

Dem dadurch zu befürchtenden Rechtschaos (»Rechtsvaku-um«) sollte durch Art. 117 GG begegnet werden, wonach die alten, nunmehr eigentlich verfassungswidrigen Vorschriften bis zur Einführung des Gleichberechtigungsgesetzes über-gangsweise gelten sollten, längstens aber bis zum 31.03.19538 (provisorische Regelung).

Als sich abzeichnete, dass diese Frist nicht eingehalten wer-den würde – das Gleichberechtigungsgesetz trat dann erst am 01.07.1958 in Kraft!9 – rief der BGH mit seiner berühmten Entscheidung vom 20.12.105210 die konkludente Ehegatte-ninnengesellschaft heutiger Prägung ins Leben, wonach die Ehefrau nicht mehr länger die unbezahlte Dienstbotin des Mannes sei und man im Zweifel von einer Innengesellschaft (mit dem Ausgleichsanspruch des § 730 BGB) auszugehen

1 Gutachten des BGH v. 06.09.1953, BGHZ 11 (Anhang) S. 34 ff.2 Palandt, 32. Aufl., Grundz. vor §§ 1363 BGB Anm. 1).3 Palandt, 32. Aufl., Grundz. vor §§ 1363 BGB Anm. 4).4 Gutachten des BGH v. 06.09.1953, BGHZ 11 (Anhang) S. 74.5 Meder, Grundprobleme und Geschichte der Zugewinngemeinschaft, 2010,

insb. S. 11-26.6 Meder, a.a.O. S. 21-26.7 Herr, Kritik der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft, Diss. Mannheim

2008, S. 35 ff.8 BGH v. 14.06.1951 – IV ZR 50/50 n.v., 11.9 BGBl. I 609.10 BGHZ 8, 249.

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aus der Praxis Herr · Die Wahlgüterstände auf dem Prüfstand

habe und nicht mehr wie bis dahin im Zweifel vom Gegen-teil.11 Dass die Ehefrau nicht »mehr« (!) länger die unbezahlte Dienstbotin des Mannes sei, wurde zwar nicht expressis verbis abgeleitet, was der BGH offensichtlich als entbehrlich ange-sehen hat. Die Herleitung ergibt sich aber materiell zwanglos aus (dem neuen) Art. 3 Abs. 2 GG12 und hat daher Verfas-sungsrang.

Diese neue Rechtsprechung wurde als Provisorium betrach-tet, um benachteiligten Ehegatten für die Übergangszeit bis zum Gleichberechtigungsgesetz einen Ausgleichsanspruch zur Seite zu stellen.13 Dies mag seinen Grund im Umstand gehabt haben, dass für das künftige Güterrecht auch ein dem Ge-sellschaftsrecht angenähertes Modell vorgeschlagen worden war;14 sicher ist das aber nicht.

Der BGH griff damit möglicherweise in die Kompetenzen des Gesetzgebers ein, womit sich ein Gewaltenteilungspro-blem ergab. Dies wurde erkannt, im bereits angesprochenen Gutachten vom 06.09.1953 erörtert und mit der defizitä-ren Gesetzeslage, verursacht durch die Versäumung der Frist des Gesetzgebers des Art. 117 GG, gerechtfertigt, einer Art Notstandslage also, womit die konkludente Ehegatteninnen-gesellschaft allenfalls bis zum Gleichberechtigungsgesetz zu verteidigen gewesen wäre, womit sich der Kreis zum »nack-ten«, regelungslosen Güterstand der Gütertrennung schließt.

IV. ab dem Inkrafttreten des Gleich-berechtigungsgesetzesDamit hätte die konkludente Ehegatteninnengesellschaft mit dem Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes und also mit der Einführung des Zugewinnausgleichs ihr Ende fin-den müssen. Nun hatte sich der Gesetzgeber aber nicht für ein Gesellschaftsmodell entschieden und außerdem i.R. der nunmehr vertraglichen Gütertrennung bestimmte, durchaus häufig anzutreffende Sachverhalte nicht geregelt, wo Ehegat-ten, vornehmlich Frauen, zugunsten des Mannes werthaltige Leistungen erbrachten, die bei ihm eine Vermögensmehrung, also einen Zugewinn bewirkten. Hier war man also trotz des neuen Rechts genauso weit wie vorher.

Dies veranlasste den BGH, die konkludente Ehegatteninnen-gesellschaft, vorgesehen für die »gesetzliche Gütertrennung«, ganz einfach und »geräuschlos« für die neue vertragliche Gü-tertrennung zu übernehmen, übrigens nunmehr ausdrücklich geschlechterneutral.15

Dass hierbei die alte Gewaltenteilungsproblematik erneut vi-rulent wurde, löste nach der bereits vorangegangenen Kritik16 außer einem Beitrag von Gernhuber17 keine nachhaltigen neuen Diskussionen aus; man hatte ja offensichtlich nichts Besseres.

Die tragende Argumentation fand unterschiedliche Formulie-rungen, etwa, dass der benachteiligte Ehegatte nach Treu und Glauben einen Anspruch auf Beteiligung an den Erträgnissen habe18 oder dass ihm eine Beteiligung am Unternehmen nicht abgesprochen werden könne,19 eine offensichtlich ergebniso-rientierte Begründung.20

Bereits dies klingt nach einer übergeordneten, also nicht mehr einfachrechtlichen, verfassungsrechtlichen Anknüpfung.

Eine entsprechende Ableitung erfolgte erst viel später durch das BVerfG i.R. der Ehevertragskontrolle (s.u.).

Vorher schon wies der BGH darauf hin, dass der Gesetzgeber den Wahlgüterständen, also der Vertragsfreiheit, einen hohen Stellenwert eingeräumt habe, indem § 1356 BGB bestimmt, der gesetzliche Güterstand herrsche nur dort vor, wo die Ehegatten nicht durch Ehevertrag etwas anderes bestimmt hätten. Damit sei er (lediglich) subsidiär. Andererseits sei zu hinterfragen, ob der Güterstand der Zugewinngemeinschaft angesichts des Umstands noch unverändert geeignet sei, dass sich die Realität vom gesetzlichen Ehetyp, wie er der Zuge-winngemeinschaft zugrunde liege, weit entfernt habe.21

V. Die Rechtsprechung zur Ehevertragskontrolle

1. Ursprüngliche RechtsprechungNach der Rechtsprechung des BGH galt zunächst ein großzü-giger Maßstab. Selbst ein anlässlich der Eheschließung verein-barter Unterhaltsverzicht für den Fall der Scheidung wurde grundsätzlich auch nicht insoweit als unwirksam angesehen, als er den Unterhaltsanspruch aus § 1570 BGB betraf.22 So-mit waren auch Gütertrennungsverträge grundsätzlich kon-trollfest (erst recht).

Parallel galt die Nebengüterrechtsrechtsprechung des BGH weiter (s.o.).

Es liegt nahe, diese vom BGH entwickelte Rechtsprechung zum Nebengüterrecht als materielle Ehevertragskontrolle an-zusehen. Sie wurde ja nicht nur, das zeigen die ersten Ent-scheidungen in der Zeit nach dem Inkrafttreten des Gleich-berechtigungsgesetzes, für Gütertrennungsfälle geschaffen, in dem die vormalige, für die Zeit des Interregnums vom 01.04.1953 bis zum 31.07.1958 gedachte Rechtsprechung übernommen und fortgeführt wurde.

Das Nebengüterrecht ist also auch materielles Vertragskont-rollrecht. Dies wurde bereits von Münch23 erkannt und nach-folgend auch anderweitig vertreten.24 Es wurde auch vom Verfasser dieses Beitrags anderweitig nachgewiesen:25

»Der Bundesgerichtshof korrigiert mit seiner Rechtsprechung zur Ehegatteninnengesellschaft das aus der vereinbarten Güter­trennung folgende, vom Gesetzgeber bestimmte Ergebnis, weil

11 RGZ 158, 380.12 Auch wenn der BGH Scanzoni aus einer Urteilsbesprechung von 1932 zitiert

(Scanzoni JW 1932,1349), der sich auf die bereits damals geänderten gesell-schaftlichen Verhältnisse bezog.

13 Ausführlich Herr, Kritik der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft, Diss. Mannheim 2008.

14 Die Gleichberechtigung der Frau – in welcher Weise empfiehlt es sich, gem. Art. 117 des Grundgesetzes das geltende Recht an Art. 3 Abs. 2 des Grund-gesetzes anzupassen? (Referat Scheffler); Verhandlungen des 38. Deutschen Juristentages, Tübingen 1951, B 30.

15 BGH FamRZ 1954, 136.16 Ausführlich Herr, Kritik der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft, Diss.

Mannheim 2008, S. 204.17 Gernhuber FamRZ 1958, 243.18 BGH FamRZ 1954, 136, 137.19 BGH FamRZ 1967, 320.20 Herr, Kritik der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft, Diss. Mannheim

2008, S. 403.21 BGH FamRZ 1997, 800.22 BGH FamRZ 1985, 788.23 Münch FamRZ 2005, 570, 573.24 Sethe, Die Inhaltskontrolle von Eheverträgen – eine Zwischenbilanz, in: Höland/

Sethe/Notarkammer Sachsen-Anhalt (Hrsg.), Eheverträge und Scheidungsfol-genvereinbarungen, Gieseking Verlag, Bielefeld 2007, 43, 46 (Fn. 95), 56.

25 Herr, Kritik der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft, Diss. Mannheim 2008, S. 451.

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aus der PraxisHerr · Die Wahlgüterstände auf dem Prüfstand

er dieses Ergebnis nicht für richtig hält. Dieser Korrektur geht also notwendig eine Überprüfung (Kontrolle) des Ehevertrages voraus, und zwar sowohl seines Inhaltes wie auch seiner Aus­wirkungen. An die Kontrolle schließt sich eine Ergebniskorrek­tur an. Was der Bundesgerichtshof seit dem 20.12.1952 prakti­ziert ist der Sache nach – wenngleich unter dem (deshalb auch vollkommen verfehlten) Etikett der Innengesellschaft – nichts anderes als eine Inhalts­ oder eine Ausübungskontrolle.«26

Auffällig ist auch die jeweilige Begründungsstruktur des BGH zur konkludenten Ehegatteninnengesellschaft einerseits und zur Ehevertragskontrolle heutiger Prägung (dazu unten) andererseits, wenn man folgende tragende Formulierungen des BGH aus beiden Bereichen gegenüber stellt: die Urteils-gründe der BGH-Entscheidungen zur konkludenten Ehegat-teninnengesellschaft beinhalten über mehrere Jahrzehnte die Feststellung, das von ihm gefundene Ergebnis sei billig und sachgerecht.27 Bei der Inhalts- und Ausübungskontrolle heißt es, das Ergebnis sei angemessen und sachgerecht.28 Die Paral-lelität der Begründungsstruktur ist augenfällig.29

2. Ehevertragskontrolle heutiger Prägung – die neue Rechtsprechung des BVerfG und des BGh

a) BundesverfassungsgerichtNachdem sich das BVerfG zunächst zum entschädigungslosen Wettbewerbsverbot für Handelsvertreter30 und zu ruinösen Bürgschaften vermögensloser Familienangehöriger31 geäu-ßert hatte, stellte es, hierauf aufbauend, ab dem 06.02.200132 entsprechende Grundsätze für Eheverträge auf, orientiert an der im Einzelfall zu prüfenden Frage der vertraglichen (Dis)Parität. Der Staat habe der Ehevertragsfreiheit der Ehegatten dort Grenzen zu setzen, wo der Vertrag nicht Ausdruck und Ergebnis gleichberechtigter Lebenspartnerschaft ist, sondern die auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einsei-tige Dominanz eines Ehegatten widerspiegelt.

Art. 6 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 GG schütze die Ehe als eine Lebensgemeinschaft gleichberechtigter Partner, in der die Ehegatten ihre persönliche und wirtschaftliche Lebens-führung in gemeinsamer Verantwortung bestimmen. Zur selbstverantwortlichen Lebensgestaltung gehörten neben der Entscheidung, ob die Ehegatten Kinder haben wollen, insbesondere auch die Vereinbarung über die innerfamili-äre Arbeitsteilung und die Entscheidung, wie das gemein-same Familieneinkommen durch Erwerbsarbeit gesichert werden soll.

Dabei stehe es den Ehepartnern frei, ihre Ehe so zu führen, dass ein Ehepartner allein einer Berufstätigkeit nachgeht und der andere sich der Familienarbeit widmet, ebenso wie sie sich dafür entscheiden können, beide einen Beruf ganz oder teil-weise auszuüben und sich die Hausarbeit und Kinderbetreu-ung zu teilen oder diese durch Dritte durchführen zu lassen.

Damit seien auch Leistungen, die sich jeweils i.R. der von ih-nen in gemeinsamer Entscheidung getroffenen Arbeits- und Aufgabenzuweisung erbringen, als gleichwertig anzusehen.

Seien diese Leistungen aber gleichwertig, hätten beide Ehe-gatten grundsätzlich auch Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten, das ihnen zu gleichen Teilen zuzuordnen ist. Dies gelte nicht nur für die Zeit des Beste-hens der Ehe, sondern entfalte seine Wirkung auch nach Trennung und Scheidung der Ehegatten auf deren Beziehung

hinsichtlich Unterhalt und Aufteilung des gemeinsamen Ver-mögens (BVerfG FamRZ 1978, 173; 1983, 342).

Dem entsprächen die gesetzlichen Regelungen über den Versorgungsausgleich (BVerfG FamRZ 1980, 326) und den Zugewinnausgleich (BVerfG FamRZ 1986, 543) bei Schei-dung.

Die vom BVerfG zitierten früheren Entscheidungen bedürfen einer näheren Betrachtung, gerade weil sie aus der Zeit vor der neuen Vertragskontrollrechtsprechung datieren und daher für die Frage nutzbar gemacht werden können, ob diese neue Rechtsprechung wirklich nur Neues enthält oder vielleicht auch ältere, bereits gefestigte Grundsätze und welchen Bedeu-tung oder besser Rang (!) der Zugewinnausgleich verfassungs-rechtlich überhaupt hat. Besondere Beachtung verdient hier die Entscheidung vom 21.12.1977,33 wo das BVerfG wieder-um auf noch ältere Urteile34 zurückgreift und feststellt: Zum Wesen der Ehe im Sinne der Gewährleistung des Art. 6 Abs. 1 GG gehöre die gleiche Berechtigung beider Partner (auch) an der Aufteilung des Vermögens (und nicht nur hinsichtlich Unterhalt und Versorgung). Neu ist an der Ehevertragskon-trollrechtsprechung des BVerfG insofern eigentlich nur die zusätzliche Herleitung aus Art. 3 Abs. 2 GG.35

Damit steht fest: Ehegatten haben aus Art. 6 Abs. 1, 3 Abs. 2 GG einen verfassungsrechtlichen Teilhabeanspruch am in der Ehe erwirtschafteten Vermögen, weil dieses auf den gleich-wertigen beiderseitigen Leistungen beruht. Dieser Anspruch ist im Scheidungsfall der Anspruch auf den Zugewinnaus-gleich.

b) BundesgerichtshofDer BGH differenziert diesen Grundsatz in Gegenüberstel-lung zum Unterhalt und zum Versorgungsausgleich weiter aus und kommt zu einem (etwas) anderen Ergebnis: Der BGH geht – wie das BVerfG – davon aus, dass aus Art. 6 Abs. 1, Art. 3 Abs. 2 GG ein verfassungsrechtlich geschützter Anspruch auf Teilhabe beider Ehegatten am gemeinschaftlich erwirtschafteten Vermögen folgt und der Zugewinnausgleich ebenso wie der Versorgungsausgleich der Aufteilung von ge-meinsam erwirtschaftetem Vermögen der Eheleute dient, wel-ches nur wegen der in der Ehe gewählten Aufgabenverteilung einem der Ehegatten rechtlich zugeordnet war.36 Er setzt dies aber anders um.

Der Zugewinnausgleich sei weniger Ausfluss nachehelicher Solidarität als Ausdruck einer Teilhabegerechtigkeit, die zwar im Einzelfall ehebedingte Nachteile ausgleichen könne, in

26 Sethe, Die Inhaltskontrolle von Eheverträgen – eine Zwischenbilanz, in: Höland/Sethe/Notarkammer Sachsen-Anhalt (Hrsg.), Eheverträge und Scheidungsfol-genvereinbarungen, Gieseking Verlag, Bielefeld 2007, 43, 46 (Fn. 95), 56.

27 BGH FamRZ 1960, 104, 105; vgl. auch BGHZ 31, 197, 201; BGH FamRZ 1960, 105, 107; 1961, 301; 1961, 519, 520; BGHZ 142, 137, 143.

28 BGH FamRZ 2005, 185, 187 = FuR 2005, 228.29 Herr, Kritik der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft, Diss. Mannheim

2008, S. 451.30 BVerfG NJW 1990, 1469.31 BVerfG FamRZ 1994, 151.32 BVerfG FamRZ 2001, 343 = FuR 2001, 163, nachfolgend BVerfG FamRZ

2001, 985 = FuR 2001, 300 und BVerfG FamRZ 2002, 527 = FuR 2002, 134.33 BVerfG FamRZ 1978, 173.34 BVerfG FamRZ 1959, 416, 417 f.; FamRZ 1976, 436.35 BVerfG FamRZ 2001, 343 = FuR 2001, 163, nachfolgend BVerfG FamRZ

2001, 985 = FuR 2001, 300 und BVerfG FamRZ 2002, 527 = FuR 2002, 134.36 BGH FamRZ 2013, 269 = NJW 2013, 457 = FF 2013, 119.

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ihrer Typisierung aber weit über dieses Ziel hinausgreife. Das BVerfG habe zwar verdeutlicht, dass beide Ehegatten grundsätzlich auch Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemein-sam Erwirtschafteten haben. Diese fiktive Gleichgewichtung schließe jedoch die Möglichkeit der Ehegatten, ihrer indivi-duell vereinbarten Arbeitsteilung oder einer evident unter-schiedlichen ökonomischen Bewertung ihrer Beiträge in der Ehe durch eine vom Gesetz abweichende einvernehmliche Regelung angemessen Rechnung zu tragen, nicht aus. Der Zugewinnausgleich erweise sich ehevertraglicher Disposition am weitesten zugänglich. Das Eheverständnis erfordere keine bestimmte Zuordnung des Vermögenserwerbs in der Ehe. Die eheliche Lebensgemeinschaft sei nicht notwendig auch eine Vermögensgemeinschaft. Auch die vom BVerfG für das Recht des nachehelichen Unterhalts (BVerfG FamRZ 2002, 527, 529) betonte Gleichgewichtigkeit von Erwerbstätigkeit und Familienarbeit habe keine bestimmte Strukturierung der ehe-lichen Vermögenssphäre zur Folge. Zwar sehe der gesetzliche Güterstand eine gleiche Vermögensteilhabe vor. Dies sei aber eben nur eine fiktive Gleichwertigkeit aufgrund angenom-mener gleicher Beiträge zur Wertschöpfung. Das geltende Güterrecht knüpfe nicht wie der Unterhalt an Bedarfslagen an. Der Zugewinnausgleich habe keine unterhaltsrechtlichen Funktionen. Grob unbillige Versorgungsdefizite, die sich aus vertraglichen Abreden ergeben, sind vorrangig im Unterhalts-recht, weil bedarfsorientiert, und allenfalls hilfsweise durch Korrektur der von den Ehegatten gewählten Vermögensord-nung zu kompensieren.

Grundgedanke des Zugewinnausgleichs sei es, den in der Ehe eingetretenen Vermögenszuwachs zumindest teilweise ungeachtet der Herkunft des Vermögens und ungeachtet der Rollenwahl der Partner in der Ehe nach einem Halbteilungs-grundsatz auszugleichen. Er könne durch ein zwingendes Bedürfnis nach Pauschalierung und Vereinfachung gerecht-fertigt werden. Sonst werde er aber durch keines der bekann-ten Begründungsmodelle für den Anspruch auf Teilhabe am Vermögen des anderen Ehegatten dogmatisch überzeugend legitimiert. Insoweit sei die güterrechtliche Vertragsfreiheit als Korrektiv zu verstehen. Sie umschließe das Recht, den von den Ehegatten als unbillig oder unbefriedigend empfundenen Verteilungsergebnissen des gesetzlichen Güterstandes durch eine eigenverantwortliche Gestaltung ihrer Vermögensphäre zu begegnen und in diesem Rahmen auch eigene ökonomi-sche Bewertungen ihrer Beiträge zum Familienunterhalt vor-zunehmen zu können. Eine solche autonome Bewertungsbe-fugnis sei nur dann ausgeschlossen, wenn die Verfassung eine ökonomische Gleichbewertung derjenigen Beträge erzwänge, die von den Ehegatten während der bestehenden Ehe im Un-terhaltsverband erbracht worden sind. Dafür fehlt es nach Auffassung des Senats an einer verfassungsrechtlich überzeu-genden Herleitung.37

Im Ergebnis also:

Der Zugewinnausgleich werde vom Kernbereich des Schei-dungsfolgenrechts nicht umfasst.38

(Anmerkung: Hieran hat sich bis jetzt auch durch die neue BGH-Rechtsprechung zu Fällen der Funktionsäquivalenz zwischen Versorgungs- und Zugewinnausgleich nichts geän-dert, wie sich aus den neuen Entscheidungen39 hinreichend deutlich ergibt. Ob der in der Literatur geäußerte Optimis-mus40 hinsichtlich einer Ausdehnung der Vertragskontrolle

auf das Güterrecht verfrüht ist oder nicht, muss daher erst die weitere Entwicklung zeigen).

Der BGH sieht den Zugewinnausgleich verfassungsrecht-lich also weniger geschützt an als insb. den Unterhalt und verbannt ihn letztlich aus dem Kernbereich, womit er zum Ausschluss und zur Modifizierung grundsätzlich freige-geben ist.

Zwischenergebnis 1:

I. Die Gütertrennung als güterrechtlicher Naturzustand wurde schon immer als korrekturbedürftig angesehen.

II. Diese Korrektur erfolgte durch gesetzliche Vorschriften und/oder die Rechtsprechung. Das Familienrecht des BGB gibt hierzu einen gesetzlichen Güterstand vor und stellt den Ehegatten Wahlgüterstände zur Verfügung. Beide können durch Vereinbarungen modifiziert werden.

III. Hierneben hat die Rechtsprechung das sog. Nebengü-terrecht entwickelt, um Gerechtigkeitsdefizite der gesetzli-chen Vorschriften auszugleichen. Hierbei handelt es mate-riell um Ehevertragskontrolle.

IV. Seit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes haben diese Gerechtigkeitsaspekte Grundrechtsqualität. Damit stehen sich Art. 2 Abs. 1 GG in Gestalt der allgemeinen (Ehe)Vertragsfreiheit einerseits und Art. 3 II, 6 GG andererseits gegenüber.

VI. StellungnahmeZur Beurteilung dieses Konflikts bieten sich einige Argumen-te an. Teilweise scheinen sie sich geradezu aufzudrängen.

1. Kompatibilität von Gütertrennung und nebengüterrecht?Das Nebengüterrecht als faktische Vertragskontrolle kann durch Gütertrennung entstehende Nachteile ausgleichen. Weshalb also nicht alles so lassen wie es ist? Die Gütertren-nung bleibt außerhalb des Kernbereichs und in bestimmten Fällen hilft das Nebengüterrecht.

Eben nur in bestimmten Fällen. Das Nebengüterrecht ist überwiegend für bestimmte Ausnahme-, quasi Härtefälle vorgesehen und entspricht insofern dem Zugewinnausgleich eben nicht (Anspruchsvoraussetzungen).

Das Nebengüterrecht ist kompliziert und mit vielen Risiken, auch beweislicher Art, behaftet, die über das Prozessrisiko beim Zugewinnausgleich deutlich hinausgehen.

Vor allem aber ist das Nebengüterrecht seinerseits verfas-sungsrechtlich fragwürdig, spätestens seit dem Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes (s.o.).

Das ist zunächst ein Problem der (negativen) Vertragsfreiheit und damit des Art. 2 GG. Nebengüterrechtliche Ansprüche, das gilt ganz besonders für die konkludente Ehegatteninnenge-

37 BGH FamRZ 2013, 269 = NJW 2013, 457 = FF 2013, 119.38 BGH FamRZ 2004, 601 = FuR 2004, 119.39 BGH FamRZ 2013, 269 = NJW 2013, 457 = FF 2013, 119; FamRZ 2013,

1366; FamRZ 2014, 1978 = NJW 2014, 52 = NZFam 2014, 1132 = FuR 2015, 224; OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 500.

40 Sanders, FF 2015, 260, 261.

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sellschaft, pflegen immer erst dann entdeckt41 zu werden, wenn die Vermögensauseinandersetzung ansteht und ein kundiger Anwalt den Anspruch kennt. Nach der Notarbelehrung zur Bedeutung der Gütertrennung dürfte kaum ein Ehegatte ernsthaft auf die Idee kommen, er könne doch – nämlich als BGH-Gesellschafter – eine Ausgleichszahlung verlangen kön-nen. Alle familienrechtlichen Rechtsfolgen, also auch diejeni-gen im vermögensrechtlichen Bereich, bleiben bei einer nor-malen Ehe mehr oder weniger im potenziellen Hintergrund und treten erst dann in das Bewusstsein der Beteiligten, wenn es zu Konflikten kommt,42 also ums Geld geht.

Der bei einem Gesellschaftsvertrag erforderliche Rechts-geschäftswille besteht in Wahrheit nicht und wird von der Rechtsprechung lediglich fingiert. Dies wird allgemein tole-riert und unterstützt, weil das Verlangen nach billigen Ergeb-nissen die Erfordernisse der Dogmatik verdrängt hat.43 Der Leitbegriff der Willenserklärung wird planmäßig verlassen.44 Es handelt sich um eine »bare Fiktion ohne Anhalt am Par-teiwillen«.45 In Wahrheit ist es einzig die ex-post-Betrachtung des gestörten Verhältnisses, also der Fehlschlag der Erwartun-gen, der eine Vergütung der ehelichen Wertschöpfungen er-strebenswert erscheinen lässt. Es handelt sich um eine Fiktion in Gestalt der nicht offen gekennzeichneten Willensfiktion.46

Schließlich ist die Ehegatteninnengesellschaft wegen der möglichen Verlusthaftung47 extrem gefährlich, im Gegensatz zum Zugewinnausgleich, der eine solche ja nicht kennt.

Wenigstens ebenso gravierend ist das Verfassungsproblem der Gewaltenteilung. Im Gutachten vom 06.09.195348 sprach der BGH das Problem selbst an:

Der Richter habe das Recht zu finden, nicht selbst zu schaf-fen, sonst greife er in einer mit der Gewaltenteilung nicht mehr zu vereinbarenden Weise in das dem Gesetzgeber allein vorbehaltene Gebiet hinüber.49 Art. 117 GG sei lediglich eine Übergangsnorm.50 Ab dem 01.04.1953 – also nach Ablauf der Frist des Art. 117 GG und vor Inkrafttreten des Gleich-berechtigungsgesetzes – habe der Richter den Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter in ein festes, einiger-maßen berechenbares objektives Recht umzusetzen. Art. 3 Abs. 2 und Art. 117 GG stellten dem deutschen Richter also die Aufgabe, die Gleichberechtigung der Geschlechter im Wege des Richterrechts zu verwirklichen.51

Daraus folgt zwingend, dass ein Verstoß gegen das Gewal-tenteilungsprinzip (nur) deshalb nicht angenommen wurde, weil die Frist des Art. 117 GG abgelaufen war, ein Gleichbe-rechtigungsgesetz aber noch nicht vorlag. Daraus folgt weiter, dass diese Nebengüterrechtsprechung mit dem 01.07.1958 verfassungswidrig wurde.

Dies beleuchtet und ergänzt sinnfällig die Entscheidung des BVerfG zur Dreiteilungsmethode des BGH. Der Richter darf das Recht fortentwickeln, hat sich hierbei aber an die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung zu halten. Er darf sich nicht vom Konzept des Gesetzgebers (hier ab dem 01.08.1958: Zugewinnausgleich!) lösen und es durch ein eigenes Modell ersetzen; Er darf also keinen Systemwechsel vornehmen.52

Auch hier ist die Parallelität der Begründungsstruktur augen-fällig.

Wird ein Zugewinnausgleich, weil er im Einzelfall aufgrund vereinbarter Gütertrennung nicht stattfinden kann, durch einen Ausgleichsanspruch nach § 730 BGB ersetzt, ist dies ein unerlaubter Systemwechsel.

Daran ändert nichts, dass das Nebengüterrecht in den Materi-alien zu § 266 FamFG genannt ist.53 Der Gesetzgeber hat hier lediglich einen prozessrechtlichen Bedingungszusammen-hang hergestellt: wird ein nebengüterrechtlicher Anspruch behauptet, ist das (große) Familiengericht zuständig. Daraus folgt nicht, dass er diese Ansprüche materiell in seinen Willen aufgenommen hat.

2. legitimation durch das GesetzEin griffiges, nachgerade frappierendes und daher auch recht häufig anzutreffendes Argument lautet: Wer Gütertrennung vereinbart, macht lediglich von seinem Recht aus § 1408 BGB Gebrauch. Da die Frage der Möglichkeit dieses »Ge-brauchmachens« aber am Ende dieser Prüfung steht, kann sie nicht an ihrem Anfang stehen (Zirkelschluss). Ob die Vor-schrift uneingeschränkt wirksam ist, ist ja die Frage.

3. ausgleich ehebedingter nachteile über den Unterhalt (BGh)Vermögen wird aus dem Einkommen gebildet. Ein Zusam-menhang ehebedingter Unterhaltsnachteile mit dem Zuge-winnausgleich scheint also zu bestehen. Allerdings darf Fol-gendes nicht übersehen werden.

Zugewinnausgleichspflichtiges Vermögen entsteht zwar meis-tens, aber nicht immer über das Einkommen. Der BGH hält auch Schmerzensgelder54 und Lottogewinne55 für ausgleichs-pflichtig.

Ehebedingte Nachteile sind notwendig entweder Erwerbs-nachteile oder andere Nachteile. Ehebedingte Erwerbs-nachteile bilden sich entweder ab in ehebedingten Unter-haltsnachteilen (Lebensstandard) oder in ehebedingten Vermögensbildungsnachteilen. Solange es aber eine relative Sättigungsgrenze gibt, überzeugt der BGH-Ansatz schon des-halb nicht. Ist die Sättigungsgrenze erreicht, und dies ist in gerade Fällen entstandenen Zugewinn nicht unwahrschein-lich, findet ein Ausgleich über den Unterhalt gar nicht statt.

Zweitens: Der Unterhalt regelt die Zukunft, der Zugewinn-ausgleich die Vergangenheit. Mit (künftigem) Unterhalt kann

41 So schon Gernhuber, FamRZ 1958, 245.42 Boehmer, Die Gleichberechtigung der Frau im Eherecht: Eheliches Güter-

recht, MDR 1950, 450.43 Gernhuber, FamRZ 1958, 246.44 Gernhuber, FamRZ 1958, 248.45 Fenn, Die juristische Qualifikation der Mitarbeit bei Angehörigen und ihre

Bedeutung für die Vergütung, FamRZ 1968, 291, 296.46 Burckhardt, Der Ausgleich für Mitarbeit eines Ehegatten im Beruf oder Ge-

schäft des anderen (§ 1356 II BGB), Gieseking Verlag, Bielefeld 1971, S. 284.47 BGHZ 8, 249, 253, 256; FamRZ 1962, 357; vgl. auch OLG Schleswig

FamRZ 2004, 1375.48 Gutachten des BGH v. 06.09.1953, BGHZ 11 (Anhang) 34 ff.49 Gutachten des BGH v. 06.09.1953, BGHZ 11 (Anhang) 51 f.50 Gutachten des BGH v. 06.09.1953, BGHZ 11 (Anhang) 47.51 Gutachten des BGH v. 06.09.1953, BGHZ 11 (Anhang) 53.52 BVerfG FamRZ 2011, 437, 441 = FuR 2011, 220.53 Gesetzesbegründung S. 588 (zu § 266 FamFG Nr. 3).54 BGH FamRZ 1981, 757; vgl. s.a. Herr NJW 2008, 262.55 BGH FamRZ 2014, 24 = FuR 2014, 103; s.a. Herr NZFam 2014, 1.

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man die Versagung des Ausgleichs (früheren) Zugewinns nicht rechtfertigen oder kompensieren. Die verfassungsrechtliche Legitimation der Gütertrennung durch den Unterhalt wäre die gedankliche Umkehrung des Doppelverwertungsverbots, da dem Betroffenen einerseits der Vermögensausgleich ent-geht und dann evtl. auch noch der Unterhalt, denn § 1578b BGB gilt seit 2008,56 die Vertragskontrollrechtsprechung aber seit 2001 (BVerfG) bzw. 2004 (BGH).

Schließlich entspricht die Argumentation in vielen Fällen nicht der Lebens- in Verbindung mit der Rechtswirklichkeit, wozu folgender Beispielsfall gebildet sei:

Es sei unterstellt, dass F und M, freilich außer der Geschlech-terverschiedenheit,57 in allen hier wesentlichen Merkmalen die gleichen Voraussetzungen haben. Sie sind gleich alt, ha-ben die gleiche Ausbildung, gleichen sich in Fähigkeiten, Ehrgeiz, Belastbarkeit, Gesundheit, haben kein Anfangsver-mögen usw. Sie heiraten und vereinbaren Gütertrennung. Es werden mehrere Kinder geboren, die F vereinbarungsgemäß betreut und deshalb nicht mehr berufstätig ist. M verdient, durch F von allen familiären Belastungen freigestellt, monat-lich 30.000 €, von denen die Familie 15.000 € verbraucht. Die restlichen 15.000 € spart M an. Die Scheidung erfolgt nach 20 Jahren. M hat bis dahin 3.600.000 € zzgl. Zinsen angespart, F nichts. Ohne Eheschließung, jedenfalls ohne Kinder hätte F jetzt ebenfalls ein solches Vermögen, tatsäch-lich ist sie jetzt vermögenslos.

Daran wird sich auch durch nachehelichen Unterhalt nichts ändern, von § 1578b BGB ganz abgesehen (richtig weist Sanders darauf hin, dass nach der Unterhaltsreform die Ge-eignetheit des Unterhalts zum Ausgleich güterrechtlicher ehe-bedingter Nachteile überhaupt fraglich ist.).58 Im Übrigen zeigen Rechtsprechung und Gerichtspraxis, dass Unterhalt in solch guten Verhältnissen nur eingeschränkt, nämlich i.R. der sog. relativen Sättigungsgrenze, zugesprochen wird. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass nach der Lebenserfah-rung vom Mehrbetrag Vermögen gebildet wird. Schon hier trennen sich – noch bei intakter Ehe – Unterhalt (Familien-unterhalt für beide) und Vermögen (nur für M). Man muss daher prüfen, was hier überhaupt als ehebedingter Nachteil anzusehen ist. Der vom BGH gewählte Weg endet eben wirtschaftlich beim maximal zuzusprechenden Unterhalt und stellt daher in keiner Weise eine Kompensation für den entgangenen Zugewinnausgleich dar. Abgesehen davon hat nach dem BVerfG jeder Ehegatte einen Teilhabeanspruch an Einkommen und Vermögen bzw. auf Unterhalt und Zuge-winnausgleich.

Der Beispielsfall betrifft keineswegs einen völlig überholten Ehetyp, auch wenn die Rollenverteilung der Hausfrauenehe statistisch gegenüber der Zuverdiener- oder Doppelverdiener-ehe zurückgegangen sein mag. Hier geht es um die Frage des verfassungsrechtlichen Schutzes eines nicht unerheblichen Teils benachteiligter Ehegatten. Das maßgebliche BVerfG-Urteil datiert erst vom 05.02.200259 und stellt fest: es steht den Ehepartnern frei, ihre Ehe so zu führen, dass ein Ehepart-ner allein einer Berufstätigkeit nachgeht und der andere sich der Familienarbeit widmet, ebenso wie sie sich dafür entschei-den können, beide einen Beruf ganz oder teilweise auszuüben und sich die Hausarbeit und Kinderbetreuung zu teilen oder diese durch Dritte durchführen zu lassen.

56 Vgl. Sanders, FF 2015, 260, 261.57 Hinsichtlich der Karriere muss man dafür auch equal pay und equal treatment

unterstellen.58 Sanders, FF 2015, 260, 261.59 BVerfG FamRZ 2002, 527 = FuR 2002, 134.60 BVerfG FamRZ 2001, 343 = FuR 2001, 163.61 BGH FamRZ 2013, 269 = NJW 2013, 457 = FF 2013, 119.62 Ausführlich: Herr, Kritik der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft, Diss.

Mannheim 2008, S. 35 ff.63 21.-24.10.2015.64 OLG Hamm FamFR 2011, 381 = RNotZ 2011, 494.65 OLG Hamm FamRZ 2006, 268 = NJW-RR 2006, 793 = OLGR Hamm

2006, 737.

5. »Wesen der Ehe« vs. »Eheverständnis«?Das BVerfG hat das vermögensbezogene Teilhaberecht aus dem »Wesen der Ehe« hergeleitet.60 Der BGH führt demge-genüber aus, das »Eheverständnis« erfordere keine bestimmte Zuordnung des Vermögenserwerbs in der Ehe.61 Die Begriffe sind synonym. Eine Klärung durch das BVerfG ist daher er-forderlich.

Zwischenergebnis 2:

Die Rechtsprechung des BGHs zur Wertigkeit des Zuge-winnausgleichs entspricht nicht derjenigen des BVerfG und verstößt gegen Art. 6 Abs. 1, 3 Abs. 2 GG. Das Recht auf Vermögensteilhabe steht gleichrangig und einschränkungs-los neben dem Unterhalt.

Dies wird auch nicht durch einen Ausgleich ehebedingter Nachteile beim Unterhalt kompensiert, weder tatsächlich noch rechtlich.

§ 1408 BGB in seiner uneingeschränkten Form ist daher verfassungsrechtlich bedenklich.

Die Nebengüterrechtsprechung verstößt u.a. gegen das Ge-waltenteilungsprinzip und ist ebenfalls verfassungswidrig. Sie ist schon deshalb nicht geeignet, die für den Zugewinn-ausgleich nachteilige Kernbereichslehre zu kompensieren.

VII. Was tun? – FazitGewiss erscheint die Situation festgefahren, weil sich, was das Nebengüterrecht betrifft, eine Jahrzehnte lange Rechtspre-chung gefestigt hat, auch wenn diese angesichts der zwar nicht durchgehend intensiven, aber eben durchgehenden kritischen wissenschaftlichen Diskussion62 keine gewohnheitsrechtliche Qualität haben kann. Der 21. Deutsche Familiengerichtstag wird sich im Oktober 2015 mit diesen Fragen befassen.63

Die Diskriminierung des Zugewinnausgleichs i.R. der Kern-bereichslehre des BGH einerseits und die rechtlichen Beden-ken gegen das Nebengüterrecht andererseits verlangen gerade deshalb dringend nach einer gesetzlichen Lösung.

Bis dahin ist eine Öffnung der Kernbereichslehre zugunsten des Zugewinnausgleichs erforderlich. Im Rahmen der Aus-übungskontrolle könnten die Gütertrennung rechtfertigende Umstände, wie sie in der Rechtsprechung bereits behandelt wurden, berücksichtigt werden. Als Beispiele seien folgende berücksichtigungsfähigen Interessen genannt:

am Erhalt der wirtschaftlichen Erwerbsgrundlage (Arzt-praxis)64

am Erhalt des elterlichen Hofes65

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aus der PraxisBüte · Verbraucherinsolvenz und Unterhalt

am Erhalt des Geschäfts der eigenen Eltern66

an der Erhaltung einer Unternehmensbeteiligung67

eines Selbstständigen nach vorangegangener Insolvenz68

eines selbstständigen Gewerbetreibenden, das Betriebs-vermögen aus der güterrechtlichen Auseinandersetzung heraus zu halten.69

Derartige Umstände wären gegen ehebedingte Nachteile des betroffenen Ehegatten abzuwägen, insbesondere also gegen den Umstand, ob ausnahmsweise die beiderseitigen Eheleis-tungen nicht als gleichwertig anzusehen sind und ob und in welchem Umfang dem benachteiligten Ehegatten die Mög-lichkeit zu eigener Vermögensbildung entgangen ist.

Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlich uneinge-schränkten Möglichkeit der Gütertrennung sollte seitens der Gerichte dem BVerfG ebenso vorgelegt werden wie die die Rechtspraxis zur sog. konkludenten Ehegatteninnengesell-schaft.

Verbraucherinsolvenz und UnterhaltVon �Dieter Büte, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht, Bad Bodenteich/Celle

Rund 6,5 Mio. erwachsene Deutsche waren im Jahre 2010 nach Erhebung in der Kreditreform nicht in der Lage, ihren Kreditverpflichtungen nachzukommen. Nach Arbeitslosigkeit mit 28,3 % waren Trennung und Scheidung mit 14,9 % die zweithäufigste Ursache der Überschuldungssituation. Für den Bereich des Unterhalts ist das durch die Insolvenzord-nung (InsO) vom 05.10.1994 eingeführte Verbraucherinsol-venzverfahren deshalb von erheblicher Bedeutung. Durch die Möglichkeit der Restschuldbefreiung (§§ 286 ff. InsO) besteht für den redlichen Gläubiger die Möglichkeit, sich von seinen aufgelaufenen Verbindlichkeiten zu befreien und zugleich auch die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Durch das am 01.07.2014 in Kraft getretene Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und der Stärkung der Gläubigerrechte1 sind zahlreiche Änderungen eingetreten. Kern der Reform ist, dass sich das Restschuld-befreiungsverfahren von 6 Jahre auf 5 Jahre bei Tragung der Verfahrenskosten und auf 3 Jahre bei Erfüllung einer Min-destquote um 35 % verkürzt. Außerdem sind die Gläubiger-rechte gestärkt, da die Stellung von Versagungsanträgen jederzeit bis spätestens im Schlusstermin schriftlich erfolgen kann. Neue Versagungsgründe sind eingeführt worden; dem Schuldner obliegt eine angemessene Erwerbstätigkeit schon mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens; die Erteilung der Restschuldbefreiung kann nunmehr widerrufen werden; Un-terhaltsberechtigte werden geschützt, das Lohnabsetzungs-privileg ist abgeschafft; die Erteilung, Versagung und der Wi-derruf einer Restschuldbefreiung wird in einem Schuldnerver-zeichnis festgehalten. Zudem erfolgt die Entscheidung über die Restschuldbefreiung als Zulässigkeitsprüfung von Amts wegen schon mit dem Eröffnungsbeschluss. Für den Bereich des Unterhaltsrechts sind von besonderer Bedeutung die Änderungen in den §§ 174 Abs. 2, 302 Nr. 1 InsO, wonach von der Restschuldbefreiung Verbindlichkeiten aus rückstän-digem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt hat, ausgenommen sind.2 Der folgende Beitrag stellt den Ablauf eines Verbraucherinsolven-zverfahrens dar, behandelt die Auswirkungen der Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens auf das Unterhalts-recht einschließlich der verfahrensrechtlichen Auswirkungen und befasst sich letztendlich mit der Frage der Obliegenheit zur Einleitung eines Verbraucher insolvenzverfahrens.

I. ablauf eines Verbraucherinsolvenzverfahrens (§§ 304 ff. InsO)

1. anwendungsbereich und antragsberechtigungNach § 304 Abs. 1 Satz 1 InsO steht das Verbraucherinsol-venzverfahren natürlichen Personen offen, die keine selbstän-dige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben bzw. ausgeübt haben. Erfasst werden Arbeitnehmer und sonstige unselbständig Be-schäftigte, z.B. Kirchenbedienstete und Beamte, Arbeitslose und Empfänger von Sozialleistungen (z.B. Krankgeld oder Arbeitslosengeld I und II), Rentner, Schüler, Umschüler, Stu-denten, Soldaten, Zivildienstleistende und Strafgefangene.3 § 304 Abs. 1 Satz 2 InsO erweitert den Anwendungsbereich auf ehemals Selbständige (Kleinunternehmer), deren Vermö-gensverhältnisse überschaubar sind und gegen die keine For-derungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Eine Anwendung des Verbraucherinsolvenzverfahrens ist ausgeschlossen, wenn die selbständige wirtschaftliche Tätigkeit derzeit noch aktiv (d.h. schon oder noch) ausgeübt wird, unabhängig davon, ob die konkrete Verschuldungssituation überschaubar ist.4 Abzustellen ist dabei auf den Zeitpunkt der Antragstellung.5 Voraussetzung einer selbständigen Tätigkeit ist ein planmä-ßiges Auftreten am Markt, wobei sich die Tätigkeit organisa-torisch verfestigt und einen nennenswerten Umfang erreicht haben muss.6 Daran fehlt es bei jährlichen Einnahmen unter 2.100 €.7 Für die Frage der Überschaubarkeit ist maßgeblich die Zahl der Gläubiger, nicht aber die Zahl der angegebenen Forderungen.8 Bundesländer und/oder Kommunen gelten da-bei als ein Gläubiger, auch wenn verschiedene Behörden der Körperschaft Forderungen geltend machen.9 Eine Überschau-barkeit der Vermögensverhältnisse ist nach Abs. 2 nur dann gegeben, wenn der ehemalige Kleinunternehmer weniger als

1 BGBl. I S. 2379.2 Vgl. dazu Kohlenberg FuR 2015, 515; Perleberg-Kölbel FuR 2015, 393 ff.3 BGH ZInsO 2010, 1558.4 BGH NZI 2003, 105.5 Andres/Leithaus, InsO, 3. Aufl., § 304 Rn. 8.6 BGH ZInsO 2011, 932.7 BGH ZInsO 2011, 932.8 BGH ZInsO 2005, 1163.9 BGH ZInsO 2011, 1251.

66 BGH FamRZ 2007, 1310 = FuR 2007, 373.67 BGH FamRZ 2008, 386 = FuR 2008, 235.68 OLG Hamm FF 2013, 316.69 OLG Hamm FamRZ 2006, 1034 = NJW 2006, 3719 = FuR 2006, 217.

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20 Insolvenzgläubiger hat. Die Einschränkung, dass keine For-derungen aus Arbeitsverhältnissen vorliegen dürfen, ist weit auszulegen, so dass auch Forderungen erfasst werden, die mit einem Arbeitsverhältnis bloß in einem Zusammenhang ste-hen.10 Maßgeblich ist auch hier nach herrschender Meinung11 der Zeitpunkt der Antragstellung. Umstritten ist, ob auch Ansprüche eines Sozialversicherungsträgers erfasst werden.12

2. ablauf des VerbraucherinsolvenzverfahrensDas Verfahren gliedert sich in drei bzw. vier (falls Restschuld-befreiung beantragt wird) Abschnitte, die strikt einzuhalten sind.

a) außergerichtliches SchuldenbereinigungsverfahrenDem eigentlichen Verfahren hat zunächst ein außergerichtli-cher Einigungsversuch voranzugehen, in dem der Schuldner eine vergleichsweise Verständigung mit sämtlichen Gläubi-gern zu suchen hat. Widerspricht nur ein einziger Gläubiger dem Schuldenbereinigungsplan, ist die außergerichtliche Schuldenbereinigung gescheitert. Gelingt sie, hat der Schul-denbereinigungsplan die Wirkung eines Vergleichs i.S.v. § 779 Abs. 2 BGB,13 der jedoch nur durch eine notarielle Beurkundung mit einer Unterwerfungsklausel nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO zu einem Titel wird.

b) Gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren (§§ 305-310 InsO)Scheitert ein außergerichtliches Schuldenbereinigungsver-fahren, folgt ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfah-ren. Nach § 305a InsO gilt eine außergerichtliche Schul-denbereinigung als gescheitert, wenn ein Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt, nachdem die außergerichtli-che Schuldenbereinigung aufgenommen worden ist. Diese Vorschrift enthält eine Fiktion hinsichtlich des Scheiterns einer außergerichtlichen Einigung. Nach der gesetzlichen Neuregelung des § 306 InsO ist nunmehr das gerichtlichen Schuldbereinigungsverfahren nicht mehr zwingend durch-zuführen. Das Insolvenzgericht trifft nach Satz 3 eine Pro-gnoseentscheidung, bei der die Wahrscheinlichkeit des Er-folges des gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens zu beurteilen ist.

§ 305 InsO enthält in der ab 01.07.2014 geltenden Fassung die Anforderungen an Form und Inhalt des schriftlichen An-trages auf Eröffnung der Verbraucherinsolvenz. Eröffnungs-grund sind Zahlungsunfähigkeitt (§ 17 InsO) oder drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO).

aa) Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO)§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO enthält die gesetzliche Definition der Zahlungsunfähigkeit, die i.d.R. anzunehmen ist, wenn ein Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Zur Wider-legung der Zahlungseinstellung ist der Nachweis der Zah-lungsfähigkeit erforderlich.14 Der Schuldner hat die Zahlun-gen eingestellt, wenn er einen maßgeblichen Teil der fälligen Verbindlichkeiten nicht bezahlt. Die Zahlungsunfähigkeit wird festgestellt durch eine Gegenüberstellung der aktu-ell fälligen Verbindlichkeiten und der liquiden Mittel des Schuldners. Eine Liquiditätslücke darf regelmäßig nicht län-ger als drei Wochen andauern.15 Eine eigene Erklärung eines Schuldners, eine fällige Verbindlichkeit nicht begleichen zu können, deutet auf eine Zahlungseinstellung hin, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte versehen ist.16 Die tatsächliche

Nichteinzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Ver-bindlichkeiten reicht für die Annahme einer Zahlungsein-stellung aus,17 und zwar auch dann, wenn tatsächlich noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen.18 Abzugrenzen ist die Zahlungsunfähigkeit von einer nur vorübergehenden Zahlungsstockung, die nach der Begründung des Regierungsentwurfes nur vorliegt, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt liquide Mittel fehlen, die aber kurzfristig wieder beschafft werden können.19 In der Recht-sprechung20 und der herrschenden Meinung21 ist anerkannt, dass eine geringe Liquiditätslücke – regelmäßig bis maximal 10 % – nicht unter § 17 InsO fällt. Dann handelt es sich um eine Zahlungsstockung.22 Der BGH23 hat nicht nur eine drohende Zahlungsunfähigkeit, sondern eine endgültige Zahlungsunfähigkeit bejaht, nachdem ein titulierter Unter-halt von 272,52 € lediglich in Höhe von 116 € monatlich gepfändet werden konnte und wegen der ausstehenden Un-terhaltsschulden die eidesstattliche Versicherung abgegeben worden war. Da der Schuldner damit nicht in der Lage war, seine fälligen Unterhaltspflichten zu erfüllen, hat der BGH eine Zahlungsunfähigkeit bejaht.24

bb) Drohende ZahlungsunfähigkeitEine drohende Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn ein Schuldner seine bestehenden Zahlungsverpflichtungen voraussichtlich nicht im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit erfüllen kann. Zu berücksichtigen sind dabei sämtliche – fällige sowie künftig fällig werdende – Verbindlichkeiten. Notwendig ist somit eine Prognoseentscheidung. Ein Schuldner wird zur Erfüllung der bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit voraussichtlich nicht in der Lage sein, wenn eine Liquiditätslücke von mindestens 10 % der fälligen Ge-samtverbindlichkeiten, die nicht innerhalb von drei Wochen geschlossen werden kann, unter Berücksichtigung der beste-henden, aber erst künftig fällig werdenden Verbindlichkeiten und der im entsprechenden Zeitraum verfügbaren Zahlungs-mittel voraussichtlich eintreten wird.25 Umstritten ist, wie lange der Prognosezeitraum auszudehnen ist (maximal 3-6 Monate bis zu maximal 2-3 Jahre).26

10 BGH NZI 2005, 675, 677; 2011, 425.11 Nerlich/Römermann/Römermann, Insolvenzordnung, Stand Juli 2013, § 304

Rn. 31; Kübler/Prütting/Wenzel, Kommentar zur InsO, Stand Oktober 2013, § 304 Rn. 19.

12 Vgl. dazu die Nachweise bei Andres/Leithaus, § 304 Rn. 10.13 Poppen in: Büte/Poppen/Menne, Unterhaltsrecht, 3. Aufl., S. 619 Rn. 5.14 BGH NZI 2012, 416.15 BGH NJW 2005, 3062; NZI 2007, 517.16 BGH NZI 2002, 34.17 BGH NZI 2002, 34.18 BGH NJW 2001, 1650.19 BT Drucks. 12/2443, S. 114.20 BGH NJW 2005, 3062.21 Nerlich/Römermann/Mönning, § 17 Rn 16.22 Andres/Leithaus, § 17 Rn 2.23 FamRZ 2005, 608.24 Vgl. auch Melchers/Hauß, Unterhalt und Verbraucherinsolvenz Rn. 130.25 BGH ZIP 2009, 1966.26 Vgl. die Nachweise bei Andres/Leithaus, § 18 Rn 5 m.w.N.

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c) Wohlverhaltensperiode und RestschuldbefreiungDie §§ 286-303 InsO regeln das sog. Restschuldbefreiungs-verfahren, durch das ein Insolvenzschuldner Schuldenfreiheit erlangen kann. Die Restschuldbefreiung setzt gem. § 287 Abs. 1 Satz 1 InsO einen Antrag des Schuldners voraus, der mit einem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ver-bunden werden soll. Gem. Abs. 2 ist dem Antrag die Erklä-rung beizufügen, dass der Schuldner seine pfändbaren Forde-rungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge für die Zeit von sechs Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Abtretungsfrist) an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt (sog. Wohlverhaltensperiode). Die Frist kann auf Antrag nach § 300 InsO auf drei bzw. fünf Jahre verkürzt werden. Voraus-setzung für die Verkürzung auf drei Jahre ist der Ausgleich der Verfahrenskosten durch den Schuldner und die Befriedigung der Forderungen der Insolvenzgläubiger von mind. 35 % der Fälle. Die Verkürzung auf fünf Jahre kommt in Betracht nach Ausgleich der Verfahrenskosten.

In einem Schlusstermin (§ 197 InsO) entscheidet dann das Insolvenzgericht über den Antrag auf Restschuldbefreiung. Sofern ein Insolvenzverfahren aufgrund eines Gläubigeran-trages eröffnet worden ist, muss das Insolvenzgericht den Schuldner darauf hinweisen, dass für die Restschuldbefreiung ein Eigenantrag erforderlich ist. Fehlt es an diesem Hinweis, reicht der Antrag auf Restschuldbefreiung durch den Schuld-ner, um die entsprechende Aussicht zu erhalten.27 Sofern die Versagungsgründe des § 290 InsO nicht vorliegen, erlangt der Schuldner Restschuldbefreiung, sofern er den Obliegenheiten nach § 295 InsO nachgekommen ist und die Versagungs-gründe der §§ 297, 298 InsO nicht vorliegen. Gemäß § 300 InsO entscheidet das Insolvenzgericht nach Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Insolvenzverwalters oder Treuhänders und des Schuldners durch Beschluss über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Ausgenommen von der Restschuldbe-freiung sind nach § 302 Nr. 1 InsO Verbindlichkeiten des Schuldners aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt hat.

Praxishinweis:

Gem. § 174 Abs. 2 InsO hat der Unterhaltsgläubiger des-halb nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Unterhalts-forderung beim Insolvenzverwalter anzumelden. Dabei sind der Grund und der Betrag der Forderung anzugeben sowie die Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung des Gläu-bigers ergibt, dass hier eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung zugrunde liegt.

Sofern der Insolvenzverwalter bestreitet, dass es sich um eine vorsätzliche pflichtwidrige Verletzung einer gesetzlichen Un-terhaltspflicht gehandelt hat, kann ein Unterhaltsgläubiger im Wege des Feststellungsantrages beim Familiengericht gel-tend machen, dass die Nichterfüllung titulierter Unterhalts-forderungen eine vorsätzlich begangene unerlaubte Hand-lung darstellt.28

II. Obliegenheit zur Einleitung eines InsolvenzverfahrensOb Schulden eines Unterhaltspflichtigen zu beachten sind, ist nach der allgemeinen Regel des § 1603 BGB zu entscheiden,

der in Abs. 1 die Berücksichtigung der sonstigen Verpflich-tungen des Unterhaltsschuldners vorsieht. Andererseits dür-fen die anderen Verbindlichkeiten auch nicht ohne Rücksicht auf die Unterhaltsinteressen getilgt werden. Vielmehr bedarf es eines Ausgleichs der Belange von Unterhaltsgläubigern, Unterhaltsschuldner und Drittgläubiger. Insoweit sind in Fällen, in denen der Mindestunterhalt beeinträchtigt würde, insb. der Zweck der daneben eingegangen Verbindlichkeiten, der Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Dringlich-keit der beiderseitigen Bedürfnisse, die Kenntnis des Unter-haltsschuldners von Grund und Höhe der Unterhaltsschuld und seine Möglichkeiten bedeutsam, die Leistungsfähigkeit in zumutbarer Weise wieder herzustellen. Da minderjährige Kinder nicht zur Deckung des notwendigen Lebensbedarfs beitragen können, kann bei einer Unterschreitung des Min-destunterhalts eine Berücksichtigung der Verbindlichkeiten (teilweise) ausscheiden. Etwas anderes wird aber in Betracht kommen, wenn und soweit dem Unterhaltsschuldner wegen Grund und Höhe seiner anderweitigen Schulden die Beru-fung auf diese Verpflichtungen nicht nach Treu und Glauben versagt ist und ihm deshalb billigerweise nicht abverlangt wer-den kann, ohne Bedienung der anderen Schulden weiterhin Unterhalt in Höhe des vollen Bedarfs der Kinder zu leisten.29

Praxishinweis:

Der für seine Leistungsunfähigkeit darlegungs- und beweis-pflichtige Schuldner hat zunächst zu konkreten Bemühun-gen um eine Minderung der aktuellen Belastung im Wege der Stundung oder Streckung der Raten bzw. Aussetzung der Tilgung vorzutragen.

Im Rahmen der Interessenabwägung ist es dann von besonde-rer Bedeutung, ob für den Unterhaltspflichtigen die Obliegen-heit besteht sich zur Steigerung seiner unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit gegenüber den anderen Gläubigern auf die Pfändungsfreigrenzen gem. §§ 850c, 850 f. ZPO zu berufen. Das ist dann der Fall, wenn ein Verbraucherinsolvenzverfah-ren mit der Möglichkeit der Restschuldbefreiung gegeben ist und dieses zulässig und geeignet ist, den laufenden Unterhalt eines minderjährigen Kindes dadurch sicherzustellen, dass der Unterhaltspflicht Vorrang vor sonstigen Verbindlichkeiten eingeräumt wird.30

Die frühere Rechtsprechung des BGH31 hat es stets abgelehnt, den Unterhaltsberechtigten einen allgemeinen Vorrang vor an-deren Verbindlichkeiten einzuräumen. Auch aus verfassungs-rechtlichen Gründen32 wurde es als unzumutbar angesehen, dass ein Unterhaltsschuldner durch seine Unterhaltszahlungen in immer tiefere Schulden geriet.33 Damit wurde ein Unter-

27 BGH FamRZ 2005, 703.28 BGH FuR 2014, 301 = FamRZ 2014, 32 zum früheren Zustand; vgl. einge-

hend Kohlenberg FuR 2015, 515.29 BGH FamRZ 2013, 616 = FuR 2013, 274; BGH FamRZ 2014, 923 = FuR

2014, 415.30 BGH FamRZ 2005, 608 = FuR 2005, 246; BGH FamRZ 2008, 497 = FuR

2008, 144.31 FamRZ 1984, 477.32 BVerfG FamRZ 2001, 1685 = FuR 2002, 175; BVerfG FamRZ 2002, 1397 =

FuR 2002, 409; vgl. auch BGH FamRZ 1989, 1399.33 Vgl. auch BGH FamRZ 2008, 137 = FuR 2008, 92.

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haltsgläubiger auf die Sozialhilfe verwiesen. Nachdem der Ge-setzgeber aber mit den §§ 286 ff., 304 ff. InsO die Möglichkeit einer Verbraucherinsolvenz mit Restschuldbefreiung geschaf-fen hat, ist dieser Rechtsprechung, soweit eine Restschuld-befreiung in Betracht kommt, der Boden entzogen. Weil die sonstigen Verbindlichkeiten – einschließlich des rückständigen Unterhalts – als Insolvenzforderungen der Restschuldbe-freiung unterliegen, sind sie im Insolvenzverfahren bei der Bemessung des laufenden Unterhalts, der nach § 36 Abs. 1 InsO i.V.m. den §§ 850c, 850i ZPO sichergestellt ist, nicht mehr zu berücksichtigen. Um dem Unterhaltsberechtigten trotz einer erheblichen Verschuldung durch Unterhaltspflich-ten überhaupt einen Unterhaltsanspruch zu erhalten, kann den nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB gesteigert Unter-haltspflichtigen sogar eine Obliegenheit zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz treffen.34 Eine Ausnahme ist gegeben, wenn die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens den Arbeitsplatz des Unterhaltspflichtigen gefährden würde.35 Keine Obliegenheit besteht im Hinblick auf Ehegattenunter-haltsansprüche,36 Unterhaltsansprüche nach § 1615 l BGB37 sowie Ausbildungsunterhaltsansprüche Volljähriger. Aller-dings kann nach Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzver-fahrens auch ein Ehegatte von der danach gegebenen höheren Leistungsfähigkeit profitieren.

Erscheint ein Verbraucherinsolvenzverfahren zulässig und ge-eignet, den Unterhaltsansprüchen minderjähriger oder ihnen gleichgestellter Kinder nach § 1603 Abs. 2 BGB Vorrang vor sonstigen Verbindlichkeiten des Unterhaltsschuldners ein-zuräumen, trifft den Unterhaltsschuldner ein Obliegenheit zur Einhaltung dieses Verfahrens, sofern er nicht Umstände vorträgt, die eine Antragspflicht im konkreten Einzelfall als unzumutbar darstellen.38 Insoweit sind die unmittelbaren Vorteile der Einleitung des Insolvenzverfahrens mit dessen Nachteilen39 abzuwägen. Die Obliegenheit besteht unter fol-genden Voraussetzungen:40

Unterhaltsrelevante Verbindlichkeiten: Die vom Un-terhaltspflichtigen geltend gemachten Verbindlichkeiten müssen unterhaltsrelevant sein. Verbindlichkeiten, die leichtfertig für luxuriöse Zwecke oder ohne verständlichen Grund eingegangen sind, bleiben unberücksichtigt.41

Mangelfall: Voraussetzung ist ein unterhaltsrechtlicher Mangelfall, sodass es eines Verbraucherinsolvenzverfahrens nicht bedarf, wenn der Unterhaltsbedarf des Pflichtigen gedeckt ist.

Erhöhung der Leistungsfähigkeit: Die Durchführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens muss die Leistungsfä-higkeit messbar erhöhen. Die Verpflichtung entfällt auch, wenn der Unterhaltspflichtige die Verbindlichkeiten so umschuldet, dass er in etwa leistungsfähig ist wie bei einer Verbraucherinsolvenz.42

Nachhaltigkeit der Erhöhung: Die Dauer des Insolvenz-verfahrens ist abzuwägen mit der Restlaufzeit des Kredites und der voraussichtlichen Dauer der gesteigerten Unter-haltspflicht. Steht die wirtschaftliche Selbständigkeit von Kindern kurzfristig bevor, entfällt die Obliegenheit zur Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens.43 Glei-ches gilt, wenn die Kredite regulär in absehbarer Zeit zu-rückgeführt sind.

Näheverhältnis: Die Verpflichtung entfällt auch, wenn zwischen dem Unterhaltsschuldner und seinen Drittgläu-bigern ein besonderes Näheverhältnis besteht, so z. B. bei

einer Darlehensverbindlichkeit des Unterhaltsverpflichte-ten gegenüber seinen Eltern.

Der Einleitung eines Insolvenzverfahrens steht nicht entgegen

dass der Unterhaltsschuldner mit weiteren Kosten belastet wird (§ 4a InsO)

dass der Unterhaltsschuldner durch die Bestellung eines Treuhänders im Insolvenzverfahren gem. den §§ 313 Abs. 1, 292 InsO in seiner wirtschaftlichen Selbständigkeit nicht unerheblich eingeschränkt wird.

III. Rechtsfolgen einer Insolvenzeröffnung

1. Insolvenzbeschlag und zur Verfügung stehendes EinkommenDie Eröffnung des Verfahrens bewirkt den Insolvenzbeschlag. Es gilt das Vollstreckungsverbot des § 89 InsO, wobei sich die sog. Rückschlagsperre nach § 312 Abs. 1 InsO, d.h. die Un-wirksamkeit von Zwangsvollstreckungen, auf einen Zeitraum von drei Monaten vor Antragstellung bezieht. Die Einleitung der Verbraucherinsolvenz mit der Möglichkeit der Rest-schuldbefreiung führt stets zu einem Vorrang der laufenden Unterhaltsansprüche gegenüber den Insolvenzforderungen, einschließlich des rückständigen Unterhalts.44 Denn nach § 36 Abs. 1 InsO gehören Einkünfte nicht zur Insolvenzmas-se, soweit sie nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen. Das gilt nach den §§ 850 Abs. 2, 850c ZPO auch für pfändungs-freies laufendes Arbeitseinkommen, soweit es für den eigenen Unterhalt oder zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsansprü-che privilegiert ist. Bzgl. rückständiger Unterhaltsforderun-gen handelt es sich um normale Insolvenzforderungen, die beim Insolvenzverwalter anzumelden sind.

Nachstehend sollen die Auswirkungen des Insolvenzverfah-rens an zwei Beispielen aufgezeigt werden:

Beispiel 1: (ohne Insolvenzantrag)

Einkommen des Pflichtigen 1.950 €abzgl. 5 % berufsbedingte Unkosten 98 €abzgl. Verbindlichkeiten 400 €abzgl. Kind 1 (317 €./. 92 €) 225 €abzgl. Kind 2 (317 €./. 92 €) 225 €abzgl. Kind 3 (317 €./. 85 €) 222 €Einkommen des Pflichtigen 792 €

34 BGH FamRZ 2005, 608, 610 = FuR 2005, 246; BGH FamRZ 2014, 923 = FuR 2014, 415.

35 OLG Oldenburg FamRZ 2006, 1223 = FuR 2006, 281.36 BGH FamRZ 2008, 497 = FuR 2008, 144.37 OLG Koblenz NJW-RR 2005, 1457 = FuR 2005, 463.38 BGH FamRZ 2005, 608 = FuR 2005, 246; OLG Hamm FamRZ 2001, 441;

OLG Dresden FamRZ 2003, 1028; OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 656.39 Vgl. insoweit Weisbrodt FamRZ 2003, 1240, 1244.40 Poppen in: Büte/Poppen/Menne, S. 622 Rn 15 ff.41 BGH FamRZ 1996, 321.42 OLG Hamm NJW-RR 2007, 866 = FuR 2007, 437.43 BGH FamRZ 2005, 608 = FuR 2005, 246.44 BGH FamRZ 2008, 437.

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Bei einem Selbstbehalt von 1.080 € (ab 01.01.2015) kann der Pflichtige den Gesamtunterhalt von 672 € nicht zah-len. Zur Verfügung stehen (1.950 €./. 98 €./. 400 €./. 1.080 € =) 372 €. Daher stehen jedem Kind 55,36 % des Mindestunterhalts zu.

Beispiel 2: (mit Verbraucherinsolvenz)

Der Pfändungsfreibetrag (ab 01.07.2015) nach § 850c ZPO von 1.073,88 € zzgl. eines Zuschlages von 404,16 € für den ersten Unterhaltsberechtigten (K 1) und für die weiteren Un-terhaltsberechtigten (K 2 und K 3) von je 225,17 € beträgt 1928,38 €. Als Zuschlag für das Mehreinkommen (§ 850c Abs. 2 Satz 1 ZPO) zwischen dem tatsächlichen Einkom-men und dem Pfändungsfreibetrag sind dem Unterhalts-pflichtigen selbst 3/10, für K 1 2/10 sowie für K 2 und K 3 je 1/10 zu gewähren. Die Differenz zwischen dem Einkommen von 1.950 € und dem Pfändungsfreibetrag von 1.928,38 € beträgt 21,62 €, so dass der Pfändungsfreibetrag um 7/10 und damit um 15,13 € zu erhöhen ist. Der gesamte Pfän-dungsfreibetrag beläuft sich damit auf 1.943,51 €. Daraus ergibt sich folgende Unterhaltsberechnung:

Einkommen des Pflichtigen (gerundet) 1.944,00 €abzgl. 5 % 98,00 €abzgl. Schulden 0 €abzgl. Kindesunterhalt 672,00 €Rest Unterhaltspflichtiger 1.174,00 €

Nach Einleitung der Verbraucherinsolvenz können somit die Unterhaltsansprüche voll befriedigt werden. Insgesamt fließen an die Kinder 672 € im Gegensatz zu 372 € ohne Einleitung der Verbraucherinsolvenz, mithin 300 € mehr.

Weitere Erhöhungen des Pfändungsfreibetrages sind gemäß § 850 ZPO wegen unpfändbarer Bezüge wie Weihnachtsgeld und Mehrarbeitsstunden möglich sowie in besonderen Fällen nach § 850 f. ZPO.

2. Unterhaltsrelevantes Einkommen bei SelbständigenFür die Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkom-mens eines Selbständigen gelten obige Grundsätze nicht. Honoraransprüche pp. fallen in vollem Umfang und ohne Abzüge in die Insolvenzmasse und sind deshalb als verfüg-bares Einkommen entzogen.45 Da Honoraransprüche »nicht wiederkehrend zahlbare Vergütungen für persönlich geleis-tete Arbeiten oder Dienste« im Sinne des § 850i ZPO sind, kann der Selbständige in der Insolvenz als Gemeinschuldner beantragen, ihm von den pfändbaren Honoraransprüchen so viel als Einkommen zu belassen, wie er für den eigenen notwendigen Unterhalt und den seiner Unterhaltsberech-tigten benötigt, höchstens aber so viel, wie ihm verbleiben würde, wenn sein Einkommen aus laufendem Dienst- oder Arbeitslohn bestände (§ 36 Abs. 1 InsO i.V.m. § 850i ZPO).

45 BGH NJW 1999, 1544; FamRZ 2008, 137 = FuR 2008, 92.46 BGH NJW 2003, 2167.47 OLG Hamm FamRZ 2005, 279, 280.48 OLG Hamm FamRZ 2005, 279; OLG Koblenz FamRZ 2003, 109 = FuR

2003, 186.49 OLG Jena FamRZ 2012, 641 = FuR 2012, 212.

Wird ein solcher Antrag gestellt, hat der Schuldner die Vo-raussetzungen für die Gewährung des geltend gemachten pfändungsfreien Anteils dazulegen. Genügt er dem nicht, hat dies zur Folge, dass eine Verringerung der zur Insolvenz-masse gehörenden Einkünfte unterbleibt und ihm deswegen weniger für den eigenen Unterhalt und die Erfüllung seiner Unterhaltspflichten zur Verfügung steht.46 Der Schuldner kann allerdings beim Vollstreckungsgericht beantragen, ihm von dem nach § 850i ZPO pfändbaren Teil seiner Honora-ransprüche einen weiteren Teil zu belassen, der für seinen notwendigen Lebensunterhalt neben den geschuldeten Un-terhaltsleistungen und für besondere Bedürfnisse aus per-sönlichen und beruflichen Gründen erforderlich ist (§ 850i Abs. 1 lit. a und b ZPO).

3. Verfahrensrechtliche auswirkungenSofern während eines laufenden Unterhaltsverfahrens ein Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet wird, wird das Un-terhaltsverfahren gemäß §§ 113 FamFG, 240 ZPO unterbro-chen, sofern es die Insolvenzmasse betrifft. Entsprechendes gilt, soweit die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen eines Schuldners auf einen vorläufigen In-solvenzverwalter übergeht. Die Unterbrechung dauert, bis das Verfahren nach den für das Insolvenzverfahren gelten-den Vorschriften (§§ 85, 86 InsO) aufgenommen wird. In die Insolvenzmasse fallen alle nach §§ 35, 36 InsO erfassten pfändbaren Gegenstände, die dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung gehören. Aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung stammt auch der im Eröffnungsmonat fällig gewordene Un-terhalt.47 Rückständige Unterhaltsforderungen sind Insol-venzforderungen, die der Restschuldbefreiung unterliegen, sofern nicht der Ausnahmetatbestand des § 302 Nr. 1 InsO eingreift. Ab Verfahrenseröffnung fällig werdende Unterhalts-ansprüche können unabhängig vom Insolvenzverfahren gel-tend gemacht werden. Soweit ein Unterhaltsverfahren sowohl rückständigen als auch laufenden Unterhalt erfasst, erfasst die Unterbrechung nur die bis zur Insolvenzeröffnung entstande-nen Ansprüche.48 Im Wege der Verfahrenstrennung (§§ 113 FamFG, 145 ZPO) ist eine Aufteilung vorzunehmen.49 Eine nur teilweise Unterbrechung tritt auch ein, wenn ein Unter-haltsschuldner im Wege eines Abänderungsantrages (§§ 238, 239 FamFG) eine Herabsetzung begehrt.

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FuR 10 · 2015588

Geschiedenenunterhalt– teil 1

Von Carsten Kleffmann, Rechtsanwalt, Hagen

Die noch während der Ehe und bis zur Scheidung bestehende gesteigerte Verantwortung der Eheleute füreinander ist nach Scheidung abgeschwächt,1 wirkt aber weiter in Form einer sich aus Art. 6 Abs. 1 GG ergebenden fortwirkenden nach-ehelichen Solidarität und Verantwortung.2

Stärker als während der Trennung gilt nach Scheidung der Grundsatz der wirtschaftlichen Eigenverantwortung.3 Der Gesetzgeber hat bewusst keine Generalklausel aufge-nommen, aufgrund derer dem wirtschaftlich schwächeren Ehegatten nach Scheidung im Fall der Bedürftigkeit Unter-halt zu gewähren ist. Die in §§ 1570-1576 BGB enthaltenen Unterhaltstatbestände stellen sich als numerisch aufgeführte Ausnahmeregelungen (Enumerationsprinzip) des allgemei-nen Grundsatzes dar, dass jeder Ehegatte nach Scheidung für seinen Unterhalt selbst zu sorgen hat. Nach §§ 1570 ff. BGB kann ein geschiedener Ehegatte Unterhalt nur verlangen, wenn einer der nachfolgend aufgeführten Unterhaltstatbe-stände erfüllt ist:

Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes, § 1570 BGB Alter, § 1571 BGB Krankheit oder Gebrechen, § 1572 BGB Erwerbslosigkeit bis zur Erlangung einer angemessenen

Erwerbstätigkeit, § 1573 Abs. 1 BGB Aufstockung, § 1573 Abs. 2 BGB Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung, § 1575 BGB Billigkeit, § 1576 BGB

Der geschiedene Ehegatte ist unterhaltsberechtigt, wenn und soweit er seinen Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnis-sen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) aus einem der in §§ 1570-1576 BGB genannten Gründe nicht selbst decken kann und deshalb bedürftig ist.

Prüfungsschema beim nachehelichen Unterhalt:

Ist die Ehe rechtskräftig geschieden, §§ 1569, 1564 Satz 2 BGB?

Liegt ein Unterhaltstatbestand nach §§ 1570-1576 BGB vor?

Welcher Bedarf besteht nach den ehelichen Lebensver-hältnissen?

Kann sich der Unterhalt begehrende Ehegatte aus seinen Einkünften und seinem Vermögen nicht selbst unterhal-ten (Bedürftigkeit, § 1577 BGB)?

Ist der Verpflichtete leistungsfähig, § 1581 BGB? Ist der Unterhalt nach § 1578b BGB herabzusetzen oder

zu begrenzen? Ist die Inanspruchnahme des Verpflichteten aus den in

§ 1579 BGB genannten Gründen grob unbillig? Liegen sonstige Ausschlussgründe (Verjährung, Verwir-

kung nach § 242 BGB) vor? Sonstige Fragen (Rangverhältnisse, Mangelfall, Verzug)

I. allgemeine GrundsätzeDer Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist stets ein ein-heitlicher Anspruch. Die Ansprüche können jedoch kombiniert werden, etwa wenn die Betreuung eines ge-meinsamen Kindes eine Halbtagsbeschäftigung zulässt, der Ehegatte aber keine Stelle zu finden vermag.4 Ist der Berech-tigte vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert, ergibt sich der Anspruch allein aus §§ 1570-1572 BGB, und zwar auch für den Teil des Unterhaltsbedarfs, der nicht auf dem Erwerbshindernis, sondern auf dem den angemessenen Le-bensbedarf übersteigenden Bedarf nach den ehelichen Lebens-verhältnissen beruht. Ist der Berechtigte nur teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert, ergibt sich der Anspruch wegen des allein durch die Erwerbshinderung verursachten Einkommen-sausfalls aus §§ 1570-1572 BGB und im Übrigen als Aufsto-ckungsunterhalt aus § 1573 Abs. 2 BGB.5 Der Unterhaltsbe-rechtigte kann die Unterhaltsansprüche auch nacheinander abrufen. Sind die Voraussetzungen der jeweiligen Anspruchs-norm erst zu einem späteren und maßgeblichen Einsatzzeit-punkt gegeben, besteht ein Anspruch auf Anschlussunterhalt. Voraussetzung eines derartigen Anschlussunterhalts ist, dass die einzelnen vorangegangenen Unterhaltsansprüche ohne zeitliche Lücke nahtlos aneinander anschließen (Unterhaltskette).6

Das Bestehen verschiedener Anspruchsgrundlagen macht eine genaue Differenzierung und Bezifferung der verschie-denen Teilansprüche erforderlich.7

In den Fällen der §§ 1570, 1571, 1573, 1575 BGB besteht ein Anspruch nur, wenn die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen zu bestimmten Einsatzzeitpunkten vorliegen. Bei den Ein-satzzeitpunkten handelt es sich um Schutzvorschriften für den Schuldner.8 Sie beschränken den unterhaltsrechtlichen Verantwortungsbereich des Verpflichteten. Beim Betreuungs-unterhalt (§ 1570 BGB), bei Wegfall eines nicht nachhaltig gesicherten Einkommen aus Erwerbstätigkeit (§ 1573 Abs. 4 Satz 1 BGB), beim Billigkeitsunterhalt (§ 1576 BGB) sowie bei Aufleben eines Anspruchs nach Auflösung einer weiteren Ehe (§ 1586a Abs. 1 BGB) bedarf es des Vorhandenseins von Einsatzzeitpunkten nicht.

Der nacheheliche Unterhalt ist nicht identisch mit dem Trennungsunterhalt.9 So kann vor Entstehung des nach-ehelichen Unterhaltsanspruchs der Anspruch nicht wirksam

1 BGH FamRZ 1981, 242 und ständig.2 BGH FamRZ 1999, 710 = FuR 1999, 371.3 BGH FamRZ 1991, 416 = FuR 1991, 416; BGH FamRZ 1990, 2605.4 BGH FamRZ 2007, 793 = FuR 2007, 276; BGH FamRZ 2001, 1687.5 BGH FamRZ 2010, 869 = FuR 2001, 494; vgl. auch Kleffmann in: Scholz/

Kleffmann/Motzer (Hrsg.), Praxishandbuch Familienrecht, Teil H Rn. 46 mit Berechnungsbeispielen, sowie Kleffmann in: Kleffmann/Soyka (Hrsg.), Praxis-handbuch Unterhaltsrecht, 2. Aufl., Kap. 4 Rn. 93 ff.

6 BGH NJW 1995, 1891; OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 1519; OLG München FamRZ 1993, 564.

7 BGH FamRZ 2011, 192 = FuR 2011, 162; BGH FamRZ 2010, 869 = FuR 2010, 394; BGH FamRZ 2009, 770 = FuR 2009, 391.

8 BGH FamRZ 2001, 1291 = FuR 2001, 404.9 BGH FamRZ 1999, 1497 = FuR 1999, 376.

FuR 10 · 2015 589

FuR-BasicsKleffmann · Geschiedenenunterhalt

gemahnt werden, aus einem Trennungsunterhaltstitel kann nach Rechtskraft der Scheidung nicht weiter vollstreckt werden, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist oder soweit nicht Ehegattenunterhalt durch einstweilige Anordnung, die gem. § 56 FamFG grds. auch über die Rechtskraft der Schei-dung hinaus wirkt, tituliert ist.

Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist grds. nicht pfändbar (§ 850b Abs. 1 Satz 2 ZPO) und nicht abtretbar (§ 400 BGB). Die Vorschriften zum nachehelichen Unterhalt gelten bei jedem Güterstand.

Für die Vergangenheit kann Unterhalt grds. nicht verlangt wer-den, Ausnahmen regelt § 1585b BGB. Nach § 1585b Abs. 1 BGB kann Sonderbedarf für die Vergangenheit und nach § 1585b Abs. 2 BGB laufender Unterhalt ab Verzug, Rechts-hängigkeit oder Auskunftsverlangen geltend gemacht werden. Die Bezifferung eines zu niedrigen Betrages begründet Verzug nur in dieser Höhe.10 Eine Zuvielforderung schadet nicht.

Altersvorsorgeunterhalt kann für die Vergangenheit erst ab dem Zeitpunkt verlangt werden, in dem er ausdrücklich geltend gemacht worden ist. Es reicht für die Inanspruch-nahme des Pflichtigen jedoch, dass von ihm Auskunft mit dem Ziel der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs be-gehrt wird. Ist in einem Erstverfahren Altersvorsorgeunterhalt nicht geltend gemacht worden, kann er in einem späteren Verfahren nur gefordert werden wenn im ersten Verfahren ausdrücklich nur ein Unterhaltsteilanspruch geltend gemacht wurde oder der Gläubiger sich wenigstens erkennbar eine Nachforderung vorbehalten hat.11 Für den Unterhaltsgläubi-ger besteht auch eine Obliegenheit zur Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt um Lücken in der Altersversorgung und ehebedingte Nachteile zu vermeiden.12

Nach § 1585b Abs. 3 BGB kann Unterhalt oder Schaden-ersatz wegen Nichterfüllung für eine Zeit, die mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit des Unterhaltsanspruchs liegt, nur verlangt werden, wenn anzunehmen ist, dass der Schuldner sich der Unterhaltszahlung absichtlich entzogen hat.

Nach § 1585c BGB können Ehegatten den nachehelichen Unterhalt vertraglich regeln. Grds. besteht volle Vertragsfrei-heit.13 Vertragliche Regelungen sind grds. konkretisierende und den gesetzlichen Unterhaltsanspruch modifizierende Vereinba-rungen und nur ausnahmsweise novierende Vereinbarungen.

Der nacheheliche Unterhaltsanspruch beginnt mit Rechts-kraft des Scheidungsbeschlusses.14 Er erlischt ganz oder teil-weise mit gänzlichem oder teilweisem Wegfall des Unterhalts-bedarfs, Verzicht, Wiederheirat oder Begründung einer Le-benspartnerschaft, Tod des Berechtigten, wobei rückständige oder fällige Unterhaltsansprüche vererblich sind, im Fall einer Befristung mit Ablauf der Frist, im Zweifel auch bei Vorlie-gen der Verwirkungsvoraussetzungen. Bei Versagung eines Anspruchs wegen Zusammenlebens in eheähnlicher Lebens-gemeinschaft ist nach Beendigung der Gemeinschaft allerdings unter Berücksichtigung zwischenzeitlicher Dispositionen des Verpflichteten eine neue Billigkeitsentscheidung erforderlich.15

Ein infolge Wiederheirat oder Eingehung einer Lebenspart-nerschaft erloschener Anspruch kann nach § 1586a BGB ausnahmsweise wieder aufleben, wenn die neue Ehe aufge-löst wird und der Berechtigte ein Kind aus der alten Ehe zu pflegen und zu erziehen hat.

Verstirbt der Unterhaltsschuldner, geht die Unterhaltspflicht auf den Erben als Nachlassverbindlichkeit über. Die passi-ve Vererblichkeit des Unterhaltsanspruchs des geschiedenen Ehegatten stellt einen Ausgleich für den Verlust erbrechtlicher Ansprüche dar. Dem Erben ist jedoch der Einwand der Haf-tungsbeschränkung auf den Pflichtteil eingeräumt.16 Bei der Bemessung der Haftungsgrenze des § 1586b Abs. 1 Satz 3 BGB sind auch (fiktiv) Pflichtteilsergänzungsansprüche zu berück-sichtigen, die dem Unterhaltsberechtigten gem. § 2325 BGB gegen die Erben zuständen, wenn seine Ehe mit dem Unter-haltspflichtigen erst durch dessen Tod aufgelöst worden wäre.

Ein Verfahrenskostenvorschussanspruch besteht zwischen geschiedenen Ehegatten nicht. Eine entsprechende Anwen-dung des § 1360a Abs. 4 BGB kommt nicht in Betracht. Auch die Vorschriften über den Sonderbedarf können nicht herangezogen werden.17

II. Darlegungs- und BeweislastDer Unterhaltsgläubiger hat im Einzelnen darzulegen und ggf. zu beweisen:

Scheidung der Ehe (§§ 1569, 1564 Satz 2 BGB) Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578

Abs. 1 Satz 1 BGB). Insoweit ist insb. die Höhe der die eheli-chen Lebensverhältnisse prägenden Einkünfte beider Ehegat-ten nachzuweisen.18 Grds. maßgeblich sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Scheidung. Hat der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung eine Erwerbstätigkeit aufgenommen, sind auch die daraus erzielten Einkünfte darzulegen und zu belegen, da sie grds. als Surrogat des früheren Haushaltsfüh-rung oder Kindererziehung die ehelichen Lebensverhältnisse prägen und im Wege der Differenz- oder Additionsmethode in die Berechnung mit einzubeziehen sind.19 Kann der Be-rechtigte dieser Darlegungs- und Beweislast nicht genügen, kann er sich mittels des Auskunfts- und Beleganspruchs die entsprechenden Kenntnisse verschaffen.

Bedürftigkeit (§ 1577 BGB), insb. sämtliche Vorausset-zungen der Tatbestände der §§ 1570 ff. BGB.

Kindesbetreuung, § 1570 BGB. Alter, § 1571 BGB. Krankheit, § 1572 BGB. Arbeitslosigkeit bzw. unzureichendes Einkommen,

§§ 1573, 1574 BGB. Ausbildung, § 1575 BGB. Billigkeit, § 1576 BGB. Behauptet der Pflichtige Einkünfte des Bedürftigen, hat

der berechtigte Ehegatte darzulegen und zu belegen, dass er nicht über derartige Einkünfte verfügt und sie auch nicht erzielen kann.

10 BGH FamRZ 1999, 283.11 BGH NJW 2015, 334 = FuR 2015, 157.12 BGH NJW 2015, 334 = FuR 2015, 157.13 Eingehend zu Zulässigkeit und Grenzen ehevertraglicher Vereinbarungen etwa

Kleffmann in: Kleffmann/Soyka (Hrsg.), Praxishandbuch Unterhaltsrecht, 2. Aufl., Kap. 10.

14 BGH FamRZ 1981, 242.15 BGH FamRZ 1987, 1238.16 Zu Einzelheiten vgl. PWW/Kleffmann, § 1586b Rn. 1 ff.; Kuchinke FF 2002,

161.17 BGH FamRZ 2005, 883 = FuR 2005, 327.18 BGH FamRZ 1995, 291.19 BGH FamRZ 2006, 317 = FuR 2006, 129; BGH FamRZ 2005, 1979 = FuR

2006, 32.

FuR 10 · 2015590

FuR-Basics Kleffmann · Geschiedenenunterhalt

Der Berechtigte muss den Einwand widerlegen, er er-bringe einem anderen Partner Versorgungsleistungen und müsse sich hierfür eine Vergütung anrechnen lassen.20

Hat der Berechtigte Vermögen, muss er darlegen und nach-weisen, dass der Einsatz des Vermögensstamms für ihn un-zumutbar ist bzw. auf welche Weise anlagefähiges Kapital verzinst wird bzw. warum günstigere Anlagen nicht möglich oder zumutbar sind.21 Der Berechtigte hat auch darzule-gen, warum ausnahmsweise eigene Einkünfte nach § 1577 Abs. 2 BGB nicht oder nur teilweise anzurechnen sind.22

Die Voraussetzungen krankheitsbedingten Mehrbedarfs sind nach Art, Menge und Preis konkret darzulegen.23 Ggf. kann sodann über § 287 ZPO geschätzt werden.24

Die Beweislast für Einwendungen und Einreden trägt der Unterhaltspflichtige:

Leistungsunfähigkeit oder eingeschränkte Leistungsfähig-keit.25

Unterhaltsverzicht, § 1585c BGB. Wiederverheiratung, Begründung einer Lebenspartner-

schaft oder Tod des Berechtigten, § 1586 Abs. 1 BGB. Grobe Unbilligkeit (§ 1579 BGB),26 dies gilt auch für das

Nichtvorhandensein von Tatsachen.27

Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit nach § 1578b BGB.28 Für Umstände hingegen, die gegen die Begrenzung oder für eine spätere Befristung sprechen, trägt der Bedürftige die Darlegungs- und Beweislast.29 Hat der Schuldner jedoch Tatsachen vorgetragen, die wie etwa die Aufnahme einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit durch den Berechtigten in dem von ihm erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahelegen, obliegt es dem Berech-tigten, Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine Unterhaltsbegrenzung oder für eine längere Schonfrist sprechen.30 Soweit die Tatsachen für eine Begrenzung des Anspruchs aus Billigkeitsgründen bereits eingetreten oder zu-verlässig voraussehbar sind, ist über die Begrenzung im Erst-verfahren zu entscheiden.31 Im Abänderungsverfahren wäre die Einwendung präkludiert. Unabdingbare Voraussetzung ist allerdings, dass im Erstverfahren über die Einwendungen abschließend entschieden werden kann und alle relevanten Umstände nur noch vom bloßen Zeitablauf abhängen. Kann im Erstverfahren eine sichere Prognose noch nicht gegeben werden und ist der Vorteil ehebedingter Nachteile nicht hin-reichend erwiesen, tritt eine Präklusion nicht ein.32

Verjährung, §§ 197, 195 BGB.

III. Verjährung / VerwirkungDer Anspruch auf nachehelichen Unterhalt verjährt in drei Jahren, §§ 197 Abs. 2, 195 BGB. Die Verjährungs-frist beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB am Schluss des Jah-res, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Schwebende Verhandlun-gen (§ 203 BGB), die Antragstellung auch betreffend eines Stufenantrags (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und vor allem der Verfahrenskostenhilfeantrag nach § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB sind Gründe, die eine Hemmung der Verjährung verursa-chen. In den Fällen des § 204 BGB endet die Hemmung sechs Monate nach rechtskräftiger Entscheidung oder ander-weitiger Beendigung des Verfahrens.

Auch der nacheheliche Unterhaltsanspruch kann, sofern das entsprechende Zeit- und Umstandsmoment vorliegen, ver-wirkt sein. Dies gilt auch für Unterhaltsrückstände.33

IV. ausschluss von BagatellunterhaltDas Unterhaltsrecht verfolgt nicht den Zweck jedwede auch nur geringe Einkommensdifferenz zu nivellieren. Beim Aufsto-ckungsunterhalt sind bestimmte Mindestbeträge erforderlich, etwa in einer Größenordnung von 50 €.34 Empfehlenswert ist, keine statische Grenze zu ziehen, sondern die Höhe des sich rechnerisch ergebenden Unterhaltsbetrages am bereinigten Nettoeinkommen des Bedürftigen zu orientieren. Ein Unter-haltsbetrag von unter 10 % des bereinigten Nettoeinkommens des Bedürftigen wird man als unwesentlich ansehen können.35

V. Beitrittsgebiet / altehenIm Beitrittsgebiet gelten §§ 1569 ff. BGB nur für die nach dem Beitritt der neuen Bundesländer am 03.10.1990 rechts-kräftig aufgelösten Ehen. Für die vor diesem Datum rechts-kräftig geschiedenen Ehen gilt das frühere DDR-Unterhalts-recht fort. Ein in der ehemaligen DDR geschiedener Ehegatte besitzt jedoch nach Art. 18 Abs. 5 EGBGB analog einen An-spruch auf nachehelichen Unterhalt nach §§ 1569 ff. BGB, wenn der Verpflichtete vor dem Beitritt in das Gebiet der damaligen Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt ist.36

Für Unterhaltsansprüche aus sog. Altehen, d.h. vor dem 01.07.1977 rechtskräftig aufgelösten Ehen, bestimmen sich die nachehelichen Unterhaltstatbestände einschließlich ihrer Begrenzung und Beendigung weiterhin nach §§ 58 ff. EheG.

VI. Die einzelnen Unterhaltstatbestände

1. Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes (§ 1570 BGB)§ 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB gewährt einen »Basisunterhalt« von drei Jahren. Im Anschluss daran besteht abhängig von den Umständen des Einzelfalls eine Erwerbsobliegenheit. § 1570 Abs. 1 Satz 2, 3 BGB sieht eine Verlängerung des Unterhalts-anspruchs aus kindbezogenen Gründen abhängig vom Um-fang der Betreuung vor. § 1570 Abs. 2 BGB lässt eine Ver-längerung des Anspruchs aus elternbezogenen Gründen zu.

Anspruchsvoraussetzungen:

Ein geschiedener Ehegatte pflegt oder erzieht ein gemein-schaftliches Kind.

20 BGH FamRZ 2004, 1170 = FuR 2004, 497.21 Grundlegend BGH FamRZ 1986, 441.22 BGH FamRZ 2005, 1154 = FuR 2005, 364.23 BGH FamRZ 2001, 1603 = FuR 2001, 326.24 OLG Hamm FamRZ 2004, 220.25 BGH FamRZ 2003, 444 = FuR 2003, 268; BGH FamRZ 1998, 357.26 BGH FamRZ 1991, 670 = FuR 1991, 107.27 BGH FamRZ 1982, 463; eingehend Wendl/Dose, § 6 Rn. 721 ff.28 BGH FamRB 2011, 136 = FuR 2011, 280; BGH FamRZ 2010, 2059 = FuR

2011, 100.29 BGH FamRZ 1990, 857.30 BGH FamRZ 2008, 134 = FuR 2008, 88.31 BGH FamRZ 2007, 793 = FuR 2007, 276; BGH FamRZ 2001, 905.32 BGH FamRZ 2007, 793 = FuR 2007, 276.33 BGH FamRZ 2004, 531 = FuR 2004, 226; BGH FamRZ 2002, 1699.34 OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 947; OLG München FamRZ 1997, 425;

aber nicht mehr gering vgl. BGH FamRZ 1984, 988.35 OLG München FamRZ 2004, 1208 = FuR 2004, 179; OLG Koblenz NJW-

RR 2006, 151 = FuR 2006, 45.36 BGH FamRZ 1994, 160.

FuR 10 · 2015 591

FuR-BasicsKleffmann · Geschiedenenunterhalt

Das Kind wird berechtigt betreut. Von dem geschiedenen Ehegatten kann aus diesem Grund

keine oder keine volle Erwerbstätigkeit erwartet werden.

a) Gemeinschaftliche Kinder sind:37

Ein in der Ehe geborenes Kind, §§ 1591, 1592 Nr. 1 BGB. Ein vorehelich geborenes Kind, wenn die Eltern nach der

Geburt einander heiraten, § 1626a Abs. 1 Nr. 2 BGB. Ein Kind, dessen Vaterschaft anerkannt worden ist,

§§ 1591, 1592 Nr. 2 BGB. Ein Kind, dessen Vaterschaft festgestellt worden ist,

§§ 1591, 1592 Nr. 3 BGB. Ein Kind, das während einer früheren, durch Tod des (ers-

ten) Ehemannes aufgelösten Ehe gezeugt, aber in einer neu geschlossenen und später wieder geschiedenen Ehe gebo-ren wurde, §§ 1591, 1593 Satz 3 BGB.

Ein adoptiertes Kind, § 1574 Abs. 1 BGB. Ein scheineheliches Kind, solange die Vaterschaft nicht

wirksam angefochten ist. Ein nach Anhängigkeit des Scheidungsantrags geborenes

Kind, für das ein Dritter die Vaterschaft nicht rechtzeitig anerkannt hat, § 1599 Abs. 2 BGB.

Ein i.R. einer homologen In-Vitro-Fertilisation gezeugtes Kind, und zwar auch dann, wenn die künstliche Befruch-tung gegen den erklärten Willen des Ehemannes durchge-führt wurde.

Nicht gemeinschaftlich sind:

Ein Pflegekind, auch wenn es von beiden Ehegatten ge-meinschaftlich in die Familie aufgenommen worden ist.

Ein Stiefkind. Ein vor- und außereheliches Kind eines Ehegatten. Inso-

weit kann evtl. ein Unterhaltsanspruch nach § 1576 BGB bestehen.

Ein nach der Scheidung geborenes gemeinschaftliches nichteheliches Kind der geschiedenen Ehegatten. Da § 1570 BGB die Pflege und Erziehung gemeinschaftlicher Kinder aus der geschiedenen Ehe sicherstellen will, gilt er für diese Fälle nicht, ebenso wenig § 1576 BGB. Der An-spruch des betreuenden Elternteils richtet sich in diesem Fall nur nach § 1615 l Abs. 2, Abs. 4 Satz 1 BGB.

b) Berechtigte BetreuungDie Betreuung muss berechtigt sein. Eine Obhut gegen den Willen des verpflichteten sorgeberechtigten Ehegatten bzw. einer gerichtlichen Sorgerechtsentscheidung rechtfertigt kei-nen Anspruch auf Betreuungsunterhalt.

Im Fall gemeinsam ausgeübter elterlicher Sorge kommt es auf Vereinbarungen der Elternteile an, wenn die Betreuung mit Einwilligung des anderen Elternteils erfolgt oder dieser der Betreuung zumindest nicht widerspricht (§ 1687b BGB).

c) notwendigkeit der Pflege oder Erziehung des Kindes und Erwerbsobliegenheit trotz KindesbetreuungGrundsätzlich setzt nach Inkrafttreten des UÄndG die Er-werbsobliegenheit deutlich früher ein als nach altem Recht.38

Der betreuende Elternteil kann in den ersten drei Lebensjahren frei entscheiden, ob er das Kind selbst erziehen oder eine an-dere Betreuungsmöglichkeit in Anspruch nehmen möchte.39 Er kann auch eine bereits begonnene Erwerbstätigkeit jeder-zeit wieder aufgeben. Erzielt er in dieser Zeit allerdings Ein-

künfte, bleiben diese regelmäßig nicht als überobligatorisch völlig unberücksichtigt sondern sind nach den Umständen des Einzelfalls ggf. anteilig zu berücksichtigen.40

Im Anschluss an den Basisunterhalt und ab Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes steht dem betreuenden Elternteil nur noch ein fortdauernder Anspruch auf Betreu-ungsunterhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspricht. Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen (§ 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB) bzw. elternbezogenen (§ 1570 Abs. 2 BGB) genannten Gründe ist auch ein gestufter Übergang bis zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich.41 Das in der Vergangenheit praktizierte Altersphasenmodell, in dem Er-fahrungssätze zur Notwendigkeit der Betreuung heranwach-sender Kinder zum Ausdruck kam, ist nicht mehr anwendbar.

Kasuistik kindbezogener Verlängerungsgründe:

Betreuungs- und Erziehungsaufgaben einschließlich der üblichen hauswirtschaftlichen Leistungen für das Kind werden als kindbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhaltsanspruchs angesehen.42 Bei der Beurteilung ist nach dem Zeitaufwand für die Begleitung bei außerschulischen Aktivitäten entsprechend der bisher praktizierten Übung Rechnung zu tragen. Bestehende Möglichkeiten der Kindesbetreuung sollen Berücksich-tigung finden. Voraussetzung einer Erwerbsobliegenheit ab dem 3. Lebensjahr ist das Vorhandensein einer tatsäch-lich verlässlichen und zumutbaren, d.h. erreichbaren und zeitlich passenden, Drittbetreuungsmöglichkeit, die mit dem Kindeswohl in Einklang steht (Kindergarten, Kin-dertagesstätte, Kinderhort).43 Ist eine Ganztagsbetreuung des Kindes gewährleistet, und/oder wird der Berechtigte durch großzügig gestaltete Umgangszeiten entlastet, steht die Kindesbetreuung einer vollen Erwerbstätigkeit nicht entgegen. Zu berücksichtigen sein wird auch ein verläss-liches und ernsthaftes Betreuungsangebot des anderen Elternteils.44 Hier dürfen allerdings die Verlängerungsvo-raussetzungen nicht vom unterhaltspflichtigen Elternteil durch das Angebot einer Ausweitung des praktizierten Umgangsrechts unterlaufen werden, weil dadurch das hierfür vorgesehene Kindschaftsverfahren konterkariert würde.

Alter des Kindes nach Wegfall des Altersphasenmodells als eines von mehreren Kriterien zu berücksichtigen.

Besondere, etwa sportliche oder musische Begabungen des Kindes, die besonderer Förderung bedürfen.45

37 Vgl. auch die Zusammenstellung bei Wendl/Bömelburg, § 4 Rn. 164.38 Grundlegend BGH FamRZ 2010, 802 = 2010, 401 und eingehend zur

Erwerbsobliegenheit im neuen Unterhaltsrecht Götz FPR 2011, 149; Dose FuR 2012, 129; Schilling FuR 2012, 454; Kleffmann in: FS Brudermüller, 2014, 379 ff.

39 BGH FamRZ 2010, 444 = FuR 2010, 286; BGH FamRZ 2010, 1880 = FuR 2011, 53.

40 BGH FamRZ 2010, 1880 = FuR 2011, 53.41 BGH FamRZ 2010, 1880 = FuR 2011, 53.42 BGH FamRZ 2012, 1040 = FuR 2012, 420; anders noch BGH FamRZ 2009,

770 = FuR 2009, 391.43 BGH FamRZ 2009, 77; BGH FamRZ 2011, 791 = FuR 2011, 392.44 BGH FamRZ 2010, 1880 = FuR 2011, 53; BGH FamRZ 2011, 1209 = FuR

2011, 566.45 BGH FamRZ 2009, 1124 = FuR 2009, 447.

FuR 10 · 2015592

FuR-Basics Kleffmann · Geschiedenenunterhalt

Behinderungen des Kindes, die zu besonderer Betreu-ungsbedürftigkeit führen,46 selbst bei Volljährigkeit des Kindes.47

Entwicklungsstörungen des Kindes (sprachliche Defizite, verifizierbare Verhaltensauffälligkeiten), nicht allerdings der unsubstantiierte Hinweis, es handele sich um »ein Problemkind«.48 Die Entwicklungsstörung muss stets kausal dafür sein, dass der betreuende Elternteil allein deshalb keiner, ggf. auch nur teilschichtigen, Erwerbstä-tigkeit nachgehen kann und zwingend eine persönliche Betreuung des Kindes durch den Elternteil erfolgen muss.

Erkrankungen des Kindes. Es muss sich um dauerhaf-te und nicht nur vorübergehende Erkrankungen, nicht nur leichterer Art (Grippe, übliche Krankheiten o.Ä.) handeln.49 Stets ist jedoch zu prüfen, ob nicht wegen der Erkrankung eine Betreuung in einer spezialisierten Ein-richtung geboten ist.

Straffälligkeit des Kindes mit der Folge, dass es intensiver persönlicher Betreuung durch den Elternteil, etwa nach dem Ende der täglichen Schulzeit bedarf.50

Kindbezogene Gründe nach § 1570 Abs. 1 Satz 2, 3 BGB entfalten bei der Prüfung der Verlängerung des Betreuungs-unterhaltsanspruchs und der gebotenen Billigkeitsabwägung das stärkste Gewicht und sind vorrangig zu prüfen.

Nachrangig zu prüfen sind elternbezogene Gründe. Maß-geblich für eine Verlängerung des Betreuungsunterhaltsan-spruchs ist das auf der Elternebene bestehende schutzwürdi-ge Vertrauen i.R. der nachehelichen Solidarität. Geschützt werden soll vor allem das Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung bei Kindererziehung und Haushaltsführung.51

Kasuistik zu elternbezogenen Gründen:52

Betreuung mehrerer Kinder des anderen Ehegatten und Einschränkung der Erwerbsobliegenheit aufgrund der da-durch bedingten Belastung.53

Erkrankung des betreuenden Elternteils wegen chroni-scher Überbelastung bei kombinierter Persönlichkeitsstö-rung im Fall der Fortführung von Betreuung und Vollzei-terwerbstätigkeit.54

Die Belastung des betreuenden Elternteils durch Aus-, Fortbildungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen ist hin-gegen kein elternbezogener Grund.55

Die Dauer der Ehe führt nur dann zu einer Verlänge-rung des Betreuungsunterhalts, wenn das Vertrauen in die Beibehaltung der Betreuungssituation aufgrund längerer Ehedauer sich verfestigt hat (etwa lange Betreuung eines Kindes oder mehrerer Kinder).

Im Regelfall ist maßgebend auf die von den Eheleuten vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung sowie das in der Ehe gewachsene Vertrauen abzustellen.56 Eine ursprünglich gemeinsame Lebensplanung hinsichtlich Kindesbetreuung und Erwerbstätigkeit kann nach Schei-dung jedoch ihre Bedeutung verlieren, sofern sich die Eltern nicht lautererweise daran festhalten lassen müssen und Kindesbelange nicht entgegenstehen.

Die Dauer der Verlängerung des Betreuungsunterhaltsan-spruchs über die Zeit von drei Jahren hinaus hängt – wie

46 BT-Drucks. 13/4889, 89 und 13/8511, 71.47 BGH FamRZ 2010, 802 = FuR 2010, 401.48 Ausschluss der »Mimoseneinrede« Viefhues FF 2011, 153; Wendl/Bömelburg,

Unterhaltsrecht, § 4 Rn. 474.49 BGH FamRZ 2009, 1391 = FuR 2009, 577 (Glutenunverträglichkeit); BGH

FamRZ 2009, 770 = FuR 2009, 391 (Asthma-Erkrankung); BGH FamRZ 2009, 1124 m. Anm. Borth (ADS-Erkrankung); Übersicht zur Rechtspre-chung der Instanzgerichte bei Born FPR 2012, 220; FamRZ 2011, 481 und Kleffmann ZKJ 2011, 344.

50 BGH FamRZ 2009, 976.51 BGH FamRZ 2012, 1626; BGH FamRZ 2010, 1050 = FuR 2010, 463.52 Vgl. auch Palandt/Brudermüller, § 1570 Rn. 15 und Kleffmann in: FS Bru-

dermüller, 2014, S. 378, 385.53 Empfehlung des 13. Familiengerichtstages, FamRZ 2000, 273 zu § 1615 l

Abs. 2 BGB a.F.54 BGH FamRZ 2006, 1367 zu § 1615 l Abs. 2 BGB a.F.55 BGH FamRZ 2012, 1624 = FuR 2012, 664.56 BGH FamRZ 2010, 1880 = FuR 2011, 53.57 Umfassende Rechtsprechungsübersichten finden sich etwa bei Wendl/

Bömelburg, § 4 Rn. 195; Kleffmann in: Kleffmann/Soyka (Hrsg.), Praxis-handbuch Unterhaltsrecht, 2. Aufl., Kap. 4 Rn. 163 ff.; PWW/Kleffmann, § 1570 Rn. 9.

58 BGH NJW 2014, 1302 = FuR 2014, 426.

dargelegt – von den Umständen des Einzelfalls ab. Allein dies bedingt, dass eine Vielzahl ober- und höchstrichterlicher Ent-scheidungen vorliegt, die jeweils nur Anhaltspunkte für eine Einordnung eines konkreten Falles bieten können.57

d) SonderfragenDer Anspruch nach § 1570 BGB ist in mehrfacher Hin-sicht privilegiert:

Es gibt keinen Einsatzzeitpunkt. Negative Härteklausel: § 1579 BGB stellt durch die For-

mulierung »auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege Erziehung anvertrauten Kindes« sicher, dass bei der Anwendung dieser Vorschrift der Vor-rang des Kindesinteresses berücksichtigt wird.

Rang: Nach dem UÄndG 2008 stehen Kindesbetreuungs-unterhaltsansprüche im zweiten Rang (§ 1609 Nr. 2 BGB).

Ehedauer, Pflege- und Erziehungsarbeit: Der Ehedauer wird im nachehelichen Unterhaltsrecht regelmäßig die Zeit gleich-gestellt, in der ein Ehegatte wegen Pflege und Erziehung ei-nes gemeinschaftlichen Kindes unterhaltsberechtigt war.

Der Betreuungsunterhaltsanspruch nach § 1570 BGB unterfällt dem Kernbereich der Scheidungsfolgen und ist demgemäß nur beschränkt disponibel.

Eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578b BGB scheidet schon deswegen aus, weil § 1570 BGB in der seit 01.01.2008 geltenden Fassung eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält: Nach Vollendung des 3. Le-bensjahres des Kindes steht dem betreuenden Elternteil nur noch Betreuungsunterhalt nach Billigkeit zu.

Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung sind alle kind- und el-ternbezogenen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Wenn die Abwägung zu dem Ergebnis führt, dass der Betreu-ungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus wenigstens teilweise fortdauert, können dieselben Gründe nicht zu einer Befristung i.R. der Billigkeit nach § 1578b BGB führen.58

Hingegen ist eine Begrenzung des Betreuungsunterhalts der Höhe nach vom eheangemessenem Unterhalt auf einen an-gemessenen Unterhalt des Berechtigten nach seiner eigenen Lebensstellung grds. möglich, wenn wegen der noch fort-

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FuR-BasicsKleffmann · Geschiedenenunterhalt

dauernden Kindesbetreuung eine Befristung des Betreuungs-unterhalts nicht in Frage kommt.59 Eine Begrenzung setzt jedoch voraus, dass der Unterhaltsbedarf sichergestellt und das Kindeswohl auch sonst nicht beeinträchtigt ist.

Wenn der Berechtigte durch Kindesbetreuung vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist besteht nur ein Anspruch aus § 1570 BGB.60 Im Anschluss an den Betreuungsunterhalt kann gem. §§ 1571 Nr. 2, 1572 Nr. 2 oder § 1573 Abs. 3 BGB ein Anschlussunterhalt gegeben sein. Auch der An-schlussunterhalt umfasst den vollen Unterhalt.

Ist der Berechtigte nur teilweise an einer Erwerbstätigkeit ge-hindert, ergibt sich der Unterhaltsanspruch wegen des allein durch die Erwerbshinderung verursachten Einkommensaus-falls aus § 1570 BGB und im Übrigen als Aufstockungsun-terhalt aus § 1573 Abs. 2 BGB.61

Ansprüche nach § 1570 BGB können überlagert sein durch gleichzeitig bestehende Ansprüche nach §§ 1571, 1572 und 1575 BGB. Besteht auch ein Anspruch nach § 1576 BGB wegen Betreuung weiterer nicht gemeinschaftlicher Kinder, ist wegen Subsidiarität des § 1576 BGB zunächst der An-spruch nach § 1570 BGB zu beziffern und zuzusprechen.

Bei Konkurrenz mit einem Anspruch nach 1615 l BGB ist zur Bestimmung der anteiligen Haftung der beiden Ver-pflichteten § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB entsprechend anzu-wenden, wobei sich die Haftungsquote nicht allein nach den jeweiligen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen bestimmt, sondern insb. auch danach, inwiefern die Mutter aufgrund der unterschiedlichen Betreuungsbedürftigkeit der einzelnen Kinder von einer Erwerbstätigkeit abgehalten wird.62

2. Unterhalt wegen alters (§ 1571 BGB)Die Vorschrift erstreckt die nacheheliche Verantwortung auf eine altersbedingte Bedürfnislage. Das Alter muss ursächlich für die Unzumutbarkeit der Erwerbstätigkeit sein.

a) Maßgebliche altersgrenzeGrds. besteht die Erwerbspflicht bis zur Regelaltersgrenze.63 Dies gilt gleichermaßen für den Berechtigten wie den Ver-pflichteten64 und gleichermaßen für den abhängig Beschäf-tigten wie für den freiberuflich Tätigen.65

Ausnahmen sind nur denkbar, wenn es etwa um die Sicherung des Mindestbedarfs minderjähriger Kinder geht oder die Fort-führung der Tätigkeit über die übliche Altersgrenze hinaus ge-plant war. Wird nach Erreichen der allgemeinen Altersgrenze und ohne entsprechende Obliegenheit jedoch eine Tätigkeit ausgeübt, ist der unterhaltsrelevante Teil des überobligations-mäßig erzielten Einkommens nach Billigkeit zu ermitteln.66

Vorgezogene Altersgrenzen sind unterhaltsrechtlich grds. unbeachtlich. Allein der Rentenbezug aufgrund des Erreichens einer flexiblen Altersgrenze lässt die Erwerbsob-liegenheit nicht entfallen.67 Den Vorschriften über die vor-gezogenen Altersgrenzen liegen sozialpolitische Erwägungen zugrunde, die für die Beurteilung der unterhaltsrechtlichen Erwerbsobliegenheit nicht herangezogen werden können. Eine Obliegenheitsverletzung bei Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersgrenze ist jedoch zu verneinen, wenn etwa gesundheitliche Beeinträchtigungen dies verlangen oder der Entschluss auf einem gemeinsamen Lebensplan der Be-teiligten aus der Zeit des ehelichen Zusammenlebens beruht.

b) Kausalität des altersDas Alter muss kausal dafür sein, dass eine Erwerbstätigkeit nicht mehr zu erwarten ist.68 Maßgebend ist, ob typischer-weise in diesem Alter und in der in Betracht kommenden Berufssparte keine angemessene Arbeit mehr gefunden wer-den kann (dann § 1571 BGB) oder ob die Arbeitsaufnahme nur aufgrund der konkreten Einzelfallumstände aufgrund des Alters scheitert (dann § 1573 Abs. 1 BGB).69

Eine Ehebedingtheit der Unterhaltsbedürftigkeit wegen Al-ters ist nicht erforderlich.

c) EinsatzzeitpunkteEin Anspruch nach § 1571 BGB besteht nur, wenn eine Er-werbstätigkeit wegen Alters zu bestimmten Einsatzzeitpunk-ten nicht mehr erwartet werden kann:70

Scheidung, Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaft-

lichen Kindes, Wegfall der Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 1572

BGB, Wegfall der Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 1573

BGB.

Beim Scheidungsverbundbeschluss sind die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestehenden Verhältnisse maßgebend, wenn die bis zum Eintritt der Rechtskraft zu erwartende Entwicklung nicht vorhersehbar ist.

Hinsichtlich des Zeitpunkts »Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes« ist auf den Zeit-punkt abzustellen, in dem die Voraussetzungen für einen auf § 1570 BGB gestützten Anspruch entfallen.71

Der Einsatzzeitpunkt des Wegfalls eines Anspruchs nach § 1572 BGB liegt vor, wenn ein Unterhaltsanspruch nach § 1572 entfällt, weil der Berechtigte gesund geworden ist.

Der Einsatzzeitpunkt eines Anspruchs nach § 1573 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn der Berechtigte einen Anspruch auf Er-werbslosigkeitsunterhalt hat, weil er aufgrund der aktuellen Arbeitsmarktlage keine Beschäftigung finden konnte. An ei-nen Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB schließt sich Altersunterhalt an, wenn der Berechtigte seine bisherigen Erwerbseinkünfte verliert und infolge Alters keine neue Stelle mehr findet bzw. infolge Erreichens des Rentenalters keine Arbeitsverpflichtung mehr hat.72

59 BGH FamRZ 2011, 791 = FuR 2011, 392.60 BGH FamRZ 2010, 869 = FuR 2010, 394.61 BGH FamRZ 2010, 1050 = FuR 2010, 463; BGH FamRZ 2010, 869 = FuR

2010, 394.62 BGH FamRZ 2008, 1739 = FuR 2008, 485; BGH FamRZ 2007, 1303 = FuR

2007, 529.63 BGH FamRZ 2012, 951 = FuR 2012, 372.64 BGH FamRZ 2011, 454 = FuR 2011, 295; BGH FamRZ 2013, 191 = FuR

2013, 161.65 BGH FamRZ 2011, 454 = FuR 2011, 295.66 BGH FamRZ 2011, 454 = FuR 2011, 295; BGH FamRZ 2013, 1554 = FuR

2013, 659; OLG Hamm FamRZ 2014, 777.67 BGH FamRZ 2012, 1483.68 BGH FamRZ 2014, 1276 = FuR 2014, 523; BGH FamRZ 2012, 951 = FuR

2012, 372.69 BGH FamRZ 1999, 708 = FuR 1999, 371.70 BGH FamRZ 2014, 1276 = FuR 2014, 523.71 BGH FamRZ 1990, 560.72 Vgl. zum Ganzen auch Wendl/Bömelburg, Das Unterhaltsrecht in der famili-

enrichterlichen Praxis, 9. Aufl. Rn. 229 und Kleffmann in: Scholz/Kleffmann/Motzer (Hrsg.), Praxishandbuch Familienrecht, Teil H Rn. 67 ff.

FuR 10 · 2015594

FuR-Basics Kleffmann · Geschiedenenunterhalt

d) KonkurrenzenIst der Berechtigte altersbedingt vollständig an einer Erwerbs-tätigkeit gehindert, besteht nur ein Anspruch nach § 1571 BGB.73 Bei einer altersbedingten Teilerwerbstätigkeit umfasst der Anspruch des § 1571 BGB den Unterhalt bis zur Höhe des Mehreinkommens, dass der Berechtigte durch eine Vol-lerwerbstätigkeit erzielen könnte. Daneben besteht ein An-spruch nach § 1573 Abs. 2 BGB, wenn der Anspruch nach § 1571 BGB zusammen mit den Teilerwerbseinkünften zur Deckung des vollen Unterhalts nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht ausreicht.74

§ 1571 BGB ist erfüllt, wenn typischerweise in dem entspre-chenden Alter und der in Frage kommenden Berufssparte keine angemessene Arbeit gefunden werden kann. § 1573 Abs. 1 BGB greift ein, wenn und soweit in den konkreten Umständen des Einzelfalls und des Alters die Aufnahme einer angemessenen Tätigkeit scheitert.75

Auch nach Inkrafttreten des UÄndG zum 01.01.2008 ist eine genaue Differenzierung der verschiedenen Anspruchs-grundlagen erforderlich, zum einen wegen späterer Abände-rungen nach §§ 238, 239 FamFG, zum anderen im Hinblick auf die Begrenzungsvorschrift des § 1578b BGB.

e) Verwirkung/Begrenzung §§ 1579, 1578b BGBAuch Altersunterhalt kann nach § 1579 BGB verwirkt werden.

Er kann darüber hinaus nach § 1578b BGB zeitlich begrenzt und herabgesetzt werden. Maßgeblich ist auch hier vor al-lem, ob ehebedingte Nachteile vorliegen.

Zu beachten ist, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsor-gebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regel-mäßig gewahrt werden, ist.76 Dies gilt jedoch nicht, wenn eine vom Berechtigten aufgrund der ehelichen Rollenvertei-lung erlittene Einbuße bei einer Altersvorsorge durch den Versorgungsausgleich nicht vollständig erfasst wird, weil der Pflichtige nur für einen geringen Teil der Ehe Rentenanwart-schaften erworben hat.77

f) Darlegungs- und BeweislastDie Beweislast dafür, dass altersbedingt keine Erwerbstätig-keit erwartet werden kann, liegt beim Gläubiger. Mit Errei-chen der Regelaltersgrenze muss er nachweisen, dass er typi-scherweise in den für ihn in Betracht kommenden Berufs-sparten altersbedingt keine Arbeit mehr zu finden vermag. Bei Erreichen der Regelaltersgrenze spricht eine Vermutung dafür, dass altersbedingt eine Erwerbstätigkeit nicht mehr er-langt werden kann.78

(Der Beitrag wird in der nächsten Ausgabe der FuR fortgesetzt.)

73 BGH FamRZ 2014, 1276 = FuR 2014, 523.74 BGH FamRZ 2010, 869 = FuR 2010, 394.75 BGH FamRZ 2010, 869 = FuR 2010, 394.76 BGH FamRZ 2014, 2192 = FuR 2014, 523.77 BGH FamRZ 2011, 1721 = FuR 2011, 690; zu Einzelheiten vgl. Wendl/

Bömelburg, § 4 Rn. 238.78 BGH FamRZ 2006, 683 = FuR 2006, 266.

Übrigens …abänderung nachehelichen UnterhaltsDie Abänderung nachehelichen Unterhalts ist i.d.R. komplizierter als etwa die Abänderung von Kindesun-terhalt. Deshalb sollten im Falle einer gerichtlichen oder außergerichtlichen Vereinbarung die Grundlagen der Un-terhaltsbemessung noch genauer als beim Kindesunter-halt aufgenommen werden.

Dies sollte auch bedacht werden, wenn Unterhaltsleistun-gen an Erfüllung statt (§ 364 BGB) erbracht werden, z.B. Zins- und Tilgungszahlungen aus einem Bausparvertrag (z.B. OLG Köln FamRZ 1998, 1236).

Nach Auffassung des BGH sind dies insb. folgende Grund-lagen, die man als jeweilige Checkliste zugrunde legen sollte (BGH FamRZ 1984, 374, 375):

Die Einkommensverhältnisse, die dabei zu berücksichtigenden Abzüge und Zuschläge

(berufsbedingte Aufwendungen, Weihnachtsgeld, Ur-laubsgeld, Anteil an Überstundenvergütungen, Anrech-nung von Spesen etc.),

die Einbeziehung fiktiver Einkünfte, die Einbeziehung besonderer Belastungen, die Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit, die Feststellungen zur Bedürftigkeit, die Feststellung zur Berücksichtigung weiterer Unter-

haltsberechtigter,

die Feststellungen zur Berücksichtigung weiterer Unter-haltsverpflichteter.

Es kommen hinzu (OLG Frankfurt FamRZ 1986, 1130; OLG Hamm FamRZ 1987, 1265; OLG Karlsruhe Fam-RZ 1986, 582):

Die Änderung der Steuerklasse, die Voraussetzungen für die Beschränkung des Unter-

halts, allgemeine Steigerung der Lebenshaltungskosten, die Feststellung, ob lediglich Elementarunterhalt oder

auch Kranken- und Altersvorsorgeunterhalt und Pflege-vorsorgeunterhalt – ggf. in welcher Höhe – zu zahlen ist oder ob es sich um Pauschalunterhalt handelt,

die Berücksichtigung des Wohnwerts.

In der Praxis bedeutet dies, dass letztlich alle diese Grund-lagen bei der Vorbereitung des Vertrages bedacht und – soweit im konkreten Fall bedeutsam – in die Gesamtver-einbarung aufgenommen werden sollten.

Praxishinweis:

Es empfiehlt sich, den Rechenweg (z.B. Computeraus-druck) zum Bestandteil der Vereinbarung zu machen.

Dr. K.­Peter Horndasch

Dokumentation

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arbeitshilfen 2015

Von Heinrich Schürmann, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht, Oldenburg

Die nachfolgenden Tabellen sollen der Praxis eine schnelle Orientierung zur Feststellung der Leistungsfä-higkeit und des aus abhängiger Beschäftigung erziel-baren Monats- bzw. Jahreseinkommens ermöglichen. Alle Beträge bieten einen realistischen Anhaltspunkt, können aber die konkrete Berechnung im Einzelfall nicht ersetzen, da das Nettoeinkommen von zahlrei-chen individuellen Einflüssen abhängt.

1. Das zur leistung des Mindestunterhalts erforderliche EinkommenDie Tabelle ermöglicht eine Schätzung des zur Leistung des Mindestunterhalts (§ 1610a BGB) für bis zu 3 minderjähri-ge Kinder erforderlichen Einkommens.1 Angegeben sind die Summe des nach Abzug des hälftigen Kindergeldes zu zahlen-de Kindesunterhalts, das bereinigte Nettoeinkommen sowie das Bruttoeinkommen bei einer sozialversicherungspflich-tigen Tätigkeit von 40 Wochenstunden. Bruttoverdienst und Stundenlohn sind gerundete Werte. Bei den ab August 2015 maßgeblichen Werten ist der Lohnsteuerabzug in der bisherigen Höhe berücksichtigt, da die durch den höheren Grundfreibetrag erforderliche Anpassung erst im Dezember nachgeholt wird.

a) Januar bis Juli 2015

alters- stufe

Kinder Einkommen

1 Kind SummeBereinigt Netto2

Monat brutto3 ca.

Stunden-lohn ca.

1 225 225 1.305 2.008 11,70

2 272 272 1.352 2.100 12,20

3 334 334 1.414 2.222 12,90

2 Kinder

1/1 225 225 450 1.530 2.435 14,20

1/2 225 272 497 1.577 2.532 14,70

1/3 225 334 559 1.639 2.656 15,40

2/2 272 272 544 1.624 2.625 15,30

2/3 272 334 606 1.686 2.755 16,00

3/3 334 334 668 1.748 2.884 16,80

3 Kinder

1/1/1 222 225 225 672 1.752 2.869 16,70

1/1/2 222 225 272 719 1.799 2.969 17,30

1/1/3 222 225 334 781 1.861 3.100 18,00

1/2/2 222 272 272 766 1.846 3.068 17,80

1/2/3 222 272 334 828 1.908 3.200 18,60

1/3/3 222 334 334 890 1.970 3.336 19,40

2/2/2 269 272 272 813 1.893 3.169 18,40

2/2/3 269 272 334 875 1.955 3.303 19,20

2/3/3 269 334 334 937 2.017 3.438 20,00

3/3/3 331 334 334 999 2.079 3.575 20,80

b) august bis Dezember 2015

alters- stufe

Kinder Einkommen

1 Kind SummeBereinigt Netto2

Monat brutto3 ca.

Stunden-lohn ca.

1 236 236 1.316 2.030 11,80

2 284 284 1.364 2.125 12,30

3 348 348 1.428 2.250 13,10

2 Kinder

1/1 236 236 472 1.552 2.480 14,40

1/2 236 284 520 1.600 2.575 15,00

1/3 236 348 584 1.664 2.710 15,80

2/2 284 284 568 1.648 2.676 15,60

2/3 284 348 632 1.712 2.810 16,30

3/3 348 348 696 1.776 2.940 17,10

3 Kinder

1/1/1 233 236 236 705 1.785 2.940 17,10

1/1/2 233 236 284 753 1.833 3.040 17,70

1/1/3 233 236 348 817 1.897 3.180 18,50

1/2/2 233 284 284 801 1.881 3.140 18,30

1/2/3 233 284 348 865 1.945 3.280 19,10

1/3/3 233 348 348 929 2.009 3.440 20,00

2/2/2 281 284 284 849 1.929 3.245 18,90

2/2/3 281 284 348 913 1.993 3.385 19,70

2/3/3 281 348 348 977 2.057 3.530 20,50

3/3/3 345 348 348 1.041 2.121 3.670 21,30

2. Brutto-/nettolohntabelle – Monat 20154

Netto- lohn

Bruttolohn StKl. I/IV

Bruttolohn StKl. III

Bruttolohn StKl. V

aBL nBL aBL nBL aBL nBL

500 595 595 705

600 740 740 877

700 879 879 1.032

800 1.015 1.004 1.243

900 1.170 1.130 1.523

1 Vgl. BVerfG Beschl. v. 20.10.2009 –1 BvR 443/09, FamRZ 2010 S. 183.2 Monat netto ./. 5 % berufsbedingte Aufwendungen, bezogen auf einen Selbstbehalt

von 1.080 €.3 Monatsbetrag brutto für Alleinstehende; auf folgenden Annahmen beruhende

Berechnung: Lohnsteuerabzug StKl. I/anteilige Kinderfreibeträge; Solidarzuschlag 5,5 %; Kirchensteuer 9 %; Krankenversicherung 14,6 % (zzgl. 0,9 % Zusatzbei-trag); Pflegeversicherung 2,35 %; Rentenversicherung 18,7 %; Arbeitslosenversi-cherung 3,0 %;

4 Auf folgenden Annahmen beruhende Berechnung: Solidarzuschlag 5,5 %; Kirchen-steuer 9 %; Krankenversicherung 14,6 % (zzgl. 0,9 % Zusatzbeitrag); Pflegever-sicherung 2,35 %; Rentenversicherung 18,7 %; Arbeitslosenversicherung 3,0 %; keine Freibeträge.

FuR 10 · 2015596

Dokumentation Arbeitshilfen 2015

Netto- lohn

Bruttolohn StKl. I/IV

Bruttolohn StKl. III

Bruttolohn StKl. V

aBL nBL aBL nBL aBL nBL

1.000 1.333 1.256 1.787

1.100 1.518 1.381 2.006

1.300 1.897 1.633 2.475

1.400 2.083 1.758 2.729

1.500 2.273 1.901 2.988

1.600 2.465 2.054 3.247

1.700 2.662 2.215 3.506

1.800 2.862 2.381 3.765

1.900 3.065 2.554 4.025

2.000 3.273 2.732 4.266

2.100 3.485 2.922 4.494

2.200 3.700 3.108 4.724

2.300 3.921 3.289 4.952

2.400 4.145 3.472 5.180 5.180

2.500 4.350 3.656 5.409 5.376

2.600 4.561 3.842 5.638 5.569

2.700 4.776 4.029 5.866 5.762

2.800 4.997 4.207 6.088 5.954

2.900 5.224 5.220 4.376 6.280 6.147

3.000 5.452 5.412 4.547 6.473 6.339

3.100 5.681 5.605 4.719 6.666 6.532

3.200 5.909 5.798 4.891 6.858 6.725

3.300 6.124 5.990 5.066 7.051 6.917

3.400 6.316 6.183 5.242 5.236 7.244 7.109

3.500 6.509 6.376 5.419 5.389 7.436 7.303

3.600 6.702 6.568 5.598 5.544 7.629 7.495

3.700 6.895 6.761 5.779 5.699 7.821 7.688

3.800 7.087 6.954 5.961 5.856 8.014 7.880

3.900 7.280 7.146 6.132 6.014 8.206 8.073

4.000 7.473 7.339 6.292 6.173 8.399 8.266

3. Brutto-/nettolohntabelle –Jahr 20155

Netto-lohn

Bruttolohn StKl. I/IV

Bruttolohn StKl. III

Bruttolohn StKl. V

aBL nBL aBL nBL aBL nBL

6.000 7.122 7.122 8.433

7.000 8.576 8.576 10.200

Netto- lohn

Bruttolohn StKl. I/IV

Bruttolohn StKl. III

Bruttolohn StKl. V

aBL nBL aBL nBL aBL nBL

9.000 11.282 11.284 13.373

10.000 12.768 12.535 15.868

11.000 14.327 13.789 18.778

12.000 15.951 15.042 21.375

13.000 17.761 16.296 23.555

14.000 19.717 17.549 25.799

15.000 21.596 18.803 28.143

16.000 23.486 20.056 30.580

17.000 25.304 21.310 33.138

18.000 27.196 22.763 35.718

19.000 29.116 24.282 38.300

20.000 31.063 25.860 40.880

21.000 33.038 27.502 43.461

22.000 35.044 29.184 46.041

23.000 37.080 30.916 48.624

24.000 39.150 32.700 51.009

25.000 41.255 34.589 53.293

26.000 43.397 36.476 55.580

27.000 45.575 38.277 57.865

28.000 47.796 40.090 60.150

29.000 49.995 41.915 62.435 62.430

30.000 52.044 43.752 64.721 64.357

32.500 57.350 48.398 70.434 69.172

35.000 62.955 62.867 52.721 75.592 73.988

37.500 68.667 67.684 57.000 80.406 78.804

40.000 74.101 72.499 61.347 85.222 83.621

42.500 78.918 77.316 65.778 65.315 90.037 88.436

45.000 83.733 82.131 70.290 69.201 94.854 93.253

47.500 88.550 86.948 74.573 73.148 99.671 98.069

50.000 93.365 91.764 78.600 77.162 104.487 102.884

5 Auf folgenden Annahmen beruhende Berechnung: Solidarzuschlag 5,5 %; Kirchen-steuer 9 %; Krankenversicherung 14,6 % (zzgl. 0,9 % Zusatzbeitrag); Pflegever-sicherung 2,35 %; Rentenversicherung 18,7 %; Arbeitslosenversicherung 3,0 %; keine Freibeträge.

Buchbesprechung

FuR 10 · 2015 597

Gerhardt/von heintschel-heinegg/Klein (hrsg.), hand buch des Fachanwalts Familienrecht, 10. Aufl. 2015, Luchter-hand Verlag, Köln, 2.960 S., geb., 154 €, ISBN 978 –3–472– 08622–2

Ein Jubiläum steht an: Kürzlich ist die 10. Auflage des Fa-chanwaltshandbuch Familienrecht erschienen. Tatsächlich hat der Band seit der Erstauflage eine rasante Entwicklung zu verzeichnen. Ursprünglich einmal als Handreichung für angehende Fachanwälte konzipiert, hat sich der Band über die Jahre hinweg zu einem bestens eingeführten Standard-werk des Familienrechts entwickelt; das fest etablierte Werk zählt aus gutem Grund mittlerweile zu den beliebtesten und am meisten genutzten Familienrechtsfachbüchern und gehört zum unerlässlichen Handwerkszeug jedes engagierten Fami-lienrechtlers. Anders als der Titel dies vermuten lässt, richtet sich der Band längst nicht mehr nur an die Anwaltschaft, sondern auch die Justiz und die Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter der Jugendämter sowie der Beratungsstellen wissen die Vorzüge des Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein zu schätzen.

Die Vorteile des Bandes liegen auf der Hand: der Nutzer er-hält mit dem Fachanwaltshandbuch einen aktuellen, kom-pakten Gesamtüberblick über alle praktisch wichtigen Berei-che des Familien- und Familienverfahrensrechts. Tatsächlich ist der Bogen der behandelten Themen weit gespannt. In ins-gesamt 21 Kapiteln vom Verfahrensrecht in Familiensachen über Ehesachen, Statusrecht, Unterhalt und Versorgungsaus-gleich bis hin zu Güterrecht, Sozialrecht und Kosten wird der Stoff gut aufbereitet und erschöpfend abgehandelt. Ein be-sonderer Vorzug des Bandes, der sicher mit zu seiner großen Beliebtheit beigetragen hat, ist, dass auch weniger im Fokus stehende Fragestellungen wie etwa das Statusrecht (Norbert Schwarzer), familiengerichtliche Genehmigungen (Dieter Büte), Vertragsgestaltung (Ludwig Bergschneider) oder das Sozialrecht (Gretel Diehl), das internationale Familienrecht (Alexander Ganz) sowie der Bereich Zwangsvollstreckung und Insolvenz (Renate Perleberg-Kölbel) oder, sehr zu be-grüßen, die erbrechtlichen Bezüge (Jan Heisel) kompetent und verlässlich erläutert werden.

Der Band wird unverändert von einem Team von insgesamt 21, namhaften und bestens ausgewiesenen Autorinnen und Autoren, einer gelungenen Mischung aus aktiven und pensi-onierten Richtern, Rechtsanwälten und einem Notar bearbei-tet. Das ursprüngliche Konzept des Bandes, dass jedes Kapitel nur von einem Verfasser bearbeitet wird, wurde im Laufe der Zeit etwas durchbrochen; aufgrund des langsamen Rückzugs der Begründer des Werkes werden manche Abschnitte inzwi-schen von zwei oder mehr Autoren bearbeitet, ohne dass es dadurch zu Brüchen in der Darstellung oder Qualitätsver-lusten käme. Aufbereitung und Darstellung des Stoffes sind ausgesprochen gut gelungen; die Kapitel sind klar gegliedert, hervorragend lesbar und durch Inhaltsverzeichnis, Inhalts-übersichten und ein ordentliches Stichwortverzeichnis gut er-schlossen. Für das Verständnis der Materie sehr hilfreich sind die zahlreichen Übersichten und Skizzen, etwa in den Ab-schnitten zum Versorgungsausgleich und zum internationalen

Familienrecht, oder die aussagekräftigen Musterberechnun-gen im Abschnitt zum Unterhaltsrecht, das traditionell so-wohl vom Umfang – über 500! Seiten – als auch vom Gehalt der Darstellung zu den Glanzlichtern des Werkes zählt. Nut-zerinnen und Nutzer des Bandes aus der Anwaltschaft werden das umfangreiche Kapitel mit einer Sammlung anwaltlicher Musterschreiben und -anträge (Peter Schwolow) begrüßen. Konzentrierten sich die Nachweise und Fundstellen früher vornehmlich, insbesondere im Unterhaltskapitel, schwer-punktmäßig auf Rechtsprechungszitate oder Nachweise aus Standardkommentaren, so wird in begrüßenswerter Weise mittlerweile verstärkt auch die reichhaltige Zeitschriftenlite-ratur berücksichtigt, was ein auf Vertiefung bedachter Fami-lienrechtler natürlich zu schätzen weiß. Nutzerfreundlich ist schließlich das Lesebändchen, mit dem der Verlag den Band inzwischen ausgestattet hat.

Inhaltlich gehören die Kapitel zu den Kindschaftssachen (Joa-chim Maier und Dieter Büte) und zum Unterhalt (Peter Ger-hardt, Christian Seiler und Joachim Maier) zu den »Glanz-lichtern« des Bandes: Der Stoff wird sehr präzise aufbereitet und gut nachvollziehbar dargeboten; die entsprechenden Abschnitte sind hervorragend nutzbar und stellen im famili-enrechtlichen Alltag eine echte Hilfe dar, derer man sich ger-ne bedient. Schön wäre es freilich, wenn die Internet-Fund-stellen der per August 2015 gerade geänderten Düsseldorfer Tabelle, etwa auf der Homepage des Deutschen Familienge-richtstages (www.dfgt.de) oder des OLG Düsseldorf (www. olg-duesseldorf.nrw.de) an den entsprechenden Stellen des Kapitels (6. Kapitel, Rn. 11 ff., 328 ff.) vermerkt würden. Weiter geschärft wurde auch das 150 Seiten starke, von An-dreas Wagner und Werner Gutdeutsch verantwortete Kapitel zum Versorgungsausgleich, der sehr schön und gut fassbar erläutert wird. Zu begrüßen wäre es freilich, wenn die dor-tigen – gehaltvollen – Ausführungen zum Versorgungsaus-gleich mit Auslandsbezug (7. Kapitel, Rn. 31 ff.) mit der ent-sprechenden Darstellung im IPR-Teil (15. Kapitel, Rn. 88 ff.) verzahnt werden könnten; es fehlen die Querverweise. In Anbetracht des ständig wachsenden Umfangs des Bandes ist nicht recht nachvollziehbar, weshalb der umfangreiche An-hang mit den Anschriften der einzelnen Versorgungsträgern (7. Kapitel, Rn. 525 ff.) vom Verlag nicht in einer kleineren Schrifttype gesetzt wurde. Vor dem Hintergrund der heraus-ragenden praktischen Bedeutung der Verfahrenskostenhilfe für die Führung familienrechtlicher Auseinandersetzungen ist das ausführliche, durch zahlreiche Belege aus der Gerichts-praxis unterlegte Kapitel zur Verfahrenskostenhilfe (Michael Geißler) aus Sicht des Praktikers sehr zu begrüßen.

Alles in allem: Mit der 10. Auflage wird die große Bedeutung des Fachanwaltshandbuchs weiter unterstrichen; die Neuauf-lage überzeugt in jeder Hinsicht. Der im Familienrecht tätige Praktiker erhält mit diesem Band eine aktuelle Gesamtdar-stellung, die sich durch eine straffe Gliederung und eine her-vorragende Lesbarkeit auszeichnet. Der Praktiker sollte das Handbuch auf seinem Schreibtisch deshalb stets in Griffweite haben.

Dr. Martin Menne, Richter am Kammergericht, Berlin

Rechtsprechung

FuR 10 · 2015598

Familienrecht

Kindesunterhalt/Gesteigerte Unterhaltspflicht/Inhaftierter Unterhaltsverpflichteter/Selbstbehalt/Eigengeld/Pfändungsschutzvorschriften

BGB § 1603; ZPO §§ 850c, 850k; StVollzG §§ 41, 43, 47, 51; JVollzGB BW III §§ 47, 49, 52, 53, 54

a) Von dem Arbeitsentgelt, das ein im Vollzug arbeitender Strafgefangener erhält, steht für Unterhaltszwecke re-gelmäßig nur das Eigengeld zur Verfügung (Fortführung der Senatsurt. v. 20.02.2002 – XII ZR 104/00, FamRZ 2002, 813 = FuR 2002, 236; v. 09.06.1982 – IV b ZR 704/80, FamRZ 1982, 913 und v. 21.04.1982 – IV b ZR 696/80, FamRZ 1982, 792).

b) Für die Bemessung des dem Strafgefangenen gegenüber minderjährigen und privilegiert volljährigen Kindern zu belassenden Selbstbehalts bietet sich der Rückgriff auf den ihm zustehenden Taschengeldsatz an. Bei einem im Vollzug arbeitenden Strafgefangenen ist in der Regel davon auszugehen, dass der so bestimmte Selbstbehalt durch Belassen des Hausgelds gedeckt ist.

c) Auf das Eigengeld, das aus dem Arbeitsentgelt des im Vollzug arbeitenden Strafgefangenen gebildet wird, fin-den die Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850c, 850 k ZPO keine Anwendung (Anschluss an BGH, Beschl. v. 20.06.2013 – IX ZB 50/12, NJW 2013, 3312).

BGH, Beschl. v. 01.07.2015 – XII ZB 240/14 – OLG Düsseldorf

��SachverhaltDer Antragsteller begeht die Abänderung eines Unterhalts-vergleichs dahin, dass er ab Dezember 2011 keinen Kindes-unterhalt mehr schuldet.

Er ist Vater der im Mai 2001 geborenen Antragsgegnerin zu 1). Er hatte sich per Prozessvergleich verpflichtet, ab Februar 2008 an seine Tochter zu Händen der Kindesmutter monat-lichen Unterhalt i.H.v. 130 € zu zahlen. Die Antragsgegnerin zu 2) erbrachte für die Antragsgegnerin zu 1) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II und verlangte für den Zeitraum von September 2010 bis November 2011 Unterhalt aus übergegangenem Recht.

Der Antragsteller verbüßt seit Ende 2007 wegen Mordes eine lebenslange Haftstrafe. Er geht einer Arbeitstätigkeit nach, aus der er Einkommen erzielt. Im Zeitraum Dezember 2011 bis einschließlich Januar 2013 erhielt er Hausgeld von insge-samt rd. 1.600 € und Eigengeld von insgesamt rd. 2.200 €. Außerdem stand ihm ein Sondergeld von monatlich 55 € zur Verfügung.

Das AG hat den Abänderungsantrag abgewiesen, das OLG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Die dagegen gerichte-te Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung und Zurückver-weisung.

hinweis:Den Volltext aller Entscheidungen erhalten Sie durch Eingabe der jewei-ligen Jurion-Fundstelle auf www.jurion.de

��EntscheidungsinhaltDer BGH weist zunächst darauf hin, dass eine längere Straf-haft zur Leistungsunfähigkeit führen kann, weil es dem Straf-gefangenen unmöglich ist, einer normalen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Bei einer Erwerbstätigkeit während der Inhaf-tierung kann als unterhaltspflichtiges Einkommen nur das Arbeitsentgelt herangezogen werden, das ihm in der Strafhaft gewährt wird.

Dabei geht der BGH davon aus, dass Strafgefangene nach § 47 Abs. 1 Satz 1 des Baden-Württembergischen Justizvollzugs-gesetzbuches (JVollzGB BW III) grundsätzlich arbeitspflich-tig sind und ein Arbeitsentgelt erzielen, um Strafgefangene in die Lage zu versetzen, zum Unterhalt ihrer Angehörigen wenigstens etwas beizutragen, wobei zu berücksichtigen ist, dass die tatsächlichen Bezüge hinter einer leistungsgerechten Entlohnung zurückbleiben.

Der BGH weist darauf hin, dass aus diesem Arbeitsentgelt Hausgeld, Überbrückungsgeld und Eigengeld gebildet wer-den. Für Unterhaltszwecke steht regelmäßig nur das Eigen-geld zur Verfügung.

Das Hausgeld beträgt etwa 3/7 des Arbeitsentgeltes. Dieses Hausgeld soll dem Strafgefangenen zu seiner freien Verfügung verbleiben und ist grundsätzlich unpfändbar und nicht für Unterhaltszwecke einzusetzen. Der BGH begründet dies da-mit, dass auch dann, wenn ein Strafgefangener keine Aufwen-dungen für Unterkunft, Verpflegung und Bekleidung hat, das Hausgeld nicht das Minimum übersteigt, das ihm für andere notwendige Ausgaben des täglichen Lebens zu belassen ist.

Der BGH hebt hervor, dass dies auch in den Fällen der ge-steigerten Unterhaltsverpflichtung gilt. Das Hausgeld gehört nicht zu den verfügbaren Mitteln im Sinne dieser Vorschrift, die gleichmäßig zum eigenen und zum Unterhalt der min-derjährigen Kinder zu verwenden sind. Der BGH geht davon aus, dass eine Verwendung des Hausgeldes für den Unterhalt minderjähriger Kinder mit dem auch der Resozialisierung die-nenden Grundsatz einer zwar geringfügigen, die Lebensver-hältnisse des Gefangenen aber doch spürbar verbessernden Ba-rentlohnung für geleistete Arbeit nicht zu vereinbaren ist und der Vorteil für die minderjährigen Kinder nur gering wäre.

Sodann befasst der BGH sich mit dem Überbrückungsgeld das aus den weiteren 4/7 der Bezüge gebildet wird. Hierbei handelt es sich um Mittel, die dem notwendigen Unterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten 4 Wochen nach der Haftentlassung sichern soll. Aus diesem Grunde wird es erst bei der Entlassung ausbezahlt und steht damit während der Haft für Unterhaltszwecke nicht zur Verfügung.

Der nicht für den Aufbau des Überbrückungsgeldes benötigte Teil des Arbeitseinkommens stellt bei Gefangenen, von denen kein Haftkostenbeitrag erhoben wird, das sog. Eigengeld dar, § 53 Abs. 3 JVollzGB BW III (vgl. auch § 52 StVOLLZG). Dieses sog. Eigengeld wird einem Eigengeldkonto gutge-schrieben. Der Anspruch des Strafgefangenen auf Auszah-lung des gutgeschriebenen Eigengeldes ist in vollem Umfange pfändbar, da die Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO nicht anwendbar sind.

Außerdem erwähnt der BGH auch noch das sog. Sondergeld, das durch Einzahlungen in angemessener Höhe durch Dritte

FuR 10 · 2015 599

RechtsprechungFamilienrecht

gebildet wird. Dabei handelt es sich um einen Ausgleich da-für, dass dem Gefangenen der Empfang von Lebensmittel-paketen aus Gründen der Sicherheit und Ordnung untersagt ist. Dieses Sondergeld ist gem. § 54 Abs. 4 JVollzGB BW III unpfändbar. Aus diesem Grunde ist es wegen der Gleich-stellung mit dem Hausgeld auch nicht für Unterhaltszwecke einzusetzen. Außerdem handelt es sich nach Auffassung des BGH um eine freiwillige Leistung Dritter an den Häftling, auf die er keinen rechtlichen Anspruch hat und die der Zu-wendende erbringt, um den Strafgefangenen zusätzlich zu unterstützen, ohne ihn von seinen Unterhaltspflichten ent-lasten zu wollen.

Als Fazit weist der BGH darauf hin, dass dem Unterhalts-pflichtigen auch als Strafgefangenen die Mittel verbleiben müssen, die erforderlich sind, um seinen eigenen Lebensbe-darf nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen sicherzustellen. Die finanzielle Leistungsfähigkeit endet spätestens dort, wo der Unterhaltspflichtige nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern. Dabei ist auch zu berücksichti-gen, dass dem Strafgefangenen in der Strafhaft Unterkunft, Verpflegung und Bekleidung und Gesundheitsfürsorge kos-tenlos zur Verfügung gestellt werden, so dass diese Bereiche nicht mehr aus dem Selbstbehalt abgedeckt werden müssen. Auf der anderen Seite muss dem Strafgefangenen ein Bar-geldbetrag verbleiben, um ihm in einem Mindestmaß die Befriedigung solcher Bedürfnisse zu ermöglichen, die über die auf Existenzsicherung ausgerichtete Versorgung durch die Justizvollzugsanstalten hinausgehen. Insoweit greift der BGH auf das Taschengeld zurück, das einem Strafgefangenen gem. § 53 Abs. 1 JVollzGB BW III, auch § 46 StVollzG, zusteht, wenn er ohne Verschulden kein Arbeitsentgelt und keine Arbeitsbeihilfe erhält. Das Taschengeld soll dem Strafgefan-genen in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens der Sozialhilfe eine solche finanzielle Mindestausstattung verschaffen.

Dabei geht der BGH davon aus, dass man im Regelfalle das Belassen des Hausgeldes zur Abdeckung dieses Sozialhilfebe-darfs dem Unterhaltspflichtigen belassen muss. Soweit das Hausgeld das monatliche Taschengeld übersteigt, hat es eben-falls dem Strafgefangenen zur freien Verfügung zu verbleiben. Der dann etwas höhere Selbstbehalt stellt einen Arbeitsan-reiz auch für unterhaltspflichtige Gefangene dar und steht im Einklang des Resozialisierungsgedanken des Strafvollzuges.

Erreicht dagegen das Hausgeld im Einzelfall nicht das monat-liche Taschengeld, ohne dass dies dem Strafgefangenen unter-haltsrechtlich vorzuwerfen ist, ist ein vorhandenes Elterngeld dem Strafgefangenen in dem Umfange zu belassen, wie es zum Erreichen des Taschengeldes erforderlich ist. In diesem Falle ist das Eigengeld nur in der dieser übersteigenden Höhe für Unterhaltszwecke einsetzbar.

Beanstandet hat der BGH allerdings, dass das OLG unbe-rücksichtigt gelassen hat, dass der Antragsteller Schulden i.H.v. 82.000 € hat, aus denen monatliche Pfändungen vorgenommen würden, so dass ihm das Eigengeld nicht zur Verfügung stehe. Dies hat das OLG damit abgewehrt, dass es den Antragsteller verpflichtet hat, ein Insolvenzverfahren durchzuführen. Dies sieht der BGH jedoch als wenig hilf-reich an, weil das Eigengeld komplett nicht dem Pfändungs-schutz unterfällt und von daher dem Gläubigerzugriff auch im Falle der Privatinsolvenz nicht entzogen wäre.

Ferner hat der BGH keine Obliegenheitsverletzung darin ge-sehen, dass der Antragsteller seinen Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes nicht an das unterhaltsberechtigte Kind ab-getreten hat, um es dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen. Deswegen hat der BGH auch davon abgesehen, dem Unter-haltsverpflichteten fiktive Einkünfte zuzurechnen. Insofern weist der BGH darauf hin, dass dem Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes hinsichtlich des Eigengeldes kein all-gemeiner Vorrang vor sonstigen Gläubigern zukommt. Zur Begründung verweist der BGH auch auf § 52 Abs. 5 JVoll-zGB BW III, auch § 51 Abs. 5 EStVollzG. Danach ist bei einer Pfändung wegen Unterhaltsansprüche der Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes abweichend von § 52 Abs. 4 JVollzGB BW III pfändbar, solange das Überbrückungsgeld noch nicht in der bestimmten Höhe gebildet ist. Danach be-steht kein Vorrang von Unterhaltsgläubigern mehr. Daraus leitet der BGH ab, dass damit dem Schutz von Unterhaltsan-sprüchen hinreichend Rechnung getragen wird.

��PraxishinweisEin unterhaltspflichtiger Strafgefangener kann sich grund-sätzlich auf seine durch die Haft bedingte eingeschränkte Leistungsfähigkeit berufen. Aus diesem Grunde ergibt sich seine Leistungsfähigkeit aus dem während der Haft erzielten oder erzielbaren Einkünften. Eine Berufung auf die haftbe-dingt eingeschränkte Leistungsfähigkeit ist ihm allerdings verwehrt, wenn die Strafhaft auf einem Fehlverhalten beruht, dass sich gerade auf die Unterhaltspflicht ggü. dem Unter-haltsgläubiger bezieht (BGH FamRZ 2002, 813 = FuR 2002, 236; BGH FamRZ 1982, 913; OLG Naumburg FamRZ 2010, 572; OLG Hamm FamRZ 2004, 1743; OLG Koblenz FamRZ 2004, 1313). Dies ist etwa dann gegeben, wenn der Unterhaltspflichtige wegen Verletzung der Unterhaltspflicht verurteilt worden ist. In diesen Fällen kommt eine Zurech-nung fiktiver Einkünfte aufgrund des auf dem Arbeitsmarkt erzielbaren Einkommens in Betracht (BGH FamRZ 2008, 872 = FuR 2008, 289).

(bearbeitet von Dr. Jürgen Soyka, Vors. Richter am OLG)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 20341

Beschwerde/Familienstreitsache/Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses in der Begründung

FamFG § 64 Abs. 2 Satz 3

Eine Beschwerde ist formgerecht eingelegt, wenn trotz fehlerhafter Bezeichnung des Verkündungstermins für das Beschwerdegericht und dem Beschwerdegegner zweifels-frei erkennbar ist, welcher Beschluss angefochten wird (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 07.11.2012 – XII ZB 325/12, FamRZ 2013, 371).

BGH, Beschl. v. 20.05.2015 – XII ZB 368/14 – OLG Bamberg

��SachverhaltDie Beteiligten streiten um die Zulässigkeit der Beschwerde gegen eine im Scheidungsverbund ergangene Entscheidung zum Zugewinnausgleich.

FuR 10 · 2015600

Rechtsprechung Familienrecht

Das AG hat im schriftlichen Verfahren mit einem am 24.09.2013 verkündeten Beschluss die Ehe der Beteiligten geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt und den An-tragsteller zur Zahlung von Zugewinnausgleich verpflichtet.

Nachdem am 18.10.2013 das Empfangsbekenntnis der Ver-fahrensbevollmächtigten des Antragsgegners noch nicht zu-rückgesendet war, hat ein Mitarbeiter der Geschäftsstelle des AG erneut die Zustellung von zwei Ausfertigungen der amts-gerichtlichen Entscheidung veranlasst, weil er Zweifel daran hatte, ob die bereits vorgenommene Zustellung des Beschlus-ses erfolgreich war. Hierfür hat er einen auf den 09.08.2013 datierten Beschlussentwurf ausgedruckt und als Ausfertigung an die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners zum Zwecke der Zustellung gegen Empfangsbekenntnis übersandt.

Das Empfangsbekenntnis hat die Verfahrensbevollmächtig-te am 21.10.2013 unterzeichnet. Mit einem beim AG am 12.11.2013 eingegangenen Schriftsatz in dem als anzufech-tende Entscheidung die »Entscheidung vom 9. August 2013« genannt ist, hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt. Der Beschwerdeschrift war der auf den 09.08.2013 datierte Be-schlussausfertigung beigefügt. Die Beschwerde wurde recht-zeitig begründet. Nachdem das OLG den Antragsgegner auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde hingewiesen hatte, hat dieser am 11.02.2014 erneut Beschwerde eingelegt, die er mit einem Wiedereinsetzungsantrag verbunden hat, in der nunmehr als angefochtene Entscheidung der Beschluss vom 24.09.2013 »zugestellt am 21. Oktober 2013« genannt wird.

Mit Beschluss vom 17.04.2014 hat das AG festgestellt, dass eine Scheidungsverbundentscheidung am 09.08.2013 nicht ergangen ist, eine Entscheidung gleichen Datums nicht exis-tiert und die weitere Zustellung vom 21.10.2013 an den An-tragsgegner einen Entscheidungsentwurf zum Gegenstand hatte. Nach entsprechendem Hinweis, dass eine Wiedereine-setzung nicht in Betracht kommt, hat das Beschwerdegericht die Beschwerde verworfen. Die dagegen gerichtete Rechtsbe-schwerde führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

��EntscheidungsinhaltDer BGH hat die Entscheidung aufgehoben, weil er davon ausgeht, dass mit dem am 12.11.2013 beim AG eingegan-gen Schriftsatz vom 11.11.2013 form- und fristgerecht Be-schwerde gegen den Beschluss des AG vom 24.09.2013 ein-gelegt worden ist. Der BGH verweist auf § 64 Abs. 2 Satz 3 FamFG, wonach die Beschwerdeschrift die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses enthalten muss. Er weist allerdings darauf hin, dass sich aus dem Wortlaut der Vorschrift nicht ergibt, auf welche Weise die angefochtene Entscheidung be-zeichnet werden muss. Der BGH bezieht sich auf die Zweck-bestimmung der Vorschrift, wonach dem Beschwerdegericht und den übrigen Verfahrensbeteiligten Klarheit über den Gegenstand und die Beteiligten des Rechtsmittelverfahrens verschafft werden soll. Aus diesem Grunde ist ausreichend, wenn aufgrund der Angaben in der Beschwerdeschrift und den sonstigen aus den Verfahrensakten erkennbaren Um-ständen vor Ablauf der Beschwerdefrist für das Gericht nicht zweifelhaft bleibt, welche Entscheidung angefochten wird und es anhand der übrigen richtigen und vollständigen An-gaben in der Rechtsmittelschrift nicht daran gehindert ist, seine verfahrensvorbereitende Tätigkeit aufzunehmen.

Gemessen daran hat der BGH keine Bedenken an der Wirk-samkeit der Berufungseinlegung vom 12.11.2013 geltend ge-macht. Zwar ist dort als Verkündungstermin der Entscheidung, gegen die sich das Rechtsmittel richtet, der 09.08.2013 ange-geben und eine Kopie der fehlerhaft von der Geschäftsstelle des Amtsgerichts übermittelten und auf diesen Tag datierten Beschlussausfertigung beigefügt worden. Aus den weiteren Angaben ist nach Auffassung des BGH jedoch erkennbar, dass sich der Antragsgegner gegen die in diesem Verfahren ergangene Verbundentscheidung wenden will. Aus diesem Grunde konnte bei Ablauf der Beschwerdefrist nicht zweifelhaft sein, dass sich der Antragsgegner gegen die Entscheidung vom 24.09.2013 wenden wollte. Ferner weist der BGH darauf hin, dass das OLG trotz der fehlerhaften Angabe zum Verkündungstermin nicht gehindert war, seine verfahrensvorbereitende Tätigkeit aufzunehmen, was sich daran zeigt, dass das Gericht das ein-gelegte Rechtsmittel von Beginn an als Beschwerde gegen den Beschluss vom 24.09.2013 verstanden hat.

Ferner weist der BGH darauf hin, dass etwaige Zweifel des Verfahrensgegners daran, gegen welche gerichtliche Entschei-dung sich das Rechtsmittel richtet, nicht schon bis zum Ab-lauf der Beschwerdefrist behoben sein muss. Nach Auffassung des BGH reicht es aus, wenn die Klarstellung ihm ggü. erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt, sofern dadurch seine Rechtsverteidigung nicht beeinträchtigt wird.

Im Übrigen weist der BGH darauf hin, dass er an die Aus-legung der Rechtshandlung durch das OLG nicht gebunden ist, diese anders zu bewerten.

(bearbeitet von Dr. Jürgen Soyka, Vors. Richter am OLG)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 17925

Betreuungssache/Bekanntgabe/Unterbleiben einer erforderlichen Zustellung

FamFG §§ 15 Abs. 2, 41 Abs. 1 Satz 2, 63 Abs. 3; ZPO § 189

Das Unterbleiben einer gem. § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG erforderlichen Zustellung führt zur Unwirksamkeit der Be-kanntgabe (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 10.07.2013 – XII ZB 411/12, FamRZ 2013, 1566 = FuR 2013, 706 und v. 04.05.2011 – XII ZB 632/10, FamRZ 2011, 1049 = FuR 2011, 556).

BGH, Beschl. v. 13.05.2015 – XII ZB 491/14 – LG Arnsbach

��SachverhaltDas AG hat mit Beschluss vom 30.01.2014 die für den Be-troffenen angeordnete Betreuung erweitert. Der Beschluss ist der Betroffenen nicht förmlich zugestellt worden. Nachdem sich für die Betroffene am 03.07.2014 ein Rechtsanwalt ge-meldet und dieser vom Gericht eine Beschlussabschrift erhal-ten hatte, hat die Betroffene gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt. In der Beschwerde, die am 23.07.2014 beim AG eingegangen ist, hat sich die Betroffene u.a. darauf berufen, dass ihr der Beschluss nicht zugestellt worden sei. Das LG hat die Beschwerde verworfen. Die dagegen gerichtete Rechtsbe-schwerde führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

FuR 10 · 2015 601

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��EntscheidungsinhaltDer BGH geht zunächst davon aus, dass der Beschluss nach § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG der Betroffenen hätte zugestellt werden müssen, weil er gem. § 58 FamFG mit der Beschwer-de anfechtbar ist und dem erklärten Willen der Betroffenen nicht entspricht. Die unterbliebene Zustellung führt zur Unwirksamkeit der Bekanntgabe, weshalb nach § 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG die Beschwerdefrist nicht zu laufen beginnt.

Der BGH lehnt auch eine Heilung des Zustellungsmangels i.S.v. § 15 Abs. 2 Satz 1 FamFG i.V.m. § 189 ZPO ab, weil nicht festgestellt werden kann, ob bzw. wann die Betroffene den Beschluss tatsächlich erhalten hat.

Der BGH geht allerdings davon aus, dass die Monatsfrist des § 63 Abs. 1 FamFG gem. § 63 Abs. 3 Satz 2 FamFG spätes-tens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des angefoch-tenen Beschlusses zu laufen begonnen hat. Er weist darauf hin, dass für den Fristablauf unerheblich ist, ob die schriftli-che Bekanntgabe des wirksam erlassenen Beschlusses an den bereits förmlich beteiligten Rechtsmittelführer mit Mängeln behaftet ist oder schlicht – aus welchen Gründen auch im-mer – unterblieben ist.

��PraxishinweisDer BGH wiederholt damit seine Auffassung, die er in dem Beschluss vom 18.03.2015 (FuR 2015, 410) geäußert hat. Auch in dieser Entscheidung ging es um die Frage, wann die Fünf-Monats-Frist des § 63 Abs. 3 Satz 2 FamFG ausgelöst wird. Dem Wortlaut nach gilt dies nur, wenn eine Zustellung nicht bewirkt werden kann. Diese Formulierung war bereits schon in früheren Jahren Gegenstand von Nachfragen beim Bundesjustizministerium. Aus einem Protokoll einer Bund-Länder-Besprechung vom 21.10.2009 geht hervor, dass die Formulierung des Gesetzes ernst gemeint ist und davon nicht solche Fälle erfasst sind, in denen eine Zustellung unterlassen worden ist. Darauf hat sich letztlich auch die überwiegende Auffassung gegründet, wonach dieser Fall für die Auslösung der Fünf-Monats-Frist nicht ausreicht. Der BGH hat sich nunmehr für eine andere Auffassung entschieden. Dies be-gründet er mit dem Willen des Gesetzgebers. Dies ist aller-dings im Hinblick auf das oben genannte Protokoll mehr als zweifelhaft.

(bearbeitet von Dr. Jürgen Soyka, Vors. Richter am OLG)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 18780

Betreuungsrecht/Unterbringung/Ärztliche Zwangsmaßnahme/Betreuungsrechtliche Einwilligung/Entgegenstehender Wille des Betroffenen

GG Art. 3 Abs. 1, 100 Abs. 1; BGB § 1906 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 3a

Es wird eine Entscheidung des BVerfG zu der Frage eingeholt, ob § 1906 Abs. 3 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Rege-lung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18.02.2013 mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, soweit er für die Einwilligung des Betreuers in eine stationär durchzuführende ärztliche Zwangsmaßnahme

auch bei Betroffenen, die sich der Behandlung räumlich nicht entziehen wollen oder hierzu körperlich nicht in der Lage sind, voraussetzt, dass die Behandlung im Rahmen einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB erfolgt.

BGH, Beschl. v. 01.07.2015 – XII ZB 89/15 – LG Stuttgart

��SachverhaltEine 63-jährige Betroffene leidet unter einer schizoaffek-tiven Psychose. Sie steht deswegen seit Endet April 2014 unter Betreuung. Im August 2014 wurde bei ihr i.R. einer stationären Behandlung eine Dermatomyositis, eine Au-toimmunkrankheit, diagnostiziert, die zu großflächigen Hautausschlägen und massiver Muskelschwäche mit akuten Schluckstörungen führte. Anfang September 2014 lehnte sie die Einnahme der zur Behandlung dieser Erkrankung benötigten Medikamente ab, verweigerte die Essensaufnah-me und äußerste Suizidabsichten. Ab Mitte September 2014 befand sie sich mit richterlicher Genehmigung in einer ge-schlossenen Demenzstation. Auf der Grundlage mehrerer be-treuungsgerichtlicher Beschlüsse wurden im Wege ärztlicher Zwangsmaßnahmen zum einen sowohl die Dermatomyositis und eine Schilddrüsenunterfunktion als auch die psychische Krankheit medikamentös behandelt, wobei die Medikation – ebenso wie die Nahrung – über eine ebenfalls als ärztliche Zwangsmaßnahme gelegte Magensonde verabreicht wurde. Außerdem bestätigte sich der Verdacht eines Mamakarzinoms rechts. Sie hat einer Behandlung der Krebserkrankung wider-sprochen.

Mit Schreiben vom 20.01.2015 hat die Betreuerin beantragt, die Unterbringungsgenehmigung zu verlängern und ärztli-che Zwangsmaßnahmen insbesondere zur Behandlung des Brustkrebses aber auch zur Fortsetzung der medikamentösen Therapie der weiteren Erkrankungen zu genehmigen.

Das AG hat die beantragten Genehmigungen verweigert. Das LG hat die von der Betreuerin eingelegte Beschwerde zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde führt zur Vorlage an das BVerfG.

��EntscheidungsinhaltDer BGH geht davon aus, dass die Frage, ob § 1906 Abs. 3 BGB verfassungsgemäß ist, für die Entscheidung über die zulässig eingelegte Rechtsbeschwerde erheblich ist. Würde die Bestimmung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, wäre der Senat jedenfalls teilweise – nämlich soweit es um ärztliche Zwangsmaßnahmen hinsichtlich der Krebserkrankung geht – an einer Entscheidung gehindert, während bei Annahme der Verfassungsgemäßheit der Regelung die Rechtsbeschwerde insgesamt zurückzuweisen wäre.

Insoweit hebt der BGH hervor, dass das Beschwerdegericht mit Recht das Vorliegen der Voraussetzungen einer Unter-bringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB verneint hat. Da-nach werden – so der BGH – nur solche Maßnahmen erfasst, die die persönliche Bewegungsfreiheit des Betroffenen nicht nur kurzfristig auf einen bestimmten räumlichen Lebens-bereich begrenzen. Die freiheitsentziehende Unterbringung muss erforderlich sein, damit die medizinische Maßnahme durchgeführt werden kann. Dies ist der Fall, wenn zu erwar-ten ist, dass der Betroffene sich ohne die freiheitsentziehende Unterbringung der erforderlichen medizinischen Maßnahme

FuR 10 · 2015602

Rechtsprechung Familienrecht

räumlich – also etwa durch Fernbleiben oder Weglaufen – entzieht. Soll ausschließlich der entgegenstehende Wille des Betroffenen gebrochen werden, besteht für sich genommen noch keine Notwendigkeit, den Betroffenen freiheitsentzie-hend unterzubringen. Das gilt dann, wenn der Betroffene sich der Maßnahme zwar physisch widersetzt, sich ihr aber nicht räumlich entzieht. Dem steht nach BGH auch nicht entgegen, dass das Gesetz durch § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB die Möglichkeit einer ärztlichen Zwangsmaßnahme nur dann eröffnet, wenn diese i.R. der Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB erfolgt. Auch die Änderung an dem § 1906 Abs. 1 BGB bedeutet nicht den bis dahin zugrunde-liegenden engen Unterhaltsbegriff ihrerseits zu ändern, son-dern dieser sollte nach wie für die Anwendung der Vorschrift maßgeblich sein. Aus diesem Grunde haben die Instanzge-richte beanstandungsfrei die Unterbringungsgenehmigung versagt, weil die Betroffene körperlich nicht in der Lage ist, ihren Aufenthaltsort zu ändern und sich evtl. Behandlungs-maßnahmen räumlich zu entziehen.

Im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber sich nicht veran-lasst gesehen hat, Zwangsbehandlung einem weitergefassten Anwendungsbereich zu eröffnen, kommt auch eine verfas-sungskonforme Auslegung dahingehend, dass auch außerhalb geschlossener Unterbringung ärztliche Zwangsmaßnahmen möglich sind, nicht in Betracht, wenn der Unterbringungsge-nehmigung nur das Fehlen jeglicher Weglaufgefahr entgegen-steht. Aus diesem Grunde kommt es jedenfalls insoweit, als es um die Genehmigung der Einwilligung in die stationär durch-zuführenden ärztlichen Zwangsmaßnahmen zur Behandlung der bei der Betroffenen vorliegenden Brustkrebserkrankung geht, darauf an, ob die strikte Koppelung der Zulässigkeit ärztlicher Zwangsmaßnahmen an das Vorliegen einer frei-heitsentziehenden Unterbringung verfassungsgemäß ist. Die Nichtberücksichtigung dieser Fallgruppen i.R. einer begünsti-genden Vorschrift, kann den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, wenn zur Begünstigtengruppe keine Unter-schiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Nach Auffassung des BGH besteht kein hinreichender Grund, un-tergebrachten Betroffenen diese Fürsorge der Genehmigung zu Teil werden zu lassen, hingegen von vorn herein andere Betroffene hiervon auszuschließen, die sich einer dringend erforderlichen stationären Behandlung zwar verweigern, aber räumlich nicht entziehen wollen und/oder können.

(bearbeitet von Dr. Jürgen Soyka, Vors. Richter am OLG)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 19895

Zwangsvollstreckung/Pfändung von arbeitseinkommen des Schuldners/Berücksichtigung von Unterhaltsberechtigten bei der Berechnung des unpfändbaren teils/naturalunterhalt von anderen

ZPO § 850c Abs. 4; InsO § 36 Abs. 4

Zu den eigenen Einkünften des Unterhaltsberechtigten, die dessen Berücksichtigung bei der Berechnung des

unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens des Schuldners einschränken oder ausschließen können, gehört auch der vom anderen Unterhaltspflichtigen gewährte Naturalunter-halt.

BGH, Beschl. v. 16.04.2015 – IX ZB 41/14 – LG Oldenburg

��SachverhaltÜber das Vermögen des Schuldners ist am 30.01.2014 das Insolvenzverfahren eröffnet und der weitere Beteiligte zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Der Schuldner bezieht ein durchschnittliches Nettoeinkommen i.H.v. monatlich rd. 1.800 €. Er lebt mit seiner Ehefrau und den beiden gemein-samen minderjährigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft. Seine Ehefrau verfügt über eigene Einkünfte i.H.v. monatlich 1.980 €. Sie gewährt den Kindern Naturalunterhalt. Auf An-trag des Insolvenzverwalters vom 18.02.2014 hat das Insol-venzgericht angeordnet, dass die Ehefrau bei der Berechnung der pfändbaren Beträge gem. § 850c ZPO nicht und die bei-den Kinder jeweils nur mit 50 % berücksichtigt werden. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners hat das LG diese Entscheidung abgeändert und angeordnet, dass die Kinder bei der Berechnung der pfändbaren Beträge in vollem Um-fange zu berücksichtigen sind. Die dagegen gerichtete Rechts-beschwerde des Insolvenzverwalters führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

��EntscheidungsinhaltDer BGH weist darauf hin, dass zu den eigenen Einkünften im Sinne von § 850c Abs. 4 ZPO auch Zuwendungen gehö-ren, die dem Unterhaltsberechtigten in Natur geleistet wer-den. Dies hat nach Auffassung des BGH Auswirkungen auf die Berechnung des unpfändbaren Teils gem. 850c Abs. 4 ZPO bzw. 36 Abs. 4 Satz 1 InsO. Nach diesen Vorschriften kann nämlich das Vollstreckungsgericht oder das Insolvenz-gericht nach billigem Ermessen anordnen, dass eine nach dem Gesetz unterhaltsberechtigte Person die eigene Ein-künfte hat, bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt. Darunter fallen auch Zuwendungen, die in Natur geleistet werden. Auch diese, etwa unentgeltliches Wohnen oder freie Kost, mindern die Unterhaltsverpflichtung des Schuldners. Diese Leistungen in Natur grenzt der BGH vom Betreuungsunterhalt ab. Dieser erfasst die Betreuungsleis-tungen in Form von Versorgung, Erziehung, persönlicher Zuwendung und Haushaltsführung, die nicht zu moneta-risieren sind. Der Naturalunterhalt geht darüber hinaus. Er umfasst ebenso wie der Barunterhalt den gesamten Lebens-bedarf des Kindes. Der Unterschied zum Barunterhalt liegt lediglich darin, dass die zu befriedigenden Lebensbedürf-nisse erforderlichen Dinge in Natura zur Verfügung gestellt werden. Aus diesem Grunde sind die von der Ehefrau des Schuldners ggü. den gemeinsamen Kindern erbrachten Na-turalleistungen i.R. der Billigkeitsentscheidung nach § 850c Abs. 4 ZPO auch dann bedarfsmindernd zu berücksichti-gen, wenn die ausschließliche Betreuung der Kinder durch die Ehefrau erfolgt.

(bearbeitet von Dr. Jürgen Soyka, Vors. Richter am OLG)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 19908

FuR 10 · 2015 603

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Internationales Recht/Erbrecht/Pauschaler Zugewinnausgleich

BGB § 1371 Abs. 1; EGBGB Art. 15, 25

Der pauschale Zugewinnausgleich nach § 1371 Abs. 1 BGB ist im Sinne der Art. 15, 25 EGBGB rein güterrechtlich zu qualifizieren.

BGH, Beschl. v. 13.05.2015 – IV ZB 30/14 – OLG Frankfurt

��SachverhaltDie Erblasserin war griechische Staatsangehörige und verstarb im Mai 2013 in Frankfurt. Sie hinterließ keine letztwillige Verfügung. Der Sohn und ihr Ehemann streiten um das Erb-recht des Ehemannes. Der Ehemann, ebenfalls griechischer Staatsangehöriger, hatte die Erblasserin im Juli 1983 in Grie-chenland geheiratet. Im November 2003 kauften sie zwei Ei-gentumswohnungen. Die notarielle Verkaufsurkunde enthält die Erklärung, dass mit sofortiger Wirkung der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft des deutschen Rechts anwendbar sein soll.

Im Jahre 2007 stellte die Erblasserin beim AG einen Schei-dungsantrag, dem der Ehemann zustimmte. Später beantrag-te der Ehemann selbst die Scheidung, während die Erblasse-rin ggü. dem Familiengericht die Rücknahme ihres Antrages erklärte. Durch Zwischenurteil vom Dezember 2009 stellte das AG fest, dass das für den güterrechtlichen Ausgleich un-ter den Eheleuten deutsches Recht Anwendung findet. Das Scheidungsverfahren wurde bis zum Tode der Erblasserin nicht abgeschlossen.

Im Januar 2014 hat der Sohn beim Nachlassgericht die Er-teilung eines Erbscheins beantragt, der ihn als Miterben zu ¾ und den Ehemann als Miterben zu ¼ des im Inland ge-legenen Nachlasses der Erblasserin nach griechischem Recht ausweist. Hiergegen hat der Ehemann eingewandt, dass der Antrag die zu seinen Gunsten zu berücksichtigte Erbteilser-höhung nach § 1371 Abs. 1 BGB außer Acht ließe.

Das Nachlassgericht hat die für die Erteilung des begehrten Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Das Beschwerdegericht hat den Erbscheinsantrag zurück-gewiesen. Die zugelassene Rechtsbeschwerde blieb ohne Erfolg.

��EntscheidungsinhaltDer BGH geht zunächst davon aus, dass im Hinblick auf die Verweisung des Art. 25 Abs. 1 EGBGB, die das griechische Kollisionsrecht gem. Art. 28 ZGB annimmt, für die Rechts-nachfolge nach der Erblasserin griechisches Recht anwendbar ist. Der BGH hat die Erfolgsaussicht des Erbscheinsantrags verneint, weil sie auf die Erteilung eines Erbscheins gerichtet ist, der ein Erbrecht des Ehemannes von ¼ bezeugen soll. Dies hat der BGH deswegen beanstandet, weil die gesetzli-che Erbteilserhöhung gem. § 1371 Abs. 1 BGB unberück-sichtigt geblieben ist. Insoweit weist der BGH darauf hin, dass die Erblasserin und der Ehemann für die güterrechtliche Wirkung ihrer Ehe unbeschränkt und wirksam das deutsche Recht gewählt haben. Damit ist das Güterstatut anwendbar, so dass dies wiederum zur Anwendung des § 1371 Abs. 1 BGB führt.

(bearbeitet von Dr. Jürgen Soyka, Vors. Richter am OLG)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 16805

Personenstandssache/Bindungs-wirkung familiengerichtlicher anerkennungsentscheidungen

AdWirkG § 4

Zur Bindungswirkung familiengerichtlicher Anerkennungs-entscheidungen nach den Vorschriften des Adoptionswir-kungsgesetzes.

BGH, Beschl. v. 17.06.2015 – XII ZB 730/12 – KG

��SachverhaltDas Verfahren betrifft die Nachbeurkundung einer Auslands-geburt bei gemeinschaftlicher Adoption eines Kindes durch zwei ledige Personen gleichen Geschlechts in der Republik Südafrika.

Die Antragsteller sind deutsche Staatsangehörige, die zwi-schen 2007 und 2009 in einer gleichgeschlechtlichen Lebens-gemeinschaft ohne familienrechtliche Bindung in Südafrika zusammen lebten. Nach Abschluss eines begleiteten Adop-tionsverfahrens sprach der Children’s Court am 24.06.2009 die gemeinschaftliche Adoption des am 29.05.2008 in einem Township in Kapstadt geborenen Kindes durch die Antrag-steller aus. Die Adoption wurde am 17.08.2009 in das Adop-tionsregister der Republik Südafrika eingetragen.

Auf den Antrag der zwischenzeitlich mit dem Kind wieder in die Bundesrepublik übersiedelten Antragsteller stellte das AG durch Beschluss vom 24.02.2010 nach den Vorschriften des Adoptionswirkungsgesetzes rechtskräftig fest, dass die durch die Entscheidung des Children’s Court ausgesprochene An-nahme des Kindes durch die Antragsteller anerkannt werde, durch die Annahme das Eltern-Kind-Verhältnis zu den bishe-rigen Eltern des Kindes erloschen sei und das Annahmever-hältnis einem nach deutschen Sachvorschriften begründeten Annahmeverhältnis gleichstehe.

Im vorliegenden Verfahren haben die Antragsteller bei dem für ihren Wohnsitz zuständigen Standesamt die Beurkun-dung der Auslandsgeburt des Kindes beantragt. Das Stan-desamt hat Zweifel, ob diesem Antrag im Hinblick auf die nach deutschem Sachrecht bestehende Unzulässigkeit einer gemeinschaftlichen Adoption durch zwei unverheiratete Paa-re entsprochen werden kann. Auf seine Zweifelsvorlage hat das AG das Standesamt angewiesen, die Beurkundung der Geburt nicht deshalb zu verweigern, weil zwei Einzelperso-nen ohne familienrechtliche Bindung das Kind angenommen haben. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das KG zu-rückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde blieb ohne Erfolg.

��EntscheidungsinhaltDer BGH geht davon aus, dass die Beschwerde des Standes-amtes bereits deswegen keinen Erfolg hat, weil diese unzulässig gewesen ist. Der BGH weist darauf hin, dass dem Standes-amt nach dem während des Beschwerdeverfahrens gültigen Rechtszustand keine Befugnis zur Beschwerde gegen eine im

FuR 10 · 2015604

Rechtsprechung Familienrecht

Verfahren nach § 49 PStG ergangene gerichtliche Anweisung zur Vornahme einer Amtshandlung zustand. Insbesondere hat der BGH es abgelehnt, die Beschwerdeberechtigung auf § 53 Abs. 3 FamFG zu stützen. Er weist darauf hin, dass über den Fall der eigenen Rechtsbeeinträchtigung diese Vorschrift Behörden eine Beschwerdebefugnis nur bei entsprechender gesetzlicher Anordnung einräumt. Die Beschwerdebefugnis ergibt sich nach Auffassung des BGH weder aus § 53 Abs. 2 PStG und auch nicht aus § 51 Abs. 2 2. Halbsatz PStG. Insbe-sondere gibt § 51 Abs. 2 PStG Aufsichtsbehörden nur die Be-schwerdebefugnis zu dem Zwecke des Beitritts zum Verfahren.

Gemäß § 59 Abs. 1 FamFG besteht eine Beschwerdeberechti-gung für Behörden nur, wenn sie durch eine gerichtliche Ent-scheidung in gesetzlich eingeräumten eigenen Rechten unmit-telbar betroffen sind. Dies ist nach Auffassung des BGH nicht schon dann der Fall, wenn das öffentliche Interesse an der Erfül-lung der einer Behörde übertragenen öffentlichen Aufgabe durch die gerichtliche Entscheidung beeinträchtigt wird. Eine unmit-telbare Rechtsbeeinträchtigung kann in Fällen gegeben sein, in denen das Gesetz der Behörde ein echtes Antragsrecht einräumt und deren Antrag durch das Gericht zurückgewiesen wird.

Da das Standesamt im vorliegenden Fall kein Antragsrecht hat (§ 48 Abs. 2 Satz 1 PStG) liegt diese Voraussetzung nicht vor.

Allerdings weist der BGH darauf hin, dass § 53 Abs. 2 PStG n.F. nunmehr der Aufsichtsbehörde, auch dem Standes-amt, ein eigenständiges Beschwerderecht gewährt, wenn das Standesamt durch eine gerichtliche Entscheidung zur Vor-nahme einer Amtshandlung angewiesen worden ist. Mangels Übergangsvorschrift ist diese Regelung für die vorliegende Fallgestaltung nicht anwendbar.

Sodann hat der BGH sich noch mit der Rechtsbeschwerde der Standesamtsaufsicht befasst und diese als unbegründet zu-rückgewiesen. Der BGH hebt hervor, dass das Standesamt als Personenstandsbehörde bei der Beurteilung von Vorfragen be-züglich der adoptionsrechtlichen Rechtsfolgen einer im Aus-land erfolgten Adoption grundsätzlich an die gem. § 2 Abs. 1 AdWirkG getroffene Feststellung des Familiengerichts gebun-den ist, wonach eine auf eine ausländischen Entscheidung oder auf ausländische Sachvorschriften beruhende Adoption anzuerkennen oder wirksam und das Eltern-Kind-Verhältnis des Kindes zu seinen bisherigen Eltern durch die Annahme er-loschen ist. Diese Entscheidung wirkt gem. § 4 Abs. 2 Satz 1 AdWirkG für und gegen alle und entfaltet auch Bindungswir-kung ggü. Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichten.

Eine Bindungswirkung entfällt – so der BGH – ausnahms-weise dann, wenn diese an einem so offensichtlichen und schwerwiegenden rechtlichen Mangel leidet, dass sie wegen greifbarer Rechtswidrigkeit als unwirksam zu behandeln ist. Dies hat der BGH im vorliegenden Fall bezüglich der Entscheidung des Children’s Courts vom 24.10.2010 abge-lehnt. Er weist darauf hin, dass die Republik Südafrika seit 01.12.2003 Vertragsstaat des Haager Übereinkommens über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption ist. Ferner hebt der BGH hervor, dass das Übereinkommen nach Art. 2 HaÜ sachlich auf solche Adoptionen anzuwenden ist, die für das anzunehmende Kind mit einem Wechsel des Landes des gewöhnlichen Aufenthaltes verbunden sind. Dabei lag dem familiengerichtlichen Feststellungsverfahren die Annahme zugrunde, dass es sich bei der Annahme des Kindes um eine

südafrikanische Inlandsadoption gehandelt habe, bei der die Absicht zu dem kurze Zeit später vollzogenen Aufenthalts-wechsel im Zeitpunkt des Adoptionsverfahrens noch nicht bestand. Daher richtet sich die Anerkennung einer ausländi-schen Adoptionsentscheidung allein nach den Regeln über die Anerkennung ausländischer Akte der freiwilligen Gerichts-barkeit gem. §§ 108 f. FamFG. Die hier allein in Betracht kommende Frage, ob dem AG schwerwiegende Fehler bei der Beurteilung der Frage nach dem Vorliegen eines Aner-kennungshindernisses gem. § 109 Nr. 4 FamFG unterlaufen sind, hat der BGH verneint. Der BGH weist darauf hin, dass das südafrikanische Adoptionsrecht verschiedenen Personen-gruppen die gemeinschaftliche Annahme von minderjährigen Kindern erlaubt. Dazu gehören auch gleich- oder verschie-dengeschlechtliche Paare, die entweder in einer registrier-ten Lebenspartnerschaft oder ohne rechtlich formalisierte Bindung in einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft zusammenleben. Was nach deutschem Recht für Ehegatten die gemeinschaftliche Annahme eines Kindes gestattet. Der BGH verweist allerdings auf seine Rechtsauffassung, dass für die Frage der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung nicht auf den nationalen ordre public nach Art. 6 EGBGB ab-zustellen ist, den die deutschen Gerichte bei Anwendung aus-ländischen Rechts beachtet haben, sondern auf den großzü-gigeren anerkennungsrechtlichen ordre public international. Insoweit hat der BGH einen Verstoß gegen den ordre Public verneint, wenn die Elternstellung durch eine ausländische Ad-optionsentscheidung einem gleichgeschlechtlichen und nicht einem verschiedengeschlechtlichen Paar zugewiesen wird.

��PraxishinweisHinzuweisen ist auf die Entscheidung vom 10.12.2014 (FuR 2015, 227), in der der BGH ausgeführt hat, dass eine auslän-dische Gerichtsentscheidung, die die Feststellung der recht-lichen Vaterschaft enthält, im Gegensatz zur bloßen Regis-trierung des Verwandtschaftsverhältnisses der Anerkennung zugänglich ist. Bei der Prüfung, ob die Entscheidung gegen den ordre public verstößt, sind auch die von der Europäi-schen Menschenrechtskonvention verbürgten Menschenrech-te zu berücksichtigen. In dieser Entscheidung hat der BGH darauf hingewiesen, dass allein aus dem Umstand, dass eine ausländische Entscheidung im Falle der Leihmutterschaft die rechtliche Vaterschaft zu dem Kind den Wunscheltern zu-weist, jedenfalls dann kein Verstoß gegen den ordre public folgt, wenn ein Wunschelternteil im Unterschied zur Leih-mutter mit dem Kind genetisch verwandt ist.

(bearbeitet von Dr. Jürgen Soyka, Vors. Richter am OLG)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 20550

Personenstandssache/Personalstatut für Familiennamen/Kind mit zwei ausländischen Staatsangehörigkeiten

BGB § 1616; EGBGB Art. 5 Abs. 1, 10 Abs. 1, 3; PStG § 47

Zur Bestimmung des Personalstatuts für den Familienna-men eines 1984 geborenen Kindes mit zwei ausländischen Staatsangehörigkeiten.

BGH, Beschl. v. 24.07.2015 – XII ZB 273/13 – OLG Celle

FuR 10 · 2015 605

RechtsprechungFamilienrecht

��SachverhaltDer Betroffene hat die Berichtigung seines Familiennamens im Geburtenregister beantragt. Er wurde 1984 in Hannover als Kind eines marokkanischen Vaters und einer spanischen Mutter geboren. Die Eltern hatten 1977 geheiratet. Sie haben keine Erklärung zur Bestimmung des Ehenamens abgegeben. Ihre Ehe ist 1995 geschieden worden.

Der 1974 vorehelich geborene erste Sohn der Eltern wurde zunächst mit dem Nachnamen der Mutter im Geburtenregis-ter eingetragen. Nach der 1974 erfolgten Legitimationserklä-rung des Vaters und der Eheschließung der Eltern wurde ein Randvermerk eingetragen, dass der Sohn die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erhält und den Familiennamen des Vaters trägt.

Anlässlich der Geburt des Betroffenen wurde entsprechend der schriftlichen Anzeige durch die Geburtsklinik der Name des Vaters als Familienname des Betroffenen eingetragen. In Spanien wurde die Geburt des Betroffenen 1998 nach-beurkundet und ein zusammengesetzter Nachname aus dem Nachnamen von Vater und Mutter eingetragen. Die Reihen-folge der Namen wurde 2010 auf Antrag des Betroffenen umgekehrt und der Nachname der Mutter zuerst genannt.

Der Betroffene hat beim Standesamt unter Bezugnahme auf seine spanische Staatsangehörigkeit eine entsprechende Än-derung seines Geburtsnamens beantragt. Das AG hat den Antrag zurückgewiesen. Beschwerde und Rechtsbeschwerde blieben ohne Erfolg.

��EntscheidungsinhaltDer BGH hat einen Anspruch des Betroffenen auf Abän-derung seines Geburtseintrages zu Recht verneint weil der eingetragene Familienname des Betroffenen zutreffend ist. Der BGH bezieht sich auf Art. 220 Abs. 1 EGBGB in der Fassung des zur Zeit der Geburt des Betroffenen geltenden deutschen internationalen Privatrechts. Danach war das Na-mensrecht grundsätzlich das Personalstatut mit Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit maßgeblich, also das Heimatrecht des Namensträgers. Allerdings besitzt der Betroffene seit sei-ner Geburt eine doppelte Staatsangehörigkeit, nämlich die von seinem Vater vermittelte marokkanische und die von seiner Mutter vermittelte spanische Staatsangehörigkeit. Aus diesem Grunde war das Recht desjenigen Staates maßgebend, mit dem die Person am engsten verbunden ist. Dabei ist der BGH allerdings davon ausgegangen, dass zum Zeitpunkt der Eintragung im Geburtenregister eine effektive Staatsangehö-rigkeit nicht festgestellt werden konnte. Aus diesem Grunde hat der BGH gebilligt, dass das OLG das Recht des gewöhn-lichen Aufenthaltes, mithin deutsches Recht, angewendet hat. Aus diesem Grunde war gem. § 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. der Name des Vaters maßgebend.

Einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 18 AEUV hat der BGH ebenso abgelehnt, wie eine unzulässige Beschränkung der Freizügigkeit nach Art. 21 AEUV. Dies begründet der BGH damit, dass den Eltern die Möglichkeit zustand, auch das spanische Recht als Namens-statut zu wählen, was allerdings nicht geschehen ist.

(bearbeitet von Dr. Jürgen Soyka, Vors. Richter am OLG)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 20584

Beweiskraft des Protokolls/Verlesung einer schriftlich fixierten Entscheidungsformel/Wirksame Urteilsverkündung/Beginn der 6-Monats-Frist für die Einlegung der nicht-zulassungsbeschwerde

ZPO §§ 160 Abs. 3 Nr. 7, 165, 311 Abs. 2 Satz 1 u. 2

Zur Beweiskraft des Protokolls für die Verlesung einer schriftlich fixierten Entscheidungsformel (Anschluss an BGH, Beschl. v. 11.03.2015 – XII ZB 571/13 – Rn. 14).

BGH, Beschl. v. 21.04.2015 – VI ZR 132/13 – OLG Frankfurt

��SachverhaltDer Kläger verlangt von dem Beklagten Ersatz eines Ver-dienstunfalls. Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers fand am 11.09.2015 vor dem Einzel-richter des OLG eine mündliche Verhandlung statt. Nach Anhörung des Klägers und Erörterung der Sach- und Rechts-lage und nach erneuter Stellung der Anträge verkündete der Einzelrichter, dass eine Entscheidung am Schluss der Sitzung verkündet werden solle. Dazu heißt es im Protokoll, dass fol-gendes Urteil verkündet wurde:

»Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Die Beklagten sind verpflichtet, dem Kläger Verdienstausfall zu ersetzen…

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.«

Das Protokoll war vom Einzelrichter und unter dem Ver-merk »für die Richtigkeit der Übertragung vom Tonträger« und von der Schreibkraft unterzeichnet. Dieses Protokoll ist den Parteien am 18.09.2012 mit dem Anschreiben des Gerichts vom 14.09.2012 übersandt worden. Das mit Tatbestand und Entscheidungsgründen versehene Urteil ist am 06.03.2013 zur Geschäftsstelle gelangt und dem Prozessbevollmächtigten am 08.03.2013 zugestellt worden. Am 26.03.2013 haben die Beklagten die Zulassungsbeschwerde eingelegt und diese be-gründet. Der BGH hat diese als unzulässig verworfen.

��EntscheidungsinhaltDer BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde gem. § 554 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 ZPO als unzulässig angesehen, weil sie nicht innerhalb von 6 Monaten nach der Verkündung des Urteils beim BGH eingelegt worden ist. Dabei sieht der BGH als Fristablauf die Verkündung des Urteils am 11.09.2012 an, so dass die Frist bereits am 11.03.2013 abgelaufen war.

Weiter geht der BGH davon aus, dass das Urteil am 11.09.2012 wirksam verkündet worden ist. Dies begründet er damit, dass die Urteilsformel im Zeitpunkt der Verkün-dung schriftlich niedergelegt worden ist. Der BGH weist fer-ner darauf hin, dass die wirksame Verkündung gem. § 311 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch das Protokoll nachgewiesen ist. Nach § 165 ZPO kann die Beobachtung der für die Verhand-lung vorgeschriebenen Förmlichkeiten zu denen nach § 160 Abs. 3 Nr. 7 ZPO die Verkündung der Entscheidung gehört nur durch das Protokoll bewiesen werden. Damit steht fest, dass dieses Formerfordernis beachtet worden ist. Als unerheb-lich hat der BGH angesehen, dass der Verkündungsprotokoll

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nicht genau erkennen lässt, ob das Urteil durch Bezugnahme auf die Urteilsformel oder durch Verlesen der Urteilsformel verkündet wurde und ob das Urteil zu diesem Zeitpunkt be-reits vollständig abgefasst war. Der Auffassung nach ist jede Form der Verlautbarung ausreichend. Diese setzt voraus, dass der Urteilstenor schriftlich niedergelegt war.

Der BGH sieht ferner keine Ausnahme, die 6-Monats-Frist nicht anzuwenden, weil die Parteien im Verhandlungstermin zugegen waren, als der Tenor verkündet worden ist.

Als unerheblich hat der BGH angesehen, dass das Urteil nicht innerhalb von fünf Monaten nach der Verkündung in voll-ständiger Form unterschrieben der Geschäftsstelle übergeben worden ist. Dies stellt einen absoluten Revisionsgrund gem. § 547 Nr. 6 ZPO dar, wirkt sich jedoch weder auf den Frist-beginn noch den Ablauf der 6-Monats-Frist des § 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO aus.

Ferner geht der BGH nicht davon aus, dass durch die spätere Zustellung eine neue Frist für die Einlegung der Nichtzulas-sungsbeschwerde in Gang gesetzt worden ist.

Auch eine Wiedereinsetzung hat der BGH abgelehnt. Dabei weist der BGH darauf hin, dass ein Wiedereinsetzungsantrag nicht gestellt worden ist und Wiedereinsetzung ohne Antrag nicht gewährt werden kann, da innerhalb der Antragsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO, deren Lauf spätestens mit Zustel-lung des vollständigen Urteils begonnen hat, die versäumte Prozesshandlung nicht nachgeholt worden ist.

(bearbeitet von Dr. Jürgen Soyka, Vors. Richter am OLG)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 15850

abzug von Kinderbetreuungskosten/Geringfügig beschäftigte Betreuungs-person/Zahlung auf ein Empfängerkonto

EStG §§ 9c, 32 Abs. 1, 35a, 33c

Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes können nach § 9c Abs. 3 Satz 3 EStG in der für den Veranla-gungszeitraum 2009 und 2010 geltenden Fassung auch bei einer i.R. eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses beschäftigten Betreuungsperson nur dann steuerrechtlich berücksichtigt werden, wenn die Zahlungen auf ein Konto der Betreuungsperson erfolgt sind.

BFH, Urt. v. 18.12.2014 – III R 63/13 – FG Niedersachsen

��SachverhaltDie Kläger sind Ehegatten und wurden in den Streitjah-ren 2009 und 2010 zusammen zur Einkommensteuer veran-lagt. Sie waren beide berufstätig und erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Zur Betreuung ihres 3-jährigen Soh-nes beschäftigten sie für ein monatliches Gehalt i.H.v. 300 € eine Teilzeitkraft. Das Gehalt wurde jeweils in bar ausgezahlt.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2009 und 2010 bean-tragten sie den Abzug von jeweils 2/3 der Aufwendungen mithin eines Betrages von 2.400 € für jedes Streitjahr. Das Finanzamt

lehnte die Anerkennung dieser Aufwendungen ab. Der gegen die jeweiligen Einkommensteuerbescheide gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg. Das FG gab der Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes wurde die Klage abgewiesen.

��EntscheidungsinhaltDer BFH geht davon aus, dass die Kläger zwar die Abzugsvor-aussetzungen des § 9c Abs. 1 EStG erfüllt haben, nicht jedoch die Nachweisanforderung des § 9c Abs. 3 Satz 3 EStG. Er weist darauf hin, dass auch bei einer i.R. eines geringfügigen Beschäf-tigungsverhältnisses angestellten Betreuungskraft ein Abzug der Betreuungskosten davon abhängig ist, dass die Zahlung des Ent-geltes nicht bar, sondern über das Konto der Betreuungsperson abgewickelt wurde. Als unerheblich hat der BFH angesehen, ob der geringfügig Beschäftigte als Betreuungsperson zur Ausstel-lung einer Rechnung in dem § 14 UStG vergleichbaren Sinne befugt sein muss. Aus dem Rechnungserfordernis lassen sich kei-ne Rückschlüsse auf das Erfordernis der Zahlungsabwicklung über das Empfängerkonto herleiten. Der BFH weist darauf hin, dass dies auch der Gesetzesbegründung entspricht. Darin wird allgemein festgestellt, dass die Ausweitung der steuerrechtli-chen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten die unter-schiedlichen Formen der Betreuungsangebote gleichstellen und darüber hinaus Anreize geben soll, um legale Beschäftigungs-verhältnisse in Privathaushalten zu schaffen. Um Missbrauch vorzubeugen und zur Bekämpfung von Schwarzarbeit in diesem Bereich werde eine Rechnung und als zusätzlicher Nachweis der Zahlung ein Kontobeleg gefordert. Dies spricht nach Auffassung des BFH dafür, dass die Zahlungsabwicklung über das Konto der Betreuungsperson zum Zwecke der Missbrauchsverhinde-rung für alle Arten von Dienstleistungen gelten sollte.

Der BFH hat es ferner abgelehnt, die Auslegungskriterien des § 35a EStG zugrunde zu legen. Dies begründet er damit, dass die Vorschrift weder als Vorgängernorm des § 9c EStG noch als Grundnorm für den Abzug von Kinderbetreuungskosten anzusehen ist.

(bearbeitet von Dr. Jürgen Soyka, Vors. Richter am OLG)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2014, 34966

Vollzeitpflege/Betreuungsentgelt/Steuerfreiheit

EStG § 3 Nr. 11

1. Leistungen, die aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für die Aufnahme von Pflegepersonen in einen Haushalt über Tag und Nacht als Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII gewährt werden, sind auch dann eine steuerfreie Beihilfe zur Erziehung im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG, wenn die Be-treuung über privatrechtliche Institutionen durch Verträge mit den Erziehungsstellen abgewickelt wird und i.R. dieser Vertragsbeziehungen die öffentlichen Mittel von den Insti-tutionen an die Erzieher – wie im Streitfall für die Aufnah-me von ein bis zwei Pflegekindern – ausgezahlt werden.

2. Die Auffassung, bei einer Betreuung bis zu 6 Kindern sei die Pflege regelmäßig nicht als erwerbsmäßig an-zusehen und ihnen deshalb unmittelbar der Förderung der Erziehung i.S. des § 3 Nr. 11 EStG (BMF-Schreiben v. 20.11.2007 – IV C 3-S 2342/07/0001, BStBl. I 2007,

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824 zur Vollzeitpflege nach § 33 StGB VIII) ist nicht zu beanstanden.

3. Privathaushalte der Erzieher sind keine Einrichtungen i.S.d. § 34 SGB VIII, für die keine steuerfreien Beihilfen i.S.d. § 3 Nr. 11 EStG in Betracht kommen.

4. Sonstige betreute Wohnformen i.S. des § 34 SGB VIII sind nur gegeben, wenn sie als Einrichtungen einen ins-titutionalisierten Rahmen für die Betreuung bieten; dazu gehören nicht lediglich angemietete Wohnungen oder die bloße Überlassung von Wohnraum wie z.B. eines Zimmers im Haushalt der betreuten Person.

BFH, Urt. v. 05.11.2014 – VIII R 29/11 – FG Köln

��SachverhaltDie Beteiligten streiten über die Steuerpflicht von Entgelten, die die Pflegerin von einer Firma für die Vollzeitbetreuung eines fremden Kindes bezieht. Sie schlossen mit der Firma im Jahre 2005 einen Vertrag zur Vollzeitbetreuung eines Kindes in ihrem Familienhaushalt ab. In diesem Zusammen-hang wurde eine Honorar- und Sachkostenvereinbarung ge-schlossen. In den Jahren 2006 und 2008 schloss die Klägerin vergleichbare Verträge für zwei weitere Kinder ab. Auf der Grundlage einer eingereichten Einkommensteuererklärung erließ das Finanzamt am 24.06.2008 einen Einkommensteu-erbescheid für 2006, Vorauszahlungsbescheide für die kom-menden Jahre. Dabei behandelte das Finanzamt die Zahlun-gen für die Betreuung der Kinder unter Abzug der darauf be-zogenen Ausgaben der Klägerin als steuerpflichtigen Gewinn.

Dagegen wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch und mit der Klage. Das FG wies die Klage ab. Die Revision führt zur Aufhebung und Neufestsetzung der Steuerbescheide ohne Ansatz der Einkünfte aus der erzieherischen Tätigkeit.

��EntscheidungsinhaltDer BFH geht davon aus, dass die Einnahmen, die die Klägerin aus ihrer Erziehertätigkeit erzielt, steuerfrei sind. Dazu bezieht er sich auf § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG, wonach Bezüge aus öffentlichen Mitteln steuerfrei sind, die als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung unmittelbar zu fördern. Dabei geht der BFH davon aus, dass unerheblich ist, ob die im Haushaltsplan ausgewiesenen Mittel unmittelbar aus einer öffentlichen Kasse oder über Dritte gezahlt werden. Soweit ihrer Verwendung im Einzelnen gesetzlich geregelter Kontrolle unterliegt.

Ferner sieht der BFH als unerheblich an, dass zur Begrün-dung von Pflegeverhältnissen der Abschluss zivilrechtlicher Pflegeverträge erforderlich ist.

Ferner bejaht der BFH eine unmittelbare Förderung der Er-ziehung im Sinne des § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG weil die Zah-lungsempfänger die Notwendigkeit des Gelderwerbes zum Lebensunterhalt enthoben und dadurch zeitlich in der Lage versetzt werden, sich der Erziehung zu widmen.

Anders sieht der BFH dies bei Zahlungen an Personen, die Kin-der nur des Erwerbes wegen in ihren Haushalt aufgenommen haben. Danach sind nämlich öffentliche Zuwendungen für die Übernahme der Heimerziehung keine Beihilfen im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG, wenn die dafür gezahlten Beträge die tatsächli-chen Kosten in angemessenem Umfange nach Maßgabe der zu-grunde gelegten Pflegesätze hinsichtlich der Personal- und Sach-kosten umfassen. Ferner sind auch die sog. Erziehungsgelder für

Tagesgroßpflegestellen nicht als steuerfrei anzusehen, weil sie nicht ausschließlich und nicht prägend der Erziehung dienen, sondern auch der Unterbringung, Verpflegung und allgemeinen Betreuung. Sodann hat der BFH sich mit dem konkreten Fall auseinandergesetzt und geht davon aus, dass die Einnahmen der Klägerin öffentliche Mittel sind, weil sie konkret bezogen auf die von der Klägerin betreuten Kinder jeweils von dem zuständigen Jugendamt auf der Grundlage der durch Haushaltsplan der Ge-bietskörperschaft bereitgestellten Haushaltsmittel bewilligt wur-den, auch wenn sie von dem zuständigen Jugendamt ausgezahlt werden. Dieses Erfordernis der gesetzlich geregelten Kontrolle ergibt sich im vorliegenden Fall dadurch, dass die Verwendung der Mittel durch Zahlung an den Träger der Rechnungskontrolle der Jugendhilfebehörde unterliegt. Die Kontrolle umfasst auch die vom Träger abgeschlossenen Verträge mit den jeweiligen Pflegepersonen zu jeder der von ihnen betreuten Personen, so dass es einer weitergehenden Kontrolle bei der Pflegeperson ersichtlich für eine hinreichende Mittelverwendungskontrolle nicht bedarf. Ferner dienen die Beihilfen zur unmittelbaren För-derung der Erziehung, wobei für die Vollzeitpflege nach § 33 StGB VIII davon auszugehen ist, dass die Pflegeperson über Tag und Nacht die Betreuung von Kindern und Jugendlichen übernimmt. Insbesondere handelt es sich bei der Vollzeitpfle-ge nicht um Erziehungsleistungen ggü. Pflegekindern, die i.R. einer Erziehungsstelle oder als betreutes Wohnen erbracht wer-den. Sonstige betreute Wohnformen sind nach Auffassung des BFH nur gegeben, wenn sie als Einrichtung einen institutionali-sierten Rahmen für die Betreuung bieten. Eine nur angemietete Wohnung und folglich die bloße Überlassung von Wohnraum wie z.B. ein Zimmer im Haushalt der betreuenden Person ent-sprechend den Verhältnissen im Streitfall genügt nicht. Denn unter Einrichtung ist eine auf eine gewisse Dauer angelegte – hier fehlende – Bindung von sächlichen und persönlichen Mitteln zu einem bestimmten Zweck unter der Verantwortung eines Trägers zu verstehen.

Eine unmittelbare Förderung der Erziehung ist gegeben, wenn die Zuwendung öffentlicher Mittel die Erziehung ohne ein Da-zwischentreten weiterer Ereignisse beeinflussen. Davon kann nur dann nicht gesprochen werden, wenn die Aufnahme des Kindes in den Haushalt der Pflegeperson – wie sog. Kostkinder – auf Seiten der Pflegeperson als Erwerbstätigkeit anzusehen ist.

(bearbeitet von Dr. Jürgen Soyka, Vors. Richter am OLG)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2014, 34802

Verpflichtung zur auskunftserteilung/Volljährigenunterhalt/Beschwer/Zulässigkeit der Beschwerde

FamFG §§ 61 Abs. 1, 68 Abs. 2, 74 Abs. 1 Satz 2, 117 Abs. 1 Satz 4; ZPO §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 574 Abs. 2

Wehrt sich der Antragsgegner gegen seine Verpflichtung zur Auskunftserteilung mit der Beschwerde, bestimmt sich die Beschwer nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Maßgebend sind der Aufwand und die Kosten der Auskunftserteilung.

BGH, Beschl. v. 08.07.2015 – XII ZB 286/14 – OLG Hamm

FuR 10 · 2015608

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��SachverhaltDer Antragsgegner wendet sich gegen die Verpflichtung, seiner volljährigen Tochter Auskunft i.R. eines Unterhaltsverfahrens zu erteilen. Das AG hat den als Rechtsanwalt tätigen Antrags-gegner zur Auskunftserteilung und zur Vorlage von Belegen verpflichtet.

Das OLG hat den Beschwerdewert auf bis 500 € festgesetzt und die Beschwerde als unzulässig verworfen. Die Rechtsbe-schwerde blieb ohne Erfolg.

��EntscheidungsinhaltDer BGH hat sich insbesondere mit der Rüge des Antrags-gegners befasst, er sei lediglich gehalten, seine Einkünfte aus dem Zeitraum von 2010 bis 2012 systematisch darzustellen und zu belegen. Dabei habe das AG ihn aber verpflichtet, Auskunft über sein Vermögen und Vermögen per 01.05.2013 zu erteilen. Diese Auskunftserteilung begründet für ihn einen nicht unerheblichen Aufwand.

Der BGH geht jedoch ebenso wie das OLG davon aus, dass der Tenor so auszulegen ist, dass sich die Auskunfts-verpflichtung über das Einkommen auf den Zeitraum 2010 und 2012 beschränkt und nur die Auskunft über das Ver-mögen per Stichtag 01.05.2013 zu erteilen ist. Der BGH begründet seine Auffassung damit, dass die Auskunft über das Einkommen nur über einen bestimmten Zeitraum sinn-voll erteilt werden kann und – anders als bei der Auskunft über das Vermögen – nicht zu einem bestimmten Stichtag. Zum anderen hebt der BGH hervor, dass diese Auslegung mit der Anordnung korrespondiert, dass die entsprechenden steuerlichen Gewinnermittlungsunterlagen der Jahre 2010 bis 2012 vorzulegen ist.

Ferner weist der BGH darauf hin, dass die Rechtsbehelfs-belehrung bedeutungslos ist. Er hebt hervor, dass allein der Hinweis auf das statthafte Rechtsmittel nicht beinhaltet, dass ein Rechtsmittel auch tatsächlich zulässig ist.

(bearbeitet von Dr. Jürgen Soyka, Vors. Richter am OLG)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 20933

Elternunterhalt/Obliegenheit zur Inanspruchnahme von leistungen der Grundsicherung im alter/ausschluss von leistungen der Grundsicherung wegen eines leistungsfähigen Kindes/Unbillige härte im anspruchsübergang für nicht leistungsfähige Kinder/Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ggü. dem unterhaltsberechtigten Elternteil

SGB XII §§ 43 Abs. 3, 94; BGB §§ 1602, 1606 Abs. 3 Satz 1

a) Für den Unterhaltsberechtigten besteht grundsätzlich die Obliegenheit zur Inanspruchnahme von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41 ff. SGB XII); eine Verletzung dieser Obliegenheit kann zur Anrechnung fiktiver Einkünfte in der Höhe der entgangenen Leistungen führen.

b) Die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist gem. § 43 Abs. 3 Satz 6 SGB XII schon dann insgesamt ausgeschlossen, wenn bei einer Mehrzahl von unterhaltspflichtigen Kindern des Leistungsberechtigten nur eines der Kinder über steuerliche Gesamteinkünfte i.H.v. 100.000 € oder mehr verfügt (im Anschluss an BSG FamRZ 2014, 385).

c) Erhält der Unterhaltsberechtigte aus diesem Grunde nachrangige Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 19 Abs. 2 Satz 2, 27 ff. SGB XII) und haften mehrere unterhalts-pflichtige Kinder gem. § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB anteilig für den Elternunterhalt, stellt der gesetzliche Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Sozialhilfeträger für ein privilegiertes Kind mit einem unter 100.000 € lie-genden steuerlichen Gesamteinkommen eine unbillige Härte im Sinne von §§ 94 Abs. 3 Satz 1, 2 SGB XII dar, wenn und soweit dieses Kind den unterhaltsberechtig-ten Elternteil nur wegen des Vorhandenseins nicht pri-vilegierter Geschwister nicht auf die bedarfsdeckende Inanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen ver-weisen kann.

d) In diesem Falle kann das privilegierte Kind der Geltend-machung des Unterhaltsanspruchs durch den unterhalts-berechtigten Elternteil den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegenhalten und zwar sowohl wegen vergangener als auch wegen zukünftiger Unterhaltszeiträume.

BGH, Beschl. v. 08.07.2015 – XII ZB 56/14 – OLG Hamm

��SachverhaltDie Beteiligten streiten um Elternunterhalt für die Zeit seit August 2011.

Die 1934 geborene Antragstellerin ist verwitwet und lebt im eigenen Haushalt. Sie hat in den hier streitigen Unterhalts-zeiträumen einen durch Renteneinkünfte und Eigenverdienst nicht gedeckten Unterhaltsbedarf in wechselnder Höhe zwi-schen 647 € und 756 €. Der Antragsgegner ist der Sohn der Antragstellerin. Er bezieht ein jährliches Bruttoeinkommen i.H.v. rd.76.500 €. Die Antragstellerin hat einen weiteren Sohn und eine Tochter. Der Bruder des Antragsgegners erzielt jährliche Bruttoeinkünfte i.H.v. mehr als 150.000 €. Seine Schwester ist bei einem Bruttojahreseinkommen i.H.v. rd. 21.000 € unstreitig für die Zahlung von Elternunterhalt an die Antragstellerin nicht leistungsfähig.

Wegen ihres ungedeckten Unterhaltsbedarfs hatte die An-tragstellerin die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen beantragt. Die Stadt lehnte diesen Antrag wegen der über der Einkommensgrenze des § 43 Abs. 3 Satz 1 SGB XII lie-genden Einkünfte des Bruders des Antragsgegners ab und gewährte der Antragstellerin stattdessen Leistungen nach dem SGB XII (Hilfe zum Lebensunterhalt) unter Rücküber-tragung der auf sie übergegangenen Unterhaltsansprüche zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung gegen den An-tragsgegner und seinen Bruder.

Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin zunächst den Antragsgegner zur Zahlung rückständigen und laufenden Elternunterhalts in Anspruch genommen. Das AG hat den Antrag zurückgewiesen. Die Beschwerde blieb ebenso ohne Erfolg wie die Rechtsbeschwerde.

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��EntscheidungsinhaltZunächst hat der BGH es abgelehnt, der Antragstellerin fikti-ve Grundsicherungsleistungen bedarfsdeckend zuzurechnen. Er weist zwar darauf hin, dass Grundsicherungsleistungen dem Unterhaltsanspruch ggü. nicht nachrangig sind, son-dern als Einkommen gelten und den unterhaltsrechtlichen Bedarf des Leistungsempfängers reduzieren, ohne dass es darauf ankommt, ob sie zu Recht oder zu Unrecht bewil-ligt worden sind. Er weist ferner darauf hin, dass für den Unterhaltsberechtigten grundsätzlich die Obliegenheit zur Inanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen besteht und eine Verletzung dieser Obliegenheit zur Anrechnung fik-tiver Einkünfte in Höhe der entgangenen Grundsicherung führen kann.

Allerdings weist der BGH darauf hin, dass die Antragstelle-rin rechtzeitig Grundsicherungsleistungen beantragt hat und diese abgelehnt worden sind. Deswegen befasst der BGH sich mit einer unterhaltsrechtlichen Verpflichtung, von sich aus mit Rechtsbehelfen gegen die Versagung von bedarfsdecken-den Grundsicherungsleistungen vorzugehen. Eine Obliegen-heit sieht der BGH nur dann, wenn von vornherein hinrei-chende Erfolgsaussichten gegeben sind. Dies lehnt der BGH für den vorliegenden Fall ab, weil eines ihres unterhaltspflich-tigen Kinder unstreitig über steuerrechtliche Bruttoeinkünfte von mehr als 150.000 € verfügt und deswegen ein Anspruch gem. § 43 Abs. 3 Satz 6 SGB XII nicht besteht. Insoweit hat der BGH sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob Grundsi-cherungsleistungen auch dann ausgeschlossen sind, wenn der Träger der Grundsicherung bei einer Mehrzahl von Kindern des Leistungsberechtigten nicht für alle Kinder den Nach-weis eines steuerlichen Bruttoeinkommens i.H.v. 100.000 € führen kann. Dies bejaht der BGH bereits aufgrund einer grammatikalischen Auslegung, die dafür spricht, dass bei einer Mehrzahl von unterhaltspflichtigen Kindern oder El-ternteilen eine Nichtberücksichtigung von Unterhaltsansprü-chen nur eintritt, wenn keines der Kinder oder Elternteile des Leistungsberechtigten ein jährliches Gesamteinkommen von 100.000 € oder mehr erzielt. Ferner weist der BGH darauf hin, dass er mit der Beurteilung dieser Rechtsfrage im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG steht, der die Vorschrift in gleicher Weise auslegt.

Dennoch verneint der BGH eine Unterhaltsverpflichtung des Antragsgegners und weist darauf hin, dass die Antragstellerin nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB an einer Geltend-machung ihrer Unterhaltsansprüche gehindert ist.

Soweit es um den Anspruchsübergang auf den Träger der So-zialhilfe geht, weist der BGH darauf hin, dass die Unterhalts-ansprüche nicht nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII überge-gangen sind, so dass auch die vorgenommene Rückabtretung ins Leere geht. Dabei geht der BGH von einer unbilligen Härte im Sinne des § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII aus. Der BGH sieht es als unbillige Härte an, wenn ein Kind zu Unterhaltszahlungen verpflichtet wird und die unterhaltsbe-rechtigten Elternteile nur wegen des Vorhandenseins einkom-mensstärkerer Geschwister nicht auf die Inanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen verweisen kann. Der BGH hebt zunächst nochmals hervor, dass die Frage, ob eine unbil-lige Härte vorliegt, sich danach beurteilt, ob aus Sicht des So-zialhilfeträgers durch den Anspruchsübergang soziale Belange berührt werden, was notwendiger Weise voraussetzt, dass der

den Härtegrund rechtfertigende Lebenssachverhalt einen er-kennbaren Bezug zum Sozialhilferecht oder zu einem sonsti-gen Handeln des Staates und seiner Organe aufweist. Diese Härte begründet der BGH damit, dass der Antragsgegner als Einzelkind nicht auf Unterhalt in Anspruch genommen wer-den könnte, weil seine Einkommensgrenze unter 100.000 € liegt und die Antragstellerin auf bedarfsdeckende Grundsi-cherungsleistungen verweisen könnte. Dies wollte der Ge-setzgeber sicherstellen: dass nur hohe Einkommen nicht vom Unterhaltsrückgriff befreit werden. Hier würde der Antrags-gegner einem Unterhaltsrückgriff aber nicht wegen der Höhe seines Einkommens, sondern allein deswegen ausgesetzt wer-den, weil er einen einkommensstärkeren Bruder hat. Dafür ist eine sachliche Rechtfertigung nicht ersichtlich. Außerdem weist der BGH darauf hin, dass das Phänomen der verschäm-ten Altersarmut darauf beruht, dass ältere Menschen aus Furcht vor einem Unterhaltsrückgriff auf ihre Kinder keine Sozialhilfe beantragen. Gerade aus Sicht des Sozialhilferechtes wäre es deshalb verfehlt, wenn die Antragstellerin befürchten müsste, dass selbst ihre einkommensschwächeren Kinder bei einer Inanspruchnahme öffentlicher Hilfe mit einem Unter-haltsrückgriff durch den Hilfeträger zu rechnen hätten.

Allerdings weist der BGH darauf hin, dass die dem Unter-haltspflichtigen zugutekommende Haftungsprivilegierung nur für die Leistungen der Grundsicherung, nicht dagegen für Sozialleistungen gilt, die nach dem SGB XII den grundsi-cherungsberechtigten Personenkreis ergänzend erbracht wer-den. Übersteigt der gesamte Lebensbedarf des Unterhaltsbe-rechtigten seinen Grundsicherungsbedarf – was insbesondere bei stationärer Pflege sehr häufig der Fall sein wird – geht der Unterhaltsanspruch des Berechtigten auch bei bewillig-ten Grundsicherungsleistungen bis zur Höhe der sonstigen Hilfe nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII auf den Sozialhilfeträ-ger über. Soweit aber der Unterhaltsbedarf des Berechtigten von der fiktiven Bewilligung von Grundsicherungsleistungen ohnehin nicht gedeckt wäre, bedeutet der Anspruchsüber-gang für das unterhaltsberechtigte Kind nicht deshalb eine unbillige Härte nach § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII, weil es den Unterhaltsberechtigten wegen des hohen Einkommens von Geschwisterkindern nicht auf die Inanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen verweigern kann. Dies ist im vorliegenden Fall allerdings nicht gegeben, weil es hier ausschließlich um die Bedarfsdeckung durch Grundsi-cherung geht.

Soweit der Anspruch nicht auf den Träger der Sozialhilfe übergegangen ist, verneint der BGH eine Inanspruchnahme des Antragsgegners infolge des Einwandes der unzulässigen Rechtsausübung gem. § 242 BGB. In diesem Zusammen-hang hat der BGH sich mit der Subsidiarität der gewähr-ten Sozialhilfe gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB XII befasst und nochmals klargestellt, dass die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt generell keinen Einfluss auf den Inhalt und den Umfang des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs und die Unterhaltsverpflichtung hat. Deswegen wird der Grundsatz der Subsidiarität auch nicht davon berührt, ob und in wel-chem Umfange im Einzelfall ein Unterhaltsanspruch nach Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt auf den Sozial-hilfeträger übergeht.

Der BGH hebt allerdings hervor, dass dem Unterhaltsbe-gehren auch in einem solchen Falle der Grundsatz von Treu

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und Glauben entgegenstehen kann, wenn ihm nachrangige Leistungen der Sozialhilfe gewährt werden, ohne dass es zu einem Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Sozialhil-feträger kommt. Dabei geht der BGH allerdings davon aus, dass es keine allgemeine Treuepflicht des Unterhaltsberech-tigten gibt, von einer Geltendmachung eines Unterhaltsan-spruchs gegen den Unterhaltspflichtigen abzusehen, wenn dieser Unterhaltsanspruch bei Gewährung nachrangiger So-zialhilfe aufgrund der Ausnahmevorschrift abweichend von § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nicht auf den Sozialhilfeträger übergeht. Der BGH hebt hervor, dass dies nur bei besonderen Fällen in Betracht kommt. Er hat zunächst auf seine bisherige Rechtsprechung verwiesen, wonach bei vergangenen Unter-haltszeiträumen, in denen eine nicht rückzahlbare Sozialhilfe vereinnahmt wurde, der Rechtsgedanke von Treu und Glau-ben eine Rolle spielen kann, wenn anderenfalls die Gefahr für den Unterhaltspflichtigen bestünde, mit derart hohen Forderungen aus der Vergangenheit belastet zu werden, dass es ihm voraussichtlich auf Dauer unmöglich gemacht würde, Schulden zu tilgen und daneben auch noch seinen laufenden Verpflichtungen nachzukommen. Der BGH weist darauf hin, dass es demgegenüber für die Zukunft bei dem Subsidiari-tätsgrundsatz verbleiben sollte, zumal die rechtliche Betrach-tungsweise darauf abzustellen hat, dass der Schuldner in der Zukunft seiner Unterhaltsverpflichtung nachkomme und die Gewährung von Sozialhilfe an dem Berechtigten damit inso-weit entbehrlich gemacht werde.

Der BGH hebt nochmals hervor, dass er an diesen Grund-sätzen festhält, aber dennoch auch bei Vorliegen besonderer Umstände die Möglichkeit einer Korrektur für den laufenden Unterhalt gegeben sein kann. Einen solchen Ausnahmefall hat der BGH deswegen angesehen, weil die Antragstellerin zur Deckung ihres notwendigen Lebensbedarfs auf Hilfe zum Lebensunterhalt nicht ausschließlich deswegen angewiesen ist, weil die Unterhaltszahlungen ihrer Söhne ausbleiben, sondern weil im Hinblick auf die guten Einkommensver-hältnisse des einen Sohnes Grundsicherungsleistungen nicht in Betracht kommen. Darin liegt nach Auffassung des BGH nicht nur aus dem Blickwinkel des Sozialhilferechtes eine systemwidrige Härte. Auch das Unterhaltsrecht kann sich insoweit der Beurteilung nicht verschließen, dass die Her-anziehung des Antragsgegners zum Unterhalt unter den ge-gebenen Umständen eine besondere Belastung darstellt, weil der Bruder des Antragsgegners aufgrund seines Einkommens die Antragstellerin von einer anderweitigen Bedarfsdeckung durch Grundsicherungsleistungen ausschließt.

��PraxishinweisZunächst hält der BGH daran fest, dass dann, wenn Grund-sicherungsleistungen auf Antrag hin gewährt würden, diese fiktiv zugerechnet werden müssen, wenn ein entsprechender Antrag nicht gestellt wird. Wird der Antrag von der Behörde abgelehnt, besteht eine Obliegenheitsverletzung, Rechtsmit-tel nicht einzulegen, nur, wenn hinreichende Erfolgsaussicht gegeben ist. In diesem Zusammenhang prüft der BGH, ob Grundsicherungsleistungen tatsächlich erbracht worden wä-ren. Dies lässt er im vorliegenden Fall an dem hohen Einkom-men eines Bruders des auf Unterhalt in Anspruch genomme-nen Sohnes scheitern. Der BGH weist zu Recht darauf hin, dass nach § 43 Abs. 3 Satz 2 SGB XII vermutet wird, dass das

Einkommen der Kinder unter einem Betrag von 100.000 € liegt. Allerdings hebt der BGH hervor, dass zur Widerlegung dieser Vermutung von den Leistungsberechtigten Angaben verlangt werden können, die Rückschlüsse auf die Einkom-mensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen zulassen, § 43 Abs. 3 Satz 3 SGB XII. Liegen hinreichende Anhaltspunkte für ein Erreichen der Einkommensgrenze von 100.000 € vor, sind die Unterhaltspflichtigen ggü. dem Träger der Grund-sicherung verpflichtet, in einem für die Durchführung der Vorschriften über die Grundsicherung erforderlichen Um-fang über ihre Einkommensverhältnisse Auskunft zu geben, was auch die Verpflichtung umschließt, Beweisurkunden vor-zulegen oder deren Vorlage zuzustimmen, § 43 Abs. 3 Satz 4 und 5 SGB XII.

Ferner hat der BGH sich der Auffassung des BSG angeschlos-sen, dass Grundsicherungsleistungen auch dann ausgeschlos-sen sind, wenn bei einer Mehrzahl von Kindern des Leis-tungsberechtigten nicht für alle Kinder der Nachweis eines steuerrechtlichen Bruttoeinkommens i.H.v. 100.000 € oder mehr geführt werden kann.

Schließlich befasst die BGH-Entscheidung sich damit, wel-che Konsequenzen sich daraus ergeben, dass ein Kind, das über geringere Einkünfte verfügt, auf Unterhaltszahlungen in Anspruch genommen wird. Der BGH sieht in dem Um-stand, dass Grundsicherungsleistungen im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit eines Geschwisterkindes nicht in Betracht kommen, eine sozialrechtliche Härte, so dass der Anwen-dungsbereich des § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII gegeben ist. Dies bedeutet, dass ein Anspruchsübergang nicht vorliegt, so dass der Sozialhilfeträger nicht gegen das unterhaltspflich-tige Kind vorgehen kann.

Sodann befasst der BGH sich aber auch mit dem Unterhalts-verhältnis zwischen Kind und Elternteil. Der BGH stellt sich die Frage, ob auch in diesem Falle eine Inanspruchnah-me des Kindes möglich ist. Die unbillige Härte gem. § 94 SGB XII spielt in diesem Rechtsverhältnis keine Rolle. Der BGH knüpft allerdings an seine frühere Rechtsprechung an, dass möglicherweise die Inanspruchnahme des Unterhalts-pflichtigen treuwidrig sein kann. Er verweist nach wie vor darauf, dass im Hinblick auf die Subsidiarität die Treuwidrig-keit nicht automatisch dann eintritt, wenn ein Unterhaltsan-spruch nicht übergeht. Dies verstößt seiner Auffassung nach gegen den Grundsatz der Subsidiarität. Es muss daher be-sondere Ausnahmefälle geben, bei denen eine Berufung auf Treu und Glauben in Betracht kommt. Insoweit bezieht der BGH sich auf seine frühere Rechtsprechung, dass dies bei Unterhaltsrückständen möglich ist, wenn der Unterhalts-verpflichtete bereits erheblich verschuldet ist und durch die erheblichen Rückzahlungen rückständigen Unterhalts nicht in der Lage ist, seine Schulden und sonstigen laufenden Ver-bindlichkeiten zu tilgen.

Für die Zukunft hat der BGH allerdings eine Treuwidrigkeit bisher abgelehnt. Etwas anderes gilt im vorliegenden Fall. Im vorliegenden Fall hat er die Treuwidrigkeit im Hinblick dar-auf bejaht, dass es hier nicht um die Unterhaltsbedürftigkeit des Elternteils im Hinblick darauf geht, dass das unterhalts-verpflichtete Kind keinen Unterhalt gezahlt hat, sondern dass der Elternteil deswegen unterhaltsbedürftig ist, weil er

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RechtsprechungFamilienrecht

Grundsicherungsleistungen nicht erhalten kann im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit eines Kindes. Daran sieht der BGH einen Grund, auch für den laufenden Unterhalt von einer Treuwidrigkeit auszugehen.

Da der BGH in dieser Entscheidung wiederum auf seine frühere Rechtsprechung abstellt, nach der der Ausschluss eines Anspruchsübergangs auf den Träger der Sozialhilfe nicht zwangsläufig zu einer Anrechnung der Sozialhilfe we-gen des Subsidiaritätsgrundsatzes führt, sondern dies nur bei Treuwidrigkeit möglich ist, zeigt sich, dass eine Vielzahl der Leitlinien, die diese Rechtsprechung des BGH für den Fall des ausgeschlossenen Anspruchsübergangs bei der Sozialhilfe anwenden, richtig ist.

Daraus dürfte sich aber auch ergeben, dass beim Arbeits-losengeld II, bei dem die gleiche Problematik im Hinblick auf den Anspruchsübergang besteht, viele Leitlinien nicht mit der BGH-Rechtsprechung zu vereinbaren sind. In vie-len Leitlinien ist nämlich vorgesehen, dass dann, wenn der Unterhaltsanspruch nicht auf das Jobcenter übergeht, das Arbeitslosengeld II automatisch als Einkommen angerech-net wird. Auch dies dürfte nach Auffassung des BGH gegen den Subsidiaritätsgrundsatz verstoßen, so dass auch hier nur bei Treuwidrigkeit ausnahmsweise eine Anrechnung des Arbeitslosengeldes II zur Bedarfsdeckung in Betracht kommt. Hier dürfte sich nichts anderes ergeben, als bei der Sozialhilfe. Aus diesem Grunde ist auch in vielen Leitlinien vorgesehen, dass auch beim Arbeitslosengeld II eine Bedarfs-deckung in der Anrechnung nur dann in Betracht kommen kann, wenn die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen treuwidrig ist. Diese Leitlinien beziehen sich auf die genann-te BGH-Rechtsprechung, die der BGH nunmehr nochmals bestätigt hat.

(bearbeitet von Dr. Jürgen Soyka, Vors. Richter am OLG)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 21017

tätig, in wirtschaftliche Not geraten und habe einen Insol-venzantrag stellen müssen. Das Familiengericht hat VKH verweigert.

��EntscheidungsinhaltDie Beschwerde blieb erfolglos. Aufgrund seiner gesteigerten Unterhaltsobliegenheit kann, auch wenn das tatsächlich vor-handene Vermögen und Einkommen nicht ausreicht, auf sei-ne Arbeits- und Erwerbsfähigkeit abgestellt werden. Er muss sich so behandeln lassen, als ob er ein Einkommen, das er »bei gutem Willen« erzielen könnte, auch tatsächlich erzielt. Abzustellen ist folglich auf das Einkommen, was er nach sei-ner persönlichen Qualifikation realistischerweise tatsächlich erzielen kann.

Dabei kann auf das Einkommen abgestellt werden, das bis-lang erzielt worden ist. Der Unterhaltspflichtige muss ggf. darlegen und beweisen, dieses Einkommen nicht mehr erzie-len zu können. Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen. Sein Verweis auf die Insolvenz genügt dazu nicht. Sachvortrag genügt diesen Anforderungen nicht. Daraus gehe noch nicht einmal hervor, über wessen Vermögen Insolvenz eröffnet wor-den ist und ob eine Privatinsolvenz vorliegt.

Auch der Vortrag, er habe staatliche Hilfe beantragt und zeitweise auch erhalten, führt zu keiner anderen Bewertung. Damit wird seine fehlende Leistungsfähigkeit nicht ausrei-chend belegt.

Auch der Vortrag, das er jetzt in Vollzeit mit einem Netto-gehalt von rd. 1.050 €/Monat arbeitet, belegt nicht seine fehlende unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit. Daraus ergibt sich nicht, dass er seine beruflichen Fähigkeiten ausreichend ausgenutzt hat. Er muss nachvollziehbar vor-tragen (und dokumentieren), was er im Einzelnen unter-nommen hat, um einen auskömmlichen, seinen Fähigkei-ten und seiner Ausbildung entsprechenden Arbeitsplatz zu erlangen.

��PraxishinweisEine Insolvenz beendet nicht die unterhaltsrechtliche Ob-liegenheit, sich um eine neue angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen. Der Unterhaltspflichtige muss weiter entspre-chende Darlegungen vortragen. Andernfalls muss er damit rechnen, fiktiv mit seinem früher erzielten Einkommen zu Unterhaltszahlungen verpflichtet zu werden.

Der Antrag auf Beiziehung von Akten ersetzt nicht den erforderlichen eigenen Sachvortrag. Auch der Sachvortrag des Verfahrensgegners kann bei der Prüfung der Erfolgs-aussichten berücksichtigt werden. Hier wurden in der Antragserwiderung zahlreiche Indizien dafür vorgetragen, dass der Antragsteller noch über Finanzmittel verfügt und ausreichend leistungsfähig ist (luxuriöser Lebensstil, mehr-fache teure Urlaube, Zahlungen für den Musikunterricht des Kindes usw.).

(bearbeitet von Dr. Wolfram Viefhues, weiterer Aufsicht füh-render Richter am AG a.D.)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 16976

Unterhaltsrechtliche leistungsfähigkeit endet nicht durch Insolvenzantrag

BGB § 1603

Ausgangspunkt für die Zurechnung eines fiktiven Einkom-mens in einem Fall, in dem die behauptete unterhaltsrecht-liche Leistungsunfähigkeit Folge einer Insolvenz sein soll, ist derjenige Betrag, den der Unterhaltspflichtige unter Be-rücksichtigung seiner Ausbildung, seiner Fähigkeiten und seiner sonstigen persönlichen Qualifikation realistischer weise tatsächlich erzielen könnte. Ein erstes, allerdings sehr gewichtiges Indiz ist dabei dasjenige Einkommen, das der Unterhaltspflichtige bislang, bis zur Insolvenzantragstellung, tatsächlich erzielt hat.

KG, Beschl. v. 14.04.2015 – 13 WF 59/15

��SachverhaltDer Kindesvater will die Herabsetzung des Kindesunter-halts mit der Begründung durchsetzen, er sei selbständig

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Rechtsprechung Familienrecht

Ehe endgültig gescheitert ist. Oft ist bis zu diesem Zeitpunkt auch auf Seiten dieses Ehegatten eine Neuorientierung in einer neuen Partnerschaft eingetreten.

Die Entscheidung des OLG Brandenburg macht aber deut-lich, dass letztlich kein Ehegatte die Scheidung seiner Ehe verhindern kann.

(bearbeitet von Dr. Wolfram Viefhues, weiterer Aufsicht füh-render Richter am AG a.D.)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 18410

anwaltskosten werden im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nur bei erkennbarer notwendigkeit anwaltlicher Vertretung erstattet

FamFG § 80 Satz 2; ZPO § 91

Für den Beteiligten ist im Verfahren der freiwilligen Gerichts-barkeit die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe nur dann geboten, wenn er das konkrete Verfahren nach seinen Fä-higkeiten und Kenntnissen ohne die Gefahr eines Rechts-nachteils nicht ohne anwaltliche Hilfe führen konnte.

OLG Celle, Beschl. v. 12.06.2015 – 2 W 137/15

��Entscheidungsinhalt§ 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO, wonach die Kosten des Rechtsan-walts der obsiegenden Partei in allen Prozessen zu erstatten sind, findet in den Verfahren nach dem FamFG keine An-wendung. Denn § 80 Satz 2 FamFG erklärt zwar § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO für entsprechend anwendbar, nicht aber § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Daher gehören die Gebühren und Ausla-gen eines Rechtsanwalts nicht zwingend zu den erstattungsfä-higen Kosten in Verfahren nach dem FamFG. Vielmehr muss eine Notwendigkeit für die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe gegeben sein, was bei der Kostenfestsetzung in jedem einzelnen Fall vom Rechtspfleger zu prüfen ist, soweit nicht das Gericht bereits in der Ausgangsentscheidung anwaltliche Kosten als berücksichtigungsfähig bezeichnen sollte. Hierfür ist entscheidend, ob die Kosten im Zeitpunkt ihrer Aufwen-dung nach der allgemeinen Verkehrsanschauung objektiv aufzuwenden waren, ohne dass es auf subjektive Bewertun-gen des Beteiligten oder eine ex-post-Betrachtung im Zeit-punkt der Kostenfestsetzung ankäme; die Verhältnismäßig-keit des Kostenaufwands ist zu beachten. Es gilt der Grund-satz möglichst sparsamer Verfahrensführung. Jeder Beteiligte ist generell verpflichtet, die Kosten seiner Verfahrensführung, die er im Falle seines Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung seiner berechtigten Belange vereinbaren lässt. Zur Wahrung seiner Interessen ist die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe durch den Erstattungsberechtigten nur dann geboten, wenn er das konkrete Verfahren nach seinen Fähigkeiten und Kenntnissen ohne Gefahr eines Rechtsnachteils nicht ohne anwaltliche Beratung führen konnte. Ist die Beauftragung eines Rechtsanwalts für den Beteiligten erkennbar unnötig, sind die hierdurch verursachten Kosten als nicht notwendig zu erachten.

Scheidung auch gegen den Willen des anderen Ehegatten

BGB § 1565 Abs. 1

Eine Ehe ist gescheitert, wenn nach einem Trennungsjahr nur ein Ehegatte – aus welchen Gründen auch immer – sich endgültig abgewendet hat, weil dann eine Wiederherstel-lung der Ehe nicht zu erwarten ist.

OLG Brandenburg, Beschl. v. 26.03.2015 – 9 UF 260/14

��SachverhaltDie Eheleute leben seit Mai 2013 getrennt. Der Antragsgeg-ner widersetzt sich dem Scheidungsantrag. Er möchte an der Ehe festhalten, weil er keinen vernünftigen sachlichen Grund für die erfolgte Trennung und noch weniger für die Auflösung des ehelichen Bandes erkennen könne. Das Familiengericht hat die Ehe geschieden.

��EntscheidungsinhaltDie Beschwerde blieb erfolglos. Zwar wird ein Scheitern der Ehe nur unwiderlegbar vermutet, wenn nach Ablauf eines Trennungsjahres beide Ehegatten der Scheidung zustimmen (§ 1566 Abs. 1 BGB) oder die Trennung drei Jahre zurück-liegt (§ 1566 Abs. 2 BGB).

Aber auch schon nach Ablauf des ersten Trennungsjahres kann eine Scheidung gegen den Willen des anderen Ehegat-ten durchgesetzt werden. Das Gericht muss dafür allerdings positiv die Zerrüttung der Ehe feststellen. Hier ist die Ehe der Beteiligten erkennbar gescheitert. Die Ehekrise erscheint mit Blick auf den Auszug der Antragstellerin unüberwind-bar; zudem fehlt ihr jegliche Versöhnungsbereitschaft. Sie hat in ihrer persönlichen Anhörung ausdrücklich und sehr be-stimmt erklärt, dass für sie eine Wiederherstellung der eheli-chen Lebensgemeinschaft nicht mehr in Betracht kommt. Sie lebe glücklich in einer neuen Beziehung und wolle unbedingt geschieden werden.

Der Antragsgegner konnte keine tragfähigen Anknüpfungs-tatsachen vorbringen, aus denen sich eine konkrete Erwar-tung dahin, dass die eheliche Lebensgemeinschaft gegen die erklärte Ablehnung der Antragstellerin wiederhergestellt wer-den könne, herleiten ließe. Allein aus dem Umstand, dass sie sich erst im Sommer 2014 umgemeldet und noch eine Vielzahl persönlicher (Hausrats-)Gegenstände zurückgelassen hat, lässt sich eine Überwindung der Ehekrise nicht herleiten.

Aus dem gesamten Verhalten der Antragstellerin seit der räumlichen Trennung und ihren glaubhaften Bekundungen ist mit Gewissheit zu entnehmen, dass sie unter keinen Um-ständen bereit ist, die Ehe fortzusetzen. Eine Ehe ist aber be-reits dann im Sinne von § 1565 Abs. 1 BGB gescheitert, wenn nur ein Ehegatte – aus welchen Gründen auch immer – sich endgültig abgewendet hat und die Ehe nur einseitig als zer-rüttet angesehen wird, weil eine Wiederherstellung der Ehe dann nicht zu erwarten ist.

��PraxishinweisFälle, in denen ein Ehegatte nachhaltig die Scheidung verwei-gert, sind in der Praxis selten. Meist reicht im Scheidungsver-fahren die Zeit bis zum Eingang der Auskünfte zum Versor-gungsausgleich aus, um die Einsicht reifen zu lassen, dass die

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RechtsprechungFamilienrecht

��PraxishinweisDas Gericht kann bereits in seiner Kostenentscheidung an-ordnen, dass außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden. Selbst wenn diese Einschränkung nicht erfolgt ist, ist damit –wie der Fall zeigt – die Erstattung der Anwaltskosten nicht garantiert.

(bearbeitet von Dr. Wolfram Viefhues, weiterer Aufsicht füh-render Richter am AG a.D.)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 20066

Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten im Unterhaltsverfahren

ZPO §§ 91 Abs. 1, 104

Detektivkosten sind dann zu erstatten, wenn sie zur zweck-entsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung not-wendig waren.

Die Detektivkosten müssen sich – gemessen an den wirt-schaftlichen Verhältnissen der Beteiligten und der Bedeu-tung des Streitgegenstandes – in vernünftigen Grenzen hal-ten und dürfen nicht einfacher und/oder billiger erfolgen können.

Kosten für die Erstellung von Fotos und Videos werden nicht erstattet, wenn ihre Erstellung nicht erforderlich war.

OLG Hamm, Beschl. v. 09.01.2015 – 6 WF 83/14

��EntscheidungsinhaltZu den Verfahrenskosten rechnen auch solche, die durch rechtmäßige Maßnahmen zur Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Verfahrens ausgelöst werden. Detektivkos-ten sind zu erstatten, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren (§ 91 Abs. 1 ZPO), eine vernünftige Prozesspartei also berechtigte Gründe hatte, eine Detektei zu beauftragen. Erforderlich ist zudem, dass sich die Detektivkosten – gemessen an den wirt-schaftlichen Verhältnissen der Parteien und der Bedeutung des Streitgegenstandes – in vernünftigen Grenzen halten und prozessbezogen sind, die erstrebten Feststellungen wirklich notwendig waren sowie die Ermittlungen aus ex-ante-Sicht nicht einfacher und/oder billiger erfolgen konnten.

Die Detektei wurde beauftragt, um dem Antragsteller einen zum Unterhaltsausschluss führenden Verwirkungstatbestand nachzuweisen. Es gab daher berechtigte Gründe, die Detek-tei zu beauftragen. Unerheblich ist, dass die Ermittlungser-gebnisse letztendlich nicht Grundlage der Entscheidung des Gerichts geworden sind. Denn die Beeinflussung des Prozes-sausgangs soll zwar regelmäßig ein Indiz für die Notwendig-keit, nicht jedoch Voraussetzung der Erstattungsfähigkeit sein. Denn es kann einem Beteiligten in einem Unterhaltsverfahren unzumutbar sein, sich für die bestrittene Behauptung des Be-stehens einer verfestigten Lebensgemeinschaft allein auf die Bekundungen des Unterhaltsberechtigten und seines angeb-lichen Lebenspartners zu verlassen, anstatt Indiztatsachen zu ermitteln, die notfalls durch neutrale Zeugen bewiesen wer-den können.

Jedoch müssen sich die Kosten in vernünftigen Grenzen hal-ten; die Ermittlungen hätten nicht einfacher oder billiger erfolgen können.

Reisekosten, Spesen und Hotelübernachtungen des beauf-tragten Detektivs sind nicht zu erstatten, denn es musste eine Detektei beauftragt werden, die im Umkreis des Antragstel-lers ansässig ist. Ebenfalls wegen Unverhältnismäßigkeit kön-nen nicht ein Grundhonorar und zusätzliche Ermittlungs-pauschalen neben einem Honorar auf Stundenbasis erstattet werden.

Zudem lagen nach den umfassenden Ermittlungsberichten der Detektei bereits am 14.02.2012 genügend Erkenntnisse vor, um dem Antragsteller einen Verstoß gegen die ehelichen Treuepflichten und damit einen zum Unterhaltsausschluss führenden Verwirkungstatbestand nachweisen zu können. Spätere Ermittlungen sind daher nicht erstattungsfähig.

Auch eine Erstattung der Kosten für die Erstellung der Fotos und der Videos scheidet aus. Dabei kann es offen bleiben, ob diese in dem Verfahren verwertbar gewesen wären. Das ist nur dann zu bejahen, wenn der durch die Anfertigung der Fotos und Videos erfolgte Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers und seiner Partnerin unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls hinter dem Recht der Antragsgegnerin nach dem Streben einer materi-ell richtigen Entscheidung hätte zurücktreten müssen (vgl. BGH NJW 2013, 2668; OLG Köln NJW 2005, 2997; OLG Köln, Urt. v. 05.07.2005 –24 U 12/05). Hier war je-doch die Erstellung der Fotos und Videos nicht erforderlich. Die Antragsgegnerin war in der Lage, dem Antragsteller einen Verstoß gegen die ehelichen Treuepflichten und damit einen zum Unterhaltsausschluss führenden Verwirkungstatbestand auch ohne Verwertung der Fotos und Videos im Verfahren, namentlich durch Vernehmung des Detektivs als Zeugen, zu beweisen.

��PraxishinweisDer Unterhaltsverpflichtete hat die volle Darlegungs- und Be-weislast für die Voraussetzungen des § 1579 Nr. 2 BGB, der als rechtsvernichtende Einwendung zwar von Amts wegen zu berücksichtigen ist, jedoch einen substantiierten Vortrag des Pflichtigen erfordert. Indizien einer verfestigten Lebensge-meinschaft sind der gemeinsame Haushalt, das Erscheinungs-bild in der Öffentlichkeit und die Frage nach gemeinsamen Investitionen (Bömelburg FamRB 2012, 53; Schnitzler FF 2011, 290). Der Einsatz eines Detektives ist dabei zulässig, aber die Observierung ist auf zeitliche Stichproben z.B. zu Abend- und Nachtzeiten sowie am Wochenende am Anwe-sen des vermeintlichen Lebensgefährten zu beschränken (vgl. BGH, Beschl. v. 15.05.2013 – XII ZB 107/08, FuR 2013, 583 = FamRZ 2013, 1387; Schlünder FamRZ 2013, 1389).

Das OLG hat von den verlangten Detektivkosten i.H.v. insgesamt 17.687,39 € einen Betrag von 7.653,47 € erstat-tungsfähig anerkannt. Die Höhe des Unterhaltsstreitwertes ist aus dem Sachverhalt nicht zu entnehmen.

(bearbeitet von Dr. Wolfram Viefhues, weiterer Aufsicht füh-render Richter am AG a.D.)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 13133

FuR 10 · 2015614

Rechtsprechung Familienrecht

Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe/Zurückstellung privater anschaffungen

FamFG § 113 Abs. 1 Satz 2; ZPO § 127 Abs. 2 Satz 3 u. 3

Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe stellt eine Form der Sozialhilfegewährung dar, weshalb von dem Hilfsbedürf-tigen erwartet werden kann, dass er private Anschaffungen zurückstellt, bevor die Allgemeinheit die Finanzierung seines Gerichtsverfahrens übernimmt.

OLG Hamm, Beschl. v. 16.12.2014 – II-14 WF 219/14

��SachverhaltAm 28.03.2014 beauftragte die volljährige Antragstellerin ihren Rechtsanwalt mit der außergerichtlichen Geltendma-chung ihrer Unterhaltsansprüche gegenüber ihrem Vater.

Unter dem 01.04.2014 wurde der Anspruch schriftlich an-gemeldet. Am 14.05.2014 erhielt die Antragstellerin einen Betrag über 5.000 € aus einer Festgeldanlage ausgezahlt. Am 08.09.2015 wurde der Anspruch gerichtlich anhängig gemacht.

��EntscheidungsinhaltDie nach §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Das AG hat zu Recht die Billigung von Verfahrenskostenhilfe versagt, weil die Antragstellerin über Vermögen verfügt hat, das sie nach § 155 Abs. 3 ZPO für die Begleichung der Ver-fahrenskosten einzusetzen hat.

Sie hat im Beschwerdeverfahren eingeräumt, dass ihr aus ei-ner Festgeldanlage bei der D.-Bank am 14.05.2014 ein Betrag zugeflossen ist, aus dem sie die anfallenden Gerichts- und ihre eigenen Rechtsanwaltskosten hätte begleichen können.

Die Antragstellerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie den empfangenen Betrag zwischenzeitlich anderwei-tig ausgegeben hat. Ist ein Prozess absehbar, darf vorhandenes Vermögen nicht mehr leichtfertig für nicht unbedingt not-wendige Zwecke ausgegeben werden (vgl. Musielak/Fischer, § 115 ZPO, Rn. 55). Hier zeichnete sich bereits im April/Mai 2014 ab, dass die Antragstellerin ein gerichtliches Verfahren würde führen müssen, um den von ihr errechneten Unterhalt durchzusetzen. Ihr Verfahrensbevollmächtigter hatte bereits mit Schreiben vom 01.04.2014 Unterhaltsansprüche geltend gemacht. Mit Schreiben vom 20.05.2014 hat der Antrags-gegner zum Ausdruck gebracht, dass er die dem Forderungs-schreiben der Antragstellerin zugrunde liegende Unterhalts-berechnung nicht akzeptiert. Er hat seit April 2014 einen reduzierten Unterhalt gezahlt, woraus für die Antragstellerin klar zu ersehen war, dass der Antragsgegner freiwillig keinen weitergehenden Unterhalt zahlen würde.

Der Großteil der Ausgaben, welche die Antragstellerin von dem Erhalt des Festgeldes bestritten haben will, wie Führerschein, Autokauf, Autoversicherung, Kfz-Steuern und Urlaub, ist nicht als zwingend notwendig, sondern als entsprechende leichtfertig anzusehen. Die Finanzierung ei-ner Urlaubsreise sowie eines Fahrererlaubniserwerbs nebst Anschaffung eines Fahrzeugs entspricht nicht ansatzweise

einer sorgsamen Lebensführung vor dem Hintergrund ei-nes sich bereits abzeichnenden gerichtlichen Verfahrens. Die Antragstellerin übersieht, dass die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe eine Form der Sozialhilfegewährung darstellt und von dem Hilfebedürftigen erwartet werden kann, dass er private Anschaffungen zurückstellt, bevor die Allgemeinheit die Finanzierung seines Gerichtsverfahrens übernimmt.

Dass die Antragstellerin die Zahlungsverpflichtungen, für die sie den ihr zugeflossenen Festgeldbetrag eingesetzt hat, bereits im April/Mai 2014 eingegangen ist, kann ihrem Vorbringen nicht entnommen werden.

��PraxishinweisSchon bei Beginn des Mandats ist im Vorfeld die Mandant-schaft darauf hinzuweisen – wenn das gerichtliche Verfahren zu erwarten ist –, dass sie eigene Mittel einzusetzen hat, be-vor sie private Anschaffungen tätigt. Es wird dabei aber auch darauf ankommen, welche Arten von Anschaffungen geplant bzw. notwendig sind. Hier hatte die Antragstellerin nach-weisbar den Führerschein bezahlt und sich dann ein Auto gekauft, um die Fahrt zwischen Wohnung und Studienplatz zurücklegen zu können. Der Senat hat dies als nicht notwen-dig angesehen. Es wird weiterhin darauf ankommen, dann darzulegen, dass diese Anschaffungen nicht nur notwendig, sondern auch angemessen waren. Das einfache Abreichen des VKH-Formulars sollte deshalb durch entsprechende Erläute-rungen schon bei Antragstellung ergänzt werden.

(bearbeitet von Jörg Kleinwegener, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Familienrecht)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2014, 35922

Unterhaltsanspruch des volljährigen Kindes bei verzögertem ausbildungsbeginn

BGB § 1610 Abs. 2

Auch wenn zwischen Schulabschluss (hier: Realschulab-schluss) und der Aufnahme der Ausbildung sieben Jahre liegen und die Unterhaltsberechtigte zwischenzeitlich vier Kinder bekommen und diese nach der Geburt betreut hat, kann noch ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt bestehen.

OLG Jena, Beschl. v. 11.02.2015 – 1 WF 35/15

��SachverhaltDie Tochter –1986 geboren – nimmt ihren Vater mit ei-nem Stufenantrag auf Auskunftserteilung, Belegvorlage und Zahlung des sich daraus ergebenden Ausbildungsunterhalts in Anspruch. 2006 hatte sie nach einem vorangegangenen Abbruch der Lehre mit einem Realschulabschluss ihre Schul-ausbildung abgeschlossen. Nachdem sie vier Kinder zur Welt brachte, begann sie 2013 ihre jetzige Lehre.

Das AG hat ihr Verfahrenskostenhilfe bereits für den Aus-kunftsantrag verweigert. Da sie 14 Jahre gebraucht habe, um ihren Schulabschluss zu erreichen, sei der Ausbildungsunter-

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RechtsprechungFamilienrecht

haltsanspruch entfallen. Sowohl in der zeitlichen Verzögerung zwischen Schulabschluss und Berufsausbildungsbeginn als auch in der vier- (jetzt fünf-)fachen Mutterschaft der Antrag-stellerin dokumentiere sich ein Lebensplan, der ein zielstre-biges Bemühen um eine eigene existenzsichernde, berufliche Ausbildung nicht erkennen lasse.

��EntscheidungsinhaltDas OLG Jena hat die Verfahrenskostenhilfe bewilligt.

Eine hinreichende Erfolgsaussicht für die Verfahrenskosten-hilfe sei schon dann gegeben, wenn der Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seines Sachvortrags und der vor-gelegten Unterlagen für zumindest vertretbar und das Gericht in tatsächlicher Hinsicht zumindest von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt sei.

Der Auskunftsanspruch ist das Mittel, Einblick in die wirt-schaftlichen Verhältnisse, die Leistungsfähigkeit des Ver-pflichteten und die Bedürftigkeit des Berechtigten bestim-menden Verhältnisse zu erlangen. Er soll die Beteiligten in die Lage versetzen, einen Rechtsstreit zu vermeiden oder in ihm die Forderungen richtig zu berechnen und begründete Einwendungen vorzubringen. Der Auskunftsanspruch er-streckt sich auf alle Umstände, die erforderlich sind, um die Bestimmtheit des Leistungsanspruches herbeizuführen.

Der im Grundsatz uneingeschränkte Auskunftsanspruch entfällt, wenn feststeht, dass die Auskunft die Unterhaltsver-pflichtung unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen kann. Kein Auskunftsanspruch besteht daher bei uneingeschränkter Leistungsfähigkeit des Pflichtigen, wenn dieser also in der Lage ist, den geltend gemachten Bedarf aus dem zugestan-denen Einkommen zu decken oder wenn der Unterhaltsan-spruch unabhängig von den Einkommens- und Vermögens-verhältnissen des Schuldners ausgeschlossen ist.

Der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Nei-gung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsaus-bildung ist vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Ver-pflichtung des Unterhaltsschuldners, eine Berufsausbildung zu ermöglichen, steht auf Seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu been-den. Zwar muss der Verpflichtete nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Verzögerungen in der Ausbildungszeit hinneh-men, die auf ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen sind. Verletzt dieses aber nachhaltig seine Obliegenheit, seine Ausbildung planvoll und zielstre-big aufzunehmen und durchzuführen, büßt es seinen Un-terhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen.

Aus dem Gegenseitigkeitsverhältnis folgt nicht nur die Ob-liegenheit des Kindes, die gewählte Ausbildung zügig durch-zuführen. Die Rücksichtnahme auf die Belange der mit der Unterhaltszahlung belasteten Eltern erfordert es vielmehr auch, dass sich das Kind nach dem Abgang von der Schu-le innerhalb einer angemessenen Orientierungsphase für die Aufnahme einer seinen Fähigkeiten und Neigungen entspre-chenden Ausbildung entscheidet.

Jedoch führt dies nach den bisher getroffenen Feststellungen im summarischen Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren nicht dazu, dass die Tochter keinen Ausbildungsunterhalt beanspruchen kann.

Die Tatsache, dass sie zwischenzeitlich fünf Kinder geboren und dies ihren Ausbildungsbeginn um sieben Jahre verzögert hat, stehe ihrem Anspruch auf Ausbildungsunterhalt nicht entgegen. Es fehle an einer Obliegenheitsverletzung, wenn sich das unterhaltsberechtigte Kind bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres eines eigenen Kindes der Kindesbetreuung widmet, anstatt eine Ausbildung aufzunehmen.

��PraxishinweisAuch der Zeitpunkt der Aufnahme der Ausbildung ist von Bedeutung.

Es gibt keine feste Altersgrenze für die Aufnahme einer Aus-bildung, ab deren Erreichen der Anspruch auf Ausbildungs-unterhalt entfällt. Grundsätzlich muss das Kind seine Ausbil-dung aber in angemessener Zeit aufnehmen. Zwar ist einem jungen Menschen eine gewisse Orientierungsphase zuzuge-stehen, deren Dauer von Fall zu Fall unterschiedlich ist und sich jeweils nach Alter, Entwicklungsstand und den gesamten Lebensumständen des Auszubildenden richtet. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls.

Allerdings haben sowohl der zeitliche Abstand zum Schul-abschluss als auch die erreichte Eigenständigkeit der Lebens-stellung des Kindes Bedeutung. Verstärkt tritt an die Stelle der Elternverantwortung die Eigenverantwortung für sei-nen Berufs- und Lebensweg. Eine lange Verzögerung kann selbst bei noch fehlender Berufsausbildung zum Wegfall des Ausbildungsanspruchs führen. Relevant ist aber auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unterhaltspflichtigen (BGH, Urt. v. 14.03.2001 – XII ZR 81/99, FamRZ 2001, 757, 759 = FuR 2001, 322). Der BGH verweist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass dann die Unterhaltsver-pflichtung aufgrund der Verzögerungen u.U. in Zeiträume fällt, in denen steuerliche Erleichterungen, Kindergeld oder kindbezogene Gehaltsbestandteile aufgrund des fortgeschrit-tenen Alters des Kindes nicht mehr genutzt werden können (BGH, Beschl. v. 03.07.2013 – XII ZB 220/12, FuR 2013, 708 = FamRZ 2013, 1375, mit Anm. Viefhues FamRZ 2013, 1475 = NJW 2013, 2751; dazu Born NJW 2013, 2717; BGH FuR 2011, 633 = FamRZ 2011, 1560 mit Anm. Nor-poth = NJW 2011, 2884 mit Anm. Born; Anm. Viefhues FF 2011, 412).

Da es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, bedarf es eines umfassenden Sachvortrags zu den dafür maßgeblichen Kriterien. Die Darlegungslast trägt der um Ausbildungsun-terhalt ersuchende Volljährige. Die an den Volljährigen zu stellenden Anforderungen wachsen, je älter er bei Aufnahme der Ausbildung ist (vgl. auch OLG Saarbrücken, Beschl. v. 21.07.2014 – 9 WF 49/14, FamRZ 2015, 330 = FuR 2015, 60).

(bearbeitet von Dr. Wolfram Viefhues, weiterer Aufsicht füh-render Richter am AG a.D.)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 15696

FuR 10 · 2015616

Rechtsprechung Familienrecht

Entzug der elterlichen Sorge/Kindeswohlgefährdung

BGB § 1666; FamFG §§ 49 ff.

Eine einstweilige Anordnung den (teilweisen) Entzug der elter-lichen Sorge betreffend setzt eine nachhaltige Gefährdung des Kindeswohls voraus. Es muss ein Schaden für das körperliche, geistige oder seelische Wohl eingetreten oder eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit vorhersehbar sein.

OLG Koblenz, Beschl. v. 03.12.2014 –13 UF 689/14

��SachverhaltDas AG entzog einer allein sorgeberechtigen Mutter im Wege der einstweiligen Anordnung zunächst ohne mündliche Verhandlung u.a. das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowie weite Teile des Sorgerechts für ihre im Jahre 2002 gebore-ne Tochter. Nach mündlicher Anhörung bestätigte das AG seine Entscheidung und entzog der Mutter auch das Recht zur Regelung des Umgangs mit dem leiblichen Vater. Als Ergänzungspfleger wurde das Jugendamt bestellt. Das Mäd-chen besuchte ein Gymnasium, welches ihr wegen schlechter Noten einen Wechsel an die Realschule plus nahelegte. Die Zusammenarbeit der Mutter mit dem Jugendamt gestaltete sich als äußerst schwierig. Mit dem vom Jugendamt einge-setzten Familienhelfer, der die Mutter bei der Einrichtung der neuen Wohnung unterstützen sollte, arbeitete sie nicht zusammen und lehnte auch den empfohlenen Schulwechsel ab. Seinen leiblichen Vater kennt das Kind nicht. In einem parallel eingeleiteten Hauptsacheverfahren wurde ein (noch nicht vorliegendes) Gutachten zur Erziehungsfähigkeit der Mutter in Auftrag gegeben. Mit der Beschwerde begehrt die Mutter Aufhebung der amtsgerichtlichen Entscheidungen.

��EntscheidungsinhaltDas OLG hob die Entscheidungen auf. Ein Sorgerechtsent-zug und insbesondere eine Trennung des Kindes von seinen Eltern im Wege der einstweiligen Anordnung dürfen nur bei Vorliegen einer nachhaltigen Gefährdung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohlbefindens des Kindes erfolgen. Eine nachhaltige Gefährdung setzt voraus, dass bereits ein Schaden des Kindes eingetreten ist oder sich eine erhebli-che Schädigung mit ziemlicher Sicherheit vorhersehen lässt (BVerfG FamRZ 2014, 907).

Eine Haltung oder Lebensführung der Eltern, die nicht die bestmögliche Entwicklung des Kindes unterstützt, stellt für sich genommen keine die Trennung von den Eltern begrün-dende Sorgerechtsentscheidung dar. Die Erziehung selbst obliegt allein den Eltern, solange damit keine Gefährdung des Kindeswohls einhergeht. Auch wenn der Erziehungsstil der Mutter vorliegend einer freien und möglichst unbeschwer-ten Entwicklung des betroffenen Kindes nicht dienlich sein mag, rechtfertigt dies nicht die Annahme einer Gefährdung des Kindeswohls. Denn die Haltung der Mutter hat nach Auffassung des Senats keinen das Kindeswohl gefährdenden Krankheitswert. Das betroffene Kind war lediglich an der Schule nicht gut aufgehoben und die Mutter verweigerte die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt. Eine Schädigung bei dem Kind durch die Haltung der Mutter kann allenfalls im Laufe der Zeit eintreten, womit eine konkrete Gefährdung

aktuell aber gerade nicht vorliegt. Das Erziehungsgutachten im Hauptsacheverfahren hätte abgewartet werden müssen.

��PraxishinweisDie Trennung der Eltern vom Kind im Eilverfahren kann voll-endete Tatsachen schaffen, die häufig vor dem Hintergrund der für das betroffene Kind verbundenen Belastungen nur sehr schwer rückgängig zu machen sind. Auch im einstweiligen An-ordnungsverfahren ist daher auf eine möglichst ausschöpfende Sachverhaltsermittlung zu drängen und die Folgen einer Ent-scheidung, gerade bei möglicher Trennung von den Eltern, sind für das Kind mit einzubeziehen. Es ist konkret danach zu fragen, ob tatsächlich eine derartige Gefährdung droht oder vorliegt, die tatsächlich ein Abwarten bis zur Hauptsache nicht mög-lich erscheinen lässt. Bloße Vermutungen oder eine fehlende Übereinstimmung mit einem bestimmten Erziehungsstil sind in Anbetracht des für die Eltern mit einem Sorgerechtsentzug verbundenen Eingriffs in ihre Grundrechte nicht ausreichend.

(bearbeitet von Dr. Vera Onstein, Richterin am Amtsgericht)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2014, 33891

Zur Frage, ob auf Partnervermittlungsver-träge § 656 BGB analog anwendbar ist

BGB § 656 Abs. 1 Satz 1

anspruch auf Erhalt eines weiteren Mitgliedsbeitrags im Rahmen eines Partnerschaftsvermittlungsvertrags.

AG Hamburg-Altona, Urt. v. 23.12.2014 – 318b C 106/14

��EntscheidungsinhaltNach herrschender und zutreffender Meinung ist § 656 Abs. 1 BGB analog auch auf die Fälle der Partnerschaftsvermittlung anzuwenden und zwar auch auf sog. Partnerschaftsanbah-nungs-Dienstverträge (vgl. u.a. BGH NJW-RR 2004,778; MünchKomm-Roth § 656 Rn. 6, Palandt-Sprau § 656 BGB Rn. 8), bei denen etwa – wie es hier nach dem klägerischen Vortrag der Fall ist – die Möglichkeit geboten wird, nach Ermittlung von passenden Profilen Kontakt zu den übrigen Nutzern aufzunehmen. Dies wird damit begründet, dass die heutige Partnerschaftsvermittlung beinahe vollständig an die Stelle der Eheanbahnung getreten ist. Auch im Falle der Partnerschaftsvermittlung geht es um die Zusammenführung zweier Menschen im Bereich ihres höchstpersönlichen Lebens, so dass es auch hier des Schutzes des persönlichen Intimbe-reichs der Betroffenen bedarf, was den Zweck des Ausschlusses der Klagbarkeit gem. § 656 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellt.

��PraxishinweisIn Rechtsprechung und Literatur wird allerdings häufig auch die gegenteilige Auffassung vertreten (vgl. z.B. AG Schöne-berg, Urt. v. 24.01.2014 – 16 C 249/13; LG Bautzen, ZMR 2007, 378; Finger FamRZ 2005,181). Dieser Gegenmeinung ist zuzustimmen.

§ 656 BGB lautet: Durch das Versprechen eines Lohnes für den Nachweis der Gelegenheit zur Eingehung einer Ehe oder für die Vermittlung des Zustandekommens einer Ehe wird

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RechtsprechungErbrecht

eines Darlehens durch einen im Erbschein ausgewiesenen Miterben gegenüber einem anderen Miterben).

BGH, Urt. v. 08.04.2015 – IV ZR 161/14 – OLG Frankfurt

��SachverhaltDie Klägerin macht gegen die Beklagten aus ererbtem Recht Darlehensrückzahlungsansprüche geltend. Der Erblasser ge-währte seinem Sohn 1977 ein Darlehen über 50.000 DM sowie 1981 ein weiteres Darlehen über 200.000 CHF. Im Jahre 1985 verstarb der Erblasser, der von der Klägerin (sei-ner Tochter), seiner Ehefrau und seinem Sohn beerbt wur-de. 1996 verstarb die Ehefrau, deren Erben die Klägerin, ihr Sohn, J.N. und N.N. sind. 2006 verstarb der Sohn, der von den drei Beklagten beerbt wurde.

Das Nachlassgericht erteilte einen Erbschein, der als Erben des Erblassers die Klägerin sowie den Sohn des Erblassers aus-wies. Mit anwaltlichem Schreiben vom 05.03.1999 kündigte die Klägerin die Darlehen ggü. den Beklagten.

Ferner nahm die Klägerin den Sohn, J.N. und N.N. auf Erbauseinandersetzung nach dem Erblasser in Anspruch. Durch Teilanerkenntnis- und Schlussurteil wurden die Beklagten jenes Verfahrens verurteilt, einem im Einzelnen beschriebenen Teilungsplan zuzustimmen. Unter anderem sollten von dem Rückzahlungsanspruch des Darlehens über 50.000 DM der Sohn, die Klägerin sowie die Erbenge-meinschaft nach der Ehefrau je 1/3 erhalten sowie von dem Rückzahlungsanspruch des Darlehens über 200.000 CHF ebenfalls je 1/3.

Das Nachlassgericht zog 1997 den erteilten Erbschein ein und erteilte einen neuen gemeinschaftlichen Erbschein, ausweis-lich dessen die Klägerin, die Mutter und der Sohn Erben zu je 1/3 des Erblassers sind. Mit Schreiben vom Oktober 2008 kündigten die Klägerin, J.N. und N.N. ggü. den Beklagten als Rechtsnachfolgern des Sohnes erneut die Darlehen. Die Klägerin nimmt die Beklagten auf anteilige Rückzahlung der beiden Darlehen in Anspruch. Ihren Anspruch berechnet sie aus ihrem eigenen Anteil von 1/3 am Nachlass des Erblassers sowie ihrem 1/4-Anteil an dem weiteren 1/3-Anteil der Ehe-frau. Die Beklagten haben unter anderem die Einrede der Verjährung erhoben.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die von der Klägerin geltend gemachte Darlehensforderung sei verjährt. § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. finde keine Anwen-dung, weil es sich nicht um erbrechtliche Ansprüche handele, sondern um solche aus Darlehensverträgen. Daneben lägen auch keine rechtskräftig festgestellten Ansprüche i.S.d. § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB vor. Die Darlehensrückzahlungsansprüche der Klägerin seien auch nicht erst mit Rechtskraft des Urteils entstanden. Ein Anspruch, der eine Kündigung voraussetze, sei i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden, wenn die Kün-digung erklärt und wirksam geworden sei. Die Darlehen seien mit Schreiben vom 05.03.1999 wirksam gekündigt worden. Die dreijährige Verjährungsfrist habe daher am 01.01.2002 zu laufen begonnen. Sie sei allenfalls im Zeitraum vom 11.12.2002 –14.10.2003 gehemmt gewesen, so dass die Darlehensrückzahlungsansprüche spätestens mit Ablauf des 04.10.2006 verjährt gewesen seien. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr bisheriges Begehren weiter.

eine Verbindlichkeit nicht begründet. Von seinem Wortlaut her erfasst § 656 also ganz eindeutig nur den Ehemaklerver-trag. Eine unmittelbare Anwendung auf Partnervermittlungs-verträge scheidet also aus.

Es könnte aber eine Rechtsfortbildung in Form einer ent-sprechenden Anwendung der Vorschrift angezeigt sein. Dies-bezüglich fehlt es aber sowohl an der Analogievoraussetzung einer planwidrigen Regelungslücke als auch an der Analo-gievoraussetzung der Vergleichbarkeit. Eine Regelungslücke ist für den Vertragstyp Partnerschaftsvermittlung nicht er-kennbar, da dieser als Dienstvertrag i.S.d. §§ 611 ff. BGB zu qualifizieren ist (vgl. z.B. Finger, a.a.O.).

An der rechtsethischen und psychologischen Vergleichbarkeit von Ehe- und Partnervermittlung fehlt es schon deshalb, weil die Ehe unter dem Schutz des Art. 6 GG steht, die bloße Partnerschaft dagegen nicht (vgl. Vollkommer JZ 1991,98; Peters NJW 1990, 2553).

§ 656 ist nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte zuge-schnitten auf zwischen Vermittler und Kunden geschlossene Maklerverträge.

Der Gesetzgeber ging Ende des 19. Jh. von sittlicher Verwerf-lichkeit der Entgegennahme von Geld für die Vermittlung einer Eheschließung aus. Heute ist die Partnersuche im In-ternet weit verbreitet und erfährt breite Akzeptanz. Von sitt-licher Verwerflichkeit kann in diesem Bereich jedenfalls keine Rede mehr sein (AG Schöneberg, a.a.O. und LG Bautzen, a.a.O.; vgl. auch Wichert ZMR 2007.873: Man sollte den Anwendungsbereich des veralteten § 656 nicht auch noch durch Analogie erweitern).

Nach Koch/Rüßmann, Juristische Begründungslehre, S.260 setzt ein Analogieschluss voraus, dass der nicht geregelte Fall (hier: Partnervermittlung) in gleichem Maße etwas hat, was auch der geregelte Fall hat und dass um dieser Eigenschaft(en) willen die für den geregelten Fall getroffene Anordnung gerechtfertigt ist.

Hier hat der Partnervermittlungsvertrag nicht in gleichem Maße das, was der Ehemaklervertrag hat, nämlich unter dem Schutz des Art 6 GG zu stehen.

Partnervermittlung ist etwas grundlegend anderes als die ty-pische Ehemakler-Konstellation des § 656 (vgl. auch Finger, a.a.O., Vollkommer, a.a.O.).

(bearbeitet von Dr. Thomas Wedel, Rechtsanwalt, Oberasbach)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2014, 34942

Erbrecht

Verkehrsgeschäft/Rechtsgeschäft innerhalb der Erbengemeinschaft

BGB §§ 2366, 2367

Die Gutglaubensvorschriften der §§ 2366, 2367 BGB setzen ein Verkehrsgeschäft voraus. Daran fehlt es bei Rechtsge-schäften innerhalb der Erbengemeinschaft (hier: Kündigung

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Rechtsprechung Erbrecht

��EntscheidungsinhaltNach Ansicht des BGH war die Revision begründet und führ-te zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Zutreffend sei das Berufungsgericht noch davon ausgegan-gen, dass der Verjährung nicht § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. entgegensteht. Hiernach verjährten erbrechtliche Ansprüche in 30 Jahren. Um einen solchen Anspruch handele es sich vorliegend jedoch nicht. Auch wenn es nicht darauf ankom-me, ob Ansprüche als genuin erbrechtlich oder strukturell schuldrechtlich einzuordnen sind, so müsse es sich doch immer um solche handeln, die sich in irgendeiner Art und Weise anlässlich des Erbfalls »aus dem Erbrecht« ergeben. Hierzu zählen Darlehensrückzahlungsansprüche, die bereits dem Erblasser zustanden, nicht allein deshalb, weil diese mit dem Tod des Erblassers auf die Erben übergegangen sind. Die Rechtsnachfolge aufgrund des Erbfalls ändere nichts an der Rechtsnatur des Anspruchs.

Unzutreffend seien demgegenüber die Ausführungen der Vor-instanzen zur Berechnung der Regelverjährungsfrist gem. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB. Gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginne die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Das sei der Fall, sobald er im Wege der Klage geltend ge-macht werden kann. Voraussetzung hierfür sei grundsätzlich die Fälligkeit. Die Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsan-spruchs hänge, da hier eine Zeit für die Rückzahlung des Dar-lehens nicht bestimmt war, von einer Kündigung ab.

Die Vorinstanzen meinten, dass der Kündigung vom März 1999 nicht entgegenstehe, dass die Klägerin hierzu nicht be-rechtigt gewesen sei, da gem. §§ 2367 Alt. 2, 2366 BGB von deren Wirksamkeit unter Rechtsscheingesichtspunkten aus-zugehen sei. Das sei unzutreffend. Gemäß § 2367 Alt. 2 BGB finde § 2366 BGB zwar entsprechende Anwendung, wenn zwischen demjenigen, welcher in einem Erbschein als Erbe bezeichnet wird, und einem anderen in Ansehung eines zur Erbschaft gehörenden Rechts ein nicht unter die Vorschrift des § 2366 BGB fallendes Rechtsgeschäft vorgenommen wird, das eine Verfügung über das Recht enthält. Hierunter seien insb. Gestaltungsrechte, z.B. die Kündigung, zu ver-stehen (vgl. MüKo-BGB/Mayer, § 2367 Rn. 7; Staudinger/Schilken, BGB, § 2367 Rn. 5).

Die §§ 2366, 2367 BGB würden aber – wie die übrigen Vor-schriften über den gutgläubigen Erwerb auch – ein Rechts-geschäft in der Form eines Verkehrsgeschäfts voraussetzen. Veräußerer und Erwerber dürfen daher weder rechtlich noch wirtschaftlich – auch nur teilweise – identisch sein (BGH, BGHZ 173, 71 Rn. 22; BGH, BGHZ 30, 255, 256 je-weils für den gutgläubigen Erwerb nach § 892 BGB). Auch im Bereich der erbrechtlichen Gutglaubensvorschriften sei allgemein anerkannt, dass diese nur bei Vorliegen eines Verkehrsgeschäfts Anwendung finden (OLG Hamm Fam-RZ 1975, 510, 513 f.; MüKo-BGB/Mayer, § 2366 Rn. 11). Hieraus folge, dass i.R. einer Erbauseinandersetzung unter Miterben kein gutgläubiger Erwerb möglich ist (BGH ZEV 2001, 116).

Zwar handele es sich hier nicht um einen gutgläubigen Erwerb durch den Rechtsvorgänger der Beklagten, sondern um ein von der Klägerin diesem ggü. vorgenommenes Rechtsgeschäft gem. § 2367 Alt. 2 BGB. Dies rechtfertige aber keine abwei-chende Beurteilung. Die Gutglaubensvorschriften müssten

hinsichtlich des Begriffs des Verkehrsgeschäfts einheitlich aus-gelegt werden, unabhängig davon, um welches Rechtsgeschäft es im Einzelnen geht. Für die Anwendung der Gutglaubens-vorschriften innerhalb einer Gesamthandsgemeinschaft sei von vornherein kein Raum, da lediglich der rechtsgeschäftli-che Erwerb durch einen Dritten geschützt werden soll (BGH BGHZ 173, 71 Rn. 23). Entsprechendes habe i.R.v. § 2367 Alt. 2 BGB für die dort genannten Rechtsgeschäfte zu gelten.

Ohne Erfolg machten die Beklagten demgegenüber geltend, für ein Verkehrsgeschäft spreche bereits die unabhängig von einer Mitwirkung des Sohnes bestehende Verfügungsbefug-nis der übrigen Miterben. Zwar sei es auf eine Mitwirkung des Rechtsvorgängers der Beklagten bei der Kündigung des Darlehens nicht angekommen, da sich der geltend gemachte Anspruch gegen ihn richtete und er daher von einer Mitwir-kung ausgeschlossen war (BGH, BGHZ 157, 79, 86). Dies ändere aber nichts daran, dass die Klägerin, J.N., N.N. und der Sohn eine Gesamthandsgemeinschaft in Form einer Er-bengemeinschaft bildeten, der die Darlehensrückzahlungsfor-derung gegen eines ihrer Mitglieder in gesamthänderischer Verbundenheit zustand. Insoweit seien sie sich in Bezug auf die Darlehensforderung als Miterben und nicht wie außen-stehende Dritte ggü. gestanden.

Auch einen Fall der Konfusion lehnte der BGH ab, da der Nachlass infolge seiner gesamthänderischen Bindung ein Sondervermögen darstelle, so dass die Vereinigungswirkung von Recht und Verbindlichkeit erst eintrete, wenn aus dem Nachlass einzelne Rechte auf Miterben übertragen werden (MüKo-BGB/Leipold, § 1922 Rn. 127, 129; Palandt/Weid-lich, § 1922 Rn. 6). Greifen die Vermutungsregelungen der §§ 2366, 2367 BGB zugunsten des Beklagten nicht ein, so komme es auch nicht darauf an, ob der Sohn selbst zunächst davon ausging, nur er und die Klägerin seien Erben des Erb-lassers.

Ohne weitere Sachverhaltsaufklärung lasse sich auch nicht feststellen, ob die Kündigung der Darlehen durch das Schrei-ben der Klägerin vom 05.03.1999 wirksam erfolgt ist.

Die Kündigung eines Darlehensvertrages stelle eine Verfü-gung dar, da durch sie ein bestehendes Recht inhaltlich ver-ändert wird. Verfügungen über einen Nachlassgegenstand könnten gem. § 2040 Abs. 1 BGB grundsätzlich nur ge-meinschaftlich von allen Miterben vorgenommen werden. Gekündigt hatte das Darlehen die Klägerin allein. Es fehlte die Mitwirkung der dritten Miterbin, der Ehefrau, hier wegen ihres Vorversterbens 1996 der aus der Klägerin, J.N., N.N. und dem Sohn bestehenden und noch nicht auseinander ge-setzten Erbengemeinschaft nach ihr.

Soweit nach neuerer Rechtsprechung des Senats jedenfalls in Fällen der Ausübung von Gestaltungsrechten i.R. eines bestehenden Vertragsverhältnisses eine Mehrheitsentschei-dung der Erbengemeinschaft bei Vorliegen eines Verfü-gungsgeschäfts gem. § 2040 Abs. 1 BGB zulässig ist, wenn es sich um eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung nach § 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BGB handelt (vgl. BGHZ 183, 131), verhelfe auch das der Kündigung nicht zur Wirksamkeit, da die Erbanteile der Klägerin und der Er-bengemeinschaft nach der Ehefrau gleich groß sind. An der Erbengemeinschaft nach der Ehefrau hielt die Klägerin nur einen Miterbenanteil von 1/4, so dass wegen der gesamthän-

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RechtsprechungErbrecht

derischen Verbundenheit die Klägerin allein für diesen Erb-anteil keine Zustimmung zur Kündigung erklären konnte. Eine Mehrheitsentscheidung zur Kündigung fehle daher.

Die Rechtsprechung lasse es für die erforderliche Gemein-schaftlichkeit des Verfügungsgeschäfts allerdings auch genü-gen, wenn nur einer oder mehrere der Miterben im eigenen Namen handeln, soweit die übrigen Miterben dieser Verfü-gung vorher oder nachher ihre Zustimmung geben (BGH, BGHZ 19, 138 f.; grundlegend RGZ 152, 380). Ob eine Genehmigung gem. § 185 Abs. 2 Nr. 1, 184 Abs. 1 BGB hier darin liege, dass die Miterben J.N. und N.N. mit anwalt-lichem Schreiben vom 04.09.2008 erklärten, sie seien mit der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des LG Frankfurt einverstanden oder ob eine derartige Genehmigung in der weiteren Kündigung vom 24.10.2008 liegt, die ausdrücklich auch in ihrem Namen erfolgte, könne offenbleiben. Bei der Kündigung handele es sich um ein einseitiges Verfügungs-geschäft. Dieses bedürfe der Zustimmung der übrigen Mit-erben in Form der Einwilligung gem. § 183 BGB. Die Zu-stimmung müsse also vor der Kündigung erteilt werden (vgl. § 182 Abs. 3 BGB).

Die Kündigung vom 05.03.1999 wäre daher nur dann wirk-sam, wenn die übrigen Miterben ihre vorherige Zustimmung erteilt hätten. Dies haben die Beklagten unter Beweisantritt vorgetragen. Sollte eine derartige Einwilligung zur Kündi-gung vorgelegen haben, hätte dies die Wirksamkeit der Kün-digung vom 05.03.1999 zur Folge. In diesem Fall erwiese sich die Entscheidung des Berufungsgerichts im Ergebnis als richtig. Insoweit musste die Sache daher zur weiteren Sach-aufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Nach Ansicht des BGH rügte die Revision demgegenüber erfolglos, dass das Berufungsgericht die Reichweite des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB verkannt hat.

Durch das Urteil des LG Frankfurt/M. wurden der Rechts-vorgänger der Beklagten sowie die weiteren Miterben J.N. und N.N. verurteilt, einem im Einzelnen bezeichneten Teilungsplan betreffend den Nachlass des Erblassers zuzu-stimmen. Bezüglich der Verteilung des Nachlasses war be-stimmt, dass von dem Rückzahlungsanspruch des Darlehens i.H.v. 50.000 DM der Rechtsvorgänger der Beklagten, die Klägerin sowie die Erbengemeinschaft nach der Ehefrau je 1/3 erhalten. Dieselbe Verteilungsquote sollte bezüglich des Rückzahlungsanspruchs des Darlehens i.H.v. 200.000 CHF gelten. Soweit die Klägerin meint, durch diesen Teilungsplan seien ihre Ansprüche i.S.v. § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB rechts-kräftig festgestellt worden, war dies nach Ansicht des BGH unzutreffend. Vielmehr seien die dortigen Beklagten verur-teilt worden, einem bestimmten Teilungsplan bezüglich der Auseinandersetzung des Nachlasses des Erblassers zuzustim-men. Durch diesen Teilungsplan wurden verschiedene Ver-mögensgegenstände bezeichnet und an die einzelnen Miter-ben verteilt. Soweit es sich hierbei um Forderungen handelt, bedeute dies lediglich, dass diese auf die Miterben jeweils zu 1/3 aufgeteilt wurden. Die rechtskräftige Titulierung eines Zahlungsanspruchs sei hiermit nicht verbunden. Eine aus-nahmsweise zulässige Zusammenfassung von Erbauseinan-dersetzung und Erfüllung der auseinandergesetzten Forde-rung habe nicht stattgefunden (vgl. BGH FamRZ 1989, 960; BGH FamRZ 1989, 273).

��PraxishinweisDie Entscheidung beschäftigt sich mit den Gutglaubensvor-schriften bzgl. eines Erbscheins gem. §§ 2366, 2367 BGB.

Eingekleidet in den immer wieder problemträchtigten Kreis der Verfügung und Verwaltung in der Erbengemeinschaft ging es vorliegend um die Kündigung eines Darlehens inner-halb der Erbengemeinschaft. Für diesen Fall verneinte der BGH die Anwendbarkeit von § 2367 BGB, da die Norm als Gutglaubensvorschrift den Schutz Dritter bezweckt und folglich ein Verkehrsgeschäft voraussetzt. Ein solches liegt bei einer Kündigung innerhalb einer Erbengemeinschaft gerade nicht vor.

(bearbeitet von Prof. Dr. Wolfgang Burandt, Rechtsanwalt, Fa-chanwalt für Familienrecht, Fachanwalt für Erbrecht)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2015, 14242

Insichgeschäft/Erwerb von Erbteilen durch Minderjährige

BGB §§ 181, 1629, 1643, 1795

Grundsätzlich gilt das Verbot des Selbstkontrahierens gem. den §§ 1629 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1, 1795 Abs. 2, 181 BGB nicht für ein Insichgeschäft eines Elternteils, das dem Kind lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. Der unentgelt-liche Erwerb eines Erbteils durch einen Minderjährigen ist we-gen der Erbenhaftung aber nie lediglich rechtlich vorteilhaft, auch dann nicht, wenn er bereits Miterbe ist. In diesen Fällen kann auch die familiengerichtliche Genehmigung nach den §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 10 BGB erforderlich sein.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.12.2014 – 20 W 172/14

��SachverhaltIm Grundbuch ist bzgl. des betroffenen Grundstücks A als Eigentümer eingetragen. Dieser ist 2013 verstorben. Nach einem gemeinschaftlichen Erbschein des AG ist dieser von der Beteiligten zu 1) zu 1/2 und den Beteiligten zu 2) bis 4) zu jeweils 1/6 beerbt worden. Im Weiteren sind mehrere Grundschulden bzw. Sicherungshypotheken eingetragen.In einem Erbteilsübertragungsvertrages hat die Beteiligte zu 1) den ihr zustehenden Erbteil am Nachlass ihres verstorbe-nen Ehemannes zu gleichen Teilen auf ihre drei Kinder, die Beteiligten zu 2) bis 4), übertragen; die Erbteilsübertragung sollte durch Schenkung erfolgen. Die Beteiligten haben ent-sprechende Grundbuchberichtigung beantragt. Die Beteiligte zu 1) ist dabei als alleinsorgeberechtigte Mutter auch in Ver-tretung ihrer noch minderjährigen Tochter, der Beteiligten zu 4), aufgetreten.

Durch die angefochtene Zwischenverfügung hat das Grund-buchamt darauf hingewiesen, dass die Erklärungen der Mut-ter für die noch minderjährige Beteiligte zu 4) von einem zu bestellenden Pfleger zu genehmigen seien. Dessen Erklä-rungen bedürften der familiengerichtlichen Genehmigung mit Rechtskraftvermerk nebst Wirksamkeitsnachweis in der Form des § 29 GBO. Gegen diese Zwischenverfügung haben die Beteiligten Beschwerde eingelegt, in der sie im Wesentli-chen vortragen, dass eine familiengerichtliche Genehmigung

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Rechtsprechung Erbrecht

nicht erforderlich sei, da die Übertragung des Erbteils der Mutter auf die Tochter für das minderjährige Kind keinen rechtlichen Nachteil bedeute. Die Rechtspflegerin hat der Be-schwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entschei-dung vorgelegt.

��EntscheidungsinhaltDie Beschwerde war nach Ansicht des OLG statthaft, jedoch in der Sache erfolglos. Die angefochtene Zwischenverfügung sei nicht zu beanstanden.

Auszugehen sei zunächst davon, dass die von den Vertrags-beteiligten bewilligte und beantragte Grundbucheintragung den Eintritt der Unrichtigkeit des Grundbuchs durch eine wirksame Erbteilsübertragung voraussetzt. Der notarielle Erbteilsübertragungsvertrag enthalte hier sowohl die Verfü-gung über den Miterbenanteil am ungeteilten Nachlass gem. §§ 2032, 2033 BGB als auch das diesem Verfügungsvertrag zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft in Form eines Schenkungsvertrages gem. § 2385 BGB. Das Grundbuchamt habe die Wirksamkeit der dinglichen Rechtsänderung von Amts wegen zu prüfen.

Bei Abschluss des notariellen Erbteilsübertragungsvertrages sei die minderjährige Beteiligte zu 4) nicht wirksam durch ihre Mutter vertreten worden. Die alleinsorgeberechtigte Be-teiligte zu 1) sei nicht berechtigt gewesen, als Vertragspartner auf der einen Seite und zugleich als gesetzliche Vertreterin ihres minderjährigen Kindes auf der anderen Seite aufzutre-ten. Dies ergebe sich aus den §§ 1629 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1, 1795 Abs. 2, 181 BGB.

Grundsätzlich gelte das Verbot des Selbstkontrahierens aller-dings nicht für ein Insichgeschäft eines Elternteils, das dem Kind lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt (vgl. Palandt/Götz, § 1795 Rn. 13 m.w.N.). Ein solcher Fall sei hier jedoch nicht gegeben.

Ein auf den Erwerb einer Sache bzw. ein Recht gerichtetes Rechtsgeschäft sei für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn er in dessen Folge mit Verpflich-tungen belastet werde, für die er nicht nur dinglich mit der erworbenen Sache, sondern auch persönlich mit seinem sonsti-gen Vermögen haftet. Ob diese weitergehenden Verpflichtun-gen von den Beteiligten des Rechtsgeschäfts angestrebt worden sind, sei unerheblich. Es genüge, wenn sie die gesetzliche Folge des angestrebten Rechtsgeschäfts sind. Ob das der Fall ist, be-stimme sich nicht nach einer Gesamtbetrachtung des dingli-chen und des schuldrechtlichen Teils des Rechtsgeschäfts, son-dern nach einer isolierten Betrachtung allein des dinglichen Erwerbsgeschäfts (BGHZ 187, 119; BGHZ 161, 170).

Nach verbreiteter Rechtsauffassung, der sich der Senat vor-liegend anschließt, ist (auch) der unentgeltliche Erwerb eines Erbteils durch einen Minderjährigen wegen der Erbenhaf-tung nie lediglich rechtlich vorteilhaft, auch dann nicht, wenn er bereits Miterbe ist (vgl. Schöner/Stöber, a.a.O., Rn. 968, 3614; LG Deggendorf MittBayNot 1999, 285; vgl. auch Pöting MittBayNot 2007, 376). Hintergrund ist die Überlegung, dass der Minderjährige, der schon Mitglied der Erbengemeinschaft ist, bereits für etwaige Nachlassver-bindlichkeiten haftet. Durch den Erbteilserwerb erhöht sich jedoch eine mögliche Haftungsquote dieses Minderjährigen

im Innenverhältnis. Nachdem sich der Ausgleich mehrerer Miterben nach dem Verhältnis ihrer Erbteile richtet, trifft den minderjährigen Erbteilserwerber ggf. eine entsprechend erhöhte Haftungsquote.

Das OLG führt weiter aus, dass die Beteiligte zu 4) nach der Übertragung statt zu einem Sechstel nunmehr zu einem Drittel hafte. Durch die dingliche Übertragung müsse die Beteiligte zu 4) hier (unabhängig von einer sonstigen wirt-schaftlichen Betrachtung) aufgrund der Erbteilsquoten wei-tere mögliche rechtliche Belastungen auf sich nehmen, so dass ein lediglich rechtlicher Vorteil zu verneinen sei.

Ausgehend davon sei es nicht zu beanstanden, dass das Grundbuchamt im Wege der Zwischenverfügung die Ge-nehmigung der Erklärungen der Beteiligten zu 1) für die Be-teiligte zu 4) durch einen zu bestellenden Ergänzungspfleger gem. § 1909 BGB aufgegeben hat.

Die angefochtene Zwischenverfügung sei darüber hinaus nicht zu beanstanden, soweit sie weiter die familiengerichtli-che Genehmigung für erforderlich erachtet. Dies finde seine Rechtfertigung in den §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 10 BGB. Da aufgrund des Erbteilserwerbs jedenfalls die Haftungsquo-te im Innenverhältnis erweitert wird, stelle sich dieser Um-stand als Übernahme einer fremden Verbindlichkeit i.S.d. § 1822 Nr. 10 BGB durch das minderjährige Kind dar (vgl. LG Deggendorf MittBayNot 1999, 285). Ob im vorliegen-den Grundbuchverfahren darüber hinaus davon ausgegangen werden kann, dass ausnahmsweise eine Genehmigungsbe-dürftigkeit des dinglichen Erbteilsübertragungsvertrages im Hinblick auf das Grundgeschäft – die Schenkung des Erban-teils – gem. §§ 1643 Abs. 1, 1821 Nr. 5 BGB anzunehmen ist (vgl. hierzu auch OLG Köln Rpfleger 1996, 446), könne dann offen bleiben.

Nach alledem erwiesen sich die Beanstandungen der Zwi-schenverfügung als berechtigt. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.

��PraxishinweisDie vorliegende Entscheidung beschäftigt sich mit der Schenkung eines Erbteils von der Mutter an ihr minder-jähriges Kind. Die Mutter trat hierbei auf beiden Seiten des Vertrags auf. Ein solches Insichgeschäft nach § 181 BGB wird nur dann als ausnahmsweise zulässig erachtet, wenn das Rechtsgeschäft für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft ist.

Dies wurde vorliegend für die Übertragung eines Erbteils verneint. Obwohl die Minderjährige hier bereits Erbin war, würde sich durch die Übertragung eines zusätzlichen Erb-teils ihre interne Haftungsquote erhöhen. Dies stellt einen rechtlichen Nachteil da und führt dazu, dass ein Pfleger zu bestellen ist und ggf. wg. § 1822 Nr. 10 BGB auch eine familiengerichtliche Genehmigung von Nöten sein kann. Eine wirtschaftliche Betrachtung darf hierbei nicht vorge-nommen werden.

(bearbeitet von Prof. Dr. Wolfgang Burandt, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Familienrecht, Fachanwalt für Erbrecht)

Die vollständige Entscheidung finden Sie unter der Jurion-Fundstelle: JurionRS 2014, 34366

Impressum

FuR 10 · 2015 V

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Wolters Kluwer Deutschland gestattet hiermit rechtsverbindlich die den Regeln des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels entsprechende Nut-zung der in dieser Zeitschrift veröffentlichten Rezensionen.

ISSN 0174-2108

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