Fokus · Allergenmanagement (LMIV) ab Dezember 2014 ändert ... · der Roulade, auch Dekorationen,...

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G eschätzte 4-8 Prozent der Kinder und 2-4 Prozent der Erwachsenen in Deutschland haben eine Lebensmittelallergie. Von einer Zöliakie ist ca. 1 Prozent der Bevölkerung betroffen. Jedoch fast ein Drittel der Bevölkerung vermutet in Lebensmittelallergien die Ursache unterschiedlicher Beschwerden [1]. Tatsächlich stecken meistens andere Unverträglichkeiten (Laktoseintole- ranz, Fruktosemalabsorption, Pseu- doallergien, Histaminintoleranz) oder vielleicht auch eine Glutensen- sitivität [2] hinter den mit der „Aller- gie“ assoziierten, oft unspezifischen Symptomen. Allergenkennzeichnung für verpackte Lebensmittel Für die 14 „Hauptallergene“ (s. Ta- belle), sprich jene Stoffe bzw. Er- zeugnisse, die häufig oder besonders schwere allergische Reaktionen oder Unverträglichkeiten auslösen, ist die Kennzeichnung, soweit entsprechend der Produktrezeptur enthalten, bei verpackten Lebensmitteln bereits seit 2005 europaweit Pflicht. Steht also auf der Verpackung heute nur „Stärke“ oder „modifizierte Stärke“, handelt es sich sicher um eine, die aufgrund der botanischen Herkunft kein Gluten enthält. Das kann z. B. Mais-, Kartoffel-, Tapioka-, Erbsen- oder Reisstärke sein, aber keine aus Weizen, Roggen, Gerste oder Hafer. Die Deklarationspflicht steht im Zusammenhang mit der Anwesen- heit entsprechend der Rezeptur und ist (außer beim SO 2 ) unabhängig von der enthaltenen Menge. Bei ab 13. Dezember dieses Jahres produ- zierten Lebensmitteln müssen die deklarierten Allergene entsprechend der neuen Lebensmittel-Informa- tionsverordnung [3] in der EU im Zutatenverzeichnis optisch hervor- gehoben werden. Das kann z. B. durch die Schriftart, den Schriftstil oder die Hintergrundfarbe erfolgen und erleichtert die „Auffindbarkeit“ auch für Nichtexperten. Natürlich ist in den nächsten ein bis zwei Jah- ren noch mit nach der alten Kenn- zeichnung hergestellten Produkten zu rechnen, in denen die Allergene genannt, aber noch nicht hervorge- hoben sind. Es gilt das Prinzip der „Doppelkennzeichnung“, d. h., alle Zutaten und Hilfsstoffe, die eines der Allergene enthalten, müssen genannt und hervorgehoben sein, auch wenn sie zu ein und derselben „Stoffgruppe“ der Allergenliste ge- hören. Enthält ein Lebensmittel Wei- zen- und Roggenmehl aus gluten- haltigem Getreide, muss daher zusätzlich auch z. B. beim Aroma („mit Weizen“) angegeben werden. Bei verpackten Lebensmitteln, die kein Zutatenverzeichnis tragen (z. B. Spirituosen), umfasst die Angabe zu den Allergenen das Wort „Enthält“, gefolgt von der Bezeichnung des Stoffs gemäß der Liste nach Abb. 2. Sind die enthaltenen Allergene be- reits in der Verkehrsbezeichnung eindeutig genannt, ist eine spezielle Allergenkennzeichnung im Zuta- tenverzeichnis über die normale De- klaration der Zutaten hinaus nicht erforderlich. Allergenkennzeichnung bei Abgabe loser Ware Eine Allergenkennzeichnung bei Abgabe so genannter „loser Ware“ war bisher nicht vorgeschrieben. Ab 13. Dezember 2014 wird die Kennzeichnung der 14 Hauptall- ergene, soweit entsprechend der Rezeptur enthalten, auch bei Ab- gabe nicht verpackter Lebensmittel Pflicht. Mit der EU-Verordnung Nr. 1169/2011 muss alles, was lose ab- gegeben wird, gemäß den neuen Vorgaben gekennzeichnet sein. Das betrifft handwerklich hergestellte Lebensmittel vom Bäcker oder Kon- ditor, Wurst und Feinkostsalate beim Metzger und z. B. den Verkauf an der Käsetheke. Gekennzeichnet wer- den muss ebenfalls das Essen in der Gemeinschaftsverpflegung, z. B. für Krankenhäuser, Rehakliniken, Se- nioreneinrichtungen, Schulen, Kin- dergärten und -tagesstätten, Mensen und Kantinen. Auch Restaurants, Cafés, Imbisse, Pizzalieferdienste oder Eisdielen – sprich der gesamte Allergenkennzeichnungspflicht für lose Ware Was sich für die Gemeinschaftsverpflegung mit der Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) ab Dezember 2014 ändert Lebensmittelallergien mit potentiell lebensbedrohlichen Symptomen und ihrer Therapie, konsequent das ent- sprechende Allergen zu vermeiden, sind ernsthafte Erkrankungen – darum legen Betroffene verständlicherwei- se so großen Wert darauf, zuverlässig über enthaltene Allergene informiert zu werden. Ist die Kennzeichnung der 14 Hauptallergene auf verpackten Lebensmitteln bereits seit 2005 Pflicht, muss ab Dezember auch lose Ware entsprechend gekennzeichnet werden. Eine große Herausforderung für Betriebe der Gemeinschaftsver- pflegung, nicht zuletzt, weil mit der deutschen Durchführungsverordnung wohl in diesem Jahr nicht mehr ge- rechnet werden kann. D&I · 6/2014 Fokus · Allergenmanagement 10

Transcript of Fokus · Allergenmanagement (LMIV) ab Dezember 2014 ändert ... · der Roulade, auch Dekorationen,...

Geschätzte 4-8 Prozent der Kinder und 2-4 Prozent der Erwachsenen in Deutschland

haben eine Lebensmittelallergie. Von einer Zöliakie ist ca. 1 Prozent der Bevölkerung betroffen. Jedoch fast ein Drittel der Bevölkerung vermutet in Lebensmittelallergien die Ursache unterschiedlicher Beschwerden [1]. Tatsächlich stecken meistens andere Unverträglichkeiten (Laktoseintole-ranz, Fruktosemalabsorption, Pseu-doallergien, Histaminintoleranz) oder vielleicht auch eine Glutensen-sitivität [2] hinter den mit der „Aller-gie“ assoziierten, oft unspezifi schen Symptomen.

Allergenkennzeichnung für verpackte LebensmittelFür die 14 „Hauptallergene“ (s. Ta-belle), sprich jene Stoffe bzw. Er-zeugnisse, die häufi g oder besonders schwere allergische Reaktionen oder Unverträglichkeiten auslösen, ist die Kennzeichnung, soweit entsprechend der Produktrezeptur enthalten, bei verpackten Lebensmitteln bereits seit 2005 europaweit Pfl icht. Steht also auf der Verpackung heute nur „Stärke“ oder „modifi zierte Stärke“, handelt es sich sicher um eine, die aufgrund der botanischen Herkunft kein Gluten enthält. Das kann z. B. Mais-, Kartoffel-, Tapioka-, Erbsen- oder Reisstärke sein, aber keine aus Weizen, Roggen, Gerste oder Hafer.

Die Deklarationspfl icht steht im Zusammenhang mit der Anwesen-heit entsprechend der Rezeptur und ist (außer beim SO2) unabhängig von der enthaltenen Menge. Bei ab 13. Dezember dieses Jahres produ-zierten Lebensmitteln müssen die deklarierten Allergene entsprechend der neuen Lebensmittel-Informa-tionsverordnung [3] in der EU im Zutatenverzeichnis optisch hervor-gehoben werden. Das kann z. B. durch die Schriftart, den Schriftstil oder die Hintergrundfarbe erfolgen und erleichtert die „Auffi ndbarkeit“ auch für Nichtexperten. Natürlich ist in den nächsten ein bis zwei Jah-ren noch mit nach der alten Kenn-zeichnung hergestellten Produkten zu rechnen, in denen die Allergene genannt, aber noch nicht hervorge-hoben sind. Es gilt das Prinzip der „Doppelkennzeichnung“, d. h., alle Zutaten und Hilfsstoffe, die eines der Allergene enthalten, müssen genannt und hervorgehoben sein, auch wenn sie zu ein und derselben „Stoffgruppe“ der Allergenliste ge-hören. Enthält ein Lebensmittel Wei-zen- und Roggenmehl aus gluten-haltigem Getreide, muss daher zusätzlich auch z. B. beim Aroma („mit Weizen“) angegeben werden. Bei verpackten Lebensmitteln, die kein Zutatenverzeichnis tragen (z. B. Spirituosen), umfasst die Angabe zu den Allergenen das Wort „Enthält“,

gefolgt von der Bezeichnung des Stoffs gemäß der Liste nach Abb. 2. Sind die enthaltenen Allergene be-reits in der Verkehrsbezeichnung eindeutig genannt, ist eine spezielle Allergenkennzeichnung im Zuta-tenverzeichnis über die normale De-klaration der Zutaten hinaus nicht erforderlich.

Allergenkennzeichnung bei Abgabe loser WareEine Allergenkennzeichnung bei Abgabe so genannter „loser Ware“ war bisher nicht vorgeschrieben. Ab 13. Dezember 2014 wird die Kennzeichnung der 14 Hauptall-ergene, soweit entsprechend der Rezeptur enthalten, auch bei Ab-gabe nicht verpackter Lebensmittel Pfl icht. Mit der EU-Verordnung Nr. 1169/2011 muss alles, was lose ab-gegeben wird, gemäß den neuen Vorgaben gekennzeichnet sein. Das betrifft handwerklich hergestellte Lebensmittel vom Bäcker oder Kon-ditor, Wurst und Feinkostsalate beim Metzger und z. B. den Verkauf an der Käsetheke. Gekennzeichnet wer-den muss ebenfalls das Essen in der Gemeinschaftsverpfl egung, z. B. für Krankenhäuser, Rehakliniken, Se-nioreneinrichtungen, Schulen, Kin-dergärten und -tagesstätten, Mensen und Kantinen. Auch Restaurants, Cafés, Imbisse, Pizzalieferdienste oder Eisdielen – sprich der gesamte

Allergenkennzeichnungspfl icht für lose Ware

Was sich für die Gemeinschaftsverpfl egung mit der Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) ab Dezember 2014 ändert

Lebensmittelallergien mit potentiell lebensbedrohlichen Symptomen und ihrer Therapie, konsequent das ent-sprechende Allergen zu vermeiden, sind ernsthafte Erkrankungen – darum legen Betroffene verständlicherwei-se so großen Wert darauf, zuverlässig über enthaltene Allergene informiert zu werden. Ist die Kennzeichnung der 14 Hauptallergene auf verpackten Lebensmitteln bereits seit 2005 Pfl icht, muss ab Dezember auch lose Ware entsprechend gekennzeichnet werden. Eine große Herausforderung für Betriebe der Gemeinschaftsver-pfl egung, nicht zuletzt, weil mit der deutschen Durchführungsverordnung wohl in diesem Jahr nicht mehr ge-rechnet werden kann.

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„Außer-Haus-Bereich“ ist zur Infor-mation über 14 „Rezeptur“-Allerge-ne verpfl ichtet. Gemäß den Erwä-gungsgründen der EU-Verordnung, die zur Auslegung herangezogen werden können, sind nur Privatper-sonen [5], z. B. bei Wohltätigkeitsver-anstaltungen, ausgenommen. Die Kennzeichnung unbeabsichtigter Verunreinigungen (Kreuzkontami-nationen) wird derzeit in der LMIV nicht geregelt. Damit ergibt sich

auch keine lebensmittelrechtliche Verpfl ichtung zur „Spurenkenn-zeichnung“.

Wie sieht die Allergenkennzeich-nung in Deutschland konkret aus?Die EU-Verordnung (LMIV) kann durch nationale Regelungen kon-kretisiert werden. Die in einem ers-ten Entwurf vorliegende deutsche Lebensmittel-Informationsdurch-führungsverordnung (LMIDV) wird

voraussichtlich bis 13.12.2014 nicht verabschiedet sein. Trotzdem darf nach dem 13.12.2014 nicht mehr abgewartet werden mit der Allergen-kennzeichnung, da die LMIV direkt gilt. Sie erfordert eine schriftliche In-formation, die nicht nur „auf Nach-frage“ leicht zugänglich sein soll.Glutenhaltiges Getreide (Weizen, Roggen, Gerste, Hafer etc.) und Scha-lenfrüchte (= Nüsse, d. h. Mandeln, Walnüsse, Haselnüsse, Pecannüsse,

Die 14 deklarationspfl ichtigen Hauptallergene und Ausnahmen von der Kennzeichnungsverpfl ichtung

Stoffe ausgenommen:

1. Glutenhaltiges Getreide, namentlich Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Dinkel, Kamut oder Hybridstämme

a) Glukosesirupe [4] auf Weizenbasis einschließlich Dextrose b) Maltodextrine auf Weizenbasisc) Glukosesirupe auf Gerstenbasisd) Getreide zur Herstellung von alkoholischen Destillaten einschließlich Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs

2. Krebstiere

3. Eier

4. Fische

a) Fischgelatine, die als Trägerstoff für Vitamin- oder Karotinoidzubereitungen verwendet wird b) Fischgelatine oder Hausenblase, die als Klärhilfsmittel in Bier und Wein verwendet wird

5. Erdnüsse

6. Sojabohnen

a) vollständig raffi niertes Sojabohnenöl und -fett; b) natürliche gemischte Tocopherole (E306), natürliches D-alpha-Tocopherol, natürliches D-alpha-Tocopherolacetat, natürliches D-alpha-Tocopherolsukzinat aus Sojabohnenquellenc) aus pfl anzlichen Ölen gewonnene Phytosterine und Phytosterinester aus Sojabohnenquellend) aus Pfl anzenölsterinen gewonnene Phytostanolester aus Sojabohnenquellen

7. Milch (einschließlich Laktose)a) Molke zur Herstellung von alkoholischen Destillaten einschließlich Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungsb) Lactit

8. Schalenfrüchte, namentlich Mandeln, Haselnüsse, Walnüsse, Kaschunüsse, Pecannüsse, Paranüsse, Pistazien, Macadamia- oder Queenslandnüsse

Nüsse zur Herstellung von alkoholischen Destillaten einschließlich Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs

9. Sellerie

10. Senf

11. Sesamsamen

12. Schwefeldioxid und Sulphite in Konzentrationen von mehr als 10 mg/kg oder 10 mg/l als insgesamt vorhandenes SO2 im verzehrfertigen Lebensmittel

13. Lupinen

14. Weichtiere

gilt auch für die jeweils daraus hergestellten Erzeugnisse

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Cashewnüsse, Macadamia nüsse/Queenslandnüsse, Pistazien, Para-nüsse) sollten im Interesse der Aller-giker möglichst namentlich genannt werden [6], auch wenn sich die Rechtsexperten hier über die richtige Interpretation der Verordnung strei-ten könnten. Auch in welcher Form die Information der Verbraucher er-folgen kann, ist derzeit noch nicht anders als in der LMIV geregelt. So ist noch nicht klar, ob die schriftli-che Form, z. B. über Fußnoten in der Speisekarte und dem Menüplan oder eine Kladde mit hinterlegten Infor-mationen oder Allergenübersichten, zwingend erforderlich ist. Vielleicht wird auch eine mündliche Auskunft wie in Österreich ausreichend sein. Im derzeitigen Entwurf soll diese allerdings nur die Ausnahme sein. Immer aber muss eine schriftliche oder elektronische Dokumentation zu Grunde liegen. Wir werden zeit-nah berichten.Wenn das Hauptallergen bereits im Namen des Gerichtes erkennbar ist („Broccoli-Haselnuss-Ecken“), kann auf eine zusätzliche Kenn-zeichnung dieses Allergens, analog verpackter Lebensmittel, verzichtet werden. Hierbei sollte man aber als Koch oder Diätassistentin auch an-dere geltende Regelungen bedenken bzw. auf entsprechende Reaktionen der Gäste gefasst sein. Eine Sahne-sauce muss eine gewisse Menge an Milchfett enthalten, der Schuss Sahne zum Abrunden reicht dafür evtl. nicht. Und eine „feine Senf-sauce“ sollte auch deutlich nach Senf schmecken. „Das hat doch gar nicht nach Senf geschmeckt!“ Die Nennung des Allergens sollte also keine falschen Vorstellungen über die Zusammensetzung und den Ge-schmack des Gerichtes wecken. Evtl. wäre eine separate Speisekarte für Allergiker eine sinnvolle Lösung.Wichtig ist dabei aus Sicht der Be-troffenen jedenfalls, dass die Kenn-zeichnung richtig (!), eindeutig, übersichtlich, gut verständlich und möglichst einheitlich gestaltet ist. Insofern gibt es den berechtigten

Wunsch, jedem Allergen einen fes-ten Buchstaben oder eine Buchsta-benkombination für die Fußnoten zuzuweisen.

Dokumentation derenthaltenen AllergeneDazu benötigt es Wissen über alle verwendeten Zutaten und „Hilfsstof-fe“. Erforderlich wird damit auch das Kochen nach festgelegtem Rezept, um Allergene schon im Vorfeld im Speiseplan kennzeichnen zu kön-nen. Die Flexibilität bei der Auswahl des Lieferanten wird unter Umstän-den beschränkt, da Produkt A nicht immer die gleichen Hauptallergene enthält wie ein ähnliches Produkt B. Manchmal „verstecken“ sich Haupt-allergene in Lebensmitteln, an die man nicht gleich denkt oder die regi-onal weniger bekannt sind.

Mögliche Stolperfallen erkennen:Verpackte Lebensmittel: Zutatenverzeichnisse prüfen und be-rücksichtigen.Ω Worcestersauce und andere Würz-

saucen enthalten häufi g Fisch. Lose Lebensmittel von Fleischer, Bä-cker und Konditor: Spezifi kationen anfordern und doku-mentieren. Ω Hartkäse kann Ei-Lysozym als Zu-

satzstoff zur Verhinderung von Rissbildung im Käse enthalten, Ei kann sich als Klebemittel auf Ge-bäck befi nden.

Selbst eingebrachte AllergenebeachtenΩ Sellerie als Wurzelgemüse im Sau-

cenansatz, Senf zum Abschme-cken des Grünkohls, Senfsaat in der Roulade, auch Dekorationen, Garnituren.

Auslobungen für Speisenund Getränke Generell sollte die (umgangssprach-lich durchaus übliche) Aussage „all-ergenfrei“ nicht verwendet werden, da prinzipiell jedes Protein, unab-hängig davon, ob es auf der Haupt-allergenliste steht oder nicht, ein Allergen sein kann, welches eine

entsprechende Reaktion bei einem Betroffenen auslösen kann. Für die Auslobung „laktosefrei“ gibt es derzeit keine rechtliche Regelung in Deutschland. Die im Markt befi nd-lichen laktosefreien Milchprodukte weisen im allgemeinen Gehalte von < 0,1 g Laktose je 100 g aus. Das entspricht auch der Nachweisgrenze für den anerkannten enzymatischen Nachweis von Laktose, der bei 0,1 g/ 100 g liegt. Als „glutenfrei“ ausgelobte Lebens-mittel dürfen max. 20 mg Gluten je kg [7] enthalten.

Vermeidung von unbeabsichtigter Eintragung von AllergenenZum Allergenmanagement gehört neben der Deklaration der enthal-tenen Hauptallergene auch die Minimierung der so genannten Kreuzkontaminationen oder Cross Contacts. Wie die Hersteller ver-packter Lebensmittel müssen auch die Anbieter loser Ware im Rahmen ihrer Sorgfaltspfl icht Maßnahmen ergreifen, um eine unbeabsichtig-te Verunreinigung mit Hauptaller-genen zu vermeiden. Notwendige Maßnahmen können in das HACCP-Konzept integriert werden. Dazu ge-hören u. a. die gründliche Reinigung von Arbeitsräumen, Arbeitsfl ächen und Portionier-/Anrichte-/Servier-stellen, Werkzeugen und Geräten für Vorbereitung, Zubereitung und Lagerung, Geschirr und Vorlegebe-steck. Für die Reinigung ist klares Wasser nicht genügend, sondern es wird ggf. eine Nassreinigung mit Rei-nigungsmitteln erforderlich, um Al-lergene zuverlässig zu entfernen [8].

SpurenkennzeichnungDiese Angabe ist derzeit freiwillig und textlich in Europa nicht festge-legt, ggf. kann aber die Kommission Durchführungsrechtsakte dazu er-lassen. Sie sollte nicht genutzt wer-den, um alle 14 Hauptallergene zur Absicherung wahllos aufzuzählen, damit der Informationscharakter für den Allergiker erhalten bleibt. Nicht vermeidbare (unbeabsichtigte, aber

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Literatur

[1] Zuberbier, T. et al.: Prevalence of adverse reactions to food in Germany – a population study. Allergy; 59: 338–45 (2004)

[2] Körner , Ute: Glutensensitivität. Ernährungs Umschau; 60: M519-523 (2013)

[3] VERORDNUNG (EU) Nr. 1169/2011 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebens-mittel(Lebensmittel-Informationsverord-nung), englisch FIC (Food information to consumers)

[4] Zu den Glukosesirupen gehören lt. Defi nition in der Zuckerartenverordnung auch die Glukose-Fruktose- und Fruktose-Glukose-Sirupe

[5] Erwägungsgründe der LMIV

[6] Lt. Guidelines relating to the provision of information on substances or products causing allergies or intolerances as listed in Annex II of regulation (EU) No 1169/2011 on the provision of food information to consumers (working document ID 36619)

[7] Verordnung (EG) Nr. 41/2009 und EU-Durch-führungsverordnung 828/2014 (ab Juli 2016)

[8] Schreder, C. Wild, B. Jäger, M. Reiselhuber-Schmölzer, S. Prüller-Strasser, B. (2013): Allergenmanagement in der Gastronomie. Problematik der Allergenkreuzkontamination im lebensmittelrechtlichen Kontext. In: Ernährungs Umschau 60 (7): 104-109

Susanne Koch,Diätassistentin, Dipl. oec. troph.Hamburg

Gabriele SeidlStaatl. gepr. Lebensmittel -

chemikerinHamburg

Beide Autorinnen gehören der VDD-Fachgruppe Presse & Medien [email protected]

Die Autorinnenmögliche) Kreuzkontaminationen bei den Lieferan-ten oder in der Einrichtung (Spurenkennzeichnung) können angegeben werden, beispielsweise mit einem Hinweis auf der Speisekarte.

Zum Redaktionsschluss hat uns die Nachricht er-reicht, dass das BMEL den Entwurf einer Vorläu-fi gen Lebensmittel-Informations-Ergänzungsver-ordnung (VorlLMIEV) zur Diskussion gestellt hat, der die Modalitäten der Allergeninformation bei Abgabe loser Ware regeln soll, bis die Lebensmit-tel-Informations-Durchführungsverordnung gilt. Die VorlLMIEV sieht u. a. eine erweiterte Möglich-keit der mündlichen Allergeninformation neben der schriftlichen und elektronischen vor. Weitere Informationen folgen. Bitte beachten Sie auch den VDD-Fachtag für Verpfl egungsmanagement am 27.02.2015 (s. Termine bzw. Seminarangebote).

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D&I: Welche Teilnehmer konnten Sie beim VDD-Seminar begrüßen?Ingeborg Vogel: Bei den Teilneh-mern handelte es sich um Diätassis-tenten, die meistens in den Küchen der Gemeinschaftsverpfl egung ar-beiten. Sie sind in unterschiedlich großen Betrieben, etwa Krankenhäu-sern oder bei Cateringunternehmen, beschäftigt.

D&I: Wie es derzeit aussieht, wird die nationale Durchführungsverordnung der EU-LMIV in diesem Jahr nicht mehr kommen. Was raten Sie Ihren Seminarteilnehmern aus der Gemein-schaftsverpfl egung?Ingeborg Vogel: Falls in Deutschland keine gesetzliche Vorgabe bis 13.12. 2014 erlassen wird, gelten die Be-stimmungen wie für verpackte Ware. Die Angaben sind in Worten und Zahlen zu ma-chen. Ich würde dringend raten, keinesfalls abzu-warten, sondern zu handeln. Die Hauptarbeit liegt ja im Lieferanten- und Rezepturmanagement, also in den Schritten, bevor eine Kennzeich-nung auf dem Speiseplan stattfi nden kann. Jeder Betrieb sollte das ma-chen, was für ihn möglich ist, um den Allergiker bestmöglich zu infor-mieren, und das Konzept dann gege-benenfalls an die gesetzlichen Vorga-ben – wenn sie vorliegen – anpassen.D&I: Welche Fragestellungen hatten die Teilnehmer des VDD-Seminars?

Ingeborg Vogel: Einige Diätassisten-ten berichteten von unzureichenden technischen Voraussetzungen. In manchen Betrieben ist die Software nicht darauf ausgelegt, die Allerge-ne einzelnen Menükomponenten zuzuordnen, sondern lediglich einer Menülinie. Noch wissen wir jedoch nicht, wie genau die Kennzeich-nung im Detail auf dem Speiseplan aussehen muss. Aus Rücksicht auf den Allergiker sollten wir natürlich versuchen, unsere Menüs so gut wie möglich zu beschreiben, um ihm eine Teilnahme an der Verpfl egung zu ermöglichen. Problematisch ist es auch, wenn nicht einmal eine entsprechende Software bzw. Datenbank vorhanden ist. Das Rezeptur- und Lieferantenmanage-ment mit den verbundenen Aktua-lisierungen gestaltet sich mit einem

auf den Betrieb abgest immten PC-Programm wesentlich einfa-cher.Das Allergenma-

nagement im Betrieb hinsichtlich der Vermeidung von Kreuzkontami-nationen ist für Diätassistenten, die in diesem Bereich tätig sind, schon lange selbstverständlich. Schließlich kochen sie für Allergiker nicht erst ab Dezember 2014 – bis jetzt aber doch meist nur in ihrem Bereich. Als problematisch hat sich die Wa-reneingangskontrolle herausgestellt. Es stellte sich mehrfach die Frage, wie es hinzubekommen sei, dass

beispielsweise die Lieferung von Er-satzprodukten nicht erst der Diätas-sistentin in der Küche auffällt. Das heißt: In einigen Betrieben müssen die internen Lieferprozesse beim Wareneingang geprüft und ggf. neu defi niert werden, bzw. es muss die Kommunikation mit den Lieferan-ten geklärt werden. Es tauchen Fra-gen dazu auf, wie sich kurzfristig in der Küche ergebene Änderungen mitteilen lassen. Als Beispiele die-nen Außer-Haus-Lieferungen und die Speisentransporte auf Stationen oder etwa Wohnbereiche.

Konkretes Beispiel: „Der fürdiesen Tag geplante Milchreis ist mit Vorratsschädlingenkontaminiert. Alternativ wirdGrießbrei zubereitet. In welcherForm informiert die Küche denPatienten auf Station oder denGast von Essen auf Rädern?“

D&I: Die Kommunikation scheint ein entscheidender Punkt im Allergenma-nagement zu sein?Ingeborg Vogel: Das ist richtig. Wir wollen ja den Allergiker informieren, um ihm seine Wahl zu erleichtern,

Kompetenz von Diätassistenten ist gefragt

VDD-Seminar zum Allergenmanagement greift Fragen zurpraktischen Umsetzung in der Gemeinschaftsverpfl egung auf

Für den VDD hat Ingeborg Vogel, Diätassistentin und B. Sc. oec. troph., Quant Qualitätssicherung GmbH, Fulda, bereits beim VDD-Kongress in Wolfsburg in einem Vortrag das Allergenmanagement vorgestellt und die Thematik vor allem hinsichtlich des Weges zur Kennzeichnung von Aller-genen auf der Speisekarte im September in einem VDD-Seminar vertieft. Über Fragen aus der Praxis sowie die Rolle von Diätassistenten im Aller-genmanagement unterhielt sich die Redaktion der D&I mit der Referentin.

Ingeborg Vogel ist bei der Quant Qualitätssicherung GmbH in Fulda beschäftigt.

„ Ich würde dringend raten, keinesfalls abzuwarten, sondern zu handeln “

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Ca. 20% der Deutschen leiden unter einer Laktose- Intoleranz, d.h. sie können den Milchzucker nicht oder nur unzureichend aufspalten.Betroffene Personen weisen in der

Regel gastrointestinale Beschwerden wie Bauchschmerzen, Blähungen und

Durchfall auf. Eine Ernährungsumstellung auf laktosefreie MinusL Produkte

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und ihn nicht zusätzlich verunsi-chern. Dazu kann auch gehören, den Allergiker über mögliche Kreuzkon-taminationen in der Küche zu infor-mieren – die entsprechenden For-mulierungen kann sich jeder Betrieb überlegen. Dabei stehen für mich allerdings weniger Haftungsgrün-de im Fokus, sondern vielmehr der Wunsch, mit dem Kunden aktiv ins Gespräch zu kommen. Damit kann ich den Allergiker auffordern, sich vertrauensvoll an die Küche zu wen-den, die sich dann, dank professio-neller Mitarbeiter, um seine Belange kümmern kann. Allerdings empfeh-len wir nicht, mögliche Kreuzkonta-minationen direkt auf dem Speise-plan zu kennzeichnen.

D&I: Können Sie weitere Beispielfragen aus der täglichen Praxis nennen?Ingeborg Vogel: Diskutiert wur-de beispielsweise der Umgang mit Wunsch- oder Sonderkostformen,

für die keine Rezeptur oder Defi niti-on vorliegt. Unserer Auffassung nach ist hier eine notwendige Kennzeich-nung der Speisen in Frage zu stellen, da der Patient bekannt ist und bereits einer Anamnese unterliegt. Wir emp-fehlen aber, im Rahmen der Rückver-folgbarkeit schriftlich festzuhalten, welche Speisen ausgegeben wurden. Unsicherheit herrscht auch oft bei der Frage, wie bei Frühstücksbuffets gekennzeichnet werden muss. Bei solchen aufkommenden Fragestel-lungen können sich Diätassistenten gerne an mich wenden.

D&I: Welche Rolle sehen Sie für Diätas-sistenten im Allergenmanagement?Ingeborg Vogel: Aufgrund ihrer Kompetenz sind Diätassistenten stark in der Verantwortung. Ihre Rol-le ist jedoch nicht ganz unproblema-tisch. Die für ein funktionierendes Allergenmanagement notwendigen Rezepturen sind in den meisten Kü-

chen vorhanden. In vielen Betrieben werden diese jedoch nicht konse-quent eingehalten. Vor allem Köche reagieren abwehrend und machen sich Sorgen, dass ihre Kreativität eingeschränkt wird. Hier sollte ver-sucht werden, ein Umdenken zu erreichen: Die Kreativität kann auch eine Stufe vorverlegt werden, in die Entwicklung von Rezepten, die dann aber eingehalten werden müssen. Möglicherweise stärkt die Pfl icht zu einer Allergenkennzeichnung Diät-assistenten den Rücken, ihre Rolle im Betrieb zu übernehmen. Die Be-deutung von Allergien und das Aller-genmanagement ist jedoch in vielen Küchen noch nicht so angekommen. Daher gilt es, die Mitarbeiter zu sen-sibilisieren und zu schulen. In dieses Aufgabenfeld können Diätassisten-ten ihre Fachexpertise hervorragend einbringen.

Das Interview führte Ulrike Grohmann

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Kreuzkontaminationen als Problem (I)

DZG: Spurenkennzeichnung nach wie vor unbefriedigend Umfangreiche Warnhinweise verunsichern Verbraucher

Im Rahmen der Allergenkennzeichnungspfl icht ist die Kennzeichnung unbeabsichtigter Verunreinigungen (Kreuzkontaminationen) derzeit nicht geregelt. Damit ergibt sich auch keine Verpfl ichtung zur „Spurenkenn-zeichnung“, Hersteller von Lebensmitteln und Anbieter in der Gemeinschaftsverpfl egung können freiwillig dazu Angaben machen.

Über die Bedeutung dieser Regelung für betroffene Pa-tienten sprach die Redaktion

der D&I mit Ellen Stemmer von der DZG. Die Deutsche Zöliakie-Gesell-schaft e.V. (DZG) ist eine Selbsthil-feorganisation, in der Menschen, die von Zöliakie und Dermatitis herpeti-formis Duhring betroffen sind, Hilfe und Unterstützung für ihr tägliches Leben und einen sinnvollen Um-gang mit der Erkrankung fi nden. Als Mitglied der AOECS (Association of European Coeliac Societies) ist die ge-meinsame Vertretung der Interessen der Zöliakie-Betroffenen in Europa ein wichtiges Anliegen der DZG.

D&I: Wie beurteilen Zöliakiebetroffene eine Deklaration „kann Spuren von Gluten enthalten“? Sehen Sie darin eine Erleichterung oder ein Hemmnis bei der Entscheidung für ein Lebensmit-tel oder eine Speise?Ellen Stemmer: Das Thema „Kreuz-kontaminationen“ beschäftigt uns schon seit der Einführung der ver-pfl ichtenden Allergenkennzeich-nung. Leider mussten wir die Erfah-rung machen, dass zunächst viele Unternehmen ihren Ausweg in einer „kann … enthalten“-Deklarierung ge-sucht haben. Erst im Laufe der Jahre ist das Verständnis für die Betrof-fenen etwas gewachsen und einige Hersteller verzichten nunmehr da-rauf bzw. haben ihren Hinweis auf konkrete, einzelne Kontaminations-gefahren beschränkt. Bei der weit überwiegenden Zahl der verpackten Lebensmittel sind umfangreiche

Warnhinweise aber leider weiterhin an der Tagesordnung. Dies verunsichert selbstverständ-lich alle betroffenen Verbraucher. Unserer Erfahrung nach weiß die Mehrheit der Verbraucher nicht, dass diese Angaben auf freiwilliger Basis erfolgen, andererseits fehlende „Spurenhinweise“ nicht zwangsläu-fi g eine Garantie für die Abstinenz von Kontaminationen bedeuten. Es ist vielfach nicht bekannt, dass in der Kennzeichnung nach geltendem Recht mögliche Kontaminationen durch produktionsbedingte Ver-unreinigung bei Ernte, Transport, Abpackung und Lagerung sowie der natürlicherweise vorkommende Fremdbesatz (= Das Vorkommen von artfremden Getreidepfl anzen auf dem Feld und damit deren Samen im geern-teten Getreide. Anm. der Red.) nicht erfasst sind, da es sich nicht um eine Zutat oder einen Hilfsstoff handelt.

D&I: Wie sehen die Vorstellungen der DZG für eine Kennzeichnung von un-beabsichtigten Verunreinigungen (Spu-ren) aus?Ellen Stemmer: Im Interesse der betroffenen Verbraucher sollte die Anbringung vorsorglicher Warnhin-weise nur nach einer sorgfältigen Risikoanalyse erfolgen dürfen. Dazu bedarf es eines guten Allergenmana-gements im Unternehmen, welches beim Lieferanten beginnt und mit einer abschließenden Gesamtrisi-kobewertung endet. Fälle, in denen es lediglich um die Absicherung des Herstellers geht, im Sinne einer

beabsichtigten Ausnahme von der Produzentenhaftung ohne fundierte Risikoanalyse, sollten gesetzlich aus-geschlossen sein. Dass hier ein konkreter Regelungs-bedarf besteht, sieht man auch da-ran, dass bei Produkten, die keine „Spurenkennzeichnung“ enthalten, ebenfalls zwei Konstellationen mög-lich sind. Das Fehlen dieses Hin-weises kann Resultat einer Über-prüfung, mit dem Ergebnis, dass das Allergen nicht im Endprodukt vorkommen kann, sein oder aber es fi ndet überhaupt kein Allergenma-nagement beim Hersteller statt.Allein die Tatsache, dass einem Warnhinweis diverse Entstehungs-möglichkeiten zu Grunde liegen können, gibt Anlass zu Spekula-tionen und sollte deshalb unserer Meinung nach als seriöse Verbrau-cherinformation einer verbindlichen Regelung zugeführt werden. Im Üb-rigen soll laut LMIV die Europäische Kommission Durchführungsmaß-nahmen zu der freiwilligen zusätzli-chen Angabe über das mögliche und unbeabsichtigte Vorhandensein von Stoffen im Lebensmittel, die Aller-gien oder Unverträglichkeiten aus-lösen („Kann-enthalten-Kennzeich-nung“), erlassen.

Ellen Stemmer, Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e.V. (DZG), Stuttgart.

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D&I: Wie beurteilen Sie die Situation von Zöliakiebetroffe-nen beim Besuch der Gastronomie und von Einrichtungen der Gemeinschaftsverpfl egung? Welche Risiken sehen Sie?Ellen Stemmer: Auswärts essen gehen oder die Teilnah-me an einer Gemeinschaftsverpfl egung ist für Zöliakie-betroffene zunächst immer mit Aufwand und letztlich auch mit einem höheren Risiko für unbeabsichtigte Di-ätfehler verbunden. Ebenso spielen Verzicht oder Aus-grenzung bei diesem Thema eine bedeutende Rolle.Sobald die Zubereitung der Speisen in fremde Hände gegeben wird, müssen einige wichtige Punkte beachtet werden, die vom Koch bzw. dem Servicepersonal zu be-rücksichtigen sind.

D&I: Was können Anbieter tun, um Zöliakiebetroffenen die Teilnahme an der Verpfl egung zu erleichtern?Ellen Stemmer: Im Sinne eines verantwortungsvollen Gastgebers gilt es, jede Anstrengung zu unternehmen, um eine versehentliche Kontamination im Lebensmittel bzw. in der Mahlzeit zu verhindern. Je weniger standar-disiert die Zubereitung, desto höher das Risiko für glu-

tenhaltige Bestandteile. Allerdings liegt gerade in der fri-schen, naturbelassenen Zubereitung, ohne Verwendung von Halbfertig- und Fertigerzeugnissen, die Chance, kundenorientiert zubereiten zu können. Von entschei-dender Bedeutung ist gerade in diesem Bereich die Sen-sibilisierung und Schulung des Personals. Für das Allergenmanagement hat die DZG folgende Checkliste aufgestellt, welche kritischen Punkte in der Küche Berücksichtigung fi nden sollten:

Checkliste für das Allergenmanagement in der Kücheπ Schulung/Sensibilisierung aller Mitarbeiter in Küche

und Serviceπ Einkaufs- und Lieferantenkontrolle/Checklistenπ Aktualisierung der Informationen/Rezepturen (ent-

haltene Allergene)π separate bzw. gut gereinigte Arbeitsfl äche/ Kochge-

schirr und -besteckπ Abschmecken/Würzen der Speiseπ Verfeinern/Binden von Suppen und Saucenπ Dekoration/Garnierungπ Resteverwertungπ regelmäßige Reinigungπ alternative Zutatenπ nur sichere Auskünfte gebenπ Kontaminationen meiden/minimierenDie Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e.V. bietet Schulun-gen für Fachkräfte aus Hotel und Gastronomie an. Diese Schulungen bieten wir zum einen als Tagesschulung in unserer Geschäftsstelle oder als Inhouse-Schulung vor Ort an.

Die Fragen stellten Susanne Koch/Ulrike Grohmann

Glutenfrei essen und trinken

Risiko Essen

außer Haus (Restaurant,

Krankenhaus …)Einkauf anhand der aktuellsten DZG-Ausstellungen

diätetische glutenfreie Lebensmittel

Lebensmittel aus glutenfreien Zutaten selbst herstellen

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Kreuzkontaminationen als Problem (II)

DAAB: Betroffene wünschen eine produktbezogene Aussage zu möglichen unbeabsichtigten Allergenvorkommen

Über die Bedeutung dieser Re-gelung für betroffene Patien-ten sprach die Redaktion der

D&I mit Sabine Schnadt, Diplom-Oe-cotrophologin beim Deutschen Aller-gie- und Asthmabund e.V. (DAAB). Der DAAB arbeitet als Patientenver-band für Kinder und Erwachsene mit Allergien, Asthma, COPD und Neu-rodermitis. Das Engagement um-fasst die Bereiche Atemwege, Haut, Allergien und Ernährung. Der DAAB

setzt sich beispielsweise ein für eine bessere Deklaration von Lebensmit-teln, von Wasch- und Reinigungsmit-teln sowie von Kosmetika und Kör-perpfl egeprodukten.

D&I: Was bedeutet die Deklaration „kann Spuren von … enthalten“ aus Sicht des DAAB?Sabine Schnadt: Hierbei handelt es sich um die Information der Indus-trie zu unbeabsichtigten Allergen-

einträgen in ihren Produkten. Die Grundlage der Bewertung einzelner Industrievertreter ist jedoch sehr un-

Sabine Schnadt, Deutscher Aller-gie- und Asthmabund e.V. (DAAB), Mönchengladbach.

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terschiedlich. Es wird zwischen drei Gruppen von Bewertungen unter-schieden:1. Ein so genannter „Spurenhinweis“

erfolgt nach Durchführung von Maßnahmen zum Allergenma-nagement zur Reduzierung der unbeabsichtigten Allergeneinträ-ge, wenn die Risikobewertung zu dem Ergebnis kommt, dass ein Risiko für den Allergiker bei Ver-zehr des Produktes besteht, eine allergische Reaktion zu erfahren.

= Der „Spurenhinweis“ spiegelt in diesem Fall ein tatsächliches Risi-ko wider. Es handelt sich hierbei um eine für den allergischen Ver-braucher wichtige Information, die kommuniziert werden muss.

2. Ein „Spurenhinweis“ erfolgt nach Durchführung von Allergenma-nagement-Maßnahmen zur Re-duzierung der unbeabsichtigten Allergeneinträge, obwohl die Risikobewertung zum Schluss kommt, dass ein Risiko einer all-ergischen Reaktion für den Aller-giker bei Verzehr des Produktes NICHT besteht. Aus Gründen der Absicherung wird trotzdem ein Warnhinweis auf der Verpackung abgedruckt.

= In diesem Fall refl ektiert der Hinweis das tatsächliche „Ri-siko“ bzw. das fehlende Risiko nicht. Das Statement dient allein

der rechtlichen Absicherung des Herstellers. Für den allergischen Verbraucher bedeutet es eine un-nötige Einschränkung der Pro-duktpalette.

3. Ein „Spurenhinweis“ erfolgt, ob-wohl keine Allergenmanagement-Maßnahmen zur Reduzierung von unbeabsichtigten Allergenein-trägen und/oder keine fundierte Risikobewertung der tatsächli-chen Situation hinsichtlich eines möglichen Allergenvorkommens im Endprodukt erfolgt sind (z. B. wenn ein genereller Hinweis auf unbeabsichtigtes Allergenvor-kommen auf dem Endprodukt erscheint, wenn Zulieferer dies auf ihren Rohstoffen angeben – unabhängig von der Höhe der möglichen Einträge)*. Das Risiko für den Allergiker, bei Verzehr des Produktes eine allergische Reakti-on zu erfahren, ist nicht abschätz-bar: Es ist möglich, dass ein Risiko besteht, es ist aber auch möglich, dass das Produkt wie unter Nr. 1 kein Risiko bedeutet.

= Der Hinweis gibt daher keinen Aufschluss über ein tatsächliches oder ggf. nicht vorhandenes Risi-ko, was nicht hilfreich und ziel-führend im Sinne einer informier-ten Kaufentscheidung seitens des allergischen Verbrauchers ist.

Insgesamt führt die ungeregel-

te Situation der Verwendung von Hinweisen auf unbeabsichtigte All-ergeneinträge zu einer starken Ver-unsicherung allergischer Verbrau-cher.*Hierbei geht es nicht um möglicher-weise sporadisch vorhandene stückige Kontaminationen, sondern darum, dass ein Hersteller beispielsweise vom Zulieferer eines Aromas einen Hinweis auf eine Kreuzkontamination erhält und diese auf dem Endprodukt angibt, obwohl das Aroma als Zutat einer Zu-tat in so geringer Menge im Endpro-dukt vorhanden ist, dass eine unbe-absichtigte Kreuzkontamination mit einem Allergen im Endprodukt nicht mehr relevant bzw. in der Lage ist, eine allergische Reaktion hervorzurufen.

D&I: Wie sehen die Vorstellungen des DAAB für eine Kennzeichnung von unbeabsichtigten Verunreinigungen (Spuren) aus?Sabine Schnadt: Wünschenswert wäre eine einheitliche und geregelte Bewertung von unbeabsichtigten Al-lergeneinträgen, damit der Hinweis auf der Verpackung auch eine valide Aussage über ein tatsächlich beste-hendes Risiko transportiert.Umgekehrt bedeutet das Fehlen ei-nes Spurenhinweises ja leider nicht, dass das Produkt keine unbeabsich-tigten Allergeneinträge enthält. Dies zeigen eindrücklich die jährlich durchgeführten Untersuchungen der Lebensmittelüberwachung, die immer bei ca. +/- 10 % der unter-suchten Produkte ohne Hinweis auf ein Allergen als Zutat oder Kreuz-kontamination auf dem Etikett eine relevante (= allergieauslösende) Menge fi nden.Auch hier kann der allergische Verbraucher nicht unterscheiden zwischen den o. g. Produkten und denjenigen, bei denen Hersteller be-wusst aufgrund erfolgreicher Maß-nahmen des Allergenmanagements und sorgfältiger Risikobewertung auf einen „Spurenhinweis“ verzich-tet haben, da das Risiko für den Ver-braucher hier als sehr gering einge-stuft wird. Produkte, bei denen ein

Unter dem Titel „Eine Bitte an den Koch“ hält der DAAB für Allergiker Restaurantkarten bereit.

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„Spurenhinweis“ nicht erfolgt, weil der Hersteller das Risiko hier als ge-ring bzw. nicht vorhanden einstuft, würden allergische Verbraucher ger-ne als solche erkennen. Außerdem wäre es wünschenswert, einen ein-heitlichen Wortlaut für den Hinweis auf unbeabsichtigtes Allergenvor-kommen zu haben.

D&I: Sind Produkte, die wegen mög-licher Kreuzkontakte Spuren verschie-dener Hauptallergene deklarieren, für Allergiker ungeeignet?Sabine Schnadt: Das lässt sich pau-schal nicht sagen. Eine mögliche Allergie hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z. B. Allergieauslö-ser (z. B. (Hitze-)labiler vs. (Hitze-)stabiler Allergieauslöser) oder Art der Kreuzkontamination (homogen vs. stückig). Viele Verbraucher sind nicht darüber informiert, welche Mengen an Allergen individuell ver-tragen werden.Verbraucher machen häufi g eine Risikobewertung anhand des Wort-lautes des verwendeten „Spurenhin-weises“, z. B. kaufen eher Produkte mit „kann Spuren von … enthalten“, als „kann … enthalten“. Da Unter-suchungen von Produkten mit un-terschiedlichen „Spurenhinweisen“ jedoch gezeigt haben, dass es keinen Zusammenhang zwischen tatsäch-lich vorhandener Allergenmenge in einem Lebensmittel und dem Wort-laut des „Spurenhinweises“ gibt, trägt dies nicht zu einer sicheren und informierten Kaufentscheidung bei. Hinzu kommt, dass der Begriff „Spur“ nicht defi niert ist. Eine „Spur“ kann daher in einem Pro-dukt eine sehr kleine, möglicher-weise sogar zu vernachlässigende Allergenmenge sein, in einem ande-ren Fall jedoch auch z. B. eine halbe Nuss oder eine Kontamination im Gramm-Bereich.Aufgrund der schwierigen Ein-schätzbarkeit empfi ehlt der DAAB einen vorhandenen „Spurenhin-weis“ bei entsprechender allergi-scher Disposition daher immer zu

beachten. Ist kein „Spurenhinweis“ auf einem Produkt zu fi nden, raten wir dazu, den Hersteller hinsichtlich der Bewertungsgrundlage zu kon-taktieren.

D&I: Wie beurteilen Sie die Verwen-dung von Produkten mit „Spurende-klaration“ in der Gemeinschaftsverpfl e-gung? Nach welchen Kriterien kann die Küche diese Lebensmittel auch zum Bekochen von Allergikern einsetzen?Sabine Schnadt: Hier befi ndet sich der Anbieter von Gemeinschaftsver-pfl egung in der gleichen Situation wie der allergische Verbraucher und im Grunde gilt das bereits Gesagte. Ein nicht vorhandener Spurenhin-weis bedeutet nicht automatisch, dass keine Allergenkontaminatio-nen vorhanden sind, so dass in die-ser Situation ggf. der Hersteller hin-sichtlich der Bewertungsgrundlage kontaktiert werden sollte. Wenn ein Hinweis auf Kreuzkontaminationen berechtigt (= s. o. Beispiel 1) vor-handen ist, so sollte er auch an den Allergiker weitergegeben werden. Der DAAB arbeitet daran, einen Kriterienkatalog zu erstellen, der aufzeigt, ob ein Hersteller ein Al-lergenmanagement hat und eine entsprechende Risikobewertung durchführt. Ist dies der Fall, bedeu-tet das Fehlen eines „Spurenhinwei-ses“ zwar nicht, dass es sich um „Frei von …“-Produkte handelt, aber es besteht eine größere Sicherheit hinsichtlich der Einschätzung. Dies könnte auch ein Ansatz sein, der für die Einkäufer von Produkten in der Gemeinschaftsverpfl egung interes-sant ist.

D&I: Wie beurteilen Sie das Risiko un-beabsichtigter Allergeneinträge in der Restaurant- oder Kantinenküche?Sabine Schnadt: Für Küchen ist das Allergenmanagement sicher eine Herausforderung. Die Industrie hat hier einen klaren zeitlichen „Vor-sprung“, weil sie sich bereits seit fast zwei Jahrzehnten mit dem The-ma befasst. Manche Anforderungen des Allergenmanagements, wie z. B.

Trennung in unterschiedliche Pro-duktionsbereiche bis hin zu Produk-tionsstätten, in welchen manche Al-lergieauslöser gar nicht zugelassen werden, wie in großen Industriebe-trieben praktiziert, sind in Küchen meist nicht möglich.Dennoch sollte natürlich versucht werden, eine gute Herstellungspra-xis auch in handwerklich arbeiten-den Betrieben ein- und durchzufüh-ren. Es gibt einige Maßnahmen, die auch hier beachtet werden können – z. B. getrennte Lagerung, speziel-le Arbeitsplätze für z. B. Fischverar-beitung und Personalschulung be-züglich Rezepturtreue und Rework, Ausgabe und Garnierung von Spei-sen etc. Vielfach sind Strategien zur Vermeidung unbeabsichtigter Aller-geneinträge aber auch schon in den Hygienestandards enthalten, z. B. Abdeckung von Behältnissen zur Vermeidung von Fremdeinträgen oder ein separater Platz zur Verar-beitung von Eiern.Zudem kommt es auch auf den All-ergieauslöser an. Stäube durch Mehl sind weniger gut zu vermeiden als Kontaminationen durch fl üssige Rohstoffe, die leichter entfernt, bzw. Kochutensilien, die gereinigt werden können. Fisch, Weich- und Krebstie-re werden meist schon allein aus ge-schmacklichen Gründen in separa-ten Behältnissen zubereitet, um nur einige Beispiele und Ansatzpunkte zu nennen.

D&I: Empfehlen Sie, dass die Gemein-schaftsverpfl egung auf mögliche unbe-absichtigte Allergeneinträge (Spuren) pauschal hinweist?Sabine Schnadt: Nein, davon raten wir ab. Das hilft weder dem All-ergiker weiter, noch schafft es auf Anbieterseite mehr Bewusstsein für das Thema. Befragungen des DAAB haben gezeigt, dass sich 80 % der Betroffenen eine produktbezogene Aussage zu möglichem unbeabsich-tigten Allergenvorkommen wün-schen.

Die Fragen stellten Susanne Koch/Ulrike Grohmann

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In ihrem Seminar „Gute Gastge-ber für Allergiker – Umsetzung der Lebensmittel-Informations-

verordnung in der Gastronomie“ stellte die Sektion Hessen der Deut-schen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) die relevanten rechtlichen Aspekte vor. Gemeinsam mit dem

Deutschen Allergie- und Asthma-bund e.V. (DAAB) vermittelte sie pra-xisnah die Umsetzung im Betrieb. Ernährungsfachkräfte, insbesondere Fachkräfte aus den Bereichen Gas-tronomie und Gemeinschaftsver-pfl egung, sowie hauswirtschaftliche Fachkräfte konnten ihr Basiswissen zu Lebensmittelallergien, Aller-geninformation laut Lebensmittel-Informationsverordnung sowie zu deklarationspfl ichtigen Allergieaus-lösern auffrischen. Referentin Syl-via Becker-Pröbstel (Diätassistentin und Diplom-Oecotrophologin) ver-mittelte, wie Kochen für Allergiker und Allergenmanagement funkti-onieren, wie sich Speisepläne und

Speisekarten gestalten lassen und wie Gastgeber auf die Bedürfnisse von Allergikern eingehen können. Beispiele der guten Hygienepraxis zur Verringerung der Kontamina-tionsgefahr und praktische Hilfen für die Umsetzung begleiteten das Seminar. Die Teilnehmer erarbeite-ten auch beispielhaft, wie eine Kenn-zeichnung der Allergene auf dem Speiseplan aussehen könnte.

Kommunikation als HerausforderungFragen an die Referentin Sylvia Becker-PröbstelD&I: Worin sehen Sie die größte He-rausforderung für Gastgeber bei der Umsetzung der neuen Verordnung?Sylvia Becker-Pröbstel: Gastgeber müssen ihre Ziele in Bezug auf die Versorgung dieser Zielgruppe neu defi nieren. Die größte Herausfor-derung ist das Checken und Über-arbeiten aller Betriebsabläufe und Dokumentationen in Bezug auf die Allergene und die Sensibilisierung der Mitarbeiter. Über allem steht das übergeordnete Thema Kommunika-tion. Verantwortliche in der Gastro-nomie und Gemeinschaftsverpfl e-gung müssen mit ihren Lieferanten sprechen. Sie müssen zum einen die Produktspezifi kationen anfordern und gleichzeitig klären, wie der In-formationsfl uss beispielsweise bei Produktänderungen gehandhabt werden soll. Es geht weiterhin um den Informationsfl uss im Betrieb selbst bis hin zur Kommunikation mit dem Gast, in diesem Fall mit dem Allergiker.

D&I: Welche Fachkenntnisse brauchen Gastgeber für Allergiker?

Sylvia Becker-Pröbstel: Um ein guter Gastgeber für Allergiker sein zu kön-nen, muss ein Betrieb professionell aufgestellt sein, d. h. vor allem eine Regelung für Prozesse und Abläufe haben. Um in Speisen enthaltene Allergene kennzeichnen zu können, müssen Gastronomen bzw. Gastge-ber der Gemeinschaftsverpfl egung die Zutatenliste bzw. Produktspezi-fi kationen von vorverpackter Ware in Bezug auf die Inhaltsstoffe lesen können. Sie müssen ein gutes Wa-renwissen haben: Was ist in einem Lebensmittel enthalten, welche Al-ternativen gibt es? Außerdem müs-sen sie die möglichen Stolpersteine kennen. Beispielsweise die Unter-scheidung der Auslöser „echter“ Al-lergien (Weizen, Milcheiweiß) oder anderer Unverträglichkeiten (Lak-tose). Daher sind meines Erachtens beispielsweise Diätassistenten für eine Aufgabe im Allergenmanage-ment besonders geeignet. Sie bilden die Schnittstelle zwischen Diagnose und Therapie und Küche.

D&I: Was zeichnet einen guten Gastge-ber für Allergiker aus?Sylvia Becker-Pröbstel: Ein guter Gastgeber kennt die Problematik des Allergikers und hat seine Be-triebsstruktur auf das Thema profes-sionell eingestellt. Er sensibilisiert seine Mitarbeiter durch regelmäßige Schulungen und ist bereit, im Rah-men seiner Möglichkeiten gegebe-nenfalls auf individuelle Erforder-nisse kundenorientiert einzugehen, um dem allergischen Gast einen sicheren Rahmen für eine genuss-volle Mahlzeit zu schaffen. Ein guter Gastgeber bietet seinen Service ger-ne und offensiv an.

Gute Gastgeber für Allergiker

Umsetzung der Lebensmittel-Informationsverordnung in der Gastronomie – ein Seminar der DGE Hessen mit dem DAAB.

Mit der Umsetzung der neuen Lebensmittel-Informationsverordnung europaweit sollen Sicherheit und Trans-parenz für die Verbraucher erhöht werden. Allerdings ergeben sich für alle, die in der Gastronomie und der Gemeinschaftsverpfl egung tätig sind, neue Herausforderungen beim Allergenmanagement.

Referentin Sylvia Becker-Pröbstel

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Stimmen von TeilnehmernSilke Hecht, Diätassistentin, Ver-pfl egungsmanagerin DGE, Stv. Be-triebsleiterin bei der Gourmet-Werk-statt, Rhein-Main Wetterau GmbH, Bad Nauheim:

„Als Diätassistentin bin ich für das Allergenmanagement prädestiniert. Ich habe auf der einen Seite die Ver-

antwortung für die Abläufe in der Speisenversorgung mit rund 5.000 Mahlzeiten täglich. Gleichzeitig ist die Kommunikation mit unseren Tischgästen und Patienten eine He-rausforderung. Eine große Aufgabe besteht auch darin, in der Küche im-mer wieder das Bewusstsein auf die Thematik ,Allergene‘ zu lenken und damit die Einhaltung von Rezeptu-ren zu begründen.“

Mareike Rempfer, Diätassistentin, Allergologische Ernährungsthera-pie/VDD, Rehaklinik Bad Nauheim:„Ich habe mich durch den VDD-Z-Kurs auf Allergien spezialisiert. Als Diätassistentin sehe ich mich in der Rehaklinik an der Schnittstelle von Ernährungsberatung und Küche. Daher werde ich in unserem Betrieb

für das Allergenmanagement zu-ständig sein. 3 bis 5 % unserer Pati-enten leiden an Allergien. In der Kü-che fehlt oft das Bewusstsein für die notwendigen Sonderkostformen.“

Praxistipps: Kochen für Allergikerπ Geeignete Produktauswahl treffen (Inhalts-

stoffe kennen: Produktspezifi kationen, Verpackung)

π Alternativen schaffen durch Ersatzprodukte Milch- und Milchprodukte:

Soja-, Reis-, Haferdrink, Hafer-, Reiscreme, veganer Käseersatz

Hühnerei: eifreies Eiersatzpulver, Quark, Sojamehl

Glutenhaltiges Getreide: glutenfreie Mehle aus Reis, Kartoffeln, Buchweizen, Hirse etc.

Schalenfrüchte: Kokosnüsse, Kürbis-kerne, Sonnenblumenkerne, Erdmandeln, Amaranth, gerösteter Sesam

π Sellerie: Petersilienwurzel, Pastinake, Kresse, selleriefreie Brühe

π Meiden von Gewürzmischungen (Curry, Grillgewürz), wenn Einzelkomponenten nicht bekannt (Quelle: DAAB)

Die Seminar-Teilnehmer dürfen sich nun „Gute Gastgeber für Allergiker“ nennen.

Die Wirtschaftsgesellschaft des Klinikums Ludwigshafen sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt für die Zentralküche eine

Diätassistentin (m/w) in Teilzeit (30 Stunden/Woche) vorerst befristet auf ein Jahr.

Infos und Online-Bewerbungen unter: www.klilu.de/jobs

Kontakt: Herr Norbert Dahl, Küchenleiter, Tel. 0621 503-2036

Vertrauen schenken. Kompetenzen geben.

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Nach der LMIV ist zunächst nur klar: Die Allergenkenn-zeichnung ist verpfl ichtend,

und zwar auch für Lebensmittel ohne Vorverpackung. Auf welche Weise und in welcher Form die An-gaben bereitzustellen sind, regelt die LMIV aber nur für vorverpackte Lebensmittel. Bei ihnen gehören die Informationen über jede einzelne Zutat „unter genauer Bezugnahme“ auf die Stoffe aus Anhang II LMIV auf die „Verpackung“ oder ihr „Eti-kett“, wenn kein Zutatenverzeichnis vorhanden ist, nach dem Wort „Ent-hält“, und in jedem Fall „deutlich“ und „gut lesbar“, „gegebenenfalls dauerhaft“ sowie in einer „leicht verständlichen Sprache“. Das ist in Deutschland nach der Rechtspre-chung bisher nur die deutsche Spra-che. Stets müssen die Angaben bei allen Lebensmitteln „verfügbar und leicht zugänglich“ sein. Solange es keine nationalen Vorschriften für Lebensmittel ohne Vorverpackung gibt, sollten diese Grundsätze auch bei loser Ware beachtet werden.

Die Europäische Kommission erläu-tert dazu den Sinn und Zweck der Regelung: „Informationen über All-ergene/Unverträglichkeiten … müs-sen verfügbar und leicht zugänglich sein, damit der Verbraucher darüber informiert wird, dass es beim betref-fenden Lebensmittel zu Allergien und Unverträglichkeiten kommen kann.“ Deshalb genügt es nicht, die Informationen ausschließlich auf Nachfrage des Verbrauchers oder nur mündlich zur Verfügung zu stel-len. Andere Arten der Bereitstellung, beispielsweise Etiketten oder sonsti-ges Begleitmaterial, kommen ohne weiteres in Betracht. Auf ihnen kann die Allergeninformation schriftlich zur Verfügung gestellt werden. In Gastronomie und Gemeinschafts-verpfl egung müssen Informationen über Zutaten, die Allergien und Un-verträglichkeiten auslösen können, also auf Speise- und Getränkekarten bzw. Menükarten, in Preisverzeich-nissen oder auf Schildern ange-bracht werden, welche die betreffen-den Lebensmittel begleiten oder als Grundlage für Bestellungen dienen. Übersetzungen in andere Sprachen sind auch erlaubt, aber immer nur ergänzend.Wird im Einzelfall ein anderes Le-bensmittel geliefert als dasjenige, welches aufgrund einer vorhande-nen Information bestellt wurde, dann muss gegebenenfalls zusätz-lich schriftlich auf potentielle Aller-

gene hingewiesen werden. Übrigens betrifft die Informationspfl icht nur vorhandene Zutaten und Verarbei-tungshilfsstoffe, die planmäßig nach Rezeptur verwendet wurden. Rück-stände, Kontaminanten oder Kreuz-kontaminationen sind keine Zutaten. Im Rahmen eines praxisorientierten Allergenmanagements braucht des-wegen nicht überreagiert zu werden. Spurenhinweise auf Kreuzkontami-nationen sind durch die LMIV nicht vorgeschrieben. Wer sie sicherheits-halber – aus produkthaftungsrecht-lichen Gründen – anbringen möch-te, kann das selbstverständlich tun. Die Hinweise sind dann freiwillig. Trotzdem sollten auch sie schriftlich, deutlich, gut lesbar, wenn nötig dau-erhaft und in deutscher Sprache vor-genommen werden.

Einen Vorteil hat die Säumnis des deutschen Gesetzgebers noch: Ver-stöße gegen die Allergenkennzeich-nungspfl icht bei loser Ware können einstweilen nicht geahndet werden; es drohen also weder Bußgelder noch Geld- oder gar Freiheitsstrafen. Das soll natürlich nicht dazu führen, dass Kennzeichnungspfl ichtige deswegen besonders leichtsinnig werden. Aber dieser Umstand kann doch einstwei-len ein bisschen beruhigen. Denn keiner weiß, wann die nationalen Re-gelungen zur Form der Allergenkenn-zeichnung kommen und wie pragma-tisch sie dann aussehen werden.

Allergenkennzeichnung: Welche Strafen drohen bei Verstößen?

Ohne Regelung zur Form der Kenntlichmachung herrscht Unsicherheit – eine Stellungnahme zur rechtlichen Lage

Ab dem 13.12.2014 gilt die europäische Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV). Dann müssen auch unver-packte Lebensmittel (lose Ware) mit einer Allergenkennzeichnung versehen werden. Wie das geschehen soll, sagt die LMIV nicht. Das hätte eigentlich der deutsche Gesetzgeber regeln müssen. Seine Ideen dazu sind bislang im Entwurfsstadium steckengeblieben. So stellt sich in Gastronomie und Gemeinschaftsverpfl egung die Frage: Wie müssen Stoffe oder Erzeugnisse, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen können, dort gekennzeichnet werden? Die richtige Antwort lautet: schriftlich, deutlich, gut lesbar, wenn nötig dauerhaft und in deutscher Sprache, unter genauer Bezugnahme auf den betreffenden Stoff, gegebenenfalls mit dem Wort „Enthält:“.

Der AutorProf. Dr. Moritz Hagenmeyer,

Krohn Rechtsanwälte

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