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EIN RICHARD LINKLATER FILM

Heft zum Download auch unter www.fastfoodnation-film.de

FILMHEFT – MATERIALIEN FÜR DEN UNTERRICHT

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Impressum

Herausgeber: Kulturfiliale Gillner und Conrad, Vera ConradSchmellerstraße 26, 80337 München

Verantwortlich: Vera Conrad, [email protected] Übungen: Regine Wenger, [email protected] zum Film: Dr. Ulrich Steller, www.textstrategie.deGrafik: MediaD.sign Kintscher, [email protected]: Senator Film Verleih GmbH, www.senator.de

Alle Materialien in diesem Heft dürfen für den Unterricht ausgedruckt und kopiert werden.Die elektronische Fassung (pdf) dieses Heftes steht unter www.fastfoodnation-film.de zum Herunterladen bereit.

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Was FAST FOOD NATION uns in teils anrührenden, teils schonungslosen Bildern vorführt, ist einSkandal. Ein Skandal mit System, denn es geht nicht um Fehler und üble Machenschaften in dieserbestimmten Fabrik, in diesem einen Konzern. Es geht um unsere Verzehr-Gesellschaft als solche, dieimmer schneller immer billiger konsumieren will. FAST FOOD NATION zeigt, welch hohen Preis wirdafür bezahlen.

Ein Problem nur in den USA? Erinnern wir uns an immer wieder frische heimische Schlagzeilen überTierhaltung, Krankheiten und „Gammelfleisch“. Lesen wir nach, was Horst Stern schon vor 30 Jahrenüber Tierzucht und Tierhandel zusammengetragen hat. Ein Stoff, an dem auch alle eingefleischten„Burgerinnen und Burger“ diesseits des Atlantiks zu kauen haben. Der aber durchaus komische Seitenbirgt, wie beispielsweise Ethan Hawke oder Bruce Willis in brillanten Nebenrollen vorführen.

FAST FOOD NATION serviert einen perfekten Einstieg in dieses Thema. Aus unterschiedlichenPerspektiven zeigt der Film, wie komplex die Interessenslagen sind, warum es keine einfachenLösungen gibt. Und warum die Schnellesser gleich welchen Alters ernst machen sollten mit RilkesImperativ: „Du musst dein Leben ändern“.

Im Heft finden Sie Hintergrundinformation und viele praktische Anregungen für eine gewinnbringen-de Auseinandersetzung mit dem Film und dem Thema Fast Food. Wir wünschen Ihnen und IhrenKlassen ein Kinoerlebnis und Diskussionen, die nachwirken!

Ihre KulturfilialeVera Conrad und die Autoren Regine Wenger und Ulrich Steller

Impressum

Herausgeber: Kulturfiliale Gillner und Conrad, Vera ConradSchmellerstraße 26, 80337 München

Verantwortlich: Vera Conrad, [email protected] Übungen: Regine Wenger, [email protected] zum Film: Dr. Ulrich Steller, www.textstrategie.deGrafik: MediaD.sign Kintscher, [email protected]: Senator Film Verleih GmbH, www.senator.de

Alle Materialien in diesem Heft dürfen für den Unterricht ausgedruckt und kopiert werden.Die elektronische Fassung (pdf) dieses Heftes steht unter www.fastfoodnation-film.de zum Herunterladen bereit.

Vorwort3

Die Ästhetik des Kauens: Don Henderson (Greg Kinnear) beißt sich durch zum Stoff, aus dem die Burger sind

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Filminhalt und Problemstellung............................................................................................. Seite 5Spielfilm mit dokumentarischer Schubkraft........................................................................... Seite 6Fächer, Themen, Ansatzpunkte............................................................................................. Seite 8

Praktische Übungen– Den Kinobesuch vorbereiten.............................................................................................. Seite 9– Den Kinobesuch nachbereiten............................................................................................ Seite 22

Zum Lesen, Recherchieren, Weitermachen............................................................................ Seite 25

Daten zum Film

Stab (Auszug)Regie........................................Richard LinklaterDrehbuch.......................................Eric Schlosser

und Richard Linklater, nach dem Sachbuch

Fast Food Nation von Eric Schlosser

Produzenten...........................Malcolm McLaren..................................................Jeremy ThomasKamera...............................................Lee DanielAusstattung.....................................Bruce CurtisSchnitt............................................Sandra AdairOriginalmusik..............Friends of Dean Martinez

Inhaltsverzeichnis 4

Verleih....................................... .....Senator FilmOriginaltitel.............................Fast Food Nation,

Großbritannien/USA, 2006Auszeichnungen.........Nominiert für die Goldene

Palme (Cannes) 2006Kinostart Deutschland....................1. März 2007 FSK.................................beantragt ab 12 JahrenGenre.......................................................DramaLänge.............................................116 Minuten

Darsteller (Auszug)Don Henderson..............................Greg KinnearSylvia..........................Catalina Sandino MorenoRaúl......................................Wilmer ValderramaCoco.................................Ana Claudia TalancónMike........................................Bobby CannavaleJorge........................................Francisco RosalesAmber........................................ Ashley JohnsonBrian...................................................Paul DanoHarry Rydell......................................Bruce WillisRudy Martin.............................Kris KristoffersonPete...............................................Ethan HawkeAlice...............................................Avril LavigneCindy........................................Patricia ArquetteTony................................................Esai MoralesDave................................................Mitch BakerEsteban..................................Juan Carlos SerránGloria........................................Yareli ArizmendiPaco..........................................Lou Taylor PucciRoberto..............................Armando HernándezSteve............................................... Glen PowellBenny.............................................Luis Guzmán

Qual der Wahl? Konzern Mickey's zeigt sich von der schönen Konsumseite

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FAST FOOD NATION basiert auf dem gleichnamigen Sachbuch-Bestseller (2001) von Eric Schlosser,der auch am Drehbuch mitarbeitete. Der Film erzählt die fiktive Geschichte eines modellhaftenSkandals in einer Fast-Food-Kette. Die Probleme, so erfahren wir im Lauf der Geschichte, entstehennicht zufällig, sondern zwangsläufig. Ihre Ursachen sind struktureller Art, sie hängen nicht nur mit –vermeidbarem – schlechtem Management zusammen. Die Dramatik der Ereignisse wurzelt vielmehrin unserer Lebenseinstellung, in unserer Gesellschaft selbst.

Um dies zu zeigen, führt der Film drei Handlungsstränge parallel: (1) Don Henderson, Vice PresidentMarketing der erfolgreichen Fast-Food-Kette Mickey's, ist einem internen Qualitätsproblem auf derSpur. (2) Die Mexikanerin Sylvia gelangt mit einer Gruppe weiterer junger Menschen illegal in dieUSA. In der UMP-Fleischfabrik werden sie als billige Arbeitskräfte ausgenutzt. (3) Amber, eine jungeRestaurant-Angestellte, ist auf der Suche nach sich selbst und ihrer Zukunft. Sie will ihr Leben in dieHand nehmen und nach ihren Überzeugungen einrichten.

Die Handlung von FAST FOOD NATIONspeist sich aus krassen Kontrasten unddrei gegenläufig montierten drama-tischen Linien. Menschen beginnen aufunterschiedliche Art, Gewohntes inFrage zu stellen, werden sich ihrereigenen Situation bewusst – underkennen größere Zusammenhänge. Inallen drei Fällen entsteht grundlegen-der Zweifel.

Einsichten und Appetit-ZüglerZweifel, die erste. Wir tauchen ein indie düstere, aussichtslose Welt arbeits-loser Mexikaner. Ihre einzige Hoffnungist das reiche Nachbarland. EineGruppe junger Menschen lässt sichunter Lebensgefahr in die USA ein-schleusen. Rasch merken sie, dass derDurstmarsch durch die Wüste nicht der einzige Preis ist, den sie für den Eintritt ins vermeintlicheParadies bezahlen. Als Illegale arbeiten sie in Texas unter menschenunwürdigen Bedingungen, lebeneingepfercht in winzigen Appartements, in ständiger Angst aufzufliegen. Im rücksichtslosen Getriebeder Fabrik gerät ihre Gesundheit – und nicht nur ihre – in permanente Gefahr. Schutzlos sind dieBilliglohn-Arbeiterinnen zudem Mobbing und Missbrauch ausgesetzt. Kleine Konsumfreuden hellenihre miserable Lage nur unwesentlich auf. Als Raúl bei einem Arbeitsunfall beide Beine verliert, istSylvia jedes Mittel recht, um das Überleben zu sichern.

Zweifel, die zweite. Wir erleben die Euphorie in der Chefetage des boomenden Fast-Food-KonzernsMickey's. Ein großer Marketing-Coup, der Burger „The Big One“, verheißt phantastischeKonzerngewinne. Doch plötzlich stören Gerüchte über verseuchtes Fleisch die glänzenden Prognosen.Henderson reist zu einer verdächtigen Großproduktionsanlage von Uni-Globe Meat Packaging naheder mexikanischen Grenze. Er arbeitet sich von der strahlenden Oberfläche der Marketing-Sprüchemühsam zum Grund der Wahrheit vor. Im Gespräch mit Viehzüchtern und Händlern stößt er aufFakten, die ihn stutzen lassen. In der UMP-Fabrik begreift er entsetzt, wie gefährlich die hektischeAkkordarbeit ist – für die Qualität des Fleisches ebenso wie für die Gesundheit der Mitarbeiter amFließband. Henderson lernt alle Facetten dieser Industrie kennen, bis hin zur rohen Schlachtung undmaschinellen Zerlegung der Rinder. Während er begreift, dass er nichts ändern kann, plant dieZentrale des Konzerns Mickey's bereits die nächste umsatzsteigernde Kampagne.

Filminhalt und Problemstellung5

Illegale Einwanderer haben einen steinigen Weg vor sich – die Wüste ist erst der Anfang

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Schlacht-Plan und TatenhungerZweifel, die dritte. Amber, die als Angestellte in einer Mickey's-Filiale arbeitet, erfährt von denSchattenseiten der Massentierhaltung. Ihr Onkel, ein sympathischer Alt-Aussteiger, konfrontiert dienoch unschlüssige, auf der Suche befindliche junge Frau mit provokanten Ideen und Fragen. Amberschließt sich einer Gruppe politisch aktiver Studenten an, die gegen die Fleischindustrie kämpfen wol-len. Aus Überzeugung gibt sie ihren Job bei Mickey's auf, obwohl der Filialleiter ihr einenKarrieresprung in Aussicht stellt. Ein Coup der Aktivisten, die eine Rinderherde befreien wollen, schei-tert kläglich. Doch der erste Schritt zur Gegenwehr ist getan.

FAST FOOD NATION endet offen. Es gibt keine simplen Lösungen, kein Happy End ohne HappyMeal. Aber viele Zusammenhänge sind klar geworden. Und es gibt Ansätze, sie zum Besseren zu ver-ändern – womit wir Zuschauer wieder beim richtigen Leben angelangt sind und in unser eigenes Landder unbegrenzten Essmöglichkeiten entlassen werden.

Spielfilm mit dokumentarischer Schubkraft

Autor Eric Schlosser arbeitete am Drehbuch mit, um aus demdokumentarischen Inhalt seines Sachbuchs eine spannungs-geladene, plastische, exemplarische Spielhandlung zumachen. In der fiktiven Geschichte, die Schlosser mit demRegisseur Richard Linklater entwickelt hat, spiegeln sich diewesentlichen Aussagen und Ergebnisse der Sachrecherche.

Mehr noch, die Drehbuchautoren haben sich bewusst fürdie dramatische Form entschieden, um das Sachthema wir-kungsvoll zu gestalten. Das Augenmerk soll daher hierexemplarisch auf die Frage gerichtet sein: Wie kann ein sol-cher Transfer gelingen? Was gilt es filmisch zu beachten?Welche Entscheidungen trifft der Film und warum? WelcheWirkung kann er deshalb auf den Zuschauer ausüben?

Auf einer ersten Ebene geht es im gesamten Film um einenWissenstransfer. Die Dialoge – handlungstragende wie neben-geordnete – thematisieren strukturelle Fragen wie diese: Was führt zur schlechten Qualität desBurgerfleisches? Warum setzen die Mexikaner alles daran, in die Vereinigten Staaten zu gelangen? Waskann, was sollte der Einzelne gegen die Macht der Fast-Food-Konzerne unternehmen? Die Kunstbesteht logischerweise darin, die Spielhandlung nicht durch Reflexion zu überfrachten.

Der verbale Wissenstransfer im Dialog muss also durch weitere Mittel ergänzt werden. FAST FOODNATION entfaltet seine Dramaturgie aus teils gegensätzlichen Perspektiven, Interessen, Abstufungenvon Klarsicht. Wir lernen unterschiedliche Meinungen kennen, erleben Reifungsprozesse einzelnerFiguren mit (Henderson, Amber, Sylvia). Wir lernen ihre Motivation verstehen, und einige bieten unsdie Möglichkeit, uns mit ihnen zu identifizieren.

Eine dritte Ebene macht den Film erst eigentlich zum Spiel-Film: Dramatische Geschehnisse nehmen ihrenLauf und fesseln unsere Aufmerksamkeit. Spannungsmomente – der Marsch durch die Wüste, die Exzessedes Aufsehers Mike, der seine Machtposition schamlos ausnutzt, der Unfall an der Fleischmaschine – trei-ben die Handlung voran. Zugleich lenken sie zu den entscheidenden Fragen des Filmes hin.

Filminhalt und Problemstellung 6

Bequemes, möglichst rasches Essen ist keine Erfindung der Neuzeit.Das Schnellrestaurant hat eine lange Geschichte, die bis in die Antike zurückreicht (Garküchen in Pompeji). Und auf seine Weise völkerverbindend wirkt: Das französische Bistro bezog seinen Namen möglicherweiseaus dem Russischen (bystro = schnell).

Vor Ort dabei: Eric Schlosser, Autor des Sachbuchs und Mitautor des Drehbuchs

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Auf einer weiteren Ebene setzt FAST FOOD NATION für zentrale Aussagen rein filmische, nonverba-le Mittel ein. Allem voran wirkt hier eine Symbolik, die im scheinbar Alltäglichen steckt:Bedeutungsgeladene Gesten (auf etwas spucken: Brian), Verhaltensweisen (Hinunterschlingen alsZeremonie: Harry Rydell) und zahlreiche Ausstattungsdetails halten der Fast-Food-Gesellschaft denSpiegel vor.

Ein Beispiel: Die allgegenwärtigen Cowboyhüte verkörpern den Kern des amerikanischen Traums.Eines Traums, der die Mexikaner in die USA führt, der aber dort schnell an die harten Tatsachen stößt.Dennoch halten sie an ihm fest. Die Symbolik ist besonders raffiniert, denn sie verbildlicht diePerversion des Systems. Die Hüte stehen für das freie, gesunde, ursprüngliche Leben – doch getragenwerden sie von denen, die es ausrotten. Sie sind Teil des Systems, das diese Werte weggewischt hat.

Fabrik als ChiffreDie Fleischfabrik wird zur zentralen Chiffre für Elend und Ausbeutung. Der Film verleiht dieser Anlagemythische Dimensionen; sie ist die „Fleisch“ gewordene übermächtige Maschinerie schlechthin – einGötzenbild, dem man lebende Wesen opfert, um seine Mechanik am Laufen zu halten. RegisseurLinklater knüpft damit an eine Tradition an, die in die Stummfilmzeit zurückreicht: das Kino derbedrohlichen Utopie (vgl. METROPOLIS und Nachfolger, bis hin zu MINORITY REPORT).

FAST FOOD NATION baut diese negative Utopie (ou-topos = Nicht-Ort) schon durch die Optik derRäume auf. Von außen kommen wir mit den neuen Arbeitern bei Nacht und Nebel auf das Gelände.Wir lernen es nie als realen Ort in realer Umgebung kennen. Das Gelände hat kein Ende, keineGrenze, keine definierten Ausmaße. Dadurch erscheint die Fabrik als ein alles beherrschender Moloch.Ihre weiß gekachelten Innenräume sind ein kaltes Niemandsland, in dem die blanke Ausbeutungherrscht. Eine traurige, kafkaeske Welt, in der das Täter-Opfer-Schema dominiert: im Bezug desMenschen zum Tier; im hierarchischen Gefälle zwischen Manager undAngestellten; generell im Druck der herrschenden Verhältnisse, denensich niemand entziehen kann. Die Fabrik ist ein Gefängnis, in demnicht Gitterstäbe, sondern ökonomische Zwänge die Flucht verhin-dern – zu dem die Illegalen sogar hinfliehen.

Regisseur Linklater kontrastiert die ständigen Reinigungsrituale unddie scheinbar klinische Sauberkeit scharf mit der schmutzigen Gewalt,die das Geschehen in Wirklichkeit beherrscht – innerhalb der Fabrikebenso wie im größeren Zusammenhang. Gesichtsmasken nehmen den Arbeiterinnen an denFließbändern der Fleischverwertung jegliche Individualität. Sie werden zu anonymen, austauschbarenKräften, zum kleinen Rädchen im großen Getriebe. Anschaulich vollziehen wir diese Verwandlungnach, wenn wir Sylvia beim Umkleiden zusehen.

Die blitzenden Fleischmesser sind stumme Signale der Gefahr. In einer Szene lodert ein Streit zwischenzwei Arbeiterinnen auf. Nur die übergeordnete Gewalt von Mike kann ihn beenden. Aggressivität undBedrohung sind hier zwei Erscheinungsweisen desselben Problems; der Grund des Konflikts bleibtbestehen. Wie zum Beweis bemerkt Mike zynisch, die beiden mögen den Kampf nach Feierabendfortsetzen – nur nicht während der Schicht.

Das mächtigste Symbol sind die riesigen Stahlmaschinen und Fließbänder, die das Fleisch verarbeiten.Die Gesamtoptik wirkt wie eine kalkulierte Mischung aus Kafkas Strafkolonie, pervertiertemOperationssaal und Leichenhalle. Diese Assoziationen, zusammen mit der unmenschlichenGeräuschkulisse, verbreiten eine Atmosphäre unterschwelliger Angst. Hier wird augenfällig, worin dieIdeologie des Immer-schneller-immer-Billiger mündet: in Schmutz, Gewalt, Gefahr und Ausbeutung –die brutale Kehrseite der bequemen, fröhlichen Konsumspaß-Welt.

Spielfilm mit dokumentarischer Schubkraft7

Der Mensch ist ein fleischfressen-des Raubtier. Er verstand es, seine Reißzähne und Krallen geistig umzufunktionieren in den Beruf des Metzgers.Aus: Horst Stern, Bemerkungen über das Hausschwein

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Fach Unterrichtsrelevante Aspekte

Biologie ! Probleme der Massentierhaltung! Die Funktionsweise der Zunge als Sinnesorgan! Was gehört zur gesunden Ernährung?

Chemie ! Chemische Zusatzstoffe in Nahrungsmitteln

Erdkunde / ! Einwanderungsland USAGemeinschaftskunde / ! Probleme der Hispanics in der US-Gesellschaft generellPolitik ! Probleme der USA mit illegalen Einwanderern aus Mexiko

(Wirtschaftsflüchtlinge) und die jüngsten Entwicklungen (Bürgerwehr, Grenzbefestigungen)

Kunst ! Essen in der bildenden Kunst! Nahrung als Gegenstand der Werbung (Nahrungsmittelwerbung

und andere Werbung)Auseinandersetzung mit dem Medium Film:

! Dokumentarfilm und Spielfilm: Was unterscheidet sie, was verbindet sie?! Gestalterische Mittel und filmsprachliche Aspekte

(Kamera, Farbe, Schnitt/Montage)

Geschichte ! Alltagsgeschichte: Wandel der Essensgewohnheiten seit dem Mittelalter

Ethik, Philosophie ! Mensch und Tierund Religion ! Welche Rechte haben Tiere?

! Darf man Tiere töten?! Grundlegung des Geschmacksbegriffs

Deutsch ! Welche Figuren(gruppen) bestimmen die Handlung? Welche Perspektiven vertreten sie, welche Funktion haben sie im Erzählzusammenhang?

! Welche Figuren erleben eine persönliche Entwicklung? Wodurch wird sie ausgelöst? Welche anderen Entwicklungen wären bei gleicher Ausgangslage denkbar?

Fächer, Themen, Ansatzpunkte 8

Schmeckt’s? Verkaufsschlager „The Big One“

Ober: Aber es schmeckt auch so, gell?Gast I: Jawohl …Ober: Wirklich?Gast I: (schreit) Ja!!!!!! (Alle schrecken auf

und sehen auf Gast I)

Aus: Loriot, „Schmeckt's?“, in: Gesammelte Prosa. Zürich: Diogenes, 2006, S. 62.

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Unsere Zunge gilt als wichtiges Sinnesorgan für die Geschmacksempfindung. Sie ist ein Muskel mitGeschmackspapillen, Geschmacksknospen, Geschmacksnerven, Schleimhaut und Drüsen – ein Organmit komplexen Funktionen auf vergleichsweise geringer Fläche. Doch die Konsistenz von Speisen, ihreAromen nimmt die Zunge nur mit Hilfe von Geruchssinn, Tast- und Zeitgefühl, Temperatur- undSchmerzempfinden wahr. Darüber hinaus ist unsere Zunge zum Bilden von Sprachlauten unverzicht-

bar. Sie bietet aber auch Stoff für ästhetische Diskurse, wenn es umZungenpiercing und -spalten geht; sie ist Ausdruck persönlicherHaltungen.

Tiere haben einen feineren Geschmackssinn als Menschen. Sie kön-nen auch über die Haut anderer Körperteile Geschmacksstoffe auf-nehmen – beispielsweise Fische über den Schwanz oder Insekten mitden Füßen. Schafe und Schweine erkennen den Geschmack vondestilliertem Wasser.

Aristoteles unterschied beim Menschen sieben Qualitäten desGeschmacks – süß, sauer, salzig, bitter, scharf, herb, adstringierend (zusammenziehend). Carl vonLinné zählt elf auf. Heute unterscheidet man üblicherweise vier Grundqualitäten: süß, salzig, sauer,bitter. Dazu kommt als fünfte umami (wohlschmeckend), die Geschmacksrichtung, die auf protein-haltige Nahrung hinweist.

Der Geschmackssinn zeigt mit angeborenem Instinkt, was bekömmlich ist und was nicht gegessenwerden sollte. So leitet die Empfindung süß zu nahrhaften Kohlehydraten, die Empfindung salzig zuNatrium im Kochsalz und reguliert damit beispielsweise den Wasser-Elektrolyt-Haushalt des Körpers.

Wenn wir etwas ablehnen, weil es zu sauer ist, schützen wir uns voraggressiven Säuren (Wasserstoffionen). Auch bitter ist ein chemischesWarnsignal, das beispielsweise giftige Alkaloide anzeigt.

Essens-Test | Selbsttest: Funktion der Geschmacks-knospen auf der Zunge beurteilen; Konzentration aufdie Wirkung des Geschmackssinns bei Essens-Vorlieben und -Abneigungen; Zusammenspiel desGeschmackssinns mit dem Sehen, Tasten, Hören undRiechenEs ist erwiesen, dass auch der Gesichtssinn, der Hörsinnund der Geruchssinn zur Geschmacksempfindung bei-tragen.

Aufgabe: Männliche und weibliche Testpersonen lassensich die Augen verbinden. Man serviert, gleichmäßig auf beide Gruppen verteilt, verschiedeneLebensmittel – zum Teil dieselben Sorten mehrfach. Nahrungsmittel mit natürlichen und künstlichenAromen sind dabei, beispielsweise industriell hergestelltes Apfelmus und selbst geriebener Apfel. DieTestpersonen analysieren die Nahrungsproben nach den fünf Qualitätsmerkmalen süß, sauer, salzig,bitter, umami (wohlschmeckend). Ihre Feststellungen werden notiert und verglichen:

Den Kinobesuch vorbereiten9Praktische Übungen

Die bekannteste Zunge, die in derÖffentlichkeit abgelichtet wurde,gehört wohl Albert Einstein. DasSchwarzweißfoto mit Kultstatusschoss am 14. März 1951 ein Pres-sefotograf, der Einstein bei einerVeranstaltung in Princeton nicht inRuhe ließ. (www.mensch-einstein.de/_/biografie/zeitstrahl_jsp.html)

Lass deine Zunge nicht eine Fahnesein, die im Wind eines jedenGerichtes zu flattern beginnt.Imhotep, ägyptischer Architekt,Priester und Gelehrter, um 2700 v. Chr.

Keine Rücksicht auf Verluste: Schleuser Benny (Luis Guzmán, links) treibt zur Eile an

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• Gibt es Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Geschmacksorientierungen?• Welche Nahrungsmittel werden als besonders wohlschmeckend empfunden?• Welche visuellen Empfindungen stellen sich bei der jeweiligen Nahrung ein?• Lehnt jemand etwas ab, weil man es nicht sehen kann?• Wie reagieren die Testpersonen auf Geräusche (undefinierbar oder erkennbar), die sie beim

Essen hören?• Welche Geruchserinnerungen werden beim Test wach?• Welche Reaktionen zeigen die Testpersonen beim Berühren der Nahrungsmittel?

Geschmacksmemory | Übung zur differenzierten, auf Nuancen konzentrierten Geschmackswahr-nehmungMan füllt je zwei Behälter mit derselben Geschmacksprobe, flüssig oder fest. Mindestens 20 unter-schiedliche Proben stehen zur Verfügung. Zum Probieren liegen Gabeln, Löffel, Strohhalme bereit.

Aufgabe: Diejenigen Proben zusammenstellen, die mit derselben Sache gefüllt sind. Die Proben inihrer Geschmacklichkeit genau und differenziert beschreiben!

„Schöning weiß natürlich auch, was dem König jetzt in der kühlen Morgenstunde Not tut; starker Kaffee, dermit Senfkörnern gekocht und dem nach dem Aufbrühen ein kräftiger Schuss Genever zugesetzt worden ist. Über die Senfkörner zuckt Schöning genau wie der Leibkoch Noel die Achseln … Dagegen ist Schöning von der guten Wirkung des Wachholderbranntweins im Kaffee fest überzeugt. Er selber hat ja dem König diese recht angenehme Medizin empfohlen, als Seine Majestät mit Champagner versetzten Kaffee nicht mehr mochteDer wohlbekannte Duft des doppelt gewürzten Kaffees steigt dem König in die Nase. Sein Gesicht belebt sich …“Aus: Karl Zuchardt, Die Stunde der Wahrheit, Abschied und Ende. Halle (Saale): Mitteldeutscher Verlag, 1965.

Für mein Leben gern | Eigene Vorlieben und Abneigungen erforschen, bewusst machen undmitteilenGeschmackserinnerungen prägen die Vor-lieben eines Menschen lebenslang. Wohl-schmeckendes wie auch Ekelerregendesgraben sich tief ins Langzeitgedächtnis ein.Geschmacksempfindungen können „Déjà-vu / Déjà-vécu“-Erlebnisse auslösen, wiebeispielsweise Proust in der Madeleine-Episode beschreibt.

Aufgabe: Speisen notieren (zwei oder mehr),die aus der eigenen Kindheit im Gedächtnishaften geblieben sind und noch heute denGeschmack in bestimmte Richtungen len-ken. Was habe ich als Kind gerne gegessenund halte es heute für unappetitlich? Woranliegt das? Welche Speisen mochte ich nochnie – und weshalb?

Den Kinobesuch vorbereiten 10

Beschafft „Frischfleisch“ für die Billiglohn-Industrie: Schleuser Benny (Luis Guzmán)

Man mag mir alle Ingredienzien eines Gerichts herzählen, auch die Gesundheit dieses Essens mit Recht rühmen:Ich stopfe mir die Ohren zu, bin gegen all diese Gründe taub und versuche das Gericht an meiner Zunge undmeinem Gaumen. Und danach fälle ich mein Urteil. Aus: Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft (1790).

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Das Madeleine-Erlebnis„… in der Sekunde nun, da dieser mit den Gebäckkrümeln gemischte Schluck Tee meinen Gaumen berührte,zuckte ich zusammen und war wie gebannt durch etwas Ungewöhnliches, das sich in mir vollzog. Ein uner-hörtes Glücksgefühl, das ganz für sich allein bestand und dessen Grund mir unbekannt blieb, hatte michdurchströmt.“Aus: Marcel Proust, Auf der Suche nach der verlorenen Zeit, zitiert nach: Klaus Dürrschmid, „Zur Sensorik vonMadeleines und Tee in Marcel Prousts Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“, in: IAKE - InternationalerArbeitskreis für Kulturforschung des Essens, Mitteilungen, Heft 11, Dezember 2003, S. 12-23. (www.marcel-proust-gesellschaft.de/marcel_proust/iessay/duerrschmid.pdf)

Redensarten-Rätsel | Lockere Einstimmung mit Wortspielen zum Geschmackssinn und derZunge, Erfassen sprachlicher Zweideutigkeiten

Wer kennt sie nicht, Redensarten wie diese und ihren Hintersinn:

• mit spitzer Zunge sprechen• sich die Zunge verbrennen• mit falscher Zunge reden• ihr/ihm ist die Zunge schwer• sich auf die Zunge beißen• auf der Zunge zergehen• es liegt mir auf der Zunge• Geschmäcker sind verschieden• über Geschmack lässt sich nicht streiten

Aufgabe: Diese und weitere, selbst gesammelte Ausdrücke werdenper Los verteilt. Sie werden als Scharade nonverbal dargestellt undsollen erraten werden.

Kochen nach alter Sitte | Wir spüren dem ursprünglichenKochen nach, wie es vor etwa 800 Jahren in Mitteleuropa gängigwar; Wahrnehmen ungewohnter Geschmacks-Komponenten,Bewerten des nostalgischen Sinnerlebnisses im Vergleich mit heutigen Essgewohnheiten

Das alte Sittengedicht (Eddadichtung)

13 15Der Gefräßige, Reiche Frühkostwenn er Vorsicht nicht kennt, soll man zuvor genießen,isst sich Übelkeit an; will zum Gastmahl man gehn;dem törichten Mann sonst sitzt man und schlingt,wird sein Magen zum Spott, als ob man verschluckt sich hätte,wenn er zum Klugen kommt. und kann fragen nicht viel.

Aus: Genzmer, Felix (Übers.), Die Edda. München: Diederich / Gelbe Reihe, 1997.

Den Kinobesuch vorbereiten ort11

Ich bin ein Amerikaner: Einwanderer Raúl (Wilmer Valderrama)

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Überlieferungen zufolge standen um 800 n. Chr. während der Festgelage der Fürsten und Kaiser acht-gängige Menüs mit Ochsen am Spieß, Rebhühnern, Fasanen, Fisch auf den Tafeln. Die gemeinenLeute aßen an groben Holztischen Hirsebrei, verschiedene Kohlgemüse und Brotfladen. Fleisch oderWildgeflügel stand selten auf der Speisekarte. Das Essen wurde mit Löffeln aus einer gemeinsamenSchüssel geschlürft, einer Vertiefung in der Tischmitte. Im 12. Jahrhundert gab es anGrundnahrungsmitteln vor allem Breispeisen aus Mehl und Korn. Es wurde mit Speck und Tierfett anHülsenfrüchten und Kohlgemüse gekocht. Ein Volksnahrungsmittel neben Kraut und Rüben warenFladen aus Roggenmehl oder Gerste und Hafer. Sie wurden zu Milch, verdünntem Wein, Käse undEiern, Kastanien gegessen und dienten außerdem als Tellerersatz oder zum Aufsaugen flüssigerSpeisen. Gab es einen besonderen Anlass, verfeinerte man das Brot mit Dörrobst oder Honig(Honigkuchen, Birnenbrot, Früchtebrot, Pfefferkuchen). Die Armen erfanden kuriose „Leckereien“wie Hühnerfüße, Hoden von Stieren und Widdern, Fischeingeweide und Fischköpfe, Dachs,

Eichhörnchen oder Igel. Otter, Biberund eine ganze Reihe von Vogelartengalten als begehrte Fastenspeise, diezur Buße beitragen sollte.

Verschiedene Methoden dienten dazu,alles so lange wie nur möglich haltbarzu machen: das Einsalzen (Schinken),Pökeln, Einkalken, Einsülzen oderEinlegen in Wein. Große Eisblöcke ausSeen legte man in tiefe Gewölbe – eineUrform des heutigen Kühlschranks.Außerdem trocknete man viel oderhielt sich Wildgehege, um frischesFleisch zu haben. Es gab eine gut ent-wickelte Viehzucht und einen großenFischreichtum.

Trotz dieser Mühe verdarben viele Lebensmittel recht schnell. In der Not halfen Gewürze. Für die bes-sere Verträglichkeit und Verdauung gab es schon einige Kräuter in den Klostergärten wie zum BeispielMajoran, Thymian, Salbei, Basilikum, Wacholder und Knoblauch. Fremde Gewürze kennt man inEuropa seit über 1000 Jahren. Sie kamen per Karawane aus China und Indien. Später brachten auchKreuzritter und Pilger exotische Gewürze mit: Pfeffer, Nelken, Muskat, Safran, Ingwer, Anis undKreuzkümmel. Roch ein Stück Wild schon leicht widerlich und verdorben, wurde gut mit Salz undPfeffer gewürzt. Auch unabhängig davon galt es als luxuriös, den natürlichen Geschmack der Speisenso gut wie möglich zu überdecken.

In den Klöstern setzte man sich ernsthafter mit den Funktionen von Speisen und Getränken ausein-ander. Aus der seelsorgerischen Pflicht heraus entwickelte sich eine Art Gesundheitsküche mit vielenKräutern zur alltäglichen Verwendung.

Aufgabe: Probieren Sie mit zwei, drei Freunden die folgenden Rezepte aus! Die Zutaten wurden sorg-fältig gewählt, haben trotzdem immer einen Hauch von Heute.

Gemüsesuppe500 g Suppenfleisch, 2 Stangen Porree, 1 Stängel Mangold, 2-3 Petersilienwurzeln, 1 Knolle Kohlrabi, 1 Knolle Sellerie, 500 g Möhren (gelbe Rüben); frisches Selleriekraut, Majoran, Petersilie, Schnittlauch, Liebstöckel; 2 l Wasser, 2 Tl Salz; 300 g Roggenschrot(-grütze), auch Hirse, Graupen oder Gerstengrütze

Den Kinobesuch vorbereitenVorwort 12

Der Lohn der Illegalität: die harten Dollars zählen

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Fleisch mit dem Wasser und Salz 2 Stunden kochen. Das Gemüse putzen, waschen und in Stücke schneiden, danach zur Fleischbrühe mit dem Roggenschrot geben und alles eine halbe Stunde kochen lassen. Nach dem Garen die frischen Kräuter zerkleinert über die Suppe geben. Dazu Fladenbrot reichen.(Aus: Wolfgang Schill, Andrea Theissen, Aus der Geschichte Berlins, Ein mittelalterliches Dorf: Begleitmaterial zum Schulfernsehen. Edition Colloquium, o. J.)

Zwiebelgemüse600 g Zwiebeln, 1 El Schmalz, 1 El Honig, 1/8 l Weißwein, 1 Tl Pfeffer 1 Tl Kümmel, 2 Tl Thymian, 2 Tl Rosmarin, 1 Prise Salz, 5 El süße Sahne

Das Schmalz erhitzen, Honig, Pfeffer, Kümmel zugeben, umrühren. Geschälte, grob geschnittene Zwiebeln dazugeben. Goldgelb andünsten, mit Wein ablöschen und die restlichen Kräuter sowie Salz dazugeben. Zugedeckt etwa 20 Minuten schmoren lassen, zum Schluss die Sahne zugeben.

Arabischer MokkaHeißen Mokka mit Zimt, Kardamom, braunem Zucker, einer Prise Salz und etwas süßer Sahne vermischen – sofort servieren.(Aus: Rezeptsammlung aus dem Museumsdorf Düppel e.V. Berlin, 1992.)

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts zelebrierten dieFeinschmecker besonders in Frankreich ihreKochkünste und widmeten sich den Tafelgenüssen(vgl. Alexandre Dumas, Das große Wörterbuch derKochkunst, 1873). Mit dem billigeren Import vonRohrzucker aus den Kolonialgebieten kommenTee, Kaffee und Kakao auch über wohlhabendeKreise hinaus in Mode. In der Bevölkerungmachen sich besonders die süßen Geschmacksrichtungen breit. Ende des 19. Jahrhunderts werdenimmer mehr industrielle Verarbeitungsmethoden wie etwa die Pasteurisierung eingeführt (die Milchschmeckt beispielsweise nicht mehr nach Kuh). 1860 tritt der Fleischextrakt seinen Siegeszug an.Natürliche Aromen treten zurück, die Zubereitung wird vereinfacht, das Geschmacksempfinden wan-delt sich.

Aus einem alten Kochbuch um die JahrhundertwendeDas Kochen ist schon der Gesundheit wegen, nicht als Nebensache zu betrachten. Jede Tochter – die höherenStände nicht ausgeschlossen – sollte sich hinlänglich damit bekannt machen, um als Hausfrau selbst Handans Werk legen zu können, oder wo die Verhältnisse das nicht erfordern, doch imstande zu sein, die Küche zukontrollieren, damit sie ihren Untergebenen nicht zu stark in die Hand falle … Zugleich sehe man auf einegute Qualität, kaufe das beste an Gemüsen, Fleisch, Federvieh, Butter, Mehl und Stärke, und ob solches auchetwas höher im Preise steht, so wird man doch beim Gebrauch finden, dass gute Lebensmittel immerhin billi-ger sind, als schlechtere wohlfeil bezahlte, und sicher werden sie auch der Gesundheit zuträglicher sein. Auchsei man darauf bedacht, die Vorräte gehörig zu bewahren und von Zeit zu Zeit nachzusehen, damit nicht dasgeringste verderbe …Aus: Henriette Davidis, Praktisches Kochbuch für die gewöhnliche und feinere Küche. Berlin: Globus Verlag G.m.b.H., o .J. (um 1920).

Den Kinobesuch vorbereiten rt13

Hauptdarstellerin Nr. 341: Rind ohne Hörner, glücklose Kuh

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Essen auf dem Prüfstand | Dokumentation (Hausaufgabe); Bestandsaufnahme und kritischesBefragen der eigenen Essensgewohnheiten

In FAST FOOD NATION wird ausschließlich Fast Food gegessen, sei es bei Mickey's als „Big One“,bei Amber zu Hause als Fertiggericht für die Mikrowelle oder in einem Chicken-Restaurant.

Aufgabe: Eine Woche lang täglich sämtliche Nahrungs-mittel notieren, die man zu sich nimmt. Anschließend dieListe auswerten und besprechen.

• Was habe ich heute gegessen?• Frühstück• Mittagessen• Abendessen• Zwischenmahlzeiten• Was möchte ich morgen essen und trinken?

Selbst in den gemeinsten Reden unterscheidet man das Angenehme vom Guten. Von einem durch Gewürzeund andre Zusätze den Geschmack erhebenden Gerichte sagt man ohne Bedenken, es sei angenehm, undgesteht zugleich, daß es nicht gut sei: weil es zwar unmittelbar den Sinnen behagt, mittelbar aber, d. i. durchdie Vernunft, die auf die Folgen hinaus sieht, betrachtet, mißfällt.Aus: Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft, Erster Teil, 1. Abschnitt, 1. Buch, Analytik des Schönen, § 4.

Der gläserne Mickey's | Recherche zum Fast Food und zum Essverhalten im persönlichenUmfeld, Auseinandersetzung mit den selbst formulierten Qualitätsstandards für Nahrung undBillig-Esskultur

Mickey's steht für die unzähligen Fast-Food-Ketten, die in den USA seit langem und auch bei unszunehmend zum Alltag gehören. Das Interieur ist überall gleich: gedrängte Vierertische, ein langerTresen für den Verkauf, unauffällige Farbgestaltung, Pappgeschirr.

Mc Donald's macht in Deutschland zur Zeit Werbung mit sogenannten Qualitätsscouts. Die Scoutsprüfen, ob alles nach Plan läuft – sie prüfen nicht die Werte, denen der Plan folgt. Fast Food bildet

heutzutage ein Lebensgefühl ab, ist zudem eineFrage von Schnelligkeit und Zeit. Zeit nimmt mansich oder nicht. Sie erscheint uns fließend, sie ver-geht, man gewinnt oder verliert sie. Zeit ist Geld,sagt man. Diesem Gefühl kommt der Schnellimbissentgegen (vgl. Eric Schlosser, Fast Food Nation, S.32 ff.: The American Way, Speedee Service).

Aufgabe: Das eigene Fast-Food-Revier genauererkunden. Einen detaillierten Bericht dazu verfas-sen, der beispielsweise auf der Homepage derSchule erscheinen kann.

Leitfragen für diese Untersuchung:

Den Kinobesuch vorbereitenVorwort 14

Schweren Herzens: Sylvia (Catalina Sandino Moreno) wird am Ende wieder UMP-Angestellte

Was darf (es) sein? Amber (Ashley Johnson) und Marketing-As Don (Greg Kinnear),

noch inkognito als Q-Scout

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Welche Fast-Food-Läden sind in meiner Umge-bung ansässig? Was unterscheidet sie? Wie werden sie bewirtschaftet (Familienbetrieb,Franchise-Unternehmen, Kette)? Seit wann gibt esden Imbiss? Welches Gewerbe befand sich vorherin diesem Laden? Welche Gäste bevorzugen wel-chen Imbissladen – und warum (Bevölkerungs-gruppen, Nationalitäten, Altersgruppen usw.)?Wie ist die Qualität des Angebotenen einzuschät-zen, wie wird es serviert? Welche Ausstattung hatder Imbiss? Gibt es Wohlfühl- oder Abzugs-punkte? Welcher Laden ist/wäre mein Lieblings-imbiss, warum?

Wissensrunde: Nahrung heute – eine Informationsratatouille | Recherche;Informationstafel zusammenstellen und gestalten; Arbeit in Kleingruppen

„Ich finde, es ist eine Art Bildungsmangel. Deswegen bin ich dafür, Ernährung in die Lehrpläne der Schulen aufzunehmen.“Tim Mälzer, Interview in: FOCUS Nr. 40, 2. Oktober 2006.

Diese Fragen kommen in einen Kochtopf und werden ausgelost:

• In Deutschland gibt es unzählige Qualitätssiegel – seriöse und fragwürdige. Kennen Sie diese Marken: Bio-Siegel, Bioland, Demeter, Neuland, Transfair, CMA-Zeichen, DLG-prämiert und Stiftung Warentest?

• Welche Zusatzstoffe (E 249-252, 214-219, 220-228, 128, 102, 123) kennen Sie?• Gibt es in Deutschland radioaktiv behandelte Lebensmittel?• Was ist Functional Food?• Wer isst Novel Food?• Was bedeutet „Convenience Food“?• Wie heißt die asiatische Variante von Fast Food?• Was ist Bulgur?• Wo befindet sich die berühmteste Currywurstbude Berlins? Gibt es dazu eine Geschichte?• Was ist das Logo der Slow-Food-Bewegung und was bedeutet es?• Gibt es eine Fast-Food-Sprache? Nennen Sie Beispielwörter, die nur in Zusammenhang

mit Fast Food genannt werden!

Aufgabe: Recherchieren Sie dazu in einschlägiger Literatur, im Bioladen, im Supermarkt und imInternet! Nach einer Vorbereitungsphase werden die Ergebnisse zusammengetragen und auf einerInformationswand in der Schule dargestellt.

„Natürlich ist Biozeug teurer, aber ich esse auch weniger. Muss man jeden Tag Fleisch essen? Nein, das mussman nicht. Aber, wenn man das will, muss man akzeptieren, dass die Tiere nicht auf der Wiese leben, denn soviele Tiere, wie wir essen, können gar nicht auf Wiesen leben.“Christian Rohde, Autor der NDR-Beiträge „Ware Tier“ (2006), www.daserste.de/programm.

Den Kinobesuch vorbereiten ort15

Don Henderson (Greg Kinnear) auf dem Weg zum Zweifel; Rudy Martin (Kris Kristofferson) lenkt ihn auf die harten Fakten

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Essen in der Werbung I | Bestandsaufnahme und Untersuchung von aktueller TV -undPressewerbung zum Thema Nahrung, kreative Auseinandersetzung mit den Medien alsInformations- und Manipulationsmittel

FAST FOOD NATION beginnt mit einer Sequenz, die ein Werbeclip für Fast Food sein könnte. DieSchlussaufnahme (Zoom auf das Hackfleisch im Burger) reißt allerdings schon das Problem„Gammelfleisch“ an. Wie funktioniert dagegen echte Lebensmittelwerbung? Gibt es Beispiele dafür,dass Lebensmittel Botschaften transportieren (Lebensstil, nationale Eigenheiten, ästhetischeAspekte)?

Aufgabe: Gruppen zu 3 bis 4 Personen verfolgen die Werbung eines Fernsehabends in den öffentlich-rechtlichen Kanälen sowie bei Privatsendern. Jede Gruppe stellt ihre Sammlung unterschiedlichsterReklame anhand von prägnanten Beispielen vor. Nach dem Kinobesuch können sie zusätzlich denVorspann (Blick in ein Schnell-Restaurant von Mickey's) mit einbeziehen.Arbeitsfragen:

• Erzählt der Spot eine Geschichte, oder ist er auf das Produkt orientiert?• Zielt er auf besondere Gefühle ab? Welche, mit welchem Ziel?• Wie wird Sprache eingesetzt?• Arbeitet der Spot mit Reizworten (Vergleiche, Superlative, Jargon)?• Wie ist das Timing der einzelnen Szenen?• Welche Kameraeinstellungen wurden häufiger benutzt?• Wurden viele Großaufnahmen verwendet?• Welche Rolle spielt die Farbgestaltung?• Wie ist Musik eingesetzt?• Welche Atmosphäre stellt der Spot her?• Gibt es ähnliche Werbung für dasselbe Produkt in Zeitschriften?

Stillleben | Kreative Auseinandersetzungmit Werken der bildenden Kunst zumThema Nahrung

Nahrungsmittel durchziehen das künstleri-sche Schaffen vieler Maler, denn Essen heißtLeben in bestem Sinne: Pieter Brueghel derÄltere malte 1559 Der Streit zwischenKarneval und Fasten. Das Gemälde zeigtMenschen auf dem Marktplatz, die feil-schen, Lasten tragen, sich ausruhen oder aufder Straße einen Imbiss zu sich nehmen.Auch in weiteren Gemälden von Brueghelspielt das Essen eine zentrale Rolle, so inSchlaraffenland von 1667 oder der um 1668entstandenen Bauernhochzeit.

Vincent van Gogh beschreibt im April 1885 die Entstehung seines Bildes Die Kartoffelesser: „AlleKöpfe waren fertig und zwar sehr sorgfältig durchgearbeitet, aber ich habe sie kurz entschlossenerbarmungslos übermalt, und die Farbe, in der sie jetzt gemalt sind, ist ungefähr die Farbe einerguten, staubigen Kartoffel, ungeschält natürlich … Man muss die Bauern malen, indem man selber

Den Kinobesuch vorbereitenVorwort 16

Ambers Onkel Pete (Ethan Hawke) argumentiert, seine Schwester (Patricia Arquette) spöttelt

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einer von ihnen ist und fühlt und denkt wie sie.“ Die Bäuerin bei der Mahlzeit entstand schon imMärz 1885. (Kuno Mittelstädt, Vincent van Gogh. Berlin: Henschel Verlag, 1985.)

Salvador Dalís Ausspruch: „Die Schönheit wird immer essbar sein oder gar nicht sein“ spiegelt sichwider in seinen Bildern Retrospektive Frauenbüste von 1933/1970, Der Brotkorb von 1926/1945oder in Spiegeleier auf dem Teller ohne den Teller, 1932. (Robert Descharnes / Gilles Néret, SalvadorDalí. Köln: Benedikt Taschen, 1992.)

Aufgabe: Setzen Sie sich mit einem Kunstwerk Ihrer Wahl gedanklich und assoziativ auseinander.Gestalten Sie dann auf einem A2-Zeichenblatt eine Collage oder Ähnliches mit Bildfragmenten ausaktueller Lebensmittelwerbung in Zeitschriften als Stillleben. Assoziationen zu anderen Themen sinderwünscht.

Ess-thetik im Brennpunkt: Gutes Essen, schlechtes Essen | Nahrung über den Gesichtssinnund Geschmackserinnerungen einschätzen; Ergebnis kreativ zu einem Farbstimmungsbild verarbei-ten

Das Auge isst mit, heißt es. Im Film wird das über Nahaufnahmen von Burger-Portionen bei derHerstellung oder kurz vor dem Verzehr spürbar. Die Farben sind kräftig, verheißen Frische.Farbstimmungsbilder entstehen in einem kreativen Prozess ohne bestimmte Struktur, ohne Formen.

Aufgabe: Mit selbst gemischten Farben eine Farbzeichnung zum Thema „gutes Essen“ und „schlech-tes Essen“ anfertigen.

• Welche Reize lösen die Farben von Nahrungsmitteln aus?• Wie hoch oder wie niedrig ist die Reizschwelle?• Verändern Werbefotos unsere Vorstellung von Essen, unsere Erwartungen?• Stimmen unsere Farbvorstellungen mit der natürlichen Farbe eines Nahrungsmittels

überein? Vergleichen Sie!

One for the Road – Essen auf derStraße | Den Umgang mit Lebensmittelnbewusst machen, aus dem Negativimpuls desachtlosen Wegwerfens von Nahrung einenkreativen Vorgang entwickeln, genauesBeobachten schulen, Fotografieren, einUnterrichtsgang

Brian stellt für Don Henderson in der Mickey's-Filiale einen „Big One“ her und gibt verächtlich

seine „persönliche Note“ dazu. An Orten des scheinbaren Stillstands (Haltestellen, Warteräume,Imbissbuden, Flure) wird oft gewartet und dabei gegessen und getrunken. Hier wird sichtbar, wieMenschen mit Lebensmitteln umgehen. An einer Bushaltestelle liegen beispielsweise Essensreste: rosaSpeiseeismatsch mit einem Zigarettenstummel darin. Ein Mann isst eine Currywurst. Andere empfin-den Ekel und Unbehagen, sich hier aufzuhalten. Sie umgehen die Stelle weiträumig.

Den Kinobesuch vorbereiten17

Marketing trifft Viehzucht: Don Henderson (Greg Kinnear) zu Besuch bei Rudy Martin

(Kris Kristofferson, rechts am Bildrand)

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Aufgabe: Fotografieren Sie mit dem Handy oder einer Digitalkamera Menschen in verschiedenen Ess-Situationen und Essensreste an öffentlichen Plätzen.

„'Ekel' ist eine der heftigsten Affektionen des menschlichen Wahrnehmungssystems … Das elementareMuster des Ekels ist die Erfahrung einer Nähe, die nicht gewollt wird. Eine sich aufdrängende Präsenz, eineriechende oder schmeckende Konsumtion wird spontan als Kontamination bewertet und mit Gewalt distan-ziert … Das Ekelhafte wird … aus mehreren Gründen zunächst nicht als ästhetikfähiger Reizverstärker zuge-lassen …Kunst ist eine Technik der Entekelung, der Transformation von Abstoßung in Anziehung: sie machtdas, was sonst Anlass zu Ekel und Scham gibt, genießbar, indem sie mittels der eigenen Form dieser Enteke-lung einen 'formalen, d. h. ästhetischen Lustgewinn' entbindet, der im seelischen Gesamthaushalt eine'Befreiung von Spannungen' mit sich bringt.“Aus: Winfried Menninghaus, „‚Wir lernen den Ekel um.‘ (Nietzsche) – Grundlinien einer historischen Philoso-phie des modernen Ekels“, in: Große Gefühle: Bausteine menschlichen Verhaltens / herausgegeben vom ZDF-nachtstudio. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2000, S. 247-264.

Was passiert, wenn man beispielsweise den Eisfleck mit Zigarettenstummel fotografiert? Hat dasAbbild eine neue Dimension? Welche? Was ist hier passiert? Wie essen Menschen auf der Straße?Schauen sie beispielsweise ihr Essen an?

Hintergrund: Geschmack am EssenKriege, Lebensmittelsrationierung und Hunger lassen dem Geschmack keine Freiheit mehr. DieNotwendigkeit zu essen macht erfinderisch und lässt Vorlieben in den Hintergrund treten (PierreBourdieu spricht von Notwendigkeitsgeschmack).

Neue, unbekannte Zusammensetzungen von Nahrung kamen ab 1945 durch die Amerikaner nachDeutschland, etwa der Pfefferminzgeschmack in Kaugummis. Mit der „Fresswelle“ Anfang der fünf-ziger Jahre wurden in der Bundesrepublik lange unterbundene Geschmacksgewohnheiten und derFleischkonsum wieder verstärkt aufgenommen. Hinzu kamen exotische Nahrungsmittel wie Orangen.Essen wurde als Symbol des amerikanischen Lebensgenusses verstanden. Auch die Werbung beton-te dieses neue Lebensgefühl. Die Europäer gewöhnten sich an veränder-te Geschmacksrichtungen.

Die Verbraucher hatten die Wahl zwischen Hausmannskost und den„modernen“ Speisen, obwohl der Geldbeutel weiterhin dasKaufverhalten beeinflusste. In der heutigen Zeit erleben wir die Tendenzzu einem einfachen, leichten Kochstil, der vielfach über die Medien vonprofessionellen Köchen an den Verbraucher herangetragen wird. DerGeschmack internationalisiert sich. In den Städten Europas existiertneben der traditionellen nationalen Küche eine asiatische, türkische, ita-lienische und mexikanische Gastronomie, meist dem Geschmack desjeweiligen Gastlandes angepasst.

Desgleichen gibt es immer mehr Fast-Food-Restaurants und Imbissbudenauf der Welt. Food Design setzte sich seit Mitte der achtziger Jahre immermehr durch. Lebensmittel werden vorrangig industriell hergestellt undnicht mehr durch Verarbeitung verfeinert. Zum Beispiel isoliert manGrundsubstanzen aus dem preiswerten pflanzlichen Rohstoff Soja undfügt sie durch chemische Synthese zu einem Produkt zusammen.

Seit den 19achtziger Jahren werden immer mehr Aromastoffe in konzen-trierter und „naturidentischer“, das bedeutet chemisch synthetisierter Form angeboten. KünstlicheAromastoffe ergänzen das Arsenal für den Flavouristen, den Geschmacksgestalter derNahrungsmittelindustrie.

Den Kinobesuch vorbereitenVorwort 18

Glied in der Kette: Marketing-Manager Don Henderson

(Greg Kinnear)

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Die Folgen spüren wir täglich beim Essen. Durch den massiven Einsatz der künstlichen und naturiden-tischen Aromen verändert sich die Akzeptanz des natürlichen Geschmacks. Wir schmecken einheitli-cher, denn wir können durch die Abstumpfung des Geschmackssinns nicht mehr so viele unterschied-liche Geschmacksrichtungen unterscheiden. Und wir essen Dinge, bei denen es nicht an erster Stelleauf den Geschmack ankommt. Immer weniger Lebensmittel können wir danach unterscheiden, ob sie

frisch sind, naturbelassen oder ob sie gentechnischmanipuliert wurden.

Die Molekulargastronomie strebt nach reproduzier-baren Geschmackserlebnissen. Der PortugieseHomaro Cantu kocht in seinem Restaurant inChicago futuristisch anmutende Gerichte: flüssigeSalate, mit Kohlendioxid versetzte Ananasstückchen,die im Mund prickeln, Krebs mit vier Gemüse-plastikspritzen, Burger aus einem umgebauten PC-Drucker oder flüssiges Gebäck. „Es wird Zeit, dassdie Gastronomie endlich die technologischeEvolution für sich nutzbar macht.“ (Aus: Knietief imStickstoff, Berliner Zeitung/Magazin, 21./22.10.2006).

Ess-Tischgespräche | Übung in Diskussionsführung, in mündlichem Ausdruck; Argumentations-fähigkeit verbessern, Zusammenhänge erfassen, analysieren und bewerten

In FAST FOOD NATION spielen immer wieder geschlossene Räume eine Rolle, in denen unterschied-liche Gespräche stattfinden: der Konferenzraum beim Konzern Mickey's, das Labor des Flavouristen,die engen Appartements der Mexikaner, das Schlepperauto, die Wohnung von Amber und ihrerMutter. Einige Tischgespräche beleuchten aus unterschiedlichen Perspektiven das ThemaNahrungsindustrie – Don Hendersons Besuch bei dem Farmer, Don und Fleischhändler Rudy imSchnellimbiss, Don und Tony, Amber und ihr Onkel. Die Räume markieren Enge und Konzentration.

Die Dialoge klären den Zuschauer, vermittelt über den Protagonisten Don Henderson, über verschie-dene Zusammenhänge auf. Zu den Leitfragen gehören:

• Was schmecke ich eigentlich und was sehe ich?• Ist das gesunde Kost? • Was bedeutet heute eine qualitativ gute Ernährung?• Woher kommen die Rohstoffe in unserem Essen?• Bedeutet bestimmtes Essen zu wählen auch politische Fragen zu stellen und z.B. die Kultur

des Essens in einer Gesellschaft zu hinterfragen?• Wer gewinnt bei der heutigen Art, Nahrungsmittel herzustellen?• Welche Verantwortung tragen wir für artgerechte Tierhaltung?

Aufgabe: Kritiker, Macher und Futuristen diskutieren über die Frage, welchen Weg dieLebensmittelindustrie in der Zukunft einschlagen soll. Im ersten Schritt sind die Gruppen getrennt undauf drei verschiedene Räume verteilt.

Den Kinobesuch vorbereiten19

Wie wär's mit einem Überfall? Ambers Kollege Brian (Paul Dano) lässt

seine Phantasie spielen

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„Wie kann zum Beispiel ein zubereitetes Grillhähnchen im Imbiss weniger kosten als eine Schachtel Vogelfutter?“Bundespräsident Horst Köhler in der Debatte um Billig-Lebensmittel, zitiert nach: Süddeutsche Zeitung, 29.09.2006.

Alle drei Gruppen beziehen in ihre Arbeit die Aussage von Horst Köhler ein. Sie lesen außerdemPassagen aus Eric Schlossers Buch (ab Kapitel 5, Warum die Pommes so gut schmecken; Kapitel 9,Was steckt im Fleisch?)

1. Die Futuristen entwickeln eine Vision davon, wie die Menschen in der Zukunft mit ihren Lebensmitteln umgehen sollten.

2. Die Kritiker machen eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation in der Nahrungsmittelindustrie Deutschlands. Sie verwenden dazu die vorhandenen Lehrbücherfür Politik und Erdkunde und recherchieren im Internet. Sie hinterfragen Problem-Komplexe, um sie anschließend vorzustellen.

3. Die Macher suchen Wege, auf denen man eine gesunde Lebensmittelproduktion Wirklichkeit werden lassen kann. Was ist zu tun? Wen gilt es zu überzeugen?Wie kann das gelingen?

„Der Mensch, so glaube ich, ist großer Erhebungen und großer Schweinereien fähig, er kann zum Halbgott steigen und zum Halbteufel sinken; aber er fällt, wenn er etwas recht Großes oder recht Säuisches getan hat,immer wieder auf seine Füße und auf sein Maß zurück, und dem Pendelschlag der Wildheit und Dämonie folgt unweigerlich der Rückschlag, folgt die dem Menschen unentrinnbar eingeborne Sehnsucht nach Maß und Ordnung.“Hermann Hesse, zitiert nach: Mit Hermann Hesse durch das Jahr, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1976.

Zum Streitgespräch treffen sich alle dreiGruppen in einem Raum an einem Tisch.Gesprächsleiter ist ein Unbeteiligter, der nichtin den Gruppen gearbeitet hat.

Jede Gruppe berichtet und legt ihre Argumentevor. Sie werden gegenseitig hinterfragt, disku-tiert, abgewogen und fließen in einem Reportüber Nahrungsmittelproduktion zusammen,der in der Schülerzeitung veröffentlicht wird.

Was auch immer geschieht!

Was auch immer geschieht:Nie dürft ihr so tief sinken,von dem Kakao, durch den man euch zieht,auch noch zu trinken! Erich Kästner

Aus: Wolfgang Mieder (Hrsg.), Deutsche Sprichwörter und Redensarten. Stuttgart: Philipp Reclam jun., 1997.

Den Kinobesuch vorbereitenVorwort 20

Amber (Ashley Johnson) kündigt, Filialleiter Tony (Esai Morales) ist „enttäuscht“

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Kinoaufträge – Sehaufgaben vor dem KinobesuchVorwort

• Wie wirkt der Beginn des Films auf Sie? Was erzählt Ihnen bereits die erste Sequenz? Videoclip-Machart, Verankerung des Fast Food im Alltag

• Der Film zeigt mit den Kamerabildern Weite und Enge (Grenzen). Welche Filmbilder bleiben Ihnen dazu im Gedächtnis? Totalen: Wüste, Highway, Rinderfarm (Luftaufnahmen); enge Appartements, enge Siedlungen (vgl.Eric Schlosser, FAST FOOD NATION, The American Way, S. 88)

• In welcher Bildsequenz wird dem Zuschauer das kritische Nachdenken, die veränderte Haltung Don Hendersons klar? Henderson steht am Fenster seines Hotelzimmers und schaut in die Nacht; sein Gesicht, zunächst halb im Licht, halb im Schatten, zieht sich vollständig ins Dunkel zurück

• Wie unterstreichen die unterschiedlichen Farbstimmungen den Handlungsverlauf in den drei Ebenen (1) Don Hendersons Reise, (2) das Leben der mexikanischen Immigranten, (3) die jugendlichen Ökoaktivisten? Welche Emotionen werden vermittelt, welche Informationen bekommt der Zuschauer?

• Welche Musik, welche Instrumente begleiten die einzelnen Episoden? Mexikanische Klänge, rasche Bläserstöße (Fließband), E-Gitarre (Nachtfahrt Pickup), Rap (Coco mit Mike im Auto)

• Wo gibt es „Match cuts“ – Filmschnitte, die alle drei Geschichten durch assoziative Parallelen miteinander verbinden? Zoom aufs Hackfleisch | Dorf der Mexikaner; Fleischfabrik | Ambers Mikrowelle; Coco fühlt sich von Mike verraten | Fleischstücke fallen | Coco sinkt ohnmächtig um

• Die letzten 5 Minuten zeigen eine brutale Schlachtszene mit Rindern. Machen Sie ein Experiment: Schließen Sie die Augen und hören Sie zwei dieser Minuten nur zu. Was hören Sie? Welche Wirkung haben die Geräusche und der Sound?

• Verfolgen Sie aufmerksam die Geschichte der mexikanischen Einwanderer. Welche Lebenswegewerden erzählt? Was erleben die Figuren?

Die Antworten zu den Kinoaufträgen (siehe oben) sindAusgangspunkt für die inhaltliche und filmsprachlicheAuseinandersetzung mit dem in FAST FOOD NATIONGesehenen.

Den Kinobesuch vorbereiten21

Frauen, Drogen, Förderband – Aufseher Mike (Bobby Cannavale) hat alles sauber

im Griff

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Essen in der Werbung II | Eine Filmsequenz unter die Lupe nehmenAufgabe: Vergleichen Sie die erste Filmsequenz mit den Erkenntnissen aus Teil I der Übung. Warumhat Regisseur Linklater hier die Ästhetik der Werbung aufgenommen? Was unterscheidet seineGestaltung von üblicher TV-Werbung? Worauf zielt sie ab?

Reportage: Illegale Flüchtlinge aus Mexiko in den USA | Recherchieren in unterschiedlichen Medien,gesammelte Informationen auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen – Gerüchte aussondern; eine Reportage mit spezifischen Merkmalen verfassen: Sachlichkeit, hoherInformationsgehalt, quellennahe Arbeit, Übung zumschriftlichen Ausdruck

„... Ich möchte Vorgänge, die öffentlich nicht zugänglich sind, öffentlich machen....Recherchen kosten viel Geld und Zeit, und die Quote ist auch nicht garantiert. Wer trotzdem die Recherchepflegen möchte, muss sich diesem Luxus oft mit Butter- und Brot-Geschichten finanzieren … Der recherchie-rende Journalist muss sich auf Gebiete spezialisieren, er muss geduldig sein und ergebnisoffen bleiben. Ermuss sammeln, auswerten, immer wieder Gespräche führen. Dass Journalismus objektiv sein könnte, halte ichfür eine Mär. Aber er sollte fair und nach Möglichkeit nachprüfbar sein … Wir leben in einer aufgeregten Zeit,in einer permanenten Gegenwart ohne Vergangenheit, ohne Zukunft. Ständig wird eine neue Sau durchs Dorfgetrieben. In den vergangenen Jahren hat sich die Lage nicht zum besseren geändert, im Gegenteil: Vieleneue Medien sind auf den Markt gekommen, der Konkurrenzdruck hat zu einer Enthüllungsmanie geführt.Fortwährend und bis zur Besinnungslosigkeit wird enthüllt. Eine ganze Gastronomiebranche lebt davon …Diese Enthüllungsindustrie wird auch von den Mächtigen genährt … Recherchierender Journalismus kam zukeiner Zeit ohne begründete Mutmaßungen und Verdachtsmomente aus. Aber die Recherchen müssen einenaussagekräftigen Mindestbestand an Beweistatsachen ergeben.“Aus: Hans Leyendecker, „Der Journalist als Detektiv“, in: Maybrit Illner, Ingke Brodersen, Ente auf Sendung. München: Deutsche Verlags-Anstalt, 2003.

Den Kinobesuch nachbereiten 22

Vor einem zur Schlachtbank geführten Kalbe

Leben wird zu Tod geführt,ohne dass das Herz sich rührt,Mensch!Freilich, schlachtest noch dich selbst,wie du auch die Stirne wölbst,Christ!Bis die Kreatur dir schreit,o wie weit noch, o wie weit,Gott!Aus: Christian Morgenstern, Gedichte, Verse, Sprüche. Limassol: Lechner Verlag, 1993.

Der Journalist

Warum er just diesen Beruf gewählt hat?Weil er alle anderen verfehlt hat.Aus: Karl Kraus, Aphorismen und Gedichte, Österreichische Bibliothek, Berlin: Verlag Volk und Welt, 1985.

Nacht und Nebel, vergeblich: Aktivisten Alice (Avril Lavigne, links) und Amber (Ashley Johnson)

mit den Rindern, die nicht fliehen wollen

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Aufgabe: Machen Sie sich kundig über die Situation illegaler Einwanderer aus Mexiko in den USA!Nehmen Sie das auf dieses Thema bezügliche Geschehen aus dem gesehenen Film auf. RecherchierenSie im Internet (www.tagesschau.de, Zeitschriftenverlage) und lesen Sie Schlossers Buch, Kapitel 7,Rädchen im Getriebe und 8, Ein gefährlicher Job!

Fragen Sie bei Menschenrechtsorganisationennach, was über die Problematik bekannt ist.Sprechen Sie mit Menschen aus der mittelameri-kanischen Region, die in Ihrer Umgebung leben.

Nehmen Sie in Ihre Reportage das ThemaHeimat auf. Mögliche Ansätze:

• Heimat in 5 Stichpunkten benennen: Heimat ist für mich, …

• Heimweh in der Fremde?• Wo und wann fühlt man sich fremd?• Wie weit muss die Anpassung gehen?• Was macht einen Menschen heimatlos?• „Sage mir, für wen du arbeitest, und

ich sage dir, wer du bist“: Ist diese These zu rechtfertigen?

Verfassen Sie eine „echte“ Reportage – so, als seisie für die Lokalzeitung Ihres Ortes bestimmt.

Ein Plakat voll Nahrung und Hoffnung | Bildhaftes Gestalten einer zum Teil abstraktenThematik mit realistischem Hintergrund; verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten ausprobieren, von der Karikatur bis hin zum politischen Statement in Plakatform

Aufgabe: Setzen Sie sich mit FAST FOOD NATIONund der Problematik der künftigen Nahrungs-mittelproduktion visuell auseinander. Stellen SieIhre Ideen und Meinungen als Plakat,Fotomontage, Comic in 10 Blättern oder alsKarikatur dar.

Den Kinobesuch nachbearbeiten23

Arbeitsplatz verpflichtet: Mike (Bobby Cannavale) erwartet private „Spätschichten“ – auch von Sylvia

(Catalina Sandino Moreno)

Was tun? Die Aktivisten ringen um einen Plan

An die Sucher von Widersprüchen

Mein Wort berührt die Welt der Erscheinungen,die darunter oft leider zerfällt.Immer doch meint ihr, es gehe um Meinungen,aber der Widerspruch ist in der Welt.Aus: Karl Kraus, Aphorismen und Gedichte,Österreichische Bibliothek, Berlin: Verlag Volkund Welt, 1985.

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Schwache Vernunft gegen globale Gier

Seit etwas mehr als einem Jahrzehnt hat nun derKapitalismus die Welt erobert. Monopolisierungund Multinationalisierung sind seine beidenGrundvektoren. Ein einheitlicher Weltmarkt istentstanden. Die Führung transkontinentalerRiesenreiche, die so genannten multinationalenGesellschaften, wurden möglich – dank derComputerrevolution, dem einheitlichen Cyber-space und dem neuen Tempo der Telekom-munikationen … Eine Kapitalart hat sich autono-misiert: das Finanzkapital. Die Weltdiktatur derFinanzmärkte drückt sich strukturell in den Börsenaus … Heute aber herrscht die Weltdiktatur desFinanzkapitals über sämtliche anderen Macht-strukturen. Und der Motor des frei wütendenFinanzkapitals ist die blanke Gier.

100 000 Menschen sterben täglich am Hunger oder seinen unmittelbaren Folgen, zum Beispiel anMangelkrankheiten. Alle sieben Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahren.

Derselbe „Worldfood-Report“ der UN-Welternährungsorganisation, der diese Zahlen publiziert,stellt fest, dass die Weltlandwirtschaft beim gegenwärtigen Stand der Entwicklung ihrerProduktionskräfte ohne Probleme 12 Milliarden Menschen normal ernähren könnte. Wobei „nor-mal“ heißt: eine individuelle Tagesration pro Individuum von 2700 Kalorien. Wir sind gegenwärtigaber nur 6,2 Milliarden Menschen auf der Welt. Wie lautet also die Schlussfolgerung?

Die neoliberale Wahnvorstellung behauptet, dass solch maximaler Reichtum, ist er erst einmalgeschaffen, in Form von Wohlstand wie ein goldener Regen auf alle herunterfällt. Aber sie steht dia-metral den Werten der Aufklärung entgegen … Der Mensch allein – individuell oder als Nation –ist Subjekt der Geschichte. In Rousseaus„Contrat social“ steht ganz am Anfangder Satz: „Zwischen dem Starken unddem Schwachen ist es die Freiheit, dieunterdrückt und ist es das Gesetz, dasbefreit.“

Entweder es gelingt, den Völkern einenormativ begründete, planetarischgerechte Weltordnung zu schaffen, oderder jetzt wütende globalisierte Raub-tierkapitalismus wird die Zivilisation, sowie wir sie von der Aufklärung geerbthaben, von diesem Planeten tilgen.

Aus: Jean Ziegler, „Schwache Vernunft gegenglobale Gier: Wie der Hunger uns allebedroht“, Stuttgarter Zeitung, 27.05.2004.

Den Kinobesuch nachbearbeiten 24

Vorbildliche Jugendarbeit: Der alternative Onkel Pete (Ethan Hawke) überzeugt seine Nichte (Ashley Johnson)

durch Charme, Geist und persönliche Haltung

Talk am Tor: Greg Kinnear (Don Henderson) und Kris Kristofferson (Rudy Martin)

mit Regisseur Richard Linklater

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Filmanalyse

Hildebrand, Jens, Film: Ratgeber für Lehrer. 2., aktualisierte Auflage. Köln: Aulis Verlag Deubner,2006. - 380 Seiten, 899 schwarz-weiß-Abbildungen, Pb ! 24,50 | Umfassende schulbezogeneEinführung in die Filmdidaktik, mit Beispielanalysen (THE SHINING) und konkreten Unterrichtsideenzu Filmen und TV-Serien.

Monaco, James, Film und Neue Medien: Lexikon der Fachbegriffe / Deutsch von Hans-MichaelBock. 2. Aufl. Reinbek: Rowohlt, 2003. - 189 S., kt. ! 8,50. | Nützlich zum Lesen, zum Nachschla-gen und für die konkrete analytische Arbeit mit Filmen.

Monaco, James, Film verstehen: Kunst, Technik, Sprache, Geschichte und Theorie des Films und der Medien; mit einer Einführung in Multimedia. Reinbek: Rowohlt, 2001. - 704 Seiten, kart. ! 15,90. | Gut strukturiert, mit vielen Beispielen und anschaulichen Bildern.

Lesestoff

Boemer, Brigitte / Rist, Uwe / Schreiber, Elisabeth / Trendel, Georg, Sinne und Wahrne-hmung. Stuttgart: Klett, 2003. - 62 Seiten, geheftet, ! 9,40. | Experimentelles Übungsheft fürSchüler ab 10; detaillierte Informationen zur Sinneswahrnehmung, vom Sehen, Hören, Riechen biszu Schmecken und Tasten.

Breindl, Ellen, Gesund und schmackhaft kochen mit der heiligen Hildegard von Bingen: Ratschlä-ge und Rezepte der Hildegard-Küche. Düsseldorf: ECON, 1999. 411 Seiten, Fotos und Abb., Pb.,vergriffen | Antiquarisch günstig erhältlich. Mit kurzem historischem Abriss über das gesundeKochen ab dem Mittelalter; umfangreiche Rezeptsammlung vom Frühstück bis zu Gerichten nachJahreszeiten.

Ente auf Sendung: Von Medien und ihren Machern / Hrsg. von Maybrit Illner und IngkeBrodersen, illustriert von Frank Ehrler. München, Deutsche Verlags-Anstalt, 2003. - 224 Seiten,geb., ! 19,90 | Offen und spannend erzählen bekannte Journalisten über ihre Arbeit für die Zei-tung, im Radio oder für das Fernsehen; leicht und unterhaltsam auch für Jugendliche gedacht.

Fahrenkamp, Hans J., Wie man eyn teutsches Mannsbild bey Kräften hält. Erftstadt: area, 2004.- Sonderausgabe, 160 Seiten, viele Originalillustrationen, ! 8,95 | Die Küche des Mittelalters, vom„süpplin“ bis zu Bier und Backwerk; liebevoll und informativ beschrieben in über 120 Rezepten zumNachkochen.

Große Gefühle: Bausteine menschlichen Verhaltens / Hrsg. von ZDF-nachtstudio. Frankfurtam Main, Suhrkamp Verlag, 2000. - 300 Seiten, Pb., ! 8,99 | Im November 2000 wurden vier Sen-dungen zum Thema ausgestrahlt; die Originalbeiträge der Diskussionsrunden zu Liebe und Hass,Trauer und Melancholie, Angst, Ekel und Lust von den Gästen sind hier nachzulesen.

Gutes Essen, schlechtes Essen – Qualität, Gesundheit, Preise: Was Sie über Lebensmittel wissen sollten, FOCUS, Heft Nr. 40/2006, 2. Oktober 2006 | Titelthema der Ausgabe, beschreibtinformativ in fünf Beiträgen unterschiedliche Facetten des Themenbereichs Nahrung undGesundheit.

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Jütte, Robert, Geschichte der Sinne: von der Antike bis zum Cyberspace. München: Beck, 2000. -416 Seiten, 17 Abb., geb. ! 16,90. | Eine Fundgrube: Vom historischen Wandel in der Beschäftigung mitSinneswahrnehmungen bis hin zur Wiederentdeckung der Sinne im 20. Jahrhundert; amüsant erzählt.

Kant, Immanuel, Kritik der Urteilskraft. Stuttgart/Ditzingen: Philipp Reclam jun., 2004. - 543Seiten, Pb., ! 11,40 | Kants Kritik der Urteilskraft ist „Schlussstein“ seines Gedankenbaus(Windelband); die erste Ausgabe erschien 1790 in Berlin. Im ersten Teil, der Kritik der ästhetischenUrteilskraft, untersucht Kant den Geltungsanspruch von Geschmacksurteilen überhaupt.

Neue Chemie in Lebensmitteln / Hrsg. von Katalyse - Institut für angewandte Umweltfor-schung e.V. Frankfurt am Main: Zweitausendeins, Neuausgabe 1995. - 542 Seiten, gebunden, ver-griffen | Hoch informatives Kompendium zur Lebensmittelchemie, mit Seitenblicken auf Tierhaltung,Krankheiten, Schad- und Zusatzstoffe. Das Buch vermittelt Grundwissen ebenso wie kritischeVerbraucherinformationen; vgl. www.katalyse.de.

Schlosser, Eric, Fast Food Gesellschaft: fette Gewinne, faules System / aus dem Englischen vonHeike Schlatterer. Sonderausgabe. München: Riemann, 2003. - 448 Seiten, sw-Abb., kt., ! 15,00 |Das Sachbuch, Grundlage des Spielfilms FAST FOOD NATION, beleuchtet die Fast-Food-Industrievon ihren Anfängen bis heute. Schlosser hat 2006 auch ein Aufklärungsbuch für Kinder veröffent-licht: Chew On This – Everything You Don't Want to Know About Fast Food.

Spurlock, Morgan, Angriff der Killer-Burger: Wie Fast Food uns krank macht. Droemer Knaur,2006. - 386 Seiten, kt., ! 8,95 | Autor und Regisseur Spurlock hat sich einen Monat lang nur vonFast Food ernährt – und die katastrophalen gesundheitlichen Folgen dokumentiert; vgl. seinen FilmSUPER SIZE ME.

Stern, Horst, Bemerkungen über das Tier im Handel. Bemerkungen über das Hausschwein.Neuauflage. Knaur, o. J. (etwa 1988), zahlreiche Fotos, vergriffen | Kritische Reportagen, nach dengleichnamigen Fernsehsendungen; antiquarisch günstig verfügbar.

Tugenden und Laster: Gradmesser der Menschlichkeit / Hrsg. von ZDF-nachtstudio.Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag, 2004. - 283 Seiten, Pb., ! 9,00 | Buch nach einer Sendungzum gleichen Thema; kurzweilige Texte von 16 Studiogästen, angeordnet in vier Kapiteln – Respektund Missachtung, Wollust und Askese, Mut und Feigheit, Bescheidenheit und Habgier.

Links

www.bmelv.de Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; infor-miert beispielsweise zu den Themen gesunde Ernährung und Lebensmittelsicherheit.

www.foxsearchlight.com/fastfoodnation/ Offizielle Homepage der amerikanischen Original-fassung von FAST FOOD NATION; Videoclips mit Interviews, zu den Dreharbeiten usf.

www.katalyse.de Katalyse - Institut für angewandte Umweltforschung e.V., Köln; sehr umfassen-des Online-Angebot des unabhängigen wissenschaftlichen Instituts, insbesondere zu den ThemenNachhaltigkeit, Umwelt, Ernährung.

www.landesstiftung-bw.de/publikationen/files/sr-17_nahrungsmittelsicherheit.pdfForschungsprogramm Nahrungsmittelsicherheit, Heft 17 der Schriftenreihe der LandesstiftungBaden-Württemberg, 2006. Bericht über mehrere Forschungsprojekte zur Optimierung von Ana-lysetechnik und Untersuchungsmethoden; Ziel ist ein besserer Verbraucherschutz.

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www.meatrix.com Persiflage auf die MATRIX-Trilogie, unter anderem als alternativer Trailer zuFAST FOOD NATION produziert; Animationsfilme zum Thema Fleischindustrie, in denen die Story,Figuren und Titel von MATRIX sehr originell durch den Wolf gedreht werden; (Quelle:www.vfxworld.com > publications > newsletter > newswire, 1. November 2006).

www.rollingstone.com/reviews/movie/10733406/review/12450503/fast_food_nationEine Besprechung von FAST FOOD NATION.

www.senator.de Homepage des deutschen Verleihs von FAST FOOD NATION.

www.slowfood.de Deutscher Zweig der internationalen Organisation Slowfood, die sich für Ent-Schleunigung, gesunde Ernährung, regionale Vielfalt und Artenschutz stark macht.

www.sinnesphysiologie.de/hvsinne/schmeck/ Einführung in die Grundlagen derGeschmacksempfindung; eine Heidelberger Vorlesung von 2003; Text auch als Download verfügbar.

www.baden-wuerttemberg.de/sixcms/detail.php?id=157425 Artikel im LandesportalBaden-Württemberg zu dem Symposium „Gesunde Ernährung in Kindergarten und Schule“ am23.10.2006 in Stuttgart; mit Download des Veranstaltungsprogramms.

www.wfp.org/german Deutschsprachige Homepage des Welternährungsprogramms derVereinten Nationen.

www.aid.de aid ist der Infodienst zu Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft.

Filme

Darwins AlptraumBuch und Regie: Hubert Sauper. Österreich, Frankreich u. a. 2004, 107 Minuten. Was haben russische Waffen mit teurem Viktoriabarsch, hungernden Familien in Tansania und derÖkologie des größten afrikanischen Sees zu tun? Saupers Dokumentarfilm gibt erhellende,erschreckende Antworten; er bekam zahlreiche Auszeichnungen (Europäischer Filmpreis u. a.) undwurde für den Oscar nominiert.

Super Size MeRegie: Morgan Spurlock, Kamera: Scott Ambrozy. USA 2004, 100 Minuten.Dokumentarfilm über den heroischen Selbstversuch des US-Regisseurs, der sich einen Monat langnur von Fast Food ernährt hat. Spurlocks thematischer Aufhänger ist das zur US-Volkskrankheitgewordene Problem Übergewicht; vgl. sein Buch Angriff der Killer-Burger.

We feed the worldRegie, Kamera, Schnitt: Erwin Wagenhofer. Österreich 2005, 96 Minuten.Kritischer Dokumentarfilm über die immer billigere, industrielle Herstellung von immer schlechterenLebensmitteln. Wagenhofer, der schon im „Nachtcafé“ zu sehen war, beleuchtet die rücksichtsloseTier-„Verwertung“ ebenso wie Gentechnik und Wassertomaten, Transportexzesse und wirtschaftli-che Abhängigkeiten.

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