Formale Sprachen Klaus Becker 2013. 2 Formale Sprachen.

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Formale Sprachen Klaus Becker 2013

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Formale Sprachen

Klaus Becker

2013

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2 Formale Sprachen

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3 Teil 1

Einführung und Präzisierung

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4 Zeichensysteme

Jede Sprache benutzt Zeichen bzw. Symbole zur Darstellung von Information.

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5 Syntax, Semantik, Pragmatik

Haste ne Uhr dabei?

Was?Haste ne

Uhr dabei?Ja!

Haste ne Uhr dabei?

Halb zwei!

Die Syntax einer Sprache (eines Zeichensystems) beschreibt die Regeln, nach denen die Sprachkonstrukte (Zeichen des Zeichensystems) gebildet werden.

Kommunikation mit Zeichensystemen kann ganz schön kompliziert sein. Verschiedene Aspekte von Sprache kommen dabei ins Spiel.

Die Semantik einer Sprache (eines Zeichensystems) beschreibt die Bedeutung der Sprachkonstrukte (Zeichen des Zeichensystems).

Die Pragmatik einer Sprache (eines Zeichensystems) beschäftigt sich mit der Verwendung und Bedeutung von Sprachkonstrukten in konkreten Situationen.

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6 Sprachen in der Informatik

Information muss mit geeignen Sprachen dargestellt werden, bevor sie in Form von Daten automatisiert verarbeitet werden kann. Die Verarbeitung der Daten selbst wird mit speziellen Sprachen beschrieben. Alle diese Sprachen sind formale Sprachen, die präzise festgelegt sind.

P25 81515 15 8 15 1515 8 8 8 15 8 8 8 8 812 12 12 12 1212 5 12 5 1212 12 12 12 1212 5 12 5 1212 12 12 12 12

P25 815 0 0 7 0 0 0 7 7 7 0 7 7 7 7 7 3 3 3 3 3 3 10 3 10 3 3 3 3 3 3 3 10 3 10 3 3 3 3 3 3

def invertieren(daten): ... return d

Darstellen Deuten

Verarbeiten

PGM

Python

PGM

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7 Fokussierung auf die Syntax

Wir werden uns im Folgenden auf die Syntax von Sprachen konzentrieren. Ziel ist es, die Syntax von Sprachen möglichst präzise zu beschreiben. Zur Einführung betrachten wir zunächst einfache Sprachen aus dem Alltag.

P25 81515 15 8 15 1515 8 8 8 15 8 8 8 8 812 12 12 12 1212 5 12 5 1212 12 12 12 1212 5 12 5 1212 12 12 12 12

P25 815 0 0 7 0 0 0 7 7 7 0 7 7 7 7 7 3 3 3 3 3 3 10 3 10 3 3 3 3 3 3 3 10 3 10 3 3 3 3 3 3

def invertieren(daten): ... return d

Darstellen Deuten

Verarbeiten

Syntax: muss präzise festgelegt werden

Semantik: muss präzise festgelegt werden

Pragmatik: spielt keine Rolle

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8 Beispiele aus dem Alltag

Beispiel:

Die Sprache der römische Zahlen

XVXXIXMICMXCIXMMMDCCLXXXIVMLLZXXIIXCMURX…

Beispiel:

Die Sprache der chemischen Verbindungen

H2O

C2H4O2

NaCl

TiMo

K0M1N2

0BOCK

Welche der gezeigten Symbolfolgen stellt eine römische Zahl dar?

Welche der gezeigten Symbolfolgen stellt eine chemische Verbindung dar?

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9 Fachkonzept - formale Sprache

Ein Alphabet ist eine nicht-leere endliche (geordnete Menge) von Symbolen.

Alphabet der römischen Zahlen: = {I, V, X, L, C, D, M}

Ein Wort über einem Alphabet ist e. Hinter-einanderreihung endlich vieler Symbole aus einem vorgegebenen Alphabet.

Wörter über dem Alphabet der römischen Zahlen: MMX, LXX, XXL, LILLI, ...

Bei der Bildung von Wörtern über einem Alphabet Σ lässt man auch zu, dass überhaupt keine Symbole hintereinandergereiht werden. Man nennt dieses besondere Wort leeres Wort und bezeichnet es üblicherweise mit ε oder λ.Die Menge aller Wörter über einem Alphabet Σ wird mit Σ* bezeichnet. Mit Σ+ bezeichnet man die Menge aller Wörter über Σ ohne das leere Wort.

Eine (formale) Sprache über einem Alphabet Σ ist eine bestimmte Teilmenge der Menge Σ* aller möglichen Wörter über Σ.

Sprache der römischen Zahlen:

L = {I, II, III, IV, V, VI, VII, VIII, IX, X, ...}

Menge aller Wörter über dem Alphabet = {I, V, X, L, C, D, M}:

* = {λ, I, II, III, IIII, ..., IX, ..., IIXIXX, ...}

Leeres Wort: λ

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10 Fachkonzept - formale Sprache

Ein Alphabet ist eine nicht-leere endliche (geordnete Menge) von Symbolen.Ein Wort über einem Alphabet ist e. Hinter-einanderreihung endlich vieler Symbole aus einem vorgegebenen Alphabet.Bei der Bildung von Wörtern über einem Alphabet Σ lässt man auch zu, dass überhaupt keine Symbole hintereinandergereiht werden. Man nennt dieses besondere Wort leeres Wort und bezeichnet es üblicherweise mit ε oder λ.Die Menge aller Wörter über einem Alphabet Σ wird mit Σ* bezeichnet. Mit Σ+ bezeichnet man die Menge aller Wörter über Σ ohne das leere Wort.

Eine (formale) Sprache über einem Alphabet Σ ist eine bestimmte Teilmenge der Menge Σ* aller möglichen Wörter über Σ.

Du hast sicher schon bemerkt, dass die Präzisierung der Begriffe hier mit den Mitteln der Mathematik erfolgt. Mit Hilfe des Mengen- und Folgenkonzepts aus der Mathematik werden die Begriffe "Alphabet", "Wort" und "Sprache" exakt definiert.

Die Begriffe "Alphabet", "Wort" und "Sprache" erhalten hierdurch eine spezielle Bedeutung, die sich durchaus an die Bedeutung der Begriffe im Alltag anlehnt, aber nicht genau mit der Bedeutung im Alltag übereinstimmt. So wird der Begriff "Alphabet" in einem allgemeineren Sinn verwendet.

Beachte auch, dass mit dem Begriff "(formale) Sprache" nur syntaktische Aspekte erfasst werden. Es kommt hier lediglich auf die Aneinanderreihung von Symbolen an, die Bedeutung von Symbolfolgen spielt dabei zunächst einmal keinerlei Rolle.

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11 Beispiel - Schach

Die Sprache FEN (Forsyth-Edwards-Notation) wird benutzt, um Schach-Spielzustände zu beschreiben. Viele Schachprogramme nutzen diese Sprache, wenn Spielzustände abgespeichert werden. So wird etwa der Schach-Spielzustand in der folgenden Abbildung wie folgt in der Sprache FEN beschrieben:

rnbqkb1r/pp1p1ppp/2p2n2/8/2P1p3/2N2NP1/PP1PPP1P/R1BQKB1R w KQkq - 0 5

Aufgabe:

Wir betrachten der Einfachheit halber nur den ersten Teil eines solchen "FEN-Wortes", der die aktuelle Spielbrettbelegung beschreibt:

rnbqkb1r/pp1p1ppp/2p2n2/8/2P1p3/2N2NP1/PP1PPP1P/R1BQKB1R

(a) Welches Alphabet Σ liegt der Sprache L der reduzierten FEN-Wörter zur Beschreibung von Spielbrettbelegung zu Grunde?

(b) Gib Beispiele für Wörter über Σ an, die zu L bzw. nicht zu L gehören.

(c) Beschreibe in Worten die Syntaxregeln, die reduzierten FEN-Wörtern zu Grunde liegen.

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12 Beispiel - Pixelgrafik

PGM (Portable Graymap) kann als Sprache zur Beschreibung von Graustufenbildern aufgefasst werden. Das nebenstehende Bild wird wie folgt in der Sprache PGM beschrieben:

P2 4 2 7 0 1 2 3 4 5 6 7

Aufgabe:

(a) Welches Alphabet Σ liegt der Sprache PGM zu Grunde? Gib Beispiele für Wörter über Σ an, die zu PGM bzw. nicht zu PGM gehören.

(b) Verdeutliche am Beispiel PGM, was man unter Syntax und Sematik einer Sprache versteht.

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13 Beispiel - ipigisi

ipigisi

isipigisisi

ipisigisisi

isisipigisisisi

isipisigisisisi

ipisisigisisisi

...

In Ipogesien hört man im Mathematikunterricht der 1. Klasse ständig Wörter der folgenden Art:

Aufgabe:

Nachdem Ipo das Wort "isipisisigisisisisisi" sagt, gibt es ein Proteste. Warum wohl?

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14 Beispiel - ipigisi

Alphabet: Σ = {i, p, g, s}.

Sprache der mathematisch korrekten ipigisi-Ausdrücke:

L2 = {ipigisi, isipigisisi, ipisigisisi, isisipigisisisi, isipisigisisisi, ipisisigisisisi, ...}

alle Wörter über dem Alphabet Σ = {i, p, g, s}, die eine ipigisi-Folge bilden und bei denen die Summe der i-Symbole vor und nach dem g-Symbol gleich sind.

"isi-Folgen": i, isi, isisi, ....

Folge von i-Symbolen, bei der jeweils benachbarte i-Symbole durch ein s getrennt sind.

"ipigisi-Folgen": ipigi, ipigisi, isipigisi, isipigisi, ...

Struktur: isi-Folge p isi-Folge g isi-Folge. Sprache der beliebigen ipigisi-Ausdrücke:

L1 = {ipigi, isipigi, ipisigi, ipigisi, isipisigi, ...}

alle Wörter über dem Alphabet Σ = {i, p, g, s}, die eine ipigisi-Folge bilden.

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15 Syntax und Semantik

Einheit Bedeutung

ipigisi 1+1=2

isipigisisi 2+1=3

ipisigisisi 1+2=3

isisipigisisisi 3+1=4

isipisigisisisi 2+2=4

ipisisigisisisi 1+3=4

...

Einheit Bedeutung

ipigisi 1 ist gleich 1 subtrahiert von 2

isipigisisi 2 ist gleich 1 subtrahiert von 3

ipisigisisi 1 ist gleich 2 subtrahiert von 3

isisipigisisisi 3 ist gleich 1 subtrahiert von 4

isipisigisisisi 2 ist gleich 2 subtrhiert von 4

ipisisigisisisi 1 ist gleich 3 subtrahiert von 4

...

Symbole und Symbolkombinationen werden oft so gewählt, dass sie eine bestimmte Bedeutung suggerieren. Das Beispiel zeigt aber, dass die Bedeutung den syntaktischen Einheiten nicht innewohnt, sondern unabhängig hiervon festgelegt werden muss.

gleiche Syntax, unterschiedliche Semantik

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16 Ausblick

Die Beschreibung einer Sprache mit Hilfe einer Wortmenge ist zwar präzise, aber nicht konstruktiv. Es wird hier nicht festgelegt, wie die Wörter der Sprache erzeugt werden können.

Im Folgenden werden Verfahren beschrieben, die es erlauben, alle Wörter einer formalen Sprache konstruktiv zu erzeugen.

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17 Teil 2

Sprachbeschreibung mit Syntaxdiagrammen

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18 Beispiel – Logo-Programme

Turtle-Grafik geht von der Vorstellung aus, die Bewegung einer Schildkröte (engl. turtle) auf einer Zeichenfläche mit Hilfe von Anweisungen zu steuern. Die Schildkröte ist mit einem Stift versehen und hinterlässt bei ihren Bewegungen eine Spur auf der Zeichenfläche.

Die Schildkröte ist hier mit einem grünen Dreieck dargestellt. Das abgebildete Quadrat zeichnet sie mit den folgenden Anweisungen.

fd 100 rt 90 fd 100 rt 90 fd 100 rt 90 fd 100 rt 90

Unter der Sprache der Turtle-Programme soll die Menge aller korrekt gebildeten Anweisungsfolgen verstanden werden, die von einem Turtle-Interpreter ausgeführt werden können.

fd 100rt 90fd 100

fd100 rt90 fd100

Gehören diese Symbolfolgen zur Sprache der Turtle-Programme?

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Präzisierung der Sprache der Turtle-P.

Der Aufbau eines Turtle-Programms kann mit Hilfe von Syntaxdiagrammen präzise festgelegt werden. Wir betrachten vorerst nur recht einfache Turtle-Programme, bei denen keine Wiederholungen und Fallunterscheidungen vorgesehen sind.

Ziffer: Natzahl:

Dezbruch:

Zahl:

Leer:

WS:

Turtleanw:

Anwfolge:

Turtleprogr:

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Turtleprogr ->

Anwfolge ->

TAnw WS TAnw ->

'fd' WS Zahl WS TAnw ->

'fd' Leer Zahl WS TAnw ->

'fd' ' ' Zahl WS TAnw ->

'fd' ' ' Natzahl WS TAnw ->

'fd' ' ' Ziffer Ziffer WS TAnw ->

'fd' ' ' '5' Ziffer WS TAnw ->

'fd' ' ' '5' '0' WS TAnw ->

'fd' ' ' '5' '0' ' ' TAnw ->

'fd' ' ' '5' '0' ' ' 'ht' WS ->

'fd' ' ' '5' '0' ' ' 'ht' ' ' ->

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Präzisierung der Sprache der Turtle-P.

Jeder "Weg" durch diese Diagramme liefert ein korrekt gebildetes Turtle-Programm:

Ziffer:

Natzahl:

Dezbruch:

Zahl:

Leer:

WS:

Turtleanw:

Anwfolge:

Turtleprogr:

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21 Übungen

Aufgabe:

Entscheide mit Hilfe der Syntaxdiagramme, ob die Zeichenfolgen zur Sprache der Turtle-Programme gehören.

fd 100rt 90fd 100

fd100 rt90 fd100

Aufgabe:

Ändere die Syntaxdiagramme so ab, dass nach einer ht-Anweisung am Ende einer Anweisungsfolge kein Leerzeichen mehr stehen muss.

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22 Übungen

Aufgabe:

Wir erweitern jetzt die Sprache der Turtle-Programme. Es soll jetzt auch möglich sein, Wiederholungen mit einer festen Anzahl von Wiederholungsdurchgängen zu bilden.

(a) Teste zunächst mit dem Logo-Interpreter, was solche Wiederholeanweisungen bewirken.

(b) Teste anschließend, wie Tutle-Programme mit Wiederholeanweisungen aufgebaut sein können.

(c) Entwickle die oben gezeigten Syntaxdiagramme so weiter, dass auch Wiederholeanweisungen mit erfasst werden. fd 50 repeat 4 [fd 100 rt 90] lt 180 fd 50 lt 180

repeat 10 [repeat 4 [fd 20 rt 90] rt 90 fd 20 lt 90]

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23 Beispiel – Rechenausdrücke

Rechenausdrücke kommen in Programmiersprachen zur Beschreibung von Berechnungen vor. So enthält die Python-Anweisung x = x + y den Rechenausdruck (bzw. Term) x + y zur Berechnung des Wertes, der der Variablen x zugewiesen werden soll.

x+y

(x-y)*(y-x)

2*(x+4)

Unter der Sprache der Rechenausdrücke soll die Menge aller korrekt gebildeten Anweisungsfolgen verstanden werden.

+-x

x++

Gehören diese Symbolfolgen zur Sprache der Rechenausdrücke?

Alphabet: {0, 1, ..., 9, x, y, z, +, -, *, /, (, )}

Sprache: {0, 1, …, x, y, z, 0+0, …, x+y, …, …}

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24 Fachkonzept - Syntaxdiagramm

Syntaxdiagramme dienen dazu, die Syntax einer Sprache präzise zu beschreiben. Syntaxdiagramme bestehen aus Terminalsymbolen, Nichtterminalsymbolen und Verbindungspfeilen.Terminalsymbole sind Symbole des Alphabets der Sprache, die in Diagrammen durch abgerundete Rahmen zu erkennen sind.Im Beispiel:

0, 1, ..., 9, x, y, z, +, -, *, /, (, )

Nichtterminalsymbole sind Hilfssymbole, die in Diagrammen durch rechteckige Rahmen zu erkennen sind. Nichtterminalsymbole stehen jeweils für eigene Diagramme.Im Beispiel:

Ausdruck, Summand, Faktor, Variable, Zahl, Ziffer

Terminalsymbol

Ziffer:

Zahl:

Faktor:

Summand:

Variable:Ausdruck:

Nichtterminalsymbol

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25 Fachkonzept - Syntaxdiagramm

Mit Hilfe von Syntaxdiagrammen lassen sich Wörter über dem Alphabet der Terminalsymbole herleiten. Eine Herleitung besteht dabei aus einer Folge von Umformungen eines Ausdrucks entlang der Wege durch die Syntaxdiagramme mit dem Ziel, die Nichtterminalsymbole letztlich alle durch Terminalsymbole zu ersetzen. ausdruck ->summand ->faktor * faktor ->( ausdruck ) * faktor ->( summand + summand ) * faktor ->( faktor + summand ) * faktor ->( variable + summand ) * faktor ->( x + summand ) * faktor ->( x + faktor ) * faktor ->( x + variable ) * faktor ->( x + y ) * faktor ->( x + y ) * ( ausdruck ) ->( x + y ) * ( summand - summand ) ->( x + y ) * ( faktor - summand ) ->( x + y ) * ( variable - summand ) ->( x + y ) * ( x - summand ) ->( x + y ) * ( x - faktor ) ->( x + y ) * ( x - variable ) ->( x + y ) * ( x - y ) Terminalsymbol

Ziffer:

Zahl:

Faktor:

Summand:

Variable:Ausdruck:

Nichtterminalsymbol

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26

Konstruktionsmuster:

Sequenz

Alternative

Iteration

Rekursion

Fachkonzept - Syntaxdiagramm

Ziffer:

Zahl:

Faktor:

Summand:

Variable:Ausdruck:

A:

A:

A:

A:

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27 Übungen

Aufgabe:

Untersuche, ob diese Symbolfolgen korrekt gebildete Rechenausdrücke sind:

x-y-2

x-(y-2)

+-x

x++

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28 Übungen

Aufgabe: Die Sprache der inf-schule-Kapitelnummern

Auf inf-schule kann man auch direkt eine Kapitelnummer eingeben:

http://www.inf-schule.de/?seite=8.1.3

Welche Kapitelnummern sind hier erlaubt?

Kapitelnummern sind Wörter über dem Alphabet {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, .}.

Beispiele für Wörter, die zur Sprache gehören: 3, 3.1, 1.1.2.1, 4.2.12

Beispiele für Wörter, die nicht zur Sprache gehören: .4, 3..5, 1.0.3, 2.02.2, 0

Beschreibe die Sprache der inf-schule-Kapitelnummern mit Syntaxdiagrammen.

Aufgabe: Die Sprache der (Standard)Zahlen

Zahlen sind Wörter über dem Alphabet {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, ., +, -}.

Beispiele für Wörter, die zur Sprache gehören: 12, 4.5, 0.23, 1.0, 0.000, +5, -3.1, -1000

Beispiele für Wörter, die nicht zur Sprache gehören: 3..1, 2.2.1, 4., .5, 03.3, +-0,

Beschreibe die Sprache der Zahlen mit Syntaxdiagrammen.

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29 Übungen

Quelle: Biber-Wettbewerb 2009

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30 Übungen

Aufgabe: (Hinweise siehe I: 8.1.2.3)

Da beim letzten Biber-Song-Contest zu viele Kandidaten die Regeln der Bunny-Banana-Sprache nicht beachtet haben, hat sich die Jury entschlossen, die Regeln nochmal präzise darzustellen. Ein Team von Biber-Informatikern ist beauftragt worden, die Bunny-Banana-Sprache mit Syntaxdiagrammen zu beschreiben.

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31 Teil 3

Sprachbeschreibung mit Grammatiken

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32 Email-Adresse

Vertippt! Du willst immer auf dem neuesten Stand sein und daher die entsprechende „Newsletter“ abonnieren. Gott sei Dank „bemerkt“ das System den Tippfehler.

Quelle: http://www.abc.net.au/rn/newsletters/music/default.htm

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33 Gültige Email-Adressen

Mit speziellen Programmen (sog. Validierern) kann man überprüfen, ob eine Email-Adresse korrekt gebildet ist. Nur – was heißt hier korrekt?

Quelle: http://www.web-toolbox.net/webtoolbox/index.htm

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34 Aufbau einer Email-Adresse

Quelle: http://www.web-toolbox.net/webtoolbox/index.htm

RFC 822

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35 Ein Blick in die RFC 822

Quelle: http://tools.ietf.org/html/rfc822#section-6.1

Formale Präzisierung

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36 Zielsetzung und Vorgehensweise

Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, wie E-Mail-Adressen aufgabaut sein können. Beispiele - auch ungewöhnliche - findest du auf den Seiten von Wikipedia.

Wir werden uns hier nicht mit all diesen Adressformaten beschäftigen. Ziel dieses Abschnittes ist es, ein Verfahren zur präzisen Festlegung des Aufbaus von E-Mail-Adressen einzuführen. Für diesen Zweck reicht es, ein sehr einfaches E-Mail-Adressformat zu betrachten.

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37 Stark vereinfachte E-Mail-Adressen

Wir betrachten hier vereinfachte E-Mail-Adressen, in denen nur die Symbole b, @ und . vorkommen dürfen.

Beispiel: [email protected]

Eine vereinfachte E-Mail-Adresse besteht aus einem User-Namen gefolgt vom @-Symbol und einer Domain-Angabe.

Der User-Name soll nur aus b´s bestehen.

Die Domainangabe soll aus Subdomains mit einer Topleveldomain aufgebaut sein, die jeweils mit einem Punkt getrennt werden.

Während die Subdomains aus beliebig vielen b´s besteht, soll die Topleveldomain aus genau zwei b´s bestehen.

Welche der folgenden Zeicheketten stellen vereinfachte E-Mail-Adressen dar?

[email protected]

@b.b.bb

bbb@bb

[email protected]

Informelle BeschreibungSchwierigkeit:Informelle Beschreibungen sind nicht ganz exakt und werden manchmal unterschiedlich interpretiert.

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Präzisierung mit Syntaxdiagrammen

Wir betrachten hier vereinfachte E-Mail-Adressen, in denen nur die Symbole b, @ und . vorkommen dürfen.

Beispiel: [email protected]

Eine vereinfachte E-Mail-Adresse besteht aus einem User-Namen gefolgt vom @-Symbol und einer Domain-Angabe.

Der User-Name soll nur aus b´s bestehen.

Die Domainangabe soll aus Subdomains mit einer Topleveldomain aufgebaut sein, die jeweils mit einem Punkt getrennt werden.

Während die Subdomains aus beliebig vielen b´s besteht, soll die Topleveldomain aus genau zwei b´s bestehen.

Informelle Beschreibung

Emailadresse:

User:

Domain:

Subdomains:

Topleveldomain:

Name:

Buchstabe:

Formale Beschreibung

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39

Präzisierung mit Syntaxdiagrammen

Ableitung eines Wortes

Formale Beschreibung

Emailadresse ->User @ Domain ->Name @ Domain ->Buchstabe Buchstabe @ Domain ->b Buchstabe @ Domain ->b b @ Domain ->b b @ Subdomains Topleveldomain ->b b @ Name . Name . Topleveldomain ->b b @ Buchstabe . Name . Topleveldomain ->b b @ b . Name . Topleveldomain ->b b @ b . Buchstabe Buchstabe Buchstabe . Topleveldomain ->b b @ b . b Buchstabe Buchstabe . Topleveldomain ->b b @ b . b b Buchstabe . Topleveldomain ->b b @ b . b b b . Topleveldomain ->b b @ b . b b b . b b

Schwierigkeit:Syntaxdiagramme eignen sich nicht so gut für eine automatisierte Verarbeitung (hier: Erzeugung von Ableitungen).

Emailadresse:

User:

Domain:

Subdomains:

Topleveldomain:

Name:

Buchstabe:

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40

Textuelle Darstellung von Syntaxdiagr.

Du kannst das selbst mit dem Railroad Diagram Generator ausprobieren.

Emailadresse:

User:

Domain:

Subdomains:

Topleveldomain:

Name:

Buchstabe:

Emailadresse ::= User '@' Domain

User ::= Name

Topleveldomain ::= 'b' 'b'

Name ::= Buchstabe+

Buchstabe ::= 'b'

Domain ::= Subdomains Topleveldomain

Subdomains ::= (Name '.')+

SyntaxdiagrammeTextuelle Darstellung

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Textuelle Darstellung von Syntaxdiagr.

Emailadresse ::= User '@' Domain

User ::= Name

Topleveldomain ::= 'b' 'b'

Name ::= Buchstabe+

Buchstabe ::= 'b'

Domain ::= Subdomains Topleveldomain

Subdomains ::= (Name '.')+

Textuelle Darstellung

Emailadresse -> User '@' Domain

User -> Name

Topleveldomain -> b b

Name -> Buchstabe Name -> Buchstabe Name

Buchstabe -> b

Domain -> Subdomains Topleveldomain

Subdomains -> Name . Subdomains -> Name . Subdomains

vereinfachte Darstellung

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42 Ableitung mit Ersetzungsregeln

Ableitung

Emailadresse -> User '@' Domain

User -> Name

Topleveldomain -> b b

Name -> Buchstabe Name -> Buchstabe Name

Buchstabe -> b

Domain -> Subdomains Topleveldomain

Subdomains -> Name . Subdomains -> Name . Subdomains

Ersetzungsregeln

Emailadresse -> # (1)User @ Domain ->

# (2)Name @ Domain ->

# (8)Buchstabe Name @ Domain ->

# (9)b Name @ Domain ->

# (7)b Buchstabe @ Domain ->

# (9)b b @ Domain -> # (3)b b @ Subdomains Topleveldomain ->

# (5)b b @ Name . Subdomains . Topleveldomain ->

# (7)b b @ Buchstabe . Subdomains . Topleveldomain ->

# (9)b b @ b . Subdomains . Topleveldomain ->

# (4)b b @ b . Name . Topleveldomain ->

# (8)b b @ b . Buchstabe Name . Topleveldomain ->

# (9)b b @ b . b Name . Topleveldomain ->

# (8)b b @ b . b Buchstabe Name . Topleveldomain ->

# (9)b b @ b . b b Name . Topleveldomain ->

# (7)b b @ b . b b b . Topleveldomain ->

# (6)b b @ b . b b b . b b

1

2

3

45

6

78

9

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43

Ersetzungsregeln in abgekürzter Form

Emailadresse -> User @ DomainUser -> NameDomain -> Subdomains TopleveldomainSubdomains -> Name .Subdomains -> Name . SubdomainsTopleveldomain -> b bName -> BuchstabeName -> Buchstabe NameBuchstabe -> b

E -> U@DU -> ND -> STS -> N.S -> N.ST -> bbN -> BN -> BNB -> b

Ersetzungsregeln Ersetzungsregeln in abgekürzter Form

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44 Ableitung mit Ersetzungsregeln

E -> # mit der Regel E -> U@D

U@D -> # mit der Regel U -> bU

bU@D -> # mit der Regel U -> bU

[email protected]

E -> U@DU -> ND -> STS -> N.S -> N.ST -> bbN -> BN -> BNB -> b

Ersetzungsregeln

Ableitung eines Wortes

Aufgabe: Entwickle mit Hilfe der Ersetzungsregeln (in abkürzender Schreibweise) eine Ableitung der Adresse [email protected]. In jedem Ersetzungsschritt darf nur eine Regel angewandt werden.

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45 Fachkonzept - Grammatik

Eine Grammatik besteht aus den folgenden Komponenten:

einer endlichen nichtleeren Menge T von Terminalsymbolen (Alphabet der betreffenden Sprache)

einer endlichen nichtleeren Menge N von Nichtterminalsymbolen (Hilfsymbole)

einer endlichen Menge P von Produktionen (Ersetzungsregeln)

einem Startsymbol S aus N (zum Starten einer Ableitung)

Man schreibt auch kurz: G = (T, N, P, S).

E -> U@DU -> ND -> STS -> N.S -> N.ST -> bbN -> BN -> BNB -> b

T = {b, @, .} Terminalsymbole

N = {E, U, D, S}

P = {E -> U@D, ..., B -> b}

S: E

Nichtterminalsymbole

Produktionen

Startsymbol

Grammatik

E -> bU@DU -> bUU -> λ D -> bSS -> bSS -> .bS.bS -> .bb

Grammatik

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46 Fachkonzept - Grammatik

Eine Produktion hat die Gestalt u -> v.

Die linke Seite u und die rechte Seite v sind dabei Wörter über dem Alphabet V = T ∪ N sämtlicher Symbole.

Die linke Seite u muss mindestens ein Nichtterminalsymbol aus N enthalten.

E -> U@DU -> ND -> STS -> N.S -> N.ST -> bbN -> BN -> BNB -> b

T = {b, @, .} Terminalsymbole

N = {E, U, D, S}

P = {E -> U@D, ...}

S: E

Nichtterminalsymbole

Produktionen

Startsymbol

Produktionen

E -> bU@DU -> bUU -> λ D -> bSS -> bSS -> .bS.bS -> .bb

Produktionen

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47 Worterzeugung mit Ableitungen

Eine Ableitung beginnt immer mit dem Startsymbol. Sie endet, wenn alle Nichtterminalsymbole ersetzt sind. Ein Ableitungsschritt besteht darin, ein Teilwort innerhalb eines Worts mit Hilfe einer passenden Produktion zu ersetzen. Produktionen sind demnach Ersetzungsregeln.

E -> # mit der Regel E -> U@DU@D -> # mit der Regel U -> NN@D -> # mit der Regel N -> bNBN@D -> # mit der Regel N -> BBB@D -> # mit der Regel B -> bbB@D -> # mit der Regel B -> bbb@D -> # mit der Regel D -> STbb@ST -> # mit der Regel S -> [email protected] -> # mit der Regel S -> [email protected] -> # mit der Regel N -> [email protected] -> # mit der Regel B -> [email protected] -> # mit der Regel N -> [email protected] -> # mit der Regel N -> [email protected] -> # mit der Regel N -> [email protected] -> # mit der Regel B -> [email protected] -> # mit der Regel B -> [email protected] -> # mit der Regel B -> [email protected] -> # mit der Regel T -> [email protected]

Ableitung

E -> U@DU -> ND -> STS -> N.S -> N.ST -> bbN -> BN -> BNB -> b

Produktionen

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48

Sprachfestlegung mit einer Grammatik

Eine Grammatik G = (T, N, P, S) erzeugt eine Sprache L(G) über dem Alphabet T.

L(G) ist dabei die Menge der Wörter über T, die vom Startsymbol S mit Hilfe der Produktionen aus P abgeleitet werden können.

Man nennt L(G) die von G erzeugte Sprache. = T = {b, @, .}

L(G1) = {…, [email protected], …}

E -> bU@DU -> bUU -> λ D -> bSS -> bSS -> .bS.bS -> .bb

Grammatik G2

E -> U@DU -> ND -> STS -> N.S -> N.ST -> bbN -> BN -> BNB -> b

Grammatik G1

L(G2) = {…, [email protected], …}

Beachte, dass verschiedene Grammatiken dieselbe Sprache erzeugen können.

Menge der stark vereinfachten E-Mail-Adressen

Menge der stark vereinfachten E-Mail-Adressen

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49 Experimente mit JFlapEingabe der

Grammatik

Ableitung eines WortesAbleitung eines Wortes

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50 Übungen

Aufgabe

Teste mit JFlap die folgenden Grammatiken. Mache dir mit Hilfe von Tests auch die Besonderheiten der Regelsysteme klar. Findest du weitere Ersetzungsregeln, die dieselben E-Mail-Adressen erzeugen wie die Ersetzungsregeln oben? Teste deine Vorschläge mit JFlap.E -> U@DU -> ND -> STS -> N.S -> N.ST -> bbN -> BN -> BNB -> b

E -> bUU -> bUU -> @SS -> bBB -> bBB -> .SB -> .TT -> bZZ -> b

E -> bU@DU -> bUU -> λ D -> bSS -> bSS -> .bS.bS -> .bb

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51 Übungen

Aufgabe

Binärzahlen sind Zahlen, die im Dualsystem / Zweiersystem dargestellt sind und daher nur die Symbole 0 und 1 zur Zahldarstellung benutzen. Die folgende Zahlenreihe beschreibt, wie man im Dualsystem / Zweiersystem zählt:

0, 1, 10, 11, 100, 101, 110, 111, 1000, ...

Binärzahlen sind Wörter über dem Alphabet Σ = {0, 1}. Die Sprache der Binärzahlen LBin besteht aus sämtlichen Wörtern über Σ = {0, 1}, die eine Binärzahl darstellen:

LBin = {0, 1, 10, 11, 100, 101, 110, 111, 1000, ...}

Entwickle eine (mehrere) Grammatik(en) zur Erzeugung der Sprache LBin.

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52 Übungen

AufgabeDie Stadt Karlsruhe vergibt ihre Autokennzeichen nach einem fest vorgegebenen Schema:

Beachte, dass die Nummer eines Autokennzeichens in Deutschland niemals mit der Ziffer 0beginnt. Somit ist beispielsweise eine Nummer "032" nicht möglicht!Im folgenden betrachten wir zunächst nur die Elemente 1 und 3 aller Autokennzeichen, die mit KA beginnen. Das abgebildete Kennzeichen hat beispielsweise die Form „KARG626“.

Bewohner des direkten Stadtgebietes bekommen ein Kennzeichen, wie es hier abgebildet ist. Es besteht aus dem Landessymbol (4.), der Zeichenfolge KA für die Stadt Karlsruhe (1.), genau zwei beliebigen Buchstaben und einer dreistellige Zahl als Registrierungsnummer (3.). Ferner sieht man noch die TÜV-Plakette (5.) und das Stadtsiegel (2.) mit dem jeweiligenLandeswappen des Bundeslandes.

(a) Entwickle eine Grammatik für die Kennzeichen der Stadt Karlsruhe.

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53 Übungen

Aufgabe: Die Sprache der inf-schule-Kapitelnummern

Auf inf-schule kann man auch direkt eine Kapitelnummer eingeben:

http://www.inf-schule.de/?seite=8.1.3

Welche Kapitelnummern sind hier erlaubt?

Kapitelnummern sind Wörter über dem Alphabet {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, .}.

Beispiele für Wörter, die zur Sprache gehören: 3, 3.1, 1.1.2.1, 4.2.12

Beispiele für Wörter, die nicht zur Sprache gehören: .4, 3..5, 1.0.3, 2.02.2, 0

Entwickle eine Grammatik zur Erzeugung der Sprache der inf-schule-Kapitelnummern. Es reicht, wenn du nur die Ziffern 0, 1 2 betrachtest.

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54 Übungen

Aufgabe

(a)Entwickle eine Grammatik zur Erzeugung der Sprache

L1 = {ipigi, isipigi, ipisigi, ipigisi, isipisigi, ...}

alle Wörter über dem Alphabet Σ = {i, p, g, s}, die eine ipigisi-Folge bilden.

(b) Entwickle eine Grammatik zur Erzeugung der Sprache

L2 = {ipigisi, isipigisisi, ipisigisisi, isisipigisisisi, isipisigisisisi, ipisisigisisisi, ...}

alle Wörter über dem Alphabet Σ = {i, p, g, s}, die eine ipigisi-Folge bilden und bei denen die Summe der i-Symbole vor und nach dem g-Symbol gleich sind.

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55 Kurzschreibweise für Produktionen

In der Praxis werden Produktionen oft in einer Kurzschreibweise (EBNF) beschrieben. Mit geeigneten Werkzeugen (z.B. dem Railroad Diagram Generator) lassen sich aus dieser Schreibweise Syntaxdiagramme automatisiert erzeugen.

floatnumber ::= pointfloat | exponentfloatpointfloat ::= [intpart] fraction | intpart "."exponentfloat ::= (intpart | pointfloat) exponentintpart ::= digit+fraction ::= "." digit+exponent ::= ("e" | "E") ["+" | "-"] digit+digit ::= "0"..."9"

Aufgabe:Probiere das selbst aus.

floatnumber:

exponent:

pointfloat:

exponentfloat:

intpart:

fraction:

digit:

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56 Kurzschreibweise für Produktionen

vorzeichen -> + | -

Alternative

vorzeichen -> +vorzeichen -> -

zahl = ziffer {ziffer}zahl -> zifferzahl -> ziffer zahl

zahl = ziffer ziffer*

zahl = ziffer+

zahlmitvorzeichen = [vorzeichen] zahlzahlmitvorzeichen -> zahlzahlmitvorzeichen -> + zahlzahlmitvorzeichen -> - zahl

Die (erweiterte) Backus-Naur-Form (kurz BNF bzw. EBNF) ist eine Kurzschreibweise für Produktionen.

Es gibt eine Reihe verschiedener Schreibweisen für Regeln in (E)BNF. Die am häufigsten benutzten Schreibweisen werden im Folgenden anhand einfacher Beispiele vorgestellt.

Iteration

optionale Teile

zahlmitvorzeichen = vorzeichen? zahl

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57 Grammatiken für Alltagssprachen

<S> -> <NP><VP> <NP> -> <N> <NP> -> <A><N> <NP> -> <N><PP><VP> -> <V><VP> -> <V><NP><VP> -> <VP><PP><PP> -> <P><NP><N> -> Katze<N> -> Maus...<V> -> fängt...<A> -> der<A> -> die<A> -> das<A> -> ein<A> -> eine...<P> -> mit<P> -> in... Grammatik

Ein Satz besteht aus einer Nominalphrase und einer Verbalphrase.

Eine Nominalphrase muss immer aus einem Nomen bestehen, welchem unter Umständen ein Artikel vorangestellt ist. Ferner kann dem Nomen eine Präpositionalphrase nachgestellt sein.

Eine Verbalphrase besteht aus einem Verb, dem eine Nominal- oder Präpositionalphrase nachgestellt sein kann.

Eine Präpositionalphrase besteht aus einer Präposition und einer Nominalphrase.

Es gibt folgende Nomen: …

Es gibt folgende Verben: …

Es gibt folgende Artikel: …

Es gibt folgende Präpositionen: …

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58 Grammatiken für Alltagssprachen

Die Beschreibung, Erkennung und Übersetzung natürlicher Sprachen ist sehr schwierig. Der Beschreibungsansatz über Grammatiken (im Sinne der Informatik) hat bisher nicht zum Erfolg geführt. Heute benutzt man eher statistische Methoden, um natürliche Sprachen zu erfassen und automatisiert zu verarbeiten.<S> -><NP><VP> -><A><N><VP> ->die <N><VP> ->die Katze <VP> ->...die Katze fängt die Maus

<S> -> <NP><VP> <NP> -> <N> <NP> -> <A><N> <NP> -> <N><PP><VP> -> <V><VP> -> <V><NP><VP> -> <VP><PP><PP> -> <P><NP><N> -> Katze<N> -> Maus...<V> -> fängt...<A> -> der<A> -> die<A> -> das<A> -> ein<A> -> eine...<P> -> mit<P> -> in... Grammatik

Page 59: Formale Sprachen Klaus Becker 2013. 2 Formale Sprachen.

59 Teil 4

Sprachbeschreibung mit regulären Ausdrücken

Page 60: Formale Sprachen Klaus Becker 2013. 2 Formale Sprachen.

60 Mustersuche in OpenOffice

Es kommt des öfteren vor, dass man bestimmte Zeichenketten in einem langen Text suchen möchte. Textverarbeitungsprogramme stellen in der Regel spezielle Suchfunktionen für diesen Zweck bereit.

Das Textverarbeitungsprogramm OpenOffice erlaubt nicht nur einfache Suchmuster wie z.B. "RFC", sondern auch komplexere Suchmuster wie z.B. "RFC...", wobei die Punkte hier für Ziffern von 0 bis 9 stehen sollen. Ein mögliches Suchergebnis wäre z.B. "RFC0822". Die Beschreibung der Suchmuster erfolgt mit Hilfe regulärer Ausdrücke. Die Abbildung zeigt, wie man ein Suchmuster in OpenOffice mit einem regulären Ausdruck festlegt.

Page 61: Formale Sprachen Klaus Becker 2013. 2 Formale Sprachen.

61 Aufgabe

Besorge dir die RFC 5322 und teste die oben gezeigten Suchoperationen. Benutze die folgenden regulären Ausdrücke als Suchmuster und lasse sie von OpenOpffice beim Text RFC 5322 auswerten. Beschreibe jeweils, wonach gesucht wird.

0

0+

00+

00*

[0-9]

[1-9](\.)

([1-9](\.))+

([1-9ABC](\.))+

[1-9](\.)?[1-9]

(From:)|(To:)

Denke dir selbst weitere Suchmuster aus, um die Bedeutung der Metazeichen zu erschließen. Du kannst auch die Hilfe von OpenOffice zu Rate ziehen.

Page 62: Formale Sprachen Klaus Becker 2013. 2 Formale Sprachen.

62 Aufgabe

Entwickle einen regulären Ausdruck, mit dem man alle in der RFC 5322 vorkommenden E-Mail-Adressen als Suchergebnis geliefert bekommt.

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63 Fachkonzept - regulärer Ausdruck

Beispiele

regulärer Ausdruck

Ø

λ

0

1

10

0+1

1*

01*

0*1*

0*+1*

0+1(0+1)*

beschriebene Wortmenge

{}

{λ}

{0}

{1}

{10}

{0, 1}

{λ, 1, 11, 111, 1111, ...}

{0, 01, 011, 0111, 01111, ...}

{λ, 0, 00, ..., 1, 01, 001, ..., 11, 011, 0011, ... }

{λ 0, 00, 000, ..., 1, 11, 111, ...}

{0, 1, 10, 11, 100, 101, 110, 111, ...}

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64 Fachkonzept - regulärer Ausdruck

Reguläre Ausdrücke über dem Alphabet Σ und die Wortmengen, die sie beschreiben, werden wie folgt festgelegt:

Ø ist ein regulärer Ausdruck.

λ ist ein regulärer Ausdruck.

Er beschreibt die leere Wortmenge {}.

Er beschreibt die Wortmenge {λ}, in der nur das leere Wort vorkommt.

Für jedes a aus Σ ist a ein regulärer Ausdruck.

Der reguläre Ausdruck a beschreibt die Wortmenge {a}.

Page 65: Formale Sprachen Klaus Becker 2013. 2 Formale Sprachen.

65 Fachkonzept - regulärer Ausdruck

Reguläre Ausdrücke über dem Alphabet Σ und die Wortmengen, die sie beschreiben, werden wie folgt festgelegt:

Wenn α und β reguläre Ausdrücke sind, dann ist auch die Konkatenation αβ ein regulärer Ausdruck.

Wenn α die Wortmenge A und β die Wortmenge B beschreibt, dann beschreibt die Konkatenation αβ die Menge {ab | a aus A und b aus B} aller Wörter, die mit einem Wort aus A beginnen und mit einem Wort aus B enden.

Wenn α und β reguläre Ausdrücke sind, dann ist auch die Alternative α+β ein regulärer Ausdruck.

Wenn α die Wortmenge A und β die Wortmenge B beschreibt, dann beschreibt die Alternative α+β die Menge {w | w aus A oder w aus B} aller Wörter, die in A oder in B vorkommen.

Wenn α ein regulärer Ausdruck ist, dann ist auch die Iteration α* ein regulärer Ausdruck.

Wenn α die Wortmenge A beschreibt, dann beschreibt die Iteration α* die Menge A* aller Wörter, die durch endlich-maliges Aneinanderfügen von Wörtern aus A entstehen.

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66 Übungen

Aufgabe:

Erkläre jeweils, welche Wortmengen hier beschrieben werden:

(halli)*hallo

Too*r

(5+6+7+8+9+10)(a+b+c+d)

((0+1)(0+1+2+3+4+5+6+7+8+9)+2(0+1+2+3)):(0+1+2+3+4+5)(0+1+2+3+4+5+6+7+8+9)

Aufgabe:

Beschreibe die Menge der vereinfachten E-Mail-Adressen mit einem regulären Ausdruck.

Aufgabe:

Auf inf-schule kann man auch direkt eine Kapitelnummer eingeben:

http://www.inf-schule.de/?seite=8.1.3

Entwickle einen regulären Ausdruck, mit dem man den korrekten Aufbau einer Kapitelnummer überprüfen kann.

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67 Reguläre Ausdrücke in Python

import re

def suchen(regAusdruck, textdatei): f = open(textdatei, 'r') rfctext = f.read() for match in re.finditer(regAusdruck, rfctext): print(repr(match.group()))

# Test

suchen("([1-9ABC]\.)+", "rfc5322.txt")

>>> '1.''1.1.''1.2.''1.2.1.''1.2.2.''1.2.3.'...>>>

Page 68: Formale Sprachen Klaus Becker 2013. 2 Formale Sprachen.

68 Reguläre Ausdrücke in Python

import re

def suchen(regAusdruck, textdatei): f = open(textdatei, 'r') rfctext = f.read() return re.findall(regAusdruck, rfctext)

# Test

print(suchen("(?:[1-9ABC]\.)+", "rfc5322.txt"))

>>> >>> ['1.', '1.1.', '1.2.', '1.2.1.', '1.2.2.', '1.2.3.', '2.', '2.1.', '2.1.1.',...]>>>

Page 69: Formale Sprachen Klaus Becker 2013. 2 Formale Sprachen.

69 Übungen

Aufgaben:

Besorge dir die RFC 5322 und teste die oben gezeigten Suchoperationen. Benutze die folgenden regulären Ausdrücke als Suchmuster und lasse sie von Python beim Text RFC 5322 auswerten. Beschreibe jeweils, wonach gesucht wird.

0

0+

00+

00*

[0-9]

[1-9](\.)

([1-9](\.))+

([1-9ABC](\.))+

[1-9](\.)?[1-9]

(From:)|(To:)

Denke dir selbst weitere Suchmuster aus, um die Bedeutung der Metazeichen zu erschließen. Du kannst auch die Hilfe von OpenOffice zu Rate ziehen.

Page 70: Formale Sprachen Klaus Becker 2013. 2 Formale Sprachen.

70 Literaturhinweise

F. Gasper, I. Leiß, M. Spengler, H. Stimm: Technische und theoretische Informatik. Bsv 1992.

E. Modrow: Automaten, Schaltwerke, Sprachen. Dümmlers Verlag 1988.

R. Baumann: Informatik für die Sekundarstufe II, Band 2. Klett-Verlag 1993.

Informatik heute, Band 2. Schroedel-Verlag 1988.

U. Schöning: Theoretische Informatik – kurzgefasst. Spektrum Akademischer Verlag 2001.

J. E. Hopcroft / J. D. Ullman: Einführung in die Automatentheorie, Formale Sprachen und Komplexitätstheorie. Addison-Wesley 1988.

S. H. Rodger, T. W. Finley: JFLAP. Jones and Bartlett Publishers 2006.

...

Die Darstellung hier orientiert sich an den Materialien auf den Webseiten:

http://www.inf-schule.de