Flavonoide im Knospen-Exkret von Prunus- und Rhamnus-...

4
This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. FLAVONOIDE VON PRUNUS- UND RHAMNUS-ARTEN 567 Flavonoide im Knospen-Exkret von Prunus- und Rhamnus- Arten Flavonoids in Bud Excretions of Prunus and Rhamnus Species ECKHARD WOLLENWEBER*, PHILIPPE LEBRETON** und MICHELE CHADENSON*** * Fachbereich Biologie — Botanik — der Technischen Hochschule Darmstadt; ** Service de Phytochimie, *** Laboratoire de Biochimie, beide Universite de Lyon (Z. Naturforsch. 27 b, 567—570 [1972] ; eingegangen am 18. Dezember 1971) Bud excretions of Prunus and Rhamnus species are shown to contain free flavonoid aglycones. While in Rhamnus these are the common flavonols known long ago as glycosides in berries and leaves, there are some rare aglycones to be found in Prunus avium, namely dihydrowogonin, jaceidin, 6-methoxykaempferol and its 3-methyl ether. In einer früheren Mitteilung haben wir bereits die Strukturaufklärung eines neuen natürlichen Fla- vonols aus dem Knospenexkret von Prunus avium var. juliana beschrieben 1 . Dieses Exkret enthält noch weitere, zum Teil seltene, Flavonoid-Aglykone, über deren Identifizierung hier berichtet werden soll. Freie Flavonoide wurden ferner in Knospen von Prunus nippon, Prunus serratula und von verschie- denen Rhamnus-Arten nachgewiesen. Material und Methode Die Extraktion erfolgte in jedem Falle durch mög- lichst kurzes Einlegen der Knospen in Aceton. Von der Süßkirsche waren im März etwa 1 kg Knospen ge- erntet worden. Der eingeengte Rohextrakt wurde — ge- gebenenfalls nadi vorhergehendem Auftrocknen auf das Adsorbens — über Polyamid- bzw. Kieselgelsäulen chromatographiert (1. c. 2 ). Durch mehrfaches Umkri- stallisieren aus geeigneten Lösungsmitteln konnten schließlich vier Verbindungen kristallin erhalten wer- den. Bei Prunus nippon, Pr. serratula und den Rham- nus-Arten wurde wegen Materialknappheit auf Isolie- rung der Substanzen verzichtet. Es wurde mit authenti- schen Testsubstanzen verglichen durch Cochromatogra- phie und durch Aufnahme der UV-Spektren von präpa- rativ-dünnschichtchromatographisch gewonnenen Pro- ben. Dies ist, da es sich um triviale Flavonoide han- delt, nadi unseren Erfahrungen hinreichend beweis- kräftig. Als Adsorbens zur DC benutzten wir Polyamid, als Laufmittel Benzol-Methyläthylketon-Methanol-Gemische in verschiedenen Mengenverhältnissen. — Die Schmelz- punkte, aufgenommen mit einem Kofler-Heiztisdi- mikroskop, sind nicht korrigiert. Sonderdruckanforderungen an Dr. E. WOLLENWEBER, Fach- bereich Biologie (10) — Botanik — der Technischen Hoch- schule, D-6100 Darmstadt, Schnittspahnstr. 3 5 oder an Prof. Dr. P. LEBRETON, Service de Phytochimie de l'Uni- versite de Lyon, F 69 Villeurbanne, 43 Boul. du 11 Novem- bre 1918. Ergebnisse I) Prunus avium v ar. juliana Die Flavonoide K l bis K 4 wurden kristallin erhalten, K 5 bis K 7 konnten durch Vergleich iden- tifiziert werden. Die Reihenfolge richtet sich nach zunehmender Polarität. 5.7-Dihydroxy-8-methoxy-flavanon (Dihydrowogo- nin ) — Kl Die Substanz bildet große, schwach gelb gefärbte Kristalle mit dem Sdimelzpunkt 148 150°, ihr Acetat schmilzt bei 136°. Das UV-Spektrum deutet auf ein Flavanon (Amax in Äthanol bei 293 nm, Schulter bei 340nm; nach Zusatz von A1C13 Maxi- mum bei 300 nm, Schulter bei 345 nm; mit Alko- holat >imax bei 327 nm). Nadi dem Verhalten des Flecks auf der Polyamid-Platte — absorbierend im UV, negative Reaktion mit Zirkonyldilorid — müßte es 6- oder 8-Substitution aufweisen. Das Massen- spektrum des Acetats zeigt, daß zwei Hydroxylgrup- pen (Abspaltung zweier Ketale) und eine Methoxyl- gruppe (Molgewicht) vorliegen. Diese Hinweise führten uns dazu, mit Dihydrowogonin zu verglei- chen, das bereits früher aus dem Kernholz von Prunus avium isoliert worden ist 3 . Es zeigt sich, daß K 1 mit dem dort 3 B 2 genannten Flavanon identisch ist, was nicht zuletzt audi die völlige Über- einstimmung der IR-Spektren beweist. Kernresonanzspektrum und Massenspektrum des Dihydrowogonins sind unseres Wissens bisher noch nicht publiziert worden. Wir geben deshalb hier diese Daten und ihre Zuordnung. Diese Daten stehen in Einklang mit den Flava- non-NMR-Studien von MASSICOT et MARTHE 4 und CLARK-LEWIS et al. 5 .

Transcript of Flavonoide im Knospen-Exkret von Prunus- und Rhamnus-...

Page 1: Flavonoide im Knospen-Exkret von Prunus- und Rhamnus- Artenzfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/27/ZNB-1972-27b-0567.pdf · Bud excretions of Prunus and Rhamnus species are shown to contain

This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

FLAVONOIDE VON PRUNUS- UND RHAMNUS-ARTEN 5 6 7

Flavonoide im Knospen-Exkret von Prunus- und Rhamnus- Arten

Flavonoids in Bud Excretions of Prunus and Rhamnus Species

ECKHARD WOLLENWEBER*, PHILIPPE L E B R E T O N * * u n d MICHELE C H A D E N S O N * * * * Fachbereich Biologie — Botanik — der Technischen Hochschule Darmstadt;

** Service de Phytochimie, *** Laboratoire de Biochimie, beide Universite de Lyon

(Z. Naturforsch. 27 b, 567—570 [1972] ; eingegangen am 18. Dezember 1971)

Bud excretions of Prunus and Rhamnus species are shown to contain free flavonoid aglycones. While in Rhamnus these are the common flavonols known long ago as glycosides in berries and leaves, there are some rare aglycones to be found in Prunus avium, namely dihydrowogonin, jaceidin, 6-methoxykaempferol and its 3-methyl ether.

In einer früheren Mitteilung haben wir bereits die Strukturaufklärung eines neuen natürlichen Fla-vonols aus dem Knospenexkret von Prunus avium var. juliana beschrieben 1. Dieses Exkret enthält noch weitere, zum Teil seltene, Flavonoid-Aglykone, über deren Identifizierung hier berichtet werden soll. Freie Flavonoide wurden ferner in Knospen von Prunus nippon, Prunus serratula und von verschie-denen Rhamnus-Arten nachgewiesen.

Material und Methode

Die Extraktion erfolgte in jedem Falle durch mög-lichst kurzes Einlegen der Knospen in Aceton. Von der Süßkirsche waren im März etwa 1 kg Knospen ge-erntet worden. Der eingeengte Rohextrakt wurde — ge-gebenenfalls nadi vorhergehendem Auftrocknen auf das Adsorbens — über Polyamid- bzw. Kieselgelsäulen chromatographiert (1. c. 2). Durch mehrfaches Umkri-stallisieren aus geeigneten Lösungsmitteln konnten schließlich vier Verbindungen kristallin erhalten wer-den.

Bei Prunus nippon, Pr. serratula und den Rham-nus-Arten wurde wegen Materialknappheit auf Isolie-rung der Substanzen verzichtet. Es wurde mit authenti-schen Testsubstanzen verglichen durch Cochromatogra-phie und durch Aufnahme der UV-Spektren von präpa-rativ-dünnschichtchromatographisch gewonnenen Pro-ben. Dies ist, da es sich um triviale Flavonoide han-delt, nadi unseren Erfahrungen hinreichend beweis-kräftig.

Als Adsorbens zur DC benutzten wir Polyamid, als Laufmittel Benzol-Methyläthylketon-Methanol-Gemische in verschiedenen Mengenverhältnissen. — Die Schmelz-punkte, aufgenommen mit einem Kofler-Heiztisdi-mikroskop, sind nicht korrigiert.

Sonderdruckanforderungen an Dr. E. WOLLENWEBER, Fach-bereich Biologie (10) — Botanik — der Technischen Hoch-schule, D-6100 Darmstadt, Schnittspahnstr. 3 — 5 oder an Prof. Dr. P. LEBRETON, Service de Phytochimie de l'Uni-versite de Lyon, F 69 Villeurbanne, 43 Boul. du 11 Novem-bre 1918.

Ergebnisse

I) Prunus avium v ar. juliana

Die Flavonoide K l bis K 4 wurden kristallin erhalten, K 5 bis K 7 konnten durch Vergleich iden-tifiziert werden. Die Reihenfolge richtet sich nach zunehmender Polarität.

5.7-Dihydroxy-8-methoxy-flavanon (Dihydrowogo-nin ) — Kl

Die Substanz bildet große, schwach gelb gefärbte Kristalle mit dem Sdimelzpunkt 148 — 150°, ihr Acetat schmilzt bei 136°. Das UV-Spektrum deutet auf ein Flavanon (Amax in Äthanol bei 293 nm, Schulter bei 340nm; nach Zusatz von A1C13 Maxi-mum bei 300 nm, Schulter bei 345 nm; mit Alko-holat >imax bei 327 nm). Nadi dem Verhalten des Flecks auf der Polyamid-Platte — absorbierend im UV, negative Reaktion mit Zirkonyldilorid — müßte es 6- oder 8-Substitution aufweisen. Das Massen-spektrum des Acetats zeigt, daß zwei Hydroxylgrup-pen (Abspaltung zweier Ketale) und eine Methoxyl-gruppe (Molgewicht) vorliegen. Diese Hinweise führten uns dazu, mit Dihydrowogonin zu verglei-chen, das bereits früher aus dem Kernholz von Prunus avium isoliert worden ist3. Es zeigt sich, daß K 1 mit dem dort 3 B 2 genannten Flavanon identisch ist, was nicht zuletzt audi die völlige Über-einstimmung der IR-Spektren beweist.

Kernresonanzspektrum und Massenspektrum des Dihydrowogonins sind unseres Wissens bisher noch nicht publiziert worden. Wir geben deshalb hier diese Daten und ihre Zuordnung.

Diese Daten stehen in Einklang mit den Flava-n o n - N M R - S t u d i e n v o n MASSICOT et MARTHE 4 u n d CLARK-LEWIS et al . 5 .

Page 2: Flavonoide im Knospen-Exkret von Prunus- und Rhamnus- Artenzfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/27/ZNB-1972-27b-0567.pdf · Bud excretions of Prunus and Rhamnus species are shown to contain

5 6 8 E . W O L L E N W E B E R , P . L E B R E T O N U N D M . C H A D E N S O N

2,32 2,38

s | s j 6 H

2,82 3,06

m | m j 2 H

3,87 s 3 H 5,54 dd 1 H 6,52 s 1 H 7,48 m 5 H

NMR-Spektrum des K 1-Acetats, aufgenommen bei 60 MHz in CDCI3

ö • io-6

C - 7 CH 3 (Acetat) - 5 CH 3 (Acetat) - 3 H eq — 3 H a x - 8 OCH3 (Me) - 2 H - 6 H

2', 3', 4 ' , 5', 6' H

Kopplungskonstanten: ^ 3 e q , 3 a x 1 7 H z <72,3 ax 1 3 , 2 H z «72.3 eq 3 H z

Massenspektrum Eine geringe Verunreinigung im Massenspektrum

des K 1-Acetats bei m/e 412 ist auf das Acetat des entsprechenden Chalkons zurückzuführen. Die Daten stimmen mit den Massenspektren der Flavanone nach AUDIER 6 ü b e r e i n .

Es ergibt sich das folgende Spaltungsschema:

OCH,

-K / T u m = OH

cp-C=CH2

0CH3 m = 104 H0̂ JL

5.7,4'-Trihydroxy-3.6.3'-trimethoxyflavon (Jaceidin) — K 2

Diese Verbindung kristallisiert in feinen gelben Nadeln, Schmp. 124 — 126°, Schmp. des Acetats

162°. Der Fleck auf der Polyamid-Platte ist im UV-Licht absorbierend, die Zr-Reaktion negativ. Hier fiel die große Ähnlichkeit mit dem aus Alnus-Knospen isolierten Quercetagetin-trimethyläther Cen-taureidin auf (A 3, 1. c. 7 ) . Es wurde daher mit die-sem sowohl als auch mit seinem Isomeren, dem Jaceidin, verglichen.

UV-Spektren, A max m nm K 2 Jaceidin Centaureidin

E t O H 256, (271), 354

AICI3 262 , (278), 364, (410)

NaOEt 414 (AK = 60 nm)

NaOAc 270,377 273, 385 H 3 B O 3 355 357

256, (270), 352

260, (280), 362

410 (AA = 58 nm)

255, (268), 350

262, (280), 365

387 (AA — 37 nm)

276, 380 352

Der Schmelzpunkt des Jaceidins liegt bei 127 — 133°, der des Centaureidins bei 203 — 206°.

Das Massenspektrum des Jaceidins haben bereits BOWIE u n d CAMERON 8 veröf fent l icht . D i e Massen-zahlen von K 2 stimmen mit den dort angegebenen iiberein.

Das Kernresonanzspektrum von K 2 wird in der Abbildung wiedergegeben.

Die vorliegenden Daten beweisen die Identität von K 2 mit Jaceidin eindeutig.

5.7.4' -Trihydroxy-3.6-dimethoxy-jlavon — K3

Die Substanz bildet gelbe Nädelchen mit dem Schmelzpunkt 235 — 237° ; ihr Acetat schmilzt bei 148 — 149°. Auch dieses Flavon erscheint auf der Dünnschichtplatte im UV-Licht absorbierend und gibt negative Zirkonreaktion. Das Molgewicht 456 des Acetats und die Abspaltung dreier Ketale zei-gen, daß ein Trihydroxy-dimethoxyflavon vorliegt. Die Schmelze mit Anilinhydrochlorid liefert ein Pro-dukt, das schwach positive Zirkonreaktion zeigt, was auf ein in C-3 methyliertes Flavonol hinweist. Die-ses Reaktionsprodukt verhält sich wie K 4. Ver-gleich der Daten mit dem kürzlich von RÖSLER et al.9 beschriebenen 3-Methyläther des 6-Methoxy-kämpferols ergibt, daß es sich hier um die gleiche Verbindung handelt (der Schmelzpunkt ist dort nicht angegeben; das UV-Spektrum mit Acetat weicht ab). Das beweist schließlich auch die Aus-wertung des Kernresonanzspektrums (siehe Abb. 1) und des Massenspektrums.

Page 3: Flavonoide im Knospen-Exkret von Prunus- und Rhamnus- Artenzfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/27/ZNB-1972-27b-0567.pdf · Bud excretions of Prunus and Rhamnus species are shown to contain

FLAVONOIDE V O N PRUNUS- UND RHAMNUS-ARTEN 5 6 9

Abb. 1. NMR-Spektren der Verbindungen K 2 (unten) und K 3 (oben), aufgenommen bei 60 MHz in CDC13 mit TMS als innerem Standard.

UV-Spektren, /max in nm K 3 R o s i e r - Substanz

MeOH 272, 342 NaOMe 275, 325, 400 AlCla 278, (305), 367 NaOAc 272, 300, 367 N a 0 A e / H 3 B 0 3 271, 343

274, (295), 340 278, 325, 400

(235), 280, (305), 370, (405) 275, 320, 395 270, 345

Massenspektrum des K3-Acetats mje Intensität % Zuordnung

456 38 Tri-acetat 414 > 100 Di-acetat 372 > 100 Mono-acetat 357 56 Monoaeetat—CH3 343 22 Monoacetat—CHO 330 100 M 329 90 M - H 315 83 M - C H 3 312 91 M - H 2 0 301 33 M - C H O 287 45 M — C H 3 , - C O 271 17 M - C O , - O C H 3

269 20 315 - C O , - H 2 O 312 - C O , - C H 3

257 16 ?

244 17 287 - C O , - C H 3 230 13 269 - C H O 215 11 244 - C H O 167 22 A-Ring tri-O-substituiert 153 33

A-Ring tri-O-substituiert

121 83 C-Ring mono-OH-substituiert 105 33

C-Ring mono-OH-substituiert

93 22 121 - C O

3.5.7.4'-Tetrahydroxy-6-methoxyflavon (6-Methoxy-kämpf er ol) — K4

Dieses in gelben Kristallen vom Schmp. ca. 270° (Schmp. des Acetats 145 — 148°) kristallisierende Flavonol erscheint im Chromatogramm als gelb-brauner Fleck im UV, der mit Zirkon im Tageslicht gelb wird, im UV schwache Reaktion zeigt. Über die Identifizierung dieser neuen Verbindung haben wir bereits ausführlich berichtet1.

K5-K7

Diese Flavonole wurden nicht in Substanz erhal-ten. Sie konnten jedoch durch Vergleich mit authen-tischen Verbindungen (DC, UV) eindeutig identifi-ziert werden als Isorhamnetin, Kämpferoi und Quercetin.

II) Prunus nippon, Prunus serratula

Bei Prunus nippon wurden die Flavonoide, wie bereits erwähnt, durch Dünnschichtchromatographie in verschiedenen Laufmitteln und ihre UV-Spektren nachgewiesen. Es handelt sich um Kämpferid, Iso-rhamnetin, Kämpferoi und Quercetin. Die Verbin-gungen K 1 — K 4 konnten hier nicht aufgefunden werden.

Bei Prunus serratula liegen geringe Mengen von freiem Isorhamnetin und Quercetin vor.

Page 4: Flavonoide im Knospen-Exkret von Prunus- und Rhamnus- Artenzfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/27/ZNB-1972-27b-0567.pdf · Bud excretions of Prunus and Rhamnus species are shown to contain

5 7 0 F L A V O N O I D E V O N PRUNUS- U N D RHAMNUS-ARTEN 570

III) Rhamnus

Kleine Knospen-Proben der vier Arten Rhamnus cathartica, Rh. frangula, Rh. dahurica und Rh. ery-throxylon (alle aus dem Botanischen Garten der Universität Heidelberg) wurden dünnschichtchro-matographisch analysiert. Zur Absicherung wurden bei Rhamnus cathartica UV-Spektren aufgenommen. Von allen genannten Arten werden folgende Flavo-nole excerniert: Rhamnazin, Rhamnocitrin, Rham-netin, Isorhamnetin, Kämpferoi und Quercetin.

Das Chromatogramm dieser Substanzen ist bei EGGER 10 abgebildet; nur wurde dort irrtümlich „Rhi" gesetzt für den oberen Fleck, bei dem es sich also um Rhamnazin handelt, Rhnamnocitrin liegt auf der Höhe des über „Gal" stehenden Fragezei-chens.

Diskussion

Prunus-Arten sind schon mehrfach auf ihren Fla-vonoid-Gehalt untersucht worden. Das Isoflavon Prunetin wurde bereits 1948 aus der Rinde von Prunus puddum sioliert11. HASEGAVA 12 berichtete über das Vorkommen der Flavone Chrysin und Tectochrysin, der Isoflavone Genistein und Prune-tin, der Flavanone Pinocembrin, Naringenin, Saku-ranetin, Isosakuranetin und Eriodictyol sowie der Flavanonole Aromadendrin und Taxifolin aus dem Kernholz der Kirsche. CHOPIN et al. 3 beschrieben ein neue Flavanon aus Kernholz von Prunus avium, das sie Dihydrowogonin nannten. Von SESHADRI und Mitarb.13 stammt die wohl bisher letzte Publi-kation zum Thema, in der Kernhölzer und Rinden untersucht werden. Keine der Arbeiten (auch der hier nicht eigens zitierten) befaßt sich mit den Knospen. So war bis zu unserer Isolierung des 6-Methoxy-kämpferols1 unbekannt, daß auch das Knospen-Exkret freie Fiavonoid-Agly'kone führt. Hier fällt besonders auf, daß die Hauptkomponenten bei Prunus avium, K l bis K 4, alle 6- oder 8-Sub-stitution aufweisen. Hierher gehört auch das aus dem Kernholz von Prunus domestica isolierte Pru-

1 P . LEBRETON, E . WOLLENWEBER, L . SOUTHWICK U. T . J . MABRY, C. R. hebd. Seances Acad. Sei. 272, 1529 [19711-

2 E . WOLLENWEBER U. K . EGGER, Z . P f l a n z e n p h y s . 6 5 , 4 2 7 [1971].

3 J . CHOPIN, D . M O L H O , H . PACHECO u . C . MENTZER, B u l l . Soc. chim. France 1957, 192.

4 J. MASSICOT et J.-P. MARTHE, Bull. Soc. chim. France 1962, 1962.

5 J . W . CLARK-LEWIS, L . M . JACKMAN U. T . M . SPOTSWOOD, Austral. J. Chem. 17, 632 [1964].

6 H. AUDIER, Bull. Soc. chim. France 1966, 2892. 7 E . WOLLENWEBER, M . - L . BOUILLANT. P . LEBRETON U. K .

EGGER, Z. Naturforsch. 26 b. 1188 [1971]. 8 J. H. BOWIE U. D. W. CAMERON, Austral. J. Chem. 19, 1627

[1966].

domestin = 8-Methoxykämpferid. Eine derartige Bevorzugung der sonst relativ seltenen 6-Substitu-tion haben wir auch bei Alnus glutinosa beobachtet 7. Man vergleiche ferner die Flavonoid-Muster bei Po-pulus nigra14 und Betula ermani2, wo ebenfalls bestimmte Substitutionen überwiegen.

Bei Prunus nippon und Prunus serratula finden wir nur triviale Flavonole.

Altbekannt sind auch die Flavonole der Rhamnus-Arten; sie gehören mit zu den ersten überhaupt be-schriebenen Verbindungen dieser Substanzklasse. Rhamnetin beispielsweise wurde schon 1858 von GELLATLY 15 aus Beeren von Rhamnus tinetoria als Glykosid „Xanthorhamnin" dargestellt. Auch ist lange bekannt, daß Blatthydrolysate die gleichen Aglykone enthalten wie Beerenhydrolysate. Daß je-doch die Knospen diese Aglykone in freier Form aufweisen, ist bislang offenbar übersehen worden. Zwischen den Flavonolen des Knospenexkrets und denen der Blatt- bzw. Beerenhydrolysate bestehen lediglich mengenmäßige Unterschiede. In Blättern und Knospen überwiegen Rhamnocitrin und Kämp-ferol, während in den Beeren Rhamnazin und Rham-netin den Hauptanteil bilden. Beim Vergleich der Knospenexkrete der verschiedenen Arten läßt sich kein Unterschied feststellen.

Bei allen bisher von uns untersuchten Planzen — Alnus, Betula, Populus, Aesculus, Primula — war aufgefallen, daß die excernierten Flavonoide von den glykosidisch vorkommenden stark abweichen und meist auch vielfältiger sind. Die völlige Über-einstimmung der von Rhamnus-Knospen ausgeschie-denen Flavonoid-Aglykone mit den glykosidisch gebundenen steht offenbar in Zusammenhang mit der Tatsache, daß hier keine öligen Exkrete gebildet werden, während unsere sonstigen Objekte mehr oder weniger reiche Exkrelion meist terpenoider Verbindungen zeigen.

Herrn Prof. F . BOHLMANN (Berlin) danken wir für eine Probe von Jaceidin, Herrn Prof. DELMAU (Lyon) für NMR-Spektren und Herrn R U B I K ( D K F Z , Heidel-berg) für die Massenspektren.

9 H . RÖSLER, A . E . STAR u. T . J . MABRY, P h y t o c h e m . 1 0 , 4 5 0 [ 1 9 7 1 ] .

10 K. EGGER, Planta Medica 12, 265 [1964], 11 N. NARASIMHACHARI U. T. R. SESHADRI, Proc. Ind. Acad.

S e i . A 3 0 , 2 7 1 [ 1 9 4 9 ] . 1 2 M . HASEGAWA, J . J a p . F o r . S o c . 4 0 , 111 [ 1 9 5 8 ] . 1 3 P . P . AUSTIN, T . R . SESHADRI U. M . S . SOAD, I n d . J . C h e m .

7 , 4 3 [ 1 9 6 9 ] . 1 4 E . WOLLENWEBER U. K . EGGER, P h y t o c h e m . 1 0 , 2 2 5

[ 1 9 7 1 ] . 15 GELLATLY, zitiert nach KARRER, Konstitution und Vor-

kommen organischer Pflanzenstoffe, Birkhäuser Verlag. Basel und Stuttgart, 1958.