Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander...

44
Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung

Transcript of Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander...

Page 1: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Form

Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex

Referent: Florian WedepohlDozent: Dr. Alexander Schütz

Seminar: Visuelle Wahrnehmung

Page 2: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Rezeptive Zellenfelder im visuellen Kortex

Der primäre visuelle Kortex (auch V1 genannt), ist das Areal des Kortex das als erstes die Informationen vom Auge erhält.

Die Informationen werden von da aus nach V2 bis V4 weitergeleitet.

Page 3: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Schaubild visueller Kortex

Page 4: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Concentric Receptive Fields

Im Folgenden eine Beschreibung der Neurone in V1 und V2, die nach ihrer Reaktion auf visuelle Stimuli klassifiziert werden.

Diese sind in Form rezeptiver Felder beschrieben, da jede Zelle nur in einem kleinen Bereich des visuellen Feldes von einem oder beiden Augen auf Lichtveränderungen reagiert.

In V1 wird je nach Position des rezeptiven Feldes die Aktivität der Zelle durch Licht entweder verstärkt oder gehemmt.

Page 5: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Concentric Receptive Fields

4 wichtige Klassen rezeptiver Felder:1. Concentric2. Simple3. Complex4. End-Stopped

...befinden sich in V1

Page 6: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Concentric Receptive Cells

Besitzen runde rezeptive Felder mit einem hemmendem Umfeld und einem erregendem Zentrum oder umgekehrt.

Reagieren somit nicht auf Orientierungen von Balken

Page 7: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.
Page 8: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Simple receptive cells

...haben rezeptive Felder, die in eine erregende und eine hemmende Zone unterteilt sind.

Diese Zonen sind nebeneinander statt konzentrisch angeordnet (S. Schaubild nächste Folie)

Rezeptives Feld so aufgebaut, dass die Zelle optimal auf einen in eine bestimmte Richtung orientierten Lichtstreifen (Reiz) reagiert.

Stärkste Antwort erfolgt, wenn der Reiz genau parallel zur Ausrichtung des rezeptiven Feldes orientiert ist.

Page 9: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Schaubild simple cell

Simple cell, die auf senkrechte Balken gepolt ist (oben starke Feuerrate der Neuronen, Mitte weniger stark, unten keine Reaktion)

Page 10: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.
Page 11: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Complex cells

Auch komplexe Zellen bevorzugen bestimmte Ausrichtungen, allerdings haben sie keine getrennten Bänder für erregende oder hemmende Effekte.

Reagieren wie die simple cells optimal auf Streifen mit einer bestimmten Orientierung, reagieren jedoch kaum auf kleine Lichtpunkte oder ortsfeste Reize.

Sprechen an, wenn ein richtig ausgerichteter Lichtstreifen sich quer über das gesamte rezeptive Feld bewegt.

Zudem reagieren viele komplexe Zellen optimal auf eine bestimmte Bewegungsrichtung.

Page 12: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Beispiel complex cell

Der Stimulusbalken (blau) wird über das rezeptive Feld hin und herbewegt.

Die complex cell feuert am stärksten, wenn der Balken eine bestimmte Orientierung hat und sich in eine bestimmte Richtung bewegt (siehe Sternchen).

Page 13: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.
Page 14: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

End-stopped receptive cells

Neurone, die genau wie simple oder complex cells eine Präferenz für Kanten, Linien oder Gitter haben, deren Reaktion jedoch abnimmt wenn ein Stimulierendes Muster über eine bestimmte Länge hinausgeht.

Am besten werden sie durch kurze Linien oder kleine Teile von Kanten aktiviert, sie reagieren nur schwach oder gar nicht auf zu lange Stimuli die über ihr rezeptives Feld hinausgehen.

Page 15: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.
Page 16: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Abschließende Betrachtung der rezeptiven Felder

Keine erschöpfende Beschreibung von complex und end-stopped cells, einige Aspekte hier vernachlässigt.

Bspw. zeigen complex cells offensichtliche Selektivität bezüglich bestimmter Muster, wie z.B. für Balken- oder Kantenmuster, oder auch Kontrast-Polaritäten.

Besonderer Untertyp von complex cells sind grating cells, die nur von ganz bestimmten periodischen Mustern wie z.B: Gittern (Rastern) oder Schachbrettmustern aktiviert werden, und gar nicht auf Balken und Kanten reagieren.

Page 17: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Beispiel einer grating cell

Feuert nur auf ganz bestimmtes Gitter-Muster, selbst ähnliches Muster erzeugt keine Reaktion

Page 18: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Receptive Fields in V2

Die rezeptiven Feldtypen in V2 sind auf den ersten Blick identisch zu denen in V1, besitzen jedoch größere rezeptive Felder.

Simple cells hier sehr rar. Höhere Kortikale Verarbeitungsebene, besitzen mehr

Informationen. Neu ist hier jedoch das viele Neuronen in V2 auf

Figuren mit Illusorischen (subjektiven) Konturen reagieren, als ob diese durch reale Kanten oder Linien definiert wären.

Page 19: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Cortical mechanisms of contour perception

Links: Reaktionen von Zellen in V2 auf helle Balken

Rechts: Reaktion derselben Zellen auf illusorische Konturen

Rechts unten: Gegenprobe, Keine Reaktion

Page 20: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Cortical mechanisms of contour perception

Wie zu sehen war, Reaktion nahezu identisch. Zelle signalisiert also eine illusorische Kontur genau so wie eine „reale“

Page 21: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Reaktionen auf „reale“ / illusorische Stimuli in Zellen in V2

Im Folgenden ein Schaubild typischer Resultate von Zellen in V2, die mit den 2 verschiedenen Arten von Stimuli gewonnen wurden:

Page 22: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Schaubild Reaktionen auf „reale“ / illusorische Stimuli in Zellen in V2

Page 23: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Schaubild Reaktionen auf „reale“ / illusorische Stimuli in Zellen in V2

Reaktionen auf Balken oder Kanten als durchgehende Linien dargestellt, illusorische Konturen durch gepunktete Linien

Wie man sehen kann sind Form sowie Extremwerte im Großen und Ganzen sehr ähnlich

Page 24: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Schaubild Reaktionen auf „reale“ / illusorische Stimuli in Zellen in V2

Einige Zellen jedoch bevorzugen leicht unterschiedliche Orientierungen.

Die Stärken der Reaktionen auf helle Balken bzw. illusorische Konturen waren zum Teil unterschiedlich.

Page 25: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Schaubild Reaktionen auf „reale“ / illusorische Stimuli in Zellen in V2

A reagiert stärker auf illusorische Konturen als auf Balken oder Kanten jeglicher Größe und Kontrast.

Zeigt einen 2ten Ausschlag welcher der Ausrichtung der Linien des Stimulus der illusorischen Kontur entspricht.

Page 26: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Schaubild Reaktionen auf „reale“ / illusorische Stimuli in Zellen in V2

B reagierte weitaus stärker auf einen hellen Balken (als auf die ill. K.)

Page 27: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Schaubild: Wirkung der Erhöhung der Linienanzahl bei subj. Konturen

Wahrnehmung einer subjektiven Kontur hängt auch von der Anzahl der Linien ab, die sie hervorrufen.

Ein Minimum schient hier bei 2-3 Linien zu liegen, und je mehr dazu kommen, desto stärker die „Illusion“.

Ebenso nimmt die Stärke der Reaktionen der Konturzellen zu.

Page 28: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Wie reagieren Zellen in V2 auf subj. Konturen die durch Formen hervorgerufen werden?

Page 29: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Wie reagieren Zellen in V2 auf subj. Konturen die durch Formen hervorgerufen werden?

A+F: tatsächliche Formen B+G: Illusorische

Formen/Konturen C+D: halbieren der Stimuli

erzeugt keine Reaktionen E: spontaneous activity

(reizlos) H: unterbrechende Linien

bewirken dass keine Reaktion der Zellen stattfindet

Page 30: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Vorläufiges Fazit:

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile– Siehe Gestaltpsychologie

Genau wie bei den durch Linien induzierten subj. Konturen, reagierten die Zellen in V2 auch auf subj. Konturen die durch Formen hervorgerufen wurden.

Oft reagierten die gleichen einzelnen Zellen auf beide Arten der Stimuli.

Insgesamt signalisierten 55 von 150 getesteten Zellen in V2 die subj. Konturen, im Vergleich zu nur 1 von 77 getesteten in V1

Page 31: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Und nun zur Theorie

Warum macht sich das visuelle System soviel Mühe subj. Konturen darzustellen (37% von V2 dazu fähig)?

Muss berücksichtigen, dass visueller Kortex dazu designt ist 3D Szenen zu interpretieren, nicht 2D Bilder.

In diesen sind Informationen wie Distanz nicht per se verfügbar, manche Objekte sind teilweise von anderen verdeckt, und die weiter vorne gelegenen erscheinen in einen Hintergrund eingebettet.

Wenn das visuelle System nun also etwas erkennen möchte, muss es die verdeckenden Konturen im Bild erkennen.

Page 32: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Erklärung Schaubild generelles Problem der Konturenerkennung

Bei Bildern jedoch Konturen nicht so klar erkennbar wie in der Realität (s. Handout).

Oben: Originalbilder, Konturen unklar („leider“ unser V.S. so gut, dass wir wissen wo sie sind).

Mitte: Darstellung der Kontrastgrenzen, extrahiert von einer complex cell. Man beachte die fehlenden Kontursegmente und falschen Verbindungen zwischen Vor- und Hintergrund (Kreise).

Unten:Darstellung der Konturen nach dem hypothetischen Konturmechanismus der im Folgenden erläutert wird; man beachte dass die illusory contour mechanisms fehlende Segmente füllen und falsche Verbindungen auflösen.

Page 33: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Strategien der Konturenermittlung

Theoretisch viele Wege verdeckende Konturen zu erkennen, Durchsichtigkeits-Unterschiede, Bewegungs-Parallax und andere Hinweise auf Tiefe.

Selbst bei 2D, viele Strategien möglich, Kantenerkennung nutzt nur die Beleuchtungs- oder Farbabweichung der Kontur, aber generell gibt es auch einen Umbruch im Muster.

Abruptes Enden von Linien und Kanten sind auch Indikatoren für Verdeckung; wenn der Hintergrund sehr reich an solchen Strukturen ist, was bei natürlichen Szenen meist der Fall ist, sind diese Abbrüche signifikante Ereignisse.

Page 34: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Strategien der Konturenermittlung

Natürlich hat eine einzelne endende Linie oder Kante wenig Bedeutung, aber wenn viele Abbrüche an einer geraden oder kurvigen Linie entlang verlaufen, ist dies oft ein Beweis dass etwas verdeckt ist.

Dieser Mechanismus besonders nützlich für komplexe Szenen mit vielen Fällen von Verdeckung, genau dann wenn Kantenerkennung am geringsten vorhanden ist.

Kantenerkennung und die Erkennung von Diskontinuität von Mustern ergänzen sich also.

Page 35: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Strategien der Konturenermittlung

Keiner dieser Hinweise kann jedoch immer Erfolg versprechen, nur die Kombination liefert einigermaßen reliable Ergebnisse der Konturerkennung.

Die in V2 beobachteten Reaktionen auf illusorische Konturen scheinen also ein Ergebnis der Kombination von Mechanismen für Kantenerkennung und der Erkennung von Diskontinuität von Mustern zu sein.

Page 36: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Ein Modell der Wahrnehmung von Konturen

Da die rezeptiven Felder von end-stopped cells wie dafür geschaffen sind die Enden von Kanten und Linien zu bestimmen, glauben wir dass die Konturzellen von V2 Signale von end-stopped cells und Kantensignale (von simple oder complex cells) zusammenführen.

Hierdurch kann die Konturzelle die Wahrscheinlichkeit bestimmen, dass eine verdeckende Kontur in dem rezeptiven Feld vorhanden ist.

Den Beitrag der end-stopped cells möchten wir hier „grouping signal“ nennen.

Page 37: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Schaubild: Modell der Konturwahrnehmung

1: edge detection path, mit Input von simple oder complex cells.

2: grouping path, von orthogonalen end-stopped cells.

Σ : Konturzelle.

Page 38: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Ein Modell der Wahrnehmung von Konturen

Ebenso können Helligkeits-Illusionen und Tiefeneffekte durch diese Theorie eine natürliche Erklärung finden.

Erstaunlicherweise bietet diese Theorie sogar eine Erklärung für geometrische Illusionen.

Page 39: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Berechnungsverfahren und Anwendung auf bekannte Bilder mit subj. Konturen

V.d.H. und Heitger haben 1993 ein Berechnungsverfahren für diese Methode entwickelt.

Es baut auf den zuvor beschriebenen simple, complex und end-stopped cells Modellen auf.

(siehe Schaubild nächste Folie sowie Handout).

Page 40: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Schaubild: Berechnungsverfahren und Anwendung auf bekannte Bilder mit subj. Konturen

A: Bild. B: Reaktion der complex cells,

dient als Vorlage für ... C: Reaktion der end-stopped

cells, bestimmen das ... D: zuvor beschriebene „grouping

signal“. E: B und D kombiniert, Stärke der

Schattierung= Stärke der Kantenwahrnehmung, Aktivität der Konturzellen.

F: Lokale Maxima von E, welche mit der Wahrnehmung vergleichbar sind.

Page 41: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Koginitive und low-level Theorien visueller Wahrnehmung

Früher in der Psych. Die Annahme dass Verarbeitung subj. Konturen ziemlich komplexes Wahrnehmungsphänomen ist, und auf sehr hohen Ebenen der kortikalen Verarbeitung.

Grund dafür die Annahme, dass Entscheidung aufgrund von Logik getroffen werden (Beispiel: Kanizsa Dreieck, weißes Dreieck auf schwarzen Kreisen wahrscheinlicher als unvollständige Kreise).

Diverse neurophysiologische Studien jedoch siedeln diesen Prozess auf viel niedrigerem Level (low-level) an, Paradebeispiel dieses Modell von v.d.H., in dem ja zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Verarbeitung durch Kombination der Reaktionen von simple und/oder complex cells sowie end-stopped cells der Kontur-Mechanismus aktiviert wird.

Page 42: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Fazit

Wie wir (hoffentlich) sehen konnten, haben wir es hier mit 2 sehr unterschiedlichen Theorien für die Formwahrnehmung, im speziellen die der subjektiven Konturen, zu tun. Besonders interessant dabei ist der Fakt, dass sie sich gegenseitig widerlegen.

Während die Theorie von Kanizsa zwar auf einer relativ leicht verständlichen, dafür aber high-level kortikalen These beruht, gilt für die Theorie von v.d.H. in beiden Punkten das genaue Gegenteil.

Beide Theorien, auch die wesentlich komplexer und somit auch ausführlicher formulierte These von v.D.H. weisen, gelinde gesagt, Schwäche in der Beweisführung auf, bei v.d.H. ist diese zwar größtenteils vorhanden, schwächelt jedoch etwas in seinem Modell der Konturwahrnehmung (s. Folie 32).

Sie gilt jedoch als mehr oder weniger verifiziert.

Page 43: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Literatur:

„Form Analysis in Visual Cortex“, in „Sensory Systems“ Von Rüdiger von der Heydt, (S. 365-382)

„Wahrnehmungspsychologie“ von E. Bruce Goldstein, 2te deutsche Ausgabe, Spektrum Verlag 2002, (S. 87-89)

„Visuelle Informationsverarbeitung im Gehirn“, Karl R. Gegenfurtner, Sebastian Walter und Doris I. Braun, http://www.allpsych.uni-giessen.de/karl/teach/aka.htm, (Stand vom 14.05.2009)

Page 44: Form Teil 2: Formanalyse im visuellen Kortex Referent: Florian Wedepohl Dozent: Dr. Alexander Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung.

Klausurfragen

Beschreiben Sie die in V1 und V2 vorhandenen simple, complex und end-stopped cells kurz.

Warum sind laut v.d.H. über ein Drittel der Zellen in V2 dazu in der Lage subjektive Konturen wahrzunehmen?