FEG Zeitung: Die Werte der „Endlich-Leben-Gruppen“

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Christsein Heute 2/2007 28 FeG Forum Christsein Heute 2/2007 29 FeG Forum „Du bist doch in der Endlich-le- ben-Gruppe für Männer“, sagt die ältere Dame mit dem markanten Kurzhaarschnitt nach dem Sonn- tagsgottesdienst. In ihrer Stimme liegt etwas Vibrierendes: „Hast Du das denn überhaupt nötig?“ Der verdutze Angesprochene antwor- tet freundlich – und ausweichend. So wird die Nachfrage bei anderer Gelegenheit bohrender: „Nun sag doch mal, welche Themen be- sprecht Ihr gerade in der Grup- pe?“ „Das ist keine Diskussions- runde“, sagt der Angesprochene spitz und erläutert das Anliegen der Endlich-leben-Gruppen, die in Gemeinden wachsenden Zu- spruch finden. Die Antworten be- friedigen nicht. Ein gewittriger Blick oder ein leises Achselzu- cken sind unübersehbar, auch ge- hört nicht viel dazu, einen Gedan- ken – einem Ticker gleich – von der Stirn zu lesen: „Ein komischer Heiliger! Der muss es nötig ha- ben. Und geheimniskrämerisch ist er wie die anderen Männer der Gruppe auch“. Hilfe für „normale“ Menschen Doch mit Schneckenhaftigkeit oder eitler Wichtigtuerei hat dies wenig, mit einem Prinzip dieser Selbsthilfegruppe viel zu tun: Ver- traulichkeit, Diskretion und Ano- nymität zu wahren, ist unverzicht- bar für jeden Einzelnen und für die Gruppe. Endlich-leben-Grup- pen, getrennt für Frauen und für Männer angeboten, bieten einen geschützten Raum für Menschen mit Nöten, Verstrickungen und Problemen, die nicht mehr über- leben, sondern „endlich leben“ wollen. Bei der ersten Männer- gruppe in der FeG Bonn – Frau- en fühlen sich von dem Angebot weitaus häufiger angesprochen – steht immer ein Papierkegel auf dem Tisch. „Was Du hier hörst bitte lass’ es hier!“ Sieben Män- ner sind es, die sich im Oktober 2004 erstmals um einen Tisch im Gemeindehaus versammeln – alle „mitten im Leben stehend“, durchschnittlich 45 Jahre alt, Fa- milienväter, Ehemänner und ein Single. Von Beruf sind sie Pro- grammierer oder EDV-Spezialist, Polizeibeamter oder Gewerbetrei- bender in der Druckbranche, Foto- graf oder Redakteur – von außen betrachtet, eine ideale Mannschaft für die Öffentlichkeitsarbeit. Alle bleiben „dran“ – zwei Jahre lang. Auf dem Weg zur Ganzheit So unterschiedlich die persön- lichen Hintergründe sind, so sehr verbindet sie eine Erkenntnis: „So kann es mit meinem Leben nicht weitergehen!“ Unterstützt von ei- ner Selbsthilfegruppe, die nach dem „12-Schritte-Prinzip“ arbei- tet, wollen sie aufbrechen, sich verändern und neue Schritte wa- gen. Das 12-Schritte-Programm diente anfänglich dazu, abhän- gigen Menschen zu helfen. 1938 hat der Amerikaner Bill Wilson das Programm der „Anonymen Alkoholiker“ (AA) formuliert, das weltweit Schule gemacht hat. In Deutschland arbeiten AA-Grup- pen seit 1953. Weniger bekannt ist, dass die „Anonymen Alko- holiker“ ursprünglich christli- che Wurzeln hatten. Seit Mitte der 1990er Jahre wurden diese wiederentdeckt, was eine neue, „rechristianisiert e“„Endlich-leben- Bewegung“ angestoßen hat. Sie richtet sich nicht nur an Men- schen mit Abhängigkeiten, son- dern an Frauen und Männer mit ganz unterschiedlichen Lebens- problemen und Belastungen. Bis- lang haben mindestens 50 christ- liche Gemeinden im deutschen Sprachraum 12-Schritte-Gruppen angeboten. Und die Erfahrung zeigt: Ist das Angebot erst einmal bekannt, ist die Nachfrage groß. In der FeG Bonn zum Beispiel sind in den letzten drei Jahren al- lein zehn Gruppen durchgeführt worden. Menschen werden zu Hoffnungszeichen Helge Seekamp, Pfarrer einer evan gelisch-reformierten Gemeinde in Lemgo, und Mitgründer und Ko- ordinator des Endlich-leben-Netz- werks (www.endlich-leben.net) bilanziert: „Menschen werden zu Hoffnungszeichen! Durch End- lich-leben-Gruppen werden Men- schen aufgrund der heilenden Beziehung zu Jesus Christus so verändert, dass sie einen entschei- denden Einfluss auf ihr Umfeld ge- winnen“. Bemerkenswert ist, dass die Gruppen auch glaubens- und gemeindefernen Menschen offen- stehen sollen. Sie verstehen sich nicht als „umettikettiertes“ Bibel- Lernprogramm oder verkappter Glaubensgrundkurs, sondern als Lebensschule, getragen von einer christlichen Spiritualität. Von de- ren Strahlkraft ist der Koordinator des bundesweiten Endlich-leben- Nezwerks überzeugt: „Gemeinde kann ihre Ghetto-Enge überwin- den, eine offene Tür für Suchen- de und mit Problemen beladene Menschen bieten“, sagt Seekamp und fügt hinzu. „So machen wir die liebevolle Barmherzigkeit Jesu sozial erfahrbar“. Das Leben neu erfinden Rembert Unterstell berichtet über eine der zahlreichen „Endlich-leben-Gruppen“ in der FeG Bonn. „Endlich-leben-Gruppen“ ermöglichen persönliche Veränderung und setzen heilsame Impulse frei. Wenn Masken fallen Und wie arbeitet eine End- lich-leben-Gruppe konkret? Ar- beitsgrundlage ist ein Buch mit Programm-Titel: „Endlich leben! Heilung, Veränderung, Gelas- senheit“ (Brunnen-Verlag, Gie- ßen). Meist beginnt die Bon- ner Männergruppe mit einer lockeren Austauschrunde oder einer gemeinsamen „Gesangs- darbietung“. Das eingängige Lied „Neue Schritte wagen …“ wird re- kordverdächtig oft gesungen. Die Atmosphäre ist gelöst, es wird auch gelacht und miteinander gefrotzelt. Häufig folgt eine kur- ze Gebetsgemeinschaft, bevor die Gruppenarbeit beginnt. Zu de- ren Regeln gehört „Ich“ zu sagen und von sich zu sprechen statt unverbindlich zu bleiben „man kann das nicht ...“ Die Teilneh- mer lassen sich stehen, in dem was sie sagen. Es gibt keine Kor- rektur, keine Bewertungen und keine gut gemeinten Ratschläge, wobei Letzteres nicht immer ge- lingt. Gelegentlich erfordert das zusammengebissene Lippen. So muss jeder lernen, sich und die Gruppe auszuhalten und den an- deren anzunehmen und wertzu- schätzen, so wie er ist. Das Ver- trauen wächst untereinander, das ist schnell spürbar. Jeder hat die Freiheit, das zu offenbaren, was er möchte. Nur wenn er etwas mitteilt, muss es ehrlich und au- thentisch sein – sonst bleibt es bei der Kulissenschieberei und dem Maskenspiel des Alltags. Nur mit leeren Händen können wir greifen Kannst du deinen „blinden Fleck“ im Leben finden und auf den Punkt bringen? So fragt das π Wahrheit Wir haben eine Leidenschaft, den Dingen auf den Grund zu gehen. Das erfordert Mut zur Wahrheit. Wir wis- sen: Wahrheit macht uns frei. Darum ringen wir um Eindeutigkeit, Ehrlich- keit und Wahrheit. π Gelassenheit Gelassenheit ist ein kostbares Ge- schenk Gottes und prägt alle unsere Aktivitäten und Prozesse. Gott „ma- chen zu lassen” ist der Kern von Ge- lassenheit. Das führt zu der Freiheit, loslassen zu können. So entwickeln wir ein Gespür für Situationen, die uns einengen. π Kompetenz Vielfältige Kompetenzen (geistliche, fachliche, soziale und emotionale) sind uns wichtig. Deshalb schätzen wir theologische und humanwissen- schaftliche Erkenntnisse. Wir haben eine Leidenschaft, uns ständig wei- terzuentwickeln. π Schönheit Befreites Leben strahlt eine innere Schönheit aus. Das Leben wieder genießen zu können und sich am Schönen zu freuen, ist Ge- schenk Gottes. Darum prä- gen Kreativität & Ästhetik π Christliche Spiritualität Ohne Gott geht nichts. Das ist unse- re Grunderfahrung. Unsere Spirituali- tät hat ihr Zentrum in Jesus Christus. Dabei leben wir Einheit in Vielfalt. Wir schätzen die unterschiedlichen Ausdrucksformen von Spiritualität als wertvolle Ergänzung. π Ganzheitlichkeit Wir verstehen die Welt als ein kom- plexes, aber vernetztes System. Darum achten wir bei allem auf die größeren Zusammenhänge und den- ken und handeln konsequent unter systemischen Gesichtspunkten. Das hat entscheidenden Einfluss auf un- ser Verständnis von Problemen und deren Lösungen. π Beziehungsfähigkeit Leben besteht grundlegend darin, eine vertrauensvolle und angemes- sene Beziehung zu sich selbst, zu anderen Menschen, der Welt und zu Gott zu pflegen. Wir schätzen Nähe genauso wie notwendige Abgren- zungen. Gerade darin erweist sich eine gute Beziehung. π Barmherzigkeit All unser Tun ist durchdrungen von der Erkenntnis unserer Grenzen. Hochmut sehen wir als die größte Falle an. Deshalb entwickeln wir leidenschaftlich den Mut, schwach sein zu dürfen und mit der Schwäche anderer respektvoll und barmherzig umzugehen. Die Werte der „Endlich-Leben-Gruppen“ den Umgangsstil und die Atmosphä- re unserer Arbeit. Auch das Design unserer Produkte, Präsentationen und unseres übrigen Auftretens soll schön sein. Umfangreiches Wissen vermitteln wir schön, einfach und verständlich. Christliche Spiritualität Ganzheit- lichkeit Beziehungs- fähigkeit Barmherzig- keit Wahrheit Gelassenheit Kompetenz Schönheit Ein Modell gegen die saure Einsamkeit Die Werte-Pyramide der „Endlich-leben- Gruppe“

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Und geheimniskrämerisch ist er wie die anderen Männer der Gruppe auch“. Rembert Unterstell berichtet über eine der zahlreichen „Endlich-leben-Gruppen“ in der FeG Bonn. „Endlich-leben-Gruppen“ ermöglichen persönliche Veränderung und setzen heilsame Impulse frei. Rembert Unterstell berichtet über eine der zahlreichen „Endlich-leben-Gruppen“ in der FeG Bonn

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Christsein Heute 2/200728

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Christsein Heute 2/2007 29

FeG Forum

„Du bist doch in der Endlich-le-ben-Gruppe für Männer“, sagt die ältere Dame mit dem markanten Kurzhaarschnitt nach dem Sonn-tagsgottesdienst. In ihrer Stimme liegt etwas Vibrierendes: „Hast Du das denn überhaupt nötig?“ Der verdutze Angesprochene antwor-tet freundlich – und ausweichend. So wird die Nachfrage bei anderer Gelegenheit bohrender: „Nun sag doch mal, welche Themen be-sprecht Ihr gerade in der Grup-pe?“ „Das ist keine Diskussions-runde“, sagt der Angesprochene spitz und erläutert das Anliegen der Endlich-leben-Gruppen, die in Gemeinden wachsenden Zu-spruch fi nden. Die Antworten be-friedigen nicht. Ein gewittriger Blick oder ein leises Achselzu-cken sind unübersehbar, auch ge-hört nicht viel dazu, einen Gedan-ken – einem Ticker gleich – von

der Stirn zu lesen: „Ein komischer Heiliger! Der muss es nötig ha-ben. Und geheimniskrämerisch ist er wie die anderen Männer der Gruppe auch“.

Hilfe für „normale“MenschenDoch mit Schneckenhaftigkeit oder eitler Wichtigtuerei hat dies wenig, mit einem Prinzip dieser Selbsthilfegruppe viel zu tun: Ver-traulichkeit, Diskretion und Ano-nymität zu wahren, ist unverzicht-bar für jeden Einzelnen und für die Gruppe. Endlich-leben-Grup-pen, getrennt für Frauen und für Männer angeboten, bieten einen geschützten Raum für Menschen mit Nöten, Verstrickungen und Problemen, die nicht mehr über-leben, sondern „endlich leben“ wollen. Bei der ersten Männer-gruppe in der FeG Bonn – Frau-

en fühlen sich von dem Angebot weitaus häufiger angesprochen – steht immer ein Papierkegel auf dem Tisch. „Was Du hier hörst bitte lass’ es hier!“ Sieben Män-ner sind es, die sich im Oktober 2004 erstmals um einen Tisch im Gemeindehaus versammeln – alle „mitten im Leben stehend“, durchschnittlich 45 Jahre alt, Fa-milienväter, Ehemänner und ein Single. Von Beruf sind sie Pro-grammierer oder EDV-Spezialist, Polizeibeam ter oder Gewerbetrei-bender in der Druckbranche, Foto-graf oder Redakteur – von außen betrachtet, eine ideale Mannschaft für die Öffentlichkeitsarbeit. Alle bleiben „dran“ – zwei Jahre lang.

Auf dem Weg zur GanzheitSo unterschiedlich die persön-lichen Hintergründe sind, so sehr verbindet sie eine Erkenntnis: „So

kann es mit meinem Leben nicht weitergehen!“ Unterstützt von ei-ner Selbsthilfegruppe, die nach dem „12-Schritte-Prinzip“ arbei-tet, wollen sie aufbrechen, sich verändern und neue Schritte wa-gen. Das 12-Schritte-Programm diente anfänglich dazu, abhän-gigen Menschen zu helfen. 1938 hat der Amerikaner Bill Wilson das Programm der „Anonymen Alkoholiker“ (AA) formuliert, das weltweit Schule gemacht hat. In Deutschland arbeiten AA-Grup-pen seit 1953. Weniger bekannt ist, dass die „Anonymen Alko-holiker“ ursprünglich christli-che Wurzeln hatten. Seit Mitte der 1990er Jahre wurden diese wiederentdeckt, was eine neue,„rechristianisierte“„Endlich-leben-Bewegung“ angestoßen hat. Sie richtet sich nicht nur an Men-

schen mit Abhängigkeiten, son-dern an Frauen und Männer mit ganz unterschiedlichen Lebens-problemen und Belastungen. Bis-lang haben mindestens 50 christ-liche Gemeinden im deutschen Sprachraum 12-Schritte-Gruppen angeboten. Und die Erfahrung zeigt: Ist das Angebot erst einmal bekannt, ist die Nachfrage groß. In der FeG Bonn zum Beispiel sind in den letzten drei Jahren al-lein zehn Gruppen durchgeführt worden.

Menschen werden zu HoffnungszeichenHelge Seekamp, Pfarrer einer evan gelisch-reformierten Gemein de in Lemgo, und Mitgründer und Ko-ordinator des Endlich-leben-Netz-werks (www.endlich-leben.net) bilanziert: „Menschen werden zu Hoffnungszeichen! Durch End-

lich-leben-Gruppen werden Men-schen aufgrund der heilenden Beziehung zu Jesus Christus so verändert, dass sie einen entschei-denden Einfl uss auf ihr Umfeld ge-winnen“. Bemerkenswert ist, dass die Gruppen auch glaubens- und gemeindefernen Menschen offen-stehen sollen. Sie verstehen sich nicht als „umettikettiertes“ Bibel-Lernprogramm oder verkappter Glaubensgrundkurs, sondern als Lebensschule, getragen von einer christlichen Spiritualität. Von de-ren Strahlkraft ist der Koordinator des bundesweiten Endlich-leben-Nezwerks überzeugt: „Gemeinde kann ihre Ghetto-Enge überwin-den, eine offene Tür für Suchen-de und mit Problemen beladene Menschen bieten“, sagt Seekamp und fügt hinzu. „So machen wir die liebevolle Barmherzigkeit Jesu sozial erfahrbar“.

Das Leben neu erfi nden

Rembert Unterstell berichtet über eine der zahlreichen „Endlich-leben-Gruppen“ in der FeG Bonn. „Endlich-leben-Gruppen“ ermöglichen persönliche Veränderung und setzen heilsame Impulse frei.

Wenn Masken fallenUnd wie arbeitet eine End-lich-leben-Gruppe konkret? Ar-beitsgrundlage ist ein Buch mit Programm-Titel: „Endlich leben! Heilung, Veränderung, Gelas-senheit“ (Brunnen-Verlag, Gie-ßen). Meist beginnt die Bon-ner Männergruppe mit einer lockeren Austauschrunde oder einer gemeinsamen „Gesangs-darbietung“. Das eingängige Lied „Neue Schritte wagen …“ wird re-kordverdächtig oft gesungen. Die Atmosphäre ist gelöst, es wird auch gelacht und miteinander gefrotzelt. Häufi g folgt eine kur-ze Gebetsgemeinschaft, bevor die Gruppenarbeit beginnt. Zu de-ren Regeln gehört „Ich“ zu sagen und von sich zu sprechen statt unverbindlich zu bleiben „man kann das nicht ...“ Die Teilneh-mer lassen sich stehen, in dem

was sie sagen. Es gibt keine Kor-rektur, keine Bewertungen und keine gut gemeinten Ratschläge, wobei Letzteres nicht immer ge-lingt. Gelegentlich erfordert das zusammengebissene Lippen. So muss jeder lernen, sich und die Gruppe auszuhalten und den an-deren anzunehmen und wertzu-schätzen, so wie er ist. Das Ver-trauen wächst untereinander, das ist schnell spürbar. Jeder hat die Freiheit, das zu offenbaren, was er möchte. Nur wenn er etwas mitteilt, muss es ehrlich und au-thentisch sein – sonst bleibt es bei der Kulissenschieberei und dem Maskenspiel des Alltags.

Nur mit leeren Händen können wir greifenKannst du deinen „blinden Fleck“ im Leben fi nden und auf den Punkt bringen? So fragt das

π WahrheitWir haben eine Leidenschaft, den Dingen auf den Grund zu gehen. Das erfordert Mut zur Wahrheit. Wir wis-sen: Wahrheit macht uns frei. Darum ringen wir um Eindeutigkeit, Ehrlich-keit und Wahrheit.π GelassenheitGelassenheit ist ein kostbares Ge-schenk Gottes und prägt alle unsere Aktivitäten und Prozesse. Gott „ma-chen zu lassen” ist der Kern von Ge-lassenheit. Das führt zu der Freiheit, loslassen zu können. So entwickeln wir ein Gespür für Situationen, die uns einengen.π KompetenzVielfältige Kompetenzen (geistliche, fachliche, soziale und emotionale) sind uns wichtig. Deshalb schätzen wir theologische und humanwissen-schaftliche Erkenntnisse. Wir haben eine Leidenschaft, uns ständig wei-terzuentwickeln.π SchönheitBefreites Leben strahlt eine innere Schönheit aus. Das Leben wieder genießen zu können und sich am Schönen zu freuen, ist Ge-schenk Gottes. Darum prä-gen Kreativität & Ästhetik

π Christliche SpiritualitätOhne Gott geht nichts. Das ist unse-re Grunderfahrung. Unsere Spirituali-tät hat ihr Zentrum in Jesus Christus. Dabei leben wir Einheit in Vielfalt. Wir schätzen die unterschiedlichen Ausdrucksformen von Spiritualität als wertvolle Ergänzung. π GanzheitlichkeitWir verstehen die Welt als ein kom-plexes, aber vernetztes System. Darum achten wir bei allem auf die größeren Zusammenhänge und den-ken und handeln konsequent unter systemischen Gesichtspunkten. Das hat entscheidenden Einfl uss auf un-ser Verständnis von Problemen und deren Lösungen. π BeziehungsfähigkeitLeben besteht grundlegend darin, eine vertrauensvolle und angemes-sene Beziehung zu sich selbst, zu anderen Menschen, der Welt und zu Gott zu pfl egen. Wir schätzen Nähe genauso wie notwendige Abgren-zungen. Gerade darin erweist sich eine gute Beziehung. π BarmherzigkeitAll unser Tun ist durchdrungen von der Erkenntnis unserer Grenzen. Hochmut sehen wir als die größte Falle an. Deshalb entwickeln wir leidenschaftlich den Mut, schwach sein zu dürfen und mit der Schwäche anderer respektvoll und barmherzig umzugehen.

Die Werte der „Endlich-Leben-Gruppen“

Rembert Unterstell berichtet über eine der zahlreichen „Endlich-leben-Gruppen“ in der FeG Bonn

den Umgangsstil und die Atmosphä-re unserer Arbeit. Auch das Design unserer Produkte, Präsentationen und unseres übrigen Auftretens soll schön sein. Umfangreiches Wissen vermitteln wir schön, einfach und verständlich.

ringen wir um Eindeutigkeit, Ehrlich-keit und Wahrheit.

Gelassenheit ist ein kostbares Ge-schenk Gottes und prägt alle unsere Aktivitäten und Prozesse. Gott „ma-chen zu lassen” ist der Kern von Ge-lassenheit. Das führt zu der Freiheit, loslassen zu können. So entwickeln wir ein Gespür für Situationen, die

Vielfältige Kompetenzen (geistliche, fachliche, soziale und emotionale) sind uns wichtig. Deshalb schätzen wir theologische und humanwissen-schaftliche Erkenntnisse. Wir haben eine Leidenschaft, uns ständig wei-

Befreites Leben strahlt eine innere Schönheit aus. Das Leben wieder genießen zu können und sich am Schönen zu freuen, ist Ge-schenk Gottes. Darum prä-gen Kreativität & Ästhetik

vermitteln wir schön, einfach und verständlich.

Christliche Spiritualität

Ganzheit-lichkeit

Beziehungs-fähigkeit

Barmherzig-keit

Wahrheit Gelassenheit

Kompetenz Schönheit

Ein Modell gegen die saure EinsamkeitDie Werte-Pyramide der „Endlich-leben-

Gruppe“

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Christsein Heute 2/200730

FeG Forum

Christsein Heute 2/2007 31

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π Schritt 1: Endlich am Ende„Wir gaben zu, dass wir unseren Abhängigkeiten und Problemen gegenüber machtlos sind – und unser Leben nicht mehr meistern konnten.“π Schritt 2: Nie mehr allein„Wir kamen zu dem Glauben, dass eine Macht, größer als wir selbst, uns unsere geistige Ge-sundheit wiedergeben kann.“π Schritt 3: Sich Gott geben„Wir fassten den Entschluss, unseren Willen und unser Leben der Sorge Gottes – soweit wir ihn verstanden – anzuvertrauen.“π Schritt 4: Endlich sich kennen„Wir machten eine gründliche und furchtlose Inventur in un-serem Inneren.“π Schritt 5: Endlich dazu stehen„Wir gaben Gott, uns selbst und einem anderen Menschen gegen-über unverhüllt unsere Fehler zu.“π Schritt 6: Bereit für Veränderungen?„Wir waren völlig bereit, all diese Charakterfehler von Gott beseiti-gen zu lassen.“

Die 12 Schritte der „Endlich-Leben-Gruppen“ im Überblick

π Schritt 7: Die Verwandlung zulassen„Demütig baten wir ihn, unsere Mängel von uns zu nehmen.“π Schritt 8: Dinge in Ordnung bringen„Wir machten eine Liste aller Personen, denen wir Schaden zugefügt hatten, und wurden willig, ihn bei allen wieder gutzu-machen.“π Schritt 9: Dinge in Ordnung bringen„Wir machten bei diesen Men-schen alles wieder gut – wo immer es möglich war –, es sei denn, wir hätten dadurch sie oder andere verletzt.“π Schritt 10: Das Sofort-Prinzip„Wir setzten die Inventur bei uns fort, und wenn wir Unrecht hat-ten, gaben wir es sofort zu.“π Schritt 11: Beziehung mit Gott leben„Wir suchten durch Gebet und Besinnung die bewusste Verbin-dung zu Gott – soweit wir ihn verstanden – zu vertiefen. Wir baten ihn, uns seinen Willen er-kennbar werden zu lassen und uns die Kraft zu geben, ihn aus-zuführen.“π Schritt 12: Zum Zeugen werden„Nachdem wir durch diese Schritte ein geistliches Erwachen erlebt hatten, versuchten wir, diese Botschaft anderen wei-terzugeben und unser tägliches Leben nach diesen Grundsätzen auszurichten.“

Programm. Harmoniesucht oder Alkoholabhängigkeit, Depression und Minderwertigkeitsempfin-den, Beziehungszer rüttung und Selbstzweifel, existenzielle Sor-gen und soziale Ängste sind sol-che Stichworte der Teilnehmer. Der erste gemeinsame Schritt „Endlich am Ende“ verlangt „Du musst kapitulieren!“ Wie leicht ist das gesagt, aber wie schwer ist es wirklich vollzogen. Ein Grup-pen-mitglied sagt es bildhaft: „Du musst erst leere Hände haben, um nach Neuem greifen zu kön-nen“. Schritt für Schritt werden die Muster in der eigenen Lebens-geschichte aufgespürt. Dahinter stehen schmerzliche Erfahrungen und Prägungen aus Elternhaus und Kindheit sowie langjährig an-trainierte Verhaltensmuster. „Die Beziehungen zum ICH und zum DU haben Schaden genommen, was in Ehe und Familie, in Bezie-hungen und am Arbeitsplatz sei-ne Folgen hat“, unterstreicht ein Teilnehmer nachdenklich.Doch wie lässt sich das ändern?

Sich in Gottes Arme werfenEin Schlüssel zur Veränderung ist, psychologisch gesprochen, sicher die liebevolle Achtsamkeit der Teilnehmer untereinander und die schrittweise Einsicht in ganzheitliche Lebenszusammen-hänge. Doch das Eigentliche liegt, geistlich gesprochen, nicht in Menschenhand: Wir können uns nur in die Arme Jesu fallen lassen und auf seine verändernde Kraft und seinen Geist setzen. Das er-fordert Vertrauen, Glauben und neue Hoffnung. Kannst du das glauben? Willst du es wagen? So zu werden, wie Gott dich angelegt und gemeint hat. Eines ist für alle

Kontakt: Fragen zur Gruppen-gründung in der eigenen Gemeinde beantwortet hilfreich und kompe-tent: www.endlich-leben.net

Dr. Rembert Un-terstell ist Wissen-schaftsjournalist und arbeitet als geschäftsführender Redakteur der Maga-zine „forschung“und

„german re search“.

Literatur: Eine gute persönliche Vorbereitung, zum Beispiel durch das Beantworten von Fragen zur Refl exion, ist unverzichtbar für die wöchentliche Arbeit in der Gruppe.

Das Buch der „Endlich-leben-Grup-pen“: Helge Seekamp u.a. Endlich leben! – Ein Arbeitsbuch Paperback, 248 SeitenBrunnen Verlag 2004, EUR 19,95

Bestellungen bei:Bundes-Verlag Buchhandlung Bodenborn 43, 58452 WittenTel.: 0 23 02 / 9 30 93 950 Fax: 0 23 02 / 9 30 93 709 E-Mail: [email protected]

sicher: Ohne IHN geht es nicht. Und es gilt die Zusage: „Fürchte dich nicht, denn ich bin bei dir, habe keine Angst, denn ich bin dein Gott! Ich helfe dir“ (Jes. 41, 10). Zugleich zeigt sich: Das Endlich-leben-Programm serviert keine schnellen, überstülpenden Antworten, auch nicht solche im fromm-verbrämten Gewand. Es fordert heraus zum ehrlichen und individuellen Weg zu Jesus, in die lebendige Nachfolge hin-ein. Vorgestanzte Allerweltsant-worten helfen nicht. Wohl eine neue oder intensivierte Bezie-hung zu IHM, die wachsen und „heil“ werden lässt.

Veränderungalltäglich lebenDie sieben Männer wagen ver-ändernde Schritte und erproben neue Denk- und Verhaltenswei-sen. Die Münzen in der All-tagsumsetzung sind klein, aber wertvoll. Dazu gehören etwa das abgrenzende Neinsagen auch ge-genüber Freunden, das wieder-gutmachende Gespräch mit der Ehefrau, das Zügeln der eigenen Unbeherrschtheit in der Familie oder das Einfordern berechtigter Ansprüche am Arbeitsplatz. Manches gelingt, anderes nicht. „Gelassenheit ist gefragt“, unter-streicht ein Familienvater in sei-ner trockenen Art. Auch berichtet mal dieser, mal jener über Rück-schritte in frühere Gewohnheiten hinein, auch von „bequemer Un-entschlossenheit“ ist die Rede.

Doch der „Kurs“ stimmt. Viele Selbsthilfegruppen bestätigen es: Langwierige und durchaus nicht nur geradlinige Wege sind die Regel. Hilfreiche Lebensimpulse nehmen alle mit.

Freiheit undHoffnung fi ndenAm Ende wird den Bonner „12-Schrittlern“ ein Psalmistenwort wichtig: „Wir gingen durch Feu-er und Wasser. Doch du hast uns in die Freiheit hinausgeführt“(Ps. 66, 12). Eine Ahnung von dieser geschenkten Freiheit – vielleicht einem tiefen Durchat-men am Meer vergleichbar – wird spürbar. So bietet die Endlich-leben-Gruppe nicht nur einen Zeit-Raum für Selbstbegegnung und Lebensveränderung, sondern weckt neue Hoffnung über den Tag hinaus. „Von dem HERRN kommt es, wenn eines Mannes Schritte fest werden / und er hat Gefallen an seinem Wege.“ (Ps. 37, 23). Das kann ermutigen und weiter tragen.

Was Du hier hörst –

wenn Du gehst, bitte, lass es

hier!

Vertraulichkeit, Diskretion und Anonymität zu wahren, ist unverzichtbar für jeden Einzelnen und für die Gruppe.

Peter Strauch

Präses des Bundes Freier evangelischer Gemeinden

Das kannte ich bisher noch nicht: Zu Beginn des neuen Jahres versagte meine Stimme, nur noch ein kaum

hörbares Flüstern war mir möglich. Meine Enkel, für die ein fl üsternder Opa sehr ungewöhnlich ist, begannen ebenfalls zu fl üstern. Vermutlich dachten sie, ich machte mit ihnen ein geheimnisvolles Spiel. Aber für mich war das Gefühl der Hilfl osigkeit alles andere als lustig. Beim Betreten des Hausfl urs überlegte ich, wie ich reagiere, wenn mir jemand begegnet. Für wie unhöfl ich werden mich die Leute halten, wenn ich sie nicht richtig grüßen kann? Und wie sollte ich mich beim Bäcker oder Apothe-ker verständlich machen? Diese und andere Überlegungen gingen mir durch den Kopf. Die Stimmlosigkeit war eine eigenartige und wohl auch wichtige Erfahrung für mich. Und das Schlimmste: Ich durfte nicht predigen! Glück-licherweise ist diese Zeit nun vorbei.

Aber mich beschäftigten noch andere Gedanken: Was ist, wenn Gott mir einmal wirklich meine Stimme nimmt – etwa wie bei Zacharias, der dem Wort Gottes misstraute und nicht mehr sprechen konnte, bis Gott seine Zusage erfüllte (Lukas 1, 20)? Und ist es nicht auch möglich, mit einer kräftigen und klangvollen Stimme geradezu stumm zu sein? Dann mögen unsere Worte noch so klug und überzeugend wirken, ohne die durchdringende Kraft des Heiligen Geistes werden sie nicht die Herzen erreichen. Vielleicht setzen sie Emotionen frei, aber sie schaffen keine wirkliche Frucht (1. Korinther 2, 1). Paulus hat ge-wusst, wie sehr ein Prediger des Evangeliums beim Reden auf den Heiligen Geist angewiesen ist. Da kann es durch-aus sein, dass einer nur eine schwache und kaum ver-ständliche Stimme hat, aber Gottes Sprache spricht er so verständlich und klar, dass seine Zuhörer ins Nachdenken kommen und durch ihn Gottes Stimme vernehmen.

Und was das eigentliche Geheimnis dabei ist? Nein, nicht Selbstaufopferung und Pfl ichterfüllung. Nach 1. Korinther 13 ist es die Liebe, die Liebe zu Gott und den Menschen. Ohne sie ist und bleibt unser Reden ein ble-chernes Scheppern (Vers 1). Vor allem die Liebe macht die Stimme schön.