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ISSUE 63 WWW.FIVEMAG.DE Österreich 4,50 e Schweiz 7,80 SFR BeNeLUX 4,60 e Italien 5,25 e Spanien 5,25 e 3,90 € ISSUE #63 IVERSON WARUM IHN NIEMAND VERSTEHEN KANN ALLEN KAMANS TAGEBUCH AL THORNTON J.R. SMITH ANDERSON VAREJAO NEW JERSEY NETS OSCAR ROBERTSON JAMES WORTHY AMAR’E STOUDEMIRE TRAUMSAISON NACH DEM FOLTERSOMMER? RONDO AUGUSTIN FLYNN POINT GUARDS DER ZUKUNFT SHAWN MARION DER UNTERSCHIED IN DALLAS? SHAQUILLE O’NEAL SO GUT PASST ER WIRKLICH ZUM KING

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Vorschauheft zur FIVE AUsgabe 63

Transcript of FIVE 63

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Issue 63 WWW.FIVeMAG.de

Österreich 4,50 eschweiz 7,80 sFR BeNeLuX 4,60 eItalien 5,25 e spanien 5,25 e

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Issue #63

iverson Warum ihn niemand verstehen kann

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LIVInG LEGEnDS: ALLEn IVERSOn

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die erklärunGder antWort

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Irgendjemand hatte einen Marketing-Gag landen wollen. denn darum ging es hier: Marketing, Werbung, ein schönes Bild für die Zeitungen in aller Welt.

es passiert nicht oft in dieser vergleichsweise kleinen, ländlich wirkenden Großstadt im süden der usA, dass die Medien sich dafür interessieren, was hier geschieht. erst recht nicht für die Memphis Grizzlies, einen der traurigeren Außenposten der NBA, ein Team mit einer schönen neuen Halle, in die viel zu wenige Fans kommen. doch nun war so ein Moment, denn eine lebende Legende würde fortan das Weiß-Blau der Bären tragen, der Vertrag war unter-schrieben. Und darum hängte irgendjemand Allen Iverson zur ersten offiziellen Pressekonferenz eine strahlend blaue e-Gitarre um. eine Verneigung sollte es sein vor der musikhistorischen Bedeutung der stadt, die als Geburtsort des Rock’n’Roll gehandelt wird. Iverson griff in die saiten, er lächelte, es war ein schönes Foto. das Bild passte. es passte sogar ein bisschen zu gut. denn was die Memphis Grizz-lies sich diesen sommer eingekauft haben, das ist nicht einfach nur ein (sehr?) guter Basketballspieler mit einer ruhmreichen Vergangenheit. Bekommen ha-ben sie einen Rockstar. Nur einen, der ohne Gitarre auskommt.

Rockstar ohne GitarreAllen Iverson, das ist eine Figur wie aus einem Film. eine, die gleichzeitig abge-hobener egomane und Held des Volkes sein kann. Iverson ist und war immer eine wilde Mischung aus Brillanz, selbstbewusstsein und Überheblichkeit, aus Bescheidenheit, Bodenhaftung und egoismus, aus uneinsichtigkeit, Blindheit und sensibilität. seit bald 14 Jahren lebt er den Rock’n’Roll-Lifestyle, das ganze Programm. ein Leben in Hotelsuiten und First-Class-Kabinen, zu Hause auf allen Kontinenten, überall umschwärmt von Fans, von Frauen, umworben von der ganzen Welt. Über 100 Millionen dollar hat er durch sein spiel und durch sponsoren-Verträge mit Reebok verdient. er feierte die Nächte durch, lief nach Alkohol riechend beim spiel auf und machte trotzdem 40 Punkte. er kaufte teure Autos und riesige Häuser, Brillis und Nerze. er kam zu spielen in einem Bentley-Cabrio – inmitten eines winterlichen schneesturms. All das ha-ben sich die Memphis Grizzlies ins Haus geholt: einen spieler, der sich kaum noch an die Zeit in seinem Leben erinnert, als er kein star war. der sich auch so benimmt. und der jetzt etwas geworden ist, was kein Rockstar je werden will: ein Altrocker. Im spiegel sieht er immer noch die wehende Mähne und nicht die dünner werdende Friese. er sieht den star von damals, obwohl sein letz-tes großes Album viele Jahre zurückliegt. spätestens seit Allen Iverson 30 wurde, spekuliert die Liga über seinen bevorstehenden einbruch Richtung Normalsterblichkeit, über die Notwendigkeit, sich nicht länger als star und 30-Punkte-scorer zu verstehen – der Leadsänger müsse bald Bass spielen lernen. Seine Art zu spielen, die wilden Ausflüge zum Korb, die harten Bruch-landungen, das dominieren jedes Angriffs – all das müsse sich ändern. Jetzt ist er 34, und noch immer hält er das Mikrofon fest umklammert. und das, obwohl er nicht mehr länger die großen Arenen bespielt. Memphis ist nicht Philly oder denver, es geht nicht mehr um Final-Teilnahmen, sondern um – ja worum eigentlich?

Allen Iverson bei den Mem-phis Grizzlies, das hat etwas von einer „Sideshow“, einem Karneval. Niemand erwartet die Playoff-Teilnahme des Teams. eigentlich ist Mem-phis eine Mannschaft im Neuaufbau, die junge Talente wie Rudy Gay, O.J. Mayo oder Mike Conley fördern muss. eigentlich gibt es überhaupt keinen Platz für einen Vete- ranen, der nicht unbedingt als großer Mentor bekannt ist. Allen Iverson ist in Memphis lediglich ein großer Name, der die Halle vollmachen soll. Mit er-folg – angeblich haben die Grizzlies nach seiner unterschrift mehrere tausend saisontickets verkauft. Iverson selbst jedoch will sich nicht als Boxbuden-Attraktion sehen, er sieht sich als Headliner: „Jedes Team, in dem ich stehe, kann um einen Titel mitspielen“, sagt er. In Memphis soll sein Comeback erfolgen – der Beweis, dass er immer noch der Alte sein kann. Aber ist er das? sein erstes spiel – A.I. hatte nach einer Oberschen-kelverletzung große Teile der Vorbereitung verpasst – bestritt er als Bankspie-ler, und kaum war die Partie gelaufen, textete er den Reportern eine Brand-rede ins Mikrofon: „Ich war noch nie ein Bankspieler, und ich werde jetzt nicht damit anfangen, mich als Reservist zu betrachten“, sagte er – obwohl Team-besitzer Michael Heisley betont, dass Iverson immer schon als sechster Mann eingeplant war. „Ich war ein Starter für All-Star-Teams, bei Olympia, in den NBA-Finals. schaut euch meine Referenzen an. Ihr werdet sehen, dass ich kein sechster Mann bin.“ Also tun wir das. Nicht nur, um zu erahnen, ob A.I. noch immer rocken kann. sondern auch, um die Klassiker zu feiern, die Allen Iverson in seinen Jahren ganz oben rausgehauen hat. In einem satz: um eine lebende Legende zu betrachten. eine Ikone, einen Gewinner, aber auch eine Primadonna.

Die Ikonedie Faszination mit Allen Iverson, sie begann schon lange vor den NBA-Auszeichnungen, lange bevor Worte wie „Legende“ oder „Hall-of-Fame“ fielen. Unmittelbar nach der Draft 1996 tritt der Nummer-eins-Pick ins interna-tionale Rampenlicht, als universitätsstar und neuer Hoffnungsträger. Nur zwei Jahre hat er am College verbracht, als er den Sprung ins Profilager wagt. Das ist früh in einer Zeit vor dem durchbruch von Highschool-Absolventen wie Kevin Garnett, Kobe Bryant oder Tracy McGrady, doch „The Answer“ kommt

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DIE KARRIERE EInES DER SPEKTAKULäRSTEn SPIELER UnSERER ZEIT näHERT SIcH IHREM EnDE. UnD ALLEn IVERSOn MUSS SIcH EnTScHEIDEn, WIE ER DAS SPIEL VERLASSEn WILL: BLEIBT ER DER STURKöPFIGE SUPERSTAR ODER WAGT ER DAS

ScHMERZHAFTE ExPERIMEnT, SIcH ZU änDERn? Text: Jan Hieronimi

die erklärunGder antWort

Living Legends„Living Legends“ ist ein neues Feature in FIVE. Hier werden wir in loser Reihenfolge den noch aktiven Legenden der NBA epische Artikel widmen, die sowohl die Gegenwart als auch die Vergangenheit des jeweiligen spielers beleuchten.

„er hat siCh im GeFänGnis verändert. er Wusste JetZt, Was mensChen einander antun können. aBer iCh moChte diese veränderunG: von da an liess er siCh keinen sCheiss mehr Bieten.“ ethel ann iverson

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„eGal, oB amar’e nun mit vollGas aus den toren GesChossen kommt oder etWas einGeWöhnunGsZeit BrauCht, es GiBt eiGentliCh keinen Grund, Warum er niCht ein GrossartiGes Jahr hinleGen sollte.“steve nash

AMAR’E STOUDEMIRE

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Name: Amar’e Carsares stoudemire Position: Power Forward Geboren: 16.11.1982 Größe: 2,08 Meter Gewicht: 112,9 Kilo Highschool: Cypress Creek (Orlando, Florida) spielertyp: All star spitzname: sTAT, sun Tzu schuh: Nike Hyperdunk Gehalt: 16,4 Mio. dollar

BESTE/SCHLECHTESTE SAISoN:

amar’e stoudemire

Jahr Team MPG FG% 3P% FT% RPG APG PPG

2004/05 Suns 36,1 55,9 18,8 73,3 8,9 1,6 26,0

2002/03 Suns 31,3 47,2 20,0 66,1 8,8 1,0 13,5

Career-Highs: 50 PTK, 23 REB, 8 AST, 10 BLK, 6 STL

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Amar’e stoudemire grinst. Über beide Ohren. Ihm gefällt offensichtlich, was er sieht. Zum Auftakt des Interviews hat er als eisbrecher eine alte

Ausgabe von FIVe überreicht bekommen: die Nummer 21. Auf dem Cover ist er selber abgelichtet. das spiegelbild ist tatsächlich eine streichelein-heit für die seele. die Nahaufnahme zeigt einen lachenden stoudemire, der symbolisch seine Faust ballt und den imposanten Bizeps in die Kamera hält. es ist ein Foto, das Macht ausstrahlt. ein Foto, das die perfekte Vor-lage für eine skulptur des Power Forwards der Phoenix suns wäre. Das besagte Titelbild, das mit den Worten „Generation Next“ un-terlegt ist, datiert vom september 2005. stoudemire war damals 23 Jahre alt. er hatte in der abgelaufenen saison 26,0 Punkte pro Partie aufgelegt, war zum All Star geworden. Mit der Nominierung ins „All-NBA Second Team“ am ende der spielzeit gab es den nächsten Ritterschlag. die promi-nente „STAT“-Tätowierung auf dem rechten Oberarm, die sein Spitznamen-akronym für „Standing Tall and Talented“ ist, fasste es bestens zusammen: stoudemire erschien wirklich übergroß und übertalentiert. die Zukunft auf der Vier gehörte ihm. er zählte zu den Besten der Besten.

Folter auf dem Massagetisch die hoffnungsvolle Karriere geriet bekanntermaßen außer Tritt. Bereits im Oktober 2005 musste sich stoudemire der so gefürchteten Mikrofrakturie-rung am linken Knie unterziehen und fiel praktisch das gesamte nächste Jahr aus. Im vergangenen Winter folgte der nächste herbe Rückschlag. Beim Gastspiel bei den Clippers am 18. Februar bekam stoudemire, der nach einem Trainingsunfall in der saisonvorbereitung ohnehin bereits ein angeschlagenes Auge hatte1, einmal mehr einen Finger ins rechte seh-organ gerammt. diesmal wurde nicht die Iris in Mitleidenschaft gezogen, sondern die Netzhaut, die sich teilweise abtrennte – eine Verletzung, die ebenso eklig und gravierend ist, wie sie klingt. einen Tag später wurde stoudemire operiert. Niemand wusste, wie es mit ihm weitergehen würde. Würde der ultrabegabte, aber anscheinend vom schicksal verdammte Big Man vielleicht sogar seine vielversprechende Laufbahn beenden müssen? Wer nicht richtig sehen kann, kann schließlich schlecht Profibasketball auf dem höchsten Niveau spielen. Heute ist das Rücktrittsgespenst fürs erste verbannt. stoudemire ist zurück und feiert sein zweites Comeback. „Die Augenoperation war er-folgreich, insofern bin ich wieder bei hundert Prozent“, antwortet er vor dem Testspiel der suns in Portland am 14. Oktober auf die Frage nach seinem Befinden. Der Eingriff mag ein Erfolg gewesen sein, aber er verlief keines-falls reibungslos. Im Gegenteil. Fünf Monate nach der ersten OP musste sich der einstige neunte Pick der draft 2002, der direkt von der Highschool in die Liga wechselte, noch mal einer äußerst unangenehmen Behandlung unterziehen. „Die Ärzte mussten meine Netzhaut korrigieren und neu befes-

nAcH ZWEI ÜBERSTAnDEnEn AUGEnOPERATIOnEn UnD EInER QUALVOLLEn REHA IST AMAR’E STOUDEMIRE WIE-DER ZURÜcK. JETZT WILL UnD MUSS DER DREIMALIGE ALL STAR ZEIGEn, DASS ER WEITER ZUR ELITE DER LIGA ZäHLT. Text: Tobias Pox

1. Der Übeltäter beim damaligen Trainingsunfall war Ex-Sun Boris Diaw. Stoudemire konnte laut Eigenaussage danach drei Minuten lang nichts sehen. 2. Zwischen 1959 und 1969 trafen die Celtics sieben Mal auf die Lakers (1959 noch Minneapolis Lakers). Jedes Mal gewann Boston die Meisterschaft.

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JOnnY FLYnn

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es hatte den Anschein, als wäre Jonny Flynn unsichtbar. er war als sechs-ter spieler gedraftet worden, dennoch interessierte sich kaum jemand für

ihn. Bei seinem neuen Klub, den Minnesota Timberwolves, gab es in den an-schließenden Wochen nur ein vorherrschendes Thema: das spanische Wun-derkind und dessen hohe Ablösesumme. die damit verbundenen Probleme schienen sogar zu verhindern, dass Ricky Rubio in absehbarer Zeit dauerhaft nach Minnesota übersiedeln würde. Welch eine Katastrophe! der Junge, der im olympischen Finale 2008 die spanier fast zu einem sieg über das wieder-belebte dream Team geführt hatte und seit Jahren als wiedergeborener Pete Maravich betitelt wird, dominierte die schlagzeilen. Wolves-Manager david Kahn flog mehrmals nach Europa, um mit Joventut Badalona zu verhandeln. Jede noch so kleine Information über diese Reisen wurde in den sportnach-richten groß diskutiert. Flynn blieb derweil unbeachtet links liegen. er war ja nur die Notfallversicherung, falls Rubio in europa bleiben würde. der 20-Jäh-rige von den syracuse Orangemen sagte zwar all die richtigen sätze und be-tonte, dass er sich darauf freue, „von Ricky einen No-Look-Pass per Dunk abzuschließen“, aber irgendwie interessierte sich niemand dafür. das alles änderte sich, als immer of-fensichtlicher wurde, dass Rubio zum F.C. Barce-lona wechseln würde – und weil zudem die sum-mer League startete. In Las Vegas lieferte Flynn nicht nur 15,0 Punkte und 7,4 Assists im schnitt, sondern beeindruckte vor allem mit einer extrem reifen spielanlage. er schien jederzeit alles unter Kontrolle zu haben. Zog wie am College in ge-wohnter Weise zum Korb, und wenn die defen-sive über ihm kollabierte, fand er den freien Mann für den Ableger, gerne am Brett, oft aber auch – und das ist ungewöhnlich für einen Rookie-Auf-bau – außen an der dreierlinie. erst dann wurden rund um Minnesota langsam die Ferngläser aus der Hand gelegt – stattdessen griff man zum Mi-kroskop, um zu untersuchen, was denn der ver-meintliche ersatzmann vor Ort an Talent zu bieten hatte. die ersten euphorieschübe ließen nach Flynns Auftritten nicht lange auf sich warten. „Das ist ein zukünftiger All star“, ließ sich ein NBA-

Scout noch während der Spiele in Vegas anonym in der „Sports Illustrated“ zitieren. „Er hat hervorragende Skills und spielt mit sehr viel Selbstvertrauen.“ Und den Wolves fiel auf, dass ihr neuer Rookie-Aufbau neben einer ausge-zeichneten Grundausbildung auch noch starqualitäten mitgebracht hatte. Flynn ist auf dem Feld zwar auch gelegentlich ein Meister des bösen Blicks, meistens strahlt unterhalb seines Headbands aber ein Magic-Johnson-Lächeln wie aus der Zahnpastawerbung. Flynn ist einer dieser Menschen, die einfach von jedem gemocht werden. ein sympathieträger. der geborene Fanliebling. „Seine Persönlichkeit und die Art, wie er mit den Leuten umgeht, macht natürlich vieles einfacher“, sagt T-Wolves-Trainer Kurt Rambis. erst langsam wurde den Verantwortlichen der gebeutelten Franchise klar, dass Flynn die Fans in einer schwierigen saison ohne Hoffnung auf die Playoffs dennoch bei Laune halten könnte. „Jonny wird in unserem Marketingkonzept eine zentrale Rolle spielen“, erklärte Ted Johnson als Vizepräsident für Marke-ting und Kommunikation kurze Zeit später in der „Minneapolis Star Tribune“. „Er ist ein charismatischer junger Mann. Es wird nicht lange dauern, bis unsere Anhänger ihn als Individuum ins Herz schließen.“

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JOnnY FLYnn GALT ZUERST ALS nOTFALLVERSIcHERUnG FÜR RIcKY RUBIO. LAnGSAM MERKEn DIE TIMBERWOLVES ABER, DASS SIE SIcH EIn AUFBAU-JUWEL MIT STARPOTEnZIAL GEAnGELT HABEn. Text: Sven Simon

Name: Jonny William Flynn Position: Point Guard Geboren: 06.02.1989 Größe: 1,83 Meter Gewicht: 84 Kilo College: syracuse spielertyp: starter Webtipp: http://en.wikipedia.org/wiki/Jonny_Flynn Gehalt: 2,9 Mio. dollar Vertrag bis: 2011 Nationalität: usA draft: 6. Pick 2009 NBA-Jahre: Rookie stationen: seit 2009 Minnesota Timberwolves erfolge: Mcdonald’s All American 2007, CBe Classic MVP 2008, Big east Tournament MVP 2009

NCAA FRESHMAN-/SoPHoMoRE-SAISoN:

JonnY FlYnn

Jahr Team MPG FG% 3P% FT% RPG APG PPG PER

2007/08 Syr 35,5 45,9 34,8 77,5 2,7 5,3 15,7 19,3

2008/09 Syr 37,3 46,0 31,7 78,6 2,7 6,7 17,4 20,4

Career-Highs: 35 PKT, 13 AST, 6 STL

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J.R. SMITH

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eigentlich gab es sie genug in den vergangenen Monaten im Leben des earl J. smith III. diese Momente, die alles verändern. Momente, nach denen

nichts mehr so ist, wie es vorher einmal war. Momente, die einen innehalten, nach außen treten, die eigenen Taten betrachten lassen. Wenn jemand stirbt, der so nah wie ein Bruder war. Wenn einem die Freiheit genommen und man in eine Gefängniszelle gesteckt wird. dann be-ginnt der Prozess der Selbstreflexion, spätestens dann. Wer für den Tod eines anderen Menschen verantwortlich ist, aber trotzdem nicht beginnt, die eigenen Handlungen zu hinterfragen, ist ein hoffnungsloser Fall. An diesem Punkt fand sich J.R. smith, shooting Guard der denver Nuggets, in diesem sommer wie-der. Lange sah es nicht so aus, als würde er zu retten sein … 30. Juni 2009. Vor etwas mehr als zwei Jahren starb Andre Bell, einer von J.R. smiths besten Freunden. damals überfuhr der NBA-star am steuer seines Geländewagens – 52 Kilometer pro stunde über dem Geschwin-digkeitslimit – ein stoppschild. er überholte einen dort wartenden Wagen, übersah das entgegenkommende Fahrzeug. der Frontalaufprall schleuderte smith und Bell durch die Windschutzscheibe des suV. Keiner von beiden war angeschnallt. smith trug nur leichte Prellungen an der schulter davon, ein paar Kratzer. Bell starb im Krankenhaus an seinen schweren Kopfverletzungen. Als die Mutter des Freundes, Wanda Bell, in der Klinik eintraf, konnten die Ärzte bei ihrem sohn keine Hirnaktivitäten mehr feststellen. „30 Tage Gefängnis, 508 US-Dollar Strafe plus 500 Stunden ge-meinnütziger Arbeit in Form von Besuchen bei schwerkranken Kindern“, so lautet das urteil des Gerichts von Monmouth County, New Jersey. „Es braucht eine Ab-schreckung“, erklärt Richterin debra J. Gelson ihr Urteil. „Junge Menschen schauen zu Mr. Smith auf, er ist ein Vorbild. Was würde ein mildes strafmaß aussagen? dass es okay ist zu ra-sen?“ ursprünglich hatte Gelson sogar 60 Tage Freiheitsentzug angesetzt, die Hälfte der Gefäng- nisstrafe jedoch durch gemeinnützige Arbeit ersetzt. „Ich entschuldige mich bei Mrs. Wanda Bell“, erklärt smith, bevor er ins Gefängnis geht. „Sie ist eine zweite Mutter für mich und war es schon, als ich sie zum ersten Mal traf.“ es ist eine hohle Entschuldigung. „Mir schießen die Tränen in die Augen, wenn ich daran denke“, sagt smith über den Tod seines Freundes. „Ich übernehme die volle Verantwortung für alles, was passiert ist. Aber es war ein unfall.“ ein unfall, ja. smith hat recht, wenn er das Geschehene so bezeichnet. ein Blick auf das, was nach dem unglück ge-

schieht, legt jedoch den Verdacht nahe, dass da jemand sein Leben einfach so weiterlebt. Ohne Reue. Ohne Verständnis. Ohne Lehren zu ziehen. In den zwei Jahren zwischen unfall und Antritt der Haftstrafe wird smith zweimal we-gen überhöhter Geschwindigkeit auffällig, dreimal wird ihm der Führerschein abgenommen. Bis 2012 darf J.R. smith kein Auto mehr steuern. seine erste Reise nach der entlassung aus dem Gefängnis geht nach Las Vegas.

Nicht von diesem Planeten01. Mai 2007. George Karl ist restlos bedient. sogar mehr als das. seine Nug-gets haben gerade das dritte spiel in Folge gegen die san Antonio spurs ver-loren. denver steht beim stande von 1-3 mit dem Rücken zur Wand, nachdem die Mannschaft zum Auftakt der erstrundenserie in Texas sensationell gewon-nen hatte. 25,7 sekunden sind in der vierten Partie gegen die spurs noch zu absolvieren. die Nuggets liegen mit 89:93 zurück, der Coach malt in der Auszeit einen spielzug für Allen Iverson oder Carmelo Anthony auf. doch J.R. smith hat eine andere Idee … er nimmt einen wilden dreier, der das Ziel verfehlt. es ist die zwölfte Fahrkarte aus der distanz bei ebenso vielen Versuchen. Aus dem Feld schießt der Guard gegen die Spurs 27,3 Prozent. „Das war es für ihn. Ich habe keine Idee, von welchem Planeten diese Aktion kam!“, zürnt Karl, „außerdem war da auch noch der andere dreier aus 16 Metern acht sekunden vor ende der Partie. Ich liebe es, wenn die Würde des Basketballs direkt vor meinen Augen beleidigt wird.“

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J.R. SMITH KönnTE VOM TALEnT HER EIn ALL STAR SEIn. BIS ZU DIESER SAISOn WAR DER DEnVER nUGGET JEDOcH EIn HOFFnUnGSLOSER FALL, DER FALScHE EnTScHEIDUnGEn TRAF UnD UnTER SELBSTÜBERScHäTZUnGLITT. HAT SIcH DAS GEänDERT? DIE nUGGETS HOFFEn ES – EIn MäDcHEn In PARKER, cOLORADO IST SIcH ABSOLUTSIcHER, DASS DEM WIRKLIcH SO IST. Text: André Voigt

Name: earl J. smith III. Position: shooting Guard Geboren: 09.09.1985 Größe: 1,98 Meter Gewicht: 100 Kilo spielertyp: starter spitzname: J.R. swish Webtipp: www.facebook.com/jrsmith Gehalt: 5,5 Mio. dollar Vertrag bis: 2011 Nationalität: usA draft: 18. Pick 2004 NBA-Jahre: 5 stationen: 2004 bis 2006 New Orleans/Oklahoma City Hornets, seit 2006 denver Nuggets

BESTE/SCHLECHTESTE SAISoN:

J.r . smith

Jahr Team MPG FG% 3P% FT% RPG APG PPG PER

2008/09 Nuggets 27,7 44,6 39,7 75,4 3,7 2,8 15,2 16,8

2005/06 Hornets 18,0 39,3 37,1 82,2 2,0 1,1 7,7 12,7

Career-Highs: 45 PKT, 10 REB, 7 AST, 3 BLK, 4 STL

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vom Querkopf Zum lieBlinG: heiko sChaFFartZikstorYs:

Julius Jenkins

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HEIKO ScHAFFARTZIK

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der JunGe und der mann

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sie haben beide an diesem Abend ihren Auftritt. erst der späße machende Kindskopf Heiko Schaffartzik, dann der gereifte Profisportler, der auf

den gleichen Namen hört. Für die New Yorker Phantoms steht in der Braun- schweiger Volkswagen-Halle das Training an – das letzte vor dem spitzenspiel des fünften spieltags gegen die ebenfalls noch unbesiegten Artland dragons am kommenden Tag. Headcoach sebastian Machowski sitzt noch am seiten-rand und bespricht mit Co-Trainer Philipp Köchling die letzten details. die Zeit nutzt schaffartzik und unterhält mit ein paar Mätzchen unter dem Korb seine Mitspieler. die Truppe johlt. die stim-mung ist gelöst nach den drei Auftakt-siegen, und schaffartzik gefällt sich in der Rolle des Klassenclowns. dann ruft Machowski das Team zusammen, und der junge Nationalspieler schaltet um. Für die nächsten anderthalb stunden arbei-tet er konzentriert. es werden im Fünf-gegen-fünf noch mal die wich-tigsten systeme für die anstehende Partie trainiert, schaffartzik hat alles im Griff. Als sein Mitspieler Michael Hicks einmal drauf und dran ist, in der defense falsch zu rotieren, korrigiert er ihn noch während der Aktion. Kurze Zeit später schlägt er Machowski eine kleine Änderung bezüglich eines ge-stellten Blocks in einem spielzug vor. es ist offensichtlich: der Point Guard geht voll auf in seiner neuen Rolle als Cheforganisator der Phantoms. „Es erstaunt mich immer wieder, mit welcher Begeisterung und Intensität Heiko selbst bei jedem Training dabei ist“, sagt Machowski anschließend. die szenen vor und während des Trainings illustrieren sehr gut den Wandel schaffartziks in den vergangenen Jahren. der Junge von früher, der vor allem immer spaß ha-ben wollte, kann nun auch in den Hintergrund treten – stattdessen kommt der Mann zum Vorschein, der erfolg haben möchte. Lange als schwieriger Charakter mit drang zur gewissenlosen Wurfauswahl verschrien, wird er seit der eM als der neue Heiland des deutschen Basketballs verehrt. es scheint, als könne eine Karriere als Wandervogel (seit er Berlin 2004 verließ, war er inklusive der Phantoms bis heute für sieben weitere Klubs aktiv) doch noch höher hinausgehen. daran hatte bis vor kurzem kaum noch jemand geglaubt.

Die zeit als wandervogelWie für viele Berliner Talente führt sein Weg in der Jugend über den Tus Lich-terfelde in den Dunstkreis des Profikaders von Alba. Von 2002 bis 2004 steht er offiziell im Roster des Vorzeigeklubs seiner Heimatstadt, absolviert aber nur in der ersten saison Punktspiele für den damaligen serienmeister. In gerade mal acht Partien darf er aufs Parkett, in der saison darauf hat er keinen ein-zigen BBL-Auftritt. Gerade knapp volljährig, überwirft er sich mit den Alba-Verantwortlichen, findet damals vor allem für Marco Baldi harsche Worte – un-erhört für einen Nachwuchsspieler, der noch nichts geleistet hat, ist der Tenor damals. er sagt heute, es habe damals auch unschöne Vorfälle von Albas seite gegeben, möchte die Vergangenheit aber ruhen lassen. In Gießen ist er 2005 unter stefan Koch als Rotationsspieler von der Bank Teil des Teams, das in einer sensationellen Viertelfinalserie Pokalsieger Köln aus den Playoffs wirft. Ein amtlicher Start in die Profikarriere. Dann folgt der positive dopingtest auf den Marihuana-Wirkstoff THC. er bittet reumütig um Nachsicht für seinen Fehler, bekommt mit vier spielen sperre eine milde

strafe von der Anti-doping-Kommission des dBB, wird aber von Gießen den-noch vor die Tür gesetzt. Zu dem Zeitpunkt ist das urteil über ihn in vielen Köpfen bereits in stein gemeißelt. statt des nächsten Karriereschritts nach oben folgt ein leidvolles Jahr beim Aufsteiger Nürnberg, das mit schlechter Teamchemie beginnt und mit dem sportlichen Wiederabstieg endet. In der saison 2006/07 verpasst er in einer ähnlichen Rolle von der Bank mit Ol-denburg die Playoffs, weil, so sagt er, „wir zu viele Häuptlinge und zu wenig Indianer hatten“. In einem namhaft besetzten Kader sinkt seine einsatzzeit im

Vergleich zum Jahr zuvor von 25 auf 15 Minuten im schnitt. er hat das Gefühl, dass er gegen einen strom schwimmt, der stärker ist als er. Nach der saison zurück in Berlin zweifelt er, ob eine Profikar-riere überhaupt das Richtige für ihn ist. „Ich dachte wirklich daran, Bas-ketball nur noch aus spaß zu spielen“, sagt er. Mit alten Freunden tritt er für Central Hoops in der Regionalliga an. Nachdem in der Bundesliga bereits der zehnte spieltag läuft, kommt ein Angebot aus Ludwigsburg. Zusam-men mit Ronald Ross und Brandon Woudstra soll er sich die Zeit auf der eins und Zwei teilen. das klingt gut. In diesen Tagen beschließt der damals 23-Jährige, dass er es weiter versucht und sein Leben mehr auf den Profi-sport ausrichtet. In der Öffentlichkeit redet er nicht groß darüber. Ihm ist klar, dass es sowieso nur die wenigs-ten glauben würden. Bei seinem Ruf helfen keine Worte, und selbst von seinen Taten nimmt anfangs kaum je-mand Notiz. Zwar verpasst sein Team wieder die Playoffs, aber zum ende der

saison legt er in neun spielen fünf Mal 20 oder mehr Punkte auf und liefert erstmals im schnitt einen zweistelligen Out-put (10,1 PPG). danach könnte er in Ludwigsburg in derselben Rolle bleiben, will aber mehr. „Ich hatte mich bewiesen und wollte erster Aufbau bei einem Bundesligisten sein“, sagt er.

Bester deutscher ScorerDie Chance bekommt er bei dem Klub, der ihm bereits den Start in die Profikar-riere ermöglicht, ihn später aber mit schimpf und schande davongejagt hatte. schaffartzik spielt vergangene saison in Gießen mehr als 30 Minuten im schnitt und wird mit 11,4 Punkten bester deutscher scorer der Bundesliga. Aber nach einer chaotischen saison mit nur acht siegen und einer Insolvenz als drohendem schatten über den 46ers steht für ihn der zweite sportliche Abstieg in vier Jahren auf dem Programm. dennoch bringt die saison etwas Positives mit sich. erstmals sucht nämlich dirk Bauermann das Gespräch mit ihm. Zwischen den Jahren gibt es im Winter einen Nationalmannschaftslehrgang in Heidelberg. eigentlich nur für Talente, die jünger sind als schaffartzik, aber der Bundestrainer möchte ihn als spieler und Mensch genauer kennenlernen. er habe eine gute entwicklung zu einem richtigen einser gemacht, sagt Bauermann ihm damals. und er habe das nötige Niveau und damit eine gute Chance, im sommer erstmals für die Nationalmannschaft aufzulaufen. Schaffartzik bleibt skeptisch. „Noch bin ich nicht offiziell eingeladen“, denkt er. Er versucht, sich keine Gedanken über dinge zu machen, die er nicht kontrollieren kann. Anders als in der Vergangen-heit, als er immer mal wieder auf eine einladung gehofft hatte, der Briefkasten aber immer leer blieb.

der JunGe und der mann

DER JÜnGLInG HEIKO ScHAFFARTZIK GALT LAnGE ALS TALEnTIERTER QUERKOPF – DER MAnn IST SEIT KURZEM DER nEUE LIEBLInG VOn BASKETBALL-DEUTScHLAnD. FÜnF BESUcHTE DEn AUFSTEIGER DES nATIOnALTEAMS In SEInER nEUEn HEIMAT In BRAUnScHWEIG. Text: Sven Simon

Schaffartzik kennt Dirk nowitzki nicht wirklich, hat nur während der EM-Vorbereitung in Bamberg mal kurz am Rande einer Trainingseinheit mit dem nBA-Star gesprochen. Wenn er davon redet, mal mit dem Dirkster zusammenzuspielen, kommt der Junge in ihm hoch. „Schon diesen Sommer habe ich mich darauf gefreut, bei der EM mit ihm aufzulaufen. Mal ein Pick-and-Pop mit Dirk zu spielen, das wäre der Hammer“, sagt er. „Leider kam dann die Absage. Das war echt schade. Vielleicht nächstes Jahr.“ Am 13. Dezember werden von der FIBA die Wildcards für die WM vergeben. Sollte Deutschland eine bekommen, steigen die chancen, dass die beiden im kommenden Sommer erstmals zusammen auflaufen. Schaffartzik hat Selbstvertrauen satt, lebt für den entscheidenden Wurf, dass er Spiele gewinnen kann, hat er oft bewiesen … aber was passiert, wenn er kommenden Sommer mit dem Adler auf der Brust nach vorne dribbelt, die DBB-Auswahl bei zehn Sekunden mit einem Punkt zurückliegt und vorne nowitzki wartet? „Das ist ja wohl nicht dein Ernst“, sagt er fast entrüstet. „natürlich bekommt Dirk den Ball, der war MVP der nBA!“

der Grosse Blonde und der kleine Blonde

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Issue #63

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