Flüchtlingsfrauen - Verborgene Ressourcen · Fadia Foda, Mitglied des Exekutivkomitees der...

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Flüchtlingsfrauen -Verborgene Ressourcen

Fadia FodaMonika Kadur

www.institut-fuer-menschenrechte.de

Deutsches Institut für Menschenrechte

German Institute for Human Rights

Zimmerstrasse 26/27

D-10969 Berlin

Phone: (+49) (0)30 – 259 359 0

Fax: (+49) (0)30 – 259 359 59

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Ein Projekt in Kooperation mit

Autorinnen:Fadia Foda, Monika Kadur

Projektbetreuung: Petra Follmar-Otto, Deutsches Institut für MenschenrechteWissenschaftliche Beratung: Dr. Thomas Zitelmann,Zentrum Moderner Orient

Das Forschungsprojekt proIntegra wurdeaus Mitteln des Europäischen Flücht-lingsfonds gefördert.

Gestaltung: iserundschmidt Kreativagentur für PublicRelations GmbH Bad Honnef – Berlin

Fotomontage Titel: iserundschmidt Bild „Chip-Fließbandproduktion“: Werner BachmeierBild „Eine farbige Frau recherchiert in der Amerika Gedenkbibliothek”: Caro/Fotograf Gehring

Juni 2005

ISBN 3-937714-08-1

ImpressumStudie

Flüchtlingsfrauen -Verborgene Ressourcen

Fadia FodaMonika Kadur

Fadia Foda, Mitglied des Exekutivkomitees der Gene-ral Union of Palestinian Women und Mitbegründerinder Hilfsorganisation Popular Aid for Relief and Deve-lopment im Libanon, langjährige Erfahrung in der Ar-beit mit Flüchtlingen im Libanon und in Deutschland.

Monika Kadur, langjähre Berufpraxis in der Men-schenrechts- und Flüchtlingsarbeit, von 1986 – 1997Tätigkeit im Referat für politische Flüchtlinge bei amnesty international mit Arbeitsschwerpunkt NaherOsten, Mitbegründerin des Masrah-Theaters.

Gemeinsame Untersuchungen:1999/ 2000 Untersuchung zur Lebenssituation paläs-tinensischer Flüchtlingsfrauen in Deutschland für dasRefugee Studies Centre, Universität Oxford

Zu den Autorinnen Vorwort

4 5

„Die Gesetze hier sind unglaublich hart. An vielen Stel-len wird nicht auf die Würde der Menschen geachtet.Ist das möglich? Ich habe fünfzehn Jahre einen Bürger-krieg erlebt und hier elf Jahre ohne Aufenthalt mit Ar-beitsverbot gelebt. Diese elf Jahre beschränkten meinLeben, meine Entwicklung und beschädigten auch mei-ne Zukunft.“Sekretärin, Palästinenserin aus dem Libanon, Berlin

Diese Aussage einer palästinensischen Flüchtlingsfrauwährend eines Interviews im Rahmen des Forschungs-projektes proIntegra des Deutschen Instituts für Men-schenrechte steht stellvertretend für die Situation vie-ler Frauen, die als Flüchtlinge seit Jahren in Deutschlandleben. Flüchtlingsschutz als Menschenrechtsschutz en-det nicht mit der Flüchtlingsanerkennung – die GenferFlüchtlingskonvention und die Menschenrechtsverträ-ge garantieren Flüchtlingen auch Rechte für ihr Lebenim Aufnahmeland. Dazu gehören wirtschaftliche undsoziale Rechte, Rechte auf Integration in den Arbeits-markt und Rechte auf Bildung und Ausbildung. DerenGewährleistung in Deutschland hat das im Jahr 2003begonnene Forschungsprojekt exemplarisch anhand ei-ner Gruppe von Flüchtlingsfrauen untersucht. Zentra-le Ergebnisse sind die mangelnde Identifikation undAnerkennung der Ressourcen von Flüchtlings-frauen und deren weitgehender faktischer Ausschlussvom Arbeitsmarkt und von beruflicher Qualifikation,wofür auch strukturelle und individuelle Diskriminie-rungen verantwortlich sind.

Besonders wichtig war es den Autorinnen, nicht nurstrukturelle Defizite und Handlungsoptionen zu derenÜberwindung aufzuzeigen, sondern auch die Flücht-

lingsfrauen mit eigener Stimme sprechen zu lassen.Daher findet sich in der Studie eine Vielzahl von Zita-ten der interviewten Frauen.

Die vorliegende Studie fasst die Forschungsergebnissezusammen und empfiehlt konkrete Maßnahmen zurVerbesserung der Identifikation von Ressourcen, zurErleichterung des Qualifikationentransfers und des Zugangs zum Arbeitsmarkt. Einen umfassenderen Ein-blick in die Methoden und Resultate der Untersuchungbietet der digital verfügbare Abschlussbericht des Forschungsprojektes.

Wir danken dem Europäischen Flüchtlingsfonds für dieFörderung des Forschungsprojektes sowie den Projekt-partnern Zentrum Moderner Orient und BildungswerkBerlin der Heinrich-Böll-Stiftung für ihre Kooperation.

Unser ganz besonderer Dank gilt darüber hinaus denFlüchtlingsfrauen, die die Autorinnen der vorliegendenStudie befragt und zum Teil auch interviewt haben. Siehaben durch ihr Vertrauen und ihre Gesprächsbereit-schaft die Durchführung des Projektes ermöglicht. Wirdanken ihnen für ihre Bereitschaft, auf unkomplizierteWeise zu kooperieren.

Berlin, Juni 2005Deutsches Institut für Menschenrechte

Dr. Heiner BielefeldtDirektor

Frauke Seidensticker Stellvertretende Direktorin

VorwortDie Autor/innen

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Inhalt

1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .8

2. Menschenrechte für Flüchtlingsfrauen: Rechtliche Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . .10

2.1 Flüchtlingsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102.2 Wirtschaftliche, soziale und kulturelle

Rechte und Diskriminierungsschutz . . . . . . . . 11

3. Die Forschungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . .14

3.1 Fachliche und persönliche Ressourcen der befragten Flüchtlingsfrauen . . . . . . . . . 14

3.1.1 Herkunft und Altersstruktur . . . . . . . . . . . . . 143.1.2 Schulischer und beruflicher

Ausbildungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .163.1.3 Berufspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .173.1.4 Mehrsprachigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193.1.5 Persönlichkeitsbezogene Kompetenzen . . . 213.1.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

3.2 Anerkennung von Abschlüssen und Berufserfahrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

3.2.1 Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .22

3.2.2 Einstufung mitgebrachter Berufser-fahrungen und weiterer Fähigkeiten . . . . . . 23

3.2.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

3.3 Aufenthaltssicherung und Zugang zu Arbeitsmarkt und Studium . . . . . . . . . . . 25

3.3.1 Einreise, Aufenthalt und Arbeitsmarktzugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

3.3.2 Ressourcenverluste und Integrations-defizite durch Wartezeit . . . . . . . . . . . . . . . 27

3.3.3 Veränderungen im Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisrecht durch das Zuwanderungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

3.3.4 Arbeitsmarktorientierung, Förderung und Vermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

3.3.5 Die Auswirkungen der Arbeitsmarkt-reformen auf Flüchtlingsfrauen . . . . . . . . . . 31

3.3.6 Diskriminierung beim Arbeitsmarkt-zugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

3.3.7 Aktuelle berufliche Situation der Flüchtlingsfrauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

3.3.8 Zugang zu Studium und Stipendien . . . . . . 343.3.9 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

3.4 Wirtschaftliche und soziale Lage der Flüchtlingsfrauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

3.4.1 Sicherung des Lebensunterhalts . . . . . . . . 353.4.2 Partizipation, Akzeptanz und

Zugehörigkeitsgefühl der Flüchtlingsfrauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

3.4.3 Soziale Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373.4.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

3.5 Reflexionen der Flüchtlingsfrauen zu ausgewählten Themenbereichen . . . . . 38

3.5.1 Flucht, Traumatisierung und Orientierung in der Aufnahmegesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 38

3.5.2 Diskriminierung und Marginalisierung . . . . . 393.5.3 Chancen und Grenzen innerhalb der

eigenen Community im Aufnahmeland . . . . 393.5.4 Gesellschaftliche Partizipation –

Probleme und Erwartungen . . . . . . . . . . . . . . 40

3.6 Zusammenfassung und Beurteilung der Forschungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . 40

4. Schlussfolgerungen und Empfehlungen . . . 44

4.1 Identifikation von Ressourcen undAnerkennung von Qualifikationen . . . . . . . . 44

4.2 Zielgruppenspezifische Förderung . . . . . . . . 454.3 Integrationsdefizite durch Wartezeit

und Art des Arbeitsmarktzugangs . . . . . . . . 46

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .49

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

Inhalt

6

Einführung 1

9

3 Foda / Kadur (2004).4 Sachverständigenrat für Zuwanderung und Integration (2004).

Einführung1

8

Zuwanderungsgesetzes und der Hartz IV-Reform ab-geschlossen war, beziehen sich die Ergebnisse zudem aufdie Rechtslage vor dem 1. Januar 2005. Die mutmaß-lichen Auswirkungen des Zuwanderungsgesetzes so-wie von Hartz IV auf den Status der befragten Frauenwerden jedoch prospektiv erläutert. Einen umfassen-deren Einblick in die Methoden und Resultate der Un-tersuchung bietet der digital verfügbare Abschlussbe-richt des Forschungsprojektes für den EuropäischenFlüchtlingsfonds.3

Erwerbstätigkeit bildet eine zentrale Voraussetzung fürdie Integration und Teilhabe von Flüchtlingsfrauen inDeutschland. Die Untersuchung zeigt erschreckendeLücken bei der Identifikation ihrer Ressourcen, beim

Qualifikationstransfer und beim diskriminierungsfreienZugang zur Arbeitsförderung und -vermittlung sowiezum Arbeitsmarkt. Als Folge bleiben die Qualifi-kationen und Kompetenzen der Flüchtlingsfrauen in Deutschland verborgene Ressourcen. Diese Ergebnissedecken sich mit einigen Erkenntnissen des Jahresgut-achtens 2004 des Sachverständigenrates für Zuwan-derung und Integration4 – erschienen nach Abschlussder Untersuchung. Die vorliegende Studie schließt mitkonkreten Empfehlungen zum Abbau von Hemmnissenfür die berufliche Integration von Flüchtlingsfrauen.Adressaten sind politische Entscheidungsträger, aberauch staatliche und gesellschaftliche Institutionen, diemit der beruflichen Integration von Flüchtlingsfrauenbefasst sind.

1 Der Begriff des auf Dauer angelegten Aufenthalts, wie er in dieser Studie verwendet wird, entspricht nicht einer rechtlichen Kategorie, sondern umfasst verschiedene Aufenthaltsformen, die zumindest einen Einstieg in die Aufenthaltsverfestigung gewährleisten. Nach den Regelungen des Ausländergesetzes von 1990, das zum Zeitpunkt der Untersuchung galt, sind folgende Aufenthaltstitel umfasst: Aufenthaltserlaubnis gem. Art 16a GG (Asylberechtigte), Aufenthalt nach HumHAG (Kontingentflüchtlinge), Aufenthaltsbefugnis gemäß § 51 AuslG (GFK-Flüchtlinge), sowie sonstige Formen von Aufenthaltsberechtigung, unbefristeter oder befristeter Aufenthaltserlaubnis oder -befugnis.

2 Alle 61 Frauen wohnen in den Bundesländern Berlin und Brandenburg.

Die Situation von Flüchtlingsfrauen wurde in Deutsch-land in den letzten Jahren vor allem im Zusammen-hang mit der Anerkennung geschlechtspezifischer undnichtstaatlicher Verfolgung thematisiert. Flüchtlings-schutz endet jedoch nicht mit der Flüchtlingsanerken-nung – die Genfer Flüchtlingskonvention und die Men-schenrechtsverträge garantieren Flüchtlingen auchRechte für ihr Leben im Aufnahmeland. Dazu gehörenwirtschaftliche und soziale Rechte, Rechte auf Inte-gration in den Arbeitsmarkt und Rechte auf Bildungund Ausbildung. Hinsichtlich dieser Ansprüche gibt esbislang nur wenige Studien und Materialien, die dieunterschiedlichen Lebenskontexte von weiblichen undmännlichen Flüchtlingen berücksichtigen. Häufig fehltes bereits an einer Aufschlüsselung der Statistiken nachdem Geschlecht. Die Umsetzung der Rechte auf Inte-gration in den Arbeitsmarkt und in Qualifizierung fürFlüchtlingsfrauen in Deutschland bilden daher denSchwerpunkt dieser Studie.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat, geför-dert aus Mitteln des Europäischen Flüchtlingsfonds(EFF), ein empirisches Forschungsprojekt über die be-rufliche Situation von Flüchtlingsfrauen durchgeführt,welche seit mehreren Jahren mit auf Dauer angelegtemAufenthalt1 in Deutschland leben. Welchen Bildungs-und Ausbildungshintergrund haben Flüchtlingsfrauenaus unterschiedlichen Herkunftsregionen? Welche Be-rufsabschlüsse und praktischen Berufserfahrungen brin-gen sie mit? Gibt es besondere „soft skills“, persön-lichkeitsbezogene Kompetenzen, die Flüchtlingsfrauenaufgrund ihrer spezifischen Lebensumstände erworbenhaben? Werden die Frauen in Deutschland mit ihren

Qualifikationen und Kompetenzen wahrgenommen?Werden ihre Abschlüsse und weiteren Qualifikationenanerkannt und können sie diese in Erwerbstätigkeitumsetzen?

Diese und andere Fragen wurden Flüchtlingsfrauen undExperten/innen im Rahmen einer Erhebung mittels Fragebogen und narrativen Interviews vorgelegt. Zielwar es, Hürden beim Zugang zum Arbeitsmarkt zu identifizieren und konkrete Empfehlungen für derenAbbau zu formulieren.

Um Probleme bei der Arbeitsmarktintegration derFlüchtlingsfrauen zu erkennen und zugleich ihren individuellen Lebenslagen gerecht zu werden, kombiniertdie Studie qualitative und quantitative Methoden derempirischen Sozialforschung. Zwischen Juni 2003 undMai 2004 befragten die Autorinnen 61 Flüchtlings-frauen aus 19 Herkunftsstaaten mittels eines Frage-bogens.2 Mit einigen Frauen führten sie darüber hinausein leitfadengestütztes narratives Interview. Der ersteKontakt kam – anders als erwartet – nur in geringemUmfang über Institutionen zustande. In den meistenFällen machten einzelne Flüchtlingsfrauen wie in einem Schneeballverfahren den Zugang zu weiterenFrauen über ihr eigenes Netzwerk möglich. Zusätzlichwurden Gespräche mit Experten/innen aus Politik, Zivilgesellschaft, Kirchen und Verbänden geführt.

Angesichts der kleinen Anzahl von insgesamt 61 befragten Flüchtlingsfrauen erlauben die in dieser Studie angegebenen Werte keine repräsentativen Aus-sagen. Da die Untersuchung vor Inkrafttreten des

1Einführung

Flüchtlinge das wichtigste fundamentale wirtschaft-liche Recht darstellt.5 Dies gelte insbesondere dann,wenn nur eine geringe Möglichkeit bestehe, dass sichdie Umstände in ihrem Heimatstaat in naher Zukunft insoweit ändern, dass die Flüchtlinge bei freiwilligerRückkehr dort in Sicherheit leben könnten.

Das Exekutivkomitee des Hohen Flüchtlingskom-missars der Vereinten Nationen6 führt aus, dass dasRecht auf entlohnte Arbeit für Flüchtlinge unentbehrlichist, um ihre Eigenständigkeit und Sicherheit zu er-möglichen, die Menschenwürde der Betroffenen wie-derherzustellen und dauerhafte Lösungen für ihre Pro-bleme zu erreichen.7 Darum fordert das Exekutivkomiteedie Staaten auf, Maßnahmen zur Erleichterung der Beschäftigung von Flüchtlingen zu erwägen und ihreGesetze und Praktiken hinsichtlich bestehender Hin-dernisse für eine Beschäftigung von Flüchtlingen zuüberprüfen und diese, soweit möglich, zu beseitigen.8

Hinsichtlich der spezifischen Situation von Flücht-lingsfrauen vertritt das Exekutivkomitee die Auffas-sung, diese müssten als eigenständige wirtschaft-liche Kraft anerkannt werden.9 Auch die General-versammlung der Vereinten Nationen empfiehlt, Flüchtlingsfrauen bei Ausbildung, Beruf und Einkom-menssicherung zu unterstützen, um ihre finanzielle Unabhängigkeit zu gewährleisten.10 Richtlinien desUNHCR über den Schutz von Flüchtlingsfrauen weisenauf Vorbedingungen hin, die vielfach für die Frauen zurTeilnahme an solchen Programmen erforderlich sind,etwa Angebote oder Kinderbetreuung oder spezifischeVorbereitungskurse.11

2.2 Wirtschaftliche, soziale und kultu-relle Rechte und Diskriminierungsschutz

Die für die berufliche Integration von Flüchtlingsfrau-en grundlegenden wirtschaftlichen und sozialen Menschenrechte, wie das Recht auf Arbeit12, das Recht

Menschenrechte für Flüchtlingsfrauen: Rechtliche Grundlagen 2

11

Die Studie begreift und definiert die berufliche Inte-gration von Flüchtlingsfrauen als menschenrechtlicheFragestellung. Die flüchtlings- und menschenrechtli-chen Gewährleistungen beziehen sich nicht nur aufden Zugang zum und die Gewährleistung von Flücht-lingsschutz, sondern auch auf das Leben anerkannterFlüchtlinge im Aufenthaltsland.

Die internationalen Instrumente des Menschenrechts-und des Flüchtlingsschutzes verleihen den Flücht-lingsfrauen auch in diesem Bereich Rechtspositionen.Die Rechte auf freie Berufs- und Arbeitsplatzwahl, aufangemessene Arbeitsbedingungen und Entlohnung, aufZugang zu Bildung und die Anerkennung von auslän-dischen Schul-, Studien- und sonstigen berufsqualifi-zierenden Abschlüssen ergeben sich für in Deutschlandlebende Flüchtlingsfrauen aus internationalen Abkom-men. Diese Übereinkommen sind zum einen dem internationalen Flüchtlingsrecht, zum anderen inter-nationalen Menschenrechtsabkommen zuzuordnen.Zentral ist dabei die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK),welche für die untersuchte Gruppe von Frauen aufgrund ihres Status als Flüchtlinge einschlägig ist.Daneben stehen Gewährleistungen aus den interna-tionalen Menschenrechtsabkommen, die für alle sichin Deutschland aufhaltenden Personen gelten, unab-hängig von deren Nationalität oder Aufenthaltsstatus.

Die moderne Interpretation der Menschenrechte betont die Notwendigkeit eines gendersensiblen Blick-winkels. Das bedeutet, die unterschiedlichen Lebens-realitäten von Frauen und Männern sind zu berück-sichtigen, und es muss anerkannt werden, dass Frauenund Männer Opfer verschiedenartiger Menschen-rechtsverletzungen werden oder von Verletzungen aufunterschiedliche Weise betroffen sein können. Deshalbist im Hinblick auf die flüchtlings- und menschen-rechtlichen Garantien zu fragen, ob die Rechte derFlüchtlingsfrauen unter Berücksichtigung ihrer spezifischen Situation rechtlich und tatsächlich diskri-minierungsfrei gewährleistet werden. Dies schließt auch

den Schutz vor Diskriminierungen durch Private ein.Die Vermutung liegt nahe, dass Flüchtlingsfrauen imHinblick auf ihre berufliche Integration in mehrdi-mensionaler Weise Diskriminierungen ausgesetzt seinkönnen: einerseits aufgrund ihrer Nationalität, ihrerEthnizität oder ihrer Religion, andererseits aufgrundihres Geschlechtes.

2.1 Flüchtlingsschutz

Das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlin-ge von 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention) enthält inden Kapiteln III (Erwerbstätigkeit) und IV (Wohlfahrt) Regelungen zu den Rechten von Flüchtlingen, die sichrechtmäßig in einem Vertragsstaat aufhalten. Die Nor-men betreffen den Zugang zu nichtselbständiger undselbständiger Erwerbstätigkeit, zu Bildung und Ausbil-dung, die Anerkennung ausländischer Abschlüsse sowie arbeits- und sozialrechtliche Garantien (Art. 17,18, 19, 22 und 24). Diese überwiegend als Günstig-keitsklauseln, in Einzelfällen auch als Gleichstellungs-gebote formulierten Regelungen stellen spezifischeAusprägungen der allgemeinen wirtschaftlichen undsozialen Menschenrechte für die als besonders schutz-bedürftig anerkannte Gruppe der Flüchtlinge dar, insbesondere ihrer Rechte auf Arbeit, Bildung und soziale Sicherheit.

Die umfangreichen Regelungen hinsichtlich verschie-dener Aspekte des Rechts auf Arbeit belegen, welchegrundlegende Bedeutung die Vertragsparteien der GFKdiesem Recht für Flüchtlinge als Grundlage für die Sicherung des Lebensunterhalts, für die Führung einesfrei bestimmten und unabhängigen Lebens und bei derAusübung weiterer, etwa bürgerlicher und politischerMenschenrechte beimessen. So stellt auch der HoheFlüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) klar, dass das Recht zu arbeiten gerade für

10

Menschenrechte für Flüchtlingsfrauen: Rechtliche Grundlagen2

2Menschenrechte für Flüchtlingsfrauen:Rechtliche Grundlagen

auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen und dasRecht auf Bildung, sind im Internationalen Pakt überwirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR- Sozialpakt) verankert. So schützt der Sozialpakt dasIndividuum in verschiedenen arbeitsrechtlichen Be-reichen, wie in der nationalen Beschäftigungspolitikund im Arbeits- und Sozialrecht, einschließlich des Arbeitslosenschutzes.13 Er verpflichtet die Vertrags-staaten, als Vorstufe zur Eingliederung in den Arbeits-markt auch den Zugang zu Bildung und Ausbildung zugewährleisten.

Für Flüchtlingsfrauen bedeutsam sind darüber hinaus diespeziellen Diskriminierungsverbote, die sich etwa ausdem Frauenrechtsabkommen (CEDAW) und dem Abkommen gegen Rassendiskriminierung (ICERD) ergeben. Gerade das Frauenrechtsabkommen enthältin seinen Artikeln 10 und 11 spezielle Regelungen zumSchutz von Frauen vor Diskriminierung in Bildung undArbeit.

Der Schutz vor Diskriminierung erfordert auch, der Gefahr mehrdimensionaler Diskriminierung durch adäquate Maßnahmen entgegenzuwirken. Gehören Personen zu verschiedenen benachteiligten Gruppenund werden sie aufgrund verschiedener Merkmale diskriminiert, spricht man von mehrdimensionaler Diskriminierung.14

Flüchtlingsfrauen können im Hinblick auf ihre berufli-che Integration in mehrfacher Weise Diskriminierun-gen erfahren: Zu den geschlechtsspezifischen Diskri-minierungen können weitere Benachteiligungenaufgrund anderer persönlicher Eigenschaften und Identitäten hinzukommen, die mit ihrem Flüchtlings-status, ihrer Religion oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksgruppe, Kultur oder nationalen Ab-stammung zusammenhängen.15 Dabei treten Wechsel-wirkungen von direkter individueller Diskriminierungund struktureller Diskriminierung auf. Direkte, das heißtintendierte, individuelle Diskriminierungen beziehensich überwiegend auf Ethnie, Hautfarbe, Religion, Akzent und äußeres Erscheinungsbild der Flüchtlings-

5 UNHCR (1991), Rn. 111-119. 6 Zusammenschluss von Staatenvertretern für das Programm des UNHCR, die durch rechtlich unverbindliche Beschlüsse die

Bestimmungen der GFK inhaltlich interpretieren.7 UNHCR, Exekutivkomitee (1988a), Paragraph j.8 UNHCR, Exekutivkomitee (1988a), Paragraph k.9 UNHCR, Exekutivkomitee (1988b).

10 UN, General Assembly (1985).11 UNHCR (1991), No. 110; UNHCR (1990), No. 47, 60.12 Ausführlich zum Recht auf Arbeit siehe Körner (2004), 19 - 20.13 ebd. 22 - 24, 60.14 UN, General Assembly (2001), General issues No. 2, 69, Programm of Action No. 14, 18, 31, 49, 79, 104, 172, 212; Makkonen

(2002), 1.15 Internationales Arbeitsamt (2003), 42; Martinez-Orozco (2004), 4.

sozialer und kultureller Rechte einzelne Integrations-rechte von Flüchtlingsfrauen in spezifischen Bereichenherleiten. Die Standards enthalten integrationsbezo-gene Gewährleistungsgehalte, wie die Verpflichtungder Staaten, Maßnahmen zur Integration in den Arbeitsmarkt, in die damit verbundenen sozialen Sicherungssysteme und in das Bildungswesen zu treffen.23

Der Blick auf die flüchtlings- und menschenrechtlichenGrundlagen macht deutlich, dass das mit der Studieverfolgte Ziel, Ansätze für Qualifizierungs- und Berufsförderungsmaßnahmen, die sich am Bedarf undden Ressourcen der Flüchtlingsfrauen orientieren, zuentwickeln, keine bloße Frage politischer Wünschbar-keiten ist, sondern sein Fundament in den flüchtlings-und menschenrechtlichen Verpflichtungen hat.

frauen. Strukturelle Diskriminierungen als intendierteoder nichtintendierte Selektionsmechanismen bezie-hen sich hingegen eher auf den Status als Flüchtlingeund Sozialhilfeempfängerinnen oder sind geschlechts-spezifisch.

Im Hinblick auf Bildung und Arbeit kann es nicht nur inder Aufnahmegesellschaft zu geschlechtsspezifischenDiskriminierungen kommen, sondern auch innerhalbder eigenen ethnischen Community oder der Familie.Aus den Übereinkommen zum Diskriminierungsschutzergibt sich auch die Pflicht, vor Diskriminierungen durchPrivate zu schützen und diskriminierenden sozialen undkulturellen Verhaltensmustern entgegenzuwirken.16

Auf die Bedeutung derartiger Formen von mehrdimen-sionaler Diskriminierung haben die UN-Organe, die dieEinhaltung der Menschenrechtsabkommen überwa-chen, in den letzten Jahren zunehmend hingewiesen:

So führt der Menschenrechtsausschuss zu Art. 3 desInternationalen Paktes über bürgerliche und politischeRechte aus, wonach die Gleichbehandlung von Frauen und Männern sicherzustellen ist, dass Diskri-minierung von Frauen häufig mit Diskriminierung auf-grund anderer Merkmale wie etwa Ethnie, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, nationaler oder sozialer Herkunft verbunden sei. Er fordert die Staaten deshalbauf, die besondere Weise, in der Frauen von Diskrimi-nierung aufgrund anderer Merkmale betroffen seien,zu berücksichtigen und Maßnahmen gegen diese Effekte zu ergreifen.17

Auch der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau (CEDAW) zeigte sich im Jahr2000 in seiner Bewertung des 4. deutschen Staaten-berichts über die soziale und wirtschaftliche Situati-on ausländischer Frauen in Deutschland besorgt unddrängte die Bundesregierung, ihre Anstrengungen zursozialen Integration ausländischer Frauen durch Aus-bildungs- und Beschäftigungsinitiativen und durch dieFörderung des öffentlichen Bewusstseins zu verstär-ken sowie den rechtlichen und sozialen Schutz ausländischer Frauen, insbesondere weiblicher Asyl-suchender, weiter zu verbessern.18 Der Ausschuss beklagte zudem die schlechte Datenlage bezogen auf

die Situation ausländischer Frauen in Deutschland, dennes fehlen Daten mit Blick auf den Zugang zu Bildung,Ausbildung, Arbeit und zugehörigen Leistungen, zu Ge-sundheitsversorgung sowie zum sozialen Schutz. Erforderte die Bundesregierung auf, entsprechende Un-tersuchungen anzustellen.19

Ergebnisse einer solchen Untersuchung wurden aller-dings mit dem im Frühjahr 2004 vor dem CEDAW-Aus-schuss behandelten 5. deutschen Staatenbericht nichtvorgelegt. Der Ausschuss bedauerte erneut den Mangelan spezifischen Informationen zur Lage von Migran-tinnen und forderte die Bundesregierung auf, Unter-suchungen durchzuführen und aussagekräftige Datenund Informationen vorzulegen.20 Auch die Ende 2004vorgestellten Studien des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zur Situation von Frauen mit Migrationshintergrund inDeutschland beziehen sich nur auf Teilgruppen; Flüchtlingsfrauen sind von ihnen nicht umfasst.21

Die Intensität oder Schwere der Benachteiligungen fürFlüchtlingsfrauen ist abhängig von der Zahl und derWechselwirkung der persönlichen Merkmale, aufgrundderer sie diskriminiert werden. Benachteiligungen aufgrund von verschiedenen Merkmalen in unter-schiedlichen Bereichen können sich gegenseitig verstärken. Diese dauerhafte mehrdimensionale Diskriminierung von Flüchtlingsfrauen kann zu sozioökonomischen Unterschieden zwischen Flücht-lingsfrauen und anderen Frauen sowie zwischen männ-lichen und weiblichen Flüchtlingen führen. Dies kann wiederum die soziale Kluft zwischen den An-gehörigen der unterschiedlichen sozialen und wirt-schaftlichen Gruppen vergrößern beziehungsweise denKontakt der Gruppen untereinander verringern und so-mit weitere Benachteiligungen der aufgrund ihres Sta-tus wirtschaftlich und sozial schlechter gestellten Gruppen mit sich bringen.22

Diskriminierungen können also desintegrierende Wirkung haben. Obwohl es im internationalen Rechtkeine Normen gibt, die eine allgemeine Verpflichtungder Staaten zur Integration statuieren, lassen sich aus den Regeln des Flüchtlingsschutzes, den Diskrimi-nierungsverboten und der Normierung wirtschaftlicher,

Menschenrechte für Flüchtlingsfrauen: Rechtliche Grundlagen Menschenrechte für Flüchtlingsfrauen: Rechtliche Grundlagen2 2

12 13

16 Art 2 d, 2 e, 5, 5 e, f CEDAW (1979); Art 6 ICERD (1965).17 UN, Human Rights Committee, (2000), Rn. 30.18 UN, Committee on the Elimination of Discrimination against Women (2000), Rn. 287 - 333.19 UN, Committee on the Elimination of Discrimination against Women (2000), Rn. 317 - 318.20 UN, Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau (2004), Rn. 30 - 31.21 Boos-Nünning / Karakasoglu (2005); Matthäi (2004).22 Makkonen (2002), 1; Martinez-Orozco (2004), 7. 23 Kälin (2003), 274.

Arbeitsmigranten/innen und deren Angehörige, die rest-lichen 15 Prozent bilden Flüchtlinge mit einer Anzahlvon 1,1 Millionen.29

Das folgende Schaubild zeigt die geographische Her-kunft der Untersuchungsgruppe. Stark vertreten sind

Die Altersstruktur der befragten Flüchtlingsfrauen ist vor dem Hintergrund der verschiedenen Zuwande-rungsperioden zu betrachten. Bei den Arbeitsmigran-ten/innen in Deutschland hat aufgrund der langjähri-gen Aufenthaltsdauer inzwischen die erste Generationdas Rentenalter erreicht. Flüchtlinge mit dauer-haftem Aufenthalt gehören hingegen eher einer jün-

die Herkunftsländer Libanon, Kongo, Irak, Iran und Türkei.30 Zum überwiegenden Teil stammen die Frauenaus Groß- und Kleinstädten, nur in wenigen Fällen ausländlichen Regionen.

geren Generation an, da sie später, vermehrt ab Mitte beziehungsweise Ende der Siebziger Jahre, in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind.31

Dies spiegelt sich auch in der Altersstruktur der Erhe-bungsgruppe wider, wie der nachstehenden Tabelle zu entnehmen ist.

Die Forschungsergebnisse 3

15

Untersucht wurde eine Gruppe von 61 Flüchtlingsfrauenmit auf Dauer angelegtem Aufenthalt24 in Deutschland.Im ersten Teil werden die Ressourcen dieser Flüchtlings-frauen, wie Bildungs- und Berufsabschlüsse, anderweitigeQualifikationen und berufspraktische Erfahrungen dar-gestellt (3.1). Im zweiten Teil geht es um die Faktoren,die für den Einsatz dieser Ressourcen zentrale Bedeu-tung haben. Dazu gehört unter anderem die Anerken-nung der Abschlüsse und Qualifikationen (3.2). Anschlie-ßend wird der Frage nachgegangen, inwieweit denFlüchtlingsfrauen der Zugang zum Arbeitsmarkt, zur beruf-lichen Förderung und zum Studium offen steht (3.3).Auch die wirtschaftliche und soziale Lage der Frauen,darunter die Sicherung des Lebensunterhalts, Partizipa-tion an und Akzeptanz in der Gesellschaft sowie die sozia-len Kontakte der interviewten Frauen, werden betrachtet.Sie stellen ausschlaggebende Faktoren und somit zu-gleich Indikatoren für gesellschaftliche und beruflicheIntegration dar (3.4). Zum Abschluss kommen die Flücht-lingsfrauen zu ausgewählten Themenfeldern wie „Diskri-minierung und Marginalisierung“ und „Chancen und Teil-habemöglichkeiten innerhalb der eigenen Community25

und der Zufluchtsgesellschaft“ in Form von Zitaten aus den Interviews zu Wort (3.5). Im vierten Kapitel werdendie Forschungsergebnisse zusammengefasst und kon-krete Empfehlungen für die Verbesserung der beruflichenIntegration von Flüchtlingsfrauen formuliert.

3.1 Fachliche und persönliche Ressourcender befragten Flüchtlingsfrauen

Bislang ist über die Ressourcen und Qualifikationenvon Flüchtlingsfrauen in Deutschland sehr wenig

Die Forschungsergebnisse3

14

3Die Forschungsergebnisse

24 Siehe Fußnote Nr. 1.25 Exilgemeinschaft der Flüchtlingsfrauen.26 Venema / Grimm (2002)27 Statistisches Bundesamt (2004), 32.28 Statistisches Bundesamt (2004), 32. Die Zahl der ausländischen Personen blieb 2003 fast unverändert. Die illegal in Deutsch-

land lebenden Menschen sind dabei nicht mit erfasst.

29 Bildungswerk des Deutschen Gewerkschaftsbundes (2004).30 Die Verteilung der geographischen Herkunft ist nicht repräsentativ für Flüchtlingsfrauen in Berlin und Brandenburg. Die Aus-

wahl der befragten Flüchtlingsfrauen ergab sich u.a. aus einem Schneeballverfahren.31 Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (2004).

bekannt. Obwohl diese Frauen häufig seit langem inDeutschland leben, liegen keine statistischen Angabenvor. Die meisten Erhebungen befassen sich mit der aus-ländischen Bevölkerung im Allgemeinen und weisennur in einigen Fällen eine geschlechtsspezifische Un-terteilung auf. Heranziehen lassen sich lediglich ver-einzelte Studien über die Situation von Migranten/in-nen in der Bundesrepublik, die jedoch die Gruppe derFlüchtlinge nicht gesondert ausweisen.26

Für die vorliegende Studie wurden 61 Flüchtlings-frauen mit einem auf Dauer angelegten Aufent-halt in Deutschland befragt. Sie sind zwischen 25 und 60 Jahre alt, gehören unterschiedlichen Bildungs-gruppen und Gesellschaftsschichten an und sprechenzum großen Teil mehrere Sprachen. Zwei Drittel der Be-fragten sind verheiratet, das andere Drittel verteilt sichauf den Familienstand ledig, geschieden und verwitwet.Etwa 90 Prozent der Frauen haben mehr als ein Kind.

3.1.1 Herkunft und Altersstruktur

Die Bevölkerungsentwicklung der BundesrepublikDeutschland ist seit dem Ende des Zweiten Weltkriegesdurch Wanderungsbewegungen geprägt. Der Zuzug vonAusländer/innen und Aussiedler/innen begann in denFünfziger Jahren. Die Anzahl beider Gruppen erreichtebis 1959 mehr als eine Million. Davon waren 90 ProzentAussiedler/innen und zehn Prozent Ausländer/innen.27

Durch die verstärkte Anwerbung ausländischer Arbeits-kräfte in den Sechziger Jahren stieg der Ausländer/innen-anteil an der Gesamtbevölkerung innerhalb von zehnJahren auf 3,1 Prozent und liegt heute bei 8,9 Pro-zent.28 Von den derzeit 7,3 Millionen in der Bundes-republik lebenden Ausländer/innen sind 85 Prozent

Abb.1 Herkunftsländer der befragten Flüchtlingsfrauen nach Häufigkeit innerhalb der Untersuchungsgruppe

Die Staaten Ägypten, Afghanistan, Angola, Ghana, Togo, Ukraine und Vietnam, aus denen jeweils eine Frau stammt, sind un-ter ‚Verschiedene Länder’ zusammengefasst.

Äthiopien (2), Afghanistan (2),Bosnien (2), Kosovo (2), Rus-sland (2), Syrien (2)

Tschetschenien (3), Kamerun (3)

Türkei (5)

verschiedene Länder (6), Iran (6)

Kongo (7), Irak (7)

Libanon (12)

Vers

chie

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Län

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Iran

Irak

Türk

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6

5

3

Kam

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3

2 2 2 2 2 2

7 7

6

12

Syrie

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Koso

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Herkunftsländer

3.1.3 Berufspraxis

Die meisten der befragten Flüchtlingsfrauen verfügenüber mehrjährige Arbeitserfahrungen im Heimatland.Die Herkunftsländer, aus denen die überwiegende Mehrheit der Frauen kommt, weisen jedoch prekäre Bedingungen für die Ausübung einer Berufstätigkeitauf, Bedingungen, die auf einer Vielzahl ökonomischerund politischer Faktoren basieren. Hierzu zählen unteranderem politische und wirtschaftliche Instabilität,gravierende Auswirkungen durch Krieg und Bürger-kriege, politische Verfolgung und andere Formen vonMenschenrechtsverletzungen. Vor allem Kriegs- undBürgerkriegssituationen führen zur Veränderung der

Die Forschungsergebnisse 3

17

3.1.2 Schulischer und beruflicher Ausbildungsstand

In Bezug auf ihren Ausbildungsstand wurde die Untersuchungsgruppe einerseits nach der Schul- undHochschulbildung32, andererseits nach der Berufsaus-bildung gefragt. Es kommt insofern zu Überschnei-dungen zwischen beiden Kategorien, als für den Zweckder Untersuchung Hochschulbildung und -abschlüsse auch als akademische Form der Berufsausbildungberücksichtigt und somit unter beide Kategorien summiert wurden.

Schul- und HochschulbildungVon den 61 Flüchtlingsfrauen verfügen 59 über einegrundständige Schulausbildung. Betrachtet man diejeweils höchsten erworbenen Abschlüsse, besitzt einDrittel einen Hochschulabschluss, ein weiteres Dritteleinen Realschul- oder Gymnasialabschluss, währenddas verbleibende Drittel die Ausbildung ohne Abschlussbeendete. Lediglich zwei der Flüchtlingsfrauen habenkeinerlei Schulbildung genossen und sind nicht alpha-betisiert.

Mehr als drei Viertel der befragten Flüchtlingsfrauenabsolvierten ihre Ausbildung im Heimatland, wobei füreinen Realschulabschluss ein zehnjähriger Schulbesucherforderlich war, für das Abitur bedurfte es in der Regel zwischen 12 und 13 Schuljahren. Acht Frauenerwarben ihre schulische oder universitäre Ausbildungin einem Drittland, vier in Deutschland.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass der Bildungsver-lauf der Frauen charakteristischerweise – wie ihr ge-samter Lebenslauf – durch Unterbrechungen und Wech-sel gekennzeichnet ist. Signifikant ist, dass die meistenFlüchtlingsfrauen eine gute Schul- oder Hochschulbil-dung mitbringen. Studien zeigen darüber hinaus, dass in Deutschland lebende nichtdeutsche Frauen, un-abhängig von ihrer Nationalität, im Verhältnis zu nicht-deutschen Männern eine höhere Schul- und Hochschulbildung aufweisen.33

Beruflicher AusbildungsstandDie Mehrheit der Flüchtlingsfrauen konnte im Herkunftsland eine akademische Ausbildung oder eine praktische Berufsausbildung absolvieren, wobeidie Ausbildungsdauer zwischen einigen Monaten und mehreren Jahren stark variierte.

Zwei Drittel der Befragten schlossen ihre beruflicheAusbildung im Herkunftsland mit einem offiziell anerkannten Zertifikat ab. Ein Fünftel gab an, eine nichtzertifizierte Ausbildung zu haben, einige Frauen erhielten überhaupt keine Berufsausbildung.

Die Forschungsergebnisse3

16

32 Die Flüchtlingsfrauen haben unterschiedliche Bildungssysteme zum Erwerb ihrer Schul-, Fach- und Hochschulbildung durch-laufen, deren Struktur oft an koloniale Bildungssysteme (britisches, französisches oder russisches System) anknüpft.Für einen Realschulabschluss mussten z.B. zehn, für einen gymnasialen 12 oder 13 Schuljahre absolviert werden. Um einen akademischen Bildungsabschluss (College, Fachhochschule, Universität) zu erhalten, war in der Regel ein mehrjähriges Studium erforderlich. Die Einteilung der Abschlüsse in „Realschulabschluss“, „Gymnasialabschluss“, „Hochschulabschluss“ bezieht sich auf die Bildungsdauer und den Status des Abschlusses im Herkunftsland. Die Kategorien treffen jedoch keine Aussage über die Qualität der Abschlüsse.

33 Venema / Grimm (2002); Jeschek / Schulz (2003).

Familienstrukturen und lassen traditionelle Rollenzu-schreibungen ins Wanken geraten. Einige Flüchtlings-frauen wurden zur alleinigen Ernährerin ihrer Familie,für andere war Armut in Folge politischer Instabilitätausschlaggebend für den Einstieg ins Erwerbsleben.Beim Wiederanknüpfen an die mitgebrachte Berufs-praxis im Aufnahmeland sind Traumatisierungen be-sonders zu berücksichtigen, da sie den betroffenenFrauen die Orientierung in einem fremden Land undden Umgang mit ihrer neuen Lebenssituation erschwe-ren. Teilweise wurden sie Opfer von Folter und Miss-handlungen wie Vergewaltigung. Eine der Befragtenmusste zum Beispiel im Exil die traumatische Erfah-rung eines lebensbedrohlichen Übergriffs durch rechts-radikale Täter auf ihre gesamte Familie erleben.

Die schwierigen Bedingungen, unter denen die Berufs-praxis im Herkunftsland erworben werden musste, ver-deutlicht das folgende Beispiel einer verwitwetenMutter:

„…Ich bin als allein stehende Mutter nach Deutschlandgekommen, das hat mich hier in meiner Bewegung nichtgehindert, denn ich kenne keinen anderen Status. Mitmeinem Mann habe ich weniger als ein Jahr zusam-mengelebt, dann habe ich ihn durch den Bürgerkriegverloren. Ich war zu jener Zeit schwanger und mein Kindhat seinen Vater nie kennengelernt. Damals wurde ich vom Internationalen Roten Kreuz ausdem Lager herausgeholt. Nach einer gewissen Zeit flohen auch die anderen Lagerbewohner und ich habemeine Mutter mit meinen sechs kleinen Geschwisterngefunden.Mein Vater, zwei meiner älteren Brüder und mein Mannsind nicht aus dem Lager herausgekommen. Nur Gottweiß, wie sie gestorben sind. Plötzlich war ich der einzige Mensch, der die Familie ernähren konnte.Nach meiner Entbindung habe ich mein Kind zu meinerMutter gegeben und mir Arbeit gesucht. Im Laufe derZeit habe ich überhaupt nicht mehr an mich selbst ge-dacht, für mich war es wichtig, dass meine Geschwisterund mein Kind etwas zum Essen hatten. Das war einharter Kampf, aber ich habe meine Aufgabe erfüllt. Ichhatte keine Zeit für mich selber, jetzt denke ich darübernach, aber damals war ich wie besessen und wollte nurmeine Familie nicht hungern lassen….“Sekretärin, Palästinenserin aus dem Libanon, Berlin34

Die beiden folgenden Zitate zeigen hingegen einenselbstverständlichen Einstieg ins Berufsleben:

Abb. 2 Alter der Flüchtlingsfrauen

Altersgruppe Flüchtlingsfrauen

25 - 35 Jahre 21

35 - 55 Jahre 39

55 - 60 Jahre 1

Gesamt 61

Ausbildungsstand Flüchtlingsfrauen

mit Zertifikat 41

ohne Zertifikat 12

keine Ausbildung 8

Gesamt 61

Dauer der Berufsausbildung Flüchtlingsfrauen

keine Berufsausbildung 8

6 - 12 Monate prak-tische Berufsausbilung

13

1 - 3 Jahre praktische Berufsausbildung

19

4 und mehr Jahre akademische Ausbildung

21

Gesamt 61

Bildungsabschlüsse Flüchtlingsfrauen

Hochschulabschluss 21

Gymnasialsabschluss 11

Realschulabschluss 10

Schulbesuch ohneAbschluss

17

ohne Schulbildung 2

Gesamt 61

Abb. 3 Schul- und Hochschulabschlüsse der Flüchtlingsfrauen

Abb. 4 Dauer der Berufsausbildung der Flüchtlingsfrauen

Abb. 5 Beruflicher Ausbildungsstand derFlüchtlingsfrauen

34 Zur besseren Lesbarkeit wurden die Zitate aus den narrativen Interviews von den Autorinnen leicht überarbeitet. Die kenn-zeichnenden Merkmale wurden aus Gründen des Datenschutzes auf die Angabe von Beruf, Ethnie, Herkunfts- und Bundeslandbeschränkt.

3.1.4 Mehrsprachigkeit

Zum Bildungshintergrund der Flüchtlingsfrauen gehörenauch ihre Sprachkenntnisse. Sie werden im Folgendennach Muttersprache, Fremdsprachen und Kenntnissender deutschen Sprache aufgeschlüsselt. Aufgrund der wichtigen Bedeutung für die Flüchtlingsfrauen wurden ihre Deutschkenntnisse nicht nur unter die Ka-tegorie der Fremdsprachenkenntnisse summiert, sondernnoch einmal gesondert abgefragt und ausgewiesen. DieErgebnisse geben den Stand der mündlichen und schriftlichen Ausdrucksfähigkeit nach Selbsteinschät-zung der Frauen wieder.

MutterspracheDie 61 befragten Frauen sprechen insgesamt 23 ver-schiedene Muttersprachen. 57 gaben an, dass sie ihreMuttersprache mündlich gut beherrschen; im Schrift-lichen haben 48 der Befragten gute Kenntnisse.

FremdsprachenFast alle befragten Flüchtlingsfrauen sprechen eigenen Angaben zufolge neben ihrer Mutterspracheeine weitere Sprache. Die überwiegende Mehrheit gab

an, sich darüber hinaus in einer zweiten Fremdsprache bewegen zu können. Mehr als ein Drittel verfügt überKenntnisse in einer dritten Fremdsprache.

Angesichts ihrer vielfältigen Sprachkenntnisse wurdendie Frauen nach den bisherigen beruflichen wie ehrenamtlichen Einsatzmöglichkeiten befragt. 42 der Frauen gaben an, dass sie ihre Sprachkompeten-zen bisher nicht nutzen konnten, das andere Drittelkonnte sie gelegentlich in geringem Umfang in vergüteten oder ehrenamtlichen Tätigkeiten einsetzen.Allerdings waren diese Möglichkeiten nicht geeignet,den Teilnehmerinnen eine Existenzgrundlage zu sichern.Es zeigte sich, dass Mehrsprachigkeit als individuelleund ökonomische Ressource in der hiesigen Gesell-schaft nur wenig abgerufen wird.

DeutschkenntnisseNach eigener Auskunft verfügen 37 der 61 Flüchtlingsfrauen über mittlere bis gute Deutsch-kenntnisse. 17 der 37 Frauen stuften sowohl ihr schrift-liches als auch mündliches Sprachvermögen als gut ein. 24 Flüchtlingsfrauen hingegen gaben an, nur über geringe oder keine Kenntnisse zu verfügen.

„….Ich habe durch meine Arbeit im Heimatland viele Erfahrungen gesammelt. Ich kann sagen, dass ich durchdie Arbeit mehr gelernt habe als durch das Studium. Ichwar zwölf Jahre Leiterin einer Firma, die Küken produ-ziert, und für alle Bereiche verantwortlich, nicht nur fürmein Fachgebiet.Ich lernte, elektronische und mechanische Maschinenzu reparieren und Ersatzteile auszuwechseln. Seiner-zeit gab es einen Experten der Herstellerfirma aus demAusland für die Maschinen, der bei Bedarf in unsererFirma die Maschinen zu einem Stundenlohn von 100Dollar reparierte. Ich stand damals immer neben ihmund schaute mir an, wie er die Reparaturen durchführte.Dadurch lernte ich, wie man die Reparatur machen kannund habe diese künftig selber ausgeführt. Ich war zu-ständig für die Planung und für das Ersatzteillager, fürdas ich den jährlichen Bedarf an Ersatzteilen im Aus-land bestellte.Ich reparierte die Maschinen, obwohl das sehr gefähr-lich für die Produktion war, denn durch defekte Maschinen konnte es sehr heiß oder kalt für die Kükenwerden, und dann bestand die Gefahr, dass sie alle sterben. Darum versuchte ich immer, die Reparaturenselber zu erlernen und wenn nötig, auch schnell durch-zuführen….“Agraringenieurin und Geschäftsführerin aus dem Irak,Berlin, Übersetzung aus dem Arabischen

„...Ich habe jahrelang in Frauenprojekten gearbeitet. Zumeinen Aufgaben gehörten die Bereiche Konfliktlösung,Beratung und Betreuung. Ich habe Erfahrung in der Arbeit mit Jugendlichen, mit denen ich auch eine Zeitlang Projekte durchgeführt habe. Diese entstanden durchmein eigenes Interesse und durch mein Studium als Soziologin. Bei den Gruppen, mit denen ich zusammen-gearbeitet habe, bestand immer das Interesse, die Frauen miteinander sinnvoll zu vernetzen, um den Be-darf der Frauen im Bereich Bildung oder bei alltäglichenKonflikten zu decken. Das war mein Arbeitsschwerpunktund darin bestand auch meine Stärke.Ich habe mehrere ‚Income Generating-Projekte’ für Frau-en entwickelt und betreut. Dies waren kleine, aber erfolgreiche Projekte...”Soziologin, Palästinenserin aus dem Libanon, Berlin,Übersetzung aus dem Arabischen

Die drei Aussagen stehen beispielhaft für die Berufs-erfahrungen der Flüchtlingsfrauen und zeigen, dass dieim Rahmen von akademischen oder praktischen Berufsausbildungen in ihrer Heimat erworbenen Kennt-nisse in den entsprechenden Berufsfeldern zum

Einsatz kamen. In der Regel können die Flüchtlings-frauen jedoch in Deutschland nicht an ihre praktischeBerufskenntnis anknüpfen.

Mitgebrachte Berufsqualifikationen nach BerufsfeldernDie aus den Herkunftsländern mitgebrachten beruflichenQualifikationen der befragten Frauen lassen sich achtBerufsfeldern zuordnen. Dazu gehören neben der Land-wirtschaft die Berufsfelder Wirtschaftswissenschaftenund Recht, technische und freie Berufe, Pädagogik, Psychologie und Soziales sowie der Bereich Gesund-heit und Wellness. Auch Tätigkeiten im Büro und Verkauf sowie in der Schneiderei und im traditionel-len Handwerk sind vertreten. Es zeigte sich, dass unabhängig von der Herkunftsregion der kaufmänni-sche und Bürobereich sowie das Arbeitsfeld Pädago-gik und Soziales überwiegen und nicht alle Tätigkei-ten typischen Frauenberufen entsprechen. Eine geringe Anzahl von Flüchtlingsfrauen dringt auch in von Männern dominierte Berufsfelder vor.

Die Forschungsergebnisse Die Forschungsergebnisse3 3

18 19

Berufsfelder Flüchtlingsfrauen

Agrarbereich 4

Wirtschaftswissen-schaften und Recht

3

technische und freie Berufe

5

Gesundheit und Wellness

9

kaufmännische undBüroberufe

17

Pädagogik, Soziales und Psychologie

12

Verkauf/ Einzelhandel/ Gastronomie

5

Schneiderei und traditionelles Handwerk

6

Gesamt 61

Abb. 6 Aus dem Herkunftsland mitgebrachte Berufsqualifikationen nach Berufsfeldern

Art derSprache

Flüchtlings-frauen

Kenntnis-stand

mündlich gut

Kenntnis-stand schrift-

lich gut

Mutter-sprache

61 57 48

Fremd-sprache 1

57 44 41

Fremd-sprache 2

50 15 16

Fremd-sprache 3

23 4 5

Fremd-sprache 4

1 1 1

Abb. 7 Mutter- und Fremdsprachenkenntnisse –Selbsteinschätzung der Flüchtlingsfrauen

Kenntnisstand Flüchtlingsfrauen

gut 17

fast gut 5

mittel 15

gering 19

keine 5

Gesamt 61

Abb. 8 Deutschkenntnisse – Selbsteinschätzung

Die Qualifizierung als gute oder fast gute Deutschkenntnisse bedeutet,relativ flüssig zu sprechen und sich in schriftlicher Form ausdrücken zukönnen. Mittlere Kenntnisse besagen, dass die befragten Frauen sich selbst-ändig artikulieren können, im schriftlichen Bereich hingegen eher Unter-stützung benötigen. Von geringen Sprachkenntnissen wird gesprochen,wenn die Interviewpartnerinnen sich nicht ohne Hilfe in mündlicher undschriftlicher Form verständigen können.

In der Studie wird davon ausgegangen, dass eine Fremdsprache nur dannals berufliche Ressource genutzt werden kann, wenn die Frauen ihre Kennt-nisse als mindestens gut einschätzen. Von daher gibt die Tabelle nur dieals ‚gut’ eingestuften Kenntnisse wieder.

keiten zum Erlernen der Sprache. Auch wenn die Frau-en wollten, konnten sie die Sprache nicht lernen, weilsie keine finanziellen Möglichkeiten hatten.Um beispielsweise Analphabeten eine Sprache zu lehren,bedarf es auch von Lehrern oder Dozenten besonderer Fähigkeiten. Diese Situation war in der damaligen Zeitnicht gegeben.“Renée Abul Ella, Leiterin des Arabischen Frauenvereins‚Al Dar’, Berlin, Expertinnengespräch am 21. Januar2004

3.1.5 Persönlichkeitsbezogene Kompetenzen

Persönlichkeitsbezogene Kompetenzen sind Ressour-cen, die Lebens- und Arbeitserfahrungen miteinanderverbinden, autodidaktische Fähigkeiten und persönlicheBegabungen. Bei der Gruppe der Flüchtlingsfrauenzählen zu den Persönlichkeitskompetenzen auch spezifische Fähigkeiten, die sich aus dem Leben alsFlüchtling ergeben wie Flexibilität, Lernbereitschaftund Ausdauer.35

In der Regel sind diese Ressourcen jedoch schwierig zuermitteln, um so mehr, da die Untersuchungsteilneh-merinnen oftmals aufgrund Sozialisierung und tradi-tioneller Strukturen nicht gewöhnt sind, ihre persönlichen Fähigkeiten zu benennen und in den Vordergrund zu stellen.

Eine Teilnehmerin, die ihre eigenen Ressourcen ein-schätzte und ihre neu entdeckten Fähigkeiten erörterte:

„Ich habe viel Energie und versuche, meine Energie imBereich Arbeit und Bewegung zu benutzen. Ich habeimmer davon geträumt, selbständig zu arbeiten. Ich ha-be zwei Wochen lang bei einem griechischen Händlerein Praktikum absolviert, damit ich mich über die Arbeit als Selbstständige informiere.Auch würde ich gerne im Bereich Computer einsteigen,weil ich schon einen Kurs belegt habe. Ich habe meineKenntnisse in diesem Bereich sehr gut entwickelt undwünsche mir, dass ich in einem Büro oder Reisebüro arbeiten kann.In meinem Heimatland habe ich mich nur auf meinenBeruf als Lehrerin konzentriert, über andere Möglich-keiten habe ich nicht nachgedacht.Aber als ich hierher kam, fand ich, dass die Arbeitssuchesehr schwer ist. Dann habe ich über andere Möglich-keiten nachgedacht. Ich habe mich gefragt, wenn ich

als Lehrerin nicht arbeiten kann, was soll ich dannmachen. Ich habe hier neue Ideen und Interessen beimir entdeckt, eine davon war der Computerbereich, eine zweite war, sich mit einem Geschäft selbständigzu machen, und eine dritte, mich im Sozialbereich zubewegen.Auch dachte ich hier an ein Internet-Café, um den Lebensunterhalt meiner Familie zu sichern. Aber nach-dem ich die zahlreichen Angebote in Berlin sah und denMarkt als voll empfand, legte ich die Idee auf die Seite.Die Tatsache, dass ich allein mit zwei Kindern nachDeutschland gekommen bin, motivierte mich. Ich füh-le, dass ich stärker geworden bin.Am Anfang hatte ich hier überhaupt keine Kontakte,auch nicht mit meiner Community, ich war ganz alleinund ohne meinen Bruder wäre das unvorstellbar für michgewesen. Aber danach bewegte ich mich außerhalb dieses Zirkels, lernte neue Leute kennen und habe neueFreundschaften geschlossen. Das entwickelte sich durchmeine Aktivitäten bei einem Frauentreff in einem arabischen Kulturverein. Dort habe ich auch ein acht-monatiges Praktikum gemacht.”Grundschullehrerin aus dem Irak, Berlin

Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung konntenbei den Flüchtlingsfrauen Kompetenzen in sechs verschiedenen Bereichen ausgemacht werden: sozialeund interkulturelle Kompetenzen, Organisation, Auf-bau und Koordination von Strukturen, Kultur- und Öf-fentlichkeitsarbeit (Kulturmittlerinnen), Sprachmittle-rinnen, Führungskompetenzen und Mediation. Dabeisind soziale und interkulturelle Kompetenzen beson-ders stark ausgeprägt. 28 Flüchtlingsfrauen verortenhier ihre Stärke. Sie sehen ihre Einsatzmöglichkeiten insbesondere in der Kinder-, Jugend- und Familienbe-treuung, bei der Nachhilfe und in der Pflege älterer undkranker Menschen. An zweiter Stelle stehen Organisa-tion sowie Aufbau und Koordination von Strukturen.Zehn Flüchtlingsfrauen identifizieren hier Möglichkei-ten, sich mit ihren Fähigkeiten in unterschiedlichenGesellschafts- und Berufsfeldern einzubringen.

Gewöhnt, in gut funktionierende Netzwerke einge-bunden zu sein, bauen die Frauen häufig in ihren Com-munities neue Netzwerkverbindungen auf und könn-ten aufgrund ihrer sozialen Kompetenzen und ihresinterkulturellen Wissens Brücken zwischen der Auf-nahmegesellschaft und der eigenen Community aufbauen und somit in beide Richtungen als Tür-öffner wirken.

Die Befragung ergab darüber hinaus, dass die Sprach-fertigkeiten der Flüchtlingsfrauen zwar mit der Auf-enthaltsdauer zunehmen, in den ersten fünf Jahren jedoch selten ein gutes oder mittleres Niveau errei-chen. Bis ein Sprachniveau erreicht wird, das eine berufliche und soziale Integration in Deutschland er-leichtert, vergehen mehrere Jahre, während gleichzei-tig Berufsqualifikationen durch Nichtanwendung verloren gehen. Der Befund deutet auf das Fehlen einer zügig einsetzenden Sprachförderung für Flücht-lingsfrauen hin.

Besuch von Deutschkursen50 der 61 befragten Flüchtlingsfrauen hatten einenDeutschkurs besucht. Eine Reihe der Teilnehmerinnenhielt die Qualität und Dauer jedoch für verbesserungs-bedürftig. Einige trafen die Einschätzung, dass die berufliche Tätigkeit ihr Sprachniveau erheblich stärkergehoben habe als der Besuch eines Sprachkurses, nachdessen Abschluss für sie häufig keine Möglichkeit zurAnwendung der deutschen Sprache bestand. Nur dieHälfte aller Teilnehmerinnen erhielt öffentliche Mittelfür die Finanzierung ihres Sprachkurses, die andereHälfte musste eigene Mittel aufbringen. Die nachfol-gende Äußerung einer Interviewpartnerin veranschau-licht die Situation:

„…im ersten Jahr habe ich mit der Sprache angefangen.Ich habe mir für mein Leben hier vorgestellt, dass ichmich zuerst auf die Sprache konzentriere, sonst habeich keine Chance, eine Arbeit zu finden und die deut-sche Gesellschaft zu kontaktieren. Mein Ziel war die Er-weiterung meiner Kenntnisse in unterschiedlichen Be-reichen. Ich wollte das Leben mit Krieg hinter mir lassenund hier ein Stück Heimat finden. Ich beschäftigte michmehr als drei Jahre mit der Sprache und besuchte mehrere Schulen.Die Kosten habe ich selber getragen. Ich habe jeden Centvon meiner Sozialhilfe gespart, damit ich die Landes-sprache erlernen kann.Mehrmals habe ich das Gefühl gehabt, dass das Erlernender deutschen Sprache mir nichts gebracht hat. Das Beherrschen der deutschen Sprache hatte keine positi-ve Wirkung auf mein Leben oder meinen Aufenthalts-status, so erschien es mir, wenn ich verzweifelt war.Dieses Gefühl hatte ich, bevor ich zu arbeiten begon-nen habe. Nachdem ich jedoch einen sicheren Aufent-halt erhalten und Arbeit gefunden habe, hat sich meine Meinung geändert.Ich habe an meinem Arbeitsplatz Leute getroffen, dieschon seit vielen Jahren hier in Deutschland sind unddie Sprache nicht beherrschen. Da wurde mir bewusst,dass es sich doch gelohnt hat, die Sprache zu erlernen…“Sekretärin, Palästinenserin aus dem Libanon, Berlin

Die elf Frauen, die keinen Deutschkurs absolviert haben, gaben als Gründe unter anderem Geldmangel,Probleme mit dem Aufenthaltsstatus und fehlende Kin-derbetreuung an.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass Mehrsprachigkeiteinen Ressourcenreichtum von Flüchtlingsfrauen bedeutet, die Frauen in Bezug auf ihre Deutschkennt-nisse jedoch weiterer Förderung bedürfen. Viele benöti-gen Basiskurse mit Schwerpunkt auf der schriftlichenAusdrucksfähigkeit sowie Aufbaukurse zur Stärkungder Grammatik, die auch Fachsprachen berücksichti-gen und die praktische Sprachanwendung im Alltag alsBestandteil integrieren.

Auch aus den Gesprächen mit Experten und Expertin-nen wurde deutlich, dass es wichtig und sinnvoll ist,umgehend nach der Einreise mit der Sprachförderungzu beginnen:

„Wenn die Menschen kommen, befinden sie sich in einer bestimmten Situation. Kein Mensch migriert freiwillig irgendwohin, in eine sehr unsichere Situati-on. Oft geht die Migration mit einer Verschlechterung derSituation einher, so dass sehr viel kompensiert werdenmuss. Viele müssen Privilegien aufgeben, die sie in ihremLand hatten. Gerade deshalb ist es wichtig, die Menschen, die man aufnimmt, auch an entsprechendeRessourcen heranzuführen und zu sagen: Ich gebe euchdie Möglichkeiten als Mehrheitsgesellschaft, euch dasan Kompetenzen anzueignen, um euch selbständig zumachen und damit auf euren eigenen Beinen zu stehen.Das ist ganz wichtig. Und das geht los mit der Sprache.Wenn Menschen kommen, muss ihnen das aufnehmendeLand für eine bestimmte Zeit – und zwar eine realistischeZeit, jetzt nicht für 3 Monate, sondern meinetwegen füranderthalb bis zwei Jahre – einen qualifizierten und aufdie Situation angepassten kostenlosen Sprachkurs anbieten und den Sprachkurs auch mit einem Integra-tionskurs kombinieren: Wie ist dieses Land aufgebaut,rechtlich, Arbeitsmarktsituation, Bildungssituation – also ganz verschiedene Sparten.“ Dr. Havva Engin, Technische Universität Berlin, Fachbereich Erziehungswissenschaften, Expertinnengespräch am 2. April 2004

„Hinzu kommt, dass die Frauen auch aus traditionellenFamilien stammen und hier aufgrund der Sprache unddes Fremdheitsgefühls etc. noch mehr abhängig vomMann geworden sind. Das hat dazugeführt, dass sie ver-stärkt zu Hause blieben und die Situation dadurch na-türlich noch schwieriger wurde. Zweitens gab es hier inDeutschland besonders am Anfang keine Möglich-

Die Forschungsergebnisse Die Forschungsergebnisse3 3

20 21

35 Arjärvi bezeichnet diese Kompetenzen, die durch Flucht- oder Migrationserfahrungen entdeckt oder entwickelt werden, als Transferkompetenzen (Arajärvi (2003)).

Bewerbungen geschrieben. Auf meine Bewerbungen habe ich nur negative Antworten erhalten. Man sagtemir, dass ich keine Ausbildung hätte, meine Ausbildungnicht in Deutschland erworben worden sei und ich deshalb damit hier nicht arbeiten könne. Häufig hießes: ‚… leider nicht, mit diesem Diplom können Sie hiernicht arbeiten, weil hier in Deutschland die Situationein wenig anders ist als in Ihrer Heimat. Sie müssen eine Weiterbildung oder Umschulung machen …’.Ich frage mich aber, warum werden die Kenntnisse, dieich habe, nicht anerkannt. Bis jetzt waren Putztätig-keiten für mich der einzige Weg, hier zu arbeiten, aberich frage mich immer, ob das wahr ist oder ich nur in einen schlechten Alptraum geraten bin …“Geologin und Kosmetikerin, Armenierin aus dem Iran,Brandenburg, Übersetzung aus dem Englischen

Für viele Flüchtlingsfrauen ist es nicht möglich, ihreQualifikationszertifikate in Deutschland vorzulegen,weil die Dokumente etwa in Kriegs- beziehungsweiseBürgerkriegswirren oder auf der Flucht verloren ge-gangen sind. Dennoch gelang es der Mehrheit der fürdiese Studie befragten Frauen, ihre Dokumente mitzu-bringen.

Fehlende Möglichkeiten des Qualifikationstransfers inDeutschland werden zunehmend als Problem erkannt.Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration,Flüchtlinge und Integration, Marieluise Beck, äußerteanlässlich der Expertentagung „Partizipation und Chan-cengleichheit – Anforderungen an eine moderate Integrationspolitik” im März 2004 in Berlin, dassDeutschland transparente Maßnahmen brauche, umberufliche Qualifikationen, die außerhalb der Bundes-republik erworben wurden, anzuerkennen. Auch dasGutachten „Berufliche Integration von Zuwanderern inDeutschland für die ,Unabhängige Kommission Zuwan-derung’ beim Bundesministerium des Innern“ stellt fest,dass die hohe Regulierung qualifizierter Tätigkeiten in Deutschland nicht nur für ein berufliches Fortkom-men von neu ankommenden Migranten/innen undFlüchtlingen sehr hinderlich sei, sondern den prak-tischen Zugang zum hiesigen Arbeitsmarkt auch fürbereits seit Jahren hier lebende ausländische Mitglie-der der Gesellschaft versperre. Um den hier langfristiglebenden Migranten/innen und Flüchtlingen eine Pers-pektive für qualifizierte Berufstätigkeit zu geben und damit auch einen Teil des künftigen Bedarfs an quali-fizierten Arbeitskräften zu decken, sei es dringend not-

wendig, auf die zuständigen Ausschüsse und berufs-ständischen Kammern dahingehend einzuwirken, dasssie ein transparenteres System der Anerkennung fürausländische Bildungsabschlüsse einführen.36

Selbst bestehende Möglichkeiten der Gleichstellungvon Berufsabschlüssen, beispielsweise der Bundeslän-der, die Gleichstellungen für die unter ihre Zuständig-keit fallenden Berufsabschlüsse nach dem Berufsbil-dungsgesetz und der Handwerksordnung aussprechenkönnen, werden nicht ausreichend genutzt. Auf diesem Wege könnten zum Beispiel Gesellen- und Fach-arbeiterprüfungen, aber auch kaufmännische Abschlüsse sowie Abschlüsse in medizinischen Berufen und Hand-werks- oder Industriemeister beziehungsweise Fach-wirte anerkannt werden.37

Im Gegensatz zu Migrant/innen und Flüchtlingen hat dieGruppe der Spätaussiedlerinnen nach den Vorschriftendes Bundesvertriebenengesetzes einen Rechtsanspruchauf Anerkennung und Gleichstellung ihrer im Her-kunftsland erworbenen Berufsabschlüsse oder Befähi-gungsnachweise (§ 10 Bundesvertriebenengesetz). DieGleichstellung wird im Einzelfall geprüft und ausge-sprochen. Mangelnde Kenntnisse der deutschen Sprachestellen kein Ausschlusskriterium dar.

3.2.2 Einstufung mitgebrachter Berufserfahrun-gen und weiterer Fähigkeiten

Viele der Untersuchungsteilnehmerinnen kommen ausKriegs- und Bürgerkriegsregionen, so dass es aufgrundder prekären Lebensbedingungen oft Brüche in ihremAusbildungsverlauf gibt. Einige der Frauen konnten ih-re Berufsausbildung nicht beenden oder hatten garnicht erst die Möglichkeit, eine Ausbildung zu beginnen(vgl. 3.1.2). Dennoch sind die meisten Frauen im Herkunftsland einer Erwerbstätigkeit nachgegangen,teilweise angelernt, wobei ihre Einarbeitungszeitenmindestens ein halbes Jahr oder länger umfassten. An-dere Frauen wagten den Eintritt in ein Beschäfti-gungsverhältnis als Autodidaktinnen oder machten sichselbstständig (vgl. 3.1.3).

Die meisten Frauen verfügen über mehrjährige praktische Arbeitserfahrungen, können aber diese imHerkunftsland gewonnenen, formal nicht zertifiziertenBerufserfahrungen in Deutschland nicht einsetzen.

Die Untersuchung zeigt darüber hinaus die Versucheder Flüchtlingsfrauen, sich durch unterschiedlichsteIdeen und Tätigkeiten beruflich in der Aufnahmege-sellschaft zu verankern. Diese Versuche mit ihren Erfolgen oder Misserfolgen machen deutlich, dass esden Flüchtlingsfrauen wichtig ist, sich in der hiesigenGesellschaft wirtschaftlich abzusichern und damit ihrer Verantwortung, insbesondere gegenüber ihrenKindern, gerecht zu werden. So haben die Frauen auchaußerhalb ihrer erlernten Berufe oder angelernten Tätig-keiten in Eigeninitiative versucht, ihre Fähigkeiten undKenntnisse im Aufnahmeland zu erweitern und in un-terschiedlichen Bereichen einzusetzen. Das Leben imExil und die damit verbundene Notwendigkeit, die Fle-xibilität zu steigern, nahmen einigen Frauen zum An-lass, sich beruflich neu zu orientieren. Einige der Frau-en ziehen auch eine selbständige Tätigkeit für sich inBetracht. Daneben erweiterten kulturelle Aktivitäten,soziale Projekte, Mediation und ehrenamtliches Enga-gement die Kompetenzen der Frauen. Diese Begabun-gen und Fähigkeiten sowie berufliche Neugier bildenmit die Basis für Aufbau- und Neuqualifizierung.

3.1.6 Zusammenfassung

Mit einem Durchschnittsalter von 39 Jahren verfügendie befragten Frauen noch über ein großes Arbeits-zeitpotenzial. Zwei Drittel von ihnen bringen aus demHerkunftsland mittlere und höhere Bildungsabschlüs-se mit. Der Anteil zertifizierter Berufsausbildungen istebenso hoch und gliedert sich in acht verschiedene Berufsgruppen. Fast alle Untersuchungsteilnehmerin-nen verfügen zusätzlich über mehrjährige Arbeitser-fahrungen im Herkunftsland, in der Regel in den erlernten Berufen. Die Erhebung dokumentiert darü-ber hinaus die Vielsprachigkeit der Flüchtlingsfrauen.Bisher war der berufliche Einsatz dieser Fähigkeiten inder monolingualen deutschen Gesellschaft jedoch nichtmöglich. Mehr als die Hälfte der Befragten besitzt mitt-lere bis gute Deutschkenntnisse. Zusätzlich hat die Untersuchung persönlichkeitsbezogene Kompetenzenin insgesamt sechs Bereichen (soziale und interkultu-relle Kompetenz, Organisation, Kultur- und Öffent-lichkeitsarbeit, Sprachmittlerin, Führungskompetenzund Mediatorin) identifiziert.

3.2 Anerkennung von Abschlüssen und Berufserfahrungen

Das folgende Kapitel setzt sich mit den Möglichkeitenzum Qualifikationstransfer auseinander. Es wird derFrage nachgegangen, inwiefern die im Herkunftsland erworbenen Bildungs- und Berufsabschlüsse in Deutsch-land anerkannt wurden und ob anderweitige Formenflexibler modularer Anerkennung und Verfahren zur Ermittlung und Zertifizierung berufspraktischer Fähig-keiten und sonstiger Qualifikationen existieren.

3.2.1 Anerkennung von Bildungs- und Berufsab-schlüssen

Die befragten Flüchtlingsfrauen benannten durchgän-gig die Anerkennung der Bildungs- und Berufsabschlüsseals eines ihrer größten Probleme. Aufgrund der gerin-gen Chancen versuchten einige Frauen erst gar nicht,ihre Abschlüsse anerkennen zu lassen. Die Befragung-en ergaben, dass kein einziger mittlerer und höhererSchulabschluss als gleichwertig eingestuft wurde. Sogelten beispielsweise Abschlüsse, die im Heimatlandhöher als Realschulniveau angesiedelt waren, inDeutschland nur als Realschulabschluss. Von den Hoch-schulabschlüssen wurde etwa die Hälfte gar nicht oderals nicht gleichwertig anerkannt. Auch für die Ausbil-dungsberufe lässt sich das Problem der Nichtanerken-nung von Abschlüssen verzeichnen, obwohl die mei-sten Flüchtlingsfrauen zusätzlich über mehrjährigeBerufspraxis verfügen.

Das folgende Beispiel einer Geologin und Kosmetikerinbeschreibt die Auswirkungen, wenn weder der akade-mische Grad noch die abgeschlossene Berufsausbil-dung aus dem Herkunftsland anerkannt werden:

„In meiner Heimat habe ich zusammen mit meiner Freun-din einen kleinen Kosmetiksalon geführt, bis ich meinHeimatland verlassen musste und nach Deutschlandgekommen bin. Meine Freundin war Friseuse und ichKosmetikerin. Am Anfang dachte ich, ich schaffe es hier,meine Existenzsicherung zu erreichen. Aber mein Problem ist, dass mein Diplom nicht anerkannt wird.Wenn mein Abschlussdiplom anerkannt wäre, könnteich schneller eine Arbeit finden oder ich hätte bei derArbeitssuche eine bessere Chance. Ich habe hier viele

Die Forschungsergebnisse Die Forschungsergebnisse3 3

22 23

36 Seifert (2001), 37 - 41.37 Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen Berlin (2004).

Möglichkeiten eines Qualifikationstransfers und der Fixierung des Arbeitsmarktes auf formale Qualifikatio-nen bestehen für Flüchtlingsfrauen in Deutschland nurgeringe Zugangschancen zu qualifizierten Tätigkeiten.Wenn den Flüchtlingsfrauen jedoch nicht die Gelegenheit geboten wird, ihre Kenntnisse und in der Praxis erlernten Fähigkeiten weiterhin anzuwen-den, kommt es zum Verlust dieser Ressourcen.

3.3 Aufenthaltssicherung und Zugang zu Arbeitsmarkt und Studium

Das folgende Kapitel befasst sich mit dem Zugang derFlüchtlingsfrauen zu einem auf Dauer angelegten Aufenthalt und zum ersten Arbeitsmarkt sowie mit demRessourcenverlust durch Wartezeiten. Die aufenthalts-und arbeitserlaubnisrechtlichen Veränderungen durchdas Zuwanderungsgesetz (ZuwG) werden ebenso dargestellt wie die Auswirkungen von Hartz IV auf dieUnterstützung bei der Orientierung, Förderung und Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt sowie auf dieMöglichkeiten von Sprachförderung und beruflicherBildung. Darüber hinaus wird auf Formen individuellerund struktureller Diskriminierung als weitere Barrierenbeim Arbeitsmarktzugang eingegangen. Abschließendwerden die Zugangschancen zu Studium und Stipendienbeleuchtet.

3.3.1 Einreise, Aufenthalt und Arbeitsmarkt-zugang39

AufenthaltDie Mehrheit der Flüchtlinge muss von der Einreiseüber die Asylantragstellung bis zur Erteilung eines aufDauer angelegten Aufenthalts lange Wartezeiten inKauf nehmen. Ein solcher Aufenthalt ist jedoch dieSchlüsselvoraussetzung für Rechtspositionen im Arbeitserlaubnisrecht und in sozialrechtlichen Leistungsgesetzen. Nur die Aufenthaltsberechtigung,die unbefristete und befristete Aufenthaltserlaubnissowie die Aufenthaltsbefugnis begründen einen aufDauer angelegten Aufenthalt. Die Aufenthaltsgestattungwährend des Asylverfahrens und die Duldung vermit-teln hingegen grundsätzlich keinen Einstieg in den verfestigten Aufenthalt.

Die Zusammenfassung der ermittelten Wartezeiten vonder Einreise der Untersuchungsteilnehmerinnen bis zurErteilung eines auf Dauer angelegten Aufenthaltssta-tus in die Kategorien zeitnah, mittlere und lange Fristergibt für die Flüchtlingsfrauen folgendes Bild:

Die Zahlen zeigen, dass zwar ein Drittel der Frauen einen auf Dauer angelegten Aufenthalt zeitnah, dasheißt innerhalb von zwei Jahren, erreichen konnte, fürmehr als ein Drittel die Zeitspanne von der Einreise biszum Erhalt eines auf Dauer angelegten Aufenthalts mitfünf bis zu zehn Jahren jedoch sehr lang war.

Während der Wartezeiten dürfen die aus dem Herkunftsland mitgebrachten Qualifikationen, Beruf-serfahrungen und anderen Ressourcen oftmals nichtim Rahmen von Erwerbstätigkeit eingesetzt werden.Auch können Flüchtlinge während dieser Zeit aufgrundeingeschränkter finanzieller Mittel weder selbstDeutschkurse finanzieren, noch werden vom Staat zielgruppenorientierte Sprachkurse angeboten, nochkönnen sie an beruflichen Fortbildungsmöglichkeitenteilnehmen.

Welche Auswirkungen diese Wartezeiten auf ihre Lebensumstände haben, schilderten zwei Flüchtlings-frauen:

„…Wir sind seit 1993 hier und leben seit dieser Zeit vonSozialhilfe. Das ist eine sehr lange Zeit. Am Anfang fand

Die Forschungsergebnisse 3

25

39 Die Erläuterungen des folgenden Abschnittes beziehen sich auf die Rechtslage vor Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes. Zu den Auswirkungen des Zuwanderungsgesetzes, vgl. 3.3.3.

Eine Chance, diese Kenntnisse und Fähigkeiten aner-kennen zu lassen, und damit zumindest einen Teiltransfer zu gewährleisten, ist aufgrund bestehenderAusbildungsrichtlinien und strikter Arbeitsmarkt-regulierung in vielen Berufsfeldern nicht gegeben. Ver-fahren zur Ermittlung und Zertifizierung berufs-praktischer Fähigkeiten sind im System des Qualifika-tionstransfers nicht vorgesehen. Auch persönlichkeits-bezogene Kompetenzen und Mehrsprachigkeit findenkeine Berücksichtigung.

Das nachstehende Beispiel thematisiert die Lebens-und Arbeitssituation im Heimatland sowie die im Auf-nahmeland vorgefundenen Bedingungen und die damit verbundenen Schwierigkeiten:

„….Meine Stärke liegt in der Büroarbeit, ich habe 15Jahre Arbeitserfahrung im Heimatland, aber ich glaube nicht, dass ich hier eine Chance habe, nochmalin meinem Beruf zu arbeiten. Hier gibt es andere Arbeitsregeln und Gesetze, und es ist anders – nicht wiebei uns. Ich denke, ich habe hier keine Chance.Meine Erfahrung liegt im Buchhaltungsbereich, ich habe Löhne für Angestellte oder Studenten ausgezahltund natürlich vorher berechnet, und ich war mit den Finanzen des Amtes befasst. Ich bin immer bereit, meine Kenntnisse im Arbeitsbereich durch neue Methoden oder Techniken zu erweitern.Ich habe auch Arbeitserfahrung mit der Betreuung vonKindern, als Kassiererin und ich kann auch nähen, kochen, backen oder einen Blumenladen aufmachen. Indiesen Arbeitsbereichen kann ich mich gut bewegen.Das ist meine Erfahrung durch langjährige Lebenspra-xis, und ich lerne immer gerne dazu. Auch im Compu-terbereich besitze ich Kenntnisse…“Hotelfachfrau, Kurdin aus dem Irak, Berlin Übersetzung aus dem Arabischen

Die dringende Notwendigkeit einer Veränderung derAnerkennung von Abschlüssen und des Qualifikati-onstransfers insgesamt verdeutlicht auch die nachfol-gende Aussage einer Expertin:

„Am Ende eines solchen Integrationskurses sollte ihneneine Berufsorientierung beziehungsweise Berufsbera-tung angeboten werden, die qualifiziert und nachhaltigist – im Sinne von: Was bringt der Migrant mit? Nicht nurhinschauen, sondern das auch wirklich belegen, zertifi-zieren. Ich halte sehr viel davon, Diplome anzuerken-nen, also da muss diese Arroganz weg – unsere Diplome sind die besten Diplome. Hinschauen, was der

Mensch gemacht und was er für eine Biographie hat.Aus diesen biographischen Abschnitten heraus auchwirklich Kompetenzen zu zertifizieren, zu sagen: eineMutter, sechs Kinder großgezogen – in der Kindererzie-hung riesige Kompetenzen. Oder die Mutter hat nebenbei in einer Großküche gearbeitet, ihr als Köchinein Zertifikat zu geben, damit diese Menschen und Frauen dann hoffentlich für den ersten Arbeitsmarktauch gewonnen werden können.Man muss vieles auch niedrigschwelliger aufhängen,das meine ich mit dieser Arroganz der Nichtanerken-nung von Diplomen. Das ist überholt. Man muss auchwirklich niedrigschwellig bestimmte Dinge anerkennenund nicht für jede Kompetenz einen akademischen Gradverlangen. Es geht darum, die Hürden niedrig zu hängen, um die Menschen aus dieser unfreiwilligen Abhängigkeit herauszuholen.“Dr. Havva Engin, Technische Universität Berlin, Fachbereich Erziehungswissenschaften, Expertinnengespräch am 2. April 2004

3.2.3 Zusammenfassung

Die von den Flüchtlingsfrauen mitgebrachten Bildungs-und Berufsabschlüsse wurden mehrheitlich in Deutsch-land nicht oder nicht gleichwertig anerkannt. Auch inmehrjähriger Berufspraxis erworbene praktische Kennt-nisse sowie persönlichkeitsbezogene Kompetenzen undMehrsprachigkeit finden keine Berücksichtigung. Trotzder hohen Flexibilität und der Bereitschaft der Flücht-lingsfrauen, sich neu zu orientieren, findet ein Qualifi-kationstransfer nicht statt. Vorhandene Ressourcenwerden weder identifiziert noch anerkannt. Diese Hürden versperren nicht nur den Zugang zu qualifi-zierter Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt, sondernauch die Möglichkeiten für aufbauende Ausbildung –Hindernisse, die den befragten Frauen fast unüber-windlich erscheinen.

Fehlende Möglichkeiten des Qualifikationstransfers erweisen sich umso mehr als Problem, als derArbeitsmarkt in Deutschland hochgradig auf formal nachweisbare Qualifikationen fixiert ist. Auch nach Einschätzung von Experten und Expertinnen ist dieTransferierbarkeit von Qualifikationen und Fähigkeitenein entscheidender Faktor bei der Frage, ob sich die Arbeitsmarktstruktur fördernd oder hemmend auf dieIntegration von Migranten/innen und Flüchtlingen aus-wirkt.38 Aufgrund des Zusammenspiels von geringen

Die Forschungsergebnisse3

24

38 Seifert (2001), 8.

Wartezeiten Flüchtlingsfrauen

zeitnah(1 - 2 Jahre)

21

mittlere Frist(2 - 4 Jahre)

14

lange Frist(mehr als 5 Jahre)

26

Gesamt 61

Abb. 9 Wartezeit bis zur Erteilung eines auf Dauer an-gelegten Aufenthaltstitels

lung einer Arbeitsgenehmigung wird der rechtliche Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht. Nur die Arbeits-genehmigung in Form einer Arbeitsberechtigung gewährt jedoch den unbeschränkten Zugang zum deut-schen Arbeitsmarkt, die Arbeitserlaubnis wird hinge-gen in Abhängigkeit der Lage und Entwicklung am Ar-beitsmarkt nach dem Prinzip der Nachrangigkeit erteiltund eröffnet nur beschränkte Arbeitsmöglichkeiten, oftnur für gering qualifizierte Tätigkeiten und prekäre Ar-beitsverhältnisse.40 Aus dem nachrangigen Arbeits-marktzugang wird dadurch faktisch eine Sperre fürweite Teile des Arbeitsmarktes. Auch nach Inkrafttre-ten des Zuwanderungsgesetzes wird an dieser zweifa-chen Regulierung des Arbeitsmarktzugangs festgehal-ten, auch wenn die Erteilung der Arbeitsgenehmigungdurch die Arbeitsverwaltung dann in einem internenZustimmungsverfahren erfolgt (vgl. 3.3.3).

Die befragten Flüchtlingsfrauen kamen zum Teil zu Zei-ten nach Deutschland, in denen ein generelles Ar-beitsverbot für Flüchtlinge während des Asylverfah-rens bis zur Anerkennung bestand. Seit 2001 gilt trotzeiner Lockerung des Arbeitsverbots während des Asylverfahrens nach einer einjährigen Wartezeit dasPrinzip der Nachrangigkeit beim Arbeitsmarktzugang.Außerdem kann die Ausländerbehörde ein ausländer-rechtliches Arbeitsverbot verhängen, wenn Flüchtlingenicht ihrer Mitwirkungspflicht nachkommen, wenn siezum Beispiel keine Identitätspapiere aus dem Her-kunftsland vorweisen.

Zum Zeitpunkt der Untersuchung erfüllten alle befragten Flüchtlingsfrauen die rechtlichen Voraus-setzungen für die Erteilung einer Arbeitsgenehmigungbeziehungsweise verfügten bereits über eine solche.Trotz langjährigen Aufenthalts besaß aber nur ein knap-pes Drittel der Frauen eine zeitlich unbefristete Er-laubnis, die zur unbeschränkten Erwerbstätigkeit be-rechtigt. Die anderen zwei Drittel haben auch nachAbschluss des Asylverfahrens weiterhin nur einen be-schränkten Arbeitsmarktzugang in Form einer befri-steten und nachrangigen Arbeitserlaubnis. Die Aus-wirkungen der Nachrangigkeit auf diese Gruppe sindgravierend, weil häufig ein Abdrängen der Frauen inunqualifizierte Beschäftigungen im Niedriglohnbereichstattfindet. Diese Tätigkeiten werden in der Regel als

zeitlich befristet oder auf Teilzeitbasis angeboten undreichen für die Lebensunterhaltssicherung nicht aus.

Nachstehend wird ein Überblick über die Wartezeiten bis zur Erteilung einer Arbeitsgenehmigung gegeben.

3.3.2 Ressourcenverluste und Integrations-defizite durch Wartezeit

Die Zeitspannen zwischen Einreise und Begründung einesauf Dauer angelegten Aufenthalts beziehungsweise Er-halt einer Arbeitsgenehmigung verdeutlichen, dass dieFlüchtlingsfrauen mehrheitlich über Jahre hinweg kei-ne Möglichkeit hatten, durch Erwerbstätigkeit an derAufnahmegesellschaft teilzuhaben. Auch ihr Zugangzu Sprachförderung oder beruflicher Bildung wurdestark eingeschränkt oder blieb ihnen gänzlich verwehrt.Zusätzlich grenzte die Residenzpflicht41 während die-ser Zeit die Bewegungsfreiheit der Frauen auf Gemeindeoder Landkreis ein. Somit beschränkten sich ihre sozialen Kontakte häufig auf das Umfeld der Flücht-lingsunterkunft. Die deutsche Sprache anzuwenden,

ich das gut, weil wir damals keine andere Möglichkeithatten. Aber im Laufe der Zeit und weil wir jahrelangnicht arbeiten durften, sind wir davon sehr betroffen.Ich frage mich immer, wann kommt die Zeit, dass wirvom Sozialamt unabhängig werden.Auch für die anderen Flüchtlinge gibt es eigentlich nurdas Problem des Aufenthalts. Sie wollen hier bleiben,weil ihre Kinder inzwischen in Deutschland groß geworden sind. Es gibt aber nur wenige Flüchtlinge, dieeine Aufenthaltsgenehmigung erhalten haben.Die Mehrheit hat bis jetzt keinen Aufenthalt. Aber hierüber Jahre hinweg ohne Aufenthalt zu leben, bedeutet,dass es Spannungen und Stress innerhalb der Familiengibt. Durch unsere Erfahrung können wir heute sagen,dass im Hinterkopf immer die Angst stand, dass wir wie-der zurück müssen. Man litt unter Schlafstörungen…“Jurastudentin, Albanerin aus dem Kosovo, Branden-burg, Übersetzung aus dem Albanischen

„…Am schwersten hat mich betroffen, dass ich langeZeit mit unsicherem Aufenthalt warten musste. Elf Jahre hat es gedauert, bis ich einen Aufenthalt bekam.Kein Mensch kann diese Wartezeit ertragen, in der einebehördliche Entscheidung dein Leben bestimmt. Daslange Warten verursacht für jeden, der davon betrof-fen ist, eine sehr starke psychische Belastung. Das erzwungene Warten hat mir elf Jahre meines Lebensgenommen.Für die Erteilung eines sicheren Aufenthalts gestehe ichder Behörde aber maximal fünf Jahre zu. Ich frage michaber, warum kann die Behörde eigentlich nicht zu einerschnelleren, unbürokratischeren Entscheidung kommen,um sich auch selbst von dem Aktenberg zu befreien…“ Sekretärin, Palästinenserin aus dem Libanon, Berlin

Im Hinblick auf die Aufenthaltsverfestigung ist auchaufschlussreich, das deutlich mehr als die Hälfte derBetroffenen über keinen unbefristeten Aufenthalts-status verfügt. Die folgende Tabelle gibt einen Überblicküber die Arten von Aufenthaltstiteln der Flüchtlings-frauen zum Zeitpunkt der Befragung.

ArbeitsmarktzugangDer Arbeitsmarktzugang von Ausländern und Auslän-derinnen wird in Deutschland durch ein zweifaches System reguliert: Ihre Erwerbstätigkeit unterliegt zumeinen ausländerrechtlich den Auflagen zur Aufent-haltsgenehmigung, zum anderen arbeitsmarktpolitischdem zusätzlichen Erfordernis einer Genehmigung zurBeschäftigung als Arbeitnehmer/in. Erst mit der Ertei-

Die Forschungsergebnisse Die Forschungsergebnisse3 3

26 27

40 Während auf die Erteilung einer Arbeitsberechtigung ein Rechtsanspruch besteht, hat die Behörde bei der Erteilung einerArbeitserlaubnis einen Ermessensspielraum. Eine Arbeitserlaubnis kann erteilt werden, wenn erstens davon keine nachteili-gen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zu erwarten sind und zweitens für die Beschäftigung keine bevorrechtigten Arbeit-nehmer zur Verfügung stehen. Bevorrechtigt sind Deutsche, EU-Bürger/innen und Drittstaatler/innen, die eine Arbeitsbe-rechtigung besitzen.

41 Nach § 56 AsylVfG wird die Aufenthaltsgestattung räumlich auf den Bezirk der zuständigen Ausländerbehörde begrenzt.Diese Residenzpflicht umfasst den Wohnort wie auch den tatsächlichen Aufenthaltsort, das heißt der/die Asylsuchende darfden Bezirk nur nach vorheriger Genehmigung der Ausländerbehörde verlassen.

Art des Aufenthaltstitels Flüchtlingsfrauen

Aufenthaltserlaubnisgemäß Art. 16a GG

13

Aufenthalt nach HumHAG (Kontingent-

flüchtlinge)4

Unbefristete Aufenthaltserlaubnis

7

Aufenthaltsbefugnisgemäß § 51 AusIG (GFK)

28

Befristete Aufenthalts-erlaubnis

9

Gesamt 61

Abb.10 Aufenthaltsstatus der Flüchtlingsfrauen zumZeitpunkt der Befragung

Dauer bis zur Erteilung einer Arbeits-

genehmigungFlüchtlingsfrauen

im selben Jahr 13

im folgenden Jahr 8

nach 2 - 4 Jahren 14

nach 5 - 9 Jahren 18

nach 10 oder mehr Jahren

8

Gesamt 61

Abb. 11 Dauer bis zur Erteilung einer Arbeitsgenehmigung

GG – Grundgesetz, HumHAG – Gesetz über Maßnahmen für im Rahmenhumanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge, AuslG – Auslän-dergesetz, GFK – Genfer Flüchtlingskonvention. Die drei erstgenanntenAufenthaltstitel beinhalten einen unbefristeten Aufenthaltsstatus, die bei-den letztgenannten hingegen nur ein befristetes Aufenthaltsrecht

Mit dem Zuwanderungsgesetz wird das Arbeitsgeneh-migungsrecht in das Aufenthaltsrecht integriert. DasRecht zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit ergibtsich aus dem Aufenthaltstitel. Entweder ist bereits gesetzlich bestimmt, dass mit einem Aufenthaltssta-tus ein Rechtsanspruch auf die Ausübung einer Er-werbstätigkeit verbunden ist (zum Beispiel Asylbe-rechtigte und Konventionsflüchtlinge), oder dieAusländerbehörde erlaubt im Rahmen einer Ermes-sensentscheidung bei der Erteilung des Aufenthaltsti-tels ausdrücklich die Erwerbstätigkeit. Im letzteren Fallist die in einem internen Verfahren zu erfolgende Zu-stimmung der Bundesagentur für Arbeit erforderlich.Die Erteilung der Arbeitsgenehmigung geschieht imVerbund mit der Aufenthaltserlaubnis durch die Aus-länderbehörde. Im Zustimmungsverfahren gelten ma-teriell jedoch vergleichbare Regelungen wie im bishe-rigen Arbeitsgenehmigungsrecht.45 Für Asylsuchendewird die Sperrfrist von einem Jahr gesetzlich festge-schrieben; erst danach kann die Bundesagentur für Ar-beit nach § 61 Abs. 2 AsylVfG n. F. eine Erwerbstätig-keit genehmigen. An der zweifachen Regulierung desArbeitsmarktzugangs für Flüchtlinge, das heißt an derausländerrechtlichen Steuerung über Wartezeiten undder arbeitsmarktpolitischen Steuerung über Beschrän-kungen und Nachrangigkeitsregeln wird auch im neuen Aufenthaltsgesetz festgehalten.

Im Folgenden werden die Auswirkungen des Zuwan-derungsgesetzes auf die untersuchte Gruppe prospek-tiv dargestellt. Den derzeitigen Aufenthaltsstatus der befragten Flüchtlingsfrauen bildet Abb. 10 (S. 26) ab.

AufenthaltsstatusAus der Untersuchungsgruppe erfüllen 24 Frauen dieaufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen, um eine Niederlassungserlaubnis zu erhalten, weil sie bereitseinen unbefristeten Aufenthaltstitel haben.46 Für dieRechtsstellung dieser Gruppe sind mit Einführung des Zuwanderungsgesetzes keine Änderungen zu erwarten.

37 Flüchtlingsfrauen verfügen über befristete Aufent-haltsgenehmigungen, die ab Januar 2005 entsprechendden Übergangsregelungen des neuen Aufenthaltsge-setzes als befristete Aufenthaltserlaubnisse fortgeltenwerden, wenn der Aufenthaltszweck weiterhin gegeben

ist.47 Alle 37 Frauen haben eine Arbeitsgenehmigungund erfüllen damit die rechtlichen Voraussetzungen fürden Zugang zum Arbeitsmarkt.

Ein Teil dieser 37 Frauen wird nach dem neuen Rechtdie Möglichkeit haben, eine Aufenthaltsverfestigungin Form einer Niederlassungserlaubnis zu erlangen. Einige sind als anerkannte Asylberechtigte oder Konventionsflüchtlinge seit mindestens drei Jahren imBesitz einer befristeten Aufenthaltsbefugnis undkönnen daher eine Niederlassungserlaubnis bean-tragen, sofern nach Prüfung des Bundesamtes für Mi-gration und Flüchtlinge (BAMF) die Voraussetzungenfür Widerruf oder Rücknahme nicht vorliegen.48 Hin-zu kommen Frauen, die sich aus sonstigen humanitärenGründen seit sieben Jahren befristet in Deutschland aufhalten, wobei die Zeiten eines vorangegangenenAsylverfahrens sowie einer Aufenthaltsbefugnis oderDuldung mit auf die Aufenthaltsdauer angerechnetwerden.49 Diese müssen aber die allgemeinen, ins-besondere ökonomischen, Voraussetzungen für eineNiederlassungserlaubnis erfüllen.50 Dabei wird vor allem die fehlende eigenständige Sicherung des Lebensunterhaltes für viele von ihnen ohne tatsächli-chen Zugang zu Erwerbstätigkeit auch in Zukunft einAusschlusskriterium darstellen.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass mehr als ein Drittelder befragten Flüchtlingsfrauen mit Inkrafttreten desneuen Aufenthaltsgesetzes einen gesicherten Aufent-haltsstatus in Form einer Niederlassungserlaubnis erhalten wird. Trotz langjährigen Aufenthalts behältdennoch weit mehr als die Hälfte der Untersuchungs-gruppe auch nach dem Zuwanderungsgesetz nur einen befristeten Aufenthaltsstatus. Darunter befin-den sich auch Frauen, die ihren Rechtsstatus nach denVorgaben des neuen Aufenthaltsgesetzes nur schwerverbessern oder verfestigen können, da neben die geforderte Aufenthaltsdauer die Voraussetzung der eigenständigen Sicherung des Lebensunterhalts tritt.

ArbeitsmarktzugangDie arbeitserlaubnisrechtliche Situation gestaltet sichnach dem Aufenthaltsgesetz wie folgt: Die Flücht-lingsfrauen mit unbefristetem Aufenthaltstitel erhaltennach dem neuen Aufenthaltsgesetz die Berechtigung zurAusübung einer Erwerbstätigkeit, die zeitlich und

Die Forschungsergebnisse 3

29

45 Hollmann (2004).46 Übergangsregelung nach § 101 AufenthG.47 Übergangsregelung nach § 101 Abs. 2 AufenthG.48 § 26 Abs. 3 AufenthG; Die Flüchtlingsfrauen verfügen mit ihrer Aufenthaltsbefugnis nach § 51 AuslG (GFK) über den gefor-

derten Mindestaufenthalt von 3 Jahren.49 § 26 Abs. 4 AufenthG.50 § 9 Abs. 2 AufenthG.

war ihnen oft nicht möglich. Diese Faktoren führten inihrer Gesamtheit zu einem Leben im Ausnahmezustandund am Rande der Gesellschaft. Das jahrelange Wartenin Untätigkeit hat bei einigen der Frauen bis heute an-haltende psychische Auswirkungen zur Folge, die sichzum Beispiel in Depressionen, Apathie und Motivati-onslosigkeit, Rückzug in die eigene Community odereiner ablehnenden Haltung gegenüber der Aufnahme-gesellschaft äußern.

Zu dem Ressourcenverlust durch Wartezeit tritt die anhaltende Abhängigkeit von staatlichen Unterstüt-zungsleistungen. Eine Reihe der Teilnehmerinnen findet die Tatsache, ihre fachlichen Fähigkeiten undihre Arbeitskraft bisher nicht einbringen zu können undSozialhilfe beziehen zu müssen, als erniedrigend undentwürdigend. Durch die Nachrangigkeitsregelungenwerden die befragten Flüchtlingsfrauen nicht nur inRandbereiche des Arbeitsmarktes abgedrängt oder blei-ben gänzlich ohne Beschäftigung, sondern ihnen wirdzusätzlich die Möglichkeit genommen, selber für ihrenLebensunterhalt und den ihrer Familien zu sorgen.

Da das Beschäftigungspotential von Flüchtlingen derzeit vergleichsweise klein ist, empfiehlt ein Gut-achten für die „Unabhängige Kommission Zuwande-rung“ beim Bundesministerium des Innern für dieseGruppe auf die Nachrangigkeit zu verzichten und ihnendas Recht auf freien und gleichberechtigten Zugangzum Arbeitsmarkt einzuräumen.42

Die oben beschriebenen negativen Auswirkungen derlangen Wartezeit bis zur Erteilung eines gesichertenAufenthaltsstatus und einer Arbeitsgenehmigung wurden auch von den Experten und Expertinnen the-matisiert:

„Über zehn Jahre waren manche Leute auf der Warte-liste … sie haben keine richtigen Stühle gekauft, weilsie nicht sicher waren, wann sie abgeschoben werden.Ein Kind, das in einem Zuhause aufwächst, wo nichteinmal richtig gemütlich gesessen werden kann; wiekann sich so ein Kind heimisch fühlen, das kein richtigesZuhause hat? Und das ist es, was wir heute erleben.“Renée Abul Ella, Leiterin des Arabischen Frauenvereins‚Al Dar’, Berlin, Expertinnengespräch am 21. Januar2004

„…hinzukommt ein weiterer Aspekt, der generell für alle Menschen gilt: Wenn man zu lange aus dem

Arbeitsmarkt und dem eigenen Beruf heraus ist, dannverliert man nicht nur die berufliche Qualifizierung, manverliert auch die Fähigkeit, sich im Berufsleben zu behaupten, man verliert Selbstbewusstsein.“Hanns Thomä, Ausländerbeauftragter der Evangeli-schen Kirche in Berlin-Brandenburg (EKiBB), Exper-tengespräch am 10. September 2003

3.3.3 Veränderungen im Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisrecht durch das Zuwanderungs-gesetz

Am 9. Juli 2004 passierte – nach mehrjährigen Verhandlungen – das Zuwanderungsgesetz den Bun-desrat. Mit seinem Inkrafttreten am 1. Januar 2005wird das Ausländergesetz durch das neue Aufent-haltsgesetz ersetzt, das eine Reduzierung der Aufent-haltstitel vorsieht. Statt der Aufenthaltsbefugnis, derAufenthaltsbewilligung, der befristeten und unbefri-steten Aufenthaltserlaubnis und der Aufenthaltsbe-rechtigung sind im neuen Aufenthaltsgesetz nur nochzwei Aufenthaltstitel vorgesehen: Die unbefristete Niederlassungserlaubnis43 gilt als Daueraufenthaltsti-tel, die befristete Aufenthaltserlaubnis44 tritt an dieStelle aller befristeten Aufenthaltstitel.

Das neue Aufenthaltsrecht orientiert sich nicht mehr anAufenthaltstiteln, sondern am Aufenthaltszweck (Aus-bildung, Erwerbstätigkeit, Familiennachzug, humanitäreGründe). Neben der unbefristeten Niederlassungser-laubnis und der befristeten Aufenthaltserlaubnis bleiben Duldung (Bescheinigung über die Aussetzung derAbschiebung) und Aufenthaltsgestattung nach § 55AsylVfG (Aufenthaltsstatus während des Asylverfah-rens) als weitere Formen des Aufenthalts bestehen. DieDuldung wurde nicht, wie ursprünglich vorgesehen,abgeschafft, sondern als Instrument der „Feinsteue-rung” für tatsächliche und rechtliche Abschiebungs-hindernisse beibehalten, wenn nach § 60 a Abs. 2 AufenthG keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. ZurVermeidung von Kettenduldungen soll jedoch künftig eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Aus-reise nicht innerhalb von 18 Monaten vollzogen wird.Darüber hinaus werden die Bundesländer ermächtigt,Härtefallkommissionen einzurichten. Härtefallregelun-gen schließen subjektive Rechtsansprüche aus. Außer-dem kann die oberste Landesbehörde gemäß § 60 aAbs. 1 AufenthG einen Abschiebungsstopp von bis zusechs Monaten erlassen.

Die Forschungsergebnisse3

28

42 Seifert (2001), 40.43 § 9 Abs. 1 AufenthG.44 § 7 Abs. 1 AufenthG.

Orientierung am ArbeitsmarktIn diesem Zusammenhang wurden die Flüchtlingsfrauenzu den Mechanismen des Arbeitsmarkts befragt. Eswurde deutlich, dass insgesamt nur zehn der befragtenFrauen durch die zuständigen Behörden über Abläufeam Arbeitsmarkt informiert wurden. Nur acht Frauen hatten umfassendere Kenntnisse über den Ablauf eines Bewerbungsverfahrens, über den Arbeitsalltag ineinem Betrieb und die Aufgaben einer Arbeitnehmer-vertretung. Sechs der acht Frauen wussten darüber hinaus auch über ihre Rechte und Pflichten im Fallevon Arbeitslosigkeit Bescheid.

Förderung und Vermittlung durch das Arbeitsamt46 der 61 Frauen antworteten auf die Frage, ob sie inDeutschland bisher die Möglichkeit hatten, eine qualifizierte Berufsberatung in Anspruch zu nehmenmit nein. Von den übrigen 15 Frauen konnten zehn eine Beratung beim Arbeitsamt in Anspruch nehmen,vier bei Qualifizierungs- oder Bildungseinrichtungen.Eine Teilnehmerin hatte sich beim Büro der Auslän-derbeauftragten informiert.

Obwohl sich mehrere Frauen darum bemüht hatten,erhielt keine von ihnen vom Arbeitsamt ein Ausbil-dungs- oder Umschulungsangebot. Das Angebot für eine mehrmonatige Trainingsmaßnahme wurde ledig-lich sechs Flüchtlingsfrauen gemacht, wobei daraufhinzuweisen ist, dass diese Trainingsmaßnahmen in derRegel aufgrund ihrer geringen Nachhaltigkeit wenigerfür einen erfolgreichen und dauerhaften Arbeitsmarkt-einstieg geeignet sind.

3.3.5 Die Auswirkungen der Arbeitsmarkt-reformen auf Flüchtlingsfrauen

Im Folgenden werden die Arbeitsmarktreformen, insbesondere Hartz IV, hinsichtlich ihrer Auswirkungenauf den Zugang von Flüchtlingsfrauen zur Erwerb-stätigkeit untersucht.54

Leistungen aus der Grundsicherung für arbeits-suchende FlüchtlingsfrauenDie Einführung des Arbeitslosengeldes II (ALG II) alsGrundsicherung für Arbeitssuchende hat gravierendeAuswirkungen für Arbeitslose und damit auch für diebefragten Flüchtlingsfrauen. Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe werden nach dem neuen Sozialgesetzbuch II(SGB II) zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (ALG II)zusammengeführt. Die nach SGB II als Grundsicherungfür Arbeitssuchende (ALG II) gewährten Leistungen zurSicherung des Lebensunterhalts orientieren sich mitstärkerer Pauschalierung weitgehend an der bisher ge-währten Hilfe zum Lebensunterhalt (Sozialhilfe). Flücht-lingsfrauen, denen die Aufnahme einer Beschäftigungnur mit einer Beschränkung erlaubt ist oder erlaubtwerden könnte, gelten mit der in § 8 Abs. 2 SGB II ge-troffenen Regelung auch als erwerbsfähig. Das bedeu-tet, dass auch Flüchtlingsfrauen, die nur eine Arbeit-serlaubnis erhalten können, Ansprüche auf dieFörderungsleistungen nach §§ 14 ff SGB II besitzen. Esgenügt für den Anspruch auf Leistungen nach dem SGBII, dass Migranten/innen die Voraussetzungen für dieErteilung einer Arbeitserlaubnis besitzen, unabhängigdavon, dass sie der Vorrangprüfung unterliegen unddeshalb gegebenenfalls aufgrund der aktuellen Ar-beitsmarktlage keine Arbeitserlaubnis erhalten.55

Der Personenkreis im Anwendungsbereich des Asylbe-werberleistungsgesetzes (AsylbLG) ist jedoch von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Nach demAuslaufen ihres Anspruchs auf Arbeitslosengeld habendiese Menschen lediglich einen Anspruch auf die geringeren Leistungen des Asylbewerberleistungsge-setzes und keinen Anspruch auf Förderung gem. §§ 14 ff SGB II. Mit dem Zuwanderungsgesetz wirdder Anwendungsbereich des AsylbLG erweitert. AuchKriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge sowie Flüchtlingemit Aufenthaltsbefugnis aus völkerrechtlichen und humanitären Gründen fallen dadurch in den Anwen-dungsbereich des AsylbLG. Einige der befragten Flücht-lingsfrauen kommen aus solchen Krisenregionen.

Die Forschungsergebnisse 3

31

räumlich unbeschränkt ist und nicht mit Nebenbe-stimmungen versehen werden darf. Weitere 14 Frauenkönnen als anerkannte Konventionsflüchtlinge einenlangjährigen befristeten Aufenthalt mit Arbeitserlaub-nis vorweisen. Da sie die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen für eine Niederlassungserlaubnis erfüllen, ist auch ihnen die zeitlich und räumlich unbeschränkte Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu erteilen.

Für die verbleibenden Flüchtlingsfrauen mit befriste-tem Aufenthalts- und Arbeitserlaubnistitel kommt dieFortgeltung der Arbeitsgenehmigungen in Betracht, dieden Zugang zum Arbeitsmarkt beschränken und derNachrangigkeit unterliegen. Für Asylsuchende und geduldete Flüchtlinge ändert sich auch nach dem Zuwanderungsgesetz nichts: Faktisch bleibt ihnen derZugang zum Arbeitsmarkt weiterhin verschlossen. Ihnen kann nach einjähriger Wartezeit zwar einnachrangiger Arbeitsmarktzugang eingeräumt werden,aber durch das Beibehalten der Vorrangprüfung auch imneuen Aufenthaltsgesetz51 existiert für diese Gruppein der Praxis weiterhin kaum Zugang zu Erwerbs-tätigkeit.

Sprach- und Orientierungskurse nach dem Zuwanderungsgesetz Erstmals werden mit dem neuen ZuwanderungsgesetzSprachförderung und Orientierung in der Gesellschaftdes Aufnahmelandes für Migranten/innen und Flücht-linge als ein Kernbereich staatlicher Integrationspoli-tik definiert.52 Das Aufenthaltsgesetz führt dazu in § 43 Abs. 2 aus, dass die Integrationskurse neben einerersten Sprachvermittlung auf die Rechtsordnung, Kultur und Geschichte in Deutschland abstellen. Dievorgesehenen Sprachkurse umfassen einen Basis- undeinen Aufbaukurs mit insgesamt 600 Stunden. Im Anschluss daran ist ein Orientierungskurs mit 30 Stunden vorgesehen.53

Obwohl aufgrund integrationspolitischer Versäum-nisse Jahrzehnte zu spät eingeführt und nur einem begrenzten Teilnehmer/innenkreis zugänglich, sind dieFördermaßnahmen vom Grundsatz her sinnvoll undrichtig. Die bereits seit Jahren in Deutschland leben-den Migranten/innen und Flüchtlinge, die teilweisenachholender Integration bedürfen, sind von diesenLeistungen jedoch weitgehend ausgeschlossen. Auch

die Gruppe der befragten Flüchtlingsfrauen ist dem-nach nicht für die Teilnahme an diesen Integrations-kursen, bestehend aus Sprach- und Orientierungskurs,vorgesehen. Nur in Ausnahmefällen, wenn etwa die zuständige Ausländerbehörde bei der Aufenthaltsver-längerung oder -verfestigung feststellt, dass erheb-liche Sprachdefizite bestehen, liegt es im Ermessen derBehörde, die betreffende Person – bei vorhandenenfreien Kapazitäten – für einen Sprachkurs vorzusehen.

3.3.4 Arbeitsmarktorientierung, Förderung undVermittlung

Unter dem Aspekt Orientierung in der ArbeitsweltDeutschland wurde die Untersuchungsgruppe nach denOrientierungs-, Beratungs- und Qualifizierungs-angeboten für einen beruflichen Einstieg in die Ar-beitswelt des Aufnahmelandes befragt.

SprachförderungDie erste Hürde bleibt für viele Flüchtlingsfrauen diemangelnde Kenntnis der deutschen Sprache. Aufgrundihrer geringen finanziellen Mittel sehen sich viele daran gehindert, auf eigene Initiative die deutscheSprache zu lernen, obwohl sie selbst dem Spracher-werb einen hohen Stellenwert beimessen. Staatlich finanzierte Sprachkurse erhielt nur ein gutes Drittelder Befragten. Darüber hinaus kritisierten viele derFrauen die mangelnde Qualität (vgl. 3.1.4). Eine afri-kanische Wirtschaftswissenschaftlerin äußerte sich dazu wie folgt:

„Die Sprache ist wichtig. Man kann nichts machen, ohne die Sprache zu beherrschen. Man kann eine Arbeit finden, dann Steuern bezahlen, dann ist man integriert. Warum bietet Deutschland nicht die Gelegenheit, die Sprache zu erlernen? In unserer Situa-tion kann man nicht 100 Euro monatlich selbst bezah-len, um Deutsch zu lernen. Die Sprache ist so wichtig,man bleibt wie ein verlorener Mensch, wenn man dieSprache nicht beherrscht. Warum können die Flücht-linge nicht eine Ausbildung an der Universität machen?Warum finanziert Deutschland nicht die Weiterbildungvon Flüchtlingen? Wenn diese Möglichkeit existierenwürde, hätte ich große Lust, mein Studium fortzusetzen.“Wirtschaftswissenschaftlerin aus dem Kongo, Brandenburg, Übersetzung aus dem Französischen

Die Forschungsergebnisse3

30

51 § 18 Abs. 2, 3 AufenthG.52 Maas / Melem / Schroeder (2004), 117.53 Integrationskurs, § 43 Abs. 2, 3, Kapitel 3 AufenthaltG.

54 Während Hartz I neben der Einrichtung von Personalserviceagenturen hauptsächlich strengere Maßstäbe für die Auszahlungvon Arbeitslosengeld vorsieht und Fördermaßnahmen für ältere Arbeitslose beinhaltet, steht bei Hartz II die Einführung vonIch-AGs und Mini-Jobs im Vordergrund. Hartz III beschäftigt sich hauptsächlich mit Organisationsveränderungen für die Arbeitsämter, die jetzt Job Center heißen. Außerdem werden Strukturanpassungsmaßnahmen (SAM) abgeschafft. Des Weite-ren sind Tätigkeiten im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) nicht mehr arbeitslosenversicherungspflichtig.Hinzu kommen Einschränkungen bei der Förderung der Arbeitsaufnahme. Hartz IV sieht weitere Veränderungen für die Empfänger von Leistungen durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II (ALG II),Einführung eines Kindergeldzuschusses und Reform des Wohngeldgesetzes vor.

55 Sieveking (2004), 286.

Dann heißt es: ‚Ja, wenn Sie in Ihrem Beruf als Arzthel-ferin nicht arbeiten können, dann müssen Sie als Rei-nigungskraft arbeiten.’ Aber ich habe Hautallergie, mei-ne Nägel sind alle kaputt. Und ich habe ein sehrschwaches Immunsystem und eine Entzündung derSchilddrüse, so dass ich bis zum Ende meines LebensMedikamente nehmen muss. Ich möchte gerne eine Arbeit finden. Wenn ich eine Arbeit finde, kann ich einen deutschen Pass beantra-gen. Aber ich habe trotz aller meiner Versuche keine Arbeit gefunden. Vier Millionen Leute in Deutschlandsind arbeitslos. Und wirklich, ich kann aus gesundheit-lichen Gründen nicht als Reinigungskraft arbeiten. Aberden Sozialamtsmitarbeiter/innen ist das egal.” Krankenschwester aus dem Iran, Berlin60

Solche oder ähnliche Schwierigkeiten bei Behörden-kontakten gaben etwa die Hälfte der Flüchtlings-frauen an. Als besonderes Problem benannten sie das zu schnelle und undeutliche Sprechen der Behördenmitarbeiter/innen in dem Wissen, dass ihr Ge-genüber die deutsche Sprache nicht fließend beherrscht.Hinzu kämen besonders lange Wartezeiten für die Vergabe eines Gesprächs- / Beratungstermins. Die Flüchtlingsfrauen empfinden diese Behandlung als willkürlich und schikanös. Sie gehen davon aus, dass sie so behandelt werden, weil sie Ausländerinnensind.

Ein weiteres strukturelles Hindernis für eine Berufs-tätigkeit ergibt sich aus dem familiären Kontext der Flüchtlingsfrauen und dem Mangel an adäquatenAngeboten zur Kinderbetreuung. Die befragten Frauen haben durchschnittlich zwei oder mehr Kinderund sind aufgrund familiärer Strukturen – sei es auf-grund klassischer Rollenteilung oder weil sie allein er-ziehend sind – für die Kinderbetreuung allein verant-wortlich. In den Interviews betonten die Frauen, dass sieKinder nicht als Hinderungsgrund für ihre Berufstätig-keit ansehen, sich aber eine angemessene Betreuunginsbesondere kleinerer und schulpflichtiger Kinderwünschten.

Auch das Geschlechterverhältnis innerhalb der Familie beeinflusst die Arbeitsplatzsuche. Vereinzeltwird der Beschäftigung des Ehemannes Vorrang eingeräumt oder der Traum von eigener Berufstätig-keit und Karriere wird mit der Eheschließung aufgege-

ben. Trotz Ausbildung und Berufpraxis begeben sich nicht wenige der Flüchtlingsfrauen im familiärenUmkreis in die traditionelle Rolle:

„Mein Beruf verlangt, dass ich auf dem Lande arbeite.Aber mein Mann braucht für seine Arbeit das städtischeUmfeld. Und weil ich nicht sicher war, ob es hier mit einer Arbeit für mich klappt, habe ich darüber nicht weiter nachgedacht.“Agraringenieurin und Geschäftsführern aus dem Irak,Berlin, Übersetzung aus dem Arabischen

3.3.7 Aktuelle berufliche Situation der Flücht-lingsfrauen

Von den 61 Untersuchungsteilnehmerinnen haben 17 Frauen, gut ein Viertel der Befragten, eine Voll- oder Teilzeitbeschäftigung gefunden. Neun der Frau-en sind im Bereich der Sozialarbeit/-pädagogik undPsychologie tätig, wobei alle Stellen befristet sind und im Rahmen von Nichtregierungsorganisationen als einjährige ABM-Stellen eingerichtet wurden. Fünf weitere Frauen sind als Reinigungskräfte beschäf-tigt. Jeweils eine Frau arbeitet als Sekretärin, als La-borhelferin in einem Krankenhaus und als Stickerin.

Überwiegend bleiben den Frauen ihre mitgebrachtenBerufsfelder versperrt. Nur zwei von ihnen konnten anihre akademische Qualifikation anknüpfen. Festhaltenlässt sich auch, dass die höher qualifizierten Tätigkei-ten alle befristet sind und häufig im Kontext des zweiten Arbeitsmarktes stehen. Die niedrig qualifizier-ten und gering entlohnten Reinigungstätigkeiten sindhingegen unbefristete Stellen. Bis auf eine Ausnahmesind alle unbefristeten Stellen zugleich Teilzeittätig-keiten und Mini-Jobs.

Angesichts der geringen Verdienstmöglichkeiten in denbeschriebenen Tätigkeitsfeldern und des hohen Anteilsvon Teilzeittätigkeiten kann die Mehrzahl der Flücht-lingsfrauen ihren Lebensunterhalt nicht ohne staatlicheTransferleistungen sichern (vgl. 3.4.1). Viele der Frauen konnten keine andere Beschäftigung findenoder wollten wegen der Betreuung mehrerer Kindernur Teilzeit arbeiten. Es wurde auch deutlich, dass es fürsie schwierig ist, aus den Randgebieten des Arbeits-marktes (Zweiter Arbeitsmarkt beziehungsweise Nied-

Die Forschungsergebnisse 3

33

60 Häufig resultieren gesundheitliche Probleme aus dem Flüchtlingsschicksal oder traumatischen Erfahrungen im Heimatland.

Zugang zu Integrationsleistungen und Arbeits-förderung aus SGB II und IIISofern kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II besteht,entfallen auch die Ansprüche auf Fördermaßnahmenzur Arbeitsmarktintegration nach § 14 ff. SGB II56, mitdem Ergebnis, dass die Rückkehr auf den Arbeitsmarktfür Flüchtlinge erschwert wird. Problematisch sind auchdie weitgehenden Anforderungen an die Dokumenta-tion von Bewerbungsbemühungen im Rahmen von Eingliederungsvereinbarungen57, die viele Flüchtlingeund Migranten/innen überfordern und im Endeffektdiese Personengruppe von dem Genuss bestehenderFörderungsmaßnahmen ausschließen und Leistungs-kürzungen unterwerfen könnten.58

Hartz IV enthält auch Änderungen des Arbeitsförde-rungsrechtes im SGB III, unter anderem wird nach derNeuregelung des § 419 SGB III die Sprachförderung fürsechs Monate nur für Asylberechtigte und Konting-entflüchtlinge gewährt. Ein Rechtsanspruch auf Sprach-förderung für Konventionsflüchtlinge wird nicht erwähnt.

Es muss deshalb befürchtet werden, dass die Einführungvon Hartz IV die Ausgrenzung von Flüchtlingsfrauenbei der Arbeitsmarktvermittlung und Qualifizierungnoch verstärkt. Dies kann zu einem Kreislauf desinte-grierender Effekte, zum Teil auch zu aufenthaltsrecht-licher Gefährdung führen.

3.3.6 Diskriminierung beim Arbeitsmarktzugang

Neben die bereits aufgezeigten rechtlichen und prak-tischen Barrieren beim Arbeitsmarktzugang treten weitere Hürden. Die Untersuchung zeigt, dass selbstFlüchtlingsfrauen, die das Recht auf unbeschränktenZugang zum Arbeitsmarkt besitzen, und deren Abschlüsse in Deutschland anerkannt wurden, keinenadäquaten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt haben. Die Vermutung, dass hierfür auch Diskriminie-rungen durch die Arbeitsverwaltung und potentielleArbeitgeber ursächlich sind, ist nicht von der Hand zuweisen.

Eine Akademikerin aus Afrika, deren Abschluss als Agrar-wissenschaftlerin in Deutschland anerkannt wurde, berichtete, dass die einzige Stelle, die ihr das Arbeitsamt

zur Vermittlung anbot, eine Stelle als Reinigungskraftwar. Ebenso spielen individuelle oder strukturelle Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt eine Rolle. Einige der Frauen sprachen von mangelnder Akzeptanzund Rassismus. Andere kennzeichneten Ablehnungenzwar nicht explizit als diskriminierend, ließen aber er-kennen, dass sie beispielsweise wegen ihres äußerenErscheinungsbildes (Akzent, Hautfarbe, Kopftuch etc.)abgelehnt wurden. Auch andere Untersuchungen be-legen die gängige Praxis, deutsche Arbeitssuchende zubevorzugen.59

Das folgende Zitat einer Flüchtlingsfrau spiegelt dieihr entgegengebrachte Ablehnung nach der soge-nannten „Kopftuchdebatte“ wider:

“Für mich war und ist Berufstätigkeit kein Thema, dennes ist für mich selbsverständlich, dass ich arbeiten will.Das Kopftuch darf aber kein Hindernis für die Arbeit einer Frau sein. Warum ist das Kopftuch ein Hindernis?Das ist eine reine Überzeugungssache. Zum Beispiel trage ich ein Kopftuch und das war meine eigene Entscheidung, keiner hat mich dazu gezwungen, ichwollte das einfach machen und habe es getan. Ich emp-fand früher kein Gefühl der Ablehnung, aber in letzterZeit nach dieser Kopftuchdebatte spüre ich in manchenGesichtern eine ablehnende Haltung, besonders beimArbeitsamt ist mir das aufgefallen. Ich frage mich immer,warum meine rein persönliche Haltung gesellschaftlichnicht akzeptiert wird.”Innenarchitektin aus Ägypten, Berlin

Eine andere Flüchtlingsfrau, die im Herkunftsland alsKrankenschwester und Arzthelferin tätig war und deren mitgebrachte Ausbildung und Berufspraxis inDeutschland nicht anerkannt wurde, schilderte ihre Erfahrungen wie folgt:

„Ich kann mir hier für mich selber keine gute Zukunftvorstellen. Ich habe ‚offiziell’ keine Ausbildung, habekeine Umschulung gemacht und habe auch keine Arbeit. In meiner Situation, sage ich, ist es wichtig, dassich eine Ausbildung machen kann. Nur dann kann meine Zukunft besser werden. Aber was hindert michdaran: Ich kann viele Berufe aufgrund meiner Gesund-heit nicht ausüben. Mein Problem ist das Sozialamt. Siesagen mir immer, dass ich unbedingt Arbeit finden muss.

Die Forschungsergebnisse3

32

56 Sieveking (2004), 285.57 Eingliederungsvereinbarungen werden zwischen Arbeitssuchenden, den Arbeitsagenturen und Job Centern geschlossen

und dokumentieren Rechte und Pflichten der Arbeitssuchenden. Bei Pflichtverstößen drohen Leistungskürzungen. 58 Classen (2004).59 Wenzel / Woltering (1998), 11, 13.

möglichkeiten für Flüchtlingsfrauen entstehen, es bleibtaber abzuwarten, ob diese Chancen von der Arbeits-verwaltung genutzt werden. Als problematisch könntensich für Flüchtlingsfrauen jedoch die hohen formalenAnforderungen aus den „Eingliederungsvereinbarun-gen” erweisen, deren Nichteinhaltung durch Leistungs-kürzungen sanktioniert wird. Darüber hinaus werdendurch die Ausdehnung des Anwendungsbereichs desAsylbebwerberleistungsgesetzes auf Flüchtlinge mithumanitärer vorübergehender Schutzgewährung diesevon den Leistungen des Arbeitslosengeldes II und denFördermaßnahmen ausgeschlossen. Die im Zuwande-rungsgesetz enthaltene Beschränkung von Sprach- undIntegrationsangeboten auf Neuankömmlinge verkenntzudem den Bedarf an nachholender Integration.

Darüber hinaus zeigt die Untersuchung, dass derZugang zum Studium durch die Nichtanerkennung von Bildungsnachweisen, mangelnde Finanzierungs-möglichkeiten und unzureichende Kinderbetreuungs-angebote erschwert wird.

3.4 Wirtschaftliche und soziale Lage der Flüchtlingsfrauen

Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit der wirt-schaftlichen und sozialen Lage der Flüchtlingsfrauen. Die Frauen wurden in diesem Zusammenhang zunächst befragt, wie sie ihren Lebensunterhalt sichern. In einem zweiten Schritt wurde der Frage nachgegangen,welche Probleme sich ihnen insbesondere zu Beginnihres Aufenthalts gestellt haben, wie sie ihre gesell-schaftliche Akzeptanz und das eigene Zugehörigkeits-gefühl einschätzen und wie sich ihre sozialen Kontak-te gestalten. Diese Umstände werden als entscheidendeFaktoren und somit zugleich als Indikatoren für ihregesellschaftlichen sowie beruflichen Integrationsmög-lichkeiten betrachtet.

3.4.1 Sicherung des Lebensunterhalts

Von den 61 befragten Flüchtlingsfrauen gaben 38 an,dass sie Probleme mit der Existenzsicherung hätten.

Eine Flüchtlingsfrau schilderte ihr Problem wie folgt:

„Ich habe meine Existenzsicherung und mein Leben inmeiner Heimat verloren. Was konnte ich bis jetzt hiermachen? Ich habe hier immer noch nicht meine Exis-

tenzsicherung erreicht. Ich bin unsicher, ich bin nichts.Sogar das Arbeitsgebiet, das ich mag und das ich gegenden Willen meiner Eltern studierte und in dem ich nachdem Studium gearbeitet habe, konnte ich hier auch nichtausüben. Ich habe dort alles gelassen. Ich habe mir gedacht, ich mache hier einen neuen Anfang. Ich habebeide Sachen verloren, das, was ich in meiner Heimaterreicht habe, und die Zeit, die ich hier verloren habe.”Innenarchitektin aus Ägypten, Berlin

20 der befragten Flüchtlingsfrauen nannten Geldman-gel als ein Hauptproblem. Die Gründe hierfür sind geringe Arbeitsmöglichkeiten und die niedrige Entloh-nung. Die schlechte finanzielle Lage bringt die Frauenin zusätzliche Stresssituationen:

„Es ist nicht einfach von Sozialhilfe zu leben, alles ist teurer geworden, und die Bedürfnisse werden immermehr. Als die Kinder klein waren, hatte ich weniger Probleme, aber jetzt sind sie älter geworden und wollen genauso wie ihre Freunde teure oder Marken-klamotten und Spiele haben, und das ist nicht einfach für mich.Innenarchitektin aus Ägypten, Berlin

„Ich besuche persönlich das Sozialamt nicht. Wenn wir einen Termin haben, dann bedeutet das Streit zwischen mir und meinem Mann, weil ich dort nicht hingehen will. Bei jedem Termin gibt es Streit.Ganz selten war ich dort, weil mich das Gefühl, niemand zu sein, runterdrückt und bei mir nur Wut und Traurigkeit hinterlässt. Ich kann dieses Gefühl nicht ertragen. Ich habe studiert und jahrelang gearbeitet, und ich fühle mich hier total gelähmt underniedrigt.Meine Qualifikationen, Erfahrungen und Fähigkeitengelten hier nichts. Alle diese Sachen bedrücken mich, wenn ich beim Sozialamt bin.”Soziologin, Palästinenserin aus dem Libanon, Berlin,Übersetzung aus dem Arabischen

Die ökonomische Situation der befragten Flüchtlings-frauen ist stark durch die Abhängigkeit von staatlichenSozialleistungen geprägt. Über die Hälfte der Frauenlebt von Sozialhilfe. Bei Addition der Bezieherinnen vonArbeitslosenhilfe steigt der Anteil derer, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oderdem vorübergehenden Bezug von Arbeitslosengeld (Bei-tragsleistung) sichern können, sondern auf staatlicheLeistungen angewiesen sind, auf nahezu drei Viertelaller Befragten. Nur ein Fünftel kann den Lebensun-terhalt selbst oder zusammen mit Familienangehöri-gen bestreiten.

Die Forschungsergebnisse 3

35

riglohnsektor) in reguläre berufliche Tätigkeiten zuwechseln.

Über die prekären Arbeitsbedingungen berichtete eineFlüchtlingsfrau:

„Ich hatte ein Vorstellungsgespräch für eine Tätigkeitim Hotel. Sie haben mich angenommen, aber nur für dieProbezeit. Später habe ich hier ein Jahr in einer Schokoladenfirma gearbeitet. Dabei habe ich hier nocheine andere Erfahrung gesammelt. Ich habe gelernt, wieman schnell einpacken kann, von vier Uhr morgens habe ich wie eine Maschine gearbeitet für 4 DM proStunde ohne Pause – etwas Unmenschliches für sehrwenig Geld.“Agraringenieurin und Geschäftsführern aus dem Irak,Berlin, Übersetzung aus dem Arabischen

3.3.8 Zugang zu Studium und Stipendien

Einige der Flüchtlingsfrauen äußerten, dass sie gerne ihrStudium in Deutschland fortgesetzt oder noch ein Aufbaustudium absolviert hätten. Der Realisierung standjedoch eine Vielzahl von Hindernissen entgegen.

Auch wenn die Frauen einen legalen Aufenthaltssta-tus und gute Deutschkenntnisse vorweisen konnten,scheiterte der Zugang zum Studium in vielen Fällen ander Nichtanerkennung der Schul- und Hochschulab-schlüsse. Ebenso stellten die Voraussetzungen für einefinanzielle Ausbildungsförderung – BAföG61, Bildungs-kredit62 oder Stipendien – für viele von ihnen ein Pro-blem dar. Einen Anspruch auf BAföG haben heimatlose und asylberechtigte Flüchtlinge, Konting-entflüchtlinge63 sowie Flüchtlinge, die den Status nachdem Abkommen über die Rechtstellung der Flüchtlin-ge (Genfer Flüchtlingskonvention) besitzen. Flücht-lingsfrauen, die eine Aufenthaltsbefugnis aufgrund vonAlt- und Härtefallregelungen haben oder über eine Auf-enthaltserlaubnis durch Ehegattennachzug verfügen,erfüllen diese Kriterien nicht. Auch die auf das vollen-dete 30. Lebensjahr festgelegte Altersgrenze der BAföG-Regelung ist für viele Flüchtlingsfrauen ein Ausschluss-kriterium, da sie durch langjährige Asylverfahren dieAltersgrenze überschreiten.

Einen weiteren, aber nicht unwesentlichen Aspekt stellt für viele an einem Studium interessierte Frauen

die ungeklärte Betreuungssituation der Kinder dar. Fehlende Informationen und Beratung erweisen sichals zusätzliche Hindernisse.

Die Schwierigkeiten beim Zugang zum Studium, insbesondere die Altershürde, zeigen erneut, wie dieWartezeit während des Asylverfahrens insbesonderefür jüngere Flüchtlinge zur verlorenen Lebenszeit wird.Während des Asylverfahrens selber ist der Zugang zum Studium prinzipiell nicht gestattet. Im Bundes-land Berlin kann in Einzelfällen auf Antrag eine Ausnahmeerlaubnis für junge Flüchtlinge erteilt werden.64

3.3.9 Zusammenfassung

Bis zur Erteilung eines auf Dauer angelegten Aufenthaltsmusste fast die Hälfte der befragten Frauen mehr als fünf Jahre warten. Trotz mehrjährigen Aufenthalts ver-fügt dennoch nur ein gutes Drittel von ihnen über einenunbefristeten Aufenthaltsstatus, die anderen habenweiterhin nur ein befristetes Aufenthaltsrecht. Die Hälf-te der Frauen besitzt aufgrund ihres Aufenthaltsstatusauch keinen unbeschränkten Arbeitsmarktzugang inForm einer Arbeitsberechtigung, sondern unterliegt derNachrangigkeit.

Nach Inkrafttreten des neuen Aufenthaltsgesetzes wirdmehr als ein Drittel der Befragten einen gesichertenAufenthaltsstatus in Form einer Niederlassungs-erlaubnis erhalten, während über die Hälfte nur einenbefristeten Aufenthaltsstatus erreichen wird. Hinsicht-lich des Arbeitsmarktzugangs sind ebenfalls keine wesentlichen Veränderungen zu erwarten: Über dieHälfte der Frauen wird lediglich nachrangigen Zugangzum Arbeitsmarkt haben.

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass die fehlende Identifikation von Qualifikationen und Ressourcen der Flüchtlingsfrauen zu mangelnden Vermittlungsangeboten durch die Arbeitsagenturen undzum Abdrängen der überwiegend gut qualifiziertenFrauen in unqualifizierte Beschäftigungen im Nied-riglohnsektor führt. Es wird deutlich, dass beruflicheFördermaßnahmen dieser Personengruppe nicht oder nur ohne Berücksichtigung zielgruppenspezifi-scher Belange und Fähigkeiten gewährt werden. Durchdie Hartz-IV-Reform könnten zwar neue Förderungs-

Die Forschungsergebnisse3

34

61 Zu den Voraussetzungen für die BAföG-Erteilung BMBF (2004).62 Zeitlich befristeter, zinsgünstiger Kredit zur Unterstützung von Studierenden in fortgeschrittenen Ausbildungsphasen.63 Kontingentflüchtlinge wurden im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommen.64 Senatsverwaltung für Inneres Berlin (2004).

überhaupt nicht mehr ausdrücken zu können. Sie fühl-ten sich erheblich eingeschränkt und verspürten einestarke Abhängigkeit. Über die Hälfte der Befragten gaban, zu Beginn mit Schwierigkeiten beim Aufbau einerExistenz konfrontiert gewesen zu sein, ein Problem dasauch nach mehrjährigem Aufenthalt fortbesteht (vgl.Kapitel 3.4.1). Auch das Gefühl von Fremdheit, Schwie-rigkeiten beim Umgang mit den neuen Lebensumstän-den und die Erteilung des Aufenthaltstitels benanntendie Hälfte der Frauen als zum Teil bis heute nicht gelöste (Anfangs-)Probleme.

Akzeptanz- und ZugehörigkeitsgefühlDer zweite Fragenkomplex betrifft die Einschätzungder eigenen Akzeptanz in der Aufnahmegesellschaftund das subjektive Zugehörigkeitsgefühl. Zunächst wurden die Frauen gefragt, ob sie sich mit ihrer Hautfarbe, Bekleidung, Religion und ihrem äußeren Erscheinungsbild innerhalb der hiesigen Gesellschaftakzeptiert fühlen. Über die Hälfte von ihnen gab an,sich in der Gesellschaft akzeptiert zu fühlen, zwölf wa-ren unentschieden, vierzehn antworteten mit nein.

Im nächsten Schritt wurde die Einschätzung der Akzeptanz mit der Frage nach dem subjektiven Zugehörigkeitsgefühl zur deutschen Gesellschaft verknüpft. Diese Frageverknüpfung zeigte eine Diskre-panz in der Wahrnehmung von gesellschaftlicher Akzeptanz und dem individuellen Zugehörigkeits-gefühl.

Die Antworten machen deutlich, dass sich selbst beiden Untersuchungsteilnehmerinnen, die sich grundsätz-lich in der Aufnahmegesellschaft hinsichtlich ihresäußeren Erscheinungsbildes akzeptiert fühlen, nur begrenzt ein Gefühl von „Eingewöhntsein“ oder „Zu-gehörigkeit zur deutschen Gesellschaft“ einstellen konn-te. Fremdheitsgefühle sind besonders unter jenen Frau-en ausgeprägt, die sich in der Zufluchtgesellschaft aufGrund ihrer Hautfarbe, Bekleidung, Religion oder ihresäußeren Erscheinungsbildes nicht akzeptiert fühlen.

3.4.3 Soziale Kontakte

Die Untersuchung ihrer sozialen Kontakte eruiert die Verbindungen der Flüchtlingsfrauen zur deut-schen Mehrheitsgesellschaft, zur eigenen ethnischen und kulturellen Gruppe in Deutschland sowie zu an-deren Nationalitäten.

Die befragten Frauen haben überwiegend nur wenigesoziale Berührungspunkte mit der Aufnahmegesell-

schaft. Oft bleiben Behördenkontakte über Jahre hinweg die einzigen Anknüpfungspunkte. Eine Flüchtlingsfrau aus dem Libanon schilderte ihre Beobachtungen wie folgt:

“Hier bilden die Flüchtlinge innerhalb der großen Gesellschaft ihre eigene kleine Gesellschaft. Entweder hatman keine oder nur geringe Berührung mit der deutschen Gesellschaft. Ich denke, die Flüchtlinge imAllgemeinen oder besser gesagt, die Migranten habenhier keine andere Möglichkeit, weil die deutsche Gesellschaft nicht offen ist. Es ist nicht einfach, Bekanntschaften zu schließen, wo und wie besteht eine solche Möglichkeit für die Flüchtlingsfrauen oderMigranten, wenn zum Beispiel deine Nachbarn mit dirkeinen Kontakt wollen. Sogar ich habe bemerkt, dassviele deutsche Nachbarn von hier fortgezogen sind.Ich nenne die Situation die passive Diskriminierung, dieich auf gleicher Ebene wie die aktive Diskriminierungeinstufe, wenn kein Kontakt mit der deutschen Gesell-schaft möglich ist und du dich nur in deiner eigenen Gesellschaft bewegst. Aber auch, wenn du mit oder ohne Arbeitserlaubnis keine Arbeit findest, wenn du jahrelang hier lebst und die Sprache nicht beherrschenkannst, wenn du nur von Sozialleistung leben sollst,wenn du dich für zum Nichts erklärst. Es gibt immer Wege, aber der Anfang fehlt immer noch.” Soziologin, Palästinenserin aus dem Libanon, Berlin,Übersetzung aus dem Arabischen

Direkte zwischenmenschliche Kontakte wie Freund-schaften, Bekanntschaften oder mit Arbeitskollegen/in-nen bestehen nur in sehr geringem Umfang. Das giltauch für die Kontakte zu anderen ethnischen und kul-turellen Gruppen. Im Vergleich dazu ist der Austauschmit Angehörigen der eigenen Ethnie durch regelmäßi-ge und intensive Beziehungen geprägt. Fast alle be-fragten Frauen gaben an, Freunde aus ihrem Her-kunftsland oder ihrer Herkunftsregion in Deutschlandzu haben. Die engen und regelmäßigen Beziehungenzur eigenen Community werden in der „Fremde“ auchnach Jahren noch als vertrauter und ruhender Pol wahr-genommen.

3.4.4 Zusammenfassung

Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl die berufliche alsauch die gesellschaftliche Integration und Partizipati-on der Flüchtlingsfrauen auch nach jahrelangem Aufenthalt in Deutschland gering ist. Nur 17 Frauenhaben die Möglichkeit, einer entlohnten Beschäftigungnachzugehen, die ökonomische Situation ist bei vielendurch Abhängigkeit von staatlichen Leistungen

Es wird deutlich, dass selbst von den 17 berufstätigenFlüchtlingsfrauen, die überwiegend in Teilzeit- undNiedriglohnbereichen tätig sind (vgl. 3.3.7), nur vierihren Lebensunterhalt durch den eigenen Verdienst bestreiten können, ohne staatliche oder ergänzendeUnterstützungsleistungen in Anspruch nehmen zu müs-sen. Bei den anderen 13 Flüchtlingsfrauen wird das Familieneinkommen gemeinsam mit dem Ehemann oderanderen Familienmitgliedern gesichert. Zum Teil reichtnicht einmal das von zwei Personen erarbeitete Einkommen zur Sicherung des Lebensunterhalts aus,so dass noch ergänzende Sozialleistungen beantragtwerden müssen.

3.4.2 Partizipation, Akzeptanz und Zugehörig-keitsgefühl der Flüchtlingsfrauen

Im Rahmen der Studie wurde untersucht, wie sich dieSituation der Flüchtlinge im Aufnahmeland und ihrVerhältnis zur Aufnahmegesellschaft seit Beginn ihresAufenthalts entwickelt haben. Es wurde der Frage nach-gegangen, ob sie am gesellschaftlichen Leben partizi-pieren können und sich von der Gesellschaft akzeptiertund ihr zugehörig fühlen. Hierfür wurden die Flücht-lingsfrauen zunächst nach den wichtigsten Problemenzu Aufenthaltsbeginn und zur Entwicklung der Problemfelder befragt. Bezogen auf die Situation zumZeitpunkt der Untersuchung schlossen sich Fragen nachAkzeptanz und dem eigenen Zugehörigkeitsgefühl inDeutschland an.

Probleme zu Aufenthaltsbeginn57 der 61 Untersuchungsteilnehmerinnen bezeichnetenihren Start in Deutschland als schwierig. Sie waren mitunterschiedlichen Problemen konfrontiert. Die folgen-de Abbildung fasst die Antworten auf die offene Frage-stellung nach den zu Aufenthaltsbeginn existierendenProblemfeldern zusammen:

Mangelnde Deutschkenntnisse stellten das häufigsteAnfangsproblem dar, ein Problem – wie die Erhebung zuvor gezeigt hat -, das bei einem größeren Teil derFlüchtlingsfrauen bis heute fortbesteht. Viele der befragten Frauen fanden es schwierig, sich plötzlich

Die Forschungsergebnisse Die Forschungsergebnisse3 3

36 37

Art der Probleme Ja Nein

Sprachprobleme 40 21

Probleme beim Existenzaufbau

38 23

Gefühl der Fremdheit 35 26

Probleme im Umgang mit den neuen

Lebensumständen35 26

Problem der Aufenthaltssicherung

29 32

Probleme bei Behördenkontakten

28 33

Geldmangel 20 41

Probleme der Familien-zusammenführung

14 47

Abb. 12 Probleme der Flüchtlingsfrauen zu Beginn des Aufenthalts

damit sie mich und meine Familie abschieben kann. Ichhabe die ganze Zeit nur mit Weinen verbracht und wusstewirklich nicht, wohin mit mir und mit den Kindern. Deswegen habe ich mich während dieser Zeit auch nichtum die Sprache gekümmert, denn ich konnte zwei Monate lang nicht zu Hause übernachten. Ich habe michnicht getraut, die Kinder in die Schule zu schicken.Wir waren immer im Stress. Wenn die Kinder ein Poli-zeiauto gesehen haben, haben sie geweint. Zwei Bekannte von uns, junge Männer, sind abgeschobenworden, und ich war als nächste mit meinem weißenPapier dran. Ich hatte keine Ruhe, bis mein Widerspruchangenommen war und danach über unseren Asylantragpositiv entschieden wurde“. Kauffrau aus Tschetschenien, Berlin,Übersetzung aus dem Tschetschenischen

3.5.2 Diskriminierung und Marginalisierung

„…Sie [Behördenmittarbeiter/innen, Anm. d. Verf.] ge-ben dir keine Chance, das ist das Problem. Ich möchtenicht einen Vorteil herausholen, aber wenn sie deineHautfarbe sehen, dann wollen sie dir nicht einmal zu-hören. Sie geben dir einfach keine Chance. Du weißt,wenn du dann die Sache auf den Punkt bringst, viel-leicht hören sie dir dann zu. Sie sagten zu mir so einfach: ’Gehen Sie raus! Ich bin wütend, bitte raus.’Und das alles vor meiner Tochter, während wir dort warteten. Sie wollen einfach nicht zuhören, wenn siedich sehen, dann sagen sie dir automatisch irgendet-was. Für sie scheint die schwarze Hautfarbe gleichbe-deutend zu sein mit ausgebeutet zu werden, einen Vorteil herauszuholen und nur Geld haben zu wollen.Sie wollen dir einfach nicht zuhören, obwohl du deine eigenen Probleme mit dir herumträgst. Ich bin hier undgehe dahin, weil ich Probleme habe, andernfalls könnte ich auch ein besseres Leben in meinem Heimat-land führen. Ich will nur Achtung von ihnen.“ Agrarwissenschaftlerin aus Äthiopien, Berlin,Übersetzung aus dem Englischen

„Die Hautfarbe, Bekleidung und das Kopftuch beschränken die Beteiligung der Frauen an vielen Berufen. Es gibt Vorbehalte und Ablehnung von derMehrheit der Gesellschaft gegenüber Ausländern im Allgemeinen und wenn dazukommt, dass es sich noch umeine Frau mit Kopftuch handelt, wird die Situation nichtbesser, sondern alle Wege bleiben verschlossen.Alle Frauen in meinem Bekanntenkreis sind nicht berufstätig, obwohl viele von ihnen versucht haben, Arbeit zu finden. Ihre Versuche scheiterten, nachdemsie das Vorstellungsgespäch geführt haben. Viele

behaupteten, dass sie abgelehnt wurden, weil sie Aus-länderin waren aufgrund ihres Aussehens und ihrer Bekleidung.“Soziologin, Palästinenserin aus dem Libanon, Berlin,Übersetzung aus dem Arabischen

„Es bedeutet Bitterkeit, über Rassismus zu sprechen.Gestern fuhr ich mit einer Tram von der Schule nachHause – es war sehr voll. Ich habe einer alten Frau meinen Platz angeboten. Sie hat diesen abgelehnt, weilich dunkelhäutig bin. Die Leute hier haben Angst, wennsie Afrikaner sehen.“ Stickerin aus Kamerun, Brandenburg,Übersetzung aus dem Französischen

„Manche Leute aus unserer Umgebung sind ausländer-feindlich. Ihr Verhalten mit den ausländischen Kindernzeigt das ganz genau. Sie verbieten ihren Kindern, mitden arabischen und muslimischen Kindern zu sprechen.Das hat mich stark getroffen, weil ich denke, dass wiralle Menschen sind.Wenn ein Ausländer in unsere Heimat kommt, versu-chen wir, ihm zu helfen, aber hier fühlen wir leider die Ablehnung und die Verachtung der Gesellschaft und dastut weh. Ich frage mich, warum sind die Leute hier soverschlossen. Hier spürt man die Diskriminierung, wennman die Leute trifft oder anruft, weil man Arbeit suchtoder wenn man bei einer Behörde ist. Es ist heftig.“Lehrerin aus dem Irak, Berlin

3.5.3 Chancen und Grenzen innerhalb der eigenen Community im Aufnahmeland

“Die Frauen passen alle auf, wie sie sich verhalten. Wasdas Verhältnis zwischen Mann und Frau angeht, so hatder Mann die erste Stimme in der Familie und die Fraukommt an zweiter Stelle. Der Mann bestimmt zwar normalerweise, aber die Meinung der Frau wird auchakzeptiert. Ob ich von meiner eigenen Community hierkontrolliert werde – nein, davon habe ich niemals etwas mitbekommen. Ich habe hier noch meine Familie,das heißt meinen Bruder und weitere Verwandte, unddie sind sozusagen auch für mich verantwortlich in dieser Hinsicht. Da haben die anderen nichts zu kontrollieren. Aber es ist natürlich so, wenn man als allein stehende Mutter hierher kommt, dann kümmernsich auch andere um dich und fragen nach, ob du Hilfebrauchst und so weiter, mehr im positiven Sinne. So ken-ne ich das.”Friseurin aus Tschetschenien, Berlin,Übersetzung aus dem Tschetschenischen

geprägt. Weitere Faktoren, die zu Beginn des Aufent-halts Integration und Partizipation behinderten, wieunzureichende Sprachkenntnisse, das Gefühl des Fremd-seins, bestehen fort. Auch die sozialen Kontakte beschränken sich immer noch weitgehend auf die eigeneCommunity. Soziale Berührungspunkte mit der Aufnahmegesellschaft bleiben gering. Viele der Frauenfühlen sich bis heute nicht der deutschen Gesellschaftzugehörig. Niedrige Einkommen und mangelnde Partizipation führen oft zum Rückzug in die eigeneCommunity, was wiederum die berufliche wie gesellschaftliche Integration erschwert.

3.5 Reflexionen der Flüchtlingsfrauen zu ausgewählten Themenbereichen

Im Folgenden kommen die Flüchtlingsfrauen zu aus-gewählten Themen der Untersuchung noch einmaldirekt zu Wort. Die Zitate sind den narrativen Inter-views entnommen. Die Reflexionen über Flucht und Neuorientierung, Diskriminierung und Marginalisie-rung, über Chancen und Begrenzungen, die sich ausder Eingebundenheit in ihre Community und ihrer Rolle als Frau ergeben, und über ihre Vorstellungen von Partizipation unterstreichen die besondere Situation und Perspektive der Flüchtlingsfrauen.

3.5.1 Flucht, Traumatisierung und Orientierungin der Aufnahmegesellschaft

„Von Anfang an haben mein Mann und ich wegen seines Aufenthalts hier Probleme gehabt. Ich war mitmeinem Mann nicht offiziell verheiratet. Sie erteiltenmir einen Aufenthalt und lehnten seinen Antrag ab. Siewollten uns nicht zusammenleben lassen. ZweieinhalbMonate befand er sich in Abschiebehaft. Dann wurdeer wieder ins Herkunftsland abgeschoben. Er blieb einJahr dort. Ich war während dieser Zeit allein hier mitden Kindern. Er hat zweimal versucht, wieder hierher zukommen.Seit einem Jahr ist er wieder da, aber wir haben immernoch das gleiche Problem mit seinem Aufenthalt.Manchmal vergesse ich den Krieg und alles andere, meine Familie etc. Ich träume auch hier immer noch,dass jemand kommt und mich oder das Haus mit mirund meiner Familie darin anzündet. Dies sind meineTräume, seit ich von meiner Heimat geflüchtet bin. Ichkann das natürlich nicht einfach vergessen, niemals, deswegen mache ich eine Therapie, seit ich in

Deutschland bin. Aber anstatt hier in Frieden leben zukönnen, werden wir hier mit anderen Problemen konfrontiert, die genauso schlimm sind wie der Krieg.Das Aufenthaltsproblem hat uns die Ruhe geraubt. Ichwill mit meinem Mann endlich Ruhe haben, ich will mitihm zusammenleben und ich will nicht mehr über Probleme nachdenken. Ich will nicht mehr sagen ‚AchGott, was passiert mit meinem Mann jetzt?’, wenn zumBeispiel seine Duldung nicht verlängert wird. Ich kann das nicht mehr ertragen. Ich will in Ruhe leben hier in Deutschland.“Krankenschwester, Albanerin aus dem Kosovo, Brandenburg

„Als wir nach Deutschland kamen, fing eine neue Artdes Leidens und der Schwierigkeiten an. Ich habe inmanchen Zeiten gedacht, es wäre besser für uns gewe-sen, dort (Heimat, Anm. d. Verf.) zu bleiben und zu ster-ben. Wir haben durch einen falschen Rat von einemLandsmann, den wir hier zufällig kennen gelernt haben,unsere Situation viel schlechter gemacht. Er hat uns ge-sagt, dass wir eine Duldung beantragen müssen, damitwir in Deutschland einen Aufenthalt erhalten. Wir hat-ten überhaupt keine Ahnung über die Gesetze hier, undwir kannten nicht die Bedeutung eines solchen Antra-ges. Wir haben gedacht, dass wir damit einen sicheren Aufenthalt erhalten würden.Alles war voller Schwierigkeiten und Missverständnis-se, die Sprache fehlte uns, und falsche Ratschläge brach-ten uns immer neue Schwierigkeiten. Mit der Duldung hatten wir keinen Anspruch auf Unterkunftoder Gesundheitsversorgung. Wir haben am Bahnhofgeschlafen. Dort hat uns ein anderer Landsmann ange-sprochen, und wir haben ihm unsere Geschichte erzählt.Er hat uns dann mit in sein Haus genommen.Man kann sich nicht vorstellen, wie schwer das ist, mitkleinen Kindern in so einer Situation zu sein. DieserLandsmann hat uns dann darüber informiert, dass wir einen Asylantrag stellen müssen. Wir hatten wahre Asyl-gründe, denn mein Mann ist verfolgt und kann nicht zurückkehren. Dann haben wir endlich einen Asylan-trag gestellt. Inzwischen sind wir als politische Flücht-linge hier anerkannt. Das Leben geht weiter und Gottsei Dank, dass die schweren Zeiten mit Angst und Ungewissheit vorbei sind.“Hausfrau, Palästinenserin aus dem Libanon, Berlin,Übersetzung aus dem Arabischen

„Mein Fall war sehr kompliziert. Ich habe über ein Jahrnicht gewusst, welchen Status ich hier erhalten würde.Es war unklar, ob ich abgeschoben werde oder nicht. Ichhatte dieses weiße Papier [Grenzübertrittbescheinigung,Anm. d. Verf.] und die Behörde hat alles versucht,

Die Forschungsergebnisse Die Forschungsergebnisse3 3

38 39

chigkeit und persönlichkeitsbezogene Kompetenzen. Es wurde der Frage nachgegangen, ob die Abschlüsseund Berufspraxis anerkannt oder anderweitig zertifi-ziert wurden, um einen erfolgreichen Transfer der Qua-lifikationen und Kompetenzen zu gewährleisten.

Darüber hinaus wurden die Frauen zu Aufenthalts-sicherung und Arbeitsmarktzugang als rechtliche Voraussetzungen, damit die Flüchtlingsfrauen ihre Res-sourcen und ihre Vorbildung in der Praxis einsetzenkönnen, befragt. In diesem Kontext wurden auch dieVeränderungen durch das Zuwanderungsgesetz unddurch Hartz IV beleuchtet. Die Ergebnisse der Unter-suchung zeigen, dass neben den rechtlichen Hürdenauch praktische Barrieren beim Zugang zum Arbeits-markt existieren; dazu gehören strukturelle und direkte Formen von Diskriminierung.

Um die Bedeutung von Erwerbsarbeit für die Lebenssi-tuation der Flüchtlingsfrauen herauszuarbeiten, wurdeauch deren wirtschaftliche und soziale Lage betrach-tet, wie die Sicherung des Lebensunterhalts, die Partizipation in der Aufnahmegesellschaft und ihre sozialen Kontakte. Reflexionen der interviewten Flücht-lingsfrauen über Flucht und Neuorientierung, Diskri-minierung und Marginalisierung, über die Chancen undBegrenzungen, die sich aus der Eingebundenheit in ihre Community und ihrer Rolle als Frau ergeben, undüber ihre Vorstellungen von Partizipation schließen sichder Untersuchung an.

Ressourcen

Schulischer und beruflicher AusbildungsstandZwei Drittel der befragten Flüchtlingsfrauen bringenaus dem Herkunftsland mittlere und höhere Bildungs-abschlüsse mit. Der Anteil mitgebrachter zertifizier-ter Berufsausbildungen ist ebenso hoch und gliedert sich in acht verschiedene Berufsfelder. Der kauf-männische und der Bürobereich sowie die Arbeits-bereiche Pädagogik und Soziales dominieren. Be-merkenswert ist angesichts der meist stark patriar-chal geprägten Kulturen der Herkunftsregionen, dassein Fünftel der befragten Flüchtlingsfrauen in ihrenHerkunftsländern in Berufsbereiche vordringen konn-te, die als männertypisch gelten.

BerufspraxisDie meisten der befragten Frauen verfügen übermehrjährige Arbeitserfahrungen im Herkunftsland.Ihre beruflichen Tätigkeiten entsprachen in der Regelihren vorangegangenen akademischen oder prakti-schen Ausbildungen. Trotzdem konnten sie in Deutsch-land an ihre Berufspraxis nicht anknüpfen. Die mitge-

brachten Arbeitserfahrungen werden in Deutschlandals Ressourcen kaum identifiziert und abgerufen.

MehrsprachigkeitDie Erhebung dokumentiert eine Vielfalt von Spra-chen bei den Untersuchungsteilnehmerinnen. ZweiDrittel sprechen neben ihrer Muttersprache zweiFremdsprachen, ein Drittel wendet noch eine dritteFremdsprache an. Bisher war der berufliche Einsatzder Fremdsprachenkenntnisse in der monolingualendeutschen Gesellschaft jedoch nicht möglich. Mehrals die Hälfte der Flüchtlingsfrauen besitzt gute bismittlere Deutschkenntnisse.

Persönlichkeitsbezogene KompetenzenPersönlichkeitsbezogene Kompetenzen sind Res-sourcen, die Lebens- und Arbeitserfahrungen mit-einander verbinden, autodidaktische Fähigkeiten undpersönliche Begabungen. Bei der Gruppe der Flücht-lingsfrauen zählen zu den Persönlichkeitskompeten-zen auch spezifische Fähigkeiten, die sich aus demLeben als Flüchtling ergeben wie Flexibilität, Lern-bereitschaft und Ausdauer. Die Untersuchung hat beiden befragten Frauen Kompetenzen in folgendensechs Bereichen ergeben: Soziale und interkulturelleKompetenzen, Organisation, Aufbau und Koordinationvon Strukturen, Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit(Kulturmittlerinnen), Sprachmittlerinnen, Führungs-kompetenzen und Mediation. Die meisten Frauenordneten sich mehreren Kompetenzfeldern zu.

Anerkennung von Bildungs- und Berufs-abschlüssen

Die Hälfte aller Schul- und Hochschulabschlüsse derUntersuchungsteilnehmerinnen wurde nicht odernicht als gleichwertig anerkannt. Ebenso fanden mehrals 90 Prozent der im Herkunfts-/Drittland erworbe-nen Berufsausbildungen keine Anerkennung.Alternative Möglichkeiten zur Prüfung und Zertifi-zierung mitgebrachter Berufskenntnisse bestehenbisher nicht. Infolgedessen werden die Berufserfah-rungen und besonderen Fähigkeiten der Befragtenbei Arbeitsmarktförderung und -vermittlung nichtzur Kenntnis genommen.

Aufenthaltssicherung und Arbeitsmarktzugang

AufenthaltMehr als ein Drittel der Flüchtlingsfrauen besitzt zumZeitpunkt der Befragung einen unbefristeten Auf-enthaltstitel (Aufenthaltsverfestigung) und wird nach

“Ich habe kein Problem mit meiner Bewegungsfreiheit,ich entscheide das alleine, aber gleichzeitig gehe ichnicht häufig außer Haus, weil ich nicht so viel Zeit habe. Ich konzentriere mich auf meine Kinder und ihreErziehung, darum habe ich keine Angst vor meiner eigenen Community, denn ich kenne meine Grenzen.Keiner braucht mir etwas zu sagen. Ich vermeide, übermeine Ehe mit den anderen zu sprechen, keiner weißvon meiner Scheidung. Bis jetzt ist meine Erfahrung mitmeiner Community positiv, und keiner mischt sich inmeine persönlichen Sachen ein. Ich weiß auch, wie ich mich bewege und mit wem ichin Kontakt trete. Alles hängt von der Person selber ab,wie man sich verhält, egal ob die Frau verheiratet odergeschieden ist.” Innenarchitektin aus Ägypten, Berlin

“Die Frauen, die hierher kommen, haben bessere Möglichkeiten und mehr Chancen zur Emanzipation alsdie Frauen in der Heimat. Denn die Frauen, die hier leben, haben für ihre Rechte gekämpft, damit sie die Position der Gleichberechtigung erreichen. Die auslän-dischen Frauen genießen hier, was diese Gesellschaftihnen bietet, darum erleben wir viele Familienkonfliktein den Flüchtlingsfamilien. Viele Frauen sind inzwischengeschieden, weil sie sich nicht mehr unter Druck setzenlassen. Gleichzeitig haben die Männer hier ihre gewöhnliche Rolle verloren. Dieser Rollenwechsel zwischen Mann und Frau verursacht oder ist besser gesagt der Grund für Familienkonflikte bei den Flücht-lingen. Dazu kommt auch, dass die Frau hier von ihremMann nicht finanziell abhängig ist, hier hat der Mannschon einen Teil seiner Macht verloren.” Agraringenieurin aus dem Irak, Berlin

3.5.4 Gesellschaftliche Partizipation – Problemeund Erwartungen

“Die Ausländer, die hier leben, tragen einen Teil zur Ent-wicklung dieses Landes bei, und es ist wichtig, dass siehier die Anerkennung ihrer Zeugnisse erhalten, weil viele von uns sonst ihre Berufe oder ihr Studium verlie-ren. Diese Gesellschaft verliert durch diese Praxis vieleRessourcen, sie können sie wirklich gewinnen; kann sein,dass manche von ihnen eine Auffrischung oder Aktua-lisierung ihrer Fachkenntnisse brauchen, aber wenn dieSituation so belassen wird, dann verlieren beide Seitendie Nutzung dieser Fähigkeiten, und es vermehrt undkompliziert das Problem der Integration.Ich habe hier zum Beispiel gelernt, wenn man ein Zielerreichen will, braucht man nur dafür seine Kraft einzusetzen. Es gibt hier viele Möglichkeiten, die man

benutzen kann, aber keine bekommt man umsonst, manmuss für jede Sache eine Arbeit leisten.”Sekretärin, Palästinenserin aus dem Libanon, Berlin

“Wenn wir hier Arbeit haben, dann wird unsere Inte-gration mit Sicherheit gelingen, aber ohne Arbeit kannman nicht über Integration reden. Durch die Arbeit bekommt man Kontakte oder die Kontakte entwickelnsich im Laufe der Zeit. Ich meine nicht, dass die Arabermit Arabern oder die Türken mit Türken arbeiten, ichmeine, dass alle Nationalitäten mit den Deutschenarbeiten. Bis jetzt hat man das Gefühl der Ablehnung vondeutscher Seite. Aber wenn wir in die Zukunft schauen,dann muss es Schritte in diese Richtung geben.” Friseurin, Palästinenserin aus Syrien, Berlin,Übersetzung aus dem Arabischen

„…eine Gruppe von Flüchtlingen fühlt sich fremd, siewaren am Anfang fremd und sind fremd geblieben. IhrMotiv, sich zu integrieren, ist schwach. Ich bin der Meinung, dass auch die hiesige Regierung Schuld trägt,weil viele Flüchtlingsfamilien seit Jahren hier ohne Aufenthalt und Arbeitserlaubnis sind. Was entwickelt man in solch einer Situation? Nur Verzweiflung bildet sich in diesem Fall und was geschiehtmit diesen Flüchtlingen: Sie werden passiv und fühlensich hier nicht erwünscht. Jeder Mensch fühlt sich sicher, wenn er Aufenthalt und Arbeit hat und bemühtsich, sich hier richtig zu integrieren, anders als jemand,der 24 Stunden nichts zu tun hat. Man wird depressivmit sich selber, mit seiner Familie und mit der Gesell-schaft, und das ist die Situation der Flüchtlinge hier. Das beeinflusst auch die Struktur der Familie sehr nachteilig…“Soziologin, Palästinenserin aus dem Libanon, Berlin,Übersetzung aus dem Arabischen

3.6 Zusammenfassung und Beurteilungder Forschungsergebnisse

Vor dem Hintergrund der flüchtlings- und menschen-rechtlichen Verpflichtungen zur beruflichen Integrati-on von Flüchtlingsfrauen wurde untersucht, welcheberuflichen Ressourcen Flüchtlingsfrauen mitbringenund wie sie diese in Deutschland einsetzen können.Hierfür wurden 61 Flüchtlingsfrauen mit auf Dauer angelegtem Aufenthalt in Deutschland zu ihren ausdem Herkunftsland mitgebrachten Ressourcen, die denschulischen und beruflichen Ausbildungsstand sowiedie Berufserfahrungen umfassen, befragt. Ermitteltwurden zudem weitere Qualifikationen, wie Mehrspra-

Die Forschungsergebnisse Die Forschungsergebnisse3 3

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3

43

3

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Die Forschungsergebnisse

dem neuen Aufenthaltsgesetz eine Niederlassungs-erlaubnis erhalten. Die anderen zwei Drittel verfü-gen über ein befristetes Aufenthaltsrecht in Formeiner befristeten Aufenthaltserlaubnis oder Aufent-haltsbefugnis, ihre Titel werden nach dem neuen Ge-setz als befristete Aufenthaltserlaubnis fortgelten.Ein Teil der letztgenannten Gruppe hat durchlangjährigen Aufenthalt die Voraussetzungen er-worben, um nach dem neuen Gesetz ebenfalls eineNiederlassungserlaubnis beantragen zu können.

Über ein Drittel der befragten Flüchtlingsfrauen mus-ste bis zur Erteilung einer befristeten beziehungs-weise unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung Warte-zeiten von fünf bis zehn Jahren oder mehr in Kaufnehmen.

Arbeitsmarktzugang und ArbeitsförderungDer rechtliche Zugang zum Arbeitmarkt wurde denUntersuchungsteilnehmerinnen in der Regel mit derErteilung eines auf Dauer angelegten Aufenthalts-titels eröffnet. Ob die Frauen einen uneingeschränk-ten Arbeitsmarktzugang besitzen oder der Nachran-gigkeit unterliegen ist abhängig von der Art derArbeitsgenehmigung (Arbeitsberechtigung oderArbeitserlaubnis). Trotz langjährigem Aufenthalt be-sitzt nur ein gutes Drittel der Frauen einen unbe-schränkten Arbeitsmarktzugang, mehr als die Hälfteder Frauen unterliegt nach wie vor der Nachrangig-keit. Auch nach Inkrafttreten des neuen Aufenthalts-gesetzes werden sich hinsichtlich des Arbeitsmarkt-zugangs keine wesentlichen Veränderungen für dieFlüchtlingsfrauen ergeben; über die Hälfte der Frauenwird lediglich nachrangigen Zugang zum Arbeits-markt haben.

Auch die berufliche Förderung zur Eingliederung inden Arbeitsmarkt findet für die Flüchtlingsfrauenkaum statt. Soweit die Arbeitsvermittlung für die Be-troffenen tätig wird, vermittelt sie vorwiegend in un-qualifizierte Tätigkeiten im Niedriglohnsektor. Nurzehn der befragten Frauen haben Kenntnisse überdas System des deutschen Arbeitsmarktes.

Die Veränderungen durch Hartz IV bieten zwargrundsätzlich Förderungschancen für Flüchtlings-frauen, als problematisch könnten sich jedoch diehohen formalen Anforderungen aus den „Eingliede-rungsvereinbarungen” erweisen. Durch die Ausdeh-nung des Anwendungsbereichs des AsylbLG aufFlüchtlinge mit vorübergehendem Schutz aus humani-tären Gründen, werden diese von den Leistungen des

Arbeitslosengeldes II und den Fördermaßnahmen aus-genommen.

Es bleibt festzuhalten, dass unabhängig von der Artdes Aufenthaltstitels und der Arbeitsgenehmigung derArbeitsmarktzugang für die Mehrheit auch der aner-kannten Flüchtlingsfrauen praktisch versperrt bleibt.Eine wesentliche Hürde ist die mangelnde Berücksichti-gung von Ressourcen und Qualifikationen. Strukturelleund direkte Diskriminierungen, häufig in mehrdimen-sionaler Form, aufgrund der Nationalität, Ethnie, Haut-farbe, Religion und des Geschlechts kommen als weitereHindernisse hinzu.

Ebenso der Zugang zu Studium und Stipendien bleibtden Flüchtlingsfrauen meist verwehrt, Altersbegren-zungen, fehlende Informationen und fehlende finan-zielle Mittel stellen teilweise unüberwindbare Hinder-nisse dar.

Wirtschaftliche und soziale Lage

ExistenzsicherungDie Ergebnisse zeigen, dass über die Hälfte der Un-tersuchungsteilnehmerinnen Probleme mit derExistenzsicherung hat. Ihre ökonomische Situationist durch eine hohe Abhängigkeit von staatlichenSozialleistungen geprägt. Zwei Drittel der Frauen be-ziehen staatliche Transferleistungen, wie Sozial- undArbeitslosenhilfe.

Von den 17 berufstätigen Flüchtlingsfrauen könnennur vier Frauen ihren Lebensunterhalt ohne staatli-che Unterstützung durch eigene Einkünfte bestrei-ten. Die meisten von ihnen sind im Teilzeit- und Nied-riglohnsektor beschäftigt. Teilweise reicht sogar dasEinkommen von beiden Ehepartnern nicht aus, umden Lebensunterhalt zu decken. Die Abhängigkeitvon staatlichen Unterstützungsleistungen ist daraufzurückzuführen, dass die befragten Flüchtlingsfrau-en zumeist nicht in ihrem erlernten Beruf arbeitenkönnen und die ihnen angebotenen Beschäftigun-gen niedrig entlohnt werden oder lediglich Teilzeit-beschäftigungen sind.

Akzeptanz und soziales UmfeldDie Flüchtlingsfrauen benannten die ablehnende Hal-tung der Aufnahmegesellschaft durchgängig als Pro-blem. Viele fühlen sich nicht akzeptiert. Sie habennur wenige soziale Berührungspunkte mit der Auf-nahmegesellschaft. Ihre sozialen Kontakte bleibenauch nach Jahren vor allem auf die eigene Commu-

Die Forschungsergebnisse

nity beschränkt. Insgesamt zeigte sich, dass die be-rufliche und gesellschaftliche Partizipation der Un-tersuchungsteilnehmerinnen gering ist und sie sichmit ihren Qualifikationen und Fähigkeiten bisher nichtin die hiesige Gesellschaft einbringen konnten.

Niedriges Einkommen und mangelnde gesellschaftlichePartizipationsmöglichkeiten führen oft zum Rückzugin die eigene Community und zur Re-Stabilisierung desSelbstwertes.

Rechtliche und faktische Hürden beim Zugang zu existenzsichernder Erwerbsarbeit

Betrachtet man die Forschungsergebnisse zusammen-fassend, kommt man zu dem Schluss, dass der Zugangzu existenzsichernder Erwerbstätigkeit für die befrag-ten Flüchtlingsfrauen erheblich erschwert ist. Hürdenbestehen in der Nichtanerkennung von Bildungs- undBerufsabschlüssen, im Ressourcenverlust durch langeWartezeiten bis zur Genehmigung von Aufenthalt undErwerbstätigkeit und in der hochgradigen Fixierung desdeutschen Arbeitsmarktes auf formal nachweisbareQualifikationen. Flexible Möglichkeiten zum Qualifi-kationstransfer etwa durch Formen modularer Aner-kennung von Abschlüssen oder Verfahren zur Zertifi-zierung berufspraktischer Erfahrungen werden nichtangeboten. Hinzu treten die während des Asylverfah-rens geltenden gesetzlichen Bestimmungen, die ingroßen Teilen ausgrenzenden und diskriminierendenCharakter haben. Diese strukturellen Hürden verbin-den sich mit Hindernissen auf individueller und gesell-schaftlicher Ebene, unter anderem der strukturellenBenachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt.

Rechtliche HürdenFehlende Anerkennung von Bildungs- und Berufs-abschlüssen sowie BerufspraxisMangelnde rechtliche Möglichkeiten eines Bildungs- /QualifikationstransfersArbeitsverbot bzw. Nachrangigkeit beim Arbeits-marktzugangLange Wartezeiten bis zur Erteilung eines auf Dauer angelegten Aufenthaltstitels und des Zugangs zum Arbeitsmarkt (Ressourcenverlust)Ausschluss von Sprach- und Integrationsförderung nach dem Zuwanderungsgesetz (Bedarf an nachho-lender Integration)

Faktische HürdenMangelnde Wahrnehmung des Bildungs- und Ar-beitszeitpotentials von FlüchtlingsfrauenKeine Identifikation von Ressourcen (Qualifikatio-nen, Berufserfahrungen und persönlichkeitsbezoge-ne Kompetenzen)Entwertung zertifizierter Qualifikationen (praktischeVermittlung in nicht qualifizierte und niedrig ent-lohnte Tätigkeiten)Geringe Möglichkeiten, Mehrsprachigkeit einzusetzenIndividuelle Ausgrenzung und Diskriminierung durch Behördenmitarbeiter/innen und Arbeitgeber/innenAuswirkungen der Wartezeit führen zu langjährigerArbeitslosigkeit mit der Folge der Entwertung fach-licher Qualifikationen und erheblicher psychischerBelastung Fehlende Möglichkeiten einer adäquaten Kinderbe-treuung als Hindernis für Bildungsmaßnahmen undBerufstätigkeitSprachdefizite

Schlussfolgerungen und Empfehlungen 4

45

Empfehlung 1

Einrichtung eines „Migration Point” bei den JobCentern der Bundesagentur für Arbeit Diese Anlaufstellen für Migranten/innen und Flücht-linge sollen eine Erstorientierung und Beratung ermög-lichen und den zielgruppenspezifischen Bedarf bei derFörderung, Qualifikation und Vermittlung in Arbeitberücksichtigen. Um das zu gewährleisten, sollten sieeine eigene Arbeitseinheit bilden, die – analog zu denErfahrungen aus dem Gender Mainstreaming – leitungs-nah angebunden ist. Migration sollte als Querschnitts-thema in Politik und Verwaltung verankert werden. Inder Arbeitsverwaltung könnte die Einrichtung der vorge-schlagenen Migration Points ein erster Schritt dazu sein.

Zu ihren Aufgaben könnten gehören:

Identifikation von Ressourcen, wie fachliche Quali-fikationen, persönlichkeitsbezogene Kompetenzen,SprachkenntnisseEntwicklung einer Checkliste zur Identifikation vonRessourcen für die Arbeitsvermittlung und -beratungErhebung von Berufs- und Arbeitsmarktdaten zuFlüchtlingsfrauen, um zum Beispiel die Berücksich-tigung der Gruppe der Flüchtlingsfrauen bei Pro-grammen zur Förderung von Frauen in der Arbeitsweltbesser zu berücksichtigenAnlaufstelle bei Problemen im Bereich Förderung undArbeitsvermittlung und bei Beschwerden wegen Dis-kriminierung Sensibilisierung der Mitarbeitenden der Job Centerfür migrations-, flüchtlings- und genderspezifischeBelange und Anforderungen unter Einbeziehung vonPersonen mit Migrationshintergrund

Zu den wesentlichen Anforderungen an die Mitarbei-ter/innen eines solchen „Migration Point” gehören Fach-kenntnisse im Migrations- und Flüchtlingsbereich, Ein-fühlungsvermögen und interkulturelle Kompetenz. Aufder Führungs- und der Mitarbeitenden-Ebene solltenFrauen mit Migrationshintergrund einbezogen werden.

Empfehlung 2

Erleichterung eines Bildungs- und Qualifikations-transfers durch rechtliche und praktische Anpas-sungen sowie Entwicklung neuer Modelle zur Einstufung mitgebrachter Berufskenntnisse und ErfahrungenZur Erleichterung des Qualifikationstransfers solltendie rechtlichen Vorgaben der Anerkennung von

Bildungs- und Berufsabschlüssen auf Bundes- und Län-derebene überprüft werden. Als Vorbild für die Erleich-terung der Anerkennung könnte die Regelung für Spät-aussiedler/innen dienen. Praktische Veränderungen könntebereits eine Verbesserung des Wissensstandes in denzuständigen Behörden über die Bildungssysteme in denHerkunftsländern der Flüchtlingsfrauen ergeben.

Die Handwerks- sowie die Industrie- und Handels-kammern sollten Überprüfungsmechanismen zur Ein-stufung mitgebrachter Berufspraxis ohne anerkanntesZertifikat beziehungsweise für außerhalb formaler Systeme erworbene Qualifikationen entwickeln.

4.2 Zielgruppenspezifische Förderung

Im Anschluss an die Ermittlung der Ressourcen undQualifikationen durch die Arbeitverwaltung empfeh-len sich gezielte Maßnahmen zur Sprachförderung, zumAusbau von Qualifikationen und für einen Einstieg in eine qualifikationsangemessene Erwerbstätigkeit. Auf-grund der familiären Situation von Flüchtlingsfrauen, dieüberwiegend Kinder haben und die für die Kinderbe-treuung allein verantwortlich sind, ist es unerlässlich,zugleich adäquate Kinderbetreuung sicherzustellen,damit die Frauen Förderungs- und Qualifikationsange-bote wahrnehmen können.

Wesentlich ist zunächst die Verbesserung der Sprach-förderung für Deutsch. Zwei Drittel der befragten Frau-en haben hier Defizite, die ihre berufliche und gesell-schaftliche Teilhabe behindern, ein Problem, das auchdurch die mit dem Zuwanderungsgesetz vorgesehenenSprachkurse nicht behoben wird, da eine nachholendeIntegration für Menschen, die sich bereits länger inDeutschland aufhalten, nicht vorgesehen ist.

Empfehlung 3

Zielgruppen- und bedarfsorientierte SprachförderungDas Angebot sollte aus Basis- und Aufbaukursen zu-sammengesetzt sein. Die Basiskurse sollten neben derpraktischen Anwendung der Sprache im Alltag einenFokus auf die Schriftsprache legen, Aufbaukurse hin-gegen die individuell relevante berufliche Fachspracheund die Arbeitsmarktorientierung berücksichtigen. Es müssen einheitliche Qualitätsstandards für dieseKurse entwickelt werden.

Form und Methode der Kurse sollten Mehrsprachigkeitund Interessensschwerpunkte der Flüchtlingsfrauen

Schlussfolgerungen und Empfehlungen4

44

Mit den folgenden Empfehlungen will die Studie An-regungen für eine Verbesserung der beruflichen Inte-gration von Flüchtlingsfrauen geben. Ziel ist die Förderung und Unterstützung von Flüchtlingsfrauen,um ihnen den Einstieg in eine Erwerbstätigkeit, dieihren Qualifikationen und Ressourcen entspricht undGrundlage für die eigenständige Existenzsicherung seinkann, zu ermöglichen. Adressaten sind politische Ent-scheidungsträger, aber auch staatliche und gesell-schaftliche Institutionen, die mit der beruflichen Inte-gration von Flüchtlingsfrauen befasst sind, wie dieJobcenter der Bundesagentur für Arbeit, Integrations-beauftragte der Kommunen und der Länder, Handwerks-sowie Industrie- und Handelskammern, Qualifizie-rungseinrichtungen und Beratungsstellen.

Erwerbstätigkeit bildet eine zentrale Voraussetzung fürdie Integration und Teilhabe von Flüchtlingsfrauen inDeutschland. Sie kann dazu beitragen, die gesell-schaftliche Marginalisierung von Flüchtlingsfrauen auf-zubrechen und einen Wandel der traditionellen Rollenbilder in den Familien und ethnischen Commu-nities zu unterstützen. Durch wachsende Beteiligungam Arbeitsprozess und in der Gesellschaft wird dieSelbstverantwortung der Flüchtlingsfrauen gestärkt.Die Möglichkeit, aus dem Herkunftsland mitgebrachteKenntnisse und Fähigkeiten in der neuen Gesellschafteinzubringen, motiviert und erweitert den Aktionsradius,lässt neue Orientierungen entstehen, führt zum Knüp-fen zwischenmenschlicher Kontakte und zur aktivenTeilhabe an der Gesellschaft.

Nach den Ergebnissen der Studie ist der faktische Zu-gang zu qualifikationsangemessener Berufstätigkeitüber die Identifikation der Ressourcen der Flüchtlings-frauen, über neue Wege zur Anerkennung von zertifi-zierten und nicht zertifizierten Qualifikationen sowieüber gezielte Sprachförderung und berufliche Weiter-qualifikation zu erreichen. Die Angebote müssen ziel-gruppenspezifisch sein, das heißt, sie müssen die Le-

bens- und Familienkontexte der Frauen einbeziehen.Berücksichtigt werden müssen auch die Verschrän-kungen von Benachteilungen aufgrund von Ethnie, Re-ligion und Flüchtlingsstatus einerseits und Gender an-dererseits. Dem Ressourcenverlust durch langjährigeWartezeiten bis zu einer Sicherung des Aufenthalts unddem damit verbundenen Zugang zum Arbeitsmarktmuss entgegengesteuert werden.

4.1 Identifikation von Ressourcen und Anerken-nung von Qualifikationen

Die Ressourcen von Flüchtlingsfrauen, das zeigt dieStudie deutlich, werden in Deutschland wenig wahr-genommen. Zu diesen fachlichen und persönlichenQualifikationen kommen häufig noch besondere Fähig-keiten, die durch das Flüchtlingsschicksal und die Not-wendigkeit, sich in einer völlig neuen Gesellschaft zuorientieren und zu etablieren, eworben wurden. Wenig beachtet wird auch das Potential, das dieMehrsprachigkeit vieler Flüchtlingsfrauen bietet. Diese verborgenen Ressourcen zu identifizieren, erfor-dert Hintergrundwissen – etwa über Bildungssystemeanderer Länder – , sowie interkulturelle Kompetenz und Sensibilität, wie zum Beispiel das Verständnis dafür, dass es für Flüchtlingsfrauen häufig ungewohntist, sich und ihre Kompetenzen in den Vordergrund zu stellen.

Die Identifikation der Ressourcen ist aber der zentraleAusgangspunkt für eine zielgerichtete Förderung, Weiterqualifizierung und Vermittlung in Arbeit. Dem-gegenüber existieren in der Arbeitsverwaltung derzeitkeine institutionellen Strukturen, die die notwendigenFachkenntnisse und Kompetenzen für die Identifizie-rung besitzen. Zudem stellen die hohe Quote nicht anerkannter Bildungs- und Berufsabschlüsse und dasFehlen von Verfahren, um nicht zertifizierte Berufsbil-dungen und -erfahrungen zu bewerten, eine Barriere für einen Transfer der Qualifikationen dar.

4Schlussfolgerungen und Empfehlungen

te das Potential des Gesetzes für Verfahrenserleichte-rungen genutzt und integrationsfreundliche Regelun-gen gefunden werden.

Empfehlung 8

Verbesserung des Zugangs zum Studiumund zur StudienfinanzierungDie Untersuchung hat gezeigt, dass insbesondere junge Flüchtlingsfrauen durch Zugangsschrankenwährend der Dauer des Asylverfahrens entscheidendeJahre für die berufliche Lebensperspektive und Per-sönlichkeitsentwicklung verlieren.

Der Zugang zum Studium sollte durch Ausnahmerege-lungen ermöglicht werden. Bei der Anerkennung von Bil-dungsabschlüssen als Hochschulzugangsberechtigungund akademischen Graden für ein Zweitstudium sollteeine Gleichstellung mit Aussiedler/innen geprüft werden.

Auch zu BAföG und Stipendien sollten die Flüchtlings-frauen Zugang haben, wobei Ausnahmereglungenberücksichtigen sollten, dass Flüchtlinge durch die lan-ge Dauer des Asylverfahrens Altersbegrenzungen fürFinanzierung oft überschreiten.

4 4

46 47

auf der untersten Ebene eingeordnet werden. Ihre Ver-mittlung findet meist im Teilzeit- und Niedriglohnsek-tor statt, Bereiche, in denen überwiegend nur Frauentätig sind und die in der Regel nicht geeignet sind, dieExistenzsicherung für eine größere Familie zu gewähr-leisten.

Empfehlung 7

Frühzeitige Einräumung unbeschränkten ArbeitsmarktzugangsDie ermittelten Wartezeiten beziehungsweise der durchdie Regelungen der Nachrangigkeit faktisch weitge-hend versperrte Arbeitsmarktzugang scheinen eineSchlüsselrolle für die geringe berufliche Integration der Untersuchungsteilnehmerinnen zu spielen, sowohl imHinblick auf den Verlust von Ressourcen beziehungs-weise von Anschlussfähigkeit fachlicher Kenntnisse alsauch im Hinblick auf die persönliche Motivation, Inte-grationsbereitschaft und -fähigkeit der Frauen.

Die gesetzlichen Bestimmungen zu Wartezeiten undZugangsbeschränkungen sollten überprüft werden. Bei der Ausarbeitung der Beschäftigungs- und Inte-grationsverordnungen zum Zuwanderungsgesetz soll-

Im Rahmen der Arbeitsverwaltung und von Existenz-gründungsprogrammen anderer Träger sollten ziel-gruppenspezifische Programme entwickelt werden, umFlüchtlingsfrauen bei der Konzeption und dem Aufbaueiner Existenz als Selbständige zu fördern und zu unterstützen. Voraussetzung für das Gelingen solcher Projekte ist eine Vernetzung von Job-Centern, Handwerks- und Industrie- und Handelskammern, Qualifizierungseinrichtungen und Beratungsstellen für Flüchtlinge.

4.3 Integrationsdefizite durch Wartezeit und Art des Arbeitsmarktzugangs

Die Lebensläufe der Untersuchungsteilnehmerinnenweisen häufig Brüche in Schul-, Ausbildungs- und Be-rufskarrieren auf. Lange Wartezeiten bis zur Erteilungeines Aufenthalts und einer Arbeitsgenehmigung imAufnahmeland, in denen sie keine sprachliche oder berufliche Förderung erhalten, und der fehlende Zu-gang zu Informationen blockieren zusätzlich ihre Wei-terentwicklung. In diesem Zustand verkümmern Res-sourcen, oder sie gehen verloren. Hinzu kommt, dassauch vormals im Herkunftsland aktive Frauen sich auf-grund unabsehbar langer Wartezeit und der damit ver-bundenen Aussichtslosigkeit in traditionelle Rollenzurückziehen. Der Verlust des vertrauten Umfeldes undweitere ökonomische und soziale Begrenzungen in-nerhalb der Zufluchtsgesellschaft verstärken diese Hal-tung. Ein weiterer Faktor ist das Fehlen des in der Heimat gewobenen Netzes familiärer und verwandt-schaftlicher Beziehungen für die Kinderbetreuung.

Die befragten Flüchtlingsfrauen sind zwar grundsätz-lich alle im Besitz einer Arbeitsgenehmigung, aber ihr faktischer Arbeitsmarktzugang ist dennoch unter-schiedlich geregelt. So hat in der Praxis nur etwa einDrittel der Frauen eine Arbeitsberechtigung mit un-eingeschränktem Arbeitsmarktzugang. Die verbleiben-den Flüchtlingsfrauen mit Arbeitserlaubnis werden beim Arbeitsmarktzugang vom Prinzip der Nachran-gigkeit behindert. Diese Nachrangigkeit und Nicht-Anerkennung ihrer Qualifikationen haben zur Folge, dass für die befragten Flüchtlingsfrauen ungeachtetihrer mitgebrachten Qualifikationen bisher nur redu-zierte Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit bestanden.

Die damit einhergehende faktische Dequalifizierungbewirkt, dass sie auf dem hiesigen Arbeitsmarkt häu-figer als andere Gruppen in der Arbeitsmarkthierarchie

berücksichtigen. Es müssen Curricula zur Sprachförde-rung von Flüchtlingen entwickelt werden, die illiteratsind oder einen sehr niedrigen Bildungsstand besitzen.

Empfehlung 4

Gezielte Maßnahmen zur Förderung und Vermitt-lung in ArbeitEs gilt hier, die Gruppe der Flüchtlingsfrauen als Zielgruppe von Förderungsmaßnahmen der Arbeits-verwaltung aufzunehmen und bei Maßnahmen undProgrammen zur Erhöhung des Anteils erwerbstätigerFrauen ihre besonderen Lebenskontexte und Ressour-cen zu berücksichtigen. Ziel der Förderung sollte ihreVermittlung in qualifizierte Beschäftigungen im Hin-blick auf eine eigenständige Existenzsicherung ohneergänzende staatliche Unterstützungsleistungen sein.Auch ältere Flüchtlingsfrauen sollten in Programmezur Förderung und Arbeitsmarktorientierung einbezo-gen werden. Sie haben dadurch die Möglichkeit, ihr Erfahrungswissen, soziales Know-how, ihre interkultu-rellen und Transferkompetenzen weiterzugeben.

Derartige Förderungsmaßnahmen sollten unter Einbe-ziehung der Flüchtlingsfrauen evaluiert werden, um dieZielgruppenadäquatheit und Zielerreichung (Vermitt-lung in qualifizierte Beschäftigung) sicherzustellen.

Empfehlung 5

Mentoringprogramme für Flüchtlingsfrauen in UnternehmenZur Unterstützung einer Arbeitsmarktorientierung unddes Qualifikationstransfers sollten Unternehmensver-bände und -netzwerke Mentoringprogramme für Flücht-lingsfrauen anbieten. Derartige Berufspraktika für Erwachsene würden den Frauen praktische Orientie-rung auf dem deutschen Arbeitsmarkt vermitteln undeine Aktualisierung ihrer Kenntnisse im eigenen Berufsfeld ermöglichen, um den beschriebenen Res-sourcenverlusten entgegenzuwirken.

Empfehlung 6

Programme zum Einstieg in selbstständige TätigkeitBislang wird selbstständige Tätigkeit als Möglichkeitexistenzsichernder Erwerbstätigkeit für Flüchtlings-frauen zu wenig beachtet, obwohl anzunehmen ist,dass viele Flüchtlingsfrauen besondere Eigenschaftenund Kompetenzen mitbringen, die sie gerade dazu be-fähigen.

Schlussfolgerungen und Empfehlungen Schlussfolgerungen und Empfehlungen

Abkürzungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis

48 49

ABM Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (befristete Arbeitsverhältnisse)

ALG II Arbeitslosengeld II

Art. 16aGG Artikel 16 a Grundgesetz

AsylVfG Asylverfahrensgesetz

AsylbLG Asylbewerberleistungsgesetz

AufenthG Aufenthaltsgesetz

AuslG Ausländergesetz

BAFL/BAMF Bundesamt für die Anerkennungausländischer Flüchtlinge/ Bundes-amt für Migration und Flüchtlinge

BAföG Bundesausbildungsförderungs-gesetz

BMBF Bundesministerium für Bildung undForschung

BMFSFJ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

CEDAW Convention on the Elimination ofDiscrimination against Women(Frauenrechtsabkommen) Committee on the Elimination ofDiscrimination against Women(Ausschuss für die Beseitigung derDiskriminierung der Frau)

DIW Deutsches Institut für Wirtschaft

EFF Europäischer Flüchtlingsfonds (Na-tionale Zentralstelle zur Verwaltungdes Europäischen Flüchtlingsfonds)

FB Fachbereich

GFK Abkommen über die Rechtsstellungder Flüchtlinge von 1951(Genfer Flüchtlingskonvention)

Hartz IV Gesetz für moderne Dienstleistun-gen am Arbeitsmarkt

HumHAG Gesetz über Maßnahmen für imRahmen humanitärer Hilfsaktionen-aufgenommene Flüchtlinge

ICERD Internationales Übereinkommen zurBeseitigung der Rassendiskriminierung

IPwskR Internationaler Pakt über wirt-schaftliche, soziale und kulturelleRechte (Sozial- oder wsk-Pakt, wsk-Rechte)

SGB Sozialgesetzbuch

UNHCR Hoher Flüchtlingskommissar derVereinten Nationen

UN United Nations (Vereinte Nationen)

ZDWF Zentrale Dokumentationsstelle derFreien Wohlfahrtspflege für Flücht-linge

ZuwG Zuwanderungsgesetz

Abkürzungsverzeichnis

Abb.1 Herkunftsländer der befragten Flüchtlings-frauen nach Häufigkeit innerhalb derUntersuchungsgruppe, Seite 15

Abb. 2 Alter der befragten Flüchtlingsfrauen, Seite 16

Abb. 3 Schul- und Hochschulabschlüsse der befragten Flüchtlingsfrauen, Seite 16

Abb. 4 Dauer der Berufsausbildung der Flücht-lingsfrauen, Seite 17

Abb. 5 Beruflicher Ausbildungsstand der befragtenFlüchtlingsfrauen, Seite 17

Abb. 6 Aus dem Herkunftsland mitgebrachte Berufs-qualifikationen nach Berufsfeldern, Seite 18

Abb. 7 Mutter- und Fremdsprachenkenntnisse – Selbsteinschätzung der Flüchtlingsfrauen,Seite 19

Abb. 8 Deutschkenntnisse – Selbsteinschätzung, Seite 19

Abb. 9 Wartezeit bis zur Erteilung eines auf Dauer angelegten Aufenthaltstitels, Seite 25

Abb. 10 Aufenthaltsstatus der Flüchtlingsfrauenzum Zeitpunkt der Befragung, Seite 26

Abb. 11 Dauer bis zur Erteilung einer Arbeitsgeneh-migung, Seite 27

Abb. 12 Probleme der Flüchtlingsfrauen zu Beginndes Aufenthalts, Seite 36

Abbildungsverzeichnis

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5150

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