Forderungspapier zum Bürokratieabbau

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1 von 3 Forderungspapier Bürokratieabbau muss zentrale Aufgabe in dieser Legislatur werden Bürokratie kostet Zeit und Geld. Beides sind entscheidende Fak- toren für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. Aber auch die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland insgesamt leidet unter der Bürokratie. Die Abschaffung von überflüssigen Regelungen, von veralteten Verfahrensweisen o- der doppelten Statistikpflichten kostet den Staat selten Geld. Aber die betroffenen Unternehmen profitieren wie oft auch die Finanzverwaltungen in hohem Maße. Arbeitsabläufe können effizienter gestaltet und Betriebskosten eingespart werden. Kurz um: Ein ernsthaft betriebener Bürokratieabbau ist ein vol- ler Gewinn. Bürokratieabbau – Stillstand verhindern Im Juni 2014 hat die Bundesregierung ihr Arbeitsprogramm zu Bürokratieabbau und besserer Rechtsetzung beschlossen. Mit ih- rem Bekenntnis zu einem einfacheren Recht, einer unterneh- mensfreundlichen öffentlichen Verwaltung sowie einer Entlas- tung beim Erfüllungsaufwand greift sie in diesem für die Wirt- schaft wichtigen Politikfeld zwar die richtigen Vorhaben auf. Lei- der unterlässt es die Bundesregierung, konkrete Abbauziele zu de- finieren. Die Erfahrungen mit dem 25-Prozent-Abbauziel aus dem Jahr 2007 belegen, dass vor allem klar formulierte Zielmarken den notwendigen Druck für den Gesetzgeber erzeugen – sei es in Be- zug auf die bestehende Steuergesetzgebung, die Reform des Er- neuerbare-Energien-Gesetzes, die Gesetzesvorhaben zum Min- destlohn oder auch mit Blick auf das Elternzeitgesetz. Über seine Kommissionen und Arbeitsgruppen auf Bundes- wie Landesebene verfügt der Wirtschaftsrat über eine direkte Rück- kopplung in die Wirtschaft. Mehr als 1.000 Eigentümerunter- nehmer und Manager sind hier eingebunden. Für einen nachhal- tigen und durchschlagenden Bürokratieabbau fordern die Un- ternehmen im Wirtschaftsrat: Festlegung quantitativer Bürokratie-Abbauzielmarken: Die deutsche Bundesregierung sollte es den Niederlanden gleich machen und ein erneutes Abbauziel von 25 Prozent ausrufen – bis zum Jahr 2019. Dies verhindert Lippenbekenntnisse und erhöht den Druck auf den Gesetzgeber, tatsächlich tätig zu werden. Zugleich sind die Abbauziele auf den Erfüllungsauf- wand für Wirtschaft, Bürger und Verwaltung zu fokussieren. Folgenabschätzung für Bundesgesetze auch rückwirkend umsetzen: Im Januar 2013 hatte die schwarz-gelbe Bundesre- gierung beschlossen, künftig für alle Gesetze mit Folgekosten über eine Million Euro nach drei bis fünf Jahren zu prüfen, ob diese sich bewährt und sich die geschätzten Folgekosten be- stätigt haben. Eine solche systematische Ex-post-Evaluierung von Gesetzen hat es bislang in Deutschland nicht gegeben. Wirtschaftsrat der CDU e.V. Luisenstr. 44, 10117 Berlin Telefon: 0 30 / 240 87 - 213 Telefax: 0 30 / 240 87 - 205 E-Mail: [email protected]

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Bürokratie kostet Zeit und Geld. Beides sind entscheidende Faktoren für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. Aber auch die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland insgesamt leidet unter der Bürokratie. Die Abschaffung von überflüssigen Regelungen, von veralteten Verfahrensweisen oder doppelten Statistikpflichten kostet den Staat selten Geld. Aber die betroffenen Unternehmen profitieren wie oft auch die Finanzverwaltungen in hohem Maße. Arbeitsabläufe können effizienter gestaltet und Betriebskosten eingespart werden. Kurz um: Ein ernsthaft betriebener Bürokratieabbau ist ein voller Gewinn.

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Forderungspapier

Bürokratieabbau muss zentrale Aufgabe in dieser Legislatur werden

Bürokratie kostet Zeit und Geld. Beides sind entscheidende Fak-toren für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. Aber auch die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland insgesamt leidet unter der Bürokratie. Die Abschaffung von überflüssigen Regelungen, von veralteten Verfahrensweisen o-der doppelten Statistikpflichten kostet den Staat selten Geld. Aber die betroffenen Unternehmen profitieren wie oft auch die Finanzverwaltungen in hohem Maße. Arbeitsabläufe können effizienter gestaltet und Betriebskosten eingespart werden. Kurz um: Ein ernsthaft betriebener Bürokratieabbau ist ein vol-ler Gewinn.

Bürokratieabbau – Stillstand verhindern

Im Juni 2014 hat die Bundesregierung ihr Arbeitsprogramm zu Bürokratieabbau und besserer Rechtsetzung beschlossen. Mit ih-rem Bekenntnis zu einem einfacheren Recht, einer unterneh-mensfreundlichen öffentlichen Verwaltung sowie einer Entlas-tung beim Erfüllungsaufwand greift sie in diesem für die Wirt-schaft wichtigen Politikfeld zwar die richtigen Vorhaben auf. Lei-der unterlässt es die Bundesregierung, konkrete Abbauziele zu de-finieren. Die Erfahrungen mit dem 25-Prozent-Abbauziel aus dem Jahr 2007 belegen, dass vor allem klar formulierte Zielmarken den notwendigen Druck für den Gesetzgeber erzeugen – sei es in Be-zug auf die bestehende Steuergesetzgebung, die Reform des Er-neuerbare-Energien-Gesetzes, die Gesetzesvorhaben zum Min-destlohn oder auch mit Blick auf das Elternzeitgesetz.

Über seine Kommissionen und Arbeitsgruppen auf Bundes- wie Landesebene verfügt der Wirtschaftsrat über eine direkte Rück-kopplung in die Wirtschaft. Mehr als 1.000 Eigentümerunter-nehmer und Manager sind hier eingebunden. Für einen nachhal-tigen und durchschlagenden Bürokratieabbau fordern die Un-ternehmen im Wirtschaftsrat:

Festlegung quantitativer Bürokratie-Abbauzielmarken: Die deutsche Bundesregierung sollte es den Niederlanden gleich machen und ein erneutes Abbauziel von 25 Prozent ausrufen – bis zum Jahr 2019. Dies verhindert Lippenbekenntnisse und erhöht den Druck auf den Gesetzgeber, tatsächlich tätig zu werden. Zugleich sind die Abbauziele auf den Erfüllungsauf-wand für Wirtschaft, Bürger und Verwaltung zu fokussieren.

Folgenabschätzung für Bundesgesetze auch rückwirkend umsetzen: Im Januar 2013 hatte die schwarz-gelbe Bundesre-gierung beschlossen, künftig für alle Gesetze mit Folgekosten über eine Million Euro nach drei bis fünf Jahren zu prüfen, ob diese sich bewährt und sich die geschätzten Folgekosten be-stätigt haben. Eine solche systematische Ex-post-Evaluierung von Gesetzen hat es bislang in Deutschland nicht gegeben.

Wirtschaftsrat der CDU e.V. Luisenstr. 44, 10117 Berlin Telefon: 0 30 / 240 87 - 213 Telefax: 0 30 / 240 87 - 205 E-Mail: [email protected]

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Dieses Vorhaben darf nicht nur für ab dem 01. März 2013 ent-wickelte Gesetze, sondern muss auch für in den zurückliegen-den drei Jahren verabschiedete Gesetze gelten.

Rücknahme der Vorfälligkeit der Arbeitgeberbeiträge zur So-zialversicherung: Die im Jahr 2005 – ursprünglich nur vo-rübergehend – zur Stabilisierung der Sozialkassen vorgenom-mene Vorverlegung der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversi-cherung war ein Kredit der Wirtschaft an die Politik, der zu-gleich mit enormem bürokratischen Aufwand für die Wirt-schaft verbunden ist. Kredite aber gehören zurückgezahlt! Die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge ist so zu legen, dass durch die Unternehmen nicht mehr zwei, sondern nur noch eine Abrechnung pro Gehaltszahlung zu erstellen ist, etwa durch Verlegung des Termins auf den Anfang des Folge-monats. Im Gegensatz zu den jüngsten Rentenbeschlüssen sollte gerade die Finanzierung dieses Einmaleffektes der Rück-verlegung aus den Liquiditätsreserven der Sozialversiche-rungskassen erfolgen. Dies wäre nicht nur wirklich den Bei-tragskassen zweckentsprechend, sondern würde neben enor-mem Bürokratieabbau die Kosten der Rentenbeschlüsse von Anfang an transparent machen.

Vereinfachung des Steuerrechts durch Rücknahme von Aus-nahmetatbeständen und Erleichterungen bestehender Regu-lierungen: Angebracht wären etwa eine Ausdünnung des Wildwuchses bei den Mehrwertsteuerermäßigungen, eine Lo-ckerung der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Existenzgrün-der von monatlich auf quartalsweise oder die konsequente För-derung des beiderseitigen elektronischen Informations- und Datenaustausches zwischen Wirtschaft und Fiskus.

Haushaltspolitische Flankierung des Regierungsprogramms „Digitale Verwaltung 2020“: Digitalisierung schafft mittel-fristig Entlastung. Soll das Modernisierungsprogramm von Erfolg gekrönt sein, ist eine haushaltspolitische Flankierung unerlässlich. Investitionen in die IT-Infrastruktur sind in dem von der Bundesregierung angekündigten Masterplan E-Government eine besondere Priorität einzuräumen und mit einem eigenen IT-Haushaltstitel zu versehen.

Stärkung des Nationalen Normenkontrollrates: Der Normen-kontrollrat hat sich im Bereich der Bürokratiekostenmessung bewährt. Er sollte daher stärker in die Entwicklung von E-Govern-ment-Lösungen eingebunden werden, in dem der von ihm mit dem IT-Planungsrat erarbeitete Prüfleitfaden für die E-Governmentkompatibilität neuer Gesetze mehr Verbind-lichkeit erhält.

Verpflichtende Folgenabschätzungen für alle EU-Regelungs-vorschläge: Ziel muss es sein, die Folgen von Richtlinien und Verordnungen der EU bereits bei ihrer Entstehung zu prüfen und nicht erst, wenn sie in Kraft treten und national umge-setzt werden müssen.

Schaffung eines unabhängigen „European Regulatory Com-mittee“ auf europäischer Ebene nach Vorbild des Nationalen Normenkontrollrates: Über 50 Prozent der jährlich für die

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deutsche Wirtschaft anfallenden Bürokratiekosten sind durch EU-Recht veranlasst. Das Ansinnen der Europäischen Kom-mission, Bürokratiekosten aus EU-Recht abzubauen, verdient volle Unterstützung. Um durchschlagenden Erfolg zu haben, sollte die administrative Steuerung dieses Prozesses jedoch mit einem Mandat versehen werden, das über das beratende der so genannten „Stoiber-Gruppe“ hinausgeht.

Appell

Der deutsche Chemiker und frühere Forschungsvorstand der BASF, Prof. Dr. Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger, hat den Nagel auf den Kopf getroffen als er erklärte: „Das Feuer der Begeisterung lässt sich mit Formularen schnell löschen.“ – Man kann seine Be-obachtung auch als Mahnung begreifen: Deutschland sollte jede Chance nutzen, neue Funken zu entfachen!

Der Wirtschaftsrat steht bereit, sich hier einzubringen. Denn nur dem gemeinsamen Engagement von Politik und Unternehmen wird es möglich sein, wenn neues Leben in die eher trockene und staubige Materie des Bürokratieabbaus gehaucht wird.

Damit wir auch in Zukunft wirtschaftlich stark sind, braucht es Mut zu grundlegenden Entscheidungen. Die Union hat mit der parlamentarischen Mehrheit der Großen Koalition die Schlüssel in der Hand. Sie sollte sie nutzen – zum Vorteil der Bürger, der Unternehmen und der Verwaltung.

Berlin, im Juli 2014