Fokus Menschenrechte: Südafrika

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Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit | Fokus Menschenrechte Fokus Menschenrechte Nr. 12 / Mai 2015 Von wegen Freund und Helfer: Polizeigewalt in Südafrika Katerina Georgousaki Im Februar 2015 veröffentlichte das SOUTH AFRICAN INSTITUTE OF RACE RELATIONS einen Bericht über die Verstrickung der südafrikanischen Polizei in schwere Gewaltverbrechen. Die Ergeb- nisse der Studie sind alarmierend und belegen, dass jene Institution, die für die Bekämpfung von Verbrechen zuständig ist, selbst einen Anteil an der hohen Kriminalität im Land hat. Immer wieder finden Berichte über korrupte Beamte und Videoaufnahmen von Polizeigewalt ihren Weg in die Medien und erschüttern das Vertrauen der Bevölkerung in die südafrikanische Polizei. Viele Südafrikaner nehmen die Polizei nicht als Freund und Helfer wahr, ganz im Ge- genteil: Misstrauen und sogar Angst vor Polizei- beamten sind im Land weitverbreitet. Lediglich 47,9% der Südafrikaner geben an, der Polizei zu vertrauen (2013) – ein erheblicher Rückgang von 12,7 % im Vergleich zum Vorjahr (60,2 %). 1 Die Polizei und die Grundrechte Die Bill of Rights, das Herzstück der im Jahr 1996 in Kraft getretenen Verfassung Südafrikas, be- steht aus einem Katalog von Rechten, die „der Staat respektieren, schützen, fördern und erfül- len muss“, darunter auch die „Freiheit und Si- cherheit der Person“: 1 Institute for Justice and Reconciliation, Confronting Exclusion: Time for Radical Reconciliation SA Recon- ciliation Barometer Survey: 2013 Report, S. 19 (http://reconciliationbarometer.org/wp- content/uploads/2013/12/IJR-Barometer-Report- 2013-22Nov1635.pdf). „Jeder hat das Recht auf die Freiheit und Sicher- heit der Person, was das Recht beinhaltet (a) nicht willkürlich oder ohne triftigen Grund seiner Freiheit beraubt zu werden, (b) ohne Prozess in Haft gehalten zu werden, (c) frei von allen Formen der Gewalt – sei es öffentlicher, sei es privater Natur – zu sein, (d) nicht in irgendeiner Weise gefoltert zu werden, (e) nicht in einer grausamen, unmenschlichen oder entwürdigenden Art und Weise behan- delt oder bestraft zu werden.“ Das wichtigste Organ des Staates, um seiner in der Verfassung festgelegten Pflicht nachzukom- men und die Freiheit und Sicherheit seiner Bür- ger zu gewährleisten, ist die Polizei. Im Falle der SOUTH AFRICAN POLICE SERVICES (SAPS) sind jedoch sowohl seitens Menschenrechtsorganisationen und Forschungsinstituten als auch von staatli- chen Untersuchungsbehörden Zweifel geäußert worden, ob die südafrikanische Polizei dieser Aufgabe effektiv nachkommen kann. Vielmehr verletzen Polizeibeamte teilweise selbst Grund- und Menschenrechte, für deren Schutz sie laut Verfassung verantwortlich sind. AMNESTY INTERNA- TIONAL beginnt in seinem jüngsten Jahresbericht,

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Im Februar 2015 veröffentlichte das SOUTH AFRICAN INSTITUTE OF RACE RELATIONS einen Bericht über die Verstrickung der südafrikanischen Polizei in schwere Gewaltverbrechen. Die Ergebnisse der Studie sind alarmierend und belegen, dass jene Institution, die für die Bekämpfung von Verbrechen zuständig ist, selbst einen Anteil an der hohen Kriminalität im Land hat.

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  • Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit | Fokus Menschenrechte

    Fokus Menschenrechte

    Nr. 12 / Mai 2015

    Von wegen Freund und Helfer:

    Polizeigewalt in Sdafrika

    Katerina Georgousaki

    Im Februar 2015 verffentlichte das SOUTH AFRICAN INSTITUTE OF RACE RELATIONS einen Bericht

    ber die Verstrickung der sdafrikanischen Polizei in schwere Gewaltverbrechen. Die Ergeb-

    nisse der Studie sind alarmierend und belegen, dass jene Institution, die fr die Bekmpfung

    von Verbrechen zustndig ist, selbst einen Anteil an der hohen Kriminalitt im Land hat.

    Immer wieder finden Berichte ber korrupte

    Beamte und Videoaufnahmen von Polizeigewalt

    ihren Weg in die Medien und erschttern das

    Vertrauen der Bevlkerung in die sdafrikanische

    Polizei. Viele Sdafrikaner nehmen die Polizei

    nicht als Freund und Helfer wahr, ganz im Ge-

    genteil: Misstrauen und sogar Angst vor Polizei-

    beamten sind im Land weitverbreitet. Lediglich

    47,9% der Sdafrikaner geben an, der Polizei zu

    vertrauen (2013) ein erheblicher Rckgang von 12,7 % im Vergleich zum Vorjahr (60,2 %).

    1

    Die Polizei und die Grundrechte Die Bill of Rights, das Herzstck der im Jahr 1996

    in Kraft getretenen Verfassung Sdafrikas, be-

    steht aus einem Katalog von Rechten, die der Staat respektieren, schtzen, frdern und erfl-

    len muss, darunter auch die Freiheit und Si-cherheit der Person:

    1 Institute for Justice and Reconciliation, Confronting Exclusion: Time for Radical Reconciliation SA Recon-ciliation Barometer Survey: 2013 Report, S. 19 (http://reconciliationbarometer.org/wp-content/uploads/2013/12/IJR-Barometer-Report-2013-22Nov1635.pdf).

    Jeder hat das Recht auf die Freiheit und Sicher-heit der Person, was das Recht beinhaltet

    (a) nicht willkrlich oder ohne triftigen Grund

    seiner Freiheit beraubt zu werden,

    (b) ohne Prozess in Haft gehalten zu werden,

    (c) frei von allen Formen der Gewalt sei es ffentlicher, sei es privater Natur zu sein, (d) nicht in irgendeiner Weise gefoltert zu

    werden,

    (e) nicht in einer grausamen, unmenschlichen

    oder entwrdigenden Art und Weise behan-

    delt oder bestraft zu werden.

    Das wichtigste Organ des Staates, um seiner in

    der Verfassung festgelegten Pflicht nachzukom-

    men und die Freiheit und Sicherheit seiner Br-

    ger zu gewhrleisten, ist die Polizei. Im Falle der

    SOUTH AFRICAN POLICE SERVICES (SAPS) sind jedoch

    sowohl seitens Menschenrechtsorganisationen

    und Forschungsinstituten als auch von staatli-

    chen Untersuchungsbehrden Zweifel geuert

    worden, ob die sdafrikanische Polizei dieser

    Aufgabe effektiv nachkommen kann. Vielmehr

    verletzen Polizeibeamte teilweise selbst Grund-

    und Menschenrechte, fr deren Schutz sie laut

    Verfassung verantwortlich sind. AMNESTY INTERNA-

    TIONAL beginnt in seinem jngsten Jahresbericht,

  • Polizeigewalt in Sdafrika Nr. 12 / Mai 2015 | 2

    Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit | Fokus Menschenrechte

    der die Menschrechtslage in 160 Lndern doku-

    mentiert, das Kapitel zu Sdafrika mit dem

    Wortlaut: Gerichtliche Kommissionen haben den bermigen Einsatz von Gewalt durch die Poli-

    zei, einschlielich widerrechtlicher Ttung, her-

    ausgestellt [].2 Der Bericht von HUMAN RIGHTS

    WATCH zur Menschenrechtslage in Sdafrika im

    Jahr 2014 konstatiert:

    Wir haben weiterhin ernsthafte Bedenken bezg-

    lich der Verhaltensweise und der Kompetenz der

    SAPS, sowohl im Hinblick auf den Einsatz von

    Gewalt im Allgemeinen als auch auf die Fhigkeit,

    mit Protesten so umzugehen, dass Grund- und

    Menschenrechte geachtet werden. Der Polizei

    fehlt es an der richtigen Ausstattung und Ausbil-

    dung, um gegen Demonstrationen vorzugehen,

    was zum bermigen und unangemessenen

    Einsatz von Gewalt fhrt.3

    Polizeigewalt lApartheid Am 16. August 2012 spielten sich in der Klein-

    stadt Marikana etwa 100 km nordwestlich von

    Johannesburg Szenen ab, die Erinnerungen an

    die dstersten Tage in der Geschichte Sdafrikas

    aufkommen lieen Erinnerungen an Ereignisse wie das Massaker von Sharpeville 1960 oder den

    Aufstand in Soweto 1976, bei denen die Polizei

    das Feuer gegen Demonstranten erffnete, die

    gegen die repressiven Manahmen des Apart-

    heid-Regimes auf die Straen gegangen waren.

    Was sich 18 Jahre nach dem Ende der Apartheid

    in Marikana ereignete, ist vielfach als das

    schlimmste Blutvergieen in der Geschichte des

    demokratischen Sdafrika bezeichnet worden.

    Ausgehend von der Forderung nach Lohnerh-

    hung durch Minenarbeiter kam es zu Streikakti-

    onen und Protesten, die zu einer unbersichtli-

    chen Situation fhrten, in der die Polizei das

    Feuer erffnete. Die traurige Bilanz der Ereignis-

    se: Insgesamt starben 44 Menschen, 78 Bergleu-

    te wurden verletzt und 259 festgenommen. Das

    Marikana-Massaker erschtterte nicht nur Sd-

    afrika, sondern sorgte weltweit fr Emprung.

    Prsident Jacob Zuma ernannte unverzglich

    eine Untersuchungskommission, die er mit der

    Aufklrung der Ereignisse beauftragte. Die Kom-

    2 Amnesty International Report 2014/15. The State of the Worlds Human Rights, S. 332

    (https://www.amnesty.org/en/documents/pol10/0001/2015/en/). 3 Human Rights Watch World Report 2015. South Africa (http://www.hrw.org/world-report/2015/country-chapters/south-africa?page=1)

    mission sollte ihre Arbeit innerhalb weniger Mo-

    nate abschlieen, doch wurden ihre Ermittlun-

    gen von der Polizei immer wieder behindert,

    indem etwa Beweisstcke verschwanden oder

    geflscht wurden. Der Abschlussbericht konnte

    schlielich Anfang 2015 fertiggestellt werden

    und wurde am 31. Mrz dem Prsidenten vorge-

    legt, der sich bisher noch nicht zu den Ergebnis-

    sen geuert hat. Das Massaker gilt fr viele

    Sdafrikaner als Sinnbild fr bermige Polizei-

    gewalt, doch es stellt leider nur den traurigen

    Hhepunkt in einer Reihe von gewaltsamen Nie-

    derschlagungen von Demonstrationen durch die

    Polizei dar. Die Medien berichten vielfach von

    Protesten in armen Gegenden gegen eine man-

    gelhafte oder ausbleibende Bereitstellung von

    ffentlichen Dienstleistungen, auf die die Polizei

    unverhltnismig brutal mit Gewalt reagiert. So

    demonstrierten etwa die Bewohner des kleinen

    Ortes Mothutlung nordwestlich von Pretoria im

    Januar 2014 gegen die Stadtverwaltung, nach-

    dem sie eine Woche lang von der Wasserversor-

    gung abgeschnitten waren. Bei der Auflsung der

    Demonstration durch die Polizei starben vier

    Menschen, zwei davon durch Polizeischsse.

    Zu Menschenrechtsverletzungen durch Polizei-

    gewalt kam es allerdings nicht nur im Rahmen

    der Auflsung von Demonstrationen, sondern

    auch beim Umgang von Polizeibeamten mit ein-

    zelnen Brgern. Im Februar 2013 kursierte ein

    von einem Passanten aufgenommenes Video im

    Internet, das zeigt, wie ein junger Taxifahrer aus

    Mozambique, der falsch geparkt hatte, von Poli-

    zeibeamten mit Handschellen an den Dienstwa-

    gen gefesselt und durch die Straen geschleift

    Quelle: UN Office for the Coordination of Humanitarian

    Affairs (OCHA)

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    wurde. Wenige Stunden spter erlag der Mann

    seinen Verletzungen. Im Mai 2014 filmte ein

    Anwohner aus dem Fenster seines Hauses in

    Kapstadt, wie Polizisten einem Mann aus Nigeria

    auf offener Strae Handschellen anlegten, ihn

    entkleideten, in die Leistengegend traten und

    schlielich in den Streifenwagen schleiften. Die

    verantwortlichen Beamten wurden zwar vom

    Dienst suspendiert, doch sorgen solche Aufnah-

    men von uerster Brutalitt (und es knnten

    noch zahlreiche andere Beispiele angefhrt wer-

    den) dafr, dass das Vertrauen der Bevlkerung

    in die Polizei erheblich erschttert wird.

    Oftmals handelt es sich bei den Opfern von Poli-

    zeigewalt, um Einwanderer aus anderen afrikani-

    schen Lndern. Da Fremdenfeindlichkeit auch

    innerhalb der Polizei verbreitet ist, ist es kaum

    verwunderlich, dass die SAPS nicht angemessen

    auf auslnderfeindliche bergriffe, die in Sdaf-

    rika bedauerlicherweise immer wieder verzeich-

    net werden, reagieren knnen. Dies wurde erst in

    den vergangenen Wochen wieder deutlich, als es

    in Durban und Johannesburg zu bergriffen ge-

    gen Einwanderer aus anderen Teilen Afrikas kam.

    Sie wurden von Einheimischen brutal angegriffen

    und ihre Lden und Huser geplndert, weil sie

    den Sdafrikanern Arbeitspltze wegnhmen. Da

    die Polizei die Lage nicht unter Kontrolle bringen

    konnte, wurde zustzlich die Armee eingesetzt.

    Insgesamt verloren sieben Menschen bei den

    Auseinandersetzungen ihr Leben. Im Anschluss

    an die fremdenfeindlichen Ausschreitungen ord-

    nete die Regierung mehrere Razzien gegen ille-

    gale Einwanderer durch die Polizei und die Ar-

    mee an. Allein in Johannesburg wurden mehr als

    400 Menschen ohne Papiere festgenommen. Die

    Beamten seien bei den Razzien mit uerster

    Brutalitt vorgegangen, Einwanderer berichten

    von Raub und Krperverletzung.

    Der vermeintliche Beschtzer als Tter Der Studie des langjhrigen Stiftungspartners

    SOUTH AFRICAN INSTITUTE OF RACE RELATIONS (IRR)

    zufolge4, knnen gegen die sdafrikanische Poli-

    zei nicht nur Vorwrfe wegen Korruption und

    Krperverletzung vorgebracht werden. Darber

    hinaus kann deren Beteiligung an schweren Ver-

    brechen, wie Mord, Vergewaltigung und Raub-

    berflle, belegt werden. Die Forscher haben 100

    Vorflle von Polizeigewalt in den Blick genom-

    men und typische Vorgehensmuster untersucht.

    Unter den Fllen waren 32 Mal Mord oder ver-

    suchter Mord, 26 Vergewaltigungen, 22 bewaff-

    nete Raubberflle und 20 andere Vergehen (z.B.

    Folter, Einbrche). Auffllig ist, dass die Beamten

    oftmals Gebrauch von ihrem Status machten und

    ihre Dienstausrstung nutzten. Bei zahlreichen

    berfllen wurden Dienstwaffen und wagen eingesetzt; Vergewaltigungen fanden oft in

    Streifenwagen oder in Haft statt. Ferner wurden

    unter den Opfern der berflle viele Auslnder,

    v.a. aus anderen afrikanischen Lndern, identifi-

    ziert. Die Reaktion der Polizeidirektion auf die

    IRR-Publikation erfolgte prompt: Riah Phiyega,

    die als National Police Commissioner an der Spit-

    ze der SAPS steht, erklrte, der Bericht sei in

    bswilliger Absicht abgefasst worden und be-anstandete, dass ihr Bild auf der Titelseite abge-

    druckt wurde. Weitere Konsequenzen wurden

    von Seiten der Polizei allerdings nicht gezogen.

    Dass sich in den Rngen der SAPS Beamte befin-

    den, die sich schwerer Verbrechen schuldig ge-

    macht haben, ist bereits erwhnt worden. Be-

    sonders erschreckend ist die Tatsache, dass eini-

    4 Broken Blue Line 2. The Involvement of the South

    African Police Service in Serious and Violent Crime in South Africa, 2015 (http://irr.org.za/reports-and-publications/occasional-reports/files/broken-blue-line-2-february-2015.pdf).

  • Polizeigewalt in Sdafrika Nr. 12 / Mai 2015 | 4

    Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit | Fokus Menschenrechte

    ge dieser Vergehen nicht konsequent geahndet

    werden und die straffllig gewordenen Beamten

    in manchen Fllen weiterhin im Dienst bleiben.

    Eine von den SAPS selbst durchgefhrte Studie

    aus dem Jahr 2013 zeigt auf, dass 1.448 der

    insgesamt rund 190.000 sich zu dieser Zeit im

    Polizeidienst befindenden Beamten bereits we-

    gen einer Straftat verurteilt worden sind: 54

    wegen Mordes, 116 wegen versuchten Mordes,

    37 wegen Vergewaltigung, 33 wegen versuchter

    Vergewaltigung und 917 wegen Krperverlet-

    zung. Von den 1.448 Beamten waren 360 bereits

    straffllig, bevor sie in den Polizeidienst aufge-

    nommen wurden.5 Vor diesem Hintergrund sind

    Zweifel am Auswahlverfahren bei der Aufnahme

    in den Polizeidienst sowie an der Fhigkeit der

    SAPS, Verbrechen innerhalb der eigenen Reihen

    zu ahnden, gerechtfertigt. Diane Kohler Barnard,

    Schattenministerin fr Polizei der Oppositions-

    partei Democratic Alliance (DA), einem langjhri-

    gen FNF-Partner, erklrte in einer Rede vor dem

    Parlament: Wir mssen sicherstellen, dass, wenn Anklage gegen einen Beamten erhoben

    wird, unverzglich eine effektive Ermittlung

    erfolgt und der

    entsprechende

    Beamte im An-

    schluss wiederein-

    gesetzt oder ent-

    lassen, verhaftet

    und vor Gericht

    zur Rechenschaft

    gezogen wird.6

    Die festgestellten

    Missstnde inner-

    halb der SAPS sind

    auf eine Vielzahl

    von Grnden zu-

    rckzufhren: Eine

    inadquate und

    militrische Aus-

    bildung, mangeln-

    de Disziplin, eine schwache Fhrung und Ernen-

    nungen in erster Linie aufgrund der schwarzen

    Hautfarbe und politischer Zuverlssigkeit anstel-

    le von Kompetenz sind sicherlich wichtige Fakto-

    ren. Hinzu kommt, dass es nicht gengend unab-

    5 Parliamentary Monitoring Group, Monitor, August 2013 (http://www.pa.org.za/media_root/file_archive/monitor _august_2013.pdf). 6 http://www.politicsweb.co.za/party/suspended-saps-members-cost-taxpayer-r64m--dianne-

    hngige Instanzen gibt, die die Arbeit der Polizei

    berwachen und Vergehen durch Polizeibeamte

    ahnden.

    Solange innerhalb der Polizei Korruption und

    Kriminalitt herrschen und weite Teile der Bevl-

    kerung der Behrde mit Misstrauen und Angst

    begegnen, wird sich Sdafrika schwer tun, seine

    hohe Kriminalittsrate zu senken. Die jhrliche

    Ttungsrate des Landes lag 2013/14 bei 32,2

    Mordfllen pro 100 000 Einwohner (der weltwei-

    te Durchschnitt liegt bei sechs, in Deutschland

    bei 0,8) somit werden in Sdafrika im Schnitt

    47 Menschen pro Tag ermordet.7

    Lsungsanstze

    Das liberale SOUTH AFRICAN INSTITUTE OF RACE RELA-

    TIONS (IRR) schlgt eine Reihe von Manahmen

    vor, um die Missstnde innerhalb der SAPS zu

    bekmpfen: Zunchst msse die Befehlskette

    innerhalb der Polizei gestrkt werden, u.a. indem

    eine erfahrene und integre Persnlichkeit an der

    Spitze des Polizeidienstes stehe. Diese Forderung

    ist nicht selbstverstndlich bedenkt man das

    Schicksal der

    letzten drei Na-

    tional Commissi-

    oner: Jackie Se-

    lebi (20002008) wurde suspen-

    diert und zu 15

    Jahren Haft ver-

    urteilt, nachdem

    gegen ihn Ankla-

    ge u.a. wegen

    Korruption erho-

    ben worden war.

    Sein Nachfolger

    Bheki Cele

    (20092011) wurde ebenfalls

    wegen Korrupti-

    onsvorwrfe

    seines Amtes enthoben. Riah Phiyega, die seit

    2012 die SAPS leitet, hat keinerlei Erfahrung im

    Polizeidienst und besitzt nicht die fr ihre Positi-

    on erforderliche moralische Integritt. Davon

    konnte sich die ffentlichkeit selbst berzeugen,

    als Phiyega im September 2014 vor der Kommis-

    sion, die das Marikana-Massaker untersuchte,

    unter Eid falsche Aussagen machte. Die Opposi-

    tionspartei DEMOCRATIC ALLIANCE (DA) hat bereits

    7 http://www.issafrica.org/uploads/ISS-crime-statistics-factsheet-2013-2014.pdf, S. 2.

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  • Polizeigewalt in Sdafrika Nr. 12 / Mai 2015 | 5

    Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit | Fokus Menschenrechte

    http://irr.org.za/reports-and-publications/occasional-

    reports/files/broken-blue-line-2-february-2015.pdf

    mehrfach den Rcktritt Phiyegas gefordert, doch

    ist diese bis zum heutigen Tag im Amt.

    Zweitens schlgt das IRR vor, dass Fhrungskrf-

    te innerhalb der Polizei besser ausgebildet wer-

    den, etwa in Kooperation mit einer Universitt.

    Ferner sollte eine unabhngige Untersuchungs-

    einheit eingerichtet werden, die dafr zustndig

    ist, widerrechtliches Verhalten durch Polizisten

    zu ahnden. Schlielich sollte der Auswahlprozess

    von Beamten entpolitisiert werden, d.h. Ernen-

    nungen sollten allein aufgrund der Kompetenz

    der Kandidaten erfolgen, ohne dass deren Haut-

    farbe oder politische Ausrichtung eine Rolle spie-

    len. Die vom IRR vorgebrachten Vorschlge ma-

    chen durchaus Sinn und sind in hnlicher Form

    auch von der Regierung in ihrem jngstem Ent-

    wicklungsplan, dem National Development Plan,

    formuliert worden.

    Vision 2030

    Im Jahr 2030 fhlen sich die Menschen, die in Sdafrika leben, sicher und frchten sich nicht

    vor Verbrechen. Sie fh-

    len sich sicher in ihrem

    Zuhause, in der Schule

    und an ihrem Arbeits-

    platz und sie genieen

    ein aktives gesellschaftli-

    ches Leben frei von

    Furcht. Frauen knnen

    frei auf der Strae laufen

    und Kinder knnen sicher

    drauen spielen. Der

    Polizeidienst ist eine mit

    umfangreichen Mitteln

    ausgestattete professio-

    nelle Einrichtung, die

    hochqualifizierte Beamte

    beschftigt, die ihre

    Aufgaben wertschtzen,

    der Gemeinschaft die-

    nen, Leben und Eigentum

    ohne Diskriminierung

    sichern, die friedliche

    Menschen vor Gewalt

    schtzen und die Rechte

    aller auf Gleichheit und

    Gerechtigkeit respektie-

    ren.8 Sdafrika im

    8 National Development Plan. Vision for 2030, S. 350 (http://www.gov.za/sites/www.gov.za/files/devplan_2.pdf).

    Jahre 2030, zumindest dem National Develop-

    ment Plan zufolge.

    Der 2012 vom sdafrikanischen Kabinett verab-

    schiedete Entwicklungsplan enthlt auf 498

    Seiten das politische Programm fr die Jahre bis

    2030; er setzt Zielvorgaben und definiert die

    zugehrigen Manahmen. Das zwlfte von ins-

    gesamt 15 Kapiteln ist dem Thema Sicherheit

    gewidmet: Gewalt und Verbrechen in Sdafrika

    knnten nur dann effektiv bekmpft werden,

    wenn verschiedene Akteure (Polizei, private Si-

    cherheitsfirmen, Zivilgesellschaft) an diesem

    Prozess beteiligt wrden und man darber hin-

    aus die Ursachen fr Kriminalitt bekmpfe. Der

    Bericht betont allerdings die besondere Verant-

    wortung und Mitschuld der Polizei an der aktuel-

    len Sicherheitslage in Sdafrika und schlgt u.a.

    eine Restrukturierung, Professionalisierung und

    Demilitarisierung der SAPS vor. Es werden eine

    Reihe von Manahmen empfohlen, von denen

    einige Beispiele genannt seien: Es sollte ein fr

    alle Beamten verpflichtender Verhaltenskodex

    eingefhrt werden. Befrderungen sollten nur

    erfolgen, nachdem die

    entsprechenden Kandida-

    ten einen Eignungstest

    bestanden haben. Der

    National Commissioner

    sollte im Rahmen eines

    Wettbewerbs ernannt

    werden, in dem eine vom

    Prsidenten ernannte9

    Jury nach objektiven

    Kriterien den geeignets-

    ten Kandidaten whlt.

    Die im National Develo-

    pment Plan vorgeschla-

    genen Manahmen wei-

    sen in die richtige Rich-

    tung und sind auch von

    Experten, wie dem INSTI-

    TUTE FOR SECURITY STUDIES,

    begrt worden.10

    Der

    Entwicklungsplan ist

    insgesamt positiv aufge-

    nommen worden, auch

    von der liberalen Opposi-

    tionspartei DA. Er ver-

    9 Laut Verfassung 11, 207 (1) muss der sdafrikanische Prsident den National Commissioner ernennen. 10 http://www.issafrica.org/iss-today/the-national-development-plan-can-improve-policing-in-south-africa.

  • Polizeigewalt in Sdafrika Nr. 12 / Mai 2015 | 6

    Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit | Fokus Menschenrechte

    Impressum

    Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit

    Bereich Internationale Politik

    Referat Asien und Menschenrechte

    Karl-Marx-Strae 2

    D-14482 Potsdam

    [email protected]

    www.freiheit.org

    deutlicht, dass sich die Regierung durchaus der

    Notwendigkeit einer Reform der SAPS bewusst

    ist doch bisher blieb es lediglich bei Absichts-erklrungen. Der ANC hat seit der Verabschie-

    dung des Entwicklungsplanes keine entscheiden-

    den Schritte auf das Ziel einer Polizeireform hin

    eingeleitet. Sdafrika hat noch einen langen

    Weg zu gehen, um die Vision 2030 zu erreichen.

    Katerina Georgousaki, Regionalbro Sdafrika der Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit mit

    Sitz in Johannesburg.