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Finanzierung _Auslandswachstum 16 Deutsche Bank_results Firma mit Fernweh Zu klein für den Weltmarkt? Das gibt es fast nicht mehr. Deutsche Familien- unternehmen sind global erfolgreich – ganz unabhängig von ihrer Größe. Doch dafür müssen sie Herausforderungen bei der Finanzierung überwinden

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Finanzierung_Auslandswachstum16 Deutsche Bank_r e s u l t s

Firma mit Fernweh Zu klein für den Weltmarkt? Das gibt es fast nicht mehr. Deutsche Familien-unternehmen sind global erfolgreich – ganz unabhängig von ihrer Größe. Doch dafür müssen sie Herausforderungen bei der Finanzierung überwinden

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Finanzierung_Auslandswachstum 17Deutsche Bank_r e s u l t s

Eigentlich kennt man das nur aus dem Agen-

tenfi lm. Politiker oder Konzernchefs fahren

in abgedunkelten Limousinen vor, das Ziel:

eine Konferenz in einem abhörsicheren Raum, da-

mit die Gegner nicht mithören. Realität ist: Es gibt

tatsächlich Unternehmen, die derartige Abschir-

mungen entwickeln. Etwa Albatross Projects im

schwäbischen Nattheim. Albatross baut nicht nur

abhörsichere Räume, sondern schirmt Mensch und

Umwelt überall dort vor Strahlung ab, wo Strahlung

entsteht – vom Mobiltelefon bis zum Kernspintomo-

grafen. Die Strahlenschützer von Albatross kümmern

sich um die auch gesetzlich geforderte „elektroma-

gnetische Verträglichkeit“ – das Handy soll nicht die

Sitzheizung starten, das Abstands radar des nachfol-

genden Fahrzeugs nicht den Airbag auslösen. „Nix

rein, nix raus“, nennt das Firmenchef Timo Greiner

auf gut Schwäbisch. Der Markt ist speziell und über-

schaubar, doch Albatross Projects, zur Jahrtausend-

wende aus einem Siemens-Management-Buy-out

entstanden, ist in seiner Hightech-Nische als deut-

scher Qualitätsanbieter munter gewachsen. Heute

macht das Unternehmen global mit 170 Mitarbeitern

rund 35 Millionen Euro Umsatz, der Auslandsanteil

liegt bei 80 Prozent. Albatross gehört damit zur Top 3

der Branche weltweit. 35 Millionen Euro? Kann man

da schon in ferne Märkte gehen? Man kann.

Und zwar so: Greiner, einer der Firmengründer,

erkennt von Anfang an, dass er in einem so kleinen

Markt nur bestehen kann, wenn er seinen Strahlen-

schutzservice auf der ganzen Welt verkauft.

ThesenPräsenz: Die Nähe zu Märkten und Kunden

ist bei deutschen Mittelständlern entschei-

dend für den Erfolg. Auch kleinere Unter-

nehmen brauchen deshalb eine Strategie

für den Gang ins Ausland.

Hindernisse: Jedes Land stellt Unterneh-

men vor andere Besonderheiten, doch viele

Probleme müssen grundsätzlich ange-

gangen werden, etwa das Ausbalancieren

der Kräfte zwischen deutscher Zentrale

und Auslandstochter oder die Steuerung

der Zahlungsströme.

Berater: Viele typische Fehler lassen sich

durch rechtzeitige Planung vermeiden.

Drei Berater sind deshalb beim Gang ins

Ausland Pfl icht: der Rechtsanwalt, der

Steuerberater und die Bank.

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Finanzierung_Auslandswachstum18 Deutsche Bank_r e s u l t s

Keine zwei Jahre nach dem MBO baut er einen

Vertrieb in China auf, fünf Jahre später eine eigene

Produktion für den chinesischen Markt. Es sollte sich

lohnen. Heute ist Albatross Projects Marktführer in

China. Vertrieb und Produktion in den USA folgen. Die

Schwaben verkaufen weltweit, mit eigenen Nieder-

lassungen oder Vertriebspartnern vor Ort.

So ist das mittelständische deutsche Unter-

nehmen in vielen Ländern schnell beim Kunden,

und das ist neben der Qualität entscheidend, sagt

Greiner . Doch wie zieht man etwa in China mit be-

grenzten Mitteln ein Geschäft auf? Und vor allem:

mit wem? „Null Deutsche vor Ort“, heißt Greiners

Strategie, „nicht in China, nicht in Indien, nicht in

den USA.“ Rund 70 ausschließlich chinesische Mit-

arbeiter hat Albatross für Produktion und Vertrieb

in Schanghai. „Es muss uns gelingen, gute Einheimi-

sche zu gewinnen“, sagt er, der in den chinesischen

Aufbaujahren fast jeden Monat vor Ort war. Heißt

es nicht, chinesische Mitarbeiter seien „untreu“?

Greiner lacht. Bei ihm liege die Fluktuation prak-

tisch bei null. Häufi gen Mitarbeiterwechsel sieht er

auch in China als Zeichen schlechter Führung. Sein

Rat: „Besucht euch häufi g!“ Denn um eine Strategie

durchzusprechen, reiche keine Telefonkonferenz.

Doch warum sollte man sich das alles antun? Was

treibt und motiviert Unternehmen überhaupt zu sol-

chen Anstrengungen wie dem Aufbau eigener Toch-

tergesellschaften fern der Heimat? Absicherung vor

schwankenden Wechselkursen, kürzere Lieferzeiten

und günstigere Produktionskosten sind die meist-

genannten Argumente. Aber auch: Risikostreuung

über viele verschiedene Märkte hinweg. Das sagt

zum Beispiel Steffen Schaaf, Vertriebsleiter Export der

SOMMER Antriebs- und Funktechnik aus Kirchheim

unter Teck südlich von Stuttgart. Das 1980 gegründete

Unternehmen entwickelt und baut mit rund 400 Mit-

arbeitern weltweit höchst erfolgreich Antriebe und

Steuerungen für Garagentore, Rollläden, Markisen,

Industrietore oder Schranken. Des Weiteren wer-

den über die internationalen Tochterunternehmen

Groke und Doco hochwertige Aluminiumhaustüren

hergestellt, und es wird mit Hardware für Garagen-

tore gehandelt. SOMMER produziert mehrheitlich in

Deutschland und ein wenig in China, der Exportanteil

liegt wie bei Albatross bei rund 80 Prozent.

In Deutschland produzieren und weltweit vor Ort

verkaufen gehört heute zur DNA von SOMMER: „All

business is local“, heißt es, und mit Vertriebsniederlas-

sungen und Exklusivhändlern in über 20 Ländern ist

SOMMER Antriebs- und Funktechnik inzwischen nah

am lokalen Kunden. Die erste Auslandstochter starte-

te das Familienunternehmen in Ungarn, wenige Jahre

nach dem Fall des Eisernen Vorhangs. „Die Internatio-

nalisierung war für uns ein eindeutiger Erfolgsfaktor“,

sagt Schaaf, „denn wir können jetzt in jedem Markt

schnell reagieren.“ Schaaf weiß um den Beratungs-

bedarf seiner Produkte, er weiß auch, dass schnelle

Lieferfähigkeit und Service vor Ort entscheiden. In

fast jedem Land arbeiten heimische Mitarbeiter mit

eigenem Service und Auslieferungslager, bei Proble-

men hilft eine Technik-Hotline in Landessprache.

Fachkräfte dringend gesucht

Globalisierung, das bedeutet immer auch ein Aus-

balancieren der Kräfte und Interessen zwischen

den Kontrollwünschen der Zentrale in Deutschland

und der um Eigenständigkeit bemühten Tochter vor

Ort. Wer darf was und wann? Wer zahlt, schafft an,

heißt es so schön, doch was bedeutet das für die

Steuerung der weltweiten Finanzströme im Unter-

nehmen? Bei SOMMER etwa hat jede Niederlassung

ein eigenes Auslandskonto vor Ort, aber Finanzchef

Marcus Rausch gibt keiner Tochter eine eigene Kre-

Albatross Projects: StrahlenschutzEinen Auslandsumsatz von 80 Prozent traut man eher größeren Unter-

nehmen zu. Doch der schwäbische Ingenieurs-Mittelständler spielt in

seinem Marktsegment weltweit ganz vorn mit. Albatross schützt Mensch

und Umwelt vor technisch erzeugten elektromagnetischen Strahlen und

ist damit weltweit mächtig erfolgreich. In China und den USA läuft längst

eine eigene Produktion, ergänzt durch ein Netz weltweiter Verkaufs-

niederlassungen. Oberste Regel des Chefs Timo Greiner für Erfolg im Ausland: nur mit

Einheimischen arbeiten.

der befragten Unternehmen

wollen mit dem Gang ins Ausland für

mehr Kundennähe sorgenQUELLE: IFM BONN 2012

47 %

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Finanzierung_Auslandswachstum 19Deutsche Bank_r e s u l t s

ditlinie. Die Finanzierung erfolgt über die Mutterge-

sellschaft zentral. Die weltweite Liquidität steuert

Rausch über die Verrechnungskonten. Und gut die

Hälfte des Fremdwährungsvolumens sichert er ab.

„Im Grunde“, so der SOMMER-Finanzchef, „steuern

wir unsere weltweiten Finanzen sehr klassisch.“

Klingt alles ganz einfach und selbstverständ-

lich, doch das ist es nicht. Pleiten, Pech und Pannen

warten beim Gang in fremde Märkte. Eine typische

Fehleinschätzung etwa ist es zu glauben, dass qua-

lifi zierte Mitarbeiter so wie in Deutschland immer

zu haben sind. Sind sie nicht. Wer etwa in den USA

einen Schweißer oder Dreher sucht, sagt Hans Acker-

mann, Direktor bei der Deutschen Bank in New York

City, tut sich schwer, ausgebildete Fachkräfte zu be-

kommen. Und wer in den US-Markt per Übernahme

einsteigt und ein Unternehmen übernimmt, über-

nimmt oftmals eine recht muntere Gewerkschaft

gleich mit. Zudem gibt es gerade in den USA einen

ausgeprägten Minderheitenschutz. Einer schwarzen

alleinstehenden Mutter Mitte 40 zu kündigen wird da

nicht allzu einfach. „Ungeduldig in fremde Märkte

stürmen“, sagt SOMMER-Exportchef Schaaf, „ist ein

Riesenfehler.“ Er selbst geht das „grundsätzlich sehr

vorsichtig an“, checkt Kundenstrukturen und sucht

als ersten Schritt einen selbständigen Vertreter als

Anlaufpunkt in neuen Märkten. In den Vereinigten

Arabischen Emiraten etwa müsse man „supersensi-

bel und superzuvorkommend“ sein, ein ganzes Jahr

Funkstille sei mitunter auch normal. Und überall gilt:

Fünf Jahre kann es dauern, bis sich eine neue Nieder-

lassung trägt. Geduld im Ausland ist wirklich einer

der wichtigsten Faktoren für Erfolg.

Gute Führung aber auch, sagt Albatross-Chef Timo

Greiner. Was das heißt? Lokale Verantwortung geben,

Freiräume lassen, klare Regeln defi nieren, anständig

bezahlen. „Stimmungen wahrnehmen mit allen An-

tennen“, empfi ehlt der Albatross-Mitbegründer. „Wir

Deutschen glauben schnell, die anderen bremsen aus

purem Trotz. Tatsächlich aber ticken die Menschen

woanders einfach anders.“ Und: „Wir sind hierzulan-

de ziemlich nüchtern, kurz angebunden und fakten-

fokussiert. Doch die meisten Kulturen und Menschen

weltweit sind beziehungsorientiert.“ Und in Deutsch-

land könne man vielleicht mal im eigenen Laden rum-

brüllen, in Asien würde man damit zwei Jahre zurück-

fallen, samt Kündigung des betroffenen Mitarbeiters.

Klingt eigentlich alles sehr eingängig, doch gerade

kulturelle Unterschiede würden noch immer „mas-

siv unterschätzt“, weiß auch Arnd Weckes, leitender

Mitarbeiter der Deutschen Bank in Singapur. Weckes,

zuständig für Firmenkunden in 13 Ländern Südost-

asiens, muss viel reisen – und kennt daher schon aus

eigener Erfahrung die Riesenunterschiede zwischen

den Ländern in diesem Wirtschaftsraum. Denn wäh-

rend innerhalb der EU alles schön defi niert und ver-

einheitlicht ist bis zur gemeinsamen Währung, sei in

Südostasien schon von Land zu Land „alles anders“,

die Rechtslage oftmals unklar. Korruption ist in vie-

len Ländern ein Thema, das kommunistisch regierte

Viet nam ist hochgradig reglementiert, Indien ziem-

lich büro kratisch. Und Gewinne aus den Philippinen

holen? Das allein ist ein Thema nur für Experten.

Kontrolle schützt vor Fehlern

Viele Fehler deutscher Familienunternehmen im

Ausland ließen sich vermeiden, sagt Kristina Koeh-

ler-Coluccia, Direktorin bei der auf mittelständische

Auslandsinvestoren spezialisierten Unternehmens-

beratung Koehler Group in Schanghai. So würden

deutsche Mittelständler etwa in China gern mal auf

die hemdsärmlige Art Mitarbeiter einstellen, ohne

zuvor ein Unternehmen vor Ort gegründet zu haben.

Leider komplett illegal. Andere stellten einen

Geld fürAuslandstöchterUmbrella Facility beschafft

grenzüberschreitend Liquidität

Ein Problem beim Gang ins

Ausland ist für viele Unter-

nehmen die Finanzierung

des Tochterunternehmens. Dabei hilft

die „Umbrella Facility“, eine noch relativ

neue Form eines global wirksamen

Kreditvertrages, der von vielen Firmen-

kunden genutzt werden kann. Abge-

schlossen wird er in Deutschland von

der deutschen Muttergesellschaft,

profi tieren können zahlreiche Auslands-

töchter weltweit. Es ist ein Kreditvertrag,

der dem Unter nehmen mit all seinen

Töchtern weltweite Finanzierung

ermöglicht. Denn die Töchter können

den großen Kreditschirm der Mutter

mitbenutzen. So können sie in den

meisten Ländern, in denen die Deutsche

Bank präsent ist, direkt vor Ort Kredite

im Rahmen des deutschen Umbrella-

Vertrages ziehen. Damit profi tieren die

Landesgesellschaften vom günstigen

Rating der starken deutschen Mutter

und können sich so vergleichsweise

unkompliziert in ihrem Markt fi nanzieren.

der befragten Unternehmen sehen Korruption

in Schwellenländern als Risiko an.

Für Deutschland liegt der Wert immerhin

noch bei 16,8 ProzentQUELLE: IFM BONN 2012

56,2 %

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Finanzierung_Auslandswachstum20 Deutsche Bank_r e s u l t s

chinesischen Geschäftsführer ein, den sie gera-

de mal acht Wochen kennen. Koehler-Coluccias Rat,

und damit unterscheidet sie sich von Timo Greiners

Führungsstil: eine deutsch-chinesische Doppelspitze.

Und dann passieren auch nicht Fälle wie die mit der

chinesischen Buchhalterin, die jahrelang gefälschte

Kontoauszüge nach Deutschland schickte. Als die

Deutschen endlich den geleerten Kassenstand be-

merkten, war die Frau längst über alle Berge.

Der Ruf der fernen Märkte, er klingt dennoch ver-

lockend. Allein USA und Kanada kommen zusammen

auf rund 350 Millionen potenzielle Käufer. Das ist viel-

versprechend, doch bei näherer Betrachtung zerbrö-

seln viele Hoffnungen. So sind Qualität und Langlebig-

keit für deutsche Unternehmen die USP schlechthin,

für eher kurzfristig denkende Amerikaner kommt das

bei der Kaufentscheidung weiter hinten. Die Dollar-

nation USA gilt als Weltfi nanzzentrum, doch schon

der Zahlungsverkehr läuft völlig anders: Rechnungen

werden auch 2014 noch immer physisch per Scheck

und Briefpost bezahlt. „Lasst euch nicht blenden von

einem scheinbar großen Markt“, rät Ackermann von

der Deutschen Bank in New York potenziellen Neu-

ankömmlingen. Denn: „Wer hier starten will, braucht

einen langen Atem.“

Schon das Konto kann ein Problem sein

Ein langer Atem ist auch für das Auslandsgeschäft von

Sibylle Pessall entscheidend. 2009 hatte die Finanz-

chefi n der Kratzer Automation selbst einen Ableger im

englischen Nottingham gestartet. Das 1980 vom Vater

im Raum München gegründete Unternehmen bietet

maßgeschneiderte „prozessnahe“ Softwarelösun-

gen und ist mit fast 300 Mitarbeitern schon so etwas

wie ein Hidden Champion in der Softwarebranche.

Gerade bekam das Unternehmen den Großen Preis

des Mittelstands der Oskar-Patzelt-Stiftung verlie-

hen. Kratzer Automation entwickelt die Program-

me für Motoren- und Komponenten-Prüfstände in

den Entwicklungsabteilungen der Auto- und Zulie-

fererindustrie und schreibt sogenannte operative

Transportmanagement-Systeme für Logistikkon-

zerne, mit deren Hilfe die gesamte Transportkette

überwacht und berechnet werden kann. „Wir folgen

unseren Kunden weltweit“, sagt Sibylle Pessall. Und

das müssen sie auch. Denn die Kunden wollen keine

Ansprechpartner im fernen Deutschland, sondern

einheimische Ingenieure vor Ort. Produktentwick-

lung und Verwaltung erfolgen zentral aus Deutsch-

land heraus, doch das Familienunternehmen hat bei

60 Millionen Euro Umsatz schon Auslandstöchter für

Vertrieb und Service in Großbritannien, Frankreich,

Tschechien und Schanghai.

Wie also wählt man die ersten Schritte für einen

nachhaltigen Erfolg im Ausland? Bei der Diplom-

Mathematikerin und Kratzer-Automation-Finanzfrau

Pessall gehören drei Dienstleister unbedingt in jedes

Starterpaket: Steuerberater, Rechtsanwalt, Bank – und

alles vor Ort. Pessall weiß das aus eigener Erfahrung,

passende Steuerberater in den jeweiligen Ländern

musste sie lange suchen, passende lokale Banken

auch. Denn was daheim als selbstverständlich

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SOMMER: Die Antriebsspezialisten Mit ihren Schließsystemen und Garagentorantrieben ist die SOMMER

Antriebs- und Funktechnik weltweit erfolgreich. Die Internationalisie-

rung gehört zur DNA des Unternehmens und war, so Exportleiter Steffen

Schaaf, ein „eindeutiger Erfolgsfaktor“. Denn gerade bei beratungs-

intensiven Produkten müssen Menschen vor Ort in der jeweiligen Sprache

präsent sein. So arbeiten in fast jedem Land Mitarbeiter mit eigenem

Service und Lager, bei Problemen hilft eine Hotline in der Landessprache. Doch für SOMMER

gibt es noch einen anderen Erfolgsfaktor im Ausland: Der heißt ganz einfach Geduld.

der befragten Unternehmen sehen

in Deutschland administrative Hemmnisse als

großes Problem. In Schwellenländern

steht dagegen die unzureichende Rechts-

sicherheit auf Platz 1QUELLE: IFM BONN 2012

72,4 %

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Finanzierung_Auslandswachstum 21Deutsche Bank_r e s u l t s

results: Herr Pohl, Sie haben selbst viele

Jahre im Ausland gelebt und gearbeitet,

darunter auch mehrere Jahre in Asien. Was

sind denn so die größten Fettnäpfchen,

in die man als deutscher Unternehmer fern

der Heimat treten kann?

Pohl: Der größte Fehler ist zu glauben,

Wirtschaft laufe weltweit nach den gleichen

Regeln ab und damit letztlich genauso

wie in Deutschland. Tatsächlich aber gibt es

enorme kulturelle Unterschiede. Das ist an

sich ja nun nichts wirklich Neues. Tatsache

ist aber, dass es dennoch immer wieder

vergessen wird. Wer mit Arroganz oder

Macher-Attitüde in fremde Märkte geht, wird

scheitern. Selbst in scheinbar uns so ähnlichen

Nachbarländern wie den Niederlanden oder

der Schweiz sind Sie ja schon mit einer völlig

anderen Mentalität und Denkweise kon-

frontiert. Und in Asien müssen Sie mit Ihren

Geschäftspartnern um die Häuser ziehen.

Das kostet Kondition, geht aber nicht anders.

Gibt es solche krassen Unterschiede denn

auch im globalen Bankgeschäft?

Und wie! Bereits in der EU kann es von Staat

zu Staat erhebliche Unterschiede im fi nan-

ziellen Prozedere geben. Das potenziert

sich, je weiter Sie sich vom Heimatmarkt ent-

fernen. Als Bank brauchen Sie ein sehr

spezielles Know-how, um etwa in Asien oder

Südamerika mit den lokalen Zahlungs-

gegebenheiten umgehen zu können. Selbst in

den USA, die uns ja scheinbar so vertraut

sind, werden Rech nungen häufi g immer noch

per Scheck bezahlt. Das sind alles eigene

Welten. Die kennt die angestammte Hausbank

oft nicht mehr, sondern nur noch ein global

aufgestelltes Haus.

Mit ihrer Neuausrichtung im Firmenkunden-

geschäft will die Deutsche Bank verstärkt

kleine und mittlere Unternehmen ansprechen,

die im Ausland aktiv sind. Viele denken aber

immer noch, die Deutsche Bank interessiere

sich nur für große Unternehmen.

Das stimmt schon lange nicht mehr. Natürlich

sind unser internationales Netzwerk und

die entsprechenden Produkte aus dem Bedarf

unserer international aufgestellten großen

Kunden entstanden. Größere Unternehmen

sind einfach viel stärker internationalisiert:

Über alle Größenklassen hinweg ist der

deutsche Mittelstand inzwischen in vielen

Ländern aktiv. Auf diesem Weg haben wir viele

Unternehmen begleitet. Aber warum sollen

von den daraus gewonnenen Erfahrungen und

Strukturen nicht auch kleinere Unternehmen

profi tieren? Und das Auslandsthema geht

wirklich schon ganz früh los: Wir wissen,

dass viele deutsche Unternehmen bereits ab

acht Millionen Euro Umsatz ins Ausland

expandieren. Erster Schritt sind die europäi-

schen Nachbarländer, dann kommt Osteuropa.

Und wir als Bank können das über alle Ent-

wicklungsstufen begleiten – vom klassischen

Export über die Vertriebsniederlassung bis

zur Auslandsproduktion.

Was genau kann denn die Deutsche Bank für

kleinere Unternehmen im Ausland tun?

Gerade weil die Märkte und die Menschen so

verschieden sind, ist es ganz wichtig, dass man

internationale Bankgeschäfte nicht nur aus

Deutschland heraus denkt und betreibt.

Da müssen deutschsprachige Mitarbeiter

direkt vor Ort sein, und das nicht erst seit

gestern. Wir haben Kollegen, die sind seit zwei

Jahrzehnten für uns in Schanghai. Wir verste-

hen uns als internationale Netzwerkbank,

machen operatives Geschäft in über 50 Ländern.

Unsere Kunden sehen das auch so: In einschlä-

gigen Rankings landen wir mit unserer globalen

Servicequalität immer wieder ganz vorn.

Versteht denn der Firmenkundenbetreuer

in Stuttgart die Probleme und speziellen

Themen fremder Märkte? Der kennt seine

Kunden daheim, aber weiß doch nicht,

mit welchen Problemen und Risiken diese

Kunden in der Ferne konfrontiert sind.

In Stuttgart mache ich mir gar keine Gedan-

ken – die Menschen dort waren schon immer

international ausgerichtet. Darüber hinaus

bieten wir aber auch vielen Führungskräften,

die noch keine Auslandserfahrung haben,

an, im Zuge eines Programms die spezifi schen

Bedürfnisse unserer Mittelstandskunden

im Ausland kennenzulernen.

Patrik Pohl leitet die Abteilung Globale Produkte für den Mittelstand bei der Deutschen Bank

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Interview: „Sie müssen mit den Kunden um die Häuser ziehen“

erhoffen sich vom Auslandsengagement

Innovationsimpulse für ihr UnternehmenQUELLE: IFM BONN 2012

16,1 %

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OE

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Kratzer: Gut geplant ist halb gewonnenSoftware von Kratzer Automation steuert Prüfstände und überwacht

gesamte Transportketten. Mit dem Aufbau von Auslandstöchtern hat

Finanzchefi n Sibylle Pessall Erfahrung. Drei Dinge sind aus ihrer Sicht für

einen guten Start entscheidend: ein international tätiger Steuerberater,

ein Rechtsanwalt vor Ort und eine Bank, mit der man sich nicht nur

fachlich gut versteht. Was das heißt? Etwa mit einem deutschsprachigen

Liquiditätsmanagement aus Deutschland heraus bequem alle Zahlungen zu steuern – und

sich nicht mit fremdsprachigen Programmen ausländischer Banken abzumühen.

gilt, ist in der Ferne plötzlich kompliziert. Als

deutsches Unternehmen im Ausland ein Bankkonto

aufzumachen, sei oft alles andere als einfach. Pessall:

„Wir wollen nicht an der tschechischen Software der

tschechischen Bank scheitern.“ Von derlei Erfahrun-

gen mit irgendwelchen Fremdbanken irgendwo hat

sie inzwischen genug und stellt alle Auslandskonten

auf ein zentrales Liquiditätsmanagement um, ein-

heitlich aus der Hand der Deutschen Bank. Zugleich

nutzt sie db direct internet, ein Produkt, das ihr mit

einer Software den Zugang zu allen Auslandskonten

ermöglicht. Und bezahlt damit auch alle Rechnungen

weltweit zentral aus Deutschland heraus.

Südostasien bietet Chancen

Die Unterstützung einer global aufgestellten Bank

ist für SOMMER-Chef Schaaf „geradezu überlebens-

wichtig“. Albatross-Chef Greiner erwartet, auch kom-

plexe Finanzdienstleistungen weltweit in Anspruch

nehmen zu können. Denn in vielen Ländern gibt es

höchst unterschiedliche regulatorische Anforderun-

gen an Finanzgeschäfte. Finanzmann Rausch nutzt

etwa per Umbrella Facility die gesamte Palette des

Zahlungsverkehrs „praktisch genauso wie im Inland“.

Doch die SOMMER-Crew erwartet von ihrer Bank mehr

als ein Finanzierungsgeschäft. Schaaf: „Kontakte vor

Ort oder mal eine Warnung vor Fettnäpfchen – das ist

für uns als Bankkunde genauso wichtig.“

Unternehmen wie der Antriebshersteller SOMMER,

die Strahlenschützer von Albatross oder der Software-

schreiber Kratzer haben es auch mit den begrenzten

WEITERE INFORMATIONEN

Kontakt: Ihr Kundenbetreuer

Literatur: Die Untersuchung des IfM Bonn zum

„Internationalisierungsgrad von KMU“

ist downloadbar unter www.ifm-bonn.org

Web: Infos zu db direct internet unter

www.db.com/gtb/eb

Ressourcen eines mittelständischen Unternehmens

erfolgreich geschafft, im Ausland wesentliche Teile

ihres Geschäfts zu machen. Doch für viele andere ist

jenseits der EU oftmals Schluss. „Viele kleinere Mit-

telständler trauen sich etwa an das Thema Südost-

asien einfach nicht ran“, sagt Mittelstandsberaterin

Koehler-Coluccia. Man begnüge sich mit dem, was

man habe, und verschenke damit „Riesenchancen“.

Ihr Rat: neue Luft atmen und vielleicht einfach mal

eine Delegationsreise mitmachen. Koehler-Coluccia:

„Das inspiriert zu neuen Zielen.“

Die Strahlenschützer von Albatross haben die

nächsten Ziele längst im Blick. In zehn Jahren will Timo

Greiner mit seiner Mannschaft in allen Produktfeldern

die Nummer 2 weltweit sein – mindestens. Ehrgeizi-

ges Ziel? Sicher. Übertrieben? Eher nicht. „Da weiß

man, wie schnell man laufen muss“, sagt der Chef.

Schaffen will er das nötige Wachstum komplett im

Ausland, ganz aus eigener Kraft, ganz ohne Zukäufe.

So, wie er das Thema bislang angepackt hat, stehen

die Chancen dafür gar nicht so schlecht.

STEPHAN SCHLOTE

db direct internetKonten online steuern

Unternehmen haben

sich ans bequeme

Electronic Banking

gewöhnt. Mit db direct internet

steuern sie ihre Konten in

Deutschland und den Auslands-

lokationen der Deutschen Bank.

Darin fi nden sie sämtliche

Informationen zu Konten und

Transaktionen und können

Akkreditive, Garantien und

Direktinkassi verwalten sowie

Zahlungen einleiten. Es gibt

auch ein Modul für Handels-

geschäfte sowie einen Bereich

für die Verwaltung von Wert-

papieranlagen. Mit der Internet-

plattform ermöglicht die

Deutsche Bank einer steigenden

Zahl von Firmen kunden

den Online zugang zu vielen

Transaktions produkten

des Hauses.

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2,6 %

2,2 %

0,5 %

%

0,5 %

1 %

0,8 %1,0 %

Unternehmen mit Produktionsstätten

Unternehmen mit Interesse an Produktionsstätten

Unternehmen mit direkten/indirekten Auslandsaktivitäten

Unternehmen mit direkten Auslandsaktivitäten

33,2 %

65,3 %

76,4 %81,0 %

40,5 %

71,9 %

82,3 %90,5 %

13,1 %

25,4 %32,4 %

54,1 %

Finanzierung_Auslandswachstum 23Deutsche Bank_r e s u l t s

Wo deutsche Unternehmen

produzieren wollen

Die Umfrage zeigt: Unternehmen, die bereits im Ausland produzieren, zieht es

über Europas Grenzen hinaus. Vor allem China und der Rest Asiens sind als

zukünftiger Produktionsstandort attraktiv. Das rote Icon zeigt, wie viele Unter-

nehmen prozentual ihr Auslandsengagement in dieser Region abbrechen.

EUEU

93,9

%

52,0

%

18,6

%25,2

%

USA/KanadaUSA/Kanada

32,6

%

25,5

%

übriges Europaübriges Europa

17,7

%

13,6

%

30,4

%

34,2

%

ChinaChinaAsienAsien (ohne China) (ohne China)

12,0

%

12,6

%

Afrika/Australien/Afrika/Australien/OzeanienOzeanien

15,7

%

26,5

%

Süd-/MittelamerikaSüd-/MittelamerikaUnternehmen ohne Produktions- oder Betriebsstätten, Region grundsätzlich von Interesse

Unternehmen mit Produktions- oder Betriebsstätten 2011 oder zukünftigem Interesse

Unternehmen mit Abbruch zwischen 2005 und 2012

Warum Unternehmen ins Ausland gehenNeue Absatzmärkte

und engerer Kontakt

zum Kunden sind die

wichtigsten Argumente

für das internationale

Engagement. Erst danach

geht es um Kosten-

gesichtspunkte oder eine

bessere Kapazitätsaus-

lastung. Zugang zu neuen

Produktionsfaktoren

wie Kapital, Personal oder

Wissen spielt nur eine

untergeordnete Rolle –

ebenso wie das Umgehen

von Handelshemmnissen.

Welche Unternehmen sich international engagierenErwartungsgemäß treiben Großunternehmen besonders häufi g

Handel mit dem Ausland. Doch die Zahlen zeigen: Auch kleine

Firmen haben einen hohen Internationalisierungsgrad.

Kleinst-unternehmen

kleineUnternehmen

mittlereUnternehmen

Groß-Unternehmen

QUELLE: UNTERNEHMENSBEFRAGUNG DES IFM BONN 2012 (HOCHRECHNUNG)

59,2 %

3,1 %

13,2 %

gehen ins Ausland, um neue Absatzmärkte

für sich zu erschließen

wollen damit tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse

umgehen

versprechen sich einen Reputationsgewinn

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