Flexibel, leicht und durchsichtig

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Einer der großen Vorteile der organischen Photovoltaik ist die sogenannte Energierücklaufzeit, die berücksichtigt, wie lange eine Solaranlage betrieben werden muss, bis sie sich energetisch amortisiert hat. Während anorganische So- larzellen der ersten Generation aufgrund der hohen Tem- peraturen beim Ziehen der Kristalle, aus denen später die Wafer gesägt werden, eine Energierücklaufzeit von zwei bis drei Jahren haben, kommen organische Solarzellen auf etwa ein halbes Jahr. Die geringeren Produktionskosten – orga- nische Solarzellen können bei niedrigen Temperaturen auf flexible Polymerfolien gedruckt werden – schlagen sich ebenfalls in einem günstigeren Anschaffungspreis nieder. Zudem haben organische Solarzellen viele bestechende Vorteile. Günstige, flexible und leichte Solarzellen auf Kunst- stoffbasis lassen sich auf Alltagsgegenständen wie Kleidung oder Sonnenschirmen einsetzen. Semitransparent gestaltet, können sie auch in Fassadenelemente oder gar Fenster in- tegriert werden. Organische Halbleiter Der Name organische Solarzelle verweist auf die organi- schen Halbleitermaterialien, aus denen sie hergestellt wird. Diese bestehen aus einem Gerüst aus Kohlenstoffatomen. Technisch werden sie in kleine Moleküle, zum Beispiel Farb- pigmente, und Makromoleküle, etwa Polymere, unterteilt, da sich deren Verarbeitung wesentlich unterscheidet [2]. Ihre halbleitenden Eigenschaften erhalten die Molekü- le durch die Einfach- und Doppelbindungen, die sich in ih- nen abwechseln und die Kohlenstoffatome verknüpfen. Da- bei ordnen sich die vier Valenzelektronen des Kohlenstoff- atoms nach der sogenannten sp 2 -Hybridisierung energetisch um. Zum einen bilden sich drei Zustände gleicher Energie, aus denen σ-Bindungen hervorgehen, die das Grundgerüst des Moleküls formen. Zum anderen entsteht auch eine hö- herenergetische π-Bindung. Sie ist weniger gerichtet, wes- halb sich diese Elektronen über das ganze Molekül hinweg bewegen können. Man spricht daher von einem konjugier- ten π-Elektronensystem, das sich über das gesamte Molekül ausbreitet (delokalisiert), wenn sich Einfach- und Doppel- bindungen abwechseln. Abbildung 1 veranschaulicht dies am Beispiel von Ethen. Organische Solarzellen Flexibel, leicht und durchsichtig B ERNHARD ECKER Organische Solarzellen ermöglichen Anwendungen, für die sich herkömmliche, anorganische Solarzellen nicht eignen. Sie lassen sich auf flexible Folien gedruckt in Kleidungsstücke integrieren oder semitransparent strukturiert in Fenster ein- betten. Inzwischen erreichen die besten organischen Solar- zellen Wirkungsgrade von mehr als 10 % und sind auf dem Weg in die Kommerzialisierung. 84 Phys. Unserer Zeit 2/2013 (44) © 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim DOI: 10.1002/piuz.201301322 E ine elegante Methode, um aus Sonnenlicht elektrische Energie zu erzeugen, ist deren direkte Umsetzung in So- larzellen. Deren Fortschritt kann man anhand der Eintei- lung der Solarzellen in drei Generationen verfolgen. Die ers- te Generation umfasst den heute am häufigsten anzutref- fenden Typ aus mono- oder multikristallinem Silizium. Diese Solarzellen sind relativ effizient mit Wirkungsgraden bis über 20 %, haben aber den Nachteil eines hohen Material- verbrauchs und teurer Herstellungskosten. Solarzellen der zweiten Generation, sogenannte Dünnschichtsolarzellen, sind etwa 300 Mal dünner als diejenigen der ersten Gene- ration. Entsprechend weniger Material verbraucht ihre Her- stellung, und ihre Produktion wird zudem günstiger durch die Verwendung alternativer Herstellungsverfahren und Halbleitermaterialien wie amorphes Silizium, Kadmiumtel- lurid oder Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS). Aller- dings muss dies mit geringer ausfallenden Wirkungsgraden bezahlt werden. Solarzellen der dritten Generation, zu denen auch or- ganische gezählt werden, versuchen nun durch Anwendung neuer Konzepte und Materialien hohe Wirkungsgrade bei vergleichbar niedrigen Herstellungskosten zu erzielen [1]. Organische Solarzellen erreichen mittlerweile einen Wir- kungsgrad von über 10 %. Online-Ausgabe unter: wileyonlinelibrary.com C C H H H H π-Bindung σ-Bindung Abb. 1 Eine σ-Bindung und eine π-Bindung bilden zusammen eine Doppelbindung zwischen den beiden Kohlenstoffatomen, wie das Beispiel von Ethen (C 2 H 4 ) zeigt.

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Einer der großen Vorteile der organischen Photovoltaikist die sogenannte Energierücklaufzeit, die berücksichtigt,wie lange eine Solaranlage betrieben werden muss, bis siesich energetisch amortisiert hat. Während anorganische So-larzellen der ersten Generation aufgrund der hohen Tem-peraturen beim Ziehen der Kristalle, aus denen später dieWafer gesägt werden, eine Energierücklaufzeit von zwei bisdrei Jahren haben, kommen organische Solarzellen auf etwaein halbes Jahr. Die geringeren Produktionskosten – orga-nische Solarzellen können bei niedrigen Temperaturen aufflexible Polymerfolien gedruckt werden – schlagen sichebenfalls in einem günstigeren Anschaffungspreis nieder.

Zudem haben organische Solarzellen viele bestechendeVorteile. Günstige, flexible und leichte Solarzellen auf Kunst-stoffbasis lassen sich auf Alltagsgegenständen wie Kleidungoder Sonnenschirmen einsetzen. Semitransparent gestaltet,können sie auch in Fassadenelemente oder gar Fenster in-tegriert werden.

Organische HalbleiterDer Name organische Solarzelle verweist auf die organi-schen Halbleitermaterialien, aus denen sie hergestellt wird.Diese bestehen aus einem Gerüst aus Kohlenstoffatomen.Technisch werden sie in kleine Moleküle, zum Beispiel Farb-pigmente, und Makromoleküle, etwa Polymere, unterteilt, dasich deren Verarbeitung wesentlich unterscheidet [2].

Ihre halbleitenden Eigenschaften erhalten die Molekü-le durch die Einfach- und Doppelbindungen, die sich in ih-nen abwechseln und die Kohlenstoffatome verknüpfen. Da-bei ordnen sich die vier Valenzelektronen des Kohlenstoff-atoms nach der sogenannten sp2-Hybridisierung energetischum. Zum einen bilden sich drei Zustände gleicher Energie,aus denen σ-Bindungen hervorgehen, die das Grundgerüstdes Moleküls formen. Zum anderen entsteht auch eine hö-herenergetische π-Bindung. Sie ist weniger gerichtet, wes-halb sich diese Elektronen über das ganze Molekül hinwegbewegen können. Man spricht daher von einem konjugier-ten π-Elektronensystem, das sich über das gesamte Molekülausbreitet (delokalisiert), wenn sich Einfach- und Doppel-bindungen abwechseln. Abbildung 1 veranschaulicht diesam Beispiel von Ethen.

Organische Solarzellen

Flexibel, leicht und durchsichtigBERNHARD ECKER

Organische Solarzellen ermöglichen Anwendungen, für diesich herkömmliche, anorganische Solarzellen nicht eignen. Sie lassen sich auf flexible Folien gedruckt in Kleidungsstückeintegrieren oder semitransparent strukturiert in Fenster ein-betten. Inzwischen erreichen die besten organischen Solar -zellen Wirkungsgrade von mehr als 10 % und sind auf demWeg in die Kommerzialisierung.

84 Phys. Unserer Zeit 2/2013 (44) © 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

DOI: 10.1002/ piuz.201301322

Eine elegante Methode, um aus Sonnenlicht elektrischeEnergie zu erzeugen, ist deren direkte Umsetzung in So-

larzellen. Deren Fortschritt kann man anhand der Eintei-lung der Solarzellen in drei Generationen verfolgen. Die ers-te Generation umfasst den heute am häufigsten anzutref-fenden Typ aus mono- oder multikristallinem Silizium. DieseSolarzellen sind relativ effizient mit Wirkungsgraden bisüber 20 %, haben aber den Nachteil eines hohen Material-verbrauchs und teurer Herstellungskosten. Solarzellen derzweiten Generation, sogenannte Dünnschichtsolarzellen,sind etwa 300 Mal dünner als diejenigen der ersten Gene-ration. Entsprechend weniger Material verbraucht ihre Her-stellung, und ihre Produktion wird zudem günstiger durchdie Verwendung alternativer Herstellungsverfahren undHalbleitermaterialien wie amorphes Silizium, Kadmiumtel-lurid oder Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS). Aller-dings muss dies mit geringer ausfallenden Wirkungsgradenbezahlt werden.

Solarzellen der dritten Generation, zu denen auch or-ganische gezählt werden, versuchen nun durch Anwendungneuer Konzepte und Materialien hohe Wirkungsgrade beivergleichbar niedrigen Herstellungskosten zu erzielen [1].Organische Solarzellen erreichen mittlerweile einen Wir-kungsgrad von über 10 %.

Online-Ausgabe unter:wileyonlinelibrary.com

CC H

H

H

H

π-Bindung

σ-Bindung

Abb. 1 Eine σ-Bindung und eine π-Bindung bilden zusammeneine Doppelbindung zwischen den beiden Kohlenstoffatomen,wie das Beispiel von Ethen (C2H4) zeigt.

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nehmen in organischen Solarzellen zwei verschiedene or-ganische Halbleiter, Donor und Akzeptor genannt. In der fol-genden Beschreibung der Elementarprozesse werde ich vonder Absorption von Licht im Donor ausgehen, denn dieseist zur Lichtabsorption im Akzeptor äquivalent. Die Energiedes Photons muss mindestens der Bandlücke des Donorsentsprechen, um ein Elektron aus dem HOMO in das LUMOanzuregen. Zusammen mit dem im HOMO zurückbleiben-dem Loch bildet das ins LUMO angeregte Elektron das be-reits erwähnte Exziton.

Die starke Bindung des Exzitons resultiert aus der ge-ringen Permittivität organischer Halbleiter. Dadurch wer-den die beiden Ladungen des Exzitons gegenseitig nurschwach abgeschirmt, weshalb sie sich stark anziehen. Inanorganischen Halbleitern ist dagegen diese Abschirmungdurch das Gitter der Ionenrümpfe und andere fließende La-dungsträger, also Elektronen und Löcher, wesentlich stär-ker, und die Exzitonen sind folglich nurschwach gebunden. Daher genügt hierschon die thermische Energie beiRaumtemperatur, um sie in freie La-dungsträger zu trennen. In organi-schen Halbleitern hingegen reicht diethermische Energie hierzu nicht aus.

Um die Exzitonen in organischenSolarzellen effizient zu trennen, mischtman die Donor- und Akzeptormateria-lien. Das unterscheidet sie vom klassi-schen pn-Übergang in anorganischenSolarzellen, der nur eine Grenzflächebesitzt. Der Donor hat dabei definiti-onsgemäß energetisch höher liegende

O R G A N I S C H E S O L A R Z E L L E N E R N E U E R B A R E E N E R G I E

Organische Halbleiter unterscheiden sich in ihren phy-sikalischen Eigenschaften wesentlich von anorganischenHalbleitern. Ursache ist die im Vergleich zum kristallinenFestkörper schwache Wechselwirkung der Moleküle un-tereinander über Van-der-Waals-Bindungen, weshalb orga-nische Halbleiter eine wesentlich geringere dielektrischeLeitfähigkeit (Permittivität) aufweisen. Für Solarzellen istzudem die optische Anregung durch Photonen genügendhoher Energie entscheidend. Bei organischen Halbleiternführt sie nicht direkt zu freien Ladungsträgern, sondern zustark gebundenen Elektron-Loch-Paaren, sogenannten Exzi-tonen. Für die Funktion einer Solarzelle, sei sie organischoder anorganisch, ist die Trennung der beiden Ladungsträ-gersorten entscheidend. Bei organischen Solarzellen liegtder Schlüssel zu einem hohen Wirkungsgrad somit in ei-nem Design, das die sehr stark gebundenen Exzitonen effi-zient trennt.

Wegen der schwachen Wechselwirkung benachbarterMoleküle bilden sich in organischen Halbleitern keine Va-lenz- und Leitungsbänder wie in anorganischen Halbleiternaus. Stattdessen spricht man von Molekülorbitalen, die denquantenmechanischen Besetzungsregeln folgend mit auf-steigender Energie von Elektronen besetzt werden. Dashöchste besetzte Molekülorbital HOMO (Highest OccupiedMolecular Orbital) entspricht folglich dem Valenzband, dasdarüber folgende erste unbesetzte Molekülorbital LUMO(Lowest Unoccupied Molecular Orbital) dem Leitungsbandanorganischer Halbleiter. Freie Ladungsträger hüpfen dabeizwischen diesen lokalisierten Zuständen benachbarter Mo-leküle. Dieser thermisch aktivierte Prozess führt zu einer Be-weglichkeit der Ladungsträger – ein wichtiges Maß für dieGüte von Halbleitern –, die um mehrere Größenordnungenkleiner sein kann als in kristallinem Silizium, wo sich La-dungsträger in Valenz- und Leitungsband fortbewegen kön-nen.

FunktionsprinzipMikroskopisch gesehen tragen in organischen Solarzellenfünf aufeinander folgende Elementarprozesse dazu bei, dassphotogenerierte Ladungen schließlich dem äußeren Strom-kreis zugeführt werden können [3]. Zur Veranschaulichungder ablaufenden Elementarprozesse ist die Betrachtung ineinem vereinfachten Energiediagramm sehr nützlich (Ab-bildung 2). Auslöser ist die Absorption eines Photons ge-nügend hoher Energie (a). Dadurch entsteht ein Exziton(b), das getrennt werden muss (c). Die dabei frei werden-den Ladungsträger, je ein Elektron und ein Loch (Defekt-elektron), müssen dann – wie grundsätzlich in jeder Solar-zelle – zu den Elektroden transportiert (d) und dort extra-hiert werden (e).

In anorganischen Solarzellen formen zwei unterschied-lich dotierte Halbleitermaterialien den pn-Übergang, derentscheidend für die Ladungstrennung ist. Die angeregtenZustände werden in dessen Raumladungszone in Elektronenund Löcher getrennt und in entgegengesetzte Richtungenzur Kathode und Anode abgeführt. Diese Funktion über-

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I N T E R N E T |Hersteller organischer Solarzellenwww.solarmer.comwww.heliatek.comwww.belectric.comwww.eight19.com

Forschung in Deutschlandwww.ise.fraunhofer.dewww.opve.uni-freiburg.dewww.comedd.fraunhofer.dewww.innovationlab.de

In der Fertigungsanlage des Thüringischen Instituts für Textil- und Kunststoff -forschung (TITK) (Abbildung 9) kommt eine dünne Schicht eines organischenHalbleiters aus dem Gießsystem.

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HOMO- und LUMO-Niveaus als der beigemischte Akzeptor.Die Elektronen streben danach, Zustände niedrigerer Ener-gie einzunehmen, wohingegen es die Löcher umgekehrt inenergetisch höher liegende Zustände zieht. Das Zusam-menspiel der verschiedenen Energieniveaus bestimmt alsodas Verhalten der Ladungsträger.

Wie im Energieschema in Abbildung 2 gezeigt, treffenan einer Donor-Akzeptor-Grenzfläche unterschiedlicheEnergieniveaus zusammen. Das Elektron eines Exzitons, dassich im Donor befindet, favorisiert nun einen Transfer aufdas energetisch niedriger liegende LUMO-Niveau des Ak-zeptors. Die dadurch frei werdende Energie wird zum Auf-brechen der Exzitonenbindung genutzt. Die beiden Ladun-gen trennen sich räumlich, das Loch verbleibt im Donor, dasElektron fließt in den Akzeptor.

Im darauf folgenden Schritt können die freien La-dungsträger zu den äußeren Elektroden transportiert wer-den. Dafür verwendet man zwei Elektroden, die sich in ihren Austrittsarbeiten unterscheiden. Dies sorgt für dieAusbildung eines elektrischen Feldes zwischen den beidenElektroden. In dessen Potentialgefälle driften die Löcher zurAnode und Elektronen zur Kathode (Abbildung 2). Zur ef-fizienten Ladungsextraktion sollte schließlich die Austritts-arbeit der Anode in etwa dem HOMO-Niveau des Donorsund die Austrittsarbeit der Kathode dem LUMO-Niveau desAkzeptors entsprechen.

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A B B . 2 O RG A N I S C H E S O L A R Z E L L E

Energiediagramm einer organischen Solarzelle unter Kurz-schlussbedingungen mit Donor-Akzeptor-System als photo -aktive Schicht. Der Farbverlauf im Pfeil für das eintreffendePhoton a) soll das zur Verfügung stehende sichtbare Licht-spektrum symbolisieren, wobei je nach Solarzellentyp wegender Bandlücke die maximale Wellenlänge der absorbiertenPhotonen bei 600 bis 800 nm liegt. � Elektron, � Loch.

Insgesamt müssen alle fünf Elementarprozesse mög-lichst verlustfrei ablaufen, um eine hohe Gesamteffizienzder Solarzelle zu gewährleisten. Verlustkanäle sind hier vorallem die Rekombination von Exzitonen, bevor sie getrenntwerden können, oder die Rekombination von bereits frei-en Elektronen und Löchern, die auf dem Weg zu den Elek-troden aufeinander treffen.

GesamtwirkungsgradDen Gesamtwirkungsgrad einer Solarzelle – organisch wieanorganisch – kann man aus der Strom-Spannungs-Kennli-nie (IU-Kennlinie) ermitteln. Um die Wirkungsgrade ver-schiedener Solarzellen vergleichbar zu machen, wurdenStandardtestbedingungen eingeführt. Diese Standardisie-rung umfasst zum einen das Spektrum und die Bestrah-lungsstärke (1000 W/m2) der eingesetzten Lichtquelle, zum anderen die Temperatur der zu prüfenden Solarzelle (25 °C). Üblicherweise besitzt der Solarsimulator ein „AirMass 1.5 G“ ähnliches Spektrum. Dies entspricht Sonnen-licht, das die Erdoberfläche nach dem Durchqueren der Atmosphäre unter einem Winkel von 48,2° erreicht. Abbil-dung 4 zeigt eine IU-Kennlinie einer organischen Solarzel-le unter diesen Bedingungen. Ihr können wir die Leerlauf-spannung, Kurzschlussstromdichte und den sogenanntenFüllfaktor entnehmen. Daraus können wir den Wirkungs-grad der Solarzelle bestimmen, wenn wir die Beleuch-tungsstärke kennen.

Wie in Abbildung 3 gezeigt, kennzeichnet die Leerlauf-spannung Ul den Schnittpunkt der Kennlinie mit der Abs-zissenachse. Dies ist die maximal erzielbare Spannung derSolarzelle. Jedoch kann unter dieser Bedingung kein Stromund somit keine Leistung entnommen werden. Unter Kurz-schlussbedingung (Schnittpunkt der Kennlinie mit der Ordinatenachse) ist die Stromdichte jk am höchsten, aller-dings kann man wegen der Spannung Null unter dieser Bedingung ebenfalls keine Leistung aus der Zelle entneh-men.

Zur Berechnung des Wirkungsgrades benötigen wir denFüllfaktor FF. Er ist das Verhältnis zwischen der maximalentnehmbaren Leistung Pmax = Upmax · jpmax (Abbildung 3rechts oben) und der idealerweise zu erntenden Leistungaus Ul und jk im Fall, dass die IU-Kennlinie rechtwinklig wä-re (fein punktierte Linie im 4. Quadrant). Damit folgt:

Aus dieser Formel ergibt sich auch die aus der Solarzelle ma-ximal entnehmbare Leistung in Abhängigkeit vom Füllfak-tor:

Pmax = Ul · jk · FF.

Je rechtwinkliger die IU-Kennline ist, desto höher sind derFüllfaktor und damit der Wirkungsgrad η, der sich aus demVerhältnis der entnehmbaren Leistung Pmax und der einge-strahlten Lichtleistung Pin ergibt:

.pmax pmax

l kFF

U jU j=

⋅⋅

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O R G A N I S C H E S O L A R Z E L L E N E R N E U E R B A R E E N E R G I E

Im späteren Einsatz wird die Solarzelle also am Punkt ma-ximaler Leistung Pmax betrieben, um einen maximalen Wir-kungsgrad zu erzielen.

Der Kurzschlussstrom hängt hauptsächlich von den Ab-sorptionseigenschaften und den Bandlücken der eingesetz-ten Halbleiter ab. Sie definieren, welche Bandbreite des Son-nenspektrums die Solarzelle absorbieren kann. Die Leer-laufspannung ergibt sich aus den Energieniveaus desverwendeten Donor-Akzeptor-Systems, speziell aus der Dif-ferenz zwischen dem HOMO-Niveau des Donors und demLUMO-Niveau des Akzeptors. Der Füllfaktor wird stark vonbereits erwähnten Verlustmechanismen beeinflusst. Je mehrLadungsträger rekombinieren, bevor sie extrahiert werdenkönnen, desto niedriger fällt der Füllfaktor aus.

Struktur und AufbauMitte der 1980er Jahre publizierte der amerikanische Phy-sikochemiker Ching W. Tang von Eastman Kodak einen Be-richt über eine organische Solarzelle, die einen bis dahin un-erreichten Wirkungsgrad von 1 % erzielte [4]. Zuvor hatman versucht organische Solarzellen herzustellen, deren ak-tive Schicht aus nur einem Material bestand, was aber nurzu Wirkungsgraden um 0,1 % geführt hatte. Tang lehnte inseiner bahnbrechenden Arbeit die Struktur seiner organi-schen Solarzelle erstmals an die eines konventionellen pn-Übergangs in anorganischen Halbleiterstrukturen an. Dazupräparierte er eine Zweischichtstruktur aus einem als Do-nor und einem als Akzeptor dienenden organischen Halb-leiter. Wie schon diskutiert sorgt die geringe Permittivitätorganischer Halbleiter dafür, dass die absorbierten Photonenkeine freien Ladungsträger wie in anorganischen Solarzel-len erzeugen, sondern Exzitonen.

Es zeigte sich, dass diese Exzitonen sich an der Donor-Akzeptor-Grenzfläche in Tangs Zweischichtstruktur beson-ders gut in freie Elektronen und Löcher trennten. Doch beiden relativ stark gebundenen Exzitonen ist die Lebensdau-er sehr kurz – und damit beträgt ihre mittlere freie Weglängenur etwa 10 nm. Deshalb konnte Tangs Zweischichtstruk-tur lediglich Exzitonen, die in einem Bereich von rund 20 nm um die Donor-Akzeptor-Grenzfläche herum ent-standen, effektiv in freie Ladungsträger trennen. Da jedochdie Solarzelle viel dicker war und überall in ihr vom einfal-lenden Licht Exzitonen photogeneriert wurden, konntendie meisten von ihnen die Grenzfläche gar nicht innerhalbihrer Lebenszeit erreichen. Die Verluste durch nicht ge-trennte Exzitonen waren entsprechend sehr hoch.

Das Problem wurde dadurch verschärft, dass eine solcheSolarzelle erst bei einer Gesamtschichtdicke von 100 bis200 nm den größten Teil der Photonen absorbieren kann.Erst rund zehn Jahre später wurde dieses Problem mit ei-nem Trick gelöst, der beide Konzepte eines Donor-Akzep-tor-Systems zusammen mit einer Schichtdicke im ge-wünschten Bereich von wenigen 100 Nanometern vereint.

.max

in

l k

in

pmax pmax

in

PP

U j FFP

U jPη = =

⋅ ⋅=

Dieser „verteilte Heteroübergang“ (Bulk Heterojunction)[5], der in Abbildung 2 erwähnt ist, besteht aus einer Mi-schung von kleinen Donor- und Akzeptor-Gebieten in derlichtempfindlichen Schicht, wobei beide Phasen jeweils ge-trennt bleiben. Damit erhöht sich die Dichte der wichtigenDonor-Akzeptor-Grenzflächen, die die aktive Schicht drei-dimensional durchdringen. Sie umschließen idealerweiseDomänen mit Durchmessern von etwa 10 nm. So könnentheoretisch alle photogenerierten Exzitonen innerhalb ihrerLebenszeit eine Donor-Akzeptor-Grenzfläche erreichen unddort in freie Ladungsträger getrennt werden.

Zudem muss dieses spezielle Design für geschlossenePfade der jeweiligen Donor- oder Akzeptor-Phasen in der ak-tiven Schicht sorgen. Darüber werden die freigesetzten Elek-tronen und Löcher zu den jeweiligen Elektroden transpor-tiert. Allerdings konkurriert dieses Ziel mit demjenigen, ei-ne hohe Dichte an Grenzflächen zu erzielen. Um beideVorgaben zu erfüllen, braucht man bei der Herstellung ei-ne sehr gute Kontrolle über die Morphologie und Strukturdes verteilten Heteroübergangs. Abbildung 4 zeigt den Auf-bau einer typischen organischen Solarzelle mit verteiltemDonor-Akzeptor-Heteroübergang. Umschlossen wird sie vonAnoden- und Kathodenschichten, an denen die Löcher oderElektronen extrahiert werden. Dabei ist die Anodenschichtüblicherweise transparent, während die Kathode ein ge-schlossener Metallfilm oder – bei semitransparenten Solar-zellen – ein feines Gitter ist.

Allmählich konkurrenzfähigIm Juni 2011 meldete Mitsubishi, dass eine organische So-larzelle aus den Laboren der Japaner erstmals 10,1 % Wir-

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-0,50 -0,25 0,00 0,25 0,50 0,75-10

-5

0

5

10

Stromdichte/mAcm

-2

Spannung / V

IV-KennlinieLeistung

-2,0

-1,5

-1,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

Upmax

jk

Ul

Leistung/mWcm

-2

jpmax

FF

Pmax

A B B . 3 K E N N L I N I E

Strom-Spannungs-Kennlinie einer organischen Solarzelle und daraus erzielbarerLeistung Pmax entspricht der maximal entnehmbaren Leistung. Solarzellenparame-ter: Kurzschluss-Stromdichte jk = –9,31 mA cm–2, Leerlaufspannung Ul = 0,56 V,Füllfaktor FF = 61,6 %, woraus sich ein Wirkungsgrad η = 3,2 % ergibt.

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kungsgrad erreicht und damit die marktwirtschaftlich wich-tige Zehnprozenthürde übersprungen hat. Seit Januar 2013hält die Dresdner Firma Heliatek den Weltrekord mit einemWirkungsgrad von 12,0 %. Damit können organische Solar-zellen erstmals mit anderen Technologien, wie Solarzellenaus amorphem Silizium, konkurrieren.

Für eine erfolgreiche Platzierung und Be-hauptung organischer Solarzellen auf demMarkt sind hauptsächlich drei Faktoren aus-schlaggebend (Abbildung 5) [6]. Dabei istes besonders wichtig, dass diese gleich-zeitig eingehalten werden. Es müssenalso neuartige, effiziente Materia-lien gefunden werden, die einehohe Stabilität und Lebensdaueraufweisen und zugleich kosten-günstig hergestellt und ver -arbeitet werden können.

Effiziente MaterialienAbbildung 6 zeigt verschiedenekleine Moleküle und Polymere, die fürdie Präparation eines verteilten Hetero-übergangs eingesetzt werden. Wie wir gesehen haben, isteine gute Kontrolle der Morphologie der zweikomponenti-gen Schicht entscheidend, um hohe Effizienzen zu errei-chen. Dazu werden viele Anstrengungen unternommen [7].Sie reichen von der Zufuhr von Wärmeenergie oder Zuga-be von Additiven beim Filmbildungsprozess, die eine Pha-senseparation induzieren, bis hin zum Design von nano-skaligen Schablonen (Templat), die als Basis dem moleku-

laren Wachstum eine bestimmte Struktur vorgeben, oderder Nutzung von selbstorganisierenden Materialien.

Tempern oder die Zugabe von Additiven ist eine relativeinfache Möglichkeit, um die Morphologie zu beeinflussen,erlaubt jedoch wenig aktive Kontrolle über die resultieren-de Struktur. Die Verwendung eines Templats ist zwar at-traktiv, um eine gewünschte Morphologie zu erzwingen, je-doch verlagert sich die Herausforderung auf die Präparati-on eines für die Erzeugung dieser Morphologie geeignetenTemplats. Der Einsatz von selbstorganisierenden Materia-lien umgeht diesen Schritt. Die Tendenz zur Selbstorgani-sation der Halbleiter kann gezielt während der Synthese derMaterialien eingebracht werden. Ein Beispiel ist die direk-te Verknüpfung von Gruppen mit unterschiedlicher Funk-tionalisierung in sogenannten Blockcopolymeren [8]. Block-copolymere sind interessant, weil sie sich wie molekulare„Legosteine“ von selbst zu verschiedenen Nanostrukturenorganisieren können.

Ein weiterer erfolgreicher Ansatz zur Erhöhung der Ef-fizienz organischer Solarzellen ist die Verbesserung der Ab-sorptionseigenschaften der organischen Halbleiter, damitsie Photonen in einem breiteren Wellenlängenbereich desSonnenspektrums in elektrische Energie umwandeln kön-nen. Dies erreicht man durch die Verringerung der Band-lücke des Absorbers, damit auch Photonen mit geringererEnergie im roten bis infraroten Bereich Elektronen aus demHOMO- ins LUMO-Niveau anheben können. Hier verfolgtman ein Konzept, das der Verwendung einer Donor-Ak-zeptor-Mischung im verteilten Heteroübergang ähnelt: so-genannte Donor-Akzeptor-Copolymere (Abbildung 6c). Da-

bei wird ein Polymer aus zwei verschiedenen Monomereinheiten synthetisiert, die unter-

schiedliche HOMO- und LUMO-Niveaus be-sitzen. Wie Abbildung 7 zeigt, spalten die-se Energieniveaus wegen der Wechselwir-kung in gemeinsame Niveaus auf, und

man erreicht eine kleinere effektiveBandlücke [9].

Um die Struktur und Mor-phologie organischer Schichtenzu charakterisieren, setzt maneine Vielzahl von Methodenein, vor allem Röntgenbeugungzur Strukturanalyse und Raster-

kraftmikroskopie als bildgeben-des Verfahren zur Visualisierung der

Filmoberfläche.

Stabilität und LebensdauerDurch die drastische Steigerung der Wirkungsgrade orga-nischer Solarzellen und der damit wachsenden Chance aufKommerzialisierung rücken auch Studien über Stabilität undLebensdauer in den Forschungsfokus [6]. Über die Le-bensdauer der Solarzellen gibt es sehr unterschiedliche An-gaben, was vor allem am Fehlen von Standards für solcheLebensdauertests liegt. Bisherige Studien zeigten, dass rea-

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Substrat

AnodeHTL

verteilterHeteroübergang

Kathode

A B B . 4 AU F BAU

Typische Architektur einer organischen Solarzelle: transpa-rente Anode auf Glas oder Kunststofffolie, Lochtransport-schicht (HTL, Hole Transport Layer) zur energetischen Anpas-sung der Anode an die aktive Schicht, verteilter Heteroüber-gang aus zwei unterschiedlichen Donor- und Akzeptor-Materialien. Die Kathode ist nicht durchsichtig, in transpa-renten Solarzellen ist sie als feines Gitter aufgebracht.

Abb. 5 Organi-sche Solarzellenwerden nurwirtschaftlicherfolgreich sein,wenn sie diesedrei Vorausset-zungen zugleicherfüllen können.

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listische Lebensdauern im Bereich von ein bis zwei Jahrenliegen [10].

Generell altern organische Halbleiter oft durch die ge-meinsame Einwirkung von (UV-) Licht, Wasser und Sauer-stoff. Die isolierte Betrachtung der Alterung einzelner Ma-terialkomponenten der Solarzellen gibt einen allgemeinenAufschluss über ihre intrinsische Stabilität. Allerdings kanndie Wechselwirkung der verschiedenen Materialien in derZelle, in der die Grenzflächen zwischen ihnen eine große

Rolle spielen, weitere Degradationsmechanismen in Gangsetzen. Man kann aber diese Alterungseffekte auch unter-suchen, indem man eine einzelne Komponente der Zelle va-riiert. Damit kann man einen Alterungseffekt auf eine be-stimmte Materialkomponente oder Grenzfläche zurück-führen.

Unsere Gruppe konnte so durch Vergleichen ver-schiedener Lochtransportschichten den Einfluss vonGrenzflächen auf die Stabilität der Solarzelle untersuchen.In Solarzellen mit wasserbasierten Lochtransportschich-ten entstehen mit der Alterung vermehrt Fallenzustände,die als Gauß-Verteilung in der Bildmitte von Abbildung 8in der blau- und magentafarbenen Kurve zu sehen sind. Sieheißen Fallenzustände, weil Ladungsträger, die mit geeig-neter Energie durch die Grenzfläche hindurch wandern,an ihnen haften bleiben können. Sie gehen dann dem äu-ßeren Stromkreis verloren, und der Wirkungsgrad der Solarzelle sinkt. Man kann die Solarzelle aber durch einegeeignete Wahl der Lochtransportschicht stabilisieren (tür-kise Kurve in Abbildung 8; PANI:PSS ist mit Polysulfon-säure dotiertes Polyanilin auf Basis von Isopropylalkohol(IPA)). Dadurch werden bei gleicher Alterung kaum Fal-lenzustände erzeugt. In Abbildung 8 ist dies daran zu er-kennen, dass zwischen den gewünschten Gauß-Verteilun-gen der beiden Schichten keine weitere für die Fallenzu-stände existiert [11].

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S

CH3

n

N N

NN

N

N

N

N Zn

S S

NS

N

CH3

CH3CH3

CH3

n

a) b)

c)

d)

A B B . 6 O RG A N I S C H E H A L B L E I T E R

Molekülstrukturen verschiedener organischer Halbleiter: a) das Farbpigment Zinkphthalocyanin (ZnPC), b) FullerenC60, c) das Donor-Akzeptor-Copolymer PCPDTBT mit kleinerBandlücke und d) P3HT, ein Polymer mit großer Bandlücke.

Energie LUMO

LUMO

HOMOHOMO

Donor Donor-Akzeptor Akzeptor

LUMO

HOMO

Band-lücke

A B B . 7 K L E I N E R E BA N D L Ü C K E

Verringerung der Bandlücke in Donor-Akzeptor-Copolymeren.

PEDOT:PSS (H2O) PANI:PSS (IPA)PANI:PSS (H2O) Gauß Fits

1016

1017

1018

1019

1020

1021

Lochtransport-schichtZu

standsdichte/eV-1cm

-3

Energie / bel. Einheiten

AlterungsinduzierteFallenzustände(blau & magenta)

verteilterHHeteroübergaH ng

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A B B . 8 A LT E R U N G

Die hier gezeigte Zustandsdichte ist aus frequenzabhängigen Kapazitätsmessungenerrechnet. Je nach ihrer energetischen Lage können Ladungsträger über dieseerlaubten Zustände hinweg durch den Halbleiter wandern. Es gibt aber auchZustände, die auf die Ladungsträger als unerwünschte Fallen wirken. Hier sinddiese durch Alterung generierten Fallenzustände in Solarzellen mit Lochtransport-schicht auf Wasserbasis in der Bildmitte zu sehen (blaue und magentafarbeneKurve). Dort sitzt auch die Grenzfläche zwischen dem verteilten Heteroübergangund der Lochtransportschicht. Durch die Wahl einer geeigneten Lochtransport-schicht (hier PANI:PSS, Polyanilin dotiert mit Polysulfonsäure auf Alkoholbasis(IPA)) kann die Solarzelle stabilisiert werden (türkise Kurve) [11].

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In einer weiteren Studie konnten wir an einem Modell-system Effekte, wie sie in der Alterung auftreten können,durch UV-Licht erzeugen und wieder rückgängig machen.Der Clou: Im Endeffekt alterte die Solarzelle tatsächlichnicht. Dieser Umstand erlaubt uns, in ein und derselben So-larzelle Untersuchungen bei ein- oder ausgeschalteten Al-terungserscheinungen durchzuführen [12]. Die daraus ge-wonnenen Erkenntnisse wollen wir nun auf tatsächlich gealterte Solarzellen übertragen, um weitere Degradations-mechanismen zu entschlüsseln.

Ganz allgemein wird eine Vielzahl von Techniken zur Er-forschung der Alterungsmechanismen eingesetzt. Interes-sant sind hier vor allem zerstörungsfreie Methoden, mit de-nen man die zeitlich fortschreitende Alterung einer Probebestimmen kann, ohne die Alterung durch die Messung zubeeinflussen.

HerstellungEin großer Vorteil organischer Solarzellen ist deren poten-ziell günstige Produktion in der Nähe der Raumtemperaturauf flexiblen Substraten. Dazu dient das sogenannte Rolle-zu-Rolle-Verfahren, bei dem eine aufgerollte Folie als Sub-strat dient. Während diese durch die Fertigungsstraße läuft,werden nacheinander unterschiedliche Schichten aufge-bracht, die dabei sogar direkt strukturiert werden können.Am Ende liegt eine aufgerollte Solarzelle oder sogar ein di-rekt verschaltetes Solarmodul vor.

Je nach Klasse der eingesetzten organischen Halbleiter,also ob er aus „kleinen“ Molekülen oder Makromolekülenbesteht, verwendet man unterschiedliche Beschichtungs-methoden. Kleine Moleküle sind häufig unlöslich, dafürthermisch stabil, so dass man sie im Vakuum bei etwa 200

bis 300 °C sublimieren und auf ein Substrat abscheidenkann. Dieses Verfahren entwickelt Heliatek derzeit zur in-dustriellen Reife [13]. Makromoleküle dagegen würden sichbei zu hohen Temperaturen zersetzen. Sie können jedochmit Seitenketten funktionalisiert werden, damit sie besserlöslich sind. Abbildung 9 zeigt eine Beschichtungsanlagezur Präparation dünner Filme aus der Lösung [14]. Hierfürwerden Donor- und Akzeptorspezies zusammen in einemgeeigneten Lösungsmittel gelöst und können dann überkonventionelle Beschichtungs- oder Druckverfahren verar-beitet werden.

AusblickDa organische Solarzellen organische Halbleiter auf Basisvon Kohlenstoff verwenden, kann man deren Eigenschaftenje nach Verwendungszweck maßschneidern, zum Beispieldas Absorptionsvermögen, die Morphologie oder die Trans-porteigenschaften der Ladungsträger. Dies bietet eine Viel-zahl an Möglichkeiten zur Herstellung flexibler, semitran-sparenter oder verschiedenfarbiger Solarzellen, die einenEinsatz in Textilien, Fassaden oder gar Fensterscheiben er-lauben. Deshalb wuchs in den letzten Jahren das Interessevieler Forschungsgruppen rasant. Sie entwickelten Kon-zepte und Materialien weiter, und so konnte der Wirkungs-grad auf bisher über 10 % gesteigert werden. Experten er-warten in einigen Jahren Werte um die 15 %.

Trotz des schnellen Fortschritts gibt es aber auch nochviele grundlegende, wenig verstandene Mechanismen, dieerforscht werden müssen. Nur dann kann die Kommerzia-lisierung organischer Solarzellen zum Erfolg werden. Sobleibt die organische Photovoltaik ein dynamisches For-schungsgebiet, sie könnte in Zukunft auch den Bogen hinzu biophysikalischen und biochemischen Themen wie diekünstliche Photosynthese spannen [15, 16].

ZusammenfassungOrganische Solarzellen basieren auf organischen Halbleitern.Sie eröffnen der Photovoltaik völlig neue Anwendungsgebie-te, denn sie lassen sich auf flexible Folien gedruckt in Kleidungintegrieren oder semitransparent strukturiert in Fenster ein-betten. Inzwischen erreichen die besten organischen Solar-zellen Wirkungsgrade über 10 % und befinden sich auf demWeg zur Kommerzialisierung. Allerdings ist noch Grund -lagenforschung erforderlich. Eine Herausforderung ist das effiziente Trennen und Einsammeln der vom Licht erzeugtenelektrischen Ladungsträger im Material. Das erfordert einegezielte Nanostrukturierung der organischen Halbleiter-schichten. Weitere Herausforderungen sind die Verbesserungder Lebensdauer sowie die Entwicklung von Herstellungsme-thoden, die wenig Energie verbrauchen und die Produktions-kosten senken.

StichwortePhotovoltaik, organische Solarzelle, organischer Halbleiter,Wirkungsgrad, HOMO, LUMO, Bandlücke, Donor, Akzeptor,Exziton.

90 Phys. Unserer Zeit 2/2013 (44) www.phiuz.de © 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Abb. 9 Rolle-zu-Rolle-Beschichtungsanlage des Thüringischen Instituts für Textil-und Kunststoffforschung (TITK), siehe auch Detail in Abbildung auf Seite 85.

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O R G A N I S C H E S O L A R Z E L L E N E R N E U E R B A R E E N E R G I E

DanksagungIch danke der Freiburger OPVE-Gruppe, besonders Anna Göritz,Matthieu Dvorak und Elizabeth von Hauff, sowie Roderick MacKenzie (FRIAS, University of Nottingham). Steffi Sensfuß (TITK e.V.,Rudolstadt) sei für die freundliche Erlaubnis gedankt, hier die Fotosder Rolle-zu-Rolle-Anlage des TITK zu verwenden.

Literatur[1] M. A. Green, Third Generation Photovoltaics, Springer, Berlin 2003.[2] W. Brütting (Hrsg.), Physics of Organic Semiconductors, Wiley-VCH,

Berlin 2006.[3] C. Brabec et al. (Hrsg.), Organic Photovoltaics, Springer, Heidelberg

2003.[4] C. W. Tang, Appl. Phys. Lett. 1986, 48, 183.[5] G. Yu et al., Science 1995, 270, 1789.[6] M. Jørgensen et al., Adv. Mater. 2012, 24, 580.[7] J. Weickert et al., Adv. Mater. 2011, 23, 1810.[8] A. Lange et al., J. Polym. Sci. A Polym. Chem. 2012, 50, 1622.[9] E. Bundgaard, F. C. Krebs, Sol. Energ. Mat. Sol. Cells 2007, 91, 954.

[10] J. Hauch et al., Sol. Energ. Mat. Sol. Cells 2008, 92, 727.[11] B. Ecker et al., Adv. Funct. Mater 2011, 21, 2705.[12] B. Ecker et al., J. Phys. Chem C 2012, 116, 16333.[13] www.heliatek.com/technologie/fertigung (Zugriff am 16.01.13).[14] L. Blankenburg et al., Sol. Energ. Mat. Sol. Cells 2009, 93, 476.[15] R. E. Blankenship et al., Science 2011, 332, 805.[16] K. Yao et al., J. Mater. Chem. 2012, 22, 7342.

Der AutorBernhard Ecker studierte von 2003 bis 2009 an derUniversität Augsburg Materialwissenschaften. Bis2012 führte er während seiner Promotion an derUniversität Oldenburg Stabilitätsuntersuchungen anorganischen Solarzellen durch. Seit Februar 2012forscht er an der Universität Freiburg an grund -legenden Mechanismen organischer Halbleiter fürdie Anwendung in optoelektronischen Bauteilen.

AnschriftDr. Bernhard Ecker, Organic Photovoltaics andElectronics Group, Albert-Ludwigs UniversitätFreiburg, Physikalisches Institut, Hermann-Herder-Str. 3, D-79104 Freiburg. [email protected]: www.opve.uni-freiburg.de

Zum ThemaOrganic Solar Cells: Materials and DevicePhysics, Wallace C.H. Choy, 265 S., 114 Abb., Springer-Verlag 2013, geb. Ca. 112,– 1. ISBN: 978-1-447-14822-7.

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