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Folien zur Vorlesung Statistik II (Wahrscheinlichkeitsrechnung und schließende Statistik) Sommersemester 2011 Donnerstag, 10.15 - 11.45 Uhr (regelm¨ aßig) Montag, 30.05.2011, 10.15 - 11.45 Uhr (1. Zusatztermin) Montag, 20.06.2011, 10.15 - 11.45 Uhr (2. Zusatztermin) H¨orsaal: Aula am Aasee Prof. Dr. Bernd Wilfling Westf¨ alische Wilhelms-Universit¨ atM¨unster

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Folien zur Vorlesung

Statistik II

(Wahrscheinlichkeitsrechnungund schließende Statistik)

Sommersemester 2011Donnerstag, 10.15 - 11.45 Uhr (regelmaßig)

Montag, 30.05.2011, 10.15 - 11.45 Uhr (1. Zusatztermin)Montag, 20.06.2011, 10.15 - 11.45 Uhr (2. Zusatztermin)

Horsaal: Aula am Aasee

Prof. Dr. Bernd Wilfling

Westfalische Wilhelms-Universitat Munster

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Inhalt

1 Einleitung1.1 Organisatorisches1.2 Was ist ’Schließende Statistik’?

2 Zufallsvorgange und Wahrscheinlichkeiten2.1 Zufallsvorgange und Ereignisse2.2 Wahrscheinlichkeiten2.3 Bedingte Wahrscheinlichkeit und Unabhangigkeit

2.4 Totale Wahrscheinlichkeit und das Bayes-Theorem

3 Zufallsvariable und Verteilungen3.1 Grundbegriffe und Definitionen3.2 Erwartungswert und Varianz einer Zufallsvariablen3.3 Spezielle diskrete Verteilungen3.4 Spezielle stetige Verteilungen

4 Gemeinsame Verteilung und Grenzwertsatze

4.1 Gemeinsame Verteilung von Zufallsvariablen4.2 Grenzwertsatze

5 Stichproben und Statistiken5.1 Zufallsstichprobe

5.2 Statistiken5.3 Exkurs: χ2- und t-Verteilung5.4 Statistiken bei normalverteilter Stichprobe

6 Schatzverfahren fur Parameter

6.1 Punktschatzung6.2 Eigenschaften von Punktschatzern

6.3 Intervallschatzung

7 Hypothesentests

7.1 Grundbegriffe des Testens7.2 Tests fur Erwartungswerte

7.3 Tests fur Varianzen

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Literatur

Deutschsprachig:

Hartung, J. (2005). Statistik (14. Auflage). Oldenbourg Verlag, Munchen.

Mosler, K. und F. Schmid (2008). Wahrscheinlichkeitsrechnung und schließende Statistik(3. Auflage). Springer Verlag, Heidelberg.

Schira, J. (2009). Statistische Methoden der VWL und BWL – Theorie und Praxis (3. Auf-lage). Pearson Studium, Munchen.

Englischsprachig:

Barrow, M. (2009). Statistics for Economics, Accounting and Business Studies (5th Editi-on). Prentice Hall, Singapore.

Mood, A.M., Graybill, F.A. and D.C. Boes (1974). Introduction to the Theory of Statistics(3rd Edition). McGraw-Hill, Tokyo.

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1. Einleitung

1.1 Organisatorisches

Ziel der Vorlesung:

• Einfuhrung in die

Wahrscheinlichkeitsrechnung

’schließende Statistik’(auch: induktive Statistik)

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Internet-Seite der Vorlesung:

• http://www1.wiwi.uni-muenster.de/oeew/

−→ Studium −→ Veranstaltungen im Sommersemester 2011

−→ Bachelor −→ Statistik II

Vorlesungsstil:

• Freier Vortrag anhand von Projektor-Folien

• Folien stehen als PDF-Dateien auf Internetseite zur Verfugung(Beschaffung der Folien wird unbedingt empfohlen)

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Literatur:

• Mosler, K. , Schmid, F. (2008). Wahrscheinlichkeitsrech-nung und schließende Statistik (3. Auflage), Springer-Verlag

• Formelsammlung ”Definitionen, Formeln und Tabellen zurStatistik” (6. Auflage) von Bomsdorf/Grohn/Mosler/Schmid(notwendiges Hilfsmittel, in der Klausur zugelassen)

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Klausurvorbereitung:

• Stoff der Vorlesung

• Aufgaben der Tutoriums

Ansprechpartner: Frau Dipl.-Vw. Heike Bornewasser-Hermes

• Klausurtraining durch Ferienarbeitsgruppen

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Zugelassene Hilfsmittel in der Klausur:

• Taschenrechner (nicht programmierbar)

• Formelsammlung ”Definitionen, Formeln und Tabellen zurStatistik” von Bomsdorf/Grohn/Mosler/Schmid, 6. (aktuelleund fruhere) Auflage(n)Akzeptierte außere Form fur die Klausur:

– Zulassig sind nur Unter- bzw. Uberstreichungen, Verweiseauf Seiten bzw. Nummern

– Nicht zulassig sind somit z.B. verbale Erlauterungen, ma-thematische Umformungen, grafische Darstellungenu.a., die als Losungshilfen fur Klausuraufgaben angese-hen werden konnen

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Ansprechpartner:

• Frau Heike Bornewasser-Hermes(Koordinatorin der Tutorien)

• Tutorinnen und Tutoren(Adressen und Nummern: siehe Tutorien)

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1.2 Was ist ’Schließende Statistik’?

Stoff der VL ’Statistik I’:

• Deskriptive Statistik

Ziel:

Beschreibung erhobener Daten x1, . . . , xn

Problem:

• Erhobene Daten x1, . . . , xn sind i.d.R. nur ’Stichprobe’(keine Vollerhebung)

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Deshalb Frage:

• Wie konnen (deskriptive) Ergebnisse fur die Stichprobe zurBeurteilung der (unbekannten) Grundgesamtheit genutzt wer-den?

Antwort:

• Mit Methoden der ’Schließenden Statistik’

Synonyme Bezeichnungen:

• Induktive Statistik

• Statistische Inferenz

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Wesenszuge der schließenden Statistik:

• Schlussfolgerung von Stichprobe auf Grundgesamtheit

• Statistische Schlusse sind nicht sicher, sondern gelten nurmit ’bestimmter Wahrscheinlichkeit’

−→ Unbedingtes Erfordernis:

Beschaftigung mit Wahrscheinlichkeitsrechnung

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Zwischenfazit:

• Schließende Statistik

ubertragt Stichprobenergebnisse auf GGbasiert auf Wahrscheinlichkeitsrechnung

Man beachte: Wahrscheinlichkeitsrechnung

• ist mehr als Grundlage der schließenden Statistik

• hat enorme eigenstandige okonomische Bedeutung z.B. in

MikrookonomikInvestition und FinanzierungPortfoliotheorie

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Praktische Anwendungen der schließenden Statistik

Beispiel 1: (Qualitatskontrolle):

• Unternehmen produziert 5000 Gluhbirnen pro Tag

• Frage:

Wie hoch ist der Anteil p defekter Gluhbirnen in der Tages-produktion?

• Statistisches Problem:

Schatzen des Anteils p aufgrund einer Stichprobe

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Beispiel 2: (Ausgabenplanung des Staates):

• Wichtigste Einnahmequelle des Staates: Steuern

• Problem:

Fur Ausgabenplanung sind Steuereinnahmen zu schatzen(Steuereinnahmen sind aufgrund von Erhebungsproblemenlange Zeit unbekannt)

• Statistisches Problem:

Angabe eines (moglichst engen) Intervalls, das den tat-sachlichen unbekannten Wert der Steuereinnahmen mit’hoher’ Wahrscheinlichkeit uberdeckt

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Beispiel 3: (Effizienz von Werbung) [I]

• Einfluss von Werbemaßnahmen auf den Absatz von 84 US-Unternehmen(vgl. Statistik I)

• Statistisches Modell (Y = Absatz, X = Werbeausgaben)

yi = α + β · xi + ui

(α, β unbekannte Parameter, ui Fehler)

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Stichprobenergebnisse fur 84 Unternehmen

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480

500

520

540

560

0 20 40 60 80 100

Werbeausgaben in Mill. US-$

Abs

atz

in M

ill. U

S-$

Schätzung: Absatz = 502.92 + 0.218 * Werbeausgaben

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Beispiel 3: (Effizienz von Werbung) [II]

• Eine mogliche Schatzung von α, β uber KQ-Methode:

a = 502.9174, b = 0.2183

• Statistische Fragen:

Sind die KQ-Werte a, b ’zuverlassige’ Schatzwerte fur die(unbekannten) tatsachlichen Parameter α, β?

Ist der wahre unbekannte Steigungsparameter β wirklichvon Null verschieden, d.h. gilt

β = 0 oder β 6= 0?

(Im Falle von β = 0 hatten Werbeausgaben keinen Ein-fluss auf den Absatz)

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Fazit:

• Grundlegende Aufgaben der schließenden Statistik:

Punktschatzungen von unbekannten Parametern

Intervallschatzungen von unbekannten Parametern

Testen von Hypothesen uber unbekannte Parameter

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2. Zufallsvorgange und Wahrscheinlichkeiten

Ziel des Kapitels:

• Einfuhrung elementarer Begriffe der Wahrscheinlichkeitsrech-nung (definitorisch)

Ziel der Wahrscheinlichkeitsrechnung:

• Modellierung von zufalligen Vorgangen, wie z.B.

(zukunftiger) Umsatz eines Unternehmens(zukunftige) Rendite einer Kapitalanlage(zukunftige) Wachstumsraten einer VW(zukunftige) Arbeitslosenquote

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Zu prazisierende Begriffe:

• Zufallsvorgang, Zufallsexperiment

• (Zufalls)Ereignis, Wahrscheinlichkeit

Mathematische Hilfsmittel:

• Mengenlehre, Kombinatorik

• Analysis (Differential-, Integralrechnung)

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2.1 Zufallsvorgange und Ereignisse

Definition 2.1: (Zufallsvorgang, Zufallsexperiment)

Unter einem Zufallsvorgang verstehen wir einen Vorgang, beidem

(a) im Voraus feststeht, welche moglichen Ausgange dieser theo-retisch haben kann,

(b) der sich einstellende, tatsachliche Ausgang im Voraus jedochunbekannt ist.

Zufallsvorgange, die geplant sind und kontrolliert ablaufen, heißenZufallsexperimente.

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Beispiele fur Zufallsexperimente:

• Ziehung der Lottozahlen

• Roulette, Munzwurf, Wurfelwurf

• ’Technische Versuche’(Hartetest von Stahlproben etc.)

In der VWL:

• Oft keine Zufallsexperimente(historische Daten, Bedingungen nicht kontrollierbar)

• Moderne VWL-Disziplin: ’Experimentelle Okonomik’

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Definition 2.2: (Ergebnis, Ergebnismenge)

Die Menge aller moglichen Ausgange eines Zufallsvorgangs heißtErgebnismenge und wird mit Ω bezeichnet. Ein einzelnes Ele-ment ω ∈ Ω heißt Ergebnis. Wir notieren die Anzahl aller Ele-mente von Ω (d.h. die Anzahl aller Ergebnisse) mit |Ω|.

Beispiele: [I]

• Zufallsvorgang ’Werfen eines Wurfels’:

Ω = 1,2,3,4,5,6

• Zufallsvorgang ’Werfen einer Munze solange, bis Kopf er-scheint’:

Ω = K,ZK,ZZK,ZZZK,ZZZZK, . . .

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Beispiele: [II]

• Zufallsvorgang ’Bestimmung des morgigen Wechselkurseszwischen Euro und US-$’:

Ω = [0,∞)

Offensichtlich:

• Die Anzahl der Elemente von Ω kann endlich, abzahlbar un-endlich oder nicht abzahlbar unendlich sein

Jetzt:

• Mengentheoretische Definition des Begriffes ’Ereignis’

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Definition 2.3: (Ereignis)

Unter einem Ereignis verstehen wir eine Zusammenfassung vonErgebnissen eines Zufallsvorgangs, d.h. ein Ereignis ist eine Teil-menge der Ergebnismenge Ω. Man sagt ’Das Ereignis A trittein’, wenn der Zufallsvorgang ein ω ∈ A als Ergebnis hat.

Bemerkungen: [I]

• Notation von Ereignissen: A, B, C, . . . oder A1, A2, . . .

• A = Ω heißt das sichere Ereignis(denn fur jedes Ergebnis ω gilt: ω ∈ A)

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Bemerkungen: [II]

• A = ∅ (leere Menge) heißt das unmogliche Ereignis(denn fur jedes ω gilt: ω /∈ A)

• Falls das Ereignis A eine Teilmenge des Ereignisses B ist(A ⊂ B), so sagt man: ’Das Eintreten von A impliziert dasEintreten von B’(denn fur jedes ω ∈ A folgt ω ∈ B)

Offensichtlich:

• Ereignisse sind Mengen

−→ Anwendung von Mengenoperationen auf Ereignisse ist sin-nvoll

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Ereignisverknupfungen (Mengenoperationen): [I]

• Durchschnittsereignis (-menge):

C = A ∩B tritt ein, wenn A und B eintreten

• Vereinigungsereignis (-menge):

C = A ∪B tritt ein, wenn A oder B eintritt

• Differenzereignis (-menge):

C = A\B tritt ein, wenn A eintritt, aber B nicht

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Ereignisverknupfungen (Mengenoperationen): [II]

• Komplementarereignis:

C = Ω\A ≡ A tritt ein, wenn A nicht eintritt

• Die Ereignisse A und B heißen unvereinbar oder disjunkt,wenn A ∩B = ∅(beide Ereignisse konnen nicht gleichzeitig eintreten)

Jetzt:

• Ubertragung der Konzepte von 2 auf n Mengen A1, . . . , An

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Ereignisverknupfungen: [I]

• Durchschnittsereignis:

n⋂

i=1Ai tritt ein, wenn alle Ai eintreten

• Vereinigungsereignis:

n⋃

i=1Ai tritt ein, wenn mindestens ein Ai eintritt

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Ereignisverknupfungen: [II]

• Die Mengen A1, . . . , An heißen Partition (oder vollstandigeZerlegung) von Ω, falls gilt:

n⋃

i=1Ai = Ω

Ai ∩Aj = ∅ fur alle i 6= j

Ai 6= ∅ fur alle i

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Wichtige Rechenregeln fur Mengen (Ereignisse):

• Kommutativ-, Assoziativ-, Distributivgesetze

• De Morgansche Regeln:

A ∪B = A ∩B

A ∩B = A ∪B

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2.2 Wahrscheinlichkeiten

Ziel:

• Jedem Ereignis A soll eine Zahl P (A) zugeordnet werden,welche die Wahrscheinlichkeit fur das Eintreten von A repra-sentiert

• Formal:

P : A −→ P (A)

Frage:

• Welche Eigenschaften sollte die Zuordnung (Mengenfunk-tion) P besitzen?

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Definition 2.4: (Kolmogorov’sche Axiome)

Die folgenden 3 Mindestanforderungen an P werden als Kol-mogorov’sche Axiome bezeichnet:

• Nichtnegativitat: Fur alle A soll gelten: P (A) ≥ 0

• Normierung: P (Ω) = 1

• Additivitat: Fur zwei disjunkte Ereignisse A und B (d.h. furA ∩B = ∅) soll gelten:

P (A ∪B) = P (A) + P (B)

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Es ist leicht zu zeigen:

• Die 3 Kolmogorov’schen Axiome implizieren bestimmte Ei-genschaften und Rechenregeln fur Wahrscheinlichkeiten vonEreignissen

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Satz 2.5: (Eigenschaften von Wahrscheinlichkeiten)

Aus den Kolmogorov’schen Axiomen ergeben sich folgende Eigen-schaften fur die Wahrscheinlichkeit beliebiger Ereignisse:

• Wahrscheinlichkeit des Komplimentarereignisses:

P (A) = 1− P (A)

• Wahrscheinlichkeit des unmoglichen Ereignissses:

P (∅) = 0

• Wertebereich der Wahrscheinlichkeit:

0 ≤ P (A) ≤ 1

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Satz 2.6: (Rechenregeln fur Wahrscheinlichkeiten) [I]

Aus den Kolmogorov’schen Axiomen ergeben sich die folgendenRechenregeln fur die Wahrscheinlichkeit von beliebigen Ereignis-sen A, B, C:

• Additionssatz fur Wahrscheinlichkeiten:

P (A ∪B) = P (A) + P (B)− P (A ∩B)

(Wahrscheinlichkeit, dass A oder B eintritt)

• Additionssatz fur 3 Ereignisse:

P (A ∪B ∪ C) = P (A) + P (B) + P (C)

−P (A ∩B)− P (B ∩ C)

−P (A ∩ C) + P (A ∩B ∩ C)

(Wahrscheinlichkeit, dass A oder B oder C eintritt)

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Satz 2.6: (Rechenregeln fur Wahrscheinlichkeiten) [II]

• Wahrscheinlichkeit des Differenzereignisses:

P (A\B) = P (A ∩B)

= P (A)− P (A ∩B)

Man beachte:

• Wenn das Ereignis B das Ereignis A impliziert (d.h.wenn B ⊂ A gilt), dann folgt

P (A\B) = P (A)− P (B)

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Beispiel: [I]

• In einer Stadt erscheinen 2 Lokalzeitungen, die Morgenpostund der Stadtspiegel. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Be-wohner der Stadt

die Morgenpost liest (Ereignis A) sei 0.6,

den Stadtspiegel liest (Ereignis B) sei 0.5,

die Morgenpost oder den Stadtspiegel liest sei 0.9

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Beispiel: [II]

• Die Wskt., dass jemand beide Blatter liest, betragt

P (A ∩B) = P (A) + P (B)− P (A ∪B)

= 0.6 + 0.5− 0.9 = 0.2

• Die Wskt., dass jemand kein Blatt liest, betragt

P (A ∪B) = 1− P (A ∪B)

= 1− 0.9 = 0.1

• Die Wskt., dass jemand genau eines der beiden Blatter liest,betragt

P ((A ∪B)\(A ∩B)) = P (A ∪B)− P (A ∩B)

= 0.9− 0.2 = 0.737

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Bisher:

• Formale Anforderungen an Wahrscheinlichkeiten

−→ Eigenschaften und grundlegende Rechenregeln

Noch ungeklart:

• Wie wird eine explizite Wskt. fur ein bestimmtes Ereignis Auberhaupt festgelegt?

Verschiedene Wahrscheinlichkeitsbegriffe:

• Klassische Wahrscheinlichkeit (Laplace-Experiment)

• Statistische Wahrscheinlichkeit (Haufigkeitstheorie)

• Subjektive Wahrscheinlichkeit (durch Experimente)

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Zentraler Begriff der VL:

• Der Laplace-sche Wahrscheinlichkeitsbegriff:

Pierre-Simon Marquis de Laplace, 1812:

Wenn ein Experiment eine Anzahl verschiedener undgleich moglicher Ausgange hervorbringen kann und einigedavon als gunstig anzusehen sind, dann ist die Wahr-scheinlichkeit eines gunstigen Ausgangs gleich dem Ver-haltnis der Anzahl der gunstigen zur Anzahl der moglichenAusgange.

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Offensichtlich:

• Dem Laplace-schen Wahrscheinlichkeitsbegriff liegt die Vor-stellung eines Zufallsexperimentes zugrunde, bei dem die Er-gebnismenge Ω aus n Ergebnissen ω1, . . . , ωn besteht, die alledie gleiche Eintrittswahrscheinlichkeit 1/n aufweisen

Jetzt:

• Formale Definition

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Definition 2.7: (Laplace-Experiment, -Wahrscheinlichkeit)

Ein Zufallsexperiment heißt Laplace-Experiment, wenn die Ergeb-nismenge Ω aus n Ergebnissen besteht (d.h. Ω = ω1, . . . , ωn)und jedes Ergebnis ωi die gleiche Wahrscheinlichkeit 1/n besitzt,d.h.

P (ωi) =1n

fur alle i = 1, . . . , n.

Die Laplace-Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses A ⊂ Ω ist danndefiniert als

P (A) =Anzahl der Elemente von AAnzahl der Elemente von Ω

=|A||Ω|

=|A|n

.

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Offensichtlich:

• Laplace-Wahrscheinlichkeit erfullt die Kolmogorov’schen Ax-iome (Definition 2.4), denn

P (A) ≥ 0

P (Ω) = nn = 1

Fur die Ereignisse A, B mit A ∩B = ∅ gilt:

P (A ∪B) =|A|+ |B|

n=|A|n

+|B|n

= P (A) + P (B)

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’Fairer’ Wurfelwurf als Beispiel fur Laplace-Experiment:

• Es ist:

Ω = ω1, ω2, ω3, ω4, ω5, ω6 = 1,2,3,4,5,6Es gilt:

P (ωi) =16

fur alle i = 1, . . . ,6

• Laplace-Wahrscheinlichkeit fur das Ereignis A = ’Wurfelneiner geraden Zahl’

Es ist:

A = 2,4,6

−→ Laplace-Wahrscheinlichkeit:

P (A) = |A|/|Ω| = 3/6 = 0.5

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Offensichtlich:

• Laplace-Wahrscheinlichkeit erfordert Berechnung von Anzahlen

Mathematische Technik hierfur:

• Kombinatorik

Einige grundsatzliche Fragen der Kombinatorik:

• Wie Moglichkeiten gibt es, bestimmte Objekte anzuordnen?

• Wie viele Moglichkeiten gibt es, bestimmte Objekte aus einerMenge auszuwahlen?

44

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Mathematische Werkzeuge der Kombinatorik:

• Fakultat

• Binomialkoeffizient

Zunachst:

• Definitionen von Fakultat und Binomialkoeffizient

45

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Definition 2.8: (Fakultat)

Es sei n ∈ N eine naturliche Zahl. Unter der Fakultat von n,in Zeichen n!, versteht man das Produkt der naturlichen Zahlenvon 1 bis n, d.h.

n! = 1 · 2 · . . . · n.

Fur n = 0 wird die Fakultat definitorisch festgelegt als

0! = 1.

Beispiele:

• 2! = 1 · 2 = 2

• 5! = 1 · 2 · . . . · 5 = 120

• 10! = 1 · 2 · . . . · 10 = 3628800

46

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Offensichtlich:

• Fakultaten wachsen sehr schnell an

Definition 2.9: (Binomialkoeffizient)

Es seien n, k ∈ N zwei naturliche Zahlen mit n > 0, k ≥ 0 undn ≥ k. Unter dem Binomialkoeffizienten, gesprochen als ’n uberk’, versteht man den Ausdruck

(nk

)

=n!

k! · (n− k)!

47

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Beispiele:

• ’Einfaches Rechenbeispiel’:(32

)

=3!

2! · (3− 2)!=

62 · 1

= 3

• ’Komplizierteres Rechenbeispiel’:(94

)

=9!

4! · 5!=

1 · 2 · 3 · 4 · 5 · 6 · 7 · 8 · 91 · 2 · 3 · 4 · 1 · 2 · 3 · 4 · 5

=6 · 7 · 8 · 91 · 2 · 3 · 4

= 126

• ’Formales Beispiel’:(nk

)

=n!

k! · (n− k)!=

n!(n− k)! · (n− (n− k))!

=( nn− k

)

48

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Jetzt:

• Inhaltliche (kombinatorische) Bedeutung von Fakultat undBinomialkoeffizient fur die Bestimmung der Anzahl von An-ordnungs- bzw. Auswahlmoglichkeiten

−→ Bestimmung von Laplace-Wahrscheinlichkeiten

Zunachst Fundamentalprinzip der Kombinatorik:

• Wenn ein erster Sachverhalt auf n1 Arten erfullt werden kannund ein zweiter Sachverhalt unabhangig davon auf n2 Arten,so ist die Gesamtzahl der Moglichkeiten, gleichzeitig beideSachverhalte zu erfullen, gerade gleich dem Produkt n1 · n2

49

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Beispiel:

• Ein Fußballtrainer hat fur den Posten des Torwarts 3 Kan-didaten und fur die Besetzung des Mittelsturmers 4 (an-dere) Kandidaten zur Auswahl. Insgesamt kann er also dasMannschaftsgespann (Torwart, Mittelsturmer) auf 3 · 4 = 12Arten besetzen

Verallgemeinerung:

• Gegeben seien k Sachverhalte, die unabhangig voneinanderauf jeweils n1, n2, . . . , nk Arten erfullt werden konnen

−→ Anzahl der Moglichkeiten, die k Sachverhalte gleichzeitigzu erfullen, betragt

n1 · n2 . . . · nk

50

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Spezialfall:

• n1 = n2 = . . . = nk ≡ n

−→ Anzahl der Moglichkeiten, die k Sachverhalte gleichzeitigzu erfullen, betragt

n1 · n2 . . . · nk = n · n · . . . · n︸ ︷︷ ︸

k mal= nk

Beispiel:

• Wie viele Autokennzeichen kann die Stadt Munster vergeben,wenn nach dem Stadtkurzel ’MS’ 1 oder 2 Buchstaben undeine 1 bis 3 stellige Zahl vergeben wird?Losung:

27 · 26 · 10 · 10 · 10 = 702000

51

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Zwischenfazit:

• Die Bestimmung von Laplace-Wahrscheinlichkeiten erfordertdie Bestimmung von Anzahlen. Die Kombinatorik liefertMethoden zur Berechnung

der Anzahlen moglicher Anordnungen von Objekten (Per-mutationen)

der Moglichkeiten, Objekte aus einer vorgegebenen Mengeauszuwahlen (Variationen, Kombinationen)

52

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Definition 2.10: (Permutation)

Gegeben sei eine Menge mit n Elementen. Jede Anordnung alldieser Elemente in irgendeiner Reihenfolge heißt eine Permuta-tion dieser n Elemente.

Beispiel:

• Aus der Menge a, b, c lassen sich die folgenden 6 Permuta-tionen bilden:

abc bac cab acb bca cba

Allgemein gilt:

• Die Anzahl aller Permutationen von n verschiedenen Objek-ten betragt

n · (n− 1) · (n− 2) · . . . · 1 = n!

53

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Jetzt:

• Von den n Objekten sollen nicht alle verschieden sein. Viel-mehr sollen sich die n Objekte in J Kategorien aufteilen mitden Kategorienanzahlen n1 (z.B. Anzahl weiße Kugeln), n2(Anzahl rote Kugeln) bis nJ (Anzahl schwarze Kugeln)

Es gilt:

• n = n1 + n2 + . . . + nJ

• Die Anzahl aller Permutationen der n Objekte ist gegebendurch

n!n1! · n2! · . . . · nJ!

54

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Bemerkungen:

• Die Anordnungen, bei denen Objekte der gleichen Art per-mutiert werden, sind nicht unterscheidbar

• Sind alle n Objekte verschieden, so ist die Anzahl aller mog-lichen Permutationen gleich n! (vgl. Folie 54)

Beispiel:

• Die Anzahl der Permutationen der n = 9 Buchstaben desWortes STATISTIK betragt

9!2! · 3! · 1! · 2! · 1!

= 15120

55

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Jetzt:

• Auswahl von Objekten aus einer vorgegebenen Menge

Definition 2.11: (Kombination)

Gegeben sei eine Menge mit n unterscheidbaren Elementen (z.B.Kugeln mit den Nummern 1,2, . . . , n). Jede Zusammenstellung(bzw. Auswahl) von k Elementen aus dieser Menge heißt Kom-bination der Ordnung k.

56

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Unterscheidungsmerkmale von Kombinationen:

• Berucksichtigung der Auswahl-ReihenfolgeJa −→ Kombination wird Variation genannt

Nein −→ Keine besond. Bezeichnung (Kombination)

• Auswahl mit oder ohne Zurucklegen

Insgesamt also 4 alternative Falle:

• Variationen mit Zurucklegen

• Variationen ohne Zurucklegen

• Kombinationen ohne Zurucklegen

• Kombinationen mit Zurucklegen

57

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1. Fall: Variationen mit Zurucklegen

Beim Ziehen mit Zurucklegen unter Berucksichtigung der Rei-henfolge gibt es nach dem Fundamentalprinzip der Kombinatorik

n · n · . . . · n︸ ︷︷ ︸

k Faktoren= nk

verschiedene Moglichkeiten

Beispiel:

• Ein ’fairer’ Wurfel werde 4 mal hintereinander geworfen unddas Ergebnis in einer 4-Sequenz notiert (z.B. 1,5,1,2). DieAnzahl aller moglichen Ergebnissequenzen betragt

6 · 6 · 6 · 6︸ ︷︷ ︸

4 Wurfe= 64 = 1296

58

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2. Fall: Variationen ohne Zurucklegen

Beim Ziehen ohne Zurucklegen unter Berucksichtigung der Rei-henfolge gibt es nach dem Fundamentalprinzip der Kombinatorik

n · (n− 1) · (n− 2) · . . . · (n− k + 1)︸ ︷︷ ︸

k Faktoren=

n!(n− k)!

verschiedene Moglichkeiten (k ≤ n)

Beispiel:

• Im olympischen Finale eines 100-Meter-Laufes starten 8 Teil-nehmer. Die Anzahl der verschiedenen Kombinationen furGold, Silber und Bronze betragt

8!(8− 3)!

= 8 · 7 · 6 = 336

59

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3. Fall: Kombinationen ohne Zurucklegen

Beim Ziehen ohne Zurucklegen ohne Berucksichtigung der Rei-henfolge ist die Anzahl der verschiedenen Kombinationen gleichder Anzahl der Moglichkeiten, aus einer Menge vom Umfang neine Teilmenge vom Umfang k (k ≤ n) zu entnehmen. Die An-zahl dieser Moglichkeiten betragt

n!k! · (n− k)!

=(nk

)

(Binomialkoeffizient, vgl. Definition 2.9, Folie 47)

60

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Begrundung:

• Betrachte die Formel fur Variationen ohne Zurucklegen ausFall 2. Die dort bestimmte Anzahl n!/(n − k)! muss nunnoch durch k! dividiert werden, da es in jeder Menge mit kElementen auf die Reihenfolge der Elemente nicht ankommt

Beispiel:

• Ziehung der Lotto-Zahlen ’6 aus 49’. Anzahl der moglichenKombinationen betragt:

(496

)

= 13983816

61

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4. Fall: Kombinationen mit Zurucklegen

Beim Ziehen mit Zurucklegen ohne Berucksichtigung der Rei-henfolge betragt die Anzahl der verschiedenen Kombinationen

(n + k − 1)!(n− 1)! · k!

=(n + k − 1

k

)

=(n + k − 1

n− 1

)

(Binomialkoeffizient, vgl. Definition 2.9, Folie 47)

Begrundung:

• Etwas technisch, vgl. eines der angegebenen Standardlehrbu-cher, z.B. Mosler / Schmid (2008)

62

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Beispiel: (Haufungswahl)

• Bei einer Wahl stehen 10 Kandidaten zur Auswahl. EinWahler hat 3 Stimmen und das Recht, bei einem Kandidatenmehr als 1 Kreuz zu machen. Die Anzahl der MoglichkeitenKreuze zu setzen betragt somit

(10 + 3− 13

)

=(123

)

= 220

63

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Uberblick Kombinationen

Anzahl der Moglichkeiten,aus n verschiedenen Objekten k auszuwahlen

ohne mitBerucksichtigung Berucksichtigungder Reihenfolge der Reihenfolge(Kombinationen) (Variationen)

ohne Zurucklegen(nk

) n!(n− k)!

mit Zurucklegen(n + k − 1

k

)

nk

64

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Beispiel fur die Berechnung einer Laplace-Wskt: [I]

• Wskt. fur ’4 Richtige im Lotto’

• Zunachst: Anzahl aller moglichen Kombinationen betragt(496

)

= 13983816

• Jetzt gesucht: Anzahl von Kombinationen, die einen Viererdarstellen

• Fur einen Vierer mussen 4 von den 6 Richtigen und gleich-zeitig 2 von den 43 Falschen zusammenkommen

65

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Beispiel fur die Berechnung einer Laplace-Wskt: [II]

• Nach dem Fundamentalprinzip der Kombinatorik ergeben sich(64

)

·(432

)

= 15 · 903 = 13545

verschiedene Viererkombinationen

−→ Hieraus folgt fur die Laplace-Wahrscheinlichkeit:

P (’4 Richtige im Lotto’) =13545

13983816= 0.0009686

66

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2.3 Bedingte Wahrscheinlichkeiten und Unab-hangigkeit

Jetzt:

• Berechnung von Wahrscheinlichkeiten unter Zusatzinforma-tionen

Genauer:

• Berechnung der Wahrscheinlichkeit des Ereignisses A, wennbekannt ist, dass ein anderes Ereignis B bereits eingetretenist

67

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Beispiel:

• Betrachte ’fairen Wurfelwurf’

• Ereignis A: Wurfeln der ’6’. Es gilt zunachst

P (A) = 1/6

• Ereignis B: ’Wurfeln einer geraden Zahl’ soll bereits einge-treten sein (Vorinformation)−→ Wskt. von A unter der Bedingung B ist

P (A|B) = 1/3

• Grund:Mussen zur Berechnung der Wskt. von A nur noch die Ergeb-nisse 2, 4, 6 aus B betrachten

68

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Andererseits:

• Betrachte Ereignis C: Wurfeln der ’3’

• Offensichtlich gilt:

P (C|B) = 0

• Grund: Ereignisse B und C konnen nicht gemeinsam ein-treten, d.h. P (B ∩ C) = 0

Frage:

• Wie kommt man mathematisch zur bedingten Wskt.

P (A|B) = 1/3

69

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Antwort:

• Indem man die Wskt. des gemeinsamen Eintretens von Aund B (d.h. von A ∩ B) zur Wskt. des Eintretens von B inBeziehung setzt

Definition 2.12: (Bedingte Wahrscheinlichkeit)

Es seien A und B zwei Ereignisse, wobei P (B) > 0 gelten soll. DieWahrscheinlichkeit fur das Eintreten von A unter der Bedingung,dass B bereits eingetreten ist, kurz: die bedingte Wahrschein-lichkeit von A unter der Bedingung B, ist definiert als

P (A|B) =P (A ∩B)

P (B).

70

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Beispiel 1 (Fairer Wurfelwurf):

• A: Wurfeln der ’6’, d.h. A = 6

• B: Wurfeln einer geraden Zahl, d.h. B = 2,4,6

−→ A ∩B = 6

−→ P (A|B) =P (A ∩B)

P (B)=

P (6)P (2,4,6)

=1/63/6

=13

71

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Beispiel 2 (2-facher fairer Wurfelwurf): [I]

• Ein Wurfel werde zweimal geworfen und das Ergebnis in einer2-Sequenz notiert. Wie groß ist die Laplace-Wahrscheinlich-keit, dass in einer der beiden Wurfe eine 6 fallt unter derBedingung, dass die Augensumme der beiden Wurfe großerals 9 ist?

• Mogliche Ergebnisse des Experimentes:

(1,1) (1,2) (1,3) (1,4) (1,5) (1,6)(2,1) (2,2) (2,3) (2,4) (2,5) (2,6)(3,1) (3,2) (3,3) (3,4) (3,5) (3,6)(4,1) (4,2) (4,3) (4,4) (4,5) (4,6)(5,1) (5,2) (5,3) (5,4) (5,5) (5,6)(6,1) (6,2) (6,3) (6,4) (6,5) (6,6)

72

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Beispiel 2 (2-facher fairer Wurfelwurf): [II]

• A = ’mindestens eine 6’, d.h.

A = (6,1), (6,2), (6,3), (6,4), (6,5), (6,6),

(1,6), (2,6), (3,6), (4,6), (5,6)

• B = ’Augensumme > 9’, d.h.

B = (6,4), (6,5), (6,6), (5,5), (5,6), (4,6)

• Somit gilt

P (B) =636

=16

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Beispiel 2 (2-facher fairer Wurfelwurf): [III]

• Der Schnitt ergibt sich zu

A ∩B = (6,4), (6,5), (6,6), (5,6), (4,6)

• Somit gilt

P (A ∩B) =536

• Fur die bedingte Wahrscheinlichkeit ergibt sich:

P (A|B) =P (A ∩B)

P (B)=

5/366/36

=56

74

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Jetzt verallgemeinerte Sichtweise:

• Betrachte die bedingte Wskt. P (A|B) fur beliebige EreignisseA ⊂ Ω (in Zeichen: P (·|B))

Es gilt:

• Die bedingte Wskt. P (·|B) erfullt die Kolmogorov’schen Ax-iome (vgl. Definition 2.4, Folie 31)

Beweis: [I]

• Fur jedes A gilt:

P (A|B) =P (A ∩B)

P (B)≥ 0

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Beweis: [II]

• Fur das sichere Ereignis Ω gilt:

P (Ω|B) =P (Ω ∩B)

P (B)=

P (B)P (B)

= 1

• Fur A1 ∩A2 = ∅ gilt:

P (A1 ∪A2|B) =P ((A1 ∪A2) ∩B)

P (B)

=P ((A1 ∩B) ∪ (A2 ∩B))

P (B)

=P (A1 ∩B)

P (B)+

P (A2 ∩B)P (B)

= P (A1|B) + P (A2|B)

76

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Konsequenz:

• Die aus den Kolmogorov’schen Axiomen folgenden Rechen-reglen fur Wahrscheinlichkeiten gelten weiter, z.B.

P (A|B) = 1− P (A|B)

P (∅|B) = 0

0 ≤ P (A|B) ≤ 1

P (A1 ∪A2|B) = P (A1|B) + P (A2|B)− P (A1 ∩A2|B)

. . .

77

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Aus Definition 2.12 folgt unmittelbar:

P (A ∩B) = P (A|B) · P (B)

Ebenso gilt:

P (A ∩B) = P (B ∩A) = P (B|A) · P (A)

Fazit:

• Die Wskt. fur das gleichzeitige Eintreten zweier EreignisseA und B (d.h. fur A ∩ B) ist jeweils das Produkt einer be-dingten Wskt. mit der unbedingten Wskt. des bedingendenEreignisses

• Die beiden obigen Formeln heißen Multiplikationssatz fur zweiEreignisse

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Naturliche Erweiterung:

• Multiplikationssatz fur n Ereignisse A1, . . . , An

(d.h. Formel fur Wskt. des gleichzeitigen Eintretens)

• nicht hier, siehe z.B. Mosler / Schmid (2008)

Hier:

• Multiplikationssatz fur 3 Ereignisse A, B, C:

P (A ∩B ∩ C) = P (A|B ∩ C) · P (B ∩ C)

= P (A|B ∩ C) · P (B|C) · P (C)

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Beispiel (Bestehen der Statistik-II-Klausur): [I]

• Fur den Erwerb des Statistik-II-Scheines hat man 3 Ver-suche. Fur die 3 Ereignisse Ai: ’StudentIN besteht beimi-ten Versuch’, (i = 1, . . . ,3), seien folgende Wahrschein-lichkeiten bekannt:

P (A1) = 0.6

P (A2|A1) = 0.5

P (A3|A1 ∩A2) = 0.4

• Frage:Wie hoch ist die Wskt., den Schein zu erwerben?

80

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Beispiel (Bestehen der Statistik-II-Klausur): [II]

• Die gesuchte Wskt. ergibt sich zu:

P (A1 ∪A2 ∪A3) = 1− P (A1 ∪A2 ∪A3)

= 1− P (A1 ∩A2 ∩A3)

= 1− P (A3 ∩A2 ∩A1)

= 1− P (A3|A1 ∩A2) · P (A2|A1) · P (A1)

= 1− (1− 0.4) · (1− 0.5) · (1− 0.6)

= 0.88

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Betrachte nun den folgenden Fall:

• Das Eintreten des Ereignisses A hat keinerlei Einfluss auf dasEintreten des Ereignisses B (und umgekehrt)

−→ Begriff der stochastischen Unabhangigkeit

Definition 2.13: (Stochastische Unabhangigkeit)

Zwei Ereignisse A und B heißen stochastisch unabhangig (oderkurz: unabhangig), falls

P (A ∩B) = P (A) · P (B)

gilt. A und B heißen abhangig, falls die Ereignisse nicht un-abhangig sind.

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Bemerkungen: [I]

• In Definition 2.13 sind die Rollen von A und B vertauschbar

• Unter der Annahme P (B) > 0 gilt:

A und B sind unabhangig ⇐⇒ P (A|B) = P (A)

Unter der Annahme P (A) > 0 gilt:

A und B sind unabhangig ⇐⇒ P (B|A) = P (B)

(Bei Unabhangigkeit hangen die bedingten Wskt.’en nichtvon den jeweils bedingenden Ereignissen ab)

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Bemerkungen: [II]

• Mit A und B sind auch die folgenden Ereignisse jeweils un-abhangig:

A und B, A und B, A und B

• Ist A ein Ereignis mit P (A) = 0 oder P (A) = 1, so ist A vonjedem beliebigen Ereignis B unabhangig

• Wenn A und B disjunkt (d.h. A ∩ B = ∅) und die Wskt.’enP (A), P (B) > 0 sind, konnen A und B nicht unabhangig sein

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Beispiel: [I]

• Betrachte zweimaligen Munzwurf (Z=Zahl, K=Kopf). Er-gebnisse des Laplace-Experimentes werden als 2-Sequenzennotiert. Es ist

Ω = (Z, Z), (Z, K), (K, Z), (K, K)

• Betrachte die Ereignisse

A : Zahl beim ersten Wurf

B : Kopf beim zweiten Wurf

C : Kopf bei beiden Wurfen

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Beispiel: [II]

• Fur die Ereignisse A und B gilt:

P (A ∩B) = P ((Z, K)) = 1/4

sowie

P (A) · P (B) = P ((Z, Z), (Z, K)) · P ((Z, K), (K, K))= 1/2 · 1/2 = 1/4

= P (A ∩B)

=⇒ A und B sind stochastisch unabhangig

86

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Beispiel: [III]

• Fur die Ereignisse B und C gilt:

P (B ∩ C) = P ((K, K)) = 1/4

sowie

P (B) = P ((Z, K), (K, K)) = 1/2

P (C) = P ((K, K)) = 1/4

=⇒ P (B) · P (C) = 1/2 · 1/4 = 1/8 6= 1/4 = P (B ∩ C)

=⇒ B und C sind stochastisch abhangig

87

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Jetzt:

• Verallgemeinerung des Unabhangigkeitsbegriffes von 2 auf nEreignisse

Definition 2.14: (Unabhangigkeit von n Ereignissen)

Die n Ereignisse A1, A2, . . . , An heißen paarweise unabhangig, fallsfur alle i, j = 1, . . . , n mit i 6= j gilt

P (Ai ∩Aj) = P (Ai) · P (Aj).

Die n Ereignisse A1, A2, . . . , An heißen vollstandig unabhangig,falls fur jede Auswahl von m Indizes,

i1, i2, . . . , im ∈ 1,2, . . . , n, 2 ≤ m ≤ n,

gilt

P (Ai1 ∩Ai2 ∩ . . . ∩Aim) = P (Ai1) · P (Ai2) · . . . · P (Aim).

88

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Bemerkungen:

• Fur den Fall n = 3 ist die paarweise Unabhangigkeit gegeben,falls gilt

P (A1 ∩A2) = P (A1) · P (A2)

P (A1 ∩A3) = P (A1) · P (A3)

P (A2 ∩A3) = P (A2) · P (A3)

Die 3 Ereignisse sind vollstandig unabhangig, falls gilt

P (A1 ∩A2 ∩A3) = P (A1) · P (A2) · P (A3)

• Vorsicht: vollstandige und paarweise Unabhangigkeit sindnicht das gleiche. Das Konzept der vollstandigen Unabhan-gigkeit ist strenger

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Beispiel: [I]

• Betrachte das Laplace-Experiment des zweifachen Wurfel-wurfes mit den Ereignissen

A1: Augenzahl beim 1. Wurf ist ungeradeA2: Augenzahl beim 2. Wurf ist ungeradeA3: Augensumme ungerade

• Es gilt zunachst:

P (A1 ∩A2) = 1/4 = 1/2 · 1/2 = P (A1) · P (A2)P (A1 ∩A3) = 1/4 = 1/2 · 1/2 = P (A1) · P (A3)P (A2 ∩A3) = 1/4 = 1/2 · 1/2 = P (A2) · P (A3)

=⇒ A1, A2, A3 sind paarweise unabhangig

90

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Beispiel: [II]

• Es gilt weiterhin:

P (A1 ∩A2 ∩A3) = 0 6= 1/8

= 1/2 · 1/2 · 1/2

= P (A1) · P (A2) · P (A3)

=⇒ A1, A2, A3 sind nicht vollstandig unabhangig

91

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2.4 Totale Wahrscheinlichkeit und das Bayes-Theorem

Idee des Konzeptes der totalen Wahrscheinlichkeit:

• Man kann die (unbedingte) Wskt. des Ereignisses A ausrech-nen, wenn man bestimmte bedingte Wskt.’en von A und diezugehorigen Wskt.’en der Bedingungen kennt

Satz 2.15: (Satz von der totalen Wahrscheinlichkeit)

Es seien A1, . . . , An eine Partition der Ergebnismenge Ω und B einbeliebiges Ereignis. Dann gilt fur die (unbedingte) Wahrschein-lichkeit von B:

P (B) =n

i=1P (B|Ai) · P (Ai).

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Herleitung: [I]

• Da A1, . . . , An eine vollstandige Zerlegung von Ω darstellt,folgt

B = (B ∩A1) ∪ (B ∩A2) ∪ . . . ∪ (B ∩An)

• Man beachte, dass die Mengen

(B ∩A1), (B ∩A2), . . . , (B ∩An)

paarweise disjunkt sind

93

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Herleitung: [II]

• Aus der paarweisen Disjunktheit, dem 3. Kolmogorov’schenAxiom (vgl. Folie 31) sowie der Definition der bedingtenWahrscheinlichkeit folgt:

P (B) = P

n⋃

i=1(B ∩Ai)

=n

i=1P (B ∩Ai)

=n

i=1P (B|Ai) · P (Ai)

Fazit:

• Die (unbedingte) Wskt. von B ergibt sich aus gewichtetenbedingten Wskt.’en von B

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Beispiel: [I]

• Ein und derselbe Massenartikel werde auf zwei Maschinengefertigt. Die schnellere Maschine M1 hinterlaßt 10% Auss-chuss, produziert aber doppelt soviel wie die langsamere Mas-chine M2, die aber nur einen Ausschuss von 7% aufweist.Wie groß ist die Wskt., dass ein zufallig aus der Gesamtpro-duktion gezogenes Einzelstuck defekt ist?

• Definition der Ereignisse:

B: Stuck ist defekt

A1: Stuck auf M1 produziert

A2: Stuck auf M2 produziert

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Beispiel: [I]

• Folgende Wskt.’en sind gegeben:

P (B|A1) = 0.1P (B|A2) = 0.07

P (A1) = 2/3P (A2) = 1/3

• Daraus folgt:

P (B) =2

i=1P (B|Ai) · P (Ai)

= 0.1 · 2/3 + 0.07 · 1/3= 0.09

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Jetzt:

• Verbindung zwischen bedingten Wahrscheinlichkeiten, bei de-nen die Rollen zwischen bedingtem und bedingendem Ereig-nis vertauscht sind(etwa Zusammenhang zwischen P (A|B) und P (B|A))

−→ Bayes-Theorem

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Herleitung des Bayes-Theorems: [I]

• Betrachte den Multiplikationssatz fur zwei Ereignisse(vgl. Folie 78)

P (A ∩B) = P (A|B) · P (B) = P (B|A) · P (A)

• Daraus folgt:

P (A|B) =P (A) · P (B|A)

P (B)

• Diese Beziehung gilt fur zwei beliebige Ereignisse und deshalbauch fur jedes Ai, i = 1, . . . , n, einer beliebigen Partition derGrundmenge Ω:

P (Ai|B) =P (Ai) · P (B|Ai)

P (B)

98

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Herleitung des Bayes-Theorems: [II]

• Ersetzt man P (B) durch den Ausdruck aus dem Satz 2.15der totalen Wahrscheinlichkeit (vgl. Folie 92), so erhalt mandas Bayes-Theorem

Satz 2.16: (Bayes-Theorem)

Es seien A1, . . . , An eine Partition der Ergebnismenge Ω und Bein beliebiges Ereignis mit P (B) > 0. Dann gilt fur jedes Ai:

P (Ai|B) =P (B|Ai) · P (Ai)

n∑

i=1P (B|Ai) · P (Ai)

.

99

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Beispiel: [I]

• An Patienten einer bestimmten Population wird durch einenLabortest untersucht, ob eine bestimmte Krankheit vorliegtoder nicht. Der Anteil der Kranken in der Population istbekannt und wird mit π bezeichnet. Falls ein konkret unter-suchter Patient krank ist, zeigt der Test die Krankheit miteiner Wskt. von 99% an (Ergebnis ’positiv’). Falls er nichtkrank ist, zeigt der Test die Krankheit (falschlicherweise) miteiner Wskt. von 2% an.

• Wie groß ist die Wskt., dass die Krankheit vorliegt unter derBedingung, dass der Test positiv ausfallt?

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Beispiel: [II]

• Definition der Ereignisse:

A1: Krankheit liegt vorA2 = A1: Krankheit liegt nicht vor

B: Test zeigt Krankheit an

• Folgende Wskt.’en sind gegeben:

P (B|A1) = 0.99P (B|A2) = 0.02

P (A1) = π

• Gesucht: P (A1|B)

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Beispiel: [III]

• Mit dem Bayes-Theorem gilt:

P (A1|B) =P (B|A1) · P (A1)

P (B|A1) · P (A1) + P (B|A2) · P (A2)

=0.99 · π

0.99 · π + 0.02 · (1− π)

• Offensichtlich:Krankenanteil π hat starken Einfluss auf die gesuchte Wahr-scheinlichkeit

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Beispiel: [III]

• Beispielswerte:

P (A1|B) = 0.846 (π = 0.1)

P (A1|B) = 0.333 (π = 0.01)

P (A1|B) = 0.047 (π = 0.001)

P (A1|B) = 0.005 (π = 0.0001)

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3. Zufallsvariable und Verteilungen

Haufige Situation in der Praxis:

• Es interessiert nicht so sehr das konkrete Ergebnis ω ∈ Ωeines Zufallsexperimentes, sondern eine Zahl, die von ω ab-hangt

Beispiele:

• Gewinn in Euro im Roulette

• Gewinn einer Aktie an der Borse

• Monatsgehalt einer zufallig ausgewahlten Person

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Intuitive Bedeutung einer Zufallsvariablen:

• Vorschrift, die das ’abstrakte’ ω in eine Zahl ubersetzt

Begrifflichkeiten:

Deskriptive Statistik Wskt.-Rechnung

Grundgesamtheit ←→ Ergebnismenge

Merkmal ←→ Zufallsvariable

Messwert ←→ Realisation

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3.1 Grundbegriffe und Definitionen

Definition 3.1: (Zufallsvariable [kurz: ZV])

Unter einer Zufallsvariablen versteht man formal eine (mathema-tische) Funktion

X : Ω −→ Rω −→ X(ω).

Bemerkungen:

• Eine Zufallsvariable ordnet jedem Ergebnis ω ∈ Ω eine reelleZahl zu

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Zufallsvariable als Abbildung der Ergebnismenge auf die reelle Zahlenachse(vgl. Schira, 2009, S. 258)

107

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Bemerkungen: [I]

• Intuition:Eine Zufallsvariable X charakterisiert eine Zahl, deren Wertman noch nicht kennt

• Nach der Durchfuhrung des Zufallsexperimentes realisiert sichdie Zufallsvariable X im Wert x

• x heißt die Realisation oder Realisierung der ZV X nachDurchfuhrung des zugehorigen Zufallsexperimentes

• In dieser VL:Zufallsvariablen werden immer mit Großbuchstaben, Reali-sationen immer mit Kleinbuchstaben bezeichnet

108

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Bemerkungen: [II]

• Die Zufallsvariable X beschreibt die Situation ex ante, d.h.vor der tatsachlichen Durchfuhrung des Zufallsexperimentes

• Die Realisation x beschreibt die Situation ex post, d.h. nachder Durchfuhrung des Zufallsexperimentes

• Wahrscheinlichkeitsaussagen kann man nur uber die Zufalls-variable X treffen

• Fur den Rest der VL sind Zufallsvariablen von zentraler Be-deutung

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Beispiel 1:

• Betrachte den 1-maligen Munzwurf (Z=Zahl, K=Kopf). DieZV X bezeichne die ’Anzahl der Kopfe’ bei diesem Zufallsex-periment

• Es gilt:

Ω = K, Z

• Die ZV X kann 2 Werte annehmen:

X(Z) = 0, X(K) = 1

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Beispiel 2:

• Betrachte den 3-maligen Munzwurf. Die ZV X bezeichneerneut die ’Anzahl der Kopfe’

• Es gilt:

Ω = (K, K, K)︸ ︷︷ ︸

=ω1

, (K, K, Z)︸ ︷︷ ︸

=ω2

, . . . , (Z, Z, Z)︸ ︷︷ ︸

=ω8

• Die Zufallsvariable X ist definiert durch

X(ω) = Anzahl der K in ω

• Offensichtlich:X ordnet verschiedenen ω dieselbe Zahl zu, z.B.

X((K, K, Z)) = X((K, Z, K)) = X((Z, K, K)) = 2

111

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Beispiel 3:

• Aus einer Personengruppe werde zufallig 1 Person ausgewahlt.Die ZV X soll den Erwerbsstatus der ausgewahlten Personbezeichnen

• Es gilt:

Ω = ’erwerbstatig’︸ ︷︷ ︸

=ω1

, ’nicht erwerbstatig’︸ ︷︷ ︸

=ω2

• Die ZV X kann definiert werden durch

X(ω1) = 1, X(ω2) = 0

(Codierung)

112

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Beispiel 4:

• Das Zufallsexperiment bestehe in der Messung des morgigenKurses einer bestimmten Aktie. Die ZV X bezeichne diesenAktienkurs

• Es gilt:

Ω = [0,∞)

• X ist definiert durch

X(ω) = ω

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Zwischenfazit:

• Die ZV X kann verschiedene Werte annehmen und zwar mitbestimmten Wskt’en

Vereinfachende Schreibweise: (a, b, x ∈ R)

• P (X = a) ≡ P (ω|X(ω) = a)

• P (a < X < b) ≡ P (ω|a < X(ω) < b)

• P (X ≤ x) ≡ P (ω|X(ω) ≤ x)

114

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Frage:

• Wie kann man diese Wskt’en bestimmen und mit diesen rech-nen?

Losung:

• Die Berechnung solcher Wskt’en kann uber die sogenannteVerteilungsfunktion der ZV’en X erfolgen

Intuition:

• Die Verteilungsfunktion der ZV’en X charakterisiert dieWahrscheinlichkeiten, mit denen sich die potenziellen Reali-sationen x auf der reellen Zahlenachse verteilen(die sogenannte Verteilung der ZV’en X)

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Definition 3.2: (Verteilungsfunktion [kurz: VF])

Gegeben sei die Zufallsvariable X. Unter der Verteilungsfunk-tion der ZV’en X (in Zeichen: FX) versteht man die folgendeAbbildung:

FX : R −→ [0,1]

x −→ FX(x) = P (ω|X(ω) ≤ x) = P (X ≤ x).

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Beispiel: [I]

• Betrachte das Laplace-Experiment des 3-fachen Munzwurfes.Die ZV X messe die ’Anzahl Kopf’.

• Zunachst gilt:

Ω = (K, K, K)︸ ︷︷ ︸

= ω1

, (K, K, Z)︸ ︷︷ ︸

= ω2

, . . . , (Z, Z, Z)︸ ︷︷ ︸

= ω8

• Fur die Wskt’en der ZV X errechnet sich:

P (X = 0) = P ((Z, Z, Z)) = 1/8P (X = 1) = P ((Z, Z, K), (Z, K, Z), (K, Z, Z)) = 3/8P (X = 2) = P ((Z, K, K), (K, Z, K), (K, K, Z)) = 3/8P (X = 3) = P ((K, K, K)) = 1/8

117

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Beispiel: [II]

• Daraus ergibt sich die VF:

FX(x) =

0.000 furx < 00.125 fur 0 ≤ x < 10.5 fur 1 ≤ x < 2

0.875 fur 2 ≤ x < 31 furx ≥ 3

Graph der Verteilungsfunktion

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Bemerkungen:

• Es genugt (fast immer), lediglich die VF FX der ZV X zukennen

• Oft ist es in praxi gar nicht moglich, den Grundraum Ω oderdie explizite Abbildung X : Ω −→ R anzugeben(jedoch kann man meistens die VF FX aus sachlogischenUberlegungen heraus angeben)

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Allgemeingultige Eigenschaften von FX:

• FX(x) ist monoton wachsend

• Es gilt stets:

limx→−∞

FX(x) = 0 und limx→+∞

FX(x) = 1

• FX ist rechtsseitig stetig, d.h.

limz→xz>x

FX(z) = FX(x)

(vgl. Eigenschaften der empirischen Verteilungsfunktion ausder VL Statistik I)

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Fazit:

• VF FX(x) der ZV’en X gibt Antwort auf die Frage

’Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass X hochstens denWert x annimmt?’

Jetzt:

• Antwort auf die Frage

’Welchen Wert wird die ZV’e X mit einer vorgegebenenWahrscheinlichkeit p ∈ (0,1) nicht uberschreiten?’

−→ Quantilfunktion der ZV’en X

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Definition 3.3: (Quantilfunktion)

Gegeben sei die ZV X mit VF FX. Fur jeden reellen Wert p ∈(0,1) versteht man unter der Quantilfunktion von X (in Zeichen:QX(p)) die folgende Abbildung:

QX : (0,1) −→ Rp −→ QX(p) = minx|FX(x) ≥ p.

Der Wert der Quantilfunktion xp = QX(p) heißt p −Quantil derZV’en X.

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Bemerkungen:• Das p-Quantil xp ist die kleinste Zahl x ∈ R mit der Eigen-

schaft, dass FX(x) den Wert p erreicht oder uberschreitet.

• Interpretiert man p ∈ (0,1) als eine Wahrscheinlichkeit, so istdas p-Quantil xp die kleinste Realisation der ZV’en X, die Xmit Wskt. p nicht uberschreitet.

Spezielle Quantile:• Median: p = 0.5

• Quartile: p = 0.25,0.5,0.75

• Quintile: p = 0.2,0.4,0.6,0.8

• Dezile: p = 0.1,0.2, . . . ,0.9

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Frage:

• Warum diese ’scheinbar komplizierte’ Definition?

Betrachte 3 Falle:

• Stetige, streng monoton wachsende VF FX

• Stetige, teilweise konstante VF FX

• Rechtsseitig stetige Treppen-VF FX

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Stetige, streng monoton wachsende Verteilungsfunktion

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Stetige, teilweise konstante Verteilungsfunktion

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Rechtsseitig stetige Treppen-Verteilungsfunktion

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Jetzt:

• Typisierung von ZV’en(diskrete vs. stetige ZV’en)

Grund:

• Unterschiedliche mathematische Methoden zur Behandlungvon ZV’en

• Bei diskreten ZV’en:

Endliche und unendliche Summen

• Bei stetigen ZV’en:

Differential- und Integralrechnung

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Definition 3.4: (Diskrete Zufallsvariable)

Die ZV X heißt diskret, wenn sie entweder

1. nur endlich viele Realisationen x1, x2, . . . , xJ oder

2. abzahlbar unendlich viele Realisationen x1, x2, . . .

mit streng positiver Wahrscheinlichkeit annehmen kann, d.h. fallsfur alle j = 1, . . . , J, . . . gilt

P (X = xj) > 0 undJ,...∑

j=1P (X = xj) = 1.

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Typische diskrete Merkmale sind:

• Zahlmerkmale (’X = Anzahl von . . .’)

• Codierte qualitative Merkmale

Definition 3.5: (Trager einer diskreten Zufallsvariablen)

Die Menge aller Realisationen, die eine diskrete ZV X mit strengpositiver Wskt. annehmen kann, heißt Trager von X (in Zeichen:TX):

TX = x1, . . . , xJ bzw. TX = x1, x2, . . ..

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Definition 3.6: (Wahrscheinlichkeitsfunktion)

Fur eine diskrete ZV X heißt die Funktion

fX(x) = P (X = x)

die Wahrscheinlichkeitsfunktion von X.

Bemerkungen: [I]

• Die Wahrscheinlichkeitsfunktion fX der ZV X nimmt nur furdie Elemente des Trager TX positive Werte an. Fur Werteaußerhalb des Tragers, d.h. fur x /∈ TX, gilt fX(x) = 0:

fX(x) =

P (X = xj) > 0 furx = xj ∈ TX0 furx /∈ TX

131

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Bemerkungen: [II]

• Die Wahrscheinlichkeitsfkt. fX hat die Eigenschaften

fX(x) ≥ 0 fur alle x

xj∈TX

fX(xj) = 1

• Fur eine beliebige Menge B ⊂ R berechnet sich die Wskt. desEreignisses ω|X(ω) ∈ B = X ∈ B durch

P (X ∈ B) =∑

xj∈BfX(xj)

132

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Beispiel: [I]

• Betrachte 3-fachen Munzwurf und X = ’Anzahl Kopf’

• Offensichtlich: X ist diskret mit dem Trager

TX = 0,1,2,3

• Die Wahrscheinlichkeitsfunktion ist gegeben durch

fX(x) =

P (X = 0) = 0.125 furx = 0P (X = 1) = 0.375 furx = 1P (X = 2) = 0.375 furx = 2P (X = 3) = 0.125 furx = 3

0 furx /∈ TX

133

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Beispiel: [II]

• Die Verteilungsfunktion ist gegeben durch (vgl. Folie 118)

FX(x) =

0.000 furx < 00.125 fur 0 ≤ x < 10.5 fur 1 ≤ x < 2

0.875 fur 2 ≤ x < 31 furx ≥ 3

134

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Wahrscheinlichkeits- und Verteilungsfunktion

135

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Offensichtlich:• Fur die Verteilungsfunktion gilt

FX(x) = P (X ≤ x) =∑

xj∈TX |xj≤x

=P (X=xj)︷ ︸︸ ︷

fX(xj)

Fazit:• Die VF einer diskreten ZV’en X ist eine Treppenfunktion

mit Sprungen an den Stellen xj ∈ TX. Die Sprunghohe ander Stelle xj betragt

FX(xj)− limx→xjx<xj

F (x) = P (X = xj) = fX(xj),

d.h. die Sprunghohe ist der Wert der Wskt.-Funktion(Beziehung: Verteilungs- und Wahrscheinlichkeitsfunktion)

136

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Jetzt:

• Definition von stetigen Zufallsvariablen

Intuition:

• Im Gegensatz zu diskreten ZV’en (vgl. Definition 3.4, Folie129) sind stetige ZV’e solche, die uberabzahlbar viele Reali-sationen (z.B. jede reelle Zahl in einem Intervall) annehmenkonnen

Tatsachlich:

• Definition stetiger ZV’en komplizierter (technischer)

137

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Definition 3.7: (Stetige ZV, Dichtefunktion)

Eine ZV X heißt stetig, wenn sich ihre Verteilungsfunktion FXals Integral einer Funktion fX : R −→ [0,∞) schreiben lasst:

FX(x) =∫ x

−∞fX(t)dt fur alle x ∈ R.

Die Funktion fX(x) heißt Dichtefunktion [kurz: Dichte] von X.

Bemerkungen:

• Die VF FX einer stetigen ZV’en X ist (eine) Stammfunktionder Dichtefunktion fX

• FX(x) = P (X ≤ x) ist gleich dem Flacheninhalt unter derDichtefunktion fX von −∞ bis zur Stelle x

138

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Verteilungsfunktion FX und Dichte fX

139

x

fX(t)

P(X ≤ x) = FX(x)

t

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Eigenschaften der Dichtefunktion fX:

1. Die Dichte fX ist niemals negativ, d.h.

fX(x) ≥ 0 fur alle x ∈ R

2. Die Flache unter der Dichte ist gleich 1, d.h.∫ +∞

−∞fX(x)dx = 1

3. Wenn FX(x) differenzierbar ist, gilt

fX(x) = F ′X(x)

140

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Beispiel: (Gleichverteilung uber [0,10]) [I]

• Gegeben sei die ZV X mit Dichtefunktion

fX(x) =

0 , fur x /∈ [0,10]0.1 , fur x ∈ [0,10]

• Berechnung der VF FX: [I]

Fur x < 0 gilt:

FX(x) =∫ x

−∞fX(t) dt =

∫ x

−∞0 dt = 0

141

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Beispiel: (Gleichverteilung uber [0,10]) [II]

• Berechnung der VF FX: [II]

Fur x ∈ [0,10] gilt:

FX(x) =∫ x

−∞fX(t) dt

=∫ 0

−∞0 dt

︸ ︷︷ ︸

=0

+∫ x

00.1 dt

= [0.1 · t]x0

= 0.1 · x− 0.1 · 0

= 0.1 · x142

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Beispiel: (Gleichverteilung uber [0,10]) [III]

• Berechnung der VF FX: [III]

Fur x > 10 gilt:

FX(x) =∫ x

−∞fX(t) dt

=∫ 0

−∞0 dt

︸ ︷︷ ︸

=0

+∫ 10

00.1 dt

︸ ︷︷ ︸

=1

+∫ ∞

100 dt

︸ ︷︷ ︸

=0

= 1

143

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Verteilungsfunktion und Dichte der Gleichverteilung uber [0,10]

144

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Jetzt:

• Wskt.’en fur Intervalle, d.h. (fur a, b ∈ R, a < b)

P (X ∈ (a, b]) = P (a < X ≤ b)

• Es gilt:

P (a < X ≤ b) = P (ω|a < X(ω) ≤ b)

= P (ω|X(ω) > a ∩ ω|X(ω) ≤ b)

= 1− P (ω|X(ω) > a ∩ ω|X(ω) ≤ b)

= 1− P (ω|X(ω) > a ∪ ω|X(ω) ≤ b)

= 1− P (ω|X(ω) ≤ a ∪ ω|X(ω) > b)

145

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= 1− [P (X ≤ a) + P (X > b)]

= 1− [FX(a) + (1− P (X ≤ b))]

= 1− [FX(a) + 1− FX(b)]

= FX(b)− FX(a)

=∫ b

−∞fX(t) dt−

∫ a

−∞fX(t) dt

=∫ b

afX(t) dt

146

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Intervall-Wahrscheinlichkeit mit den Grenzen a und b

147

a x b

fX(x)

P(a < X ≤ b)

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Wichtiges Ergebnis fur stetige ZV X:

P (X = a) = 0 fur alle a ∈ R

Begrundung:

P (X = a) = limb→a

P (a < X ≤ b) = limb→a

∫ b

afX(x) dx

=∫ a

afX(x)dx = 0

Fazit:

• Die Wskt., dass eine stetige ZV X einen einzelnen Wert an-nimmt, ist immer Null!!

148

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Punkt-Wahrscheinlichkeit bei stetiger ZV

149

a b1b2b3

fX(x)

x

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Vorsicht:

• Das bedeutet nicht, dass dieses Ereignis unmoglich ist

Konsequenz:

• Da bei stetigen ZV’en fur alle a ∈ R stets P (X = a) = 0 gilt,folgt fur stetige ZV stets

P (a < X < b) = P (a ≤ X < b) = P (a ≤ X ≤ b)

= P (a < X ≤ b) = FX(b)− FX(a)

(Ob Intervalle offen oder geschlossen sind, spielt fur dieWskt.-Bestimmung bei stetigen ZV keine Rolle)

150

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3.2 Erwartungswert und Varianz einer Zufallsvari-ablen

Jetzt:

• Beschreibung der Wskt.-Verteilung der ZV’en X durch bes-timmte Kenngroßen

• In dieser VL lediglich Betrachtung von

Erwartungswert

Varianz

151

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Zunachst:

• Der Erwartungswert einer ZV’en X ist eine Maßzahl fur dieLage der Verteilung

• Der Erwartungswert einer ZV’en X ahnelt in seiner Bedeu-tung dem arithmetischen Mittel einer Datenreihe(vgl. deskriptive Statistik, VL Statistik I)

152

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Wiederholung:

• Fur eine gegebene Datenreihe x1, . . . , xn ist das arithmetischeMittel definiert als

x =1n

n∑

i=1xi =

n∑

i=1

(

xi ·1n

)

• Jeder Summand xi · 1/n entspricht einem Datenpunkt × rel-ativer Haufigkeit

Jetzt:

• Ubertragung dieses Prinzips auf die ZV X

153

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Definition 3.8: (Erwartungswert)

Der Erwartungswert der ZV’en X (in Zeichen: E(X)) ist definiertals

E(X) =

xj∈TXxj · P (X = xj) , falls X diskret ist

∫ +∞

−∞x · fX(x) dx , falls X stetig ist

.

Bemerkungen: [I]

• Der Erwartungswert der ZV’en X entspricht also (in etwa)der Summe aller moglichen Realisationen jeweils gewichtetmit der Wskt. ihres Eintretens

154

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Bemerkungen: [II]

• Anstelle von E(X) schreibt man haufig µX

• Anstelle der Formulierung ’Erwartungswert der ZV’en X’sagt man haufig ’Erwartungswert der Verteilung von X’

• Es gibt ZV’en, die keinen Erwartungswert besitzen(kein Gegenstand dieser VL)

155

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Beispiel 1: (Diskrete ZV) [I]• Man betrachte den 2-maligen Wurfelwurf. Die ZV X stehe

fur die (betragliche) Differenz der Augenzahlen. Man berechneden Erwartungswert von X

• Zunachst ergibt sich als Trager der Zufallsvariablen

TX = 0,1,2,3,4,5

• Die Wahrscheinlichkeitsfunktion ist gegeben durch

fX(x) =

P (X = 0) = 6/36 furx = 0P (X = 1) = 10/36 furx = 1P (X = 2) = 8/36 furx = 2P (X = 3) = 6/36 furx = 3P (X = 4) = 4/36 furx = 4P (X = 5) = 2/36 furx = 5

0 furx /∈ TX

156

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Beispiel 1: (Diskrete ZV) [II]

• Als Erwartungswert ergibt sich

E(X) = 0 ·636

+ 1 ·1036

+ 2 ·836

+ 3 ·636

+ 4 ·436

+ 5 ·236

=7036

= 1.9444

• Achtung:In diesem Beispiel ist E(X) eine Zahl, die die ZV X selbstgar nicht annehmen kann

157

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Beispiel 2: (Stetige ZV)

• Es sei X eine stetige ZV mit der Dichte

fX(x) =

x4

, fur 1 ≤ x ≤ 3

0 , sonst

• Zur Berechnung des Erwartungswertes spaltet man das Inte-gral auf:

E(X) =∫ +∞

−∞x · fX(x) dx =

∫ 1

−∞0 dx +

∫ 3

1x ·

x4

dx +∫ +∞

30 dx

=∫ 3

1

x2

4dx =

14·[13· x3

]3

1

=14·(27

3−

13

)

=2612

= 2.1667

158

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Haufige Situation:

• Kenne ZV X mit Wskt.- oder Dichtefunktion fX

• Suche den Erwartungswert der transformierten ZV

Y = g(X)

159

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Satz 3.9: (Erwartungswert einer Transformierten)

Gegeben sei die ZV X mit Wskt.- oder Dichtefunktion fX. Fureine beliebige (Baire)Funktion g : R −→ R berechnet sich derErwartungswert der transformierten ZV Y = g(X) als

E(Y ) = E(g(X))

=

xj∈TXg(xj) · P (X = xj) , falls X diskret ist

∫ +∞

−∞g(x) · fX(x) dx , falls X stetig ist

.

160

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Bemerkungen:

• Alle Funktionen, die im VWL- und/oder BWL-Studium auf-tauchen, sind Baire-Funktionen

• Fur den Spezialfall g(x) = x (die Identitatsfunktion) fallt derSatz 3.9 mit der Definition 3.8 zusammen

161

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Rechnen mit Erwartungswerten (Teil 1):

• Betrachte die (lineare) Transformation

Y = g(X) = a + b ·X mit a, b ∈ R

• Ist X stetig mit Dichtefunktion fX, so gilt:

E(Y ) = E(a + b ·X) =∫ +∞

−∞(a + b · x) · fX(x) dx

=∫ +∞

−∞[a · fX(x) + b · x · fX(x)] dx

= a ·∫ +∞

−∞fX(x) dx

︸ ︷︷ ︸

=1

+b ·∫ +∞

−∞x · fX(x) dx

︸ ︷︷ ︸

=E(X)

= a + b · E(X)

162

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Bemerkung:

• Der Erwartungswert ist ein linearer Operator, d.h.

E(a + b ·X) = a + b · E(X)

fur reelle Zahlen a, b ∈ R(Spezialfalle: a = 0, b 6= 0 bzw. a 6= 0, b = 0)

163

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Rechnen mit Erwartungswerten (Teil 2):

• Betrachte die aufgespaltene Funktion

Y = g(X) = g1(X) + g2(X)

• Ist X stetig mit Dichtefunktion fX, so gilt:

E(Y ) = E[g1(X) + g2(X)]

=∫ +∞

−∞[g1(x) + g2(x)] · fX(x) dx

=∫ +∞

−∞g1(x) · fX(x) dx

︸ ︷︷ ︸

=E[g1(X)]

+∫ +∞

−∞g2(x) · fX(x) dx

︸ ︷︷ ︸

=E[g2(X)]

= E[g1(X)] + E[g2(X)]

164

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Bemerkung:

• Fur diskrete ZV’en sind die Herleitungen analog

Satz 3.10: (Zusammenfassung)

Es seien X eine beliebige ZV (stetig oder diskret), a, b ∈ R reelleZahlen und g1, g2 : R −→ R (Baire)Funktionen. Dann gelten diefolgenden Rechenregeln:

1. E(a + b ·X) = a + b · E(X).

2. E[g1(X) + g2(X)] = E[g1(X)] + E[g2(X)].

165

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Jetzt:

• Beschreibung des Streuungsverhaltens einer ZV X

Wiederholung aus deskriptiver Statistik:

• Fur eine gegebene Datenreihe x1, . . . , xn ist die empirischeVarianz definiert durch

s2 =1n

n∑

i=1(xi − x)2 =

n∑

i=1

[

(xi − x)2 ·1n

]

• Jeder Summand entspricht der quadratischen Abweichungdes Datenpunktes xi vom arithmetischen Mittel x gewichtetmit seiner relativen Haufigkeit

166

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Definition 3.11: (Varianz, Standardabweichung)

Fur eine beliebige stetige oder diskrete ZV X ist die Varianzvon X [in Zeichen: V (X)] definiert als die erwartete quadrierteAbweichung der ZV von ihrem Erwartungswert E(X), d.h.

V (X) = E[(X − E(X))2].

Unter der Standardabweichung von X [in Zeichen: σ(X)] ver-steht man die (positive) Wurzel aus der Varianz, d.h.

σ(X) = +√

V (X).

167

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Bemerkungen:

• Offensichtlich ist die Varianz von X ein Erwartungswert. Mitg(X) = [X − E(X)]2 und Satz 3.9 (Folie 160) gilt fur dieVarianz von X:

V (X) = E[g(X)]

=

xj∈TX[xj − E(X)]2 · P (X = xj) , fur diskretes X

∫ +∞

−∞[x− E(X)]2 · fX(x) dx , fur stetiges X

• Es gibt ZV’en, die keine endliche Varianz besitzen(nicht Gegenstand dieser VL)

168

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Beispiel: (Diskrete ZV)

• Betrachte erneut den 2-maligen Munzwurf mit der ZV Xals (betraglicher) Differenz der Augenzahlen (vgl. Beispiel 1,Folie 156). Fur die Varianz gilt:

V (X) = (0− 70/36)2 · 6/36 + (1− 70/36)2 · 10/36

+(2− 70/36)2 · 8/36 + (3− 70/36)2 · 6/36

+(4− 70/36)2 · 4/36 + (5− 70/36)2 · 2/36

= 2.05247

169

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Jetzt:

• Rechenregeln fur Varianzen

Man beachte:

• Varianz ist per definitionem ein Erwartungswert

−→ Rechenregeln fur Erwartungswerte anwendbar

Rechenregel 1: [I]

• Betrachte die (lineare) Transformation

Y = g(X) = a + b ·X mit a, b ∈ R

170

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Rechenregel 1: [II]

• Es gilt

V (Y ) = V [g(X)]

= E[[g(X)− E(g(X))]2]

= E[[a + b ·X − a− b · E(X)]2]

= E[b2 · [X − E(X)]2]

= b2 · E[[X − E(X)]2]

= b2 · V (X)

−→ Spezialfall: b = 0, a ∈ R (Varianz einer Konstanten)

V (a) = 0

171

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Rechenregel 2:

• Vereinfachte Varianzberechnung:

V (X) = E[(X − E(X))2]

= E[X2 − 2 · E(X) ·X + [E(X)]2]

= E(X2)− 2 · E(X) · E(X) + [E(X)]2

= E(X2)− [E(X)]2

172

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Ubungsaufgabe:

• Berechnen Sie anhand dieser Formel die Varianz der stetigenZV’en X mit Dichte

fX(x) =

x4

, fur 1 ≤ x ≤ 3

0 , sonst

Satz 3.12: (Zusammenfassung)

Es seien X eine beliebige ZV (stetig oder diskret) sowie a, b ∈ Rreelle Zahlen. Es gelten die folgenden Rechenregeln:

1. V (X) = E(X2)− [E(X)]2.

2. V (a + b ·X) = b2 · V (X).

173

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3.3 Spezielle diskrete Verteilungen

Jetzt:

• Einige wichtige diskrete Verteilungen:

Bernoulli-Verteilung

Binomial-Verteilung

Geometrische Verteilung

Poisson-Verteilung

174

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1. Die Bernoulli-Verteilung

Ausgangssituation:

• Ein Zufallsexp. habe nur 2 interessierende Ausgange:

Ω = A ∪A

• Oft bezeichnet man das Ereignis A als Erfolg und A als Mis-serfolg oder Niete

Definition 3.13: (Bernoulli-Experiment)

Ein Zufallsexperiment, bei dem man sich nur dafur interessiert,ob ein Ereignis A eintritt oder nicht, nennt man ein Bernoulli-Experiment.

175

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Jetzt:

• Definiere die codierte ZV X als

X =

1 , falls A eintritt (Erfolg)0 , falls A eintritt (Misserfolg)

Beispiele: [I]

• Das Geschlecht einer zufallig ausgewahlten Person aus einerPopulation:

X =

1 , falls die Person weiblich ist0 , falls die Person mannlich ist

176

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Beispiele: [II]

• Eine Urne enthalt insgesamt N Kugeln, von denen M rot undN −M weiß sind. Betrachte das Experiment des 1-maligenZiehens einer Kugel:

X =

1 , falls die Kugel rot ist0 , falls die Kugel weiß ist

Offensichtlich:

P (X = 1) =MN≡ p

P (X = 0) =N −M

N= 1−

MN

= 1− p ≡ q

177

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Definition 3.14: (Bernoulli-Verteilung)

Die ZV X reprasentiere ein Bernoulli-Experiment und fur einfestes p ∈ [0,1] gelte

P (X = 1) = P (A) = p,

P (X = 0) = P (A) = 1− p ≡ q.

Dann heißt die ZV X Bernoulli-verteilt mit Parameter (Erfol-gswskt.) p und man schreibt X ∼ Be(p).

Berechnung des E-Wertes bzw. der Varianz:

• E(X) = 0 · (1− p) + 1 · p = p

• V (X) = (0− p)2 · (1− p) + (1− p)2 · p = p · (1− p) = p · q

178

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Wahrscheinlichkeits- und Verteilungsfunktion der Bernoulli-Verteilung

179

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2. Die Binomial-Verteilung

Jetzt:

• Betrachte n gleichartige und unabhangig voneinanderdurchgefuhrte Bernoulli-Experimente(alle mit derselben Erfolgswahrscheinlichkeit p)

• Die ZV X bezeichne die Anzahl der Erfolge, d.h. der Tragervon X ist

TX = 0,1, . . . , n

Gesucht:

• Wskt. genau x Erfolge zu erzielen, d.h. P (X = x)

180

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Herleitung:

• Bei n unabhangigen Bernoulli-Experimenten gibt es genau(

nx

)

Versuchsreihen, die exakt x Erfolge und gleichzeitig n−xMisserfolge aufweisen

• Wegen der Unabhangigkeit der Bernoulli-Experimente ist dieWskt. jeder einzelnen dieser

(

nx

)

Versuchsreihen px ·(1−p)n−x

• Wegen der Disjunktheit der(

nx

)

Versuchsreihen folgt fur diegesuchte Wskt.

P (X = x) =(nx

)

· px · (1− p)n−x

181

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Definition 3.15: (Binomial-Verteilung)

Eine diskrete ZV X mit Trager TX = 0,1, . . . , n und Wahrschein-lichkeitsfunktion

P (X = x) =(nx

)

· px · (1− p)n−x fur x = 0,1, . . . , n,

heißt binomialverteilt mit den Parametern n und p [in Zeichen:X ∼ B(n, p)].

Bemerkung:

• Die Bernoulli-Verteilung aus Definition 3.14 (Folie 178) istein Spezialfall der Binomialverteilung, denn es gilt

X ∼ Be(p) ist das gleiche wie X ∼ B(1, p)

182

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Beispiel: [I]

• Eine Urne enthalt 10 Kugeln, davon 3 rote und 7 weiße. Eswerden 2 Kugeln mit Zurucklegen gezogen. Gesucht sind dieWskt’en dafur, genau 0,1 bzw. 2 rote Kugeln zu ziehen

• Es bezeichne X die Anzahl der gezogenen roten Kugeln.Die Wskt. bei genau einem Zug eine rote Kugel zu ziehen,betragt p = 3/10 = 0.3

−→ X ∼ B(n = 2, p = 0.3)

183

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Beispiel: [II]

• Berechung der Wskt. Funktion:

P (X = 0) =(20

)

· 0.30 · (1− 0.3)2−0 = 0.49

P (X = 1) =(21

)

· 0.31 · (1− 0.3)2−1 = 0.42

P (X = 2) =(22

)

· 0.32 · (1− 0.3)2−2 = 0.09

E-Wert und Varianz einer Binomial-Verteilung:

• E(X) = n · p

• V (X) = n · p · (1− p)(Beweise: spater mit Ergebnissen aus Kapitel 4)

184

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Wahrscheinlichkeits- und Verteilungsfunktion der Binomial-Verteilung

185

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3. Die Geometrische Verteilung

Ausgangssituation:

• Bernoulli-Experiment (Ausgange A bzw. A, P (A) = p) kannprinzipiell beliebig oft wiederholt werden(gleichartige unabhangige Experimente)

Von Interesse:

• Zeitpunkt des 1. Erfolges, d.h. ZV

X = Anzahl der Experimente bis zum 1. Ausgang A

186

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Offensichtlich:

• Trager von X ist TX = 1,2, . . . = N

Berechnung der Wskt.-Funktion:

P (X = 1) = pP (X = 2) = (1− p) · p = p · (1− p)P (X = 3) = (1− p) · (1− p) · p = p · (1− p)2

...

Allgemein gilt:

P (X = x) = (1− p) · . . . · (1− p)︸ ︷︷ ︸

x−1 mal·p = p · (1− p)x−1

187

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Definition 3.16: (Geometrische Verteilung)

Eine diskrete ZV X mit Trager TX = N und der Wahrschein-lichkeitsfunktion

P (X = x) = p · (1− p)x−1 fur x ∈ N

heißt geometrisch verteilt mit Parameter p ∈ (0,1) [in Zeichen:X ∼ G(p)].

Bemerkung:

• Bei der Berechnung diverser Verteilungseigenschaften spieltdie unendliche geometrische Reihe eine Rolle, z.B.

∞∑

x=1P (X = x) =

∞∑

x=1p · (1− p)x−1 = p ·

11− (1− p)

= 1

188

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Satz 3.17: (Kenngroßen der geometrischen Verteilung)

Die diskrete ZV X sei geometrisch verteilt mit Parameter p,d.h. X ∼ G(p). Dann sind der Erwartungswert bzw. die Varianzvon X gegeben durch

E(X) =∞∑

x=1x · p · (1− p)x−1 =

1p

V (X) =∞∑

x=1(x− 1/p)2 · p · (1− p)x−1 =

1− pp2 .

189

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Beispiel: [I]

• Aus einer Urne mit 10 Kugeln (4 rote, 6 weiße) wird mitZurucklegen gezogen. Gesucht werden

1. die Wskt., dass bei der 3. Ziehung erstmalig eine roteKugel gezogen wird,

2. die Wskt., dass fruhestens bei der 3. Ziehung erstmaligeine rote Kugel gezogen wird,

3. der Erwartungswert fur das erstmalige Ziehen einer rotenKugel,

4. die Varianz fur das erstmalige Ziehen einer roten Kugel.

190

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Beispiel: [II]

• Betrachte ZV

X = Nummer der Ziehung, bei der erstmalig eine roteKugel gezogen wird

• Offensichtlich: X ∼ G(0.4). Damit gilt:

1. P (X = 3) = 0.4 · 0.62 = 0.144

2.∞∑

x=3P (X = x) = 1− P (X = 1)− P (X = 2) = 0.36

3. E(X) = 1/0.4 = 2.5

4. V (X) = (1− 0.4)/(0.42) = 3.75

191

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3. Die Poisson-Verteilung

Haufiges Anwendungsgebiet:

• Warteschlangenmodelle, z.B. zur Modellierung von

Schlangen vor einem BankschalterAuftragsschlangen bei einem Internet-Server

In dieser VL:

• Keine sachlogische Herleitung, sondern nur

formale DefinitionAngabe von Erwartungswert und Varianz

192

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Definition 3.18: (Poisson-Verteilung)

Die diskrete ZV X mit dem Trager TX = 0,1, . . . = N∪0 undder Wahrscheinlichkeitsfunktion

P (X = x) = e−µ ·µx

x!fur x = 0,1,2, . . .

heißt Poisson-verteilt mit Parameter µ > 0 [in Zeichen: X ∼Po(µ)].

Bemerkung:

• e bezeichnet die Eulersche Zahl und die Funktion ex dienaturliche Exponentialfunktion(vgl. Abschnitt 2.2, VL Statistik I)

193

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Satz 3.19: (Kenngroßen der Poisson-Verteilung)

Die diskrete ZV X sei Poisson-verteilt mit Parameter µ, d.h. X ∼Po(µ). Dann sind der Erwartungswert bzw. die Varianz von Xgegeben durch

E(X) = µ sowie V (X) = µ.

194

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Herleitungen: [I]

• Fur den Erwartungswert gilt:

E(X) =∞∑

x=0x · e−µ ·

µx

x!= e−µ

∞∑

x=1x ·

µx

x!

= e−µ∞∑

x=1µ ·

µx−1

(x− 1)!

= µ · e−µ∞∑

x=0

µx

x!

= µ · e−µ · eµ

= µ

195

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Herleitungen: [II]

• Zur Bestimmung der Varianz berechnet man zunachst

E(X2) =∞∑

x=0x2 · e−µ ·

µx

x!

= . . .

= µ2 + µ

• Nach Satz 3.12(a) (vgl. Folie 173) folgt damit fur die Vari-anz:

V (X) = E(X2)− [E(X)]2 = µ2 + µ− µ2 = µ

196

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3.4 Spezielle stetige Verteilungen

Jetzt:

• Drei bekannte stetige Verteilungen

Gleichverteilung

Exponentialverteilung

Normalverteilung

197

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1. Die Gleichverteilung

Definition 3.20: (Gleichverteilung)

Die stetige ZV X heißt gleichverteilt uber dem Intervall [a, b], a <b, [in Zeichen: X ∼ U(a, b)], falls X die folgende Dichtefunktionbesitzt:

fX(x) =

1b− a

, falls a ≤ x ≤ b

0 , sonst.

198

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Bemerkungen:

• Die ZV X auf Folie 141 ist gleichverteilt uber dem Intervall[0,10], d.h. X ∼ U(0,10)

• Die Gleichverteilung U(a, b) sinnvoll, falls X keinerlei Wertezwischen a und b ’bevorzugt’ annimmt

• Die Verteilungsfunktion berechnet sich zu

FX(x) =∫ x

−∞fX(t) dt =

0 , falls x < ax− ab− a

, falls a ≤ x ≤ b

1 , falls x > b

199

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Dichte- und Verteilungsfunktion der Gleichverteilung uber [a, b]

200

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Satz 3.21: (E-Wert, Varianz)

Fur die stetige, gleichverteilte ZV X ∼ U(a, b) sind Erwartungswertund Varianz gegeben durch

E(X) =∫ +∞

−∞x · fX(x) dx =

a + b2

,

V (X) =∫ +∞

−∞[x− E(X)]2 · fX(x) dx =

(b− a)2

12.

201

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2. Die Exponentialverteilung

Definition 3.22: (Exponentialverteilung)

Die stetige ZV X heißt exponentialverteilt mit Parameter λ > 0[in Zeichen: X ∼ Exp(λ)], falls X die folgende Dichtefunktionbesitzt:

fX(x) =

0 , falls x < 0λ · e−λ·x , falls x ≥ 0

.

Bemerkung:

• Die Verteilungsfunktion berechnet sich zu

FX(x) =∫ x

−∞fX(t) dt =

0 , falls x < 01− e−λ·x , falls x ≥ 0

202

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Dichtefunktionen der Exponentialverteilung

203

0

1

2

3

4

0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5

fX(x)

x

λ = 3

λ = 2

λ = 1

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Verteilungsfunktionen der Exponentialverteilung

204

0.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5

FX(x)

x

λ = 1

λ = 2

λ = 3

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Satz 3.23: (E-Wert, Varianz)

Fur die stetige, exponentialverteilte ZV X ∼ Exp(λ) sind Er-wartungswert und Varianz gegeben durch

E(X) =∫ +∞

−∞x · fX(x) dx =

,

V (X) =∫ +∞

−∞[x− E(X)]2 · fX(x) dx =

1λ2.

205

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3. Die Normalverteilung

Einfuhrende Bemerkungen: [I]

• Normalverteilung (auch Gaußverteilung) ist die wichtigsteVerteilung uberhaupt

Praxis:

−→ Relevanz resultiert aus zentralem Grenzwertsatz(vgl. Kapitel 4)

Theorie:

−→ Relevant fur Entwicklung von Schatz- und Testverfahren(vgl. Kapitel 5-7)

206

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Einfuhrende Bemerkungen: [II]

• Viele Phanomene lassen sich gut durch eine Normalverteilungapproximieren, z.B.

Biometrische Großen(Korpergroßen, Gewicht etc.)

Okonomische Großen(Veranderungsraten)

Zufallige Fehler(Messfehler, Produktionsfehler)

207

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Definition 3.24: (Normalverteilung)

Die stetige ZV X heißt normalverteilt mit Parametern µ ∈ Rund σ2 > 0 [in Zeichen: X ∼ N(µ, σ2)], falls X die folgendeDichtefunktion besitzt:

fX(x) =1√

2π · σ· e−

12

(

x−µσ

)2

, x ∈ R.

Bemerkungen:

• Die Parameter µ und σ2 geben der Dichtefunktion ihre spezielleGestalt

• Die Normalverteilung N(0,1) heißt Standardnormalverteilung.Ihre Dichte wird oft mit ϕ(x) bezeichnet

208

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Dichtefunktionen der Normalverteilung

209

0 5 x

fX(x)

N(0,1) N(5,1)

N(5,3)

N(5,5)

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Satz 3.25: (Eigenschaften der Normalverteilung) [I]

Es sei X ∼ N(µ, σ2). Dann gilt:

1. Die Dichte fX(x) hat ihr einzige lokales Maximum an derStelle x = µ.

2. Die Dichte fX(x) ist symmetrisch um µ.

3. Die Dichte fX(x) besitzt Wendepunkte an den Stellen x =µ + σ und x = µ− σ.

210

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Satz 3.25: (Eigenschaften der Normalverteilung) [II]

4. Fur Erwartungswert und Varianz von X gilt:

E(X) = µ und V (X) = σ2.

5. Auch die linear transformierte ZV Y = a + b ·X mit a, b ∈ Rist normalverteilt mit Erwartungswert E(Y ) = a + b · µ undVarianz V (Y ) = b2 · σ2, d.h.

Y ∼ N(a + b · µ, b2 · σ2).

211

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Jetzt:

• Bestimmung der Verteilungsfunktion FX:

FX(x) = P (X ≤ x) =∫ x

−∞fX(t) dt

=∫ x

−∞

1√2π · σ

· e−12

(

t−µσ

)2

dt

Problem:

• Keine mathematisch geschlossene Losung des Integrals

• VF’en konnen nur approximativ berechnet werden(durch numerische Verfahren)

212

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(Approximative) Verteilungsfunktionen der Normalverteilung

213

0 5

0.5

1

FX(x)

x

N(0,1)

N(5,1)

N(5,3)

N(5,5)

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Bezeichnung:

• Die Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilungwird oft mit Φ(x) bezeichnet, also

Φ(x) ≡ FX(x) = P (X ≤ x)

fur X ∼ N(0,1)

Zentrales Ergebnis:

• Fur jede beliebige normalverteilte ZV X ∼ N(µ, σ2) kanndie VF FX(x) = P (X ≤ x) auf die VF der Standardnor-malverteilung zuruckgefuhrt werden

214

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Herleitung: [I]

• Fur die VF von X ∼ N(µ, σ2) gilt

FX(x) = P (X ≤ x) = P

(X − µ)/σ︸ ︷︷ ︸

≡ Y≤ (x− µ)/σ

• Nach Satz 3.25(e) folgt

Y =X − µ

σ=

︸︷︷︸

≡ b

·X −µσ

︸︷︷︸

≡ aist normalverteilt, und zwar

Y ∼ N(a + b · µ, b2 · σ2) = N

−µσ

+1σ· µ

︸ ︷︷ ︸

= 0

,1σ2 · σ

2

︸ ︷︷ ︸

= 1

= N(0,1)

215

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Herleitung: [II]

• Insgesamt gilt also fur die ZV X ∼ N(µ, σ2):

FX(x) = P (X ≤ x) = P

Y︸︷︷︸

∼N(0,1)≤

x− µσ

= Φ(x− µ

σ

)

Beispiel: [I]

• Uberdeckungswahrscheinlichkeiten bei der Normalverteilung

• Es seien X ∼ N(µ, σ2) und k ∈ R eine reelle Zahl

• Gesucht: Wahrscheinlichkeit dafur, dass sich X im Intervall[µ− k · σ, µ + k · σ] realisiert

216

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Beispiel: [II]

• Es gilt:

P (µ− k · σ ≤ X ≤ µ + k · σ) = FX(µ + k · σ)− FX(µ− k · σ)

= Φ(µ + k · σ − µ

σ

)

−Φ(µ− k · σ − µ

σ

)

= Φ(k)−Φ(−k)

• Die VF Φ(x) der Standardnormalverteilung ist in allen Statistik-Lehrbuchern ausreichend tabelliert(z.B. in Mosler/Schmid, 2008)

217

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Beispiel: [III]

• Außerdem:Φ(x) kann in allen statistischen Programmpaketen berechnetwerden(z.B. in Excel, EViews, SPSS)

• Fur k = 1,2,3 gilt:

k = 1 : Φ(1)−Φ(−1) = 0.6827

k = 2 : Φ(2)−Φ(−2) = 0.9545

k = 3 : Φ(3)−Φ(−3) = 0.9973

218

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Uberdeckungswahrscheinlichkeiten der Normalverteilung

219

µµ − σ µ + σµ − 2 σ µ + 2 σµ − 3 σ µ + 3 σ

5 34 21

F l ä c h e n i n h a l t e :1 : 0 . 6 8 2 71 + 2 + 4 : 0 . 9 5 4 51 + 2 + 3 + 4 + 5 : 0 . 9 9 7 3

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4. Gemeinsame Verteilung und Grenzwertsatze

Haufig in der Praxis:

• Man muss mehrere (n) ZV’en gleichzeitig betrachten(vgl. Statistik I, Kapitel 6)

Zunachst Vereinfachung:

• Betrachte n = 2 Zufallsvariablen (X und Y )

220

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Beispiele:

• Zufallig ausgewahlter Haushalt:

X = HaushaltsgroßeY = Anzahl Autos

• Tagesrenditen zweier Aktien:

X = Rendite der VW-AktieY = Rendite der BASF-Aktie

• 2-facher Wurfelwurf:

X = Minimum der AugenzahlenY = Maximum der Augenzahlen

221

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4.1 Gemeinsame Verteilung von Zufallsvariablen

Situation:

• Betrachte zwei ZV’en X und Y zu ein und demselben Zufall-sexperiment, d.h.

X : Ω −→ RY : Ω −→ R

222

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Definition 4.1: (Gemeinsame Verteilungsfunktion)

Fur die beiden ZV’en X und Y heißt die Funktion

FX,Y : R2 −→ [0,1]

mit

FX,Y (x, y) = P (ω|X(ω) ≤ x und Y (ω) ≤ y)

= P (X ≤ x, Y ≤ y)

die gemeinsame Verteilungsfunktion von X und Y .

223

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Bemerkung:

• Die gemeinsame VF von X und Y ist die Wskt. dafur, dasssich gleichzeitig

1. X kleiner oder gleich dem Wert x und

2. Y kleiner oder gleich dem Wert y realisieren

Einige Eigenschaften der gemeinsamen Verteilungsfunktion:

• FX,Y (x, y) ist monoton steigend in x und y

• limx→+∞,y→+∞ FX,Y (x, y) = 1

224

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Jetzt:

• Unterscheidung zwischen

1. diskreten gemeinsamen Verteilungen

2. stetigen gemeinsamen Verteilungen

225

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Definition 4.2: (Gemeinsam diskrete Zufallsvariablen)

Die beiden ZV’en X und Y heißen gemeinsam diskret verteilt,falls es endlich viele oder abzahlbar unendlich viele Realisationenx1, x2, . . . und y1, y2, . . . gibt, so dass

pjk ≡ P (X = xj, Y = yk) > 0

mit...∑

j=1

...∑

k=1pjk =

...∑

j=1

...∑

k=1P (X = xj, Y = yk) = 1

gilt. Fur die gemeinsam diskret verteilten ZV’en X und Y heißtdie Funktion

fX,Y (x, y) =

pjk = P (X = xj, Y = yk) , fur x = xj und y = yk0 , sonst

die gemeinsame Wahrscheinlichkeitsfunktion der diskreten ZV’enX und Y .

226

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Bemerkung:

• Die gemeinsame Wahrscheinlichkeitsfunktion kann in einerWahrscheinlichkeitstabelle dargestellt werden:

X/Y y1 y2 y3 . . .x1 p11 p12 p13 . . .x2 p21 p22 p23 . . .... ... ... ... ...

227

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Beispiel: [I]

• X = Haushaltsgroße, Y = Anzahl Autos

• Wahrscheinlichkeitstabelle

X/Y 0 1 21 0.10 0.14 0.012 0.05 0.15 0.103 0.02 0.10 0.084 0.02 0.06 0.075 0.01 0.05 0.04

228

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Beispiel: [II]

• Berechnung der gemeinsamen Verteilungsfunktion:

FX,Y (x, y) =∑

j|xj≤x

k|yk≤ypjk

• Z.B. gilt

FX,Y (3,1) = P (X ≤ 3, Y ≤ 1)= 0.10 + 0.14 + 0.05 + 0.15 + 0.02 + 0.10= 0.56

oder

FX,Y (1.5,3.2) = P (X ≤ 1.5, Y ≤ 3.2)= 0.10 + 0.14 + 0.01= 0.25

229

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Jetzt:

• X = und Y seien beides stetige Zufallsvariablen

Definition 4.3: (Gemeinsam stetige Zufallsvariablen)

Die beiden ZV’en X und Y heißen gemeinsam stetig verteilt, fallssich ihre gemeinsame Verteilungsfunktion FX,Y als Doppelinte-gral einer Funktion fX,Y : R2 −→ [0,∞) schreiben lasst, d.h. wenngilt

FX,Y (x, y) = P (X ≤ x, Y ≤ y)

=∫ y

−∞

∫ x

−∞fX,Y (u, v) du dv fur alle (x, y) ∈ R2.

Die Funktion fX,Y (x, y) heißt gemeinsame Dichtefunktion von Xund Y .

230

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Gemeinsame Dichtefunktion der Zufallsvariablen X und Y

231

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Bemerkungen: [I]

• Rechnen mit gemeinsamen stetigen Verteilungen erfordertDifferential- und Integralrechnung mit Funktionen mehrererVeranderlicher(partielles Differenzieren, Doppelintegrale)

• Bei partieller Differenzierbarkeit gilt

fX,Y (x, y) =∂2

∂x∂yFX,Y (x, y)

(Zusammenhang: gemeinsame Dichte- und gemeinsame VF)

232

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Bemerkungen: [II]

• Fur alle (x, y) ∈ R2 gilt fX,Y (x, y) ≥ 0(gemeinsame Dichte ist uberall positiv)

• Das Volumen unter der Dichte ist 1, d.h.∫ +∞

−∞

∫ +∞

−∞fX,Y (x, y) dx dy = 1

• Durch Doppelintegration der Dichte erhalt man Intervall-wahrscheinlichkeiten, z.B.

P (x1 ≤ X ≤ x2, y1 ≤ Y ≤ y2) =∫ y2

y1

∫ x2

x1fX,Y (x, y) dx dy

(vgl. eindimensionalen stetigen Fall auf Folien 145, 146)

233

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Gemeinsame Dichte- und Verteilungsfunktion der ZV’en X = ’Rendite

VW-Aktie’ und Y = ’Rendite BASF-Aktie’

234

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Jetzt folgende Ausgangssituation:

• X und Y seien (diskret oder stetig) gemeinsam verteilt mitder gemeinsamen Verteilungsfunktion FX,Y (x, y)

Gesucht:

• Verteilung von X bzw. von Y , wenn man die jeweils andereVerteilung ignoriert(die sogenannten Randverteilungen)

235

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Es gilt: [I]

1. Randverteilungsfunktionen FX bzw. FY

FX(x) = limy→+∞

FX,Y (x, y) = P (X ≤ x, Y ∈ R)

FY (y) = limx→+∞

FX,Y (x, y) = P (X ∈ R, Y ≤ y)

2. Randwahrscheinlichkeiten gemeinsam diskreter ZV’en

pj,· ≡ P (X = xj) =...∑

k=1P (X = xj, Y = yk) =

...∑

k=1pjk

p·,k ≡ P (Y = yk) =...∑

j=1P (X = xj, Y = yk) =

...∑

j=1pjk

236

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Es gilt: [II]

3. Randdichten gemeinsam stetiger ZV’en

fX(x) =∫ +∞

−∞fX,Y (x, y) dy

fY (y) =∫ +∞

−∞fX,Y (x, y) dx

Wichtig:

• Die Randverteilungen ergeben sich eindeutig aus der gemein-samen Verteilung von X und Y

• ABER:Die gemeinsame Verteilung ist nicht eindeutig durch die Rand-verteilungen bestimmt

237

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Relevanz der Randverteilungen:

• Mit den Randverteilungen einer gemeinsamen Verteilung defi-niert man den Begriff der ’Stochastischen Unabhangigkeit’von Zufallsvariablen(vgl. Definition 2.13, Folie 82)

Definition 4.4: (Unabhangigkeit von Zufallsvariablen)

Die ZV’en X und Y heißen (stochastisch) unabhangig, falls ihregemeinsame Wahrscheinlichkeitsfunktion (diskreter Fall) bzw. ihregemeinsame Dichtefunktion (stetiger Fall) dem Produkt der Rand-verteilungen entspricht, d.h. falls

fX,Y (x, y) = fX(x) · fY (y) fur alle x, y ∈ R.

238

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Bemerkungen:

• Fur gemeinsam diskret verteilte ZV’en X und Y bedeutet dieDefinition 4.4: X und Y sind stochastisch unabhangig, wennfur alle j = 1,2, . . . und k = 1,2, . . . gilt:

P (X = xj, Y = yk) = P (X = xj) · P (Y = yk)

• Alternativ druckt man die stochastische Unabhangigkeit uberdie gemeinsame Verteilungsfunktion aus:

Satz 4.5: (Stochastische Unabhangigkeit)

Die ZV’en X und Y sind genau dann stochastisch unabhangig,falls sich ihre gemeinsame Verteilungsfunktion als Produkt derRandverteilungsfunktionen darstellen lasst, d.h. falls

FX,Y (x, y) = FX(x) · FY (y) fur alle x, y ∈ R.

239

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Beispiel 1: (Diskreter Fall) [I]

• Es bezeichnen

X die Haushaltsgroße

Y die Anzahl Autos pro Haushalt

240

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Beispiel 1: (Diskreter Fall) [II]

• Wahrscheinlichkeitstabelle:

X/Y y1 = 0 y2 = 1 y3 = 2 pj· = P (X = xj)x1 = 1 0.10 0.14 0.01 0.25x2 = 2 0.05 0.15 0.10 0.30x3 = 3 0.02 0.10 0.08 0.20x4 = 4 0.02 0.06 0.07 0.15x5 = 5 0.01 0.05 0.04 0.10

p·k = P (Y = yk) 0.20 0.50 0.30 1.00

241

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Beispiel 1: (Diskreter Fall) [III]

• X und Y sind stochastisch abhangig, denn

P (X = 1, Y = 0) = 0.10

aber

P (X = 1) · P (Y = 0) = 0.25 · 0.20 = 0.05

d.h.

P (X = 1, Y = 0) = 0.10 6= 0.05 = P (X = 1) · P (Y = 0)

242

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Beispiel 2: (Stetiger Fall) [I]

• Es seien X und Y stetig verteilt mit gemeinsamer Dichte-funktion

fX,Y (x, y) =

x + y , fur 0 ≤ x ≤ 1,0 ≤ y ≤ 10 , sonst

243

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Beispiel 2: (Stetiger Fall) [II]

• Die Randdichte von X ergibt sich als

fX(x) =∫ +∞

−∞fX,Y (x, y) dy =

∫ 10 (x + y) dy , fur 0 ≤ x ≤ 1

0 , sonst

=

[

x · y + 12 · y

2]1

0, fur 0 ≤ x ≤ 1

0 , sonst

=

x · 1 + 12 · 1

2 − (x · 0 + 12 · 0

2) , fur 0 ≤ x ≤ 10 , sonst

=

x + 12 , fur 0 ≤ x ≤ 1

0 , sonst

244

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Beispiel 2: (Stetiger Fall) [III]

• Auf analoge Art errechnet sich die Randdichte von Y :

fY (y) =∫ +∞

−∞fX,Y (x, y) dx =

y + 12 , fur 0 ≤ y ≤ 1

0 , sonst

• X und Y sind stochastisch abhangig, denn

fX(0.2) · fY (0.2) = (0.2 + 0.5) · (0.2 + 0.5) = 0.49

aber

fX,Y (0.2,0.2) = 0.2 + 0.2 = 0.4

d.h.

fX,Y (0.2,0.2) = 0.4 6= 0.49 = fX(x) · fY (y)

245

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Weiteres wichtiges Konzept:

• Bedingte Verteilung(vgl. Abschnitt 2.3, Folie 67 ff.)

Grundlegende Frage:

• Wie ist die ZV X verteilt, wenn der Wert der ZV’en Ybekannt ist

Hier:

• Beschrankung auf diskrete ZV’en

246

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Definition 4.6: (Bedingte Wahrscheinlichkeit)

Es seien X und Y zwei gemeinsam diskret verteilte ZV’en mitder gemeinsamen Wahrscheinlichkeitsfunktion

fX,Y (x, y) =

pjk = P (X = xj, Y = yk) , fur x = xj und y = yk0 , sonst

.

Dann ist die bedingte Wahrscheinlichkeit fur X = xj unter derBedingung Y = yk definiert durch

P (X = xj|Y = yk) =P (X = xj, Y = yk)

P (Y = yk)

fur alle Realisationen x1, x2, . . . der ZV’en X.

247

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Bemerkungen: [I]

• Die Definition 4.6 entspricht exakt der Definition 2.12 aufFolie 70 fur die Ereignisse (Mengen) A und B

• Wenn die ZV’en X und Y stochastisch unabhangig im Sinneder Definition 4.4 von Folie 238 sind, so gilt:

P (X = xj|Y = yk) =P (X = xj, Y = yk)

P (Y = yk)

=P (X = xj) · P (Y = yk)

P (Y = yk)= P (X = xj)

−→ Bei stochastischer Unabhangigkeit sind die bedingtenWahrscheinlichkeiten von X unter Y = yk gleich denunbedingten Wahrscheinlichkeiten von X

248

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Bemerkungen: [III]

• Mit der bedingten Wahrscheinlichkeitsfunktion aus Definition4.6 definiert man

die bedingte Verteilungsfunktion

FX|Y =yk=

j|xj≤xP (X = xj|Y = yk)

den bedingten Erwartungswert

E(X|Y = yk) =∑

xj∈TXxj · P (X = xj|Y = yk)

249

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Beispiel: [I]

• X = Haushaltsgroße, Y = Anzahl Autos pro Haushalt

• Wahrscheinlichkeitstabelle:

X/Y y1 = 0 y2 = 1 y3 = 2 pj· = P (X = xj)x1 = 1 0.10 0.14 0.01 0.25x2 = 2 0.05 0.15 0.10 0.30x3 = 3 0.02 0.10 0.08 0.20x4 = 4 0.02 0.06 0.07 0.15x5 = 5 0.01 0.05 0.04 0.10

p·k = P (Y = yk) 0.20 0.50 0.30 1.00

250

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Beispiel: [II]

• Bedingte Verteilung von Y unter der Bedingung X = 2:

yk P (Y = yk|X = 2)0 0.05/0.30 = 0.16671 0.15/0.30 = 0.50002 0.10/0.30 = 0.3333

• Bedingter Erwartungswert von Y unter der Bedingung X = 2:

E(Y |X = 2) = 0 · 0.1667 + 1 · 0.5 + 2 · 0.3333

= 1.1667

251

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Jetzt:

• Definition des Erwartungswertes einer Funktion

g : R2 −→ R(x, y) 7−→ g(x, y)

zweier gemeinsam verteilter Zufallsvariablen X und Y(d.h. E[g(X, Y )])

Bedeutung:

• Gewinnung diverser praktischer Ergebnisse und hilfreicherRechenregeln

252

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Definition 4.7: (E-Wert einer Funktion)

Es seien X und Y zwei gemeinsam (diskret oder stetig) verteilteZV’en mit Wahrscheinlichkeits- bzw. Dichtefunktion fX,Y (x, y)und g(x, y) eine Funktion. Dann ist der Erwartungswert derFunktion definiert als

E[g(X, Y )] =∑

xj∈TX

yk∈TY g(xj, yk) · P (X = xj, Y = yk),

falls X und Y gemeinsam diskret bzw.

E[g(X, Y )] =∫ +∞

−∞

∫ +∞

−∞g(x, y) · fX,Y (x, y) dx dy,

falls X und Y gemeinsam stetig verteilt sind.

253

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Beispiel 1: [I]

• Es seien X und Y gemeinsam stetig verteilte ZV’en mitDichtefunktion fX,Y (x, y)

• Fur g(x, y) = y gilt:

E[g(X, Y )] =∫ +∞

−∞

∫ +∞

−∞g(x, y) · fX,Y (x, y) dx dy

=∫ +∞

−∞

∫ +∞

−∞y · fX,Y (x, y) dx dy

=∫ +∞

−∞y ·

(

∫ +∞

−∞fX,Y (x, y) dx

)

︸ ︷︷ ︸

= fY (y) (Randdichte)

dy

254

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Beispiel 1: [II]

und somit

E[g(X, Y )] =∫ +∞

−∞y · fY (y) dy

= E(Y )

• Ebenso erhalt man fur g(x, y) = x:

E[g(X, Y )] = E(X)

• Analoges Ergebnis fur diskrete ZV’en X und Y

255

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Beispiel 2: [I]• Fur g(x, y) = x + y gilt:

E[g(X, Y )] = E(X + Y ) =∫ +∞

−∞

∫ +∞

−∞(x + y) · fX,Y (x, y) dx dy

=∫ +∞

−∞

∫ +∞

−∞

[

x · fX,Y (x, y) + y · fX,Y (x, y)]

dx dy

=∫ +∞

−∞

∫ +∞

−∞x · fX,Y (x, y) dx dy

+∫ +∞

−∞

∫ +∞

−∞y · fX,Y (x, y) dx dy

=∫ +∞

−∞x · fX(x) dx +

∫ +∞

−∞y · fY (y) dy

= E(X) + E(Y )256

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Bemerkung:

• Unter bestimmten (hier erfullten) Voraussetzungen kann dieIntegrationsreihenfolge vertauscht werden

Jetzt:

• Maßzahl zur Messung des Zusammenhangs zwischen zweiZV’en X und Y

Konzept: [I]

• Betrachte Abweichung einer jeden ZV’en vom jeweiligen Er-wartungswert, d.h.

X − E(X) sowie Y − E(Y )

257

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Konzept: [II]

• Das Produkt der Abweichungen,

[X − E(X)] · [Y − E(Y )]

ist eine ZV und gibt Auskunft daruber, ob die beiden ZV’enX und Y tendenziell in die gleiche oder in unterschiedlicheRichtungen von ihren jeweiligen Erwartungswerten abweichen

• Der Erwartungswert dieser ZV’en, d.h.

E[(X − E(X)) · (Y − E(Y ))]

ist ein plausibles Maß fur den Zusammenhang zwischen Xund Y

258

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Definition 4.8: (Kovarianz)

Es seien X und Y zwei ZV’en mit den jeweiligen ErwartungswertenE(X) und E(Y ). Dann heißt die Große

Cov(X, Y ) ≡ E[(X − E(X)) · (Y − E(Y ))]

die Kovarianz zwischen X und Y .

Bemerkungen: [I]

• Die Kovarianz ist der Erwartungswert der Funktion

g(X, Y ) = (X − E(X)) · (Y − E(Y ))

259

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Bemerkungen: [II]

• Gemaß Definition 4.7 (Folie 253) berechnet sich dieser Er-wartungswert als

Cov(X, Y ) =∑

xj∈TX

yk∈TY

(

xj − E(X))

· (yk − E(Y )) · pjk

mit pjk = P (X = xj, Y = yk) falls X und Y gemeinsam diskretbzw.

Cov(X, Y ) =∫ +∞

−∞

∫ +∞

−∞(x− E(X))·(y − E(Y ))·fX,Y (x, y) dx dy,

falls X und Y gemeinsam stetig verteilt sind

• Nutzliche Umformung:

Cov(X, Y ) = E(X · Y )− E(X) · E(Y )

260

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Zentrales Resultat:

• Zusammenhang zwischen stochastischer Unabhangigkeit derZV’en X und Y und deren Kovarianz

Satz 4.9: (Unabhangigkeit und Kovarianz)

Es seien X und Y zwei ZV’en mit den jeweiligen ErwartungswertenE(X) und E(Y ). Sind X und Y stochastisch unabhangig, so folgt

Cov(X, Y ) = 0.

261

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Beweis: (fur stetige ZV’en) [I]

• Zunachst gilt:

E(X · Y ) =∫ +∞

−∞

∫ +∞

−∞x · y · fX,Y (x, y) dx dy

=∫ +∞

−∞

∫ +∞

−∞x · y · fX(x) · fY (y) dx dy

=∫ +∞

−∞y · fY (y) dy

︸ ︷︷ ︸

=E(Y )

·∫ +∞

−∞x · fX(x) dx

︸ ︷︷ ︸

=E(X)

= E(X) · E(Y )

262

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Beweis: (fur stetige ZV’en) [II]

• Damit gilt:

Cov(X, Y ) = E(X · Y )− E(X) · E(Y )

= E(X) · E(Y )− E(X) · E(Y )

= 0

Vorsicht:

• Die Umkehrung gilt nicht, d.h. aus

Cov(X, Y ) = 0

folgt nicht die Unabhangigkeit von X und Y

263

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Aber:

• Aus

Cov(X, Y ) 6= 0

folgt, dass X und Y stochastisch abhangig sind

Nachteil der Kovarianz:

• Cov(X, Y ) ist nicht normiert

−→ Normierung der Kovarianz fuhrt zum Korrelationskoef-fizienten

264

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Definition 4.10: (Korrelationkoeffizient)

Es seien X und Y zwei ZV’en mit den Erwartungswerten E(X), E(Y )und den Varianzen V (X), V (Y ). Dann ist der Korrelationskoef-fizient zwischen X und Y definiert durch

Corr(X, Y ) =Cov(X, Y )

V (X) ·√

V (Y ).

Eigenschaften des Korrelationskoeffizienten: [I]

• Corr(X, Y ) ist dimensionslos

• Corr(X, Y ) ist symmetrisch, d.h.

Corr(X, Y ) = Corr(Y, X)

265

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Eigenschaften des Korrelationskoeffizienten: [II]

• Sind X und X stochastisch unabhangig, so gilt

Corr(X, Y ) = 0

(Vorsicht: Die Umkehrung gilt nicht)

• Der Korrelationskoeffizient ist normiert, d.h. es gilt stets

−1 ≤ Corr(X, Y ) ≤ 1

• Der Korrelationskoeffizient misst die Starke des linearen Zusam-menhangs zwischen den ZV’en X und Y

266

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Bisher gezeigt:

• Sind X und Y zwei (diskrete oder stetige) ZV, so gilt:

E(X + Y ) = E(X) + E(Y ) (vgl. Folie 256)

E(X · Y ) = E(X) · E(Y ) + Cov(X, Y ) (vgl. Folie 260)

Jetzt:

• Varianz einer Summe von ZV’en

267

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Varianz einer Summe von ZV’en:

V (X + Y ) = E

[X + Y − E (X + Y )]2

= E

[(X − E(X)) + (Y − E(Y ))]2

= E [X − E(X)]2︸ ︷︷ ︸

=V (X)

+E [Y − E(Y )]2︸ ︷︷ ︸

=V (Y )

+2 · E [X − E(X)] · [Y − E(Y )]︸ ︷︷ ︸

=Cov(X,Y )

= V (X) + V (Y ) + 2 ·Cov(X, Y )

268

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Satz 4.11: (Rechenregeln)

Sind X und Y (diskrete oder stetige) ZV’en mit ErwartungswertenE(X), E(Y ) und Varianzen V (X), V (Y ), so gilt:

1. E(X + Y ) = E(X) + E(Y ),

2. E(X · Y ) = E(X) · E(Y ) + Cov(X, Y ),

3. V (X + Y ) = V (X) + V (Y ) + 2 ·Cov(X, Y ).

Sind X und Y zusatzlich stochastisch unabhangig, so folgt wegenCov(X, Y ) = 0:

E(X · Y ) = E(X) · E(Y )

V (X + Y ) = V (X) + V (Y ).

269

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Bemerkung:

• Es seien X und Y (diskrete oder stetige) ZV’en und a, b ∈ Rreelle Zahlen

−→ a ·X + b · Y ist ebenfalls eine ZV und es gilt:

E (a ·X + b · Y ) = a · E(X) + b · E(Y )

V (a ·X + b · Y ) = a2 · V (X) + b2 · V (Y )

+2 · a · b ·Cov(X, Y )

270

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Beispiel: [I]

• In einem Portfolio befinden sich 2 Aktien

X : Jahresrendite der Aktie A (in %)Y : Jahresrendite der Aktie B (in %)

• Bekannt seien

E(X) = 7 σ(X) =√

V (X) = 25

E(Y ) = 15 σ(Y ) =√

V (Y ) = 45Corr(X, Y ) = −0.4

• a = 70% des Vermogens wurden in Aktie A investiert

• b = 30% des Vermogens wurden in Aktie B investiert

271

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Beispiel: [II]

• Die Jahresrendite des Portfolios ist

Z = a ·X + b · Y

• Fur die erwartete Rendite des Portfolios folgt:

E(Z) = E(a ·X + b · Y )

= a · E(X) + b · E(Y )

= 0.7 · 7 + 0.3 · 15

= 9.4

272

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Beispiel: [III]

• Fur die Varianz des Portfolios gilt:

V (Z) = V (a ·X + b · Y )

= a2 · V (X) + b2 · V (Y ) + 2 · a · b ·Cov(X, Y )

= a2 · V (X) + b2 · V (Y )

+2 · a · b · σ(X) · σ(Y ) ·Corr(X, Y )

= 0.72 · 252 + 0.32 · 452 + 2 · 0.7 · 0.3 · 25 · 45 · (−0.4)

= 299.5

• Fur die Standardabweichung folgt:

σ(Z) =√

V (Z) =√

299.5 = 17.31

273

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Offensichtlich:

• Durch Diversifikation erreicht man

σ(Z) = 17.31 < 25 = σ(X) < 45 = σ(Y ),

(Standardabweichung des Portfolios ist geringer als die Stan-dardabweichungen der Einzelaktien)

−→ Nobelpreise fur

H. Markowitz (1990)

J. Tobin (1981)

274

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Jetzt:

• Erweiterung der Rechenregeln auf n ZV’en

Beachte zunachst:

• Es seien X1, X2, . . . , Xn ZV’en und a1, . . . , an ∈ REs folgt:

Z =n

i=1ai ·Xi = a1 ·X1 + . . . + an ·Xn

ist ebenfalls eine Zufallsvariable

275

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Satz 4.12: (Rechenregeln fur gewichtete Summen)

Es seien X1, . . . , Xn (diskrete oder stetige) Zufallsvariablen unda1, . . . , an ∈ R reelle Zahlen. Dann gelten fur den Erwartungswertbzw. die Varianz der gewichteten Summe:

E

n∑

i=1ai ·Xi

=n

i=1ai · E(Xi)

V

n∑

i=1ai ·Xi

=n

i=1a2

i · V (Xi)

+n

i=1

n∑

j=1j 6=i

ai · aj ·Cov(Xi, Xj).

276

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Bemerkungen: [I]

• Fur n = 2 gilt:

V (X1 + X2) =2

i=1a2

i · V (Xi) +2

i=1

2∑

j=1j 6=i

ai · aj ·Cov(Xi, Xj)

= a21 · V (X1) + a2

2 · V (X2)

+a1 · a2 ·Cov(X1, X2) + a2 · a1 ·Cov(X2, X1)

= a21 · V (X1) + a2

2 · V (X2)

+2 · a1 · a2 ·Cov(X1, X2)

277

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Bemerkungen: [I]

• Sind X1, . . . , Xn paarweise stochastisch unabhangig, so folgt

Cov(Xi, Xj) = 0 fur alle i 6= j,

und damit

V

n∑

i=1ai ·Xi

=n

i=1a2

i · V (Xi)

278

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4.2 Grenzwertsatze

Situation:

• Gegeben sei eine unendliche Folge von ZV’en

X1, X2, X3, . . . ,

die alle die gleiche Verteilung besitzen und alle paarweisestochastisch unabhangig sind(d.h. Cov(Xi, Xj) = 0 fur alle i 6= j)

• Betrachte fur gegebenes n das arithmetische Mittel sowie dieVariablensumme

Xn =1n·

n∑

i=1Xi Sn =

n∑

i=1Xi

279

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Man beachte:

• Xn und Sn sind selbst ZV’en

Inhalt von Grenzwertsatzen:

• Was passiert mit der Verteilung von Xn und Sn fur n →∞?

Wichtige Grenzwertsatze:

• Schwaches bzw. starkes Gesetz der großen Zahlen

• Glivenko-Cantelli-Grenzwertsatze

Hier nur:

• Zentraler Grenzwertsatz

280

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Satz 4.13: (E-Werte und Varianzen von Xn und Sn)

Angenommen, jede ZV der unendlichen Folge X1, X2, . . . (allepaarweise unabhangig) hat die gleiche Verteilung wie die ZV X,wobei E(X) = µ und V (X) = σ2. Dann gilt:

E(Sn) = E

n∑

i=1Xi

=n

i=1E(Xi) = n · µ,

V (Sn) = V

n∑

i=1Xi

=n

i=1V (Xi) = n · σ2,

E(Xn) = E

1n·

n∑

i=1Xi

=1n·

n∑

i=1E(Xi) = µ,

V (Xn) = V

1n·

n∑

i=1Xi

=1n2 ·

n∑

i=1V (Xi) =

σ2

n.

281

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Jetzt:

• Essenz des zentralen Grenzwertsatzes

• Begrundung fur die Wichtigkeit der Normalverteilung

Dazu:

• Betrachte Folge von ZV’en X1, X2, . . . , Xn mit folgenden Eigen-schaften:

X1, X2, . . . , Xn sind paarweise stochastisch unabhangig(d.h. Cov(Xi, Xj) = 0 fur alle i 6= j)

Jede der ZV’en Xi hat eine beliebige Verteilung mit Er-wartungswert E(Xi) und Varianz V (Xi)

282

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Bemerkung:

• Dieses Szenario ist allgemeiner als die dargestellte Situationauf Folie 279

• Dort hatten alle Xi die gleiche Verteilung und damit alle dengleichen Erwartungswert und alle die gleiche Varianz

283

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Beispiel: (Vier unabhangige Gleichverteilungen)

• Betrachte die 4 ZV’en

X1 ∼ U(0,1)

X2 ∼ U(0,2)

X3 ∼ U(0,3)

X4 ∼ U(0,4)

• Erzeuge je 1000 Realisationen der ZV’en durch einen Zufall-szahlengenerator (z.B. in Excel)

• Darstellung der Realisationen in Histogrammen

284

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Histogramme der 4000 Realisationen

285

0

10

20

30

40

0.000 0.125 0.250 0.375 0.500 0.625 0.750 0.875 1.000

Series: R1Sample 1 1000Observations 1000

Mean 0.510861Median 0.524379Maximum 0.999096Minimum 0.000637Std. Dev. 0.284659Skewness -0.090152Kurtosis 1.864680

Jarque-Bera 55.06086Probability 0.000000

0

10

20

30

40

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2 1.4 1.6 1.8 2.0

Series: R2Sample 1 1000Observations 1000

Mean 1.009103Median 1.018621Maximum 1.998551Minimum 0.001670Std. Dev. 0.575747Skewness -0.055004Kurtosis 1.845855

Jarque-Bera 56.00637Probability 0.000000

0

10

20

30

40

50

0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0

Series: R3Sample 1 1000Observations 1000

Mean 1.485121Median 1.472444Maximum 2.998413Minimum 0.006841Std. Dev. 0.864029Skewness 0.038569Kurtosis 1.803775

Jarque-Bera 59.87098Probability 0.000000

0

10

20

30

40

0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5 4.0

Series: R4Sample 1 1000Observations 1000

Mean 2.018453Median 2.077359Maximum 3.998845Minimum 0.004209Std. Dev. 1.146674Skewness -0.048100Kurtosis 1.809096

Jarque-Bera 59.47948Probability 0.000000

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Offensichtlich:

• Histogramme ”ahneln” den Dichtefunktionen

Frage:

• Was passiert, wenn die ZV’en sukzessive aufsummiert wer-den?

Betrachte dazu

S1 = X1, S2 =2

i=1Xi S3 =

3∑

i=1Xi S4 =

4∑

i=1Xi

286

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Histogramme der Summenrealisationen der ZV’en S1, S2, S3, S4

287

0

10

20

30

40

0.000 0.125 0.250 0.375 0.500 0.625 0.750 0.875 1.000

Series: R1Sample 1 1000Observations 1000

Mean 0.510861Median 0.524379Maximum 0.999096Minimum 0.000637Std. Dev. 0.284659Skewness -0.090152Kurtosis 1.864680

Jarque-Bera 55.06086Probability 0.000000

0

10

20

30

40

50

60

0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0

Series: R1_R2Sample 1 1000Observations 1000

Mean 1.519963Median 1.537035Maximum 2.928348Minimum 0.027359Std. Dev. 0.654761Skewness -0.061164Kurtosis 2.197927

Jarque-Bera 27.42858Probability 0.000001

0

20

40

60

80

100

0 1 2 3 4 5

Series: R1_R2_R3Sample 1 1000Observations 1000

Mean 3.005084Median 2.967725Maximum 5.569273Minimum 0.040934Std. Dev. 1.077942Skewness -0.018615Kurtosis 2.356520

Jarque-Bera 17.31053Probability 0.000174

0

20

40

60

80

1 2 3 4 5 6 7 8 9

Series: R1_R2_R3_R4Sample 1 1000Observations 1000

Mean 5.023537Median 5.037880Maximum 8.845551Minimum 0.693201Std. Dev. 1.593566Skewness -0.049451Kurtosis 2.526792

Jarque-Bera 9.737813Probability 0.007682

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Offensichtlich:

• Histogramme der Summenrealisationen ”ahneln” dem His-togramm einer Normalverteilung

Erwartungswert der Summenverteilung S4:

E(S4) = E(X1 + . . . + X4) =4

i=1E(Xi)

= 0.5 + 1.0 + 1.5 + 2.0

= 5.0

288

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Varianz der Summenverteilung S4:

V (S4) = V (X1 + . . . + X4)

Unabh.=

4∑

i=1V (Xi)

=112

+412

+912

+1612

=52

= 2.5

Daraus ergibt sich die Standardabweichung

σ(S4) =√

2.5 = 1.5811

289

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Ergebnis:

• Wird die Summe Sn ”sehr groß” (d.h. n → ∞), so ist dieseannahernd normalverteilt

−→ Dies ist die Essenz des zentralen Grenzwertsatzes

Fazit:

• Setzt sich ein Zufallsvorgang additiv aus vielen kleinen un-abhangigen Einflussen zusammen, so ist der Zufallsvorgangannahernd normalverteilt

• Aus diesem Grund spielt die Normalverteilung in der Praxiseine entscheidende Rolle

290

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5. Stichproben und Statistiken

Problem:

• Es sei X eine ZV, die einen interessierenden Zufallsvorgangreprasentiere

• Man mochte die tatsachliche Verteilung von X kennenlernen(z.B. mittels der VF FX(x) = P (X ≤ x))

291

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Man beachte:

• In praxi ist die Verteilung X zunachst unbekannt

Deshalb:

• Sammle Informationen uber die unbekannte Verteilung desZufallsvorgangs, indem man diesen (und damit die ZV’e X)mehrfach beobachtet

−→ Zufallsstichprobe

292

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5.1 Zufallsstichprobe

Situation:

• Es sei X die ZV, die den interessierenden Zufallsvorgangreprasentiere

• Man beabsichtigt, den Zufallsvorgang (d.h. X) insgesamt n-mal beoachten

• Vor den Realisierungen kann man die n potenziellen Beobach-tungen als ZV’en X1, . . . , Xn auffassen

293

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Definition 5.1: (Zufallsstichprobe)

Die ZV’en X1, . . . , Xn heißen einfache Zufallsstichprobe aus X,wenn

1. jedes Xi wie X verteilt ist,

2. X1, X2, . . . , Xn stochastisch unabhangig sind.

Die Anzahl n heißt Stichprobenumfang.

Bemerkung:

• Man geht davon aus, dass der interessierende Zufallsvorgangprinzipiell beliebig oft wiederholt werden kann

294

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Modell der einfachen Zufallsstichprobe

295

Zufallsvorgang X

Mögliche Realisationen

X1 (ZV) x1 (Realisation 1. Exp.)

X2 (ZV)

Xn (ZV)

x2 (Realisation 2. Exp.)

xn (Realisation n. Exp.)

. . . . . .

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Achtung:

• Die Definition 5.1 stimmt nicht mit der umgangssprachlichenVerwendung des Wortes Stichprobe uberein

• Eine Stichprobe in unserem Sinne besteht nicht aus dentatsachlich beobachteten Daten

• Die tatsachlich beobachteten Daten seien x1, . . . , xn

• Man bezeichnet x1, . . . , xn als den Wert oder die Realisierungder Stichprobe X1, . . . , Xn(oder auch als die konkrete Stichprobe)

296

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Beispiel 1:

• X sei der Lohn eines Arbeiters der Metallindustrie

• Wir interessieren uns fur E(X) (den erwarteten Lohn)

• Es sollen n = 100 Arbeiter befragt werden

• Jeder Arbeiter habe die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit

• Xi sei das Einkommen des i-ten befragten Arbeiters

• Die X1, . . . , Xn sollen unabhangig sein

• Die tatsachlich beobachteten Daten sind x1, . . . , xn

297

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Beispiel 2:

• X sei die Lebensdauer eines Fernsehers (in Jahren)

• Der Produzent gibt eine 2-Jahres-Garantie

• Wir interessieren uns fur P (X < 2)

• Wir untersuchen die Lebensdauern von n = 25 zufallig ausder Produktion ausgewahlten Fernsehern

• Xi sei die Lebensdauer des i-ten Fernsehers

• Die X1, . . . , Xn sollen unabhangig sein

• Die tatsachlich erhobenen Daten sind x1, . . . , xn

298

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Beispiel 3:

• Wir interessieren uns fur den Anteil der FDP-Wahler in NRW

• Die ZV

X =

0 , befragte Person wahlt nicht FDP1 , befragte Person wahlt FDP

ist Bernoulli verteilt (vgl. Definition 3.14, Folie 178)

• Wir suchen den Wert des Parameters p

• Es sollen n = 1000 Personen befragt werden

• Xi sei die Wahlabsicht der befragten Person

299

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5.2 Statistiken

Definition 5.2: (Statistik, Stichprobenfunktion)

Es seien X1, . . . , Xn eine einfache Stichprobe aus X sowie g :Rn −→ R eine reellwertige Funktion mit n Argumenten. Dannnennt man die ZV

T = g(X1, . . . , Xn)

eine Statistik oder Stichprobenfunktion.

Beispiele: [I]

• Stichprobenmittel:

X = g(X1, . . . , Xn) =1n·

n∑

i=1Xi

300

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Beispiele: [II]• Stichprobenvarianz:

S2 = g(X1, . . . , Xn) =1n·

n∑

i=1

(

Xi −X)2

• Stichprobenstandardabweichung:

S = g(X1, . . . , Xn) =

1n·

n∑

i=1

(

Xi −X)2

Bemerkung:• Die Statistik T = g(X1, . . . , Xn) ist eine Funktion von ZV’en

und damit selbst eine ZV−→ Eine Statistik hat eine Verteilung

(d.h. auch einen Erwartungswert und eine Varianz)

301

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Wofur braucht man Statistiken?

• Liefern Informationen uber die Verteilung von X(also uber den interessierenden Zufallsvorgang)

Sinn von Statistiken

302

Stichprobe

( X1, . . ., Xn)

Messung Stichprobenrealisation ( x1, . . ., xn)

g( X1, . . ., Xn) Statistik

g( x1, . . ., xn) Realisation der Statistik

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Statistiken sind Grundbausteine beim

• Schatzen von Parametern

• Testen von Hypothesen uber Parameter(Statistische Inferenz, Statistisches Schließen)

303

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5.3 Exkurs: χ2- und t-Verteilung

Bisherige Erkenntnis:

• Eine Statistik T = g(X1, . . . , Xn) ist eine ZV

−→ Statistik T hat

eine Verteilung

einen Erwartungswert

eine Varianz

304

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Jetzt:

• Betrachte eine einfache Zufallsstichprobe X1, . . . , Xn aus einerNormalverteilung, d.h.

X1, . . . , Xn ∼ N(µ, σ2)

und X1, . . . , Xn sind stochastisch unabhangig

• Bestimmte Statistiken g(X1, . . . , Xn) aus einer Normalvertei-lung haben spezielle, wohlbekannte Verteilungen

• Zwei solcher Verteilungen sind die

χ2-Verteilung

t-Verteilung

305

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Bemerkungen:

• χ2- und t-Verteilung sind spezielle stetige Verteilungen

• Sie werden definiert uber ihre Dichtefunktionen(vgl. Abschnitt 3.4)

Definition 5.3: (χ2-Verteilung)

Die stetige ZV Q heißt χ2-verteilt mit Parameter n > 0, [inZeichen: Q ∼ χ2(n)], falls Q die folgende Dichtefunktion besitzt:

fQ(x) =1

2n/2 · Γ(n/2)· xn/2−1 · e−x/2.

306

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Bemerkungen:

• Die Funktion Γ(·) heißt vollstandige Gammafunktion und istin der Literatur hinreichend tabelliert

• Der Parameter n der χ2-Verteilung wird als Freiheitsgradbezeichnet

• E-Wert und Varianz der χ2-Verteilung lauten:

E(Q) = n

V (Q) = 2n

307

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Definition 5.4: (t-Verteilung)

Die stetige ZV W heißt t-verteilt mit Parameter n > 0, [in Zei-chen: W ∼ t(n)], falls W die folgende Dichtefunktion besitzt:

fW (x) =Γ[(n + 1)/2]

(n · π)1/2 · Γ(n/2)·[

1 + (x2/n)]−(n+1)/2

.

Bemerkungen:

• Der Parameter n der t-Verteilung wird als Freiheitsgrad bezei-chnet

• E-Wert und Varianz der t-Verteilung lauten:

E(Q) = 0, falls n ≥ 2

V (Q) =n

n− 2, falls n ≥ 3

308

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5.4 Statistiken bei normalverteilter Stichprobe

Ausgangssituation:

• X1, . . . , Xn sei eine Stichprobe aus X ∼ N(µ, σ2), d.h.

X1, . . . , Xn ∼ N(µ, σ2)

mit X1, . . . , Xn sind paarweise stochastisch unabhangig

• Bezeichnungen fur das arithmetische Stichprobenmittel sowiedie Stichprobenvarianz:

X =1n

n∑

i=1Xi sowie S2 =

1n

n∑

i=1

(

Xi −X)2

309

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Gesucht:

• Verteilung bestimmter Statistiken g(X1, . . . , Xn)

Satz 5.5: (Statistiken aus einer Normalverteilung) [I]

Es sei X ∼ N(µ, σ2) und X1, . . . , Xn eine einfache Stichprobe ausX. Dann gilt fur die Verteilung

(a) des Stichprobenmittels

X ∼ N

(

µ,σ2

n

)

,

(b) des (parameter-)standardisierten Stichprobenmittels

√n ·

X − µσ

∼ N(0,1),

310

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Satz 5.5: (Statistiken aus einer Normalverteilung) [II]

(c) des standardisierten Stichprobenmittels

√n− 1 ·

X − µS

∼ t(n− 1),

(d) der Statistikn

i=1

(Xi − µσ

)2∼ χ2(n),

(e) der Statistik

n · S2

σ2 =n

i=1

(

Xi −Xσ

)2

∼ χ2(n− 1).

311

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Offensichtlich:

• Verteilung vieler Statistiken mit X und S2 sind bekannt, wenndie Parameter µ und σ2 bekannt sind

−→ Diese Erkenntnisse werden spater ausgenutzt

Zunachst aber:

• Wie kann man Informationen uber die unbekannten Param-eter µ und σ2 bekommen

−→ Schatzverfahren fur unbekannte Parameter

312

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6. Schatzverfahren fur Parameter

Ausgangssituation:

• Ein interessierender Zufallsvorgang werde durch die ZV Xreprasentiert

• X habe eine unbekannte Verteilungsfunktion FX(x)

• Wir interessieren uns fur einen (oder mehrere) Parameter derVerteilung von X

313

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Wichtige Parameter sind:

• Der Erwartungswert von X

• Die Varianz von X

• Werte der VF FX(x)

• Quantile der VF FX(x) (vgl. Definition 3.3, Folie 122)

314

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Ansatz zur Informationsbeschaffung:

• Betrachte eine einfache Zufallsstichprobe X1, . . . , Xn aus X

• Schatze den unbekannten Parameter von X anhand einergeeigneten Statistik

T = g(X1, . . . , Xn)

der Zufallsstichprobe(vgl. Definition 5.2, Folie 300)

315

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6.1 Punktschatzung

Bezeichnungen:

• Der unbekannte Parameter von X sei θ(z.B. θ = E(X))

• Die Statistik der einfachen Zufallsstichprobe X1, . . . , Xn ausX zur Schatzung des unbekannten Parameters θ wird haufigmit θ(X1, . . . , Xn) bezeichnet(memotechnisch sinnvoll)

316

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Definition 6.1: (Schatzer, Schatzwert)

Die Statistik θ(X1, . . . , Xn) heißt Schatzer (auch Schatzfunktion)fur den Parameter θ. Hat sich die Zufallsstichprobe X1, . . . , Xn inden Werten x1, . . . , xn realisiert, so bezeichnet man die damit ver-bundene Realisierung des Schatzers θ(x1, . . . , xn) als Schatzwert.

Bemerkungen:

• Der Schatzer θ(X1, . . . , Xn) ist eine Zufallsvariable

−→ Schatzer hat Vtlg., E-Wert und Varianz

• Der Schatzwert θ(x1, . . . , xn) ist dagegen eine Zahl(vgl. Abbildungen auf den Folien 295 + 302)

317

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Frage:

• Wozu braucht man das scheinbar komplizierte theoretischeKonzept des Schatzers als Zufallsvariable?

Antwort:

• Um alternative Schatzer fur ein und denselben Parameter θim Hinblick auf ihre jeweilige ’Genauigkeit’ miteinander ver-gleichen zu konnen

318

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Beispiel:

• Es sei θ = V (X) die Varianz von X

• Zwei alternative Schatzer fur θ sind

θ1(X1, . . . , Xn) = S2 =1n

n∑

i=1

(

Xi −X)2

θ2(X1, . . . , Xn) = S∗2 =1

n− 1

n∑

i=1

(

Xi −X)2

Frage:

• Welcher Schatzer ist ’besser’ und warum?

−→ Eigenschaften von Punktschatzern

319

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6.2 Eigenschaften von Punktschatzern

Ziel:

• Formulierung von Qualitatskriterien zur Beurteilung der Eigen-schaften eines Schatzers θ(X1, . . . , Xn) fur θ

Hier 3 Kriterien:

• Erwartungstreue

• Mittlerer quadratischer Fehler

• (schwache) Konsistenz

320

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Definition 6.2: (Erwartungstreue)

Der Schatzer θ(X1, . . . , Xn) fur den unbekannten Parameter θheißt erwartungstreu, falls sein Erwartungswert mit dem zu schat-zenden Parameter θ ubereinstimmt, d.h. falls

E[

θ(X1, . . . , Xn)]

= θ.

Bemerkung:

• Anschaulich bedeutet Erwartungstreue, dass der Schatzerθ(X1, . . . , Xn) nicht ’systematisch daneben’ schatzt, wennman den Schatzer nicht nur fur eine, sondern fur ’viele’ Stich-proben auswertet(Gedankenexperiment: Wiederholte Stichprobe)

321

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Beispiel 1: [I]

• Es sei θ = E(X)

• Betrachte den Schatzer

θ(X1, . . . , Xn) = X =1n

n∑

i=1Xi

(arithmetisches Stichprobenmittel)

322

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Beispiel 1: [II]

• Es gilt:

E[

θ(X1, . . . , Xn)]

= E

1n

n∑

i=1Xi

=1n

n∑

i=1E(Xi) =

1n

n∑

i=1E(X)

=1n

n∑

i=1θ =

1n· n · θ = θ

−→ θ(X1, . . . , Xn) = X ist erwartungstreu fur θ = E(X)

(vgl. Satz 4.13, Folie 281)

323

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Beispiel 2: [I]

• Es sei θ = V (X) die Varianz von X

• Betrachte den Schatzer

θ1(X1, . . . , Xn) = S2 =1n

n∑

i=1

(

Xi −X)2

(Stichprobenvarianz)

• Hier gilt

E[

θ1(X1, . . . , Xn)]

= E(S2) =n− 1

n· θ

−→ S2 ist nicht erwartungstreu fur θ = V (X)

324

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Beispiel 2: [II]

• Betrachte korrigierte Stichprobenvarianz

θ2(X1, . . . , Xn) = S∗2 =1

n− 1

n∑

i=1

(

Xi −X)2

=n

n− 1· S2

• Hier gilt:

E[

θ2(X1, . . . , Xn)]

= E(S∗2) = E( n

n− 1· S2

)

=n

n− 1E(S2) =

nn− 1

·n− 1

n· θ

= θ = V (X)

−→ S∗2 ist erwartungstreu fur θ = V (X)

325

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Satz 6.3: (E-treue Schatzer fur E(X) und V (X))

Es sei X1, . . . , Xn eine Stichprobe aus X und X sei beliebig verteiltmit unbekanntem Erwartungswert µ = E(X) sowie unbekannterVarianz σ2 = V (X). Dann sind die beiden Schatzer

µ(X1, . . . , Xn) = X =1n·

n∑

i=1Xi

bzw.

σ2(X1, . . . , Xn) = S∗2 =1

n− 1·

n∑

i=1

(

Xi −X)2

stets erwartungstreu fur die Parameter µ = E(X) und σ2 =V (X).

326

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Vorsicht:

• Erwartungstreue pflanzt sich bei Parametertransformationennicht beliebig fort

Beispiel:

• Zwar ist S∗2 erwartungstreu fur σ2 = V (X)

• Jedoch ist S∗ nicht erwartungstreu fur σ =√

V (X)

Bemerkung:

• Im ubrigen ist auch S nicht E-treu fur σ =√

V (X)

327

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Ubersicht:

• Weitere Parameter von X und zugehorige potenzielle Schatzer,wie sie aus der deskriptiven Statistik (Statistik I) bekannt sind

Parameter Potenzieller SchatzerWahrscheinlichkeit relative HaufigkeitVerteilungsfunktion emp. VerteilungsfunktionQuantil QuantilStandardabweichung emp. StandardabweichungGemeinsame Wskt. gem. relative HaufigkeitKovarianz emp. KovarianzKorrelationskoeffizient emp. Korrelationskoeffizient

Vorsicht:

• Die potenziellen Schatzer sind oft, aber nicht immer er-wartungstreu fur die zu schatzenden Parameter

328

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Jetzt:

• Strengeres Qualitatskriterium fur Schatzer

Dichtefunktionen zweier erwartungstreuer Schatzer fur den Parameter θ

329

θ

),,( von Dichte 11 nXX K∧θ

),,( von Dichte 12 nXX K∧θ

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Intuition:• Ist ein Schatzer erwartungstreu, so ist es gunstig, wenn er

eine kleine Varianz aufweist

−→ Optimal: Erwartungstreuer Schatzer mit minimaler Vari-anz

Problem:• Solche Schatzer sind oft schwer oder gar nicht auffindbar

Ausweg:• Kennzahlen zum Vergleich zweier alternativer Schatzer

Bekannteste Kennzahl:• Mittlerer quadratischer Fehler

330

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Definition 6.4: (Mittlerer quadratischer Fehler)

Es sei θ(X1, . . . , Xn) einer Schatzer fur den unbekannten Param-eter θ. Dann heißt die Kennzahl

MSE(θ) = E[(θ − θ)2]

der mittlere quadratische Fehler (englisch: mean squared error)des Schatzers θ.

Bemerkung:

• Der mittlere quadratische Fehler lasst sich auch schreiben als

MSE(θ) = V (θ) +[

E(θ)− θ]2

︸ ︷︷ ︸

Verzerrung−→ Bei erwartungstreuen Schatzern ist der MSE gleich der

Varianz des Schatzers

331

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Weiteres Gutekriterium fur einen Schatzer:

• Konsistenz eines Schatzers

Intuition:

• Ein Schatzer θ(X1, . . . , Xn) fur den unbekannten Parameter θheißt konsistent, falls die Schatzung bei zunehmenden Stich-probenumfang immer genauer wird(Konzept wird hier nicht genauer behandelt)

332

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Weitere zentrale Fragestellung:

• Wie findet man geeignete Schatzer

Es gibt allgemeine Konstruktionsprinzipien, z.B. die:

• Methode der Kleinsten-Quadrate

• Momenten-Methode

• Maximum-Likelihood-Methode

(Gegenstand der Okonometrie-VL im Hauptstudium)

333

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6.3 Intervallschatzung

Bisher:

• Schatzung des Parameters θ auf der Basis einer Stichprobedurch Punktschatzung θ(X1, . . . , Xn)

Problem:

• Punktschatzung trifft in der Regel den exakten Wert desunbekannten Parameters θ nicht

• Bei Stichproben aus stetigen Verteilungen gilt sogar

P(

θ(X1, . . . , Xn) = θ)

= 0 bzw. P(

θ(X1, . . . , Xn) 6= θ)

= 1

334

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Alternativer Ansatz:

• Konstruktion eines zufalligen Intervalls anhand einerStichprobe X1, . . . , Xn, das den Parameter θ mit einer vorgebe-nen Wskt. uberdeckt

Vorteil:

• Genauigkeit der Schatzung wird ’quantifiziert’

Ansatz:

• Wahle 2 Statistiken θu(X1, . . . , Xn) und θo(X1, . . . , Xn), der-art dass das zufallige Intervall

I =[

θu(X1, . . . , Xn), θo(X1, . . . , Xn)]

θ mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit uberdeckt

335

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Definition 6.5: (Konfidenzintervall)

Es sei X1, . . . , Xn eine Zufallsstichprobe aus X, θ ein unbekannterParameter und α ∈ [0,1] eine reelle Zahl. Dann bezeichnet mandas zufallige Intervall

[

θu(X1, . . . , Xn), θo(X1, . . . , Xn)]

mit der Eigenschaft

P(

θu(X1, . . . , Xn) ≤ θ ≤ θo(X1, . . . , Xn))

= 1− α

als Konfidenzintervall fur θ zum Konfidenzniveau 1−α. Die Zahlα ∈ [0,1] heißt Irrtumswahrscheinlichkeit.

336

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Bemerkungen:

• Die Grenzen des Intervalls sind ZV’en

• Nach Realisation der Stichprobe heißt das Intervall[

θu(x1, . . . , xn), θo(x1, . . . , xn)]

konkretes Konfidenzintervall

337

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Konfidenzintervall 1: [I]

• Der interessierende Zufallsvorgang reprasentiert durch die ZVX sei normalverteilt, d.h.

X ∼ N(µ, σ2),

wobei µ unbekannt und σ2 bekannt sein sollen

• Gesucht wird (1− α)-Konfidenzintervall fur µ

• Betrachte Stichprobe X1, . . . , Xn aus X

• Wissen aufgrund von Satz 5.5(b), Folie 310:

√n ·

X − µσ

∼ N(0,1)

338

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N(0,1)-Dichtefunktion der Statistik√

n · X−µσ

Konfidenzintervall 1: [II]

• c ist das (1− α/2)-Quantil der N(0,1)-Verteilung

339

− c 0 c

Dichte von )1,0(~ NXnσµ−

α / 2 α / 2

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Konfidenzintervall 1: [III]

• Das p-Quantil der Standardnormalverteilung wird im LehrbuchMosler/Schmid mit up bezeichnet, d.h. c = u1−α/2

• Es gilt also:

P(

−c ≤√

n · X − µσ ≤ c

)

= 1− α

⇐⇒ P(

−u1−α/2 ≤√

n · X − µσ ≤ u1−α/2

)

= 1− α

⇐⇒ P(

X − u1−α/2 ·σ√n≤ µ ≤ X + u1−α/2 ·

σ√n

)

= 1− α

340

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Konfidenzintervall 1: [IV]

• Ein Konfidenzintervall fur µ zum Niveau 1− α ist also[

X − u1−α/2 ·σ√n

, X + u1−α/2 ·σ√n

]

• Z.B. gilt fur 1− α = 0.95:

1−α = 0.95 =⇒ α = 0.05 =⇒ u1−α/2 = u0.975 = 1.96

(vgl.Formelsammlung Bomsdorf/Grohn/Mosler/Schmid)

341

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Konkretes Beispiel: [I]

• Es sei X das tatsachliche Gewicht (in Gramm) einer 200g-Tafel Schokolade

• Angenommen, X ∼ N(µ,4) mit unbek. Erwartungswert µ

• Eine einfache Stichprobe vom Umfang n = 8 liefert

x1 x2 x3 x4 x5 x6 x7 x8201.15 197.57 201.38 203.15 199.92 198.99 203.44 200.50

342

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Konkretes Beispiel: [II]

• Ein Punktschatzwert fur µ ist x = 200.7625

• Ein konkretes 0.95-Konfidenzintervall fur µ ist[

x− 1.96 ·2√8

, x + 1.96 ·2√8

]

= [199.3766 , 202.1484]

343

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Konfidenzintervall 2: [I]

• Der interessierende Zufallsvorgang reprasentiert durch die ZVX sei normalverteilt, d.h.

X ∼ N(µ, σ2),

wobei sowohl µ als auch σ2 unbekannt sein sollen

• Gesucht wird (1− α)-Konfidenzintervall fur µ

• Betrachte Stichprobe X1, . . . , Xn aus X

• Wissen aufgrund von Satz 5.5(c), Folie 311:

√n− 1 ·

X − µS

∼ t(n− 1)

344

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Dichtefunktion der t(n)-Verteilung

Konfidenzintervall 2: [II]

• c ist das (1− α/2)-Quantil der t(n)-Verteilung

345

0.4

0.0

0.1

0.2

0.3

-2 -1 0 1 2

n = 10

Dic

htef

unkt

ion

n = 1

x

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Konfidenzintervall 2: [III]

• Das p-Quantil der t(ν)-Verteilung wird in Mosler/Schmid mittν,p bezeichnet, d.h. c = tn−1,1−α/2

• Es gilt also:

P(

−c ≤√

n− 1 · X − µS ≤ c

)

= 1− α

⇐⇒ P(

X − c · S√n− 1

≤ µ ≤ X + c · S√n− 1

)

= 1− α

346

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Konfidenzintervall 2: [IV]

• Ein Konfidenzintervall fur µ zum Niveau 1− α ist somit[

X − tn−1,1−α/2 ·S√

n− 1, X + tn−1,1−α/2 ·

S√n− 1

]

• Z.B. gilt fur 1− α = 0.95:

1−α = 0.95 =⇒ α = 0.05 =⇒ tn−1,1−α/2 = t7,0.975 = 2.3646

(vgl. Formelsammlung Bomsdorf/Grohn/Mosler/Schmid)

347

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Konkretes Beispiel: [I]

• Es sei X das tatsachliche Gewicht (in Gramm) einer 200g-Tafel Schokolade

• Angenommen, X ∼ N(µ, σ2) mit unbekanntem Erwartungswertµ und unbekannter Varianz σ2

• Eine einfache Stichprobe vom Umfang n = 8 war

x1 x2 x3 x4 x5 x6 x7 x8201.15 197.57 201.38 203.15 199.92 198.99 203.44 200.50

348

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Konkretes Beispiel: [II]

• Ein Punktschatzwert fur µ ist x = 200.7625

• Ein Punktschatzwert fur σ ist s = 1.8545

• Ein konkretes 0.95-Konfidenzintervall fur µ ist[

x− 2.3646 ·1.8545√

7, x + 2.3646 ·

1.8545√7

]

= [199.1051 , 202.4199]

• KI ist breiter als das KI auf Folie 343, weil Schatzung derunbekannten Varianz σ2 durch S2 zusatzliche Unsicherheitbirgt

349

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7. Hypothesentests

Ausgangssituation erneut:

• ZV X reprasentiere einen Zufallsvorgang

• X habe die unbekannte VF FX(x)

• Interessieren uns fur einen unbekannten Parameter θ der Ver-teilung von X

350

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Bisher:

• Versuch, unbekannten Parameter θ mit einer StichprobeX1, . . . , Xn zu schatzen(Punktschatzung, Intervallschatzung)

Jetzt:

• Testen von Hypothesen uber unbekanntes θ anhand einerStichprobe X1, . . . , Xn

Man beachte:

• Testprobleme spielen in der empirischen Wirtschaftsforschungeine zentrale Rolle

351

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Beispiel 1:

• In einer Studentenkneipe sollen geeichte Bierglaser im Auss-chank 0.4 Liter Bier enthalten. Wir haben die Vermutung,dass der Wirt haufig ’zu wenig’ ausschenkt.

• X reprasentiere den Zufallsvorgang ’Fullen eines 0.4-LiterBierglases durch den Wirt’

• Es bezeichne θ = E(X) die erwartete Fullmenge eines Glases

• Durch eine Stichprobe X1, . . . , Xn soll getestet werden

θ = 0.4 gegen θ < 0.4

352

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Beispiel 2:

• Wir wissen aus der Vergangenheit, dass das Risiko einer Aktie(die Standardabweichung der Aktienrenditen) bei 25 % lag.Im Unternehmen wird nun das Management ausgetauscht.Verandert sich dadurch das Risiko der Aktie?

• X sei die Aktienrendite

• θ = σ(X) sei die Standardabweichung der Renditen

• Durch eine Stichprobe X1, . . . , Xn soll getestet werden

θ = 0.25 gegen θ 6= 0.25

353

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7.1 Grundbegriffe des Testens

Definition 7.1: (Parametertest)

Es sei X eine Zufallsvariable und θ ein unbekannter Parameterder Verteilung von X. Ein Parametertest ist ein statistischesVerfahren, mit dem eine Hypothese uber den unbekannten Pa-rameter θ anhand einer einfachen Zufallsstichprobe X1, . . . , Xnaus X uberpruft wird.

Formulierung eines statistischen Testproblems: [I]

• Es sei Θ die Menge aller moglichen Parameterwerte(d.h. θ ∈ Θ)

• Es sei Θ0 ⊂ Θ eine Teilmenge der Parametermenge

354

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Formulierung eines statistischen Testproblems: [II]

• Betrachte folgende Aussagen:

H0 : θ ∈ Θ0 gegen H1 : θ ∈ Θ/Θ0 = Θ1

• H0 heißt Nullhypothese, H1 Gegenhypothese oder Alternative

Wichtig:

• Bei der Formulierung eines Testproblems mussen sich Null-hypothese und Alternative gegenseitig ausschließen

355

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Arten von Hypothesen:

• Sind |Θ0| = 1 (d.h. Θ0 = θ0) und H0 : θ = θ0, so nenntman H0 einfach

• Andernfalls bezeichnet man H0 als zusammengesetzt

• Analoge Bezeichnungen gelten fur H1

356

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Arten von Testproblemen:

• Es sei θ0 ∈ Θ eine feste reelle Zahl. Dann heißt

H0 : θ = θ0 gegen H1 : θ 6= θ0

zweiseitiges Testproblem

• Die Testprobleme

H0 : θ ≤ θ0 gegen H1 : θ > θ0

bzw.

H0 : θ ≥ θ0 gegen H1 : θ < θ0

heißen einseitig (rechts- bzw. linksseitig)

357

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Jetzt:

• Betrachte das allgemeine Testproblem

H0 : θ ∈ Θ0 gegen H1 : θ ∈ Θ1 = Θ/Θ0

Allgemeine Vorgehensweise:

• Entscheide anhand einer Stichprobe X1, . . . , Xn aus X, ob H0zugunsten von H1 abgelehnt wird oder nicht

358

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Explizites Vorgehen:

• Wahle ’geeignete’ Teststatistik T (X1, . . . , Xn) und bestimmeeinen ’geeigneten’ kritischen Bereich K ⊂ R

• Testentscheidung:

T (X1, . . . , Xn) ∈ K =⇒ H0 wird abgelehntT (X1, . . . , Xn) /∈ K =⇒ H0 wird nicht abgelehnt

Man beachte:

• T (X1, . . . , Xn) ist eine ZV (Stichprobenfunktion)

−→ Die Testentscheidung ist zufallig−→ Fehlentscheidungen sind moglich

359

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Mogliche Fehlentscheidungen:

TestergebnisRealitat H0 ablehnen H0 nicht ablehnenH0 richtig Fehler 1. Art kein FehlerH0 falsch kein Fehler Fehler 2. Art

Fazit:

• Fehler 1. Art: Test lehnt H0 ab, obwohl H0 richtig

• Fehler 2. Art: Test lehnt H0 nicht ab, obwohl H0 falsch

360

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Wann treten die Fehlentscheidungen auf?

• Der Fehler 1. Art tritt auf, falls

T (X1, . . . , Xn) ∈ K,

obwohl fur den wahren Parameter gilt θ ∈ Θ0

• Der Fehler 2. Art tritt auf, falls

T (X1, . . . , Xn) /∈ K,

obwohl fur den wahren Parameter gilt θ ∈ Θ1

361

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Frage:

• Wann besitzt ein statistischer Test fur das Problem

H0 : θ ∈ Θ0 gegen H1 : θ ∈ Θ1 = Θ/Θ0

’gute’ Eigenschaften?

Intuitive Vorstellung:

• Test ist ’gut’, wenn er moglichst geringe Wahrscheinlichkeitenfur die Fehler 1. und 2. Art aufweist

Jetzt:

• Formales Instrument zur Messung der Fehlerwahrscheinlich-keiten 1. und 2. Art

362

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Definition 7.2: (Gutefunktion eines Tests)

Man betrachte einen statistischen Test fur das obige Testprob-lem mit der Teststatistik T (X1, . . . , Xn) und einem ’geeignet ge-wahlten’ kritischen Bereich K. Unter der Gutefunktion des Testsversteht man die Funktion G, die, in Abhangigkeit des wahrenParameters θ ∈ Θ, die Wahrscheinlichkeit dafur angibt, dass derTest H0 ablehnt:

G : Θ −→ [0,1]

mit

G(θ) = P (T (X1, . . . , Xn) ∈ K).

363

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Bemerkung:

• Mit der Gutefunktion sind die Wahrscheinlichkeiten fur denFehler 1. Art gegeben durch

G(θ) fur alle θ ∈ Θ0

sowie fur den Fehler 2. Art durch

1−G(θ) fur alle θ ∈ Θ1

Intuitive Vorstellung eines idealen Tests:

• Ein Test ist ideal, wenn die Fehlerwahrscheinlichkeiten 1. und2. Art stets (konstant) gleich Null sind

−→ Test trifft mit Wskt. 1 die richtige Entscheidung

364

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Beispiel:

• Es sei θ0 ∈ Θ. Betrachte das Testproblem

H0 : θ ≤ θ0 gegen H1 : θ > θ0

Gutefunktion eines idealen Tests

365

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Leider:

• Es kann mathematisch gezeigt werden, dass ein solcher ide-aler Test im allgemeinen nicht existiert

Praktische Vorgehnsweise: [I]

• Betrachte fur eine geeignete Teststatistik T (X1, . . . , Xn) diemaximale Fehlerwahrscheinlichkeit 1. Art

α = maxθ∈Θ0

P (T (X1, . . . , Xn) ∈ K) = maxθ∈Θ0

G(θ)

• Lege den kritischen Bereich K dann so fest, dass α einenvorgegebenen kleinen Wert animmt

366

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Praktische Vorgehnsweise: [II]

−→ Alle Fehlerwahrscheinlichkeiten 1. Art sind dann durch α be-grenzt (d.h. kleiner oder gleich α)

• Haufig benutzte α-Werte sind α = 0.01, α = 0.05, α = 0.1

Definition 7.3: (Signifikanzniveau eines Tests)

Man betrachte einen statistischen Test fur das Testproblem aufFolie 358 mit der Teststatistik T (X1, . . . , Xn) und einem geeignetgewahlten kritischen Bereich K. Dann bezeichnet man die max-imale Fehlerwahrscheinlichkeit 1. Art

α = maxθ∈Θ0

P (T (X1, . . . , Xn) ∈ K) = maxθ∈Θ0

G(θ)

als das Signifikanzniveau des Tests.367

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Konsequenzen dieser Testkonstruktion: [I]

• Die Wskt., H0 aufgrund des Tests abzulehmen, obwohl H0richtig ist (d.h. die Wskt. fur den Fehler 1. Art) ist hochstensα (mit α = 0.01,0.05,0.1)

−→ Wird H0 aufgrund einer Testrealisation abgelehnt, so kannman ziemlich sicher davon ausgehen, dass H0 tatsachlichfalsch ist(Man sagt auch: H1 ist statistisch gesichert)

368

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Konsequenzen dieser Testkonstruktion: [II]• Die Wskt. fur den Fehler 2. Art (d.h. H0 nicht abzulehnen,

obwohl H0 falsch ist), kann man dagegen nicht kontrollieren

−→ Wird H0 aufgrund einer Testrealisation nicht abgelehnt,so hat man keinerlei Wahrscheinlichkeitsaussage uber einemogliche Fehlentscheidung(Nichtablehung von H0 heißt nur: Die Daten sind nichtunvereinbar mit H0)

Wichtig deshalb:• Es ist entscheidend, wie man H0 und H1 formuliert

• Das, was man zu zeigen hofft, formuliert man in H1(in der Hoffnung, H0 anhand des konkreten Tests ablehnenzu konnen)

369

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Beispiel:

• Betrachte Beispiel 1 auf Folie 352

• Kann man anhand eines konkreten Tests H0 verwerfen, sokann man ziemlich sicher sein, dass der Wirt in der Regel zuwenig ausschenkt

• Kann man H0 nicht verwerfen, so kann man nichts explizitesuber die Ausschankgewohnheiten des Wirtes sagen.(Die Daten stehen lediglich nicht im Widerspruch zu H0)

370

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7.2 Tests fur Erwartungswerte

Situation:

• Der interessierende Zufallsvorgang X sei normalverteilt, d.h.

X ∼ N(µ, σ2),

wobei µ unbekannt und σ2 bekannt sein sollen(vgl. Konfindenzintervall 1, Folie 338)

• Betrachte fur gegebenes µ0 ∈ R das Testproblem:

H0 : µ = µ0 gegen H1 : µ 6= µ0

371

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Testkonstruktion:• Suche eine geeignete Teststatistik T (X1, . . . , Xn)

• Lege den kritischen Bereich K fest

Geeignete Teststatistik lautet:

T (X1, . . . , Xn) =√

n ·X − µ0

σ

Begrundungen:• T (X1, . . . , Xn) misst im wesentlichen den Abstand zwischen

dem unbekannten Parameter µ und dem Vergleichswert µ0

• Wenn H0 gultig ist (d.h. falls µ = µ0), dann gilt

T (X1, . . . , Xn) ∼ N(0,1)

(vgl. Satz 5.5(b), Folie 310)

372

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N(0,1)-Dichte der Teststatistik T (X1, . . . , Xn) im Falle der Gultigkeit von H0

373

uα / 2

(= − u1−α / 2) 0 u1−α / 2

N(0,1)-Dichte von T unter H0

α / 2 α / 2

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Explizite Testregel:

• Lege das Signifikanzniveau α fest

• Wahle den kritischen Bereich als

K = (−∞,−u1−α/2) ∪ (u1−α/2,+∞) = t ∈ R : |t| > u1−α/2

d.h.

Lehne H0 ab, falls T (X1, . . . , Xn) ∈ K

Lehne H0 nicht ab, falls T (X1, . . . , Xn) /∈ K

374

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Beispiel: [I]

• Es sei X ∼ N(µ,4) das tatsachliche Gewicht (in Gramm)einer 200g-Tafel Schokolade(vgl. Beispiel auf Folie 342)

• Statistisches Testproblem

H0 : µ = 200 gegen H1 : µ 6= 200

• Wert der Teststatistik:

T (x1, . . . , xn) =√

n ·x− µ0

σ=√

8 ·200.7625− 200

2= 1.078

375

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Beispiel: [II]

• Fur das Signifikanzniveau α = 0.05 gilt:

u1−α/2 = u0.975 = 1.96

• Offensichtlich ist

T (x1, . . . , xn) = 1.078 /∈ (−∞,−1.96) ∪ (1.96,+∞) = K

−→ Fur α = 0.05 wird H0 nicht abgelehnt(Daten sind nicht unvereinbar mit H0)

376

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Gutefunktion des Tests zum Signifikanzniveau α = 0.05

Bemerkungen:• Test wird mit zunehmendem n immer trennscharfer

• Der vorgestellte Test heißt zweiseitiger Gaußtest

377

0.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

198 199 200 201 202

n = 8

n = 20 n = 1000

G(µ)

µ

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Jetzt:

• 2 zweiseitige Tests fur den Erwartungswert in der SituationX ∼ N(µ, σ2), bei bekannter Varianz σ2

(ohne Herleitung)

1. Rechtsseitiger Gaußtest: [I] (µ0 ∈ R fest gegeben)

H0 : µ ≤ µ0 gegen H1 : µ > µ0

• Teststatistik ist erneut

T (X1, . . . , Xn) =√

n ·X − µ0

σ

378

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1. Rechtsseitiger Gaußtest: [II]

• Kritischer Bereich zum Signifikanzniveau α ist

K = (u1−α,+∞)

(u1−α ist (1− α)-Quantil der N(0,1)-Verteilung)

−→ Lehne H0 zum Signifikanzniveau α ab, falls

T (X1, . . . , Xn) > u1−α

379

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2. Linksseitiger Gaußtest: (µ0 ∈ R fest gegeben)

H0 : µ ≥ µ0 gegen H1 : µ < µ0

• Teststatistik ist wiederum

T (X1, . . . , Xn) =√

n ·X − µ0

σ

• Kritischer Bereich zum Signifikanzniveau α ist

K = (−∞,−u1−α)

(−u1−α = uα ist α-Quantil der N(0,1)-Verteilung)

−→ Lehne H0 zum Signifikanzniveau α ab, falls

T (X1, . . . , Xn) < −u1−α = uα

380

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Beispiel: [I]

• Es sei X ∼ N(µ,4) das tatsachliche Gewicht (in Gramm)einer 200g-Tafel Schokolade mit der konkreten Stichprobevon Folie 342

• Statistisches Testproblem:

H0 : µ ≤ 198 gegen H1 : µ > 198

• Fur die konkrete Stichprobe gilt

T (x1, . . . , xn) =√

n ·x− µ0

σ=√

8 ·200.7625− 198

2= 3.9068

381

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Beispiel: [II]

• Zum Signifikanzniveau α = 0.05 ergibt sich der kritischeBereich als

K = (u0.95,+∞) = (1.6449,+∞)

• Also folgt

T (x1, . . . , xn) = 3.9068 > 1.6449 = u0.95

−→ Lehne H0 zum Signifikanzniveau α = 0.05 ab

382

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Jetzt:

• Tests fur den Erwartungswert einer Normalverteilung bei un-bekannter Varianz, d.h.

X ∼ N(µ, σ2)

mit unbekannten µ und σ2

• Betrachte fur µ0 ∈ R zunachst den 2-seitgen Test

H0 : µ = µ0 gegen H1 : µ 6= µ0

383

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Geeignete Teststatistik:

T (X1, . . . , Xn) =√

n− 1 ·X − µ0

S

Begrundungen:

• T (X1, . . . , Xn) schatzt im wesentlichen den Abstand zwischenunbekanntem µ und dem Vergleichswert µ0

• Wenn H0 richtig ist (d.h. falls µ = µ0), dann gilt

T (X1, . . . , Xn) ∼ t(n− 1)

(vgl. Satz 5.5(c), Folie 311)

384

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Herleitung des kritischen Bereiches:

• Analoges Vorgehen wie beim zweiseitigen Gaußtest, nur mitt(n− 1)- anstatt mit der N(0,1)-Verteilung

• Kritischer Bereich ist

K = (−∞,−tn−1,1−α/2) ∪ (tn−1,1−α/2,+∞)

= t ∈ R : |t| > tn−1,1−α/2

d.h.

Lehne H0 ab, falls T (X1, . . . , Xn) ∈ K

Lehne H0 nicht ab, falls T (X1, . . . , Xn) /∈ K

385

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Bemerkungen: [I]

• Dieser Test heißt zweiseitiger t-Test

• Fur den rechtsseitigen t-Test

H0 : µ ≤ µ0 gegen H1 : µ > µ0

ergibt sich bei Benutzung der Teststatistik

T (X1, . . . , Xn) =√

n− 1 ·X − µ0

Szum Signifikanzniveau α der kritische Bereich

K = (tn−1,1−α,+∞)

386

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Bemerkungen: [II]

• Fur den linksseitigen t-Test

H0 : µ ≥ µ0 gegen H1 : µ < µ0

ergibt sich bei Benutzung der Teststatistik

T (X1, . . . , Xn) =√

n− 1 ·X − µ0

Szum Signifikanzniveau α der kritische Bereich

K = (−∞,−tn−1,1−α)

387

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Beispiel:

• Es sei X ∼ N(µ, σ2) mit unbekannten µ und σ2

• Betrachte zweiseitigen t-Test mit µ0 = 6 z.N. α = 0.05

• Einfache Stichprobe mit n = 8 Werten ergibt:

1.6611 4.5674 1.2770 5.34063.6215 7.6635 2.6660 3.8029

• Wert der Teststatistik:

t =√

n− 1 ·x− µ0

s=√

7 ·3.8250− 6

1.9411= −2.9633

• Es gilt: |t| = 2.9633 > 2.3646 = t7,0.975−→ Ablehnung von H0

388

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7.3 Tests fur Varianzen

Situation:

• Der interessierende Zufallsvorgang sei normalverteilt, d.h.

X ∼ N(µ, σ2),

wobei sowohl µ als auch σ2 unbekannt sein sollen

• Betrachte fur geg. σ20 ∈ R das zweiseitige Testproblem

H0 : σ2 = σ20 gegen H1 : σ2 6= σ2

0

389

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Geeignete Teststatistik lautet:

T (X1, . . . , Xn) =n · S2

σ20

=n

i=1

(

Xi −Xσ0

)2

Begrundungen:

• T (X1, . . . , Xn) schatzt im wesentlichen das Verhaltnis zwis-chen unbekannter Varianz σ2 und dem Vergleichswert σ2

0

• Wenn H0 gultig ist (d.h. falls σ2 = σ20), dann gilt:

T (X1, . . . , Xn) ∼ χ2(n− 1)

(vgl. Satz 5.5(e), Folie 311)

390

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χ2(3)-Dichte von T (X1, . . . , Xn) bei Gultigkeit von H0

391

0.00

0.05

0.10

0.15

0.20

0.25

0 2 4 6 8 10 12 14

χ2-Dichte von T unter H0

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Bezeichnung:

• Das p-Quantil der χ2(ν)-Verteilung wird in Mosler / Schmidmit χ2

ν,p bezeichnet

• Kritischer Bereich ist

K = [0, χ2n−1,α/2) ∪ (χ2

n−1,1−α/2,+∞)

d.h.

Lehne H0 ab, falls T < χ2n−1,α/2 oder T > χ2

n−1,1−α/2

Lehne H0 nicht ab, falls T ∈ [χ2n−1,α/2, χ2

n−1,1−α/2]

392

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Bemerkungen: [I]

• Die Dichte der χ2(ν)-Verteilung ist nicht symmetrisch, d.h.

χ2ν,p 6= −χ2

ν,1−p

• Fur den rechtsseitigen Varianztest

H0 : σ2 ≤ σ20 gegen H1 : σ2 > σ2

0

ergibt sich bei Benutzung der Teststatistik

T (X1, . . . , Xn) =n · S2

σ20

=n

i=1

(

Xi −Xσ0

)2

zum Signifikanzniveau α der kritische Bereich

K = (χ2n−1,1−α,+∞)

(d.h. verwerfe H0, falls T > χ2n−1,1−α)

393

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Bemerkungen: [II]

• Fur den linksseitigen Varianztest

H0 : σ2 ≥ σ20 gegen H1 : σ2 < σ2

0

ergibt sich bei Benutzung der Teststatistik

T (X1, . . . , Xn) =n · S2

σ20

=n

i=1

(

Xi −Xσ0

)2

zum Signifikanzniveau α der kritische Bereich

K = [0, χ2n−1,α)

(d.h. verwerfe H0, falls T < χ2n−1,α)

394

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Bemerkungen: [III]

• Falls der E-Wert µ der Normalverteilung bekannt ist, ver-wende die Teststatistik

T (X1, . . . , Xn) =n

i=1

(

Xi − µσ0

)2

und die Quantile der χ2(n)-Verteilung(vgl. Satz 5.5(d), Folie 311)

395

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Beispiel: [I]

• Gegeben seien folgende Messungen aus einer Normalverteilung(µ, σ2 unbekannt):

1001, 1003, 1035, 998, 1010, 1007, 1012

• Man betrachte den folgenden Test z.N. α = 0.05:

H0 : σ2 ≤ 100 gegen H1 : σ2 > 100

• Es gilt:

T (x1, . . . , xn) =n · S2

σ20

=7 · 129.96

100= 9.0972

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Beispiel: [II]

• Fur α = 0.05 findet man das Quantil χ26,0.95 = 12.592

• Es folgt:

T (x1, . . . , xn) = 9.0972 < 12.592 = χ26,0.95

−→ H0 kann nicht verworfen werden

397