Ferienkurs Experimentalphysik 4 · Ferienkurs Experimentalphysik 4 Vorlesung 2 Das Wassersto atom...

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Ferienkurs Experimentalphysik 4 Vorlesung 2 Das Wasserstoffatom und dessen Spektrum Markus Kotulla, Markus Perner, Stephan Huber 30.08.2011

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Ferienkurs Experimentalphysik 4

Vorlesung 2

Das Wasserstoffatom und dessen Spektrum

Markus Kotulla, Markus Perner, Stephan Huber

30.08.2011

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Inhaltsverzeichnis

1 Einfuhrung 1

2 Das Wasserstoffatom 12.1 Schematische Losung der Schrodingergleichung . . . . . . . . . . . . . . . 2

2.1.1 Quantenzahlen und Energieniveaus . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

3 Drehimpulse und magnetische Momente 53.1 Magnetischer Dipol und Bahnmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.2 Das Stern-Gerlach Experiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73.3 Spin und Spinmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73.4 Kopplung von Bahn- und Spinmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83.5 Verhalten der magnetischen Momente im Magnetfeld . . . . . . . . . . . 9

3.5.1 Prazession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93.5.2 Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

4 Relativistische Korrektur, Feinstruktur, Hyperfeinstruktur und Lambshift 114.1 Relativistische Korrekturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124.2 Feinstruktur - Berechnung der Spin-Bahn Aufspaltung . . . . . . . . . . 134.3 Hyperfeinstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154.4 Lamb-Shift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164.5 Termbezeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174.6 Vollstandiges Termschema des Wasserstoffs . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

1 Einfuhrung

In der gestrigen Vorlesung wurden die wichtigsten Zusammenhange der Quantenmecha-nik, darunter die Schrodingergleichung, der quantenmechanische Drehimpuls, der Ope-rator fur das Drehimpulsbetragsquadrat und die Kugelflachenfunktionen, eingefuhrt.Dies werden wir heute benutzen, um die Losung der Schrodingergleichung fur das Was-serstoffatom herzuleiten und anschließend das Spektrum genauer zu untersuchen. DasErgebnis, welches wir dabei erhalten, ist aber nicht vollstandig korrekt und muss etwadurch die Feinstruktur und die Hyperfeinstruktur korrigiert werden.

2 Das Wasserstoffatom

Die Losung der Schrodingergleichung fur das Wasserstoffatom ist von fundamentalerBedeutung fur die Quantenmechanik und deren Uberzeugungskraft. Es ist das einzigeneutrale Atom, fur das eine analytisch geschlossene und somit exakte Losung existiert.

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Bei allen anderen Problemen der Atom- und Molekulphysik ist man dazu gezwungen,auf Naherungen einzugehen.

2.1 Schematische Losung der Schrodingergleichung

Bei der Herleitung der Wellenfunktion Ψ(~r) geht man davon aus, dass sich ein Elektronim Coulombpotential:

V (r) = − e2

4πε0· 1r

(1)

eines ruhenden und deswegen auch ortsfesten Protons befindet. Da dieses radialsym-metrisch ist, liegt es nahe, die Schrodingergleichung in Kugelkoordinaten zu losen, manerhalt also eine Differentialgleichung:

HΨ = − ~2

2m∆Ψ + V (r)Ψ = EΨ (2)

fur die Wellenfunktion Ψ = Ψ(r, ϑ, ϕ). Hierzu muss der Impulsoperator in der Schrodingergleichungp = ~2

2m∆ in spharische Polarkoordinaten transformiert werden, das Ergebnis dazu lautet:

p = − ~2

2m∆ = − ~2

2m

1

r2δ

δr(r2

δ

δr) +

1

2mr2L2 (3)

wo, wie gestern erwahnt, der vollstandige Winkelanteil des Operators durch den qua-drierten Drehimpulsoperator L2 gegeben ist. Die vollstandige Schrodingergleichung furdas Wasserstoffatom in Kugelkoordinaten ergibt sich dann zu:

HΨ = − ~2

2m

1

r2δ

δr(r2

δ

δr)Ψ +

1

2mr2L2Ψ = EΨ (4)

Wir haben also eine Summe, in der der erste Summand ausschließlich von r und derzweite Summand auschließlich von ϑ und ϕ abhangt.Zur Losung dieses Problems wahlt man einen Ansatz, bei dem die Wellenfunktion Ψaufgespalten wird in ein Produkt aus einer radial- und einer winkelabhangigen Funktion.Das heißt, man separiert die Koordinaten durch:

Ψ(r, ϑ, ϕ) = R(r) ·Ylm(ϑ, ϕ) (5)

Der winkelabhangige Faktor Ylm(ϑ, ϕ) steht dabei fur die Kugelflachenfunktionen. Diese

wurden gestern eingefuhrt. Sie sind Eigenfunktionen der beiden Operatoren L2 und Lzmit den Eigenwerten:

L2Ylm(ϑ, ϕ) = ~2l(l + 1)Ylm(ϑ, ϕ), (6)

LzYlm(ϑ, ϕ) = ~mlYlm(ϑ, ϕ) (7)

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Setzt man diesen Separationsansatz in die Schrodingergleichung ein, so reduziert siesich auf ein rein radiales Problem, da der winkelabhangige Teil bereits durch die Kugel-flachenfunktionen gelost wurde:[

− ~2

2m

1

r2δ

δr(r2

δ

δr) + V (r) +

~2l(l + 1)

2mr2

]R(r) = ER(r) (8)

Die Losung dieser Radialgleichung wird hier,

Abbildung 1: Die Wellenfunktionen furdie ersten Quantenzah-len, [1] S. 149

genau wie die Losung des Winkelanteils, nurangegeben. Sie lautet:

Rnl(r) = Nnle−κnrrlL2l+1

n+1 (2κnr) (9)

wobei auf die genaue Bedeutung der einzelnenFaktoren hier nicht weiter eingegangen wird.Fasst man alles zusammen, so ergibt sich furdie Wellenfunktion des Wasserstoffs folgendesErgebnis:

Ψnlm(r, ϑ, ϕ) = eimϕPml (cosϑ)Rnl(r) (10)

Zur Visualisierung dieser Losungen gibt es imInternet zahlreiche Applets zu finden, zum Bei-spiel den Hydrogen Atomic Viewer

2.1.1 Quantenzahlen und Energieniveaus

Die Losung der Schrodingergleichung fur das Wasserstoffatom ist charakterisiert durchdrei ganzzahlige Parameter, die Quantenzahlen n, l und m. Sie konnen, abhangig voneinander, nur bestimmte Werte einnehmen.

Hauptquantenzahl n: n > 0

Drehimpulsquantenzahl l: l ≤ n− 1

Magnetische Quantenzahl m: − l ≤ m ≤ l

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Da die Wahrscheinlichkeitsdichte durch < Ψnlm|Ψnlm > gegeben ist, ist auch die Auf-enthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons von diesen drei Quantenzahlen abhangig. Diesist der Grund, weshalb man die Zustande im Atom durch ihre Quantenzahlen charakte-risiert. Das gleiche gilt fur die Energie des Elektrons, welche durch:

E =< Ψnlm|H|Ψnlm > (11)

gegeben ist. Eine Berechnung dieses Ausdrucks fuhrt zu:

En = −µZ2e4

8ε20h2· 1

n2= −Ry∗Z

2

n2(12)

Dies ist sehr bemerkenswert, da sie vollig identisch mit den Bohrschen Niveaus aus dersemiklassischen Herleitung sind.Zudem sieht man, dass die Energie des Elektrons ausschließlich von der Hauptquanten-zahl n abhangig ist. Somit haben Zustande mit unterschiedlichem l und m, aber mitgleicher Hauptquantenzahl n die gleiche Energie. Diese Zustande nennt man entartet.Der Entartungsgrad k ist durch

k =n−1∑l=0

(2l + 1) = n2 (13)

gegeben, da es zu jedem n insgesamt n-1 verschiedene l-Zustande gibt, welche jeweilsnochmal mit (2l+1) erlaubten m-Zustanden entartet sind.Aus historischen Grunden werden die l-Zustande sehr oft mit Buchstaben klassifiziert:

l Name m Entartungsgrad0 s 0 11 p -1 bis 1 32 d -2 bis 2 53 f -3 bis 3 74 g -4 bis 4 95 h -5 bis 5 11

Das H-Atom ist das am einfachsten berechenbare Atom in der Natur, was dazu fuhrte,dass obige Losung sehr schnell entdeckt und bestatigt wurde. Als man jedoch spaterExperimente mit hoher Auflosung am Spektrum des Wasserstoffs durchfuhrte, bemerkteman, dass die Energiewerte nicht vollstandig korrekt sind und von der hier dargebotenenTheorie abweichen. Um diese Abweichungen erklaren zu konnen, mussen wir auf dasmagnetische Verhalten von Ladungen und Drehimpulsen zuruckgreifen.

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Abbildung 2: Das vollstandige Termschema des Wasserstoffatoms aus derSchrodingertheorie, [1] S. 151

3 Drehimpulse und magnetische Momente

3.1 Magnetischer Dipol und Bahnmoment

In der klassischen Elektrodynamik fuhrt ein Kreisstrom,

Abbildung 3: Ein Kreiss-trom erzeugtein ma-gnetischesMoment, [2]S. 189

also eine Strom I, der eine Flache A umfließt zu einemmagnetischen Dipolmoment.

~µ = I ·A ·~n (14)

Der Vektor ~n steht hier fur die Normale auf die FlacheA.Wenn wir nun das Bohrsche Atommodell betrachten, beidem sich Elektronen auf einer Kreisbahn um den Kernbewegen, so entsteht auch hier ein magnetischer Dipol,welcher im Folgenden berechnet wird.Der Strom, erzeugt durch das kreisende Elektron, ist durch

I =q

t=−eT

(15)

gegeben, wobei T die Periodendauer fur einen Umlauf ist.Das negative Vorzeichen resultiert aus der Ladung des Elektrons. Die Periodendauerkonnen wir durch die Geschwindigkeit des Elektrons und den Umfang der Kreisbahn

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ausdrucken, namlich:

T =2πr

v(16)

Dies fuhrt zu:I = − ev

2πr(17)

Umschreibt man die Geschwindigkeit mit Hilfe der Formel fur den klassischen Drehim-puls:

v =l

mr(18)

so fuhrt dies zu einem Ausdruck fur den Kreisstrom als Funktion des Drehimpulses desElektrons:

I = − e · l2πmr2

(19)

Wie oben erwahnt fuhrt ein Kreisstrom zu einem magnetischen Dipolmoment. Setzen wirunseren Ausdruck fur den Kreisstrom in die Formel fur das magnetische Dipolmomentein, so erhalten wir:

~µ = − e · l2πmr2

A ·~n = − e

2m~l (20)

Wobei wir der Betrag den Flache A mit A = πr2 ersetzt haben.Dies ist aber bisher noch ein rein klassischer Ausdruck. Beim Ubergang zur Quantenme-chanik muss beachtet werden, dass die Richtung des Vektors ~l nicht bestimmt werdenkann. Zudem ist obige Formel, da wir sie aus einem semiklassischen Bild abgeleitethaben, unvollstandig. Der allgemeine Ausdruck fur ein magnetisches Moment ~µx einesElektrons, welches aus einem allgemeinen quantenmechanischen Drehimpuls ~x resultiert,lautet:

~µx = −gxµB~~x (21)

Im Falle des Bahndrehimpulses ist der g-Faktor aber gl = 1.

Als Einheit des magnetischen Moments benutzt man in der Atomphysik meist das Bohr-sche Magneton µB. Es ist dasjenige Dipolmoment, das ein Elektron mit dem Drehimpulsl = ~ erzeugen wurde.

µB =e~2m

= 9, 27 · 10−24 Am2 (22)

Fur den Betrag eines Dipols, gegeben durch das Bahnmoment ~l des Elektrons gilt dannfolglich:

µl = µB√l(l + 1) = − e

2m~√l(l + 1 (23)

Das heißt auch, ein Elektron, welches sich in der s-Schale befindet, hat kein magnetisches

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Moment auf Grund seines Bahndrehimpulses ~l.

3.2 Das Stern-Gerlach Experiment

Befindet sich ein magnetisches Dipolmoment

Abbildung 4: Schematischer Auf-bau des Stern-GerlachExperiments, [2] S. 196

~µ in einem inhomogenen Magnetfeld, so wirktauf ihn eine Kraft. Geht man von einer Inho-mogenitat in z-Richtung aus, so ist diese gege-ben durch:

~F = ~∇(~µ · ~B) = µzdB

dz(24)

Mit Hilfe dieses einfachen Zusammenhangs konn-ten die beiden Physiker Otto Stern und Walt-her Gerlach im Jahre 1921 zum ersten Mal dasmagnetische Moment von Atomen und derenRichtungsquantelung nachweisen.Dabei ließen sie Silberatome durch ein inhomogenes Magnetfeld fliegen. Silber befindetsich in einem s-Zustand, weswegen es keinen Bahndrehimpuls hat. Im Experiment jedochbemerkte man die Aufspaltung des Strahls in zwei unterschiedliche Bundel. Hieraus folgtsofort, dass auf die Silberatome eine Kraft wirkt. Dies konnte man durch den Spin, einezu Beginn postulierte Große, erklaren.

3.3 Spin und Spinmoment

Elektronen, die sich in einer s-Schale befinden, haben die Drehimpulsquantenzahl l = 0und somit auch kein magnetisches Moment, das vom Bahndrehimpuls herruhrt. Zahlrei-che Experimente, zum Beispiel von Stern und Gerlach, haben dies jedoch widerlegt, wasdazu fuhrte, das George Uhlenbeck und Samuel Goudsmit im Jahre 1925 den Elektro-nenspin ~s, den Eigendrehimpuls des Elektrons postulierten. Der Brite Paul Dirac konnteim Jahre 1928 dieses Postulat des Spins durch die Entwicklung einer relativistischenQuantentheorie abschaffen.Oftmals benutzt man zur Veranschaulichung des Spins eine rotierende Kugel als Ana-logon, da dem Elektron bisher aber noch keine raumliche Ausdehnung nachgewiesenwerden konnte, ist dies zwar hilfreich, aber gleichfalls mit Vorsicht anzuwenden. Mathe-matisch verhalt sich der Spin S vollig identisch zum quantenmechanischen Bahndrehim-puls L Alle Herleitungen gelten also gleichwertig fur den Spin.Sein Betrag ist gegeben durch:

|~s| = ~√s(s+ 1) (25)

wobei die Spinquantenzahl s = 12

als zusatzliche Quantenzahl eingefuhrt wurde. Bei derz-Achse als Vorzugsrichtung ergibt sich:

sz = ~ms mit ms = ±1

2(26)

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Zudem existiert auch - der Spin ist ein Drehimpuls - ein magnetischer Dipol ~µs, dasSpin- oder Eigenmoment:

~µs = −gse

2m~s (27)

Der Vorfaktor gs ist dabei der g-Faktor fur den Spin des Elektrons. Dieser hat den Wert

gs = 2, 0023 (28)

und konnte erst mit der Quantenelektrodynamik vollstandig erklart werden.Naturlich ist auch das Eigenmoment in z-Richtung gequantelt. Dabei existieren aberwegen ms = ±1

2nur zwei verschiedene Zustande, ein zum Feld paralleler und ein anti-

paralleler Zustand:µsz = ±ms~ (29)

3.4 Kopplung von Bahn- und Spinmoment

Im allgemeinen Fall ist der atomare Magnetismus eine Uberlagerung von Spin- undBahnmagnetismus. Um dies genauer zu verstehen, betrachten wir erst eine allgemeineForm der Drehimpulsaddition in der Quantenmechanik.Existieren zwei verschiedene Drehimpulse, deren Operatoren J1 und J2 kommutieren,also fur die gilt: [

Ji1, Ji2

]= 0 fur i = x, y, z (30)

und haben diese beiden Operatoren die ublichen Eigenwerte:

< J1

2>= ~2j1(j1 + 1) (31)

< Jz1 >= ~m1 (32)

< J2

2>= ~2j2(j2 + 1) (33)

< Jz2 >= ~m2 (34)

So kann man einen Gesamtdrehimpulsoperator J als Summe der beiden definieren:

J = J1 + J2 (35)

Fur diesen existieren gemeinsame Eigenzustande mit den Eigenwerte:

< J2>= ~2j(j + 1) (36)

< Jz >= ~m (37)

Diese Eigenwerte lassen sich aus j1, m1, j2 und m2 ableiten. Es gilt namlich:

|j1 − j2| ≤ j ≤ j1 + j2 (38)

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Damit existieren fur die Komponente in z-Richtung 2(j + 1) Einstellmoglichkeiten.

m = −j,−j + 1......j − 1, j (39)

Als Beispiel fuhren wir den Gesamtdrehimpuls J (er wird spater gebraucht) hier ein. Erist definiert als die Kopplung zwischen Bahndrehimpuls L und Spin S:

J = L + S (40)

Die Eigenwerte des resultierenden Operators sind in der Tabelle aufgelistet:

l s j mj

0 1/2 1/2 -1/2, 1/21 1/2 1/2 -1/2, 1/2

3/2 -3/2, -1/2, 1/2, 3/22 1/2 1/2 -1/2, 1/2

3/2 -3/2, -1/2, 1/2, 3/25/2 -5/2, -3/2, -1/2, 1/2, 3/2, 5/2

Mit dem soeben eingefuhrten Gesamtdrehimpuls ~j ist auch ein Dipolmoment ~µj verbun-den, welches sich, analog zur Definition, aus den beiden magnetischen Momenten ~µl und~µs zusammensetzt:

~µj = ~µl + ~µs = − e

2m(~l + gs~s) (41)

Bisher waren Bahn- und Spinmoment immer antiparallel zur Richtung des Drehimpulses.Das Bahnmoment ~µl zeigt also in die genau entgegengesetzte Richtung von ~l und dasSpinmoment ~µs in die genau entgegengesetzte Richtung von ~s. Auf Grund des g-Faktorsdes Spinmoments gilt dies aber fur den Gesamtdrehimpuls ~j nicht mehr. Hier sind ~µjund ~j nicht mehr antiparallel.

3.5 Verhalten der magnetischen Momente im Magnetfeld

3.5.1 Prazession

Befindet sich ein magnetischer Dipol in einem Magnetfeld, so wirkt auf ihn ein Drehmo-ment, das bestrebt ist, ihn entlang des Feldes auszurichten.

~D = ~µ× ~B (42)

Ahnlich zu einem Kreisel bewirkt dieses Drehmoment eine Prazession des Dipols umdie Achse des Magnetfeldes. Die Prazessionsfrequenz nennt man Larmorfrequenz, sie istgegeben durch

ωL =

∣∣∣ ~D∣∣∣∣∣∣~l∣∣∣ sinα =µB∣∣∣~l∣∣∣ =

gµB~B = γB (43)

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Der Winkel α steht dabei fur den Winkel zwischen Dipol und Magnetfeld. Der Vorfaktorγ steht fur das gyromagnetische Verhaltnis, es ist definiert durch:

γ =gµB~

(44)

3.5.2 Energie

Zusatzlich hat der Dipol im B-Feld eine potentielle Energie, je nach Ausrichtung zumMagnetfeld. Sie ist gegeben durch:

E = −~µ · ~B (45)

Die Energie ist minimal fur den Fall, dass der Dipol parallel zum außeren Feld ist undmaximal fur den antiparallelen Fall. Fur die drei, uns bisher bekannten Momente ~µl, ~µsund ~µj soll dies fur ein Feld in z-Richtung ~B = B ·~ez naher untersucht werden.

~µl: Fur den Fall des magnetischen Bahnmoments ~µl ist die Energie im Magnetfeldgegeben durch:

E = −~µ · ~B = ml ·µB ·B (46)

das heißt, ein Elektron mit Bahndrehimpuls ~l erfahrt im Magnetfeld 2l + 1 ver-schiedenen Energieniveaus, je nach magnetischer Quantenzahl ml.

~µs: Fur den Fall, dass der Dipol vom Spin des Elektrons herruhrt, erhalt man fur dieEnergie:

E = −~µ · ~B = gs ·ms ·µB ·B (47)

Hier existieren, wegen ms = ±12

nur zwei Niveaus.

~µj: Fur den Fall des magnetischen Moments, welches aus dem Gesamtdrehimpuls re-sultiert, gestaltet sich dies um einiges schwieriger. Am einfachsten kann man essich wieder im Vektormodell veranschaulichen. Stellt man sich vor, dass die beidenmagnetischen Momente ~µl und ~µs, auf Grund der gegenseitig erzeugten Magnet-felder um die Richtung von ~j prazedieren, so muss auch ~µj als Summe von ~µl und~µs um diese Richtung prazedieren. Im zeitlichen Mittel beobachtet man deswegennur die Projektion (~µj)j von ~µj auf den Vektor ~j. Der Betrag der Projektion (µj)jlasst sich mit

(µj)j =~µj ·~j|~j|

=(~µl + ~µs) ·~j|~j|

= − e

2m

(~l ·~j|~j|

+ gs~s ·~j|~j|

)(48)

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berechnen. Fur das Skalarprodukt ~l ·~j konnen wir wegen ~j −~l = ~s schreiben:

~l ·~j =1

2

[~j2 +~l2 − ~s2

]=

~2

2[j(j + 1) + l(l + 1)− s(s+)] (49)

Analog dazu formulieren wird das Skalarprodukt ~s ·~j mit dem Zusammenhang~j − ~s = ~l um:

~s ·~j =1

2

[~j2 +~l2 − ~s2

]=

~2

2[j(j + 1)− l(l + 1) + s(s+ 1)] (50)

Damit folgt fur die Projektion von ~µj auf ~j als die beobachtbare Manifestation des

magnetischen Moments von ~j:

(~µj)j = − e~2m

3j(j + 1) + s(s+ 1)− l(l + 1)

2√j(j + 1)

·~j = gj ·µB~~j (51)

Hier wurde der sogenannte Lande-Faktor gj definiert, er lautet:

gj = 1 +j(j + 1) + s(s+ 1)− l(l + 1)

2j(j + 1)(52)

Der Lande-Faktor beschreibt also die Projektion von ~µj auf ~j. Befindet sich (~µj)jnun in einem Magnetfeld, so ist es leicht, die verschiedenen 2j+1 Energiezustandein Abhangigkeit von j zu erhalten. Analog zu vorher haben wir nun einen neuenVorfaktor, den Lande-Faktor, der diese charakterisiert:

E = mj · gjµBB (53)

Damit sind wir nun in der Lage, nicht nur das Verhalten von Bahn- und Spinmagne-tismus getrennt zu beschreiben, sondern auch den allgemeinen atomaren Magnetismus,begrundet durch die Kopplung von Bahndrehimpuls und Spin. Im Spezialfall geht daswieder uber in den einfachen Magnetismus durch ~µl und ~µs. Davon kann kann man sichleicht durch Einsetzen uberzeugen. Fur den Fall s = 0, liegt ein reiner Bahnmagnetis-mus vor und der Lande-Faktor wird zu gj = 1. Das Gleiche gilt fur den Fall eines reinenSpinmagnetismus mit l = 0, hier wird der Lande-Faktor zur gj = 2.

4 Relativistische Korrektur, Feinstruktur, Hyperfe-

instruktur und Lambshift

Jetzt haben wir das theoretische Rustzeug, um die Abweichungen der Messwerte von derSchrodingertheorie zu erklaren. Dazu ziehen wir vier verschiedenen Korrekturen heran

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welche in der Tabelle gelistet sind. Zudem stehen dort sehr grobe Angaben uber dieGroßenordnungen, mit welcher der entsprechende Effekt auf die Energieterme Einflussnimmt. Diese sind aber alles andere als exakt und sollten nur dazu benutzt werden, dieWichtigkeit richtig einzuordnen.

Effekt Großenordnung [ev]Relativ. Korrektur 10−4

Feinstruktur 10−5

Hyperfeinstruktur 10−6

Lamb-Shift 10−6

4.1 Relativistische Korrekturen

Eine erste Verbesserung, welche in die Energieniveaus eingebaut werden muss, ist dierelativistische Korrektur. Sie resultiert aus der relativistischen Massenzunahme der Elek-tronen im Feld des Kerns. Um dies besser zu verstehen, benutzt man den relativistischenEnergiesatz und entwickelt ihn nach dem Impuls p:

E = c ·√m2c2 + p2 −mc2 + Epot ≈ (

p2

2m+ Epot)−

p4

8m3c2+ ... =

= Enr −p4

8m3c2

(54)

Das heißt, in erster Naherung erhalten wir einen Korrekturterm des Hamiltonoperators,der proportional zur vierten Potenz des Impulses ist. Um die Auswirkungen dieses Kor-rekturterms zu berechnen, mussen wir den Impuls in den Impulsoperator p → −i~∇umwandeln und anschließend den Erwartungswert fur die nicht gestorten Wellenfunk-tionen mit Hilfe der quantenmechanischen Storungstheorie berechnen:

∆E =~4

8m3c2

ˆΨ∗∇4Ψdr (55)

Dies fuhrt zu einer Energiekorrektur, welche lautet:

∆E =EnZ

2α2

n

(3

4n− 1

l + 1/2

)(56)

Dabei ist α die außerst wichtige Sommerfeldsche Feinstrukturkonstante:

α =e2

4πε0~c≈ 1

137(57)

Der Korrekturterm selbst ist am großten fur n = 1 und l = 0 und hat fur diese beidenQuantenzahlen den Wert ∆E = 9 · 10−4eV . Dass die Korrektur fur kleine Quantenzahlen

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am starksten ins Gewicht fallt, wird durch das Bohrschen Atommodell plausibel. Gehtman davon aus, dass die Elektronen umso schneller um den Kern kreisen, je naher sieam Ursprung sind, dann ist fur die Bahn, welche sich am nachsten am Kernort befindet,die Geschwindigkeit am großten. Dies fuhrt wiederum zur großten Massenzunahme undsomit zur starksten Korrektur. Fuhrt man die Energiekorrektur und den ursprunglichenEnergieterm aus der Schrodingertheorie zusammen, so erhalt man:

Enl = −RyZ2

n2

[1− α2Z2

n

(3

4n− 1

l + 1/2

)](58)

Man sieht daraus, dass die Energieverschiebung fur die innerste Schale mit n = 1 amgroßten ist und zudem, dass durch die relativistische Korrektur die L Entartung derZustande aufgehoben wird, da jetzt die Energie auch eine Funktion der Drehimpuls-quantenzahl l ist.

4.2 Feinstruktur - Berechnung der Spin-Bahn Aufspaltung

Eine weitere Verbesserung des Termschemas wird durch die sogenannte Spin-Bahn- oderls-Kopplung erreicht. Dabei beschreibt man die Aufspaltung der Energieniveaus fur denElektronenspin im Magnetfeld, welches durch das Bahnmoment erzeugt wurde. Dasheißt, es handelt sich hier um die Wechselwirkung von ein und dem selben Elektron.Den Effekt, welcher dadurch hervorgerufen wird, nennt man auch Feinstruktur.Die Große der Spin-Bahn Aufspaltung kann man sich semiklassisch sehr anschaulich her-leiten. Im Bohrschen Atommodell kreist das Elektron um den Kern, wobei dieser ruht.Transformiert man nun dieses System in ein rotierendes Koordinatensystem in dem dasElektron ruht, so kreist der Kern um das Elektron, wo er als bewegte Ladung ein Ma-gnetfeld erzeugt. Dieses Magnetfeld kann man mit dem Biot-Savart Gesetz berechnen,es ist eine Funktion des Bahndrehimpulses des Elektrons: Transformiert man nun in dasursprungliche Koordinatensystem zuruck, so erhalt man den Ausdruck:

~B~l =Zeµ0

4πr3m·~l (59)

Fuhrt man eine Rucktransformation durch, so sieht man, das am Ort des Elektronsgleichfalls ein Magnetfeld existiert, welches proportional und parallel zum Bahndrehim-puls des Elektrons ist. In diesem Magnetfeld erfahrt das Elektron eine Energieverschie-bung, abhangig von seinem Spin:

∆E = −~µs · ~B~l = gsµB ·Zeµ0

8π~mr3(~s ·~l) (60)

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Zur Vereinfachung definieren wir eine Konstante, die sogenannte Spin-Bahn-Kopplungskonstante:

a =Ze2µ0~2

8πm2r3(61)

damit konnen wir die Wechselwirkungsenergie schreiben als:

∆E =a

~2(~l ·~s) (62)

Das Skalarprodukt der beiden Drehimpulse konnen wir durch:

~l ·~s =1

2

[~j2 −~l2 − ~s2

]=

~2

2[j(j + 1)− l(l + 1)− s(s+ s)] (63)

umschreiben und man erhalt letztendlich:

∆E =a

2· [j(j + 1)− l(l + 1)− s(s+ 1)] (64)

Mit dieser Aufspaltung verandern sich die entarteten Energieniveaus zu

Enj = En +a

2· [j(h+ 1)− l(l + 1)− s(s+ 1)]] (65)

Das heißt, die Energieniveaus spalten fur ein

Abbildung 7: Asymmetrische Fein-strukturaufspaltungeines p-Niveaus , [1] S.162

gegebenes l in jeweils zwei Niveaus auf, namlichj = l + 1/2 und j = l − 1/2.Betrachten wir die Spin-Bahn Kopplungskon-stante a genauer, so fallt auf, dass diese vomRadius r des Elektrons zum Kern abhangt. Inder Quantenmechanik kann dieser aber nichtgenau angegeben werden. Somit muss ein Mit-telwert a der Konstante berechnet werden. Diesgeht mit:

a =µ0Ze

2~2

8πm2·ˆ

Ψ∗ 1

r3Ψdr (66)

Wenn man diese Rechnung ausfuhren wurde, so erhielte man fur die Energiedifferenzder Feinstrukturaufspaltung das folgende Ergebnis:

∆E ∝ Z4

n3l(l + 1)(67)

Hier kann man sofort sehen, dass die Große der Aufspaltung mit der vierten Potenz sehrstark von der Kernladung abhangt. Also mit großerer Ordnungszahl immer großer wird.Des weiteren erkennt man, dass die tiefsten Niveaus am starksten innerhalb eines Atoms

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aufgespalten sind.Wenn man die bisherigen Ergebnisse kombiniert, also die relativistische Korrektur unddie Feinstrukturaufspaltung auf Grund der ls-Kopplung, dann erhalt man fur die Energieeines Niveaus:

Enj = En

[1 +

Z2α2

n

(1

j + 1/2− 3

4n

)](68)

Die Energieentartung fur l-Zustande ist alsonicht vollstandig aufgehoben, da Zustande mitgleichem j und gleichem n immer noch die glei-che Energie haben.

4.3 Hyperfeinstruktur

Vollig analog zum Elektronenspin haben

Abbildung 8: Aufspaltung zur Hyperfein-struktur, [1] S. 168

auch Atomkerne einen Spin, den man mitdem Operator I aus der Wellenfunktiondes Atomkerns bestimmen kann. Der Be-trag des Spins ist gegeben durch:

< I >= ~√I(I + 1) (69)

und die Komponente in z-Richtung desKernspins hat die (2I+1) Einstellmoglichkeiten:

< Iz >= mI~ mit − I ≤ mI ≤ I (70)

Wie oben gezeigt ist auch mit dem Kernspin ein magnetisches Kernmoment verbunden,es ergibt sich zu:

~µI = gIµK~~I (71)

wobei gI der g-Faktor des Kerns (fur das Proton beispielsweise gI = 5, 58) ist und µKdas Kern-Magneton:

µK =e

2mp

~ =me

mp

µB =µB

1836(72)

Man sieht sofort, dass auf Grund der viel großeren Protonenmasse das magnetische Mo-ment des Kerns gegenuber dem des Elektrons oft vernachlassigt werden kann. Wennman aber die Wechselwirkung des magnetischen Moments des Elektrons mit dem vomKernspin erzeugten Magnetfeld berucksichtigt, so fuhrt dies zur sogenannten Hyperfe-instruktur.

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Diese ergibt sich zu:EIj = − ~µI · ~Bj = −µIBjcos(~I,~j) (73)

Wobei der Cosinus, nach dem gleichen Prinzip wie bei der Feinstruktur, durch die Defi-nition eines Gesamtdrehimpulses ~F = ~I +~j umschrieben werden kann zu:

cos(~I,~j) =~j · ~Ij · I

=1

2

F (F + 1)− j(j + 1)− I(I + 1)√j(j + 1) · I(I + 1)

(74)

Daraus folgt fur die Hyperfeinstruktur eine Aufspaltung von:

∆EHFS =A

2· [F (F + 1)− j(j + 1)− I(I + 1)] (75)

Wobei mit A die Hyperfeinkonstante definiert wurde:

A =gIµKBj√j(j + 1)

(76)

4.4 Lamb-Shift

Als weitere Korrektur fur die Energieterme aus der Schrodingertheorie kommt nochder Lamb-Shift hinzu. Er ist ein Resultat aus der Quantenelektrodynamik. Die QEDbesagt, dass innerhalb eines sehr kurzen Zeitintervalls, gegeben durch die HeisenbergscheEnergieunscharfe:

∆t ≤ ~∆E

=1

ω(77)

ein Photon mit der Frequenz ω emittiert bzw. absorbiert werden kann, ohne dass dabeidie Energieerhaltung verletzt werden wurde. Ein solches Photon nennt man virtuell.In einem sehr anschaulichen Modell kann man sich dies dadurch verdeutlichen, dassElektronen, welche sich auf auf einer Bohrschen Bahn befinden, keine perfekten Kreisedurchlaufen. Vielmehr fuhren sie, wegen der Ruckstoße durch Emission und Absorptionvon virtuellen Photonen, eine Art Zitterbewegung um den Kern aus. Dies fuhrt zu einerkleinen Veranderung δr des Radius der Kreisbahn, was wiederum die Coulombenergie:

E =1

4πε0

e2

r + δr(78)

verandert. Somit fuhrt die Emission und Absorption von virtuellen Photonen zu einerrealen Veranderung der Energieterme. Am starksten ist dieser Effekt fur s-Elektronen,welche sich nahe am Kern befinden und somit kleine Bahnradien haben.

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Abbildung 9: Virtuelle Photonen verursachen eine Zitterbewegung, [1] S. 173

4.5 Termbezeichnung

Ein Atomzustand ist durch die drei Quantenzahlen n,l und m vollstandig charakterisiert.Um ihn zu bezeichnen, hat man die Notation

n2s+1Xj

eingefuhrt. Dabei gibt n die Hauptquantenzahl an. Der Ausdruck 2s+1 im oberen Indexsteht fur die Multiplizitat und gibt die Zahl der fur l 6= 0 auftretenden Feinstruktur-komponenten an. In einem Einelektronensystem ist s = 1/2 und somit 2s + 1 = 2. Derrechte untere Index steht fur den Gesamtdrehimpuls j. Das verbleibende große X stehtstellvertretend fur den Bahndrehimpuls, dabei gilt:

Bahndrehimpuls l Bezeichnung0 s1 p2 d3 f4 g

4.6 Vollstandiges Termschema des Wasserstoffs

Literatur

[1] W. Demtroder. Experimentalphysik 3 - Atome, Molekule und Festkorper. SpringerVerlag, 2000.

[2] H. Wolf H. Haken. Atom- und Quantenphysik. Springer Verlag, 2004.

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Abbildung 10: Vollstandiges Termschema des Wasserstoffs (nicht maßstabsgerecht), [1]S. 172

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