Finanzierung und Investition I...Möglichkeit der Abweichung vom Erwartungswert (positive Varianz)...

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Finanzierung und Investition I: R R i i s s i i k k o o m m a a n n a a g g e e m m e e n n t t u u n n d d K K a a p p i i t t a a l l m m a a r r k k t t Gliederung Kapitel I: Entscheidungen bei Risiko 1. Risikobegriff 2. Risikoeinstellungen 3. Risiko- und Ausfallprämie 4. Maße der Risikoaversion 5. Das --Prinzip 6. Ansatzpunkte einer Risikopolitik Kapitel II: Portefeuille-Entscheidungen 1. Graphische Behandlung 1.1 Markowitz-Modell 1.2 Tobin-Separation 2. Systematisches und unsystematisches Risiko 3. Implikationen und Erweiterungen 3.1 Delegierbarkeit 3.2 Faktormodelle 3.3 Gleichgewichtsmodell (CAPM) 3.4 Performance-Messung Kapitel III: Optionspreisbildung 1. Bewertung über Prinzip der Arbitragefreiheit 2. Optionsbewertung 2.1 Eigenschaften von Optionen 2.2 Kaufoptionsbewertung bei Bernoulli-Verteilung 2.3 Kaufoptionsbewertung bei Binomial-Verteilung 2.4 Put-Call-Parität 2.5 Amerikanische Optionen 2.6 Black-Scholes-Formel Kapitel IV: Risikomanagement mit Termingeschäften 1. Sensitivitätskennzahlen 2. Devisenoptionen 3. Zinsoptionen 4. Swaps 5. Forwards und Futures Kapitel V: Duration und Zinsänderungsrisiko 1. Marktwert- und Wiederanlageeffekt 2. Konvexität 3. Immunisierung 4. Duration eines Portefeuilles Kapitel VI: Maße des Ausfallrisikos 1. Lower Partial Moments 2. Dominanzen 3. Value-at-risk Zur Vorlesung und weiteren Vertiefung gibt es das Lehrbuch: Callsen-Bracker, Hans-Markus / Hirth, Hans: Risikomanagement und Kapitalmarkt, 2. Auflage, 2010. In Zweifelsfällen gilt der Inhalt aus der Lehrveranstaltung.

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Finanzierung und Investition I:

RRiissiikkoommaannaaggeemmeenntt uunndd KKaappiittaallmmaarrkktt

Gliederung Kapitel I: Entscheidungen bei Risiko 1. Risikobegriff 2. Risikoeinstellungen 3. Risiko- und Ausfallprämie 4. Maße der Risikoaversion

5. Das --Prinzip 6. Ansatzpunkte einer Risikopolitik Kapitel II: Portefeuille-Entscheidungen 1. Graphische Behandlung 1.1 Markowitz-Modell 1.2 Tobin-Separation 2. Systematisches und unsystematisches Risiko 3. Implikationen und Erweiterungen 3.1 Delegierbarkeit 3.2 Faktormodelle 3.3 Gleichgewichtsmodell (CAPM) 3.4 Performance-Messung Kapitel III: Optionspreisbildung 1. Bewertung über Prinzip der Arbitragefreiheit 2. Optionsbewertung 2.1 Eigenschaften von Optionen 2.2 Kaufoptionsbewertung bei Bernoulli-Verteilung 2.3 Kaufoptionsbewertung bei Binomial-Verteilung 2.4 Put-Call-Parität 2.5 Amerikanische Optionen 2.6 Black-Scholes-Formel Kapitel IV: Risikomanagement mit Termingeschäften 1. Sensitivitätskennzahlen 2. Devisenoptionen 3. Zinsoptionen 4. Swaps 5. Forwards und Futures Kapitel V: Duration und Zinsänderungsrisiko 1. Marktwert- und Wiederanlageeffekt 2. Konvexität 3. Immunisierung 4. Duration eines Portefeuilles Kapitel VI: Maße des Ausfallrisikos 1. Lower Partial Moments 2. Dominanzen 3. Value-at-risk Zur Vorlesung und weiteren Vertiefung gibt es das Lehrbuch: Callsen-Bracker, Hans-Markus / Hirth, Hans: Risikomanagement und Kapitalmarkt, 2. Auflage, 2010.

In Zweifelsfällen gilt der Inhalt aus der Lehrveranstaltung.

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Kapitel I: Entscheidungen bei Risiko

1. Risikobegriff

Entscheidung bei

– Sicherheit nur eine denkbare Entwicklung

– Quasi-Sicherheit mehrere möglich, aber nur eine berücksichtigt

– Ungewißheit mehrere Entwicklungen, keine weiteren Infos

– Risiko mehrere Entwicklungen, Wahrscheinl.vert. bekannt

Risiko

Möglichkeit der Abweichung vom Erwartungswert (positive Varianz)

zwingend in beide Richtungen,

Risikobeurteilung ohne weiteres zwiespältig, d.h. nicht eindeutig gut oder

schlecht

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St.-Petersburger-Spiel von Daniel Bernoulli 1738

Kopf

Kopf

Kopf

Zahl

Zahl

Zahl

0 € und Spielende

2 € und weiter

0 € und Spielende

22 € und

weiter

0 € und Spielende

23 € und

weiter

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2. Risikoeinstellungen

Bernoulli-Prinzip

Annahmen über rationales Handeln führen zur Entscheidungsregel

!maxXUE

Irrelevanz positiver Lineartransformationen der Nutzenfunktion U

XUbaXV (b > 0)

XUEbaXVE

maxXVEmaxXUE

beachte:

Irrelevanz bezüglich Entscheidung (also Bildung einer Rangfolge), nicht bezüglich Nutzenmessung (also Höhe des Nutzens)

Falls jedoch: V(X) = [U(X)]c mit c ≠ 1 E{V} = E{U

c}

E{Uc}max und E{U}max können zu untersch. Entscheidungen führen

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Relevanz nichtlinearer Transformation, z. B. V =

− Alternative A führt zu sicherem UA.

− Alternative B führt zu unsicherem UB mit UBhoch oder 0 (gleichwahrscheinlich).

E(UB) > UA: Bei Bewertung mittels U ist Alternative B besser.

E(VB) < VA: Bei Bewertung mittels V ist Alternative A besser.

U UA UBhoch E(UB)

VA

VBhoch

E(VB)

V =

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Risikoaversion

● Definition:

erwarteter Nutzen kleiner als Nutzen des sicheren Erwartungswertes:

E{U(X)} < U(E{X})

konkave Nutzenfunktion U(X) (siehe Abbildung nächste Seite)

● Krümmung der Nutzenfunktion und Risikoeinstellung

– ’’ < 0 Risikoaversion

– ’’ = 0 Risikoindifferenz, Risikoneutralität

– ’’ > 0 Risikofreude

Beispiel

XXU

%50mit

%50mit

49

1X

E{X} = 25; U(E{X}) = 5; E{U(X)} = 4

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X1 E{X} X2 S

U(X1)

E{U(X)}

U(X2)

U(E{X})

RP

Abbildung: konkave Nutzenfunktion

X

U(X)

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3. Risiko- und Ausfallprämie

Sicherheitsäquivalent

● Definition:

sicherer Ergebniswert S, der als zu einer unsicheren Ergebnisverteilung

äquivalent angesehen wird

U(S) = E{U(X)}

im Beispiel: SSU = E{U(X)} = 4

S = 16

Risikoaversion wegen S < E{X} = 25

Risikoprämie

● Definition:

Differenz zwischen Erwartungswert und Sicherheitsäquivalent

SXERP

bei Risikoaversion: RP > 0

im Beispiel: RP = 25 – 16 = 9

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Ausfallprämien und Risikoprämien

a) Beispiel

Wahl zwischen riskanter oder risikoloser Anlage

● sichere Anlage zu i = 6 %

● riskante Anlage in Höhe von 100 über eine Periode;

Rückzahlungspotential

5%

95%

mit

mit

80

r)(1100

● Nutzenfunktion XXU Mindestverzinsung der riskanten Anlage?

AnlagesicherenderausNutzen

106

AnlageunsichererausNutzenerwarteter

8005,0r110095,0

%47,71100

95,0

8005,0106

r

2

= erforderlicher Nominalzins

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● erwartete Verzinsung für r = 7,47 %:

= 0,95 7,47 % + 0,05 (20 %) = 6,10 %

> sicherer Zinssatz i = 6 %

● Differenzen:

r i = ( i) + (r )

Basisprämie Risikoprämie Ausfallprämie

1,47 % 0,10 % 1,37 %

Nachrichtlich:

Bei Risikoindifferenz müßte Nominalzins r = 7,37 % sein.

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b) absolute Ausfallprämie

vereinbarte Rückzahlung R mit Wkt. (1)

Investitionsbetrag I

R mit Wkt.

wobei 0 < 1

erwartete Rückzahlung

E = (1) R + R = [1 (1)] R

absolute Ausfallprämie

A = R E = (1 ) R = Erwartungswert des Ausfalls

Ausfallwkt. Ausfallhöhe

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c) prozentuale Ausfallprämie

Vereinbarter Bruttozinssatz sei: q = 1 + r

Dann ist vereinbarte Rückzahlung: R = q I

erwartete Bruttoverzinsung e mit

q)]1(1[I

R)]1(1[

I

Ee

prozentuale Ausfallprämie a mit

a = q e = (1 ) q = (1 ) (1 + r)

= (1 ) 1 + (1 ) r

„erwarteter Tilgungs- und Zinsausfall“

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4. Maße der Risikoaversion

● )X('U)X(''UARA a solute Risikoaversion („Arrow- Pratt-Maß“)

● )X('U)X(''UXARAXRRA relative Risikoaversion

● )X(''U)X('U

ARA1RT Risikotoleranz

Interpretation von ARA und RRA an einem Investitionsbeispiel

● Anfangsvermögen V ist aufzuteilen auf

– sichere Anlage mit Zins i

– Investition I mit unsicherer Verzinsung r , wobei μr > i

● I: unsicher investierter Geldbetrag

y = I/V: unsicher investierter Vermögensanteil

Ergebnis 1: Jeder mit ARA < ∞ ( RT > 0) wählt I, y > 0

„Every risk-averter takes some part of a favourable game.“ (Arrow)

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● Ergebnis 2: Wenn dann mit steigendem V

ARA’(V) < 0: I steigt

ARA’ = 0: I konstant

ARA’ > 0: I sinkt

● Ergebnis 3: Wenn dann mit steigendem V

RRA’ < 0: y steigt

RRA’ = 0: y konstant

RRA’ > 0: y sinkt

Aussagen über Vermögenseffekte auf Entscheidungen

Empirische Ergebnisse

ARA fallend und RRA konstant, darstellbar zum Beispiel durch

● logarithmische Funktion XlnXU oder

● Wurzelfunktion XXU

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In Modellen häufig verwendet

● lineare Funktion XXU (Risikoindifferenz)

● quadratische Funktion 2XbXXU (Risikoaversion bei b > 0)

● exponentielle Funktion Xae1XU (Risikoaversion bei a > 0)

je nach Erklärungsziel akzeptabel, analytisch einfacher

5. μ-σ-Prinzip

● maßgeblich nur Erwartungswert und Varianz der Ergebnisse

● Zielfunktion φ(μ,σ)

● Risikoaversion, wenn 0σ

φ

● Beispiele für μ-σ-Zielfunktionen, die mit Bernoulli-Prinzip vereinbar sind:

2

21 σaμφ [bei Xae1XU und Normalverteilung von X]

22 σμbμφ [bei 2XbXXU ]

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Vereinbarkeit mit Bernoulli-Prinzip aber nicht unbedingt erforderlich

(Bernoulli-Prinzip ist kein Naturgesetz!)

Abbildung: Indifferenzkurven

steiler Verlauf: geringe Risikoaversion; Grenzfall: Vertikale Risikoindifferenz

X

μ

σ

σX

μX RP S

φ = konst. (Risikoindifferenz)

φ = konst. (schwache Risikoaversion)

φ = konst. (starke Risikoaversion)

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μ-σ-Effizienz (bei Risikoaversion)

● Dominanz (bilateraler Vergleich):

X dominiert Y, wenn

μX μY und σX < σY oder

μX > μY und σX σY

● Effizienz (allseitiger Vergleich):

X ist effizient, wenn es von keinem anderen Y dominiert wird.

● Effizienz ohne genaue Kenntnis von φ entscheid ar

(Anwendung in Portefeuilletheorie)

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Abbildung: effiziente und optimale Lösungen

● effiziente Lösungen auf „Südost-Rand“ (Achsenbeschriftung!)

● Optimum im Tangentialpunkt

● μ* und σ* geringer ei größerer Risikoaversion

μ

σ

effiziente

Lösungen

optimale Lösung bei

schwacher Risikoaversion

optimale Lösung

bei starker Risikoaversion

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6. Ansatzpunkte einer Risikopolitik (Kombinationen möglich)

Risikovermeidung Risikoabwälzung Risikotragung (originäres Risiko vor Risikopolitik wird gar nicht eingegangen) entgeltlos per Entgelt (R.abgeltung) evtl. Bildung eig. Rückstellungen (R.vorsorge) entgeltlos per Entgelt (möglich z.B. wegen R. neutralität anderer) weitere Parteien beteiligen Eingehen weiterer Risiken sich am originären Risiko zwecks Streuung (Risikoteilung) (Diversifikation) nur zwei Risikopositionen (Hedging)

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Kapitel II: Portefeuille-Entscheidungen

1. Graphische Behandlung

1.1 Markowitz-Modell (Harry Markowitz, Nobelpreis 1990)

Annahmen

● Risikoaversion, konkret: (μ,σ)-Prinzip

● 1 Periode (zwei Zeitpunkte 0 und 1)

● vollkommener Kapitalmarkt, insbesondere

keine Transaktionskosten

beliebige Teilbarkeit

freier Marktzugang

Leerverkäufe (negative Portefeuilleanteile) zulässig

Mengenanpassung: Jeder Investor geht davon aus, daß seine Transak-

tion die Preise bzw. Renditen nicht beeinflußt.

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Renditeberechnung bei 2 Wertpapieren j = 1; 2

Rendite von Wertpapier j

j0

j0jj1j

P

PD~

P~

r~

P0j bzw. P1j: Preis des Wertpapiers j im Zeitpunkt 0 bzw. 1

Dj: Dividende aus Wertpapier j im Zeitpunkt 1

wertmäßiger Anteil des Wertpapiers j am Portefeuille

i Pn

Pnx

0ii

0jjj

nj: Anzahl an Wertpapieren des Typs j im Portefeuille

Rendite des Portefeuilles

2121

2211P

xr~r~r~

r~xr~xr~

mit x1 = 1 x2.

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erwartete Rendite des Portefeuilles

2121PP xμμμμrE

Abbildung: P

x2

x1

μP

μ2

μ1

X2 = 0 X2 = 1

Wp 1

Wp 2

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Varianz der Rendite des Portefeuilles

12212122

22

21

21

122122

22

21

21

2Pp

ρσσxx2σxσx

σxx2σxσxσrVar

Abbildung: P

x2 x1

σ1

σ2

σP

ρ = +1

ρ = –1

ρ (–1; +1)

X2=0 X2=1

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Abbildung: Zusammenfassung P und P

x2

μP

μ2 μ1

1 0

σP

σ2

σ1

σmin

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Erkenntnis: 21P ,minmin

Risikominderung durch Diversifikation

Normalfall auf Aktienmärkten: ρ12 positiv, aber kleiner als 1

Beispiel: σP für σ1 = 15 %; σ2 = 16 %; ρ12 = 0 oder 0,8

σP

x2 1 0,75 0,5 0,47 0,34 0,25 0

x1 0 0,25 0,5 0,53 0,66 0,75 1

ρ12 = 0,8 0,1600 0,1517 0,1471 0,1468 0,1427 0,1465 0,1500

ρ12 = 0 0,1600 0,1257 0,1097 0,1094 0,1130 0,1194 0,1500

Falls mehr als 2 Wertpapiere:

„Umhüllende“ Kurve der zulässigen Portefeuilles

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Effiziente und optimale Portefeuilles

● (μ,σ)-Effizienz: siehe oben

Portefeuilles auf dem aufsteigenden Ast der Kurve („Südost-Rand“)

● optimales Portefeuille

Ausgangspunkt ist Risikoaversion des Entscheiders.

Bei konkreter Präferenzfunktion

2

21 a

lautet die Funktion für die Indifferenzkurven

a

2.

→ konkave Indifferenzkurven im (μ,σ)-Diagramm

→ Optimum Popt

im Tangentialpunkt (abhängig von den Risikopräferenzen)

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1

Abbildung: optimales Portefeuille Popt

ohne sichere Alternative

μP

σP

2 effiziente

Portefeuilles

optimales

Portefeuille

tangierende

Indifferenzkurve

Popt

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r0

1

2

1.2 Tobin-Separation

Abbildung: optimales Portefeuille P* mit sicherer Alternative

P*

G*

Linie effizienter Gesamtportefeuilles

μP;; μG

σP;; σG

tangierende Indifferenzkurve

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Effiziente Gesamtportefeuilles

● nur auf dem rechten (fetten) Strahl

Optimierung

– Kombination von P* und r0, Gewichtung je nach Risikoaversion

– P* (= opt. Teilportefeuille unsicherer Anlagen, „Supereffizientes Portfolio“)

ist unabh. vom Ausmaß der Risikoaversion

Separationstheorem von Tobin (Nobelpreis 1981)

Separierung zweier Teilentscheidungen möglich:

1.) Zusammensetzung von P* (unabhängig vom Ausmaß d. Risikoaversion)

2.) Kombination mit r0 zu G* (abhängig vom Ausmaß d. Risikoaversion)

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Herleitung der Linie effizienter Gesamtportefeuilles

● Einbeziehung eines risikolosen Wertpapiers (Index 0) mit Rendite r0

00 r

0P0j020

● Kombination von 0 mit irgendeinem Portefeuille P unsicherer

Wertpapiere zu einem Gesamtportefeuille G mit riskanter Rendite rG

rG = x0 r0 + xP rP

= r0 + (rP r0) xP beachte: x0 = 1 xP

P0P0G xrr

PPG x

Linearer Zusammenhang zwischen μG und σG nach Substituieren von xP

GP

0P0G

rr

Nimmt man nun speziell die Kombination von 0 mit dem Portefeuille P*:

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G*P

0*P0G

rr

„Linie effizienter Gesamtportefeuilles“

oder

*PG2

0*P0G

*P

rr

oder

*P;G2

0*P

0G

*P

rr

Letzteres gilt wegen: *PG*P;G (Beweis siehe nächste Seite)

Die entsprechende Risikoprämie ergi t sich jeweils ü er μG – r0.

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Beweis:

(1) σG;P* = Cov(xP* rP* + (1 – xP*) r0; rP*) = xP* σP*2

xP* = 2

*P

*P;G

(2) σG2 = Var(xP* rP* + (1 – xP*) r0) = xP*

2 σP*

2

Einsetzen von xP* aus 1.) in 2.):

σG2 = xP*

2 σP*

2 =

2

*P

2

2

*P

2

2

*P

*P;G *P;G

*PG*P;G

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2. Systematisches und unsystematisches Risiko

Abbildung: Risikobeitrag eines Wertpapiers zum optimalen Portefeuille

Wertpapier j Portefeuille P*

μ

σ

Kombinationen aus j und P*

μp*

σp*

r0

Linie effizienter Gesamtportefeuilles

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Idee 1

Betrachtet wird ein einzelnes Wertpapier j, das in P* enthalten ist.

Wie entwickelt sich das Portefeuille P*, wenn Wertpapier j über- oder unter-

gewichtet wird?

Für die Kombinationen aus j und P* gilt (fette Kurve):

μK = α μP* + (1 − α) μj

j*P

jK

Gleichung 1

Bei α = 1 wäre das Wertpapier optimal gewichtet (nämlich i. H. seines P*-Anteils).

Für α < (>) 1 wäre es übergewichtet (untergewichtet).

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Außerdem gilt für die Kombination:

*jP

2

j

22

*P

2

K )1(2)1( Gleichung 2

Idee 2

In P* muß die (fettgedruckte) Kombinationslinie die Linie effizienter Gesamt-

portefeuilles tangieren.

Grund: Kombinationen rechts von der Linie effizienter Gesamtportefeuilles sind

nicht erreichbar.

K

K

0*P

*P

r

K

K

0*P

*P

r

Gleichung 3

Steigung der Linie

effizienter Gesamt-

portefeuilles

Steigung der Kom-

binationslinie in P*

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mit

j*PK

1

aus Gleichung 1

und

*jP2j

2*P

*jP2j

22*P

22

1K

)21(2)1(22

)1(2)1( 21

aus Gleichung 2

Außerdem ist in P* gerade α = 1. Deshalb Vereinfachung zu

*jP

2

*P

*P

*jP

2

*P2

*P

*jP

2

*P

2

*P21K

1

1

)21(2221

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Einsetzen in rechte Seite der Gleichung 3:

*jP0*P0j

2

*P

*jP

0*P0j

0*P2

*P

*jP

*Pj

0*P*jP

2

*P2

*P

j*P

j*P

*jP

2

*P

*P0*P

*P

rr

rr

r1

r1

11

r

mit „Beta“ P*

jP*j

2

P*

jP*

jP*σ

ρσ

σ

σβ

Das ist die erwartete Ren-dite, die ein Wertpapier j, das in P* enthalten ist, aufweisen muß.

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Damit gilt für die Risikoprämie eines Wertpapiers, das in P* enthalten ist:

*jP2*P

0*P0j

rr

Fazit

Für jedes einzelne Wertpapier j im Portefeuille P* gilt:

Abgeltung nur des systematischen Risikos. Dieses

– bleibt nach Diversifikation als Beitrag zum Portefeuillerisiko erhalten.

– wird durch Risikoprämie abgegolten.

– wird estimmt durch den Risikozusammenhang σjP*, ρjP* zw. βjP*

– kann auch negativ sein „vernichtet“ Portefeuillerisiko.

unsystematisches Risiko:

keine Abgeltung durch Risikoprämie, kann wegdiversifiziert werden

(offensichtlich z. B. bei j > 0, aber gleichzeitig jP* = 0)

Risikoprämie Marktpreis pro Risikoeinheit

Beitrag zum systematischen Risiko

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39

3. Implikationen und Erweiterungen

3.1 Delegierbarkeit

● Kalkulation von P* delegierbar, weil unabhängig von individuellen Größen

wie Vermögen oder Präferenzen;

interessant wegen

– Schätzaufwand:

Beispiel: 100 Wertpapiere

5.150 Parameter:

100 j, 100 j und 950.41nn2

1 ij

– Kalkulationsaufwand

Anlageberatung einer Bank bräuchte dies nur einmal (für alle Kunden)

ermitteln.

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40

● Risikoübernahme nach Wahl des Anlegers, Beispiele:

– Vorgabe eines Mindest-Renditeerwartungswerts und Minimierung der

Standardabweichung

– Vorgabe einer Maximal-Standardabweichung und Maximierung der

erwarteten Rendite

● Bei Orientierung an einem einseitigen Ausfallrisiko:

– Wahl einer festen Mindestrendite (Target) und Minimierung der

Wahrscheinlichkeit, diese Rendite zu unterschreiten („safety first“)

3.2 Faktormodelle

● Ansatzpunkt: hoher Schätzaufwand (s.o.)

denkbare Vereinfachung: Faktormodelle („Indexmodelle“)

Beschreibung des Risikos durch lineare Zusammenhänge zu

Basis-Risikofaktoren

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41

Ein-Faktor-Modell („Single-Index-Modell“)

Renditen aller Wertpapiere haben einen gemeinsamen Einflußfaktor F

(z. B. Konjunkturindex)

● jjjj Fbar ~~~ für jedes Wertpapier j

mit

εj als wertpapierspezifische „Störgröße“

0}{ jE für alle j. Unkritisch, per Konstruktion der lin. Regression

0};{ FCov j für alle j. Unkritisch, per Konstruktion der lin. Regression

0};{ kjCov für alle j u. k. Kritisch, gibt es so ein F?

Verteilungsparameter

Fjjj ba

2222

jFjj b

2Fkjjk bb

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42

bei n = 100: 302 zu schätzende Parameter, nämlich

100 aj ; 100 bj ; 100 2

j ; 1 x μF ; 1 x

2Fσ

(im Portefeuillemodell wären es 5.150)

Mehrfaktorenmodell („Multi-Index-Modell“)

Renditen aller Wertpapiere haben mehrere gemeinsame Einflußfaktoren Fi

(z. B. Konjunkturindex F1, Konsumindex F2, Wechselkurs F3, …..)

● jjjjjj FbFbFbar ~~~~~332211 für jedes Wertpapier j

geringere Residualvarianzen, aber wieder höherer Schätzaufwand

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43

3.3 Gleichgewichtsmodell (CAPM = Capital Asset Pricing Model)

● Portefeuilletheorie (Markowitz, Tobin) Individualsicht:

normativ: Wie sollte Portefeuille aussehen, wenn --Prinzip verfolgt wird?

deskriptiv: Wie sieht Portefeuille eines Anlegers aus, der --Prinzip verfolgt.

● CAPM (Sharpe, Lintner, Mossin) Marktsicht:

deskriptiv: Wie sehen die Wertpapierpreise im Marktgleichgewicht aus, wenn

sich alle Anleger nach dem --Prinzip verhalten?

Definition Marktgleichgewicht

● Preise ( Renditen), bei denen

– Planungsoptimum jedes Anlegers (aus individueller Nutzenmaximierung)

optimale Nachfrage

– Markträumung

Übereinstimmung von (optimaler) Nachfrage- und Angebotsmenge

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44

Definition Marktportefeuille

● Marktportefeuille = Menge aller Anlagemöglichkeiten mit unsicherer Rendite

beachte: definiert durch das Angebot, nicht durch die Nachfrage !

Zusätzliche Annahme

● homogene Erwartungen bzgl. aller Parameter

P* für alle Anleger identisch

Gleichgewichtsanalyse

● Gesamtangebot = Marktportefeuille M (per Definition)

● Gesamtnachfrage (Bestandsnachfrage) = P* (wg. homogener Erwartungen)

● Markträumungsbedingungen

– gleiche Struktur von M und P*

– gleiche Volumina von M und P*

● Falls nicht:

Anpassung der relativen Wertpapierpreise/-renditen

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45

Ergebnisse

● Jeder Anleger hält einen strukturgleichen Anteil am Marktportefeuille

(universelle Separation)

(gleiches Verhältnis zwischen Siemens, Telekom, Daimler ...)

● Höhe seines Anteils bestimmt sich durch Anteil seiner Risikotoleranz

● Aussagen über Risikoprämien im Kapitalmarktgleichgewicht

– Kapitalmarktlinie (ähnlich der Linie effizienter Gesamtportefeuilles, s.o.)

G

M

0M0G σ

σ

rμrμ

– Wertpapiermarktlinie (für beliebige Positionen, auch einzelne Wertpapiere)

jMj

M

0M0j ρσ

σ

rμrμ

= r0 + (μM r0) βjM

wie oben, aber mit M statt P* (Index M erst im Gleichgewicht!)

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46

● Eine (modifizierte) Wertpapiermarktlinie läßt sich auch bei Aufweichung von

Annahmen ermitteln

(keine risikolose Anlagemöglichkeit, keine homogenen Erwartungen, nicht

handelbare Risiken, ...).

● Die universelle Separation ist dagegen nicht robust.

3.4 Performance-Messung

● Performance: Leistung verglichen mit einem Referenzmaßsta („Benchmark“)

● Messung relevant insbes. zur Beurteilung von Fondsmanagern

● „klassische“ Maße, a geleitet aus der Portefeuilletheorie / dem CAPM

● generell: (erwartete) Rendite, um Risiko korrigiert

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47

Treynor-Maß

Jensen-Maß

M

F

μj

r0

μM

μF

βjM βFM 1

Wertpapiermarktlinie

μj = r0 + (μM – r0) ∙ βjM

Abbildung: Jensen- und Treynor-Maß

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48

Jensen-Maß

FM0M0FF rrJ > (<) 0 ??

Überrendite i. Vgl. zur Wertpapiermarktlinie bei gleichem systematischen Risiko

Treynor-Maß

FM

0FF

β

rμT

> (<)

1

r0M ??

Vergleich der Risikoprämien pro Einheit systematisches Risiko

(Vergleich mit Steigung der Wertpapiermarktlinie)

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49

r0

μF

μM

μG

F

M

σG

Sharpe-Maß

σM σF

Kapitalmarktlinie

G

M

0M0G σ

σ

rμrμ

Abbildung: Sharpe-Maß

Sharpe-Maß

F

0FF

σ

rμS

> (<)

M

0M r

??

Vergleich der Risikoprämien pro Einheit Gesamtrisiko (Vergleich mit Steigung der Kapitalmarktlinie)

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50

Beispiel (r0 = 6 %)

μ σ β ρ * J T S

Markt 12 % 20 % 1 1 0 6 % 30 %

Fonds A 8,5 % 10 % 0,1 0,2 1,9 % 25 % 25 %

Fonds B 10 % 12,5 % 0,5 0,8 1 % 8 % 32 %

Fonds C 17 % 40 % 1,5 0,75 2 % 7,33 % 27,5 %

* nachrichtliche, redundante Angabe wegen F

MFMFM

σ

σβρ

Erkenntnis

● unterschiedliche Rangfolgen bei den verschiedenen Maßen

● J versus T: Jensen könnte hohes systematisches Risiko βFM „ elohnen“

● Treynor nicht entscheidungstheoretisch begründbar

● Jensen / Treynor vs. Sharpe: systematisches oder Gesamtrisiko als Maßstab

– Wer nur Fondsanteile hält: Sharpe

– Wer zusätzlich diversifiziert: Jensen / Treynor

Eignung von GG-Modellen als Basis zur Beurteilung der Abweichung vom GG?

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51

Kapitel 3: Optionspreisbildung

1. Bewertung über Prinzip der Arbitragefreiheit

Arbitragefreiheit:

- Äquivalente Positionen haben gleiche Preise.

- Dominante Positionen haben höhere Preise.

Zur Einschätzung der Äquivalenz u. Dominanz sind zumindest grobe Vorstellun-

gen über Präferenz nötig, z.B. Nichtsättigung, Risikoaversion

Grundidee:

Duplikation einer zu bewertenden Position durch eine Kombination von Positionen,

deren Preise bekannt sind.

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52

Beispiel

100 (Zustand 1)

Wp. 1 mit p1 = 70

40 (Zustand 2)

50 (Zustand 1)

Wp. 2 mit p2 = 55

70 (Zustand 2)

80 (Zustand 1)

Wp. 3 mit p3 = ???

62 (Zustand 2)

Erster Schritt: äquivalente Position herstellen

Dupliziere Rückfluß von Wp. 3 durch geeignete Kombination von Wp. 1 und 2 mit

Mengen x1 und x2:

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53

6280

7050

2x

40100

1x Lösung: x1 = 0,5 und x2 = 0,6.

Zweiter Schritt: Gleichsetzung der Preise äquivalenter Positionen

p3 = x1 p1 + x2 p2 = 0,5 70 + 0,6 55 = 68

2. Optionsbewertung

2.1 Eigenschaften von Optionen

Option

Recht,

am Ende oder während bestimmter Frist (europäisch oder amerikanische)

einen estimmten Basistitel („ nderlying“)

zu einem bestimmten Ausübungspreis (Basispreis)

zu kaufen/verkaufen (Kauf-/Verkaufsoption oder call/put).

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54

Beispiel: Kaufoption auf Aktie mit Ausübungspreis E

Optionswert am Fristende

Aktienkurs ST

E

Max [0; ST E]

45 0

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55

Gewinn-Verlust-Profil am Fristende

Aktienkurs ST

E

- Optionspreis (aufgezinst)

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56

Beispiel: Verkaufsoption auf Aktie mit Ausübungspreis E

Optionswert am Fristende

Aktienkurs ST

E

Max [0; E ST]

45 0

E

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57

Gewinn-Verlust-Profil am Fristende

Aktienkurs ST

E

E qT p

qT p

Kosten in Höhe des aufgezinsten Put-Preises p, wenn der Put in t=0 erworben wurde

E

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58

2.2 Kaufoptionsbewertung bei Bernoulli-Verteilung

Kaufoption mit einer Periode und Zweipunktverteilung (Ansatz von Sharpe)

Wertentwicklung

u S aktueller Aktienkurs S mit u > d

d S

Max [0; u S E] = cu aktueller Optionspreis c

Max [0; d S E] = cd

Hier allgemeine Darstellung mit cu und cd.

Normalerweise cu = u S E und cd = 0.

Ansonsten trivial:

Falls cd = d S E > 0

Ausübung lohnt immer.

Call + künftig zu zahlender Ausübungspreis sind äquivalent zu Aktienposition

Heutige Preise beider Positionen müssen gleich sein: c + E/q = S.

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59

Ermittlung von c über Arbitragefreiheitsbedingungen

Erster Schritt: optionsäquivalente Position herstellen

Duplikation der Option über Kombination aus x Aktien und Verschuldung B:

x u S q B

x Aktien und

Verschuldung B x d S q B

Gleiche Rückflüsse wie bei Option, wenn

(1) x u S q B = cu

und (2) x d S q B = cd

(1) (2) x (u d) S = cu cd

Sd)(ud

cucx

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60

und aus z.B. (1):

q B = x u S cu

q B = Sd)(ud

cuc

u S cu

B = du

dcuucd

q1

duucd)(u)

dcu(cu

q1

Durch x und B ist das Duplikationsportefeuille eindeutig beschrieben.

Zweiter Schritt: Gleichsetzung der Preise äquivalenter Positionen

c = x S B

Nach Einsetzen von x und B:

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61

c =

d

cdu

quuc

dudq

q1

oder

c = (1/q) ( cu + (1) cd)

mit

du

dq

als Gewichtungsfaktor mit 0 < < 1 wegen d < q < u

heißt „risikoneutrale Wahrscheinlichkeit“.

Grund: c = Barwert des Erwartungswerts der Rückflüsse, falls Eintrittswahr-

scheinlichkeiten bzw. 1 wären.

Nach Einsetzen von cu = u S E und cd = 0:

c = E)S(ududq

q1

Abzinsung r.neutr. Wkt. Gewinnpotential

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62

2.3 Kaufoptionsbewertung bei Binomialverteilung

Erweiterung auf n Perioden (Ansatz von Cox, Ross und Rubinstein1)

u3 S

u2 S

u S du2S .......................

S duS ................ uk d

nk S = S

(k)

d S d2uS .......................

d2 S

d3 S

k: Anzahl der Aufwärtsbewegungen nach n Perioden

cuuu cuu cu cuud .......................

c cud ................ c(k)

=Max[0; S(k)E]

cd cudd ....................... cdd cddd

1 Cox/Ross/Rubinstein (1979). Option pricing: A simplified approach, in: Journal of Financial Econometrics 7, S. 229–265.

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63

Herleitung für n = 2 durch Übertragung der Ergebnisse bei einer Periode:

cu = (1/q) ( cuu + (1) cud)

und

cd = (1/q) ( cud + (1) cdd)

Außerdem

c = (1/q) ( cu + (1) cd)

Einsetzen von cu und cd führt zu

c = (1/q2) [

2 cuu + 2 (1) cud + (1)

2 cdd]

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64

Verallgemeinerung auf n Perioden ergibt

c = (k)

ckn)(1kn

0k k

n

nq

1

mit

k)!-(n k!

n!

k

n

und c(k)

: Optionsendwert bei k Aufwärtsbewegungen

Weitere Überlegung:

An der Stelle k = a reicht die Anzahl nötiger Aufwärtsbewegungen bei gegebenem

n gerade aus, damit Schlußkurs mindestens Ausübungspreis erreicht

S(0)

; S(1)

; .....; S(a1)

< E und S(a)

E

c(0)

= c(1)

= ... = c(a1)

= 0 und c(a)

0

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65

Dann folgt

k-nk

n

k-nk

k-nk

nn

knkk-nk

knkk-nk

n

)(1n

ak k

n

q

E

q

d)(1

q

un

ak k

nS

)(1n

ak k

n

q

E

q

du)(1

n

ak k

nS

ESdu)(1n

ak k

n

q

1c

= S B(an; ’) nq

E B(an; )

(Binomial-)Wahrscheinlichkeit dafür, daß nach n Perioden mindestens a Auf-

wärtsbewegungen vorkommen (also die Option im Geld endet), wobei als Wahr-

scheinlichkeit für eine Aufwärtsbewegung bzw. ’ anzusetzen ist.

’ 1’

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66

Anmerkungen

Wenn sich der aktuelle Preis der Option auf den Zeitpunkt t bezieht und die

Option im Zeitpunkt T fällig ist, ist n = T t.

Auch ’ wird als Wahrscheinlichkeit interpretiert („Pseudowahrscheinlichkeit“).

’ führt a er nicht zur korrekten „risikoneutralen Bewertung“ und ist daher

keine „risikoneutrale Wahrscheinlichkeit“.

Interpretation

aktueller Optionspreis = Differenz zwischen aktuellem Aktienkurs und Barwert des

Ausübungskurses jeweils multipliziert mit „Pseudo“-Wahrscheinlichkeiten dafür,

daß es sich überhaupt lohnen wird, die Option auszuüben.

2.4 Put-Call-Parität

Verkaufsoption („put“)

Recht .......... zum Ausübungspreis zu verkaufen

lohnend, wenn Marktpreis < Ausübungspreis

zwei alternative Vorgehensweisen für Bewertung

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67

Variante A: analog wie beim call über eine Duplikation des put

Optionsendwert diesmal

pT = Max[0; E ST]

Duplikationsportefeuille diesmal

Geldanlage + Leerverkauf von Aktien

Variante B: Herleitung über Arbitragebeziehung zum call

Idee: Die beiden folgenden Positionen sind äquivalent, da sie stets gleiche End-

werte haben. (Wegen Endwertvergleich gilt Beweis nur für europ. Optionen.)

Position I: Kauf call und Verkauf put

Position II: Kauf Aktie und Verschuldung zu E/qn

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68

grafischer Nachweis der Äquivalenz

Position 1: Kauf call + Verkauf put

Endwerte

Aktienkurs ST

E

Kauf eines call

Verkauf eines put

Kauf eines put

E

Nettoposition

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69

Position 2: Kauf Aktie und Verschuldung zu E/qn

t = heute; T = Fälligkeitszeitpunkt; n = T t = Restlaufzeit

Endwerte

Aktienkurs ST

E

Nettoposition

Verschuldung zu E/q

n in t

Kauf einer Aktie

E

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70

identische Preise beider Positionen in beliebigem Zeitpunkt t ≤ T:

(Preis Position 1) c p = S E/qn (Preis Position 2)

p = c + E/qn S “Put-Call-Parität”

Einsetzen der c-Preisformel ergibt wie bei Variante A:

p = nq

E [1 B(an; )] S [1 B(an; ’)]

Beachte:

Optionspreisformeln hergeleitet für best. Verteilung des Aktienkurses

europ. Optionen

2.5 Amerikanische Optionen

jederzeitige Ausübung möglich

Diese bringt immer St E (call) bzw. E St (put)

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amerikan. call

Preis schon eines europ. call ist vor Ablauf stets höher als Ausübung

eines amerikan. call erbrächte.

Beweis über Put-Call-Parität:

p = c + E/qn S

c = p + S E/qn S E/q

n > S E

vorzeitige Ausübung eines call ohne weiteres nie vorteilhaft.

zusätzliches Recht wertlos

Preis amerikan. call = Preis europ. call

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72

amerikan. put

Preis eines europ. put kann vor Ablauf allerdings niedriger sein als

Ausübung erbrächte.

Siehe wieder über Put-Call-Parität:

p = c + E/qn S <(?) E S

Voraussetzung:

c < E E/qn

Zur Interpretation: Angenommen, Sie haben 1 Aktie und 1 put.

Rechte Seite: Wenn Sie den put ausüben, ist die Aktie weg. Vorteil: Sie erhalten vorzeitig E und entsprechenden Zinsgewinn.

Linke Seite: Wenn Sie den put nicht ausüben, behalten Sie die Aktie. Vorteil: Sie könnten von künftigen Aktienkursen oberhalb von E profitieren (der put verfällt dann). Marktwert dafür wäre c.

Barwertgewinn durch vorzeitigen Erhalt des Ausübungskurses (dann aber keine Aktie mehr)

Marktwert für poten-zielle Kurssteigerung der Aktie über E hin-aus

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73

2.6 Black-Scholes-Formel

… durch Grenzwertübergang für n

….von zeitdiskret binomialverteilter zu zeitstetig normalverteilter Aktienrendite

…. bei gegebenem T und geg. Erwartungswert und Varianz in T

.….durch entsprechende Anpassungen der Auf- und Abzinsungsfaktoren u und d

Anmerkungen:

Für die Verteilung der Aktienrendite wird ein sog. Wiener-Prozeß angenommen.

Dabei sind Rendite und Aktienkurs nicht in T differenzierbar.

Sei die Bruttorendite nach Zeitintervall T, dann ist der Aktienkurs

)(~

0)(~ TReSTS

bzw.

)(~

ln)(~

ln 0 TRSTS

→ Aus normalverteilter zeitstetiger Rendite folgt lognormalverteilter Kurs.

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74

Preis einer Kaufoption in t = 0 nach Black und Scholes

2

c = S N(d1) erT E N(d2)

mit

N() Wert der Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung

T²σ5,0rE

Sln

d1

d2 d1 T

² Varianz der Aktienrendite über Zeitintervall der Länge 1

r sichere Zinsrate bei zeitstetiger Verzinsung

2 Black, Fischer und Myron S. Scholes (1973). The pricing of options and corporate liabilities, in: Journal of Political

Economy, 81 (3), S. 637-654.

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75

Anmerkungen

Struktur der Preisformel ähnelt der bei Binomialverteilung (erT = qn

)

empirisch zu beobachten: Aktienrenditen nicht normalverteilt,

sondern „leptokurtisch“: mehr Masse an Enden, spitzgipfliger

außerdem: Renditeuntergrenze bei 100 % → linkssteil zw. rechtsschief

trotzdem: weitverbreitet und populär, „normative Kraft des Faktischen“

„präferenzfreie“ Bewertung

implizite Volatilität

Dichte

Aktien-rendite −100 %

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76

Kapitel IV: Risikomanagement mit Optionen

1. Sensitivitätskennzahlen („Greeks“)

Delta Δ = c’(S) = N(d1) mit 0 ≤ Δ ≤ 1

Gibt an, wieviele Aktien gekauft werden müssen, um Wertänderung einer Option

zu duplizieren („Hedge-Ratio“)

S

Δ

1

Barwert des Ausübungspreises

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77

Exkurs: Beweis für c’(S) = N(d1)

c’(S) = S N’(d1) d1’(S) + N(d1) erT E N’(d2) d2’(S)

Wegen d2 = d1 T:

d1’(S) = d2’(S) = d’(S) = ST

1

S

E

E

1

T

1

Dichtefunktion der Normalverteilung: ²2

)²x(

e²2

1)x(f

Dichtefunktion der Standardnormalverteilung: 2

²x

e2

1)x(f

Ü ertragen auf N’(di): 2

²d

i

i

e2

1)d('N

Dann ist

Tr1

TrE

Sln

12

T²Td

12

)²Td(

2 eE

S)d('Ne)d('Ne)d('Ne

2

1)d('N

11

Einsetzen in c’(S)

)d(NST

1e

E

S)d('NEe)d(N)d('N

T

1)S('c 1

Tr1

Tr11

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78

Gamma = Δ’(S) = 0TσS

)d('N 1

Änderung der Hedge-Ratio; Hedge-Risiko

Omega = c

S)S('c

SS

cc

Kurselastizität des Optionswerts

S

Barwert des Ausübungspreises

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79

Rho ρ = c’(r) = T E erT N(d2) 0

Werterhöhung durch Erhöhung des Zinssatzes

Theta θ = c’(T)

Wertverlust durch marginale Fristverkürzung

- eachte: c’(T) > 0

hier jedoch: T sinkt marginal, daher gemessen über θ = c’(T) < 0

- typische Verläufe bei europ. call3

3 Siehe Hull, John: Options, futures, and other derivatives, 6. Aufl., 2006, S. 354.

T

θ

Out of the money: S < E

In the money: S > E

At the money: S = E

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Vega = c’() = S T N’(d1) 0

Werterhöhung durch höhere Volatilität

besonders hoch bei knapp aus-dem-Geld liegenden calls

Vega ist übrigens kein griechischer Buchstabe.

veränderte Kursverteilung auch durch

Dividendenzahlungen → zusätzl. stochast. od. deterministische Kurssprünge

andere Basistitel („underlyings“): Devisen, festverzinsl. Wertpapiere

S

Vega

Barwert des Ausübungspreises

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2. Devisenoptionen

ausführlicher siehe Finanzierung & Investition II

S = Devisenkurs, z.B. Wert eines $ in € mit [S] = €/$

Besonderheit im Vergleich zum Basistitel Aktie

Künftiger Aktienkurs beinhaltet eine zwischenzeitliche Renditekomponente

(bei produktiver Verwendung des Eigenkapitals)

Künftiger Dollarkurs beinhaltet ohne weiteres keine zwischenzeitliche Rendite

(in Form zwischenzeitlicher Auslandszinsen ra).

Im Vgl. zum Basistitel Aktie wird deshalb der Basistitel Dollar mit Opportunitäts-

kosten in Höhe der entgangenen Zinsen belastet. In der Optionspreisformel wird

daher der aktuelle Wertansatz S des Basistitels um den Barwert dieser Opportu-

nitätskosten reduziert.

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Berechnung des Barwerts der „Opportunitätskosten“

Hätte man S0 zum kontinuierlichen Zinssatz ra angelegt, wäre der gesamte Rück-

fluß in Euro bei unverändertem Dollarkurs: Tr

0TaeSR

.

Der Endwert der Zinszahlungen wäre: 1eSSRTr

00Ta

.

Der Barwert dieser Zinszahlungen wäre: 1eSeTr

0Tr aa

.

Zieht man von S0 diesen Barwert ab, verbleibt

0TrTr

0Tr

0 Se1eSeS aaa

Die Black-Scholes-Formel kann daher wie folgt modifiziert werden

c = eraT S N(d1) eriT E N(d2)

mit

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N() Wert der Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung

T

T²5,0rrE

Sln

dai

1

d2 d1 T

Besonderheit auch im Term di:

Zinsdifferenz ri ra zwischen In- und Ausland relevant

Grund:

- Verzicht auf sofortigen Kauf eines $ bringt zwischenzeitlich ri

- allerdings hätte sofortiger Kauf eines $ zwischenzeitlich ra erbracht (Opportu-

nitätskosten der Option).

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3. Zinsoptionen

Optionen auf Marktzinsen oder auf festverzinsliche Anleihen (→ zinsabh. Kurs)

Zur Zinsabhängigkeit der Kurse festverzinslicher Anleihen

Beispiel: ewige Rente

in t = 0:

Ausgabe zu Pari

Zinssatz z0 bezieht sich auf Ausgabekurs K0

künftige Zinszahlungen jeweils z0 K0

→ aktueller Kurs, wenn z0 dem Marktzinssatz entspricht: K0 = z0 K0/z0

in t = 1:

Änderung der Marktzinsen auf z1 bei unverändertem Zinsanspruch z0

K1 = z0 K0/z1 > (<) K0 , wenn z0 > (<) z1

Kurserhöhung bei sinkenden Zinsen und umgekehrt

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normalerweise: endliche Laufzeit T

Besonderheit i. Vgl. zu Aktien- und Devisenkurs:

KT = Nennwert (unabh. von Zinsentwicklung und Bonität vorausgesetzt)

Anleihekurs nach oben beschränkt (durch sicheren Kurs bei Fälligkeit und

bis dahin ggf. zu erzielender Überrendite; letztere ist höchstens z 0)

Varianz kann im Zeitablauf nicht konstant sein

außerdem:

Sofern von nichtflacher Zinsstruktur ausgegangen wird, ist Risikoquelle nicht ein

einzelner Zinssatz, sondern gesamte Zinsstruktur

In Literatur verschiedene Ansätze zur Optionsbewertung, je nachdem, wieviele

exogene Faktoren zur Erklärung der Zinsstrukturkurve modelliert werden.

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Kursobergrenze einer endlichen Anleihe

Sei K0 = Ausgabekurs = Nennbetrag

z0 = vereinbarter Zinssatz = aktueller Marktzinssatz

Falls nach logischer Sekunde Marktzinssatz auf z1 = 0 fällt

„Neuer“ Kurs: K1 = T (z0 K0) + K0

prozentuale Kurserhöhung

brutto: 1zTK

K0

0

1 netto: 0

0

1 zT1K

K

Beispiel: Bei Laufzeit T = 5 und vereinbartem Zins z0 = 5 %

maximale Kurserhöhung: 25 %

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Einsatz von Optionen auf Zinssätze

(1) Floor

Idee: Bodenziehung zur A sicherung „nach unten“

Bezeichnung bezieht sich eher auf eine Strategie als auf e. Finanzinstrument.

typischerweise Zinserlöse betreffend, aber nicht zwingend

Bsp.: Absicherung einer gekauften variabel verzinsten Anleihe

(FRN: Floating Rate Note)

übliche variable Referenz-Zinssätze: LIBOR (London Interbank Offered Rate),

EURIBOR (Euro Interbank Offered Rate), meist auf 3-Monatsfrist bezogen

Umsetzung durch

Recht auf Ausgleichszahlungen zu best. Terminen, falls der Referenz-Zinssatz zu

diesen Terminen unter dem vereinbarten Zinssatz liegt. → Put-Käufe

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Beispiel für einen Floor

Kauf FRN + Kauf put mit Zinsvereinbarung 6 %

Put-Preis = 0,5 % des Anleihe-Nennwerts (nur ein Zinstermin)

Zinsertrag in %

LIBOR

6 %

Zinsertrag Anleihe + put

Zinsertrag put

Zinsertrag Anleihe

gesamter Zinsertrag

Preis des put

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(2) Cap („Mütze“, „Kappe“)

Idee: Deckenziehung zur A sicherung „nach o en“

typischerweise Zinskosten betreffend, aber nicht zwingend

Bsp. Absicherung des Emittenten einer variabel verzinsten Anleihe

Umsetzung durch

Recht auf Ausgleichszahlungen zu best. Terminen, falls der gültige Refe-

renz-Zinssatz zu diesen Terminen über dem vereinbarten Zinssatz liegt.

→ Call-Käufe

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Beispiel für einen Cap

Emission FRN + Kauf call mit vereinbartem Zinssatz von 6 %

Call-Preis = 0,5 % des Anleihe-Nennwerts (ein Zinstermin)

Zinskosten in %

LIBOR

6 %

gesamte Zinskosten + Preis des call

Zinsertrag call

Zinskosten Anleihe

gesamte Zinskosten

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(3) Collar („Kragen“)

Herstellung eines Cap und Floor.

Beispiel A: Emission FRN + Kauf call (→ Cap) + Verkauf* put (→Floor)

Ergänzung der gesamten Zinskosten um (Kaufpreis call Verkaufserlös put) *Achtung: Floor diesmal für Zinskosten und nicht - wie oben - Zinserträge.

Zinskosten

LIBOR

6 %

gesamte Zinskosten

Zinsertrag call

Zinskosten Anleihe

Zinskosten put

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Beispiel B: Emission FRN + Kauf call + Verkauf put mit auseinanderfallen-den vereinbarten Zinssätzen

Ergänzung der gesamten Zinskosten um (Kaufpreis call Verkaufserlös put)

Warum sichert man eigentlich Zinskosten nach unten ab? → vermutlich eher

zur Finanzierung des Cap (Stichwort: selbstfinanzierende Strategie)

Zinskosten

LIBOR

6 %

gesamte Zinskosten

Zinsertrag call

Zinskosten Anleihe

Zinskosten put

8 %

Zinskorridor

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4. Swaps

Austausch von Zahlungsverpflichtungen (Liability-Swap) oder Zahlungsforderungen (Asset-Swap)

i.d.R. zu mehreren Terminen wie hintereinandergeschaltete Forwards

Ausprägungen Austausch von

Zinsswaps ….. Festzinszahlungen und variablen Zinszahlungen oder von variablen Zinszahlungen mit unterschiedl. Basis

Währungsswaps ….. unterschiedlichen Währungen

Equity-Swaps ….. Zahlungen, bei denen die Zahlung mindest. einer der Parteien an Aktienkursentwicklung gekoppelt ist. Z. B. Dept-Equity-Swap: Austausch von Forderungen gegen Aktien eines Unt.

Commodity-Swaps ….. von Festpreis und varia lem Preis für Güter (meist Rohstoffe) bestimmter Menge

Ziel: Hedging oder Ausnutzung komparativer Kostenvorteile; Beispiel für letzteres:

1) A kann sich stets günstiger finanzieren als B. 2) Der Zinsvorteil A’s ei varia len Zinsen ist größer als ei Festzinsen. 3) A möchte kein Zinsänderungsrisiko eingehen, B schon.

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Beispiel: Zinsswap

Bank A:

Emission Anleihe zu Festzins 8 % oder zu variablem Zins (LIBOR + 1 %)

Industrieunternehmen B:

Emission Anleihe zu Festzins 10 % oder zu variablem Zins (LIBOR + 3,5 %)

Festzins variabler Zins

Bank A 8 % (L + 1) %

Unternehmen B 10 % (L + 3,5) %

Zinsvorteil der Bank A bei Floater größer

komparativer Kostenvorteil der Unt. B bei Festzinsanleihe

Swap sinnvoll, wenn B lieber einen Floater und A lieber einen Festzins möchten

(z.B. wegen Gestaltung ihrer anderweitiger Zinspositionen)

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Effektivbelastung nach Austausch

Bank A Industrieunternehmen B

(L+1 ) % Floater-Zahlung an

Markt 10 %

Festzinszahlung

an Markt

+ 10 % Zahlung an B

(„Swap-Outflow“) 10 %

Zahlung von A

(„Swap-Inflow“)

(L+1) % Zahlung von B

(„Swap-Inflow“) + (L+1) %

Zahlung an A

(„Swap-Outflow“)

2,25 % Ausgleichszahlung

von B (z.B.) + 2,25 %

Ausgleichszahlung

an A

7,75 % < 8 % (L+3,25) % < (L+3,5) %

beiderseitige Zinsersparnis; insges. 0,5 %

Problem: - Begründung der Kostenvorteile schwierig,

- normalerweise mit untersch. Bonität

- aber: Bonitätsirrtum

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weitere Annahmen im obigen Beispiel

jeweils Kapitalaufnahme von 1.000

Libor 6 % oder 8 % mit gleicher Wkt.

Rückzahlungspotential

- Bank mit Sicherheit 1.100

1.200 mit 25 % Wkt.

- Unternehmen unsicher mit 1.100 mit 50 % Wkt.

1.020 mit 25 % Wkt.

Nominalzinsunterschiede der festen und variablen Marktzinskonditionen für

Bank und Unternehmen zwar unterschiedlich, aber identische erwartete Verzin-

sung (s. folgende Ta elle, Zeile „Markt“)

Aber:

Durch zusätzliches Swap-Geschäft sinkt die zu leistende erwartete Rückzahlung

des Unternehmens und steigt die erwartete Rückzahlung der Bank (s. folgende

Tabelle).

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Tilgung + Zinskosten

L = 6 % L = 8 % Erw.wert

25 %

(1.200) 50 %

(1.100) 25 %

(1.020)* 25 %

(1.200) 50 %

(1.100) 25 %

(1.020)*

Unternehmen

an Markt 10%

1.100 1.100 1.020** 1.100 1.100 1.020** 1.080

Swap

(L+1)% 10%+2,25%

(710+2,25)%

= 0,75% 7,5 7,5

(910+2,25)%= + 1,25 %

0** 0** 2,19 7,5

(von Bank)

+ 12,5 (an Bank)

Zinsko. u. Tilgung

1.092,5 1092,5 1012,5 1112,5 1.100 1.020 1.077,81

Bank

an Markt (L+1) %

1.070 1.090 1.090 1.090 1.080

Swap 7,5

(an Unt.) 12,5 0** 0** 2,19

Zinsko. u. Tilgung

1.077,5 1.077,5 1.090 1.090 1.082,19

* Um weitere Fallunterscheidungen zu vermeiden, soll der Markt bei Unternehmensinsolvenz nur auf das Rückzahlungspotenzial 1.020 zugreifen können, aber nicht auf evtl. Swap-Erlöse des Unternehmens. ** Insolvenz des Unternehmens

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erwartete Zinskosten + Tilgung bei zusätzlichem Swap

sinken für das Unternehmen von 1.080 auf 1.077,81.

steigen bei der Bank von 1.080 auf 1.082,19.

vordergründig: gut für Unternehmen, schlecht für Bank

aber: Bank müßte drohende Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens im Innen-

verhältnis einkalkulieren

Sicherheitseinlagen („Margins“); Zinsanpassung, Bürgschaften, …

hohe Bedeutung des Swap-Geschäfts:

Kontraktvolumen deutscher Banken im Swap-Geschäft (Ende April 2015)4

- Zinsswaps: 19.704 Milliarden Euro

- Währungsswaps: 189 Milliarden Euro

- kombinierte Zins-/Währungsswaps: 2.705 Milliarden Euro

87 % des gesamten Swap-Volumens stammt aus Zinsswaps.

4 Deutsche Bundesbank, Bankenstatistik, Juni 2015, S. 89.

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Bilanzsumme der Banken in Deutschland (Ende April 2015)5

8.134 Milliarden Euro

Swapvolumen ist fast 3-mal so hoch wie Bilanzsumme der Banken.

Volumen einzelner Swaps meist zwischen 5 Mio. und 500 Mio. €

Bewertung von Swaps

im folgenden:

keine Ausfallrisiken

mehrere Zahlungstermine = 1; …; T

Unternehmen R („Receiver“) erhält Festzins r („Swapsatz“) von Untern. P

Unternehmen P („Payer“) erhält LIBOR L von Unternehmen R.

beachte: variabler Zins für Periode 1 bis ist derjenige, der in 1 bereits

feststeht, also L1;

N = vereinbarter hypothetischer Nennbetrag, auf den sich die Zinssätze be-

ziehen

5 Deutsche Bundesbank, Bankenstatistik, Juni 2015, S. 6.

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100

Wert des Swap bei Abschluß des Vertrags

aus Sicht des Unternehmens R:

VR =

;0

T

1;1 z1Nzr

aus Sicht des Unternehmens P:

entgegengesetzte Position, also VP = VR

Wenn sonst keine weiteren Zahlungen fließen, muß gelten: VR = VP = 0

erhaltener Swapsatz

Terminzinssätze als aktu-elle Marktpreise der noch unbekannten zu zahlenden variablen Zinsen

Zerobond- Zinssätze

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101

Gegeben die vereinbarte LIBOR-Zahlung kann entsprechender Swapsatz r be-

stimmt werden:

T

1;0

T

1;0;1

T

1;0;1

T

1;0

z1

z1z

r

z1zz1r0

Wertentwicklung des Swap nach Vertragsschluß je nach Entwicklung der Ter-

minzinssätze und Kassa-Zerobondzinssätze sowie allein durch Zeitablauf.

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102

Varianten der Swaps zahlreich, da individuell aushandelbar

Name Besonderheit

Basisswap Austausch zweier variabler Zinsströme mit unterschiedl. Referenzzinssätzen

Amortizing Swap hypothetischer Nennbetrag sinkt im Zeitablauf (z.B. wenn sinkende Ein-zahlungsüberschüsse abzusichern sind)

Step-Up Swap Nennbetrag steigt im Zeitablauf

Extendable Swap beinhaltet zusätzl. Option, den Swap zu ursprünglichen Konditionen zu verlän-gern

Callable Swap Festzinsempfänger besitzt Kündi-gungsrecht

Putable Swap Festzinszahler mit Kündigungsrecht

Forward Swap (Terminswap) Vorabfestlegung von Konditionen für künftigen Swap

Swaption Käufer der Swaption besitzt die Option, einen Swap zu vereinbarten Konditio-nen zu einem künftigen Zeitpunkt ein-zugehen.

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5. Forwards und Futures

hier nur Kurzcharakteristik; ausführlicher in F & I 2

eides sind „unbedingte“ Termingeschäfte

Für beide Seiten verbindliche Vereinbarung,

– zu einem künftigen Zeitpunkt

– zu einem jetzt festgelegten Preis

(wird so festgelegt, daß jetzt kein Preis für den Kontrakt zu zahlen ist),

– eine bestimmte Menge

– eines bestimmten Gutes

– zu liefern bzw. abzunehmen.

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Forward (nicht organisierter Markt)

● individuell zwischen Parteien ausgehandelter Vertrag

● zugeschnitten auf spezifische Bedürfnisse

● enger Markt (schwierige Marktpartnersuche, i.d.R. Banken)

● Abhängigkeit von Bonität des Marktpartners

Future (organisierter Markt)

● institutionalisierte Form von Forward-Kontrakten

● standardisiert

● börsengehandelt breiter Markt

● Abwicklung: Eintreten des Clearing House in Geschäfte; Folge:

– gute Handelbarkeit

– Bonität des ursprünglichen Partners irrelevant

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● laufende Zahlungen beim Future:

– initial margin: anfängliche Einlage in % der Vertragssumme

– variation margin: börsentäglich Gutschrift von Gewinnen und Abzug von

Verlusten; Möglichkeit der Entnahme von Gewinnen

– maintenance margin: Untergrenze der Einlage, bei deren Unterschreitung

die initial margin wieder aufzufüllen ist.

dient dem Schutz des Clearing House vor Bonitätsrisiken

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Kapitel V: Duration und Zinsänderungsrisiko

Zinsänderungsrisiko

Wie ändert sich Vermögensposition, wenn sich Zinssätze ändern?

1. Marktwert- und Wiederanlageeffekt

zunächst betrachtet: künftiger Einzahlungsstrom mit et > 0 für alle t

Barwert:

T

1t

tt0 qeB

Effekt einer marg. Zinserhöhung von q auf q* > q:

ΔB0 = B0* B0 = 0q

1

*q

1eq*qe

T

1t

tt

t

T

1t

ttt

negativ aufgrund stärkerer Abzinsung positiver EZÜ („Marktwerteffekt“)

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Endwert: 0

TT

1t

t

t

TT

1t

tT

tT BqqeqqeB

Effekt einer marg. Zinsänderung von q auf q* > q:

ΔBT = BT* BT = 0q*qeT

1t

tTtTt

positiv aufgrund stärkerer Aufzinsung positiver EZÜ („Wiederanlageeffekt“)

Idee:

Bezogen auf einen bestimmten Zeitpunkt D heben sich beide Effekte gerade auf.

Gegenwartswert im Zeitpunkt D: BD = B0 qD

Änderung des Gegenwartswerts BD bei marg. Zinsänderung soll gerade Null sein:

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0q

BD

q

B

0q

BD

q

Bq

0qBDqq

B

q

B

00

00D

1D0

D0D

Für B0 0 folgt weiter:

Bq0

0

0

0

qq

BB

B

q

q

BD

„Bruttozinselastizität des Barwerts“

oder

D = Bi i

q

mit Bi =

ii

BB

0

0

„Nettozinselastizität des Barwerts“

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109

Interpretation

Ein Investor, der die Vermögensposition genau bis D halten und dann ver-

äußern möchte, ist keinem marginalen Zinsänderungsrisiko ausgesetzt.

D entspricht der Bruttozinselastizität des Barwerts Risikomaß

D wird „Duration“ genannt.

Beachte: Das Zinsänderungsrisiko bezieht sich nur darauf, daß sich der

Zinssatz, der für alle Perioden gilt, ab sofort ändert.

EZÜ selbst unterliegen keinem Zinsänderungsrisiko.

Für B0 = 0:

Die Bedingung BD/q = 0 wird dann zu: 0q

0D

q

B0

Dies wäre nur möglich, wenn: 0q

B0

Aus B0 = 0 folgt (wegen BD = B0 qD) zwingend BD = 0 für alle denkbaren D.

Wenn zusätzlich B0/q = 0 (d. h. B0 bleibt auch nach Zinsänderung 0),

folgt zwingend BD/q = 0 für alle D (denn BD muß ebenfalls 0 bleiben).

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110

Interpetation

Ein Zahlungsstrom mit Barwert von Null

muß aus Ein- und Auszahlungsüberschüssen bestehen.

hat eine (völlig beliebige) Duration, wenn zufällig B0’(q) = 0 ist.

hat keine Duration, wenn B0’(q) ≠ 0 ist.

Achtung: Die Duration kann auch eindeutig 0 sein, nämlich falls B0’ = 0 und B0 ≠ 0.

weitere Interpretation für D durch Einsetzen von

T

1t

1tt

0T

1t

tt0 qet

q

BqeB

in

T

1t 0

tt

0

T

1t

tt

0

0

B

qet

B

qet

B

qq

B

D

= Durchschnitt der mit ihren Barwertanteilen gewichteten Zahlungszeitpunkte

Barwertanteile der einzelnen et

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111

Beispiel

t 1 2 3 4 5 Barwert bei i = 6 %

A 4 4 4 4 104 BA = 91,5753

B 8 8 8 8 108 BB = 108,4248

6106,4

B

)06,1(1045

B

)06,1(44

B

)06,1(43

B

)06,1(42

B

)06,1(41D

A

5

A

4

A

3

A

2

A

1

A

DB (analog berechnet) = 4,3422

Beide Durationen relativ hoch aufgrund starkem Gewicht der Tilgung in t = 5.

Durchschnitt der gewichteten Zeitpunkte ist bei B niedriger aufgrund höherer

zwischenzeitlicher Zinszahlungen bei gleichem Tilgungsbetrag wie A

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Duration einer unendlichen Rente g

Barwert B0 = g/i

i

11

i

q

ig

q

²i

g

B

q

²i

g

B

q

q

BD

²i

g

i

B

q

B

00

0

00

D hängt nur von i ab, aber nicht von g!

Duration eines Zerobond

Rückzahlung in T: (1+r)T N

mit N: Ausgabekurs 1+r: vereinbarter Brutto-Zinssatz

Barwert: T

T

0q

N)r1(B

mit q: Brutto-Marktzinssatz

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113

1T

T0

q

N)r1(T

q

B

T

q

N)r1(

q

q

N)r1(TD

T

T1T

T

Logisch, da nur eine Zahlung, und zwar in T.

Duration eines Kupontitels

N: Nennwert k: vereinbarter Kuponzinssatz Definitorisch gilt:

0

TT

1t

t

B

qNTqNkt

D

B0

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114

Wenn k = Marktzins = q 1 , dann ist B0 = N, also:

iq

1q

iq

1qiq

iq

1q1

1)TRBF(q;1 q...qq1q

qtq1t

qtqt

qTqtqt

qTq1)(qtN

qNTqN1)(qt

D

1T

T

1T

1-T1T

1T

1-T

)1T(211T

0t

t

1T

0t

t1T

0t

t

1T

1t

tT

1t

1-t

TT

1t

tT

1t

1-t

TT

1t

t

TT

1t

t

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115

mögliche Erweiterungen des Konzepts der Duration

um nichtflache Zinsstruktur:

Alle Zinssätze ändern sich um den gleichen Betrag Parallelverschiebung

„effektive Duration“:

T

1t 0

ttt

effB

qetD

um nicht-parallele Verschiebung der Zinsstruktur:

möglich ü er sog. „Key-Rate-Duration“ (ziemlich kompliziert)

um nichtmarginale Zinsänderungen:

Konvexität

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116

2. Konvexität

B

q)q('B

B

qq

B

D0

0

„Bruttozinselastizität des Barwerts“

B’(q) = q

B

= D B/q

Barwertänderung ist proportional zu D bei marginaler Zinsänderung.

Bei nichtmarginaler Zinsänderung lineare Abschätzung der Barwertänderung über:

q

B

≈ D B/q

bzw.

ΔB ≈ D (B/q) Δq

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117

bei konvexem Verlauf:

Überschätzung der Barwertminderung und Unterschätzung der Barwerterhöhung

Verbesserung der Abschätzung der Barwertänderung mittels Duration durch zu-

sätzliche Berücksichtigung des nächsten Elements der „Taylor-Reihe“.

Barwert

Bruttozins q

Δq

B

ΔB

Beispiel: konvexe Barwertfunktion

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118

„Taylor-Reihe“ (allgemein)

f(x+Δ) = f(x) + f ’(x) Δ + (1/2) f’’(x) Δ² +

3n

n)n(

!n1 )x(f ,

angewendet auf Barwertfunktion

B(q+Δq) = B(q) + B’(q) Δq + (1/2) B’’(q) (Δq)² + …..

= B(q) D (B/q) Δq + (1/2) B’’(q) (Δq)² + …..

mit

T

1t

2tt qe)1t(t)q(''B

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119

B’’(q) > 0 bei konvexem Verlauf, z. B. wenn alle et > 0.

B’’(q) > 0 aber auch bei Zahlungsstrom mit positiven und negativen et mög-

lich.

Bezeichnung von B’’(q)/B als „Konvexität C“

Anmerkung:

Bei positivem B wird das Vorzeichen von C ohnehin nur von B’’ estimmt.

3. Immunisierung

Strategie:

„Stelle einen Zahlungsstrom zusammen,

dessen Barwert bei einer marginalen Zinsänderung auf keinen Fall sinkt.“

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120

Implikation 1: minimaler Barwert vgl. mit allen anderen Zinssätzen

Implikation 2: D = 0 und C > 0 (siehe Zeichnung)

B

Bruttozins

aktueller Zins

Barwertfunktion nach Immunisierung

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121

Zahlenbeispiel: Ausgangspunkt

t 1 2 3 4 Barwert bei Markt-zinssatz 8 %

e 0 0 120 140 7,64

68,102q

2800

q

1440

64,7

1''

q

140

q

120

64,7

1

B

''BC

)(!47,16B

q1404

B

q1203D

6543

0

4

0

3

Barwertminderung bei Zinsanstieg (und umgekehrt)

Δi 2 % 1 % 0 + 1 % + 2 %

B 10,14 8,85 7,64 6,52 5,46

ΔB 2,50 1,21 0 1,12 2,18

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122

Immunisierung

Hereinnahme eines zusätzlichen Zahlungsstroms Δe mit Barwert 0,

so daß D(e+Δe) = 0 und C(e+Δe) > 0.

Beispiel

t 1 2 3 4 Barwert bei Markt-zinssatz 8 %

Δe 0 73,39 0 85,59 0

e+Δe 0 73,39 120 54,41 7,64 = B(e)

084,3q

2,1088

q

1440

q

34,440

64,7

1

''

q

41,54

q

120

q

39,73

64,7

1

B

''B)ee(C

064,7

q41,544

64,7

q1203

64,7

q39,732)ee(D

654

432

432

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123

Barwertanstieg bei nichtmarginaler Zinsänderung

Δi 2 % 1 % 0 + 1 % + 2 %

B(e+Δe) 7,66 7,65 7,64 7,65 7,66

Achtung: C > 0 wichtig.

Wäre hier C < 0 „Fehlimmunisierung“

garantierter Verlust bei nichtmarginaler Zinsänderung

Falls B < 0, sollte bei Immunisierung auch C < 0 sein.

Einwand: mangelnde Arbitragefreiheit?

4. Duration eines Portefeuilles

Duration eines Portefeuilles verschiedener Finanztitel (Zahlungsströme):

Dp = n wn Dn

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124

mit

Dp: Duration des Portefeuilles

Dn: Duration des Finanztitels n

lesPortefeuildesBarwert

nlsFinanztitedesBarwert

pBnB

wn

Beweis

t p

t

t

t p

n

t

nt

t n

t

nt

n p

n

nnnp

B

qet

B

qe

t

B

qet

B

BDwD

mit

Bn , BP ≠ 0

et = n ent

= EZÜ aller Finanzierungstitel des Portefeuilles im Zeitpunkt t

Dn

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125

Immunisierung eines Zahlungsstroms n = 0 mit B0 , D0 ≠ 0

durch zusätzliche Hereinnahme

eines Finanztitels j mit Barwert Bj = 0 ist über obige Durationsformel nicht darstellbar (obiger Beweis gilt nur für Bj ≠ 0).

mehrerer Finanztitel n = 1; 2; … mit Gesamtbarwert 0B1n

n

, so daß

Dp = w0 D0 +

1n

nn Dw = 0

Ausgangs- zstzl. hereingenommene duration Durationen

mit .0BB

1

B

B

B

Bw

1n

n

01n 0

n

1n P

n

1n

n

Die Summe der gewichteten Durationen der neu hereingenommen Titel muß also

der negativen Duration D0 des Ausgangsportefeuille entsprechen:

1n

nn Dw = w0 D0 = D0

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126

Kapitel VI: Maße des Ausfallrisikos

1. Lower Partial Moments

Ausfallrisiko = Shortfall Risk = Downside Risk

z Satisfizierungsziel (z.B. Anzahl Kunden)

zx Ausmaß des Unterschreitens von z mit x als Zufallsgröße (z.B. zufällige Kundenzahl x)

L(zx) Verlustfunktion mit x ≤ z

z. B. erwarteter Verlust (ohne Ausgleich durch mögliche Gewinne, s.u.)

z

dx)x(f)xz(L]L[E

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127

Bei Vorliegen der Verlustfunktion L = z x

z: Satisfizierungsgewinn x: tatsächlicher Gewinn „Verlust“ relativ zu z

Lower Partial Moments n-ten Grades

z

nn dx)x(f)xz(LPM

Erwartungswert der n-ten Potenz des Verlustes

n = 0: )z(Fdx)x(fLPMz

0

= Wahrscheinlichkeit eines Verlustes

n = 1:

z

1 dx)x(f)xz(LPM = erwarteter Verlust

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128

wobei „erwarteter Nettogewinn“ über gesamten x-Bereich

z

z

z

z

dx)x(f)xz(dx)x(f)zx(

dx)x(f)zx(dx)x(f)zx(dx)x(f)zx(zxE

erw. Positivgewinn: erw. Verlust:

(1F(z)) E(xzx≥z) F(z) E(zxx<z)

n = 2:

z

22 dx)x(f)xz(LPM

= Ausfallvarianz;

untere Semivarianz falls z = E(x)

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129

2. Dominanzen

Zustandsdominanz

Alternative A ist in allen Zuständen mindestens so gut wie B und in mindestens

einem Zustand besser.

Gewinn Zustand 1 Zustand 2 Zustand 3

A 2 3 4

B 2 3 3

keine Wahrscheinlichkeitsverteilung nötig,

U`> 0 ausreichende Bedingung

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130

Stochastische Dominanz 1. Grades (First Order Stochastic Dominance)

Wahrscheinlichkeit, einen best. Zielwert zu erreichen, ist bei A für alle möglichen

Zielwerte mindestens so hoch wie bei B und für mindestens einen Zielwert höher.

● Beachte: F(x) = Wahrscheinlichkeit für x~ ≤ x A dominiert B

● Wenn Zustandsdominanz vorliegt, dann auch stets SD1, aber nicht umgekehrt.

● Notwendige und hinreichende Bedingung für Vereinbarkeit mit Bernoul-

li-Prinzip: U`(x) ≥ 0 (mit strenger Ungleichheit bei wenigstens einem x)

x

F(x)

1

A

B

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131

Exkurs: Beweis zur Vereinbarkeit SD1 mit Bernoulli-Prinzip6

A dominiert B, wenn

EUA > EUB

0dx)x(F)x(F)x('U)x(F)x(F)x(U

0dx)x(f)x(f)x(U

dx)x(f)x(Udx)x(f)x(U

x

x

BA

x

xBA

x

x

BA

B

x

x

A

x

x

Unter Verwendung der partiellen Integration:

x

x

x

x

x

x

dxh'ghgdx'hg ,

wo ei hier g = (x) und h’ = fA(x) − fB(x) gesetzt wird.

Wegen F( x ) = 1 und F( x ) = 0 ist erster Term [….] auf linker Seite gleich Null.

6 Siehe auch Breuer, Wolfgang/Gürtler, Marc/Schuhmacher, Frank: Portfoliomanagement II, Wiesbaden 2006, S. 110 f.,

sowie die dort angegebene Originalliteratur. Der Definitionsbereich von x ist xxx .

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132

Daher verbleibt als Bedingung:

0dx)x(F)x(F)x('Ux

x

BA

Wegen ’ ≥ 0 ist hinreichende Bedingung dafür:

FA(x) ≤ FB(x)

mit strikter Ungleichung für wenigstens ein x ei ’(x) > 0.

Ohne Kenntnis der konkreten Nutzenfunktion ist sie auch notwendig, wie fol-

gendes Beispiel zeigt:

Zweipunktverteilte Nutzenfunktion: Sei U = 1 für x > z und = 0 für x ≤ z.

→ E = 1 (1 − F(z)) + 0 F(z) = 1 − F(z)

Aus FA(z) > FB(z), also eine Verletzung der Bedingung FA(x) ≤ FB(x) , würde hier

zwangsläufig EUA < EUB folgen. Also ist die Bedingung eine notwendige.

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133

Stochastische Dominanz 2. Grades (Second Order Stochastic Dominance)

A dominiert B, wenn bei A Fläche unter der Verteilungsfunktion an jeder Stelle

kleiner ist als bei B.

Wenn SD1 vorliegt, dann auch stets SD2, aber nicht umgekehrt.

notwendige Bedingung für Vereinbarkeit mit Bernoulli: ’ ≥ 0 und ’’ ≤ 0 (mit strikter Ungleichheit bei wenigstens einem x)

x

F(x)

1 A

B

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134

Exkurs: Beweis zur Vereinbarkeit SD2 mit Bernoulli-Prinzip

Ausgangspunkt (s. o.): Erwarteter Nutzen bei A höher als bei B, wenn

0dx)x(F)x(F)x('Ux

x

BA

Partielle Integration, diesmal mit g = ’ und h’ = FA − FB ergibt

0dydx)x(F)x(F)y(''Udx)x(F)x(F)x('U

0dydx)x(F)x(F)y(''Udx)x(F)x(F)x('Udx)x(F)x(F)x('U

0dydx)x(F)x(F)y(''Udx)x(F)x(F)y('U

x

x

y

x

BA

x

x

BA

x

x

y

x

BA

!!!!x

x

BA

x

x

BA

x

x

y

x

BA

xy

xy

y

x

BA

Wegen ’ ≥ 0 und ’’ ≤ 0 mit strikter ngleichung an wenigstens einer Stelle ist

hinreichende Bedingung dafür wiederum:

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135

0dx)x(F)x(F

y

x

BA für alle y ε [ x ; x ]

bzw.

y

x

B

y

x

A dx)x(Fdx)x(F für alle y ε [ x ; x ]

Sie ist auch notwendig wie folgendes Beispiel zeigt: x für x ≤ c U = mit c als Konstante. c für x > c Dann

)c(F1cdx)x(fx

dx)x(fcdx)x(fxEU

c

x

x

c

c

x

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136

Weiter mittels partieller Integration mit g = x und h’ = f(x):

c

x

c

x

c

x

c

x

dx)x(Fc

)c(F1cdx)x(F)c(Fc

)c(F1cdx)x(F1)x(FxEU

Aus Verletzung der Bedingung

y

x

B

y

x

A dx)x(Fdx)x(F für alle y,

würde hier zwangsläufig EUA < EUB folgen. Also ist die Bedingung notwendig.

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137

Zur Interpretation des Terms y

x

dxxF )(

Mit Hilfe partieller Integration bzw. Produktregel läßt sich formulieren:

)()(

)()()(

)()()(

yFyxxEydxxF

dxxFyFyxxEyFy

dxxF1dxxfxxFx

y

x

y

x

y

x

y

x

y

x

Differenz zwischen Intervallobergrenze und Erwartungs-wert innerhalb des Intervalls

Wahrscheinlichkeit, daß x in diesem Intervall liegt

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138

A ist besser als B, wenn y

x

dxxF )( für jede beliebige Intervallobergrenze y kleiner

als bei B ist.

→ Kriterium hat Ähnlichkeit mit einem Streuungsmaß.

An der Intervallobergrenze y = x folgt wegen F(x ) = 1 übrigens:

xExdxxFx

x

)(

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139

3. Value-at-Risk

VaR häufig verwendete Kenngröße im Risikomanagement von Unternehmen,

insbes. bei Banken

Definition

VaR ist derjenige Vermögensverlust, der

o mit bestimmter Wahrscheinlichkeit (z. B. das 1%- oder 5%-Quantil) über-

schritten wird bzw.

o mit Wahrscheinlichkeit 1 („Signifikanzniveau“) unterschritten wird.

Beachte das Vorzeichen:

VaR ist als Vermögensverlust positiv definiert.

Bei z. B. VaR = 30.000 geht es um eine Vermögensänderung V = 30.000.

Je höher der VaR, desto stärker liegt V im negativen Bereich.

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140

Je niedriger VaR bei gegebenem , umso besser.

Beispiel: Bei geg. ist VaR = 20.000 besser als VaR = 30.000.

Die Verteilungskurve für das Endvermögen V = V0 + V wäre nur um das An-

fangsvermögen V0 nach rechts verschoben VaR(V) = VaR (ΔV) + V0

ΔV

F(ΔV)

1

VaR

F(VaR) =

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141

Ansatz über die Verteilung der Rendite, z. B. Tagesrenditen

Beispiel

Ein Fondsmanager darf in dieser Anlageklasse einen VaR von 30.000 € pro Tag

mit einem Signifikanzniveau von 95 % eingehen.

Wie hoch ist der Betrag X, den der Manager in dieser Anlageklasse anlegen darf?

→ Mit 95 % Wahrscheinlichkeit ist die Rendite mindestens 3 %

→ €.Mio1X€000.30X03,0

r

F(r)

1

3 %

= 5 %

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142

Zusammenhang zum LPM0

)z(F)V(d)V(fLPMz

0

Wenn man nun das Satisfizierungsziel z in Höhe des kritischen Vermögensver-

lustes ΔV = VaR setzt:

z = VaR (z. B. 30.000 €),

dann ist

LPM0 = (z. B. 5 %)

Die beiden Kriterien LPM0 und VaR führen dann zur gleichen Aussage:

Das Satisfizierungsziel z wird mit LPM0 = 5 % Wahrscheinlichkeit nicht erreicht.

oder

Mit = 5 % Wahrscheinlichkeit entsteht ein Verlust mindestens in Höhe des VaR.

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143

Wenn zum Beispiel SD1 zugunsten von A vorliegt,

ist der VaR für beliebige bei A stets kleiner (höchstens gleich) als bei B.

ist LPM0 von A für alle z nie größer als bei Alternative B und für mindestens

ein z streng kleiner.

ΔV

F(ΔV)

1

A

B

VaRB VaRA

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144

Wenn keine SD1 vorliegt,

ist Entscheidung nach VaR abhängig vom gewählten Quantil .

Bei 1 ist A besser als B.

Bei 2 ist B besser als A.

Gleichzeitig gilt hier: SD2 von A über B.

1 A

B

ΔV

F(Δ)V

1

2

VaR1A VaR1B VaR2A VaR2B

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145

SD2 führt zu eindeutiger Entscheidung,

VaR zu mehrdeutiger Entscheidung in A hängigkeit vom gewählten α.

Welches Entscheidungskriterium sollte man nehmen: SD2 oder VaR?

SD2 führt bei Risikoaversion (konkave Nutzenfunktion) in jedem Fall

zur „richtigen“ Entscheidung.

Zwischenfazit

Da der VaR zu einer anderen Entscheidung führen kann als das SD2-Kriterium,

kann er bei Risikoaversion nicht als alleiniges Entscheidungskriterium taugen.

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146

Außerdem: Der VaR ist nicht additiv.

Beispiel: Aktien A und B mit normalverteilten Renditen

μA = 0 und σA = 0,08

μB = 0 und σB = 0,12 und = 0,2

Anlagebetrag insges. 1 Mio. €, aufgeteilt auf

A: 485.000 €

B: 515.000 €

Wie hoch ist der VaR des Anlagebetrags in A bzw. des Anlagebetrags in B bei

vorgegebener Ausfallwahrscheinlichkeit α = 2,28 %?

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147

Berechnungen

… z. B. über Wertetabelle der Standardnormalverteilung möglich (siehe letzte

Skriptseite). Dort üblicherweise nur positiver Ast aufgelistet.

Wegen Symmetrie der Verteilung ist derjenige negative Wert, der mit α Wkt. un-

terschritten wird, gleich demjenigen (aber positiven) Wert, der mit 1α = 97,72 %

unterschritten wird.

→ Tabelle zeigt, daß z = 2,0 mit Wkt. 0,9772 unterschritten wird.

→ Bei z = 2,0 beträgt die Ausfallwahrscheinlichkeit α = 2,28 %.

Da die o. g. Renditen ri aber nicht standardnormalverteilt sind, ist Rückrechnung

von der Standardisierung erforderlich:

zr

rz

An der Stelle z = 2 folgt also

für A: rAmin = 2 0,08 + 0 = 0,16

für B: rBmin = 2 0,12 + 0 = 0,24

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148

In Worten: Mit 2,28 % Wahrscheinlichkeit ist

bei A die Rendite schlechter als 16 %.

bei B die Rendite schlechter als 24 %.

Die eingesetzten Beträge berücksichtigend folgt

VaRA = 0,16 485.000 € = 77.600 €

VaRB = 0,24 515.000 € = 123.600 €

Für das gesamte Portefeuille P aus A und B folgt aber VaRP < VaRA + VaRB !

Denn es gilt: μP = 0

07927,0

515,0485,02515,0485,0 BA2B

22A

2P

Bei gleicher Ausfallwahrscheinlichkeit α lei t „passendes“ z unverändert, so daß

rPmin = z σP + μP = 2 0,07927 + 0 = 0,15854

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149

Bezogen auf den Gesamt etrag von 1 Mio € ergi t sich

VaRP = 0,15854 1 Mio. € = 158.540 €

< VaRA + VaRB = 201.200

Grund: Diversifizierung. (Wäre = 1, würde übrigens Additivität gelten.)

Konsequenz für das Risikomanagement

Wenn einzelne Geschäftsbereiche über bereichsspezifische VaR gesteuert

werden (durch Vorgabe eines maximalen VaR ei Niveau α), ist der VaR des

Unternehmens i. d. R. kleiner als die Summe der VaRs seiner Bereiche.

Wenn ein Unternehmen insgesamt einen bestimmten VaR anpeilt, muß es die

Korrelationen zwischen den Geschäftsbereichen kennen.

Das führt zurück auf die Portefeuilletheorie!

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150

Tabelle der Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung

z 0,00 0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,06 0,07 0,08 0,09

0,0 5000 5040 5080 5120 5160 5199 5239 5279 5319 5359

0,1 5398 5438 5478 5517 5557 5596 5636 5675 5714 5753

0,2 5793 5832 5871 5910 5948 5987 6026 6064 6103 6141

0,3 6179 6217 6255 6293 6331 6368 6406 6443 6480 6517

0,4 6554 6591 6628 6664 6700 6736 6772 6808 6844 6879

0,5 6915 6950 6985 7019 7054 7088 7123 7157 7190 7224

0,6 7257 7291 7324 7357 7389 7422 7454 7486 7517 7549

0,7 7580 7611 7642 7673 7704 7734 7764 7794 7823 7852

0,8 7881 7910 7939 7967 7995 8023 8051 8078 8106 8133

0,9 8159 8186 8212 8238 8264 8289 8315 8340 8365 8389

1,0 8413 8438 8461 8485 8508 8531 8554 8577 8599 8621

1,1 8643 8665 8686 8708 8729 8749 8770 8790 8810 8830

1,2 8849 8869 8888 8907 8925 8944 8962 8980 8997 9015

1,3 9032 9049 9066 9082 9099 9115 9131 9147 9162 9177

1,4 9192 9207 9222 9236 9251 9265 9279 9292 9306 9319

1,5 9332 9345 9357 9370 9382 9394 9406 9418 9429 9441

1,6 9452 9463 9474 9484 9495 9505 9515 9525 9535 9545

1,7 9554 9564 9573 9582 9591 9599 9608 9616 9625 9633

1,8 9641 9649 9656 9664 9671 9678 9686 9693 9699 9706

1,9 9713 9719 9726 9732 9738 9744 9750 9756 9761 9767

2,0 9772 9778 9783 9788 9793 9798 9803 9808 9812 9817

2,1 9821 9826 9830 9834 9838 9842 9846 9850 9854 9857

2,2 9861 9864 9868 9871 9875 9878 9881 9884 9887 9890

2,3 9893 9896 9898 9901 9904 9906 9909 9911 9913 9916

2,4 9918 9920 9922 9925 9927 9929 9931 9932 9934 9936

2,5 9938 9940 9941 9943 9945 9946 9948 9949 9951 9952

2,6 9953 9955 9956 9957 9959 9960 9961 9962 9963 9964

2,7 9965 9966 9967 9968 9969 9970 9971 9972 9973 9974

2,8 9974 9975 9976 9977 9977 9978 9979 9979 9980 9981

2,9 9981 9982 9982 9983 9984 9984 9985 9985 9986 9986

3,0 9987 9987 9987 9988 9988 9989 9989 9989 9990 9990

3,1 9990 9991 9991 9991 9992 9992 9992 9992 9993 9993

3,2 9993 9993 9994 9994 9994 9994 9994 9995 9995 9995

3,3 9995 9995 9995 9996 9996 9996 9996 9996 9996 9997

3,4 9997 9997 9997 9997 9997 9997 9997 9997 9997 9998