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KLEINER SAAL ELBPHILHARMONIE 14.– 19. JANUAR 2018 RISING STARS FESTIVAL

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KLEINER SAALELBPHILHARMONIE14.– 19. JANUAR 2018

RISINGSTARS

FESTIVAL

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RISING STARS18:30 UHR | VORGESTELLT – DAS KÜNSTLERGESPRÄCH 19:30 UHR | KONZERT

SONNTAG, 14. JANUAR 2018 nominiert von Wiener Konzerthaus und Musikverein Wien

EMMANUEL TJEKNAVORIAN VIOLINE

MONTAG, 15. JANUAR 2018 nominiert von Müpa Budapest

TAMÁS PÁLFALVI TROMPETE

JÁNOS PALOJTAY KLAVIER

DIENSTAG, 16. JANUAR 2018 nominiert von Het Concertgebouw Amsterdam

NORA FISCHER GESANG

MIKE FENTROSS THEORBE

DANIËL KOOL KLAVIER

MITTWOCH, 17. JANUAR 2018 nominiert von Konserthuset Stockholm

ELLEN NISBETH VIOLA

BENGT FORSBERG KLAVIER

DONNERSTAG, 18. JANUAR 2018 nominiert von Philharmonie Luxembourg

CHRISTOPH SIETZEN SCHLAGWERK

THE WAVE QUARTET

FREITAG, 19. JANUAR 2018 nominiert von Cité de la musique – Philharmonie de Paris und Festspielhaus Baden-Baden

QUATUOR VAN KUIJK

Mit Unterstützung von In Kooperation mit

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SONNTAG, 14. JANUAR 2018 18:30 UHR | VORGESTELLT – DAS KÜNSTLERGESPRÄCH19:30 UHR | KONZERT

ZU DEN WERKEN DES HEUTIGEN ABENDS

EMMANUEL TJEKNAVORIAN VIOLINE

Emmanuel Tjeknavorian wurde 1995 in Wien als Sohn einer Pianistin und eines Dirigenten geboren und trat als Siebenjähriger das erste Mal öffentlich mit Orchester auf. Seit 2011 studiert er bei Gerhard Schulz, ehemals Mitglied des Alban Berg Quartetts, an der Universi-tät für Musik und darstellende Kunst in Wien.

Seinen internationalen Durchbruch feierte er 2015, als er beim Jean-Sibelius-Violinwettbewerb den Zweiten Preis sowie die Aus-zeichnung für die beste Interpretation des Sibelius-Violinkonzerts er-hielt. Seither führte seine Karriere ihn bereits zu Orchestern wie dem Radio-Symphonieorchester Wien, dem Finnish Radio Symphony Or-chestra, dem Helsinki Philharmonic Orchestra, der Camerata Salz-burg und dem Münchner Kammerorchester. Dabei spielte er unter Dirigenten wie Adam Fischer, Cornelius Meister und Andrés Oroz-co-Estrada.

Neben seinen Auftritten als »Rising Star« ist Emmanuel Tjekna-vorian aktuell auch »Great Talent« des Wiener Konzerthauses, wo er in unterschiedlichen Kammermusikformationen zu erleben ist. Zu den weiteren Highlights der aktuellen Saison gehören seine Debüts beim Deutschen Symphonie-Orchester Berlin in der Berliner Phil-harmonie, beim Mozarteum-Orchester Salzburg und beim Tonhalle- Orchester Zürich. Dazu kommen Wiedereinladungen der Wiener Sym-phoniker, des hr-Sinfonie orchesters sowie dem Jeunesse-Orchester im Musikverein Wien. Auch beim Rheingau Musikfestival ist er erneut zu Gast. Darüber hinaus debütiert er bei den Festspielen Mecklen-burg-Vorpommern.

Seit September 2017 hat Emmanuel Tjeknavorian eine eigene monatliche Sendung bei Radio Klassik, dem größten Klassiksender in Österreich. Im Dezember war er zudem auf arte in der Sendung »Stars von morgen« mit Rolando Villazón zu sehen.

Emmanuel Tjeknavorian spielt auf einer Violine von Antonio Stra-divari, gebaut in Cremona.

PROGRAMM

Johann Sebastian Bach (1685–1750) Sonate Nr. 1 g-Moll BWV 1001 (1720) Adagio – Fuga: Allegro – Siciliana – Presto

Eugène Ysaÿe (1858–1931) Sonate g-Moll op. 27/1 (1923) Grave: Lento assai – Fugato: Molto moderato –Allegretto poco scherzoso: Amabile –Finale con brio: Allegro fermo

Pause

Sergej Prokofjew (1891–1953) Sonate D-Dur op. 115 (1947) Moderato – Thema und Variationen: Andante dolce – Con brio: Allegro precipitato

George Enescu (1881–1955) aus »Impressions d’enfance« op. 28 (1940) Ménétrier

Christoph Ehrenfellner (*1975)Suite des Alpes op. 36 (2017) Jodler – Double Einzugsmarsch – Double Hochzeitstanz – Double Finale: Zwiefacher Kompositionsauftrag von Musikverein Wien, Wiener Konzerthaus und ECHO

Heinrich Wilhelm Ernst (1814–1865) Variationen über das irische Volkslied »The Last Rose of Summer« (1865)

Ende gegen 21:30 Uhr

Emmanuel Tjeknavorian

BACH: SONATE G-MOLLEmmanuel Tjeknavorian beginnt seinen Solo-abend mit nichts weniger als der »Bibel der Violine«. Denn so wie das Wohltemperierte Klavier für Pianisten und die Cellosuiten für Cellisten, so stellen Johann Sebastian Bachs sechs Sonaten und Partiten für Violine solo das Nonplusultra des Geigenrepertoires dar. Bach stellte sie 1720 während seiner Zeit als Kapellmeister in Köthen zusammen. Die So-nate Nr. 1 entstand vermutlich schon früher, inspiriert wohl von Johann Paul von Westhoff, mit dem Bach in der Weimarer Hofkapelle ge-spielt und der selbst sechs Suiten für Solovio-line komponiert hatte. Ein anderer Anreiz war sicher Bachs eigenes Spiel auf der Violine, das seine Söhne als »rein und durchdringend« beschrieben. Die Sonate folgt der typischen barocken Satzfolge langsam-schnell-lang-sam-schnell, wobei ein besonderer Fokus auf dem zweiten Satz liegt: Hier gelingt es Bach, durch den geschickten Einsatz von Doppel-griffen eine mehrstimmige Fuge zu schreiben

– und das auf der Violine, die doch eigentlich als einstimmiges Melodieinstrument gilt! Anna Baier

YSAŸE: SONATE G-MOLLIm Jahr 1923 hörte der belgische Komponist und Geiger Eugène Ysaÿe – einer der größ-ten Virtuosen seiner Zeit – ein Konzert sei-nes Kollegen Joseph Szigeti mit den Solo-sonaten und -partiten von Bach. Daraufhin kam ihm die Idee, ein zeitgenössisches Pen-dant zu schaffen und damit gleichzeitig sechs berühmte Geiger in ihren Spieltechniken und Persönlichkeiten zu porträtieren. Nur konse-

quent, dass er die erste Sonate ebenfalls in g-Moll schrieb und Szigeti widmete. Sie be-ginnt mit einem Grave voller spieltechnischer Neuerungen wie dem Tremolo dicht am Steg gegen Ende des Satzes. Auch hier steht ein Fugato an zweiter Stelle, das gleichzeitig auf das Poème von Ernest Chausson anspielt, das Ysaÿe selbst oft aufführte. Das temporeiche Finale verweist dann auf den »Ur-Virtuosen« Niccolò Paganini. Birgit Seiller

PROKOFJEW: SONATE D-DUR»Ich denke sie mir unisono von jungen Gei-gern gespielt, vielleicht von Schülern einer unserer Musikschulen.« So beschrieb Sergej Prokofjew seine Vorstellung der Aufführung seiner Violinsonate. Vermutlich kam er auf die Idee, als er 1947 ein Konzert im Moskauer Bolschoi-Theater besuchte, in dem Schüler des dortigen Konservatoriums Bachs Solo-sonaten aufführten. Inhaltlich hat die Musik jedoch nichts mit Bach zu tun, so beruht das Variationenthema des Mittelsatzes auf einer

russischen Melodie, während das Finale an eine Mazurka erinnert. Prokofjew widmete die Sonate dem 30. Jahrestag der Oktober-revolution: »Dank ihres Dur-Charakters und der russischen Themen entspricht sie der Stimmung dieses Feiertags.« Es nützte nichts: 1948 wurde der Komponist von Stalins Kulturkommissaren als »volksfremd« verur-teilt und seine Werke von allen Spielplänen gestrichen. Die Sonate wurde erst nach Pro-kofjews Tod uraufgeführt. Anna Baier

ENESCU: MÉNÉTRIERGeorge Enescu erfasste in seinen Werken den Kern der traditionellen Musik seiner Heimat Rumänien. Auch seine zehnteilige Suite Im-pressions d’enfance (Kindheitseindrücke) ent-hält volksmusikalische Einflüsse, aber auch modern-expressive Gesten. Die Stücke spie-geln das Leben in einem rumänischen Dorf; Ménétrier (Fiedler) beschreibt einen umher-ziehenden Dorfmusikanten oder Zigeuner-fiedler. Birgit Seiller

EHRENFELLNER: SUITE DES ALPES»Schon länger hegte ich die Idee, die lange europäische Tradition von Werken für Solo-violine basierend auf Tanzmusik fortzuschrei-ben, indem ich meinen Bezug zur alpinen Volksmusik hinzugebe. Dank des Auftrags, für den Rising Star Emmanuel Tjeknavorian zu komponieren, konnte ich diese Idee nun umsetzen. Die alpine Volksmusik verfügt über große emotionale Qualitäten und ein char-mantes Idiom, muss sich im Konzertsaal aber Größen wie Bach und Ysaÿe ebenbür-tig erweisen. Die Lösung dafür lag im Blick auf die Vorbilder: Bachs h-Moll-Partita ent-

hält vier Tänze, gefolgt von je einem Double genannten Variationensatz. Auch ich stelle je- weils erst das Original vor – einen Jodler, zwei Märsche und einen Zwiefachen mit wech-selndem Metrum – und abstrahiere es dann im Double mit moderner Klangsprache und Spieltechnik.« Christoph Ehrenfellner

ERNST: THE LAST ROSE OF SUMMERAls einer der größten Geiger des 19. Jahrhun-derts schrieb sich der Österreicher Heinrich Wilhelm Ernst etliche Werke selbst auf den Leib. Sein Ziel: den von ihm vergötterten Star-geiger Niccolò Paganini noch zu übertreffen. Und so handelt es sich bei seinen Stücken auch fast ausnahmslos um virtuose Violin-musik, jedoch mit romantischem Einschlag. Neben einer Variation über Schuberts Erlkö-nig sind heute noch die Sechs mehrstimmigen Etüden bekannt, die er großen Geiger kollegen widmete. Die letzte, eine Variation über das irische Volkslied The Last Rose of Summer, schrieb er für Antonio Bazzini. Simon Chlosta

EMMANUEL TJEKNAVORIAN TOP 5 PLAYLIST

› Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr. 9

› Wolfgang Amadeus Mozart Don Giovanni

› Robert Schumann Fantasie C-Dur op. 17

› Claude Debussy Streichquartett g-Moll op. 10

› Johann Strauß (Sohn) Rosen aus dem Süden

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MONTAG, 15. JANUAR 2018 18:30 UHR | VORGESTELLT – DAS KÜNSTLERGESPRÄCH19:30 UHR | KONZERT

ZU DEN WERKEN DES HEUTIGEN ABENDS

TAMÁS PÁLFALVI TROMPETE

Der 26-jährige Ungar Tamás Pálfalvi ist einer der innovativsten und kreativsten Trompeter der jüngeren Generation. Seine herausragende Technik, Bühnenpräsenz und sein dramaturgisches Geschick brach-ten ihm 2015 den ersten Platz des Fanny-Mendelssohn-Förderprei-ses ein, für den nicht nur die künstlerischen Qualitäten der Musiker bewertet werden, sondern auch Inhalt und Konzept ihres Beitrags. Darüber hinaus wurde er mit dem Solistenpreis bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern ausgezeichnet.

Besondere Höhepunkte der vergangenen Saisons waren Auftritte mit dem Los Angeles Philharmonic in der Hollywood Bowl und mit der Camerata Salzburg beim Rheingau Musik Festival, im KKL Luzern, der Frauenkirche Dresden sowie mit dem Bayerischen Kammer-orchester. Seine 2015 erschienene CD Agitato, auf der er vom Franz Liszt Chamber Orchestra begleitet wird, ist ein weiteres Zeugnis der Vielseitigkeit des jungen Virtuosen: Werke von Vivaldi, Telemann und Händel treffen hier auf Zeitgenössisches von Ligeti, Kagel oder Du-brovay. Die Aufnahme wurde von der Presse mit großer Anerkennung bedacht. So wurde sie zur CD des Monats des Bayerischen Rundfunks ernannt und zur CD der Woche des NDR.

Tamás Pálfalvi wurde 1991 in Ungarn geboren, erhielt seinen ersten Trompetenunterricht im Alter von acht Jahren und studierte ab 2005 in Budapest und New York. Neben der klassischen Trompete spielt er auch Flügelhorn und Barocktrompete.

JÁNOS PALOJTAY KLAVIERSeit seinem 17. Lebensjahr ist János Palojtay regelmäßig auf den gro-ßen Konzertbühnen zu Gast. Als Solist und leidenschaftlicher Kam-mermusiker gab er in jüngster Vergangenheit Klavierabende an be-deutenden Orten wie dem Kammermusiksaal der Carnegie Hall in New York, der Salle Cortot in Paris, dem Auditorio Nacional in Mad-rid und dem Herbst Theatre in San Francisco. Als Solist war er bereits bei vielen ungarischen Sinfonieorchestern zu Gast. Sein Spiel erregte zudem die Aufmerksamkeit von Sir András Schiff, der ihn für die Kon-zertreihe »Building Bridges« mit Auftritten in ganz Europa verpflich-tete. Er studierte in Budapest und Stuttgart.

PROGRAMM

Eino Tamberg (1930–2010) Konzert für Trompete und Klavier op. 42 (1972) Dmitri Schostakowitsch (1906–1975) Präludium und Fuge es-Moll op. 87/14 (1951) George Enescu (1881–1955) Légende für Trompete und Klavier (1906) Pause Peter Eötvös (*1944) Sentimental (2017) Kompositionsauftrag von Müpa Budapest und ECHO Béla Bartók (1881–1945) Zwei rumänische Tänze op. 8a (1910) Allegro vivace – Poco allegro Pablo de Sarasate (1844–1908) Zigeunerweisen op. 20 (1878) Moderato – Lento Un poco piu lento Allegro molto vivace László Dubrovay (*1943) Walzer und Scherzo Béla Bartók (1881–1945) Rumänische Volkstänze Sz 68

Ende gegen 21:30 Uhr

Tamás Pálfalvi

János Palojtay

»Wenn die Fahne flattert, ist der Verstand in der Trompete«, lautet ein russisches Sprich-wort, das auf die nicht immer von Vernunft geprägte Vergangenheit dieses Blasinstru-ments als Signalhorn in Kriegszeiten und symbolhaftes Instrument der Mächtigen an-spielt. Und auch wenn sich die heutige Bau-weise mit dem gewickelten Rohr (Gesamt-länge 134 cm) und den drei Ventilen stark von historischen, geraden und ventillosen Vorläu-fern unterscheidet, so ist die Trompete auch heute noch an vorderster Front dabei, wenn es im Orchester um Heroisches geht. Gleich-zeitig weist ihr Repertoire eine extreme Viel-seitigkeit auf, nicht zuletzt durch ihre Rolle im Jazz. Heutzutage sind zwei Modelle verbrei-tet: die deutsche (mit Drehventilen) und die amerikanische Trompete (mit Pumpventilen), wie Tamás Pálfalvi sie spielt.

TAMBERG: KONZERT FÜR TROMPETEDer 2010 verstorbene estnische Komponist Eino Tamberg gilt als Vertreter des Neoklas-

sizismus. In seinem Trompetenkonzert, das zu seinen populärsten Werken zählt, orien-tiert er sich aber eher an barocken Vorbildern. Nachdem die Trompete im ersten Satz ge-wissermaßen zum Aufbruch geblasen hat, beginnt eine unaufhörliche Entwicklung, im Laufe derer sich Trompete und Begleitung die musikalischen Motive nur so zuspielen, und deren motorischer Impuls stetig bis zu den Schlusstakten durchläuft. Nach einem lyrischen zweiten Satz, geprägt von ausla-denden Melodien, ist der Schlusssatz wieder eine virtuose Tour de force, die dem Solisten alles abverlangt.

SCHOSTAKOWITSCH: PRÄLUDIUM UND FUGE ES-MOLLEin Rückgriff auf klassische Vorbilder ist auch dieses Satzpaar von Dmitri Schostakowitsch. Wie Bach in seinem Wohltemperierten Kla-vier schrieb auch der Russe 24 Präludien und Fugen quer durch alle Tonarten. Das es-Moll-Präludium zeichnet sich etwa durch eine dra-matisch aufgeladene Atmosphäre und eine gewisse Sprunghaftigkeit gegenüber der eher ruhig dahinfließenden Fuge aus.

ENESCU: LÉGENDEEin brillantes Beispiel für die große Aus-druckspalette der Trompete ist die Légende des Rumänen George Enescu. Ein Hinweis sind schon die Spielanweisungen: ernst, be-wegt, anmutig, melodisch, zornig, aber auch träumerisch soll das Stück gespielt werden. Enescus facettenreicher Stil selbst reicht von der Spätromantik über den französischen Im-pressionismus bis hin zu rumänischer Volks-musik.

Die zweite Hälfte des heutigen Konzerts stellt eine musikalische Erkundungsreise durch Tamás Pálfalvis Heimatland Ungarn dar. Dazu hat er Musik unterschiedlicher Generationen mitgebracht – und eine virtuose Reverenz an die legendäre Zigeunermusik.

EÖTVÖS: SENTIMENTALMiles Davis und Chet Baker sind die beiden Idole seiner Jugend, die den ungarischen Komponisten Peter Eötvös zu seinem Werk Sentimental inspiriert haben, das er eigens für Tamás Pálfalvi schrieb. Darin spielt er mit den unterschiedlichen, samtig-weichen Klangfarben der Trompeten-Schwestern Flü-gelhorn und Kornett. »Sentimentale Musik braucht weiche Klänge«, so Eötvös’ Credo.

BARTÓK: TÄNZEDie Musik von Eötvös’ berühmtem Lands-mann Béla Bartók ist ohne den besonderen Einfluss der Volksmusik nicht denkbar. Sie war für den Komponisten Inspirationsquelle

und Materialsammlung zugleich. So auch in den Rumänischen Tänzen, die er 1910 schrieb. Der Erste ist eine freie Fantasie, die durch ein wiederkehrendes Thema geprägt wird; im Zweiten wechselt musikalischer Humor mit tiefem Ernst und tänzerische Leichtigkeit mit melancholischen Passagen. Ein weiteres Beispiel für die Verbundenheit Bartóks mit der Volksmusik sind die Rumänischen Volks-tänze, die das Konzert beschließen. Sie ba-sieren auf transsilvanischen Melodien, die ursprünglich auf einer Geige oder Hirtenflöte gespielt wurden. In diesen prägnanten Stücken spiegelt sich die ganze Vielfalt der Volksmu-sik, wie Bartók sie liebte.

SARASATE: ZIGEUNERWEISEN»Seine Geige sang wie eine Drossel; Schwie-rigkeiten schüttelte er mit einer Leichtigkeit, Anmut und Sorglosigkeit ab, die auch sonst seinen Umgang prägte«, schilderte ein Zeit-genosse den Geiger Pablo de Sarasate. Über seine Zigeunerweisen sagte der legendäre Virtuose: »Es ist nicht gut möglich, Art und Weise der Ausführung genau vorzuschreiben. Es soll ganz frei wiedergegeben werden, um dem Charakter einer improvisierten Zigeun-ermusik möglichst nahezukommen.«

DUBROVAY: WALZER UND SCHERZODer ungarische Komponist László Dubrovay sieht sich in der Tradition Bartóks, führt diese jedoch mit modernen Mitteln fort. Er steht für einen zeitgenössischen Stil, der sich an klas-sischen musikalischen Werten orientiert, ohne die Gegenwart zu ignorieren. Früher komponierte er sogar elektronische Werke, hat diese aber zugunsten eines traditionelle-ren Stils aufgegeben. Guido Krawinkel

TAMÁS PÁLFALVI TOP 5 PLAYLIST

› Frank SinatraIt was a very good year

› SupertrampLogical song

› Ludwig van BeethovenKlavierkonzert Nr. 5

› Dmitri SchostakowitschKlavierkonzert Nr. 1

› Macklmore Ryan LewisCan’t hold us

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DIENSTAG, 16. JANUAR 2018 18:30 UHR | VORGESTELLT – DAS KÜNSTLERGESPRÄCH19:30 UHR | KONZERT

ZU DEN WERKEN DES HEUTIGEN ABENDS

NORA FISCHER GESANG

Mit ihrer vielseitigen Stimme hat sich die in Amsterdam lebende Sän-gerin Nora Fischer ein breites Repertoire von der Renaissance bis in die Gegenwart erarbeitet. Ihre Konzerte führten sie bereits in die Walt Disney Concert Hall in Los Angeles, zum Lowlands Pop Festival und zum Oerol Theater Festival. Regelmäßig wirkt sie in zeitgenössi-schen Opern mit und arbeitet mit Klangkörpern wie dem Los Angeles Philharmonic, dem Kronos Quartet und dem Asko|Schönberg Ensem-ble zusammen. Zudem gibt Nora Fischer Solokonzerte und konzipiert Projekte, die unterschiedliche Epochen oder genreübergreifende Pro-gramme umfassen.

Vor allem die Schnittstellen zwischen Neuer Musik und Theater interessieren sie, weshalb sie regelmäßig mit Theaterkompanien zu-sammenarbeitet. Darüber hinaus brachte sie ihr Weg schon mit vie-len namhaften Komponisten zusammen, darunter Steve Reich, Michel van der Aa und Nico Muhly. Ihre Ausbildung erhielt sie in Amsterdam und Kopenhagen. Außerdem hat sie Masterabschlüsse in New Audi-ences und Innovative Practice und erhielt 2009 auch einen Bachelor in Musikwissenschaft und Philosophie.

MIKE FENTROSS THEORBEDer Lautenist und Dirigent Mike Fentross hat sich vor allem als Spe-zialist für Alte Musik einen Namen gemacht. 1988 schloss er sein Lauten studium am Konservatorium von Den Haag ab, wo er heute eine Professur innehat. Als Kammermusiker arbeitete er mit Yo-Yo Ma, Janine Jansen und Philippe Jaroussky. Bisher hat er an mehr als 75 Einspielungen mitgewirkt. Am heutigen Abend spielt er Theorbe, eine Bass-Laute.

DANIËL KOOL KLAVIERDer niederländische Pianist Daniël Kool, geboren 1986, begann im Alter von fünf Jahren mit dem Klavierspiel. 1997 wurde er als Jungta-lent am Konservatorium von Amsterdam aufgenommen; 2003 gab er sein Debüt in der Carnegie Hall New York. Neben seiner Tätigkeit als Solist und Kammermusiker ist er Mitglied mehrerer Ensembles und arbeitet als Psychologe.

PROGRAMM

Francis Poulenc (1899–1963) La courte paille FP 178 (1960) Olivier Messiaen (1908–1992) Poèmes pour Mi / Auswahl (1936) Morris Kliphuis (*1986)A Wine Flows within Me (2017) Kompositionsauftrag von Het Concert- gebouw Amsterdam und ECHO

Pause Biagio Marini (1594–1663) Natività di Christo Claudio Monteverdi (1567–1643) Lamento della ninfa aus »Madrigali guerrieri ed amorosi« (1638) Barbara Strozzi (1619–1664) Lagrime mie (1659) Claudio Monteverdi Vi Ricorda / aus »Orfeo« (1607) Possente spirto / aus »Orfeo« Stefano Landi (1587–1639) Augellin (1620) Claudio Monteverdi Oblivion soaveaus »L’incoronazione di Poppea« (1642) Ende gegen 21:30 Uhr

Nora Fischer

Mike Fentross

Daniël Kool

POULENC: LA COURTE PAILLE Paris am Anfang des 20. Jahrhunderts: Das pulsierende Kulturzentrum ist Anziehungs-punkt unzähliger Künstler und Intellektueller, darunter eine Gruppe französischer Kom-ponisten, die sich »Les Six« nennt und eine eigenständige nationale Musiksprache be-fördern will – als Gegenentwurf zum allge-genwärtigen Wagner-Taumel. Einfachheit und Klarheit hat man sich auf die Fahne ge-schrieben. Und die finden wir auch bei Fran-cis Poulenc, einem der prominentesten Mit-glieder der »Sechs«. Doch gerade weil seine Musik so einfach und direkt scheint, wurde er von Kritikern oft als unseriös abgetan. Ein Urteil, das die Poesie seiner Musik schlicht überhört, denn sie ist keineswegs ohne Tiefe. Ganz besonders schätzte er die Gattung der »Mélodies«, das Pendant zum deutschen Kunstlied: Drei Jahre vor seinem Tod kom-ponierte er den Zyklus La courte paille auf Texte des belgischen Schriftstellers Maurice Carême. Gewidmet sind die Lieder einer be-

freundeten Sängerin, »damit sie sie ihrem sechsjährigen Sohn vorsingt. Diese melan-cholischen und schelmischen Skizzen erhe-ben keinen besonderen Anspruch. Sie soll-ten zärtlich gesungen werden. Das ist der sicherste Weg, um das Herz eines Kindes zu erreichen.«

MESSIAENS POÈMES POUR MI Ausdrucksvoll ist die Musik der Poèmes pour Mi, voller Leidenschaft und Gefühl. Und gleichzeitig tragen die Lieder des Zyklus ei-nen privat-intimen Charakter, denn Olivier Messiaen schrieb sie für seine erste Frau, Claire Delbos. Die trug den Kosenamen »Mi«,

der zugleich die französische Bezeichnung für den Ton E ist. Den Sommer 1936, vier Jahre nach der Hochzeit, verbrachte das Paar erst-mals im neugebauten Haus am Ufer des Lac de Laffrey im Süden von Grenoble mit Blick auf die historische Landschaft von Dauphine. Hier entstanden für die nächsten Dekaden die meisten von Messiaens Kompositionen. Doch das erste Werk, das er hier komponierte, wa-ren die leidenschaftlichen Poèmes – ein Lie-besbrief in neun Liedern auf die Sakramente der Ehe, in dessen selbst verfasstem Text Messiaen sein persönliches Glück mit einer tiefen Religiosität verschmolz, die für so viele seiner Werke charakteristisch ist.

KLIPHUIS: A WINE FLOWS WITHIN MEWenn Nora Fischer eine künstlerische Be-ziehung eingeht, dann nur auf lange Sicht. Und so arbeitet sie schon seit vielen Jah-ren mit dem niederländischen Komponisten Morris Kliphuis zusammen, um gemeinsam neue Wege beim Komponieren für Stimme

zu beschreiten. »Er gibt mir eher eine Idee von etwas, die ich dann für mich umsetze.« Kliphuis hat zwar auch einen klassischen Hintergrund, ist aber eigentlich Jazzmusiker und Hornist mit Hang zur Improvisation. Und genau diese Vielseitigkeit kommt auch Nora Fischer sehr entgegen. »Ich hatte immer schon ein großes Interesse daran, verschie-dene musikalische Welten zusammenzubrin-gen. Ich bin kein Fan des Wortes Crossover, aber ich liebe zum Beispiel Popmusik, in der man Einflüsse von Strawinsky hört. Ich mag auch klassische Musik, die auf Popmusik re-kurriert. Diese Idee finde ich in den Kompo-sitionen von Morris.« Und so darf man schon

auf die neueste Gemeinschaftsarbeit A Wine Flows within Me gespannt sein, die von Mes-siaen und seiner Leidenschaft für die christ-liche Idee von der Wesensverwandlung ins-piriert ist.

SOLOGESÄNGE VON MARINI, MONTEVERDI, LANDI UND STROZZI Es war nicht weniger als eine Zeitenwende: Um 1600 fand in der Musik, am Scheideweg von der Renaissance zum Barock, ein funda-mentaler Wechsel statt, der einen tiefgrei-fenden ästhetischen Wandel in Gang brachte. Dieser ist eng verbunden mit Namen wie Ste-fano Landi und Claudio Monteverdi, die nach-haltig an diesem Umbruch beteiligt waren. Am Anfang dieser Entwicklung stand eine Gruppe von Künstlern und Gelehrten in Flo-renz, die als »Florentiner Camerata« in die Musikgeschichte einging und deren Mitglie-der es zu einiger Berühmtheit brachten. Sie stießen sich vor allem an der vorherrschen-den Vokalpolyphonie – dem mehrstimmi-

gen Gesang – mit ihrem unverständlichen Stimmengeflecht. Der setzte man daher ei-nen einstimmigen Gesang entgegen, der nur von einigen stützenden Akkorden des Gene-ralbasses begleitet wurde und bei dem nun die Emotionen des singenden Menschen im Vordergrund standen. »Prima la parole« lau-tete das Stichwort, der Text regiert die Musik. Von dieser Entwicklung in Florenz hörte auch Claudio Monteverdi, der die neue Komposi-tionsweise durch sein Genie sozusagen ver-edelte. Sein feines Gespür im Ausleuchten von Texten und menschlichen Gefühlen zeigt sich eindrücklich etwa im berühmten Lamento della ninfa, der herzzerreißenden Klage einer von ihrem Liebhaber verlassenen Nymphe. Oder im nicht weniger populären Possente spirto aus seiner Oper L’Orfeo: Es sind Stü-cke voller überwältigender Ausdrucksintensi-tät, ein Taumel der Gefühle, in dem die Musik der Wahrheit des leidenschaftlichen mensch-lichen Ausdrucks verpflichtet ist.

Bjørn Woll

NORA FISCHERTOP 5 PLAYLIST

› Hamlet GonashviliTsintskaro

› BjörkOceania

› Bobby McFerrinThinkin’ about Your Body

› CamilleSous le sable

› Lotte LenyaWeill: Alabama-Song

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MITTWOCH, 17. JANUAR 201818:30 UHR | VORGESTELLT – DAS KÜNSTLERGESPRÄCH19:30 UHR | KONZERT

ZU DEN WERKEN DES HEUTIGEN ABENDS

ELLEN NISBETH VIOLA

Die schwedische Bratschistin Ellen Nisbeth erhielt ihre Ausbildung am Royal College of Music in Stockholm, an der Norwegian Academy of Music sowie am Royal College of Music in London. Seither konzer-tierte sie bereits mit Orchestern wie dem Swedish Radio Symphony Orchestra, den Göteborger Symphonikern, dem Bergen Philharmonic Orchestra und den Brandenburger Symphonikern.

Zur Uraufführung brachte sie unter anderem das für sie von Britta Byström geschriebene Violakonzert sowie die von ihr selbst arrangierte Version von Arne Nordheims Cellokonzert Tenebrae. Ihr Debüt-Album Let Beauty Awake mit Werken von Ralph Vaughan Wil-liams, Benjamin Britten und Rebecca Clarke wurde im Sommer 2017 veröffentlicht. Ellen Nisbeth ist regelmäßig zu Gast bei renommierten Festivals, darunter das Bergen International Festival und das Verbier Festival. Sie musiziert mit Künstlern wie Martin Fröst, Leif Ove Ands-nes, Daniel Hope, Truls Mørk und Alexander Melnikov.

Sie gibt regelmäßig Meisterkurse und ist seit 2015 Dozentin an der Musikfakultät der University of Stavanger. Ellen Nisbeth wurde mit dem Swedish Soloist Prize und Nordic Soloist Prize ausgezeichnet. Sie spielt auf einer Viola von Dom Nicolò Amati aus dem Jahr 1714.

BENGT FORSBERG KLAVIERBengt Forsberg gehört zu den führenden Pianisten Schwedens. Be-kannt wurde er durch sein vielseitiges Repertoire und sein besonde-res Interesse für eher unbekannte Musik. Auch an bekannten Kompo-nisten wie Korngold, Fauré, Sibelius, Franck oder Messiaen entdeckt er mit Freude unbekannte Seiten. Bengt Forsberg begleitet regelmä-ßig den Cellisten Mats Lindström und den Violinisten Nils-Erik Sparf. Mit der renommierten Mezzo-Sopranistin Anne Sofie von Otter ver-bindet ihn seit Langem eine erfolgreiche Zusammenarbeit, die zu vie-len Aufnahmen geführt hat. Außerdem spielt er Orgel und ist Kam-mermusikdirektor der All Saints Church in Stockholm.

PROGRAMM

Percy Grainger (1882–1961) Scandinavian Suite (1902)Swedish Air and Dance Song of the Vermeland Air and Finale on Norwegian Dances ca. 15 Min. Katarina Leyman (*1963)Tales of Lost Times (2017) Kompositionsauftrag von Konserthuset Stockholm und ECHOca. 10 Min. Edvard Grieg (1843–1907) Sonate Nr. 3 c-Moll op. 45 (1887) Allegro molto ed appassionato Allegretto espressivo alla RomanzaAllegro animato ca. 25 Min. Pause Kaija Saariaho (*1952) Vent nocturne für Viola und Elektronik (2006) ca. 15 Min. Johannes Brahms (1833–1897) Sonate f-Moll op. 120/1 (1894) Allegro appassionato Andante un poco adagio Allegretto grazioso Vivace ca. 20 Min.

Ellen Nisbeth

Bengt Forsberg

GRAINGER: SCANDINAVIAN SUITEDass die Schwedin Ellen Nisbeth ihr Kon-zert mit einer Skandinavischen Suite eröffnet, wundert nicht – wohl aber, dass sie von einem gebürtigen Australier komponiert wurde, von Percy Grainger nämlich. Allerdings ver-brachte er die erste Hälfte seiner Karriere in Europa; mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs emigrierte er dann in die USA und lehrte am Music College in Chicago. Zuvor, um die Jahr-hundertwende, war er mit seiner dänischen Freundin Karen Holten durch Nordeuropa ge-tourt und hatte dabei skandinavische Volkslie-der gesammelt, darunter auch die inoffizielle Hymne der schwedischen Provinz Värmland. 1902 stellte er sie in der Suite La Scandinavie für Cello und Klavier zusammen. Nahelie-gend, dass er sich daraufhin mit Edvard Grieg anfreundete – beim norwegischen National-komponisten rannte Grainger mit seinem Projekt natürlich offene Türen ein. Ellen Nis-beth hat die Suite nun für Viola adaptiert. Jil Madlen Henne

LEYMAN: TALES OF LOST TIMESBei Katarina Leyman haben wir es nun mit einer waschechten skandinavischen Kom-ponistin zu tun, geboren 1963 auf Orust, der drittgrößten Insel Schwedens. Gleich beim ersten Treffen mit Ellen Nisbeth konnten die beiden viele Gemeinsamkeiten ausmachen, und auch die Komponistin fühlte sich direkt angesprochen vom warmen und lyrischen Klang der Bratsche, der der menschlichen Stimme besonders nahekommt und so ein Gefühl von Intimität erzeugt. Leyman musste an ihre Kindheit und Wurzeln zurückdenken, wodurch sich auch der Titel Tales of Lost Times (Erzählungen einer vergangenen Zeit) erklärt. So wurden Erinnerungen an felsige Küstenlandschaften und ihren die Fiddle spielenden Vater wach, was in Form von folk-loristischen Elementen in die Musik ein-geflossen ist. Von der formalen Seite aus betrachtet ist das Stück wie eine Spirale auf-gebaut: »Dies lässt sich mit dem Lebens-weg vergleichen, auf dem man manchmal

etwas verliert, um dann zurückzukehren und es leicht verändert wiederzufinden, weil sich mittlerweile die Umstände geändert haben«, so die Komponistin. Simon Chlosta

GRIEG: SONATE C-MOLLEdvard Grieg schaffte es wie kaum ein ande-rer skandinavischer Komponist, die typisch nordischen Klänge, das Licht und die einzig-artige Mischung aus Rauheit und Wehmut in seiner Musik einzufangen. Was uns heute fasziniert, sorgte aber auch für Widerspruch: Der Musikkritiker Eduard Hanslick empfand Griegs zweite Violinsonate als »in Seehunds-fell eingenähten Mendelssohn«. In der heute

gespielten Dritten Sonate – für Bratsche trans - kribiert von Ellen Nisbeth selbst – kommt die norwegische Farbe nicht mehr so stark zur Geltung. So beschreibt der Komponist sie als »die Dritte mit dem weiten Horizont«. Das Werk besteht ungewöhnlicherweise aus drei Allegretto-Sätzen. Der Erste lässt die Sonate stürmisch beginnen; sanfter geht es im Zwei-ten zu. Der letzte Satz vibriert nur so vor Un-ruhe – auffälliges Indiz sind die nervösen Be-wegungen im Klavierpart. Jakob Pfreundt

SAARIAHO: VENT NOCTURNEDie homogene Verbindung von klassischen Instrumenten und elektronischen Klängen ist das Markenzeichen von Kaija Saariaho. So auch in Vent nocturne (nächtlicher Wind): mit Bratsche und Elektronik, mit Tremoli und schnellen Tonwechseln, Beschleunigung und abruptem Innehalten wird hier ein Sturm dar-gestellt, der durch die Finsternis braust. Der Bezug zur Natur und zum Gegensatz von Licht und Dunkelheit taucht in vielen Werken

der finnischen Komponistin auf. »Wir respek-tieren die Natur und sind uns bewusst, dass sie größer ist als wir«, erklärt sie. »Das Erle-ben der Zeit der Dunkelheit im Winter und die Hoffnung, dass die Sonne zurückkehrt, ma-chen mir das besonders deutlich.« Saariaho studierte in Helsinki, Freiburg und am Pari-ser Akustik-Forschungsinstitut IRCAM, wo sie die Möglichkeiten elektronischer Musik kennenlernte. Sophia Werding

BRAHMS: SONATE F-MOLLSeinen 1890 wohl etwas übereilt gefassten Entschluss, ganz mit dem Komponieren auf-zuhören, ließ Brahms ein Jahr später wieder

fallen, als er im Konzert einen Klarinettisten namens Richard Mühlfeld erlebte. »Man kann nicht schöner Klarinette blasen, als der hie-sige Mühlfeld es tut«, schwärmte er. Statt die Feder aus der Hand zu legen, griff Brahms also zu Papier und Tinte und komponierte zwei Sonaten, ein Trio und ein Quintett mit Klarinette. Den Ton der Bratsche schien er aber für ebenso würdig gehalten zu haben, da er die beiden Sonaten auch für das Streich- instrument herausgab. Während die eine sich in heiteren Es-Dur-Bahnen bewegt, beginnt die heute gespielte andere mit einem düs-ter-tragischen Allegro appassionato in Moll, das nur von kurzen Dur-Passagen durch-leuchtet wird. Doch die folgenden drei Sätze entziehen sich der Trauer nach und nach – ein ruhiges Andante wird gefolgt von einem schelmischen, wie ein Ländler anmuten-den Allegretto. Das Finale in Rondo-Form schließlich hat die Melancholie des Anfangs überwunden und erreicht ein geradezu über-schwängliches Ende. Jakob Pfreundt

ELLEN NISBETH TOP 5 PLAYLIST

› Miles DavisFlamenco Sketches

› Jussi BjörlingStenhammar: Sverige

› ElvisLove me tender

› Chet BakerMy funny Valentine

› Erich Wolfgang KorngoldFilmmusik zu »Deception«

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DONNERSTAG, 18. JANUAR 201818:30 UHR | VORGESTELLT – DAS KÜNSTLERGESPRÄCH19:30 UHR | KONZERT

Schlagzeug zu spielen kann Segen und Fluch zugleich sein. Einerseits ist es faszinierend, ein so großes und vielseitiges Instrumenta-rium zu beherrschen, das vom Drumset über wortwörtlich Hunderte von Trommeln, Gongs und Becken bis hin zu klavier-artigen Instru-menten wie Marimba und Vibraphon reicht – und das es dem Spieler ermöglicht, sowohl in der Klassik aktiv zu werden wie in Jazz, Rock oder Pop. Andererseits aber hat der klassische Solo-Schlagzeuger ein Repertoire-Problem: Bach, Beethoven & Co haben nunmal nichts für ihn komponiert. Doch findige Köpfe wie Christoph Sietzen wissen sich zu helfen. Die Musik der Gegenwart spielt dabei eine große Rolle, denn viele moderne Komponis-ten waren und sind von den Möglichkeiten des Schlagwerks (s.o.) äußerst fasziniert und schreiben entsprechende Werke. Und dann bleibt ja immer noch die Option, Stücke frü-herer Epochen zu arrangieren und so für sich spielbar zu machen – oft mit erstaunlichen akustischen Ergebnissen …

SÉJOURNÉ: ATTRACTION»Ich kenne Emmanuel Séjourné, der übrigens selbst Vibraphon spielt, schon seit über zehn Jahren und habe ihn daher gefragt, ob er was für mich schreiben möchte. Ich habe mir ge-wünscht, dass er die zwei Seiten des Instru-ments zum Vorschein bringt: das Schnelle, Eruptive, Überwältigende, also das, was Per-cussion so gut kann; aber auch das ganz Leise. Das hat er wahnsinnig gut umgesetzt. Außerdem gibt es in Attraction indische Ein-flüsse. So hört man vom Tonband etwa eine Tabla-Trommel und eine Sitar, die die Solo-stimme verdoppeln. Das ist klanglich wirklich spannend.« Christoph Sietzen

XENAKIS: REBONDSMusik und Mathematik interessierten den griechischstämmigen, in Rumänien gebo-renen und die meiste Zeit seines Lebens in Frankreich wirkenden Iannis Xenakis schon als Kind. Dass der Diplom-Bauingenieur auch als Architekt arbeitete, hört man seiner Mu-

sik an – auch Rebonds (französisch für »Auf-prall«), dessen beide Sätzen wie von einem Baumeister systematisch durchkonstruiert sind. Er schrieb es zwischen 1987 und 1989 für seinen französischen Kollegen, den Percussi-onisten Sylvio Gualda. Für Christoph Sietzen ist es längst »ein Klassiker«. Maria Braun

PÄRT: VARIATIONENDer musikalische Gesundungswunsch für Arinuschka ist eines der ersten Werke, in de-nen der estnische Komponist Arvo Pärt zu sei-nem einzigartigen, nach meditativ klingeln-den Glöckchen benannten » Tintinnabuli«-Stil fand. Clemens Matuschek

COPELAND: SHERIFF OF LUXEMBOURGFünf Grammys, weit über 60 Millionen ver-kaufte Platten und der Einzug in die Rock and Roll Hall of Fame – als Drummer der Band The Police brachte es Stewart Cope land zu Weltruhm. Daneben schrieb er Soundtracks für Hollywood-Blockbuster wie Wall Street

und sogar ganze Opern. Eigens für Christoph Sietzen komponierte er nun Sheriff of Luxem-bourg. Ob er damit Sietzen selbst meint? Der jedenfalls soll laut Partitur-Vorwort »auf der Bestie reiten« – und das Publikum die Ohr-stöpsel griffbereit haben. Maria Braun

BOUMANS: THE CLOTHEbenfalls aus dem Jahr 2017 ist The Cloth des spanisch-luxemburgischen Komponis-ten Iván Boumans, mit dem Sietzen schon länger befreundet ist. Es beruht auf einem spanischen Volkslied, das die Story eines Ge-schäftes erzählt, das den Preis für ein feines Tuch wegen eines Flecks reduzieren muss.

Seine kurze Melodie ist von äußerst expres-sivem Charakter. »Nicht nur, dass Iván das Thema harmonisch spannend behandelt«, so Sietzen, »in den stilistisch vielfältigen Varia-tionen lotet er unterschiedliche Spieltechni-ken der Marimba höchst fantasiereich an der Grenze des Machbaren aus.« Simon Chlosta

GROBAN: THE WANDERING KINDAls Startenor Andrea Bocelli bei den Gram-mys 1999 nicht an der Probe für sein Duett mit Céline Dion teilnehmen konnte, sprang der junge amerikanische Sänger Josh Groban ein – und feierte seinen Durchbruch. Bis heute hat er mehr als 12 Millionen Platten verkauft. 2010 brachte er das Album Illuminations her-aus, auf dem auch das Klavier-Präludium The Wandering Kind enthalten ist, das Groban an-geblich mit 12 Jahren schrieb. Jonas Pfütze

BACH: KONZERT FÜR ZWEI KLAVIERESeit gut zehn Jahren spielt Christoph Sietzen im Wave Quartet – »deswegen liegt es mir

so am Herzen, dass es bei den Rising-Stars- Konzerten dabei ist«, sagt er selbst. Sein Gründungsdokument ist Bachs Cembalokon-zert BWV 1061a. Die vier Musiker – alle auch Cembalisten – können es an vier Marimbas aufführen, da eine Version ohne Orchester-begleitung existiert und jedes Instrument je eine Hand der originalen Solostimmen über-nehmen kann. Clemens Matuschek

PIAZZOLLA: TANGOSDer Argentinier Astor Piazzolla versuchte es zunächst als klassischer Komponist. Als er der berühmten Professorin Nadia Boulanger seine Werke zeigte, sagte sie: »Das ist alles sehr gut, aber es ist kein Piazzolla darin.« Also spielte er ihr schamhaft einen Tango vor, wie er ihn in Kabaretts und Kneipen mu-sizierte, um Geld zu verdienen. Ihre Reaktion: »Du Dummkopf, das ist der wahre Piazzolla! Die andere Musik kannst du wegwerfen.« Da-ran hielt er sich – und wurde berühmt für sei-nen Tango nuevo. Clemens Matuschek

ZU DEN WERKEN DES HEUTIGEN ABENDS

CHRISTOPH SIETZEN SCHLAGWERK

Christoph Sietzen wurde in Salzburg geboren, ist aber Luxemburger. Seit seinem sechsten Lebensjahr wurde er von Martin Grubinger sen. unterrichtet; bereits im Alter von zwölf Jahren gab er sein Debüt bei den Salzburger Festspielen. Später studierte er Marimba und Schlagwerk an der Anton Bruckner Privatuniversität in Linz, wo er mit Auszeichnung abschloss. Zudem widmete er sich dort auch sei-nem Zweit instrument Kontrabass sowie dem Cembalo, um sich mit der Musik des Barock auseinanderzusetzen.

Christoph Sietzen ist Preisträger des Internationalen Musikwett-bewerbs der ARD (2014). Konzertengagements führten ihn bereits in den Herkulessaal München, das Konzerthaus Berlin und Wien, die Philharmonie Luxembourg und die Suntory Hall Tokyo und zu Orches-tern wie dem Mozarteumorchester Salzburg oder dem WDR Funk-hausorchester Köln. Seit 2014 unterrichtet Christoph Sietzen an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Zudem gibt er Meisterkurse in Europa und Asien.

Seine erste Solo-CD Attraction (benannt nach dem gleichnamigen Werk, das Emmanuel Séjourné für ihn komponierte) erschien 2017 und wurde mit dem Pizzicato Supersonic Award ausgezeichnet. Zu-dem hat er mehrere Einspielungen mit seinem Marimba-Ensemble The Wave Quartet veröffentlicht.

THE WAVE QUARTETSeiner großen Leidenschaft für die Musik des Barock folgend, wollte der Marimba-Spieler Bogdan Bacanu die Klavierkonzerte von Johann Sebastian Bach auch für Marimba spielbar machen. Also suchte er sich mit Christoph Sietzen sowie Emiko Uchiyama und Vladi Petrov, die als Marimba-Duo internationale Wettbewerbe gewonnen haben, drei hochkarätige Kollegen zur Gründung des Wave Quartet. Seine offizielle Geburtsstunde feierte das Ensemble 2008 im Berliner Kon-zerthaus. Das Repertoire von Bach und Zeitgenossen stellt seit-her einen wichtigen Schwerpunkt in der Arbeit des Quartetts dar. Im Sommer 2017 erschien eine Veröffentlichung mit dem L’Orfeo- Barockorchester, die sich erneut Bach widmet.

PROGRAMM

Emmanuel Séjourné (*1961)Attraction / für Marimbaphon, Vibraphon und Tonband (2007) Iannis Xenakis (1922–2001) Rebonds A & B für Schlagwerk solo (1989) Arvo Pärt (*1935 ) Variationen zur Gesundung von Arinuschka (1977) Stewart Copeland (*1952)Sheriff of Luxembourg / für Marimbaphon, Schlagwerk und Tonband (2017) Kompositionsauftrag von Philharmonie Luxembourg und ECHO

Iván Boumans (*1983)The Cloth / Variationen über ein spanisches Volkslied (2017)

Pause Josh Groban (*1981)The Wandering Kind (2010) Johann Sebastian Bach (1685–1750) Konzert für zwei Cembali C-Dur BWV 1061aArrangement: Bogdan Bacanu [Ohne Bezeichnung] – Adagio ovvero Largo – Fuga Astor Piazzolla (1921–1992) La muerte del ángel – Oblivion – Tanguedia – Libertango Arrangements: Emiko Uchiyama & The Wave Quartet

Ende gegen 21:30 UhrChristoph Sietzen

The Wave Quartet

CHRISTOPH SIETZEN TOP 5 PLAYLIST

› K. Jarrett / C. HadenMy Old Flame

› D. Fischer-Dieskau Schubert: Nachtstück

› Sviatoslav Richter Prokofjew: 5. Klavierkonzert

› Cory Henry Heart

› The PoliceEvery Breath You Take

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FREITAG, 19. JANUAR 2018 18:30 UHR | VORGESTELLT – DAS KÜNSTLERGESPRÄCH19:30 UHR | KONZERT

ZU DEN WERKEN DES HEUTIGEN ABENDS

QUATUOR VAN KUIJKNICOLAS VAN KUIJK VIOLINESYLVAIN FAVRE-BULLE VIOLINEEMMANUEL FRANÇOIS VIOLAFRANÇOIS ROBIN VIOLONCELLO

Seit seiner Gründung im Jahr 2012 konzertierte das Quatuor Van Kuijk in so bedeutenden Sälen wie der Wigmore Hall London, dem Audito-rium du Louvre und Salle Gaveau in Paris, der Tonhalle Zürich, dem Musikverein Wien, der Berliner Philharmonie sowie bei den Festi-vals in Cheltenham, Verbier, Lockenhaus und Aix-en-Provence. Im Herbst 2018 wird das Quartett eine Nordamerika-Tournee unterneh-men und beispielsweise in der Frick Collection in New York und der Phillips Collection in Washington D.C. zu hören sein. Die erste CD mit Werken von Mozart wurde im Herbst 2016 veröffentlicht und von der Presse hoch gelobt.

Die ersten Schritte machten die vier Musiker des Quatuor Van Kuijk während des Studiums beim Quatuor Ysaÿe; weitere Impulse erhielten sie von Mitgliedern des Alban Berg, des Artemis und des Hagen Quartetts. Die Formation nimmt regelmäßig an den interna-tionalen Musikakademien teil, so an der McGill International String Quartet Academy in Montreal mit Michael Tree vom Guarneri Quar-tet sowie André Roy und am Weikersheim Chamber Music Course mit dem Vogler Quartett und Heime Müller, früheres Mitglied des Arte-mis Quartetts. Außerdem sind sie zu Gast bei den Akademien in Ver-bier und Aix-en-Provence.

Neben der Ernennung zu »Rising Stars« gehört das Quatuor Van Kuijk in dieser Saison zu den BBC New Generation Artists. Zu seinen weiteren Auszeichnungen gehören der Erste Preis sowie Ehrungen für die beste Beethoven- und die beste Haydn-Interpretation bei der Wigmore Hall International Chamber Music Competition. Bei der Trondheim International Chamber Music Competition wurde es mit dem Ersten Preis und dem Publikumspreis ausgezeichnet. Außer-dem war es Preisträger bei der Aix-en-Provence Festival Academy.

PROGRAMM

Joseph Haydn (1732–1809) Streichquartett Es-Dur Hob. III/38 »Der Scherz« (1781) Allegro moderato, cantabile Scherzo: Allegro Largo sostenuto Finale: Presto ca. 20 Min. Claude Debussy (1862–1918) Streichquartett g-Moll op. 10 (1893) Animé et très décidé Assez vif et bien rythmé Andantino, doucement expressif Très modéré – Très mouvementé et avec passion ca. 25 Min. Pause Édith Canat de Chizy (*1950) En noir et or / Streichquartett Nr. 4 (2017) Kompositionsauftrag von Philharmonie de Paris – Cité de la musique, Festspielhaus Baden-Baden und ECHOca. 10 Min. Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847) Streichquartett e-Moll op. 44/2 (1837) Allegro assai appassionato Scherzo. Allegro di molto Andante Presto agitato ca. 30 Min.

Quatuor Van Kuijk

HAYDN: QUARTETT »DER SCHERZ«In einem Ranking der lustigsten Komponisten aller Zeiten würde Joseph Haydn sicher un-angefochten den ersten Platz belegen. Man denke nur an seine Sinfonie mit dem Pauken-schlag, die auch den letzten Konzertschläfer weckt, oder an die Abschiedssinfonie, in der die Musiker nach und nach die Bühne verlas-sen. Und auch das Streichquartett mit dem Beinamen Der Scherz – nach Worten des Komponisten »auf eine ganz neue, besondere Art gemacht« – dürfte dem Zuhörer einige Schmunzler entlocken. Das beginnt schon beim Kopfsatz und seinem munteren Thema voller hüpfender Töne. Ungewöhnlich ist zu-dem, dass Haydn in der viersätzigen Anlage des Streichquartetts das übliche Menuett zum ersten Mal durch ein Scherzo ersetzte – ein Vorbote der Scherzi von Haydns Schü-ler Beethoven. Der Mittelteil dieses Satzes macht sich außerdem hörbar über den hö-fischen Musiziergestus lustig. Vollends ge-rechtfertigt wird der Beiname dann durch

den letzten Satz, der als harmloses Rondo beginnt, dann ein pathetisches Adagio ein-schiebt und zum Ende hin durch die vielen Pausen … Aber hören Sie selbst. Nur nicht zu früh klatschen! Hanno Steffahn

DEBUSSY: QUARTETT G-MOLLDebussy wird gemeinhin als Begründer des musikalischen Impressionismus bezeichnet – in Anlehnung an den schwebenden, farblich changierenden Stil von Malern wie Claude Monet. In zeitlicher Nachbarschaft zu seinem ersten bedeutenden Orchesterwerk Prélude à l’après-midi d’un faune schrieb der etwa

30-jährige Komponist auch sein erstes und einziges Streichquartett. Hier wie dort ent-faltet sich Debussys ganz eigene, an klangli-cher Finesse und duftigen Harmonien reiche Klangsprache. Darin lassen sich auch diverse Einflüsse anderer Musikkulturen finden, die Debussy auf der Pariser Weltausstellung 1889 kennengelernt hatte, so etwa javanische Ga-melan-Musik und die Pentatonik-Skala, die nur fünf Töne umfasst und aus dem asiati-schen Raum stammt. Formal folgt Debussy zwar noch dem von Haydn überlieferten Form-schema mit vier Sätzen: Kopfsatz in Sonaten-form, Scherzo, langsamer Satz, Finale. Doch gleichzeitig löst er sich von den Vorgaben der Wiener Klassik. So beruht das gesamte Stück auf einem prägnanten Kernthema, das in allen Sätzen wieder auftaucht. Die Struktur wirkt so eher in sich kreisend und zieht den Zuhörer strudelartig in seinen Bann. Bemer-kenswert ist auch der zweite Satz, der an eine spanische Serenade erinnert, gesungen zur gezupften Gitarre. Hanno Steffahn

CANAT DE CHIZY: EN NOIR ET ORÉdith Canat de Chizy studierte zunächst Kunst, Archäologie und Philosophie an der Pariser Sorbonne-Universität, bevor sie sich der Musik zuwandte. Heute ist sie Dozentin für Komposition am Conservatoire à rayon-nement régional de Paris. Der Titel ihres Auf-tragswerkes für das Quatuor Van Kuijk, En noir et or, bezieht sich auf das berühmte Ge-mälde Nocturne in Black and Gold: The Falling Rocket (rechts) des amerikanischen Künst-lers James McNeill Whistler, das erstmals 1877 in London ausgestellt wurde und wegen seiner reduzierten Farbgebung prompt für ei-nen Skandal sorgte. »Ich versuchte möglichst viele verschiedene Spielmethoden einzu-bauen, um so alle Elemente des Bildes sicht-bar zu machen«, erklärt die Komponistin ihr Vorgehen. Statt einfach nur mit dem Bogen auf den Saiten zu streichen, nutzt das Quar-tett alle nur denkbaren Methoden, um jedem einzelnen Farbtupfer einen anderen Klang zu verleihen. Jil Madlen Henne

MENDELSSOHN: QUARTETT E-MOLLFelix Mendelssohn Bartholdy komponierte das e-Moll-Quartett 1837 während seiner Hochzeitsreise und veröffentlichte es unter der Opusnummer 44 im Paket mit zwei weite-ren Werken dieser Gattung, nachdem er zuvor einige Instrumentalwerke abgebrochen hatte, die ihm nicht gut genug erschienen waren. (Dieses Quartett wurde zu seiner Erleichte-rung sehr gut aufgenommen.) Gewidmet ist es nicht seiner Frau Cécile, sondern einem seiner besten Freunde, dem Geiger und Ge-wandhaus-Konzertmeister Ferdinand David, der später auch das berühmte e-Moll-Violin-konzert uraufführen sollte. Vielleicht ist es ja kein Zufall, dass der Beginn des Quartetts in Tonart und Gestus den Tonfall des Konzerts vorwegzunehmen scheint. An zweiter Stelle steht ein Scherzo, das typisch für Mendels-sohn ist und an die Elfen-Musik aus seiner berühmten Sommernachtstraum-Ouvertüre erinnert – so wie der dritte Satz an ein Lied ohne Worte. Sophia Werding

QUATUOR VAN KUIJK TOP 4 PLAYLIST

› Barbara Septembre

› Labi Siffre I got the

› Charles Aznavour La mamma

› Supertramp Dreamer

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WIR DANKEN UNSEREN PARTNERN

IMPRESSUM Herausgeber: HamburgMusik gGmbHGeneralintendanz: Christoph Lieben-SeutterGeschäftsführung: Jack F. KurfessRedaktion: Clemens Matuschek, Simon ChlostaGestaltung: breeder typo – alatur, musialczyk, reitemeyerLektorat: Reinhard HellingDruck: flyer-druck.de

Anzeigenvertretung: Antje Sievert, +49 (0)40 450 698 03, [email protected]

VORGESTELLT – DAS KÜNSTLERGESPRÄCHModeration: Dorothee M. Kalbhenn

WERKEINFÜHRUNGSTEXTEStudenten des Musikwissenschaftlichen Instituts der Universität Hamburg, Dozent: Clemens Matuschek

sowie Simon Chlosta, Guido Krawinkel und Bjørn Woll

BILDNACHWEISDie Fotos der europäischen Konzertsäle sind Eigentum der jeweiligen Häuser.

Emmanuel Tjeknavorian (Julia Wesely); Eugène Ysaÿe (unbezeichnet); Christoph Ehrenfellner (Paladino Media)

Tamás Pálfalvi (Dominik Odenkirchen); János Palojtay (unbezeichnet); Eino Tamberg (Eesti Televisioon); Béla Bartók (unbezeich-nete Fotografie, ca. 1930)

Nora Fischer (Marco Borggreve); Mike Fentross (Nicola Dal Masco); Daniël Kool (Marco Borggreve); Francis Poulenc (unbe-zeichnet); Morris Kliphuis (Sanja Marusic)

Ellen Nisbeth (Nikolaj Lund); Bengt Forsberg (Jan-Olav Wedin); Katarina Leyman (Henrik Sundling); Kaija Saariaho (Priska Ketterer)

Christoph Sietzen (Daniel Delang); The Wave Quartet (Christian Herzberger); Stewart Cope-land (unbezeichnet)

Quatuor Van Kuijk (Nikolaj Lund); Claude Debussy (Fotografie von Nadar, 1908); James McNeill Whistler: Nocturne in black and gold (Detroit Institute of Arts)

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FÖRDERSTIFTUNGENStiftung ElbphilharmonieKlaus-Michael Kühne StiftungKörber-StiftungHans-Otto und Engelke Schümann StiftungHaspa Musik StiftungHubertus Wald StiftungErnst von Siemens MusikstiftungCyril & Jutta A. Palmer StiftungMara & Holger Cassens StiftungHonorarkonsulat der Tschechischen Republik Hamburg

Freundeskreis Elbphilharmonie + Laeiszhalle e.V.

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