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Im Studium wenig engagiert – im Beruf schnell überfordert Studierverhalten und Karrieren im Lehrerberuf – Kann man Risiken schon im Studium prognostizieren? W er Lehrer werden will, muss nach Studium und Berufs- ausbildung staatlich organisierte Examen bestehen. Die Noten dieser Prüfungen sind bis auf die zweite Stelle nach dem Komma entschei- dend dafür, ob jemand ein Angebot auf Einstellung erhält oder nicht. Betrachtet man die Prozeduren der Auswahl von Lehrkräften und die Qualitätsprüfung ihrer Arbeit ge- nauer, dann wird ein bislang zu sel- ten beachtetes Problem sichtbar: Verbindliche Gütemaßstäbe und da- rauf aufbauende Verfahren der Be- urteilung ihrer Leistungen gibt es derzeit nicht. Die Einstellung neuer Lehrkräfte hängt mehr von der je- weiligen Bewerberlage für Schul- stufen oder Fächer ab als von sach- lichen Kriterien. Das hat langfristige negative Wirkungen, weil zu oft ge- eignete Bewerber abgewiesen und häufig weniger geeignete Bewerber eingestellt werden, die dann über viele Jahre die Arbeit an Schulen belasten. Rationale Entscheidungen wären aber nur möglich, wenn sachlich begründete und graduier- bare Kriterien für die Qualität der Lehrerarbeit vorlägen und wenn Bewerber anhand dieser Kriterien überprüft werden könnten. Welche Kompetenzen benötigt ein Lehrer? Die erziehungswissenschaftliche Forschung beschäftigt sich seit eini- gen Jahren intensiv mit solchen Qualitätsstandards. So werden Mo- delle professioneller Kompetenzen entwickelt, um Merkmale erfolg- reicher von Merkmalen weniger er- folgreicher Lehrkräfte zu unter- scheiden. Dabei wird angenommen, dass dieser Unterschied nicht nur vom fachlichen und pädagogischen Wissen und Können abhängt, son- dern auch mit der Persönlichkeit, bestimmten Einstellungen und Motivationen verknüpft ist. Bis heute liegen im deutschen Sprach- raum aber nur für das Fach Mathe- matik aussagekräftige Studien vor – wie die COACTIV-Studie des Max- Planck-Instituts für Bildungsfor- schung, die den Zusammenhang von Unterrichtserfolg und Lehrer- kompetenzen überprüft. In einem zweiten Bereich be- schreiben und analysieren Forscher – so auch an unserem Institut – wie einzelne Facetten des beruflichen Wissens und der Handlungskompe- tenz im Verlauf von Studium und Ausbildung entstehen. Aus dieser Forschung sollen Konsequenzen so- 1 wohl für das Studienangebot als auch für die Beratung Studierender gezogen werden können. Eine ge- rade abgeschlossene Studie unseres Instituts orientiert sich an einer em- pirischen Untersuchung zum Kom- petenzerwerb in der Lehrerbildung, die der Züricher Erziehungswissen- schaftler Fritz Oster mit seiner For- schergruppe 2001 für das Schwei- zer Lehrerbildungssystem vorgelegt hat und die in Deutschland in Fach- kreisen eine umfassende, auch kri- tische Diskussion auslöste. Oser entwickelte Kompetenzprofile oder Standards für zwölf Bereiche des Lehrerhandelns, dazu gehörten bei- spielsweise »Lehrer-Schüler-Bezie- hungen mit fördernder Rückmel- dung«, »Diagnose von Lernergeb- nissen und darauf aufbauendes unterstützendes Handeln«, »Zielge- richtetheit von Unterrichtsmetho- den« oder »Umgang mit Disziplin- problemen und Schülerrisiken«. Die Schweizer Lehrer, so das Ergeb- nis der Studie, sind nur auf wenige der beruflich relevanten Bereiche vorbereitet – und auf diese nur un- zureichend. Über zwölf Jahre im Visier der Forscher In unserer Studie, die 1100 nach ei- ner Zufallsstichprobe ausgewählte Studierende an Pädagogischen Forschung aktuell 60 Forschung Frankfurt 3/2007 003 UNI 2007/03 05.12.2007 22:25 Uhr Seite 60

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Im Studium wenig engagiert – im Beruf schnell überfordertStudierverhalten und Karrieren im Lehrerberuf – Kann man Risiken schon im Studium prognostizieren?

Wer Lehrer werden will, mussnach Studium und Berufs-

ausbildung staatlich organisierteExamen bestehen. Die Noten dieserPrüfungen sind bis auf die zweiteStelle nach dem Komma entschei-dend dafür, ob jemand ein Angebotauf Einstellung erhält oder nicht.Betrachtet man die Prozeduren derAuswahl von Lehrkräften und dieQualitätsprüfung ihrer Arbeit ge-nauer, dann wird ein bislang zu sel-ten beachtetes Problem sichtbar:Verbindliche Gütemaßstäbe und da-rauf aufbauende Verfahren der Be-urteilung ihrer Leistungen gibt esderzeit nicht. Die Einstellung neuerLehrkräfte hängt mehr von der je-weiligen Bewerberlage für Schul-stufen oder Fächer ab als von sach-lichen Kriterien. Das hat langfristigenegative Wirkungen, weil zu oft ge-eignete Bewerber abgewiesen undhäufig weniger geeignete Bewerbereingestellt werden, die dann überviele Jahre die Arbeit an Schulenbelasten. Rationale Entscheidungenwären aber nur möglich, wennsachlich begründete und graduier-bare Kriterien für die Qualität derLehrerarbeit vorlägen und wenn

Bewerber anhand dieser Kriterienüberprüft werden könnten.

Welche Kompetenzen benötigt ein Lehrer?

Die erziehungswissenschaftlicheForschung beschäftigt sich seit eini-gen Jahren intensiv mit solchenQualitätsstandards. So werden Mo-delle professioneller Kompetenzen

entwickelt, um Merkmale erfolg-reicher von Merkmalen weniger er-folgreicher Lehrkräfte zu unter-scheiden. Dabei wird angenommen,dass dieser Unterschied nicht nurvom fachlichen und pädagogischenWissen und Können abhängt, son-dern auch mit der Persönlichkeit,bestimmten Einstellungen und Motivationen verknüpft ist. Bisheute liegen im deutschen Sprach-raum aber nur für das Fach Mathe-matik aussagekräftige Studien vor –wie die COACTIV-Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsfor-schung, die den Zusammenhangvon Unterrichtserfolg und Lehrer-kompetenzen überprüft.

In einem zweiten Bereich be-schreiben und analysieren Forscher– so auch an unserem Institut – wieeinzelne Facetten des beruflichenWissens und der Handlungskompe-tenz im Verlauf von Studium undAusbildung entstehen. Aus dieserForschung sollen Konsequenzen so-

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wohl für das Studienangebot alsauch für die Beratung Studierendergezogen werden können. Eine ge-rade abgeschlossene Studie unseresInstituts orientiert sich an einer em-pirischen Untersuchung zum Kom-petenzerwerb in der Lehrerbildung,die der Züricher Erziehungswissen-schaftler Fritz Oster mit seiner For-schergruppe 2001 für das Schwei-zer Lehrerbildungssystem vorgelegthat und die in Deutschland in Fach-kreisen eine umfassende, auch kri-tische Diskussion auslöste. Oserentwickelte Kompetenzprofile oderStandards für zwölf Bereiche desLehrerhandelns, dazu gehörten bei-spielsweise »Lehrer-Schüler-Bezie-hungen mit fördernder Rückmel-dung«, »Diagnose von Lernergeb-nissen und darauf aufbauendesunterstützendes Handeln«, »Zielge-richtetheit von Unterrichtsmetho-den« oder »Umgang mit Disziplin-problemen und Schülerrisiken«.Die Schweizer Lehrer, so das Ergeb-nis der Studie, sind nur auf wenigeder beruflich relevanten Bereichevorbereitet – und auf diese nur un-zureichend.

Über zwölf Jahre im Visierder Forscher

In unserer Studie, die 1100 nach ei-ner Zufallsstichprobe ausgewählteStudierende an Pädagogischen

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Hochschulen in Baden-Württem-berg erfasst, haben wir einige vonOsers Instrumenten genutzt. Zu-sätzlich wurden aber auch fachli-ches Wissen und motivationaleAspekte berücksichtigt. Unsere Un-tersuchung, die im Jahr 1995 star-tete, wurde im Unterschied zu Oserals Längsschnitt mit mehreren Er-hebungszeitpunkten geplant, umEntwicklungen im Zeitverlauf dar-zustellen. Erhoben wurde zu Be-ginn des Studiums, nach sechs Se-mestern, am Ende des Referendari-ats und dann noch einmal nachetwa vier Jahren beruflicher Tätig-keit. Einige Ergebnisse der Studiesollen hier kurz vorgestellt werden.

Im Laufe einer solchen Längs-schnittstudie scheiden immer wie-der Befragte aus, so dass nach etwazehn Jahren nur noch eine verhält-nismäßig kleine Gruppe übrigbleibt. Etwa 30 Prozent der Studi-enanfänger wechselten bereits inden ersten drei Semestern dieHochschule, sie studierten etwasanderes oder starteten eine Berufs-ausbildung. Überraschenderweisewurden fast nie mangelhafte Prü-fungsleistungen oder zu hohe An-forderungen als Ausstiegsgründegenannt. Auch die Abiturleistungenstanden in keinem Zusammenhangmit dem Studienabbruch. Im Ge-genteil behaupteten ein Drittel derAbbrecher, dass sie sich von denfachlichen Anforderungen desLehramtsstudiums unterfordertfühlten und deshalb eine Alternati-ve suchten. Die Hälfte der Abbre-

cher nannten finanzielle oder fami-liäre Gründe. Eine nicht unbe-trächtlich große Gruppe von etwa25 Prozent aller Studienanfängerwollte eigentlich nie Lehrer wer-den, empfand die Studienwahl nurals »Notlösung«. Fast die Hälfte die-ser Gruppe stieg aus, sobald sich ei-ne Alternative bot.

Wer mit einem Lehramtsstudi-um beginnt – sei es an einer Päda-gogischen Hochschule oder wie inHessen an der Universität – legt sichdamit fest; weitere akademische Be-rufsfelder sind ihm meist versperrt;Fehlentscheidungen lassen sich nurmit großen finanziellen und zeitli-chen Verlusten korrigieren. Schondeshalb halten viele auch dann amBerufsziel »Lehrer« fest, wenn sie

während des Studiums deutlicheZweifel an der eigenen Eignungoder an der Richtigkeit ihrer Ent-scheidung haben. Dieser Schluss istzulässig, weil sich etwa 27 Prozentder untersuchten Personen (Typ 1)

bereits nach sechs Semestern inBereichen wie berufsbezogene Per-sönlichkeitsmerkmale, Engagementim Studium, berufliche Motivationund fachliches Wissen schlechteNoten geben, trotzdem aber am Be-rufsziel festhalten.

Motive für die Studienwahl

Wir haben mit standardisierten Be-fragungsskalen die Motive der Stu-dienwahl geprüft. An erster Stellehaben wir nach genuin pädagogi-schen Interessen gefragt – wie

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Modell professioneller Handlungskompetenzen im Lehrerberuf

professionelleHandlungskompetenz

Professions-wissen

Überzeugungen/Werthaltungen

motivationaleOrientierungen

selbstregulativeFähigkeiten

Fach-wissen

fach-didaktisches

Wissen

pädago-ischesWissen

Organi-sations-/

Interaktions-wissen

Beratungs-wissen

Ver-ständnis

vonschul-nahemStoff/

Aufgaben

Dia-gnos-tische

Kompe-tenz

Er-klärungs-wissen

Bezugs-norm-

orientie-rung

WissenüberLern-

prozesse

Kompetenz-Bereiche

Kompetenz-facetten

Dieses Modell,das von den For-schern des Max-Planck-Institutsfür Bildungsfor-schung in der COACTIV-Studieentwickelt wurde,gliedert das Pro-fessionswissennoch einmal ineinzelne Facetten.Es wird angenom-men, ein entwi-ckeltes Modellkönne Lern- oderMotivationseffektevon Schülerndurch Eigenschaf-ten der Lehrkräfteerklären.

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Mehr als nur lästi-ges zeitraubendesKorrigieren – fach-didaktisches Wis-sen ist gefragt,wenn Schüler ausden Anmerkungenihres Lehrers et-was lernen, aberauch motiviertwerden sollen.

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»möchte mit Kindern oder Jugend-lichen arbeiten«. Dann haben wirpragmatische Gründe für die Studi-enwahl erhoben – wie »möchte einmöglichst kurzes Studium«, »siche-rer Arbeitsplatz nach dem Studi-um«. Schließlich wurde eine Skalagenutzt, die hedonistische Motiveerfasst – wie »möchte kein schwie-riges Studium«, »möchte meinenHobbys weiter nachgehen können«.Häufig waren negative Selbstein-schätzungen des Studienverlaufsmit hedonistischen Motiven derStudienwahl verknüpft: geringe

Anforderungen im Studium, wenigZeitaufwand, Zeit für andere Inte-ressen. Vielleicht nicht ganz überra-schend zeigte sich auch bei anderenGruppen, die das Studium optimis-tisch eingeschätzt und erfolgreichabgeschlossen haben, eine starkpragmatische Orientierung: DerWunsch, im Studium und im späte-ren Beruf in der Nähe des Heimat-ortes bleiben zu können oder dieHoffnung auf ein überschaubaresStudium und einen sicheren, fami-lienfreundlichen Arbeitsplatz lagenim Vergleich mit anderen Motiven

bei über 50 Prozent aller Befragtenweit oben. Etwas überspitzt könnteman formulieren, nicht nur »gebo-rene Erzieher« (Eduard Spranger)drängen ins Lehramt, sondern oftauch Pragmatiker oder Hedonisten.Dieses Ergebnis zerstört vielleichtmanche Hoffnungen der geisteswis-senschaftlichen Pädagogik, wieSpranger sie in den 1920er Jahrenvertrat, der ein ausgeprägtes päda-gogisches Ethos als wichtigste Vo-raussetzung für den Lehrerberufansah. Doch können auch mit an-deren persönlichen Voraussetzun-gen und Motiven ausreichendes berufsrelevantes Wissen sowie dienotwendigen Handlungskompeten-zen entwickelt werden?

Für diese Fragestellung betrach-ten wir nur noch diejenigen 50 Pro-zent der Stichprobe, die nach einemerfolgreichen Studium zeitnah indas Referendariat wechselten, indem die beruflichen Kompetenzenweiterentwickelt werden sollen.Wir haben mit den am Ende desStudiums erhobenen Daten (Skalenzu Studien- und Berufswahlmoti-ven, Selbsteinschätzungen des Stu-dienverlaufs und Persönlichkeits-merkmale wie Verlässlichkeit, Neu-rotizismus oder Extraversion) mitHilfe statistischer Verfahren (Clus-ter- und Diskriminanzanalyse) eineGruppierung der Berufsanfängervorgenommen, so dass Personenmit großer Ähnlichkeit in denMerkmalen typisierend beschriebenwerden können. Von den dreiidentifizierten Typen lassen sich diebeiden extremen Gruppen gut un-terscheiden.

Von »Engagierten« und»Pragmatikern

Typ 1 umfasst 27 Prozent aller Be-fragten, die als »riskant Studieren-de« beschrieben werden können.Sie erreichten in nahezu allen Ska-len nur unterdurchschnittlicheWerte. Ihre berufsbezogenen Per-sönlichkeitsmerkmale schätzen siesehr skeptisch ein, und ins Studiumhaben sie sich nicht gut integriertund waren mit dem Studienange-bot sehr unzufrieden. Sie haben dasStudium und den Beruf in erste Li-nie deshalb gewählt, weil sie keinepassende Alternative fanden. ImGegensatz dazu steht der Typ 2,»die Engagierten«, mit knapp 38Prozent, sie erreichten in nahezuallen Bereichen positive Werte. Sieschätzen ihren Zeitaufwand für das

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Typisierung derStudierendennach Studienver-lauf und Selbst-einschätzung. DieGruppierung er-folgt durch eineClusteranalyse.Abgebildet werdendie arithmetischenMittel der z-stan-dardisierten Werteder Clustervaria-blen und die je-weiligen Konfi-denzintervalle (5-Prozent-Niveau)der Schätzer fürdrei Typen vonLehramtsstudie-renden: Typ 1zeichnet sichdurch besondersungünstige Werteaus und betrach-tete sich schonwährend des Stu-diums als weniggeeignet. Typ 2 repräsentiert diebesonders enga-gierten Studieren-den, und Typ 3umfasst die»Pragmatiker«.

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Die drei Grundtypen und ihre Selbstbewertung

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1 (n = 142)2 (n = 186)3 (n = 198)

Frontalunterricht gehört in deutschen Klassenzimmern zur Standardausstattung – vertieftes Wissen über denZusammenhang von Gestaltungsmerkmalen des Unterrichts und Lernprozessen könnte Alternativen eröffnen.

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Brunner, M., Kun-ter, M., Krauss, S.,Klusmann, U.,Baumert, J., Blum,W., Neubrand, M.,Dubberke, T., Jor-dan, A., Löwen, K.,& Tsai, Y.-M.(2006), Die profes-sionelle Kompe-tenz von Mathe-matiklehrkräften:Konzeptualisie-

Literatur

rung, Erfassungund Bedeutung fürden Unterricht. Ei-ne Zwischenbilanzdes COACTIV-Pro-jekts, in M. Prenzelund L. Allolio-Nä-cke (Hrsg.), Unter-suchungen zur Bil-dungsqualität vonSchule, Abschluss-bericht des DFG-

Schwerpunktpro-gramms, S. 54 – 82,Münster: Waxmann.

Oser, F./Oelkers , J.(2001), Die Wirk-samkeit der Lehrer-bildungssysteme,Von der Allrounder-bildung zur Ausbil-dung professionellerStandards, Zürich:Rüegger Verlag.

Rauin, U./Maier, U.(2007), SubjektiveEinschätzungendes Kompetenz-erwerbs in derLehramtsausbil-dung, in: For-schung zu Lehrer-bildung, M.Lüdersund J. Wissinger(Hrsg.), S. 103 –133, Münster:Waxmann.

Studium sehr viel höher ein als diebeiden anderen Gruppen, etwadoppelt so hoch wie die »riskantenStudierenden« (Typ 1). Sie arbeite-ten besonders intensiv in Semina-ren mit und kooperierten mit ihrenKommilitonen. HedonistischeGründe für die Berufswahl lehntensie deutlich ab. Ihre persönlicheEignung bewerteten sie ebenso po-sitiv wie ihre Zufriedenheit mit demStudium. Der Typ 3, »Pragmatiker«,umfasst etwa 35 Prozent der Stu-dierenden. Im Unterschied zu denanderen beiden Typen überwiegenpragmatische Motive der Studien-und Berufswahl, obwohl sie auchhedonistische oder pädagogischeMotive zu haben scheinen. Sie inte-grieren sich ins Studium vor allemüber soziale Beziehungen zu Kom-militonen und weniger über die Mit-arbeit in Seminaren oder durchthemenbezogene Kooperation. Ihrepersönliche Belastbar- keit und Eig-nung schätzten sie nur durch-schnittlich ein. Der pragmatischeTyp investierte weniger Zeit ins Stu-dium als der engagierte, und er istnur mäßig zufrieden mit dem Stu-dienverlauf, auch wenn für ihn dasStudium keine Notlösung war.

Bei denen, die erfolgreich stu-dierten, haben wir unter anderemverfolgt, wie sie ihre Kompetenzselbst einschätzen und wie sie sichberuflich entwickeln. Schon am En-de des Studiums fällt auf, dass derErwerb von Kompetenzen unter-schiedlich verläuft : Der »riskantStudierende« (Typ 1) bleibt in allenvier Bereichen, didaktische Kompe-tenz, diagnostische Kompetenz,Klassenmanagement und organisa-torische Kompetenz, deutlich hinterden Werten der beiden übrigenGruppen zurück. Die »Engagierten«(Typ 2) haben einen kleinen Vor-sprung vor den »Pragmatikern«(Typ 3). Die Unterschiede sind zwarnicht so ausgeprägt wie erwartet,gehen aber immer in die gleicheRichtung. Natürlich kann man ein-wenden, dass derartige beruflicheKompetenzen im Studium nur sehrbegrenzt entwickelbar sind. Wirkönnen, von der zweiten Befragungausgehend, die während des Studi-ums stattfand, aber noch weiter indie Zukunft schauen und danachfragen, ob die Zugehörigkeit zu ei-nem bestimmten Studiertyp einePrognose für den zeitgerechtenÜbergang in die zweite Phase derLehrerbildung und für den erfolg-

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reichen Berufsabschluss zulässt.Entsprechend unserer Voraussagehaben die »riskant Studierenden«nach Abschluss der Berufsausbil-dung nur noch einen Anteil von17,6 Prozent gegenüber 27 Prozentin der zweiten Befragung. EinigePersonen dieses Typs haben – wennauch zu einem sehr späten Zeit-punkt – nach beruflichen Alternati-

ven gesucht, die besser zu ihren In-teressen und Fähigkeiten passen.Welche Bedeutung für diese Ent-scheidung die generell sehr niedrigeDurchfallquote von unter 5 Prozentin der zweiten Staatsprüfung ge-spielt hat, ließ sich aus Gründen desDatenschutzes nicht prüfen. DerAnteil der »Pragmatiker« (Typ 3) istkonstant geblieben, während derAnteil der »Engagierten« um 10Prozent anwächst. Dieser Befundstimmt mit unseren Erwartungenin der Tendenz überein. Wir sindaber überrascht, wie groß der An-

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teil der weniger zielstrebigen undnach eigener Einschätzung wenigergeeigneten Studierenden (Typ 1)ist, die sich beruflich etablierenkönnen.

Zweifel am »Burn-out«

In der letzten Erhebung (2007),nach vier weiteren Berufsjahren,fanden wir einen deutlichen Zu-

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Vom Studium zum Beruf: Verteilung der Typen

Studium(1999)

Im Beruf(2003)

27,0% 35,4% 37,6%

17,6% 44,8% 37,6%

Typ 1 Typ 2 Typ 3»riskant« »engagiert« »pragmatisch«

Selbsteinschätzung der pädagogischen Kompetenzen am Ende des Studiums fürdrei Typen von Studierenden. Der Prozentwert gibt an, welcher Anteil der beruflichrelevanten Kompetenzen entwickelt wurde. Die riskant Studierenden (blau) sind inder Selbsteinschätzung aller Bereiche der erworbenen Kompetenzen deutlichschwächer als die Vergleichsgruppen. Trotzdem halten viele aus dieser Gruppe amBerufsziel fest.

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Selbsteinschätzung der pädagogischen Kompetenzen nach Studienende

100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0DidaktischeKompetenz

DiagnostischeKompetenz

Klassen-management

OrganisatorischeKompetenz

Wie verteilen sich die drei Typennach dem Zeitpunkt der Erhebung? Risi-kofälle schließen zwar seltener als ande-re ihre Referendarausbildung erfolgreichab, aber sie bilden immer noch einenerheblichen Anteil und werden dann alsLehrer eingestellt.

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Wie lässt sich dieEignung oder Kom-petenz von Lehrernfeststellen? EineFrage, zu der dieempirische Bil-dungsforschungverschiedene Mo-delle entwickelthat. Instrumentezur objektivenMessung dieserkomplexen Merk-male fehlen je-doch noch.

sammenhang zwischen Studiertypund dem Ausmaß berufstypischerBelastungen: Etwa 10 Prozent derin dieser Phase Befragten scheinenbereits nach wenigen Jahren vonden beruflichen Anforderungenund Situationen stark überfordert

zu sein. Die oft vertretene These,besonders engagierte Lehrkräfte sei-en aufgrund der starken Diskrepanzzwischen den selbst gesteckten Zie-len und der beruflichen Realität an-fällig, im Beruf »auszubrennen«(»Burn-out-Hypothese«) ließ sichdagegen nicht bestätigen. Etwa 60Prozent derer, die sich den Anforde-rungen des Berufs nicht gewachsenfühlten, waren auch schon im Stu-dium überfordert und wenig enga-giert. Aus der größeren Gruppe derengagierten Studierenden kommendagegen nur 10 Prozent der Fälle.Mit anderen Worten, die über be-sondere Belastungen Klagendenhaben vermutlich nie »gebrannt«.

Unsere Befunde führen zu un-terschiedlichen Empfehlungen.Wenn bereits sehr früh im Studiummit relativ einfachen Instrumententypische Risiken prognostizierbarsind, dann liegt es nahe, mehr indie Beratung der Studienanfängerzu investieren. Dabei könnten man-che ihre Studien- und Berufswahlnoch einmal kritisch prüfen. SolcheBeratungssysteme werden beispiels-

weise an Österreichischen Universi-täten (www.cct-austria.at/) schon er-probt. Aber ob diese freiwillige Be-ratung die erhofften Wirkungenzeigt, bleibt abzuwarten. Das Risiko,trotz ungünstiger Voraussetzungenin den Beruf zu gelangen, ließe sichauch abmildern, wenn die Ent-scheidung nicht nur für Lehrkräfte,sondern auch für Schulen revidier-bar wäre. Das würde aber voraus-setzen, den Beamtenstatus derLehrkräfte aufzuheben und Studi-um und Beruf stärker zu entkop-peln. In jedem Fall sollten Instru-mente und Prozeduren entwickeltwerden, mit deren Hilfe beruflicheEignung und Fähigkeiten besserfeststellbar sind als mit den zur Zeitdurchgeführten Staatsexamen. ◆

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Der Autor

Prof. Dr. Udo Rauin, ist seit 2006 Pro-fessor für empirische Schul- und Unter-richtsforschung im Fachbereich Erzie-hungswissenschaften, Institut für Päda-gogik der Sekundarstufe. Er lehrtevorher an einer Pädagogischen Hoch-schule in Baden-Württemberg. E-Mail: [email protected]

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