Förderung von persönlichen Ressourcen und Copingstrategien ... · Kognitiv-behavioral...

6
- 226- Förderung von persönlichen Ressourcen und Copingstrategien in einer Fi- nanzverwaltung: Ein präventives Verhaltensprogramm "Rückhalt für den Alltag - in 7 Schritten" Beatrix Lehnhoff. Prof. Dr. Gabriele Elke 1. Einleitung Die Veränderungen der Arbeitsanforderungen in der Finanzverwaltung sind ebenso wie in anderen Arbeitskontexten vor allem gekennzeichnet durch eine zunehmende Arbeitsverdich- tung, komplexer werdende und beständig veränderte Arbeitsmaterie sowie beständige Anpas- sungsprozesse durch organisatorische und IT-Maßnahmen, die auf Seiten der Beschäftigten mit zunehmenden psychischen Beanspruchungen einhergehen. Verschärft wird diese Situati- on durch Veränderungen und Belastungsfaktoren, die ihren Ursprung in der Struktur des Per- sonalkörpers der Finanzverwaltung haben, wie u. a. hoher Anteil an Teilzeitkräften, steigen- der Altersschnitt der Mitarbeiterinnen und steigender Anteil von Mitarbeiterinnen an der Lei- stungsgrenze. Begleiterscheinungen sind zunehmende Krankenstände, gesundh.eitliche Beein- trächtigungen und schwindendes Wohlbefinden auf Seiten der Beschäftigten. Im Rahmen des Projektes TNOPE 1 mit dem Ziel der Gesundheitsförderung und -prävention und der Implementierung eines Gesundheitsmanagementsystems in die Finanzverwaltung konnte eine besondere Gesundheitsbelastung durch Muskel-Skelett-Erkrankungen beobachtet werden. Die, Ergebnisse von jährlichen Gesundheitsbefragungen 2005 und 2006 in neun Fi - nanzämtern weisen eine wöchentliche Prävalenzrate für Rückenschmerzen von 40-50 % auf. Somit leidet beinahe die Hälfte der Beschäftigten unter Schmerzen im Schulter-fNacken- und unteren Rückenbereich. 2. Rückenschmerzen Akute Rückenschmerzen klingen in 90 % der Fälle nach einigen Wochen wieder ab (Kohl- mann 2003). Dennoch besteht in einigen Fällen die Gefahr, dass die Beschwerden aufrechter- INOPE ist ein vom BMBF und DLR gefordertes 3jähriges Forschungsprojekt und steht fiir "Integrierte Netzwerk-, Organisations- und Personalenlwickhmg" (www.inope.de). - 227 - halten bleiben, chronifizieren und letztlich zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen wie u. a. Arbeitsunfahigkeit führen. 2.1 Biopsychosoziales ModeU der Rückenschmerzen und Risikofaktoren Die Entstehung von Rückenschmerzen und vor allem deren Chronifizierung kann in den sel- tensten Fällen als monokausales Konzept verstanden werden. Vielmehr handelt es sich um ein multidimensionales Geschehen, das erst aus einer biopsychosozialen Perspektive verständlich wird. Risikofaktoren auf unterschiedlichen Ebenen (somatisch, kognitiv-emotional, verhal- tens- und erlebensbezogen, situalionsbezogen) treten in Kombination auf und greifen ineinan- der. Aspekte des Verhaltens, wie z. B. Schon- oder Vermeidungsverhalten, und des Erlebens, wie z. B. wahrgenommene Schmerzintensität, können einerseits prädisponierend auf die Ent- stehung von Schmerzen wirken, sie können andererseits Korrelate oder auch Konsequenzen des Syndroms darstellen. Somatische Faktoren sind zumeist im Hinblick auf die Schmerzent- stehung relevant. Für die Aufrechterhaltung hingegen sind psychosoziale Faktoren oft bedeut- samer (Pfingsten 2004). Neben Rückenschmerz in der Ananmese (Lühmann/Zimolong 2006; HestbaekiLeboeuf- YdelEngberg/Lauritzen/BruunlMalmiche 2003) als aussagekräftigster biomechanischer Prä- diktor weisen psychologische Risikofak'ioren bisweilen eine höhere Vorhersagekraft für zu- künftige Rückenschmerzen auf als konventionelle klinische Informationen (Bur- tonlTillotson/MainIHollis 1995). Zu psychologischen Risikofaktoren gehören beispielsweise u. a. Distress (Linton 2005) und Depressivität (Carroll/Cassidy/Cöte 2004), dysfunktionale kognitive Bewertung von Schmerzen wie z. B. Katastrophisieren (Linton 2005) und die Ver- meidung sozialer und körperlicher Aktivitäten (Klenerman/Slade/Stanley 1995). Des Weite- ren gelten psychosoziale und häufig auch arbeitsplatzrelevante Risikofaktoren als verlässli- che Prädiktoren für die Entwicklung von Rückenschmerzen. Zu diesen Faktoren zählen etwa Arbeitsunzufriedenheit, monotone Arbeit, fehlende soziale Unterstützung am Arbeitsplatz, wahrgenommene hohe Arbeitsanforderung und selbst berichteter Stress (Linton 2005). Viele dieser Faktoren lassen sich in einem Arbeitskontext, der von steigenden Anforderungen, Belastungen und Beanspruchungen gekennzeichnet ist, auffinden. Soll die Entwicklung von zukünftigen Rückenbeschwerden und damit in Zusammenhang stehenden Beeinträchtigungen aufgehalten, unterbunden oder rückgängig gemacht werden, wird eine Beseitigung möglichst vieler Risikofaktoren erforderlich.

Transcript of Förderung von persönlichen Ressourcen und Copingstrategien ... · Kognitiv-behavioral...

- 226shy

Foumlrderung von persoumlnlichen Ressourcen und Copingstrategien in einer Fishynanzverwaltung Ein praumlventives Verhaltensprogramm Ruumlckhalt fuumlr den

Alltag - in 7 Schritten

Beatrix Lehnhoff Prof Dr Gabriele Elke

1 Einleitung

Die Veraumlnderungen der Arbeitsanforderungen in der Finanzverwaltung sind ebenso wie in

anderen Arbeitskontexten vor allem gekennzeichnet durch eine zunehmende Arbeitsverdichshy

tung komplexer werdende und bestaumlndig veraumlnderte Arbeitsmaterie sowie bestaumlndige Anpasshy

sungsprozesse durch organisatorische und IT-Maszlignahmen die auf Seiten der Beschaumlftigten

mit zunehmenden psychischen Beanspruchungen einhergehen Verschaumlrft wird diese Situatishy

on durch Veraumlnderungen und Belastungsfaktoren die ihren Ursprung in der Struktur des Pershy

sonalkoumlrpers der Finanzverwaltung haben wie u a hoher Anteil an Teilzeitkraumlften steigenshy

der Altersschnitt der Mitarbeiterinnen und steigender Anteil von Mitarbeiterinnen an der Leishy

stungsgrenze Begleiterscheinungen sind zunehmende Krankenstaumlnde gesundheitliche Beeinshy

traumlchtigungen und schwindendes Wohlbefinden auf Seiten der Beschaumlftigten

Im Rahmen des Projektes TNOPE1 mit dem Ziel der Gesundheitsfoumlrderung und -praumlvention

und der Implementierung eines Gesundheitsmanagementsystems in die Finanzverwaltung

konnte eine besondere Gesundheitsbelastung durch Muskel-Skelett-Erkrankungen beobachtet

werden Die Ergebnisse von jaumlhrlichen Gesundheitsbefragungen 2005 und 2006 in neun Fishy

nanzaumlmtern weisen eine woumlchentliche Praumlvalenzrate fuumlr Ruumlckenschmerzen von 40-50 auf

Somit leidet beinahe die Haumllfte der Beschaumlftigten unter Schmerzen im Schulter-fNacken- und

unteren Ruumlckenbereich

2 Ruumlckenschmerzen

Akute Ruumlckenschmerzen klingen in 90 der Faumllle nach einigen Wochen wieder ab (Kohlshy

mann 2003) Dennoch besteht in einigen Faumlllen die Gefahr dass die Beschwerden aufrechter-

INOPE ist ein vom BMBF und DLR gefordertes 3jaumlhriges Forschungsprojekt und steht fiir Integrierte

Netzwerk- Organisations- und Personalenlwickhmg (wwwinopede)

- 227 shy

halten bleiben chronifizieren und letztlich zu schwerwiegenden Beeintraumlchtigungen wie u a

Arbeitsunfahigkeit fuumlhren

21 Biopsychosoziales ModeU der Ruumlckenschmerzen und Risikofaktoren

Die Entstehung von Ruumlckenschmerzen und vor allem deren Chronifizierung kann in den selshy

tensten Faumlllen als monokausales Konzept verstanden werden Vielmehr handelt es sich um ein

multidimensionales Geschehen das erst aus einer biopsychosozialen Perspektive verstaumlndlich

wird Risikofaktoren auf unterschiedlichen Ebenen (somatisch kognitiv-emotional verhalshy

tens- und erlebensbezogen situalionsbezogen) treten in Kombination auf und greifen ineinanshy

der Aspekte des Verhaltens wie z B Schon- oder Vermeidungsverhalten und des Erlebens

wie z B wahrgenommene Schmerzintensitaumlt koumlnnen einerseits praumldisponierend auf die Entshy

stehung von Schmerzen wirken sie koumlnnen andererseits Korrelate oder auch Konsequenzen

des Syndroms darstellen Somatische Faktoren sind zumeist im Hinblick auf die Schmerzentshy

stehung relevant Fuumlr die Aufrechterhaltung hingegen sind psychosoziale Faktoren oft bedeutshy

samer (Pfingsten 2004)

Neben Ruumlckenschmerz in der Ananmese (LuumlhmannZimolong 2006 HestbaekiLeboeufshy

YdelEngbergLauritzenBruunlMalmiche 2003) als aussagekraumlftigster biomechanischer Praumlshy

diktor weisen psychologische Risikofakioren bisweilen eine houmlhere Vorhersagekraft fuumlr zushy

kuumlnftige Ruumlckenschmerzen auf als konventionelle klinische Informationen (Burshy

tonlTillotsonMainIHollis 1995) Zu psychologischen Risikofaktoren gehoumlren beispielsweise

u a Distress (Linton 2005) und Depressivitaumlt (CarrollCassidyCoumlte 2004) dysfunktionale

kognitive Bewertung von Schmerzen wie z B Katastrophisieren (Linton 2005) und die Vershy

meidung sozialer und koumlrperlicher Aktivitaumlten (KlenermanSladeStanley 1995) Des Weiteshy

ren gelten psychosoziale und haumlufig auch arbeitsplatzrelevante Risikofaktoren als verlaumlsslishy

che Praumldiktoren fuumlr die Entwicklung von Ruumlckenschmerzen Zu diesen Faktoren zaumlhlen etwa

Arbeitsunzufriedenheit monotone Arbeit fehlende soziale Unterstuumltzung am Arbeitsplatz

wahrgenommene hohe Arbeitsanforderung und selbst berichteter Stress (Linton 2005)

Viele dieser Faktoren lassen sich in einem Arbeitskontext der von steigenden Anforderungen

Belastungen und Beanspruchungen gekennzeichnet ist auffinden Soll die Entwicklung von

zukuumlnftigen Ruumlckenbeschwerden und damit in Zusammenhang stehenden Beeintraumlchtigungen

aufgehalten unterbunden oder ruumlckgaumlngig gemacht werden wird eine Beseitigung moumlglichst

vieler Risikofaktoren erforderlich

- 228shy

22 Maszlignahmen

Zur Behandlung von Ruumlckenschmerzen koumlnnen unterschiedliche Maszlignahmen herangezogen

werden Neben klassischen Ansaumltzen wie medikamentoumlser Behandlung Ruumlckenschule Lenshy

denstuumltzguumlrtel Akupunktur und Massage etc erweisen sich verhaltenstherapeutisch ausgeshy

richtete Angebote als besonders wirksam (McCrackenlTurk 2002) Sie bewirken Veraumlnderunshy

gen im SchmerzerIeben Verbesserung des al1gemeinen Funktionsniveaus und verringerte Inshy

anspruchnahme von Leistungen des Gesundheitssystems Kognitiv-behavioral ausgerichtete

Behandlungsangebote erweisen sich hier nicht nur im Vergleich zu Wartelistenshy

Kontrol1gruppen sondern auch gegenuumlber alternativen Behandlungsangeboten wie z B Bioshy

Feedback und Pharmakotherapie als wirksam (MorleylEcclestoneWilliams 1999) Sie zeichshy

nen sich durch den Einsatz und die Vermittlung von Bewaumlltigungs- bzw Copingstratcgien auf

unterschiedlichen Ebenen aus Verhaltenstherapeutisch orientierte Behandlungsansaumltze greishy

fen auf verhaltenstherapeutische Methoden wie z B Entspannung Aktivitaumltenaufbau sowie

kognitive Techniken zur Veraumlnderung von gedanklichen Bewertungen und emotionalen Reakshy

tionen zuruumlck

Um Veraumlnderungen im Verhalten der Beschaumlftigten zu erzielen und somit Risikofaktoren fur

Ruumlckenbeschwerden und damit die Gefahr von Chronifizierung schweren Beeintraumlchtigunshy

gen und Arbeitsunflihigkeit zu beseitigen soHten verhaltenstherapeutisch orientierte praumlvenshy

tiv ausgerichtete Angebote eingesetzt werden die die Beschaumlftigten bzgl angemessenen Umshy

gangs mit Ruumlckenschmerzen schulen ihre Ressourcen staumlrken und ihren Handlungsspielraum

somit erweitern

3 Verhaltensprogramm Ruumlckhalt fuumlr den AHtag - in 7 Schritten als Bestandteil eishy

nes Gesundheitsmanagementsystems

31 Ziele des Programms

Durch das praumlventive und verhaltenstherapeutiscb orientierte Verhaltensprogramm Ruumlckhalt

fUr den Alltag - in 7 Schritten sollen Risikofaktoren abgebaut und Kompetenzen und Resshy

sourcen der Beschaumlftigten in Hinblick auf den Umgang mit Ruumlckenschmerzen und beschwershy

den gefoumlrdert werden um somit die Wahrscheinlichkeit filr ein Auftreten zukuumlnftiger Ruumlkshy

- 229shy

kcnbeschwcrdcn mit seinen Folgen zu minimieren Hier sol1 insbesondere Beeintraumlchtigungen

durch RuumlckcnschmerLcn vorgebeugt werden

32 Merkmale Ablauf und Elemente des Programms

Das Verhaltensprogramm Ruumlckhalt fur den Al1tag - in 7 Schritten richtet sich an arbeitsfaumlshy

hige Personen innerhalb der Finanzverwaltung die eine uumlberwiegend sitzende Taumltigkeit ausshy

uumlben bereits unter Ruumlckensclunerzen gelitten haben und einem im Vorsorgecheck des o g

Gesundheitsprogramms ermittelten mittleren oder hohen Risiko unterliegen zukuumlnftige Ruumlkshy

kenschmcrzen zu entwickeln Das Training ist auf eine Gruppengroumlszlige von 8-12 Personen

ausgerichtet und findet in insgesamt sieben 90-minuumltigen woumlchentlichen Sitzungen statt

Themen der einzelnen Sitzungen sind Informationen und Wissenswertes uumlber Ruumlckenbeshy

schwerden und Haltung Informationen zur Wirbelsaumlule zu Baumlndern Bandscheiben und Musshy

kulatur sowie Sport Bewegung und Entspannung Ferner werden Zusammenhaumlnge des bioshy

psychosozialen Erklaumlrungsmodells in al1gemeinverstaumlndlicher Weise erarbeitet und verdeutshy

licht und das inuner wieder auftauchende Model1 - der Kreislauf des Schmerzes - eingeflihrt

Im Verlauf des Trainings werden Strategien zum Thema Genuss und Aufmerksamkeitslenshy

kung zur Beeinflussung hinderlicher und den Schmerz beguumlnstigender Gedanken sowie Strashy

tegien zur Foumlrderung von Al1tagsbalance vermittelt und cingeuumlbt Ein Uumlberblick uumlber den Abshy

lauf des Programms findet sich in Bild 3-1

Sitzung Inhalt I Ruumlckenschmerz Ziele Uumlbersicht Infonnationen zu Ruumlckenschmerzen und Haltung Ruumlckenshy- was tun uumlbunKen 1 Wunderwerk Informationen zu Wirbelsaumlule Bandscheiben Nerven Muskeln und AnspanshyRUumlcken nung Entspannung Ruumlckenuumlbungen 3 Die Schmerzshy Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung (Stoumlrungsmodelle) Hindernisse schleu~e sich zu bewegen Genuss Entspannung Ruumlckenuumlbungen

Gefiihle und Gedanken Gedankenlawine Gedankenstopptechniken hilfreiche 4 Denkste Gedanken Entspannung Ruumlckenuumlbungen

5 Im Zentrum der Gedanken und Koumlrperreaktionen Strategien der internen und externen Aurmerksamkeit Aufmerksamkeitslenkung Entspannung Ruumlckenuumlbul1gCn

Alltagsbalance Energiekuchen Strategien zum Umgang mit Stress Entspanshy6 Balance-Akt nung Ruumlckenuumlbungen Wiederholung Vertiefung Transfer EntspannW1g Ruumlckenuumlbungen7 Null Problemo

Bild 3-1 Inhalte des Trainings Ruumlckhalt fUr den Alltag - in 7 Schritten

- 230shy

Im Gegensatz zu klassischen Bewegungsprogrammen und Ruumlckenschulen liegt der Fokus

nicht auf schweiszligtreibenden Uumlbungen zum Muskelaufbau sondern auf zahlreichen kurzen

Uumlbungen die sieh auch rur den Einsatz arn Arbeitsplatz eignen Das Training kann in Allshy

tagskleidung und in den jeweiligen Raumlumlichkeiten des Arbeitsplatzes erfolgen es senkt dashy

durch die Huumlrden fLir eine Teilnahme

Es beruht auf verhaltensmedizinischen bzw -therapeutischen Grundlagen wie z B denen des

biopsychosozialen Modells der Ruumlckenschmerzen und der Verhaltensanalyse und bedient

sich verhaltenstherapeutiseher Methodik (Aufklaumlrung Aktivienmg Konfrontation positive

Verstaumlrkung ete) Es wurde bzgl Sprache Auswahl und Durchfuhrung der Uumlbungen an den

Arbeitskontext der Finanzverwaltung angepasst und zielt auf die Foumlrderung bestehender Resshy

sourcen sowie des Selbstrnanagements rur einen gesunden Umgang mit der eigenen Ruumlckenshy

gesundheit ab

Neben den woumlchentlichen Sitzungen stellen Hausaufgaben und eine regelmaumlszligige telefonische

Begleitung zwischen den Sitzungen das Telefon-Coaching wichtige Elemente des Trainings

dar Hausaufgaben beziehen sich jeweils auf die in den Sitzungen neu erlernten Strategien und

sind in Form von Arbeitsblaumlttern aufbereitet die dem Teilnehmer die Uumlbung zwischen den

Sitzungen und die vertiefende Auseinandersetzung mit den Inhalten ermoumlglichen sollen Arshy

beits- und Informationsblaumltter werden in ein individuelles Arbeitsbuch einsortiert so dass die

Teilnehmer im Laufe des Trainings ihre persoumlnliohen Rlickenblicher zusammenstellen das

auch nach Ablauf des Trainings noch weiter zur Aufrechterhaltung des Gelernten und zur

Ruumlckbesinnung auf die eigenen Ressourcen und Kompetenzen genutzt werden kann Das Teshy

lefonmiddotCoaching dient der Unterstuumltzung des Selbstmanagements Die Teilnehmer werden vom

Trainervon der Trainerin fur bereits eingesetzte Strategien und Erfolge durch entsprechende

Ruumlckmeldung positiv verstaumlrkt bei Schwierigkeiten und Hindernissen motiviert und untershy

stuumltzt

Um den Teilnehmern welche sich in einer Gruppe bestehend aus Arbeitskollegen und u U

Vorgesetzten wiederfinden die Moumlglichkeit zu gewaumlhren ihre Privatsphaumlre zu schuumltzen sind

Uumlbungen darauf ausgerichtet und abgewandelt eigene Erlebensinhalte und Erfahrungen waumlhshy

rend der Uumlbung zu ermoumlglichen Auf anschlieszligenden Erfahrungsaustausch zur Erarbeitung der

Inhalte wird jedoch verzichtet bzw den Teilnehmern optional angeboten Um Inhalte die

durch die Uumlbungen verdeutlicht werden sollen dennoch erarbeiten zu koumlnnen wird stell vershy

- 231 shy

tretend fLir die fehlenden Teilnehmergespraumlchsbeitraumlge eine virtuelle Modellperson vorgeshy

stellt die alle Kriterien rur eine Teilnahme am Programm errullt und deren Beitraumlge im Anshy

schluss an durchgefLihrte Uumlbungen vorgestellt sowie mit den Teilnelunern diskutiert werden

Jede Sitzung ist nach einem wiederkehrenden Muster aufgebaut Zu Beginn steht die Einfuhshy

rung des Oberthemas der entsprechenden Sitzung in Form einer Uumlbung oder einer Praumlsentatishy

on Nach Informationsvermittlung theoretischer Grundlagen folgen entsprechende Strategien

zum Einsatz im Alltag die den Teilnehmern vorgestellt von ihnen selbst erarbeitet und ggf

ausprobiert werden

Da Bewegung und Aktivierung eine wichtige Rolle rur die Foumlrderung der Rlickengesundheit

darstellen sind Bewegungsuumlbungen die nach geringem Zeitaufwand geringem Schweregrad

und einfacher Anwendbarkeit am Arbeitsplatz ausgewaumlhlt sind Bestandteil jeder Sitzung Ab

Sitzung zwei gilt aumlhnliches auch fiir EntspalU1ungsuumlbungen Da die Gesundheit des Ruumlckens

stark von einer gesunden wie auch belastbaren Muskulatur abhaumlngt und Schmerzen haumlufig

durch uumlbermaumlszligige Anspannung der Muskulatur zustande kommen werden in jeder Sitzung

Moumlglichkeiten vennittelt wie sich Entspannung innerhalb kurzer Zeit und mit einpraumlgsamen

Uumlbungen herstellen laumlsst Neben den Hauptthemen der einzelnen Sitzungen findet durchgaumlnshy

gig die Motivierung zur Aufnahme oder Aufrechterhaltung sportlicher Betaumltigung in der Freishy

zeit der Teilnehmer statt Unterstuumltzt wird dies im Telefon-Coaching und in einzelnen Sitzunshy

gen durch Informationsvermittlung sowie Thematisierung von Hindernissen und deren Uumlbershy

windungsmoumlglichkeiten

4 Einsatz und Evaluation

Das Verhaltenstraining wurde in vier Finanzaumlmtern durchgeftihrt Zugangsvoraussetzungen

fuumlr eine Tcilnalune am Verhaltensprogramm ist das Vorliegen eines erhoumlhten Risikos fLir die

Entwicklung von Ruumlckenschmerzen Die Risikoennittlung erfolgte im Rahmen des Gesundshy

heitsprograrruns Aktion Gesunder Ruumlcken innerhalb der Teilnahme an einer Rlickenshy

Vorsorgeuntersuchung dem sog Rlickencheck Anhand eines Fragebogens zu Staumlrken und

Risiken fuumlr die Ruumlckengesundheit wurde hier das Risiko der Teilnehmer berechnet und eine

Empfehlung fuumlr die Teilnalune am Verhaltensprogramm ausgesprochen wenn ein mittleres

oder hohes Risiko vorlag Insgesamt erhielten diese Empfehlung 193 Personen von denen 50

Personen der Empfehlung nachkamen und am Verhaltenstraining tei lnahmen Das entspricht

- 232shy

einer Teilnahmequote von 2591 Die Teilnehmer waren durchschnittlich 4503 (SD 879)

Jahre alt 82 der Teilnehmer waren weiblich

Die Trainings wurden je nach Kapazitaumlt und Terminmoumlglichkeiten wenige Wochen in Anshy

schluss an die Vorsorgeuntersuchung Ruumlckencheck durchgefuumlhrt

41 Design Stichprobe und Erfolgsindikatoren

Der Einsatz des Verhaltensprogramms wurde im Wartelisten-Kontrollgruppen-Design evalushy

iert Die Teilnehmer des Verhaltensprogramms (Interventionsgruppe n = 10) nahmen jeweils

an einer Fragebogenerhebung zu Beginn des Programms (prauml) und einer zweiten Erhebung

nach Beendigung des Programms (Post) teil Gleichzeitig wurden in einer weiteren Gruppe

(Kontrollgruppe n = 30) Messungen zu vergleichbaren Zeitpunktcn durchgefiihrt ohne dass

diese Gruppe in der Zwischenzeit ein Training erhielt Das Verhaltensprogramm wurde in der

Wartelisten-Kontrollgruppe im Anschluss an die zweite Messung durchgefuumlhrt Aufgrund der

Einbindung der Evaluation in das laufende Geschehen des Gesundheitsmanagements mussten

die Gegebenheiten der Finanzbehoumlrden beruumlcksiChtigt werden und es konnte keine randomishy

sierte Zuteilung zu den Gruppen erfolgen

Der Trainingseffekt wurde durch verschiedene Indikatoren fuumlr einzelne Risiko- und Schutzshy

faktoren auf Erlebens- (Schmerzintensitaumlt Beeintraumlchtigungserleben) emotionaler

(Angst sich zu bewegen Depressivitaumlt) kognitiver (Angst-Vermeidungs-Gedanken

Selbstwirksamkeit) und Verhaltensebene (Allgemeine Bewegungsaktivitaumlt Zeit die

woumlchentlich rur Sport aufgebracht wird) gemessen Im Rahmen des vorliegenden Beitrags

werden die Ergebnisse folgender ausgewaumlhlter verhaltensbezogener und kognitiver Indikatoshy

ren dargestellt die sich auf die Unterstuumltzung und Foumlrderung persoumlnlicher Ressourcen bezie shy

hen die Zeit in Minuten die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wurde (Wie viel Zeit hashy

ben Sie sich bisher in der Wochen genommen um Sport zu treiben) die Allgemeine Beshy

wegungsaktivitaumlt (Bitte geben Sie an wie hoch Sie Ihre alltaumlgliche koumlrperliche Bewegung

einschaumltzen lI-stufige Antwortskala) und die Selbstwirksamkeit der Teilnehmer (7 HemS

in Anlehnung an Jerusalem 4-stufige Antwortskala Cronbachs a 839 - 919) Es besteht die

Annahme dass bei Wirksamkeit des Programms die erhobenen Werte der ausgewaumlhlten Indi shy

katoren nach Teilnahme am Verhaltensprogramm und somit nach Schulung Foumlrderung von

Copingstrategien und Kompetenzen sowie Motivienmg ansteigen waumlhrend in der Kontrollshy

- 233 shy

gruppe die zum zweiten Messzeitpunkt noch kein Training erhalten hatte keine Veraumlnderunshy

gen auftretcn

Die Unterschiede zwischen den Gruppen und der Veraumlnderungen uumlber die Zeit wurden vari shy

anzanalytisch uumlberpruumlft (ANOVA mit Messwiederholung)

42 Ergebnisse

Fuumlr die ausgewaumlhlten Indikatoren laumlsst sich folgendes beobachten In der Interventionsgruppe

steigt von Prauml- zu Postmessung die zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wurde von

einem Mittelwert von 125 Minuten (SD 10168) zu einem Mittelwert von 19889 (SD

20739) waumlhrend in der Kontrollgruppe die in der Zwischenzeit keine Intervention crhielt ein

deutlicher Ruumlckgang von erstcr (M 20467 SD 19785) zu zweiter Messung (M 16308 SD

13635) zu beobachten ist Die Allgemeine Bewegungsaktivitaumll verzeichnet in der Intervenshy

tionsgruppe einen Anstieg der Mittelwerte von 36 (SD 178) auf 533 (SD 158) waumlhrend die

Werte irulerhalb der Kontrollgruppe beinahe unveraumlndert bleiben Die Selbstwirksamkeit

steigt in der Interventionsgruppe von 261 (SD 073) auf 303 (048) In der Kontrollgruppe

wird ebenfalls ein tendenzieller Anstieg beobachtet welcher jedoch nicht so deutlich ausfaumll1t

wie in der Interventionsgruppe Einen Uumlberblick uumlber Mittelwerte Standardabweichungen

und Effektstaumlrken liefert Bild 4-1

IntcntnlionSitrUPIl Konll9l nlDDt I ~~~~~~ rllppt

Tl S _ I_ TI _ 10Tl TI 1( c 28 I IC rillC 1kIunpakll-idl M 1 SJl $ 13 5tNoumlb SD) ( 1 1) f l SS) (2IIU (207) 1 192 Imiddot ~ idln ich Sport M IIS 1Of~7 16301bull inlln )Iillllttn (sO) 1 046 1092(1U1(t) 1t07l) 11J71S) ll lOS)

~intkt1 1 21 J 03 J7lt)cldurcllcin Sbl 1-4) (074) ISO) lO7) l041) (0S9) N - 19)

Bild 4-1 Mittelwerte und Standardabweichungen der ausgewaumlhlten Indikatoren fuumlr Intershy

ventions- und KontroUgruppe zu den Messzeitpunkten TI und T2 und Effektstaumlrshy

ken der Interventionsgruppe

In der varianzanalytischen Auswertung ergeben sich signifikante Interaktionseffekte zwischen

Zeit und Gruppe fuumlr Zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wird (F (1 33) = 6558 p lt

051]2 166) und Al1gemeine Bewegungsaktivitaumlt (F (135) = 10650 P lt 0 I 1]2 = 239)

- 234shy

(siehe Bild 4-2) Das bedeutet dass Veraumlnderungen der beobachteten Messwerte nicht durch

zuPdllige Veraumlnderungen uumlber die Zeit sondern durch Wechselwirkungen zwischen Zeiteffekshy

ten und Gruppenzugehoumlrigkeit zustande kommen Die Zugehoumlrigkeit zur Interventionsgruppe

dh die Teilnahme am Verhaltensprogramm wirkt sich auf die Steigerung der woumlchentlichen

Zeit fuumlr Sport und der allgemeinen Bewegungsaktivitaumlt aus

1d IIr ~

~ 50

t

I==shy~~

shy

__ 09-shy

~6308

~~lUl 1=shybull ~

r ~ ~~~

~

I bull

11 T

Bild 4-2 Veraumlnderungen der durchschnittlichen Zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgeshy

bracht wird in Minuten und der Bewegungsaktivitaumlt von Messzeitpunkt T I zu

T 2 fuumlr Interventions- und Kontrollgruppe

Innerhalb der Interventionsgmppe zeigen sich sowohl fuumlr die Veraumlnderungen der Variablen

Allgemeine Bewegungsaktivitaumlt (d = 102 CI +- 096) als auch fLir Selbstwirksamkeit (d

= 108 CI +- 096) von Messzeitpunkt eins zu Messzeitpunkt zwei starke Effekte

5 Fazit

Trotz geringer Stichprobengroumlszlige weisen die Ergebnisse der vorliegenden Evaluation des Vershy

haltensprogramms Ruumlckhalt fLir den Alltag - in 7 Schritten auf eine Wirksamkeit bzgl Vershy

haltensaumlnderungen bzw Aumlnderungen der Selbstwirksamkeitseinschaumltzung auf Seiten der teil shy

nehmenden Beschaumlftigten hin Durch Schulung und Training von Fertigkeiten zum Umgang

mit Ruumlckenschmerzen durch Foumlrderung von Ressourcen und Selbstmanagement mit Hilfe des

praumlventiven verhaltenstherapeutisch orientierten Verhaltensprogramms kommt es zu einer

Steigerung der allgemeinen Bewegungsaktivitaumlt und die Beschaumlftigten investieren deutlich

mehr Zeit fLir sportliche Aktivitaumlten Signifikante Interaktionseffekte innerhalb der Varianzshy

analyse mit Messwiederholung weisen auf einen Einfluss des Verhaltensprogramms auf die

Verhaltensaumlnderung hin Fuumlr Verbesserungen der Selbstwirksamkeit lassen sich bei Teilnehshy

- 235 shy

mem des Verhaltensprogramms starke Effekte beobachten welche jedoch durch die varianzshy

analytische Auswertung nicht unterstuumltzt werden

Da durch den vorgegebenen Ralunen des Gesundheitsprogramms und des Gesundheitsmanashy

gementsystems keine Randomisierung der Gruppen moumlglich war und die Trainings im spezishy

ellen Kontext der Finanzverwaltung angeboten wurden wird eine weitere Evaluation erforshy

derlich sein um eine Generalisierung der erzielten Ergebnisse zu ermoumlglichen

Dennoch deuten die vorliegenden Ergebnisse darauf hin dass durch die Foumlrderung von koumlrshy

perlicher Aktivitaumlt und Selbstwirksamkeit psychologische R isikofaktoren wie Schonverhaltcn

Vermeidung und geringe Selbstwirksamkeitserwartung reduziert und somit die Wahrscheinshy

lichkeit fuumlr die Entwicklung zukuumlnftiger Ruumlckenschmerzen und damit zusammenhaumlngender

Beeintraumlchtigung eingeschraumlnkter Leistungsfahigkeit und drohender Arbeitsunfahigkeit vershy

ringert werden koumlnnen

Der geringe zeitliche Aufwand des Verhaltensprogramms von sieben Sitzungen in sieben

Wochen und damit eine einfache und unkomplizierte Handhabung zusammen mit diesen

Hinweisen auf Wirksamkeit bzgl einer Reduktion von Risikofaktoren und einer Foumlrderung

von Ressourcen und Kompetenzen steigern die Attraktivitaumlt des Programms sowohl fuumlr das

Unternehmen als auch fuumlr Beschaumlftigte

Literaturverzeichnis

Burton A K Tillotson K M Main C J Hollis S (1995) Psychosocial Predictors of outshycome in acute and subchronic low back trouble Spine 20 S 722-728

Carroll L J Cassidy J D Coumlte P (2004) Depression as a risk factor for onset of an epishysode oftroublesome neck and low back pain Pain 107 S 134- 139

Hestbaek L Leboeuf-Yde C Engberg M Lauritzen T Bruun N H Malmiche C (2003) The course of low back pain in a general population Results from a 5-year proshyspective study Journal of Manipulative and Physiological Therapeutics 26 (4) S 213shy219

Klenennan L Slade P D Stanley M E (1995) The prediction of chronicity in patients with an acute attack of low back pain in a general practice setting Spine 20 S 478-84

KOhimann T (2003) Muskuloskelettale Schmerzen in der Bevoumllkerung Der Schmerz 17 (6) S405-411

- 236shy

Linton S J (2005) Do psychological factors increase the risk for back pain in the general population in both a cross-sectional and prospective analysis European Journal of Pain

9 S 355-361

Luumlhmann D Zimolong B (2006) Praumlvention von Ruumlckenerkrankungen in der Arbeitswelt In Badura B Schellschmidt H Vetter C (Hrsg) Fehlzeitenreport 2006 S 63-97

Berlin Springer

McCracken L M Turk D C (2002) Behavioral and cognitive-behavioral treatments for

chronic pain Spine 15 S 2564-2573

Morley S Eccleston C Williams A ( 999) Systematic review and meta-analysis of ranshydomized controlled trials of cognitive behaviour therapy and behaviour therapy for

chronic pain in adults excluding headache Pain 80 1-13

Pfingsten M (2004) Psychologische Faktoren In Hildebrandt et al (Hrsg) Die Lendenwirshy

belsaumlule (S 328-339) Muumlnchen Urban amp Fischer

- 237shy

Gefaumlhrdungsbeurteilung Psychische Belastung (GPB) bei der Daimler AG

Ursula SpeIlenberg Kai Taddicken

1 Einleitung

Das Thcmenfeld psychische Belastung wird im gesellschaftlichen Kontext seit einigen Jahren

zunclunend als ein volks- und betriebswirtschaftlicher Problembereich diskutiert Es krull der

Eindruck entstehen dass es sich dabei um ein Trend-Thema handelt wld durch verschiedenste

Organisationen und Verbaumlnde verstaumlrkt eine Politisierung erfahrt

Auch im Betrieb gewirmt die Thematik psychische Belastung immer mehr an Bedeutung und

stellt viele Unternelunen gleichzeitig vor das Problem wie mm den Auswirkungen dieses

Phaumlnomens entgegnen kann Das Auftreten psychischer Belastwlgen in der Arbeitswelt ist

unumstritten und die aktuelle Brisanz um das Thema zeigt dass nach wie vor Infonnationen

und Handlungshilfen rur alle am Arbeitsprozess beteiligten Parteien notwendig sind Derm die

Beruumlcksichtigung von psychischen Belastungen ist nicht nur im Rahmen der gesetzlichen Geshy

fahrdungsbeurteilung ein Thema Ebenso ist es wichtig sich mit der Erfassung und Bewershy

tung psychischer Belastung zu beschaumlftigen um eine wettbewerbsfahige Belegschaft zu geshy

waumlhrleisten

Der vorliegende Beitrag beschaumlftigt sich zunaumlchst mit den Begrifflichkeiten und Hintergruumlnshy

den im Themenfeld psychische Belastungen allgemein geht darm auf die Gefahrdwlgsbeurshy

teilung ein und beschreibt anschlieszligend die Aktivitaumlten der Daimler AG im Bereich psychishy

sche Belastungen

2 Psychische Belastung in der Arbeitswelt

Fuumlr eine sachliche Bearbeitung der Thematik bedarf es zunaumlchst der Entwicklung eines geshy

meinsamen Verstaumlndnisses zum Thema psychische Belastung Die Aufmerksrunkeit im Ausshy

tausch uumlber psychische Belastung wird zumeist einseitig auf einen bestimmten Teil der Geshy

sellschaft gelenkt - auf die Arbeitswelt

- 228shy

22 Maszlignahmen

Zur Behandlung von Ruumlckenschmerzen koumlnnen unterschiedliche Maszlignahmen herangezogen

werden Neben klassischen Ansaumltzen wie medikamentoumlser Behandlung Ruumlckenschule Lenshy

denstuumltzguumlrtel Akupunktur und Massage etc erweisen sich verhaltenstherapeutisch ausgeshy

richtete Angebote als besonders wirksam (McCrackenlTurk 2002) Sie bewirken Veraumlnderunshy

gen im SchmerzerIeben Verbesserung des al1gemeinen Funktionsniveaus und verringerte Inshy

anspruchnahme von Leistungen des Gesundheitssystems Kognitiv-behavioral ausgerichtete

Behandlungsangebote erweisen sich hier nicht nur im Vergleich zu Wartelistenshy

Kontrol1gruppen sondern auch gegenuumlber alternativen Behandlungsangeboten wie z B Bioshy

Feedback und Pharmakotherapie als wirksam (MorleylEcclestoneWilliams 1999) Sie zeichshy

nen sich durch den Einsatz und die Vermittlung von Bewaumlltigungs- bzw Copingstratcgien auf

unterschiedlichen Ebenen aus Verhaltenstherapeutisch orientierte Behandlungsansaumltze greishy

fen auf verhaltenstherapeutische Methoden wie z B Entspannung Aktivitaumltenaufbau sowie

kognitive Techniken zur Veraumlnderung von gedanklichen Bewertungen und emotionalen Reakshy

tionen zuruumlck

Um Veraumlnderungen im Verhalten der Beschaumlftigten zu erzielen und somit Risikofaktoren fur

Ruumlckenbeschwerden und damit die Gefahr von Chronifizierung schweren Beeintraumlchtigunshy

gen und Arbeitsunflihigkeit zu beseitigen soHten verhaltenstherapeutisch orientierte praumlvenshy

tiv ausgerichtete Angebote eingesetzt werden die die Beschaumlftigten bzgl angemessenen Umshy

gangs mit Ruumlckenschmerzen schulen ihre Ressourcen staumlrken und ihren Handlungsspielraum

somit erweitern

3 Verhaltensprogramm Ruumlckhalt fuumlr den AHtag - in 7 Schritten als Bestandteil eishy

nes Gesundheitsmanagementsystems

31 Ziele des Programms

Durch das praumlventive und verhaltenstherapeutiscb orientierte Verhaltensprogramm Ruumlckhalt

fUr den Alltag - in 7 Schritten sollen Risikofaktoren abgebaut und Kompetenzen und Resshy

sourcen der Beschaumlftigten in Hinblick auf den Umgang mit Ruumlckenschmerzen und beschwershy

den gefoumlrdert werden um somit die Wahrscheinlichkeit filr ein Auftreten zukuumlnftiger Ruumlkshy

- 229shy

kcnbeschwcrdcn mit seinen Folgen zu minimieren Hier sol1 insbesondere Beeintraumlchtigungen

durch RuumlckcnschmerLcn vorgebeugt werden

32 Merkmale Ablauf und Elemente des Programms

Das Verhaltensprogramm Ruumlckhalt fur den Al1tag - in 7 Schritten richtet sich an arbeitsfaumlshy

hige Personen innerhalb der Finanzverwaltung die eine uumlberwiegend sitzende Taumltigkeit ausshy

uumlben bereits unter Ruumlckensclunerzen gelitten haben und einem im Vorsorgecheck des o g

Gesundheitsprogramms ermittelten mittleren oder hohen Risiko unterliegen zukuumlnftige Ruumlkshy

kenschmcrzen zu entwickeln Das Training ist auf eine Gruppengroumlszlige von 8-12 Personen

ausgerichtet und findet in insgesamt sieben 90-minuumltigen woumlchentlichen Sitzungen statt

Themen der einzelnen Sitzungen sind Informationen und Wissenswertes uumlber Ruumlckenbeshy

schwerden und Haltung Informationen zur Wirbelsaumlule zu Baumlndern Bandscheiben und Musshy

kulatur sowie Sport Bewegung und Entspannung Ferner werden Zusammenhaumlnge des bioshy

psychosozialen Erklaumlrungsmodells in al1gemeinverstaumlndlicher Weise erarbeitet und verdeutshy

licht und das inuner wieder auftauchende Model1 - der Kreislauf des Schmerzes - eingeflihrt

Im Verlauf des Trainings werden Strategien zum Thema Genuss und Aufmerksamkeitslenshy

kung zur Beeinflussung hinderlicher und den Schmerz beguumlnstigender Gedanken sowie Strashy

tegien zur Foumlrderung von Al1tagsbalance vermittelt und cingeuumlbt Ein Uumlberblick uumlber den Abshy

lauf des Programms findet sich in Bild 3-1

Sitzung Inhalt I Ruumlckenschmerz Ziele Uumlbersicht Infonnationen zu Ruumlckenschmerzen und Haltung Ruumlckenshy- was tun uumlbunKen 1 Wunderwerk Informationen zu Wirbelsaumlule Bandscheiben Nerven Muskeln und AnspanshyRUumlcken nung Entspannung Ruumlckenuumlbungen 3 Die Schmerzshy Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung (Stoumlrungsmodelle) Hindernisse schleu~e sich zu bewegen Genuss Entspannung Ruumlckenuumlbungen

Gefiihle und Gedanken Gedankenlawine Gedankenstopptechniken hilfreiche 4 Denkste Gedanken Entspannung Ruumlckenuumlbungen

5 Im Zentrum der Gedanken und Koumlrperreaktionen Strategien der internen und externen Aurmerksamkeit Aufmerksamkeitslenkung Entspannung Ruumlckenuumlbul1gCn

Alltagsbalance Energiekuchen Strategien zum Umgang mit Stress Entspanshy6 Balance-Akt nung Ruumlckenuumlbungen Wiederholung Vertiefung Transfer EntspannW1g Ruumlckenuumlbungen7 Null Problemo

Bild 3-1 Inhalte des Trainings Ruumlckhalt fUr den Alltag - in 7 Schritten

- 230shy

Im Gegensatz zu klassischen Bewegungsprogrammen und Ruumlckenschulen liegt der Fokus

nicht auf schweiszligtreibenden Uumlbungen zum Muskelaufbau sondern auf zahlreichen kurzen

Uumlbungen die sieh auch rur den Einsatz arn Arbeitsplatz eignen Das Training kann in Allshy

tagskleidung und in den jeweiligen Raumlumlichkeiten des Arbeitsplatzes erfolgen es senkt dashy

durch die Huumlrden fLir eine Teilnahme

Es beruht auf verhaltensmedizinischen bzw -therapeutischen Grundlagen wie z B denen des

biopsychosozialen Modells der Ruumlckenschmerzen und der Verhaltensanalyse und bedient

sich verhaltenstherapeutiseher Methodik (Aufklaumlrung Aktivienmg Konfrontation positive

Verstaumlrkung ete) Es wurde bzgl Sprache Auswahl und Durchfuhrung der Uumlbungen an den

Arbeitskontext der Finanzverwaltung angepasst und zielt auf die Foumlrderung bestehender Resshy

sourcen sowie des Selbstrnanagements rur einen gesunden Umgang mit der eigenen Ruumlckenshy

gesundheit ab

Neben den woumlchentlichen Sitzungen stellen Hausaufgaben und eine regelmaumlszligige telefonische

Begleitung zwischen den Sitzungen das Telefon-Coaching wichtige Elemente des Trainings

dar Hausaufgaben beziehen sich jeweils auf die in den Sitzungen neu erlernten Strategien und

sind in Form von Arbeitsblaumlttern aufbereitet die dem Teilnehmer die Uumlbung zwischen den

Sitzungen und die vertiefende Auseinandersetzung mit den Inhalten ermoumlglichen sollen Arshy

beits- und Informationsblaumltter werden in ein individuelles Arbeitsbuch einsortiert so dass die

Teilnehmer im Laufe des Trainings ihre persoumlnliohen Rlickenblicher zusammenstellen das

auch nach Ablauf des Trainings noch weiter zur Aufrechterhaltung des Gelernten und zur

Ruumlckbesinnung auf die eigenen Ressourcen und Kompetenzen genutzt werden kann Das Teshy

lefonmiddotCoaching dient der Unterstuumltzung des Selbstmanagements Die Teilnehmer werden vom

Trainervon der Trainerin fur bereits eingesetzte Strategien und Erfolge durch entsprechende

Ruumlckmeldung positiv verstaumlrkt bei Schwierigkeiten und Hindernissen motiviert und untershy

stuumltzt

Um den Teilnehmern welche sich in einer Gruppe bestehend aus Arbeitskollegen und u U

Vorgesetzten wiederfinden die Moumlglichkeit zu gewaumlhren ihre Privatsphaumlre zu schuumltzen sind

Uumlbungen darauf ausgerichtet und abgewandelt eigene Erlebensinhalte und Erfahrungen waumlhshy

rend der Uumlbung zu ermoumlglichen Auf anschlieszligenden Erfahrungsaustausch zur Erarbeitung der

Inhalte wird jedoch verzichtet bzw den Teilnehmern optional angeboten Um Inhalte die

durch die Uumlbungen verdeutlicht werden sollen dennoch erarbeiten zu koumlnnen wird stell vershy

- 231 shy

tretend fLir die fehlenden Teilnehmergespraumlchsbeitraumlge eine virtuelle Modellperson vorgeshy

stellt die alle Kriterien rur eine Teilnahme am Programm errullt und deren Beitraumlge im Anshy

schluss an durchgefLihrte Uumlbungen vorgestellt sowie mit den Teilnelunern diskutiert werden

Jede Sitzung ist nach einem wiederkehrenden Muster aufgebaut Zu Beginn steht die Einfuhshy

rung des Oberthemas der entsprechenden Sitzung in Form einer Uumlbung oder einer Praumlsentatishy

on Nach Informationsvermittlung theoretischer Grundlagen folgen entsprechende Strategien

zum Einsatz im Alltag die den Teilnehmern vorgestellt von ihnen selbst erarbeitet und ggf

ausprobiert werden

Da Bewegung und Aktivierung eine wichtige Rolle rur die Foumlrderung der Rlickengesundheit

darstellen sind Bewegungsuumlbungen die nach geringem Zeitaufwand geringem Schweregrad

und einfacher Anwendbarkeit am Arbeitsplatz ausgewaumlhlt sind Bestandteil jeder Sitzung Ab

Sitzung zwei gilt aumlhnliches auch fiir EntspalU1ungsuumlbungen Da die Gesundheit des Ruumlckens

stark von einer gesunden wie auch belastbaren Muskulatur abhaumlngt und Schmerzen haumlufig

durch uumlbermaumlszligige Anspannung der Muskulatur zustande kommen werden in jeder Sitzung

Moumlglichkeiten vennittelt wie sich Entspannung innerhalb kurzer Zeit und mit einpraumlgsamen

Uumlbungen herstellen laumlsst Neben den Hauptthemen der einzelnen Sitzungen findet durchgaumlnshy

gig die Motivierung zur Aufnahme oder Aufrechterhaltung sportlicher Betaumltigung in der Freishy

zeit der Teilnehmer statt Unterstuumltzt wird dies im Telefon-Coaching und in einzelnen Sitzunshy

gen durch Informationsvermittlung sowie Thematisierung von Hindernissen und deren Uumlbershy

windungsmoumlglichkeiten

4 Einsatz und Evaluation

Das Verhaltenstraining wurde in vier Finanzaumlmtern durchgeftihrt Zugangsvoraussetzungen

fuumlr eine Tcilnalune am Verhaltensprogramm ist das Vorliegen eines erhoumlhten Risikos fLir die

Entwicklung von Ruumlckenschmerzen Die Risikoennittlung erfolgte im Rahmen des Gesundshy

heitsprograrruns Aktion Gesunder Ruumlcken innerhalb der Teilnahme an einer Rlickenshy

Vorsorgeuntersuchung dem sog Rlickencheck Anhand eines Fragebogens zu Staumlrken und

Risiken fuumlr die Ruumlckengesundheit wurde hier das Risiko der Teilnehmer berechnet und eine

Empfehlung fuumlr die Teilnalune am Verhaltensprogramm ausgesprochen wenn ein mittleres

oder hohes Risiko vorlag Insgesamt erhielten diese Empfehlung 193 Personen von denen 50

Personen der Empfehlung nachkamen und am Verhaltenstraining tei lnahmen Das entspricht

- 232shy

einer Teilnahmequote von 2591 Die Teilnehmer waren durchschnittlich 4503 (SD 879)

Jahre alt 82 der Teilnehmer waren weiblich

Die Trainings wurden je nach Kapazitaumlt und Terminmoumlglichkeiten wenige Wochen in Anshy

schluss an die Vorsorgeuntersuchung Ruumlckencheck durchgefuumlhrt

41 Design Stichprobe und Erfolgsindikatoren

Der Einsatz des Verhaltensprogramms wurde im Wartelisten-Kontrollgruppen-Design evalushy

iert Die Teilnehmer des Verhaltensprogramms (Interventionsgruppe n = 10) nahmen jeweils

an einer Fragebogenerhebung zu Beginn des Programms (prauml) und einer zweiten Erhebung

nach Beendigung des Programms (Post) teil Gleichzeitig wurden in einer weiteren Gruppe

(Kontrollgruppe n = 30) Messungen zu vergleichbaren Zeitpunktcn durchgefiihrt ohne dass

diese Gruppe in der Zwischenzeit ein Training erhielt Das Verhaltensprogramm wurde in der

Wartelisten-Kontrollgruppe im Anschluss an die zweite Messung durchgefuumlhrt Aufgrund der

Einbindung der Evaluation in das laufende Geschehen des Gesundheitsmanagements mussten

die Gegebenheiten der Finanzbehoumlrden beruumlcksiChtigt werden und es konnte keine randomishy

sierte Zuteilung zu den Gruppen erfolgen

Der Trainingseffekt wurde durch verschiedene Indikatoren fuumlr einzelne Risiko- und Schutzshy

faktoren auf Erlebens- (Schmerzintensitaumlt Beeintraumlchtigungserleben) emotionaler

(Angst sich zu bewegen Depressivitaumlt) kognitiver (Angst-Vermeidungs-Gedanken

Selbstwirksamkeit) und Verhaltensebene (Allgemeine Bewegungsaktivitaumlt Zeit die

woumlchentlich rur Sport aufgebracht wird) gemessen Im Rahmen des vorliegenden Beitrags

werden die Ergebnisse folgender ausgewaumlhlter verhaltensbezogener und kognitiver Indikatoshy

ren dargestellt die sich auf die Unterstuumltzung und Foumlrderung persoumlnlicher Ressourcen bezie shy

hen die Zeit in Minuten die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wurde (Wie viel Zeit hashy

ben Sie sich bisher in der Wochen genommen um Sport zu treiben) die Allgemeine Beshy

wegungsaktivitaumlt (Bitte geben Sie an wie hoch Sie Ihre alltaumlgliche koumlrperliche Bewegung

einschaumltzen lI-stufige Antwortskala) und die Selbstwirksamkeit der Teilnehmer (7 HemS

in Anlehnung an Jerusalem 4-stufige Antwortskala Cronbachs a 839 - 919) Es besteht die

Annahme dass bei Wirksamkeit des Programms die erhobenen Werte der ausgewaumlhlten Indi shy

katoren nach Teilnahme am Verhaltensprogramm und somit nach Schulung Foumlrderung von

Copingstrategien und Kompetenzen sowie Motivienmg ansteigen waumlhrend in der Kontrollshy

- 233 shy

gruppe die zum zweiten Messzeitpunkt noch kein Training erhalten hatte keine Veraumlnderunshy

gen auftretcn

Die Unterschiede zwischen den Gruppen und der Veraumlnderungen uumlber die Zeit wurden vari shy

anzanalytisch uumlberpruumlft (ANOVA mit Messwiederholung)

42 Ergebnisse

Fuumlr die ausgewaumlhlten Indikatoren laumlsst sich folgendes beobachten In der Interventionsgruppe

steigt von Prauml- zu Postmessung die zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wurde von

einem Mittelwert von 125 Minuten (SD 10168) zu einem Mittelwert von 19889 (SD

20739) waumlhrend in der Kontrollgruppe die in der Zwischenzeit keine Intervention crhielt ein

deutlicher Ruumlckgang von erstcr (M 20467 SD 19785) zu zweiter Messung (M 16308 SD

13635) zu beobachten ist Die Allgemeine Bewegungsaktivitaumll verzeichnet in der Intervenshy

tionsgruppe einen Anstieg der Mittelwerte von 36 (SD 178) auf 533 (SD 158) waumlhrend die

Werte irulerhalb der Kontrollgruppe beinahe unveraumlndert bleiben Die Selbstwirksamkeit

steigt in der Interventionsgruppe von 261 (SD 073) auf 303 (048) In der Kontrollgruppe

wird ebenfalls ein tendenzieller Anstieg beobachtet welcher jedoch nicht so deutlich ausfaumll1t

wie in der Interventionsgruppe Einen Uumlberblick uumlber Mittelwerte Standardabweichungen

und Effektstaumlrken liefert Bild 4-1

IntcntnlionSitrUPIl Konll9l nlDDt I ~~~~~~ rllppt

Tl S _ I_ TI _ 10Tl TI 1( c 28 I IC rillC 1kIunpakll-idl M 1 SJl $ 13 5tNoumlb SD) ( 1 1) f l SS) (2IIU (207) 1 192 Imiddot ~ idln ich Sport M IIS 1Of~7 16301bull inlln )Iillllttn (sO) 1 046 1092(1U1(t) 1t07l) 11J71S) ll lOS)

~intkt1 1 21 J 03 J7lt)cldurcllcin Sbl 1-4) (074) ISO) lO7) l041) (0S9) N - 19)

Bild 4-1 Mittelwerte und Standardabweichungen der ausgewaumlhlten Indikatoren fuumlr Intershy

ventions- und KontroUgruppe zu den Messzeitpunkten TI und T2 und Effektstaumlrshy

ken der Interventionsgruppe

In der varianzanalytischen Auswertung ergeben sich signifikante Interaktionseffekte zwischen

Zeit und Gruppe fuumlr Zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wird (F (1 33) = 6558 p lt

051]2 166) und Al1gemeine Bewegungsaktivitaumlt (F (135) = 10650 P lt 0 I 1]2 = 239)

- 234shy

(siehe Bild 4-2) Das bedeutet dass Veraumlnderungen der beobachteten Messwerte nicht durch

zuPdllige Veraumlnderungen uumlber die Zeit sondern durch Wechselwirkungen zwischen Zeiteffekshy

ten und Gruppenzugehoumlrigkeit zustande kommen Die Zugehoumlrigkeit zur Interventionsgruppe

dh die Teilnahme am Verhaltensprogramm wirkt sich auf die Steigerung der woumlchentlichen

Zeit fuumlr Sport und der allgemeinen Bewegungsaktivitaumlt aus

1d IIr ~

~ 50

t

I==shy~~

shy

__ 09-shy

~6308

~~lUl 1=shybull ~

r ~ ~~~

~

I bull

11 T

Bild 4-2 Veraumlnderungen der durchschnittlichen Zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgeshy

bracht wird in Minuten und der Bewegungsaktivitaumlt von Messzeitpunkt T I zu

T 2 fuumlr Interventions- und Kontrollgruppe

Innerhalb der Interventionsgmppe zeigen sich sowohl fuumlr die Veraumlnderungen der Variablen

Allgemeine Bewegungsaktivitaumlt (d = 102 CI +- 096) als auch fLir Selbstwirksamkeit (d

= 108 CI +- 096) von Messzeitpunkt eins zu Messzeitpunkt zwei starke Effekte

5 Fazit

Trotz geringer Stichprobengroumlszlige weisen die Ergebnisse der vorliegenden Evaluation des Vershy

haltensprogramms Ruumlckhalt fLir den Alltag - in 7 Schritten auf eine Wirksamkeit bzgl Vershy

haltensaumlnderungen bzw Aumlnderungen der Selbstwirksamkeitseinschaumltzung auf Seiten der teil shy

nehmenden Beschaumlftigten hin Durch Schulung und Training von Fertigkeiten zum Umgang

mit Ruumlckenschmerzen durch Foumlrderung von Ressourcen und Selbstmanagement mit Hilfe des

praumlventiven verhaltenstherapeutisch orientierten Verhaltensprogramms kommt es zu einer

Steigerung der allgemeinen Bewegungsaktivitaumlt und die Beschaumlftigten investieren deutlich

mehr Zeit fLir sportliche Aktivitaumlten Signifikante Interaktionseffekte innerhalb der Varianzshy

analyse mit Messwiederholung weisen auf einen Einfluss des Verhaltensprogramms auf die

Verhaltensaumlnderung hin Fuumlr Verbesserungen der Selbstwirksamkeit lassen sich bei Teilnehshy

- 235 shy

mem des Verhaltensprogramms starke Effekte beobachten welche jedoch durch die varianzshy

analytische Auswertung nicht unterstuumltzt werden

Da durch den vorgegebenen Ralunen des Gesundheitsprogramms und des Gesundheitsmanashy

gementsystems keine Randomisierung der Gruppen moumlglich war und die Trainings im spezishy

ellen Kontext der Finanzverwaltung angeboten wurden wird eine weitere Evaluation erforshy

derlich sein um eine Generalisierung der erzielten Ergebnisse zu ermoumlglichen

Dennoch deuten die vorliegenden Ergebnisse darauf hin dass durch die Foumlrderung von koumlrshy

perlicher Aktivitaumlt und Selbstwirksamkeit psychologische R isikofaktoren wie Schonverhaltcn

Vermeidung und geringe Selbstwirksamkeitserwartung reduziert und somit die Wahrscheinshy

lichkeit fuumlr die Entwicklung zukuumlnftiger Ruumlckenschmerzen und damit zusammenhaumlngender

Beeintraumlchtigung eingeschraumlnkter Leistungsfahigkeit und drohender Arbeitsunfahigkeit vershy

ringert werden koumlnnen

Der geringe zeitliche Aufwand des Verhaltensprogramms von sieben Sitzungen in sieben

Wochen und damit eine einfache und unkomplizierte Handhabung zusammen mit diesen

Hinweisen auf Wirksamkeit bzgl einer Reduktion von Risikofaktoren und einer Foumlrderung

von Ressourcen und Kompetenzen steigern die Attraktivitaumlt des Programms sowohl fuumlr das

Unternehmen als auch fuumlr Beschaumlftigte

Literaturverzeichnis

Burton A K Tillotson K M Main C J Hollis S (1995) Psychosocial Predictors of outshycome in acute and subchronic low back trouble Spine 20 S 722-728

Carroll L J Cassidy J D Coumlte P (2004) Depression as a risk factor for onset of an epishysode oftroublesome neck and low back pain Pain 107 S 134- 139

Hestbaek L Leboeuf-Yde C Engberg M Lauritzen T Bruun N H Malmiche C (2003) The course of low back pain in a general population Results from a 5-year proshyspective study Journal of Manipulative and Physiological Therapeutics 26 (4) S 213shy219

Klenennan L Slade P D Stanley M E (1995) The prediction of chronicity in patients with an acute attack of low back pain in a general practice setting Spine 20 S 478-84

KOhimann T (2003) Muskuloskelettale Schmerzen in der Bevoumllkerung Der Schmerz 17 (6) S405-411

- 236shy

Linton S J (2005) Do psychological factors increase the risk for back pain in the general population in both a cross-sectional and prospective analysis European Journal of Pain

9 S 355-361

Luumlhmann D Zimolong B (2006) Praumlvention von Ruumlckenerkrankungen in der Arbeitswelt In Badura B Schellschmidt H Vetter C (Hrsg) Fehlzeitenreport 2006 S 63-97

Berlin Springer

McCracken L M Turk D C (2002) Behavioral and cognitive-behavioral treatments for

chronic pain Spine 15 S 2564-2573

Morley S Eccleston C Williams A ( 999) Systematic review and meta-analysis of ranshydomized controlled trials of cognitive behaviour therapy and behaviour therapy for

chronic pain in adults excluding headache Pain 80 1-13

Pfingsten M (2004) Psychologische Faktoren In Hildebrandt et al (Hrsg) Die Lendenwirshy

belsaumlule (S 328-339) Muumlnchen Urban amp Fischer

- 237shy

Gefaumlhrdungsbeurteilung Psychische Belastung (GPB) bei der Daimler AG

Ursula SpeIlenberg Kai Taddicken

1 Einleitung

Das Thcmenfeld psychische Belastung wird im gesellschaftlichen Kontext seit einigen Jahren

zunclunend als ein volks- und betriebswirtschaftlicher Problembereich diskutiert Es krull der

Eindruck entstehen dass es sich dabei um ein Trend-Thema handelt wld durch verschiedenste

Organisationen und Verbaumlnde verstaumlrkt eine Politisierung erfahrt

Auch im Betrieb gewirmt die Thematik psychische Belastung immer mehr an Bedeutung und

stellt viele Unternelunen gleichzeitig vor das Problem wie mm den Auswirkungen dieses

Phaumlnomens entgegnen kann Das Auftreten psychischer Belastwlgen in der Arbeitswelt ist

unumstritten und die aktuelle Brisanz um das Thema zeigt dass nach wie vor Infonnationen

und Handlungshilfen rur alle am Arbeitsprozess beteiligten Parteien notwendig sind Derm die

Beruumlcksichtigung von psychischen Belastungen ist nicht nur im Rahmen der gesetzlichen Geshy

fahrdungsbeurteilung ein Thema Ebenso ist es wichtig sich mit der Erfassung und Bewershy

tung psychischer Belastung zu beschaumlftigen um eine wettbewerbsfahige Belegschaft zu geshy

waumlhrleisten

Der vorliegende Beitrag beschaumlftigt sich zunaumlchst mit den Begrifflichkeiten und Hintergruumlnshy

den im Themenfeld psychische Belastungen allgemein geht darm auf die Gefahrdwlgsbeurshy

teilung ein und beschreibt anschlieszligend die Aktivitaumlten der Daimler AG im Bereich psychishy

sche Belastungen

2 Psychische Belastung in der Arbeitswelt

Fuumlr eine sachliche Bearbeitung der Thematik bedarf es zunaumlchst der Entwicklung eines geshy

meinsamen Verstaumlndnisses zum Thema psychische Belastung Die Aufmerksrunkeit im Ausshy

tausch uumlber psychische Belastung wird zumeist einseitig auf einen bestimmten Teil der Geshy

sellschaft gelenkt - auf die Arbeitswelt

- 230shy

Im Gegensatz zu klassischen Bewegungsprogrammen und Ruumlckenschulen liegt der Fokus

nicht auf schweiszligtreibenden Uumlbungen zum Muskelaufbau sondern auf zahlreichen kurzen

Uumlbungen die sieh auch rur den Einsatz arn Arbeitsplatz eignen Das Training kann in Allshy

tagskleidung und in den jeweiligen Raumlumlichkeiten des Arbeitsplatzes erfolgen es senkt dashy

durch die Huumlrden fLir eine Teilnahme

Es beruht auf verhaltensmedizinischen bzw -therapeutischen Grundlagen wie z B denen des

biopsychosozialen Modells der Ruumlckenschmerzen und der Verhaltensanalyse und bedient

sich verhaltenstherapeutiseher Methodik (Aufklaumlrung Aktivienmg Konfrontation positive

Verstaumlrkung ete) Es wurde bzgl Sprache Auswahl und Durchfuhrung der Uumlbungen an den

Arbeitskontext der Finanzverwaltung angepasst und zielt auf die Foumlrderung bestehender Resshy

sourcen sowie des Selbstrnanagements rur einen gesunden Umgang mit der eigenen Ruumlckenshy

gesundheit ab

Neben den woumlchentlichen Sitzungen stellen Hausaufgaben und eine regelmaumlszligige telefonische

Begleitung zwischen den Sitzungen das Telefon-Coaching wichtige Elemente des Trainings

dar Hausaufgaben beziehen sich jeweils auf die in den Sitzungen neu erlernten Strategien und

sind in Form von Arbeitsblaumlttern aufbereitet die dem Teilnehmer die Uumlbung zwischen den

Sitzungen und die vertiefende Auseinandersetzung mit den Inhalten ermoumlglichen sollen Arshy

beits- und Informationsblaumltter werden in ein individuelles Arbeitsbuch einsortiert so dass die

Teilnehmer im Laufe des Trainings ihre persoumlnliohen Rlickenblicher zusammenstellen das

auch nach Ablauf des Trainings noch weiter zur Aufrechterhaltung des Gelernten und zur

Ruumlckbesinnung auf die eigenen Ressourcen und Kompetenzen genutzt werden kann Das Teshy

lefonmiddotCoaching dient der Unterstuumltzung des Selbstmanagements Die Teilnehmer werden vom

Trainervon der Trainerin fur bereits eingesetzte Strategien und Erfolge durch entsprechende

Ruumlckmeldung positiv verstaumlrkt bei Schwierigkeiten und Hindernissen motiviert und untershy

stuumltzt

Um den Teilnehmern welche sich in einer Gruppe bestehend aus Arbeitskollegen und u U

Vorgesetzten wiederfinden die Moumlglichkeit zu gewaumlhren ihre Privatsphaumlre zu schuumltzen sind

Uumlbungen darauf ausgerichtet und abgewandelt eigene Erlebensinhalte und Erfahrungen waumlhshy

rend der Uumlbung zu ermoumlglichen Auf anschlieszligenden Erfahrungsaustausch zur Erarbeitung der

Inhalte wird jedoch verzichtet bzw den Teilnehmern optional angeboten Um Inhalte die

durch die Uumlbungen verdeutlicht werden sollen dennoch erarbeiten zu koumlnnen wird stell vershy

- 231 shy

tretend fLir die fehlenden Teilnehmergespraumlchsbeitraumlge eine virtuelle Modellperson vorgeshy

stellt die alle Kriterien rur eine Teilnahme am Programm errullt und deren Beitraumlge im Anshy

schluss an durchgefLihrte Uumlbungen vorgestellt sowie mit den Teilnelunern diskutiert werden

Jede Sitzung ist nach einem wiederkehrenden Muster aufgebaut Zu Beginn steht die Einfuhshy

rung des Oberthemas der entsprechenden Sitzung in Form einer Uumlbung oder einer Praumlsentatishy

on Nach Informationsvermittlung theoretischer Grundlagen folgen entsprechende Strategien

zum Einsatz im Alltag die den Teilnehmern vorgestellt von ihnen selbst erarbeitet und ggf

ausprobiert werden

Da Bewegung und Aktivierung eine wichtige Rolle rur die Foumlrderung der Rlickengesundheit

darstellen sind Bewegungsuumlbungen die nach geringem Zeitaufwand geringem Schweregrad

und einfacher Anwendbarkeit am Arbeitsplatz ausgewaumlhlt sind Bestandteil jeder Sitzung Ab

Sitzung zwei gilt aumlhnliches auch fiir EntspalU1ungsuumlbungen Da die Gesundheit des Ruumlckens

stark von einer gesunden wie auch belastbaren Muskulatur abhaumlngt und Schmerzen haumlufig

durch uumlbermaumlszligige Anspannung der Muskulatur zustande kommen werden in jeder Sitzung

Moumlglichkeiten vennittelt wie sich Entspannung innerhalb kurzer Zeit und mit einpraumlgsamen

Uumlbungen herstellen laumlsst Neben den Hauptthemen der einzelnen Sitzungen findet durchgaumlnshy

gig die Motivierung zur Aufnahme oder Aufrechterhaltung sportlicher Betaumltigung in der Freishy

zeit der Teilnehmer statt Unterstuumltzt wird dies im Telefon-Coaching und in einzelnen Sitzunshy

gen durch Informationsvermittlung sowie Thematisierung von Hindernissen und deren Uumlbershy

windungsmoumlglichkeiten

4 Einsatz und Evaluation

Das Verhaltenstraining wurde in vier Finanzaumlmtern durchgeftihrt Zugangsvoraussetzungen

fuumlr eine Tcilnalune am Verhaltensprogramm ist das Vorliegen eines erhoumlhten Risikos fLir die

Entwicklung von Ruumlckenschmerzen Die Risikoennittlung erfolgte im Rahmen des Gesundshy

heitsprograrruns Aktion Gesunder Ruumlcken innerhalb der Teilnahme an einer Rlickenshy

Vorsorgeuntersuchung dem sog Rlickencheck Anhand eines Fragebogens zu Staumlrken und

Risiken fuumlr die Ruumlckengesundheit wurde hier das Risiko der Teilnehmer berechnet und eine

Empfehlung fuumlr die Teilnalune am Verhaltensprogramm ausgesprochen wenn ein mittleres

oder hohes Risiko vorlag Insgesamt erhielten diese Empfehlung 193 Personen von denen 50

Personen der Empfehlung nachkamen und am Verhaltenstraining tei lnahmen Das entspricht

- 232shy

einer Teilnahmequote von 2591 Die Teilnehmer waren durchschnittlich 4503 (SD 879)

Jahre alt 82 der Teilnehmer waren weiblich

Die Trainings wurden je nach Kapazitaumlt und Terminmoumlglichkeiten wenige Wochen in Anshy

schluss an die Vorsorgeuntersuchung Ruumlckencheck durchgefuumlhrt

41 Design Stichprobe und Erfolgsindikatoren

Der Einsatz des Verhaltensprogramms wurde im Wartelisten-Kontrollgruppen-Design evalushy

iert Die Teilnehmer des Verhaltensprogramms (Interventionsgruppe n = 10) nahmen jeweils

an einer Fragebogenerhebung zu Beginn des Programms (prauml) und einer zweiten Erhebung

nach Beendigung des Programms (Post) teil Gleichzeitig wurden in einer weiteren Gruppe

(Kontrollgruppe n = 30) Messungen zu vergleichbaren Zeitpunktcn durchgefiihrt ohne dass

diese Gruppe in der Zwischenzeit ein Training erhielt Das Verhaltensprogramm wurde in der

Wartelisten-Kontrollgruppe im Anschluss an die zweite Messung durchgefuumlhrt Aufgrund der

Einbindung der Evaluation in das laufende Geschehen des Gesundheitsmanagements mussten

die Gegebenheiten der Finanzbehoumlrden beruumlcksiChtigt werden und es konnte keine randomishy

sierte Zuteilung zu den Gruppen erfolgen

Der Trainingseffekt wurde durch verschiedene Indikatoren fuumlr einzelne Risiko- und Schutzshy

faktoren auf Erlebens- (Schmerzintensitaumlt Beeintraumlchtigungserleben) emotionaler

(Angst sich zu bewegen Depressivitaumlt) kognitiver (Angst-Vermeidungs-Gedanken

Selbstwirksamkeit) und Verhaltensebene (Allgemeine Bewegungsaktivitaumlt Zeit die

woumlchentlich rur Sport aufgebracht wird) gemessen Im Rahmen des vorliegenden Beitrags

werden die Ergebnisse folgender ausgewaumlhlter verhaltensbezogener und kognitiver Indikatoshy

ren dargestellt die sich auf die Unterstuumltzung und Foumlrderung persoumlnlicher Ressourcen bezie shy

hen die Zeit in Minuten die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wurde (Wie viel Zeit hashy

ben Sie sich bisher in der Wochen genommen um Sport zu treiben) die Allgemeine Beshy

wegungsaktivitaumlt (Bitte geben Sie an wie hoch Sie Ihre alltaumlgliche koumlrperliche Bewegung

einschaumltzen lI-stufige Antwortskala) und die Selbstwirksamkeit der Teilnehmer (7 HemS

in Anlehnung an Jerusalem 4-stufige Antwortskala Cronbachs a 839 - 919) Es besteht die

Annahme dass bei Wirksamkeit des Programms die erhobenen Werte der ausgewaumlhlten Indi shy

katoren nach Teilnahme am Verhaltensprogramm und somit nach Schulung Foumlrderung von

Copingstrategien und Kompetenzen sowie Motivienmg ansteigen waumlhrend in der Kontrollshy

- 233 shy

gruppe die zum zweiten Messzeitpunkt noch kein Training erhalten hatte keine Veraumlnderunshy

gen auftretcn

Die Unterschiede zwischen den Gruppen und der Veraumlnderungen uumlber die Zeit wurden vari shy

anzanalytisch uumlberpruumlft (ANOVA mit Messwiederholung)

42 Ergebnisse

Fuumlr die ausgewaumlhlten Indikatoren laumlsst sich folgendes beobachten In der Interventionsgruppe

steigt von Prauml- zu Postmessung die zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wurde von

einem Mittelwert von 125 Minuten (SD 10168) zu einem Mittelwert von 19889 (SD

20739) waumlhrend in der Kontrollgruppe die in der Zwischenzeit keine Intervention crhielt ein

deutlicher Ruumlckgang von erstcr (M 20467 SD 19785) zu zweiter Messung (M 16308 SD

13635) zu beobachten ist Die Allgemeine Bewegungsaktivitaumll verzeichnet in der Intervenshy

tionsgruppe einen Anstieg der Mittelwerte von 36 (SD 178) auf 533 (SD 158) waumlhrend die

Werte irulerhalb der Kontrollgruppe beinahe unveraumlndert bleiben Die Selbstwirksamkeit

steigt in der Interventionsgruppe von 261 (SD 073) auf 303 (048) In der Kontrollgruppe

wird ebenfalls ein tendenzieller Anstieg beobachtet welcher jedoch nicht so deutlich ausfaumll1t

wie in der Interventionsgruppe Einen Uumlberblick uumlber Mittelwerte Standardabweichungen

und Effektstaumlrken liefert Bild 4-1

IntcntnlionSitrUPIl Konll9l nlDDt I ~~~~~~ rllppt

Tl S _ I_ TI _ 10Tl TI 1( c 28 I IC rillC 1kIunpakll-idl M 1 SJl $ 13 5tNoumlb SD) ( 1 1) f l SS) (2IIU (207) 1 192 Imiddot ~ idln ich Sport M IIS 1Of~7 16301bull inlln )Iillllttn (sO) 1 046 1092(1U1(t) 1t07l) 11J71S) ll lOS)

~intkt1 1 21 J 03 J7lt)cldurcllcin Sbl 1-4) (074) ISO) lO7) l041) (0S9) N - 19)

Bild 4-1 Mittelwerte und Standardabweichungen der ausgewaumlhlten Indikatoren fuumlr Intershy

ventions- und KontroUgruppe zu den Messzeitpunkten TI und T2 und Effektstaumlrshy

ken der Interventionsgruppe

In der varianzanalytischen Auswertung ergeben sich signifikante Interaktionseffekte zwischen

Zeit und Gruppe fuumlr Zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wird (F (1 33) = 6558 p lt

051]2 166) und Al1gemeine Bewegungsaktivitaumlt (F (135) = 10650 P lt 0 I 1]2 = 239)

- 234shy

(siehe Bild 4-2) Das bedeutet dass Veraumlnderungen der beobachteten Messwerte nicht durch

zuPdllige Veraumlnderungen uumlber die Zeit sondern durch Wechselwirkungen zwischen Zeiteffekshy

ten und Gruppenzugehoumlrigkeit zustande kommen Die Zugehoumlrigkeit zur Interventionsgruppe

dh die Teilnahme am Verhaltensprogramm wirkt sich auf die Steigerung der woumlchentlichen

Zeit fuumlr Sport und der allgemeinen Bewegungsaktivitaumlt aus

1d IIr ~

~ 50

t

I==shy~~

shy

__ 09-shy

~6308

~~lUl 1=shybull ~

r ~ ~~~

~

I bull

11 T

Bild 4-2 Veraumlnderungen der durchschnittlichen Zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgeshy

bracht wird in Minuten und der Bewegungsaktivitaumlt von Messzeitpunkt T I zu

T 2 fuumlr Interventions- und Kontrollgruppe

Innerhalb der Interventionsgmppe zeigen sich sowohl fuumlr die Veraumlnderungen der Variablen

Allgemeine Bewegungsaktivitaumlt (d = 102 CI +- 096) als auch fLir Selbstwirksamkeit (d

= 108 CI +- 096) von Messzeitpunkt eins zu Messzeitpunkt zwei starke Effekte

5 Fazit

Trotz geringer Stichprobengroumlszlige weisen die Ergebnisse der vorliegenden Evaluation des Vershy

haltensprogramms Ruumlckhalt fLir den Alltag - in 7 Schritten auf eine Wirksamkeit bzgl Vershy

haltensaumlnderungen bzw Aumlnderungen der Selbstwirksamkeitseinschaumltzung auf Seiten der teil shy

nehmenden Beschaumlftigten hin Durch Schulung und Training von Fertigkeiten zum Umgang

mit Ruumlckenschmerzen durch Foumlrderung von Ressourcen und Selbstmanagement mit Hilfe des

praumlventiven verhaltenstherapeutisch orientierten Verhaltensprogramms kommt es zu einer

Steigerung der allgemeinen Bewegungsaktivitaumlt und die Beschaumlftigten investieren deutlich

mehr Zeit fLir sportliche Aktivitaumlten Signifikante Interaktionseffekte innerhalb der Varianzshy

analyse mit Messwiederholung weisen auf einen Einfluss des Verhaltensprogramms auf die

Verhaltensaumlnderung hin Fuumlr Verbesserungen der Selbstwirksamkeit lassen sich bei Teilnehshy

- 235 shy

mem des Verhaltensprogramms starke Effekte beobachten welche jedoch durch die varianzshy

analytische Auswertung nicht unterstuumltzt werden

Da durch den vorgegebenen Ralunen des Gesundheitsprogramms und des Gesundheitsmanashy

gementsystems keine Randomisierung der Gruppen moumlglich war und die Trainings im spezishy

ellen Kontext der Finanzverwaltung angeboten wurden wird eine weitere Evaluation erforshy

derlich sein um eine Generalisierung der erzielten Ergebnisse zu ermoumlglichen

Dennoch deuten die vorliegenden Ergebnisse darauf hin dass durch die Foumlrderung von koumlrshy

perlicher Aktivitaumlt und Selbstwirksamkeit psychologische R isikofaktoren wie Schonverhaltcn

Vermeidung und geringe Selbstwirksamkeitserwartung reduziert und somit die Wahrscheinshy

lichkeit fuumlr die Entwicklung zukuumlnftiger Ruumlckenschmerzen und damit zusammenhaumlngender

Beeintraumlchtigung eingeschraumlnkter Leistungsfahigkeit und drohender Arbeitsunfahigkeit vershy

ringert werden koumlnnen

Der geringe zeitliche Aufwand des Verhaltensprogramms von sieben Sitzungen in sieben

Wochen und damit eine einfache und unkomplizierte Handhabung zusammen mit diesen

Hinweisen auf Wirksamkeit bzgl einer Reduktion von Risikofaktoren und einer Foumlrderung

von Ressourcen und Kompetenzen steigern die Attraktivitaumlt des Programms sowohl fuumlr das

Unternehmen als auch fuumlr Beschaumlftigte

Literaturverzeichnis

Burton A K Tillotson K M Main C J Hollis S (1995) Psychosocial Predictors of outshycome in acute and subchronic low back trouble Spine 20 S 722-728

Carroll L J Cassidy J D Coumlte P (2004) Depression as a risk factor for onset of an epishysode oftroublesome neck and low back pain Pain 107 S 134- 139

Hestbaek L Leboeuf-Yde C Engberg M Lauritzen T Bruun N H Malmiche C (2003) The course of low back pain in a general population Results from a 5-year proshyspective study Journal of Manipulative and Physiological Therapeutics 26 (4) S 213shy219

Klenennan L Slade P D Stanley M E (1995) The prediction of chronicity in patients with an acute attack of low back pain in a general practice setting Spine 20 S 478-84

KOhimann T (2003) Muskuloskelettale Schmerzen in der Bevoumllkerung Der Schmerz 17 (6) S405-411

- 236shy

Linton S J (2005) Do psychological factors increase the risk for back pain in the general population in both a cross-sectional and prospective analysis European Journal of Pain

9 S 355-361

Luumlhmann D Zimolong B (2006) Praumlvention von Ruumlckenerkrankungen in der Arbeitswelt In Badura B Schellschmidt H Vetter C (Hrsg) Fehlzeitenreport 2006 S 63-97

Berlin Springer

McCracken L M Turk D C (2002) Behavioral and cognitive-behavioral treatments for

chronic pain Spine 15 S 2564-2573

Morley S Eccleston C Williams A ( 999) Systematic review and meta-analysis of ranshydomized controlled trials of cognitive behaviour therapy and behaviour therapy for

chronic pain in adults excluding headache Pain 80 1-13

Pfingsten M (2004) Psychologische Faktoren In Hildebrandt et al (Hrsg) Die Lendenwirshy

belsaumlule (S 328-339) Muumlnchen Urban amp Fischer

- 237shy

Gefaumlhrdungsbeurteilung Psychische Belastung (GPB) bei der Daimler AG

Ursula SpeIlenberg Kai Taddicken

1 Einleitung

Das Thcmenfeld psychische Belastung wird im gesellschaftlichen Kontext seit einigen Jahren

zunclunend als ein volks- und betriebswirtschaftlicher Problembereich diskutiert Es krull der

Eindruck entstehen dass es sich dabei um ein Trend-Thema handelt wld durch verschiedenste

Organisationen und Verbaumlnde verstaumlrkt eine Politisierung erfahrt

Auch im Betrieb gewirmt die Thematik psychische Belastung immer mehr an Bedeutung und

stellt viele Unternelunen gleichzeitig vor das Problem wie mm den Auswirkungen dieses

Phaumlnomens entgegnen kann Das Auftreten psychischer Belastwlgen in der Arbeitswelt ist

unumstritten und die aktuelle Brisanz um das Thema zeigt dass nach wie vor Infonnationen

und Handlungshilfen rur alle am Arbeitsprozess beteiligten Parteien notwendig sind Derm die

Beruumlcksichtigung von psychischen Belastungen ist nicht nur im Rahmen der gesetzlichen Geshy

fahrdungsbeurteilung ein Thema Ebenso ist es wichtig sich mit der Erfassung und Bewershy

tung psychischer Belastung zu beschaumlftigen um eine wettbewerbsfahige Belegschaft zu geshy

waumlhrleisten

Der vorliegende Beitrag beschaumlftigt sich zunaumlchst mit den Begrifflichkeiten und Hintergruumlnshy

den im Themenfeld psychische Belastungen allgemein geht darm auf die Gefahrdwlgsbeurshy

teilung ein und beschreibt anschlieszligend die Aktivitaumlten der Daimler AG im Bereich psychishy

sche Belastungen

2 Psychische Belastung in der Arbeitswelt

Fuumlr eine sachliche Bearbeitung der Thematik bedarf es zunaumlchst der Entwicklung eines geshy

meinsamen Verstaumlndnisses zum Thema psychische Belastung Die Aufmerksrunkeit im Ausshy

tausch uumlber psychische Belastung wird zumeist einseitig auf einen bestimmten Teil der Geshy

sellschaft gelenkt - auf die Arbeitswelt

- 232shy

einer Teilnahmequote von 2591 Die Teilnehmer waren durchschnittlich 4503 (SD 879)

Jahre alt 82 der Teilnehmer waren weiblich

Die Trainings wurden je nach Kapazitaumlt und Terminmoumlglichkeiten wenige Wochen in Anshy

schluss an die Vorsorgeuntersuchung Ruumlckencheck durchgefuumlhrt

41 Design Stichprobe und Erfolgsindikatoren

Der Einsatz des Verhaltensprogramms wurde im Wartelisten-Kontrollgruppen-Design evalushy

iert Die Teilnehmer des Verhaltensprogramms (Interventionsgruppe n = 10) nahmen jeweils

an einer Fragebogenerhebung zu Beginn des Programms (prauml) und einer zweiten Erhebung

nach Beendigung des Programms (Post) teil Gleichzeitig wurden in einer weiteren Gruppe

(Kontrollgruppe n = 30) Messungen zu vergleichbaren Zeitpunktcn durchgefiihrt ohne dass

diese Gruppe in der Zwischenzeit ein Training erhielt Das Verhaltensprogramm wurde in der

Wartelisten-Kontrollgruppe im Anschluss an die zweite Messung durchgefuumlhrt Aufgrund der

Einbindung der Evaluation in das laufende Geschehen des Gesundheitsmanagements mussten

die Gegebenheiten der Finanzbehoumlrden beruumlcksiChtigt werden und es konnte keine randomishy

sierte Zuteilung zu den Gruppen erfolgen

Der Trainingseffekt wurde durch verschiedene Indikatoren fuumlr einzelne Risiko- und Schutzshy

faktoren auf Erlebens- (Schmerzintensitaumlt Beeintraumlchtigungserleben) emotionaler

(Angst sich zu bewegen Depressivitaumlt) kognitiver (Angst-Vermeidungs-Gedanken

Selbstwirksamkeit) und Verhaltensebene (Allgemeine Bewegungsaktivitaumlt Zeit die

woumlchentlich rur Sport aufgebracht wird) gemessen Im Rahmen des vorliegenden Beitrags

werden die Ergebnisse folgender ausgewaumlhlter verhaltensbezogener und kognitiver Indikatoshy

ren dargestellt die sich auf die Unterstuumltzung und Foumlrderung persoumlnlicher Ressourcen bezie shy

hen die Zeit in Minuten die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wurde (Wie viel Zeit hashy

ben Sie sich bisher in der Wochen genommen um Sport zu treiben) die Allgemeine Beshy

wegungsaktivitaumlt (Bitte geben Sie an wie hoch Sie Ihre alltaumlgliche koumlrperliche Bewegung

einschaumltzen lI-stufige Antwortskala) und die Selbstwirksamkeit der Teilnehmer (7 HemS

in Anlehnung an Jerusalem 4-stufige Antwortskala Cronbachs a 839 - 919) Es besteht die

Annahme dass bei Wirksamkeit des Programms die erhobenen Werte der ausgewaumlhlten Indi shy

katoren nach Teilnahme am Verhaltensprogramm und somit nach Schulung Foumlrderung von

Copingstrategien und Kompetenzen sowie Motivienmg ansteigen waumlhrend in der Kontrollshy

- 233 shy

gruppe die zum zweiten Messzeitpunkt noch kein Training erhalten hatte keine Veraumlnderunshy

gen auftretcn

Die Unterschiede zwischen den Gruppen und der Veraumlnderungen uumlber die Zeit wurden vari shy

anzanalytisch uumlberpruumlft (ANOVA mit Messwiederholung)

42 Ergebnisse

Fuumlr die ausgewaumlhlten Indikatoren laumlsst sich folgendes beobachten In der Interventionsgruppe

steigt von Prauml- zu Postmessung die zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wurde von

einem Mittelwert von 125 Minuten (SD 10168) zu einem Mittelwert von 19889 (SD

20739) waumlhrend in der Kontrollgruppe die in der Zwischenzeit keine Intervention crhielt ein

deutlicher Ruumlckgang von erstcr (M 20467 SD 19785) zu zweiter Messung (M 16308 SD

13635) zu beobachten ist Die Allgemeine Bewegungsaktivitaumll verzeichnet in der Intervenshy

tionsgruppe einen Anstieg der Mittelwerte von 36 (SD 178) auf 533 (SD 158) waumlhrend die

Werte irulerhalb der Kontrollgruppe beinahe unveraumlndert bleiben Die Selbstwirksamkeit

steigt in der Interventionsgruppe von 261 (SD 073) auf 303 (048) In der Kontrollgruppe

wird ebenfalls ein tendenzieller Anstieg beobachtet welcher jedoch nicht so deutlich ausfaumll1t

wie in der Interventionsgruppe Einen Uumlberblick uumlber Mittelwerte Standardabweichungen

und Effektstaumlrken liefert Bild 4-1

IntcntnlionSitrUPIl Konll9l nlDDt I ~~~~~~ rllppt

Tl S _ I_ TI _ 10Tl TI 1( c 28 I IC rillC 1kIunpakll-idl M 1 SJl $ 13 5tNoumlb SD) ( 1 1) f l SS) (2IIU (207) 1 192 Imiddot ~ idln ich Sport M IIS 1Of~7 16301bull inlln )Iillllttn (sO) 1 046 1092(1U1(t) 1t07l) 11J71S) ll lOS)

~intkt1 1 21 J 03 J7lt)cldurcllcin Sbl 1-4) (074) ISO) lO7) l041) (0S9) N - 19)

Bild 4-1 Mittelwerte und Standardabweichungen der ausgewaumlhlten Indikatoren fuumlr Intershy

ventions- und KontroUgruppe zu den Messzeitpunkten TI und T2 und Effektstaumlrshy

ken der Interventionsgruppe

In der varianzanalytischen Auswertung ergeben sich signifikante Interaktionseffekte zwischen

Zeit und Gruppe fuumlr Zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wird (F (1 33) = 6558 p lt

051]2 166) und Al1gemeine Bewegungsaktivitaumlt (F (135) = 10650 P lt 0 I 1]2 = 239)

- 234shy

(siehe Bild 4-2) Das bedeutet dass Veraumlnderungen der beobachteten Messwerte nicht durch

zuPdllige Veraumlnderungen uumlber die Zeit sondern durch Wechselwirkungen zwischen Zeiteffekshy

ten und Gruppenzugehoumlrigkeit zustande kommen Die Zugehoumlrigkeit zur Interventionsgruppe

dh die Teilnahme am Verhaltensprogramm wirkt sich auf die Steigerung der woumlchentlichen

Zeit fuumlr Sport und der allgemeinen Bewegungsaktivitaumlt aus

1d IIr ~

~ 50

t

I==shy~~

shy

__ 09-shy

~6308

~~lUl 1=shybull ~

r ~ ~~~

~

I bull

11 T

Bild 4-2 Veraumlnderungen der durchschnittlichen Zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgeshy

bracht wird in Minuten und der Bewegungsaktivitaumlt von Messzeitpunkt T I zu

T 2 fuumlr Interventions- und Kontrollgruppe

Innerhalb der Interventionsgmppe zeigen sich sowohl fuumlr die Veraumlnderungen der Variablen

Allgemeine Bewegungsaktivitaumlt (d = 102 CI +- 096) als auch fLir Selbstwirksamkeit (d

= 108 CI +- 096) von Messzeitpunkt eins zu Messzeitpunkt zwei starke Effekte

5 Fazit

Trotz geringer Stichprobengroumlszlige weisen die Ergebnisse der vorliegenden Evaluation des Vershy

haltensprogramms Ruumlckhalt fLir den Alltag - in 7 Schritten auf eine Wirksamkeit bzgl Vershy

haltensaumlnderungen bzw Aumlnderungen der Selbstwirksamkeitseinschaumltzung auf Seiten der teil shy

nehmenden Beschaumlftigten hin Durch Schulung und Training von Fertigkeiten zum Umgang

mit Ruumlckenschmerzen durch Foumlrderung von Ressourcen und Selbstmanagement mit Hilfe des

praumlventiven verhaltenstherapeutisch orientierten Verhaltensprogramms kommt es zu einer

Steigerung der allgemeinen Bewegungsaktivitaumlt und die Beschaumlftigten investieren deutlich

mehr Zeit fLir sportliche Aktivitaumlten Signifikante Interaktionseffekte innerhalb der Varianzshy

analyse mit Messwiederholung weisen auf einen Einfluss des Verhaltensprogramms auf die

Verhaltensaumlnderung hin Fuumlr Verbesserungen der Selbstwirksamkeit lassen sich bei Teilnehshy

- 235 shy

mem des Verhaltensprogramms starke Effekte beobachten welche jedoch durch die varianzshy

analytische Auswertung nicht unterstuumltzt werden

Da durch den vorgegebenen Ralunen des Gesundheitsprogramms und des Gesundheitsmanashy

gementsystems keine Randomisierung der Gruppen moumlglich war und die Trainings im spezishy

ellen Kontext der Finanzverwaltung angeboten wurden wird eine weitere Evaluation erforshy

derlich sein um eine Generalisierung der erzielten Ergebnisse zu ermoumlglichen

Dennoch deuten die vorliegenden Ergebnisse darauf hin dass durch die Foumlrderung von koumlrshy

perlicher Aktivitaumlt und Selbstwirksamkeit psychologische R isikofaktoren wie Schonverhaltcn

Vermeidung und geringe Selbstwirksamkeitserwartung reduziert und somit die Wahrscheinshy

lichkeit fuumlr die Entwicklung zukuumlnftiger Ruumlckenschmerzen und damit zusammenhaumlngender

Beeintraumlchtigung eingeschraumlnkter Leistungsfahigkeit und drohender Arbeitsunfahigkeit vershy

ringert werden koumlnnen

Der geringe zeitliche Aufwand des Verhaltensprogramms von sieben Sitzungen in sieben

Wochen und damit eine einfache und unkomplizierte Handhabung zusammen mit diesen

Hinweisen auf Wirksamkeit bzgl einer Reduktion von Risikofaktoren und einer Foumlrderung

von Ressourcen und Kompetenzen steigern die Attraktivitaumlt des Programms sowohl fuumlr das

Unternehmen als auch fuumlr Beschaumlftigte

Literaturverzeichnis

Burton A K Tillotson K M Main C J Hollis S (1995) Psychosocial Predictors of outshycome in acute and subchronic low back trouble Spine 20 S 722-728

Carroll L J Cassidy J D Coumlte P (2004) Depression as a risk factor for onset of an epishysode oftroublesome neck and low back pain Pain 107 S 134- 139

Hestbaek L Leboeuf-Yde C Engberg M Lauritzen T Bruun N H Malmiche C (2003) The course of low back pain in a general population Results from a 5-year proshyspective study Journal of Manipulative and Physiological Therapeutics 26 (4) S 213shy219

Klenennan L Slade P D Stanley M E (1995) The prediction of chronicity in patients with an acute attack of low back pain in a general practice setting Spine 20 S 478-84

KOhimann T (2003) Muskuloskelettale Schmerzen in der Bevoumllkerung Der Schmerz 17 (6) S405-411

- 236shy

Linton S J (2005) Do psychological factors increase the risk for back pain in the general population in both a cross-sectional and prospective analysis European Journal of Pain

9 S 355-361

Luumlhmann D Zimolong B (2006) Praumlvention von Ruumlckenerkrankungen in der Arbeitswelt In Badura B Schellschmidt H Vetter C (Hrsg) Fehlzeitenreport 2006 S 63-97

Berlin Springer

McCracken L M Turk D C (2002) Behavioral and cognitive-behavioral treatments for

chronic pain Spine 15 S 2564-2573

Morley S Eccleston C Williams A ( 999) Systematic review and meta-analysis of ranshydomized controlled trials of cognitive behaviour therapy and behaviour therapy for

chronic pain in adults excluding headache Pain 80 1-13

Pfingsten M (2004) Psychologische Faktoren In Hildebrandt et al (Hrsg) Die Lendenwirshy

belsaumlule (S 328-339) Muumlnchen Urban amp Fischer

- 237shy

Gefaumlhrdungsbeurteilung Psychische Belastung (GPB) bei der Daimler AG

Ursula SpeIlenberg Kai Taddicken

1 Einleitung

Das Thcmenfeld psychische Belastung wird im gesellschaftlichen Kontext seit einigen Jahren

zunclunend als ein volks- und betriebswirtschaftlicher Problembereich diskutiert Es krull der

Eindruck entstehen dass es sich dabei um ein Trend-Thema handelt wld durch verschiedenste

Organisationen und Verbaumlnde verstaumlrkt eine Politisierung erfahrt

Auch im Betrieb gewirmt die Thematik psychische Belastung immer mehr an Bedeutung und

stellt viele Unternelunen gleichzeitig vor das Problem wie mm den Auswirkungen dieses

Phaumlnomens entgegnen kann Das Auftreten psychischer Belastwlgen in der Arbeitswelt ist

unumstritten und die aktuelle Brisanz um das Thema zeigt dass nach wie vor Infonnationen

und Handlungshilfen rur alle am Arbeitsprozess beteiligten Parteien notwendig sind Derm die

Beruumlcksichtigung von psychischen Belastungen ist nicht nur im Rahmen der gesetzlichen Geshy

fahrdungsbeurteilung ein Thema Ebenso ist es wichtig sich mit der Erfassung und Bewershy

tung psychischer Belastung zu beschaumlftigen um eine wettbewerbsfahige Belegschaft zu geshy

waumlhrleisten

Der vorliegende Beitrag beschaumlftigt sich zunaumlchst mit den Begrifflichkeiten und Hintergruumlnshy

den im Themenfeld psychische Belastungen allgemein geht darm auf die Gefahrdwlgsbeurshy

teilung ein und beschreibt anschlieszligend die Aktivitaumlten der Daimler AG im Bereich psychishy

sche Belastungen

2 Psychische Belastung in der Arbeitswelt

Fuumlr eine sachliche Bearbeitung der Thematik bedarf es zunaumlchst der Entwicklung eines geshy

meinsamen Verstaumlndnisses zum Thema psychische Belastung Die Aufmerksrunkeit im Ausshy

tausch uumlber psychische Belastung wird zumeist einseitig auf einen bestimmten Teil der Geshy

sellschaft gelenkt - auf die Arbeitswelt

- 234shy

(siehe Bild 4-2) Das bedeutet dass Veraumlnderungen der beobachteten Messwerte nicht durch

zuPdllige Veraumlnderungen uumlber die Zeit sondern durch Wechselwirkungen zwischen Zeiteffekshy

ten und Gruppenzugehoumlrigkeit zustande kommen Die Zugehoumlrigkeit zur Interventionsgruppe

dh die Teilnahme am Verhaltensprogramm wirkt sich auf die Steigerung der woumlchentlichen

Zeit fuumlr Sport und der allgemeinen Bewegungsaktivitaumlt aus

1d IIr ~

~ 50

t

I==shy~~

shy

__ 09-shy

~6308

~~lUl 1=shybull ~

r ~ ~~~

~

I bull

11 T

Bild 4-2 Veraumlnderungen der durchschnittlichen Zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgeshy

bracht wird in Minuten und der Bewegungsaktivitaumlt von Messzeitpunkt T I zu

T 2 fuumlr Interventions- und Kontrollgruppe

Innerhalb der Interventionsgmppe zeigen sich sowohl fuumlr die Veraumlnderungen der Variablen

Allgemeine Bewegungsaktivitaumlt (d = 102 CI +- 096) als auch fLir Selbstwirksamkeit (d

= 108 CI +- 096) von Messzeitpunkt eins zu Messzeitpunkt zwei starke Effekte

5 Fazit

Trotz geringer Stichprobengroumlszlige weisen die Ergebnisse der vorliegenden Evaluation des Vershy

haltensprogramms Ruumlckhalt fLir den Alltag - in 7 Schritten auf eine Wirksamkeit bzgl Vershy

haltensaumlnderungen bzw Aumlnderungen der Selbstwirksamkeitseinschaumltzung auf Seiten der teil shy

nehmenden Beschaumlftigten hin Durch Schulung und Training von Fertigkeiten zum Umgang

mit Ruumlckenschmerzen durch Foumlrderung von Ressourcen und Selbstmanagement mit Hilfe des

praumlventiven verhaltenstherapeutisch orientierten Verhaltensprogramms kommt es zu einer

Steigerung der allgemeinen Bewegungsaktivitaumlt und die Beschaumlftigten investieren deutlich

mehr Zeit fLir sportliche Aktivitaumlten Signifikante Interaktionseffekte innerhalb der Varianzshy

analyse mit Messwiederholung weisen auf einen Einfluss des Verhaltensprogramms auf die

Verhaltensaumlnderung hin Fuumlr Verbesserungen der Selbstwirksamkeit lassen sich bei Teilnehshy

- 235 shy

mem des Verhaltensprogramms starke Effekte beobachten welche jedoch durch die varianzshy

analytische Auswertung nicht unterstuumltzt werden

Da durch den vorgegebenen Ralunen des Gesundheitsprogramms und des Gesundheitsmanashy

gementsystems keine Randomisierung der Gruppen moumlglich war und die Trainings im spezishy

ellen Kontext der Finanzverwaltung angeboten wurden wird eine weitere Evaluation erforshy

derlich sein um eine Generalisierung der erzielten Ergebnisse zu ermoumlglichen

Dennoch deuten die vorliegenden Ergebnisse darauf hin dass durch die Foumlrderung von koumlrshy

perlicher Aktivitaumlt und Selbstwirksamkeit psychologische R isikofaktoren wie Schonverhaltcn

Vermeidung und geringe Selbstwirksamkeitserwartung reduziert und somit die Wahrscheinshy

lichkeit fuumlr die Entwicklung zukuumlnftiger Ruumlckenschmerzen und damit zusammenhaumlngender

Beeintraumlchtigung eingeschraumlnkter Leistungsfahigkeit und drohender Arbeitsunfahigkeit vershy

ringert werden koumlnnen

Der geringe zeitliche Aufwand des Verhaltensprogramms von sieben Sitzungen in sieben

Wochen und damit eine einfache und unkomplizierte Handhabung zusammen mit diesen

Hinweisen auf Wirksamkeit bzgl einer Reduktion von Risikofaktoren und einer Foumlrderung

von Ressourcen und Kompetenzen steigern die Attraktivitaumlt des Programms sowohl fuumlr das

Unternehmen als auch fuumlr Beschaumlftigte

Literaturverzeichnis

Burton A K Tillotson K M Main C J Hollis S (1995) Psychosocial Predictors of outshycome in acute and subchronic low back trouble Spine 20 S 722-728

Carroll L J Cassidy J D Coumlte P (2004) Depression as a risk factor for onset of an epishysode oftroublesome neck and low back pain Pain 107 S 134- 139

Hestbaek L Leboeuf-Yde C Engberg M Lauritzen T Bruun N H Malmiche C (2003) The course of low back pain in a general population Results from a 5-year proshyspective study Journal of Manipulative and Physiological Therapeutics 26 (4) S 213shy219

Klenennan L Slade P D Stanley M E (1995) The prediction of chronicity in patients with an acute attack of low back pain in a general practice setting Spine 20 S 478-84

KOhimann T (2003) Muskuloskelettale Schmerzen in der Bevoumllkerung Der Schmerz 17 (6) S405-411

- 236shy

Linton S J (2005) Do psychological factors increase the risk for back pain in the general population in both a cross-sectional and prospective analysis European Journal of Pain

9 S 355-361

Luumlhmann D Zimolong B (2006) Praumlvention von Ruumlckenerkrankungen in der Arbeitswelt In Badura B Schellschmidt H Vetter C (Hrsg) Fehlzeitenreport 2006 S 63-97

Berlin Springer

McCracken L M Turk D C (2002) Behavioral and cognitive-behavioral treatments for

chronic pain Spine 15 S 2564-2573

Morley S Eccleston C Williams A ( 999) Systematic review and meta-analysis of ranshydomized controlled trials of cognitive behaviour therapy and behaviour therapy for

chronic pain in adults excluding headache Pain 80 1-13

Pfingsten M (2004) Psychologische Faktoren In Hildebrandt et al (Hrsg) Die Lendenwirshy

belsaumlule (S 328-339) Muumlnchen Urban amp Fischer

- 237shy

Gefaumlhrdungsbeurteilung Psychische Belastung (GPB) bei der Daimler AG

Ursula SpeIlenberg Kai Taddicken

1 Einleitung

Das Thcmenfeld psychische Belastung wird im gesellschaftlichen Kontext seit einigen Jahren

zunclunend als ein volks- und betriebswirtschaftlicher Problembereich diskutiert Es krull der

Eindruck entstehen dass es sich dabei um ein Trend-Thema handelt wld durch verschiedenste

Organisationen und Verbaumlnde verstaumlrkt eine Politisierung erfahrt

Auch im Betrieb gewirmt die Thematik psychische Belastung immer mehr an Bedeutung und

stellt viele Unternelunen gleichzeitig vor das Problem wie mm den Auswirkungen dieses

Phaumlnomens entgegnen kann Das Auftreten psychischer Belastwlgen in der Arbeitswelt ist

unumstritten und die aktuelle Brisanz um das Thema zeigt dass nach wie vor Infonnationen

und Handlungshilfen rur alle am Arbeitsprozess beteiligten Parteien notwendig sind Derm die

Beruumlcksichtigung von psychischen Belastungen ist nicht nur im Rahmen der gesetzlichen Geshy

fahrdungsbeurteilung ein Thema Ebenso ist es wichtig sich mit der Erfassung und Bewershy

tung psychischer Belastung zu beschaumlftigen um eine wettbewerbsfahige Belegschaft zu geshy

waumlhrleisten

Der vorliegende Beitrag beschaumlftigt sich zunaumlchst mit den Begrifflichkeiten und Hintergruumlnshy

den im Themenfeld psychische Belastungen allgemein geht darm auf die Gefahrdwlgsbeurshy

teilung ein und beschreibt anschlieszligend die Aktivitaumlten der Daimler AG im Bereich psychishy

sche Belastungen

2 Psychische Belastung in der Arbeitswelt

Fuumlr eine sachliche Bearbeitung der Thematik bedarf es zunaumlchst der Entwicklung eines geshy

meinsamen Verstaumlndnisses zum Thema psychische Belastung Die Aufmerksrunkeit im Ausshy

tausch uumlber psychische Belastung wird zumeist einseitig auf einen bestimmten Teil der Geshy

sellschaft gelenkt - auf die Arbeitswelt

- 236shy

Linton S J (2005) Do psychological factors increase the risk for back pain in the general population in both a cross-sectional and prospective analysis European Journal of Pain

9 S 355-361

Luumlhmann D Zimolong B (2006) Praumlvention von Ruumlckenerkrankungen in der Arbeitswelt In Badura B Schellschmidt H Vetter C (Hrsg) Fehlzeitenreport 2006 S 63-97

Berlin Springer

McCracken L M Turk D C (2002) Behavioral and cognitive-behavioral treatments for

chronic pain Spine 15 S 2564-2573

Morley S Eccleston C Williams A ( 999) Systematic review and meta-analysis of ranshydomized controlled trials of cognitive behaviour therapy and behaviour therapy for

chronic pain in adults excluding headache Pain 80 1-13

Pfingsten M (2004) Psychologische Faktoren In Hildebrandt et al (Hrsg) Die Lendenwirshy

belsaumlule (S 328-339) Muumlnchen Urban amp Fischer

- 237shy

Gefaumlhrdungsbeurteilung Psychische Belastung (GPB) bei der Daimler AG

Ursula SpeIlenberg Kai Taddicken

1 Einleitung

Das Thcmenfeld psychische Belastung wird im gesellschaftlichen Kontext seit einigen Jahren

zunclunend als ein volks- und betriebswirtschaftlicher Problembereich diskutiert Es krull der

Eindruck entstehen dass es sich dabei um ein Trend-Thema handelt wld durch verschiedenste

Organisationen und Verbaumlnde verstaumlrkt eine Politisierung erfahrt

Auch im Betrieb gewirmt die Thematik psychische Belastung immer mehr an Bedeutung und

stellt viele Unternelunen gleichzeitig vor das Problem wie mm den Auswirkungen dieses

Phaumlnomens entgegnen kann Das Auftreten psychischer Belastwlgen in der Arbeitswelt ist

unumstritten und die aktuelle Brisanz um das Thema zeigt dass nach wie vor Infonnationen

und Handlungshilfen rur alle am Arbeitsprozess beteiligten Parteien notwendig sind Derm die

Beruumlcksichtigung von psychischen Belastungen ist nicht nur im Rahmen der gesetzlichen Geshy

fahrdungsbeurteilung ein Thema Ebenso ist es wichtig sich mit der Erfassung und Bewershy

tung psychischer Belastung zu beschaumlftigen um eine wettbewerbsfahige Belegschaft zu geshy

waumlhrleisten

Der vorliegende Beitrag beschaumlftigt sich zunaumlchst mit den Begrifflichkeiten und Hintergruumlnshy

den im Themenfeld psychische Belastungen allgemein geht darm auf die Gefahrdwlgsbeurshy

teilung ein und beschreibt anschlieszligend die Aktivitaumlten der Daimler AG im Bereich psychishy

sche Belastungen

2 Psychische Belastung in der Arbeitswelt

Fuumlr eine sachliche Bearbeitung der Thematik bedarf es zunaumlchst der Entwicklung eines geshy

meinsamen Verstaumlndnisses zum Thema psychische Belastung Die Aufmerksrunkeit im Ausshy

tausch uumlber psychische Belastung wird zumeist einseitig auf einen bestimmten Teil der Geshy

sellschaft gelenkt - auf die Arbeitswelt