Feinstaub aus Holzfeuerungen - Verenumzur Staubabscheidung aus Luft und Abgasen. Beste-hende...

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11 I 10 HK-Gebäudetechnik 29 WÄRMETECHNIK I ENERGIE Ausserdem ist die Zusammensetzung der zum Fein- staub beitragenden Verbindungen wesentlich, da diese zum Teil ganz unterschiedliche Wirkungen auf Ge- sundheit und Klima haben. Im Beitrag werden die Re- levanz der verschiedenen Schadstoffkomponenten so- wie deren Verhalten in der Atmosphäre beschrieben und typische Emissionsfaktoren von Holzfeuerungen vorgestellt. 1. Luftreinhaltung und Feinstaubabscheidung Die Luftreinhalte-Verordnung (LRV) begrenzt die Schadstoffemissionen von stationären Anlagen und sie schreibt Immissionsgrenzwerte vor, bei deren Über- schreitung zusätzliche Massnahmen erforderlich wer- den. Da die Grenzwerte für Feinstaub als partikuläre Masse kleiner 10 Mikrometer (PM10) regelmässig über- schritten werden und die Holzfeuerungen im Winter erheblich dazu beitragen, wurden und werden die Staubgrenzwerte der LRV ab dem Jahr 2007 schrittwei- se verschärft [1]. Mit Grenzwerten von 20 mg/mn 3 (bis 1 MW bei 13 Vol.-% O2 und ab 1 MW bei 11 Vol.-% O2) für Holzfeuerungen ab 500 kW sowie von 50 mg/mn 3 (bei 13 Vol.-% O2) ab 70 kW wird meist der Einsatz von Feinstaubabscheidern erforderlich, was eine deutliche Reduktion der Emissionen ermöglicht. Bild 1 zeigt eine Übersicht der wichtigsten Verfahren zur Staubabscheidung aus Luft und Abgasen. Beste- hende automatische Holzfeuerungen unter 1 MW ver- fügen meist über Multizyklone, die eine Abscheidung von Stäuben mit Korngrössen über 5 bis 10 Mikrome- tern ermöglichen und damit nicht unter die Kategorie der Feinstaubabscheider fallen. Zur Feinstaubabschei- dung kommen vorwiegend Trocken-Elektroabscheider und in bestimmten Fällen auch Gewebefilter zum Ein- satz [2]. Mit beiden Systemen können die verschärften LRV-Grenzwerte eingehalten und teilweise deutlich unterschritten werden. Gewebefilter weisen tiefere In- vestitionskosten auf, verursachen jedoch höhere Be- triebskosten als Folge des Druckverlusts und des Ver- brauchs an Druckluft. Zudem besteht das Risiko einer begrenzten Lebensdauer der Filterschläuche wegen Feinstaub aus Holzfeuerungen Charakterisierung der Aerosole aus Holzfeuerungen, Aktualisierung der Emissionsfaktoren und Wirkungen auf Luft und Klima Taupunktunterschreitung oder durch Glimmbrände. Da Gewebefilter besonders empfindlich auf Feuchtig- keit sind, kommen sie in erster Linie für trockene Brennstoffe zum Einsatz. Allerdings sind auch Tro- cken-Elektroabscheider für den Einsatz mit feuchten Abgasen nur dann geeignet, wenn die Abgastempera- turen nur während kurzer Dauer unter dem Taupunkt liegen, da sonst Kondenswasser und Schäden an Isola- toren auftreten können. Beim Einsatz von Nasswä- schern wird dagegen eine Taupunktunterschreitung provoziert und eine teilweise Rückgewinnung der Kon- densationswärme ermöglicht. Nasse Abgasreinigungs- systeme bieten sich deshalb in erster Linie zur Wärme- rückgewinnung bei nassen Brennstoffen an. Für Stäube aus Holzfeuerungen weisen Nasswäscher jedoch nur eine beschränkte Abscheidewirkung auf, weshalb für grössere Anlagen auch Kombinationen von Elektro- abscheidern und Nasswäschern eingesetzt werden. Für Feuerungen bis 70 kW werden durch die Konfor- Da die Grenzwerte für Feinstaub regelmässig überschritten werden und Holzfeuerungen dazu beitragen, besteht Handlungsbedarf beim Vollzug der Luftreinhalte-Vorschriften. Um die einzelnen Quellgruppen zu iden- tifizieren und Prioritäten bei den Massnahmen zu treffen, sind die Emis- sionsfrachten einzelner Feuerungskategorien entscheidend. Thomas Nussbaumer * Bild 1: Übersicht Staubabscheider. 1 = Grobabscheider, 2, 3 und 4 = Feinstaubabscheider.

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Ausserdem ist die Zusammensetzung der zum Fein-staub beitragenden Verbindungen wesentlich, da diesezum Teil ganz unterschiedliche Wirkungen auf Ge-sundheit und Klima haben. Im Beitrag werden die Re-levanz der verschiedenen Schadstoffkomponenten so-wie deren Verhalten in der Atmosphäre beschriebenund typische Emissionsfaktoren von Holzfeuerungenvorgestellt.

1. Luftreinhaltung und FeinstaubabscheidungDie Luftreinhalte-Verordnung (LRV) begrenzt dieSchadstoffemissionen von stationären Anlagen und sieschreibt Immissionsgrenzwerte vor, bei deren Über-schreitung zusätzliche Massnahmen erforderlich wer-den. Da die Grenzwerte für Feinstaub als partikuläreMasse kleiner 10 Mikrometer (PM10) regelmässig über-schritten werden und die Holzfeuerungen im Wintererheblich dazu beitragen, wurden und werden dieStaubgrenzwerte der LRV ab dem Jahr 2007 schrittwei-se verschärft [1]. Mit Grenzwerten von 20 mg/mn

3 (bis1 MW bei 13 Vol.-% O2 und ab 1 MW bei 11 Vol.-%O2) für Holzfeuerungen ab 500 kW sowie von 50mg/mn

3 (bei 13 Vol.-% O2) ab 70 kW wird meist derEinsatz von Feinstaubabscheidern erforderlich, waseine deutliche Reduktion der Emissionen ermöglicht.Bild 1 zeigt eine Übersicht der wichtigsten Verfahrenzur Staubabscheidung aus Luft und Abgasen. Beste-hende automatische Holzfeuerungen unter 1 MW ver-fügen meist über Multizyklone, die eine Abscheidungvon Stäuben mit Korngrössen über 5 bis 10 Mikrome-tern ermöglichen und damit nicht unter die Kategorieder Feinstaubabscheider fallen. Zur Feinstaubabschei-dung kommen vorwiegend Trocken-Elektroabscheiderund in bestimmten Fällen auch Gewebefilter zum Ein-satz [2]. Mit beiden Systemen können die verschärftenLRV-Grenzwerte eingehalten und teilweise deutlichunterschritten werden. Gewebefilter weisen tiefere In-vestitionskosten auf, verursachen jedoch höhere Be-triebskosten als Folge des Druckverlusts und des Ver-brauchs an Druckluft. Zudem besteht das Risiko einerbegrenzten Lebensdauer der Filterschläuche wegen

Feinstaub ausHolzfeuerungen

Charakterisierung der Aerosole aus Holzfeuerungen,Aktualisierung der Emissionsfaktoren und Wirkungen auf Luft und Klima

Taupunktunterschreitung oder durch Glimmbrände.Da Gewebefilter besonders empfindlich auf Feuchtig-keit sind, kommen sie in erster Linie für trockeneBrennstoffe zum Einsatz. Allerdings sind auch Tro-cken-Elektroabscheider für den Einsatz mit feuchtenAbgasen nur dann geeignet, wenn die Abgastempera-turen nur während kurzer Dauer unter dem Taupunktliegen, da sonst Kondenswasser und Schäden an Isola-toren auftreten können. Beim Einsatz von Nasswä-schern wird dagegen eine Taupunktunterschreitungprovoziert und eine teilweise Rückgewinnung der Kon-densationswärme ermöglicht. Nasse Abgasreinigungs-systeme bieten sich deshalb in erster Linie zur Wärme-rückgewinnung bei nassen Brennstoffen an. Für Stäubeaus Holzfeuerungen weisen Nasswäscher jedoch nureine beschränkte Abscheidewirkung auf, weshalb fürgrössere Anlagen auch Kombinationen von Elektro-abscheidern und Nasswäschern eingesetzt werden.Für Feuerungen bis 70 kW werden durch die Konfor-

Da die Grenzwerte für Feinstaub regelmässig überschritten werden undHolzfeuerungen dazu beitragen, besteht Handlungsbedarf beim Vollzugder Luftreinhalte-Vorschriften. Um die einzelnen Quellgruppen zu iden-tifizieren und Prioritäten bei den Massnahmen zu treffen, sind die Emis-sionsfrachten einzelner Feuerungskategorien entscheidend.

Thomas

Nussbaumer *

Bild 1: Übersicht Staubabscheider.1 = Grobabscheider, 2, 3 und 4 = Feinstaubabscheider.

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mitätserklärung Grenzwerte bei der Typenprüfung ver-langt. Die Erfahrungen zeigen allerdings, dass die Be-triebsweise bei kleinen Feuerungen einen erheblichenEinfluss auf die Emissionen hat. Eine Erhebung imAuftrag der Internationalen Energie Agentur (IEA)zeigte denn auch grosse Bandbreiten der Emissionsfak-toren an im Folgenden als «Staub» bezeichnetem Fest-stoff für handbeschickte Holzöfen mit Bestwerten vonunter 10 mg/MJ (1 mg/MJ entspricht 1,5 mg/mn

3 bei13 Vol.-% O2 oder 1,9 mg/mn

3 bei 11 Vol.-% O2) undschlechtesten Werten von weit über 500 mg/MJ im Ka-min [3]. Der so erfasste Staub beinhaltet die Feststoffewie Russ aus unvollständiger Verbrennung und Salzaus mineralischen Verbindungen im Brennstoff undentspricht der für Emissionsfaktoren üblichen Mess-grösse nach LRV.

2. Primäre Aerosole aus HolzfeuerungenZur Beurteilung des Beitrags von Holzfeuerungen zumFeinstaub ist zu beachten, dass je nach Betriebszustandganz unterschiedliche direkt emittierte, sogenannt pri-märe Aerosole zu unterscheiden sind. Diese können indrei Klassen unterteilt werden:1. Russ ist im Brennstoff nicht enthalten und wird

durch Synthese aus Kohlenwasserstoffen bei hoherTemperatur und unter Sauerstoffmangel gebildet.

2. Mineralische Verbindungen (vorwiegend Salze) wer-den bei hoher Temperatur im Glutbett aus denAsche bildenden Mineralstoffen in die Gasphasetransferiert und resublimieren im Abgas zu Feststof-fen. Sie treten vor allem bei guten Verbrennungsbe-

Bild 2: Arten und Eigenschaften der primären Aerosole und Beispiel zur Partikel-bildung in Holzfeuerungen im CO/Lambda-Diagramm. Black Carbon (BC) weist über20 Jahre eine 1600-fach [5] bzw. 2000-fach [6] höhere Klimawirkung auf als CO2.

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dingungen mit ausreichendem Sauerstoffangebot imGlutbett in Erscheinung und sind Hauptbestandteilder Partikel aus gut betriebenen automatischenHolzfeuerungen.

3. Organische, kondensierbare Verbindungen (Con-densable Organic Compounds, COC, auch Teer ge-nannt) werden bei tiefen Verbrennungstemperaturenemittiert, da sie aus Zersetzungsprodukten des Hol-zes stammen, die nur unvollständig weiterreagieren.

Die Partikeleigenschaften sind auch zur Auslegung derAbgasreinigung entscheidend, für elektrische Staubab-scheider insbesondere der um mehrere Grössenord-nungen unterschiedliche Staubwiderstand [4]. Bild 2zeigt eine Gegenüberstellung der verschiedenen Parti-keltypen sowie zugehöriger Betriebszustände der Ver-brennung im CO/Lambda-Diagramm mit Angabenzum Klimaeffekt nach [5] und [6]. COC sind im Bei-spiel bei hohem Luftüberschuss eingetragen, sie wer-den aber auch bei tiefem Luftüberschuss emittiert,wenn die Temperatur etwa wegen zu hohem Wasserge-halt oder Kühlung des Feuerraums zu tief für eine voll-ständige Verbrennung ist. Russ wird dagegen nur beihoher Temperatur und lokalem Sauerstoffmangel ge-bildet.

3. Beitrag der Holzfeuerungen zum FeinstaubWährend der Anfeuerphase oder bei schlechten Be-triebsbedingungen sind im Abgas von handbeschicktenHolzfeuerungen nebst Staub zusätzlich kondensierbareorganische Verbindungen (COC) enthalten, die bei

hoher Temperatur gasförmig vorliegen und deshalb beieiner heissen Messung den flüchtigen organischen Ver-bindungen (Volatile Organic Compounds, VOC) zuge-ordnet werden. In der Atmosphäre kondensieren sie zuprimären organischen Aerosolen (POA) und tragen

Bild 3: Kohlenstoffkreislauf und Freisetzung von Schadstoffen bei der Holzver-brennung unter Bildung von PM10.POA = Primäre organische Aerosole aus EC (Elemental Carbon, Russ) und OC (Orga-nic Carbon, Teer, organisches Kondensat, auch als COC bezeichnet). SOA = Sekun-däre organische Aerosole, die aus VOC (Volatile Organic Compounds) mit Sonnen-licht fotochemisch gebildet werden. PIA = Primäre anorganische Aerosole (i stehtfür inorganic). SIA = Sekundäre anorganische Aerosole, z. B. Nitrat und Sulfat.

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wie in Bild 3 beschrieben zu PM10 bei. POA im Fein-staub umfasst damit Verbindungen, die auch durchAbkühlung des Abgases in Waschflaschen anfallen undals «Teer» oder an dieser Stelle als COC bezeichnetwerden. Wie Untersuchungen zur biologischen Wir-kung zeigen, sind diese Verbindungen besonders ge-sundheitsschädlich und um rund eine Grössenordnungstärker toxisch und karzinogen als Russ [7]. Als Basisfür eine aussagekräftige Beurteilung der Emissionenmüssen deshalb nebst dem als Staub bezeichneten Fest-stoff auch VOC als Vorläufer von POA berücksichtigtwerden. VOC wiederum bestehen aus in der Atmo-sphäre gasförmig verbleibendem Methan sowie denteils kondensierbaren und teils gasförmig verbleiben-den Nicht-Methan-VOC (NMVOC).NMVOC können durch Einwirkung von Sonnenlichtin der Atmosphäre reagieren und zu sekundären orga-nischen Aerosolen (SOA) führen, die zusätzlich zumFeinstaub beitragen [8], [9]. Wie Untersuchungen anzahlreichen Orten der Erde zeigen, wird der gesund-heitlich besonders relevante organische Anteil im Fein-staub von SOA dominiert [10]. Aus diesem Grundkommt den NMVOC, die zu POA und SOA beitragen,besonders grosse Bedeutung zu.In aktuellen Untersuchungen an Holzfeuerungen wer-den deshalb Methan und NMVOC separat erfasst undderen Anteil an VOC ausgewiesen [11]. Mit Messungvon Methan und NMVOC im heissen Abgas, Bestim-mung von COC durch Kühlung des Abgases in Wasch-flaschen und Bestimmung der Kohlenstoffanteile imFeststoff kann die Emission und Konversion des Koh-lenstoffs gemäss den in Bild 4 eingeführten Konver-sionsfaktoren α, γ, und ε charakterisiert und quanti-

fiziert werden. Bei der Bildung von SOA ist zu beach-ten, dass die Masse durch Einbindung zusätzlicherElemente aus der Luft im Fall von Holzrauch mehr alsverdoppelt werden kann [12], was in Bild 4 durch denFaktor δ beschrieben wird.

4. EmissionsfaktorenUntersuchungen in der Umgebungsluft zeigen, dass einerheblicher Anteil des Kohlenstoffs im Feinstaub ausbiogenen Quellen stammt. So wurde etwa im Winter ineinem Alpental in Autobahnnähe drei- bis viermalmehr Feinstaub aus Holzfeuerungen als aus dem Ver-kehr nachgewiesen [13]. Es wird deshalb vermutet,dass der Beitrag der Holzverbrennung zum Feinstaubin der Umgebungsluft unterschätzt wird, wozu folgen-de Gründe beitragen können:1. Der Einfluss der Betriebsweise auf die Schadstoff-

emissionen.2. Der Beitrag der kondensierbaren organischen Ver-

bindungen (COC) zum primären Feinstaub in Formvon POA, der bei der Staubbestimmung nach LRVnicht erfasst wird.

3. Der Beitrag der Holzfeuerungen zu SOA, der durchdie Staubmessung ebenfalls nicht erfasst wird.

Diese Faktoren sind in erster Linie für handbeschickteFeuerungen entscheidend. Gut betriebene automati-sche Holzfeuerungen tragen dagegen kaum zu POAund SOA bei. Um diese Aspekte bei der Beurteilungder Holzfeuerungen zu berücksichtigen, wurden dieEmissionsfaktoren für das Bundesamt für Umweltkürzlich aktualisiert [11]. Da die Verschärfung der LRVin Zukunft zu einer deutlichen Absenkung der Emissi-onen führen wird, wurde nebst einer Abschätzung derheutigen Situation auch eine Schätzung für die im Jahr2035 zu erwartenden Emissionsfaktoren vorgenom-men. Die Werte für das Jahr 2008 sind in Tabelle 1dargestellt. Gegenüber dem bisherigen Arbeitsblattsind die Stickoxidemissionen nivelliert und teilweisenach unten korrigiert, da sie hauptsächlich vom Stick-stoffgehalt im Holz beeinflusst und bisher teilweiseüberschätzt werden. Demgegenüber sind die Staub-emissionen bei einzelnen Kategorien erhöht, um die inder Praxis schlecht betriebenen Holzfeuerungen zu be-rücksichtigen. Im Weiteren sind die Anteile an Methanund NMVOC aufgrund von aktuellen Messungen an-gepasst. So wurde bisher von einem Anteil Methan anVOC von 75 Prozent ausgegangen [14]. In eigenenMessungen wurde dagegen ein Anteil von 30 bis 40Prozent gefunden, während die gesundheitsrelevantenNMVOC den Hauptteil ausmachen. Da NMVOC zuPOA und SOA beitragen, kann mit der Erhöhung desAnteils NMVOC auch ein erhöhter Beitrag der Holz-feuerungen am Feinstaub erklärt werden. Ausserdemist aufgrund der unterschiedlichen Umweltwirkungender verschiedenen Verbindungen abzuleiten, dass dieUmweltrelevanz nicht anhand einer einzelnen Mess-grösse wie etwa dem Staub oder den VOC beurteiltwerden kann, sondern dass dazu mindestens zweiMessgrössen erforderlich sind. Immerhin kann zumBeispiel die Bestimmung von Staub und VOC bereitseine wertvolle Basis zur Beurteilung liefern. So werdendurch einen Staubgrenzwert Russ und Salze – wenn

Bild 4: Konversion der organischen Verbindungen von der Verbrennung überden Kamin bis in die Atmosphäre, wo durch Verdünnung sowie durch fotochemischeReaktionen von VOC zu SOA eine Aufteilung in Gase und Feinstaub (PM10) erfolgt.In der Grafik werden die Fraktionierungs-Faktoren α, ε und γ eingeführt, die durchAnalysen bestimmt wurden [ 11]. Bei der Bildung von SOA nimmt die Massedurch Aufnahme weiterer Elemente um einen Faktor δ zu, für den in [12] für Holz-rauch ein Wert von 2,2 bis 2,6 gefunden wurde.Black carbon = schwarz, brown carbon = braun, Gas = blau.

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auch nur in Summe – limitiert, während ein VOC-Grenzwert das gesundheitlich relevante Potenzial amBeitrag zu POA, SOA und verbleibenden VOC be-schränkt. Gemeinsam werden so die wichtigsten Um-weltauswirkungen der Holzfeuerungen indikativ er-fasst, obwohl die realen Wirkungen von zahlreichenweiteren Eigenschaften wie der chemischen Strukturund der Partikelgrösse abhängig sind.

5. Klimawirkungen der AerosoleObwohl im Zusammenhang mit der Klimaverände-rung in erster Linie von Treibhausgasen gesprochenwird, kommt auch den Aerosolen eine wichtige Rollezu. Im Vergleich zu langlebigen Klimagasen wie Koh-lendioxid, Methan, Lachgas, halogenorganischen Ver-bindungen und Ozon ist die Verweilzeit und somitauch die Wirkungsdauer der Aerosole in der Atmo-sphäre deutlich kürzer. Allerdings weisen Aerosole proMasseinheit, also zum Beispiel pro Kohlenstoffatom,teils vielfach höhere Wirkungen auf. Weil schwarzerKohlenstoff (Black Carbon, BC, vereinfachend mitRuss gleichgesetzt) das Sonnenlicht absorbiert und da-durch die Erde erwärmt, ist BC vielfach stärker klima-wirksam als CO2 und auch als Methan. Bei einer Be-trachtungsdauer von 100 Jahren weist das IPCC fürMethan das 25-fache globale Erwärmungspotenzial(Global Warming Potential, GWP100) von CO2 aus,für BC jedoch das 460-fache [5]. Das GWP20 beträgtfür Methan das 72-fache, für BC jedoch das 1600-fachevon CO2. Neuere Untersuchungen weisen ausserdemdarauf hin, dass die Wirkung von BC damit sogar nochunterschätzt wird [6].Wegen der ausgeprägten Klimawirkung von Methanund Russ muss berücksichtigt werden, dass die beieiner nachhaltigen Waldbewirtschaftung postulierteCO2-Neutralität der Holzenergie durch hohe Emissio-nen an Methan und Russ kompensiert oder gar über-kompensiert werden kann. So wurde für schlecht be-triebene Feuerungen allein aufgrund der Methanemis-sionen eine höhere Klimaerwärmung als für eine Öl-heizung nachgewiesen [15]. Für Russ kommt hinzu,dass dessen Ablagerung auf Eis und Schnee das Ab-schmelzen der Gletscher beschleunigt.Aerosole weisen allerdings nicht nur erwärmende, son-dern auch kühlende Effekte auf. Diese sind einerseitseine Folge der Lichtstreuung durch weisse Partikel wieSulfate und auch durch organischen braunen Kohlen-stoff (Brown carbon, Cbrown). Wenn Biomasse globalfür rund zwei Drittel des BC wie nach [16] abgeschätztverantwortlich ist, jedoch gleichzeitig beinahe sämtli-chen braunen Kohlenstoff verursacht, so kompensierensich diese Effekte nach den vom IPCC ausgewiesenenWirkungen annähernd. Der grösste Beitrag der Aero-sole ist allerdings eine Folge der durch sie verursachtenWolkenbildung. Da Aerosole als Kondensationskeimewirken, werden mehr Wolken gebildet, die ausserdemaufgrund der kleineren Tröpfchengrösse länger leben,was als Cloud albedo effect und Cloud lifetime effectbezeichnet wird. Für den Beitrag der Biomasse ist dabeirelevant, dass nicht nur Sulfate als Keime wirken, son-dern dieser Effekt auch für kohlenstoffhaltige Partikelnachgewiesen werden kann [17].

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6. FazitHolzfeuerungen verursachen Schadstoffe mit ganz un-terschiedlichen Wirkungen auf Gesundheit und Klima,die in zwei zum Feinstaub beitragenden Gruppen un-terteilt werden können. Dies sind einerseits primäreAerosole in Form von Salzen, Russ und kondensierba-ren organischen Verbindungen (COC), andererseits se-kundäre Aerosole, nebst Nitraten und Sulfaten insbe-sondere sekundäre organische Aerosole (SOA), diedurch fotochemische Reaktion aus flüchtigen organi-schen Verbindungen (VOC) in der Atmosphäre gebil-det werden. Wegen ihres stark gesundheitschädigenden

Potenzials haben Massnahmen für folgende Schadstof-fe Priorität:1. Reduktion der direkt gesundheitsrelevanten COC,2. Reduktion von VOC, die – mit Ausnahme des etwa

einen Drittel ausmachenden Methans – als Vorläuferfür schädliche SOA wirken und bei Bestimmung imheissen Gas zudem die COC enthalten, sowie

3. Reduktion von Russ wegen gesundheitlicher undklimatischer Effekte.

Da organische Verbindungen und Russ durch vollstän-dige Verbrennung vermieden werden, ergibt sich zwarkein Zielkonflikt, es sind aber dennoch zwei Faktorenzu beachten: 1. Die Bedingungen zur Bildung von COC und Russ

sind unterschiedlich, weshalb durch Massnahmenzur Reduktion der einen Schadstoffgruppe nichtzwingend auch die zweite vermieden wird.

2. Zur Unterscheidung der Schadstoffgruppen und de-ren Umweltrelevanz sind mindestens zwei Messgrös-sen erforderlich. In Frage kommt die Messung vonVOC zur Begrenzung von COC, SOA und verblei-benden VOC zusammen mit einer Staubmessung zurBegrenzung von Russ und Salz.

Russ wirkt direkt erwärmend und beschleunigt durchAblagerung auf Eis und Schnee das Abschmelzen derGletscher und ist deshalb auch aus Klimagründen zuvermeiden. Daneben weisen Aerosole kühlende Effekteauf, da sie als Keime zur Wolkenbildung wirken und im

Die Hochschule Luzern – Technik & Architektur –bietet eine Vertiefung über Erneuerbare Energienund Verfahrenstechnik an, in der unter anderemThemen zur Schadstoffbildung und Abgasreinigungbehandelt und in einer Vorlesung über Bioenergieangewendet werden. Studierende haben die Mög-lichkeit, Studienarbeiten auf Bachelor-Stufe im For-schungslabor Bioenergie durchzuführen. Zur Ver-tiefung wird ausserdem die Ausbildung zum Masterof Science in Engineering (MSE) im FachgebietEnergy and Environment angeboten.

Weitere Informationen: www.hslu.ch

Aus- und Weiterbildung in Energieund Umwelt

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Fall von weissen und braunen Partikeln Licht streuen.Eine Bewertung der Emissionsfaktoren zeigt, dass dieStickoxidemissionen im Vergleich zu bisherigen Zahlennivelliert und tendenziell tiefer eingeschätzt werden,während bei Kohlenmonoxid nur geringe Anpassun-gen erfolgen. Dagegen werden die Staubemissionenhandbeschickter Feuerungen teilweise höher einge-schätzt, um den Betriebseinfluss zu berücksichtigen.Entscheidend ist ausserdem, dass der Anteil Methan anVOC gegenüber bisher 75 Prozent auf 30 bis 40 Pro-zent reduziert und im Gegenzug der Anteil gesund-heitsrelevanter NMVOC erhöht wird. Dadurch steigenauch die Mengen an primären organischen Aerosolen(POA) und an SOA der handbeschickten Feuerungen.Da der Anteil von POA und SOA denjenigen der direk-ten Staubemission übersteigt, ist den NMVOC ver-mehrt Beachtung zu schenken. Im Gegenzug kann auf-grund der Verschärfung der Luftreinhalte-Vorschriftenfür die Zukunft von deutlichen Reduktionen der Emis-sionsfaktoren ausgegangen werden.

Literatur[1] Luftreinhalte-Verordnung, Stand 15. Juli 2010,

Schweizerischer Bundesrat, Bern 2010[2] Nussbaumer, T., Energie aus Biomasse, Springer,

Berlin 2001, 374–389[3] Nussbaumer, T., 10. Holzenergie-Symposium,

Verenum Zürich 2008, 129–156[4] Lauber, A., Nussbaumer, T., 11. Holzenergie-Symposium,

Verenum Zürich 2010, 113–130[5] IPCC, Fourth Assessment Report (AR4),

Cambridge University Press, 2007[6] Bond, T., Hearing on Black Carbon,

US House of Representatives, October 18, 2007[7] Nussbaumer, T., Holz-Zentralblatt,

131. Jg., Nr. 70 (2005), 932–933[8] Robinson, A. et al., Science, Vol. 315, 2007, 1259–1262[9] Baltensperger, U. et al., 11. Holzenergie-Symposium,

Verenum Zürich 2010, 59–66 [10] Jimenez J. et al., Science, Vol. 326, 2009, 1525–1529[11] Nussbaumer, T., 11. Holzenergie-Symposium,

Verenum Zürich 2010, 67–90[12] Turpin, B., Lim, J., Aerosol Science and Technology 35,

2001, 602–610[13] Paul Scherrer Institut, Medienmitteilung,

Villigen-PSI, 20. Januar 2006[14] Arbeitsblatt Emissionsfaktoren Feuerungen,

Bundesamt für Umwelt, Bern 2005[15] Johansson, L., et al., Atmospheric Environment, Vol 38,

Issue 25, 2004, 4183–4195[16] Bond, T.: Black carbon: Emission sources and prioritization,

2009 International Workshop on Black Carbon, 5–6 Jan 2009.London, UK

[17] Leaitch, W. et al., Atmos. Chem. Phys. Discuss., 10,2131-2168, 2010

VerdankungDer Beitrag basiert auf Arbeiten, die vom Bundesamtfür Umwelt (BAFU), vom Bundesamt für Energie(BFE) und von der Internationalen Energie Agentur(IEA) unterstützt wurden. ■

Nr. Kategorie NO2 CO VOC CH4 NMVOC Staub[mg/MJ] [mg/MJ] [mg/MJ] [mg/MJ] [mg/MJ] [mg/MJ]

1 Offene Cheminées 80 3000 600 240 360 100

2, 3, 4a,5

Raumheizerfeste Brennstoffe

80 3000 600 240 360 100

4b RaumheizerHolzpellets

60 300 50 20 30 60

6, 7 Einzelherde 70 5000 800 320 480 200

8,9 Stückholzkessel 80 1500 50 20 30 50

10 Doppel-/Wechselbrandkessel

70 5000 800 320 480 200

11a AHF < 50 kW 120 600 30 12 18 100

11b Pelletskessel < 50 kW 60 200 15 6 9 50

12a, 14a AHF 50–500 kWausserhalb HVB

120 500 15 6 9 100

12b, 14b Pelletskessel50–500 kW

60 150 15 6 9 50

13, 15 AHF 50–500 kWinnerhalb HVB

220 500 10 4 6 100

16a AHF > 500 kWausserhalb HVB

150 300 10 4 6 100

16b Pelletskessel > 500 kW 70 150 10 4 6 50

17 AHF > 500 kWinnerhalb HVB

220 300 10 4 6 100

18 Holz-WKK-Anlagen 150 300 10 4 6 100

19 Erneuerbare Abfälleohne LRV Ziff. 71

190 300 10 4 6 100

Tabelle 1: Emissionsfaktoren für Holzfeuerungen imJahr 2008 gemäss Kategorien der Holzenergiestatistik.Für den Anteil Methan gilt α = CH4/VOC = 0,40.AHF = Automatische Holzfeuerungen, HVB = Holzverarbeitende Betriebe.

*Prof. Dr. Thomas Nussbaumer ist Inhaber des IngenieurbürosVerenum in Zürich (www.verenum.ch) und Professor für Erneuer-bare Energien an der Hochschule Luzern – Technik & Architekturin Horw ( www.hslu.ch )