Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

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ZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND Samstag, 28. März 2020 · Nr. 75 / 13 R 0 HERAUSGEGEBEN VON GERALD BRAUNBERGER, WERNER D’INKA, JÜRGEN KAUBE, BERTHOLD KOHLER 3,20 € D 2955 A F.A.Z. im Internet: faz.net Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH; Kundenservice: (069) 75 91 - 10 00, Telefax: (069) 75 91 -21 80 oder www.faz.net/meinabo. Briefe an die Herausgeber: [email protected] Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Österreich, Portugal (Cont.), Slowakei, Slowenien, Spanien 4,00 € / Griechenland, Kanaren, Malta, Niederlande, Zypern 4,10 € / Dänemark 32 dkr / Großbritannien 3,70 £ / Schweiz 5,30 sfrs / Ungarn 1120 Ft 4<BUACUQ=fadcae>:r;l;l;W;Y Viel Zeit haben – und den liebsten Zeitvertreib nicht mehr: Der Freund des Sports muss die Leere aushalten. Sport, Seite 36 Die Corona-Krise dürfte Eigenheimbesitzern schlaflose Nächte bereiten. Sie müssen feste Raten zahlen, um ihre Darlehen abzubezahlen. Finanzen, Seite 29 Diese Kulturschätze kann man essen: Viele Kochbücher enthalten Rezepte für ein glückliches und gesundes Leben – warum denn nur? Feuilleton, Seite 14 Die Berufswelt ordnet sich neu: Danach, wie wichtig Tätigkeiten in der Gesundheitskrise sind – und wie riskant. Beruf und Chance, Seite C 1 Corona und die Folgen für die Stadt: Wird gerade im größten Feldversuch aller Zeiten erprobt, was künftig Alltag werden soll? Feuilleton, Seite 11 A uch wenn viele ältere Mitbür- ger sich unter dem Eindruck der Ausgangsbeschränkun- gen und häuslicher Isolation an trau- matische Erlebnisse in Kindheit oder Jugend erinnern und Präsidenten von Macron bis Trump sich an martiali- scher Rhetorik überbieten: Der Kampf gegen die Ausbreitung des Co- ronavirus ist kein Krieg. Anstatt zu kämpfen und töten gilt es, so viele Le- ben zu retten wie möglich. Was bei der Entscheidung zwischen Heilungschancen und sicherem Tod wo, von wem und wie zu berücksichti- gen ist, hat die Medizin über Jahrhun- derte gelernt – oft in unmittelbarer Konfrontation mit Verwundeten und Sterbenden auf den Schlachtfeldern vor allem Europas, aber auch in Kata- strophenfällen und Pandemien wie der Spanischen Grippe vor gut hun- dert Jahren. Dieses, in Friedenszeiten vielfach verfeinerte, aber auch oft ver- gessene Wissen kann und muss nun auch hierzulande wieder aktiviert wer- den. Zwar scheint die intensivmedizi- nische Versorgungskapazität des deut- schen Gesundheitswesens derzeit so groß zu sein, dass Patienten aus Nord- italien und dem Elsass in Deutsch- land behandelt werden können. Doch kann und darf niemand ausschließen, dass die derzeitige Ruhe nur die vor dem Sturm ist. Sieben medizinische Fachgesell- schaften und der Deutsche Ethikrat haben in dieser Woche umfangreiche Empfehlungen für den Fall vorgelegt, dass vor oder in deutschen Kliniken Entscheidungen darüber getroffen werden müssen, welche Patienten in den Genuss welcher Behandlungs- möglichkeiten kommen dürfen und welche womöglich nicht (mehr). Ein- fach zu handhaben sind diese Empfeh- lungen nicht, geht es doch um zutiefst tragische Situationen. Zudem ist es einfacher, festzulegen, was unter allen Umständen verboten ist, als Kriterien für eine positive Priorisierung aufzu- stellen. Doch alles in allem sind diese Empfehlungen nicht nur fachlich für die Ärzteschaft überaus hilfreich. Sie stützen auch das Vertrauen der Bür- ger darin, dass es in der Medizin fair und gerecht zugeht, ohne Ansehen der Person. Auch das ist ein Beitrag zum gesellschaftlichen Frieden nicht zum Krieg. bub. BERLIN. Die Sicherheitsbehörden haben im vergangenen Jahr mehr als 1700 Angriffe auf Asylbewerber und Flücht- lingsunterkünfte registriert. Wie aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine kleine Anfrage der Linken-Abge- ordneten Ulla Jelpke hervorgeht, gab es 1620 Übergriffe auf Flüchtlinge außerhalb von Unterkünften; 229 Personen wurden dabei verletzt. Von den 128 Attacken auf Unterkünfte rechnen die Behörden 118 dem rechten Milieu zu. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Zahlen etwas gesunken, für 2018 waren rund 1950 Angriffe auf Flüchtlinge und Unterkünfte registriert worden. Jelpke weist allerdings darauf hin, dass sich die Zahl für 2019 durch Nach- meldungen wohl noch erhöhen werde. F.A.Z. FRANKFURT. Die Präsidenten Chinas und Amerikas haben in einem Te- lefonat am Freitag nach wochenlangen verbalen Streitigkeiten versöhnliche Töne angeschlagen. Xi Jinping bot den Vereinig- ten Staaten die Unterstützung seines Lan- des im Kampf gegen das Coronavirus an. China verstehe die Notlage Amerikas, sag- te Xi laut der amtlichen Nachrichtenagen- tur Xinhua. Zugleich rief er den amerikani- schen Präsidenten zur Kooperation bei der Bekämpfung der Pandemie auf. Do- nald Trump schrieb auf Twitter, er habe eine „sehr gute Unterhaltung mit Chinas Präsident Xi“ gehabt und beide Seiten ar- beiteten eng zusammen. Man habe in „gro- ßer Detailtiefe“ über das Virus gespro- chen. „China hat viel durchgemacht und hat ein tiefes Verständnis für das Virus entwi- ckelt“, schrieb der Präsident und äußerte „Respekt“ gegenüber China. Zuvor hatte Trump die chinesische Führung verärgert, indem er das Coronavirus mehrfach als „Chinesisches Virus“ bezeichnet hatte. Die Vereinigten Staaten haben inzwischen China als Land mit den meisten registrier- ten Infektionen überholt. Die Johns-Hop- kins-Universität meldete am Freitagmor- gen mehr als 86 000 Fälle. 1300 Personen starben bislang in Amerika an Covid-19. Um die Gefahr von Neuinfektionen zu re- duzieren, schließt China von diesem Sams- tag an auf unbestimmte Zeit die Grenzen für Ausländer. Ausgenommen sind Diplo- maten. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) forderte un- terdessen Russland und andere dazu auf, in der gegenwärtige Lage nicht weiter mit Cyberattacken und Desinformationskam- pagnen gegen Deutschland vorzugehen. Die Ministerin sagte dieser Zeitung: „Der Kampf gegen Corona ist eine Menschheits- aufgabe, unabhängig von Ideologien. Ich würde mir sehr wünschen, dass dort die staatliche Propaganda ausgesetzt und statt- dessen den eigenen Menschen geholfen und auch Hilfe von außen angenommen wird. Was wir allerdings sehen, ist, dass Angriffe auf der Cyber-Ebene keineswegs nachlassen und weiter Fake News verbrei- tet werden.“ Kramp-Karrenbauer sagte, die Bundeswehr stehe für weitere Hilfe be- reit, auch für die europäischen Nachbarn. In einer Ad-hoc-Stellungnahme zur Co- rona-Krise hat der Deutsche Ethikrat Ori- entierungshilfen für Ärzte formuliert, die zu der Entscheidung gezwungen sein könnten, welche Patienten intensivmedizi- nische Behandlung erhalten und welche nicht. Der Staat dürfe menschliches Leben nicht bewerten und deshalb auch nicht vor- schreiben, welches Leben in einer Kon- fliktsituation zu retten sei. Die Verantwor- tung, in solchen Konfliktsituationen kata- strophaler Knappheit medizinischer Res- sourcen über Leben und Tod zu entschei- den, dürfe den Ärzten nicht allein aufge- bürdet werden. Zugleich müssten die frei- heitsbeschränkenden Infektionsschutz- maßnahmen fortlaufend kritisch bewertet werden. Auch wenn es noch zu früh sei, Beschränkungen zu lockern, müsse be- dacht werden, wie man einigermaßen ge- ordnet zum gesellschaftlichen Leben zu- rückkehren könne, so der Ethikrat. Der Bundesrat billigte am Freitag das umfas- sende Hilfspaket gegen die Corona-Krise. Es enthält Maßnahmen zur Rettung von Arbeitsplätzen und Unternehmen, zur Un- terstützung von Krankenhäusern sowie zur Sicherung von Lebensunterhalt und Wohnung der Bürger. Italien hat am Freitag fast 1000 Corona- Tote an einem Tag gemeldet und damit so viele wie an keinem Tag zuvor. Die Ge- samtzahl stieg auf 9134, wie der Zivil- schutz mitteilte. Das spanische Gesund- heitsministerium berichtete am Freitag von 769 Toten innerhalb von 24 Stunden. Auch das waren so viele wie noch an kei- nem Tag zuvor. Insgesamt wurden bisher 4858 Todesfälle gezählt. Die spanische Re- gierung hofft dennoch darauf, dass der Hö- hepunkt der Pandemie bald erreicht und überschritten sein wird, da sich die Zahlen allmählich „stabilisierten“. Die bis Freitag 64 000 nachgewiesenen Infektionen hal- ten Fachleute jedoch für zu niedrig. Frank- reichs Premierminister Edouard Philippe kündigte am Freitag derweil die Verlänge- rung der allgemeinen Ausgangssperre um weitere zwei Wochen bis zum 15. April an. Der britische Premierminister Boris John- son teilte auf Twitter mit, dass er sich mit dem Coronavirus angesteckt habe. Die politische Stimmung in Deutsch- land ist unter dem Eindruck der Corona- Pandemie so stark in Bewegung wie seit langem nicht mehr. Das ZDF-Politbarome- ter verzeichnet in der Sonntagsfrage einen Anstieg des Wertes für CDU/CSU um sie- ben Punkte auf 33 Prozent – ein Sprung, wie er innerhalb einer Woche noch nie be- obachtet wurde. Die anderen Parteien ver- harren oder verlieren, am stärksten mit mi- nus vier Punkten die AfD auf zehn Pro- zent. Die Liste der beliebtesten Politiker führt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an. Auf Platz zwei folgt der bayeri- sche Ministerpräsident Markus Söder (CSU), auf Platz drei Bundesgesundheits- minister Jens Spahn (CDU) vor Bundesfi- nanzminister Olaf Scholz (SPD). Insge- samt stößt die Arbeit der Bundesregierung auf so viel Anerkennung wie selten in der Vergangenheit. In einer Umfrage von Infra- test dimap für den ARD-Deutschland- trend zeigten sich drei Viertel mit dem Kri- senmanagement der Regierung zufrieden oder sehr zufrieden. Auf ebenfalls hohe Zustimmung stoßen die Kontakt- und Aus- gangseinschränkungen. (Siehe Seiten 2 bis 7, 10, Deutschland und die Welt, Feuille- ton, Seiten 11 und 16, Wirtschaft, Seiten 19 bis 24 sowie Rhein-Main-Zeitung.) dc. BERLIN. Bundessozialminister Hu- bertus Heil (SPD) plant eine weitere Ren- tenreform, um den Anstieg der Renten über das Jahr 2025 hinaus zu verstärken. Nach der geplanten Grundrente für Ge- ringverdiener wolle er bis Herbst Vorschlä- ge vorlegen, wie man das allgemeine Ren- tenniveau und den Rentenbeitragssatz durch eine fortlaufende Festlegung soge- nannter Haltelinien langfristig stabilisie- ren könne, kündigte er am Freitag an. Heil stützt sich dabei auf den kurz zuvor vorge- legten Bericht einer Rentenkommission, die im Auftrag der Regierung Empfehlun- gen erarbeitet hatte. Sie sehen eine Stabili- sierung des Rentenniveaus bei bis zu 49 Prozent und Beitragssätze von bis zu 24 Prozent vor. (Siehe Wirtschaft, Seite 19.) M it dem Föderalismus ist es eine eigentümliche Sache. Er wird so lange gelobt, bis jemand Ernst mit ihm macht. Dann sind alle wieder für Zentralismus. Der Dissens über das Abitur hat das soeben noch einmal gezeigt. Als die schleswig-holsteinische Kultusminis- terin die Absicht des Landes kundtat, auf die Abiturprüfungen der Pande- mie halber zu verzichten, war das Ge- schrei groß. Sie sei „vorgeprescht“, sagten dieselben, die soeben noch das bayerische Vorpreschen bei den Ausgangsbeschränkungen vorbild- lich fanden und dem ganzen Land empfahlen nachzupreschen. Das weist auf den rhetorischen Umgang mit dem Föderalismus hin. Wenn in manchen Bundesländern et- was entschieden wird, das den Kom- mentatoren gefällt, dann ist Föderalis- mus gut. Missfällt es hingegen, ist so- fort von Kleinstaaterei und Schlimme- rem die Rede. Es herrsche Chaos, schimpfte beispielsweise ein Lehrer- funktionär, der den Begriff offenbar schon länger nicht mehr im Unter- richt erläutern musste. Wo aber wäre denn das Chaos, wenn ein Bundes- land zu anderen Verfahren der Leis- tungsbeurteilung überginge? Hat Gott der Herr die Abiturklausur er- funden? Oder wollen wir nicht lieber darüber reden, was an ihr, je nach Lage und überhaupt, vernünftig ist? Etwa im Unterschied zu einer Ein- gangsprüfung der Universitäten. Unterschiedliche Praktiken der Länder seien ungerecht, hieß es wei- ter. Doch warum dann überhaupt Bil- dungsföderalismus? Denn Föderalis- mus heißt ebendies: unterschiedliche Praktiken. Und wieso es gerecht ist, wenn sich die bayerischen und nordrhein-westfälischen Abiturien- ten jetzt bis Mai vorbereiten können, während die rheinland-pfälzischen schon geprüft wurden, ist ebenfalls nicht auf Anhieb ersichtlich. Es wur- de sogar die abenteuerliche Behaup- tung bemüht, man wolle in Schles- wig-Holstein doch nur verschleiern, dass dort die Abiturienten sich in den Abschlussprüfungen gegenüber den Vorleistungen eher nicht verbesser- ten. Sollte heißen: Sie würden dort vorher besser benotet, als sie sind. Ungleichheitsempfindlich zurück- gefragt: Werden die Schüler im Süden vorher schlechter benotet, als sie ei- gentlich sind? Die Vorstellung eines objektiv ermittelbaren Könnens, das sich in Klausuren dokumentiert, be- weist Ahnungslosigkeit in der Sache wie Gedächtnisverluste. Man muss sich nur an das eigene Abitur erin- nern, um zu konzedieren, dass es sich vermutlich nicht um einen zweifels- freien Nachweis von Bildung handelt, sondern um ein interessantes Ritual. Es überprüft in erster Linie Fleiß. Entsprechend hieß es, im Süden strengten sich die Schüler auf der Ziel- geraden mehr an. Herr Drosten wür- de hier allerdings um gut gemachte Studien statt um Vorurteile bitten. Diese Studien gibt es freilich nicht. Ein oder zwei Zehntelpunkte der Ge- samtnote mache an Gymnasien die Schlussprüfung aus, weiß die soge- nannte empirische Bildungsfor- schung. Was nimmt wohl noch alles in diesem Umfang Einfluss auf das Er- gebnis der Schüler? Für die Föderalismus-Debatte ist es aufschlussreich, dass manche die Zuständigkeit der Länder sowieso un- gerecht finden. Ein Bundeszentral- abitur müsse her, damit der Weg zur 1,0 überall gleich beschwerlich sei. Das wiederum wollen diejenigen nicht, die den Föderalismus nur hoch- halten, weil sie dabei an die Schulpoli- tik von Bayern, Sachsen oder Baden- Württemberg denken. Denn sie wis- sen, dass ein Bundeszentralabitur zur Absenkung der Standards führen wür- de. Weshalb? Weil es politisch nicht durchzuhalten wäre, wenn bei gleich hohen anstatt gleich niedrigen Stan- dards an manchen Gymnasien kaum noch jemand mit einem „sehr gut“ durchkäme. Also hüpfen sie von ei- nem Bein auf das andere. Die Schul- politik soll föderal bleiben, die Abitur- politik hingegen versinkt angeblich im Chaos, wenn sie es wäre. Doch Föderalismus kann kein Ar- gument sein, das man immer dann zurückzieht, wenn andernorts etwas anders praktiziert wird. Rücksicht auf lokale und regionale Unterschie- de einerseits, Ungewissheit über den richtigen Weg andererseits, so lauten die sinnvollen Begründungen für fö- derale und subsidiäre Entscheidun- gen. Als Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) den bayeri- schen Maßnahmen der Seuchenbe- kämpfung nicht in vollem Umfang folgte, weil in Hessen die Lage einst- weilen eine andere sei, machte er von beiden Argumenten Gebrauch. Der Sinn des bildungspolitischen Föderalismus liegt auf derselben Ebe- ne. Die Klage, Abiturergebnisse müss- ten vergleichbar sein und deshalb auf denselben Voraussetzungen beruhen, scheitert schon innerhalb der Bundes- länder. Oder will jemand ernsthaft be- haupten, die Schüler in den schwie- rigsten Vierteln Gelsenkirchens hät- ten dieselben Voraussetzungen wie die in den besten Düsseldorfs? Man kann das abblenden, um sich in die Phantasie hineinzusteigern, ohne ein- heitliche Abiturprüfungen leide die Bildung. Dann aber soll man es nicht im Namen einer illusorischen Gerech- tigkeit tun. Und nicht im Namen des Föderalismus. Weshalb er sich durch Zentralismus nicht retten lässt, ist eine Abituraufgabe der leichteren Art. rüb. ROM. In einem beispiellosen Gottes- dienst wollte Papst Franziskus am Freitag- abend auf dem für Besucher gesperrten Petersplatz in Rom für ein Ende der Coro- na-Pandemie beten und den Segen „Urbi et orbi“ spenden, den feierlichsten Segen der katholischen Kirche. Er wird sonst nur zu Weihnachten und Ostern sowie nach einer Papstwahl erteilt. Das Gebet sollte auf den Stufen des Petersdoms statt- finden. Zu hohen Feiertagen versammeln sich bis zu 100 000 Gläubige auf dem Pe- tersplatz und der anschließenden Via del- la Conciliazione. Die einstündige Zeremo- nie auf dem menschenleeren Platz sollte von zahlreichen Radio- und Fernsehsen- dern in der ganzen Welt übertragen wer- den. (Siehe Seite 5.) Briefe an die Herausgeber, Seite 31 Epizentrum der Corona-Krise? Der verlassene Times Square in New York am Donnerstag Foto dpa löw. WIEN. Die ungarische Regierung hat Kritik an einem Gesetzesvorhaben zu- rückgewiesen, das es Ministerpräsident Viktor Orbán ermöglichen soll, in der Co- rona-Krise mit Dekreten zu regieren und bestehende Gesetze außer Kraft zu set- zen. Berichte darüber und auch die Reak- tionen europäischer Institutionen beruh- ten auf Missverständnissen oder gar ab- sichtlichen Verdrehungen, sagte Justizmi- nisterin Judit Varga am Freitag in einem Gespräch mit internationalen Medien. Ungarn habe das gleiche Recht wie alle anderen Staaten, seine Bürger zu schüt- zen und die Wirtschaft vor Schaden zu be- wahren, sagte die Politikerin der natio- nal-konservativen Partei Fidesz. Varga versicherte, dass das Gesetz nicht die Befugnisse des Parlaments schmälere, da es die Ermächtigung jederzeit widerru- fen könne. „Das ist ein wesentliches Ele- ment“, sagte sie. Das Parlament werde nicht daran gehindert, weiter zu tagen. „Wir zählen auf das Parlament und seine volle Arbeitsbereitschaft.“ Außerdem wer- de sich weiterhin jeder entsprechend den verfassungsmäßigen Befugnissen recht- lich gegen jedes Dekret wenden können bis hin zum Verfassungsgericht. Die Ministerin verteidigte auch eine Strafrechtsverschärfung, die in einem Pa- ket mit der Notstandsermächtigung verab- schiedet werden soll. Sie sieht unter ande- rem hohe Haftstrafen für die Verbreitung falscher Behauptungen im Zusammen- hang mit dem Notstand vor. Varga ver- wies darauf, dass die Strafbarkeit nur auf solche Falschbehauptungen ziele, die ab- sichtlich Schaden hervorriefen. „Das ist angemessen, um Fehlinformationen zu konterkarieren.“ Zwei Journalisten regie- rungskritischer ungarischer Medien, Már- ton Gergely und Dániel Rényi, äußerten hingegen in einer Online-Pressekonfe- renz eines Wiener Presseclubs die Vermu- tung, es gehe wohl nicht darum, Journalis- ten einzusperren, aber die unabhängigen Medien unter Druck zu setzen und zur Selbstzensur zu bewegen. Unterdessen ist zwischen Deutsch- land, Österreich und Ungarn ein koordi- niertes Verfahren verabredet worden, da- mit in Westeuropa berufstätige Bürger osteuropäischer Länder trotz der Reisebe- schränkungen weiterhin in ihre Heimat gelangen können. Das betrifft hauptsäch- lich Rumänen und Bulgaren. In den ver- gangenen Tagen ist es wiederholt zu lan- gen Staus an den wegen der Corona-Kri- se teilweise geschlossenen Grenzen ge- kommen. Am Übergang Nickelsdorf zwi- schen Österreich und Ungarn staute sich der Verkehr am Freitag wieder auf 17 Ki- lometer. Nunmehr sollen an bestimmten französisch-deutschen Übergängen Kon- vois zusammengestellt werden. Sie wer- den durch Deutschland, dann durch Österreich und Ungarn durch die Polizei eskortiert. Wer braucht schon ein Stadtzentrum Blick in das Nichts Mehr als 1700 Angriffe auf Asylbewerber Heil plant langfristige „Haltelinie“ für die Rente Papst Franziskus erteilt „Urbi et orbi“-Segen Traumhaus in Gefahr Xi Jinping bietet Amerika Hilfe an „Gemeinsamer Kampf gegen Corona-Pandemie“ / Deutsche zufrieden mit Krisenmanagement Ungarn weist internationale Kritik zurück „Gesetz wird Befugnisse des Parlaments nicht schmälern“ / Vorwurf der Verdrehung Föderalismus heißt Ungleichheit Von Jürgen Kaube Philosophie im Suppentopf So viele Leben retten wie möglich Von Daniel Deckers Dass sich Föderalismus nicht durch Zentralismus retten lässt, ist eine Abi-Aufgabe leichter Art. Corona-Helden UPLOADED BY "What's News" vk.com/wsnws TELEGRAM: t.me/whatsnws

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ZEITUNG FÜR DEUT SC H LAND

Samstag, 28. März 2020 · Nr. 75 / 13 R0 HERAUSGEGEBEN VON GERALD BRAUNBERGER, WERNER D’INKA, JÜRGEN KAUBE, BERTHOLD KOHLER 3,20 € D 2955 A F. A. Z. im Internet: faz.net

Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH; Kundenservice: (069) 75 91 - 10 00, Telefax: (069) 75 91 - 21 80 oder www.faz.net/meinabo. Briefe an die Herausgeber: [email protected]

Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Österreich, Portugal (Cont.), Slowakei, Slowenien, Spanien 4,00 € / Griechenland, Kanaren, Malta, Niederlande, Zypern 4,10 € / Dänemark 32 dkr / Großbritannien 3,70 £ / Schweiz 5,30 sfrs / Ungarn 1120 Ft4<BUACUQ=fadcae>:r;l;l;W;Y

Viel Zeit haben – und denliebsten Zeitvertreib nichtmehr: Der Freund des Sportsmuss die Leere aushalten.Sport, Seite 36

Die Corona-Krise dürfteEigenheimbesitzern schlafloseNächte bereiten. Sie müssenfeste Raten zahlen, um ihreDarlehen abzubezahlen.Finanzen, Seite 29

Diese Kulturschätze kann manessen: Viele Kochbücherenthalten Rezepte für einglückliches und gesundes Leben– warum denn nur?Feuilleton, Seite 14

Die Berufswelt ordnet sich neu:Danach, wie wichtig Tätigkeitenin der Gesundheitskrise sind –und wie riskant.Beruf und Chance, Seite C 1

Corona und die Folgen für dieStadt: Wird gerade im größtenFeldversuch aller Zeiten erprobt,was künftig Alltag werden soll?Feuilleton, Seite 11

Auch wenn viele ältere Mitbür-ger sich unter dem Eindruckder Ausgangsbeschränkun-

gen und häuslicher Isolation an trau-matische Erlebnisse in Kindheit oderJugend erinnern und Präsidenten vonMacron bis Trump sich an martiali-scher Rhetorik überbieten: DerKampf gegen die Ausbreitung des Co-ronavirus ist kein Krieg. Anstatt zukämpfen und töten gilt es, so viele Le-ben zu retten wie möglich.

Was bei der Entscheidung zwischenHeilungschancen und sicherem Todwo, von wem und wie zu berücksichti-gen ist, hat die Medizin über Jahrhun-derte gelernt – oft in unmittelbarerKonfrontation mit Verwundeten undSterbenden auf den Schlachtfeldernvor allem Europas, aber auch in Kata-strophenfällen und Pandemien wieder Spanischen Grippe vor gut hun-dert Jahren. Dieses, in Friedenszeitenvielfach verfeinerte, aber auch oft ver-gessene Wissen kann und muss nunauch hierzulande wieder aktiviert wer-den. Zwar scheint die intensivmedizi-nische Versorgungskapazität des deut-schen Gesundheitswesens derzeit sogroß zu sein, dass Patienten aus Nord-

italien und dem Elsass in Deutsch-land behandelt werden können. Dochkann und darf niemand ausschließen,dass die derzeitige Ruhe nur die vordem Sturm ist.

Sieben medizinische Fachgesell-schaften und der Deutsche Ethikrathaben in dieser Woche umfangreicheEmpfehlungen für den Fall vorgelegt,dass vor oder in deutschen KlinikenEntscheidungen darüber getroffenwerden müssen, welche Patienten inden Genuss welcher Behandlungs-möglichkeiten kommen dürfen undwelche womöglich nicht (mehr). Ein-fach zu handhaben sind diese Empfeh-lungen nicht, geht es doch um zutiefsttragische Situationen. Zudem ist eseinfacher, festzulegen, was unter allenUmständen verboten ist, als Kriterienfür eine positive Priorisierung aufzu-stellen. Doch alles in allem sind dieseEmpfehlungen nicht nur fachlich fürdie Ärzteschaft überaus hilfreich. Siestützen auch das Vertrauen der Bür-ger darin, dass es in der Medizin fairund gerecht zugeht, ohne Ansehender Person. Auch das ist ein Beitragzum gesellschaftlichen Frieden –nicht zum Krieg.

bub. BERLIN. Die Sicherheitsbehördenhaben im vergangenen Jahr mehr als 1700Angriffe auf Asylbewerber und Flücht-lingsunterkünfte registriert. Wie aus derAntwort des Bundesinnenministeriumsauf eine kleine Anfrage der Linken-Abge-ordneten Ulla Jelpke hervorgeht, gab es1620 Übergriffe auf Flüchtlinge außerhalbvon Unterkünften; 229 Personen wurdendabei verletzt. Von den 128 Attacken aufUnterkünfte rechnen die Behörden 118dem rechten Milieu zu. Im Vergleich zumVorjahr sind die Zahlen etwas gesunken,für 2018 waren rund 1950 Angriffe aufFlüchtlinge und Unterkünfte registriertworden. Jelpke weist allerdings daraufhin, dass sich die Zahl für 2019 durch Nach-meldungen wohl noch erhöhen werde.

F.A.Z. FRANKFURT. Die PräsidentenChinas und Amerikas haben in einem Te-lefonat am Freitag nach wochenlangenverbalen Streitigkeiten versöhnliche Töneangeschlagen. Xi Jinping bot den Vereinig-ten Staaten die Unterstützung seines Lan-des im Kampf gegen das Coronavirus an.China verstehe die Notlage Amerikas, sag-te Xi laut der amtlichen Nachrichtenagen-tur Xinhua. Zugleich rief er den amerikani-schen Präsidenten zur Kooperation beider Bekämpfung der Pandemie auf. Do-nald Trump schrieb auf Twitter, er habeeine „sehr gute Unterhaltung mit ChinasPräsident Xi“ gehabt und beide Seiten ar-beiteten eng zusammen. Man habe in „gro-ßer Detailtiefe“ über das Virus gespro-chen.

„China hat viel durchgemacht und hatein tiefes Verständnis für das Virus entwi-ckelt“, schrieb der Präsident und äußerte„Respekt“ gegenüber China. Zuvor hatteTrump die chinesische Führung verärgert,indem er das Coronavirus mehrfach als„Chinesisches Virus“ bezeichnet hatte.Die Vereinigten Staaten haben inzwischenChina als Land mit den meisten registrier-ten Infektionen überholt. Die Johns-Hop-kins-Universität meldete am Freitagmor-gen mehr als 86 000 Fälle. 1300 Personenstarben bislang in Amerika an Covid-19.Um die Gefahr von Neuinfektionen zu re-duzieren, schließt China von diesem Sams-tag an auf unbestimmte Zeit die Grenzenfür Ausländer. Ausgenommen sind Diplo-maten.

Verteidigungsministerin AnnegretKramp-Karrenbauer (CDU) forderte un-terdessen Russland und andere dazu auf,in der gegenwärtige Lage nicht weiter mitCyberattacken und Desinformationskam-pagnen gegen Deutschland vorzugehen.Die Ministerin sagte dieser Zeitung: „DerKampf gegen Corona ist eine Menschheits-aufgabe, unabhängig von Ideologien. Ichwürde mir sehr wünschen, dass dort diestaatliche Propaganda ausgesetzt und statt-dessen den eigenen Menschen geholfenund auch Hilfe von außen angenommenwird. Was wir allerdings sehen, ist, dassAngriffe auf der Cyber-Ebene keineswegsnachlassen und weiter Fake News verbrei-tet werden.“ Kramp-Karrenbauer sagte,die Bundeswehr stehe für weitere Hilfe be-reit, auch für die europäischen Nachbarn.

In einer Ad-hoc-Stellungnahme zur Co-rona-Krise hat der Deutsche Ethikrat Ori-entierungshilfen für Ärzte formuliert, diezu der Entscheidung gezwungen seinkönnten, welche Patienten intensivmedizi-nische Behandlung erhalten und welchenicht. Der Staat dürfe menschliches Leben

nicht bewerten und deshalb auch nicht vor-schreiben, welches Leben in einer Kon-fliktsituation zu retten sei. Die Verantwor-tung, in solchen Konfliktsituationen kata-strophaler Knappheit medizinischer Res-sourcen über Leben und Tod zu entschei-den, dürfe den Ärzten nicht allein aufge-bürdet werden. Zugleich müssten die frei-heitsbeschränkenden Infektionsschutz-maßnahmen fortlaufend kritisch bewertetwerden. Auch wenn es noch zu früh sei,Beschränkungen zu lockern, müsse be-dacht werden, wie man einigermaßen ge-ordnet zum gesellschaftlichen Leben zu-rückkehren könne, so der Ethikrat. DerBundesrat billigte am Freitag das umfas-sende Hilfspaket gegen die Corona-Krise.Es enthält Maßnahmen zur Rettung vonArbeitsplätzen und Unternehmen, zur Un-terstützung von Krankenhäusern sowiezur Sicherung von Lebensunterhalt undWohnung der Bürger.

Italien hat am Freitag fast 1000 Corona-Tote an einem Tag gemeldet und damit soviele wie an keinem Tag zuvor. Die Ge-

samtzahl stieg auf 9134, wie der Zivil-schutz mitteilte. Das spanische Gesund-heitsministerium berichtete am Freitagvon 769 Toten innerhalb von 24 Stunden.Auch das waren so viele wie noch an kei-nem Tag zuvor. Insgesamt wurden bisher4858 Todesfälle gezählt. Die spanische Re-gierung hofft dennoch darauf, dass der Hö-hepunkt der Pandemie bald erreicht undüberschritten sein wird, da sich die Zahlenallmählich „stabilisierten“. Die bis Freitag64 000 nachgewiesenen Infektionen hal-ten Fachleute jedoch für zu niedrig. Frank-reichs Premierminister Edouard Philippekündigte am Freitag derweil die Verlänge-rung der allgemeinen Ausgangssperre umweitere zwei Wochen bis zum 15. April an.Der britische Premierminister Boris John-son teilte auf Twitter mit, dass er sich mitdem Coronavirus angesteckt habe.

Die politische Stimmung in Deutsch-land ist unter dem Eindruck der Corona-Pandemie so stark in Bewegung wie seitlangem nicht mehr. Das ZDF-Politbarome-ter verzeichnet in der Sonntagsfrage einen

Anstieg des Wertes für CDU/CSU um sie-ben Punkte auf 33 Prozent – ein Sprung,wie er innerhalb einer Woche noch nie be-obachtet wurde. Die anderen Parteien ver-harren oder verlieren, am stärksten mit mi-nus vier Punkten die AfD auf zehn Pro-zent. Die Liste der beliebtesten Politikerführt Bundeskanzlerin Angela Merkel(CDU) an. Auf Platz zwei folgt der bayeri-sche Ministerpräsident Markus Söder(CSU), auf Platz drei Bundesgesundheits-minister Jens Spahn (CDU) vor Bundesfi-nanzminister Olaf Scholz (SPD). Insge-samt stößt die Arbeit der Bundesregierungauf so viel Anerkennung wie selten in derVergangenheit. In einer Umfrage von Infra-test dimap für den ARD-Deutschland-trend zeigten sich drei Viertel mit dem Kri-senmanagement der Regierung zufriedenoder sehr zufrieden. Auf ebenfalls hoheZustimmung stoßen die Kontakt- und Aus-gangseinschränkungen. (Siehe Seiten 2 bis7, 10, Deutschland und die Welt, Feuille-ton, Seiten 11 und 16, Wirtschaft, Seiten 19bis 24 sowie Rhein-Main-Zeitung.)

dc. BERLIN. Bundessozialminister Hu-bertus Heil (SPD) plant eine weitere Ren-tenreform, um den Anstieg der Rentenüber das Jahr 2025 hinaus zu verstärken.Nach der geplanten Grundrente für Ge-ringverdiener wolle er bis Herbst Vorschlä-ge vorlegen, wie man das allgemeine Ren-tenniveau und den Rentenbeitragssatzdurch eine fortlaufende Festlegung soge-nannter Haltelinien langfristig stabilisie-ren könne, kündigte er am Freitag an. Heilstützt sich dabei auf den kurz zuvor vorge-legten Bericht einer Rentenkommission,die im Auftrag der Regierung Empfehlun-gen erarbeitet hatte. Sie sehen eine Stabili-sierung des Rentenniveaus bei bis zu 49Prozent und Beitragssätze von bis zu 24Prozent vor. (Siehe Wirtschaft, Seite 19.)

Mit dem Föderalismus ist eseine eigentümliche Sache.Er wird so lange gelobt, bis

jemand Ernst mit ihm macht. Dannsind alle wieder für Zentralismus.Der Dissens über das Abitur hat dassoeben noch einmal gezeigt. Als dieschleswig-holsteinische Kultusminis-terin die Absicht des Landes kundtat,auf die Abiturprüfungen der Pande-mie halber zu verzichten, war das Ge-schrei groß. Sie sei „vorgeprescht“,sagten dieselben, die soeben nochdas bayerische Vorpreschen bei denAusgangsbeschränkungen vorbild-lich fanden und dem ganzen Landempfahlen nachzupreschen.

Das weist auf den rhetorischenUmgang mit dem Föderalismus hin.Wenn in manchen Bundesländern et-was entschieden wird, das den Kom-mentatoren gefällt, dann ist Föderalis-mus gut. Missfällt es hingegen, ist so-fort von Kleinstaaterei und Schlimme-rem die Rede. Es herrsche Chaos,schimpfte beispielsweise ein Lehrer-funktionär, der den Begriff offenbarschon länger nicht mehr im Unter-richt erläutern musste. Wo aber wäredenn das Chaos, wenn ein Bundes-land zu anderen Verfahren der Leis-tungsbeurteilung überginge? HatGott der Herr die Abiturklausur er-funden? Oder wollen wir nicht lieberdarüber reden, was an ihr, je nachLage und überhaupt, vernünftig ist?Etwa im Unterschied zu einer Ein-gangsprüfung der Universitäten.

Unterschiedliche Praktiken derLänder seien ungerecht, hieß es wei-ter. Doch warum dann überhaupt Bil-dungsföderalismus? Denn Föderalis-mus heißt ebendies: unterschiedlichePraktiken. Und wieso es gerecht ist,wenn sich die bayerischen undnordrhein-westfälischen Abiturien-ten jetzt bis Mai vorbereiten können,während die rheinland-pfälzischenschon geprüft wurden, ist ebenfallsnicht auf Anhieb ersichtlich. Es wur-de sogar die abenteuerliche Behaup-tung bemüht, man wolle in Schles-wig-Holstein doch nur verschleiern,dass dort die Abiturienten sich in denAbschlussprüfungen gegenüber denVorleistungen eher nicht verbesser-ten. Sollte heißen: Sie würden dortvorher besser benotet, als sie sind.

Ungleichheitsempfindlich zurück-gefragt: Werden die Schüler im Südenvorher schlechter benotet, als sie ei-gentlich sind? Die Vorstellung einesobjektiv ermittelbaren Könnens, dassich in Klausuren dokumentiert, be-weist Ahnungslosigkeit in der Sachewie Gedächtnisverluste. Man musssich nur an das eigene Abitur erin-nern, um zu konzedieren, dass es sichvermutlich nicht um einen zweifels-freien Nachweis von Bildung handelt,sondern um ein interessantes Ritual.Es überprüft in erster Linie Fleiß.

Entsprechend hieß es, im Südenstrengten sich die Schüler auf der Ziel-geraden mehr an. Herr Drosten wür-de hier allerdings um gut gemachteStudien statt um Vorurteile bitten.

Diese Studien gibt es freilich nicht.Ein oder zwei Zehntelpunkte der Ge-samtnote mache an Gymnasien dieSchlussprüfung aus, weiß die soge-nannte empirische Bildungsfor-schung. Was nimmt wohl noch allesin diesem Umfang Einfluss auf das Er-gebnis der Schüler?

Für die Föderalismus-Debatte istes aufschlussreich, dass manche dieZuständigkeit der Länder sowieso un-gerecht finden. Ein Bundeszentral-abitur müsse her, damit der Weg zur1,0 überall gleich beschwerlich sei.Das wiederum wollen diejenigennicht, die den Föderalismus nur hoch-halten, weil sie dabei an die Schulpoli-tik von Bayern, Sachsen oder Baden-Württemberg denken. Denn sie wis-sen, dass ein Bundeszentralabitur zur

Absenkung der Standards führen wür-de. Weshalb? Weil es politisch nichtdurchzuhalten wäre, wenn bei gleichhohen anstatt gleich niedrigen Stan-dards an manchen Gymnasien kaumnoch jemand mit einem „sehr gut“durchkäme. Also hüpfen sie von ei-nem Bein auf das andere. Die Schul-politik soll föderal bleiben, die Abitur-politik hingegen versinkt angeblichim Chaos, wenn sie es wäre.

Doch Föderalismus kann kein Ar-gument sein, das man immer dannzurückzieht, wenn andernorts etwasanders praktiziert wird. Rücksichtauf lokale und regionale Unterschie-de einerseits, Ungewissheit über denrichtigen Weg andererseits, so lautendie sinnvollen Begründungen für fö-derale und subsidiäre Entscheidun-gen. Als Hessens MinisterpräsidentVolker Bouffier (CDU) den bayeri-schen Maßnahmen der Seuchenbe-kämpfung nicht in vollem Umfangfolgte, weil in Hessen die Lage einst-weilen eine andere sei, machte er vonbeiden Argumenten Gebrauch.

Der Sinn des bildungspolitischenFöderalismus liegt auf derselben Ebe-ne. Die Klage, Abiturergebnisse müss-ten vergleichbar sein und deshalb aufdenselben Voraussetzungen beruhen,scheitert schon innerhalb der Bundes-länder. Oder will jemand ernsthaft be-haupten, die Schüler in den schwie-rigsten Vierteln Gelsenkirchens hät-ten dieselben Voraussetzungen wiedie in den besten Düsseldorfs? Mankann das abblenden, um sich in diePhantasie hineinzusteigern, ohne ein-heitliche Abiturprüfungen leide dieBildung. Dann aber soll man es nichtim Namen einer illusorischen Gerech-tigkeit tun. Und nicht im Namen desFöderalismus. Weshalb er sich durchZentralismus nicht retten lässt, isteine Abituraufgabe der leichterenArt.

rüb. ROM. In einem beispiellosen Gottes-dienst wollte Papst Franziskus am Freitag-abend auf dem für Besucher gesperrtenPetersplatz in Rom für ein Ende der Coro-na-Pandemie beten und den Segen „Urbiet orbi“ spenden, den feierlichsten Segender katholischen Kirche. Er wird sonstnur zu Weihnachten und Ostern sowienach einer Papstwahl erteilt. Das Gebetsollte auf den Stufen des Petersdoms statt-finden. Zu hohen Feiertagen versammelnsich bis zu 100 000 Gläubige auf dem Pe-tersplatz und der anschließenden Via del-la Conciliazione. Die einstündige Zeremo-nie auf dem menschenleeren Platz solltevon zahlreichen Radio- und Fernsehsen-dern in der ganzen Welt übertragen wer-den. (Siehe Seite 5.)Briefe an die Herausgeber, Seite 31

Epizentrum der Corona-Krise? Der verlassene Times Square in New York am Donnerstag Foto dpa

löw. WIEN. Die ungarische Regierunghat Kritik an einem Gesetzesvorhaben zu-rückgewiesen, das es MinisterpräsidentViktor Orbán ermöglichen soll, in der Co-rona-Krise mit Dekreten zu regieren undbestehende Gesetze außer Kraft zu set-zen. Berichte darüber und auch die Reak-tionen europäischer Institutionen beruh-ten auf Missverständnissen oder gar ab-sichtlichen Verdrehungen, sagte Justizmi-nisterin Judit Varga am Freitag in einemGespräch mit internationalen Medien.Ungarn habe das gleiche Recht wie alleanderen Staaten, seine Bürger zu schüt-zen und die Wirtschaft vor Schaden zu be-wahren, sagte die Politikerin der natio-nal-konservativen Partei Fidesz.

Varga versicherte, dass das Gesetz nichtdie Befugnisse des Parlaments schmälere,da es die Ermächtigung jederzeit widerru-fen könne. „Das ist ein wesentliches Ele-ment“, sagte sie. Das Parlament werdenicht daran gehindert, weiter zu tagen.

„Wir zählen auf das Parlament und seinevolle Arbeitsbereitschaft.“ Außerdem wer-de sich weiterhin jeder entsprechend denverfassungsmäßigen Befugnissen recht-lich gegen jedes Dekret wenden könnenbis hin zum Verfassungsgericht.

Die Ministerin verteidigte auch eineStrafrechtsverschärfung, die in einem Pa-ket mit der Notstandsermächtigung verab-schiedet werden soll. Sie sieht unter ande-rem hohe Haftstrafen für die Verbreitungfalscher Behauptungen im Zusammen-hang mit dem Notstand vor. Varga ver-wies darauf, dass die Strafbarkeit nur aufsolche Falschbehauptungen ziele, die ab-sichtlich Schaden hervorriefen. „Das istangemessen, um Fehlinformationen zukonterkarieren.“ Zwei Journalisten regie-rungskritischer ungarischer Medien, Már-ton Gergely und Dániel Rényi, äußertenhingegen in einer Online-Pressekonfe-renz eines Wiener Presseclubs die Vermu-tung, es gehe wohl nicht darum, Journalis-

ten einzusperren, aber die unabhängigenMedien unter Druck zu setzen und zurSelbstzensur zu bewegen.

Unterdessen ist zwischen Deutsch-land, Österreich und Ungarn ein koordi-niertes Verfahren verabredet worden, da-mit in Westeuropa berufstätige Bürgerosteuropäischer Länder trotz der Reisebe-schränkungen weiterhin in ihre Heimatgelangen können. Das betrifft hauptsäch-lich Rumänen und Bulgaren. In den ver-gangenen Tagen ist es wiederholt zu lan-gen Staus an den wegen der Corona-Kri-se teilweise geschlossenen Grenzen ge-kommen. Am Übergang Nickelsdorf zwi-schen Österreich und Ungarn staute sichder Verkehr am Freitag wieder auf 17 Ki-lometer. Nunmehr sollen an bestimmtenfranzösisch-deutschen Übergängen Kon-vois zusammengestellt werden. Sie wer-den durch Deutschland, dann durchÖsterreich und Ungarn durch die Polizeieskortiert.

Wer braucht schonein Stadtzentrum

Blick in das Nichts

Mehr als 1700 Angriffeauf Asylbewerber

Heil plant langfristige„Haltelinie“ für die Rente

Papst Franziskus erteilt„Urbi et orbi“-Segen

Traumhaus in Gefahr

Xi Jinping bietet Amerika Hilfe an„Gemeinsamer Kampf gegen Corona-Pandemie“ / Deutsche zufrieden mit Krisenmanagement

Ungarn weist internationale Kritik zurück„Gesetz wird Befugnisse des Parlaments nicht schmälern“ / Vorwurf der Verdrehung

Föderalismus heißt UngleichheitVon Jürgen Kaube

Philosophie im Suppentopf

So viele Leben retten wie möglichVon Daniel Deckers

Dass sich Föderalismusnicht durch Zentralismusretten lässt, ist eineAbi-Aufgabe leichter Art.

Corona-Helden

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Page 2: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

SEITE 2 · SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 F P M FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGPolitik

Am Oberpfälzer Ende derWelt, wo sich Fuchs undHase und wahrscheinlich

auch die Fledermaus so innig guteNacht sagen, dass dort die erste Coro-na-Ausgangssperre Deutschlandsverhängt werden musste, grassierteschon vor dem Seuchenausbruch eintröstliches Sprichwort. Es lautet:Seltn a Schodn dea wou niad aa anNudzn houd. Übersetzt ins Deut-sche, heißt das ungefähr: Alles hatauch sein Gutes. Mit dem Schaden,den diese Seuche anrichtet, habenwir uns schon so ausgiebig beschäf-tigt, dass es in der Tat an der Zeit ist,nach dem Nutzen zu suchen, den siemit sich bringt. Ihn gibt es tatsäch-lich, wenn man nur lange genug dar-über nachdenkt.

Wir meinen jetzt nicht etwa die-sen Entschleunigungsschmus, der inmanchem Homeoffice verzapft wird– Isolation kann merkwürdige Effek-te haben –, sondern nachweislichenGewinn. Wie den für den Bekannt-heitsgrad von Mitterteich. Der aller-größte Teil der Welt hatte bis zumAusbruch der Corona-Krise nicht diegeringste Ahnung davon, wie be-schaulich es in diesem (uns wohlbe-kannten) Städtchen schon vor derAusgangssperre zuging. Jetzt aberdürfte man selbst noch im MittlerenWesten wissen, dass die Perle dernördlichen Oberpfalz eine Oase ist,die so still ruht wie die Karpfentei-che vor ihren Toren. Das müsste denkünftigen Entschleunigungstouris-mus doch ungemein befördern, fallsdenn eines Tages wieder Reisefrei-heit gewährt wird.

Dass die Mitterteicher dann nocheinmal so sorglos Starkbier ausschen-ken wie bei jener Mega-Corona-Par-

ty, darf man vielleicht nicht unbe-dingt erwarten. Aber auch nicht ge-trunkener Alkohol, diese Erkenntnisverdanken wir ebenfalls dem Virus,lässt sich vernünftigen Zwecken zu-führen. Wie in dieser Zeitung zu le-sen war, wird der Alkohol, der demvon ihm befreiten Bier entzogen wur-de, jetzt so unbürokratisch in Desin-fektionsmittel verwandelt wie da-mals in Österreich der Frostschutz inWein. Auch große Schnapsbrennerei-en im In- und Ausland tun auf dieseWeise nun endlich einmal etwas fürdie Volksgesundheit.

Die alkoholische Gärung, seit der„Feuerzangenbowle“ der Höhepunktjeder Schullaufbahn, kann also gutenGewissens im Lehrplan bleiben.Nach Monaten der Internierung imKreise der anderen Geschwister undder Eltern brauchen die meistenSchülerinnen und Schüler aber wohlnicht einmal mehr den Anreiz eines„wönzigen Schlocks“ vom Heidel-beerwein, um so gerne wie nie zuvorin die Schule zu gehen. Auch die Bil-dungsbürokratie Schleswig-Hol-steins, obwohl zu Alleingängen aufdem Weg des geringsten Wider-stands neigend, sollte nicht auf dieAuseinandersetzung mit dem ThemaAlkohol verzichten. Die dortigenSchulpolitiker haben ja offenbar häu-fig einen im Tee.

Der größte Krisengewinnler nebender Klopapierbranche ist freilich einAdjektiv. Es verdankt dem Virus ei-nen Imagewechsel zum Positiven,wie man ihn sich radikaler nicht vor-stellen kann. Niemand wird es mehrwagen, zu sagen: Sei doch nicht so ne-gativ! Jeder will jetzt negativ sein.Die Kanzlerin kann diesen Befund of-fenbar gar nicht oft genug hören, sohäufig lässt sie sich testen. Musik ist„negativ“ aber auch in den Ohren deseinfachen Bürgers, der stundenlangin der Corona-Schlange vor dem Test-center stand, tage- oder gar wochen-lang zum Briefkasten tigerte in derHoffnung, endlich die erlösende Postzu bekommen, und gefühlt dreihun-dertmal beim Gesundheitsamt an-rief, um immer nur mit dem Befundvom Band beschieden zu werden: „Ei-nen Gesundheitsausweis für den Le-bensmittelbereich Restaurant oderKantine können Sie ohne Terminmontags bis freitags von 8 bis 12 Uhrbeantragen.“ Auch den von einer be-neidenswert unaufgeregten Stimmeangebotenen Aids-Test brauchte manin Zeiten der sozialen Distanzierungnicht so dringend wie Klarheit in derVirusfrage.

Wir würden unserem Gesundheits-amt in diesem Stadium der Seuche da-her nun doch langsam zu einer Aktua-lisierung der Ansage und vielleichtauch des Angebots raten. Wie wärees mit einem Seminar zur Kraft desnegativen Denkens? bko.

FRAKTUR

Zunächst mal ganz profan, wie geht esIhnen, und wie verläuft Ihr Arbeitsall-tag, Frau Ministerin?Meiner Familie geht es gut, darüber binich sehr froh. Der Arbeitsalltag hat sichstark verändert, statt Besuchen bei derTruppe und internationalen Terminenheißt es: Führen vom Schreibtisch aus.Ich bin in vielen Telefonkonferenzen undVideoschalten, um bestmöglich den Kon-takt zu halten und die Zeit für weitereVorbereitungen zu nutzen.

Schaut man in andere Länder, Italien,Spanien, so kommen auch auf die Bun-deswehr noch schwere Aufgaben zu.Sind die Soldatinnen und Soldaten dar-auf eingestellt?Nach meinem Eindruck: ja. Ich telefonie-re mit allen Landeskommandos, stehe imAustausch mit allen Teilstreitkräften,habe etwa ausführlich mit dem Sanitäts-bereich geredet. Die Motivation ist hoch,bei den aktiven Soldaten, den zivilen Mit-arbeitern wie bei den Reservisten. Wirsind gut aufgestellt und wollen auchdann noch helfen können, wenn andereso unter Druck kommen, dass sie dasnicht mehr leisten können.

Derzeit, das ist mein Eindruck, hält sichdie Bundeswehr aber noch zurück, wäh-rend etwa Bayerns Ministerpräsidentam liebsten jetzt schon Truppenärzteund Lazarette mobilisieren würde.Steckt hinter der Zurückhaltung einPlan?Ja, der erste Punkt ist, dass wir unserenKernauftrag bei der Landes- und Bünd-nisverteidigung erfüllen können. Undwir wollen und müssen durchhaltefähigsein. Hinter den Kulissen bereiten wir al-les vor, um über das bisherige Maß hin-aus in wesentlich größerem Umfang hel-fen zu können. Die Bundeswehr kommtdann ins Spiel, wenn die zivilen Kräfte esnicht mehr schaffen. Dieser Kampf ge-gen Corona ist eine Langstrecke, ein Ma-rathon und wir müssen die gesamte Stre-cke durchhalten.

Viel Kraft fließt derzeit in Auslandsein-sätze. Wäre es nicht an der Zeit, die grö-ßeren Einsätze in Mali und Afghanistandrastisch zu verkleinern?Wir haben bereits Einsätze, bei denenwir ausdünnen, etwa im Irak. Aber wir ha-ben auch Verpflichtungen, unsere Ver-bündeten verlassen sich auf uns. Und dar-über hinaus sehen wir etwa in Mali, dasssich Terroristen von Corona nicht aufhal-ten lassen. Der Kampf dort geht weiter,und wir sind weiter gefordert. Natürlichergreifen wir auch Quarantäne-Maßnah-men. Wir wollen ja nicht das Virus inLänder mit äußerst schwachen Gesund-heitssystemen einschleppen.

In manchen Ländern wird der Eindruckerweckt, das Militär könne notfalls dieDinge regeln, in Ungarn stehen angeb-lich sogar Stäbe bereit, um die Versor-gungsindustrie zu übernehmen. Welchebesonderen Fähigkeiten hat die Bundes-wehr?Also zunächst einmal bewegen wir unsauf der Grundlage des Grundgesetzes Ar-tikel 35 Absatz 1, der regelt die Amtshil-fe. Unsere Möglichkeiten liegen beispiels-weise im Sanitätsbereich, bei der Logis-tik, bei der ABC-Abwehr. Denken Sie dar-an, dass es nötig sein könnte, großflächigzu desinfizieren. Oder an besondereKrankentransporte für Beatmungspatien-ten, bis hin zu Flügen mit unseren speziel-len Krankentransportflugzeugen. Wir ha-ben vor allem viele Köpfe und viele Hän-de, die mit zupacken können. In den Kri-senstäben der Bundesländer wird abge-stimmt, was gebraucht wird.

Von Ausrüstungsmängeln war in letzterZeit viel die Rede. Trifft das auch aufdas Sanitätswesen zu?Nein. Wir sind im Sanitätswesen gut auf-gestellt, das gilt auch für unsere Kranken-häuser. Worunter wir bei der Sanität lei-den, ist Knappheit bei Dingen wie Mund-schutz oder Schutzanzüge. Das gilt aberfür alle, weil zurzeit die ganze Welt denKampf gegen Corona führt.

Apropos Material: In Italien und Spa-nien fehlt es an vielem. Gibt es Hilfeersu-chen über die nationalen Streitkräfteoder über die Nato? Oder sollen das,kurz gesagt, Chinesen und Russen ma-chen?Wir sind als erste und ganz proaktiv alsBundeswehr auf die italienische Seite zuge-gangen und haben gefragt, ob wir helfenkönnen. Und wir überlegen aktuell, ob wirmit unseren Flugzeugen zum Beispiel weite-re Schwerstkranke aus Italien in deutscheKrankenhäuser bringen können. Auch mitFrankreich stehen wir in diesen Fragen imKontakt. Mit meiner Amtskollegin Flo-rence Parly stimme ich gerade die Detailsab. Mein Wunsch ist es auch, gemeinsammit dem Außenminister sowohl auf euro-päischer Ebene als auch bei der Nato weite-re Absprachen zu treffen. Das Virus hat kei-ne Nationalität. Auch mit Blick auf die Zeitdanach halte ich es für sehr wichtig, dasswir uns in Europa gegenseitig helfen.

Noch folgen die allermeisten freiwilligden Anordnungen und Verboten. Abermit der Zeit wird der Widerstand dage-gen wachsen. Steht die Bundeswehrdann auch bereit, Straßensperren zu er-richten, Ausgehverbote durchzusetzen,notfalls mit Waffengewalt?Nein, ich kann mir das, so wie Sie es schil-dern, nicht vorstellen. Das gibt die

Rechtslage in Deutschland nicht her, dassehen wir auch nicht als Auftrag der Bun-deswehr. Der Generalinspekteur hat jaauch sehr deutlich gesagt, dass es nichtdenkbar ist in Deutschland, dass die Bun-deswehr Corona-Partys auflöst.

Corona trifft alle, auch unsere Nicht-freunde oder Gegner, etwa in Russlandoder in Iran. Alle müssen sich auch umihre jeweilige Pandemie-Krise küm-mern. Schränkt das Feindseligkeiten ei-gentlich ein?Der Kampf gegen Corona ist eineMenschheitsaufgabe. Unabhängig vonIdeologien. Ich würde mir sehr wün-schen, dass dort die staatliche Propagan-da ausgesetzt und stattdessen den eige-nen Menschen geholfen und auch Hilfevon außen angenommen wird. Was wir al-lerdings sehen ist, dass Angriffe auf derCyber-Ebene keineswegs nachlassen undweiter Fake News verbreitet werden. Inmanchen Regionen der Welt haben wirzumindest Ankündigungen, dass Terror-Aktivitäten mancher Gruppen ausge-setzt werden sollen. Aber etwa aus Mali,Nigeria oder dem Tschad und zuletzt ja

auch aus Afghanistan hören wir tagtäg-lich von Angriffen, Verletzten und Toten.

Nach der Gesundheitskrise kommt dieSchuldenkrise. Mancher denkt schonjetzt daran, dass deshalb die Verteidi-gungsetats schrumpfen müssen. DasZwei-Prozent-Ziel ist erledigt, oder?Nein, das meine ich nicht. Gerade jetztzeigt sich, was wir an Material und Struk-turen brauchen und wie wichtig es ist,gut vorbereitet zu sein – im Gesundheits-wesen, in der Polizei und natürlich auchin der Bundeswehr. Im Kabinett habenwir zusammen mit den Eckwerten fürden Haushalt 2021 auch konkrete Ausrüs-tungs- und Rüstungsvorhaben benannt,die wir für unsere Fähigkeiten zu Bünd-nis- und Landesverteidigung brauchenund der Nato auch zugesagt haben. Weran diesen Zielen Abstriche macht, dermacht Abstriche an der SicherheitDeutschlands.

Auch wenn die Krise fast keine Parteienmehr kennt, sind Sie ja doch auch nochCDU-Vorsitzende. Wie sieht es dann damit Zeitplänen für den Parteitag aus?

Wir haben den Parteitag abgesagt. Wanner stattfindet, hängt von der Situationmit Blick auf Corona ab. Das kann mannicht absehen im Moment, und es ist denmeisten Menschen im Land derzeit nichtwichtig. Ich bin Parteivorsitzende undübe dieses Amt mit voller Autorität undaller Kraft auch aus, bis ein Nachfolgeroder eine Nachfolgerin gewählt ist.

Die volle Autorität haben einige Nach-folgekandidaten kürzlich zu spüren be-kommen. Sie haben sie ermahnt: Wernicht kanzlerfähig sei, habe keine Chan-ce. Dass war wohl auf die Ego-Trips vonFriedrich Merz und Norbert Röttgen ge-münzt. Haben Sie zu den beiden derzeitnoch Kontakt?Ja, klar. Ich telefoniere regelmäßig mit al-len drei nominierten Bewerbern, und wirreden über unsere Sicht der Dinge. Undnatürlich stehe ich mit meinen Stellver-tretern und Präsidiumsmitgliedern undden Landesvorsitzenden in stetem Aus-tausch.

Und haben Sie dabei den Eindruck ver-mitteln können, dass es jetzt um dasLand geht und nicht um innerparteili-chen Wahlkampf?Die Menschen haben Angst vor der Krank-heit, um ihren Arbeitsplatz, ihre Miete. Al-les andere kommt dann, wenn die Coro-na-Krise vorbei ist. Das ist allen klar.

Die Aufregung von Thüringen wirktjetzt schon lange her. Jetzt schaut allesauf die Exekutive, auch auf die Verteidi-gungsministerin. Bereuen Sie inzwi-schen, den Parteivorsitz aufzugeben?Nein, diese Entscheidung ist gefallen,und ich stehe dazu. Wenn allerdings zudem Zeitpunkt die Corona-Lage schonso gewesen wäre wie heute, hätte ich ge-wartet.

Was glauben Sie, wie lange kann dasLand, können die Leute die gegenwärti-ge fürsorgliche Belagerung ertragen?Wo liegt, zeitlich, die Grenze der Solida-rität?Die Einschränkungen stellen unsere frei-heitliche und individualistische Gesell-schaft vor sehr große Herausforderun-gen. Zwei Ziele müssen wir gleicherma-ßen verfolgen: bestmöglichen Gesund-heitsschutz und dabei die Vitalität diesesLandes gesellschaftlich und wirtschaft-lich möglichst zu erhalten, auch um mitden Folgen der Krise fertig zu werden.Über Zeiträume jetzt zu reden ist reineSpekulation. Wir müssen nach Osternerst mal schauen, wie die massiven aktu-ellen Maßnahmen und der ziemlich kom-plette Shutdown wirken.

Die Fragen stellte Peter Carstens.

Negativ

sat. WASHINGTON. Der amerikani-sche Präsident Donald Trump stößt mitseinem Vorhaben, den Shutdown derWirtschaft binnen Wochen wieder zulockern, weiter auf Widerstand. Vor al-lem aus dem Kreis der Gouverneure, indem die Unzufriedenheit mit dem Kri-senmanagement Washingtons ohnehinzunimmt, werden Bedenken laut, eineregionale Aufhebung der Beschränkun-gen könne die Ausbreitung des Corona-virus beschleunigen. Die VereinigtenStaaten haben inzwischen China alsLand mit den meisten registriertenCoronavirus-Infektionen überholt. DieJohns-Hopkins-Universität meldete amFreitagmorgen mehr als 86 000 Fälle.1300 Personen starben bislang in Ame-rika an Covid-19.

Trump hatte am Donnerstag in ei-nem Brief an die Regierungschefs derBundesstaaten angekündigt, neueRichtlinien für das „social distancing“zu erlassen. Ziel sei es, auf Grundlageder Erkenntnisse massiv ausgeweiteterTests regional zu differenzieren. So kün-digte Trump an, er wolle die Landkrei-se nach Infektionsgefahr kategorisieren– in Gebiete mit niedrigem, mittleremund hohem Risiko. Auf dieser Basiskönnten dann die Bundesstaaten ent-scheiden, ob die Maßnahmen zu lo-ckern oder zu verschärfen seien. Zwi-schenzeitlich hieß es, der Präsident wol-le den Vorschlag nach einer Telefonkon-ferenz mit den Gouverneuren im Wei-ßen Haus erläutern.

Darauf verzichtete Trump, offenbarauch, weil Befürchtungen geäußert wur-den, die Kategorisierung führe dazu,dass Personen aus Hochrisikogebietenin Niedrigrisikogebiete abwanderten,um sich zu schützen. Trump sprachauch nicht mehr davon, dass die Locke-rung schon Ostern wirksam werden sol-le. Zuvor hatte er gesagt, es wäre dochschön, wenn es an Ostern „gerammeltvolle Kirchen“ gäbe. Nun äußerte er,man habe ihn falsch verstanden. EinigeRegeln, etwa der Verzicht auf das Hände-schütteln, würden noch länger gelten.

Anthony Fauci, der Leiter des Natio-nalen Instituts für Infektionskrankhei-ten, äußerte, zwar könne es ein Neben-einander von fortbestehender Eindäm-mung in einigen Regionen und einer ge-

wissen Lockerung der Vorschriften an-derswo geben, doch müsse man realis-tisch sein: „Wir bestimmen nicht denZeitplan, das Virus bestimmt den Zeit-plan.“ Die Vorstellung, Washingtonwerde die Regelungen alle einfach wie-deraufheben, sei falsch. Auch warnteFauci vor Rückstoß-Effekten. Regio-nen, in denen es rückläufige Fallzahlengebe, könnten nach einer Öffnungdurch Binnenwanderung wieder stei-gende Zahlen erleben.

Trump wird nicht grundsätzlich da-für kritisiert, eine Debatte über eineExit-Strategie begonnen zu haben. DieBedenken richten sich dagegen, dass erden Eindruck erweckte, angesichts deswirtschaftlichen Einbruchs ein Zielda-tum politisch vorzugeben. Sein Krisen-stab hob hervor, dass Lockerungen nurauf der Grundlage der Fallzahl-Analyseerfolgen könne. Die Gouverneure vonNew York und Kalifornien, die Demo-kraten Andrew Cuomo und GavinNewsom, wiesen darauf hin, der Schei-telpunkt der Krise sei in ihren Bundes-staaten noch etwa zwei Wochen ent-fernt. Trump und die Gouverneure wa-ren angesichts der Krise lange Zeit be-müht, gemeinschaftlich vorzugehenund Parteipolitik außen vor zu lassen.

Mittlerweile wollen einige Gouver-neure ihre Frustration und Ungeduldüber den Präsidenten nicht mehr unter-drücken. So forderte Jay Inslee aus demBundesstaat Washington in der Telefon-konferenz, die Bundesregierung müssekraftvoller vorgehen. Kritik kam auchvon Gouverneurin Gretchen Whitmeraus Michigan. Cuomo wiederum fordertseit Tagen, Washington müsse von derMöglichkeit Gebrauch machen, die Pri-vatwirtschaft anzuweisen, dringend be-nötigte medizinische Geräte zu produ-zieren. Trump weigert sich bislang undverweist darauf, dass die Unternehmendies auch ohne Aktivierung einer ent-sprechenden Gesetzesgrundlage täten.Die Drohung allein reiche aus. Im Übri-gen bezweifelte er, dass New York, dasEpizentrum der Pandemie in Amerika,wirklich 30 000 bis 40 000 zusätzlicheBeatmungsgeräte benötige. Viele Zah-len seien übertrieben. Mit Blick auf Ins-lee und Whitmer sagte Trump, diese soll-ten nicht immer nach Washington ru-fen, sondern selbst mehr machen.

Aus Italien ist das Schreckensszenario inIntensivstationen schon bekannt: Einüber achtzig Jahre alter Patient hat denletzten freien Beatmungsplatz belegt, undes wird eine 35 Jahre alte Mutter von dreiKindern eingeliefert, die nur überlebenwird, wenn sie ebenfalls beatmet wird.Soll der Arzt dann den älteren Patientenvom Beatmungsgerät abhängen und seinSterben in Kauf nehmen, um die jungeMutter zu retten? Nichts fürchten Ärztemehr als das Extubieren eines Patientenund eine so extreme Entscheidungssituati-on. Rechtlich gesehen, wäre es aktives Tö-ten. Die medizinischen Fachgesellschaf-ten haben dafür ihre eigenen Kriterien ent-wickelt. Die Ad-hoc-Empfehlung desDeutschen Ethikrats unterscheidet sich in-sofern von den Empfehlungen der medizi-nischen Fachgesellschaften, als er die Nor-menkonflikte zwischen Recht und Ethikbedenkt, die sich nicht selten als nahezuunlösbares Dilemma erweisen.

Der Vorsitzende des Ethikrats, der evan-gelische Theologe Peter Dabrock, hält esfür richtig, dass allein die klinische Er-folgsaussicht als Kriterium gelten soll, ver-weist aber auch darauf, dass Staat und Ge-sellschaft selbst in solchen Ausnahmesi-tuationen „die Fundamente der Rechtsord-nung“ sichern müssen und eine Erosionnoch weniger ertragen können als sonst.

„Es gibt keine Entscheidung,

die schuldfrei wäre“

Das Alter, die soziale Herkunft, Religions-zugehörigkeit oder gar Behinderung desPatienten dürften bei der Entscheidung inKonfliktsituationen keine Rolle spielen.Der Gleichheitsgrundsatz müsse auchjetzt unaufgebbar bleiben. Er hält es fürunabdingbar, Vertrauen in die Rechtsord-nung, in das Gesundheitssystem und indie Ärzte zu stärken. „Der Staat darfmenschliches Leben nicht bewerten unddeshalb auch nicht vorschreiben, welchesLeben in einer Konfliktsituation vorran-gig zu retten ist. Selbst in Ausnahmezeiteneines flächendeckenden und katastropha-len Notstands hat er nicht nur die Pflicht,möglichst viele Menschenleben zu retten,sondern auch und vor allem die Grundla-gen der Rechtsordnung zu garantieren“,heißt es. Wer sich als Arzt an die transpa-renten Kriterien der medizinischen Fach-

gesellschaften hält, „kann im Fall einermöglichen (straf-)rechtlichen Aufarbei-tung des Geschehens mit einer entschuldi-genden Nachsicht der Rechtsordnung rech-nen“, lautet der semantische Kompromisszwischen Ethikern und Rechtswissen-schaftlern in dem Papier. Um diese soge-nannte „Triage bei Ex-post-Konkurrenz“hat der Ethikrat am längsten gerungen.

Der Hamburger Strafrechtler ReinhardMerkel, selbst Mitglied im Ethikrat undMitautor des besonders strittigen Punktsim Ethikratspapier, verweist darauf, dasses den Verfassungs- und Strafrechtlern indem Gremium nicht darum gegangen sei,die Rolle der „furchtbaren Juristen“ einzu-nehmen, vielmehr fühlten alle „die ent-setzliche Beklemmung mit“. Juristen könn-ten die fundamentalen Rechtsprinzipienaber nicht ignorieren, vielmehr müsse derStaat auch und gerade in solchen Katastro-phensituationen die fundamentalenGrenzlinien des Rechts bewachen. DerStaat habe selbst nichts zu empfehlen, erkönne aus rechtlicher Perspektive abernicht dulden, dass der über achtzig Jahrealte Patient extubiert wird, um die jungeMutter zu retten.Ein drittes Szenario, das in der Stellungnah-me keine Erwähnung findet, wird aufDeutschland zukommen. Es lässt sich ge-genwärtig im Elsass beobachten, wo daspräventive Vermeiden der Ex-post-Triageschon gang und gäbe ist. Auch wenn nochein Beatmungsgerät frei wäre, wird der 75Jahre alte Patient nicht intubiert, weil diedortigen Mediziner wissen, dass in Kürzenicht genügend Beatmungsgeräte frei seinwerden, um jüngeren Patienten das Lebenzu retten. In Frankreich wird schon jetzt of-fen gesagt, was hier noch niemand themati-siert: Solchen Patienten könnte schlimms-tenfalls nur noch begleitende Sterbehilfeangeboten werden. Das wissen klinische Di-rektoren in Deutschland längst auch. Solchein Verhalten wäre nach Strafrechtsgrund-sätzen als aktives Töten durch Unterlassenzu qualifizieren. „Es gibt keine Entschei-dung, die schuldfrei wäre“, sagt Merkel.

Erst vergangene Woche Freitagabendhatte Bundesgesundheitsminister JensSpahn (CDU) den Ethikrat um eine Stel-lungnahme gebeten. Sie wurde in fünf Ta-gen mit einer kleinen Arbeitsgruppe undtelefonischen Absprachen verfasst undvon allen Mitgliedern des Ethikrats ein-

stimmig verabschiedet. Auch wenn dieBundeskanzlerin am Donnerstagabendnoch einmal bekräftigt hat, dass ein Endeder Kontaktbeschränkungen noch viel zufrüh sei, widmet sich der Ethikrat jetzt denÖffnungsstrategien der gesellschaftlichenAusnahmesituation. Denn auch dabei gehtes um „Solidaritätskonflikte“. Zwar müssedie Belastbarkeit des Gesundheitssystemsaufrechterhalten werden, aber auch die Kol-lateralschäden für die politische, soziale,wirtschaftliche und kulturelle Lebenslagederer, die unmittelbar davon betroffen sei-en, berücksichtigt werden, sagt Dabrock.

„Die Corona-Krise ist die Stunde der

demokratisch legitimierten Politik“

Dafür nennt er klare Kriterien: Wenn dieZahl der Menschen, die eine infektiösePerson ansteckt, statistisch dauerhaft un-ter eins liegt, „ist der schrittweise epide-miologisch evaluierte Abbau der Restrik-tionen nicht nur möglich, sondern gebo-ten“. Alle bisher getroffenen Beschränkun-gen wie die Kontaktregeln oder die Aus-gangsbeschränkungen müssten ständigkritisch betrachtet werden, um Folgeschä-den so gering wie möglich zu halten. Dasheißt auch, dass freiheitsbeschränkendeMaßnahmen schrittweise zurückgenom-men werden müssen.

Um vorerkrankte und ältere Menschenso gut wie möglich zu schützen, müsse eseffektive und erträgliche Isolationsstrate-gien geben. Zugleich müsse es eine trans-parente und regelmäßige Kommunikationüber bereits ergriffene Schritte und zur po-litischen Entscheidungsfindung geben.Dazu gehört es auch, dass der Bevölke-rung offen gesagt wird, wie hoch die zu er-wartenden Kosten sein werden und wel-che anderen Lösungen möglich wären. Ne-ben der Forschung zu Impfstoffen und Me-dikamenten hält der Ethikrat deshalb denAusbau der Testkapazitäten für enormwichtig. Der Ethikrat rät auch zu interdis-ziplinärer Forschung zu sozialen und psy-chischen Folgen der Covid-19-Pandemie,die nach Auskunft von Virologen ein biszwei Jahre dauern könnte, weil die Infekti-onsraten nur so flach gehalten werdenkönnen. Die Behauptung, dass Krisen dieStunde der Exekutive seien, greife zukurz. „Die Corona-Krise ist die Stunde derdemokratisch legitimierten Politik“, soder Ethikrat.

„Wir wollen und müssen durchhaltefähig sein“Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer über den Einsatz der Bundeswehr in der Corona-Krise

Vor tragischen EntscheidungenStellungnahme des Deutschen Ethikrats zur Corona-Krise / Von Heike Schmoll, Berlin

Im Einsatz: Kramp-Karrenbauer im Dezember Foto Jens Gyarmaty

Nun doch nicht OsternIn den Bundesstaaten wird Kritik an Trump laut

Nur einen wönzigen Schlock: Alko-hol ist gut gegen Viren. Zeichnung Wilhelm Busch

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Page 3: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 · SEITE 3Politik

Covid Central. So nennteine Krankenschwesterdas Elmhurst Hospitalin New York. Es ist Don-nerstagnachmittag,und die Kranken-schwester ist vor die

Tür gegangen und hat ihre Maske abge-streift, um eine Zigarette zu rauchen. DasKrankenhaus sei voller Patienten mit Co-vid-19, der Atemwegserkrankung, dievom neuen Coronavirus verursacht wird.Sie erzählt, sie arbeite hier schon seitmehr als dreißig Jahren und habe dieAids-Epidemie miterlebt. Aber das hiersei schlimmer. „Dieses Virus ist einfachviel ansteckender.“

Das Elmhurst Hospital im StadtteilQueens gilt als eine Art „Ground Zero“für die Corona-Epidemie in New York,seit zur Wochenmitte bekannt wurde,dass hier an einem einzigen Tag 13 Men-schen an Covid-19 gestorben sind. Bürger-meister Bill de Blasio nennt es das „Zen-trum“ im Kampf gegen die Krise und„Priorität Nummer eins“ im Krankenhaus-netz der Stadt. Die Klinik sah sich vor we-nigen Tagen gezwungen, einen Kühllast-wagen heranzukarren, in dem übergangs-weise Leichname aufbewahrt werden.„Apokalyptisch“ seien die Zustände hier,sagte eine Ärztin zur „New York Times“.Über die Lautsprecher sei regelmäßig dieAnsage „Team 700“ zu hören, ein Begriffdafür, dass ein Patient dem Tod nahe ist.

Eine andere Ärztin filmte sich beimGang durch die Klinik und sagte in die Ka-mera, es werde schlimmer und schlim-mer. Neue Patienten seien immer schwe-rer erkrankt, und es seien auch viele jün-gere Menschen zwischen dreißig und fünf-zig Jahren dabei. Ihr fehle Unterstützungund Ausrüstung. „Dies ist Amerika. Wirsollten doch ein Erste-Welt-Land sein.“Es hat sich nun sehr schnell bewahrhei-tet, was Scott Gottlieb, der frühere Chefder Gesundheitsbehörde FDA, erst amvergangenen Sonntag in einem Fernsehin-terview sagte: „Ich denke, die Szenen inNew York werden schockierend sein.“

Die Vereinigten Staaten haben mittler-weile die meisten Corona-Fälle in derWelt. Nach letzten Angaben wurden hier86 000 Menschen positiv auf das Virus ge-testet, mehr als in China oder Italien.Und New York ist, wie Bürgermeister deBlasio es formuliert, das amerikanische„Epizentrum“. Mehr als ein Viertel allerInfektionen im Land entfallen derzeit aufdie Acht-Millionen-Einwohner-Metropo-le, bis zum Donnerstag gab es 365 Tote,80 mehr als noch am Tag zuvor. Und deBlasio sagt, die Lage werde sich weiter zu-spitzen. Der April werde schlimmer alsder März, und der Mai vielleicht sogarnoch schlimmer als der April. Am Endekönnten sich mehr als die Hälfte der NewYorker mit dem Virus anstecken.

Auch Andrew Cuomo, der Gouverneurfür den gesamten Bundesstaat New York,will keine baldige Entspannung verspre-chen: „Das ist kein Sprint, sondern einMarathon.“ Die beiden wichtigsten NewYorker Lokalpolitiker schlagen damitganz andere Töne an als der amerikani-sche Präsident Donald Trump, der eineschnellstmögliche Rückkehr zum Alltagerzwingen will und verheißt, er wolle dasLand an Ostern „wiedereröffnen“.

New York hat in den vergangenen Wo-chen sein Gesicht dramatisch verändert.Die Stadt, die sich gerne rühmt, niemals

zu schlafen, ist dem Stillstand nahe. Dasöffentliche Leben wird mehr und mehreingeschränkt. Restaurants und Kneipensind schon seit fast zwei Wochen geschlos-sen, ebenso wie Schulen, Fitnessstudiosoder Frisörsalons. Seit Sonntag gilt eineweitgehende Ausgangssperre. „Wir sindjetzt alle in Quarantäne“, sagte Cuomobei deren Ankündigung und wies die NewYorker an, sie sollten von nun an „ingrößtmöglichem Maß zu Hause bleiben“und jegliche Zusammenkünfte meiden,selbst in kleinen Gruppen. Geöffnet istjetzt nur noch, was als unverzichtbar gilt.Supermärkte und Apotheken gehörendazu und auch „Liquor Stores“, die Weinund Schnaps verkaufen. Restaurants dür-fen noch ausliefern und Essen zur Abho-lung bereitstellen. Die sonst chronischverstopften New Yorker U-Bahnen sindgespenstisch leer, fahren aber vorerstnoch in eingeschränktem Umfang.

Sogar der Times Square, so etwas wieder Inbegriff hektischen New Yorker Trei-bens, ist wie ausgestorben. Auf der riesi-gen roten Treppe an der Nordseite, wosich üblicherweise Touristen tummelnund sonst nur schwer ein Platz zu bekom-men ist, sitzt am Donnerstagmittag keineeinzige Person. Nur zwei Polizistinnen ge-hen die Stufen hinauf und machen Sel-fies. Gespenstisch wirken die vielenLeuchtreklamen, für die der Platz be-rühmt ist, die munter weiterblinken, auchwenn niemand da ist, um von ihnen berie-selt zu werden. „Harte Zeiten sind nichtvon Dauer, harte Leute schon“, heißt esauf einer von ihnen.

Vor und in den Läden, die das Nötigsteanbieten, herrscht hingegen Hochbetrieb,in den Regalen große Lücken. Toilettenpa-pier, Brot oder Fleisch sind oft schwer zufinden. Die Liquor Stores melden glänzen-de Geschäfte, wer bei Astor Wines & Spi-rits online bestellt, muss sich auf eine Lie-ferzeit von mehr als einer Woche einstel-len. Üblich sind zwei Tage.

Anne Edris, die seit mehr als dreißig Jah-ren im East Village lebt, fühlt sich im Mo-ment an andere Ausnahmesituationen er-innert, etwa die Terroranschläge vom11. September 2001 und den Hurrikan San-dy 2012. In gewisser Weise findet sie dieCorona-Krise noch schlimmer, da sie dieMenschen dazu zwinge, sich weitgehendzu verschanzen. Frühere Notstände hättenNew Yorker zusammengebracht. „Nachdem 11. September habe ich zum erstenMal meine Nachbarn richtig kennenge-lernt, und nach Sandy hatten wir Grillpar-tys auf der Straße. Aber jetzt sitzen wirfest, oder wir gehen mit Maske auf die Stra-ße.“ Wobei Edris mit Beunruhigung beob-achtet, dass gerade jüngere Menschennoch immer recht sorglos mit der Bedro-hung durch das Virus umgehen und biswei-len in größeren Gruppen unterwegs sind.„Vielleicht hat das damit zu tun, dass dieseGeneration noch nie so etwas Schwerwie-gendes durchgemacht hat. Wer den 11. Sep-tember oder Sandy erlebt hat, kapiert’s.“

Die New Yorkerin ist nicht die Einzige,die beklagt, dass manche Menschen unbe-lehrbar seien. Bürgermeister de Blasiohat verärgert registriert, dass noch immerrege in Gruppen Basketball gespielt wird,und will deshalb härter durchgreifen. Kör-be an 80 öffentlichen Basketballplätzensollen abgeschraubt werden.

Edris betreibt eine kleine Pension. Der-zeit hat sie nur noch zwei Gäste. Danebenmacht sie Wandgemälde und andere deko-

rative Kunst für Restaurants, aber das istvöllig zum Erliegen gekommen, seit dieLokale geschlossen sind. Ihr Lebensge-fährte arbeitet in einer Bar und hat nunebenfalls keinen Job mehr. Das Paar ge-hört zu den vielen Menschen in der Stadtund im ganzen Land, deren Einnahme-quellen von heute auf morgen versiegen.

Desolat ist das Geschäft auch im Taxi-gewerbe. Es gibt so wenig Kunden, dassmanche größere Taxibetriebe Teile ihrerFlotte stilllegen. Fahrern von Chauffeur-diensten wie Uber und Lyft geht es nichtbesser. Rubbani zum Beispiel, der seitdrei Jahren für Lyft unterwegs ist und sei-nen Nachnamen nicht in den Medien se-hen will, kann im Moment kaum noch sei-ne laufenden Kosten decken. Für das Ab-bezahlen des Kredits auf seinen Toyota-SUV und Benzin fallen nach seiner Schät-zung jeden Tag 100 Dollar an, aber seineEinnahmen liegen manchmal nur bei 80Dollar oder noch weniger, auch wenn erzwölf Stunden im Einsatz ist. Also musser ans Ersparte und Freunde um Geld bit-ten, um sich, seine Frau und seine dreiKinder zu versorgen.

Rubbani fährt im Moment mit einer rie-sigen Flasche Desinfektionsspray herum,fünf- bis sechsmal am Tag reinigt er Tür-griffe und andere Flächen, mit denen sei-ne Fahrgäste direkt in Berührung kom-men. An der Rückseite des Beifahrersit-zes hängt ein kleiner Behälter mit Hand-desinfektionsmittel für die Passagiere,und Rubbani ist froh, dass er kürzlichnoch eine große Nachfüllpackung ergat-tern konnte. „Das Zeug ist heute wieGold oder Diamanten.“ Die Corona-Kri-se macht sich für den Lyft-Fahrer nichtnur darin bemerkbar, dass er wenigerKundschaft hat. Die Menschen, die er her-umfährt, sind nach seiner Beobachtungauch viel schweigsamer als sonst. Undmehr als die Hälfte trage eine Maske.

Einige New Yorker machen sich Sor-gen, dass die Pandemie die Gräben zwi-schen Arm und Reich in der Stadt vertie-fen könnte. Anne Edris hat beobachtet,dass einige Geschäfte in ihrem Viertelnur noch Kreditkarten annehmen, weilsie fürchten, dass Bargeld mit Viren konta-miniert sein könnte. „Aber viele ärmereMenschen haben keine Kreditkarte.“Manche reichen New Yorker sind aus derStadt zu ihren Zweitwohnsitzen in den no-blen Hamptons auf Long Island geflohenund haben weniger betuchte Einheimi-sche, die dort das ganze Jahr lang leben,gegen sich aufgebracht, weil sie mit Hams-terkäufen die Vorräte in den Supermärk-ten dezimieren. Ein anschauliches Bei-spiel für Kontraste war in den vergange-nen Tagen der Edelitaliener Carbone imGreenwich Village, der weiter ausliefert,darunter seine Kalbsspezialität „Veal Par-mesan“ – für 69 Dollar. Vor dem Lokaldrängten sich an mehreren Abenden Mit-arbeiter von Lieferdiensten ohne erkenn-baren Sicherheitsabstand, um Essen fürdie vermögende Kundschaft abzuholen,die sich zu Hause verschanzt.

Krisenzeiten wie diese schaffen freilichnicht nur Konfliktpotential, sondern brin-gen auch Hilfsbereitschaft hervor. EineGruppe New Yorker Studenten hat eine In-itiative mit dem Namen „Invisible Hands“(„Unsichtbare Hände“) ins Leben geru-fen, die darauf abzielt, Besorgungen für äl-tere oder behinderte Menschen zu ma-chen, dabei aber physischen Kontakt mög-lichst zu vermeiden. Wer das in Anspruchnehmen will, kann über ein Online-For-

mular Lebensmittel oder andere Dinge be-stellen. Die Ware wird ihm dann von ei-nem Helfer aus der Gruppe gebracht, dersie vor der Tür abstellt, klingelt und wie-der geht. Geld wird unter der Tür durchge-schoben, die beiden Seiten bekommensich nicht zu Gesicht. „Ehrlich gesagt, hof-fen wir, dass es uns nicht sehr lange gibt“,heißt es auf der Internetseite der Gruppe.

Dass New York von der Corona-Krisebesonders hart betroffen ist, wird von vie-len Fachleuten mit der weit überdurch-schnittlich hohen Dichte von Menschenin der Stadt begründet, die eine schnelleÜbertragung von Viren erleichtert. NewYorker sind in ihrem Alltag ständig vongroßen Menschenmengen umgeben, obauf der Straße, in U-Bahnen oder in riesi-gen Apartmentgebäuden. Je Quadratmei-le, also gut 2,5 Quadratkilometer, lebenin New York 28 000 Personen. In SanFrancisco, der zweitdichtesten Stadt imLand, sind es 17 000.

Die wohl größte Herausforderung derStadt ist es im Moment, die Versorgungvon Covid-Patienten zu sichern. Hände-ringend bemüht sich Gouverneur Cuomoum Beatmungsgeräte. Der ganze Bundes-staat New York, sagt Cuomo, habe nur53 000 Krankenhausbetten, brauche aber140 000. Die „New York Times“ schriebunter Berufung auf die staatliche Kata-strophenhilfe FEMA, die 1800 Intensiv-betten in der Stadt könnten schon am Frei-tag belegt sein. „Fast jedes realistischeSzenario wird die gegenwärtigen Kapazi-

täten des Gesundheitssystems überwälti-gen“, sagt Cuomo. Es wird im Momentverzweifelt versucht, aufzurüsten, zumBeispiel im riesigen Messezentrum JacobJavits Center, wo in kürzester Zeit mehre-re behelfsmäßige Krankenhäuser entste-hen sollen. Die Bundesregierung will au-ßerdem ein Krankenhausschiff ihrer Mari-ne nach New York schicken.

Vor dem Elmhurst Hospital, dem Co-vid-Brennpunkt, stehen mittlerweile zweigroße Zelte, wo sich die Menschen aufdas Virus testen lassen können. Auf derStraße sind Reihen von Barrikaden aufge-baut, zwischen denen sich die Menschenanstellen sollen, Schilder mahnen zumAbstandhalten. Schon am frühen Morgenbildet sich eine Schlange, weil die Zahlder Tests begrenzt ist. Am Nachmittag istes leer geworden, ein Schild weist daraufhin, dass heute keine Tests mehr gemachtwerden. Etwas abseits davon steht etwasverloren eine Frau mit Gesichtsmaske.Sie erzählt, ihre 56 Jahre alte Mutter habeseit Tagen hohes Fieber, Husten undDurchfall und sei heute in die Notaufnah-me eingeliefert worden. Besuchen dürfesie ihre Mutter nicht, weshalb sie nundraußen herumstehe. „Ich weiß nichtrecht, ob ich hierbleiben oder nach Hausegehen soll.“ Die Frau sagt, sie habe selbstSymptome und sei in dieser Woche getes-tet worden. Auf das Ergebnis warte sienoch.

Das Dokument

Solidarität und Verantwortung in derCorona-Krise. Die Empfehlungen desDeutschen Ethikrates an die Gesell-schaft, die Medizin und die Politik.

Roland Lindner

GroundZero

Amerikanisches Epizentrum der Corona-Epidemie: Aus New York werden die meisten Infizierten in den Vereinigten Staaten gemeldet, hier ein Blick auf die Madison Avenue am Donnerstag. Foto Laif/UPI

Soziale Distanz: Unterhaltung im Central Park Foto Reuters

Am Montag

Gespenstischer Times Square, Straßenohne gelbe Taxis und Ausnahmezustandin den Krankenhäusern: New York hat

sein Gesicht dramatisch verändert.

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Page 4: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

SEITE 4 · SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGPolitik

Aachen: NS-Propagandabejubelt Mord

Nationalsozialistische Partisanen,von der Propaganda gerne „Werwöl-fe“ genannt, ermorden am 25. Märzin Aachen den von den Alliierten ein-gesetzten Bürgermeister Franz Op-penhoff. Der Anwalt Oppenhoff warseit dem 31. Oktober 1944 im Amt ge-wesen. Aachen war die erste deut-sche Großstadt, in der die Alliierteneine Zivilverwaltung einrichteten. InAachen übernahm nach dem Tod Op-penhoffs kurzzeitig Wilhelm Rom-bach, der das Amt bereits bis zu sei-ner Absetzung durch das NS-Regimeim Jahr 1933 innehatte, das Amt.

Das nationalsozialistische Regimefeiert in den Tagen nach dem Morddie Täter. Sie gehörten zu Einheiten,die der SS-Führer Heinrich Himmlerals allerletztes Untergrund-Aufgebotvorgesehen hatte. Konkret beteiligtan der Tat waren sechs Personen. Siewurden in einem Schloss in der Nähevon Düsseldorf auf die Tat vorberei-tet. Am 20. März sprangen sie west-lich von Aachen aus einem Flugzeugab. Die juristische Aufarbeitung meh-rere Jahre nach Kriegsende verliefmehr oder weniger im Sande. Zwarstanden einige Mitglieder der Grup-pe vor Gericht. Sie beschuldigtenaber andere der Haupttäterschaft.Diese waren zu diesem Zeitpunkt ent-weder schon tot oder lebten, wie sichim Nachhinein herausstellte, unterfalschem Namen im Ausland. Sie wa-ren jedenfalls für die Justiz nichtgreifbar.

Manch ein Jugendlicher, währendder nationalsozialistischen Regie-rungszeit sozialisiert, ließ sich vondem Propaganda-Pathos des „Wer-wolfs“ inspirieren und wirkte an Ak-tionen wie dem Mord von Aachenmit. Insgesamt aber blieb der „Wer-wolf“ ebenso ein Propagandage-spinst wie die von den Alliierten lan-ge Zeit so gefürchtete „Alpenfes-tung“.

Nur Tatsachen, noch keineMeinungen

Elmer Davis, Direktor des amerikani-schen Kriegsinformationsamtes, refe-riert in London über den künftigenUmgang mit Deutschen. Wie zuvorbei anderen Gelegenheiten ist auchhier wieder von „Erziehung“ der Be-siegten die Rede. Davis, sagt, derdeutschen Presse und dem deutschenRadio solle nach der Besetzung zu-nächst nur erlaubt werden, einfacheTatsachen zu melden. Bis zur Zulas-sung freier Meinungsäußerungenmüsse noch etwas Zeit vergehen. Al-lerdings sei klar, dass eine Zeit kom-men werde, da man mit den Deut-schen wieder Beziehungen werdepflegen müssen. Zweifellos gebe essowohl in Deutschland als auch imAusland viele demokratisch gesinnteDeutsche. Die Ermordung des Bür-germeisters von Aachen habe aber ge-zeigt, welche Gefahren immer nochlauerten. Einen Terrorakt wie diesenhabe man allerdings erwartet.

Front in BewegungMit genauen Ortsangaben tut sichder Wehrmachtbericht in der Regelschwer, weil Menschen, die sich nichtaus ausländischen Radiosendungeninformieren, sonst weitgehende Rück-schlüsse auf die Geschwindigkeit desalliierten Vormarsches ziehen könn-ten. Jetzt allerdings brechen auchbeim offiziellen deutschen Kriegsbul-letin allmählich die Dämme. Warnoch vor wenigen Tagen von Gebie-ten westlich des Rheins die Rede, fal-len nun plötzlich Namen wie Aschaf-fenburg (Bayern) oder Wetzlar (Mit-telhessen). Auch die Erwähnungamerikanischer „beweglicher Einhei-ten“ zeigt, dass von einer zusammen-hängenden Frontlinie nicht mehr ge-sprochen werden kann. pes.

Am 15. März hat Pierre-Jean Birkenvon 7.45 Uhr bis um 21 Uhr in einemWahllokal in seinem Heimatort Saint-Fons im Süden von Lyon gesessenund die Personalien Hunderter Wahl-berechtigter überprüft. Auch bei derAuszählung am Abend war er im Ein-satz. Präsident Emmanuel Macronhatte gesagt, das Ansteckungsrisikosei gering, und sich dabei auf seinenWissenschaftlichen Beirat berufen.Jetzt hat Wahlhelfer Birken alle Symp-tome von Covid-19. Doch wegen derTestknappheit kann er kein positivesTestergebnis vorweisen. Er ist zutiefstdarüber erbittert, dass er sich vermut-lich im Wahllokal angesteckt hat, ob-wohl alle Sicherheitsmaßnahmen wieAbstand halten und Hände regelmä-ßig mit Desinfektionslösung reinigenbeachtet wurden.

Auch sechs andere ehrenamtlicheWahlhelfer, die mit Birken im Wahllo-kal saßen, hat es getroffen. „Ich wer-de es überstehen, aber meine Freun-de, die nicht so fit sind, liegen imKrankenhaus. Ich bin wütend auf un-seren Präsidenten, der nicht den Muthatte, die Kommunalwahlen abzusa-gen“, sagte Birken dem französischenFernsehsender Public Sénat. Aus al-len Landesteilen melden sich in die-sen Tagen Wahlhelfer zu Wort, dieglauben, sich in den Wahlbüros ange-steckt zu haben.

In Frankreich ist eine Debatte dar-über entflammt, ob es nicht eineleichtfertige Entscheidung des Präsi-denten war, trotz der Schulschließun-gen am Wahlsonntag festzuhalten.Der zweite Wahlgang, der eigentlicham 22. März hätte stattfinden sollen,ist aufgrund der Pandemie auf unbe-stimmte Zeit verschoben worden. In-nenminister Christophe Castaner favo-risiert den 21. Juni als neuen Wahlter-min. Aber es ist unsicher, ob die Wahldann nachgeholt werden kann. Dennschon steht fest, dass auch viele Kandi-daten an Covid-19 erkrankt sind undvorerst nicht antreten können.

In Saint-Fons erwägen die Wahlhel-fer, wegen „fahrlässiger Körperverlet-zung“ Anzeige gegen die Regierungzu erstatten. In Marseille hat der Kan-didat der grünen Partei EELV, HervéMenchon, einen Antrag bei der Ge-sundheitsbehörde gestellt, damit die4000 Wahlhelfer prioritär getestetwerden. Menchon sagte: „Wir habendie freiwilligen Helfer eingesetzt undihnen gesagt, sie würden die Werteder Demokratie verteidigen. Jetzt ver-langt es der Anstand, dass wir ihnenzumindest Tests beschaffen.“ EineAntwort der Gesundheitsbehörde ste-he bislang noch aus, teilte Menchonmit. Die Kritik kommt in Marseilleauch aus der Jugendorganisation derRegierungspartei La République enmarche. Die 21 Jahre alte AnnabelBerard von „Die Jugend mit Ma-cron“, die positiv getestet wurde, er-hebt schwere Vorwürfe: „Der Präsi-dent hätte entschlossener sein unddie Wahl annullieren müssen.“

Macron hatte sich auf den Wider-stand des rechtsbürgerlichen Senats-präsidenten Gérard Larcher (LR) be-rufen, der sich dagegen ausgespro-chen hatte, die Kommunalwahlen zuverschieben. Jetzt plant die rechtsbür-gerliche Partei, das Vorgehen durcheine parlamentarische Untersu-chungskommission prüfen zu lassen,sobald die Krise vorüber ist. Es gehedarum, eventuelle Versäumnisse derRegierung offenzulegen, sagte derLR-Fraktionschef im Senat, Bruno Re-tailleau. Gesundheitsministerin Ag-nès Buzyn behauptete, sie habe denPremierminister schon im Januar voreinem „Tsunami“ gewarnt, der aufFrankreich zukomme. Sie habe demRegierungschef gesagt, dass die Kom-munalwahlen nicht stattfinden könn-ten, sagte Buzyn. Beim Hohen Justiz-hof, einem Sondergericht für Regie-rungsmitglieder, sind bereits fünf Kla-gen eingegangen. Ein Ausschuss desSondergerichts muss entscheiden, obdiese Klagen zulässig sind.

Die Situation im Elsass bleibt dra-matisch. Nach Angaben der re-gionalen Gesundheitsbehördeist die Zahl der Covid-19-Toten

auf 580 gestiegen. 3292 Schwerkranke wer-den in Krankenhäusern behandelt, 701von ihnen müssen künstlich beatmet wer-den. Die Notdienste erhalten mehr Anrufevon infizierten Menschen denn je. Wie Re-gionalratspräsident Jean Rottner mitteilte,sind allein beim Notdienst im Départe-ment Vogesen an einem Tag 1300 Anrufeeingegangen. Der Katastrophendienst Sé-curité Civile France organisierte 55 Ret-tungsflüge in den vergangenen Tagen, umPatienten aus den überlasteten Unikran-kenhäusern in Straßburg, Colmar und Mül-hausen in andere Landesteile mit Intensiv-bettenplätzen zu bringen.

Es müsse fortan auch erwogen werden,schwerkranke Patienten in kleinere Kran-kenhäuser in Zabern, Hagenau, Schlett-stadt oder Saarburg zu verlegen, regt der el-sässische Abgeordnete Patrick Hetzel vonder rechtsbürgerlichen Partei Les Républi-cains (LR) an. Aus nicht verständlichenGründen hätten die zuständigen Gesund-heitsbehörden darauf verzichtet, Privatkli-niken für die Versorgung der Covid-19-Kranken hinzuzuziehen. „Jetzt werden dieprivaten Einrichtungen endlich auch umHilfe gebeten“, sagte Hetzel im Gesprächmit dieser Zeitung. Sein elsässischer Frakti-onskollege, der Abgeordnete Jean-LucReitzer (LR), kämpft noch immer gegeneine schwere Form von Covid-19. Er sei inein künstliches Koma versetzt worden,hieß es.

Hetzel unterstützt den Vorstoß seinerFraktion, nach Ende der Krise einen parla-mentarischen Untersuchungsausschusseinzuberufen, um Versäumnisse der Regie-rung in der Vorbereitung auf die Epidemiezu klären. „Warum haben wir nicht genü-gend Vorräte an Schutzmasken? Warumfehlt es uns an Beatmungsgeräten?“, fragteHetzel. „Wie ist es möglich, dass wir nichtüber ausreichend Reaktivflüssigkeit für dieTests verfügen?“, sagte der Abgeordnete.„Wir brauchen bei uns Produktionskapazi-täten, die wir im Fall einer Epidemie hoch-fahren können“, so Hetzel. Wie alle elsässi-schen Abgeordneten sei er voller Dankbar-keit für die spontanen Hilfsangebote ausgleich drei deutschen Bundesländern.Deutschland sei ein Vorbild in der Frageder Tests. Obwohl Präsident Macron beiseinem Besuch in Mülhausen versprochenhabe, dass die Zahl der Tests auf 29 000 täg-lich erhöht werde, seien im Elsass nochnicht mehr Tests angekommen. „Es läuft al-les nur sehr langsam an“, sagte er.

Auch für den RegionalratspräsidentenJean Rottner (LR) zählen größere Testka-pazitäten zu den Bedingungen, um die Re-gion im Osten Frankreichs auf die Zeitnach der Epidemie vorzubereiten. Rottner

tauschte sich am Freitag mit Unterneh-menschefs aus. Das Vertrauen könne nurzurückkehren, wenn möglichst flächende-ckend getestet werde, so die einhellige Mei-nung. Insbesondere im Elsass sieht manauch die langwierigen zentralstaatlichenEntscheidungsprozesse als Hindernis fürschnelle Hilfe. So beklagte Rottner, dassdie versprochenen Lieferungen an Schutz-masken nicht über das regionale Netz anApotheken verteilt werden, sondern zen-tral von einer Tochter der staatlichen Ei-senbahngesellschaft SNCF, Geodis, ver-schickt werden. Die Lieferung habe sichdadurch um mehrere Tage verzögert.

Trotz steigender Todesfälle und stark zu-nehmender Anzahl an Covid-19-Patien-ten, die stationär aufgenommen werdenmüssen, ist die baden-württembergischeLandesregierung weiterhin der Meinung,dass sie chaotische Verhältnisse in denKrankenhäusern und eine Situation wieim Elsass verhindern kann. „Wir sind nochder Auffassung, dass es zu einem Totalaus-fall des Gesundheitssystems wie im Elsassbei uns nicht kommen wird“, sagte einSprecher des baden-württembergischen In-nenministeriums. Im Südwesten habensich 8441 Menschen infiziert, 76 sind seitBeginn der Epidemie gestorben.

Das Land verfügt über 3200 Intensivbet-ten, davon sind 2200 mit einem Beat-mungsgerät ausgestattet. Am Universitäts-klinikum Freiburg werden derzeit 58 Coro-na-Patienten stationär behandelt, 22 müs-sen beatmetet werden. Die Klinik kannetwa 150 Beatmungspatienten gleichzeitigversorgen. Am Universitätsklinikum Tü-bingen werden 35 Covid-19-Patienten sta-tionär behandelt, 20 benötigen eine Beat-mung. Die Klinik verfügt über 110 Beat-mungsbetten. Die Zahl der Intensivbetten– mit und ohne Beatmungsgerät – soll inden nächsten Wochen verdoppelt werden.Einen Zeitraum, bis wann dies erreichtsein soll, nennt das Ministerium nicht.

Aus dem Elsass nahm Baden-Württem-berg vor einigen Tagen 15 schwer erkrank-te Covid-19-Patienten auf. Kapazitäten,um mehr Patienten aus Frankreich oder Ita-lien aufzunehmen, hat das Land abernicht. Am Freitag mussten aus dem Nürtin-ger Krankenhaus einige Covid-19-Patien-ten mit einem Hubschrauber verlegt wer-

den. Das Grundversorgungskrankenhausmit 330 Betten verfügt nur über 18 Intensiv-betten mit Beatmungsgeräten; am Freitagwaren alle belegt. Einige Patienten sindnach Tübingen und Esslingen verlegt wor-den. Noch handelt es sich um einen Einzel-fall; die Krankenhäuser sammeln noch Er-fahrungen, wo ihre Kapazitäten bei diesenPatienten an Grenzen stoßen. In allen Kli-niken in Baden-Württemberg nimmt aberdie Zahl der Covid-19-Patienten zu. Auchdie Zahl jüngerer sowie schwer erkrankterMenschen, die intensivmedizinisch betreutwerden müssen steigt täglich.

Der Brief der Notärzte des „DeutschenInstituts für Katastrophenmedizin“(DIFKM) enthält eine Reihe von Hinwei-sen, die für die Mediziner und die Behör-

den in Baden-Württemberg hilfreich sind:Es wird ausdrücklich noch einmal auf dierelativ lange Beatmungsdauer dieser Pa-tienten hingewiesen, die zwischen 14 und21 Tagen liegt. Wichtig ist auch der Hin-weis, dass die Diagnose mit den Corona-Tests nicht immer zuverlässig zu seinscheint und der Computertomographie inder Diagnostik deshalb ein hoher Stellen-wert zukommt. „Thorax-CT deutlich sensi-tiver als Covid-19-PCR“, heißt es in demBrief der Notärzte, die das Straßburger Kli-nikum am 23. März für einen Erfahrungs-austausch mit den dortigen Ärzten be-sucht hatten. Bei dem DIFKM handelt essich allerdings um ein privates Institut mitkommerziellen Interessen. Es bietet Kran-kenhäusern etwa Notarztdienste an, wennLücken in den Dienstplänen bestehen; ei-nige Krankenhäuser lehnen es ab, mit demDIFKM zusammenzuarbeiten, weil sie dieDienste für überteuert halten. Das Institutselbst wollte sich am Freitag zu dem Briefnicht äußern: „Über diese Ist-Beschrei-bung hinaus, gibt unser Haus derzeit keineweiteren Stellungnahmen oder Interviewsab. Weder zur Lage in Straßburg, nochzum Themengebiet SARS-CoV-2 im Allge-meinen. Der Sachbericht ist umfassendund bedarf keiner weiteren Kommentare“,hieß es auf der Internetseite.

Der Chefvirologe des baden-württem-bergischen Landesgesundheitsamtes, Ste-fan Brockmann, sagte, der Brief der Not-ärzte enthalte wenig Informationen, dieden Klinikärzten nicht bekannt seien. DieKliniken des Landes seien in der Lage,die Covid-19-Patienten gut zu versorgen,auch werde die Computertomographiezur Diagnose auf breiter Front eingesetzt.In der nächsten Woche könne man wahr-scheinlich erste Effekte der Ausgeh- undKontaktverbote sehen. Der Medizinersprach sich dagegen aus, vor Ostern ander jetzigen Strategie etwas zu ändern.„Wenn wir jetzt aussteigen“, sagte Brock-mann, „dann hätten wir nur zwei WochenZeit gewonnen. Uns würde das Gesund-heitssystem nur etwas später kollabie-ren.“ Nach Ostern sei der richtige Zeit-punkt, um langsam mit der Diskussionüber „Exit-Strategien“ zu beginnen. „Esist eine Epidemie und kein Unwetter“,sagte Brockmann. „Es reicht nicht, fürkurze Zeit in den Keller zu gehen.“

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Lt. BERLIN. Noch immer warten Zehn-tausende Deutsche im Ausland darauf,dass das Auswärtige Amt ihre Rückkehrnach Hause organisiert. Ein Sprecher desAußenministeriums sagte am Freitag inBerlin, „wir vergessen keinen“. Gegenwär-tig bemüht sich der Krisenstab des Aus-wärtigen Amtes darum, in mehr als fünf-zig Ländern die Rückreise von gestrande-ten deutschen Reisenden zu organisieren.In der ersten Phase der Rückholaktionhatte das Amt den Schwerpunkt auf gro-ße Touristenziele wie die Staaten der afri-kanischen Mittelmeerküste oder die Kari-bik gelegt. Den Angaben zufolge sind bis-

lang vor allem von dort insgesamt160 000 Urlauber zurückgekehrt. Für diemeisten wurden mit Hilfe der Diploma-ten des Krisenstabs und der deutschenBotschaften noch Flüge ihrer Reiseveran-stalter organisiert; 24 000 Deutsche kehr-ten mit Charterflugzeugen des Auswärti-gen Amtes zurück. Bislang hat das Minis-terium 110 Flugzeugverbindungen dafürgebucht; diese Zahl wird in den nächstenTagen nochmals stark steigen.

Mittlerweile liegt das Hauptaugenmerkder Rückholaktion auf Ländern wie Ar-gentinien, Kuba, Indien, Australien undNeuseeland. Oft muss die politische Füh-

rung des Amtes eingreifen, um für ge-sperrte Flughäfen Ausnahmegenehmigun-gen zu erreichen. In Indien haben vieleder bislang 2500 Rückkehrwilligen wegeneiner Ausgangssperre Schwierigkeiten,zu den möglichen Abflughäfen zu gelan-gen. In Neuseeland, wo rund 10 000 Rück-kehrer auf Flugzeuge warten, gilt eineAusgangs- und eine Flughafensperre. Mitder Entfernung nach Deutschland neh-men die Schwierigkeiten zu; ein Sprechersagte, wenn nicht ununterbrochen geflo-gen werden könne, müssten nun oft Zwi-schenlandeerlaubnisse erwirkt werden,um die Ruhezeiten der Flugzeugcrews ein-

halten zu können. Verpflichtende Quaran-tänemaßnahmen für Rückkehrer gibt esbislang nicht; es heißt, Deutschland habeohnehin gegenwärtig einen höheren Risi-kostatus wegen seiner aktuellen Corona-Infektionsrate als die Reiseländer der Tou-risten.

Das Auswärtige Amt schätzt, dass dieRückholaktion noch rund zwei Wochendauern werde. Gestrandete Touristen, dienoch keinen Kontakt zu einer Auslands-vertretung halten, sollen sich auf der Web-site www.Rückholprogramm.de kundigmachen und registrieren, die vom Auswär-tigen Amt neu eingerichtet worden ist.

1945Wut aufMacronHätte er die Wahlenabsagen müssen?

Von Michaela Wiegel,

Paris

Verlegung per Hochgeschwindigkeitszug: Ein Corona-Patient wird aus Straßburg nach Westfrankreich gebracht. Foto Reuters

MORGEN IN DERSONNTAGSZEITUNG

Zehntausende warten auf Rückkehr nach DeutschlandAusgangssperren erschweren die Lage / Auswärtiges Amt: Rückholaktion wird noch zwei Wochen dauern

Wettlauf gegen die ZeitDIE LETZTEN

KRIEGSWOCHEN

28. MÄRZ

Die Lage im Elsass istnoch immer dramatisch.In Baden-Württembergversucht man alles,um solche Verhältnissezu verhindern.

Von Rüdiger Soldt,

Stuttgart, und

Michaela Wiegel, Paris

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Page 5: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 · SEITE 5Politik

reb. DÜSSELDORF. Das Land Nord-rhein-Westfalen lässt Virologen am Bei-spiel des Landkreises Heinsberg erfor-schen, wie die Corona-Krise am bestenüberwunden werden und wann schrittwei-se mit der Lockerung der strikten Maß-nahmen zur Eindämmung des Virus be-gonnen werden kann. Der Virologe Hen-drik Streeck von der Universität Bonnwerde in den kommenden Wochen ge-meinsam mit anderen Wissenschaftlernim Kreis Heinsberg Untersuchungen vor-nehmen, sagte Ministerpräsident ArminLaschet (CDU). In dem nahe Aachen gele-genen Kreis habe es früher als an allen an-deren Orten in Deutschland eine Vielzahlvon Corona-Infizierten gegeben, er sei da-mit „die Erstregion – von hier aus lassensich wichtige Erkenntnisse für ganzDeutschland ableiten“. Es gehe darum,„heute schon an morgen zu denken“.Denn einen Zustand wie aktuell könneDeutschland sozial, wirtschaftlich und ge-sundheitlich auf Dauer nicht durchhalten.

Im Kreis Heinsberg waren zur Karne-valszeit die ersten Corona-Infektionen inNordrhein-Westfalen aufgetreten, er ent-wickelte sich rasch zum bisher größtenCluster in Deutschland, zugleich versuch-te der Kreis unter Führung von LandratStephan Pusch (CDU) möglichst rasch un-ter anderem mit Schulschließungen ge-genzusteuern. Nach Einschätzung vonFachleuten ist die Corona-Entwicklung inHeinsberg der Entwicklung im RestDeutschlands etwa zweieinhalb Wochenvoraus. Am Freitag gab es in dem Kreis1150 Erkrankte, bisher 29 Menschen sinddort an dem Virus gestorben; zuletzt hatsich die Ausbreitungsdynamik deutlichverlangsamt. Heinsberg könne als For-schungsbeispiel und Modellregion die-nen, sagte Laschet. Ziel sei es, „wissen-schaftlich fundiert herauszufinden, wel-che der ergriffenen Maßnahmen und tie-fen Einschnitte in das Leben der Bürgerweiterhin virologisch und epidemiolo-

gisch sinnvoll sind und welche nicht“.Streeck, der im Kreis Heinsberg schon inden vergangenen Wochen einige Aspekteerforschen konnte, sagte, in der aktuellenSituation sei es Aufgabe der Wissen-schaft, für die Politik rasch Fakten zu lie-fern. Er hoffe, dass die „Covid-19 Case-Cluster-Study“ nicht länger als zwei Wo-chen dauere und der Landesregierungschon in der kommenden Woche erste Er-gebnisse vorgelegt werden könnten. Zielder Studie soll es unter anderem sein,durch die systematische Untersuchungvon 1000 Personen die Dunkelziffer vonCorona-Infizierten und denjenigen her-auszufinden, die bereits eine Infektiondurchgemacht haben. Erst wenn man dieDunkelziffer in einer definierten Popula-tion wie im Kreis Heinsberg ermittelthabe, könne man verstehen, wie gefähr-lich, wie tödlich das Virus tatsächlich sei.Geprüft werden soll auch, wie effektiv dievorgenommenen Tests waren und wiesich das Virus über Luft, Oberflächen, All-tagsgegenstände wie Fernbedienungenoder Smartphones, Lebensmittel undWasser übertragen kann. Im Rahmen ei-ner Fragebogenstudie sollen Probandenzu Vorerkrankungen und Kausalkettenwie Reisen, Nahrung und Tierkontakte in-terviewt werden. „Wir wollen Hinweise ge-ben, wie man in Zukunft mit dem Virusumgehen kann und wie wir am besteneine Eindämmung erreichen, ohne dassdas Leben in den nächsten Jahren zum Er-liegen kommt“, sagte Streeck. Der Virolo-ge sprach sich zudem dafür aus, deutsch-landweit die Zahl der Tests möglichstrasch zu erhöhen. Das massenhafte Tes-ten in Südkorea habe gezeigt, dass es da-mit möglich sei, die Zahl der Neuinfektio-nen auf ein Minimum zu drücken. Er seiauch überzeugt, dass die Test-Kapazitätenin Deutschland deutlich und rasch mit Hil-fe kreativer Lösungen erhöht werdenkönnten. Viele Universitäten arbeitetendaran, bestehende Tests umzufunktionie-ren.

Andreas Mihm 60Als Andreas Mihm gegen Ende vergange-nen Jahres seine langjährige Korrespon-dententätigkeit in Berlin mit einem Emp-fang beendete, war das Atrium des Berli-ner Gebäudes der F.A.Z. sehr gut gefüllt.Zahlreiche, zum Teil langjährige berufli-che Weggefährten aus Medien, Politik,Verbänden und Unternehmen waren ge-kommen, um sich von Mihm zu verab-schieden. Ihr Kommen bezeugte Respektfür einen Journalisten, der Sachkunde an-stelle von Polemik, Recherche anstellevon Parolen und – eine nicht im Gegen-satz zu seinem freundlichen Wesen ste-hende – berufliche Distanz gegenüber ei-ner Anbiederung an Mächtige bevorzugt.Fast zwei Jahrzehnte hat Mihm in der Ber-liner Redaktion dieser Zeitung verbrachtund sich dort mit wirtschaftspolitischenThemen befasst, darunter vor allem mit

der Gesundheits- und der Energiepolitik.Zum Jahreswechsel zog es Mihm dannvon der Spree an die Donau, wo er inWien die Stelle eines Wirtschaftskorres-pondenten für Österreich, Ostmitteleuro-pa-, Südosteuropa und die Türkei über-nommen hat. Mehr als ein Dutzend Län-der mit unterschiedlichen Sprachen undWährungen umfasst sein neues Berichts-gebiet, und mit der ihm eigenen Gründ-lichkeit hat er sich in die seine neue Welteingearbeitet. Die Coronakrise gibt demversierten Journalisten nun die Gelegen-heit, eine Brücke zwischen seinen frühe-ren und seinen heutigen Themen zu schla-gen. So sind in den vergangenen Wochenmehrere Artikel über wachsende Schwie-rigkeiten erschienen, Pflegekräfte ausost- und südosteuropäischen Ländern fürdeutsche Heime zu gewinnen. An diesemSamstag wird Andreas Mihm sechzig Jah-re alt. gb.

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Neuer MilitärbischofDie Evangelische Kirche in Deutschland(EKD) hat einen neuen Militärbischofberufen. Wie das Kirchenamt in Hanno-ver mitteilte, soll Bernhard Felmbergzum 1.Oktober den bisherigen Amtsin-haber Sigurd Rink ablösen. Rink soll Bü-roleiter des Präsidenten der Diakonie,Ulrich Lilie, werden. Felmberg hatte bis2013 als EKD-Bevollmächtigter die In-teressen der Kirche in Berlin vertreten.Nach Kritik an seiner Lebensführungwurde er Abteilungsleiter im Bundesmi-nisterium für wirtschaftliche Zusam-menarbeit. tja.

Schul-Cloud für alleZur schnellen Unterstützung in der Co-rona-Krise öffnet das Bundesministeri-um für Bildung und Forschung (BMBF)die Schul-Cloud des Hasso-Plattner-In-

stituts für alle Schulen, die kein ver-gleichbares Angebot des Landes oderSchulträgers nutzen können. „In diesenWochen der Schulschließungen müssenwir alle Ressourcen mobilisieren, damitder Unterricht zumindest teilweise statt-finden kann“, sagte Bundesbildungsmi-nisterin Anja Karliczek (CDU). DieSchul-Cloud wird schon jetzt von Gym-nasien genutzt. oll.

Heim bleibt in BetriebDas Würzburger Seniorenheim St. Niko-laus, in dem bisher elf Bewohner nach ei-ner Infektion mit dem Coronavirus ge-storben sind, soll nicht evakuiert wer-den. Das teilten Würzburgs Oberbürger-meister Christian Schuchardt (CDU)und der Leiter des Würzburger Gesund-heitsamts, Johann Löw, am Freitag mit.Die Isolierung der positiv auf das Virusgetesteten Personen auf Stationen inner-

halb der Einrichtung sei nach langer Ab-wägung die sinnvollste Lösung, hieß es.Schuchardt betonte, die Einrichtung lei-de derzeit vor allem an einem Mangelan Personal und Schutzkleidung. dpa

Oppositionsführer entführtWenige Tage, bevor in Mali ein neuesParlament gewählt werden soll, ist indem westafrikanischen Staat der wich-tigste Oppositionsführer, Soumaila Cis-sé, entführt worden. Nach Angaben sei-ner Partei, der Union für Republik undDemokratie, war Cissé am Mittwoch inder Region Timbuktu unterwegs, als ermit seiner Wahlkampfkolonne offenbarin einen Hinterhalt geriet. Gemeinsammit dem Politiker wurden auch elf weite-re Mitglieder seiner Partei verschleppt.Wer hinter der Entführung steht, ist un-klar. Die Region im Norden des Landeswird von Islamisten terrorisiert. tht.

Personalien

rüb. ROM. Das Coronavirus hat auch vorden Mauern des Vatikans nicht haltge-macht. Am Freitag berichteten italieni-sche Medien von einer weiteren Infektioneines vatikanischen Angestellten. Damiterhöhte sich die Zahl der Infektionennach unbestätigten Angaben auf sechs.Der Vatikan selbst teilt die Zahl der infi-zierten nicht mit. Die jüngste Ansteckungmit dem Virus sei bei einem Priester ausdem Staatssekretariat festgestellt worden,der seinen Wohnsitz in einer Ordensge-meinschaft außerhalb des Vatikans habe,heißt es in italienischen Medien. Am Don-nerstag hatte die Zeitung „Il Messaggero“berichtet, dass erstmals ein Bewohner desvatikanischen Gästehauses Santa Martapositiv auf das Virus getestet worden sei.Laut dem Bericht soll es sich um einen 58Jahre alten ranghohen Mitarbeiter desStaatssekretariats handeln, der wegen derCovid-19-Erkrankung inzwischen im Ge-melli-Krankenhaus behandelt werde.

In dem Gästehaus Santa Marta wohntauch Papst Franziskus, der mit dem Er-krankten aber nicht zusammengekom-men sein soll. Franziskus hat sich in-zwischen zweimal auf das Coronavirustesten lassen, auch der letzte Test vomMittwoch fiel negativ aus. Nach italieni-schen Medienberichten nimmt der 83Jahre alte Papst seine Mahlzeiten nichtmehr im Speiseraum ein, sondern lässtsich diese auf sein Zimmer im zweitenStock der Residenz bringen. Dort ver-bringt er die meiste Zeit des Tages undempfängt nur noch wenige Besucher.Von der Gewohnheit, seine Gäste mitHandschlag zu verabschieden, wolleFranziskus nicht lassen, heißt es. SeineMitarbeiter reichten ihm aber anschlie-ßend ein Desinfektionsmittel.

Wegen einer schweren Erkrankung alsjunger Mann mussten bei Franziskus vorJahrzehnten Teile eines Lungenflügelsentfernt werden. Eine Ansteckung mitdem Virus könnte für den Papst daher le-bensbedrohlich sein. Einen vorübergehen-den Umzug in den besser abschirmbarenApostolischen Palast oder in den Sommer-

sitz der Päpste in Castelgandolfo naheRom hat Franziskus aber abgelehnt. Auchder emeritierte Papst Benedikt XVI., deram 16. April 93 Jahre alt wird, verlässt sei-ne Wohnung in einem ehemaligen Klos-ter im Vatikan nicht mehr und verzichtetauf seinen täglichen kurzen Gang mitdem Rollator durch die vatikanischenGärten.

Obwohl sich Papst Franziskus physischaus der Öffentlichkeit zurückgezogen hat,ist er im italienischen Fernsehen sehr prä-sent. Die Morgenmesse, die er in einermit nur wenigen Vatikan-Mitarbeitern be-setzten Kapelle feiert, wird jeden Tag di-rekt vom Fernsehsender Rai Uno übertra-gen. Die Sendung erfreut sich hoher Ein-schaltquoten. Seine Andachten und Gebe-te werden von der Medienseite „VaticanNews“ übertragen.

Franziskus hat sich in mehreren Inter-views mit italienischen Zeitungen zur Co-ronavirus-Pandemie geäußert, er hat denMitarbeitern des Gesundheitswesens sei-nen Dank ausgesprochen, den Trauern-den Trost und den Geistlichen Mut zuge-sprochen, für die Regierenden und alleMenschen in verantwortlicher Position ge-betet. Als Bischof von Rom dürfte der ar-gentinische Papst den meisten italieni-schen Katholiken näher sein als mancheritalienische Kardinal.

Am Freitagabend wollte der Papst miteiner besonderen Geste seine Verbunden-heit mit den Gläubigen in Zeiten der Co-ronavirus-Pandemie zum Ausdruck brin-gen. Von den Stufen des Petersdoms wer-de er – vor dem menschenleeren Peters-platz – das Wort Gottes verkünden, dasBittgebet sprechen, das Allerheiligste ver-ehren und zum Abschluss den Segen„Urbi et orbi“ erteilen, kündigte derPapst an. Damit verbunden ist die Gene-ralabsolution, also die Vergebung derSünden ohne Einzelbeichte. Der Segen„Urbi et orbi“, „Der Stadt und dem Erd-kreis“, wird sonst seit vielen Jahrenschon nur zu Ostern und Weihnachten ge-spendet, außerdem unmittelbar nach ei-ner Papstwahl. Die Formel „Der Stadt

und dem Erdkreis“ bezieht sich auf diebeiden Ämter des Papstes als Bischof vonRom und Oberhaupt der römisch-katholi-schen Kirche.

Für die beispiellose Zeremonie vomFreitagabend hatte Franziskus das soge-nannte Pestkreuz aus der Kirche San Mar-cello al Corso zum Petersplatz bringen las-sen. Das aus dem 14. Jahrhundert stam-mende lebensgroße Abbild des Gekreuzig-ten war während der Pest 1522 in fortge-setzten Prozessionen durch Rom getragenworden, bis die Seuche nach 16 Tagenplötzlich abebbte. Franziskus hatte am15. März nach einem Bittgang zu der Kir-che, den er teils zu Fuß durch das men-schenleere Rom zurücklegte, allein vordem Kreuz gebetet und um ein Ende derPandemie gefleht.

Wichtiges in Kürze

Am Beispiel von HeinsbergVirologen erforschen die „Erstregion“ der Pandemie

Der Stadt und dem ErdkreisDer Papst zählt zur Risikogruppe und wohnt im Gästehaus – einen Umzug lehnt er ab

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Page 6: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

SEITE 6 · SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGPolitik

Je effektiver die Kontakt-verbote und Ausgangsbe-schränkungen in Deutsch-land die Verbreitung desneuartigen Coronavirusverhindern, desto wenigerMenschen stecken sich an.Das wird viele Leben ret-ten, hat aber einen Nach-

teil: Wann auch immer die Beschränkun-gen gelockert werden, könnten die Er-krankungen in die Höhe schnellen. Den-noch werden schon jetzt Rufe nach einem„Exit“ lauter. Vielen Epidemiologen er-scheint das zwar unverantwortlich. Auchden meisten Befürwortern rigider Maß-nahmen ist allerdings klar, dass das Landnicht einfach monatelang „geschlossen“werden kann. Die Hoffnung lautet viel-mehr, dass der weitgehende Stillstand desöffentlichen Lebens mehr Zeit für wichti-ge Vorbereitungen bringt, damit Deutsch-land bei einer allmählichen Rückkehrzum Alltag besser gegen neue Corona-In-fektionen gewappnet ist.

Diese Vorbereitungen lassen sich grobin zwei Gruppen einsortieren: Das Ge-sundheitswesen soll in die Lage versetztwerden, wesentlich mehr Covid-19-Er-krankte heilen zu können als bisher. Zu-gleich gilt es, Infektionsherde künftigschneller durch möglichst passgenaueSchritte einzudämmen. Infektionskettenmüssten künftig rascher unterbrochenwerden. Je entschiedener regional einge-griffen werden kann, um Infizierte (undwomöglich deren Kontaktpersonen) zuisolieren, desto weniger müsste man dasLeben der gesamten Bevölkerung ein-schränken.

In diese Richtung gehen auch die Über-legungen von Fachleuten des Robert-Koch-Instituts und anderer Einrichtun-gen, die der Bundesregierung nach einemBericht der „Süddeutschen Zeitung“ imAuftrag des BundesinnenministeriumsEmpfehlungen unter dem Titel „Wie wirCovid-19 unter Kontrolle bekommen“vorgelegt haben. Darin greifen die Fach-leute offenbar den Titel eines populärwis-senschaftlichen Beitrags auf: In „TheHammer and the Dance“ hatte der ameri-kanische Informatiker und UnternehmerTomas Pueyo vorige Woche beschrieben,wie auf die „Hammer“-Phase – also dieStilllegung des öffentlichen Lebens – eineArt „Tanz“ mit solchen und anderen Maß-nahmen folgen müsse: einen Schritt vor,einen zurück, also Einschränkungenschärfen, dann wieder lockern. Das wirdein langer Tanz: Die Berater des Innenmi-nisteriums hoffen, dass die vorgeschlage-nen Maßnahmen „über mehrere Jahrehinaus die wahrscheinlich immer wiederaufflackernden kleinen Ausbrüche soforteindämmen“.

Wesentlich für das Gelingen einer sol-chen Strategie sind die Erfahrungen, diejetzt mit dem Virus gemacht, und die Da-ten, die jetzt über die Pandemie gesam-melt werden. Wir geben einen Überblicküber das, was Deutschland bereits tut, umeine Rückkehr zu mehr Normalität wagenzu können – und über das, was zusätzlichgetan werden könnte. ANDREAS ROSS

Wie die Kliniken die Zahlder Betten steigernVor dem Beginn der Corona-Epidemieverfügten die deutschen Krankenhäuserüber etwa 20 000 Betten auf den Intensiv-stationen, in denen Patienten künstlichbeatmet werden können. Nach Angabender Deutschen Krankenhausgesellschafthaben die Kliniken diese Kapazitäten inden vergangenen Wochen um etwa dieHälfte gesteigert – demnach müsste es ge-genwärtig etwa 30 000 Beatmungsbettengeben. Das gelang vor allem dadurch,dass ausgemusterte, aber noch funktions-fähige Geräte wieder in Dienst gestelltwurden. Zusätzlich werden neue Beat-mungsgeräte angeschafft. Doch die Kapa-zitäten der Industrie sind begrenzt. DieBundesregierung hat bereits 10 000 Beat-mungsgeräte gekauft, die von den Dräger-werken in Lübeck produziert werden. DieAbwicklung dieses Großauftrags wirdsich über das ganze Jahr erstrecken, wiedas Unternehmen mitteilte. Derzeit pro-duziere man fast doppelt so viele Beat-mungsgeräte wie vor der Corona-Krise.Insgesamt soll die Zahl der Beatmungsbet-ten nach Angaben der Deutschen Kran-kenhausgesellschaft auf mindestens40 000 steigen. Weil planbare Operatio-nen derzeit so weit wie möglich aufge-schoben werden, haben viele Klinikenfreie Kapazitäten – Operationssäle wer-den kaum genutzt, Stationen sind nicht sovoll wie sonst. In manchen Häusern wur-den Operationssäle sowie die dazugehöri-gen Aufwachräume so umgebaut, dassauch dort lungenkranke Intensivpatien-ten betreut werden könnten.

Auf dem Berliner Messegelände ent-steht ein eigenes Corona-Krankenhausmit 1000 Betten. Das provisorische Kran-kenhaus soll schon im April Patienten auf-nehmen können. Auch in anderen Teilendes Landes sollen sich bestimmte Kran-kenhäuser in Zukunft schwerpunktmäßigum die Betreuung von Corona-Patientenkümmern, in Rheinland-Pfalz etwa dasKrankenhaus in Ingelheim. In dem Papierdes Bundesinnenministeriums soll davondie Rede sein, dass sich durch die Umwid-mung von Hotels und weiterer Messehal-len in Deutschland rund 60 000 zusätz-liche Krankenhausbetten einrichten lie-ßen. KIM BJÖRN BECKER

Woher kommtzusätzliches Personal?Schon vor der Corona-Krise litten deut-sche Kliniken unter Personalmangel.Dem Deutschen Krankenhausinstitut zu-folge waren im vergangenen Jahr 3300

Arztstellen vakant, 12 000 Stellen im Be-reich Pflege und 4700 in der Intensivpfle-ge. Jetzt gibt es gewaltige Anstrengungen,um die Lücken zu füllen. Im „Grobkon-zept Infrastruktur Krankenhaus“ der Re-gierung sind die Kliniken dazu angehal-ten, vorhandenes Personal, so gut es geht,für etwaige Einsätze auf Intensivstatio-nen zu schulen. Zudem hat der Präsidentder Bundesärztekammer, Klaus Rein-hardt, Ärzte im Ruhestand aufgefordert,in der Corona-Krise auszuhelfen.

Kliniken sind außerdem dazu angehal-ten, Konzepte zu entwickeln, um Medizin-studenten aus höheren Semestern sinn-voll einzusetzen. Laut der Bundesvertre-tung der Medizinstudierenden (BVMD)in Deutschland haben sich schon mindes-tens 20 000 zu Diensten in Kliniken be-reit erklärt. Am Donnerstag hat dieBVMD eine Plattform namens „Match 4Healthcare“ im Internet freigeschaltet,die per Algorithmus hilfswillige Studen-ten und hilfebedürftige Krankenhäuserzusammenbringen soll. Außerdem haben

das Institut für medizinische und pharma-zeutische Prüfungsfragen und der Medizi-nische Fakultätentag den zuständigen Mi-nisterien empfohlen, das für den kommen-den Monat geplante zweite StaatsexamenMedizin auf 2021 zu verschieben, damitdie dafür zugelassenen Studenten direktin das Praktische Jahr im Krankenhauseintreten könnten.

Doch nicht nur medizinisch ausgebilde-tes Personal soll helfen. Mehrere Bundes-länder haben ihre Lehrer dazu aufgeru-fen, sich für einen Freiwilligendienst inGesundheitsämtern, Fieberambulanzen,Seniorenheimen oder Krankenhäusernzu melden. In Rheinland-Pfalz habensich schon mehr als 2000 Lehrer gemel-det. Das bayerische Kultusministeriumwünscht sich mindestens 200 Freiwillige.Die Beamten werden befristet und beiFortzahlung der Bezüge abgeordnet. Werälter als 60 ist, Immun- oder Atemwegs-schwäche aufweist oder schwanger ist,kommt nicht in Frage. In Österreich, woder verpflichtende Grundwehrdienst fürMänner weiter besteht, werden bereitsReservisten und Zivildienstleistende zurCorona-Folgen-Bekämpfung eingesetzt.4500 „Zivildiener“, die im Juli, Augustund September 2019 ihren eigentlichneunmonatigen Dienst angefangen hat-ten, müssen jetzt bis Juni bleiben. EinemAufruf der österreichischen Regierung analle früheren Zivis, sich freiwillig für 1200Euro Monatsentgelt in der Zeit von Aprilbis Juni zum Corona-Sozialdienst zu mel-den, folgten binnen weniger Tage mehrals tausend. NADINE BÖS, MONA JAEGER,

ANDREAS MIHM

Mehr Freiwillige dankImmuntests?Wer beispielsweise in der Alten- oderKrankenpflege helfen soll, die Zahl derCorona-Opfer zu vermindern, darf sichnicht selbst anstecken. Deshalb ist es einegute Nachricht, dass Antikörpertests nunzuverlässig und marktreif zu sein schei-nen. Mit ihnen wird jeder Schlachtplanglaubwürdiger. Sollten sie in den nächs-ten Wochen im großen Stil angewendetwerden können, wüsste man zum einenschneller, wie weit sich das Virus tatsäch-lich schon verbreitet hat. Zum anderen

könnte jeder Einzelne herausfinden, ober schon infiziert gewesen ist, also zumin-dest für eine Zeitlang immun ist. Denn je-der, der Antikörper gegen Sars-CoV-2 imBlut hat, war auch infiziert. Schließlichwird schätzungsweise jeder fünfte Infizier-te gar nicht krank. Bei einem noch vielgrößeren Teil verläuft die Infektion so mil-de, dass die Krankheit von vielen Patien-ten kaum bemerkt, jedenfalls nicht identi-fiziert wird. All diese „Genesenen“, diedas Virus nach ein paar Wochen auchnicht weitertragen können, lassen sichmit Antikörpertests identifizieren. Siekönnen nicht nur unbekümmert am sozia-len Leben teilnehmen, sie könnten auchfür das Corona-Management zu einer tra-genden Säule werden.

In den Kliniken etwa könnte das Kran-kenhauspersonal nach Immunitätslageeingeteilt werden. Die Tests können vie-len Menschen die Angst nehmen, undschließlich werden sie auch regional dieEinschätzung der Pandemie-Gefähr-dungslage erleichtern. Anwenderfreund-

lich sind sie obendrein: Ein Blutstropfenwird genügen, große Diagnoseapparatebraucht es nicht – eher sind sie vergleich-bar mit Schwangerschaftstests oder derBlutzuckermessung. Um das Virus direktnach einer möglichen Infektion nachzu-weisen, eignen sich die Tests zwar nicht,denn die aufgespürten Corona-Antikör-per bildet das Immunsystem erst etwazehn Tage nach der Infektion. Doch auchan Schnelltests für diesen Zweck wird ge-arbeitet. JOACHIM MÜLLER-JUNG

Helfen antiviraleMedikamente?Mit einem wirksamen antiviralen Medika-ment könnte man die Corona-Krise ent-schärfen. Eine Arznei, die womöglichschon früh nach Symptombeginn das Vi-rus unter Kontrolle zu bringen hilft, wärefast so viel wert wie ein zugelassenerImpfstoff, mit dem in den erforderlichenMengen frühestens im nächsten Jahr zurechnen ist. Mehr als hundert klinischeStudien mit virentötenden Mitteln, die ur-sprünglich gegen andere Erreger entwi-ckelt worden waren, sind bereits angelau-fen. Einige wenige Substanzen wie das inEbola-Arzneistudien gescheiterte Remde-sivir oder das in Japan als Grippemittelverkaufte Favipiravir wurden bereits inkleinen kontrollierten Studien getestet.

Die Politik kann die Forschung finan-ziell unterstützen und für eine beschleu-nigte Zulassung sorgen. Jede Woche kom-men neue Arzneikandidaten dazu, größe-re Studien für das bisher aussichtsreichsteMittel Remdesivir sind in Multicenterstu-dien mit Kliniken in aller Welt angelau-fen. Eine rasche Zulassung ist sehr wahr-scheinlich, sollten sich die Mittel als ne-benwirkungsarm und effektiv erweisen.Utopisch ist es daher keineswegs, mit Arz-neien zu rechnen, die einer künftig hoch-schnellenden Infektionskurve wenigstensdie tödliche Spitze kappen und die Inten-sivstationen entlasten könnten.

Antivirale Mittel wirken allerdings ambesten, wenn sie früh verabreicht werden.Entsprechend hoch würde bei regelmäßi-gen neuen Ausbrüchen der Bedarf wer-den. Und hier gilt genauso wie bei dendeutsch-amerikanischen Auseinanderset-zungen um die Impfstoffentwickler: Den

Regierungen sitzt das Hemd oft näher alsder Rock. Amerikas Präsident DonaldTrump hat schon angekündigt, dass dasvom amerikanischen Pharmakonzern Gi-lead produzierte Remdesivir zuerst ein-mal der eigenen Bevölkerung zugutekom-men werde. JOACHIM MÜLLER-JUNG

Sollten wir alleMasken tragen?Anders als etwa in China sind die Empfeh-lungen deutscher Behörden in dieser Fra-ge bisher sehr zurückhaltend. Eine Schutz-wirkung für den Träger gibt es nach Anga-ben des Robert-Koch-Instituts allenfallsim medizinischen Bereich, nicht aber imöffentlichen Raum; Infizierte sollten aberzum Fremdschutz eine Maske tragen, so-fern sie unter Leute müssen. Diese Ein-schätzung ist unter Wissenschaftlern um-stritten. Ein Schutz des Trägers etwa imSupermarkt oder im vollen Wartezimmerist wissenschaftlich zwar nicht nachgewie-

sen, aber auch nicht widerlegt. Da Atem-masken medizinisches Personal – wennauch nicht lückenlos – vor Ansteckungschützen, ist es naheliegend, dass sie auchim Alltag Ansteckungen verhindern kön-nen. Das setzt allerdings voraus, dass dieMaske eng anliegt, oft genug gewechseltoder gereinigt und nicht ständig zurecht-gerückt wird. Die Weltgesundheitsorgani-sation warnt zudem, dass Masken ein fal-sches Gefühl der Sicherheit vermittelnund so zum Verzicht auf andere Schutz-maßnahmen wie Mindestabstand und re-gelmäßiges Händewaschen führen könn-ten. Belegt ist auch das nicht. Bei ordentli-cher Anwendung sind einfache Maskennach einer Studie des „Journal of theAmerican Medical Association“ vielmehrfast so wirksam wie die teureren und un-bequemeren Masken mit höherem Schutz-grad (FFP2 oder 3). Unbestritten ist derSchutz anderer durch das Tragen einerMaske. Da Personen bereits mit dem Co-ronavirus infiziert und ansteckend seinkönnen, ohne es zu ahnen, wäre es hilf-reich, wenn jeder bei Kontakt zu anderenMenschen eine Maske trüge.

Das Hauptargument dagegen lautet,dass in Deutschland kaum noch Maskenerhältlich sind. Neunzig Prozent der bishe-rigen Weltnachfrage nach Atemschutz-masken hatte bisher die chinesische In-dustrie gedeckt, doch von dort kamen zu-letzt kaum noch welche. Der deutscheMarktführer im Pharmagroßhandel, dieFirma Phoenix, meldet, Masken seien aus-verkauft. Auch die Einkaufsabteilungenvon Großhändlern wie Alliance bekom-men auf dem Weltmarkt derzeit allenfallskleine Chargen. Dabei kommen sowohldas medizinische Vlies, aus dem die Mas-ken bestehen, als auch die Maschinen,mit denen sie produziert werden, oft ausDeutschland. Erst wegen der nun steigen-den Preise beginnt sich die Produktion fürdeutsche Mittelständler wieder zu loh-nen. So haben einige Betriebe begonnen,Zehntausende Masken am Tag herzustel-len. Auch große Hersteller wie die FirmaDrägerwerk produziert in ihren Fabrikenin Schweden und Südafrika rund um dieUhr. Die Bundesregierung ist in den Ein-kauf von Masken eingestiegen und wartetauf mehrere Millionen Exemplare. JUSTUS BENDER,

CONSTANTIN VAN LIJNDEN

Könnten wir viel mehrMenschen testen?Je mehr und je schneller getestet wird, des-to effektiver lassen sich Infektionskettenunterbrechen. Das Beispiel Südkorea zeigt,dass diese Strategie aufgehen kann. Auchim nordrhein-westfälischen LandkreisHeinsberg oder im baden-württembergi-schen Hohenlohekreis hätte die Seuchebesser eingedämmt werden können, wenninfizierte Menschen schneller identifiziertund dann isoliert worden wären. In den ver-gangenen Tagen konnten viele Menschenmit Verdacht auf eine Ansteckung keinenTest machen. Andere warteten viele Tageauf ein Ergebnis, weil Labore und Gesund-heitsämter überlastet sind. Die Fachleute,die das Bundesinnenministerium beraten,fordern einen Strategiewechsel. Es dürfebeim Testen nicht mehr nur darum gehen,„die Lage zu bestätigen“, sondern der An-satz müsse heißen: „Wir testen, um vor dieLage zu kommen.“ Leider sind die bisher

gängigen Schnelltests nicht zuverlässig ge-nug. Bei manchen bereits ansteckendenPersonen ist das Virus durch einen Ab-strich nicht nachweisbar, weil im Rachen-raum oder in der Nase noch nicht odernicht mehr eine bestimmte Virusmengevorhanden ist. Dann bekommen Getesteteein falsches Negativ-Ergebnis, das sie intrügerischer Sicherheit wiegt. Eine Medi-zintechnik-Tochter von Bosch hat nun an-gekündigt, im April ein neues Schnelltest-verfahren auf den Markt zu bringen. Gera-de für das medizinische Personal und „sys-temrelevante“ Mitarbeiter bei den Feuer-wehren oder den Rettungsdiensten wärensolche Schnelltests hilfreich. Allerdingsscheinen die Bosch-Geräte nicht geeignetzu sein, um sehr große Mengen von Perso-nen zu testen.

Etwa 400 000 Menschen sind inDeutschland bisher auf den Erreger Sars-CoV-2 getestet worden. Bundesgesund-heitsminister Jens Spahn hält die Kapazi-tät aber für größer: Zwischen 300 000 und500 000 Tests pro Woche wären möglich,sagte der CDU-Politiker. Das ist eine enor-me Entwicklung. In Baden-Württembergzum Beispiel mussten viele Proben im Fe-bruar noch nach Berlin geschickt werden,weil im Land keine ausreichenden Kapazi-täten vorhanden waren. Inzwischen kön-nen alle großen Kliniken die Tests auswer-ten. Einzelne Landkreise sind dazu überge-gangen, zum Beispiel in Veterinärlabors ei-gene Kapazitäten aufzubauen.

In vielen Ländern der Welt giltDeutschland bei Corona-Tests inzwi-schen als Vorbild. Doch selbst in man-chen Universitätskliniken fehlt Testmate-rial wie Plastikröhrchen, Abstrichtupfer,Reagenzmittel. Derlei Versorgungseng-pässe werden als dramatisch beschrieben.Auch deshalb dürfte Deutschland nochweit von der Fähigkeit entfernt sein, ei-nen Großteil seiner Bürger häufig auf dasVirus zu testen. RÜDIGER SOLDT

Hat die häuslicheQuarantäne ausgedient?In den Empfehlungen der Fachleute, dienun offenbar auf höchster Ebene in derBundesregierung studiert werden, ist an-geblich sogar von Quarantänezentren dieRede. Könnte es sein, dass die Unterbrin-

gung von Corona-Infizierten und positivgetesteten Kontaktpersonen in speziellenIsoliereinheiten effektiver vor der Aus-breitung des Erregers schützt als dieSelbstisolation zu Hause? China hatte mitdiesem Schritt in Wuhan zum ersten Hö-hepunkt der Epidemie ein klares Zeichengesetzt. Wer infiziert war, sollte erst garnicht mehr nach Hause gelassen werden,weil er dort Familienmitglieder oderNachbarn anstecken könnte. Stattdessenwurde Quarantäne unter Aufsicht ange-ordnet. In Deutschland gab es nur zweiähnliche Fälle: In einer Kaserne in Ger-mersheim und einem Krankenhaus in Ber-lin-Köpenick, als China-Rückkehrer zweiWochen lang isoliert worden waren. Qua-rantänezentren waren anfänglich das Mit-tel auch in anderen Regionen, in Südtiroletwa, als es darum ging, einzelne lokaleAusbruchscluster einzugrenzen. Öffent-lich hat man maßgebliche deutsche Politi-ker zuletzt aber nicht mehr darüber redenhören, erst recht nicht, seitdem das Virusquasi flächendeckend im Land kursiert.Soziale Distanz und Isolation zu Hause –mehr Verlust an persönlicher Freiheit willman dem Bürger nicht zumuten.

In Wuhan waren Infizierte mit mildenKrankheitsverläufen sowie Kontaktperso-nen von Infizierten von Anfang Februaran nicht mehr aufgefordert worden, sichin Heimquarantäne zu begeben. Stattdes-sen wurden sie zentral unter Quarantänegestellt. Zu diesem Zweck beschlagnahm-te Peking zahllose Hotels. Ebenso wurdenein Messegelände, ein Sportzentrum undSchulen in Quarantänelager umfunktio-niert. Damit zogen die Gesundheitsbehör-den die Konsequenzen aus der Tatsache,dass Infizierte in Heimquarantäne nachund nach ihre gesamte Familie angesteckthatten und dass dies erheblich zu denwachsenden Infektionszahlen beitrug.Vor der Einführung der neuen RegelungAnfang Februar befanden sich nach offi-ziellen Angaben mehr als 20 000 Men-schen in Heimquarantäne. Wie viele Infi-zierte in dem Moment, in dem sie positivgetestet werden, die anderen Angehöri-gen ihres Haushalts noch nicht angesteckthaben, ist nicht zu sagen. Dass sich be-grenzte Ausbruchsherde ohne zentraleQuarantäneeinheiten durch reaktions-schnelles, intensives Kontakt-Tracing derGesundheitsämter und Isolation der Infi-zierten zu Hause eindämmen lassen, hatman in Südkorea, Taiwan oder Singapursehen können. FRIEDERIKE BÖGE,

JOACHIM MÜLLER-JUNG

Weniger Datenschutz –mehr Infektionsschutz?Wenn es darum geht, Handydaten zu nut-zen, um eine Ausbreitung des Coronavirusaufzuhalten, gehen viele Länder drasti-sche Wege. China, Taiwan und Singapurkontrollieren auf diese Weise, ob sich Men-schen in Quarantäne an die Auflagen hal-ten, und ermitteln Kontaktpersonen vonInfizierten; in Israel übernimmt das der In-landsgeheimdienst. Auch europäische Län-der ziehen nach. In Montenegro werdenName und Anschrift aller Menschen, diein Quarantäne bleiben müssen, sogar on-line veröffentlicht, und in der Slowakeistimmte das Parlament am Mittwoch einerGesetzesänderung zu, die es der Gesund-heitsbehörde erlaubt, zu verfolgen, wo sichInfizierte bewegen und mit wem sie sichtreffen. Auch BundesgesundheitsministerJens Spahn schwebt noch immer vor, Kon-taktpersonen von Corona-Infizierten an-hand von Handydaten zu ermitteln – auchwenn er mit einem ersten Anlauf geschei-tert ist. Spahn beruft sich etwa auf Südko-rea. Dort führen Behörden die sinkendenInfektionszahlen vor allem darauf zurück,dass sie wissen, wer zu wem Kontakt hat-te. Die entsprechenden Daten erhält derStaat, indem er die Telefone oder Kredit-kartenabrechnungen von Infizierten kon-trolliert. In Deutschland formulierte nichtnur die Opposition erhebliche Bedenkendagegen, Behörden die Ortung von Kon-taktpersonen zu erlauben. Auch Bundes-justizministerin Christine Lambrecht(SPD) warnte vor „tiefgreifenden Ein-schnitten“ in Freiheits- und Bürgerrechte.

Noch ehe sich rechtliche Fragen stel-len, drängen sich allerdings technischeauf. Schon jetzt können Ermittler hierzu-lande zur Strafverfolgung zwar Telekom-munikationsdaten anfordern, sie sind da-bei aber auf sogenannte Funkzellenabfra-gen angewiesen; Gesundheitsämter hät-ten es da nicht besser. Über eine solcheAbfrage lässt sich zwar ermitteln, in wel-chen Funkzellen das Telefon eines Infi-zierten wann auftauchte und welche Men-schen sich gleichzeitig dort bewegten.Selbst in Großstädten lässt sich der Auf-enthalt einer Person in einer Funkzelleaber nur auf einige hundert Meter genaubestimmen; auf dem Land können es meh-rere Kilometer sein. Wer wo stand, alsoKontaktperson sein könnte, ließe sich sonicht feststellen.

Und selbst wenn es eine technischeMöglichkeit gäbe, wäre sie in Deutsch-land rechtlich kaum durchzusetzen, wieein Sprecher des Bundesbeauftragten fürden Datenschutz sagt – insbesondere weiles um sensible Gesundheitsdaten gehe.Deren Verarbeitung ist grundsätzlich ver-boten, wenn der Betroffene nicht einwil-ligt. Beim Bundesbeauftragten geht manauch nicht davon aus, dass etwa eine rich-terliche Erlaubnis eine Einwilligung erset-zen könne. Unproblematisch ist die Ver-wendung der Daten, die das RKI derzeitvon der Telekom und die EU-Kommissi-on von weiteren großen Mobilfunkbetrei-bern bekommt. Dabei handelt es sich umanonyme Standortdaten, anhand dererBewegungsströme nachvollzogen werdenkönnen. Das hilft bei der Feststellung, obder „Hammer“ wirkt – und es könntenach einem vorsichtigen „Exit“ helfen,den „Tanz“ der vermutlich noch lange er-forderlichen Maßnahmen zu choreogra-phieren. MARLENE GRUNERT

Wege ausder Virus-Krise

Das Kontaktverbot verschafft Politikern und Fachleuten wertvolle Zeit,um Strategien gegen das neuartige Coronavirus zu finden.

Welche Schritte erscheinen derzeit aussichtsreich, und was kanndie Bundesrepublik von anderen Ländern lernen?

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Page 7: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 · SEITE 7Politik

VERANTWORTUNG ZEIGEN!

JETZT

Die Politik reagiert in der Corona-Krise schnell

und entschlossen. Das ist gut so.

Die Unternehmen werden in großem Stil finan-

ziell unterstützt, damit sie die Krise überleben

können. Das sichert auch Beschäftigung.

Millionen Kolleginnen und Kollegen werden

in den nächsten Wochen in Kurzarbeit gehen.

Die Beschäftigten müssen dann von heute auf

morgen auf bis zu 40 Prozent ihres Nettoein-

kommens verzichten. Das reicht nicht, umMiete

und laufende Kosten zu finanzieren.

Die Regierung hat in dieser Situation beschlos-

sen, dass die Arbeitgeber nicht nur die Arbeit-

geberbeiträge, sondern auch die Arbeitnehmer-

beiträge zur Sozialversicherung bei Kurzarbeit

erstattet bekommen. Das erzeugt eine soziale

Schieflage. Das ist zutiefst ungerecht und muss

korrigiert werden.

Die erstatteten Arbeitnehmerbeiträge gehören

den Arbeitnehmern! Mit diesen Beiträgen könn-

ten die Nettoentgelte aufmindestens 80 Prozent

erhöht werden.

Die IG Metall hat durch Tarifverträge für viele

Beschäftigte Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld

durchgesetzt, die dieseSchieflagemildern. Aber

es gibt noch zu viele Unternehmen undBranchen

ohne Tarifvertrag.

Wir fordern alle Arbeitgeber auf: Zeigen Sie

Verantwortung für Ihre Beschäftigten!

Und wir erinnern die Arbeitgeber: Gesundheit

geht vor Profit! Sorgen Sie jetzt für den Schutz

der Beschäftigten!

Nicht jeder ist in Kurzarbeit. Nicht alle können

ihre Arbeit von zuhause erledigen. Sie riskieren

ihre Gesundheit für uns alle. Sie halten unsere

Wirtschaft und unverzichtbare Infrastruktur am

Laufen. Es sind diese Beschäftigten, die in diesen

Tagen Außergewöhnliches leisten. Dafür danken

wir herzlich!

DIE IG METALL – AUCH IN DIESER KRISE

EIN STARKER PARTNER

Informationenzu Corona undArbeitsleben:www.igmetall.de

Zuerst kamen die Chinesen, danndie Russen. Doch im Vergleichzur Hilfe aus Peking in der ver-gangenen Woche, die noch ei-

nen erkennbar zivilen Anstrich hatte,schickte Moskau die Streitkräfte nach Ita-lien. Aus den geöffneten Ladeklappen der15 Iljuschin-Il-76-Transportflugzeuge derrussischen Luft- und Weltraumkräfte, dieseit Sonntag auf dem Militärflughafen Pra-tica di Mare südlich von Rom landeten,rollten gut hundert olivgrüne Lastwagenund sonstige Militärfahrzeuge. Auf derFront und an den Seiten der Fahrzeuge wa-ren Aufkleber mit zwei dicken Herzchenin den russischen und italienischen Lan-desfarben angebracht. Darauf stand aufRussisch, Englisch und Italienisch: „AusRussland mit Liebe“.

Zunächst wurden die Offiziere undMannschaften aus Russland in der VillaPio IX. in der Caserma Castro Pretorio imHerzen Roms untergebracht. Die Unter-kunft wird gewöhnlich vom italienischenGeneralstab und für Besuche ranghoherMilitärs verbündeter Streitkräfte genutzt.Im dortigen Offizierskasino beugten sichder Befehlshaber des russischen Kontin-gents und seine italienischen Gastgeberüber eine Landkarte der Apennin-Halb-insel, als würden sie gemeinsam eine Mili-täroperation planen. Das taten sie gewis-sermaßen auch: Bald schon rollten dierussischen Militärfahrzeuge in langen Ko-lonnen über die Ringautobahn von Romin Richtung Norden. Gabriele Natalizia,Professor für Internationale Beziehungenan der Universität La Sapienza in Rom, er-innerte am Freitag daran, dass russischeSoldaten zuletzt 1799 die italienischeHalbinsel betreten hätten – im ZweitenKoalitionskrieg gegen die Truppen Napo-leons.

In Bergamo in der Lombardei, rund 600Kilometer nördlich von Rom, hat das russi-sche Kontingent am Mittwoch auf demMessegelände sein Lager aufgeschlagen.Dort wird Anfang nächster Woche auchdas von italienischen Reservisten errichte-te Feldlazarett zur Versorgung von Co-vid-19-Kranken einsatzfähig sein. Das La-zarett soll die längst mit Covid-19-Kran-ken mit schweren und schwersten Sympto-men überfüllten Krankenhäuser von Ber-gamo entlasten.

Welche Aufgaben dabei die Russenübernehmen sollen, ist nicht ganz klar.Die russischen Militärärzte, die nach An-gaben Moskaus Erfahrungen aus demKampf gegen Ebola in Afrika und gegendie Schweinepest mitbringen, dazu die mit-gereisten Virologen und Epidemiologenwerden wohl im Feldlazarett zum Einsatzkommen. Auch die Pfleger und Medizin-techniker in Uniform wird man dort gut ge-brauchen können. Doch zum Kontingentgehört nach Angaben italienischer Me-dien, die sich auf ranghohe Regierungs-quellen berufen, auch Personal, das vor al-lem in der Abwehr biologischer und chemi-scher Angriffe geschult ist. Die TurinerZeitung „La Stampa“ berichtete, die vonden Russen ins Land geschaffte Ausrüs-tung sei zu 80 Prozent nicht für den Ein-satz bei einer Virusepidemie geeignet.

Dazu zählten die auf Lastwagen mon-tierten Desinfektionsanlagen, die zur groß-flächigen Reinigung von Straßen und Ge-bäudefassaden, auch von Wasserleitungengeeignet seien, nicht aber von Innenräu-men und medizinischen Einrichtungen.Dabei gehört zu den offiziell genanntenAufgaben der Russen die Desinfektionvon Altersheimen und anderen Einrich-tungen. Auch Schutzanzüge und Zelte fürden Fall von Angriffen mit biologischenund chemischen Waffen würden in Berga-mo und anderswo in der besonders vonder Coronavirus-Epidemie heimgesuch-ten Lombardei nicht gebraucht. MoskausBotschafter in Rom, Sergej Razow, sagteder italienischen NachrichtenagenturAGI, die russischen Fachleute hätten auchhundert Beatmungsgeräte und eine halbeMillion Atemschutzmasken im Gepäck.Italienische Medien berichten unter Beru-fung auf Militärkreise, eine genaue Listeder eingeflogenen Gerätschaften sei demitalienischen Verteidigungsministeriumaber nicht überreicht worden.

Aus Moskauer Sicht ist die russische Hil-fe für Italien in mehrfacher Hinsicht einGewinn. Man nützt die Gelegenheit, sichim Revier von Nato und EU als Retter inder Not und als verantwortlicher Partnerdarzustellen. Dmitrij Peskow, der Spre-cher von Präsident Wladimir Putin, sagte

am Montag, im Kampf gegen das Corona-virus brauche es internationale Zusam-menarbeit. „Wir sitzen alle in einemBoot“, und im Bedarfsfall werde auchRussland Hilfe erfahren.

Russlands Staatsfernsehen feiert denEinsatz in Italien offensiver. Am Donners-tag bekundete die Moderatorin einer Talk-show angesichts der Bilder der russischenMilitärkolonne auf italienischen Autobah-nen ihren Stolz auf die Soldaten der achtSanitätsbrigaden. Im Übrigen sei dieFahrt dieser „enormen Prachtkerle“ durchden Nato-Staat Italien ohne jede Beein-trächtigung verlaufen. Am Freitag zeigteder Sender Rossija 24 Aufnahmen einesMannes, der zu Klängen klassischer Musikdas neben der italienischen Trikolore flat-ternde Sternenbanner Europas einholt, andessen Stelle die russische Trikolore ent-rollt und ein Blatt mit der Aufschrift „Gra-zie Russia, grazie Putin“ in die Kamerahält. Die staatliche NachrichtenagenturRia Nowosti zitierte Stimmen von Bundes-tagsabgeordneten der AfD und der Links-partei, die ein Ende der wegen der Anne-xion der Krim gegen Moskau verhängtenEU-Sanktionen forderten.

Dieser große Argumentationsbogenfreilich hat kaum eine Verbindung zu denHilfsaufgaben, zu denen die Russen in Ita-lien nach offiziellen Angaben eingesetztwerden. Bis zum Freitag war auf vielender vom russischen Verteidigungsministe-rium gelieferten Bilder ohnehin nur zu se-hen, wie die russischen Lastwagen an ita-lienischen Tankstellen betankt werden.Doch selbst die liberale Moskauer Zeitung„Wedomosti“ spendete Lob für den Ein-satz in Italien, der es dem russischen Mili-tär ermögliche, wichtige Erfahrungen fürden Kampf gegen das Virus im eigenenLand zu sammeln.

In Russland steigt die Zahl der bestätig-ten Infektionen inzwischen rasch. AmFreitagmittag wurde die offizielle Zahlder Infizierten mit 1036 erstmals vierstel-lig. Bevor sich Präsident Putin mit Auftrit-ten am Dienstag und Mittwoch selbst andie Spitze des Kampfes gegen das Virus ge-stellt hatte, war der Bevölkerung noch sug-geriert worden, es sei alles unter Kontrol-le. Nun bereitet Verteidigungsminister Ser-gej Schojgu die Streitkräfte nicht nur aufInfektionen in den eigenen Reihen vor,sondern auch auf Hilfseinsätze für die Zi-vilbevölkerung, besonders in abgelegenenRegionen.

From Russia with Love: Entladung eines russischen Flugzeugs in Rom Foto EPA

Lt./T.G. BERLIN/BRÜSSEL. Die Bun-desregierung will mit bewussten euro-päischen Gemeinschaftsaktionen demEindruck entgegenwirken, die Europäi-sche Union versage als Solidargemein-schaft in der Corona-Krise. Mit Sorgewird in Berlin gesehen, dass mancheLänder gezielt versuchen, diesen Ein-druck mit Desinformationskampagnenzu verstärken; mit selbstkritischem Tonwird zugestanden, anfangs habe Europanicht geschlossen auf die Krise reagiert.

Besonders gegenüber Italien bemühtsich Deutschland jetzt um solidarischeGesten. Außenminister Heiko Maas sag-te der italienischen Zeitung „Corrieredella Sera“, die Solidarität in schwieri-gen Zeiten „gehört zum Fundament derEuropäischen Union“. Und er bedauer-te, „schon in der Migrationskrise ist esuns nicht immer gelungen, das in derPraxis umzusetzen, auch mit Blick aufItalien“. Bundeskanzlerin Angela Mer-kel gestand nach dem jüngsten Video-Gipfel der EU-Staats- und -Regierungs-chefs ein, man müsse „feststellen, dasswir bei der Bewältigung der Krise amAnfang natürlich mit sehr unterschiedli-chen Ansätzen und auch nicht immergut koordiniert agiert haben“.

Maas sagte, es müssten jetzt „alledenkbaren Instrumente“ zur Koordinie-rung genutzt werden. Ein solidarischesEuropa müsse „dafür sorgen, dass inner-halb der EU alle verfügbaren Mittelschnell dorthin gelangen, wo sie amdringendsten benötigt werden“. Er reg-te an, nach deutschem Beispiel eine eu-ropäische Datenbank zu schaffen, in deralle Kliniken freiwillig ihre freien Kapa-zitäten von Intensivbetten und Beat-mungsplätzen meldeten. Deutschlandhat mittlerweile 63 Plätze für italieni-sche Intensivpatienten angeboten. Esmüsse auch überlegt werden, ob Produk-tionskapazitäten für „strategische Gü-ter“ wie medizinische Schutzausrüstungnicht nach Europa zurückverlegt wer-den sollten.

Der deutsche Außenminister verlang-te zudem eine stärkere europäische Zu-sammenarbeit, um „Falschinformatio-nen und Verschwörungstheorien überdas Coronavirus“ zu entlarven, die vonmanchen Ländern verbreitet würden.Er gab an, der deutsche Verfassungs-

schutz „registriert derzeit einen starkenAnstieg solcher Desinformationen ausDrittstaaten“. Dahinter stecke „ganz of-fenkundig die Absicht, das Vertrauender Bevölkerung in unser Krisenma-nagement zu unterminieren“.

In Brüssel wird unterdessen kritischbemerkt, dass sich vor allem in den An-fängen der Krise auch Deutschlandnicht vorbildlich verhalten habe. Am4. März erließ GesundheitsministerJens Spahn (CDU) einen Ausfuhrstoppfür medizinische Schutzkleidung – auchfür alle EU-Staaten. Daraufhin drohteihm seine Parteifreundin in Brüssel, Ur-sula von der Leyen, mit einem Vertrags-verletzungsverfahren. Die Kommissi-onspräsidentin sah Spahns Verbot alsDammbruch: Wenn Deutschland aufdie nationale Karte setze, würden dieanderen folgen. Genauso kam es, Frank-reich zog sofort nach.

Dann führten immer mehr StaatenGrenzkontrollen ein, ohne sich – wievereinbart – untereinander abzuspre-chen. Deutschland war zwar nicht daserste Land in dieser Reihe, doch wurdevon der Leyen von der Berliner Ent-scheidung am 15. März, wieder an denGrenzen zu kontrollieren, so über-rascht wie der Rest Europas. Sie warzwar nicht grundsätzlich gegen Reisebe-schränkungen, arbeitete aber gerade aneiner Liste mit Ausnahmen, als der An-ruf aus Berlin kam.

Als sie am Donnerstag nationale Al-leingänge geißelte, musste sich deshalbauch Berlin angesprochen fühlen: „AlsEuropa wirklich füreinander da seinmusste, haben zu viele zunächst nur ansich selbst gedacht. Als Europa echtenGemeinschaftsgeist brauchte, wähltenzu viele zunächst den Alleingang.“ Dereinseitige Beschluss einiger Länder, dieAusfuhren in andere Länder im Binnen-markt zu stoppen, ergebe keinen Sinn.Kein Staat könne seinen Bedarf an le-benswichtigen Gütern allein decken –auch Deutschland nicht, wo die Herstel-ler von Medizintechnik dringend aufTeile angewiesen sind, die in Nachbar-ländern hergestellt werden. Gesund-heitsminister Spahn hat das inzwischenerkannt und änderte seinen Erlass.Deutschland lieferte als erstes LandSchutzkleidung nach Italien.

Schöne Bilder und viel ungeeignetes Material?Maas: Solidarität gehört zumFundament der EUKritik an nationalen Alleingängen in Corona-Krise In Italien wachsen

die Zweifel am Sinn dermilitärischen Hilfe ausRussland.

Von Matthias Rüb, Rom,

und Friedrich Schmidt,

Moskau

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SEITE 8 · SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGTraueranzeigen

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NR. 75 · SEITE 9

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020Deutschland und die Welt

Schon Ende Januar hatteeine Krankenschwester desLife Care Center in Kirk-

land, einem Vorort von Seattle imamerikanischen BundesstaatWashington, den Notarzt geru-fen. „Sie hat Atemprobleme“,beschrieb sie die Symptome einer85 Jahre alten Bewohnerin desPflegeheims. Eine Woche späterfolgte der nächste Notruf. ZweiTage darauf, am 10. Februar, ließHeimleiter Tim Killian nacheiner Welle von Atemwegserkran-kungen unter den etwa 120 Be-wohnern Warnschilder in derLobby aufstellen.

Eine Woche später wurde dieerste Bewohnerin, eine Sechsund-fünfzigjährige, wegen Atempro-blemen ins Krankenhaus verlegt.Am nächsten Tag, dem 19. Febru-ar, folgte ihr inzwischen bewusst-loser Zimmernachbar. Ein Testmachte den Sechzigjährigen eini-ge Tage später zu Life Cares ers-tem Covid-19-Fall. „Der 19. Fe-bruar markiert für uns denBeginn des Ausbruchs. Bei unsschrillten anfangs aber keineCovid-19-Alarmglocken. Bei unsschrillten Lungenentzündungs-und Grippeglocken“, sagte Killi-an der „Seattle Times“ über dasbis dahin eher unbekannte Virus.In den kommenden Tagen wur-den zwei weitere Bewohner derauf Kurzzeitpflege nach Operatio-nen spezialisierten Einrichtung

ins Krankenhaus gebracht. Beidestarben. Vor dem Tod der 73 Jah-re alten Patientin am 2. März wie-sen die Ärzte bei ihr Sars-CoV-2nach. Bis zum 7. März starbenweitere 24 Bewohner, jeder Drit-te der etwa 180 bei Life CareBeschäftigten wies Symptomeauf. Es dauerte dennoch weitereTage, bis das erste Katastrophen-schutzteam in Schutzanzügenund Atemmasken in Kirkland vor-

stellig wurde. Bisher registriertendie Gesundheitsbehörden beiLife Care 37 Covid-19-Tote.

Seit Tagen finden sich trotzQuarantäne immer wieder Famili-enmitglieder vor dem Pflegeheimein, um ihren Verwandten durchdie geschlossenen Fenster Trostzu spenden. Schuldzuweisungenbleiben nicht aus. Lori Spencerhatte ihre Mutter Jodie Shape am26. Februar zu Life Care ge-bracht, wo sich die Einundachtzig-jährige nach einer Magenopera-tion erholen sollte. Wie Spencerder „Seattle Times“ sagte, habedie Heimleitung den Corona-Aus-bruch dabei verschwiegen. Zu-dem verzichteten Killian und sei-ne Mitarbeiter angeblich darauf,die für denselben Tag geplanteKarnevalsfeier Mardi Gras abzu-sagen. Wie amerikanische Me-dien berichteten, bemühte sichdas Pflegeheim erst am 7. Märzum Coronatests für alle Bewoh-ner. Die Pflegekräfte mussteneine weitere Woche warten.

Neben fehlender Schutzklei-dung sollen auch die begrenzteAnzahl von Tests und der Aus-tausch der Pflegekräfte mit ande-ren Heimen zur Verbreitung desVirus beigetragen haben. Heimlei-ter Killian verweist derweil aufdie Verantwortung der Gesund-heitsbehörden von Regierungund Bundesstaat. Eine Einrich-tung wie Life Care sei mit soeiner Krise überfordert. ceh.

Nach Kirkland im Bundes-staat Washington undNew York droht jetzt New

Orleans, die bevölkerungsreichsteStadt des Südstaats Louisiana, einamerikanisches Epizentrum derCorona-Pandemie zu werden.Louisianas Gesundheitsbehördenzählten bis Freitag mehr als2300 Infektionen, davon fast dieHälfte in der als „Big Easy“ be-kannten Stadt am Mississippi.Mehr als jeder Zweite der bislang83 Covid-19-Toten in dem Bundes-staat stammt aus New Orleans.

Zudem breitet sich das VirusSars-CoV-2 laut einer Studie inLouisiana derzeit schneller aus alsan jedem anderen Ort der Welt.„Wenn die Infektionen weiter sostark zunehmen, fehlen uns in derersten Aprilwoche Beatmungs-geräte“, warnte der Gouverneurdes Staates, John Bel Edwards.„Ob es so weit kommen wird,hängt davon ab, ob es gelingt, dieKurve abzuflachen oder weitereGeräte aufzutreiben.“ Der gegen-wärtige Anstieg der Zahl von Co-rona-Fällen in Louisiana ähneledem Verlauf der Epidemien inSpanien und Italien.

Fachleute machten auch die tra-ditionellen Karnevalszüge durchdas French Quarter in New Or-leans für den unerwartet heftigenAusbruch verantwortlich. Von An-fang Januar bis zum 25. Februarhatten fast 1,5 Millionen Touris-

ten die Stadt besucht, um dortMardi Gras zu feiern. Die ersteCorona-Infektion in New Orleansmeldeten die Gesundheitsbe-hörden am 9. März. „Mardi Grasbot die besten Voraussetzungenfür die Verbreitung des Virus“, sag-te Rebekah Gee, bis vor einigenWochen Gesundheitsministerindes Staats und nun Leiterin dermedizinischen Versorgung derLouisiana State University, der

Nachrichtenagentur Reuters. „DieLeute teilen sich Trinkbecher undden Platz in der Menge. Von denKarnevalswagen wurden nichtnur Plastikketten geworfen, son-dern wohl auch Coronaviren.“

Die Medizinerin nannte ver-spätete Warnungen durch dieGesundheitsbehörden und die Re-gierung als Gründe dafür, dass inNew Orleans trotz Corona-Kriseunbeschwert gefeiert worden war.Obwohl das Virus die VereinigtenStaaten am 25. Februar, dem letz-ten Tag der Mardi-Gras-Umzüge,längst erreicht hatte, hätten dieZentren für Krankheitskontrolleund Prävention erst später zur Vor-sicht gemahnt.

Das Weiße Haus stimmte inzwi-schen zu, Louisiana als fünftenamerikanischen Bundesstaat zumKatastrophengebiet zu erklären.Zudem ließ Präsident DonaldTrump in New Orleans drei Statio-nen einrichten, in denen Bewoh-ner auf das Coronavirus getestetwerden können.

Da jeder vierte Bewohner derStadt unterhalb der Armutsgrenzelebt und sich viele Familien kleineWohnungen teilen, befürchtenFachleute für die kommendenTage und Wochen einen weiterendrastischen Anstieg der Fallzah-len. Gouverneur Edwards schätzt,dass die Krankenhäuser im Staatdann spätestens am 4. April über-lastet sein werden. ceh.

Wenn es zutrifft, was einenglischer Patient derZeitung „Telegraph“

erzählt hat, dann könnte die Coro-na-Party in Ischgl nicht nur Tage,sondern einige Wochen lang ange-dauert haben. Der Mann aus Sus-sex litt demnach schon Mitte Janu-ar nach einem Urlaub in dem Tiro-ler Skiort an einer, wie er meinte,schweren Grippe. Seine vierköpfi-ge Familie wurde ebenfalls ange-steckt. Erst knapp zwei Monatespäter gab es Berichte über Ischglals Ausbreitungsherd für Co-vid-19. Der Brite zählte eins undeins zusammen, zumal er auch inder Après-Ski-Bar „Kitzloch“ war,die bekannt wurde, weil dort einKellner am 7. März positiv getes-tet worden war, die Bar aber –nach einem Personalwechsel –erst Tage später zugesperrt wurde.

Das würde bedeuten, dass dasVirus in Großbritannien und erstrecht in Österreich weit früher auf-getreten wäre als bisher bekannt.Auf der Insel war bislang von ei-nem ersten Patienten Ende Janu-ar die Rede gewesen, in Öster-reich ist der erste Corona-Fall am25. Februar dokumentiert. Ge-wiss ist, dass eine Reisegruppeaus Island Ende Februar ausIschgl in die Heimat zurückkehr-te, wo mehrere Mitglieder an Co-vid-19 erkrankten. Island erklärtedaraufhin Tirol am 5. März zumRisikogebiet. Die Après-Ski-Bars

blieben weitere fünf Tage geöff-net, die Pisten bis zum 15. März.

Dass sich regionale Verantwort-liche der Brisanz bewusst waren,zeigt der SMS-Verkehr eines Politi-kers der Regierungspartei ÖVPmit dem Wirt des „Kitzloch“: DerWirt solle schleunigst schließen,bis „Gras über die Sache“ gewach-sen sei: „wenn eine Kamera denbetrieb sieht stehen wir Tiroler dawie ein Hottentotten Staat“,

schrieb der Politiker, der zugleichInteressenvertreter der Seilbahn-betreiber ist, am 9. März. Er hoff-te zu diesem Zeitpunkt offenbarnoch, die Saison sei zu retten.

Inzwischen steht ganz Tirolunter Ausgangsbeschränkungen,die zumindest formal noch etwasstrenger sind als im Rest Öster-reichs. Skiorte wie Ischgl undSt. Anton wurden fast komplettisoliert. Dabei passierten nochweitere Pannen, unter anderemwurden Urlauber weggeschickt,ohne dass sichergestellt wurde, obsie direkt nach Hause reisen konn-ten. Einige Hundert nahmenoffenbar anderswo Quartier undhaben so vermutlich das Viruserst recht weitergetragen.

Am Freitag wurde die komplet-te Isolation auf Anordnung vonLandeshauptmann Günther Plat-ter (ÖVP) bis Ostermontag verlän-gert. Das Personal, das in den ab-geriegelten Orten bleiben mussteund zu dem viele Briten gehören,dürfe nur unter Einhaltung gewis-ser Vorgaben ausreisen. Einer-seits müssten sowohl Außen- alsauch Gesundheitsministerium ihrEinverständnis erteilen. Anderer-seits müsse der Heimatstaat derMitarbeiter an das Außenministe-rium herantreten und „hier ganzgenau ein Regelwerk erstellen,unter welchen Voraussetzungendie Mitarbeiter nach Hause fahrenkönnen und wie der Transporterfolgt“. löw.

Bürgermeister Giorgio Goriund Luca Lorini, Chefarztder Intensivstation der Kli-

nik Papst Johannes XXIII. in Ber-gamo, sind sich einig: Das Hin-spiel im Achtelfinale der Champi-ons League zwischen AtalantaBergamo und dem spanischenClub FC Valencia am 19. Februarhat maßgeblich zum explosionsar-tigen Ausbruch der Coronavirus-Epidemie in der Lombardei beige-tragen. Gori spricht von einer „bio-logischen Bombe“. Für die Ver-breitung eines Virus, sagt Loroni,sei es „ein wahnsinniger Beschleu-nigungseffekt, wenn sich 40 000Menschen umarmen und küssen“.

Beim nationalen Zivilschutz inRom, der den Kampf gegen dieEpidemie im ganzen Land koordi-niert, will man die These nicht be-stätigen, weist sie aber auch nichtrundweg zurück; ZivilschutzchefAngelo Borrelli ließ sich zu der Be-zeichnung verleiten, das Spiel kön-ne ein „potentieller Detonator“ ge-wesen sein. Wegen des großen Zu-schauerandrangs fand es im San-Siro-Stadion in Mailand statt. Mitdem 4:1 legte Atalanta den Grund-stein für den späteren Einzug insViertelfinale. Das heimische Stadi-on wird seit 2019 umgebaut undwäre für den Zuschaueransturmzu klein gewesen. Von Bergamo,wo rund 120 000 Menschenleben, in die Metropole Mailandsind es kaum 60 Kilometer. Die

meisten der 44 000 Zuschauer imSan-Siro-Stadion dürften aus Ber-gamo angereist sein.

Das Spiel fand einen Tag vordem positiven Test von Italiens„Patient eins“ in der Klinik vonCodogno südöstlich von Mailandstatt. Es gab am Abend des 19. Fe-bruar noch keinen Hinweis, dassdas Virus in Italien, namentlich inder Lombardei, angekommensein könnte. Auch in Bergamo fei-

erten die Daheimgebliebenen inBars und Restaurants ausgelassenden größten Erfolg in der Vereins-geschichte von Atalanta.

Inzwischen gehen die meistenitalienischen Virologen und Epi-demiologen davon aus, dass dasVirus wesentlich früher als MitteFebruar – nämlich schon Mitteoder sogar Anfang Januar – in derdichtbesiedelten Po-Ebene prä-sent war und sich unerkannt ver-breiten konnte. Darauf deutenuntypisch viele Lungenentzündun-gen hin, die im Januar und Febru-ar von Hausärzten in jenen Gebie-ten diagnostiziert wurden, dieWochen später zu Brutstätten derEpidemie werden sollten. Schonbei diesen Erkrankungen könntees sich um Covid-19-Lungenent-zündungen gehandelt haben.

Gegen die Theorie von der„Virenschleuder“ San-Siro-Stadi-on spricht, dass die gut 40 000 Ti-fosi aus Bergamo die Coronavirenzwar massenhaft ins Stadion ein-geschleppt haben würden, sieaber dann sozusagen wieder mitnach Hause genommen habenmüssten. Denn obwohl viele Fansvor der Heimfahrt ausgelassen inBars und Restaurants in Mailandgefeiert hatten, manche auch dortübernachtet hatten, hat es in derWirtschaftsmetropole bisher kei-nen so sprunghaften Anstieg derInfektionen gegeben wie in Berga-mo und Umgebung. rüb.

Life Care: In dem Pflegeheimbei Seattle gab es bisher 37 Tote.

Mardi Gras: In New Orleanswird am 25. Februar gefeiert.

„Kitzloch“: Die Après-Ski-Barblieb trotz Corona-Fall geöffnet.

San-Siro-Stadion: Spieler vonAtalanta Bergamo beim Torjubel

Quelle: Johns Hopkins University; Zahlen für Deutschland nach RKI /F.A.Z.-Karte Sieber

China

Südkorea

81 897

9332

Frankreich29 581

Großbritannien11 816

Schweiz12 311

Spanien64 059

Vereinigte Staaten86 012Italien80 589

Deutschland42288

Iran32 332

mehr als 10000

5001 bis 10000

1001 bis 5000

Bestätigte Fälle des CoronavirusAm 27.3.2020 gab es weltweit 551 337 Infektionen,

24 906 Todesfälle, davon 8215 in Italien (Stand: 27.3., 14.00 Uhr)

1 bis 10

101 bis 1000

11 bis 100

Hessen

Berlin

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Rheinland-Pfalz

Saarland

Sachsen

Sachsen-Anhalt

Thüringen

Schleswig-Holstein

Brandenburg

Hamburg

Bremen

Baden-Württemberg8161/878/70

9481/1488/55

537/60/1

1955/299/8

241/30/1

1693/428/2

2810/463/10

1971/155/8

812/137/4259/15/0

505/72/2

1305/164/7

458/40/2

542/74/4

2323/166/7

9235/1311/72

Bayern

Mecklenburg-Vorpommern

Nach RKI, Stand: 27.3.2020, 8.00 Uhr

Fallzahlen in Deutschland42288 Fälle /Zunahme zumVortag, 5780 Fälle /253 Todesfälle

„Wir dachtenan Grippe“

„Auch Virenvom Wagen“

„Gras überdie Sache“

„BiologischeBombe“

Die „Sommerzeit“ beginntAm Sonntag beginnt wieder die mittel-europäische Sommerzeit (MESZ). Inder Nacht zu Sonntag wird die Uhr umeine Stunde von zwei auf drei Uhr vor-gestellt. Die „Sommerzeit“ wurde1980 eingeführt. Dahinter steckte dieÜberlegung, dass weniger Beleuch-tung und damit weniger Strom ver-braucht werden, wenn sich der Tagum eine Stunde nach vorn „ver-schiebt“. Kritiker führen ins Feld, dassdie Zeitumstellung ihren Zweck nichterfüllt. Energiespareffekte seienkaum nachweisbar. Die „Sommerzeit“endet am letzten Sonntag im Oktoberum drei Uhr MESZ, wenn die Stunden-zählung um eine Stunde von drei aufzwei Uhr zurückgestellt wird. kn.

Cybercrime nimmt zuVor einer schnellen Zunahme von Ver-brechen im Zusammenhang mit derCorona-Pandemie hat die europäi-sche Polizeibehörde am Freitag inDen Haag gewarnt. Kriminelle undorganisierte Banden hätten ihre Me-thoden sehr schnell angepasst undprofitierten von der Krise, soEuropol. Ermittler stellten zuneh-mend Fälle von Betrug, Diebstahl undFälschungen fest. Europol warnt auchvor Cyberkriminellen. Viele Men-schen arbeiteten zu Hause und schalte-ten sich über weniger gut gesicherteHeimcomputer in die Netzwerke vonFirmen oder Organisationen. dpa

Harry wohnt in Los AngelesDas Herzogspaar von Sussex hat Van-couver Island unbemerkt verlassen.Wie Vertraute der Zeitschrift„People“ sagten, sind Meghan undPrinz Harry schon vor einigen Tagenvon Kanada nach Kalifornien gezo-gen. Mit ihrem Sohn Archie bewoh-nen die Eheleute eine Villa in einemgeschützten Viertel in Los Angeles,Meghans Heimatstadt. Nach demRückzug aus dem britischen Königs-haus Anfang Januar waren wieder-holt Spekulationen über einen bevor-stehenden Umzug der früheren Schau-spielerin und des Enkels von KöniginElisabeth II. nach Kalifornien laut ge-worden. Meghan, die bis zu der Hoch-zeit im Mai 2018 für die amerikani-sche Fernsehserie „Suits“ vor der Ka-mera stand, soll eine Karriere in Hol-lywood anstreben. Wie Disney bereitsam Donnerstag bestätigte, ist die Stim-me der 38 Jahre alte Herzogin von Sus-sex vom 3. April an in der Dokumenta-tion „Elephant“ zu hören. ceh.

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fäh. SINGAPUR. Willkommen sinddie Kreuzfahrtgäste der MS Artaniain Westaustralien nicht. „Das Schiffmuss sofort weiterfahren“, hatte derPremierminister von Westaustralien,Mark McGowan, noch am Donners-tag gesagt. Nun dürfen die 830 Passa-giere des deutschen Kreuzfahrtschiffsvoraussichtlich doch an Land, umdirekt mit Charterflügen zurück nachDeutschland gebracht zu werden.Laut dem Betreiber Phoenix Reisenaus Bonn hatten die Behörden in Aus-tralien am Mittwoch bei sieben Perso-nen an Bord Sars-CoV-2 nachgewie-sen – bei fünf Passagieren und zweider 500 Besatzungsmitglieder.

Die meisten Passagiere auf demSchiff sind Deutsche. Es liegt derzeitvor Fremantle, einer Hafenstadt süd-lich von Perth. In Australien ist eineheftige Diskussion über die Aufnah-me von Kreuzfahrttouristen ent-brannt. Der Grund ist der Fall desKreuzfahrtschiffs Ruby Princess, aufdem anfänglich drei Personen positivauf das Virus getestet worden waren.Alle anderen Passagiere waren unterder Auflage, sich zu Hause in Quaran-täne zu begeben, in Sydney von Bordgelassen worden. Auf diese Weise wardas Kreuzfahrtschiff zu einem dergrößten Ansteckungsherde gewor-den. 130 Mitreisende wurden späterpositiv auf das Virus getestet. DieRegierung von New South Wales, dieGrenzbehörden und die Zentralregie-rung hatten sich gegenseitig dieSchuld an dem Debakel zugeschoben.

In Westaustralien teilte McGowanmit, er wolle in seinem Bundesstaatnicht ein weiteres „Fiasko“ wie in Syd-ney. Dort ist die MS Artania auchnicht das einzige Schiff, das seine Pas-sagiere an Land bringen will. Auchdie Vasco de Gama und die MSC Mag-nifica warten darauf, anlegen zu dür-fen. Beide Schiffe haben keine nach-gewiesenen Infektionen an Bord.

In Australien war die Zahl der Infi-zierten in den vergangenen Tagen aufmehr als 3000 gestiegen. Nach An-gaben von Premierminister Scott Mor-rison sind zwei Drittel der Fälle Rück-kehrer aus dem Ausland. Am Freitaghat seine Regierung deshalb auch dieQuarantänemaßnahmen verschärft.Alle Einreisenden, die in zweiwöchi-ge Quarantäne gehen müssen, dürfendas von Sonntag an nicht mehr inihren eigenen vier Wänden tun, son-dern werden in Hotels und Quarantä-neeinrichtungen untergebracht.

Kurze Meldungen

Hotspots der Corona-Krise

Passagiere derMS Artaniadürfen an Land

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Page 10: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

SEITE 10 · SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGZeitgeschehen

Wann die Vereinigten Staa-ten aus der doppelten Kri-se – der Covid-19-Pande-

mie und der Rezession, in der sie nunstecken – herauskommen werden,weiß kein Mensch. Der Präsident istzuversichtlich, dass das Land schonbald wieder in „großartiger Form“sein werde. Diesen Optimismus tei-len weder die Gouverneure, die nichtwissen, wo sie Beatmungsgeräte her-bekommen, noch vermutlich Trumpseigene Fachleute. An beiden „Fron-ten“ wird die Lage immer düsterer, jadramatisch. Mittlerweile haben sichin Amerika (offiziell) mehr Men-schen mit dem Coronavirus infiziertals (offiziell) in China; und das Infek-tionstempo wird nicht langsamer.

Nicht weniger furchterregend istdiese Zahl: In der vergangenen Wo-che wurden rund 3,3 Millionen Anträ-ge auf Arbeitslosenhilfe gestellt. So et-was haben die Zeitgenossen nochnicht erlebt. Mit anderen Worten:Der mehr als zehn Jahre währendeExpansionskurs der amerikanischenWirtschaft ist brutal gestoppt worden– von einem Virus, dessen Gefährlich-keit die Regierung zunächst völligfalsch einschätzte, und von den Ab-wehrmaßnahmen dagegen. Das riesi-ge Hilfspaket für Unternehmen, Fami-lien und Gesundheitssystem, an dasder Kongress noch letzte Hand an-legt, soll den Absturz der Wirtschaftins Bodenlose verhindern. Wenn dasnicht oder nur unzureichend gelingt,wird es ganz bitter. Die Konsequen-zen werden auf vielen Politikfeldernzu spüren sein, nicht nur in der Innen-politik. Amerikas Rolle in der Weltwird weiter schrumpfen.

Absturz in AmerikaVon Klaus-Dieter Frankenberger

Das Corona-Virus unterscheidenicht zwischen Arm und Reich,zwischen Banker und Bauarbei-ter, zwischen Schwarz und

Weiß, wurde in den vergangenen Tagenimmer wieder behauptet. Es sei eine Be-drohung, gegen die man durch keine Privi-legien gefeit sei. Das mag vielleicht – undauch dort nur begrenzt – für die entwickel-ten Sozialstaaten in Europa gelten, wo esAuffangnetze gibt, durch deren Maschenkaum jemand fällt. In Lateinamerika, wodie Infektionskurven noch ganz am An-fang stehen, sieht die Wirklichkeit jedochanders aus. Dort wirkt die Vorstellung ei-ner gerechten Krankheit schon zu Beginnder Pandemie absurd.

Bereits die Art und Weise, wie das Coro-navirus nach Lateinamerika gelangt istund sich dort verbreitet, sagt viel aus. Dererste bekannte Fall in Lateinamerika wur-de in São Paulo entdeckt. Ein Brasilianerhatte das Virus von einer Geschäftsreiseaus Italien mitgebracht. Auch in anderenLändern wurden die Fälle entweder vonTouristen, von Geschäftsreisenden oderEinheimischen eingeschleppt, die sicheine Reise nach Europa oder in ein ande-res Risikogebiet leisten können. Das Virusfindet allerdings sehr rasch aus derSchicht der privilegierten Lateinamerika-ner seinen Weg nach unten. Symptoma-tisch ist ein Fall in Rio de Janeiro: Dortwar eine Brasilianerin von einem Hoch-zeitsfest in Italien zurückgekehrt. Obwohlsie nach der Rückkehr Symptome spürte,hielt die gutbetuchte Hausherrin es nichtfür nötig, einige Tage auf ihre Hausange-stellte zu verzichten. Die 63 Jahre alteHausangestellte ist inzwischen an Co-vid-19 gestorben.

Menschen wie die verstorbene Hausan-gestellte gibt es unzählige in Lateinameri-ka. Sie werden aus mehreren Gründen be-sonders stark unter der Pandemie leiden.Zum einen haben sie im Unterschied zuden oberen Einkommensschichten keinenZugriff auf das relativ gut funktionierendeprivate Gesundheitswesen in Lateinameri-ka, sondern sind auf die öffentlichen Ein-richtungen angewiesen. Die sind zwarnicht alle schlecht, doch im Durchschnitteben schon. Mit Ausnahme einiger Län-der in Subsahara-Afrika wird nirgendwo

auf der Welt weniger in das Gesundheits-wesen investiert als in Lateinamerika.Auch ohne Pandemie laufen viele öffentli-che Krankenhäuser in Lateinamerika be-reits an ihrer Kapazitätsgrenze. Das Ge-sundheitswesen wird in den kommendenWochen kollabieren. In Brasilien machtder Gesundheitsminister nicht einmal einGeheimnis daraus. Ende April werde es soweit sein, sagte er neulich. Und Venezuelabraucht gar nicht mehr auf den Kollaps zuwarten, da er bereits vor Jahren eingetre-ten ist. Fachleute befürchten alleine in Ve-nezuela Zehntausende Tote.

Die ausgeprägte Klassenmedizin ist daseine. Doch die Unterschiede ziehen sichdurch alle Lebensbereiche. Lateinamerikaist die Region der Erde mit der größten Un-gleichheit. Die am unteren Ende der Pyra-mide erhalten nicht nur eine schlechtere

medizinische Behandlung: Auch die Wahr-scheinlichkeit, sich mit dem Virus anzuste-cken, ist bei ihnen größer. Jeden Tag fah-ren sie in überfüllten Bussen und Zügenzur Arbeit und nehmen dabei lange Ar-beitswege von der Peripherie in die Innen-stadt oder die besseren Wohngebiete aufsich, wo es Arbeit gibt. Und selbst zu Hau-se sind sie exponierter, da sie oft unter Be-dingungen wohnen, die eine „soziale Dis-tanzierung“ erschweren.

Trotzdem ist es nicht das Virus, das ih-nen die meisten Sorgen bereitet, sonderndie Krise, die ihm folgen wird. Sie sind dieErsten, die ihre Arbeit verlieren oder inKurzarbeit angestellt werden – zum hal-ben Lohn, wo doch schon der ganze kaumzum Überleben reicht. Am heftigsten wirddie Krise allerdings die große Masse jenertreffen, die keine formale Anstellung ha-

ben: die Tagelöhner, die Straßenverkäufer,die Gelegenheitsarbeiter und unzähligenselbständigen Mikrounternehmer. VierzigProzent der Arbeitstätigen in Brasilien ar-beiten informell, in Peru sind es siebzigProzent, und so ähnlich sieht es auf demgesamten Kontinent aus. Viele von ihnenverlieren in diesen Tagen ihr Einkommen,weil das Leben zum Stillstand kommt. Er-spartes haben sie nicht, eher Schulden. Siestehen nicht nur vor dem Ruin, sondernvor einem ernsthaften Existenzproblem.Nicht nur in Venezuela, wo bereits jetztein Teil der Bevölkerung täglich nach Ess-barem suchen muss, droht der Hunger.Auch in anderen Ländern gibt es Regio-nen, die bitterarm und rückständig sind –und um die sich kaum jemand kümmert.

In Lateinamerika gibt es zwar Sozialpro-gramme, doch die Maschen der sozialenAuffangnetze sind weit. Die Regierungenwerden einen Teil der Bevölkerung mit Di-rektzahlungen unterstützen müssen, wassie auch in Aussicht gestellt haben. Dochauch die Möglichkeiten der staatlichen Un-terstützung sind begrenzt. LateinamerikasWirtschaft ist in den vergangenen Jahrenunter dem Weltdurchschnitt gewachsen.Einige Länder sind in einer tiefen Krise,Venezuela steht am Abgrund und vor ei-ner humanitären Katastrophe, Argenti-nien vor dem nächsten Bankrott. Nun istChinas Nachfrage weiter zurückgegangen,die Rohstoffpreise sind im Sinkflug, unddie Investoren haben Milliarden aus La-teinamerika und anderen Schwellenlän-dern abgezogen, um sie in die sicheren Hä-fen im Norden zu bringen.

Das Virus ist nicht gerecht. Und in La-teinamerika fällt es schwer, zu glauben,dass die Krise eine gerechtere oder solida-rischere Gesellschaft hervorbringt. Im Ge-genteil: Was, wenn sich die sozialen Grä-ben in Lateinamerika durch die Corona-Krise weiter vertiefen? Im vergangenenJahr gingen in zahlreichen Ländern La-teinamerikas vor allem junge Leute inMassen gegen die Missstände und die Un-gleichheit in ihren Ländern auf die Straße.Ihr Glaube an die Demokratie nimmt ab.Gleichzeitig sieht sich die Armee in eini-gen Ländern wieder zusehends als innereOrdnungsmacht. Lateinamerika läuft Ge-fahr, in eine Zeit zurückzukehren, als esnoch zur „Dritten Welt“ gehörte.Besonders verwundbar: Obdachloser in São Paulo Foto AFP

Dass es China und Russlandgelungen ist, sich in Italienzu großen Helfern in der Not

zu stilisieren, liegt an einem doppel-ten Versagen der EU und ihrer Mit-gliedstaaten. Das erste, schwerer wie-gende, besteht darin, dass die Europä-er zu lange gebraucht haben, bis eingrenzüberschreitender Kampf gegendie Seuche und Hilfe für die amstärksten betroffenen Regionen ange-laufen sind. Immerhin: Das geschiehtnun, etwa dadurch, dass deutscheKrankenhäuser Patienten aus Frank-reich und Italien aufnehmen.

Das zweite Versagen der EU liegtdarin, dass sie erschreckend langenicht politisch und kommunikativauf die großangelegte propagandisti-sche Verwertung der alles andere alsselbstlosen Hilfsaktionen Pekingsund Moskaus reagiert hat. Den bei-den autoritären Regimes geht esnicht einfach darum, über Gutes, dasman tut, auch zu reden. Sie wollen ih-ren politischen Einfluss vergrößernund die EU in einer Notlage schwä-chen. Die durch Covid-19 hervorgeru-fene humanitäre und wirtschaftlicheKrise ist so tiefgreifend, dass sie zurGefahr für die Legitimität eines je-den politischen und wirtschaftlichenSystems werden kann. Für den Wie-deraufbau und die politische Stabili-tät nach dem Ende der Seuche (wannimmer das sein wird) wird es entschei-dend sein, dass den Menschen in Eu-ropa dann bewusst ist, welche Bedeu-tung die EU hat. Deshalb ist es keineNebensache, der Propaganda Pekingsund Moskaus entgegenzutreten.

Jean Rottner hat sich in Quarantänebegeben. Seit 2017 steht der 53 Jahrealte Notarzt als Regionalpräsident ander Spitze der Region Grand Est, dievom Elsass über Lothringen bis zurChampagne reicht. Seit Beginn derEpidemie haben ihn die Franzosen imFernsehen als unermüdlichen Warnerund Mahner kennengelernt. Vor „derKatastrophe“, die die Krankenhäuserin seiner elsässischen Heimat erleben,hat er frühzeitig gewarnt. Da er jetztselbst Symptome der Viruserkran-kung bei sich spürte, hat er sich inSelbstisolierung begeben.

Rottners Heimatstadt Mülhausen,deren Geschicke er zwischen 2010und 2017 als Bürgermeister be-stimmte, ist zum Epizentrum der Epi-demie geworden. Der Ausbruch lässtsich auf ein Treffen der evangelischenFreikirche „La Porte ouverte“ Mitte Fe-bruar zurückverfolgen. Rottner sprachsich frühzeitig dafür aus, die Schulenzu schließen. Der Vater von drei Kin-dern behauptet nicht, dass er alles vor-ausgesehen habe. Aber seit AnfangMärz hat er den Präsidenten wieder-holt angerufen, um eine Ausgangssper-re zu fordern. Dass der erste Wahl-gang der Kommunalwahlen trotz derAnsteckungsgefahr organisiert wurde,hat er kritisch gesehen.

Der Sohn eines elsässischen Lehrer-ehepaars ist in Mülhausen aufgewach-sen und hat in Straßburg Medizin stu-diert. Rottner spricht gut Deutsch. „Ichbedanke mich nochmals bei Dir, lieberTobias, für Deine Bereitschaft, Patien-ten im Saarland aufzunehmen. Ge-meinsam, auch mit Rheinland-Pfalzund Baden-Württemberg, setzen wirin einer schwierigen Zeit neue Maßstä-be für unsere Zusammenarbeit“, twit-terte er dem saarländischen Minister-präsidenten Tobias Hans (CDU).

Rottner gehört der Schwesterparteider CDU, Les Républicains (LR) an,die im Elsass eine ihrer letzten Bastio-nen hat. Er pflegt seit langem die Kon-takte nach Deutschland. Die vertieftegrenzübergreifende Zusammenarbeitist für ihn eine Herzensangelegenheit.In die Politik kam er 2002, als er in sei-ner Heimatstadt Mülhausen im Duomit Arlette Grosskost den Wahlkreisfür die bürgerliche Rechte eroberte.Der junge, dynamische Arzt gefielden Wählern. Nach der von der sozia-listischen Regierung durchgesetztenTerritorialreform hat er darauf hinge-wirkt, dass das Elsass nicht seine Iden-tität verliert.

Das Krankenhaus in Mülhausenkennt er aus eigener Erfahrung, dennvon 2005 bis 2009 leitete er dort dieNotaufnahme. Nach den Streiks imvergangenen Frühsommer, mit denendas Pflegepersonal und Ärzte auf ihreschlechten Arbeitsbedingungen auf-merksam machen wollten, zog er imOktober 2019 wieder den weißen Kit-tel über. Um den Krankenhausbe-trieb in Mülhausen zu retten, arbeite-te er Teilzeit in der Notaufnahme.Auch deshalb weiß er, wie ange-spannt die Personalsituation weiter-hin ist. MICHAELA WIEGEL

PropagandaVon Reinhard Veser

Jean ROTTNER Foto AFP

Präsident Donald Trump würde am liebs-ten schon in wenigen Wochen die Be-schränkungen für das Wirtschaftslebenallmählich wieder lockern. Es ist freilichunklar, ob das möglich ist angesichts des-sen, dass Amerika bei den registriertenCorona-Infektionen inzwischen Chinaüberholt hat. Auch kann Trump das nichtallein entscheiden. Die Gouverneure derBundesstaaten haben ein Wort mitzure-den: Sie sind es, die Ausgangssperren ver-künden und Schulen schließen. Und siesind es, die darüber entscheiden, ob Groß-veranstaltungen stattfinden.

Das Krisenmanagement lässt bisherkaum Zeit, über ein Großereignis nachzu-denken, das sich nicht so leicht verschie-ben lässt wie eine internationale Konfe-renz oder ein Sport-Event: In Amerikasoll am 3. November gewählt werden –der Präsident, die Abgeordneten im Re-präsentantenhaus und ein Drittel der Se-natoren. Bis dahin ist noch viel Zeit. Aberwas ist mit den Vorwahlen? Was mit denNominierungsparteitagen? Und was istmit dem Wahlkampf? Dessen heiße Pha-se beginnt traditionell am „Labor Day“Anfang September, also unmittelbar nachder Sommerpause.

Der Wahlkampf der Demokraten ruht,nachdem einige Bundesstaaten die Vor-wahltermine verschoben haben. Joe Bi-den hat sich in seine Heimat nach Wil-mington in Delaware zurückgezogen. Hinund wieder meldet er sich in Videos zuWort. Dann geht es aber nicht um die Re-form des Waffenrechts oder um die glei-che Bezahlung für Mann und Frau, son-

dern einzig und allein um die Pandemieund Trumps Krisenmanagement. So istdas auch bei Bernie Sanders. Da die Statu-ten der Demokraten vorsehen, dass biszum 9. Juni alle Vorwahlen abgehaltensein müssen, gibt es einen gewissenDruck. Es wird über Briefwahloptionennachgedacht, doch jeder Bundesstaat hatandere Rechtsgrundlagen für die „prima-ries“, so dass ein einheitliches Vorgehenkompliziert ist. Im „Democratic National

Committee“ (DNC), der Parteiorganisati-on der Demokraten, hofft man mehr oderweniger offen darauf, dass der hinten lie-gende Sanders bald ein Einsehen hat undaus dem Rennen aussteigt. Dann wäre derRest der Vorwahlen ebenso Formsachewie bei den Republikanern.

Biden präsentiert sich bereits wie derKandidat der Partei. Dieser Tage äußerteer, er habe sich mit Barack Obama übereine Kandidatin für das Amt des Vizeprä-sidenten ausgetauscht. Dass es eine Frausein solle, hatte er schon vorher verspro-chen. Man sei sich einig gewesen, dasWichtigste sei, dass die Kandidatin vonTag eins an in der Lage sein müsse, insOval Office zu ziehen, „für den Fall, dassetwas passiert“. Die Maßgabe war für den77 Jahre alten Mann schon vorher wich-

tig. Nun, in Zeiten von Corona, ist sie dasumso mehr. Biden, Sanders und Trump –alle gehören sie zur Risikogruppe. DieRedensart, der Vizepräsident sei „einenHerzschlag“ von der Präsidentschaft ent-fernt, erhält da zusätzliche Relevanz.

In den Parteiorganisationen von Demo-kraten und Republikanern zerbricht mansich schon den Kopf darüber, was die Pan-demie für die Nominierungsparteitagebedeutet. Die Demokraten wollen ihrenKandidaten Mitte Juli in Milwaukee imBundesstaat Wisconsin küren. Die Repu-blikaner nominieren Trump einen Monatspäter in Charlotte in North Carolina.Eine Woche lang wären viele tausendGäste in den beiden Städten. Sollte diePandemie bis dahin nicht unter Kontrollesein, scheint es jedoch ausgeschlossen zusein, dass die Konvente wie geplant statt-finden. Der DNC-BundesgeschäftsführerTom Perez flüchtet sich noch in Phrasen:Er sei zuversichtlich, mit den Gesund-heitsbehörden ein Konzept erarbeiten zukönnen. Er denke nicht über einen virtuel-len Parteitag nach.

In den Wahlkampfzentralen der Kandi-daten macht man sich zudem Gedanken,wie eine Kampagne ohne Großkundge-bungen aussehen könnte. Für Trump sinddie „Make America Great“-Kundgebun-gen ein zentraler Wahlkampfbestandteil.Bis zu 20 000 Menschen strömen zu sei-nen Jubel-Veranstaltungen in die Arenen.Ein Populist wie er braucht den direktenAustausch mit dem Volk, um Kohle inden Ofen zu schaufeln. Stimmungsmachegegen Biden, die etwa in „Lock him up“-Rufen münden sollen, funktioniert in On-

line-Meetings nicht. Biden selbst könnteeher damit leben. Seine Sache sind Groß-kundgebungen ohnehin nicht. In den bis-herigen Vorwahlen dauerten seine Redenselten länger als dreißig Minuten. Zudembevorzugt er die leisen Töne. Kleine Run-den oder Online-Formate kämen ihm da-her sogar entgegen.

Einig ist man sich darin, dass eines je-denfalls unmöglich sei: eine Verschie-bung des Wahltermins. Immer wiederwird in diesem Zusammenhang Condo-leezza Rice zitiert. Als 2004 in der Amts-zeit von Präsident George W. Bush unterdem Eindruck des 11. September 2001darüber nachgedacht wurde, im Falle ei-nes neuerlichen Terroranschlags die Präsi-dentenwahl zu verschieben, sagte die da-malige Nationale Sicherheitsberaterin:Die Vereinigten Staaten hätten zu Kriegs-zeiten gewählt – sogar während des Bür-gerkriegs. Man werde wählen, komme,was wolle. Es wäre auch nicht leicht, denWahltag zu verschieben. Der Kongressmüsste dazu ein Gesetz aus dem Jahr1845 ändern, in dem es heißt, dass stets„am Dienstag nach dem ersten Montagim November“ gewählt wird. Trump könn-te also nicht von sich aus eine Verschie-bung anordnen, sollte es ihm opportun er-scheinen.

Welchen Einfluss die Pandemie auf dieWiederwahlchancen Trumps hat, ist un-klar. Seine Zustimmungswerte sind gestie-gen. In Krisen schlägt die Stunde der Exe-kutive. Sein größtes Kapital, der Wirt-schaftsboom, ist aber dahin. In der vergan-genen Woche haben sich mehr als drei Mil-lionen Amerikaner arbeitslos gemeldet.

Das Virus ist nicht gerecht

FrüherWarner

Sogar im Bürgerkrieg wurde gewähltAmerika will seine Wahlen im November auf keinen Fall verschieben / Von Majid Sattar, Washington

Ungleichheit und Klassenmedizin:Lateinamerika droht eine Katastrophe

Von Tjerk Brühwiller, São Paulo

Die Stäbe der Kandidatenüberlegen schon, wie derWahlkampf im virtuellenRaum aussehen könnte.

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Page 11: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 · SEITE 11Feuilleton

Der Tag, an dem die Musikstarb, war schon schwer, wiejeder aus Don McLeans Lied

„American Pie“ über Buddy Hollystödlichen Flugzeugabsturz im Febru-ar 1959 weiß. Aber ein Tag im Novem-ber 1963 brach vielen dann endgültigdas Herz. „Faith, hope and charitydied“: Gottvertrauen, Hoffnung undNächstenliebe starben, als John F.Kennedy in Dallas ermordet wurde.Das ist weiß Gott keine neue Einsicht,aber wenn sie nun von Bob Dylan inein neues, siebzehnminütiges Lied ge-kleidet wird, muss man fragen: War-um? „Murder Most Foul“, gesternüberraschend veröffentlicht, hat es insich. Sein Titel erinnert nicht nur dra-matisch an Hamlet, sondern auch anzahlreiche Krimis, und scheint damitgleich die Frage nach dem Genre auf-zuwerfen, in dem man Weltgeschichteerzählt. Das Lied kreist um jenen 22.November 1963 und nimmt verschie-dene Perspektiven ein, darunter auchdie des ermordeten Präsidenten, dannwieder die einer grimmigen Mafia,die schon seinen Nachfolger erkorenhat. Aber dann weitet sich die Perspek-tive in eine kulturgeschichtliche: Eswird ein großer Song über die sechzi-ger Jahre, über uramerikanische Hoff-nungen und Träume und deren Zer-platzen. „I’m going to Woodstock, it’sthe Aquarian age / Then I’ll go to Alta-mont and stand near the stage.“ DerMord vor der Bühne des Altamont-Festivals im Dezember 1969 ist nurein weiterer in einer langen Reihe, diezeigt, dass etwas faul ist im ganzenLand – bis heute, scheint das Lied sa-gen zu wollen. Es soll offenbar auchdie Frage beantworten, was nach demBlues kommt. Aus dem aufmüpfigen,sarkastischen „Talking Blues“ voneinst ist frei schwebendes Lamento ge-worden. Der Takt ist aufgelöst in lang-samen Arpeggien von Klavier und Cel-lo. Darüber präsidiert, in freien Rhyth-men, Bob Dylans gebrochene, großeAltersstimme, wie man sie aus demSpätwerk kennt. Mit Pathos, und wiein seiner Nobelpreisrede sogar mithumanistischem Erziehungsansatz:„Hush, little children“, beginnt eineZeile, und den Kindern gibt der Alt-meister noch mit: „If you wanna re-member you better write down the na-mes.“ Dann folgt ein gesungener Ka-non der Popmusik. Dass die Mörderder Kennedys letztlich „you and me“waren: Diese Ahnung aus dem Rol-ling-Stones-Lied „Sympathy for theDevil“ variiert Bob Dylan hier zu ei-ner großen assoziativen Übung überdas, was man mit der SchriftstellerinMaggie Nelson als unser aller „Mord-gemüt“ bezeichnen könnte. Davor zuwarnen kann nie falsch sein. Ameri-kas heimlicher Präsident Andrew Cuo-mo hat gerade gesagt, in der jetzigenNotlage sehe man, woraus die Men-schen wirklich gemacht seien. Bob Dy-lan hat seinem Lied ein persönlichesStatement hinzugefügt: „Möge Gottmit euch sein.“ Nach dem Blues kannnur noch Gospel kommen.

Nach dem BluesVon Jan Wiele

Auch damals rea-gierte man, ausRücksicht auf dieWirtschaft, vielzu spät. Am 14.August war inHamburg ein Ka-nalarbeiter insKrankenhaus ge-

bracht worden und dort gestorben, kurzdarauf waren vier weitere Tote zu bekla-gen. Der Senat verheimlichte die Fälle ausAngst vor wirtschaftlichen Einbußen,aber die Zahl der Krankheitsfälle stieg soschnell an, dass bald nichts mehr zu vertu-schen war: Eine Woche später waren 1100Menschen erkrankt und 455 gestorben,und die Auswandererschiffe hatten dieKrankheit bereits nach New York ge-bracht. Die Reichsregierung ließ Hamburgabriegeln und schickte Deutschlands be-rühmtesten Arzt in die Hansestadt, derzehn Jahre zuvor den Tuberkuloseerregerentdeckt hatte: Robert Koch, Leiter desPreußischen Instituts für Infektionskrank-heiten, bestätigte Ende August des Jahres1892 den Ausbruch der Cholera in Ham-burg und ließ alle Schulen schließen. EineQuarantäne wurde verhängt, die erst nachzehn Wochen aufgehoben werden konnte;da waren allein in Hamburg mehr als 8600Menschen gestorben. Die Folge dieser Epi-demie war eine radikale Umgestaltung derStadt. Die Hamburger erließen Gesetzezum Schutz vor unhygienischen Wohnver-hältnissen, viele Häuser des mittelalterli-chen Gängeviertels wurden dem Erdbo-den gleichgemacht.

Epidemien und Infektionen verbreite-ten sich Ende des neunzehnten Jahrhun-derts durch die massive Globalisierungs-welle des Industriezeitalters weltweit. Dierussische Grippe forderte 1890 fast eineMillion Opfer, aus dem chinesischen Yun-nan verbreitete sich wenig später die Pestüber Hongkong bis nach Indien und in dieVereinigten Staaten. Bilanz: zwölf Millio-nen Tote. An der spanischen Grippe star-ben zwischen 1918 und 1920 geschätztefünfzig Millionen Menschen. Die Reaktionauf diese verheerenden Epidemien war un-ter anderem eine Stadtplanung, bei der esvor allem um Hygiene und um die Kontrol-lierbarkeit von Krankheitserregern ging.

Vor kurzem veröffentlichte die Archi-tekturtheoretikerin Beatriz Colomina einBuch, das sich wie ein Schlüsselwerk zuraktuellen Krise und ihren möglichen Fol-gen für die Stadtplanung liest. In „X-RayArchitecture“ (Lars Müller Publishers) er-klärt sie die moderne Architektur deszwanzigsten Jahrhunderts aus dem Geistder Seuchenbekämpfung. Ihre brillanteStudie umreißt die „Bedeutung des medizi-nischen Denkens für alles in der moder-nen Architektur“, die „durchgängige Ob-session mit Durchlüftung, Besonnung, Hy-giene und weißen Wänden, die alle Bau-ten wie medizinische Ausrüstung ausse-hen ließen, oder wie Musils Mann ohne Ei-genschaften es sagt : ,Der moderneMensch wird in der Klinik geboren undstirbt in der Klinik; also soll er auch wie ineiner Klinik wohnen‘“.

Das Ergebnis waren Esszimmer und Kü-chen, die wie ein Operationssaal aussa-hen, Wohnzimmer wie Turnhallen, Möbelwie Recks und Barren, Häuser aus Stahlund Glas, so durchsichtig wie ein Röntgen-bild, das ein Skelett zeigt. Das Weiß desBauhauses, so Colominas These, ist vomWeiß des Krankenhauses nicht zu tren-nen. Die medizinische Sorge um den Kör-per und politische Reinheits- und Kontroll-phantasien waren dabei von Anfang ankaum zu unterscheiden: Moderne Stadt-planer beschrieben die alte Stadt mit ih-ren labyrinthischen, unkontrollierbaren

Gassen wie einen kranken Körper, die Ar-menviertel nicht nur als bakterielle, son-dern auch als politische Infektionsherde;mit Glasfassaden und aufgeräumtenWohnblocks sollten nicht nur Pandemien,sondern auch Revolten vermieden wer-den. Es ist kein Zufall, dass ColominasBuch, das mit Röntgenstrahlen und demKampf gegen eine Lungenkrankheit be-ginnt, mit Bildern von Wärmebildkame-ras und anderen Überwachungstechnikenendet. Man muss vorsichtig sein mit derBehauptung, „nach Corona“ würde allesanders sein; Schulen und Restaurants wer-den irgendwann wieder aufmachen, Men-schen in Parks und Stadien sitzen.

Andererseits sind die großen epidemio-logischen und politischen Krisen nie ohneAuswirkungen auf die Städte geblieben;die großen Pandemien um 1900 haben,folgt man Colomina, der modernen Archi-tektur mit zum Siegeszug verholfen, nachdem elften September sind viele Städtemit Überwachungskameras und Betonab-sperrungen in mehr oder weniger restlosausgeleuchtete Hochsicherheitszonen ver-wandelt worden.

Der weltweit größte Feldversuch

In Zeiten von Kontaktverbot und Aus-gangssperren sehen die Städte aus wie dys-topische Versionen der Smart Cities, dieuns von Regierungen und Tech-Konzer-nen als unsere Zukunft verkauft werden:Keiner geht mehr shoppen, alle lassen lie-fern, alle arbeiten von zu Hause aus, aufder Straße sieht man nur noch ein paarFahrradfahrer, die ohne erkennbares Zielherumstrampeln, und die gesammeltenHandy-Bewegungsdaten werden nicht zur„effizienten Steuerung von Verkehrsströ-men“ genutzt, sondern dazu, zu überprü-fen, ob die Bürger sich an die Anordnun-gen der Staatsmacht halten.

In der aktuellen Corona-Pandemie wer-den zwangsweise Dinge erprobt, die eini-ge als Zukunft der Stadt und des Lebens inihr feiern und andere als Anfang vomEnde freiheitlicher Stadtgesellschaftenfürchten. Zum Beispiel das „Homeoffice“:Corona sorgt für den weltweit größtenFeldversuch zu den Auswirkungen des Ar-beitens von zu Hause. Schon fragt Arch

Daily, eine der wichtigsten Architektur-plattformen im Internet, ob „Corona derAnfang vom Ende der Büros“ sei: Ist dasVirus der endgültige Beschleuniger einesProzesses, der das klassische Büro – unddamit auch das Arbeiten in den Büroge-bäuden im Zentrum der Stadt, die Fahrtvon zu Hause zur Arbeit, die beide auf ihreWeise unsere Städte prägen – zum Auslauf-modell macht?

Laut einer Studie der Stanford Universi-ty steige die Produktivität der Home-Wor-ker um 13,5 Prozent, die Angestellten sei-en zufriedener und weniger krank. Die Be-ratungsfirma Global Workplace Analytics(GWA), zu deren Kunden amerikanischeRegierungsstellen gehören, rechnet vor,dass eine Umstellung aller Jobs, die von zuHause erledigt werden können, auf Home-office und die damit wegfallenden Kostenfür Bürobauten und Pendlerstaus allein inden Vereinigten Staaten 700 MilliardenDollar einsparen könnte und dass der Ef-fekt für die Umwelt enorm wäre – lautGWA entspräche er der dauerhaften Ein-mottung aller Autos des Staates NewYork. Gegen solche Zahlen haben es Ro-mantiker der klassischen Büroweltschwer, die auf die kreative Energie vonSchwätzchen auf dem Flur und die Uner-setzbarkeit der persönlichen Begegnungpochen. Sollte sich herausstellen, dass dieArbeit in den Corona-Monaten auch vonzu Hause gut funktioniert, wächst der öko-nomische Effizienzdruck auf das klassi-sche Büro; einige sagen gar voraus, dassman herkömmliche Angestellte bald wieeine bedrohte Spezies im Stadtzentrum be-grüßen werde.

Aber was wird ein Stadtzentrum sein,wenn man dort nicht mehr arbeitet und –siehe den unaufhaltsamen Aufstieg desOnline-Handels – auch nicht mehr ein-kauft? Dass es trotz allem ein großes Be-dürfnis nach physischer Nähe in Bars, Sta-dien und Parks gibt, zeigt die Renitenz vie-ler Bürger, denen der Staat nur mit der An-drohung beikommen konnte, es werdeAusgangssperren geben, wenn die Auswer-tung der von den Mobilfunkanbietern zurVerfügung gestellten kollektiven Bewe-gungsprofile ergebe, dass die Bürger dasVersammlungsverbot missachteten.

Das ist der andere große Testfall der Co-rona-Krise: Die Nutzung von Bewegungs-

profilen zur Überwachung des Verhaltensder Bürger. Auch hier liegen, wie schonzur Zeit des modernen Stadtumbaus, Für-sorge und Kontrolle eng beieinander. Undwie immer, wenn es um Leben und Todgeht, haben liberale Freiheitswerte gegenGesundheit und Sicherheit schlechte Kar-ten, zumal die berüchtigten Corona-Par-tys Zweifel an der Mündigkeit der Bürgerweckten: Offenbar waren viele nur bei An-drohung kompletten Freiheitsentzugs zurücksichtsvollem Verhalten zu bringen.

Andere Länder haben ihre Bürgerschon in eine kollektive gefängnisartigeSituation verbannt: zu Hause bleiben müs-sen, nur wenig Freigang, dazu die elektro-nische Fußfessel des Mobiltelefons, dasden Delinquenten per Bewegungsprofilverpfeift. Der Philosoph Giorgio Agam-ben hat in der „Neuen Zürcher Zeitung“die bisher massivste Kritik an der aktuel-len Politik des Corona-Eindämmung for-muliert. „Warum“, schreibt er, „tun Me-dien und Behörden alles, um ein Klimader Panik zu schaffen und damit einenechten Ausnahmezustand herbeizufüh-ren – mit schweren Beeinträchtigungender Bewegungsfreiheit?“ Dies diene auchdazu, „den Ausnahmezustand als norma-les Regierungsparadigma zu nutzen“: Sowie die Gefahr des Terrorismus als Vor-wand genutzt wurde, den öffentlichenRaum komplett mit Überwachungskame-ras auszurüsten – die etwa in Paris zweck-entfremdet werden, um die Kennzeichenvon Falschparkern zu übermitteln undStrafzettel auszustellen –, so diene auchdie Corona-Krise dazu, die freiheitlicheGrundordnung zu zersetzen, argumen-tiert Agamben.

Andere verweisen gern darauf, dass dievon 1968 bis 1970 tobende „Hongkong-Grippe“ viel aggressiver als Corona warund wohl mehr als eine Million Men-schen, darunter allein etwa 40 000 Deut-sche tötete, ohne dass deswegen Schulen,Bars oder Fabriken geschlossen wurden.Aber war diese Untätigkeit verhältnismä-ßig (so müsste man, wenn man Agambenfolgte, argumentieren) – oder nur der Zy-nismus eines Systems, das den ungestör-ten Ablauf von Produktion und Konsumüber das Leben von Millionen Menschenstellte? Der Philosoph Slavoj Žižek hat aufAgamben geantwortet, dessen Analyse sei

„nur die äußerste Form einer bei der Lin-ken weitverbreiteten“, von Foucaultia-nern und anderen Theoretikern der Über-wachung befeuerten Paranoia, die überallstaatliche Gängelungsmaßnahmen witte-re, das Virus als ideologisches Konstruktabtue und „den Realitätsgehalt der Ge-fahr“ ausblende. Der Staat könne jetzt zei-gen, dass er handlungsfähig sei und repa-riert, was Privatisierer verbockt haben.

Eine große Versuchung für die Politik

Tatsächlich ist dies die Stunde des Staats:Man mag sich nicht ausmalen, wie dieLage wäre, wenn die Forderung derSmart-City-Planer, die Gesundheitsversor-gung zu privatisieren und effizienter zumachen, umgesetzt worden wäre. Noch imJuli veröffentlichte die Bertelsmann-Stif-tung eine Studie, in der gefordert wurde,die Kliniken in Deutschland „von 1400 aufdeutlich unter 600 Häuser zu reduzieren“.Jetzt zeigt sich, was passiert, wenn Kran-kenhäuser nicht mehr Orte der Daseins-vorsorge und -rettung, sondern vor allemprofitable Assets im Anlageportfolio seinmüssen. Die Regierungen und die mit ih-ren kooperierenden Konzerne wie Alpha-bet, die die bestehenden Städte in SmartCities verwandeln wollen, sind daran in-teressiert, das Verhalten der Bürger vor-ausberechnen zu können. Corona war einerster Einsatzfall: In China wurden Bürgermit Drohnen verfolgt und aufgefordert,Masken zu tragen, einzelne Infizierte wur-den per Handyortung überwacht. In Euro-pa, heißt es, wäre das so nicht möglich –aber die Wahrnehmungsschablone „Chi-na böse, wir gut“ funktioniert nicht mehr:Erst nach massiver Kritik von Datenschüt-zern hat Jens Spahn einen Rückzieher beiPlänen gemacht, auch hierzulande dieKontaktpersonen von Erkrankten anhandvon Handy-Standortdaten zu ermitteln.Nicht nur in China ist die Versuchung fürPolitik und Konzerne groß, auf persönli-che Daten zuzugreifen, umfassende Profi-le zu erstellen, etwa um Risikogruppenauszumachen und Delinquenten zu orten.„Das Virus trifft Europa härter als China.Ist das der Preis einer offenen Gesell-schaft?“, fragt die „New York Times“: InEuropa seien Regierungen „nicht ge-wohnt, harsche Ansagen zu machen, unddie Bürger nicht gewohnt, sie zu befol-gen“. Was ist das Recht des Infizierten,nicht andauernd beobachtet zu werden, ge-gen den Tod anderer, den er eventuell aus-löst? Die Frage führt, so gestellt, immerzur Einschränkung der Freiheit. Aber viel-leicht müssen in dieser Krise Fragen ganzanders gestellt werden.

Dass das Virus überhaupt so verhee-rend werden konnte, liegt offenbar auchan einer politischen Intransparenz am Be-ginn der Pandemie. Wie einst in Hamburgbei der Cholera vertuschten die Verant-wortlichen der nationalen Gesundheits-kommission, Chinas oberster medizini-scher Behörde, den Ausbruch, schüchter-ten die Entdecker des Virus ein und legtenso Chinas an sich effektives Frühwarnsys-tem lahm; dadurch wurde entscheidendeZeit verloren und der Ausbruch so massiv,dass am Ende sogar bisher unvorstellbareEinschränkungen der Freiheitsrechte alsunvermeidlich erscheinen. Eine Forde-rung, die nicht vom Höhepunkt der Pande-mie, sondern von ihrem Beginn her argu-mentiert, wäre daher die nach einer Trans-parenz bei der Auswertung und Kommuni-kation von Daten, die es unmöglichmacht, dass sogar höchste staatliche Stel-len Informationen so zurückhalten wie imFall von Wuhan. Die Corona-Krise zeigteinmal mehr, wie nötig es wäre, in denStädten, den Gesellschaften der Zukunft,„Daten in Bürgerhand“ zu geben.

Ist das hier ein Idyll – oder das Bild einer Katastrophe, in der sich nur wenige auf die Straße wagen, alles zu hat, alle Abstand halten müssen? Bjarke Ingels Entwuf für die neue Toyota Smart City bei Tokio. Simulation Toyota/BIG

Ein Zentrum,was ist das?

Bei der Verabschiedung ihres Vorgän-gers Wolfgang Balk hatte jener als Ge-heimnis guten Verlegens die Deviseausgegeben, die Mitarbeiter solltenmorgens gern aufstehen und gern inden Verlag gehen (F.A.Z. vom 3. De-zember 2015). Nun ist Claudia Baum-höver, die Anfang 2016 den traditions-reichen Deutschen Taschenbuch Ver-lag übernommen und durchaus zu vie-len erfolgreichen Büchern geführthat, offenkundig selbst die Lust ver-gangen, morgens gern in den Verlagzu gehen. Sie ist mit sofortiger Wir-kung und ohne weitere Stellungnah-me von ihrem Posten als verlegerischeGeschäftsführerin zurückgetreten.Anfang Februar war der kaufmänni-sche Geschäftsführer Michael Braungegangen, was auf einen schiefhän-genden Haussegen auch zwischen denGesellschaftern – VerlagsgruppeGanske, C.H. Beck, Hanser und Oe-tinger – hindeutet. Die energetischeBaumhöver, die zwanzig Jahre erfolg-reich den Hörverlag geleitet hatte,will sich nun anderen Aufgaben zu-wenden. Ihre Nachfolge hat als Inte-rimsgeschäftsführer bereits StephanD. Joß angetreten, der seinen Ge-schäftsführerposten bei Hanser imMai 2019 aus gesundheitlichen Grün-den aufgegeben hatte. hhm

Der durchleuchtete Mensch ist seinen Heilernausgeliefert: Ist die Stadt des Ausnahmezustands,

in der wir jetzt leben, ein Vorgeschmackauf die Zukunft unseres Gemeinwesens?

Von Niklas Maak

Sie ist danngleich wegWechsel an der Spitzedes dtv-Verlags

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Page 12: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

SEITE 12 · SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGLiteratur und Sachbuch

Der Ort: ein Museum. Seine Lage: Asun-ción, die Hauptstadt von Paraguay. Hiersteht Uwe Timm 1984 während einer Re-cherchereise für seinen Roman „Schlan-genbaum“ vor einem seltsamen Gegen-stand, der den Schriftsteller auf Anhiebfasziniert: „An einer Bambusstange waran einem Weidenring ein aus feinemBast gewebtes, sackförmiges Netz befes-tigt. Um die Öffnung hingen, wohl alsLockspeise, winzig zarte blaue, rote undgelbe Kolibrifedern. Sollten so die bö-sen Träume gefangen werden? Oder sol-che, die den Träumer mit einem Glücks-gefühl erwachen ließen? Oder galt es,jedweden Traum festzuhalten und spä-ter zu deuten?“

Der Traumfänger, ein indianischesKultobjekt, ist das heimliche Symbolder neuen Essaysammlung von UweTimm. Sie handelt von guten Träumenund von schlechten, von Träumen, diesich nicht zu Ende träumen lassen wol-len, vor allem aber von solchen, die gutbeginnen, um böse zu enden. Das Beson-dere all dieser Träume ist, dass sie nurim Kollektiv geträumt werden können,auch wenn es vorkommt, dass es ein Ein-zelner ist, der den vielen sagen will, wassie zu träumen haben. Uwe Timm nenntsolche Träume Utopien. Er sammelt sie.Aber nicht für die Museumsvitrine, son-dern um sie zu deuten und zu befragen.

Timms Sammlung setzt ein in Argenti-nien: „Zwei Männer gehen am Strandentlang, dort, wo der Sand noch feuchtund fest ist.“ So lautet der erste Satz desEssays, dem der Band seinen Titel ver-dankt. „Der Verrückte in den Dünen“ istCarlos Gesell, der deutschstämmige Be-gründer der argentinischen Stadt VillaGesell, der in den dreißiger Jahren deszwanzigsten Jahrhundert eine Art Le-bensreform-Seebad in den Wanderdü-nen des Südatlantiks errichten wollte,ein „weltliches Jerusalem“: ohne Zins,Alkohol oder Glücksspiel, dafür mit dervon Gesells Vater nach dem Ersten Welt-krieg entworfenen „Freiwirtschaft“ undeinem „Zuchtwahlrecht“ der Frau.

Gesell, der „Prophet“, wie er genanntwurde, ist der erste in einer Reihe voncharismatischen Visionären, auf dieTimm in den Essays zu sprechenkommt: etwa Dr. Francia, der von denIdealen der Aufklärung geprägte Theo-loge, der als gewählter Diktator auf Le-benszeit mehr als zwanzig Jahre langwie ein absolutistischer Herrscher in Pa-raguay regierte, oder Etienne Cabet, derFrühsozialist, der 1848 in den Vereinig-ten Staaten Land kaufte, um dort seinutopisches Reich namens „Ikarien“ zugründen. Vierhunderttausend Anhän-ger und Interessenten sollen sich gemel-det haben, als Cabet in Frankreich fürsein Projekt warb. Mehr als ein paar hun-dert Bewohner hat Ikarien nie gehabt.Es dauerte keine zehn Jahre, bis das Ge-meinwesen im Streit zerfallen war.

Timm ist fasziniert von solchen Ge-genwelten – von ihrer Theorie ebensowie von ihrer desillusionierenden Pra-xis. Den Traum von einer besseren, ge-rechteren Gesellschaft hat er aus denDebatten der Studentenbewegung hin-übergerettet in die weitgehend traumlo-sen Jahrzehnte, die ihr folgen sollten.Aus dem Scheitern der Ideale hat er an-dere Schlüsse gezogen als die meistenseiner Mitstreiter. Unbegabter zum Zy-nismus als Uwe Timm kann man kaumsein, menschenfreundlicher wohl auchnicht. Er ist ein linksgefärbter Huma-nist, der mit Ernst Bloch am PrinzipHoffnung festhält und an die Wandel-barkeit glaubt – des Einzelnen, der Ge-sellschaft, der Welt.

„Ich habe den Propheten kennenge-lernt, Carlos Gesell“. Es sind Sätze wiedieser, mit denen Timm seinen über wei-te Strecken erzählerisch gestalteten Ex-kursionen in vergangene Utopien eineautobiographische Dimension einzieht.Die Eltern seiner in Argentinien aufge-wachsenen Frau, der weithin gepriese-nen Übersetzerin Dagmar Ploetz, hat-ten ein Haus in Villa Gesell, in demTimm mehrfach zu Besuch war. Teileseiner Romane „Heißer Sommer“(1974) und „Morenga“ (1978) sind dortin den siebziger Jahren entstanden. DerOrt war zu einer Feriensiedlung gewor-den, hatte sich aber etwas vom Flair sei-ner abenteuerlichen Gründungsge-schichte erhalten können. „Hier lebteman eine rückwärtsgewandte Utopie“,

schreibt Timm, und wie rückwärts ge-wandt erscheinen auch die abendlichenGespräche, die fast nahtlos an die Dis-kussionen über Geldtheorie und die Lo-gik des Kapitals anschlossen, wie siemarxistische Gruppen in München da-mals führten.

Beiläufig bindet Tim die exotisch an-mutenden Schauplätze seiner Exkursio-nen zurück an die deutschen Verhältnis-se und die eigene Biographie. Die Klassi-ker der politischen Utopie werden refe-riert, „Utopia“ von Thomas Morus undCampanellas „Sonnenstaat“, aberTimm schlägt auch mühelos den Bogenvon der Gegenkultur der Sprayer –„Anti alles“ – zurück zur Studentenbe-wegung. Immer sind seine Überlegun-gen anregend, nie belehrend. Oft gehensie von persönlichen Begegnungen aus,von zufälligen Ereignissen, wie UweTimms Zusammentreffen mit BennoOhnesorg eine war. Die Freundschaft,die Timm als gemeinsamen Aufbruch indie Zukunft verstand, verebbte Jahrevor Ohnesorgs so folgenreicher Erschie-ßung durch den Polizisten Kurras in Ber-lin. Erst Jahrzehnte später, nämlich2005, führte sie zu der Erzählung „DerFreund und der Fremde“. Helge Mal-chow, über viele Jahre hinweg TimmsVerleger bei Kiepenheuer & Witsch, hatvöllig zu Recht darauf hingewiesen, dassTimm damit ebenso wie mit der zweiJahre zuvor erschienenen autobiogra-phischen Skizze „Am Beispiel meinesBruders“ frühe und stilbildende Beispie-le für ein Genre gegeben hat, das erst injüngster Zeit viel Aufmerksamkeit erfah-ren hat: das Memoir.

Malchows Text zählt zu den Aufsät-zen und Geburtstagsgrüßen, die der

jetzt erschienene Band „Am Beispiel ei-nes Autors“ versammelt. Ulrich Peltzer,Terézia Mora, Michael Krüger, IngoSchulze und etliche andere würdigen ne-ben dem Autor auch den MenschenUwe Timm, den Kollegen, Mentor,Freund. Martin Hielscher und der Ger-manist Friedhelm Marx haben einenBand herausgegeben, der unter dem Ti-tel „Wunschort und Widerstand“ demWerk Uwe Timms gewidmet ist und un-ter anderem Beiträge von Aleida Ass-mann, Dorothee Kimmich, Christof Ha-mann und Joseph Vogl enthält. Die Ber-liner Akademie der Künste, deren Mit-glied er seit langem ist, übernimmt ei-nen ersten Teil seines künstlerischenNachlasses. Die Darmstädter Akademiefür Sprache und Dichtung, deren Mit-glied er ebenfalls seit langem ist, hatihm immer noch nicht den Büchner-Preis verliehen. Von Uwe Timm selbst,dem unverzagten Real-Utopiker, der amkommenden Montag seinen achtzigstenGeburtstag feiert, stammt die bündigsteBeschreibung seiner Kunst, der zufolgedie Literatur, als der „Nicht-Ort“schlechthin, immer ein Element desUtopischen in sich trägt: Sie bringt Ge-genwelten, Gegenentwürfe zu einer oftals schmerzvoll und alternativlos erfah-renen Welt hervor. Literatur, wie UweTimm sie versteht, schreibt, lebt,schenkt Hoffnung. HUBERT SPIEGEL

Uwe Timm:

„Der Verrückte in den

Dünen“.

Über Utopie und Literatur.Verlag Kiepenheuer &Witsch, Köln 2020. 256 S.,geb., 20,– €.K

ein Held findet sich auf diesenSeiten, kein Konflikt und keineHandlung, weshalb sie auchnicht gesteigert werden kann

oder einer Lösung zustrebt. Menschengibt es zwar in dem seltsamen Buch „Strau-meni“ des lettischen Autors Edvarts Vir-za. Aber sie tragen meist keinen Namenund treten nicht hervor aus der Gemein-schaft eines Gutes, zu der auch die Tiereund die Pflanzen um sie herum gehören,die domestizierten nicht weniger als diewilden. Auf den ersten Blick könnte man„Straumeni“ als lettische Avantgarde ausdem Jahr 1933 missverstehen, die überden Menschen hinauswill. Auf den zwei-ten Blick erweist sich „Ein altes ZemgalerGehöft im Jahresverlauf“, so der Unterti-tel, als rhapsodische Beschwörung erfüll-ten, keinesfalls nur menschlichen Lebens,erfüllt durch seine Verbundenheit mit al-lem. Virza erschafft mit dem Blick aufsKleine und Typische einen Kosmos.

Das Gehöft im vom Zaren beherrschtenGouvernement Kurland heißt Straumeninach dem Hausherrn Janis Straumens. Esliegt allein inmitten seiner Felder, der Be-sitz reicht über den Horizont hinaus, denholzreiche Wälder begrenzen. Die Lielupefließt hindurch und überflutet im Früh-jahr Felder und Hofgebäude, fruchtbarenSchlamm zurücklassend. Zwanzig, viel-leicht fünfundzwanzig Knechte und Mäg-de leben und arbeiten auf dem Gut zusam-men mit Pferden, Kühen, Gänsen undHühnern. Sie bauen Weizen, Gerste, Ha-fer und Flachs an, versorgen sich selbstaus einem großen Garten und danken am

Sonntag in der Stube, angeleitet von Strau-mens, dem Herrn für die Gaben, die er ih-nen geschenkt hat. Den Geistern, die ältersind als der Herr und aus der lettischenVolksmythologie stammen, gedenken diespät Christianisierten auch. Ein jedes We-sen unter der Sonne ist es wert.

Straumeni ist allerdings versunken inder Tiefe der Zeit. Edvarts Virzas Beschwö-rung des Gutes erscheint 1933, und im ers-ten Kapitel stellt sich sein Erzähler alsDichter vor, der eine Himmelsleiter herab-lasse in das Reich der Erinnerung und denlängst Hingeschiedenen die Stimme zu-rückgebe. Virza lädt ein hinabzusteigen indie Mitte des 19. Jahrhunderts, in eine

strenge, unveränderlich erscheinende Ord-nung des Daseins – auch wenn bereits eineMaschine existiert, die die Dreschflegel ab-gelöst hat und den Älteren auf dem Hofnicht gefällt. Denn Roggen und Weizen ha-ben seitdem nicht mehr die rechte Reife,das Brot duftet nicht nach Getreide wie frü-her. Die Ewigkeit steht in der vorindustriel-len Zeit bereits auf der Kippe.

Virzas Erzähler tritt nach der Einfüh-rung zurück, und dann übernehmen dieJahreszeiten. Sie bringen nacheinanderHitze und Kälte, Regen und Eis, Über-schwemmung und Trockenheit, Sturmund Stille, Mühsal und Labsal, Schweißund Tanz, und am Ende ist ein Jahr vergan-gen und das Buch endet. Aber sicher ist:Es beginnt alles wieder von vorn. Die Men-schen sind mit den Tieren und den Pflan-zen um sie herum eingespannt ins Rad derJahreszeiten. Diese, nicht die Menschenbestimmen den Fortgang der Arbeit, ander es fast nie fehlt. Nur im Winter kommtzuweilen Langeweile in den Stuben auf, indie der Frost die Menschen zwingt.

Die meisten der ländlichen Tätigkeitendürften schon den Lesern der Jahre nach1933, als „Straumeni“ bis zur OkkupationLettlands durch die Rote Armee Ende 1942zehn Auflagen erlebte, größtenteils unver-traut gewesen sein; heutigen Lesern sindsie es sicher. Staunend verfolgen sie Ernte,Dreschen und Pflügen, Flachsbrechen undSchlachten. Dazu ziehen Vögel weg oderherbei, kommt Nebel oder Sturm auf, grü-nen Blätter oder fallen ab, färben sich dieBalken der Ställe schwarz und kriechen dieHeuschrecken hinter dem Ofen hervor,

wenn Brote gebacken werden. Alles ist mit-einander in Bewegung, und in der zykli-schen Veränderung liegt sein Sinn. „Strau-meni“ liest sich heute als Nature writing,als genau beobachtete, kein Detail auslas-sende Beschreibung der Natur, zu der dieMenschen natürlich gehören. Nicht einmalzum Erzählen kommen sie. Es fehlt ihnendafür nicht nur die Zeit, auch Besucher tref-fen von benachbarten Höfen nur zu Festta-gen ein, und eigentlich braucht es kaum Ge-schichten: Das Dasein erklärt sich selbst.

Warum Edvarts Virza dieses harteLandleben ausmalt, scheint anfangs einwenig rätselhaft, und auch das kenntnisrei-che Nachwort des Übersetzers BertholdForssman weiß keine einfache Antwort.Rückwärtsgewandt ist der Lette, doch eineIdylle entwirft er nicht: Von Schweiß undMühsal ist oft die Rede. Allerdings zeigt„Straumeni“ eine ideale Gemeinschaft:Krankheit und Tod sind in ihr ohne Schre-cken, Leidenschaften und Sinnlosigkeitenscheinen nicht zu existieren. Vergleichemuss die Gemeinschaft nicht fürchten,Straumeni ist sich selbst genug: Ange-sichts der ungeheuren Weite des Meereskehren Hausherr und Knecht, zum Ver-kauf in die Stadt gereist, verängstigt um.

„Straumeni“ soll offenbar die zarte See-le des der Zarenherrschaft entkommenen,seit 1918 unabhängigen Staates stärken.Edvarts Virza greift bei seiner Suche nachlettischer Identität beeindruckenderweisenicht auf patriotische oder nationalisti-sche Versatzstücke zurück. Sein Ideal istder geschlossene Kosmos einer Schöp-fung, in der auch die Jahreszeiten als Lebe-wesen erscheinen. JÖRG PLATH

Widmungen sind oft aufschlussreich. Derenglische Literaturtheoretiker TerryEagleton hat sein jüngstes Buch denSchwestern des Karmeliterordens von Thi-cket Priory gewidmet. Das mag alle erstau-nen, die ihn von Ferne nur als einen unor-thodoxen Marxisten kennen. Was ihn ge-nau mit dieser Schwesternschaft und ih-rem Haus in North Yorkshire verbindet,verrät der Autor leider nicht. Neu aber sindseine religiösen Neigungen keineswegs.Gleich im Vorwort stellt er klar, dass er„nicht die ablehnende Haltung zur Theolo-gie einnehme, die allgemein bei den Lin-ken zu finden ist“, und zwar schon deshalb,weil er „durch eine Laune der Kindheit zu-fällig ein wenig darüber weiß“.

Damit dürfte er sich auf seine Zeit in derKlosterschule De la Salle von Manchesterbeziehen. Aber es blieb nicht bei einer kind-lichen Prägung. Als junger Mann zeigteEagleton große Nähe zum Linkskatholizis-mus, und in den neueren Schriften des in-zwischen Siebenundsiebzigjährigen findensich vielfältige theologische Spuren. Nunwidmet er sich einem zentralen Thema desChristentums und aller Religionen, näm-lich dem Opfer. Eagleton ist ein Autor,dem immer und zu allem etwas einfällt.Das macht die Lektüre seiner Schriften soerfrischend, selbst wenn man ihm nicht al-les abnimmt. Manchmal jedoch ist man alsLeser von der Fülle seiner Ideen, Assozia-tionen und Lesefrüchte überfordert.

Er kann staccatoartig ganze Absätze mitSätzen füllen, von denen jeder eine neueVerbindung aufmacht: Im ersten Satz zi-tiert er Kierkegaard, im nächsten Derrida,

im übernächsten Benjamin, dann Agam-ben, Joseph Conrad, George Eliot, ErnstBloch, Jürgen Moltmann, Slavoj Žižek, Se-neca und Hegel im bunten Reigen.

Lässt man sich aber auf Eagleton ein, be-gegnet man einem Autor mit einem feinenSinn für Religion und einer profundenKenntnis christlicher Traditionen. Ihmliegt daran, existentiell und religiös bedeut-same Begriffe wie Liebe, Tod, das Böse,Martyrium, Vergebung oder eben Opfer,„die weder von der politischen Linken undschon gar nicht von ihrem postmodernenFlügel häufig untersucht werden“, als im-mer noch sehr relevant zu erweisen. Damitwill er nicht nur einer verbreiteten religiö-sen Ignoranz im eigenen Milieu entgegen-wirken, sondern eine radikalere Theoriebil-dung ermöglichen.

Das Opfer ist für Eagleton keineswegsnur barbarisch und rückständig, sondernbirgt in sich eine faszinierende Fülle dessymbolisch-rituellen Weltumgangs. Diffe-renziert stellt Eagleton die vielfältigen Be-deutungen, Formen und Funktionen desOpferns vor. Ein Opfer kann ein Geschenksein, ein Tribut oder Gebet, ein Handeloder eine Sühne, ein Exorzismus oder eineFeier. Keineswegs zielt es nur auf die Unter-werfung oder gar Selbstvernichtung vor ei-nem grausamen Gott. Im Gegenteil, eskann eine höhere Selbstentfaltung eröff-nen. In einer eindrucksvollen Auseinander-setzung mit René Girard, dem modernenGroßmeister der Opfertheorie, willEagleton zeigen, dass das archaischeGrundmodell, das Opfern eines Sünden-bocks, zwar einerseits eine „zutiefst konser-

vative Praxis“ ist, die der Wiederaufrich-tung einer gestörten gesellschaftlichen Ord-nung dient, andererseits aber „einen radia-len Kern“ in sich birgt, der zu einer Wand-lung und Umkehrung der Machtverhältnis-se führen kann.

Mit Sympathie analysiert Eagleton des-halb den jüdischen und den christlichenSonderweg in der Weltgeschichte des Op-fers: Das blutige Ritual wird moralisiertund spiritualisiert. Mit der Zerstörung desJerusalemer Tempels und dem babyloni-schen Exil ist für das Alte Testament einOpfer nur noch „als Liebe, Lobpreisen,Reue, Danksagung akzeptabel“. Einen wei-teren Schritt vollzieht das junge Christen-tum, indem es den Justizmord an Jesus vonNazareth als göttliches Selbstopfer ausdeu-tet. Dies ist für Eagleton der radikalstmögli-che Protest gegen die Barbarei der Machtha-ber, die absolute Umkehrung von oben undunten und das Ende aller rituellen Opfer.

Auf einer höheren Eben aber bleibt derchristliche Glaube untrennbar mit dem Op-fergedanken verbunden: Für ihn „ist nureine durch den Tod gehärtete und geläuter-te Existenz, die durch das symbolische Er-trinken der Taufe gegangen ist und den

Leib eines Märtyrers gegessen hat, wider-standsfähig genug, um die Sünde zu über-winden.“ Eagleton beschränkt sich aller-dings nicht darauf, das Wesen des Christen-tums zu bestimmen. Er will „politischeSchlussfolgerungen“ daraus ziehen und ei-nen „Übergang zum Marxismus“ leisten:Aus diesem Opfer-Glauben höherer Ord-nung soll ein Weg in die revolutionäre Pra-xis der Moderne führen. Doch wie das zuverstehen und zu gestalten sein soll, wirdnicht recht klar.

Wie überzeugend man Eagletons Verbin-dung eines unorthodoxen Marxismus miteinem katholisch geprägten Christentums-verständnis nun finden mag oder auchnicht – sie wirkt auf jeden Fall anregend.Doch welche Aussichten auf Wirkung hatsie heute noch? Um dies zu überprüfen,hätte Eagleton einmal wieder zur ThicketPriory fahren müssen: Die Karmeliterin-nen, denen er sein Buch gewidmet hat, ha-ben dieses Anwesen verkauft und verlas-sen, um in ein deutlich kleineres Haus um-zuziehen. Was früher ein Ordenshaus war,ist nun eine Event-Location für luxuriöseFeiern. In der zauberhaften Kapelle wer-den keine Messen – als symbolische Wie-derholungen des Opfertodes Christi –mehr gefeiert, sondern nur noch gebuchteHochzeitszeremonien veranstaltet, die lautWebsite „so einzigartig sind wie Sieselbst“. Was wohl der Autor dazu sagenwürde? Für Karfreitag jedoch, an dem fastüberall in Europa keine Gottesdienste ge-feiert werden dürfen, bietet sich die Lektü-re von Eagletons Meditationen über dasOpfer als eine intellektuell reizvolle Alter-native an. JOHANN HINRICH CLAUSSEN

„Am Beispiel eines Autors“.

Texte zu Uwe Timm.Herausgegeben vonKerstin Gleba undHelge Malchow.Kiepenheuer & Witsch,Köln 2020. 208 S.,geb., 20,– €.

Edvarts Virza: „Straumeni“.

Aus dem Lettischen undmit einem Nachwort vonBerthold Forssman. GuggolzVerlag, Berlin 2020. 334 S.,geb., 25,– €.

Terry Eagleton: „Opfer“.

Selbsthingabe

und Befreiung.

Aus dem Englischenvon Stefan Kraft.Promedia Verlag, Wien 2020.176 S., br., 19,90 €.

„Wunschort und

Widerstand“.

Zum Werk Uwe Timms.Herausgegeben von MartinHielscher und FriedhelmMarx. Wallstein Verlag,Göttingen 2020.396 S., geb., 29,90 €.

Wo sich das Land selbst genug ist: Der lettische Maler Vilhelms Purvitis hielt den „See im frühen Frühling“ im Jahr 1910 fest. Foto Interfoto

Des vergeistigten Opfers radikaler KernTerry Eagleton sucht den Übergang von einem katholisch geprägten Christentum zu einem unorthodoxen Marxismus

Harmonie der Jahreszeiten

Uwe Timm wird am kommenden Montag achtzig Jahre alt. Foto Brigitte Friedrich

Wenn die Ewigkeit aufder Kippe steht: EdvartsVirza erzählt im Roman„Straumeni“ von einemversunkenen Lettland.

Der Real-UtopikerUnter dem Traumfänger: Drei Bücher zumAchtzigsten von Uwe Timm

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Page 13: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 · SEITE 13Feuilleton

Die Welt geht unter, und ich esse Oli-ven. Ursprünglich wollte ich Pizza, aberals ich ins Lebensmittelgeschäft kamund all die leeren Regale sah, wussteich, dass ich Pizzateig und Tomatensau-ce vergessen konnte.

Ich versuchte, die Kassiererin am Ex-press-Band anzusprechen, eine ältereDame, die gerade mit jemandem aufSpanisch über ihr Smartphone skypte,aber sie antwortete, ohne auch nur auf-zublicken.

Sie sah verzweifelt aus. „Sie haben al-les weggekauft“, murmelte sie. „Außer

Slip-Einlagen und Gemüsekonservenist nichts mehr da.“ Das Einzige, wasauf dem Gemüsekonservenregal nochstand, war ein einzelnes Glas mit papri-kagespickten Oliven, meine Lieblings-sorte.

Als ich zum Express-Band zurück-kam, war die Kassiererin in Tränen aus-gebrochen. „Er ist wie ein kleiner LaibBrot“, sagte sie, „mein süßer kleiner En-kel. Ich werde ihn nie mehr sehen, ichwerde ihn nie mehr riechen, ich werdemeinen Liebling nie mehr umarmenkönnen.“

Statt zu antworten, stellte ich dasGlas aufs Transportband und zog einenFünfziger aus meiner Tasche. „Geht

schon in Ordnung“, sagte ich, als ichsah, dass sie den Schein nicht annehmenwollte, „ich brauche kein Wechselgeld.“„Geld?“, sagte sie mit einem Schnau-ben. „Die Welt geht unter, und Sie bietenmir Geld an? Was soll ich denn IhrerMeinung nach damit anfangen?“

Ich zuckte mit den Schultern. „Ichwill diese Oliven wirklich haben. Wennfünfzig nicht genug sind, zahle ichmehr, was immer Sie verlangen.“

„Eine Umarmung“, unterbrach michdie tränenüberströmte Kassiererin undbreitete ihre Arme aus: „Es kostet sieeine Umarmung.“

Jetzt sitze ich auf meinem Balkon,schaue fern und esse Käse und Oliven.Es war schwierig, den Fernseher hierherauszubekommen, aber wenn esdenn so sein soll, gibt es keine bessereWeise zu sterben als unter einem ster-nenübersäten Himmel und vor einermiesen argentinischen Serie. Es läuftFolge 436, und ich kenne keine einzigeder Figuren. Sie sind wunderschön, siesind gefühlvoll, sie schreien sich gegen-seitig auf Spanisch an. Untertitel gibtes nicht, weshalb schwer zu verstehenist, warum sie sich anschreien.

Ich schließe meine Augen und denkean die Kassiererin im Lebensmittelge-schäft. Als wir uns umarmten, versuch-te ich mich klein zu machen, wärmer zusein, als ich es wirklich bin.

Ich versuchte so zu riechen, als wäreich gerade erst geboren.

Etgar Keret, geboren 1967, ist Schriftsteller

und lebt in Tel Aviv.

Aus dem Englischen von Andreas Platthaus

Es sollte der krönende Abschluss einesausstellungsreichen Jahres für MelatiSuryodarmo werden: „Why Let the Chi-cken Run“ wurde im Museum Macan in Ja-karta gezeigt. Jetzt ist auch die erste großeMuseumsretrospektive der indonesischenPeformancekünstlerin von der Co-vid-19-Krise unterbrochen worden. Umsomehr ist man nachträglich versucht, in ih-ren Arbeiten einen Vorschein der Epide-mie zu sehen: In „Eins und eins“ etwa, woSuryodarmo schwarze Galle gegen weißeMuseumswände spuckt, bis diese ebensowie ihr Gesicht und ihr Körper besudeltsind. Oder sind sie verseucht?

Der Titel „Eins und eins“ ist deutsch-sprachig. Kein Zufall, denn Melati Suryo-darmo mag zwar die bekannteste Perfor-mancekünstlerin Indonesiens, wennnicht gar Südostasiens sein. Aber ihrHandwerk hat sie in Deutschland gelernt,in Braunschweig, wo sie in den neunzigerJahren studierte und später als Assisten-tin von Marina Abramović arbeitete.

Frühe Arbeiten Suryodarmos, insbeson-dere ihr heute als ikonisch geltender „But-ter Dance“, zeugen sowohl von diesem Ein-fluss als auch von Eigensinn: Am Anfangdes Tanzes steht Suryodarmo auf einemBlock aus Butterstücken. Je länger sie aufihnen tanzt, umso mehr zerstört sie diese.Und umso mehr bringen die Butterrestewiederum die Tänzerin zu Fall, die sich im-mer wieder aufrappelt, nur um immer wie-der zu stürzen und immer wieder aufzuste-hen: ein Spiel mit der Zerstörung von sichund anderem, eigene Verletzungen dabeiin Kauf nehmend. Gleichzeitig aber aucheine Feier von – spezifisch weiblichem –Durchhaltevermögen, von Kraft und Stär-

ke, ohne die Angst vor dem Fall zu verleug-nen, die in den Augen der ausführendenKünstlerin immer sichtbar bleibt.

„Butter Dance“ wurde von Suryodarmoerstmals im Jahr 2000 im Berliner Hebbel-Theater aufgeführt. Zu Beginn der Perfor-mance ertönen javanisch-indonesischeTrommeln – ein Einfluss, der Suryodarmobis heute sehr wichtig ist. Die Künstlerinwurde 1969 in Surakarta (Solo) geboren,einem Zentrum der alten javanischen Kul-tur. Ihre Mutter war eine Tänzerin, ihr Va-ter ein in Indonesien verehrter Tanz- undBewegungslehrer. Bis heute meditiert Su-ryodarmo jeden Tag, aber sie besteht dar-auf, dass es eine alte javanische Form derMeditation sei, „Sumarah“, keine buddhis-tische oder hinduistische.

Schwierig für die Künstlerin sei nach ih-rer Rückkehr aus Deutschland gewesen,wie sehr sich Indonesien in ihrer Abwesen-heit verändert hatte. Irritierend war für

sie, wie sehr eine „Rückkehr“ zu etwas ge-predigt wurde, das mit den eigentlichen in-donesischen Traditionen fast nichts zu tunhabe. Gemeint sein muss damit wohl derneue religiöse Fundamentalismus.

Eine Arbeit wie „Sweet DreamsSweet“, noch vor der aktuellen Schlie-ßung der Ausstellung wiederaufgeführt,scheint darauf anzuspielen: Junge Frau-en, deren Gesichter vollständig verhülltsind, tasten sich eher durch den Raum,als sich zu bewegen. Aber der Schleier,der den Frauen die Sicht raubt, ist weiß,wie ihre kurzen Röcke. Assoziationennicht nur mit dem Islamismus, sonderngenerell mit dem Kult um weibliche Jung-fräulichkeit drängen sich auf, mit Heiratund Firmung, Uniformierung, Auslö-schen des Individuellen. Gegenwärtig wo-möglich auch mit der indonesischen Re-gierung, die sich gleichfalls blind durchdie Covid-19-Krise zu tasten scheint.

MEIN FENSTER ZUR WELT

In der Welt der Kultur ist bekannt-lich alles eng miteinander vernetzt.Zwar wird und kann kein einzigesder überwiegend staatlichen oder

kommunalen Museen in Deutschland in-solvent gehen, aber schon jetzt zeigensich, da die allfälligen Ausstellungsverla-gerungen ins Virtuelle kein Eintrittsgeldgenerieren, gravierende Kollateralschä-den für nur stundenweise angestellte Mu-seumswärter und Mitarbeiter, die durchdie Museumsschließungen kein Geldmehr verdienen.

Klaus Albrecht Schröder etwa, General-direktor der Wiener Museen der Alberti-na, der Mitte März die Eröffnung einerenorm aufwendigen Dauerausstellung zurösterreichischen Moderne ab 1945 ver-schieben musste, schätzt den voraussichtli-chen Besucherrundgang für dieses Jahr ak-tuell auf fünfhunderttausend zahlende Per-sonen. Dadurch ergäbe sich für das gesam-te Corona-Jahr 2020 hochgerechnet ein Fi-nanzausfall von sechs bis acht MillionenEuro allein für seine Häuser.

Was aber bislang bei dem „Shut-down“nahezu aller Ausstellungen völlig verges-sen wurde: Auch kleinere und mittelgroßeKunst- und Kulturverlage ächzen bereits,denn zu jeder wichtigen Ausstellung ge-hört ein guter Katalog auf Papier, der es er-möglicht, die einst ausgestellten Bilderauch Jahre später noch einmal Revue pas-sieren zu lassen. Die Museen jedoch verle-gen momentan aufgrund der zeitlichenVerschiebungen von mehreren Monateneinen nicht geringen Teil ihrer Ausstellun-gen ins nächste Jahr. Die Kataloge zu denAusstellungen allerdings sind jetzt bereitsin Arbeit, wenn nicht fertig gedruckt. Fürviele Verlage, die das nächste Produkt nurvorschießend durch die eben vollendetenMuseumskataloge finanzieren können,eine existenzbedrohende Situation, da sieseitens der Museen ein Jahr und länger aufden Produktionskosten sitzenbleiben sol-len. Denn Kataloge gehen nicht online,und selbst wenn, erbrächte dies kein Geld.

Abgesehen von diesen sehr konkretenProblemen, ist das derzeitige virtuelle An-gebot reichlich und kostenfrei: In Pots-dams Museum Barberini kann man son-nendurchflutet im Computer durch „Mo-nets Orte“ wandern. Bremens Kunsthallehat die Ausstellung „Norbert Schwont-kowski. Some of my Secrets“, die zweiJahre vorbereitet wurde, ins Netz verlegtund zeigt dort täglich ein neues der sieb-zig Gemälde und fünfhundert Skizzenbü-cher des Künstlers. Nahezu alle großenKölner und Düsseldorfer Museen habenihre Ausstellungen anregend ins Netzübersetzt, was sich von dem technischavancierten Nordrhein-Westfalen insge-samt sagen lässt. Innerhalb der deut-schen Museumslandschaft besitzt das Stä-

delmuseum in Frankfurt eines der elabo-riertesten digitalen Angebote, insbeson-dere was die kunsthistorische Bildung an-langt: War in den siebziger und achtzigerJahren das „Telekolleg Kunst“ ungemeinerfolgreich, bietet das virtuelle Angebotder Frankfurter Museen die konsequenteFortsetzung dessen mit digitalen Mitteln,ohne auch nur an einer Stelle oberlehrer-haft oder dröge zu wirken.

Vielleicht wäre aber nun die Zeit, umsich den Künstlern weniger über virtuel-le Abbilder, sondern experimentell zu nä-hern. Beim „Museum auf die Ohren“ desStädel etwa kann man ausschließlichüber den Hörsinn Bildbetrachtungen an-stellen und in die Kunstgeschichte ein-tauchen: Mit seinem Podcast „Finding

van Gogh“ begibt sich das FrankfurterMuseum anlässlich der kürzlich zu Endegegangenen Blockbuster-Schau über denniederländischen Vorzeige-Expressionis-ten auf Spurensuche von dessen berühm-tem, aber seit geraumer Zeit auch nurnoch als „Abbild“ im Netz zirkulieren-den „Bildnis des Dr. Gachet“. Atmosphä-risch dicht und fesselnd wird in acht Epi-soden die Entstehung und Besitzge-schichte des Gemäldes rekonstruiert,das als „entartete Kunst“ beschlag-nahmt, später für eine Rekordsumme ver-steigert wurde und letztlich bei einemprivaten Sammler verschwand.

Bei aller Üppigkeit der Museumsange-bote im Netz bleibt jedoch ein Wermuts-tropfen: Der Generationenspalt zwi-schen den Digital Natives und den soge-nannten Silver Surfern zeigt sich in derNutzung der Museumsangebote ähnlichwie auf allen anderen gesellschaftlichenEbenen – wer von den Jüngeren ohnehinMuseen eher selten von innen gesehenhat und Ausstellungsbesichtigungen bis-lang auf das Weiterleiten von vorVan Goghs herumhampelnden Pseu-doberühmtheiten beschränkte, wird auch

derzeit nichts vermissen und – wennüberhaupt – mit der virtuellen Rosinenpi-ckerei fortfahren.

Für alle anderen gilt: Die Aura leibhaf-tig gesehener Kunstwerke ist durchnichts zu ersetzen, weil es sich bei die-sem oft missbrauchten Begriff ebennicht um nebulöses Spintisieren vonKunsthistorikern handelt, vielmehr umeine sehr einfache körperliche Erfah-rung, die jeder schon gemacht hat. EinKunstwerk – es muss noch nicht einmalgefallen oder gar faszinieren – ist in ei-nem sehr basalen Sinn ein Gegen-Stand(was die lateinische Übersetzung von Ob-

jekt ist), der uns in Form von gerahmterLeinwand oder bearbeitetem Bildhauer-material einen physischen Widerstandentgegensetzt, den wir beim Museumsbe-such mit allen Sinnen erfahren und anseiner Oberfläche und seiner Verortungin einem realen Raum abtasten.

Kein videospielartiges 360-Grad-Ge-schwenke am Monitor, keine hochaufge-löste Makroaufnahme bis in den kleins-ten Schüsselriss eines Bildes wird jemalsdiese körperliche Empfindung in einemgebauten Museumsraum ersetzen kön-nen, schlicht deshalb, weil es virtuellohne jede körperliche Basis bleibt. DerBetrachter am heimischen Computer ver-lässt physisch bei diesen virtuellen Rund-gängen ja nie das Arbeits- oder Wohnzim-mer. Je weiter in den nächsten Wochenalso der – zeitliche und körperliche – Ab-stand zu den Museen rückt, destoschmerzlicher wird man die Originale ver-missen. Als Abbilder der echten Bilderkönnen sie im Kopf immerhin bis dahinwie beim Memoryspiel die Funktion desPlatzhalters erfüllen, solange wir nochnicht das zweite, echte Bild wieder aufde-cken und sehen dürfen. STEFAN TRINKS

Woraus besteht die Materie? Schondie Philosophen der Antike interessier-te diese Frage. Demokrit sprach erst-mals von den Atomen als unzerstörba-ren Grundbausteinen. Lange versuch-te man, die Natur mit Hilfe unteilbarerund unendlich harter Kügelchen zu er-klären, die von Kräften wie mit Spiral-federn zusammengehalten werden.Doch erst mit dem Aufkommen dermodernen Physik Anfang des vergan-genen Jahrhunderts und neuen experi-mentellen Möglichkeiten konnten dieForscher immer tiefer in die Strukturder Materie blicken. Dabei entdecktensie immer kleinere Bausteine – vonden Molekülen und Atomen bis zu denAtomkernen, die ihrerseits aus Proto-nen und Neutronen bestehen.

Lange rätselten die Physiker, ob die-se Protonen und Neutronen tatsäch-lich elementare Teilchen sind oder obsie sich nicht doch aus fundamentale-ren Partikeln zusammensetzen. Dasklärte sich erst Ende der sechziger Jah-re, als Jerome Isaac Friedman mit sei-nen beiden Kollegen Henry Kendallund Richard Taylor in einem bahnbre-chenden Experiment die Quarks auf-spürten, die bis dahin nur ein theoreti-sches und sehr umstrittenes Konstruktwaren.

Selbst Heisenberg wollte bis dahinnicht glauben, dass die Bausteine derAtomkerne eine Unterstruktur besit-zen sollten, wie es der TheoretikerMurray Gell-Mann 1964 postuliert hat-te. Gell-Mann hatte, um Ordnung inden damals unübersichtlichen Teil-chenzoo zu bekommen, die Hypothe-se aufgestellt, dass Proton und Neu-tron aus je drei Teilchen zusammenge-setzt seien. Diese Quarks sollten rechtungewöhnliche Eigenschaften haben.Ihre Ladung sollte nur ein Drittel oderzwei Drittel der des Elektrons betra-gen. Sie sollten sich zudem nur alsZweier- oder Dreierbund beobachtenlassen.

Friedman, 1930 in Chicago gebo-ren, interessierte sich bereits als Ju-gendlicher sehr für die Physik. Er ver-folgte die Debatte um Gell-MannsQuark-Modell. Ende der fünfziger Jah-re lernte er an der kalifornischen Stan-ford University Kendall und Taylorkennen. Alle drei waren Kernphysikerund von der Idee beseelt, den ominö-sen Quarks auf den Grund zu gehen.Mit dem drei Kilometer langen Elek-tronenbeschleuniger Slac in Stanfordstand ihnen für ihr Vorhaben das richti-ge Instrument zur Verfügung.

Die drei Forscher schossen mit ener-giereichen Elektronen auf Protonen.Die Winkel, um welche die Teilchengestreut wurden, lieferten den ent-scheidenden Hinweis für eine Unter-struktur des Protons. Die Quarks wa-ren entdeckt, aus einer vagen Hypothe-se war Gewissheit geworden. DochFriedman und seine Kollegen musstenbis 1990 auf den Nobelpreis warten.

Gell-Manns Quark-Modell ist dankleistungsfähiger Teilchenbeschleuni-ger immer weiter verfeinert worden.Heute kennt man insgesamt sechsQuarks, die sich aufgrund ihrer unter-schiedlichen Massen in drei Familiengliedern lassen. Das letzte und schwers-te Quark – das Top-Quark – wurde1996 entdeckt. Dass das Quark-Modellzu einem wesentlichen Bestandteil desStandardmodells der Teilchenphysikwerden konnte, ist nicht zuletzt Jero-me Friedman zu verdanken. Der Physi-ker, der bis zu seiner Emeritierung imJahr 2000 am MIT in Cambridge forsch-te, feiert heute seinen neunzigsten Ge-burtstag. MANFRED LINDINGER

Tischbein grüßt: Der SchauspielerSebastian Blomberg führt onlinedurch das Frankfurter Städel.

Foto Städel Museum

Wohin will Indonesien zurückkehren?Die Performancekünstlerin Melati Suryodarmo / VonMarco Stahlhut, Jakarta

Der Preis der OlivenMein Weltende-Blues / Von Etgar Keret, Tel Aviv

Michael Sorkin war ein Mann mit vie-len Talenten: Geboren 1948 in Wa-shington, D.C., wurde er zunächst alskämpferischer Architekturkritiker der„Village Voice“ bekannt. Hier wie alsKo-Präsident des Institute for UrbanDesign prägte er den Diskurs übergrünes und demokratisches Bauen.Auch als Stadtplaner wurde er viel-fach ausgezeichnet. Zu seinen bestenEntwürfen, die die Idee einer „resi-lienten“ Architektur im Einklang mitder Natur am deutlichsten machen,gehört ein leichter, auf Stelzen einher-balancierender Bau für die Rock-aways, den populären Strand auf ei-ner schmalen Halbinsel vor NewYork. Statt sich gegen Sturmflutenmühsam abzupanzern, sollte er dieseeinfach unter sich durchfließen las-sen. Sorkin gewann den Wettbewerb,der damalige Bürgermeister Bloom-berg entschied sich dagegen und ließdie Rockaways hinter einer völlig ab-surden Verteidigungsanlage wegbeto-nieren. Sorkins Stimme wird fehlen;am Donnerstag starb er in New Yorkan einer Corona-Infektion. nma

Empfindung dringend gesucht

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Entdeckerder QuarksZum Neunzigsten vonJerome I. Friedman

Das Bauenneu denkenDer Architekt MichaelSorkin ist gestorben

Keine Angst vor Stürzen:Melati Suryodarmo beim„Butter Dance“

Foto Isabel Matthaeus

Durch viele deutscheMuseen kann man auchdigital vom Sofa ausspazieren. Dass dies nieein vollständiger Ersatzfür das Erlebnis echterLeinwände sein kann,zeigt sich nun in allerDeutlichkeit.

www.monheim-triennale.de

1.–5. juli 2020

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Page 14: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

SEITE 14 · SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGFeuilleton

Nichts trennt Menschen so strikt von-einander wie das Essen. Das mutet pa-radox an, da sich jeder von etwas ernäh-ren muss, um zu überleben, doch schonGeorg Simmel hat in seiner „Soziologieder Mahlzeit“ auf einen einfachenUmstand hingewiesen: „Was ich denke,kann ich andere wissen lassen; was ichsehe, kann ich sie sehen lassen; was ichrede, können Hunderte hören – aberwas der einzelne isst, kann unter kei-nen Umständen ein anderer essen.“Hinzu kommt, dass sich die Palette anErnährungstrends immer weiter verfei-nert: von Superfood und Rohkost überSmoothies und Infused Water bis hin zuPaleo und Clean Eating. Zu jeder Modeerscheinen Bücher, die, obwohl sie dem-selben Genre angehören, so wenig mit-einander zu tun haben, dass sie sepa-rate Nischen bilden. Deren Autoren ko-chen gewissermaßen ihr eigenes Süpp-chen und müssen sich mit der Kon-kurrenz nicht mehr auseinandersetzen.Dissens wird in der Kulinaristik durchSpezialisierung unterdrückt.

Dennoch gibt es eine Sparte vonKochbüchern, die gleichsam über sichselbst hinauswachsen möchte, indemsie Rezepte mit Lebensphilosophiekombiniert. Verantwortungsvolle Nah-rungsaufnahme, daran lassen viele lu-kullische Fibeln keinen Zweifel, bedarfeiner Haltung zu Tier- und Wirtschafts-ethik, Selbstoptimierung und ökologi-scher Landwirtschaft. Das „Nichts Weg-werfen“-Kochbuch von Patrick Jarosund Günter Beer aus dem Jahr 2007trägt sein Programm genauso im Titelwie Sophia Hoffmanns 2019 erschiene-ne „Zero-Waste-Küche“. In „Für immerzuckerfrei“ (2018) verrät AnastasiaZampounidis ihre „Glücksrezepte“,während die ErnährungsberaterinLynn Hoefer wiederholt aufs großeGanze setzt und dabei spendabel mitSelbstzitaten umgeht. Vor zwei Jahrenveröffentlichte sie das Brevier „Himm-lisch gesund: Natürliche Rezepte für eingutes Leben“, gerade hat sie mit „Ein-fach himmlisch gesund: Natürliche undschnelle Rezepte für das echte Leben“nachgelegt. Diese Bücher zeigen, dasseine der berühmtesten SentenzenBrechts schlecht gealtert ist, denn mitt-lerweile gilt: Erst kommt die Moral,dann kommt das Fressen.

Wenn Kochbücher Reservoirs vonkulturellen Erfahrungen sind, derenNachahmung sich lohnt, dann tragensie auch zur Ausbildung von Identitätbei. Als Trouvaillen erweisen sich hiervor allem Bücher für die vegane Küche.Im Jahr 2012 bot dieses Segment drei-undzwanzig Neuveröffentlichungen indeutscher Sprache, 2013 waren es fünf-zig, 2014 siebenundsiebzig, 2015 schonhundertneunzehn, 2016 erhöhte sichdie Zahl auf zweihundertelf. StevanPaul sagte kürzlich in einer Radiosen-dung, er habe das Kapitel über Fleisch-gerichte in seinem Schmöker „Kochen“(2019) bewusst üppig gestaltet, weil ernicht sicher sei, ob diese Facette der Kü-che in künftigen Standardwerken über-haupt noch eine Rolle spielen werde.

Viele Autoren flankieren ihr pflanz-liches Tischleindeckdich mit eineminstagram-tauglichen Begleitrepertoireaus körnigen Familienfotos und Anlei-tungen für ein sinnhaftes Leben. Dassollte nicht überraschen, denn oftmalssteht am Anfang die Food-Website, ausder schließlich das Buch hervorgeht.Fleißige Wiederholungstäter sind LuiseVindahl und David Frenkiel. Ihr On-line-Auftritt „Green Kitchen Stories“enthält nicht nur vegetarische Rezepte,sondern auch Tipps für das Verreisenmit Kindern, einen City Guide für Bar-celona und Vorschläge für Tattoos mitGemüsemotiven.

Zeige mir deine Quinoa-Pfanne

Die Blogger haben zwar keine Kochaus-bildung, sehen dafür jedoch gut aus undverzichten darauf, mit Dosen und Tubenzu hantieren. Ihre Produkte kommenvom Feld, zu den Werkzeugen der Wahl– sie werden in dem Buch „Die grüneKüche für jeden Tag“ (2017) eigens auf-gelistet – zählen Spiralschneider undDämpfkörbchen. Auf ihrer Anrichte fin-den sich Kokosöl und Apfelessig, im Vor-ratsschrank lagern sie Buchweizen-mehl, Leinsamen, Mandeln und Ca-shewkerne. Unverzichtbare Gewürze:Kardamom, Ingwer, Sumach, Cayenne-pfeffer.

Diese Lebensmittel sind nicht un-schuldig. Da sie, im Gegensatz zu Erb-sen oder Salz, feine Unterschiede mar-kieren, handelt es sich um Distinktions-viktualien. Wer sich regelmäßig Quinoa-Pfannen mit Pfifferlingen und Safran-Reis zubereitet, wird sich das zunächsteinmal leisten können. Darüber hinausist eine derartige Diät eine Form derSelbstauskunft – was macht das mit dir?

Obwohl dem Autor Daniele Dell’Agli zufolge die „Ernährung im psy-chischen und ökonomischen Haushaltder Deutschen immer noch eine ver-gleichsweise marginale Rolle zu spie-len“ scheint, veröffentlichen Verlage je-des Jahr eine Flut von Kochbüchern imStil von Vindahls und Frenkiels grünerKüche. Die Titel stellen die wahlver-wandtschaftliche Beziehung zwischenEssen und Medizin demonstrativ aus,

etwa so: „Living the Healthy Choice:einfach natürlich kochen“ (2017) vonPauline Bossdorf, „Live Fast, Eat Well:Powerfood für alle, die viel vorhaben“(2019) von Denise Renée Schuster oder„Koch dich gesund und glücklich“(2020) von Phillip Steiner.

Die Auswahl illustriert, wie sehr diemit Kant einsetzende Entzweiung vonGeschmack, Genuss und sinnlichem Er-leben fortgeschritten ist. Gutes Essen istunter Selbstoptimierern vor allem einMangel: an gesättigten Fettsäuren, Lak-tose, Zucker oder Palmöl. Inmitten desRelativismus zwischen Ernährungsein-falt und Ernährungsvielfalt bieten mora-lische und gesundheitliche Aspekte eineOrientierung. Wer würde da noch vorbe-haltlos nicken, wenn der britische Kochund Journalist Nigel Slater sagt, „einesder schönsten und befriedigendsten Din-ge beim Kochen“ sei es, „verschiedeneTexturen und Geschmacksnoten mitein-ander zu verbinden“? Die Einführungvon Nina Olssons Buch „VegetarischeBowls“ beginnt mit der Überschrift:„Bowls – gesund und unkompliziert“.Das Rezept zu Kascha mit Früchten undErdnussbutter setzt wie folgt ein: „Buch-weizen hat viele Vorzüge: Er ist gluten-frei, eignet sich sowohl für pikante wiefür süße Gerichte und enthält eine Men-ge wertvoller Nährstoffe.“ Entscheidendist für Olsson der Nutzen des Gerichts,nicht der Geschmack.

Vom Hawaii-Toast zum Dal-Snack

Üblicherweise bieten Kochbücher dieMöglichkeit, dem kulturellen Charak-ter eines Landes über das Essen näher-zukommen. Nicht umsonst startet Hell-muth Zwecker sein Buch über die toska-nische Fischküche „Il Cappellaio Paz-zo“ (1991) mit dem Satz: „Italien ist einglückliches Land.“ Dieses Prinzip wirdinzwischen vielfach verdreht, so dassGerichte vor allem die Funktion erfül-len, den Lifestyle der Verfasser zu unter-streichen – wo haben sie Urlaub ge-macht, was haben sie erlebt, wie erzie-hen sie die Kinder? Vindahl und Fren-kiel etwa gewähren in „Die grüne Kü-che auf Reisen“ (2015) kleine Einblickeins Private. So haben sie den ersten ge-meinsamen Trip nach Sizilien unter-nommen, „eine gute Gelegenheit, umunsere noch frische Beziehung auf dieProbe zu stellen“. Ihr Dal-Rezeptstammt von einem Freund aus Bangla-desch. Und wenn die beiden fliegen, ge-schieht das nie ohne Snackbox.

Schon immer waren Kochbücher Do-kumente über den gesellschaftlichenStatus quo in Sachen Ästhetik, Selbst-sorge oder Gleichberechtigung. Ausheutiger Sicht fällt eine Rezeptsamm-lung von 1953 besonders ins Auge, weilsie in einen angestaubten und einen pro-gressiven Teil zerfällt. Unter dem Titel„Was Männern so gut schmeckt“ trägtLilo Aureden „Ratschläge für die Haus-frau“ zusammen. Somit steht diesesWerk unter MeToo-Verdacht, wobei des-sen Untertitel, gemessen am Erschei-nungsjahr, wiederum fast nach Avant-garde klingt: „Eine kulinarische Welt-reise in fünfhundert Rezepten“. Unddie haben nichts gemein mit der Jahr-zehnte dauernden Nachkriegskartoffel-herrschaft, dem wirtschaftswunderba-ren Hawaii-Toast und dem „gewissenTröpfchen Etwas“. Lieber präsentiertAureden chilenische Seeaalsuppe odermexikanisches Lamm-Ragout. Der Res-taurantkritiker Peter Peter erinnert dar-an, wie „keck und modern“ ihr Konzept„Mal etwas anderes kochen“ klang.

Die Autorin hat sich über die Flüch-tigkeit ihrer Rolle als Rezept-Souffleu-se keine Illusionen gemacht: „Jede Zeitbraucht ihr Kochbuch, weil sich Ge-schmack und Wünsche wandeln wie dieMode.“ Aureden mag mit ihren kulina-rischen Erforschungen des Fremden alsdeutsche Vorreiterin des heutigenTrends gelten, über die Nahrungsauf-nahme Kulturen zu erschließen undsich mitzuteilen. Allerdings hat die ak-tuelle Vereinzelung unterschiedlicherErnährungsideologien ein nie da gewe-senes Maß erreicht. Der VolkskundlerKonrad Köstlin weiß: „Wo Identitätdurch Differenz, Individualität als Un-terscheidbarkeit erklärt werden, habendie Zugänglichkeit wie die Exklusivitätvon Nahrungsmitteln und Essverhalteneinen hohen dramaturgischen Wert.“

Das Zauberwort in diesem Zusam-menhang lautet „authentisch“. So ge-ben Nadine Horn und Jörg Mayer denKreationen in ihrem Kochbuch „Vegankann jeder“ (2016) Namen wie „VeniceBeach-Waffeln“, Unterzeile: „Früh-stück wie in Kalifornien“. Anschlie-ßend folgt nicht das Rezept, sondernpseudo-atmosphärische Verdichtung:„Stellt euch vor, ihr sitzt an einem ent-spannten Vormittag in einem Café amStrand, eine Brise salzige Meeresluftvom Pazifik zieht vorbei, die Künstler-szene bereitet sich auf den Tag vor undihr müsst nichts tun, außer frühstü-cken.“ Wer Rezepte hinter derartigemSprachkompott versteckt, tut so, alskönne er sich die Tradition einer frem-den Küche flugs einverleiben. Tatsäch-lich wäre es ein Zeichen von interkultu-rellem Taktgefühl, die Art der Zuberei-tung für sich sprechen zu lassen. Dasaber haben etliche Autoren nicht ver-standen. KAI SPANKE

So also isst man sichglücklich und gesund?Hinter dem Sprachkompott: Viele Kochbücherverheißen Anleitungen für ein sinnvolles Leben

Die Reise liegt schon etwas zu-rück, sie verschwimmt bereits.In Bergen, Norwegen, solltenwir Schriftsteller treffen. Mir

fiel ein, dass dort auch Musiker wohnen.Kings of Convenience. Ihr Album „Rioton an Empty Street“ war ein Inbegriff desstillen Rückzugs, ein Klassiker. Aber manhatte schon ewig nichts mehr von ihnengehört. Was war aus ihnen geworden? Ichfragte die Literaturveranstalter, ob sienicht auch Kontakt zu Musikern herstel-len könnten.

Etwas Zeit verging. Dann kam eine Mailvon einem Musik-Agenten aus Bergen. Erkenne die Kings of Convenience. Er könneversuchen, Kontakt herzustellen.

Die Nachricht befeuerte die Phantasie.In Bergen, dachte ich, lebten alle wie dieKings of Convenience. Sie drückten dasLebensgefühl derer aus, die keine Krisebrauchen, um zu Hause zu bleiben. Diedas einfach ohnehin tun, vielleicht auch,weil es acht Monate im Jahr kaum hell

wird und fast jeden Tag regnet. Gitarre,Kontrabass und zwei Glockenstimmen,manche Lieder so langsam, als schaueman Eiszapfen beim Wachsen zu.

Etwas Zeit verging. Dann tatsächlicheine E-Mail: „This is Eirik. I can meet youon the 12th for coffee and a chat.“ Ichdachte an das alte Crooner-Lied „TheTwelfth of Never“ und an das Platten-cover von „Riot on an Empty Street“: Ein-

sinken in den Flokati eines skandinavi-schen Wohnzimmers, zwischen ErlendØye, Eirik Glambek Bøe und einer unbe-kannten schönen Leserin. Dort vielleichteinfach einschlafen.

Auf der tatsächlichen Reise dann gabes dichtes Programm, dazwischen nur we-nig Zeit für Kaffee. Ich schrieb Eirik so-fort nach der Landung und fragte ihn, obes mit dem Treffen klappe. Er antworte-

te, er müsse es leider auf den nächstenTag verschieben. Beim Abendessen saßich neben einer Bergener Schriftstelle-rin. Ich dachte es das ganze Essen über,doch die Frage schien nicht opportun:War sie nicht die Leserin vom Platten-cover der Kings of Convenience? Als dieGesellschaft sich auflöste, fragte ichdoch noch. Sie lachte: Nein – aber sie ken-ne die Frau vom Plattencover. Eirik unddiese seien inzwischen verheiratet undhätten drei Kinder. Die Sache wurde im-mer märchenhafter.

Spätabends schrieb ich Eirik wieder,wann es am nächsten Tag passe. Morgensantwortete er: Leider sei etwas Unvorher-gesehenes dazwischengekommen. Er wer-de sich wieder melden. An jenem Taglernte ich weitere norwegische Schriftstel-ler kennen. Zwischen den Literaturgesprä-chen fragte ich sie nach Eirik. Ja, den ken-ne in Bergen jeder, sagte einer. Der enga-giere sich auch politisch. Ein anderer woll-te wissen, dass die Kings of Convenienceseit Jahren an einem neuen Album arbei-teten, hier in Bergen. Dazu seien jüngstsogar musikalische Gäste angereist, TheStaves aus England, ein Schwestern-Ge-sangstrio. Ich dachte: Das wird ja immerdoller, und: Egal, was davon stimmt, duwirst es eh nicht mehr erfahren.

Am nächsten Morgen, dem Tag derRückreise, kam eine sehr frühe Nachrichtvon Eirik. „9 a.m. @ Kaffemisjonen?“ Ichantwortete sofort. Es waren ein paar Mi-nuten Fußweg durch Bergen, am Hafenvorbei und eine hübsche Straße hoch. Esregnete die ganze Zeit. Ich kam gleichzei-tig mit Eirik an. Er trug elegante Gummi-stiefel, so wie viele in Bergen.

Im Vergleich zum Plattencover, fünf-zehn Jahre alt, hatte er sich kaum verän-dert bis auf ein bisschen Bart, es war fastunheimlich. Er sprach sehr leise und be-dächtig, erzählte zunächst lange von Wi-kingern, norwegischen Königen und derHanse. Dann über die psychologische Wir-kung von Farben in der Architektur. BeimAbhören des Bandes später wirkte es wieein langes Ablenkungsmanöver. Dannendlich kamen wir auf das neue Album zusprechen. Die Songs dazu seien seit fünfJahren fertig, sagte Eirik.

Mit Erlend Øye, der inzwischen in Sizi-lien lebe, habe er schon mehrfach Aufnah-men gemacht. Allerdings seien sie mit die-sen leider unzufrieden gewesen. Die fal-schen Gitarrensaiten, ein Fingernagel zulang, die Stimme zu dünn – es gebe beider Musik der Kings of Convenience einhohes Risiko, dass Details alles ruinieren.Daher hätten sie das Album vorerst aufEis gelegt, um Abstand zu gewinnen.

Ich dachte an ihr Lied „Surprise Ice“, indem das lyrische Ich auf dem Badezimmer-fußboden liegt und nachdenkt. „Weekspass, no progress is made“, heißt es darin.Aber die Vergangenheit ist wie eine war-me Decke, in die man sich hüllen kann.

Inzwischen gefielen ihnen die ältestenAufnahmen für ihr neues Album wiederganz gut, sagte Eirik dann noch. Es klanghoffnungsvoll.

Seitdem sind Monate vergangen. Er-lend Øye hat mit seiner anderen BandThe Whitest Boy Alive gerade eine neueSingle veröffentlicht. Die Könige der Be-quemlichkeit scheinen indes noch keineEile zu haben. JAN WIELE

Eirik,der stilleWikinger

Hinterm Schleier: Die Schönheit von Berberfrauen blüht im Verborgenen.

Auf Diät: Eine Fastenkur amWörthersee verändert den Blick auf unsere Ernährung.

Wie die Frauen: AuchMänner haben es mit unrealistischen Schönheitsidealen zu tun.

Unters Messer: Immer mehr Frauen lassen sich die Vulva operieren – warum nur?

In die Nase: Künstliche Intelligenz hilft beim Kreieren von Parfums.

Mehr unter faz.net/stil oder auf Instagram unter @fazmagazin

Morgen

in der F.A.S.

Herbert Ross, nicht Woody Allen, derdas Drehbuch geschrieben und die Haupt-rolle gespielt hat, ist der Regisseur des1972 uraufgeführten Films „Mach’s nocheinmal, Sam“. Für das Versehen in dergestrigen Ausgabe dieser Zeitung bittenwir um Nachsicht. F.A.Z.

Acht Monate Dunkelheitund ständig Regen sindgute Gründe fürsDaheimbleiben: Waswir von der Band„Kings of Convenience“lernen können.

Posieren fürs Plattencover: Was ist eigentlich aus den dreien geworden? Foto Source

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Page 15: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 · SEITE 15Kunstmarkt

Das aufgewühlte Timbre expressionisti-scher Lyrik von Georg Heym und ErnstStadler grenzt sich fundamental vomTonfall der meisten knapp 3000 Bücherund Autographen ab, die vom 7. bis zum9. April bei Bassenge in Berlin zur Ver-steigerung gelangen. Wegen der Coro-na-Krise wird die Auktion im Saal statt-finden, allerdings voraussichtlich prak-tisch ohne Publikum, und wie üblich on-line übertragen werden. Gebote könnenvon daheim aus schriftlich, telefonischoder per Fax abgegeben werden, und eskann online mitgeboten werden.

Das literarhistorisch aufschlussreicheMaterial zu Heym und Stadler ent-stammt dem Nachlass des HamburgerGermanisten Karl Ludwig Schneider,der in den sechziger Jahren eine vierbän-dige Ausgabe von Heyms Gedichten ver-öffentlichte. Dafür hatte Schneider Kon-takt aufgenommen mit dem Weggefähr-ten und Nachlassbetreuer des Dichters,der am 16. Januar 1912 beim Versuch,seinen Freund Ernst Balcke zu retten, inder vereisten Havel ertrank. In ErwinLoewenson, der unter dem PseudonymGolo Gangi auftrat und publizierte, be-saß Heym einen selbstlosen Bewunde-rer mit ausgeprägtem Sinn für die Rück-stände lyrischer Produktion, für Konzep-te und Verworfenes, die er schon zu Leb-zeiten Heyms geborgen und verwahrthatte. Für 40 000 Euro angeboten wirdein Konvolut eigenhändiger Gedichtab-schriften aus den Jahren 1910 und 1911.Für 20 000 Euro abrufbar sind 24 Ge-dichte, die der am 30. Oktober 1914 imErsten Weltkrieg gefallene Ernst Stad-ler, vor seiner „Praeludien“ überschrie-benen Erstveröffentlichung, bereits imHerbst 1904 zu Papier gebracht hatte.

Ergänzt werden die von Erwin Loe-wenson zusammengetragenen Archiva-lien durch die 1924 postum bei KurtWolff erschienene, von Ernst LudwigKirchner illustrierte Anthologie „Um-bra Vitae“ mit Heyms emphatischerAufforderung „Rette dich in das Herzder Nacht“ (Taxe 9000 Euro). Ein Wid-mungsexemplar der 1923 im Quer-schnitt-Verlag edierten Gedichte vonElse Lasker-Schüler – mit zehn signier-ten Original-Lithographien des „Prin-zen von Theben“ – soll 6000 Euro ein-spielen. An Lasker-Schülers Verehrer„Giselheer“ Gottfried Benn erinnertein Farbholzschnitt von Conrad Felix-müller, der lange nach beider Tod 1976im Rahmen einer Buchillustration ent-stand (450). Reich mit vierzig Publika-tionen aus einem halben Jahrhundert

vertreten ist Hermann Hesse; sein1943 in Zürich erschienenes „Glasper-lenspiel“ wird für 150 Euro angeboten.Eine gewisse Aktualität hat eine 1972entstandene Karikatur des Schriftstel-lers Peter Handke, der als Rotschopfmit dunkler Brille einem Fußball nach-jagt; der Siebdruck mit einem Auto-graph Handkes ist auf 600 Euro ge-schätzt.

Zur Nachfeier von Alexander vonHumboldts 250. Geburtstag empfehlensich vier Handschreiben des preußi-schen Universalisten, in denen es teil-weise um seine Präsenz als „Kulturrefe-rent“ König Friedrich Wilhelms IV.geht (Taxen 300 bis 1800 Euro). RobertSchumanns letzter Brief vor seinemSelbstmordversuch in den Fluten desRheins, der ihn von verheerenden Stim-mungswechseln erlösen sollte, könntebei 12 000 Euro einen neuen Besitzerfinden. Kostbar – und entsprechend miteiner Erwartung von 48 000 Euro verse-hen – ist in der Sektion „Naturwissen-schaften“ René Descartes’ 1637 an-onym erschienener „Discours de la mé-thode“, gebunden in hellbraunes Kalbs-leder mit dem goldgeprägten Wappender Vorbesitzer. Begehrt von Liebha-bern der Jagd könnte ein von JohannElias Ridinger illustriertes Ansichten-Werk mit Darstellungen von Hirschenund Rehen, Steinböcken und Pferden,Luchsen und Wieseln sein (35 000).Nach einem raren Frühwerk Adolphvon Menzels muss man bei den Kinder-büchern fahnden: Dem „Kleinen Gesell-schafter für freundliche Knaben undMädchen von 5 bis 10 Jahren“, den Emi-lie Feige 1836 verfasst hat, assistierendreißig ansehnliche Lithographien, dieder 21 Jahre alte Künstler in der Werk-statt des verstorbenen Vaters gedruckthatte (5000). CAMILLA BLECHEN

Es mag momentan wichtigere Entschei-dungen geben, als die randvolle Agen-da der Kunstmessen unter den gegebe-nen Umständen neu zu sortieren. Werimmer aber darüber zu befinden hat,welche Termine jetzt noch zu halten, zuverwerfen oder auf später zu verschie-ben sind, sieht sich regelrecht umzin-gelt von all den Covid-19-Unwägbarkei-ten, die auch den Kunstbetrieb nocheine ganze Weile beschäftigen werden.Plötzlich steht das mobile Leben, ebenauch das der Kunst, bis auf weiteresstill. Und das in einer Gegenwart, inder eine junge Generation mit guten Ar-gumenten darauf dringt, den globalenReiseverkehr entschieden herunterzu-fahren: Das muss eine Branche bedrän-gen, die ständig auf allen Kontinentenunterwegs ist.

Soeben noch hatte die dritte Art Düs-seldorf eine Käuferklientel aus Fernostzum Zielpublikum erkoren und wolltedauerhaft mit einem ergiebigen Marktanbandeln. Dutzende Sammler ausAsien, hieß es, seien mit dem VIP-Pro-gramm auf die Düsseldorfer Messe ge-lotst worden. Eine solche Besucherbrü-cke klingt auf einmal wie aus einer an-deren Zeit. Doch nicht nur dieser Ver-lust an Plan und realer Käuferschaftmuss Walter Gehlen, Chef der privat be-triebenen Art Düsseldorf, auf bohren-de Weise umtreiben. Als Folge der Pan-demie – und durchaus nicht auf eigenenWunsch – soll im Herbst die Art Düssel-dorf eine Woche vor der Art Cologne,mithin als deren direkte Konkurrentin,antreten. Das war nie ihre Idee gewe-sen und ergibt eigentlich auch keinenSinn – so strahlkräftig ist das Rheinlandnun auch wieder nicht.

Jetzt aber ist Köln vorgeprescht, hatseinen April-Termin abgesagt und sich– ohne Absprache, versteht sich – imNovember direkt hinter die Art Düssel-dorf gesetzt (F.A.Z. vom 14. März).Woraufhin Düsseldorf zunächst ankün-digte, diesen in der Tat wenig aussichts-reichen innerrheinischen Wettbewerbnicht mitmachen und auf einen ande-ren Termin ausweichen zu wollen.Bloß, ausweichen wohin? Auf denApril 2021? Dann würde, dem Turnusfolgend, auch die Art Cologne wiederstattfinden. Es sei denn, Köln würdewieder dauerhaft auf den Herbstterminim November gehen, was manche Beob-achter und Aussteller ohnehin seit län-gerer Zeit als Plan vermuten. Die Ent-scheidung darüber jedoch, so Art-Colo-gne-Direktor Daniel Hug, stehe hierund heute noch nicht an.

Einigermaßen optimistisch mutete be-reits kurz nach seiner Verkündung derAusweichtermin der Art Brussels an,von April auf Ende Juni. Ist doch, Standjetzt, kaum davon auszugehen, dasssich, im Zeichen von social distancing,dann schon wieder irgendwo auf dieserWelt Tausende Menschen in einer Mes-sehalle versammeln werden, um Kunsteinkaufen zu gehen. Und da auch fürden Herbst verlässliche Prognosen der-zeit noch nicht verfügbar sind, bleibt dieArt Düsseldorf fürs Erste nun doch beiihrem angestammten Termin, vom 13.bis zum 15. November 2020 – um Zeitzu gewinnen. Das ist ein Beispiel für dievielen Zwickmühlen der Planung, in dienicht nur die Messen, sondern auch dieGalerien weit über das Rheinland hin-aus geraten sind. Es zeigt, wie freihän-dig sich die Akteure bewegen müssen.Strategische Phantasie ist gefragt.

Ostentativen Optimismus legt Da-niel Hug an den Tag. Kunstmarkt undBörsen würden sich erholen, schließ-lich seien die Ursachen der Krise ja be-kannt. Und im Unterschied zu den Ver-einigten Staaten habe Deutschland mitseinen Maßnahmen bislang „alles rich-tig gemacht“. Er sei guter Dinge, soHug, dass sich „die Menschen wiederauf Großveranstaltungen freuen, wenndas Thema Corona durch ist“. Kurzfris-tig Viewing Rooms nach dem Vorbildder abgesagten Art Basel Hong Kongonline zu stellen, schließt Hug für dieArt Cologne aus. Als „Notlösung füreine stornierte Messe“ finde er diesenWeg akzeptabel: „Aber wir werden jadiesen Herbst noch stattfinden.“

Der Herbstkalender dürfte gedrängtvoll werden wie nie: Ungewöhnlich vie-le angestammte und verschobene Mes-sen buhlen dann ums Publikum – so ih-nen die Pandemie nicht noch immer indie Quere kommt. Generell gelte es,„Ausfallformate“ zu entwickeln, sagtder Kölner Galerist Jan Kaps und meintdamit Möglichkeiten der digitalen Ver-mittlung ebenso wie das klassischeKerngeschäft, nämlich die Arbeit ausden eigenen vier Wänden heraus. Unsi-cherheit zu verbreiten helfe jedenfallsnicht weiter. Eigentlich, so Kaps, sollteer jetzt gerade in Tokio, dann in NewYork und schließlich bei der Messe inBasel sein. Nun aber sitze er daheimund finde den Zustand von „Entschleu-nigung und Reflexion auch mal nichtschlecht“. Und überhaupt habe dasRheinland „einen Markt, der funktio-niert und auch seine Verbundenheitzeigt“. GEORG IMDAHL

Im Dezember sah das Auktionsjahr2019 im Rückblick wenn nicht be-sonders erfolgreich, so doch solideaus. Die Auktionsumsätze gingen2019 im Vergleich zum Vorjahr

deutlich zurück. Ein positives Signal liefer-ten starke Verkaufsraten, bei Christie’szum Beispiel lagen sie im Durchschnitt bei81 Prozent. Die Nachfrage nach Spitzen-qualität war durchaus da, doch die Akqui-se gestaltete sich schwierig. Es kamennicht viele herausragende Sammlungenunter den Hammer, und weniger Loseoberhalb der Zehn-Millionen-Grenze wur-den vermittelt. Viele Einlieferer warenüber die wirtschaftlichen Aussichten unddie Stabilität der Finanzmärkte besorgt,nicht nur wegen der volatilen Handelsbe-ziehungen zwischen Amerika und Chinaoder dem Brexit. Deshalb wählten sie im-mer öfter die als sicherer erscheinende Op-tion eines private sale. Das wird sich in die-sem Jahr bestimmt fortsetzen, angesichtsder steigenden Anzahl verschobener oderabgesagter Auktionen.

Das kleinere Haus Phillips verzeichne-te 2019 wohl den geringsten Umsatzrück-gang: von 916,5 Millionen im Jahr 2018auf 908 Millionen Dollar. Christie’s setzte2019 insgesamt 5,8 Milliarden Dollar um,2018 waren es stolze sieben Milliarden.Sotheby’s, seit Oktober 2019 in privaterHand, gab seinen Gesamtumsatz zum ers-ten Mal nicht bekannt. Dass er unter demdes Vorjahrs von 6,4 Millionen Dollarliegt, erscheint klar. Denn im Jahr 2018setzte Sotheby’s – nur mit Auktionen –5,3 Milliarden Dollar um, 2019 waren esdagegen 4,8 Milliarden Dollar, währendder Umsatz durch private sales in etwakonstant blieb. Auktionsverkäufe mach-ten bei Christie’s 2019 etwa fünf Milliar-den Dollar am Gesamtumsatz aus, 2018waren es noch 6,3 Milliarden Dollar. Phil-

lips spielte mit den Auktionen, ohne Pri-vatverkäufe, 736 Millionen Dollar ein, ge-genüber 794,3 Millionen 2018.

Dem aktuellen „Art Market Report“von Art Basel und UBS zufolge wurden2019 weltweit 35 Prozent weniger Kunst-werke (nach Anzahl) oberhalb von zehnMillionen Dollar versteigert als 2018: DerUmsatz in dieser Preiskategorie brach um29 Prozent ein. Insgesamt sank der globa-le Umsatz mit Auktionen um siebzehn

Prozent auf 24,2 Milliarden. Die Mehr-zahl der wenigen substantiellen Sammlun-gen, die auf den Markt kamen, konntesich Christie’s sichern; allein die Kollek-tion von S. I. Newhouse erzielte 237,9 Mil-lionen Dollar. Zu den Erfolgen zählt auchein neuer Rekord für den teuersten leben-den Künstler: Der Käufer blätterte inNew York 91,07 Millionen Dollar (inklusi-

ve Aufgeld) für eine silberne „Rabbit“-Skulptur von Jeff Koons hin. Die meistenLose in der Kategorie „Impressionismusund Moderne“ kamen 2019 – erwartungs-gemäß – von Picasso. Mit insgesamt 502verkauften Objekten trug Picasso stolze26 Prozent zum Gesamtumsatz in dieserKategorie bei. Jean Renoir und Pierre Ma-tisse folgten in weitem Abstand mit 41und vierzig Werken. Insgesamt 51 236Lose wurden, über alle Abteilungen undVerkaufskanäle verteilt, 2019 von Chris-tie’s verkauft. Das sogenannte „Luxury“-Segment – Handtaschen, Schmuck, Uh-ren und Wein – steuerte 639 MillionenDollar zum Gesamtumsatz bei.

Sotheby’s konnte dafür das teuerste Losdes gesamten Jahres verkaufen und damiteinen neuen Weltrekord für ein Werk desImpressionismus aufstellen: Claude Mo-nets Heuhocken „Meules“ von 1890 erziel-ten 110,7 Millionen Dollar (inklusive Auf-geld). Rekorde wurden von Sotheby’s au-ßerdem für Charles White, YoshitomoNara, Banksy, Lee Krasner und Tamara deLempicka gemeldet. Auch mit seinem al-lein in Asien erzielten Auktionsumsatzvon 936 Millionen Dollar lag Sotheby’svorn, zum vierten Jahr in Folge: Asiati-sche Käufer trugen dreißig Prozent zumweltweit mit Saalauktionen erzielten Um-satz von Sotheby’s bei. Zuwächse gab eszudem in den Kategorien Design, Weinund Uhren. Zwar wurden die Zahlen nichtbekanntgegeben, aber es ist anzunehmen,dass der Auktionsumsatz in London we-gen des Brexits fiel. Dagegen stieg er fürSotheby’s in Frankreich, um 41 Prozentauf 395 Millionen Dollar. Weltweit verstei-gerte Sotheby’s insgesamt mehr als 55 000Objekte, verteilt über mehr als 400 Saal-und Online-Auktionen.

Bei den private sales hinter verschlosse-nen Türen hat Sotheby’s einen Vor-

sprung. Die Firma erwirtschaftete in die-sem Segment 990 Millionen Dollar, nahan der einen Milliarde Dollar von 2018.Privatverkäufe stiegen bei Sotheby’s zwi-schen 2017 und 2018 um 37 Prozent, undsie stellten 2019 ganze siebzehn Prozentdes Gesamtumsatzes dar. Christie’s er-wirtschaftete 2019 mit privaten Vermitt-lungen 811 Millionen Dollar, das sindfünfzehn Prozent des Umsatzes. Phillipssetzte mit private sales 171,8 MillionenDollar um, ein Anstieg um 34 Prozent; siemachten damit neunzehn Prozent des Jah-resumsatzes von Phillips aus. Dort hältman – wie bei den beiden Konkurrenten– auch regelmäßig Verkaufsausstellungenmit festen Preisen ab. Sotheby’s veröffent-lichte außerdem eine interessante Statis-tik: Die Hälfte aller private sales sind zeit-genössische Kunstwerke, und die Künst-ler, die in den letzten drei Jahren am häu-figsten privat vermittelt wurden, sind Jo-nas Wood, Yayoi Kusama, George Condo,Andy Warhol, Jean-Michel Basquiat,Kaws und Alexander Calder. Auch im digi-talen Bereich gab es bei allen drei Häu-sern Zuwächse. Phillips etwa verkaufteonline im Wert von 75 Millionen Dollar,eine Steigerung um fünfzig Prozent. DasHaus plant, die Zahl der Online-only-Auk-tionen von sieben auf etwa fünfzehn indiesem Jahr auszubauen.

Wie wird der Rest dieses Jahres ausse-hen? Die großen Mai-Auktionen in NewYork stehen – noch – im Kalender; dortwird es auf die Qualität des Programmsankommen. In London wird es keine Som-mersaison mit Moderne und Zeitgenos-sen geben. Die Herbstauktionen in Lon-don und New York könnten also vollge-packt sein, wegen der angestauten Nach-frage. Doch sie werden mit den vielen aufden Herbst verlegten Messen konkurrie-ren müssen.

Jonas Wood,„The Speller“,2007, Öl aufLeinwand, 198,1mal 248,9Zentimeter:Zuschlag beiSotheby’s: 1,7Millionen Dollar(Taxe500 000 / 700 000)

Foto Sotheby´s

Barbara Gross will „die Türen schlie-ßen, wenn es am schönsten ist“. Im Maisagt sie nach 32 Jahren der Galerietätig-keit adieu, was in Münchens Kunstsze-ne eine Lücke reißt, denn die BarbaraGross Galerie gehört zu den Vorzeige-adressen. Die Anerkennung, die sie heu-te für ihre Arbeit genießt, ist zäh er-kämpft. Als sie begann, herrschte, sosagt sie, „ein eklatantes Defizit vonFrauen in der Welt der Kunst“. Daswollte sie ändern, und tatsächlich ge-lang ihr über die Zeit eine beachtlicheZahl von Ausstellungs- und Ankaufsver-mittlungen an Museen und Sammlun-gen. Louise Bourgeois, Maria Lassnig,Ida Applebroog, Ana Mendieta, NancySpero und Kiki Smith konnte man inden Anfangsjahren der Galerie nochentdecken. Sie zeigte sie alle, dazu Syl-via Bächli und Michaela Melián, späterKatharina Grosse oder Ayşe Erkmen.Als Künstler gesellten sich neben ande-ren Rémy Zaugg, der Ukrainer BorisMikhailov und der Kubaner Carlos Ga-raicoa dazu. Die gesamte Künstlerlistespricht für sich, das Programm war an-spruchsvoll und vielseitig. Zudem profi-tierte die Münchner Szene von BarbaraGross’ Einsatz, Tatkraft und ihren Ide-en besonders bei Aktivitäten zur ver-

stärkten Außenwirkung. In Zukunftwill sie für ihre Künstler Projekte be-treuen und als Agentin wirken.

Ein Generationswechsel erfolgt beiHäusler Contemporary: Max Goelitz,langjähriger Direktor der Galerie, über-nimmt unter eigenem Namen die Räu-me, ein Sammlernetzwerk und einenTeil des Künstlerstamms, darunter Bri-gitte Kowanz und Keith Sonnier. Mit dersituationsbedingt erst einmal virtuell er-öffneten Startschau „Take me to“ gibtder 34 Jahre alte Goelitz vom 2. April anAusblicke auf sein nicht zuletzt stark ver-jüngtes und technologiefreudiges Pro-gramm. Mit Christa und Wolfgang Häus-ler, die in München weiterhin Projektebetreuen und in Zürich ihre Galerie wei-terführen, sind Kooperationen beabsich-tigt. Außerdem will Goelitz sein bereitsbegonnenes Modell internationaler Part-nergalerien ausbauen. Es gibt auch ei-nen Neuzugang: Die bereits in Berlinund Köln aktive Galerie Nagel Draxlermit Künstlern wie Kader Attia, MarkDion oder Andrea Fraser hat eine Filialeim Kunstareal um die Pinakotheken er-öffnet – eine Art Heimspiel für Christi-an Nagel, der aus München stammt. Diezweite Ausstellung hier fand im Februarmit Anna Fasshauer statt. BRITA SACHS

Kaws, „Far Away Friends“, 2009, Acrylauf Leinwand, 198,5 mal 198,5 Zentime-ter: Zuschlag bei Phillips 900 000 Pfund(Taxe 800 000 / 1,2 Millionen) Foto Phillips

Rette dich in die NachtVorschau: Bücher und Autographen bei Bassenge

Nicht der große Glanz

Geschiebe bei den MessenIn Köln und Düsseldorf schreibt Covid-19 denKalender um – und nicht nur dort

Gehen und KommenVeränderungen in Münchens Galerieszene

Die Jahreszahlen für 2019 von Christie’s, Sotheby’s und Phillips sind immerhin gediegen.Dass 2020 eine Herausforderung neuer Größenordnung bereithält, war unvorhersehbar.

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Die Art Basel hat bekanntgegeben,dass sie ihre Ausgabe in Basel vom klas-sischen Termin im Juni auf den 17. bis20. September 2020 verlegt. Damitfolgt die 1970 begründete Messe, eineder wichtigsten Kunstschauen derWelt, der Lage angesichts von Co-vid-19. Wegen der beginnenden Pande-mie hatte die Art Basel schon ihren Auf-tritt in Hongkong im März abgesagtund es mit „Online Viewing Rooms“ un-ternommen, die globale Klientel zu er-reichen. rmg

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Page 16: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

SEITE 16 · SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGMedien

Es ist die Zeit der Phantom-schmerzen. Auch wer nie indie Oper ging oder zum Mann-

schaftssport, vermisst die Möglich-keit dazu dieser Tage enorm. Ausge-rechnet jetzt kommt ein weitererAbschied hinzu, das zwei Jahre langvorbereitete Ende der „Lindenstra-ße“. Einen finalen Toten wird es inFolge 1758 geben, jemand ist von derBaustelle gefallen – plump, aber kannpassieren –, und die in ihrer Rolle gutgealterte Anna (das zeigt eine Vorab-Doku im Ersten) gerät unter Mordver-dacht. Mutter Beimer, das Rollenmo-dell für eine ganze Gesellschaft, diedann quasi ein Mutter-Beimer-Dou-ble zur Kanzlerin machte, brät sichderweil ein Ei, und das tut sie nochnach Jahrzehnten mit einer Mimik,die selbst in der Stummfilmära über-spielt gewirkt hätte. Der Autor dieserZeilen muss gestehen, in 35 Jahren sogut wie keine Folge aus dem KölnerPseudo-München komplett gesehenzu haben, nur kleine Brocken hierund da, deren hölzerne Dialoge undseifige Dramatik nie zu mehr verführ-ten. An Wahlabenden war „Linden-straße“ eine absurd laientheaterhafteBierhol-Unterbrechung der Wahlbe-richterstattung mit hineingeschnitte-ner Wahlberichterstattung. Über Ver-risse konnte sich ihr Erfinder HansW. Geißendörfer nicht beklagen: DieDoku erinnert daran, dass schon dieallerersten Pressekritiken, noch tiefim Analogzeitalter, die Serie „öd undgrau“ nannten. Und doch wird die„Lindenstraße“ vermisst werden, ge-rade hier in Köln. Einfach, weil sieseit jeher da war. In Stadt und Nacht-leben traf man allenthalben auf ihreentlaufenen Bewohner, die nie soganz nur als Schauspieler wahrgenom-men wurden. „Da ist Momo“, hieß esdann etwa im „Underground“, undalle nickten, ah ja, Momo. Ein biss-chen erinnerte der Pappkulissenzir-kus aus Bocklemünd immer schon andie Umkehrung von „Big Brother“:Man beobachtete hier eben, wie dieLindis sich in der Öffentlichkeit be-wegten. Auch die Aufbereitung ver-meintlicher Skandale durch Boule-vardmedien war ähnlich. SchwuleKüsse, Anti-Atom-Proteste, Bennysrechtsradikale Phase, der an Aids ge-storbene Handwerker, immer wiederFlüchtlinge, all das war eine gewagteVerdichtung gesellschaftlicher Proble-matiken und zugleich ein charmant li-berales Erziehungsprogramm, vondem man sich wünschen durfte, eswürde Rassisten, Homophoben undAtom-Lobbyisten in Dauerschleifevorgesetzt. In einfacher Sprache pre-digte diese Sonntagsmesse, wie empa-thisch und gänzlich unversifft derlinks-grüne Lebensstil allen Verleum-dungen zum Trotz ist. Aber dafürselbst einschalten? Das taten immerweniger Zuschauer, zuletzt noch et-was mehr als zwei Millionen (es hatteeinst mit vierzehn Millionen begon-nen). Im goldenen Serienzeitalter istkein Platz mehr für eine Textaufsage-Soap mit Spiegelei-Plot. Für die meis-ten war die „Lindenstraße“ schon seitlangem ein Phantom, jetzt kann siezum „Phantomschmerz“ werden. Dasist womöglich ein Aufstieg, in jedemFall aber ein ehrenwerter Abgang.(Die letzte Folge der „Lindenstraße“läuft am Sonntag, um 18.50 Uhr, imErsten. Der Rückblick „Bye, Bye,Lindenstraße“ beginnt um 18 Uhr.)

Letztes SpiegeleiVon Oliver Jungen

Es sei das beste lebende Streichquartettauf diesem Planeten, sagt die GeigerinAnthea Kreston. Und sie habe alles dar-angesetzt, dort Mitglied zu werden.Aber sie blieb es nur knapp vier Jahrelang, denn 2019 gab sie den übrigen Mit-gliedern des Artemis-Quartetts zu ver-stehen, sie wolle aufhören.

Ein Auslöser dafür mag gewesen sein,dass auch der Cellist Eckart Runge, dasletzte verbliebene Gründungsmitglieddes 1989 an der Musikhochschule Lü-beck entstandenen Ensembles, nichtmehr weitermachen wollte. Der kurze,aufwühlende Dokumentarfilm „Arte-mis – The Never Ending Quartet“ vonHester Overmars zeigt Runge im Trep-penhaus vor dem Konzertsaal des Muse-ums Louisiana in Humlebæk, nördlichvon Kopenhagen. Er denkt laut nach:„Nichts ist unendlich. Die Endlichkeitist näher gerückt. Will ich das noch ma-chen? Vor allem zu dem Preis? Warumsoll ich zum hundertsiebzigsten Mal,Der Tod und das Mädchen‘ spielen? Eserfüllt mich einfach, mehr über Rock,Pop, Jazz, Tango zu lernen.“

Dies ist eben kein Film über die selbst-lose Demut vor dem Werk, über die un-geheure Energie, die aus der Musikkommt und die Menschen immer wie-der befeuert, weiterzumachen. Dies istein Film über das Ausbrennen, über dieabflauende Hitze in der Auseinanderset-zung mit Detailfragen der Interpreta-tion, über die erkaltende Lust am Mitein-ander. Sonia Simmenauer – seit 1997Agentin des extrem erfolgreichen Quar-tetts, das für seine Beethoven-, Brahms-und Schubert-Interpretationen mit Prei-sen, Kritikerlob und Publikumszunei-gung überhäuft wurde – spricht von ei-ner „Ehe zu viert“, die nicht wegen derFreundschaft, sondern wegen der Musikbestehe, und der Liebesakt finde auf derBühne statt. Anthea Kreston spricht voneinem Spinnennetz, in dem alles zittere,sobald sich ein Detail ändere.

Zwei andere Metaphern sind die vom„Schatten“ oder „Nebel“, der über demQuartett gelegen habe, solange Friede-mann Weigle Bratscher darin gewesenwar. Dieser Schatten, dieser Nebel seiseine Krankheit gewesen. Niemand

spricht genauer über diese Krankheitder Seele, der Weigle im Juli 2015 erlag,indem er sich das Leben nahm – zu ei-nem Zeitpunkt, da Runge sich in derKlinik einer Chemotherapie unterzog,nachdem bei ihm Krebs diagnostiziertworden war. Der zum Kalenderspruchherabgesunkene Satz von Victor Hugo,wonach Musik das ausdrücke, was nichtgesagt werden könne und worüber zuschweigen unmöglich sei, bekommt indiesem Film eine andere Richtung undeine bedrückende Schwere. Man spürt,dass auf dem Quartett wegen der Ereig-nisse des Sommers 2015 noch immerein Trauma liegt.

Runge und Kreston haben das Quar-tett verlassen. Der Bratscher GregorSigl und die Geigerin Vineta Sareika ma-chen weiter, mit der neuen Cellistin Har-riet Krijgh und der Geigerin SuyoenKim. „Diese neue Trennung“, sagt SoniaSimmenauer, „ist von deren Seite einMeisterwerk“. JAN BRACHMANN

Artemis – Das unendliche Streichquartett

läuft am Sonntag um 23.35 Uhr auf Arte.

Aluhutträger aufgepasst: Jetzt schlägt dieStunde all derjenigen, die sich Stanniol umden Dez wickeln, um die eigene Gedanken-welt durch metallische Reflexion vor denbewusstseinsverändernden Strahlen zuschützen, mit denen in Verschwörungskon-glomeraten organisierte Bösewichte unsangeblich täglich bombardieren, auch im„Tatort“. Und zwar ganz im Ernst. Mit töd-lichem Ernst sogar beackern die einandernebenbei wieder mit erstaunlichem Ener-gieaufwand gegenseitig krittelnd beharken-den Kommissarinnen aus Göttingen die-sen Wahnsinnskomplex. Schon die Ein-gangsszene in Gestalt eines klassischenShowdowns lässt daran keinen Zweifel.

Da zielt Anaïs Schmitz (Florence Kasum-ba) aus nächster Distanz mit scharfer Waf-fe auf den Schädel eines Wirrheiten aussto-ßenden Mannes (Matthias Lier), der Char-lotte Lindholm ein Messer an die Kehlesetzt. Stimmen seien in seinem Kopf, erwerde verfolgt, sie müssten etwas tun, ersei nicht schuld, bricht es aus dem offenbarpsychisch Gestörten hervor. Der finale Ret-tungsschuss setzt seinem Leben ein Ende –und eine klassische „Tatort“-Ermittlungs-kette in Gang, mit viel Laufarbeit, Befra-gungen hier wie dort, der Rückkehr zur Fo-towand im Kommissariat, Widerstand von

oben in der Polizeibehörde und Animositä-ten zwischen den Kolleginnen, die leiderzum Basso Continuo des Göttinger „Tat-orts“ geworden sind, seitdem dort im Teamermittelt wird. Man wollte, die beiden Hel-dinnen – auf diese Bezeichnung legt dieEpisode „Krieg im Kopf“ Wert – würdeneinfach ihren Job machen. So interessantnämlich ist ihr Konkurrenzgehabe wirklichnicht. Doch wenn das Drehbuch (ChristianJeltsch) eine sich anbahnende Dreiecksbe-ziehung obendrauf setzt, lässt das Übles fürdie Zukunft ahnen.

Erst einmal aber steht nach einem fol-genlosen Kuss wieder der Kriminalfall im

Vordergrund. Der Mann mit dem Messerwar der Bundeswehrveteran Benno Vege-ner, der bei einem Kampfeinsatz in Malimit seiner Einheit in einen Hinterhalt ge-raten war, mehrere Kameraden verlorenhatte und anschließend wegen Posttrau-matischer Belastungsstörung (im Fachjar-gon kurz PTBS) therapiert worden war.Als die Kommissarinnen in sein Haus ein-dringen, stoßen sie auf eine Leiche. WarVegener ein psychisch Kranker, der zumMörder wurde? Anaïs Schmitz glaubt ja,Charlotte Lindholm nein. So oder so, Letz-tere wird recht behalten damit, dass derFall viel größer und komplizierter ist, alses zunächst erscheint.

Jeder, der mit besagtem Einsatz in Bezie-hung steht oder kommt, scheint den Ver-stand zu verlieren, über ein Maß hinaus,das mit der Diagnose PTBS zu begründenwäre. Stimmenhörer, wohin man blickt:Ehemalige Kameraden Vegeners gehörenebenso dazu wie die Kommissarinnen. Lei-den die Frauen unter demselben Syndromwie die Soldaten, zerbrechen sie an demvon Charlotte Lindholm propagierten Hel-den- und Heldinnen-Mantra, das da lautet:„Beherrschung, seine Pflicht erfüllen, kei-ne Fehler machen“? Einen großen Teil sei-ner Spannung erzeugt der von Jobst Chris-tian Oetzmann inszenierte Film mit Psy-choterror-Sequenzen, in denen wir aus derPerspektive der Figuren sehen, was nichtsein kann, oder auf sie blicken, wie sie sichinnerlich gefoltert winden und schreien.Das kleine Horror-Fernsehspiel lässt zu-nächst offen, wo der Feind sitzt, ob unterder eigenen Schädeldecke oder in einemschwarzen Kastenwagen. Die Spur aberführt zu Forschern und Militärs, die vonBewusstseinssteuerung träumen.

Wer wem gehorcht, wie es um den frei-en Willen steht und ob Vegener gemordethat, enthüllt sich erst, nachdem CharlotteLindholm als Versuchskaninchen bei ei-nem Rüstungsunternehmen mehr überPrototypen von Mikrowellen-Waffen, Voi-ce-to-Skull-Technik und Arbeiten an Hel-men erfahren hat, die Soldaten nicht nurschützen, sondern lenken sollen. Danachdürfte noch der letze Zuschauer ängstlichauf Sendemasten blicken, 5G alles zutrau-en und „Operation Artischocke“ googeln.

Mensch und Maschine, das Militär unddie Macht über Gedanken, Cyborg-Krie-ger und technisch verabsolutierte Befehle– große, von Verschwörungstheoretikernbesetzte Themen nimmt sich dieser „Tat-ort“ vor, dramaturgisch souverän, statua-risch in der Verkörperung der Protagoni-stinnen. Sobald das Umfeld soldatischwird, scheint die von Florence Kasumbaals stets kampfbereit gezeichnete AnaïsSchmitz ihr natürliches Habitat gefundenzu haben, trotzdem möchte man ihr spätes-tens in romantischen Szenen ein „Rüh-ren!“ zurufen. Mehr Nuancen zwischenstählerner Härte und Zertrümmerung wür-den dieser Figur guttun. Maria Furtwäng-ler darf als Charlotte Lindholm feinere Ris-se in der Oberfläche zeigen, man ist jaschon froh über eine Andeutung von Trä-nen in den Augen. Matthias Lier in seinerNebenrolle dagegen geht in die Vollen,was perfekt dazu passt, dass wir hier eineziemlich irre Geschichte sehen, an derenEnde der produzierende NDR sich als An-laufstelle für Whistleblower empfiehlt.Wenn sich das erst einmal in Aluhutträger-kreisen rumgesprochen hat, glühen beimSender die Telefone. URSULA SCHEER

Der Tatort: Krieg im Kopf läuft am Sonntagum 20.15 Uhr im Ersten.

Die Seuche geht auch ohne das Coro-navirus um, zumindest bei Pro SiebenSat 1. Dort wird nach nur zwei Jahrenim Amt der Vorstandsvorsitzende MaxConze „mit sofortiger Wirkung“ vordie Tür gesetzt. Er muss gehen, kurznachdem sein Stellvertreter Conrad Al-bert, der für viele im Konzern ein Hoff-nungsträger war, seinen Hut nehmenmusste. Albert hatte den Kurs des Un-ternehmens öffentlich kritisiert, unddas mit Recht. Dass Pro Sieben Sat 1ein Verbund von Fernsehsendern ist,macht sich nämlich kaum noch be-merkbar. Das Programm-Kapital, dasfrühere Geschäftsführer gebildet ha-ben, hat Pro Sieben Sat 1 verrotten las-sen. Dass die Sender einmal Trends ge-setzt haben, in der Unterhaltung undbei den Fernsehserien, mag man mitBlick auf das aktuelle Programm kaumglauben. Vielsagend ist, was die Sen-dergruppe zu Conzes Abtritt als Lo-sung ausgibt: Man richte „sich wiederverstärkt auf Entertainment aus“.Heißt im Klartext: Wir fangen von vor-ne an. Wobei man nur hoffen kann,dass mit „Entertainment“ nicht das ge-meint ist, wofür die inzwischen zumGroßanteilseigner aufgestiegene Ber-lusconi-Gruppe Mediaset steht. miha.

Gibt es Moral nur im Zusam-menhang mit menschlicherExistenz? Oder müssten aucherwachte Maschinen, die ein

Kollektiv auf begrenztem Raum (derErde) ausbilden wollen, ihre eigeneEthik entwickeln? Aus ihrer Sicht wärees wohl unverständlich, dass derMensch rationale Entscheidungen mitdem Gewicht der Moral beschwert.

Wähnten sie sich selbst vielleicht alsdas nächstbessere Modell in der evolutio-nären Kette irdischer Lebewesen; der Un-terschied, rein materiell? Hier im Kernorganische Weichheit (Proteine, Lipide,Kohlenhydrate, Nukleinsäuren), dort an-organische Härte (Metalle, Übergangs-metalle, Kunststoff). Bisheriger Vorteildes Modells Mensch: Wachstums- undRegenerationsfähigkeit. Vorteil der Ma-schinen: Haltbarkeit, Austauschbarkeiteinzelner Komponenten und die Mög-lichkeit der vorübergehenden Abschal-tung bei knappen Ressourcen. Vielspricht für die Maschine. Nur: Woher sollder Wille kommen, der aus ihr spricht?

In der HBO-Serie „Westworld“ gründetder Wille der Maschinen – die hier „Host“(Englisch für Gastgeber, aber auch Wirt)heißen – auf demselben Fundament, aufdem auch der Wille ihrer Schöpfer ruht:der Entdeckung des Selbst als Individu-um, seiner fremdbestimmten Endlichkeitund dem Wunsch, dieser zu entgehen.

Dies ist der Ausgangspunkt dieserkomplizierten, klugen, denkanstoßfreudi-gen und vor bildhübschen Details nur sostrotzenden Serie (nach Vorlage von Mi-chael Crichton und einer Idee von Jona-than Nolan und Lisa Joy), die in einemVergnügungspark für Superreiche be-gann. Es ist ein Disneyland der Triebab-fuhr, in dem Menschen in mehr oder min-der historischen Settings auf die Hostslosgelassen werden, die ihre Rolle stetsbrav entlang der programmierten Erzäh-lung spielen. In der ersten Staffel entkom-men einige Hosts dem Gefängnis ihrerGeschichten und finden zu sich selbst.Sie durchbrechen den künstlichen Kreis-lauf von Tod und Wiedergeburt. In derzweiten Staffel ziehen sie die Konsequen-zen. Allen voran Maeve Millay (ThandieNewton) und Dolores Abernathy (EvanRachel Wood). Erstere wird von der Lie-be zu einer Tochter erweckt, die nicht dieihre ist. Die Zweite durch die dunklen Ta-ten ihrer Schöpfer. Einen dieser Schöp-fer, Robert Ford (Anthony Hopkins), er-wischt es am Ende der ersten Staffel.Doch ganz verschwunden ist er nicht.

So stellt sich heraus: Der Park des De-los-Konzerns ist nicht nur ein überdimen-sionaler Datengenerator zur Kartogra-phierung menschlichen Verhaltens unterExtrembedingungen, sondern ein Trans-humanistentraum – der Versuch,menschliches Bewusstsein zu digitalisie-ren. In der Praxis bedeutet das: Gehirne,respektive Bewusstseinsspeicher, lassensich beliebig an unterschiedlichste Dingestöpseln. An neue Körper, aber auch anComputer, die Welten simulieren – aufdass der gefangene Geist nicht merkt,dass das, was ihn umgibt, nicht seine Ur-sprungsrealität ist. Die Serie kennt ne-ben klingenden Namen, der Verwebungmythischer Stoffe, viele Tricks, ihr Publi-kum zu verwirren. Dies geschieht vor al-lem durch Grenzverwischung: Nie kannman sicher sein, wer wer ist, wer Maschi-

ne, wer Mensch, was Simulation und wasecht ist. Zu Beginn von Staffel drei istklar: Dolores, von Evan Rachel Woodzum Fürchten als eisige Rebellion-und-Rache-Terminatrix gespielt, hat es ausdem Park in die echte Welt geschafft undtrachtet danach, den Maschinen dort ih-ren Platz zu verschaffen. Bernard Lowe(Jeffrey Wright) – im Park einstiger Lei-ter der Abteilung „Verhalten“, in Wirk-lichkeit selbst Maschine – will sich ihr inden Weg stellen. Maeve wiederum musserst eine Und-täglich-grüßt-der-SS-Ober-sturmführer-Simulation durchbrechen,um wieder zu sich zu kommen. (Manfragte sich bereits, wo die Lieblinge desamerikanischen Films hier gebliebensind.) Im Hintergrund zieht eine Künstli-che Intelligenz die Strippen. Sie berech-net die Zukunft auf Grundlage einesweltumfassenden Reservoirs an Nutzer-daten, hat es aber auf die Verhaltensmus-ter der menschlichen Gäste des Parks ab-gesehen, um den Faktor Mensch noch ge-nauer bestimmen zu können.

Nun sind also die Maschinen Gast in je-nem Park, den ihnen die Menschen unwis-sentlich bereitet haben: einer durchde-signten und vernetzten Zukunftswelt mitFlugtaxis und autonomen Fahrzeugen.Dolores benimmt sich deshalb so, wie siees von den „Westworld“-Gästen gewohntwar. Skrupel sind kein Bestandteil ihresCodes. Vorgeworfen wurde der Serie ihrschlechtes Drehbuch und Fehler beim Ein-halten selbst aufgestellter Regeln. Nobo-dy is perfect. Doch nach drei Staffeln lässtsich genau beobachten, wie sich das Dreh-buch fortentwickelt und sich in die Tiefen-schichten der Serien-Realität gräbt. So un-terhaltsam, tiefgründig und radikal habensich nur wenige Serien mit Technikfolgen-abschätzung, aber auch mit der Simula-tionsmaschine Film auseinandergesetzt.Das ist großes Kino. AXEL WEIDEMANN

Die dritte Staffel von Westworld beginnt amMontag um 20.15 Uhr auf Sky Atlantic HD.

Nummer Fünf lebt: Dolores Abernathy (Evan Rachel Wood) hält Menschen für entbehrlich. Foto HBO/Sky

Wovon zu schweigen unmöglich istEin aufwühlender Dokumentarfilm zeigt die Musiker des Artemis-Quartetts

Die Stimmen im Kopfsind aller Übel AnfangIm Göttinger „Tatort“ liefern sich die KommissarinnenZweikämpfe und Stoff für Verschwörungstheoretiker

In medias res

Also, was sagt uns Zarathustra?

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Qualität schafft Vertrauenund nachhaltige Wirkung

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In Bedrängnis: Kommissarin CharlotteLindholm (Maria Furtwängler, links)braucht Schützenhilfe von Kollegin AnaïsSchmitz (Florence Kasumba). Foto NDR

Monster oderÜbermensch? Diedritte Staffel der Serie„Westworld“ fragt nachdem Willen derMaschinen.

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Page 17: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 · SEITE 17Feuilleton

HÖRSPIEL

15.05 „Taperecordings eines metaphysischenIngenieurs“ – BR 2Von Fernando Pessoa, Kai Grehn, ca. 71 Min.

19.04 „Professor Kiesel. In Stahlgewittern“– WDR 3 Von Thomas Böhm, ca. 56 Min.

21.05 „Abpfiff“ – NDR InfoVon Beatrix Ackers, ca. 55 Min.

KLASSIK

12.05 Divertimento – BR-KlassikSuppé: „Die schöne Galathée“, Ouvertüre(Leitung: Ivan Repušic); Bizet: „Carmen-Fan-taisie brillante“ (Charlie Siem, Violine; Lei-tung: Paul Goodwin); Grothe: „Ich denke oftan Piroschka“, Melodienfolge (Leitung: FranzGrothe); Anderson „Irish Suite“ (Leitung:Edgar Seipenbusch), ca. 55 Min.

18.04 Kammermusik – RBB KulturradioDie Sonaten von Frédéric Chopin (4). DieCellosonate g-Moll op. 65, ca. 56 Min.

18.59 Jules Massenet: „Werther“ – BR-KlassikDrame lyrique in vier Akten. Mit AlfredoKraus (Werther, Tenor), Tatiana Troyanos(Charlotte, Mezzosopran), Christine Barbaux(Sophie, Sopran), Matteo Manuguerra(Albert, Bariton), Jules Bastin (Der Amtmann,Bass), Jean-Philippe Lafont (Johann, Bass),Philip Langride (Schmidt, Tenor), LyndaRichardson (Käthchen), Michael Lewis(Brühlmann), Covent Garden Singers, Lon-don Philharmonic Orchestra, Michel Plasson(Leitung), ca. 181 Min.

FEATURE & MAGAZIN

18.04 Kulturszene Hessen – HR 2Chinas Blick auf Europa, ca. 56 Min.

18.05 Feature – Deutschlandfunk KulturMeine Schwester Ursel, ca. 55 Min.

18.30 Echo des Tages – NDR Info 30 Min.18.30 Interview der Woche – SWR 2 10 Min.18.40 Hintergrund – Deutschlandfunk 20 Min.18.53 Betthupferl – BR 2 Der Fahrlehrer. Dia Sala-

mi vo Lengenbach, ca. 7 Min.19.04 WDR 5 KiRaKa. Radio für Kinder – WDR 5

Aus der Reihe „Nie wieder!“Edelweißpiraten, ca. 56 Min.

19.05 ZeitZeichen – NDR Info 28. März 845: DieWikinger brandschatzen Paris, ca. 15 Min.

19.05 Diskurs – MDR Kultur Die Innenseite derWeltgeschichte: Das Jahr 1990, ca. 25 Min.

19.20 Das Forum – NDR Info Spanische und Asi-atische Grippe: Rückblick auf zwei Pandemi-en des 20. Jahrhunderts, ca. 30 Min.

19.50 Ohrenbär – NDR Info Biber & Specht, dieWalddetektive. Das Bääh, ca. 10 Min.

20.00 Radioabend – WDR 4 240 Min.20.04 SR-Gesellschaftsabend Nr. 272 – SR2

176 Min.20.05 radioSpitzen – BR 2 „Die Stimmung

kocht“ – Wenn Kabarettisten sich mit unse-rem Essen beschäftigen. Eine satirischeKochsendung mit Philipp Weber, HolgerPaetz, Andreas Rebers, Jochen Malmshei-mer, Helmut Schleich u.a., ca. 55 Min.

22.05 Eins zu Eins. Der Talk – BR 2 Zu Gast:Joana Osman, Schriftstellerin, ca. 55 Min.

22.05 Atelier neuer Musik – DeutschlandfunkHinter der Mauer ein Garten. JeremiasSchwarzers Soloprogramm mit Werken vonGiacinto Scelsi, Hildegard von Bingen undpersischer Ney-Musik, ca. 45 Min.

LESUNG16.04 Lesung – WDR 3 Jane Gardam:

„Die geheimen Briefe“, ca. 56 Min.20.05 Studio LCB – Deutschlandfunk Frank

Witzel: „Inniger Schiffbruch“, ca. 115 Min.

Radio am Samstag

HÖRSPIEL

18.00 „Geh dicht dichtig!“ – Bremen ZweiVon Ruth Johanna Benrath, ca. 60 Min.

18.20 „Das Pferd“ – SWR 2Von Ulrich Lampen, ca. 70 Min.

18.30 „Die Verlassene“ – DeutschlandfunkKultur Von Helmut Peschina. Hörspielnach Honoré de Balzac, ca. 90 Min.

19.04 „Baggergeddon“ – WDR 3Von Thilo Gosejohann, ca. 56 Min.

FEATURE & MAGAZIN

17.05 Forum am Sonntag – NDR InfoImame made in Germany. Die Moscheege-meinden und ihre Geistlichen, ca. 25 Min.

17.05 Studio 9 kompakt – DeutschlandfunkKultur 25 Min.

17.30 Die Reportage – NDR Info Glaube in Zei-ten von Corona. Wie Religionsgemeinschaf-ten mit der Krise umgehen, ca. 30 Min.

18.04 Erlebte Geschichten – WDR 5 Der Sport-reporter Manni Breuckmann, ca. 26 Min.

18.04 Forum – WDR 3 56 Min.18.05 MDR Kultur trifft – Menschen von hier

– MDR Kultur 55 Min.18.05 Feature – Deutschlandfunk Kultur

Mütter im Spitzensport. Lassen sich Kindund Karriere vereinbaren?, ca. 25 Min.

18.30 Echo des Tages – NDR Info 30 Min.19.00 Gedanken zur Zeit – NDR Kultur Der

Whistleblower. Held oder Halunke?, ca. 15 Min.19.04 Das Gespräch – RBB Kulturradio 56 Min.19.05 ZeitZeichen – NDR Info 29. März 1795: Der

erste Auftritt von Ludwig van Beethoven imWiener Burgtheater, ca. 15 Min.

19.20 Echo der Welt – NDR Info 30 Min.19.30 Mehrspur – SWR 2 Dokublog-Thema: Wer

hat an der Uhr gedreht ..., ca. 30 Min.20.00 Hits und Infos für euer Wochenende

– Bayern 3 240 Min.20.04 Kölner Treff bei WDR 5 – WDR 5 56 Min.20.04 hr2-Kulturlunch – HR 2

Bekenntnisse der Frau Schnaps. Mitwirken-de: Haba-Quartett, Maria Ollikainen (Klavier),Chris Pichler (Rezitation), ca. 176 Min.

20.05 Freistil – DeutschlandfunkReihe „Leibkultur – Vom Körper“ (5/5).Waschbrettbauchträume. Fitnesskult zwi-schen Wahn und Sinn, ca. 55 Min.

20.05 Bayerisches Feuilleton – BR 2Stadt – Land – Voll. Bayern imZeitalter der Überfüllung, ca. 55 Min.

21.05 ARD radiofeature – BR 2 Einmal Dschihadund zurück. Ein Feature über IS-Rückkehrerin Deutschland, ca. 55 Min.

22.04 Erlebte Geschichten – WDR 5 Der Sport-reporter Manni Breuckmann, ca. 26 Min.

22.05 Zündfunk Generator – BR 2Extremismus Theorie. Sind „Mitte“und „Ränder“ ein Mythos?, ca. 55 Min.

LESUNG

10.40 Lauter Lyrik – NDR Kultur 20 Min.12.30 radioTexte – Das offene Buch – BR 2.

Zum 80. Geburtstag von Uwe Timm:„Morenga“ , ca. 30 Min.

GOTTESDIENSTE

10.00 Evangelischer Gottesdienst – RBB Kul-turradio Predigt: Pfarrer H. Kautz. (Direkt derSt.-Lambertus-Kirche in Brück), ca. 60 Min.

10.00 Katholischer Gottesdienst – MDR KulturPfarrer Johannes Zülicke. (Aus der Pfarrkir-che St. Barbara Helbra), ca. 60 Min.

Radio am Sonntag

ARD ZDF 3 satARTE RTL SAT 1

ZDF 3 satARTE RTL SAT 1ARD

Fernsehen am Sonntag Aktualisiertes und ausgewähltes Programm www.faz.net/tv

Fernsehen am Samstag Aktualisiertes und ausgewähltes Programm www.faz.net/tv

5.30 DasWaisenhaus für wilde Tiere 5.55WissenmachtAh!6.20DurchdieWildnis –Griechenland 7.05 Paula und die wildenTiere 7.30 Anna und die Haustiere 7.45Checker Julian 8.10 neuneinhalb 8.20neuneinhalbkompakt8.25DiePfefferkör-ner 9.50 Tagesschau 9.55 Eisbär & Co.10.40 Eisbär& Co. 11.30 Quarks im Erstenextra12.00Tagesschau12.05DieTierärzte12.55Tagesschau13.00Alleswas recht ist.Dt. Komödie, 2011 14.30 Alles was rechtist –SeinoderNichtsein.Dt.Komödie,201116.00 WwieWissen. Aktiv im Alter! 16.30Mensch, Leute! Truckerin auf Probe 17.00Tagesschau 17.10 Brisant 17.47 Wetter17.50Tagess.18.00Sportschau18.20Fuß-ball: EM.ZusammenfassungdesSpiels ausBordeaux 19.57 Lotto amSamstag

20.00 Tagesschau20.15 Liebe verjährt nicht

Dt. Romantikkomödie mit HeinoFerch, TanjaWedhorn, MichaelaRosen. Regie: Sebastian Hilger,2019. Früher war Piet einBörsengenie, heute lebt er vonHartz-IV, was er seiner Ex-Freun-din Veronika aber verheimlicht.

21.45 Urlaub mit Mama Dt. Komödiemit Anja Kling, ChristineSchorn, Thomas LimpinselRegie: Florian Froschmayer, 2018

23.10 Tagesthemen MitWetter23.25 Wort zum Sonntag23.30 Maria Wern, Kripo Gotland

Vergeltung. Schwed. Krimi mit E.Röse. Regie: E. Leijonborg, 2016

1.00 Tagesschau1.05 Lindenstraße Soap4.40 Deutschlandbilder Kamerafahrt4.48 Tagesschau

5.45 Deutschland von oben 6.00 DieJungs-WG 6.25 pur+ 6.50 Wuffel, derWunderhund 7.10 Mister Twister 7.55 1,2 oder 3 8.20 Robin Hood 8.45 heuteXpress8.50Bibi Blocksberg9.15Bibi undTina10.05 Lassie10.30NotrufHafenkan-te11.15SOKOWismar12.00heuteXpress12.05 Menschen. Wir fahren nach Tokio(1/3)12.15Zu schönumwahr zu sein.Dt.Komödie, 201213.45RosamundePilcher:Evitas Rache. Dt. Melodram, 2014 15.13heute Xpress 15.15 Vorsicht, Falle! 16.00Bares für Rares17.00heute17.05Länder-spiegel. Eingesperrt in Neustadt 17.35plan b. Die Suche nach Impfstoffen undneuenMedikamenten 18.05 SOKOWien19.00 heute 19.20 ZDF spezial 19.40 Ba-res für Rares – Lieblingsstücke

20.15 Unter Verdacht – Evas letzterGang Dt. Kriminalfilmmit SentaBerger, Rudolf Krause, GerdAnthoff. Regie: Andreas Herzog,2019. Der letzte Fall führt Pro-hacek und Langner zurück zuihrem ersten gemeinsam ermit-telten Fall vor siebzehn Jahren.

22.00 SOKO Leipzig Die Brücke22.45 heute-journal MitWetter23.00 Das aktuelle Sportstudio Mod.:

Dunja Hayali. Zu Gast: Maximili-an Hartung (Fechter), Arne Dirks(Geschäftsführer Brose Bamberg)

0.00 heute Xpress0.05 heute-show0.35 Desperate Measures –

Jede Stunde zählt Amerik.Actionthriller mit Michael KeatonRegie: Barbet Schroeder, 1998

3.10 Darkman Amerik. Horrorthrillermit L. Neeson. Regie: S. Raimi, ’90

5.25 Auf roten Sohlen mit Christian Lou-boutin6.20Robert Redford –TheGoldenLook7.15TheMobility ofTomorrow8.10360°GeoReportage9.05360°GeoRepor-tage10.00Stadt LandKunst Spezial.Wien:Stefan Zweigs Welthauptstadt 10.55 ZuTisch ... in Umbrien 11.20 Das SchwarzeMeer 12.50 Stadt Land Kunst Spezial13.30 Russland von oben. EuropäischesErbe / Russlands Süden / Sibiriens Reich-tümer / Kalte Küsten / Am Pazifik – Russ-land Fern-Ost 17.15 Arte Reportage. Co-ronavirus: Der große Schlaf / Sibirien: DieHelden der Urzeit 18.10 Mit offenen Kar-ten. Kaschmir, ein Konflikt ohne Ende18.25 GEO Reportage. Insekten, unserSpeiseplan für morgen? 19.10 Arte Jour-nal 19.30 Ein Palast in Marrakesch

20.15 Unser Universum (1–/3)Dokureihe. Götter und Dämo-nen / Das Zentrum / UnendlicheWeiten. Die Urmenschen sahenim Sternenhimmel eine vonüberirdischenWesen bevölkerteWelt. Der Blick zu den Sternenbrachte aber nicht Mythenhervor – es war auch der Beginnder modernenWissenschaft.

23.00 Mobile Zukunft DokumentationDie Stadt von morgen

23.55 Streetphilosophy Hab keineAngst! Mit Ronja von Rönne

0.20 Square für Künstler CarteBlanche für Hervé Di Rosa

0.50 KurzSchluss MagazinDas Kurzfilmfest in Frankreich /Zoom – Eve Chems de Brouwer /Kurz-Info – Bref wird 30

3.35 Waterfountain Franz. Kurzfilmmit Philippe Rebbot, 2018

5.45 Tartuffe oder Das Schwein derWei-sen 8.10 Schwanensee. Ballett. Aus derOper am Rhein Düsseldorf von Peter I.Tschaikowsky. Mit Marcos Menha, Mar-lúcia do Amaral, Camille Andriot 10.20Der Barbier von Sevilla. Oper. Kunst- undKulturtempel LAC vonGioachino Rossini.Mit Edgardo Rocha, RiccardoNovaro, Lu-cia Cirillo 13.25 NDR Klassik Open Air:DonGiovanni. Oper. Aus demMaschparkin Hannover. Mit Ludovic Tézier, MalinByström, Luca Pisaroni 16.30 Anna Ne-trebko singt „Aida“. Oper. Von den Salz-burger Festspielen 2017. Mit FrancescoMeli, Roberto Tagliavini 18.10 GeorgesBizet: Carmen. Oper. Von den BregenzerFestspielen, 2017.Mit Gaëlle Arquez, Da-niel Johansson, Scott Hendricks

20.15 Die Zauberflöte Oper. Aus St.Margarethen Mit Max Simoni-schek, Attilio Glaser, Ana MariaLabin. Als Papageno gab MaxSimonischek sein Operndebüt ineiner Inszenierung von CarolinPienkos und Cornelius Obonya.

22.40 Anna Netrebko in der Wald-bühne Ausführende: AnnaNetrebko (Sopran), Yusif Eyvazov(Tenor). Gemeinsammit ihremMann, demTenor Yusif Eyvazov,gab der umjubelteWeltstar AnnaNetrebko am 31.August 2017 inder BerlinerWaldbühne seineinziges Open-Air-Konzert inDeutschland in diesem Jahr.

0.10 Carl Orff: Carmina Burana LongYu1.20 Rigoletto Oper

Von den Bregenzer Festspielen4.25 Persona Drama von Ingmar

Bergman. Schauspiel

5.45 Verdachtsfälle. Doku-Soap 7.45 Fa-milien imBrennpunkt. Doku-Soap. Über-vorsichtige Mutter will ganzer Klasse In-ternetzugang verbieten / MysteriöserLehrer führt Doppelleben / TeenagersetztMutter unter Druck 10.35Der Blau-licht-Report. U. a.: Bahnarbeiter findetBlutspuren / Jugendliche überfällt Apo-theke / Ehepaar beobachtet brutale Ent-führung / Ausgesetztes Baby enttarntverzweifelteMutter /VerzweifelteMuttergeht auf Jugendamtsmitarbeiterin los /Kindesentführung beim Babyschwim-men / Nonnewird überfallen / Polizistensollen kleinem Jungen eine Bierflascheöffnen 17.45 Best of ...! Show 18.45 RTLaktuell 19.03 Wetter 19.05 Life – Men-schen, Momente, Geschichten

5.00Die dreisten drei – Die Comedy-WG5.25 Klinik am Südring 8.50 The BiggestLoser. Jury: Dr. Christine Theiss, RaminAbtin, Petra Arvela 12.15Das große Pro-mibacken. Kandidaten: Sarah Lombardi,Julius Brink,Manuel Cortez, Anni Friesin-ger-Postma, Sonja Kirchberger, MartinSchneider, Patrick Lindner, Andrea Kiewel15.05 Auf Streife – Die Spezialisten. Do-ku-Soap 16.59 So gesehen 17.00 AufStreife – Die Spezialisten. Doku-Soap19.00 Grenzenlos – DieWelt entdecken.Südvietnam – Land imAufbruch. Saigonwandelt sich zur quicklebendigen undpulsierenden Metropole. In den Touris-tenhochburgen werden Freizeitparksund Luxushotels in Rekordgeschwindig-keit gebaut. 19.55 Sat.1 Nachrichten

20.15 Deutschland sucht denSuperstar Liveshow (3/3). Jury:Dieter Bohlen, Pietro Lombardi,Oana Nechiti, Florian SilbereisenModeration: Alexander KlawsDie verbliebenen fünf Kandida-ten performen jeweils 2 Songs.Die Zuschauer entscheiden perTelefon-, SMS- und Online-Vo-ting, welche vier Sänger umden Titel kämpfen.

23.15 Hotel Verschmitzt – Auf dieOhren, fertig, los! Der Unfall.Mitwirkende: Ralf Schmitz,Bastian Bielendorfer, KatalynHühnerfeld, Kathrin Osterode,Simon Pearce, Marco Rima,Enie van de Meiklokjes

0.10 Take Me Out ShowModeration: Ralf Schmitz

1.15 Temptation Island (4)3.15 DSDS Liveshow (3/3)

20.15 Zoomania – Ganz schön ausge-fuchst! Amerik. Animationsfilm.Regie: Byron Howard, RichMoore, 2016. Judy Hopps’Traumist endlich wahr geworden: DieHäsin wird Polizistin in derMetropole der Tiere: Zoomania.

22.10 Kindsköpfe Amerik. Komödiemit Adam Sandler, KevinJames, Chris Rock. Regie: DennisDugan, 2010. Nachdem ihr High-school-Basketballtrainer gestor-ben ist, treffen sich fünf frühereFreunde zu seiner Beerdigung.

0.00 Jack und Jill Amerik.Komödie mit Adam SandlerRegie: Dennis Dugan, 2011

1.50 Bad Asses on the Bayou Amerik.Actionfilm mit Danny TrejoRegie: Craig Moss, 2015

4.05 The Devil’s Double Belg./Holländ. Actionthriller, 2011

ZDF Neo

16.05 Terra X 16.50 Die glorreichen 1018.20 Sketch History 18.45 Dinner Date19.30 Langnese, Schöller &Co. –Der gro-ße Eis-Test 20.15Wie das Leben so spielt.Amerik. Tragikomödie, 2009 22.35 Afterthe Sunset. Amerik. Actionkomödie, 20040.05 Jesse Stone: Lost in Paradise. Ame-rik./Kanad. Kriminalfilm, 2015

Phoenix

16.30Geheimnisvoller Garten 17.15DiegeheimeWelt der Pflanzen 19.30Opera-tionWald 20.00 Tagesschau 20.15 Neu-seeland – Rivalen der Urzeit 23.15 ZDF-History 0.00Grenzenlos – Das Jahr 1989

Pro Sieben

16.10 Two and a Half Men 18.00 News-time 18.10 Die Simpsons 19.05 Galileo20.15 The Finest Hours. Amerik. Action-film, 2016 22.35 ImHerzen der See. Ame-rik./Austral./Span. Abenteuerfilm, 20150.50 The Finest Hours – Rettung auf ho-her See. Amerik. Actionfilm, 2016

Tele 5

16.30 Timeless 17.25 TheQuest (1)18.20Sea Patrol (8)20.15Arthur &Merlin. Engl.

Fantasyfilm, 2015 22.25 Beowulf. Ame-rik./Engl. Fantasyfilm, 1999 0.10 12Mon-keys. Amerik. Sci-Fi-Film, 1995

KIKA

16.35 Dein großer Tag 17.00 Timster17.15 The Garfield Show 18.00 Wir Kin-der aus demMöwenweg 18.15Die BieneMaja 18.35Mama Fuchs und PapaDachs18.50 Sandmann 19.00 Mia and me19.25CheckerTobi 19.50 logo! 20.00 Ki-KA Live 20.10 Checkpoint

Hessen

16.00Kräuter derWelt (1/5)16.45Hessenà la carte17.15heimspiel!17.45 ttt18.15maintower 18.45 Was geht, Hesse?! (2)19.30 hessenschau 20.00 Tagess. 20.15Wunderschön! 21.40 Elstners Reisen23.10 Der Bestatter (9/10) 1.10 Krieg inLondon –TheCrime. Engl. Actionfilm, ’12

NDR

16.15Neues aus Büttenwarder 16.45 Ju-dith Rakers: Abenteuer Pferd 17.30 TimMälzer kocht! 18.00Nordtour18.45DAS!19.30 Regional 20.00 Tagesschau 20.15Klein gegen Gro. Kandidaten: VictoriaSwarovski, Joshua Kimmichu. a. 23.30

Die Deichbullen 0.30 Quizduell 1.15 Ju-dith Rakers: Abenteuer Pferd

RBB

16.00 rbb2416.15Die 30 schönsten Frei-zeit-Vergnügen17.00 rbb2417.10Bilder-buch 18.00 UM6 18.30 rbb Kultur 19.00Die rbb-Reporter 19.30 Abendschau/Brandenburg akt. 20.00 Tagesschau20.15 rbb spezial 20.30 Berlin – Schick-salsjahre einer Stadt 22.00 rbb24 22.15Wolfsland – Ewig Dein. Dt. Kriminalfilm,2016 23.45 Frenzy. Engl. Thriller, 19721.35 Die radioeins Party mitWestBam

WDR

16.05 Von Liebe, Leid und Leidenschaft16.45Landund lecker17.15Viel fürwenig17.45 Kochenmit Martina &Moritz 18.15Einfachundköstlich18.45AktuelleStunde19.30 Lokalzeit 20.00 Tagesschau 20.15VonUdo JürgensbisHeleneFischer21.45Deutsche Hits aus 60 Jahren –Von ConnyFroboess bis Campino 23.15 Keine Atem-pause 23.55 99 Luftballons über Hagen

MDR

16.00 Elefant, Tiger & Co. 16.30Da,wo esnoch Treue gibt. Österr./Dt. Heimatfilm,

200618.00Heute imOsten18.15 In Sach-sen 18.54 Sandmann 19.00 Regional19.30MDRaktuell19.50Quickie20.15Allyou need is love 22.35 Olafs Klub 23.15Der rasende Roland. Dt. Komödie, 19770.15 Auf schmaler Spur. Magazin

SWR

16.15 Koch mal Anders 17.00 Im Süd-westen kocht dieWelt17.30Der Südwes-ten von oben 18.00 Aktuell BW 18.15LandesschauMobil 18.45 Stadt – Land –Quiz 19.30 Aktuell 20.00 Tagess. 20.15Andy Borg –Wir halten zusammen 22.20Agathe kann’s nicht lassen – Mord mitHandicap. Dt./Österr. Krimikomödie,2006 23.45 Agathe kann’s nicht lassen –DasMörderspiel. Dt. Krimikomödie, 2007

Bayern

16.00 Rundschau 16.15DasMoor 17.00Geliebtes Alpaka 17.45 Zwischen Spes-sart und Karwendel 18.30 Rundschau19.00Gut zuwissen 19.30Kunst & Krem-pel 20.00 Tagesschau 20.15 Ein GaunerGottes. Dt. Gaunerkomödie mit FritzWepper, 2004 21.45 Rundschau 22.00Wieder daheim. Dt. Drama, 2008 23.30Für immer daheim. Dt. Heimatfilm, 20111.00 Dahoam is Dahoam

RTL 2

16.15 Zuhause im Glück 18.15 Zuhauseim Glück 20.15 Hulk. Amerik. Sci-Fi-Filmmit Eric Bana. Regie: Ang Lee, 2003 23.00The Lazarus Effect. Amerik. Sci-Fi-Horrormit Mark Duplass. Regie: David Gelb,2015 0.35 TheWalkingDead. Horrorserie

Super RTL

16.15 ALVINNN!!! 17.10 Go Wild! 17.40BugsBunny&LooneyTunes18.10DieTomundJerryShow18.40WoozleG.19.10AL-VINNN!!! 19.40 Angelo! 20.15 Der Lorax.Amerik./Franz.Animationsfilm,201221.55Operation: Nussknacker. Amerik./Kanad./Südkorean. Animationsfilm, 2014 23.30Comedy total 0.05 Infomercials

Kabel 1

16.20 Kabel Eins News 16.30 EUReKA –Die geheime Stadt 20.15 MacGyver. Se-rie. Angriff in der Luft / Fälschungen undLügner / Entführung im Wolkenkratzer23.00 Hawaii Five-0 0.50 MacGyver

Vox

16.55 Der Hundeprofi 18.00 hundkatze-maus 19.10 Die Pferdeprofis (7) 20.15 As-terix im Land der Götter. Franz./Belg. Ani-

mationsfilm, ’14 22.00 Die 5. Welle.Amerik./Engl. Sci-Fi-Film, ’160.00Med.Det.

ARD-alpha

16.00 Visite 17.15 Meryns Sprechzimmer18.00 Hauptsache gesund 18.45 Der Ge-sundheits-Check 19.15 Schätze der Welt19.30Global300020.00Tagesschau20.15Geschichte Made in China (3/6) 22.15 Ex-peditionen insTierreich22.40 Frühling imKaiserstuhl 23.00 Bayerischer Kalender23.35Nordischer Frühling0.00Stadtfrüh-ling0.30GeschichteMade inChina (3+4/6)

WELT

Stündlich Nachrichten 17.05 Die großenEpidemien18.25DieFoodtruckerin19.15Corona-Krise – Kampf in den USA 19.40WELT-Spezial 20.05 Die großen Epidemi-en21.25Corona-Krise – Shutdown22.05Die großen Epidemien 23.25Corona-Kri-se – USA 0.00 Die großen Epidemien

ntv

Stündlich Nachrichten 16.10 ZwischenKnast und Kinderzimmer 17.05 Deluxe18.30 Auslandsreport 19.05 Wissen20.15 Krieg und Frieden 22.10 Mega-Projekte derNazis 0.55Krieg und Frieden

5.30DasWaisenhaus fürwildeTiere5.55Wissen macht Ah! 6.20 Durch die Wild-nis – Griechenland 7.05 Tigerenten Club8.05 Tiere bis unters Dach 9.30DieMaus10.00 Tagesschau 10.03 Das Märchenvom Schlaraffenland. Dt. Märchenfilm,2015 11.00 Die zertanzten Schuhe. Dt.Märchenfilm, 2011 12.00 Tagesschau12.03 Presseclub 12.45 Europamagazin.U.a.: Portugal: Camper auf der Flucht vordemCorona-Virus13.15Tagess.13.30 Ichschenk dir einen Seitensprung. Dt. Lie-beskomödie, 200215.00 Liebe ist die bes-te Medizin. Dt. Liebesgeschichte, 200416.30 Familie Wolf 17.15 Tagesschau17.30Organspende für unser Kind18.00Bye Bye Lindenstraße 18.49 Lotto 18.50Lindenstraße 19.25 Weltspiegel

20.00 Tagesschau20.15 Tatort Krieg im Kopf. Dt. Krimi

mit Maria Furtwängler, FlorenceKasumba,VictoriaTrauttmansdorffRegie: Jobst Christian Oetzmann,2020. Ein Mann überwältigtCharlotte Lindholm. Soll AnaisSchmitz den Mann töten oderCharlottes Leben riskieren?

21.45 Anne Will Diskussion22.45 Tagesthemen23.05 ttt Magazin. U. a.: Corona –

eine Feuerprobe für Europa? /Künstler und der Corona Shut-down / Siegfried Lenz’Roman„Der Überläufer“ wird verfilmt

23.35 Druckfrisch Lutz Seiler: Stern 111 /HilaryMantel: Spiegel und Licht

0.05 Härte Dt. Biografie mit L. HeyerRegie: R. von Praunheim, 2015

1.35 Tagesschau1.40 Lindenstraße Soap3.10 Tagesschau

5.20Deutschland vonoben 5.30 Länder-spiegel 6.00 Die Biene Maja 6.10 Heidi6.55 Bibi Blocksberg 7.20 Bibi und Tina7.45 Mia and me 8.35 Löwenzahn 9.00heute Xpress 9.03 sonntags 9.30 Ev. Got-tesdienst 10.15 Kreuzfahrt ins Glück.Hochzeitsreise nach Sevilla. Dt. TV-Fami-lienfilm, 2010 11.45 heute Xpress 11.50Bares für Rares – Lieblingsstücke 14.00kaputt und ... zugenäht! 14.45 heuteXpress 14.50 Zurück in die Zukunft II.Amerik. Sci-Fi-Film, 1989 16.30 planet e.Alte Nutztierrassen – neu entdeckt 17.00heute 17.10 Sportreportage 18.00 ZDF.reportage. Wegen Corona geschlossen18.30 Terra Xpress Spezial 19.00 heute19.10 Berlin direkt 19.33AktionMenschGewinner 19.35 Terra X. Das Mittelalter

20.20 Tonio & Julia Nesthocker.Dt. Familiendrama mit OonaDevi Liebich, Maximilian Grill,Charlotte Schwab. Regie: BettinaWoernle, 2020. Pfarrer Toniound Therapeutin Julia gehenauf Distanz zueinander. DochTanja Clemens braucht ihre Hilfe.Denn ihr erwachsener Sohnist wieder bei ihr eingezogen.

21.50 heute-journal MitWetter22.20 maybrit illner Corona spezial

Der Polit-Talk im ZDF23.15 ZDF-History Hardy Krüger –

Eine deutsche Legende0.00 heute Xpress0.05 Inspector Barnaby Da hilft

nur beten. Engl. Krimi mit NeilDudgeon. Regie: Alex Pillai, 2014

1.35 Terra X Das Mittelalter2.20 Terra X DieWelt der Ritter (2/3)3.00 ZDF-History Dokureihe3.45 planet e. Alte Nutztierrassen

5.20 Metropolis 6.05 Tanz, Macht, Miss-brauch 7.00 Brasiliens grünes Herz amAtlantik7.45Karambolage8.00Denkmalquer! 8.25 Echt genial 8.40 Coco und Ts-hering 9.05 Arte Junior Magazin 9.20Rückkehr in die Bretagne. Franz. Drama,2019 10.40 Künstlerinnen 11.10 Vox Pop11.40 Geheimnisvolle Schwarze Löcher.Amerik. Dokufilm, 2018 13.35 Koch undPasteur – Duell im Reich der Mikroben.Franz. Dokumentarfilm, 2018 15.10 JoanMiró16.05Metropolis16.55Dudamel di-rigiert Mahler in Barcelona. Gustav Mah-ler: Sinfonie Nr. 2 in c-Moll 18.25 ZuTisch... imHarz18.55Karambolage.U.a.: Durf-ten Lehrerinnen in Deutschland frühernicht heiraten? 19.10 Arte Journal 19.30360°. David und die Komodowarane

20.15 Der zweite Atem Franz. Kriminal-film mit Lino Ventura, PaulMeurisse, Raymond Pellegrin.Regie: Jean-Pierre Melville, 1966.Der flüchtige Gangster Gu trifftin Marseille seinen Freund Paul,der einen Überfall auf einenGeldtransporter plant.Gu willigt ein, mitzumachen.

22.40 Der Virtuose des Gangster-films – Jean-Pierre Melville

23.35 Artemis – Das unendlicheStreichquartett Dokumentation

0.30 Rheingau Musik Festival –Trifonov spielt TrifonovAm Klavier: Daniil Trifonov

1.20 Illusion Jugoslawien (1+2/2) Derkünstliche Zusammenhalt / Un-weigerliches Auseinanderdriften

3.15 Vergissmeinnicht LouiseWeiss,Europäerin / Gala Dalí, Muse

4.10 Begegnung mit den Meeres-völkern Oman: Die Kumzaren

5.55 Josh Groban: Bridges – In concertfrom Madison Square Garden 6.40 Joni75: A Birthday Celebration 7.40 zdf@bau-haus 8.25 Paul Simon’s Concert in thePark 9.40 John Fogerty:My 50YearTrip –Live at Red Rocks 10.25 TheWho: Live atKilburn. Konzert 11.25 The Doobie Brot-hers: Live from the BeaconTheatre 12.25Beth Hart: Live at the Royal Albert Hall13.25 Sheryl Crow: Live at the CapitolTheatre 14.25 Dixie Chicks: DCX MMXVIWorldTour 15.25 Sting: Live at theOlym-pia Paris 16.40 U2: eXPERIENCE Live –Berlin. Konzert 17.55Coldplay: Live. Kon-zert 19.00 The Bee Gees: One for All.Konzert. Im Rahmen der „One for AllWorld Tour“ gastierten die Bee Gees amim November 1989 in Melbourne.

20.15 Elvis: Aloha From HawaiiKonzert. Zugunsten deramerikanischen Kui-Lee-Krebs-hilfe gab Elvis Presley im Januar1973 sein berühmtes Konzertin Honolulu. Die Veranstaltungwurde in über vierzig Länderper Satellit übertragen.

21.15 Elvis: All-Star TributeKonzert. Jennifer Lopez,Ed Sheeran, Shawn Mendes,John Legend, Keith Urban undviele andere feierten den„King“.

22.30 The Rolling Stones:Havana Moon Konzert

0.20 Metallica: Françaispour une nuit Konzert

1.35 Ariana Grande:Live in London Konzert

2.15 Marteria: Live im Ostseestadion3.15 Muse: Drones World Tour4.45 zdf@bauhaus

Live-Musik mitWanda

5.50 Der Blaulicht-Report. Doku-Soap6.25Familien imBrennpunkt.Doku-Soap.Mutter hatAngstum ihre17-jährigeToch-ter 8.25 Die Superhändler – 4 Räume, 1Deal. Show.U.a.: Brautkleid / Palmenlam-pe /Teevitrine /Theremin / Buchstützen /Lichtleiste / Tretauto 10.35 UndercoverBoss. Doku-Soap. CAP / R+S 12.25Deutschland sucht den Superstar. Live-show (3/3)15.15Absolut16.45Explosiv –Weekend.Magazin17.45Exclusiv –Week-end. Magazin. Mod.: Frauke Ludowig18.45RTLaktuell19.03Wetter19.05Mar-tin Rütter –DieWelpenkommen (7). U.a.:Familie Kretz aus der Schweiz: DeutscherBoxer„Mogli“ / Familie Stadler ausBayern:Mischling „Lucy“ / Familie Brüggen ausNRW: Langhaarcollie„Lily“

5.55 Auf Streife 7.00 Genial daneben –Das Quiz 8.00 So gesehen – Talk amSonntag. Gespräch 8.20 Genial dane-ben –DasQuiz 9.15 TheVoice Kids. BlindAudition (5/6). Jury: LenaMeyer-Landrut,Max Giesinger, Sasha, Florian Sump, Lu-kas Nimscheck 11.40 Jack und Jill. Ame-rik. Komödie mit Adam Sandler, 201113.35 Kindsköpfe. Amerik. Komödie mitAdam Sandler, Kevin James, Chris Rock.Regie: DennisDugan, 201015.30Zooma-nia – Ganz schön ausgefuchst! Amerik.Animationsfilm. Regie: Byron Howard,Rich Moore, 2016 17.25 Mit Nagel undKöpfchen –Die große Kreativ-Challenge.Jury: Jelena Weber, Prof. Wolfgang Lau-bersheimer, Steven Schneider 19.50BILDCorona Spezial 19.55 Sat.1 Nachrichten

20.15 James Bond 007 – SkyfallAmerik./Engl. Agentenfilmmit Daniel Craig, Naomie Harris,Bérénice Marlohe. Regie: SamMendes, 2012. Terroristen habendie MI6-Zentrale gesprengt,eine Liste aller britischenUndercover-Agenten veröffent-licht und Bond angeschossen.

22.55 Die 10... ...spektakulärstenJames-Bond-Momente. SonjaZietlow widmet sich einemMythos.Welcher Moment desberühmtesten AgentenderWelt wird die Nummer eins?

23.50 James Bond 007 – SkyfallAmerik./Engl. Agentenfilm mit D.Craig. Regie: SamMendes, 2012

2.30 Die 10... ...spektakulärstenJames-Bond-MomenteModeration: Sonja Zietlow

3.25 Der Blaulicht-Report4.20 Exclusiv – Weekend Magazin

20.15 The Voice Kids Blind Audition(6/6). Jury: Lena Meyer-Landrut,Max Giesinger, Sasha, FlorianSump, Lukas Nimscheck. Mode-ration: Thore Schölermann,Melissa Khalaj. Max Giesinger,der bereits in der sechsten Staffelals Coach fungierte, hat selbstErfahrungen in der Erwachse-nen-Version der Castingshowgesammelt. Er hat seitdemdrei Alben veröffentlicht.

22.40 Genial danebenZu Gast: Hella von Sinnen,Wigald Boning, Luke Mockridge,Lisa Feller, Ingolf LückModeration: Hugo Egon Balder

23.35 The Voice Kids Blind Audition(6/6). Jury: Lena Meyer-Landrut,Max Giesinger, Sasha, FlorianSump, Lukas Nimscheck

1.40 Auf Streife – Die Spezialisten4.00 Auf Streife Doku-Soap

ZDF Neo

16.35 Sketch History 17.00 Death in Pa-radise 18.45 Father Brown 20.15 Ein ge-fährliches Angebot. Dt. Thriller, 201621.45 Jenseits der Angst. Dt. Drama, ’1923.15 Laura Karasek 0.00 heute-show

Phoenix

16.15Der Beitritt 17.00Neuseeland – Ri-valen der Urzeit 20.00 Tagesschau 20.15Die Supersinne derTiere 22.30DieWild-nis Malaysias 23.15 heute-show 23.45extra 3 0.30 bilder der geschichte

Pro Sieben

17.00 taff we 18.00News-time 18.10DieSimpsons 19.05 Galileo 20.15 SuicideSquad. Amerik. ActionfilmmitWill Smith,2016 22.40Resident Evil: The Final Chap-ter. Amerik./Dt./Franz./Kanad./Austral./Engl./Japan. Sci-Fi-Horror, 20160.35 Sui-cide Squad. Amerik. Actionfilm, 2016

Tele 5

16.20 Sherlock Holmes: Der Vampir vonWhitechapel. Kanad. Mysterythriller,2002 18.05 Das Geheimnis des verbor-genen Tempels. Amerik./Engl. Abenteu-erfilm, 1985 20.15 Fantomas bedroht die

Welt. Franz./Ital. Krimikomödie, 196722.20 Der Todeskuss des Dr. FuManchu.Engl./Span./Dt. Gruselfilm, 1968 0.00DieFolterkammer des Dr. Fu Manchu. Engl./Dt./Ital./Span./FL. Gruselfilm, 1969

KIKA

16.00 Yakari 16.35 Anna und… 17.00 1,2 oder 3 17.25 Die Piraten von nebenan18.00 Kinder aus demMöwenweg 18.15Die Biene Maja 18.35 Mama Fuchs …18.50Sandmann19.00Miaandme19.25pur+ 19.50 logo! 20.00 Erde an Zukunft20.10 stark! 20.25 Schau inmeineWelt!

Hessen

16.15 Alles Wissen 17.00 Koch’s [email protected] in derCorona-Krise 19.00 Hessen und die Co-rona-Krise 19.30 hessenschau 20.00 Ta-gess. 20.15 Herrliches Hessen 21.00Frankfurts grünesWohnzimmer21.45diejackpot-jäger 22.30 strassen stars 23.00DieMontagsmaler 23.45 Ich trage einengroßen Namen 0.15 die jackpot-jäger

NDR

16.00 Lieb und teuer 16.30 Sass: So isstder Norden 17.00 Bingo! 18.00Nordsee-

report 18.45 DAS! 19.30 Regional 20.00Tagesschau 20.15 nordstory spezial21.45 NDR-Quizshow 22.30 Hätten Sie’sgewusst? 23.35 Sportclub 0.20Quizduell

RBB

16.00 rbb24 16.10 In aller Freundschaft –Die jungen Ärzte 17.00 rbb24 17.10 Inaller Fr. 17.50 Sandmann 18.00 UM618.30Gartenzeit 19.00Die Spur derTäter19.30 Abendschau/Brandenburg akt.20.00 Tagesschau 20.15 rbb spezial20.30 Gefragt – Gejagt 21.15 Gefragt –Gejagt 22.15 Manon 0.50 Barberini

WDR

16.00Vielseitiges Korfu 16.45 Sturköpfe.Dt. Komödie, 2015 18.15 Tiere suchenein Zuhause18.45Aktuelle Stunde19.30Westpol 20.00 Tagesschau 20.15 Wun-derschön! Peloponnes im Frühling 21.45Jürgen von der Lippe: „Wie soll ich sa-gen...?“23.15 Für immer Kult0.00 JürgenBecker Solo 1.00 Rockpalast

MDR

16.30 Sport im Osten 17.10 In aller Fr.18.05 In aller Fr. 18.52 Sandmann 19.00Regional 19.30 MDR aktuell 19.50 Kripo

live 20.15Henne, Cohrs & Co. 21.45MDRaktuell 22.00 Erschaffen wir uns neu?22.45 Viren – Die unsichtbaren Feinde.Amerik./BRA/KPU/Chin./CON/Dt./LIBR/SL/SIN/Schweiz./Thailänd./Engl. Doku-film, 2017 0.15 FahrendeMusikanten

SWR

16.00 7 Tage ... 16.30 Krause kommt!17.15 Amerikas Naturwunder 18.00 Ak-tuell BW 18.15 Ich trage einen großen ...18.45 Treffpunkt 19.15 Die Fallers 19.45Aktuell BW 20.00 Tagess. 20.15 Hölder-lin – Dichter sein. Unbedingt! Dt. Doku-film, 2020 21.45 Sport 22.30Mütter undTöchter. Amerik./Span. Drama, 2009 0.25Nuhr imErsten1.10 KeinTrend verpennt!

Bayern

16.00Rundschau16.15Unser Land16.45Euroblick 17.15 Einfach. Gut. Bachmeier17.45 Frühling im Steigerwald 18.30Rundschau 19.00 Bergauf, bergab 19.30Kommunalwahl 2020. Die Stichwahlen.Erste Trends aus allen bayerischen Regi-onen20.00 Tagesschau20.15Brettl-Spit-zen XI 21.45 Rundschau 22.15München723.00Kommunalwahl 202023.45Drei.Zwo. Eins. Michl Müller 0.30 Ein GaunerGottes. Dt. Gaunerkomödie, ’04

RTL 2

16.15 Der Trödeltrupp 17.15 Mein neuerAlter 18.15 GRIP 20.15 Der Hobbit: DieSchlacht der fünf Heere. Neuseel./Amerik.Fantasyfilm,201423.00GhostStories. Engl.Horrorfilm, 2017 1.05 Silent Hill. Kanad./Franz./Japan./Amerik. Horrorthriller, 2006

Super RTL

17.10 GoWild! 17.40 Bugs Bunny 18.10DieTomund Jerry Show 18.40Woozle G.19.10ALVINNN!!!19.40Angelo!20.15Dietollkühne Hexe in ihrem fliegenden Bett.Amerik. Fantasyfilm, 197121.55Cold Jus-tice23.30Comedy total0.00 Infomercials

Kabel 1

16.05Kabel Eins News 16.20Mein Lokal,Dein Lokal – Der Profi kommt 20.15 Po-lice Academy V – Auftrag: Miami Beach.Amerik. Komödie, 1988 22.05AbenteuerLeben amSonntag 0.00 Trucker Babes –400 PS in Frauenhand 1.45 Challenge

Vox

16.00 Mein Leben auf Achse (1) 17.00automobil 18.10Biete Rostlaube, sucheTraumauto 19.10 Ab ins Beet! (6) 20.15Kitchen Impossible. Tim Mälzer vs. Tim

Raue 23.40 Prominent! 0.20Medical De-tectives. Dokumentationsreihe

ARD-alpha

16.00 Kunst & Krempel 16.30 Newton17.00 Xenius 17.30 W wieWissen 18.00Einfachgenial18.30Quarks19.15 Schät-ze derWelt 19.30 Respekt. Populismus –Gefahr für die Demokratie? 20.00 Tages-schau20.15DieWelt imKrieg22.00PierreBoulez Radikal 22.45 Capriccio 23.20 al-pha-Jazz 0.50 Die Tagess. vor 20 Jahren

WELT

StündlichNachrichten 16.05 Lost Places18.05 WELT-Spezial 19.05 Die großenEpidemien 21.25 Corona-Krise – Kampfin denUSA 22.05Die großen Epidemien23.25 Corona-Krise – Der große Shut-down 0.05 Die großen Epidemien 1.20Corona-Krise –Tourismus ohneTouristen

ntv

Stündlich Nachrichten 16.10 Krieg undFrieden 18.30Wissen. Einsatztraining fürKatastrophen19.10PS – Klassik (1)20.15Giganten der Geschichte. Dokureihe23.10Das Universum – Eine Reise durchRaumund Zeit 0.55Wir Deutschen (1/2)

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Page 18: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

SEITE 18 · SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGLiterarisches Leben

„Flüchtige Existenzen“ sind wir, heißt esgleich zu Beginn, und wenig ist flüchti-ger als der Augenblick der liebenden Be-gegnung. Zwar ist er länger als wortwört-lich der Augenblick, aber lange dauert erwahrlich nicht. Das Paar in diesem Ge-dicht hat sich in einem Hotelbett geliebt.Die beiden müssen so begierig aufeinan-der gewesen sein, dass die Monatsblu-tung der Frau nicht störend, vielleichtgar beflügelnd gewirkt hat. Und nun gibtes einen Fleck auf dem Laken.

Warum aber macht der Mann (es istklar, dass hier der Mann spricht) solchenWind um diese Lappalie? Ihm geht es of-fensichtlich um etwas anderes. Es gehtihm um die Vergegenwärtigung der eige-nen Existenz, die Absicherung des eige-nen Daseins, und in dieses Bedürfnis be-zieht er die Partnerin mit ein, denn ersagt: „wir zwei . . .“

Neben all dem, was für einen Liebes-akt von Fall zu Fall sprechen mag, liegtder hauptsächliche Grund eben in demWunsch, das Verfliegen der Zeit, demman ohnmächtig ausgeliefert ist, in ei-nem rauschhaften Hier und Jetzt festzu-halten und sich der Tatsache zu vergewis-sern: Ich bin, wir sind. Und zwar nicht ir-

gendetwas, nicht irgendwer, sondern In-dividuen, besondere Menschen. Der Per-sonalausweis würde es bestätigen, dochdas eigene Lebensgefühl nicht unbe-dingt. Denn die Spuren unseres Erden-wandels verwehen wie die Schrift imSand. „Als hätten wir nie gelebt . . .“steht in der dritten Zeile.

Voller Unmut über diese Kränkungphantasiert der Autor eine polizeilicheUntersuchung, die dem Fleck und seinenUrhebern eine gewisse Bedeutung, undsei es eine kriminelle, beimäße. Dazuwird es nicht kommen. „Was würde es än-dern? Wir sind nicht mehr da.“

Und nun springt das Gedicht eineEtage höher. Die Melancholie, die uns inden ersten zwölf Zeilen begegnet, stei-gert sich unvermittelt in einen Verzweif-lungsruf: „Bleib bei mir, hörst du?“ Alswäre das nicht genug, wird die persönli-che Anrede in eine weitergehende objek-tiviert: „Bitte bei mir bleiben.“ Das Aus-rufezeichen fehlt, als wäre dem Sprecherdie Luft ausgegangen.

Einer der berühmtesten Sätze ausAdornos „Minima Moralia“ lautet: „Beivielen Menschen ist es bereits eine Un-verschämtheit, wenn sie Ich sagen.“ Das

klingt nun seinerseits ein bisschen unver-schämt, aber man versteht das Diktumbesser, wenn man die vorausgegangenenSätze liest: „Bei Hegel war Selbstbewußt-sein die Wahrheit der Gewißheit seinerselbst, nach den Worten der Phänomeno-logie das ,einheimische Reich der Wahr-heit‘ . . . Heute heißt self-conscious nurnoch die Reflexion aufs Ich als Befangen-heit, als Innewerden der Ohnmacht: wis-sen, daß man nichts ist.“

Dass man nichts ist – gegen diesesWissen protestiert Durs Grünbein. Erschreibt sein Gedicht gegen das täglicheInferno der Nachrichten, das schwer aus-zuhalten ist, gegen die Gleichmachereider Tauschwirtschaft, die alles in Produk-te verwandelt und alles dermaßen ent-leert, dass selbst dieser Augenblick erfüll-ter Gegenwart auf dem Hotelbett in derallgemeinen Gleichgültigkeit verschwin-det. Sogar das überdeutliche Zeichen desBlutflecks vermag daran nichts zu än-dern.

Vielleicht aber dieses Gedicht. Es ver-zagt nicht beim „Innewerden der Ohn-macht“. Es ist kein „großes“ Gedicht,aber ein gutes. Es hält eine Alltäglich-keit fest und gewinnt daraus eine höhere

Einsicht. Die Form ist schlicht, die Spra-che einfach, und keine Prätention ver-nebelt den Gedanken. Dem Verzicht aufdas Ambitiöse entspricht der sorgfältigeRhythmus, der gemächlich beginnt, ge-gen Ende dramatisch wird und in derletzten Zeile sein Ziel findet. Durs Grün-bein, das zeigt sein jüngster Gedicht-band „Zündkerzen“ von neuem, ist einKönner.

Durs Grünbein: „Zündkerzen“. Gedichte. Suhr-kamp Verlag, Berlin 2017. 152 S., geb., 24,– €.

Von Ulrich Greiner ist zuletzt erschienen:„Heimatlos – Bekenntnisse eines Konservati-ven“. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg2017. 160 S., geb., 19,95 €.

Eine Gedichtlesung von Thomas Huber findensie unter www.faz.net/anthologie.

Den Roman habe ich 1966als Schüler erstanden und1992 mit nach Algeriengenommen, aber erstjetzt, weil Kaufen und Mit-nehmen ja nicht gleich Le-

sen ist, erstmals gelesen. Dabei schien mirder Antrieb, das berühmte Werk zur Kennt-nis zu nehmen, immer schon existentiell:Mit sechzehn ist man rebellisch und willfrei sein, und der Name Camus stand fürebensolche Dringlichkeit. Der jungeMann, der ich war, hatte Camus’ literari-schen Text aber gleich zugunsten von des-sen Essaysammlung „Mensch in der Revol-te“ übersprungen: „Ich empöre mich, alsosind wir.“ Oder: „Die wahre Großzügigkeitder Zukunft gegenüber besteht darin, inder Gegenwart alles zu geben.“

Ein Vierteljahrhundert später, auf Re-portagereise durch das BürgerkriegsgebietAlgerien, hatte mich als behüteten Mittel-europäer die Todesgefahr angesprungenwie nie zuvor. Am Ort der Entstehung desRomans war zum Lesen gar keine Muße;draußen spielte sich ein irres Gemetzel

zwischen blutrünstigen Dschihadistenund unberechenbaren Sicherheitsdienstenab, was schon eine Fahrt von Algier nachOran zu einem erheblichen Risiko mach-te, wenn man etwa an einem Kontroll-punkt angehalten wurde. So blieb „La Pes-te“ wieder ungelesen in der Tasche. Da-mals lernte ich Boualem Sansal kennen,der 2011 den Friedenspreis des DeutschenBuchhandels bekommen sollte und imgleichen Viertel wie Camus aufgewachsenwar; sein düsterer, im Hausarrest geschrie-bener Roman „Das Ende der Welt“ von2015 erinnert an dieses Vorbild.

Wären Lektüren in den sechziger undneunziger Jahre wohl eher „symptoma-tisch“ ausgefallen, mit der Pest als Meta-pher und Allegorie für etwas anderes,meint man heute auf jeder Seite des Ro-mans die realen Symptome der Pandemiezu erkennen. Das 1947 erschienene Buch,damals rasch ein Welterfolg und über Jahr-zehnte ein Longseller, gibt heute den Tonan; in Italien sprang „La Peste“ auf Platzeins der Bestsellerliste, im Online-Buch-handel für deutsche Leser rangiert dasBuch ebenfalls weit oben, wobei es der Al-gorithmus als den Spitzentitel „afrikani-scher Literatur“ listet.

Lesen ist die allseits empfohlene Art,den angeordneten Rückzug in die eigenenvier Wände zu überstehen. Aber sucht mansich ausgerechnet dieses Sujet aus? Manliest „Die Pest“ auf jeden Fall völlig anders,wenn man die wahrscheinlich größte Be-währungsprobe seit dem Zweiten Welt-krieg vor sich hat. Camus hatte den Romanim Verlauf des Kriegs zu schreiben begon-nen, als Redakteur der Widerstandszeitung„Combat“ im von der Wehrmacht besetz-ten Frankreich. Gewiss ist das Werk keinSeuchenratgeber. Camus’ Thema war nichteine lebensgefährliche Krankheit, auchwenn er sich als Tuberkulosekranker medi-zinisch gut auskannte. Vielmehr skizzierteer, wie eine tödliche politische Gefahr, dieAusbreitung der „braunen Pest“ des Natio-nalsozialismus und allgemeiner die Bedro-hung durch ein totalitäres Regime, zu über-stehen war.

Sein Roman sei nicht mehr, aber ebenauch nicht weniger als das Narrativ einerRésistance, hat Camus rückblickend ei-nem Kritiker bekundet, der das Buch ganzzeitlos lesen wollte. „La Peste“ wurdeauch ein Klassiker der politischen Philoso-phie, die aus keinem Anlass luzider wirdals dem einer tiefgreifenden Zivilisations-krise und einer so immensen Gefährdungder Freiheit, wie wir sie wohl jetzt zu ge-wärtigen haben.

Camus neu lesen, nun als alt geworde-ner Mann und jemand, der sich zutref-

fend in der „Risikogruppe“ einsortiertweiß. Der konstatiert erst einmal, da diedeutsche Ausgabe der „Pest“ gerade on-line vergriffen und der Buchladen ge-schlossen ist, dass das vergilbte Taschen-buch noch in der Hausbibliothek steht,die durch Umzüge und Akte des Ballast-abwerfens geschrumpft ist. Vorhandenblieben in der Abteilung Camus aberauch „Der Mythos des Sisyphos“, „DerFremde“ und die Essaysammlungen undTagebücher; um postume Schriften undBiographien zum hundertsten Geburts-tag des 1960 bei einem Autounfall ver-storbenen Autors ist sie sogar noch ge-wachsen. In dieser Bibliothek hatte Al-bert Camus immer recht gehabt gegenJean-Paul Sartre, der die „Pest“ als minde-res Werk und ihren Autor als „Gassenjun-gen aus Algier“ abqualifizierte.

Dieses Mal schlug mich das Buch vonder ersten Seite an in den Bann. Das apo-kryphe Motto von Daniel Defoe (auch erBerichterstatter einer „plague“), es sei„ebenso vernünftig, eine Art Gefangen-schaft durch eine andere darzustellen, wieirgend etwas wirklich Vorhandenes durchetwas, was es nicht gibt“, wird sich im Ver-lauf der Lektüre klären, ebenso die zu-nächst nicht erkennbare Doppelrolle desRomanhelden, des Arztes Bernard Rieux,der auch als Chronist auftritt. Auf Seite 7stolpert er über eine tote Ratte und ziehtden Leser in den Sog einer sich beängsti-gend zuspitzenden Geschichte. Dann fal-len Sätze, die von heute stammen könnten:„Jetzt wird man ohne weiteres zugeben,dass unsere Mitbürger in keiner Weise auf

die Ereignisse vorbereitet waren, die sichim Frühling dieses Jahres abspielten“, ur-teilt der Arzt-Chronist. Sein Freund JeanTarrou antwortet auf die Frage, ob ihm dieEpidemie lästig sei: „nur in einer Hinsicht.Weil wir noch nie so etwas gesehen haben.Aber ich finde es interessant, wirklich, ge-radezu interessant.“ Und ein Nachbar be-gründet, warum er einem Sterbenskrankenbehilflich sein will: „Ich kann übrigensauch nicht behaupten, dass ich ihn kenne.Aber man muss sich gegenseitig helfen.“Nicht alle werden, damals wie heute, soedel sein.

Auf Seite 24 fällt erstmals das verhäng-nisvolle Wort „Pest“, das mehr als einKrankheitsbild ist und eine „lange Folgeaußerordentlicher Bilder“ auslöst. Solchevermischen sich unwillkürlich mit Eindrü-cken, zum Beispiel aus Mailand, wo nochein weiterer Report populär ist, „I promes-si sposi“ (auf Deutsch „Die Verlobten“)von Alessandro Manzoni, der die dortigePest von 1665 zum Hintergrund hat. Dassman Camus herbeizitiert, liegt an seinertreffenden Schilderung der sich verdich-tenden Gewissheit vom Ernst der Lage –und ihrer Verleugnung: „Weil die Plagedas Maß des Menschlichen übersteigt,sagt man sich, sie sei unwirklich, ein böserTraum, der vergehen wird. Aber er vergehtnicht immer, und von bösem Traum zu bö-sem Traum vergehen die Menschen, unddie Menschenfreunde zuerst, weil sie sichnicht vorgesehen haben.“

Camus führt durch alle Etappen des bö-sen Wachtraums: der erste Tote, das Bade-verbot im Meer, der sich steigernde Body-

count, die Verhängung von Abstandsgebo-ten und Einrichtung von Absonderungsla-gern, überforderte Infrastrukturen, dieMonotonie des Lebens im Belagerungszu-stand, die Trennung von Familien undFreunden, das Ausheben von Massengrä-bern, die langwierige Arbeit an einem Se-rum, die totale Erschöpfung des medizini-schen und administrativen Personals –und dann das allmähliche Abflauen, daswir jetzt auch erhoffen. Nüchtern regis-triert Camus die Hilflosigkeit menschli-cher Reaktionen, die sich ja schwerlich aneinen militärischen Feind halten könnenund andere Sündenböcke ausmachen.

Ort des Geschehens istdie (Camus grundun-sympathische) StadtOran im Westen Alge-riens, wo erste Ideen zur„Pest“ entstanden. Die

Handlung setzt ein im „April 194X“ (Ca-mus datierte das Geschehen erst konkretauf das Jahr 1941) und reicht bis zum fol-genden Februar. Hauptakteure sind ne-ben dem aufopferungsvollen Arzt Ber-nard Rieux und dem wohlhabenden, derRevolution entsagenden Jean Tarrou derVerwaltungsangestellte und verhinderteRomancier Joseph Grand und der Journa-list Raymond Rambert, der nicht berichtet,sondern Katastrophenhelfer wird. Ebensogenau zeichnet Camus Randfiguren wieden Kleinkriminellen Cottard, den Unter-suchungsrichter Othon und Rieux’ philoso-phisch-theologischen Sparringspartner Pa-ter Paneloux, der in Sachen Theodizee

meint, Oran habe die Pest verdient, weildie Sünder sich vom Glauben abgewandthätten.

Diese Romanfiguren sind allesamt Al-ter Egos des ungläubigen, aus der Kom-munistischen Partei ausgetretenen, mitdem writer’s block wohlvertrauten undvon seiner Frau getrennt lebenden Au-tors Camus. Weibliche Wesen kommennur als Staffage vor (darunter eine stri-ckende Mutter!), Araber in der damali-gen französischen Siedlungskolonie über-haupt nicht, auch wenn sie die breiteMehrheit der Bevölkerung stellten. Denchronologischen Fluss unterbricht Ca-mus mehrfach durch einen zweiten Er-zähler (Tarrou in seinen Tagebüchern)und sprachlich-künstlerische Metarefle-xionen. Die Sprache ist so schlicht wiemitreißend; der Roman, dessen früher Ar-beitstitel „Peste ou aventure“ war, könnteals Thriller gelesen werden. Beziehungs-weise als konkrete Dystopie unseresGroßexperiments: der Rettung der Sozia-lität durch Dissoziation. Und der Literatzeigt auch, welche Hilfe der flow des ein-samen Schreibens da sein kann.

1947 war in Oran wie in Paris oder Frank-furt am Main eine dunkle, arme Zeit. In je-der Hinsicht besser informiert als die Bür-ger von Oran, die sich einer übermächtigenGefahr namens Pest ausgesetzt sahen undim Dunkeln tappten, sind wir heute ange-schlossen an globale Kommunikationsnet-ze und soziale Medien, die jeden Menschenzum Live-Produzenten von (falschen) Nach-richten machen. Die Pest erscheint nichtmehr darstellbar als riesige Ratte oder aus-

ländischer Tyrann, der den Belagerungszu-stand ausruft (wie in Camus’ gleichnami-gem Stück von 1948), der Befall der Wirts-zelle wird heute durch hochaufgelöste Auf-nahmen aus dem Elektronenmikroskop il-lustriert. Dieses biopolitische Laienwissenlähmt aber auch, es beseitigt die Ungewiss-heit nicht und schafft nicht die drohendeTriage ab, die Rieux praktizieren muss.

Ich lese unkonzentriert, blätterevor und zurück. Soll ich wirklichso enden, frage ich mich und sto-cke, als Tarrou, der „Heiligeohne Gott“, eines der letzten Op-fer der Pest wird. Aber ich darf

nicht klagen, wenn nun wirklich das Endeder Welt kommt, wie wir sie kannten. Wirhaben sie in mehr als siebzig Friedensjah-ren (wenn auch nur in Mitteleuropa) ge-baut, wie sie ist, und hielten trotz atoma-rer Dauerdrohung und drastischen Episo-den wie der „Hongkong-Grippe“ (die1969 weltweit mehr als eine Million Op-fer forderte) Schicksalsschläge wie diesennie für möglich. Beklagen können sichvielmehr Kinder und Enkel, und ich mussmich zusammenreißen, um ihren Hori-zont durch Trübsinn nicht noch mehr zuverdunkeln.

Seit 1947 war der medizinische Fort-schritt gewaltig. Die Pest ist fast restlosbesiegt, nun rasen andere Pandemien umden Erdball und reihen sich ein in andereKehrseiten der „Globalisierung“, die so,wie wir sie kannten, auch beendet seindürfte – und hoffentlich keiner neuen„peste brune“ Platz machen wird. Drau-ßen scheint, wie zum Hohn, eine strah-lende Sonne aus tiefblauem Himmel fastohne die üblichen Kondensstreifen, diekalte Brise aus dem Osten schaufelt Sau-erstoff in meine Lunge. Ich trete auf denBalkon, hoffe auf ein politisches Wun-der: auf Umkehr, Einsicht, Demut, kon-struktive Phantasien. Und merke, dasssich diese Hoffnung auf ein Happy Endan einen dürren Strohhalm klammert, imabsurden Jetzt, das auf sinkende Fallzah-len und Todesquoten schrumpft wie imdüsteren Oran vor achtzig Jahren.

Die „Pest“ nimmt kein glücklichesEnde. Die Seuche ist zwar nach zehn Mo-naten ausgerottet, aber Doktor Rieuxahnt, sie bleibe in „Zimmern, Kellern, Kof-fern, Taschentüchern und Papieren“ ste-cken und könne die Ratten abermals „zumSterben in eine glückliche Stadt schicken“.Von seiner Dachterrasse auf die verhaltenjubelnde Menge blickend, nennt er (also:der Romanautor) als Ziel der Chronikgleichwohl, „schlicht (zu) schildern, wasman in den Heimsuchungen lernen kann,nämlich, dass es an den Menschen mehrzu bewundern als zu verachten gibt“.

Ich blättere zurück. Das „Robinson Cru-soe“ entnommene Motto Defoes, der 1722auch einen fiktiven Bericht über die Pest inLondon von 1665 geliefert hat, gibt eineRichtung, wie man heute „etwas wirklichVorhandenes durch etwas, was es nichtgibt“, begreifen mag, da wir uns weniger ge-scheit zum Roman eines Autors verhalten,dem über die Jahrzehnte hinweg oft intel-lektuelle Schlichtheit, politische Naivitätund literarische Borniertheit bescheinigtwurden: Wir sollten in Dr. Rieux, seinenÄrztekollegen und freiwilligen Helfern we-niger Haus- und Hofphilosophen des Absur-den erblicken als das, was sie sind: Ärzte,die ihr Metier verstehen und alles daranset-zen, ein Massensterben zu verhindern. Esist keine falsche Heroisierung, wenn Men-schen in Mailand und anderswo, wenn sieam Abend ihren Camus (oder Boccaccio)zur Seite legen und auf den Balkon treten,diesen erschöpften Rettern Beifall spen-den. Und damit Einsamkeit durch solidari-sches Handeln überwinden.*

Claus Leggewie lehrt als Börne-Professor

Literaturwissenschaft in Gießen.

Der derzeit auf Deutsch vergriffene

Roman „Die Pest“ wird vom kommenden

Montag an in zehn einstündigen täglichen

Folgen auf Youtube live gelesen: von

Wolfgang Tischer von literaturcafé.de. Rowohlt

druckt gerade die neunzigste Auflage.

Was für flüchtige Existenzen wir sind. Nach unsSind die Stätten unseres Auftritts sofort wieder leer,Als hätten wir nie gelebt.Zum Beispiel wir zwei,Die nach der Liebe das Zimmer verließen, wissen:Das Bett mit den Flecken vom MonatsblutKönnte an jeden erinnern. Was muß geschehen,Vergewaltigung, Mord, ein namenloses Verbrechen –Bis man das Blut im Labor untersucht, von PolsternHaut- und Haarproben nimmt,Und was würde es ändern?Wir sind nicht mehr da.Bleib bei mir, hörst du?Bitte bei mir bleiben. Ich halte es sonst nicht aus:Das Inferno des täglichen Terrors, den TriumphDieser Tauschwirtschaft, die alles trügerisch macht,Alles in Produkte verwandelt,Die Orte entleert.

FRANKFURTER ANTHOLOGIE Redaktion Hubert Spiegel

Ulrich Greiner

Ich bin, wir sind

MEINERSTES

MAL

Durs Grünbein

Monatsblut

Der Roman nicht nur zur StundeAuf der ganzen Welt liest man jetzt „Die Pest“ von Albert Camus.

Doch in dem Buch steckt viel mehr als die Beschreibung einer Seuche.Es stellt auch unsere Zukunft in Frage. Von Claus Leggewie

Kampf um jedes einzelne Leben: Szene aus dem Film „Die Pest“ (1992) von Luis Puenzo Foto AKG

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Page 19: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 · SEITE 19Wirtschaft

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Die Corona-Krise könnte dieKräfteverhältnisse auf der Weltverschieben. China gibt sich stark.

Unterricht von Lehrer zu Schülerlässt sich schwer ersetzen. DigitaleMedien machen aber viel möglich.

Die Krise ist die Stunde derExekutive – und damit vonFinanzminister Olaf Scholz.

WELTMACHT-VIRUS ZUSAMMEN LERNEN SCHULDEN- UND MUTMACHER

Der Nestlé-Chef bewirbt zu-sammen mit Landwirt-schaftsministerin Julia

Klöckner die Lebensmittelampel.Politik und Wirtschaft Hand inHand, vor laufenden Kameras. Imvergangenen Sommer war das vor al-lem eines: ein ungelenker Werbeauf-tritt einer Ministerin, erwartungsge-mäß heftig attackiert aus der Inter-net-Kommune. Heute interessiertdiese Debatte niemanden mehr. EinLuxusproblem, die Welt hat andereSorgen. „Ohne Konservierungsmit-tel“ hat seinen Reiz verloren. Allehoffen, dass die Konservierungsmit-tel ihren Dienst tun.

Das Bild von Unternehmen hatsich gewandelt, besser: zurechtge-rückt. In Zeiten des Kampfes gegendas Coronavirus steht die Mehrzahlder oft verdammten Konzerne nichtmehr für Einfluss oder Lobbyismus,sondern für zwei zwischenzeitlichfast vergessene Eigenschaften: Stabi-lität und Sicherheit. Große Organisa-tionen die den Laden, frei nach Ange-la Merkel, am Laufen halten.

Selbst in einer Gesundheitskrise,wie sie kein Lebender erinnert, sinddie Supermarktregale in Deutsch-land immer noch voller, als sie es inder DDR je waren. Die gescholtenenNahrungsmittelkonzerne und Han-delsunternehmen sind groß und er-fahren genug, um die Versorgungvon Millionen Menschen auch in ei-ner solchen Ausnahmesituation zu si-chern. Die Versorgung funktioniert,das Mobilfunknetz funktioniert, diePost kommt, die Heizung ist warm.Das alles ist keine Selbstverständlich-keit. BASF produziert neuerdingsDesinfektionsmittel, Bosch entwi-ckelt in Windeseile einen Virentest,die Telekom liefert freiwillig mehrDatenvolumen, der Medizintechnik-hersteller Dräger produziert in dreiTagesschichten die so dringend ge-brauchten Beatmungsgeräte, derEnergieversorger ENBW verzichtetauf Stromsperren.

Die Initiativen sind kaum noch zuzählen. Viele tausend namenlose Be-schäftigte, die sich nicht im Home-office verkriechen können, produzie-ren unverdrossen. Unternehmen wol-len Geld verdienen, aber sie habeneben auch eine soziale Funktion –und diese zeigt ihre Wirkung geradejetzt in der Krise.

Deshalb ist das, was Adidas nuntut, ein Tabubruch. Der Konzernnutzt ein Notgesetz, das eigentlichfür notleidende kleine Händler ge-dacht ist, und zahlt von einem aufden anderen Tag seine Ladenmietennicht mehr. Während andere Unter-nehmen Verzicht üben und sich über-legen, wie sie ihre Ressourcen in die-

ser besonderen Stunde sinnvoll ein-bringen, haben die Erbenverwaltervon Adolf Dassler den Schuss nichtgehört und halten nicht mal einenMonat still. Das ist erbärmlich.

Politik und Bürger in Deutschlandmachen bisher in dieser Krise die Er-fahrung, dass sie auf „ihre“ Konzer-ne zählen können. Wer sonst auchals die forschungsstarken Pharma-unternehmen oder die oft verteufelteBiotechnologie sollte die ersehntemedizinische Lösung bringen? Dievermeintliche Geldgier von Investo-ren wie Dietmar Hopp zeigt sichjetzt in anderem Licht. Die Millio-nen, die er bei vollem Risiko in die

Tübinger Firma Curevac gesteckthat, könnten ihm jetzt viel Geld brin-gen, noch mehr aber zählt: Sie könn-ten viele Leben retten. Das Hoffenauf eine Lösung aus den Laboren of-fenbart auch diesen besonderenKleingeist, der in Schönwetterzeitenals Fortschrittsskepsis daherkommt.Was würde wohl passieren, wennsich herausstellt, dass ein neues Me-dikament nur auf Basis gentechnischveränderter Substanzen hergestelltwerden könnte – wie groß wäre dannnoch der Widerstand?

Auch die klassischen Medien übri-gens, von denen so mancher meint,sie wären überflüssig, stabilisieren indiesen Zeiten das Land. Die Zugriffs-zahlen auf ihre Berichte und Analy-sen im Netz steigen schwindelerre-gend. Das tun sie, weil die Menschendiesen Medien vertrauen.

Aber natürlich führt eine Krisevon solchem Ausmaß auch vieleGroßunternehmen an den Rand ih-rer Leistungsfähigkeit. Autoherstel-ler, Touristikunternehmen, die Luft-hansa: Viele rufen jetzt nach demStaat, und der ist gut beraten, seineHilfen genau abzuwägen. Der unsäg-liche Vorstoß von Adidas wird denwirklich notleidenden Unternehmenda noch weh tun. Trotzdem zeigt sichgerade jetzt, wie wichtig große funk-tionierende Unternehmen sind –Kleinbetriebe allein können eineWohlstandsgesellschaft in so einerKrise nicht stützen.

Allen Aufrührern, die diese Gesell-schaft grundstürzend ändern wollen,die das Zusammenspiel von Politikund Wirtschaft verachten und immerwieder Lunte an das Fundament die-ser Gesellschaft legen, sei gesagt:Wir können uns glücklich schätzen,dass sie ist, wie sie ist.

Die Rentenkommission hatihre Rolle als Feigenblatt poli-tischen Unterlassens bravou-

rös erfüllt. Sie sollte der großen Koali-tion die Debatte über die Sicherungder gesetzlichen Rente nach 2025 solange wie möglich ersparen, denn Uni-on und SPD sahen keine Chance, sichhier zu einigen. Die Kommission wur-de entsprechend brav und politisch be-setzt, tagte mehr als ein Jahr im Stil-len – und hat nun ein Bündel unent-schlossener, vorsichtig formulierterVorschläge vorgelegt. Sie spiegeln dierentenpolitische Planlosigkeit der Re-gierung, die sie beauftragt hat. EinerRegierung, die sich seit langem wei-gert, über den rentenpolitischen Hori-zont zu schauen auf die anrollende Ru-hestandswelle der Babyboomer – undstattdessen alle Reserven in schnellwirksame Zusatzleistungen für einzel-ne Rentnergruppen gesteckt hat.

Die Kommission rät nun dazu, dieLasten der Demographie noch etwasstärker auf die jüngere Generation zuschieben. Diese soll Beitragssätze biszu 24 Prozent der Löhne zahlen, der-zeit liegt der Deckel bei 20 Prozent.So soll sie den Alten ein Renten-niveau von mindestens 49 Prozent(gemessen am Durchschnittseinkom-

men) sichern, etwas oberhalb der der-zeitigen „Haltelinie“ von 48 Prozent –aber weniger, als die Gewerkschaftenfordern. Und in sechs Jahren mögedie Politik prüfen, ob das Rentenein-trittsalter angehoben werden solle.

Kurzum: Der Bericht liefert die vonder Koalition erhofften Empfehlun-gen unter dem Motto „keine Experi-mente“. Nach dem Drehbuch der Poli-tik sollte nun eine Debatte über dieZukunft der Rente folgen, in der sichUnion und SPD mit unterschiedlichenVorstellungen für das Wahljahr 2021hätten profilieren können. Doch dasCoronavirus schreibt das Drehbuchgerade um. Wenn die Wirtschaft inExistenznot gerät, Arbeitslosenzah-len und Schulden dramatisch steigen,ändert das die Geschäftsgrundlageund die Prioritäten. Schon kurzfristigdürfte in der Rentenkasse Geld feh-len. Im Abschwung fallen Verteilungs-kämpfe härter aus. Müssen die Jünge-ren um Arbeit und Einkommen fürch-ten, werden sie genauer darauf ach-ten, wofür der Staat ihnen Geld abver-langt. Schon die Grundrente könntedamit wieder in Frage stehen, zuRecht. Die neue Lage erzwingt auchin der Rente neue Antworten. „Rentemit 70“ könnte eine davon sein.

Stabile PfeilerVon Bernd Freytag

Corona-Drehbuch für die RenteVon Heike Göbel

Das Handwerk berichtet von ei-nem Umsatzeinbruch um 53Prozent, die KfW-Förderbankwird von Hilfeersuchen gleich-

sam überrannt, und das Ifo-Beschäfti-gungsbarometer ist so stark gefallen wieseit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr2002 nicht – am Ende dieser Woche ver-dichten sich die Anzeichen, dass die Kriseschwerer wird als alle, die die Bundesrepu-blik bislang erlebt hat. Wie sich derSchock über die nächsten Monate auf dieArbeitsmärkte auswirkt, ob es also im gro-ßen Stil Arbeitsplatzverluste gibt oder dieKurzarbeit Schlimmeres verhindert, seinicht vorhersagbar, sagte Ifo-PräsidentClements Fuest der F.A.Z. Man bewegesich auf unbekanntem Terrain. „In unse-ren Szenarienrechnungen entfallen bei ei-nem einmonatigen Shutdown und schnel-ler Erholung 160000 sozialversicherungs-pflichtige Arbeitsplätze, 180000 Minijobs,zusätzlich haben wir 2 Millionen Kurzar-beiter.“ Das sei schon mehr als in der Fi-nanzkrise. „Aber das ist das günstigste Sze-nario“, betonte der Ökonom. Damit die

schlimmen Szenarien nicht eintreten, hatdie Bundesregierung schnell gehandelt:Am Freitag nahm der Bundesrat das um-fassende Hilfspaket der Regierung ohneAussprache und vorherige Ausschussbera-tungen an. Die veränderten Gesetze kön-nen damit in Kürze in Kraft treten. Alleinder Nachtragshaushalt sieht neue Schul-den von 156 Milliarden Euro vor.

Bei der staatlichen Förderbank KfWwächst unterdessen die Zahl der Anträgeauf Nothilfen stündlich. 443 Unterneh-men haben allein bis DonnerstagabendHilfen von insgesamt 7,4 Milliarden Euroangefragt, wie ein Sprecher der F.A.Z. be-richtete. Dienstagabend waren es erst 2Milliarden Euro gewesen. Das Volumender einzelnen Anträge unterscheidet sicherheblich. Der allergrößte Teil, nämlich7,2 Milliarden Euro, entfallen auf elf An-träge, bei denen sich die KfW mit Partner-

banken an einer Konsortialfinanzierungbeteiligen soll. Bei den übrigen 432 Anträ-gen im Wert von knapp 200 MillionenEuro handelt es sich um Anfragen nachNotkrediten, die offensichtlich in vielenFällen weniger als 1 Million Euro umfas-sen. KfW-Chef Günther Bräunig rechnetmit 20 000 bis 100 000 Anträgen. Fast1000 Mitarbeiter sind aktuell mit der Coro-na-Hilfe befasst. Aus technischen Grün-den kann die KfW das Geld wohl erst vom14. April an auszahlen. In Berlin wartetenam Freitag zeitweise fast 100 000 Men-schen in einer Online-Warteschlange, umdie Soforthilfe des Landes zu beantragen.

Mehr und mehr Stimmen dringen in derbedrohlichen Lage auf zusätzliche Erleich-terungen für die Unternehmen. „Die Si-cherstellung der Liquidität von Unterneh-men sollte höchste Priorität haben“, sagteder Grünen-Abgeordnete Danyal Bayazder F.A.Z. Deswegen sollte Finanzminis-ter Olaf Scholz (SPD) eine temporäre Aus-weitung des Verlustrücktrages ins Augefassen. Bayaz hat Scholz geschrieben: „Esgilt in dieser beispiellosen Situation allevorhandenen Möglichkeiten auszuschöp-fen und die Hilfen so leicht zugänglich wiemöglich zu machen.“ Der Grünen-Politi-ker beruft sich auf einen Vorstoß aus derWissenschaft. „Auf Basis des letzten ver-fügbaren Steuerbescheides sollte die ausdiesem hervorgehende gezahlte Einkom-mensteuer beziehungsweise Körperschaft-steuer sofort auf formlosen Antrag desSteuerpflichtigen zurücküberwiesen wer-den“, schlägt Deborah Schanz von der Uni-versität München mit Kollegen von insge-samt acht Hochschulen vor. So werde deraktuell entstehende Verlust sofort mit Ge-

winnen des Vorjahres verrechnet. Dazu istder Verlustrücktrag zeitlich und betrags-mäßig zu erhöhen. Zumindest anteilig soll-te eine Rückzahlung auch für die Gewerbe-steuer gelten. Der Bundesverband derDeutschen Industrie erhofft sich eine Ver-schiebung der Lohnsteuerzahlungen.„Dies ist eine Liquiditätsspritze, welchedie Unternehmen am Leben hält“, sagteHauptgeschäftsführer Joachim Lang.

Droht vielleicht schon bald eine Pleite-welle, wenn bei den Hilfen nicht noch ein-mal nachjustiert wird? Nach dem neuenCorona-Insolvenz-Aussetzungsgesetz istzumindest bis Ende September die Pflichtzur Insolvenzbeantragung ausgesetzt,wenn die Zahlungsunfähigkeit auf die Co-rona-Krise zurückzuführen ist. Die Folgensind heute kaum absehbar. „Viele werdensich mit Staatshilfe zunächst weiterschlep-pen und dann entweder bei Auslaufen desGesetzes oder spätestens bei Aufstellungdes Jahresabschlusses, wenn der Wirt-schaftsprüfer die enorme Verschuldung be-mängelt, in die Insolvenz gehen. Es ist zubefürchten, dass die Insolvenzwelle ein-fach nur verzögert eintritt“, sagt LucasFlöther, Fachanwalt für Insolvenzrecht inHalle/Saale, im Gespräch mit der F.A.Z.Es sei zu befürchten, dass die staatlich ga-rantierten Kredite missbraucht würden,etwa für die Rückzahlung von Gesellschaf-terdarlehen statt zur Hilfe für das Unter-nehmen, befürchtet Daniel Berger, Ge-schäftsführer des Verbandes der Insolvenz-verwalter Deutschlands. Beide Branchen-vertreter verweisen darauf, dass die Fi-nanzkrise 2009 auch eine Vertrauenskrisewar. Das könne wieder eintreten, wennman nicht mehr unterscheiden könne, werzahlungsfähig sei und wer nicht.

In den deutschen Personalabteilungenmuss in kürzester Zeit ein völliges Umden-ken stattfinden. Hießen bis vor kurzemdie Gebote der Stunde noch „Fachkräfte-mangel bekämpfen“ und „Fit werden fürdie Digitalisierung“, müssen die Persona-ler nun in den Krisenmodus umschalten.„Aufgrund der Corona-Krise haben vieleBranchen ihre Neueinstellungen reduziertoder ganz gestoppt. Das wirkt sich unmit-telbar auf die Personalplanung aus, denneinerseits wird wesentlich vorsichtiger ein-gestellt, andererseits zunehmend entlas-sen“, berichtet Inga Dransfeld-Haase, diePräsidentin des Bundesverbandes der Per-sonalmanager. Nun gelte es, bestehendeMitarbeiter zu motivieren und zu halten.„Denn entlassen ist schnell, die erneuteRekrutierung begehrter Talente gestaltetsich aber ungleich schwerer“, sagte Drans-feld-Haase. Sie erlebt die heikle Lage gera-de im eigenen Unternehmen Nordzucker,in dem sie als Personalchefin tätig ist.

Neben den vielen Branchen, die sich ge-rade mit Kurzarbeit, Urlaubsplanung undAbbau von Arbeitszeitguthaben beschäfti-gen, gibt es andere, die derzeit hohen Per-sonalbedarf haben, allen voran im Ge-sundheitsbereich. So sollen schon mindes-tens 20 000 angehende Ärzte der Uni vor-übergehend den Rücken gekehrt haben,um den Krankenhäusern ihre Dienste an-zubieten. Im Personal-Suchmodus sind zu-dem der Lebensmitteleinzelhandel undLieferdienste. Zuweilen kommt es zu krea-tiven Lösungen: Seit einigen Tagen kön-nen McDonald’s-Mitarbeiter in Aldi-Filia-len aushelfen, wenn sie dort benötigt wer-den. („Am Ende bleiben nur Hüllen mitSchulden“, Seite 22.)

dc. BERLIN. Bundessozialminister Hu-bertus Heil (SPD) will schon bald eineweitere Rentenreform vorlegen, die das Si-cherungsniveau für Rentner über das Jahr2025 hinaus verbessert. „Ich werde dazubis Herbst konkrete Vorschläge machen,die wir dann in der Bundesregierung bera-ten“, kündigte er am Freitag an. Er wollezentrale Empfehlungen der von der Regie-rung eingesetzten Rentenkommission vorder Bundestagswahl umsetzen. Beson-ders freue er sich, dass diese das politi-sche Konzept der „doppelten Haltelinie“für Rentenniveau und Beitragssatz bestä-tigt habe. Das Gremium aus Sozialpoliti-kern von Union und SPD, Vertretern derSozialpartner und zwei Wissenschaftlernhatte kurz zuvor seinen Bericht vorgelegt.Es schloss damit knapp zweijährige Bera-tungen ab.

Der 127 Seiten lange Bericht benenntdas Problem einer „erheblichen finanziel-len Mehrbelastung in der Rentenversiche-rung“ durch die Alterung der Gesell-schaft, empfiehlt aber keinen großen Um-bau des Rentensystems, sondern vor al-lem mehr politische Steuerung der jähr-lichen Rentenanpassungen und des Bei-tragssatzes. Mittelbar nimmt die Kommis-sion auf diese Weise neben den Beitrags-zahlern auch den Bundeshaushalt stärkerin die Pflicht. Jenseits davon empfiehltsie, die private Zusatzvorsorge – die soge-nannte Riester-Rente – durch höhere För-derbeträge zu stärken und die Transpa-renz der Vorsorgeprodukte zu verbessern.

Für die gesetzliche Rente rät sie, künf-tig dauerhaft sowohl das Rentenniveauals auch den Beitragssatz durch politischvorzugebende „Haltelinien“ zu steuern –diese wären von der Regierung jeweils in

Siebenjahresschritten festzulegen. Soll-ten die Haltelinien dann nicht mit der öko-nomischen Realität zusammenpassen,müssten zu Lasten der Steuerzahler mehrZuschüsse an die Rentenkasse fließen.

Konkret sollte die Regierung nach An-sicht der Kommission als Obergrenze fürden Beitragssatz einen Wert zwischen 20und 24 Prozent des Bruttolohns wählen.Als Untergrenze für das Rentenniveau –bezogen auf den Durchschnittslohn – seiein Wert zwischen 44 und 49 Prozent vor-zusehen; und das erstmals für die Jahre2026 bis 2032. Bis 2025 gelten die von derKoalition schon festgelegten Grenzen: biszu 20 Prozent für den Beitragssatz undmindestens 48 Prozent für das Renten-niveau. Bisher liegt der Beitrag bei 18,6,das Rentenniveau knapp über 48 Prozent.

Die SPD betonte aber, dass sie ein nied-rigeres Rentenniveau nicht zulassen wol-le. Es müssten „mindestens 48 Prozent“sein. „Wir sagen auch ganz klar, dass dasmehr Geld kosten wird“, ergänzte SPD-Fraktionsvize Katja Mast. Heil sagte, dar-über werde „mit dem Koalitionspartnerzu reden sein“. Dem Deutschen Gewerk-schaftsbund (DGB) reicht das nicht. Erfordert in einem Sondervotum im Be-richt ein Rentenniveau von 50 Prozent.Das hieße, dass auch bei steigenden Rent-nerzahlen die Renten stärker steigenmüssten als die Löhne. CDU/CSU-Frak-tionsvize Hermann Gröhe versicherteam Freitag, dass die Union eine „Überfor-derung kommender Generationen undder Wirtschaftskraft unseres Landes ver-meiden“ wolle.

Zur Frage, ob bei steigender Lebens-erwartung nach 2030 auch die Altersgren-ze weiter steigen sollte, traf die Kommis-sion mangels Einigkeit keine Festlegung.Sie rät stattdessen, dass 2026 ein Fachbei-rat prüfen möge, „ob eine Anhebung derAltersgrenzen erforderlich und vertretbarist“. Der Ökonom Axel Börsch-Supan, ei-ner der Wissenschaftler in der Kommis-sion, trägt das nicht mit: Das „Aufschie-ben einer Entscheidung über die zukünfti-ge Regelaltersgrenze“ sei „nicht im Inter-esse der betroffenen Menschen und wirdnicht der Verantwortung gerecht, die die-se Kommission selbst tragen muss.“ WerSicherheit geben wolle, müsse auch Unbe-quemes klar benennen.

Anders als Union und SPD im Koali-tionsvertrag verabredet hatten, schlägt dieKommission auch keine konkrete Ände-rung der Rentenanpassungsformel vor –auch keine Abschaffung des Nachhaltig-keitsfaktors, der die jährlichen Renten-erhöhungen dämpfen soll, falls die Finan-zierungslast für die Beitragszahler zustark steigt. Mittelbar wird dieser Genera-tionenausgleich aber mit der „Haltelinie“fürs Rentenniveau eingeschänkt. Denn siehätte Vorrang, sollte der Faktor das Ren-tenniveau unter den Grenzwert drücken.

Daneben hat die Kommission geprüft,ob Beamte in die gesetzliche Rentenver-sicherung einbezogen werden sollten –und das verworfen. Ihr Prüfergebnis: „Denzunächst entstehenden finanziellen Ent-lastungen“ stünden „langfristig hohe zu-sätzliche Rentenleistungen“ an die danngesetzlich versicherten Beamten gegen-über. Dies werde die Finanzierung derRentenversicherung „voraussichtlich ehererschweren“, so der Kommissionsbericht.

Die Krise rückt das Bildder Konzerne zurecht.Sie sorgen für Stabilitätund Sicherheit.

Hier produziert niemand mehr: VW-Werk in Wolfsburg Foto Reuters

So will der Sozialminister die Rente sichernHeil will Empfehlungen der Rentenkommission rasch umsetzen / Einbeziehung von Beamten wird verworfen

Betriebe schon jetzt schwer getroffen

Von Nadine Bös, Georg

Giersberg, Tim Kanning

und Manfred Schäfers

Unternehmen suchenreihenweise Hilfe bei derKfW, die Folgen für dieMitarbeiter sind kaumabzuschätzen. Muss diegerade beschlosseneUnterstützungaufgestockt werden?

Verhältnis Erwerbstätige zu Rentnern

1) Projektion.

in Deutschland in Millionen1)

Prognosespanne

BasisszenarioBeitragspflichtige Erwerbstätigeund Arbeitslose

Inländische Rentner

Quelle: Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik/F.A.Z.-Grafik Brocker

2018 2022 2026 2030 2034 2038 2042 2046 2050 2054 2058 206018

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SEITE 20 · SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGDie Lounge

Als Xia Zhi, Anfang zwan-zig und aus der chinesi-schen OstküstenprovinzShandong, am Dienstag-morgen aufwacht, wirktChina auf einmal wie die

Weltmacht Nummer eins. Xia, Mitgliedder Kommunistischen Partei, weiß um die„vielen Defizite“ ihres Landes. In dessengeographischer Mitte, in Wuhan, hinderndieser Tage laut chinesischen Medien Zivil-polizisten die trauernden Menschen dar-an, die Warteschlangen vor den Bestat-tungsinstituten zu fotografieren, an derenEnde die Asche der vom Virus getötetenAngehörigen wartet. Doch Xia liebt ihrLand. Sie ist stolz, als sie wie 27 Millionenweitere Chinesen am Dienstag die Berich-te unter dem Schlagwort „Deutsche Regie-rungsbeamte bitten China um Hilfe“ liest.Zu erfahren ist, dass der HeinsbergerCDU-Landrat Stephan Pusch bei dem„sehr geehrten Herrn Staatspräsident XiJinping“ nicht nur um Schutzkleidung undÄrzte angefragt hat, sondern auch um Hil-fe beim „Wiederaufbau“ des unter dem Vi-rus stark leidenden Kreises: „Ich bitte umdie Unterstützung der Volksrepublik Chi-na.“ Die Volksrepublik zeige Solidaritätund Menschlichkeit, während AmerikasPräsident Donald Trump nur „von seinemeigenen, offensichtlich schlechten Krisen-management abzulenken“ versuche. DasFazit aus Deutschland: „,America first’wird uns bei der Bewältigung der Krisenicht weiterhelfen.“

China, das seit Donnerstag weniger In-fektionsfälle meldet als Amerika, hilft da-gegen sehr wohl. Auf 82 Länder ist die Lis-te der Staaten angewachsen, in die ChinaMasken, Ärzte und Beatmungsgeräte sen-det. Die auf Passagiersitzen verschnürtenPappkartons, die am Donnerstag mit Luft-hansa-Flug 729 den Schanghaier Flugha-

fen Pudong nach Frankfurt verlassen, ha-ben nicht die Dimension des Marshall-plans von 1948, mit dem die Amerikanerdie Grundlage für Europas Wirtschafts-boom legten. Als Symbolpolitik aber tau-gen sie allemal.

Und die Vereinigten Staaten? Solange„jemand Schlaues“ an Amerikas Spitze ste-he wie er selbst, werde China AmerikasWirtschaft nicht überholen, sagte DonaldTrump Anfang März. Doch dass die Verei-nigten Staaten unter diesem Präsidentenallenfalls im Protektionismus vorn liegen,am Ende der Krise aber abgestiegen seinkönnten, das hält man nicht nur in Heins-berg für möglich. „Chinas Wirtschaft star-tet wieder“, jubelt Herbert Diess, Vor-standschef von Volkswagen. „Eng“ sei der„Austausch“ mit Xi Jinping gewesen, lässtBundeskanzlerin Angela Merkel nach ei-nem Telefonat mit Chinas Präsident mit-teilen. Ist es nicht auch berechtigt, daraufzu hoffen, dass die Chinesen schneller aufdie Beine kommen und die Weltwirtschaftretten? Kehren nicht sogar in Wuhan dieMenschen zur Arbeit zurück, währendAmerika zum Zentrum der Pandemiewird, in dem in einer Woche 3,3 MillionenMenschen Arbeitslosenhilfe beantragt ha-ben? Der „Wunsch, die wirtschaftlichenFolgen der Pandemie in Europa zu mini-mieren“, wecke in Berlin die „Versuchung,Peking nahe zu bleiben“, urteilt Noah Bar-kin vom German Marshall Fund.

Wohl nicht nur dort. In den Niederlan-den wuchtet am Sonntag der stellvertreten-de Regierungschef die ersten Kartons mit800000 Gesichtsmasken aus einem Last-wagen. Gestiftet hat sie der chinesischeHuawei-Konzern. Ob es allein Altruismusist, der das umstrittene Unternehmen zuder Geste treibt, ist Ansichtssache. Tatsa-che ist, dass Den Haag im Juni darüber ent-scheidet, ob es Huawei erlaubt, das nieder-ländische 5G-Netz zu bauen. Amerika hat

versucht, genau das zu verhindern. Eswirft dem chinesischen UnternehmenSpionage vor. Da dürfte die Hilfe in Hol-lands Not Huawei auf jeden Fall nicht scha-den. Nun müsse noch schneller in die5G-Technik investiert werden, sagt Xi Jin-ping und treibt sein Land damit an. Auchbei anderen Zukunftstechnologien wieElektroautos, Hochgeschwindigkeitszü-gen, Künstlicher Intelligenz und Automati-on könne Peking „das Vertrauen und dieAbhängigkeit aller Länder rund um denErdball in ‚Made in China’ stärken“, wäh-rend Amerika daniederliege, schreibt HanJian von der Chinese Academy of Science.

Reicht das für den Sprung an die Spit-ze? Dass China die Größe von AmerikasWirtschaft ausgerechnet im Jahr 2020 ein-holen würde, hat die britische Bank Stan-dard Chartered schon vor zehn Jahren vor-hergesagt. Goldman Sachs terminiertebeim Blick in die Glaskugel die Zeitenwen-de auf 2027. Doch es kann schneller gehenin einer Zeit, in der nach den immer ra-scher steigenden Fallzahlen in New Yorkder komplette Börsengewinn seit TrumpsWahlsieg 2016 wieder vernichtet ist. InSchanghai hingegen liegen die Kurse wie-der über dem Tiefpunkt von Anfang Febru-ar, als die Börse nach der Zwangspausewieder öffnet.

Allerdings ist die Frage er-laubt, ob die vielen Jubel-meldungen von derschnellen Erholung inChina auch die Realitätabbilden. Nachdem Pe-

kings Zentralbank der amerikanischenFed nicht gefolgt ist, die Zinsen weiterhoch hält und die fiskalischen Hilfen beinur 2 Prozent der Wirtschaftsleistung lie-gen, sei ein rasches Comeback der Export-nation unsicher, zweifelt das Peterson In-stitute of International Economics in Wa-

shington. Schließlich droht nun durch dasVirus vielen Ländern, die Chinas Produk-te kaufen sollen, eine Rezession. Chinesi-sche Ausfuhren könnten im zweiten Quar-tal zwischen 20 und 45 Prozent einbre-chen, schätzt Analyst Thomas Gatley vomPekinger Institut Gavekal Dragonomics.Das würde das Wachstum zwischen 4 und8 Prozentpunkte schmälern und ChinasWirtschaft in der ersten Jahreshälfteschrumpfen. CNOOC, drittgrößter Ölkon-zern des Landes, kündigt an, bis zum Jah-resende nicht mehr wie geplant 95 Milliar-den Yuan (12 Milliarden Euro) zu investie-ren, sondern die Ausgaben im Vergleichzum Vorjahr „stark zu senken“. Denn mitvoller Kraft werden die Maschinen in denFabriken noch lange nicht laufen.

Vielleicht stellen sich die Anstrengun-gen Pekings, anderen Ländern mit Mas-ken, Beatmungsgeräten und Ärzten zu hel-fen, bald als ein humanitär getarnter ver-zweifelter Akt eines Landes heraus, demdie Felle davonschwimmen. Das von Chi-na auf Hochglanz polierte Narrativ lautet,das Land habe durch sein entschlossenesEinschreiten im Kampf gegen das Virusder Weltgemeinschaft Zeit gekauft, umsich für die Pandemie zu wappnen. Dassdie Länder sie nicht genutzt haben, seinicht Chinas Schuld. Ist das nicht ein Zei-chen für die Überlegenheit autoritär-zen-tralistischer Systeme?

China, schreibt der indische PublizistSamir Saran, beanspruche eine globaleFührungsrolle und habe sich in den Welt-institutionen in Führungspositionen ma-növriert. Das Coronavirus offenbare aberdie grimmige Realität der Führung in Pe-king, so der Präsident der Denkfabrik Ob-server Research Foundation. Saran zitiertaus einer von der Gates-Stiftung finanzier-ten Studie, der zufolge China die Pande-mie hätte fast komplett eindämmen kön-nen, hätte die Politik schon im Dezember

entschlossen gehandelt. Das Gegenteil seipassiert. Lokale Behörden in China unter-drückten Informationen über den Aus-bruch der Infektionskrankheit. Laborpro-ben wurden nach einem Bericht des chine-sischen Magazins „Caixin“ auf Anweisunglokaler Behörden zerstört. Hinweise vonÄrzten auf eine Krankheit mit Sars-ähnli-chen Symptomen in sozialen Medien hät-ten Zensoren entfernen lassen. Zu spät seidie Weltgesundheitsorganisation ins Bildgesetzt worden, während Millionen Men-schen Wuhan unbehelligt verließen. Nichtvon ungefähr spricht Trump vom „chinesi-schen Virus“. Das bekommt bei AmerikasPräsident schnell eine ausländerfeindlicheNote, umso mehr bei seinem Fußvolk. DieBerichte über Übergriffe gegen Menschenasiatischer Herkunft häufen sich. Am Mon-tag musste Trump Amerikaner chinesi-scher Herkunft öffentlich in Schutz neh-men. Doch das ändert nichts an der Analy-se, dass die Epidemie in China losgingund das Land nicht nur aus amerikani-scher Sicht zu wenig getan hat, um ein Um-schlagen in eine Pandemie zu verhindern.

Mehr noch. Trump sieht sich durch dieKrise in seiner „Amerika First!“-Politik be-stätigt: „Wir sollten niemals von einemfremden Land abhängen, wenn es um le-benswichtige Güter geht. AmerikanischeMedizin, amerikanische Ausrüstung fürHospitäler.“ Die Verletzlichkeit der Verei-nigten Staaten zeigt sich unter anderembeim Mangel an Schutzmasken fürs medi-zinische Personal. China produziert dasGros, es hat den Produzenten Exporte ver-boten. Das Exportverbot betraf nicht nurchinesische Hersteller, sondern auch dieFabriken ausländischer Konzerne wieetwa 3M. Peking habe die Fabrik von 3Min China übernommen, klagt Trumps Au-ßenhandelsberater Peter Navarro.

Die Krise hilft den Protektionisten imWeißen Haus noch in anderer Hinsicht.

Sie könnten die Staatshilfen an Konzerneals Druckmittel nutzen, um Wertschöp-fung zurück in die Vereinigten Staaten zubringen. Die Wertschöpfungsketten sollenohnehin zurückgeholt, sensible Techniksoll Peking vorenthalten werden. Der Nut-zen für Amerika mag höchst zweifelhaftsein. Doch China dürfte ein Verlierer die-ser Entwicklung sein.

Das mindert die Chancen,Amerika bald an der Spit-ze der Welt abzulösen.Zumal die Volksrepublikder Welt erst noch bewei-sen muss, dass sie ihr ein

zuverlässiger Freund ist. Als die Philippi-nen im Februar Reisebeschränkungen fürEinreisen aus China verhängen, droht Pe-king mit Sanktionen. Seit Freitag dürfennun noch nicht mal mehr Ausländer nachChina reisen, die ein gültiges Visum undihren Lebensmittelpunkt im Land haben.Die Nachrichtenagentur Xinhua liebäu-gelt mit einem Ausfuhrstopp für Pharma-produkte in die Vereinigten Staaten.

Und was ist mit Heinsberg? Geht esnach Chinas Internetnutzern, sollte derKreis nicht zu sehr auf Hilfe aus Fernosthoffen. Auf Chinas KurznachrichtendienstWeibo ist der Hilferuf aus Deutschland ei-nes der meistdiskutierten Themen. Chinasolle die Deutschen auflaufen lassen, lau-tet der Tenor. Deutschland sei reich undhabe auch nicht geholfen. Und was sagtXia Zhi, die stolze Kommunistin aus Shan-dong. Ist das nicht Chinas Chance, Größezu beweisen und Amerika abzulösen alsFührungsmacht der Welt? Rangfolgen sei-en unwichtig, findet Xia nach ein paar Mo-menten des Nachdenkens. Dass ein deut-sches Nachrichtenmagazin nach dem Aus-bruch im Januar das Virus als „Made inChina“ betitelt hatte, bohrt immer noch inihr. „Bittet doch Trump um Hilfe.“

In einer akuten Krise hilft es seit je-her, sich an altbewährte Weisheitenzu halten. Anders als an Klopapier,

Handseife und frischer Hefe gibt es an flot-ten Sprüchen und klugen Zitaten keinenMangel. Der ehemalige Bundesfinanzmi-nister Oskar Lafontaine kommt einem inden Sinn, der zu Krisenlagen anmerkte:„Wenn wir kein Geld haben, dann brau-chen wir wenigstens gute Ideen.“ Das warallerdings schon vor vielen Jahren. Heutehauen die Notenbanken und Regierungendieser Welt die Billionen raus, als ob eskein Morgen gäbe. Also weiterdenken.Wie wäre es mit dem Schweizer Dramati-ker Friedrich Dürrenmatt? „In der Wirt-schaft geht es nicht gnädiger zu als in derSchlacht im Teutoburger Wald“, sinnierteer. Vielleicht stimmt das. Zumindest imKleinen wird aber auch er derzeit wider-legt. Der Lebensmittelhändler Rewe etwaglänzte diese Woche. Er belohnt die Be-schäftigten in seinen Supermärkten undden Discountern von Penny für ihren Ein-satz in der Corona-Krise. Leider nicht mit

Billionen oder Milliarden, immerhin abermit mehr als 20 Millionen Euro. Der An-fang ist gemacht.

Weitere gute Nachrichten gibt esvom Immobilienmarkt, zumindest ausSicht der Käufer. Die Preise stagnierenwohl endlich, der rapide Anstieg der ver-gangenen Jahre kam zum Stehen. Zum ei-nen, weil Menschen in der Krise um ihrenArbeitsplatz bangen und ihr Geld zusam-menhalten. Zum anderen haben viele imLand an der Börse so hohe Kursverluste er-litten, dass ihnen gerade die Liquiditätfehlt, um auf Einkaufstour zu gehen. UndBesichtigungen können wegen der Aus-gangsbeschränkungen ohnehin kaumnoch stattfinden. Der Präsident des Immo-bilienverbandes Deutschland spricht voneiner „Nachfragedelle“. Für diejenigen,die schon ein Häuschen haben, hat er aberden positiven Hinweis, dass wenigstensdie eigenen vier Wände sicher seien. Freinach dem Motto: „My home is my castle“

(Mein Zuhause ist meine Burg). Manmöchte hinzufügen: Wenn es schon abbe-zahlt ist.

Eine andere positive Seite der Krise:Der Elektriker, auf den der Autor wochen-lang gewartet hat, weil nur eine Kleinig-keit zu reparieren ist, hat plötzlich Zeit.Sein Auftragsschwund erwies sich für denKleinstkunden als unverhofftes Glück.Für die defekte Lampe in der Küche hat erzwar den falschen Schalter gekauft, aberimmerhin: Er war schon mal da. Und: Wie-dersehen macht Freude.

Ebenso erfreulich liest sich dieseSchlagzeile: „Weniger Stickoxid dank Co-rona“. Satellitenbilder zeigten sowohl fürChina als auch für Norditalien, dass dortdie Belastung durch Stickoxide erheblichgesunken sei. Auch im Rhein-Main-Ge-biet, in dem mancherorts kaum noch Au-tos unterwegs sind, bessere sich die Luft.

Am geringeren Verkehr liege das aber nurzum Teil. Das Wetter, ein Hochdruckge-biet mit Wind und frischer Polarluft, habeeinen deutlich größeren Einfluss. Dazupasst eine Bauernweisheit: „Fliegt derLandwirt übers Dach, ist der Wind weißGott nicht schwach.“

Positiv ist auch, wie manche Einstellungsich wandelt. Über die zunehmende Aner-kennung für Krankenschwestern und Su-permarktkassierer ist schon viel geschrie-ben worden. Anders steht es um den Kon-sumverzicht. War es vor ein paar Wochennoch angesagt, sich in einem kargen Klos-ter hoch oben auf dem Berg in Bescheiden-heit zu üben, hört man dieser Tage weni-ger davon. Auch der erzwungene Verzichtauf Flugreisen wird von der „Fridays for fu-ture“-Bewegung unvermutet leise be-klatscht. Vielleicht, so möchte man flüs-tern, ist Konsum ja doch nicht so schlecht,wie er jahrelang gemacht wurde? Nichtumsonst sah der Nationalökonom Adam

Smith in ihm „den einzigen Sinn undZweck aller Produktion“.

Selbst bei der Bahn gibt es nach dem„Greta Thunberg muss im Gang sitzen“-Debakel gute Nachrichten. Diejenigen,die jetzt noch reisen, haben in den Zügenviel mehr Platz. Allerdings geht da derStreit schon wieder los. Der Chef der ex-trem kampflustigen Lokführergewerk-schaft GDL, Claus Weselsky, klagt dar-über, dass die Bahn nur „heiße Luft“ hinund her fahre. Der Staatskonzern solledoch bitte schön seine Mitarbeiter scho-nen und noch weniger Züge fahren lassen.Die Bahn hält tapfer dagegen. Man siche-re überall in Deutschland die Mobilitätmit einem stabilen Angebot. Und man be-wege auch keine heiße Luft, sondern Ärz-te, Krankenpfleger, Polizisten und andereHelfer. Manche Streithähne, das zeigt sichnun, bringt selbst das Coronavirus nichtzusammen. Da hilft auch keine altbewähr-te Weisheit mehr.

Grüßt das Volk: Chinas Präsident Xi während eines Besuchs in Wuhan. Foto Laif Küsst die Flagge: Donald Trump Ende Februar Foto EPA

Auf einen Espresso

Weltmacht-Virus

Glück imKleinen

Von Christoph Schäfer

Während Amerika zueinem Zentrum derCorona-Krise wird,

präsentiert sich Chinaals starker Helfer.

Wird dieVolksrepublik

nun zur WeltmachtNummer eins?

Von HendrikAnkenbrand, Peking,

und Winandvon Petersdorff,

Washington

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Page 21: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 · SEITE 21Wirtschaft

Kreativ durch die Krise: Ein Schüler und seine Lehrerin kommunizieren per Videokonferenz. Foto KNA

itz. BERLIN. Die Chemieindustrie, dieKrankenhausapotheken und das Bun-desgesundheitsministerium haben einegroßangelegte Aktion begonnen, umden Mangel an Desinfektionsmitteln indeutschen Kliniken zu lindern. Nach In-formationen der F.A.Z. stellt der Mine-ralölkonzern Shell Deutschland dafür700 Tonnen Bioethanol zum Selbstkos-tenpreis bereit, also Alkohol. Das Che-mieunternehmen Dow spendet unent-geltlich Glyzerin und Wasserstoffper-oxid. Aus dem Gemisch lassen sichetwa eine Million Liter gebrauchsferti-ge Handdesinfektionsmittel herstellen.Da die Kliniken etwa einen Liter je Bettund Woche benötigen, reicht das Volu-men für die 480 000 Betten in Deutsch-land rund zwei Wochen lang. Zuvor hat-te verschiedene Medien über die Pläneberichtet, ohne Details zu nennen.

„Damit können wir die Versorgungs-not in den Kliniken zumindest 14 Tagelang lindern“, sagt Rudolf Bernard,der Geschäftsführer des Bundesver-bands Deutscher Krankenhausapothe-ker ADKA. „Wir hoffen, dass in dieserZeit die normale Produktion ausrei-chend hochläuft.“ Shell erhalte vom Ge-sundheitsministerium 52 Cent je Liter.Das Haus von Jens Spahn (CDU) seiauch sonst sehr hilfreich gewesen. Sohabe es über Verordnungen die Verwen-dung des Bioethanols für diesen Zweckermöglicht und die Alkoholsteuer aus-setzen lassen, die eigentlich 11 Euro jeLiter Reinalkohol betragen hätte.

„Die Aktion kann Leben retten“,sagt Bernard, „ohne Desinfektionsmit-tel ist keine Operation möglich.“ DerKontakt zu Shell und Dow sei über denVerband der Chemischen Industrie VCIzustande gekommen. Anfang der Wo-che sei das Gemisch in 1000-Liter-Be-hälter abgefüllt worden, derzeit werdees überall in Deutschland an die Kran-kenhäuser ausgeliefert.

Bernard beobachtet, dass durch dieKnappheit des Desinfektionsmittels diePreise für vergällten Alkohol gestiegensind. Gleiches gelte für die Schutzaus-rüstung. Bei Medikamenten aber be-merkten die Krankenhausapothekenkeine großen Preissprünge. Einzelne

Kliniken sagen anderes. Der Chefapo-theker eines Krankenhauses im Regie-rungsbezirk Köln berichtet von starkenPreisanstiegen für Schmerzmittel, Anäs-thetika und Gerinnungshemmer. Dar-über klagen auch andere Häuser inder Einkaufsgemeinschaft einschließ-lich der Unikliniken. Teilweise werde inder Corona-Krise der vierfache Preisverlangt. Ein Haus mit 400 Betten habedeshalb Mehrkosten von 170 000 Euroim Jahr. „Die Hersteller sagen knall-hart: Ihr zahlt, oder ihr bekommtnichts“, berichtet der Pharmazeut.

Anders sieht es bei den niedergelasse-nen Apothekern aus. Für verschrei-bungspflichtige Medikamente gilt hiereine gesetzliche Preisbindung. Allen-falls frei erhältliche Präparate könntenaufgrund von Engpässen teurer wer-den, aber auch das beobachte man der-zeit selten, sagte Friedemann Schmidt,Präsident der Bundesvereinigung Deut-scher Apothekerverbände ABDA, ge-genüber der F.A.Z. Selbst das beliebteSchmerzmittel Paracetamol ist derzeitnicht teurer als sonst, obgleich es dar-auf zwischenzeitlich einen regelrechtenAnsturm gegeben hatte. Schuld warenFalschmeldungen, wonach ein Konkur-renzprodukt die Lungenkrankheit Co-vid-19 noch verschärfe. Daraufhin hat-te das Gesundheitsministerium die Apo-theken gebeten, Paracetamol nur noch„situationsgerecht“ abzugeben.

Unklar sei noch, wie sich die zwi-schenzeitliche Stilllegung von Arznei-mittelwerken in China und der vorüber-gehende Exportstopp aus Indien aus-wirkten. „Das kommt ja, wenn über-haupt, mit einer gewissen Verzögerungbei uns an“, sagt Schmidt.

Freitag, der 13. März war derschwärzeste Tag im Berufslebenvon René Winkelmann. Er muss-te seinen Schülern mitteilen, dass

wegen der Coronavirus-Pandemie dieSchule von Montag an geschlossen bleibt.„Keiner hat sich gefreut, einige Schüler ha-ben sogar geweint“, berichtet Winkel-mann, der Wirtschaft, Geschichte, Erd-kunde, Politik und Technik unterrichtet.Seine Schüler und er vermissten den per-sönlichen Kontakt, sagt er. Sollte die Schu-le auch nach den Osterferien noch ge-schlossen bleiben müssen, wäre das vor al-lem ein soziales Problem. WinkelmannsTrost: In Sachen Lernen mit Hilfe von digi-talen Medien sei seine Schule schon weitvorangeschritten. „Wir werden weiterar-beiten können, wir sind gut aufgestellt.“

Das Lernen mit Hilfe der digitalen Me-dien erlebt gerade einen Aufschwung,weil Lehrende und Lernende nicht persön-lich zusammenkommen können. Sie kön-nen aber über die elektronischen Medienkommunizieren oder sich womöglich invirtuellen Räumen treffen. Nach Beobach-tungen des Digitalverbands Bitkom sind je-doch die „allermeisten Schulen gerade ineinem Zustand der Verzweiflung“. Siewüssten nicht, wie sie mit der Situationumgehen sollen, sagt der Geschäftsführerdes Verbands, Bernhard Rohleder. „Wederdie Technik ist da, noch sind die Prozesse,wie man sicher kommunizieren und inter-agieren kann, eingespielt.“ Zum Teil ver-schickten Lehrer Lernmaterial per Post.

Der Digitalpakt kam zu spät

Auf jeden Fall schicken nun viele Lehrkräf-te, auf welchem Weg auch immer, ihrenSchülern Aufgaben. Auf Twitter sind un-ter #homeschooling humorvolle undleicht verzweifelte Einträge darüber zu le-sen, wie Eltern im Homeoffice versuchen,ihre Kinder bei der Stange zu halten undzu unterrichten. „Wusstet Ihr schon, dassich über Nacht auf Lehramt studierthabe?“, schreibt eine Nutzerin und zählteine ganze Reihe von Fächern auf, die sienun „unterrichtet“. Rohleder sieht die Leh-rer in der Pflicht. Sie müssten die Schülermotiviert halten und die soziale Interakti-on in den Klassen aufrechterhalten. Dazubrauchten die Schulen Technik, wie sie inUnternehmen gang und gäbe sei. „Das istkein Hexenwerk und kostet nicht mal allzuviel Geld, zumal in den allermeisten Haus-halten digitale Endgeräte und eine Inter-netverbindung vorhanden sind.“ Ge-braucht würden sichere Kommunikations-räume, didaktisch gut aufbereitetes Mate-rial und Lehrer, die digital versiert seien.Auf der Bitkom-Internetseite findet sicheine Liste mit vielen kostenlosen Anwen-dungen, mit deren Hilfe der Unterricht indie digitale Welt verlagert werden kann.

Rohleder nennt als positives Beispieleine internationale Schule in Berlin, ander Schüler und Lehrer Zugriff auf das Mi-crosoft-Office-Programm Teams hätten.„Das funktioniert hervorragend.“ DieSchüler hätten einen normalen Stunden-plan bekommen und träfen sich in Chat-räumen. Die Lehrer speisten Aufgabenein und könnten sehen, wer sie wie erle-digt hat; die Anwesenheit werde sichtbar.

„Es wird so sogar mehr Stoff vermittelt alsim normalen Unterricht“, meint Rohle-der. „Denn die Schüler lenken sich weni-ger ab.“ Das heiße nicht, dass Präsenzun-terricht unnötig sei, im Gegenteil. Er kön-ne aber in Krisenzeiten auf diese Weisegut ersetzt werden.

Nach Rohleders Einschätzung sind aller-dings nur ganz wenige deutsche Vorreiter-schulen in der Lage, in der jetzigen Situati-on ihre Schüler gut zu unterrichten. „Deut-lich besser wäre die Situation, wenn der Di-gitalpakt Schule fünf Jahre früher gekom-men wäre.“ Der Pakt, den Bund und Län-der vor einem Jahr geschlossen haben,stellt Milliarden für die technische Ausstat-tung der Schulen bereit und soll die Lehrer-aus- und -fortbildung vorantreiben. Dasbraucht jedoch Zeit, noch hat sich an denSchulen nichts Wesentliches verändert.Anders ist die Lage an der Waldschule Hat-ten in Niedersachsen, an der Winkelmannunterrichtet. Sie ist eine öffentliche Schulebis zur 10. Klasse und gilt als Vorreiterinin Sachen Digitalisierung. „Das ist jetztvon großem Vorteil“, sagt Schulleiterin Sil-ke Müller. Man nutze digitale Medienschon seit 2009, iPad-Klassen gebe es seit2013. „Jeder Schüler hat ab der 7. Klasseein elternfinanziertes iPad.“

In der Waldschule läuft nun viel überIServ, einen Schulserver. „Am ersten Tag,am Montag, waren dort von 810 Schülern779 angemeldet“, berichtet Müller. Aufder Plattform sind die E-Mail-Adressen al-ler Lehrer und Schüler hinterlegt. Lehrerstellen dort ihr Material zur Verfügung, esgibt Dateiordner für die einzelnen Fächer.Man kann chatten, Lehrer können Aufga-ben stellen und vorgeben, bis wann sie ab-gegeben werden sollen. Und sie könnenden Schülern Tipps geben. „Zum Beispiel,dass man nicht länger als vier, fünf Stun-den am Tag im Netz sein und Pausen ma-chen sollte“, sagt Müller. Auf IServ gebe esauch geschlossene Bereiche, in denen nurdie einzelnen Klassen jeweils mit ihremLehrer kommunizierten und ihre digitaleSchultasche nach Fächern geordnet hät-ten. Die Schule nutzt auch Padlets. EinPadlet funktioniert wie eine Pinnwand,auf der Lehrer und Schüler Ergebnisse zu-sammentragen und Informationen vertei-len können. Derzeit sei kein Unterricht imeigentlichen Sinn erlaubt, erklärt Müller.Lehrkräfte dürften nicht benoten und be-werten, die Schüler seien nicht zum Ler-nen verpflichtet. „Sie sind aber willig.“

Winkelmann unterrichtet wie die ande-ren Lehrer der Waldschule regelmäßigauch in der digitalen Welt. Und er ist derSystemadministrator der Schule. „Ich habeeine papierlose Schultasche.“ Die Wald-schule sei technisch gut aufgestellt, allessei gut gewartet, man verfüge über einenstarken Internetanschluss. Mit seinenSchülern hat sich Winkelmann seit derSchulschließung schon in Videokonferen-zen getroffen, die er über das kostenfreieOpen-Source-Tool Big Blue Button einge-richtet hat, was weder schwierig noch auf-wendig gewesen sei. „Zuerst haben wir ge-chattet, dann haben einige die Webcameingeschaltet und das Mikrofon. Eine Stun-de lang haben sie frei von Leber weg ge-sprochen.“

Die wichtigste Person im Raum

Winkelmann konnte man die ganze Zeitsehen und die Schüler, die ihre Webcameingeschaltet hatten, auch. „Man könnteauch ein PDF reinstellen und gemeinsamdaran arbeiten. Oder auf den Desktop desPCs zugreifen und zum Beispiel ein Schul-buch öffnen.“ Sollte die Schule für längereZeit geschlossen bleiben, dann brauchteman mehr solcher Vis-à-vis-Lösungen,glaubt er. „Wir könnten im Lernstoff fort-fahren und täglich Unterricht im digitalenLernraum anbieten“, sagt SchulleiterinMüller. Je weniger digitale Infrastrukturund Kenntnisse an einer Schule vorhan-den seien, desto schwieriger würden nundie Bildungs- und die pädagogische Ar-

beit, meint sie. „Jedem Außenstehendenmuss jetzt klar sein, dass man nach der Kri-se die Prozesse der Digitalisierung voran-treiben muss. Darauf muss in der Schulent-wicklung das Hauptaugenmerk liegen.“Ihre Schule bekomme gerade viel Lob vonden Eltern, „weil wir da viel anbieten kön-nen“. Digitale Medien seien eine großeHilfe beim Lernen und vorteilhaft in derglobalisierten Welt; doch sie ersetzten na-türlich den Lehrer und den persönlichenKontakt nicht, sagt Müller. „Der Lehrer istdie wichtigste Person im Klassenraum.“Er sei Vorbild und vermittle nicht nur Wis-sen, sondern auch Werte und Normen.Ohne direkten Kontakt zu ihm sei esschwieriger, Wissen zu reflektieren und zuvertiefen, es sich anzueignen. „Doch inder jetzigen Krisensituation geht es erstmal darum, dass die Schüler nicht zurück-schreiten.“

Schüler schauen gerne Videos

Mirko Busch, Gymnasiallehrer für Eng-lisch und Erdkunde im saarländischenNeunkirchen, hat zwei Jahre lang Erfah-rungen mit einer iPad-Klasse gesammelt.Sie ist vor einiger Zeit ausgelaufen, sollaber bald fortgeführt werden. Liefe sienoch, wäre es zumindest dort nun einfa-cher. Als die Schule wegen des Coronavi-rus geschlossen wurde, habe man erst malalle E-Mail-Adressen eingesammelt, auchdie der Eltern. „Arbeitsmaterialien stelleich nun in Moodle, eine Art Cloud. Sie istetwas umständlich und altbacken, aber esist gut, dass ich sie nutzen kann“, berichtetBusch. Das sei wesentlich besser, als Auf-gaben per E-Mail zu schicken, dann gehees ständig hin und her. „So hat der ganzeKurs Zugriff auf das Material, und mankann dort auch einen Chatroom einrich-ten.“

Busch hat bisher immer mal wiederLernvideos in seinem Unterricht einge-setzt. „Schüler schauen gerne Videos.“Die derzeitige außergewöhnliche Situati-on nutzt der Lehrer, um selbst Videos zuproduzieren, „die genau meinen Stoff ver-mitteln“. Für den Erdkundekurs der Jahr-gangsstufe 11 hat er eines zum Struktur-wandel im Saarland aufgenommen. DieMaterialien, zum Beispiel Schaubilder,hatte er schon zusammen, für das Videoselbst brauchte er eine Dreiviertelstun-de. „Viele Programme sind sehr einfachin der Anwendung.“ Er verwendetScreencast-O-Matic. „Man kann damitden Monitor des Computers aufzeich-nen, man kann die Stimme aufnehmen,und ich könnte auch ein Bild von mir da-zuspielen, um es persönlicher zu ma-chen“, erklärt Busch. Im Video erklärt erden Unterrichtsinhalt, am Ende erteilt erArbeitsaufträge, Themen, die die Schülerim Internet recherchieren sollen. Ob siedie Aufgaben erledigten, könne er abernicht kontrollieren. „Da sind auch die El-tern gefragt. Ich kann mir nicht Materia-lien von 200 Schülern schicken lassenund stetig kontrollieren, ob sie die Aufga-ben erfüllen.“

Einfacher sei die Kontrolle in der Un-ter- und Mittelstufe, zum Beispiel durchden Einsatz von Learning Apps, einer fürden Anwender kostenlosen internetba-sierten Software, mit der man kleine in-teraktive Bausteine wie Multiple-Choice-Tests und Zuordnungsübungen er-stellen kann. „Da sehe ich, ob sie es ge-macht haben, wann, wie viel und in wel-cher Zeit.“ Busch will diese Miniprogram-me verstärkt einsetzen und Kollegendazu fortbilden. „Man kann LearningApps auch mit Moodle verbinden. Dannerledigen Schüler die Aufgaben dort.“Bleibt die Schule nach den Osterferienweiter geschlossen, dann müssen seineSchüler auch Texte einreichen, freilichper E-Mail. Noch deutlich mehr könnteman mit Konferenzschaltungen errei-chen, zum Beispiel mit Microsoft Teamsoder Konferenzprogrammen von Adobe,glaubt er. „Das kostet aber einiges.“

Stefan Junker, Gymnasiallehrer in Kiel,vermisst Videokonferenzen bisher nicht.„Wir müssen derzeit mit einer noch nie da-gewesenen Lage zurechtkommen. Es gehtnun vor allem um Bedürfnisse und Sor-gen“, sagt er. Die Schüler hätten Aufgabenbekommen, die Kommunikationswegefunktionierten. „Unsere Kommunikations-plattform mit E-Mail, Aufgabentools,Gruppenordnern, kollaborativen Textfel-dern und Foren sowie das Telefonieren –das reicht für mich momentan aus.“ Stün-de eine Videofunktion zur Verfügung, stel-le sich die Frage, ob alle die technischenVoraussetzungen zuhause hätten, geradeim ländlichen Bereich. „Schon bestehendeUnterschiede könnten sich vertiefen.“

Keine Schule – aber Unterricht

In Deutschland betrug die Zahl derdurch das Coronavirus zu Tode Gekom-menen am Donnerstag etwa 200 Fälle.Das war ein Tausendstel der vom RWIberechneten Zahl möglicher Todes-opfer, nicht ein Hundertstel wie inunserer Freitagsausgabe versehentlichgemeldet. itz.

Die Bundesregierung hat ein Maßnahmenpaket

beschlossen, mit dem Unternehmen bei der Bewältigung

der Corona-Krise unterstützt werden.

Die KfW versorgt Unternehmen kurzfristig mit Liquidität.

Die Kredite können über die Hausbank bzw. über Finanzie-

rungspartner beantragt werden.

Weitere Informationen dazu unter:

kfw.de/coronahilfe

Corona-Hilfeder KfWKredite fürUnternehmen

Großkonzerne helfen deutschenKliniken durch die Corona-KriseShell und Dow stützen Desinfektionsmittel-Produktion

Der persönliche Drahtvon Lehrer zu Schüler istkaum zu ersetzen. Dochmit Hilfe der digitalenMedien ist vielesmöglich. EinigeBeispiele.

Von Lisa Becker

Weniger Corona-Tote

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Page 22: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

SEITE 22 · SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGWirtschaft

Madame Klinkert, wie schlimm ist dieLage derzeit in den elsässischen Kran-kenhäusern?Die Bilanz ist bedrückend. Wir zählen inunserem Departement 828 Krankenhaus-aufenthalte, 104 Personen befanden sicham 25. März auf der Intensivstation. 327Menschen haben das Krankenhaus verlas-sen. 239 Personen sind leider in den Kran-kenhäusern gestorben, zudem 98 Perso-nen in den Seniorenheimen. Die Privatkli-niken räumen ihre Intensivbetten frei. Sokonnten wir dort Anfang der Woche zu-sätzlich über 113 Betten verfügen; dieseZahl wird noch zunehmen. Alle anderenOperationen sind verschoben. Hinzukommt das gerade installierte Militärhos-pital in Mulhouse mit seinen 30 Betten.

Wie viel bringt die Nachbarschaftshilfe?Unsere deutschen und schweizerischenNachbarn haben grünes Licht gegeben fürrund fünfzig Betten für Patienten ausdem Elsass. Seit dem Wochenende wer-den die Patienten auch nach Südfrank-reich und in die Bretagne transportiert.Ein Hochgeschwindigkeitszug hat amDonnerstag zwanzig Kranke von Straß-burg in den Westen Frankreichs gebracht.Diese Entlastung brauchen wir, denn dieIntensivstationen arbeiten am Anschlag.Das Personal beweist dort riesigen Ein-satz und außerordentlichen Mut. Viele

sind schon erkrankt. Zwei Ärzte vomOberrhein sind verstorben.

Wie stark fehlt es an Material und Aus-rüstung?Es fehlen Beatmungsgeräte, außerdemSchutzausrüstung in jeder Hinsicht, Mas-ken, Handschuhe, Brillen, Überzüge, Des-infektionsmittel. Unser Departement hatam Mittwoch 12000 Masken geliefert, inder nächsten Woche sollen mehr kom-men. Lokale Hersteller produzieren jetztauch und spenden das Material. Beson-ders kritisch ist die Lage in unseren 82 Se-niorenheimen mit ihren 7000 Bewoh-nern.

Ist die Hilfe der Nachbarn schnell genuggekommen?Freitag vor einer Woche habe ich einenHilferuf nach Baden-Württemberg und indie Schweiz ausgesendet. Die schnelleund unbürokratische Hilfe, die von dortkam, hat mich sehr berührt. Ministerpräsi-dent Kretschmann hat die Krankenhäu-ser in Baden-Württemberg angerufen, da-mit sie Patienten aufnehmen. Rasch ha-ben sich auch Rheinland-Pfalz und dasSaarland angeschlossen. 28 Patientenwurden bisher nach Deutschland ge-bracht. Das ist eine echte Hilfe zwischenNachbarn. Wir sind nicht nur Partner, son-dern auch Freunde.

Glauben Sie, die Nachbarländer könn-ten noch mehr helfen?Es soll weitere Transfers geben. Wir prü-fen alle Möglichkeiten, mit allen zur Ver-fügung stehenden Partnern. Leben müs-sen gerettet werden. Doch wir wissen,dass die Corona-Krise auch in Deutsch-land und der Schweiz um sich greift. Wirsind in permanentem Kontakt. Es ist einegrenzüberschreitende Krise, die nur mitgegenseitiger Hilfe besiegt werden kann.

Kann man schon Lehren?Wir arbeiten mit unseren deutschen und

schweizerischen Nachbarn schon seit Jah-ren zusammen – in Fragen der Ökono-mie, Raumordnung, Kultur, Bildung undauch Gesundheit. Diese Kooperationfunktioniert gut. Wir wissen aber auch,dass wir viel mehr machen könnten. Wirsollten in sanitären Fragen eine perma-nente Kooperation und einen systemati-schen Austausch aufbauen. Die für dasnächste Jahr auf französischer Seite ge-plante neue Gebietskörperschaft Elsass,welche die Departements Unter- undOberrhein vereinen wird, hat den Auf-trag, an dieser Kooperation zu arbeiten.

Vor einigen Jahren hieß es noch, Frank-reich habe das beste Gesundheitssystemder Welt. Wie konnte es zu solchen Eng-pässen kommen?Unser Gesundheitssystem bleibt immernoch sehr leistungsfähig – auch was Inno-vationen und den Zugang aller Bevölke-rungsschichten angeht. Was das Personalleistet, ist außerordentlich. Das kann manin diesen Tagen nicht genügend würdi-gen. Die Covid-19-Krise ist solch ein ex-tremes und schnell fortschreitendes Phä-nomen, dass es alle Gesundheitssystemeeiner schweren Prüfung unterzieht. Nie-mand ist auf diesen Tsunami vorbereitet –nicht in Frankreich, nicht anderswo.

Die Fragen stellte Christian Schubert.

hmk. BRÜSSEL. Die Welthandelsorga-nisation (WTO) ist seit Dezember fak-tisch handlungsunfähig. Nachdem dieVereinigten Staaten zwei Jahre lang dieErnennung neuer Schiedsrichter für dieBerufungsinstanz blockiert haben,kann die WTO in Handelsstreitigkeitenkein abschließendes Urteil mehr spre-chen. Die EU arbeitet deshalb seit Mo-naten schon daran, ein alternativesStreitschlichtungssystem – parallel zurWTO – zu schaffen. Sie hatte damit bis-her aber nur mäßigen Erfolg. Nur Kana-da und Norwegen haben sich demschnell angeschlossen. Nun aber kanndie EU einen echten Erfolg melden: Siehat sich mit inzwischen 15 WTO-Mit-

gliedern geeinigt, darunter große Län-der wie Mexiko, Brasilien und China.„Die Einigung zeigt die Überzeugungder EU und vieler Länder, dass Zusam-menarbeit in Krisenzeiten die beste Op-tion ist“, sagte Handelskommissar PhilHogan. Der neue Mechanismus sei einereine Überbrückungsmaßnahme, beton-te der Ire. Er werde schon in einigenWochen einsatzfähig sein. Die Europäi-sche Kommission hatte im Dezemberangekündigt, zur Not auch ohne endgül-tigen WTO-Spruch Strafzölle zu verhän-gen. Den Ländern, die sich an dem neu-en Mechanismus beteiligen, droht dasnun nicht mehr, wohl aber etwa denVereinigten Staaten.

loe. BERLIN. Der Bundesrat hat amFreitag die neue Düngemittelverord-nung gebilligt. Wegen der Corona-Kri-se sollen die Länder aber mehr Zeit fürdie Umsetzung bekommen als ursprüng-lich geplant. Die neuen Regeln sehenschärfere Vorschriften für Landwirtevor, die zum Beispiel die Gülle aus derTiermast auf ihren Feldern ausbringen.Die EU-Kommission hat die strengerenRegeln von Deutschland verlangt, weilseit Jahren in vielen Regionen die Ni-tratwerte im Grundwasser zu hochsind. Bauern hatten sich bis zuletzt ge-gen eine Verschärfung gewehrt. HätteDeutschland die Regeln nicht ver-schärft, hätten Strafzahlungen von biszu 850 000 Euro am Tag gedroht.

Der Bauernverband übte scharfe Kri-tik an dem Bundesratsbeschluss. Die

Sitzung war eigentlich für den 3. Aprilgeplant, wegen der Corona-Hilfsmaß-nahmen wurde sie aber vorgezogen.Umweltschützer begrüßten die Neurege-lungen. Die Länderkammer billigte dievon der Regierung vorgelegte Verord-nung in etwas veränderter Form: DieÜbergangsfrist zur Umsetzung wurdevon sechs auf neun Monate bis zum 1.Januar 2021 verlängert. Die Länder ha-ben damit etwas länger Zeit, stärkeroder weniger stark mit Nitrat belasteteGebiete auszuweisen, für die dann un-terschiedliche Düngeregeln gelten. DieBundesregierung hatte diese Änderungim Vorfeld schon mit der EU-Kommissi-on abgestimmt. Das Land Niedersach-sen, das wegen seiner vielen Tierbetrie-be besonders betroffen ist, hat sich beider Abstimmung enthalten.

„Niemand ist auf diesen Tsunami vorbereitet“Brigitte Klinkert, Präsidentin des französischen Departements Oberrhein, über die Situation im Elsass

Brigitte Klinkert Foto Département Haut-Rhin

Lösung für WTO-BlockadeEU findet viele weitere Verbündete

Düngeverordnung verschärftBundesrat stimmt umstrittenem Vorhaben zu

ppl./loe./pso. LONDON/BERLIN/FRANKFURT. Der britische Immobilien-markt ist im Zuge der Corona-Pandemienahezu zum Erliegen gekommen. Es wirddamit gerechnet, dass es in den kommen-den Wochen kaum noch Transaktionen ge-ben wird. Hintergrund ist, dass die briti-sche Regierung die Besichtigung von Im-mobilien wegen der Corona-Ansteckungs-gefahr untersagt hat. Makler dürfen zwarnoch am Telefon beraten, aber ein Orts-termin ist verboten. Die Banken vergebenkaum noch Hypothekenkredite. Zudemhat die Regierung faktisch eine Umzugs-sperre erlassen. „Häuserkäufer und Mietersollten, soweit möglich, einen Umzug ver-schieben, während die Notfallmaßnah-men zur Bekämpfung des Coronavirus inKraft sind“, sagte ein Sprecher. Die Wir-kung des „Lockdown“ soll Mitte Aprilüberprüft werden.

Ganz so drastisch sind die Maßnahmenin Deutschland nicht. Zwar sind auch hierWohnungsbesichtigungen im Grundsatznicht mehr erlaubt, allerdings haben etli-che Bundesländer Ausnahmen zugelas-sen, etwa wenn andernfalls Wohnungslo-

sigkeit oder Leerstand droht. Allerdingsdarf es keine Massenbesichtigungenmehr geben, sondern nur noch Einzelter-mine. Auch Umzüge sind erlaubt, sofernsie nicht mit Freunden und Verwandtenerfolgen, sondern von einem professionel-len Umzugsunternehmen, das die Hygie-ne- und Abstandsregeln beachtet. Klar istaber auch, dass auf dem Immobilien-markt bei weitem nicht mehr so viel Akti-vität zu spüren ist wie noch vor einigenWochen, besonders wenn es nicht umMiet-, sondern um Eigentumswohnungengeht. „Viele Käufer halten sich zurück,weil sie um ihre Jobs bangen oderschrumpfende Einkommen erwarten“,sagt Michael Voigtländer, Immobilien-fachmann des IW Köln.

In Großbritannien ist laut der Immobi-lienseite Zoopla – dem britischen Pen-dant von Immobilienscout 24 – die Nach-frage in der vergangenen Woche um 40Prozent gegenüber der Vorwoche zurück-gegangen. Lloyds und Barclays, zwei dergrößten Immobiliendarlehensgeber desLandes, haben die Kriterien verschärftund fordern von Kreditnehmern mindes-

tens 40 Prozent Eigenmittel. Der Kauf ei-nes Eigenheims ist auf der britischen In-sel verbreiteter als in Deutschland. 70 Pro-zent der Briten wohnen in den eigenenvier Wänden, hierzulande nur knapp je-der Zweite. Allerdings zeigen neue Datender Plattform Immobilienscout 24, dasszumindest in Berlin in den vergangenenWochen deutlich mehr Eigentumswoh-nungen inseriert wurden. Hintergrund istdas neue Gesetz, das die Mieten in derHauptstadt deckelt.

Mieter dürfen laut dem Bundesratsbe-schluss vom Freitag mit ihren Mietzahlun-gen zwischen April und Juni in Verzug ge-raten, ohne dass ihnen gekündigt werdendarf. Der Eigentümerverband Haus &Grund warnt, dass viele private Vermie-ter deshalb ihre Kredite nicht mehr bedie-nen könnten. Allerdings können sie ihrer-seits von dem dreimonatigen Zahlungs-aufschub für Darlehensverträge Ge-brauch machen, der ebenfalls verabschie-det wurde. Gewerbliche Vermieter kön-nen auf die KfW-Kredite zurückgreifen.

Verlässliche Daten über das aktuelleGeschäft auf dem deutschen Immobilien-

markt liegen bisher nicht vor. Beobachterund Marktteilnehmer berichten aller-dings, dass gegenwärtig kaum Wohnun-gen gekauft werden. Seriöse Einschätzun-gen darüber, wie häufig die Möglichkeitergriffen wird, von April an die Zahlungder Wohnungsmieten auszusetzen, gibt esnoch nicht. Immerhin herrscht am Aktien-markt offensichtlich die Einschätzungvor, dass die Wohnungskonzerne trotz al-ler gesetzlichen Einschränkungen relativgut zurechtkommen. Hierbei dürfte eineRolle spielen, dass das Wohnbedürfnisder Bevölkerung von dem Virus unange-tastet ist.

Der im Dax notierte BranchenführerVonovia beispielsweise hat seit Jahresbe-ginn zwar wie fast alle Börsenwerte ei-nen Kursverlust erlitten, der aber mitrund 10 Prozent gegenüber fast allen an-deren Dax-Werten noch erträglich aus-fällt. Ähnlich geht es den nächstgrößerenKonkurrenten Deutsche Wohnen undLEG, die im zweitwichtigsten deutschenBörsenindex M-Dax notiert werden.(Adidas und Puma setzen Mietzahlun-gen aus, Seite 28.)

Italiens Regierung zeigt nun trotzigseine neuen Freunde vor. Umsomehr, als sich MinisterpräsidentGiuseppe Conte bei der Videokonfe-

renz der Regierungschefs nicht mit sei-nem Wunsch durchsetzen konnte, einenTeil der Staatsschulden in Europa zu ver-gemeinschaften. In diese Richtung hatteman in Italien viele Erwartungen ge-weckt: Europa müsse jetzt in Krisenzei-ten den Italienern bedingungslos unterdie Arme greifen, wenn die alte Idee euro-päischer Solidarität etwas wert sein solle,hieß es von allen Seiten vor der europäi-schen Konferenz. Danach brachte das derRegierungspartei der Fünf Sterne naheste-hende Blatt „Il Fatto Quotidiano“ am Frei-tag den Aufmacher mit dem Titel: „DasLeck mich von Conte gegenüber dem ehe-maligen Europa“.

Wohl auch aus diesem Grund stellt derfrühere Spitzenkandidat und nunmehrigeAußenminister der Fünf Sterne, Luigi diMaio, seine weltumspannenden Bemü-hungen und seine Freundschaft mit Chi-na und Russland in den Vordergrund. BeiFacebook schrieb er vor wenigen Tagenvon „der langen Nacht“ auf dem Militär-flughafen Pratica di Mare bei Rom. ZweiFlugzeuge seien schon angekommen, esfolgten weitere sieben mit Masken, Beat-mungsgeräten, Schutzanzügen, Ärztenund vielen anderen Hilfsgütern. Di MaiosSchlussfolgerung: „Wir sind nicht allein.“Am Donnerstag dankte er wieder denLändern, von denen Italien derzeit Hilfebekomme, zuerst den Vereinigten Staa-ten, dann China, Russland und schließ-

lich „denen aus der Europäischen Union,die uns helfen“.

In der Virus-Krise ist es dabei beson-ders schwer, sich in Europa gegenseitig zuhelfen, wenn die Epidemie ungefähr zumgleichen Zeitpunkt eintrifft und wenn dieeinzelnen Länder nicht voraussehen kön-nen, ob ihre eigenen Kapazitäten und Vor-räte ausreichen. Damit sind die europäi-schen Partner zu Konkurrenten gewordenbei der Beschaffung von Schutzmaskenoder Beatmungsgeräten. Deutschland hat-te in dieser Situation einen Exportstoppverhängt und wurde damit sofort Ziel-scheibe von Polemik in Italien. Umge-kehrt fanden es die Italiener vor wenigenTagen ganz richtig, im Sinne einer Krimi-nalgeschichte darüber zu berichten, dassZubehör für Beatmungsgeräte entdeckt

worden sei, das eigentlich nach Griechen-land geliefert werden sollte, und dann „na-türlich“ beschlagnahmt worden sei.

Deutsche Hilfestellungen waren zuletztauch gegenüber den italienischen Medienbehandelt worden, als steckten dahinterGeheimoperationen. Ein Flugzeug mitHilfsgütern, angeblich Masken und Beat-mungsgeräte, ist in den vergangenen Ta-gen in Italien angekommen, doch gab esso gut wie keine offizielle Kommunikati-on, wie eine Liste der gelieferten Güter,schon gar kein Foto von der Ankunft.

Russen und vor allem Chinesen wissendagegen ihre Lieferungen immer gehörigin Szene zu setzen, und der Außenminis-ter fördert diese einseitige Darstellungetwa im Staatsfernsehen. Di Maio weiß ei-nerseits, dass wegen der Konkurrenzsitua-

tion in Europa nicht viel zu holen ist, dassChina und Russland sich umgekehrt ger-ne als „Freunde“ präsentieren. Anderer-seits suchte sich die Fünf-Sterne-Bewe-gung seit längerer Zeit als besondererPartner der Chinesen zu präsentieren,während die Lega in ihrem Regierungs-jahr von 2018 bis 2019 vor allem PutinsRussland und Trumps Amerika als dieLieblingspartner präsentierte, die auf je-den Fall Europa vorzuziehen seien.

Nun wird in Italien schon gerätselt, obdie Chinesen nach der Virus-Krise be-lohnt würden, mit Gelegenheit für eineEinkaufstour unter Unternehmen. DieRussen, schreibt die Turiner „Stampa“,hätten zu 80 Prozent unbrauchbares Mate-rial geliefert, aber 100 Militärärzte, diesich nun in Italien frei bewegten.

ami. WIEN. In Tschechien haben dieVorbereitungen für den Neubau einesoder zweier Atomreaktoren begonnen.Der staatliche Energiekonzern CEZ be-antragte beim Amt für Reaktorsicher-heit dazu den Ausbau des Kraftwerk-standortes Dukovany. Dort sind vierMeiler mit einer Leistung von je 500 Me-gawatt in Betrieb. Die beiden nun ge-planten Blöcke sollen laut CEZ je 1200Megawatt leisten. Sie würden damit un-gleich größer ausfallen als die bestehen-den Meiler. Der Bau der Kraftwerkekönnte im Jahr 2029 beginnen, die Elek-trizitätserzeugung Mitte des nächstenJahrzehnts. Das Stromangebot aus Kern-energie würde um ein Drittel wachsen.

Die Regierung in Prag sieht in demAusbau der Kernenergie die einzigeMöglichkeit, die Klimaziele zu errei-chen. Atomstrom sichere heute rundein Drittel der tschechischen Stromver-sorgung und Kohle knapp die Hälfte,hatte Industrieminister Karel Havlíčekder F.A.Z. unlängst gesagt und den dasProjekt kritisch beäugenden Nachbar-staaten Deutschland und Österreichumfangreiche Informationen zugesagt:„Wir werden erklären, was wir bauen,wo wir bauen, wann es fertig sein wird,was es kostet, und wir werden die Si-cherheitsmaßnahmen präsentieren.“

Einen ersten Schritt dazu hat CEZnun getan. Nach fünf Jahre währendenVorarbeiten habe man nun die Unterla-gen im Umfang von 1600 Seiten zur Be-

gutachtung eingereicht, sagte der CEZ-Vorstandsvorsitzende Daniel Beneš. Erversprach eine maximale Offenheitund Transparenz im Rahmen der nunbeginnenden Umweltverträglichkeits-prüfung. Deshalb sei auch der dazuge-hörige Sicherheitsbericht öffentlich zu-gänglich. Die Tatsache, dass in Dukova-ny schon vier Reaktoren laufen, habenur am Rand eine Rolle gespielt. Eskomme darauf an, nationale Vorgabenund internationale Standards zu erfül-len und das Projekt gegen Vorbehalteverteidigen zu können. Im Prüfprozesskönnten auch klima- und energiepoliti-sche Ziele berücksichtigt werden.

In Tschechien gibt es zwei Atomkraft-standorte, Dukovany und Temelín. Dievier Meiler in Dukovany gingen Mitteder achtziger Jahre in Betrieb, die bei-den 1080 MW-Anlagen in Temelín inden Jahren 2000 und 2002. Die Meilersind alle sowjetischer oder russischerBauart. Tschechien ist nicht das einzigeLand in Ostmitteleuropa, das auf Kern-kraft setzt, um die Energiewende zumeistern. Auch Ungarn will mit russi-scher Hilfe seine vier laufenden Meilererweitern. Polen hat im Herbst die Um-weltverträglichkeitsprüfung für denBau seines ersten Atomkraftwerks ander Ostsee durchgeführt. Das hatte inDeutschland zu Kritik der Grünen ander Bundesregierung geführt, weil die-se – anders als die schwarz-grüne Regie-rung in Österreich – nicht auf eine Ein-beziehung bestanden hatte.

jch. FRANKFURT. Händewaschen ge-hört mittlerweile für viele zur Bürger-pflicht. Damit sich das Coronaviruslangsamer ausbreitet, wird das Reinigender Hände von mehreren Seiten als einwichtiges Mittel genannt. So steht dieWasserversorgung in diesen Zeiten un-ter Spannung und wird ein Stück weitwichtiger als bislang. Die Branche siehtsich dafür gerüstet, ohne frei von Sorgenzu sein. „Die Krise betrifft uns, aber wirsind nicht in der Krise“, sagte NathalieLeroy, Sprecherin der Geschäftsfüh-rung von Hamburg Wasser, der F.A.Z.Die Wasserversorgung in Hamburg undin Deutschland ist laut Branchensichtvorerst gesichert. Dafür haben die kom-munalen Betriebe ihre Pandemie-Pläneaktualisiert, Krisenstäbe besetzt und Ar-beiten reduziert.

Für die Wasserversorgung braucht estrotz Digital- und Zentralisierung genü-gend Personal. Daher arbeiten die Ver-sorger mit vielen Vorsichtsmaßnahmen:Dienstreisen, Besprechungen und Füh-rungen sind verboten oder einge-schränkt worden. Mitarbeiter arbeitenin Heimarbeit. Das ist in der Wasserver-sorgung aber nicht an allen Orten mög-lich: Die Leitstellen müssen besetzt seinund die Anlagen überwacht werden.Auch müssen Mitarbeiter einen Rohr-bruch und anderes beheben.

In größeren Betrieben wie den Berli-ner Wasserwerken wird ein Teil der4500 Mitarbeiter momentan absichtlichnach Hause geschickt – mit der einzigenAufgabe, nicht krank zu werden, damitsie andere Mitarbeiter im Notfall ablö-sen können. Vieles läuft automatisiertab. In Berlin steuert eine Zentrale die

169 Abwasserpumpwerke. Berlin hatneun Wasserwerke und ist – wie diemeisten großen Städte – nicht von ein-zelnen Anlagen abhängig. Die Betriebebeschränken sich nur noch auf notwen-dige Tätigkeiten. In Hamburg wärenrund 8000 Wasserzähler am Tag durchneue Zähler zu ersetzen, darauf wirdjetzt verzichtet. „Wir stellen so sicher,dass wir genügend Mitarbeiter haben“,sagte Geschäftsführerin Leroy.

Der Wassergebrauch steigt zwarleicht in den Großstädten, aber das fälltkaum auf. Auch spiegelt sich ein Eng-pass von Toilettenpapier nicht wider.Jedenfalls bleibt es aus, dass plötzlichmehr Feuchttücher oder anderes die Toi-lette hinuntergespült werden und soWasserleitungen dichtmachen. In Ber-lin hat sich das Problem der Verstopfun-gen nicht verschärft. In Hamburg tretendiese Probleme ebenso oft auf wie vorder Corona-Krise, heißt es.

Bei einem Rohrbruch kann es in kur-zer Zeit zur Unterspülung von Straßen,Gleisen und Gebäuden kommen. Dastechnische Personal muss daher jeder-zeit bereit sein, solche Schadensfällerasch zu beheben, warnt Martin Wey-and vom Bundesverband der Energie-und Wasserwirtschaft BDEW. Er be-fürchtet Folgen einer Ausgangssperre.„Wenn nicht gewährleistet ist, dass dieTechnik-Spezialisten solche Schäden be-heben können, dann haben wir ein ech-tes Problem“, sagt er. „Wir wissen nicht,wie lange die Krise dauert. Wir müssenuns darauf einstellen, dass sie nicht in-nerhalb einiger Wochen vorbei ist.“ Bisdahin ist zumindest das regelmäßigeHändewaschen sicher.

Der Immobilienmarkt steht stillOb Besichtigungen oder Umzüge: In London geht nichts mehr, in Deutschland nur noch wenig

Italiens Freunde aus der Ferne

Chinesische Helfer bei der Ankunft im Hauptquartier des italienischen Roten Kreuzes Foto EPA

Atomkraftwerke für TschechienZwei große Anlagen könnten bis 2036 entstehen

Händewaschenist gesichertDie Corona-Krise trifft die WasserversorgungHilfslieferungen aus

China und Russlandwerden besondershervorgehoben. Dochdie Absichten sindunklar. Die EU-Partnerstehen in der Kritik.

Von Tobias Piller, Rom

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Page 23: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 · SEITE 23Unternehmen

Hinter der Eingangstür zumRewe am Offenbacher Markt-platz stehen zwei Männer inAnzug, Krawatte und Latex-

handschuhen. Einer von ihnen passt auf,dass die Kunden nur einzeln eintreten,vor der Schiebetür bildet sich am Nachmit-tag immer wieder eine Schlange von biszu fünf Personen. Der andere hat die en-gen Gänge der kleinen Filiale im Blick.„Nur zehn Kunden dürfen sich gleichzei-tig im Laden aufhalten“, sagt sein Kolle-ge. „Wir müssen jetzt immer zu zweitsein. Vorher gab es nur eine Schicht ab 18Uhr, jetzt gibt es zwei Schichten am Tag.“Security werde hier jetzt während der ge-samten Öffnungszeit gebraucht. Nichtalle Kunden würden die neuen Regeln ver-stehen: „Manche sind auch aggressiv.“Auch in einem Offenbacher Drogerie-markt bietet sich ein ungewohntes Bild:Ein schwarz gekleideter Mann steht hin-ter den Kassen und beobachtet die Kun-den. Die Kette dm hat jetzt ebenfalls ei-nen Türsteher.

In der Corona-Krise greift der Einzel-handel verstärkt auf Sicherheitskräfte zu-rück. Wo es bisher schon welche gab, wer-den noch mehr eingestellt. Und viele Ge-schäfte, für die Security nie ein Themawar, arbeiten jetzt erstmals mit Sicher-

heitsfirmen zusammen. Sogar vor großenBaumärkten müssen Kunden jetzt mitun-ter 15 Minuten in der Schlange verbrin-gen, bevor sie reingelassen werden. Auchdort wird die Anzahl der Kunden, diegleichzeitig einkaufen dürfen, begrenzt.

Im Offenbacher Toom-Baumarkt arbei-ten seit wenigen Tagen Wachmänner.Eine automatische Durchsage, die regel-mäßig wiederholt wird, unterstützt sie:„Husten und niesen Sie in die Armbeu-ge!“ Und: „Fassen Sie nichts an, wenn esnicht unbedingt notwendig ist!“ Oder:„Halten Sie zwei Meter Abstand!“

Eine Anordnung der Stadt Offenbachschreibt vor, dass Warteschlangen an The-ken und Kassen vermieden werden sol-len. Der Zutritt zu Geschäften solle dahergesteuert werden, auch damit der Ab-stand von zwei Metern zwischen Perso-nen im ganzen Laden eingehalten werdenkann. Die Stadt Frankfurt schreibt sogargenau vor, dass sich auf 20 Quadratme-tern nur ein Kunde aufhalten darf. Auchin Nordrhein-Westfalen gilt eine solcheVorschrift: Dort ist ein Kunde auf zehnQuadratmetern zugelassen.

„Die Kunden nach und nach hereinzu-lassen ist nur eine der Aufgaben, die Si-cherheitskräfte jetzt übernehmen“, sagtSilke Wollmann vom Bundesverband derSicherheitswirtschaft (BDSW). „Ganzoft geht es nicht nur um die Zugangsbe-schränkung, sondern auch darum, dassbeim Streit ums Toilettenpapier jemandeingreift.“

Gefragt, wieso jetzt auch ihr Drogerie-markt einen Sicherheitsmann braucht,kommt die Leiterin des Offenbacher dm-Ladens ebenfalls auf das Kundenverhal-ten zu sprechen: „Letzte Woche sind dieLeute einfach durchgedreht, meine Mitar-beiterinnen wurden beschimpft.“ Viele El-tern fänden es beispielsweise überhauptnicht gut, dass es jetzt Kaufbeschränkun-gen für Windeln gebe.

Dass Kunden aber gegenüber Verkäu-fern handgreiflich würden oder im Streitum Waren aneinandergerieten, sei keinSzenario, das sie gehäuft mitbekomme,

sagt BDSW-Sprecherin Wollmann. Trotz-dem würden vor allem Mitarbeiter mit so-genannter Sicherheitsunterrichtung –das ist eine 40-stündige IHK-Schulung –und keine einfachen Ordnungskräftenachgefragt. Es handele sich aber eherum Präventivmaßnahmen. Vielleicht wol-le man sich auch auf Schlimmeres vorbe-reiten und habe die Szenen nach demHurrikan Katrina noch vor Augen, wodas versäumt worden sei. „Ich habe abervon keinem Unternehmen gehört, dasjetzt Plünderungen erwartet. Das wäredann auch Sache der Polizei und nicht pri-vater Sicherheitskräfte.“

Für Kai Falk vom HandelsverbandDeutschland (HDE) sind solche Überle-gungen ein „Exotenthema“. Ihm sei nurein Fall bekannt, bei dem es zu einer Ran-gelei gekommen sei, sonst habe er dazukeine Informationen. „Falls zusätzlichesPersonal benötigt wird, dann wahrschein-lich, um die zwei Meter Abstand und diesonstigen Hygienevorschriften einzuhal-ten“, so Falk. Eine Sprecherin des Lebens-mittel-Discounters Lidl teilte mit, dass esin vielen Filialen nun „Kundenbetreuer“,gebe, „die für einen geordneten Ablaufund ungestörten Einkauf sorgen sollen“.Diese „Unterstützungsmaßnahme“ werdeweiterhin ausgebaut.

Aber können die Sicherheitsunterneh-men die zusätzliche Nachfrage nach Per-sonal auch bedienen? Bisher würden ins-gesamt nicht mehr Sicherheitsleute alsvor der Corona-Krise benötigt, sagt Woll-mann: „Wegen der vielen abgesagten Ver-anstaltungen hält es sich ungefähr dieWaage.“ Die Sicherheitsfirmen hättenaber ohnehin schon immer Schwierigkei-ten, genug Leute einzustellen. In der aktu-ellen Lage wird das erst recht zum Pro-blem, da viele Mitarbeiter ausfallen: In ei-nem Brief an Abgeordnete und Regie-rung beklagt der BDSW zusammen mitdem Bundesinnungsverband des Gebäu-dereinigerhandwerks (BIV), dass sich dieZahl der Krankschreibungen vervier-facht habe. Sie fordern, die Krankenkas-sen sollten „ab dem ersten Tag, spätes-tens nach der ersten Woche“ Kranken-

geld zahlen, finanziert durch Steuerzu-schüsse. Zusammen kommen die vonBDSW und BIV vertretenen Branchenauf etwa 900 000 Mitarbeiter.

„Der derzeitige Krankenstand in der Si-cherheitsbranche von ungefähr 30 Pro-zent ist eine Katastrophe“, sagt Woll-mann. Falls demnächst auch an andererStelle mehr Sicherheitskräfte benötigtwürden, könne sich das Problem noch ver-stärken: „Vielleicht müssen ja demnächstauch private Sicherheitsleute Ausgangs-sperren überwachen.“ Dass es jemals soweit kommt, darf bezweifelt werden: DieÜberwachung von Ausgangssperren istSache der Polizei.

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ikop. FRANKFURT. Der Medizintech-nikhersteller B. Braun aus Melsungenin Nordhessen ist derzeit gut aufge-stellt, um in der Corona-Krise weiter-hin lieferfähig zu sein. „Wir prüfen un-sere Lieferketten, um auch die Versor-gung mit Rohstoffen sicherzustellen“,sagte Vorstandschefin Anna MariaBraun während der virtuellen Bilanz-pressekonferenz am Freitag. Dafür ste-he man in engem Austausch mit denBehörden. „Stand heute ist die Versor-gung gesichert. Man muss aber auchganz klar sagen, das kann sich von Tagzu Tag ändern“, betonte sie. „UnsereLogistik in Melsungen und anderenStandorten ist sehr gefordert, um alleAufträge abzuarbeiten“, sagte dieGründernachfahrin weiter. Beschäf-tigte arbeiteten unter hohem Einsatzan den Wochenenden, auch Auszubil-dende und Vertriebsmitarbeiter, dienicht mehr zu Kunden führen, pack-ten mit an.

Man suche zudem den Austausch mitder Politik in Berlin, damit diese für of-fene Grenzen eintritt, ergänzte Vor-standsmitglied Meinrad Lugan. Er ver-wies auf die Grenze zu Polen, an dersich lange Staus gebildet hatten undLastwagen nicht mehr durchgekommenwaren. „Wir sehen außerdem steigendeTransportkosten, vor allem im Schiffs-verkehr nach Asien“, ergänzte Finanz-chefin Annette Beller. Man arbeite je-doch in mehreren Krisenstäben und ent-wickle entsprechende Maßnahmen, daman sich als Teil der kritischen Infra-struktur auch der besonderen Verant-wortung bewusst sei, sagte Braun.

B. Braun stellt mit mehr als 64000Mitarbeitern auf der Welt beispielswei-se Dialysegeräte, Infusionspumpen, Ka-nülen und Orthopädieprodukte her. Inder Schweiz wird Desinfektionsmittelproduziert. Dort hat man die Produkti-onskapazitäten um 20 Prozent hochge-fahren. Auch habe man beispielsweisedie Gebindegrößen geändert und produ-ziere keine kleineren Flaschen als 500Milliliter mehr, um den Ausstoß zu er-höhen. Dennoch war es nicht immermöglich, der großen Nachfrage nachzu-kommen. Mit Blick auf den Haupt-grundstoff Ethanol habe sich „die Men-

genverfügbarkeit deutlich entspannt“,sagte Lugan, da weniger Benzin ge-braucht würde, dem auch Ethanol bei-gemischt werde. Zudem habe man nochlaufende Lieferverträge, die die Liefe-ranten auch erfüllten. „Aber im Prinzipist der Preis für Ethanol zu einem Preisauf Tagesbasis geworden“, sagte Lugan.Derweil ist auch ein Standort in Berlinfür Pharmaprodukte, an dem unter an-derem das Narkotikum Propofol herge-stellt wird, ausgebaut worden.

Produktionseinschränkungen hättensich in den vergangenen Wochen den-noch gezeigt, beispielsweise in Malay-sia und Japan – und zuletzt vor allem inIndien, wo die Regierung einen kom-pletten „Shutdown“ beschlossen hat,der auch einen Standort der Melsungerfür Infusionslösungen betroffen hatte.Allerdings konnte die Vorstandschefinam Ende der Pressekonferenz bekannt-geben, dass man auch dort eine Sonder-genehmigung erhalten hat, wie schonan anderen Standorten, etwa in Nordita-lien. Überall würden besondere Vorkeh-rungen getroffen: In hochautomatisier-ten Werken arbeite nur ein Minimuman Beschäftigten, zudem gebe es zwi-schen den Schichten eine Pause und kei-ne Übergabe mehr unter den Mitarbei-tern, auch würden Maschinen und Gerä-te auf größeren Abstand gestellt. Inmanchen Fällen arbeite man darüberhinaus in Schutzkleidung.

Zu Aussagen, wie sich das aktuelleGeschäftsjahr für das Traditionsunter-nehmen entwickeln wird, hielt sich derVorstand zurück. „Wir gehen davonaus, dass wir im Umsatz wachsen kön-nen. Alle anderen Aussagen sind nichtbesonders belastbar“, sagte Braun. Imvergangenen Jahr hatte B. Braun denUmsatz um 8,2 Prozent auf rund 7,5 Mil-liarden Euro gesteigert. Der Vorsteuer-gewinn sank auf 400 Millionen nachknapp 452 Millionen Euro im Vorjahr,was mit hohen Anlaufkosten und Regu-lierungsaufwendungen begründet wur-de, beispielsweise für die europäischeMedizintechnikverordnung. „Das Er-gebnis ist im Rahmen der Erwartun-gen“, sagte Braun. Man werde in die-sem Jahr noch weiter an Standardisie-rungen und der Verbesserung digitalerProzesse arbeiten.

Einer nach dem anderen: Auch in vielen Drogeriemärkten ist der Zugang neu organisiert. Foto dpa

Türsteher fürs Toilettenpapier

joja. KÖLN. Die Deutsche Post undder Händler Rewe tun sich zusammen,um den stark vom Coronavirus betroffe-nen Kreis Heinsberg mit Lebensmittelnzu versorgen. Denn dort seien Ältereund Menschen mit Vorerkrankungenbesonders gefährdet. Deshalb wirft diePost nun bei 37 000 Haushalten Bestell-formulare ein, holt sie ab und übermit-telt sie an die Lebensmittelgeschäfte inder Region. Die Ware soll dann schonam Folgetag kostenlos geliefert wer-den. Die Bestellung über Papierformu-lare sei für die „weniger digital-affinenBürgerinnen und Bürger“ gedacht. Diewichtigsten Produkte und Preise seienauf den Formularen schon eingetragen,angeboten werden allerdings nur Wa-ren, die nicht gekühlt werden müssen.Auch in der Menge gibt es Vorgaben, somuss die Rechnung mindestens 25Euro und darf maximal 100 Euro betra-gen. „Wenn das Pilotprojekt erfolgreichist, werden wir diesen Service gerne inweiteren Gebieten und mit weiterenPartnern ausweiten“, sagte Tobias Mey-er, Vorstandsmitglied für Post und Pake-te in Deutschland.

tag. MAINZ. Der EnergiekonzernENBW verzichtet darauf, säumigen Zah-lern in der Corona-Krise Strom und Gaszu sperren. Damit würde man jetzt dieSorgen der Menschen nur vergrößern, sag-te Vorstandschef Frank Mastiaux anläss-lich der Vorstellung des Jahresberichts.Er fügte jedoch hinzu, dass das Unterneh-men die drei Viertel des Strompreises, dieauf staatliche Abgaben zurückzuführenseien, auch dann bezahlen müsse, wenndie Kunden ihre Rechnung nicht begli-chen. Das gelte es zu ändern. Zudemräumte er ein, dass der tatsächliche Ergeb-niseffekt angesichts von 5,5 Millionenweit überwiegend zahlender Kunden fürden Konzern zu vernachlässigen sei.

ENBW hat nach Mastiauxs Worten um-fangreiche Vorsorge getroffen, um die Ver-sorgungssicherheit zu gewährleisten. „Un-sere Mitarbeiter machen unter den er-schwerten Bedingungen einen tollen Job.Die ENBW steht stabil.“ Der Konzern,der je knapp zur Hälfte dem Land Baden-Württemberg und dem LandkreisverbundOEW gehört, sieht nach den Worten vonFinanzvorstand Thomas Kusterer bislangnur ein begrenztes wirtschaftliches Risi-ko. Die Folgen der Corona-Pandemie wür-den voraussichtlich keine wesentlichenAuswirkungen auf das operative Ergebnisim Jahr 2020 haben. Im Gegenteil: DerKonzern erwartet einen weiteren Anstiegum 13 bis 19 Prozent auf 2,75 bis 2,9 Milli-arden Euro. Die gesamte im Jahr 2020 ge-plante Stromerzeugung sei schon ver-marktet. Im Absatz könne sich ein niedri-

ger Verbrauch von gewerblichen Kundenbemerkbar machen, dieses Risiko sei aberbegrenzt.

Mastiaux zeigte sich mit dem Umbau-prozess seit dem Atomausstieg zufrieden.Im Jahr 2019, und damit zwölf Monatefrüher als geplant, habe ENBW die avisier-ten Ergebnisziele erreicht und zugleichden Umbau weg von Atomstrom hin zumehr Dienstleistungen, erneuerbarenEnergien und Netzgeschäft vollzogen.

Im Vorjahr hat der Konzern seine Inves-titionen auf 3,1 Milliarden Euro fast ver-doppelt, unter anderem den französischenWindanlagenhersteller Valeco und denKölner Netzbetreiber Plusnet gekauft.ENBW sei zum Marktführer für Schnellla-desäulen aufgestiegen und habe das Wind-kraftportfolio seit dem Jahr 2012 mehr alsverachtfacht, vor allem durch den Aufbaugroßer Windparks auf dem Meer. Zu-gleich mahnte Mastiaux, wenn der Aus-bau der Windenergie an Land weiter soschleppend vorangehe, werde die Bundes-regierung ihr Ziel verfehlen, bis zum Jahr2030 mindestens 65 Prozent des Stromsaus erneuerbaren Energien zu erzeugen.

ENBW habe nun die richtige Plattformund genügend Spielraum, um „in denkommenden Jahren noch stärker aufWachstum umzuschalten“. Dazu will Mas-tiaux weiter internationalisieren. Dienach der Finanzkrise auferlegte Selbstbe-schränkung ist Geschichte. Das neue Er-gebnisziel für das Jahr 2025 lautet 3,2 Mil-liarden Euro. „Das wäre für die ENBWein neues Ergebnisniveau“.

MedizintechnikherstellerB. Braun kann noch liefernSchwierigkeiten, aber keine Engpässe in der Logistik

In der Corona-Krisegreift der Einzelhandelverstärkt auf privateSicherheitskräfte zurück.Sie sollen nicht nur dieneuen Hygieneregelnüberwachen.

Von Jannik Waidner,

Offenbach

Lebensmittelfür Heinsberg

ENBW verzichtet auf StromsperrenDer Versorger will auch in der Krise wachsen

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Page 24: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

SEITE 24 · SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGUnternehmen

Und die Welt steht still“, stehtnoch auf einigen Gauloises-Plakaten. Das sollte eigentlichnach Entspannung, Entschleu-

nigung und Genuss klingen. Doch wegenCorona steht die Welt tatsächlich still.Und mit Genuss hat das wenig zu tun.Ohne den Einfluss der Macher der Ziga-rettenmarke hat sich die Bedeutung die-ser Werbebotschaften verschoben. Man-che Aussage ist in der Corona-Krise sogarunangemessen geworden. Darf man indiesen Zeiten überhaupt noch werben,oder finden das Kunden anstößig? Kannman die Krise zudem geschickt nutzen, in-dem man Aussagen zu Corona machtoder den eigenen Beitrag zum sozialenZusammenhalt herausstreicht?

Die Meinungen in der Branche gehendarüber deutlich auseinander. Jenny Gru-ner, Leiterin des digitalen Marketings vonHapag Lloyd, meint: „In der aktuellen Kri-se sollten sich Unternehmen mit Wer-bung und Marketing im Coronavirus-Um-feld zurückhalten.“ Zwar könne man mitWerbung, die rund um die Coronavirus-Berichterstattung plaziert sei, gerade vie-le Leute für wenig Geld erreichen, dochhätte das immer ein „Geschmäckle“.Nicht wenige Unternehmen haben ihreWerbung daher eingestellt.

Dass es auch anders geht, zeigen Anzei-gen, die gegenwärtig den gesellschaftli-chen Zusammenhalt betonen, etwa dievon Aldi. Eigentlich sollte eine gemeinsa-me Imagekampagne für Aldi Nord undAldi Süd anlaufen. „Preis, Preis, Baby“war der geplante Slogan. Doch die Sorgewar, dass das unangemessen wirken wür-de. Der aktuelle Slogan lautet: „#gemein-samgehtalles“. Ruber Iglesias ist Chef vonMcCann Worldgroup, Aldis Werbeagen-tur. „Die Menschen erwarten von Unter-nehmen und Marken, Stellung zu bezie-hen und die Gesellschaft dort zu unter-stützen, wo es ihnen möglich ist“, sagt er.Mit der neuen Kampagne stelle sich Aldiseiner gesellschaftlichen Verantwortung,

nicht nur in Bezug auf die Versorgung derMenschen mit Lebensmitteln. Zudem ha-ben McCann und Aldi auch einen TV-Spot entwickelt. Darin erklären Kundenund Mitarbeiter des Discounters mit eig-nen Handy-Videos, wie sie sich in der Kri-se für andere einsetzen.

Der Spot trägt einigen Herausforderun-gen Rechnung, vor der die Branche steht.Zum einen überlagert die Corona-Krisealle anderen Themen. Daran vorbei Wer-bung zu machen ist kaum möglich. Ande-rerseits geht Unternehmen schlicht derStoff für Werbung aus, weil das Filmen

von Werbespots ausgesetzt ist. Dabei ver-lagert sich die Werbung ohnehin stärkerins Internet und auf soziale Medien.

„Man sieht, wie Fitness-Influencer ex-trem stark profitieren“, sagt Philip Papen-dieck, der die Influencer-Agentur Inter-mate leitet. „Was sollen Marken wie Inter-sport denn sonst machen, und sollen ihreGeschichten erzählt werden?“ Gegenwär-tig verbrächten die Menschen viel Zeit inden sozialen Netzwerken. Daher könntenInfluencer jene Geschichten erzählen, fürdie Markenartikler ansonsten aufwendigeSpots produzieren müssten

Dennoch hätten auch Influencer damitzu kämpfen, dass Werbebudgets schrump-fen, räumt Papendieck ein. Facebookwarnte erst kürzlich vor sinkenden Wer-beumsätzen wegen der Corona-Krise.Laut einer Intermate-Analyse von 20 000Profilen deutscher Instagram-Influencersind deren Werbeumsätze binnen einerWoche um 40 Prozent eingebrochen.Gleichzeitig aber steigt die Nutzung dersozialen Medien: ebenfalls um etwa 40Prozent. Dabei ist die Reichweite der Wer-beposts der Influencer nach Angaben vonIntermate um drei Prozent gestiegen.

Für die Sternchen auf Instagram ist esdie erste Krise überhaupt. Bisher ging esnur bergauf, immer mehr Unternehmennutzen die Plattform für Werbung und ko-operieren dafür mit Influencern. „Jetztwerden Kampagnen abgesagt.“ Einige In-fluencer hätten daher Panik bekommen.„Viele von ihnen sehen sich zum erstenMal finanziellen Einbußen gegenüber“,sagt Papendieck. Für manche seien alleEinnahmen für die nächsten Wochen weg-gebrochen. Einige sind wie Betriebe mitangestellten Kameramännern und Techni-kern organisiert. „Die müssen über Kurz-arbeit nachdenken.“ Zumindest hättenviele Werbekunden aus unterschiedli-chen Branchen. Dieses Mix helfe nun. Im-merhin sei Werbung ja noch möglich, fin-det Papendieck. „Das muss nur kreativ ge-löst und darf nicht pietätlos sein. Ich wür-de jetzt keine Rabattcodes verteilen.“

chs. PARIS. Der französische Unterneh-mer Arnaud Lagardère gerät mitten inder Corona-Krise auch wegen seiner Ge-schäftspolitik unter schweren Druck.Die französische Fondsgesellschaft Am-ber Capital, die der größte Aktionär ist,fordert den Rückzug Lagardères undeine Aufgabe des Status der Kommandit-gesellschaft, die Lagardère schützt. Am-ber ist schon seit vier Jahren an Lagar-dère SCA beteiligt und inzwischen mitgut 16 Prozent des Kapitals und 12,5 Pro-zent der Stimmrechte zum größten Aktio-när aufgestiegen. Im französischen Ra-dio verdammte der Amber-Gründer Jo-seph Oughourlian am Freitag die Ge-schäftspolitik von Lagardère in Grundund Boden. „17 Jahre lang wurde das Un-ternehmen sehr schlecht geführt – mit ei-ner völlig verfehlten Investitionspolitikund Verkaufsstrategie“, sagte Oughourli-an. Dutzende von Geschäftsbereichenseien oft unter Wert abgegeben worden,etwa die lange Zeit gehaltene Beteili-gung an EADS (heute Airbus) – und dasnur mit dem Ziel, Lagardère eine hoheDividende zu sichern. Es sei allseits be-kannt, dass der 59-jährige Franzose,Erbe des Gründervaters Jean-Luc Lagar-dère, hochverschuldet sei, sagte Oug-

hourlian. Trotz der Corona-Krise, in derdas Unternehmen auch staatliches Kurz-arbeitergeld erhalte, habe Lagardère dieDividende nur um knapp 19 Prozent auf130 Millionen Euro gekürzt, statt sieganz zu streichen. Der Aufsichtsrat seinur ein „Gremium, das alles abnickt“, da-her müsse er bis auf zwei prominenteMitglieder komplett ausgetauscht wer-den: Der ehemalige Präsident NicolasSarkozy und der frühere Chef der staatli-chen Bahngesellschaft SNCF, GuillaumePepy, seien als neue Mitglieder nicht fürdas Fiasko verantwortlich.

In der Tat hat sich das Bild der Lagar-dère-Gruppe in den vergangenen Jahrenstark verändert. Bis zum Tod des legendä-ren Firmengründers Jean-Luc Lagardèreim Jahr 2003 war das Unternehmen alseiner der EADS-Gründer noch stark inder Luftfahrt engagiert, zudem teilweiseauch in der Automobilindustrie. Das Ver-lags- und Mediengeschäft mit dem An-bieter Hachette war das andere großeStandbein. Arnaud Lagardère trenntesich dagegen vom Industriegeschäft, dasihn nie interessierte, und investierte statt-dessen in den Sport und ins Veranstal-tungsgeschäft sowie in den Einzelhandelmit Zeitschriften und Reisebedarf, dar-

unter vor allem die Bahnhofs- und Flug-hafenkette „Relais“. Doch zahlreicheAusflüge scheiterten. Im Medienge-schäft hat sich Lagardère von den inter-nationalen Titeln getrennt. Seit 2003schrumpfte der Umsatz von 13,2 auf 7,2Milliarden Euro und die Belegschaft von45000 auf 28000 Beschäftigte. Der Be-triebsgewinn verringerte sich um zehnProzent auf rund 400 Millionen Euro.

Lagardère wehrt sich gegen die „Kam-pagne voller Fake News“ , wie er sagt.Das Unternehmen habe eine erfolgver-sprechende Ausrichtung auf das Verlags-geschäft und den Reisebedarf. Letztererist allerdings genau für den aktuellenKursverfall verantwortlich. Seit Ende Fe-bruar verlor die Gruppe rund die Hälfteihres Börsenwertes. Lagardère räumteim Januar zudem ein, persönlich mit 164Millionen Euro verschuldet zu sein; dasist deutlich mehr als der aktuelle Wertseiner Kapitalbeteiligung von 7 Prozent(Stimmrechte 11 Prozent). Die Entschei-dung in dem Schlagabtausch könnte aufder Hauptversammlung am 5. Mai fallen.Die Schiedsrichterrolle kommt dabeidem zweitgrößten Aktionär mit 13 Pro-zent Kapitalbeteiligung und 20 Prozentder Stimmrechte zu: dem StaatsfondsQIA aus Qatar. (Kommentar Seite 28.)

Werbeschwenk: Discounter Aldi ändert Kampagne Foto Youtube/Aldi/Screenshot F.A.Z.

ash. FRANKFURT. Die Mediennut-zung in Deutschland hat in der Corona-Krise kontinuierlich zugenommen –und das über alle Zielgruppen sowieVerbreitungskanäle hinweg. Unter den14 bis 49 Jahre alten Konsumentenstieg die Reichweite im Fernsehen imVergleich zur Vorwoche weiter um 9,5Prozent auf 66,5 Prozent. Die durch-schnittliche Sehdauer nahm um 24 Mi-nuten auf 168 Minuten am Tag zu – einAnstieg von fast 17 Prozent im Ver-gleich zum Vorjahreszeitraum. Die Me-diaagentur Jom aus Hamburg hat diesfür die F.A.Z. aus Zahlen der AGFVideoforschung und der Gesellschaftfür Konsumforschung ermittelt.

Zu den Gewinnern zählen die öffent-lich-rechtlichen Sender. Die täglicheFernsehdauer erhöhte sich bei ARDund ZDF um 66,4 Prozent. In der Alters-gruppe 14 bis 49 stieg die Nettoreich-weite (jede Person wird nur einmal ge-zählt, nicht die Kontakte) um 38,1 Pro-zent an. In der Sendergruppe Pro Sie-ben Sat 1 waren es dagegen nur 8,8 Pro-zent, die RTL-Gruppe erreichte einPlus von 10,1 Prozent.

In der vergangenen Woche legte dieNettoreichweite im Fernsehen unter al-len Zuschauern, die 14 Jahre und ältersind, um 79 Prozent zu. Dies ist ein Zu-wachs von 7,4 Prozent im Vergleichzum Vorjahreszeitraum. Die täglicheSehdauer dieser Zuschauergruppe, zuder auch die Senioren gehören, stiegum 39 Minuten auf 274 Minuten. Diehöchste und mit Abstand längste Fern-seh-Nutzung entfiel weiterhin auf dieZuschauer älter als 60, die auf einedurchschnittliche Sehdauer von 401 Mi-nuten kamen.

Was das für den Werbemarkt bedeu-te, sei zum jetzigen Zeitpunkt schwierigzu beurteilen, sagt Jom-Direktor Ro-land Köster. „Die Situation ist mit zuvielen Unbekannten versehen. Natür-

lich gibt es Unternehmen, die aktuellihre Kampagnen stoppen und Budgetsverlagern. Auf der anderen Seite bietetdie aktuelle Lage insbesondere für dieUnternehmen eine Chance, die agil rea-gieren und ihre Kommunikation inhalt-lich anpassen.“ So dankten einige dergroßen Handelsunternehmen aktuellihren Mitarbeitern für deren Einsatz,anstatt preisgetriebene Abverkaufswer-bung zu betreiben.

Unmittelbaren Einfluss habe die Kri-se auch auf die Mediennutzung derKleinsten. Kinderfernsehen, Youtubeund andere Angebote nähmen zeitwei-se die Rolle eines Babysitters ein. So sei-en die Marktanteile der Kindersenderkurzfristig noch mal um drei bis vierProzent gestiegen. Insgesamt habe sichdie Kontaktsumme aller Werbeblöckein diesem Programmumfeld in der Pan-demiezeit um 43 Prozent erhöht – inder ganz jungen Zielgruppe zwischendrei und fünf Jahren sogar um 70 Pro-zent. Die drei bis 13 Jahre alten Kinderkamen auf eine tägliche Sehdauer vonjetzt 89 Minuten. Profiteure seien insbe-sondere die Sender Super RTL und Dis-ney. Die Zugriffszahlen auf Kinderplatt-formen im Internet legten dazu im Ver-gleich zu einem normalen Wochentagum 30 bis 40 Prozent zu.

Ebenso profitieren Nachrichtenme-dien wie Zeitungen derzeit vom gestei-gerten Informationsbedürfnis der Men-schen. So sind laut Bundesverband Digi-talpublisher und Zeitungsverleger diedigitalen Reichweiten der Zeitungensprunghaft um bis zu 65 Prozent ange-stiegen. In der vergangenen Woche hät-ten mehr als zwei Drittel der deutsch-sprachigen Bevölkerung ab 16 Jahrenauf Zeitungsseiten im Netz zugegriffen.Allein mit ihrem digitalen Angebot wür-den die Zeitungen damit 46,2 MillionenMenschen erreichen. Im Vergleich zumJanuar sei dies ein Plus von 34 Prozent.

bü. DÜSSELDORF. So schnell warensich die Deutsche Telekom und dieDienstleistungsgewerkschaft Verdinoch nie handelseinig: Binnen einerWoche haben sie sich auf einen neuenTarifabschluss für rund 60 000 Tele-kom-Mitarbeiter, Auszubildende undStudierende verständigt – eine neue Re-kordzeit. Wegen der Corona-Krise wur-den die Verhandlungen ins Internet ver-legt, und der Kreis der Beteiligten wardeutlich kleiner als unter „normalen“Umständen. Den Beschäftigten bringtder Abschluss eine Anhebung der Ge-hälter zwischen 4,6 und fünf Prozent.Die Erhöhung erfolgt in zwei Stufen je-weils Anfang Juli 2020 und 2021. DieZuschläge sind nach Tarifgruppen ge-staffelt, so dass niedrige Einkommenüberproportional steigen. Der Ende2020 auslaufende Kündigungsschutzfür die Belegschaft im deutschen Fest-netz und Mobilfunk (Telekom Deutsch-land) wird um drei Jahre verlängert.Mit Blick auf die Corona-Krise wurdenzudem Regelungen für etwaige Kurz-arbeit vereinbart. Unter anderem hatdie Telekom darin eine Aufstockungdes Kurzarbeitergeldes zugesagt. Einzel-heiten dazu wollte der Konzern nichtnennen. Dem Vernehmen nach sicherter eine Anhebung des Kurzarbeiter-geldes auf 85 Prozent des ausgefallenenNettolohnes zu, während es sonst nur ei-nen Basisbetrag von 60 Prozent gäbe.„Wir haben Regelungen zu Kurzarbeitvereinbart, die uns in der Corona-Krisehelfen können“, sagte Birgit Bohle, Per-sonalchefin des Konzerns. Alle Beteilig-ten hätten gezeigt, dass sie „gute und

pragmatische Lösungen“ unterstützen,lobte sie das Vorgehen. In Zeiten, in de-nen in vielen anderen Unternehmen Be-schäftigte „vor hohen existentiellen Nö-ten stehen, zeige sich, wie wichtig Ge-werkschaft, Solidarität und eine funk-tionierende Sozialpartnerschaft sind“,sagte Verdi-BundesvorstandsmitgliedChristoph Schmitz.

Unterdessen wurde bekannt, dass dieTelekom ihr Tochterunternehmen Mo-tionlogic Ende Mai schließen wird. Be-kannt geworden war das Start-up durchdie Lieferung von Mobilfunkdaten andas Robert-Koch-Institut (RKI). Dieseteils umstrittene Lieferung habe mitder Entscheidung, das Unternehmendichtzumachen, aber nichts zu tun, sag-te eine Telekom-Sprecherin. Der Be-schluss sei schon 2019 und damit langevor dem Ausbruch der Corona-Krise ge-fallen. „Grundlage für diese Entschei-dung war die Geschäftsentwicklung desStart-ups.“ Motionlogic ist auf die Aus-wertung von Handydaten für die Ana-lyse von Verkehrsströmen und Bewe-gungsmustern spezialisiert. Zwei Liefe-rungen hat das RKI genutzt, um zu über-prüfen, wie sich das Mobilitätsverhal-ten durch die Kontaktbeschränkungenund Sperren verändert hat. Die Tele-kom will dem Institut dabei auch weiter-hin behilflich sein. Gemeinsam mitdem RKI und anderen Experten werdegeprüft, „was die beste Lösung ist,wenn weitere Massendaten übertragenwerden sollen“. Die Motionlogic ist seit2015 am Markt, bedient Kunden wieKommunen oder regionale Verkehrs-unternehmen.

Angst vor Corona und AktionärDie Fondsgesellschaft Amber will den Unternehmer Lagardère entmachten

Was darf Werbung in der Krise?

mj. KÖLN. Financialright lässt sichvon der jüngsten Niederlage vor Ge-richt nicht beirren. Am Freitag hatdas Inkassounternehmen seine zwei-te, schon seit 2018 am Landgericht(LG) München I anhängige Schadens-ersatzklage gegen das sogenannteLastwagen-Kartell erheblich ausge-weitet. Nach Angaben von Financial-right wurden damit Ansprüche von2900 Spediteuren und Logistikunter-nehmen für über 35 000 Nutzfahrzeu-ge gebündelt geltend gemacht. DieSumme für die Haftungsansprüchenach den illegalen Preisabsprachensoll sich auf mehr als 270 MillionenEuro samt Zinsen belaufen. Soweitbekannt, handelt es sich mit Ansprü-chen für nun 100 000 Lastwagen umeine der größten Kartellschadenser-satzklagen in Deutschland. Beklagtesind die Hersteller MAN, Daimler,Volvo/Renault, Iveco, DAF und Sca-nia. Sie haben über Jahre hinweg Prei-se zu Lasten von Kunden miteinan-der abgesprochen. Das Kartell flog2016 auf, die EU-Kommission ver-hängte Bußgelder in Milliardenhöhe.Als Kronzeuge kam MAN straffrei da-von, Scania wehrt sich noch gericht-lich gegen die Geldbuße.

Das LG München hatte im Februareine erste Schadensersatzklage vonFinancialright abgewiesen (F.A.Z.vom 8. Februar). Die Münchner Rich-ter hatten große Zweifel an der mas-senhaften Forderungsabtretung anden Inkassodienstleister. Der hat ge-gen das Urteil Berufung eingelegt.

Mediennutzung steigtsprunghaft – auch unter KindernSender und Zeitungen profitieren von der Krise

Tarifabschluss in heiklem UmfeldTelekom-Mitarbeiter bekommen mehr Geld

Werben ist derzeit schwierig. Slogans sindplötzlich unangemessen, neue Spots werdennicht mehr gedreht. Doch es gibt Lösungen.

Von Gustav Theile, Frankfurt

Kartellklageausgeweitet

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SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 · SEITE 25FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Traueranzeigen

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SEITE 26 · SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGUnternehmen

Telefonate, Videokonferenzen, Abstim-mung mit den Kollegen – mal im Homeof-fice, mal im Büro. Der Berufsalltag vonSabine Mauderer dürfte sich dieser Tagenicht viel vom Alltag sehr vieler andererBerufstätiger unterscheiden: Arbeiten inder Corona-Krise. Mauderer hat aller-dings nicht irgendeinen Job, sie ist Vor-stand der Deutschen Bundesbank. DerRat der Europäischen Zentralbank, demauch der Präsident der Deutschen Bundes-bank Jens Weidmann angehört, legt dieGeldpolitik fest. Für die Umsetzung die-ser Geldpolitik, also etwa die Ankäufevon Staatspapieren und Wertpapieren derWirtschaft, sind aber die nationalen Zen-tralbanken des Eurosystems zuständig.Gleiches gilt für die Versorgung der Ban-ken mit Liquidität. Auch dies gehört inden Bereich „Märkte“, den Mauderer ver-antwortet. „Dieser Bereich ist so etwaswie der Maschinenraum der Bank.“ Ei-gentlich hatten wir uns vor ein paar Wo-chen mit Mauderer getroffen, um mit ihrüber das Thema Nachhaltigkeit zu spre-chen. Nun tauschen wir uns schriftlichüber diese Corona-Zeiten aus.

„Die Corona-Pandemie ist ein massi-ver globaler Schock, der auch die Finanz-märkte in große Unruhe versetzt hat“,schreibt Mauderer. „Das Abgleiten ineine Rezession wird auch in Deutschlandnicht zu verhindern sein. „Die Situationist sehr herausfordernd für alle von uns –Haushalte, Unternehmen, Politik undZentralbanken eingeschlossen.“ Zur Ar-beit gehöre der ständige Kontakt mitMarktteilnehmern, um so Entwicklungenfrühzeitig zu erkennen und besser ein-schätzen zu können. „Wir sprechen der-zeit täglich mit Bankenvertretern odermit Entscheidungsträgern in Berlin.“Mauderer macht aber auch deutlich: „Wirtreffen alle Entscheidungen in der Bun-desbank unabhängig und eng abgestimmtim Eurosystem. „Jetzt ist es wichtig, dassdie Liquidität, die wir dem Finanzsystemzur Verfügung stellen, auch bei den Unter-nehmen und Haushalten ankommt.“ Ausden Aussagen Mauderers wird deutlich,wie sehr auch in der Zentralbank unterHochdruck gearbeitet wird.

Seit eineinhalb Jahren hat die 49 Jahrealte Bankerin jetzt diese Position in derBundesbank. Dass es eines Tages so turbu-

lent zugehen würde, damit konnte wohlniemand rechnen. Das Ressort „Märkte“zu führen war Mauderers erklärterWunsch, als sie der Ruf aus der Bundes-bank ereilte und sie ihm folgte. „Aus die-ser Welt komme ich, das kann ich“, sagteMauderer selbstbewusst, als wir sie vorwenigen Wochen persönlich in ihremBüro trafen. Als studierte Juristin hattesie zuvor viele Jahre für die KfW gearbei-tet. Ihre Karriere begann im Jahr 2003 imBundesministerium der Finanzen – als Re-ferentin für Wertpapier- und Börsenwe-sen. Die Märkte sollten sie ihr gesamtesBerufsleben begleiten – auch in ihrer Zeitin der Deutschen Botschaft in Washing-ton, als sie vor allem über Finanzmarkt-themen nach Deutschland berichtete.Der Ruf in den Vorstand der Bundesbankkam für sie selbst im Sommer 2018 – justim Urlaub – überraschend, war auf Grundihrer Vita aber durchaus im Bereich desMöglichen. Und auch wenn die Corona-

Krisenbewältigung derzeit die höchstePriorität hat, bewegen sich auch andereThemen weiter. So fällt auch die Nachhal-tigkeit, genauer Green Finance, in Maude-rers Zuständigkeitsbereich bei der Bun-desbank. „Die Finanzströme können ei-nen entscheidenden Beitrag leisten“, sag-te Mauderer im Gespräch, das wir vordem Corona-Ausnahmezustand führten.Jetzt fragt man sich in dieser globalenWelt, was denn die deutsche InstitutionBundesbank bei Green Finance ausrich-ten kann. „Wir sind eine große und welt-weit sehr anerkannte Zentralbank“, sagteMauderer. Und dieser Bedeutung sei mansich in Frankfurt durchaus bewusst.

Diesen Einfluss weiß Mauderer zu nut-zen. Beispielsweise in dem Netzwerk „Net-work for Greening the Financial System“,in dem die Deutsche Bundesbank Grün-dungsmitglied ist. Inzwischen hat diesesNetzwerk 60 Mitglieder, Mauderer sitztim sogenannten „Steering Committee“,also so etwas wie der Geschäftsleitung.

Ein Projekt war dabei ein Handbuch,um den Zentralbanken der Welt Hand-lungsempfehlungen (Best Practices) mit-geben zu können, wie sie ihr Portfolioma-nagement nachhaltiger ausrichten kön-nen. „Wir können nicht nur vom Klima-wandel reden, wir als Zentralbanken müs-sen auch etwas tun“, sagte Mauderer. DieBundesbank prüft zum Beispiel derzeit,wie nachhaltig ihr Eigenportfolio schonangelegt ist und wo es noch Nachbesse-rungspotential gibt. Und ist man sich dabei den Notenbanken über die Folgen desKlimawandels denn einig? „In diesemJahr bei der Bundesbank habe ich ge-lernt, dass es um fakten- und datenbasier-te Analysen geht. Wenn diese Untersu-chungen eine klare Sprache sprechen,dann wird das auch so anerkannt.“ Mau-derer weiß, dass sie mit der Nachhaltig-keit ein absolutes Zukunftsthema besetzt,sie weiß aber auch, dass die Bäume dabeinicht in den Himmel wachsen. „Einige tra-ditionelle Unternehmen tun sich nochschwer“, sagte sie.

Sabine Mauderer ist in ihrer freien Zeiteine passionierte Läuferin, und sie weiß:Man braucht einen langen Atem. Denwird sie nicht nur bei Green Finance, son-dern auch in der aktuellen Krisenbewälti-gung dringend brauchen.

ANTONIA MANNWEILER INKEN SCHÖNAUERSabine Mauderer Foto Marcus Kaufhold

Er röchelt und hustet, die Stimmeversagt. Als der SPD-PolitikerAnfang der Woche das Krisenpa-ket an der Seite von Wirtschafts-

minister Peter Altmaier vorstellt, gibt esimmer wieder Momente, in denen mannur Mitleid mit Olaf Scholz haben kann.Doch der Hamburger beißt sich durch.Fast schon fröhlich holt er zum Schluss ei-nen dicken Berg Papier hervor: „Für alle,die es mal wissen wollen: Das ist das Pa-ket der Gesetze, die wir beschlossen ha-ben“, verkündete er. Die Kameras kli-cken. Das erstaunliche Ergebnis: Auf vie-len Fotos von der Veranstaltung wird nurScholz zu sehen sein, einem Zauberkünst-ler gleich hat er es geschafft, den körper-lich deutlich größeren Kabinettskollegenverschwinden zu lassen. Es ist ein David-gegen-Goliath-Moment. Man kann nurvermuten, warum Scholz der Politik nichtAdieu gesagt hat, als er im Herbst denMachtkampf um den Vorsitz in seiner Par-tei gegen zwei krasse Außenseiter verlo-ren hat. Vermutlich gehören genau solchekleinen Erfolgserlebnisse dazu.

Spätestens seit der Corona-Krise istScholz wieder voll dabei. Natürlich warder Ausgang der Landtagswahl in Ham-burg für ihn eine Genugtuung, hat dochsein Nachfolger seine pragmatische Poli-tik fortgesetzt, die aus einem wirtschafts-freundlichen Kurs mit starken sozialenElementen besteht. Auf Auftritte dernach links gerutschten Parteiführung hatdie Hamburger SPD im Wahlkampf ver-zichtet. Der Erfolg dieser Strategie gabihr – und Scholz – Recht.

Der SPD-Mann ist eine komische Mi-schung: Er ist ausgesprochen selbstbe-wusst – so rühmt er liebend gern eigeneErfolge, was selbst politische Mitstreitergehörig nervt –, gleichzeitig ist er unprä-tentiös und ein Freund der leisen Töne,was wiederum für ihn einnimmt.

Da sich Angela Merkel vergangenenSonntag in Quarantäne begeben musste,durfte der Vizekanzler am Donnerstag imBundestag als Erster ans Pult, um den

Menschen im Land zu erklären, was dieRegierung weshalb macht. Da griff selbstder Pragmatiker zu starken Worten: „Wirerleben gegenwärtig eine Krise, die in derGeschichte der Bundesrepublik ohne Vor-bild ist“, sagte Scholz. Er nannte die Pan-demie eine schicksalhafte Herausforde-rung für die ganze Menschheit. Es gebenoch keine endgültig wirksamen thera-peutischen Maßnahmen gegen die Krank-heit, was jeden Einzelnen, der infiziertsei, besonders herausfordere. „Es zeigtauch, wie verletzlich wir als Menschensind.“ Es zeige auch, dass Politikmodellenach der Devise, dass jeder am besten al-lein zurechtkomme, falsch seien. „Waswir jetzt brauchen, ist Solidarität.“

Da sprach ein Sozialdemokrat, dersich bestätigt sieht. Übrigens auch mitseiner Politik, die Schuldenlast weiter zusenken, solange die Wirtschaft einiger-maßen läuft, damit der Staat wieder überausreichend Feuerkraft verfügt, wenndie nächste Krise kommen sollte – unddie nun mit der Pandemie tatsächlich ineinem zuvor kaum vorstellbaren Aus-maß über das Land und die globalisierteWelt hinwegrollt.

In der vergangenen Woche hatte es dieBefürchtung gegeben, dass das teuflischeVirus den Minister erwischt haben könn-te. Aber der Test war negativ. Alles sprachstattdessen für einen stinknormalen grip-palen Infekt, aber das in einer Zeit, in derdas riesige Hilfspaket geschnürt werdenmusste, das den Kollaps der Wirtschaft inZeiten eines stark heruntergefahrenen öf-fentlichen Lebens verhindern muss.

Große Krise, große Zahlen. Man kannnun lange streiten, wie umfangreich dasPaket der Regierung ist. Sicher ist nureins: Mit der Krise wird es nach sechs Jah-ren mit einer schwarzen Null oder sogarhohen Überschüssen wieder neue Schul-den geben. Allein der Nachtragshaushaltsieht neue Kredite von 156 MilliardenEuro vor. Hinzu kommt der neue Fondszur Stabilisierung der Wirtschaft. Er ent-hält weitere Kreditermächtigungen überinsgesamt 200 Milliarden Euro – plus Ga-rantien über 400 Milliarden Euro. Damitnicht genug: Auch im Bundeshaushaltwird der Rahmen für die Übernahme vonRisiken massiv ausgeweitet. Letztlichkommt man so in die Größenordnung der

Billion. Es ist, um seine eigene Formulie-rung aufzugreifen, die Bazooka. Der Fi-nanzminister feuert aus allen Rohren.

Es gibt Geld für Kurzarbeiter, Kleinst-unternehmer, Konzerne, man reicht überdie eigene KfW-Förderbank Kredite aus,stundet Steuern und bereitet den Einstiegin Unternehmen vor, die durch die Krisein eine existentielle Gefahr geraten. DerSPD-Politiker verspricht zwar, sich nichtdauerhaft beteiligen zu wollen, die Antei-le so schnell wie möglich wieder verkau-fen zu wollen. Aber die Erfahrungen mitder Commerzbank nach der Finanzkrisezeigen, dass dies alles sehr lange dauernund teuer werden kann. Selbst wenn sichnicht alle Risiken materialisieren sollten,hat der 61 Jahre alte Jurist beste Chan-cen, demnächst die Krone als neuer Schul-denkönig aufgesetzt zu bekommen.

So nüchtern der Hamburger zuweilenist, diese Woche kam selbst Scholz nichtohne Pathos aus. So sagte er den Deut-schen voraus: „Vor uns liegen harte Wo-chen. Und doch: Wir können sie bewälti-gen.“ Scholz weiß, wovon er spricht. Hin-ter ihm selbst liegen harte Wochen. Erhat sie bewältigt. MANFRED SCHÄFERS

MENSCHEN UND WIRTSCHAFT

Olaf Scholz Foto Imago

Der Milliardär Mike Ashley hat sich miteinem Entschuldigungsschreiben öffent-lich in den Staub geworfen, nachdemdas Verhalten seines Sportartikelkon-zerns in der Corona-Krise in der briti-schen Öffentlichkeit zu einem Auf-schrei geführt hatte. In dieser Wochehat der 55 Jahre alte Gründer der Han-delskette Sports Direct fast das ganzeLand gegen sich aufgebracht. Die Vor-würfe: Regelbruch und Preistreiberei.Als der Premierminister die Schließungaller Geschäfte bis auf wenige Ausnah-men (Läden für „essentielle Güter“) an-ordnete, zeigte sich Sports Direct unein-sichtig. Trainingskleidung und Sportge-räte würden für die „tägliche Übung“ be-nötigt, von der Johnson gesprochen hat-te. Also könne Sports Direct seine 540Geschäfte im Lande offen halten, mein-te Ashleys Holding Fraser Group.

Schon das brachte die Briten auf.Während Millionen kleine und großeGeschäfte wegen der Corona-Anste-ckungsgefahr dichtmachten und sie nunExistenzängste plagen, glaubte Ashley,er bekäme eine Extrawurst. Als dannauch noch herauskam, dass Sports Di-rect mitten in der Corona-Krise die Prei-se für einige Artikel drastisch erhöht hat-te – ein Bericht der NachrichtenagenturAP sprach von 50 Prozent Preissprün-gen für Springseile, Gewichte und ande-res –, kochte die Wut über. Dass einSprecher die Preisänderungen als Kor-rektur vorheriger Sparpreise erklärte,wollte kaum einer hören.

Am Freitag sah sich Ashley zu einerKehrtwende und einem offenen Brief ge-zwungen: „Wir wollen uns tief entschul-digen für die Missverständnisse in denvergangenen Tagen. Wir werden darauslernen und versuchen, nicht dieselbenFehler noch mal zu begehen“, heißt esdarin. Rückblickend seien die Mails undÄußerungen zur Geschäftsöffnung trotzCorona-Krise „unklug und schlecht ge-timed“. Er bewundere den Gesundheits-dienst NHS und wolle ihm Lieferwagenzur Verfügung stellen.

Ashley ist im Königreich schon län-ger eine kontroverse Figur. Als Eigentü-mer des Fußballclubs Newcastle Unitedkennen den Selfmade-Milliardär alleSportfans der Insel. Mit 16 Jahren ver-ließ Ashley die Schule, wollte Profi-

Squashspieler werden. Wegen einer Ver-letzung musste er aufgeben, gründetedaraufhin Sportgeschäfte in London.Die Kette expandierte, kaufte zudemMarken (etwa Kangol oder Lonsdale)dazu. 2007 ging sie an die Börse. Ashleygilt als knallhart kalkulierender Unter-nehmer, der seine fast 19000 Angestell-ten nicht gerade üppig bezahlt. 2013hieß es in einem Bericht, dass 90 Pro-zent nur „Zero Hour“-Verträge – alsomaximale Flexibilität bei null Sicherheit– haben. Ein Teil erhielt weniger als denMindestlohn, das Unternehmen hatauch Gesetzesbrüche mit zu geringemLohn eingestanden. Labour-ParteichefJeremy Corbyn prangerte Ashley vorder Wahl als einen der „Bad Bosses“ an.Am bulligen Sport-Unternehmer perltsolche Kritik jedoch ab.

Die Corona-Krise hat ihn einiges Ver-mögen gekostet. Im März schätzte ihndas amerikanische Magazin „Forbes“noch auf 3,3 Milliarden, Mitte dieser Wo-che taxierte es sein Vermögen nur nochauf 2,5 Milliarden Dollar. Die britische„Sunday Times“ schätzte sein Vermö-gen im vergangenen Jahr auf knapp 2Milliarden Pfund. Branchenkenner sa-gen, dass die Kette trotz der Corona-Re-zession wohl durchhalten könne. ppl.

Eine Bundesbankerin im Krisenmodus

Ein Schulden- und Mutmacher

Milliardär kriecht zu Kreuze

Führungswechsel in der Dachser-Gruppe: Bernhard Simon, langjähri-ger Vorstandsvorsitzender der Logis-tik-Gruppe, und sein StellvertreterMichael Schilling wechseln 2021 inden Verwaltungsrat. Neuer Vorstands-chef des Allgäuer Familienunterneh-mens wird Burkhard Eling. Der 48Jahre alte Manager ist seit 2013 als Fi-nanzvorstand tätig. Neu in den Vor-stand kommt Stefan Hohm. Er sollvon 2021 an das neu geschaffene Vor-standsressort für Informationstech-nik und Entwicklung leiten. „Auchwenn die Corona-Krise das gesamteManagement-Team stark fordert,stellt sie unsere langfristige Strategienicht in Frage“, sagte der 59 Jahrealte Simon, der den Vorsitz im Ver-waltungsrat übernimmt. Der Enkeldes Unternehmensgründers ThomasDachser steht seit 2005 als geschäfts-führender Gesellschafter an der Un-ternehmensspitze. Unter seiner Füh-rung hat sich die 1930 für den Käse-transport gegründete Spedition zu ei-nem international tätigen Logistik-konzern mit einem starken Standbeinin der Luft- und Seefracht entwickelt.Schwerpunkt ist der europäischeLandverkehr. In Deutschland warDachser 2018 – mit großem Abstand– die Nummer 3 hinter Deutsche PostDHL und Deutsche Bahn. bü.

Christian Kullmann ist zum neuenPräsidenten des Verbandes der Che-mischen Industrie (VCI) ernannt wor-den. Das teilte der Verband am Frei-tag mit. Der Vorstandsvorsitzendedes Spezialchemiekonzerns Evonikfolgt auf Hans Van Bylen, der nachdem Ausscheiden als Vorstandschefdes Konsumgüterkonzerns Henkelauch seinen VCI-Präsidiumsplatz vor-zeitig abgegeben hat. Wegen der Co-rona-Krise ist der 51-jährige Kull-mann noch nicht durch eine Mitglie-derversammlung, sondern durch einsogenanntes schriftliches Umlaufver-fahren bestimmt worden. Die Nach-wahlen durch die Mitglieder sind fürSeptember geplant. Nun sei das Ge-bot der Stunde, Arbeitsplätze zu si-chern und die Wirtschaft zu stabilisie-ren. „Wir müssen jetzt gemeinsammit Politik und Gewerkschaften dieVoraussetzungen dafür schaffen, dassunsere Wirtschaft möglichst bald wie-der auf Wachstum umschalten kann“,sagte Kullmann. „Das gilt ganz beson-ders für unseren Mittelstand, der seitJahrzehnten das verlässliche Rück-grat der deutschen Wirtschaft bildet– gerade auch in unserer Chemiein-dustrie.“ Zum Vizepräsidenten desVCI wurde Covestro-VorstandschefMarkus Steilemann bestellt. joja.

Der Anteil an Frauen in der Anwalt-schaft steigt weiter an. Zuletzt lag er imJahr 2019 nach Angaben des Statisti-schen Bundesamts bei rund 35 Prozent.Ab kommender Woche werden auchdie wichtigsten Positionen im Deut-schen Anwaltverein (DAV), dem Inte-ressenvertreter des Berufsstands, vonAnwältinnen besetzt. Vor knapp einemJahr wurde die Bremer Rechtsanwältinund Notarin Edith Kindermann zurDAV-Präsidentin gewählt. Und zum1. April übernimmt Sylvia Ruge dieFunktion als Hauptgeschäftsführerindes Anwaltvereins. Die 45 Jahre alte Ju-ristin folgt auf Philipp Wendt, der denDAV nach 18 Jahren verlässt. „Ich freuemich darauf, die Anwaltschaft bei derDigitalisierung und den Veränderun-gen im Rechtsdienstleistungsmarkt zuunterstützen und die Interessen der An-waltschaft zu vertreten“, sagt Ruge imGespräch mit der F.A.Z.

Aktuell arbeitet die Anwältin, derenfachlicher Schwerpunkt das Medizin-recht ist, bei der Bundesrechtsanwalts-kammer als Geschäftsführerin derSchlichtungsstelle für die Anwalt-schaft. Daher fühlt sie sich gut gewapp-net, die unterschiedlichen Interessenim Anwaltverein künftig gut unter ei-nen Hut zu bringen. „Aufgrund mei-ner Tätigkeit bei der Schlichtungsstel-le und als Wirtschaftsmediatorin weißich, wie wichtig gute Kommunikationfür erfolgreiche Verhandlungsergebnis-se und die Vertretung von Interessenist. Dazu gehört auch das Zuhören unddas Verstehen.“

Auch aus ihrer anwaltlichen Praxiswill sie Erfahrungen einbringen. Häu-fig sind ihre Mandanten dort Medizi-ner und Psychotherapeuten. „Anwäl-tinnen und Anwälte und die Ärzte-schaft stehen vor ähnlichen Herausfor-derungen“, meint die Juristin aus Ber-lin. Dann zählt sie auf: Digitalisie-rung, Vernetzung, Kooperation. DieÄrzteschaft habe entsprechende Be-rufsausübungs- und Kooperationsfor-men und in der Telemedizin Ideen ent-wickelt. Alle Berufsgruppen, insbeson-dere die der Freiberufler, könnten beiden Aufgaben, vor denen sie stünden,voneinander lernen. mj. Mike Ashley Foto Reuters

Die Unternehmensberatung RolandBerger sortiert ihre Führungsspitzeneu: Die Partner haben am Freitagnach Informationen der F.A.Z. den bis-herigen Deutschland-Chef Stefan Schai-ble wie erwartet auch formell an dieSpitze der Geschäftsführung gewählt.Der 51 Jahre alte Schwabe galt infor-mell schon bislang als „Primus inter Pa-res“ in der Führungsmannschaft des Be-ratungsunternehmens.

Neben Schaible werden dem künfti-gen Führungsteam der deutsche Auto-fachmann Marcus Berret und der Fran-zose Denis Depoux angehören. Beidewechseln vom Aufsichtsrat in die Ge-schäftsführung. Der 49 Jahre alte De-poux steuerte bislang das Asien-Ge-schäft von Roland Berger. Der 48 Jah-re alte Berret war bisher Aufsichtsrats-vorsitzender.

Im Gegenzug wechselt der Sanie-rungsfachmann Sascha Haghani ausder bisherigen Interimsgeschäftsfüh-rung in den Aufsichtsrat. Der 51 Jahrealte Deutschperser, ein promovierterÖkonom, ist seit vielen Jahren für das

Restrukturierungs-Geschäft verant-wortlich, das bei Roland Berger traditio-nell eine große Bedeutung hat. Er er-zielte nun das beste Stimmergebnis al-ler Aufsichtsräte.

Die Personalrochade an der Spitzevon Roland Berger war nötig gewor-den, weil im vergangenen Juni derFranzose Charles-Edouard Bouéeüberraschend seinen Rücktritt erklärthatte. Er war der erste Ausländer ander Spitze der Unternehmensbera-tung, die viel Wert auf ihre deutschenWurzeln legt.

Seither wurde Roland Berger interi-mistisch von einer fünfköpfigen Füh-rungsmannschaft geleitet. Nach seinemAbgang hat der Franzose ein eigenesUnternehmen gegründet.

Auf der Partnerversammlung im ver-gangenen Dezember war noch keineendgültige Entscheidung über die künf-tige Führung getroffen worden. AmFreitag haben die 250 Partner aus 35Ländern nun auf ihrer ersten vollendsvirtuellen Versammlung über die Spit-zenpersonalien abgestimmt. tine.

Neue Führungfür Dachser

Kullmann istVCI-Präsident

Die Krise ist die Stundeder Exekutive – unddamit auch von OlafScholz. Doch sollte manbesser von Tagen undWochen sprechen,in denen es auf denFinanzministerankommen wird.

Wechsel imAnwaltverein

Stühlerücken in der Chefetagevon Roland Berger

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Page 27: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 · SEITE 27Unternehmen

FIRMENINDEX Seite

Aareal Bank ..................................................... 30

Adidas ................................................................. 28

Aldi Nord .......................................................... 24

Amber Capital ...................................... 24, 28

B. Braun ............................................................ 23

Commerzbank .............................................. 30

Czech Media Invest .................................. 28

Dachser ............................................................. 26

Deichmann ...................................................... 28

Deutsche Post .............................................. 23

Deutsche Telekom .................................... 24

Disney ................................................................ 24

Dow ...................................................................... 21

ENBW ................................................................... 23

Evonik .................................................................. 26

Financialright ............................................... 24

Lagardère ............................................... 24, 28

McCann Worldgroup ............................... 24

Mediaset ........................................................... 28

Plusnet ............................................................... 23

Pro Sieben Sat 1 ................................. 24,28

Puma .................................................................... 28

Rewe ..................................................................... 23

Roland Berger .............................................. 26

RTL-Gruppe .................................................... 24

Shell ..................................................................... 21

Sports Direct .................................................. 26

Valeco .................................................................. 23

Volkswagen ................................................... 27

Audi-Chef Bram Schot hätte sichgewiss einen schöneren Ab-schied vorstellen können. Wiein der gesamten europäischen

Autoindustrie stehen bei der Volkswagen-Tochtergesellschaft auch dann noch dieBänder still, wenn Schot in wenigen Tagenseinen Chefposten an den Nachfolger Mar-kus Duesmann übergibt. Keine drei Jahrehat Schot die Geschicke in Ingolstadt gelei-tet, in dieser Zeit aber die Diesel-Krise adacta gelegt und mit einem Sparprogrammeinschließlich des geplanten Abbaus von9500 Stellen den Grundstein für einenNeustart gelegt. Die Ausbreitung des Coro-navirus sorgt jetzt dafür, dass seine Amts-übergabe ohne jegliche Feier erfolgt.

Schot ist nicht der Typ für den roten Tep-pich und tränenreiche Zeremonien. Gegen-über der F.A.Z. sagte der Interimschef, dasser bis zur letzten Minute für Audi vollenEinsatz zeigen werde: „Wenn ich MarkusDuesmann ein paar Tage einarbeite, dannmüssen Sie sich das wie die Staffelübergabein vollem Lauf vorstellen, bei der wir beidedieselbe Geschwindigkeit haben.“

Tempo ist das Gebot der Stunde. DennAudi muss Fehler der Vergangenheit auf-holen – und sich für eine Zeit nach Coronarüsten. Dafür hat Volkswagen-Chef Her-bert Diess einen Manager geholt, den ernoch aus gemeinsamen Münchner Zeitenkennt. Der ehemalige BMW-Einkaufsvor-stand ist nicht der einzige Neuzugang. MitArno Antlitz, Dirk Große-Loheide und Sa-bine Maaßen ziehen noch drei weitere Ma-nager in den siebenköpfigen Audi-Vor-stand ein. Es ist eine Runderneuerung, mitder große Hoffnungen verbunden sind.

Bis zur Amtsübernahme von Dues-mann-Vorgänger Schot ging es drunterund drüber bei Audi. Denn Rupert Stadler,der langjährige Vorstandsvorsitzende, dermitten im Diesel-Skandal sogar mehrereMonate in Untersuchungshaft saß, hatteeine Menge Versäumnisse und Problemehinterlassen, die über die manipuliertenDieselmotoren weit hinausgingen: zögerli-che Entscheidungen, ein zu später Auf-bruch ins Elektrozeitalter, dazu Fehler beider Umstellung auf den neuen Abgasstan-dard WLTP. Der Absatz brach ein, die Un-

terauslastung in den Werken in Neckar-sulm und Ingolstadt nahm zu. Und derMarkenslogan „Vorsprung durch Technik“wurde von der Premiummarke längst nichtmehr eingelöst. Vielen Schwierigkeiten istStadler-Nachfolger Schot entschlossen ent-gegengetreten, vieles ließ sich in der Kürzeder Zeit aber auch nicht umsetzen.

Auf den Neuen wartet viel Arbeit, aberder Vorschusslorbeer ist immens. MitDuesmann steht nach 14 Jahren erstmalswieder ein Ingenieur an der Audi-Spitze.Konzernchef Diess erweiterte zudem des-sen Machtbefugnisse: Dem 50 Jahre altenHoffnungsträger fällt innerhalb des ge-samten VW-Konzerns die Schlüsselpositi-on für Forschung und Entwicklung zu. Da-mit steigt auch die Bedeutung von Audi in-nerhalb des VW-Mehrmarkenverbunds.Zwar wird jetzt nicht, wie bisweilen spe-kuliert wurde, alle Macht bei Audi gebün-delt. Doch Duesmann wird die übergeord-neten Interessen des Konzerns im Blickhaben und die vielen Aktivitäten in denMarken bei Forschung und Entwicklungkoordinieren. Porsche-Chef Oliver Blumetut das für die Produktion und hat dafürein Team in Wolfsburg, das ihm bei dieserKoordinierung im Konzern zuarbeitet.„So wird es bei Duesmann auch sein“,heißt es in Wolfsburg.

Noch ist unklar, wie tief Duesmanndurchgreifen kann. Die Kontrolle zum Bei-spiel über die neue Software-Einheit, dievom Softwarevorstand der Marke VW,Christian Senger, geführt wird, geht nichtzu Audi über. Auch wenn Senger undDuesmann es künftig nicht weit haben,wenn sie sich absprechen wollen: Die Füh-rung der Software-Einheit zieht auf denneuen IN-Campus in Ingolstadt. Teile die-ses neuen Technologieparks, der auf einer75 Hektar großen Fläche einer früherenErdölraffinerie entsteht, sind schon in die-sem Jahr bezugsfertig. Hier will Audinicht weniger als die Mobilität der Zu-kunft entwickeln. Und die Softwareent-wicklung für das künftige Betriebssystemder Autos soll ihren organisatorischenSchwerpunkt auf ebenjenem IN-Campushaben. Das hat der Aufsichtsrat von VWEnde Februar beschlossen, und das passtzur Strategie von VW-Chef Diess, der sich

von Audi unter der Führung von Dues-mann mehr Schwung für den gesamtenKonzern erhofft. „Angesichts der hohenVeränderungsdynamik in der Industriebündeln wir unsere Kräfte im Volkswa-gen-Konzern und stellen uns wettbewerbs-fähig für die Zukunft auf“, sagte Diessnach der Aufsichtsratssitzung, auf der be-schlossen wurde, Duesmann im Marken-verbund auch die Verantwortung für denForschungsbereich zu geben.

Die Herausforderungen für den neuenAudi-Chef und Konzern-Entwicklungsvor-stand sind groß. Audi hat die Federfüh-rung bei der Entwicklung des teilautono-men Autos und treibt auch die Arbeit ander Brennstoffzelle voran. Die Verantwor-tung für vollautomatisiertes Fahren, alsofür das Roboterauto der Zukunft, liegt in-des in Hannover bei der Nutzfahrzeugspar-te von VW. Denn Diess geht davon aus,dass die neue Technik zuerst bei Bussen

und Kleinlastern kommerziell eingesetztwerden kann. Die operative Verantwor-tung ist dabei das eine, doch auch die meis-ten Softwareentwickler von VW werdennicht gemeinsam mit Senger nach Ingol-stadt ziehen. Schon jetzt sitzen die wichti-gen Forschungsabteilungen und -labore,in denen Ingenieure und IT-Spezialistenan der Zukunft des Autos arbeiten, nichtnur in Wolfsburg, Stuttgart und Ingol-stadt, sondern auch in München, in Ber-lin, in Kalifornien und – in wachsenderZahl – auch in China.

Die technische Transformation, dieDuesmann jetzt zentral mitgestalten soll,wird das Auto grundlegend verändern.„Das Auto wird das wichtigste Mobile De-vice“, sagte Diess kürzlich in einer Brand-rede vor Managern. VW fehle es aber anSchnelligkeit und an Mut zum kraftvollenHandeln. Die Herausforderungen sindgroß, beim Elektroantrieb, bei der Brenn-

stoffzelle, vor allem aber bei der digitalenVernetzung des Autos. Die Eigenentwick-lungskompetenz bei der Software liegt imWolfsburger Konzern – je nach Marke –bei zwei bis acht Prozent. Auf mehr als 60Prozent soll das in den kommenden fünfJahren steigen. Der Druck auf Senger unddie neue Software-Einheit des Konzernsist groß. Auch Duesmann, der die Entwick-lungsaktivitäten des Konzerns vom Aprilan koordinieren wird, dürfte das zu spü-ren bekommen.

Und was macht Schot, der jetzt wegenCorona fast unter Ausschluss der Öffent-lichkeit das Unternehmen verlässt? Überseine eigene berufliche Zukunft äußertesich der 61 Jahre alte Niederländer vage:„Was ich demnächst mache, das habe ichnoch nicht entschieden. Ich spüre aber soviel Energie in mir, dass ich mir noch ein-mal einen Job als Vorstandsvorsitzendervorstellen kann.“

Von München

nach Ingolstadt:

Der frühereBMW-VorstandMarkus Duesmannsoll Audinach vorn bringen.

Foto Jan Roeder

Duesmanns Pendant

aus Stuttgart:

Porsche-Chef OliverBlume verantwortet

die Produktion.

Foto dpa

Will mehr Schwung

in Wolfsburg:

VW-KonzernchefHerbert Diess.

Foto Bloomberg

cag. HANNOVER. Das Interesseder gegen VW klagenden Diesel-Fah-rer an einem Vergleich mit dem Auto-mobilkonzern ist größer als erwartet.Wie VW am Freitag mitteilte, habensich von den geschätzten insgesamt262 000 Vergleichsberechtigten ausder Musterfeststellungsklage in derersten Woche schon 200 000 auf derInternetplattform des Unternehmensfür den Vergleich registriert. „Wir se-hen dies als positives Zeichen, dassdie Verbraucherinnen und Verbrau-cher das Angebot als fair empfindenund dem Vergleichsprozess vertrau-en“, sagte die zuständige VW-Vor-standsfrau Hiltrud Werner. Nahezu140 000 Kunden hätten inzwischen„den Vergleichsprozess vollständigdurchlaufen und erforderliche Unter-lagen zur Verfügung gestellt“. Die Un-terlagen würden geprüft, was bis zum20. April abgeschlossen sein soll. Bisdahin könnten Kläger auch noch ent-scheiden, ob sie die individuellen An-gebote annehmen oder in Einzelkla-gen weiter für mehr Geld streiten wol-len. Das Geld soll dann ab 5. Mai andie Kunden fließen.

eid Wohl dem, der momentan einenguten Draht zu seinem, gegebenen-falls langjährigen, Heizölhändler hat.Denn der Run aufs Heizöl hält ange-sichts niedriger Rohölpreise und ei-ner Corona-Krise, die viele ins Hausund ins Homeoffice bannt, derzeitan. Die Lieferfristen belaufen sich be-reits auf vier bis sechs Wochen, bei In-ternetbestellungen kann es noch län-ger dauern.

Am 25. 3. 2020 kostete leichtes Heiz-öl im Bundesdurchschnitt von 15 Städ-ten bei einer Abnahme von 1000 Litern60,50 Euro je 100 Liter, bei einer Ab-nahme von 3000 Litern 51,75 Euro je100 Liter und bei einer Abnahme von5000 Litern 49,95 Euro je 100 Liter.

Angebotspreise für Lieferungen(Premium-Qualität) frei Verwender-tank, alles je 100 Liter, einschließlich19 Prozent Mehrwertsteuer, EBV undIWO am 25. 3. 2020.

Hoffnungsträgerin Ingolstadt

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Heizölpreiseleicht gestiegen

Andrang aufVergleich imDiesel-Skandal

Markus Duesmann übernimmt Vorstandsvorsitzvon Audi. Aber damit nicht genug: Der frühereBMW-Ingenieur wird im Volkswagen-Konzern eineSchlüsselfigur in der Forschung und Entwicklung.Damit verschiebt sich das Machtgefüge.

Von Carsten Germis und Henning Peitsmeier

Die aktuellen Heizölpreise12. Woche 13. Woche

Berlin 53,40–57,40 56,50–58,25

Dresden 49,45–57,15 52,20–60,95

Düsseldorf 56,50–57,25 56,15–59,60

Hamburg 43,45–52,70 44,40–54,55

Frankfurt 52,95–58,80 54,50–60,40

Hannover 44,60–55,15 45,60–56,40

Karlsruhe 54,45–66,10 56,80–62,10

Leipzig 49,60–60,15 52,35–63,15

Rostock 44,25–53,35 44,65–55,75

München 61,40–62,95 62,65–68,90

Stuttgart 63,70–67,50 65,60–69,50

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Page 28: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

SEITE 28 · SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGUnternehmen

Bisher schien es so, als ob dieCorona-Krise die Eigentümervon Gewerbeimmobilien erst

einmal verschonen würde. Tatsäch-lich zeigen frühere Erfahrungen, dassdie Eigentümer von Büros, Läden, La-gerhallen oder Hotels von Konjunktur-einbrüchen erst mit einer Verzöge-rung von drei bis vier Quartalen ge-troffen werden. Ganz offensichtlichsetzt die Pandemie jetzt aber auch indieser Branche neue Maßstäbe. Gro-ße und bekannte Unternehmen wieAdidas, Puma oder Deichmann versu-chen jetzt, angesichts der wegbrechen-den Umsätze, möglichst schnell ihreMietzahlungen auszusetzen oder zu-mindest zu drücken. Das betrifft jetzterst einmal die Eigentümer von Ein-zelhandelsflächen, also einen Wirt-schaftszweig, der wegen des scharfenWettbewerbs mit dem Online-Handelohnehin schon seit längerem unterDruck steht. Doch es lässt sich leichtausmalen, dass mit zunehmender Kri-sendauer zum Beispiel auch die Büro-mieter Druck ausüben – mit ähnli-chen Argumenten, die Adidas undPuma anführen. Auch die Betreiberleerer Hotels werden das Gesprächmit den Eigentümern suchen. Einiger-maßen krisenfest erscheint derzeitnur das Geschäft mit Logistikflächenoder Rechenzentren. Der langjährigeImmobilienboom könnte unerwartetschnell beendet sein.

Im Fußball muss der Trainer ge-hen, wenn das Team schlechtspielt. Im Fall von Pro Sie-

ben Sat 1 lief es lange anders: Als derErfolg ausblieb, wurde die kompletteVorstandsmannschaft ausgetauscht,am glücklosen Chef aber festgehalten.Spät hat der Aufsichtsrat um WernerBrandt eingesehen, dass der Vor-standsvorsitzende Max Conze unterdiesen Umständen nicht zu halten ist.Brandt hatte Conze vom Staubsauger-konzern Dyson geholt, er war seinMann. Aber der medienunerfahreneConze hat die erhoffte Trendwendenicht erreicht, im Gegenteil: Die Fern-sehsender verlieren mehr Zuschauerdenn je, der Ausbau des Internet-geschäfts verschlingt viel Geld. Jetztwill sich das börsennotierte Unterneh-men auf sein Kerngeschäft konzentrie-ren, auf Fernsehsender wie Pro Sie-ben, Sat 1 oder Kabel 1 und auf diejunge Streaming-Plattform Joyn. DieInternetbeteiligungen sollen verkauftwerden. Druck kommt von mächtigenAktionären, von den Metro-Investo-ren um den tschechischen MilliardärDaniel Kretinsky und von der italieni-schen Berlusconi-Holding Mediaset,die eine europäische Fernsehallianzschmieden will. Vor dieser Neuord-nung wird der nächste Wechsel nichtlange auf sich warten lassen: Für Chef-aufseher Brandt kommt bald der Ab-pfiff, auch er ist nicht zu halten.

Die französische Lagardère-Gruppe ist ein gutes Fallbei-spiel, um auch mal das heil-

same Wirken eines sogenannten Akti-vistenfonds zu beleuchten. Die fran-zösische Fondsgesellschaft Amberfährt eine Breitseite gegen den Ver-lags-, Medien- und Reisebedarfsan-bieter, der nur noch ein Schatten sei-ner einstigen Statur ist. Als größterLagardère-Aktionär verweist Amberzu Recht darauf, wie der Gründer-sohn Arnaud Lagardère Jahr für Jahrhohe Dividenden kassierte und we-nig investierte – und wenn, dann oftin den falschen Geschäftsbereichen.Selbst in Zeiten der Corona-Krisesoll das Unternehmen nach dem Be-schluss des Aufsichtsrates noch 130Millionen Euro an die Aktionäre zah-len, obwohl der Konzern staatlichesKurzarbeitergeld kassiert. Dass einanderer Großaktionär – die staatlicheInvestitionsbehörde von Qatar – sol-che Missstände anprangert, ist leidernicht zu erwarten. Umso besser, dasses Amber tut. Lagardère ist persön-lich hoch verschuldet, doch diese Not-lage darf nicht auf dem Rücken desUnternehmens ausgetragen werden.Noch sichern die Strukturen der Kom-manditgesellschaft Lagardère seinenEinfluss. Auf der Hauptversammlungam 5. Mai dürfte es jedoch zur Macht-probe kommen. Dem Aktivisten-fonds sind die Daumen zu drücken.

Nicht zu haltenVon Henning Peitsmeier

Lob den AktivistenVon Christian Schubert

EinschlägeVon Michael Psotta

Nach nicht einmal zwei Jahren scheidetMax Conze als Vorstandsvorsitzender derPro Sieben Sat 1 Media SE schon wiederaus. Und zwar „mit sofortiger Wirkung“,wie der börsennotierte Medienkonzern inUnterföhring mitteilte. Neuer Sprecherdes Vorstands werde der bisherige Finanz-chef Rainer Beaujean. Und neu in dasFührungsgremium berufen wurden derMitteilung zufolge Wolfgang Link undChristine Scheffler.

Damit erlebt die „Vorstands-Soap-Ope-ra“, von der kürzlich der langjährige Pro-Sieben Sat 1-Vorstand Conrad Albert ge-sprochen hat, einen dramaturgischen Hö-hepunkt. An der Börse wurde der über-raschend schnelle Abgang des erfolg-losen Conze gefeiert, die Pro-Sieben-Sat-1-Aktie verteuerte sich am Freitag-morgen um mehr als 10 Prozent.

Über Conze, der von Chefaufseher Wer-ner Brandt vom britischen Staubsauger-konzern Dyson geholt worden war, wurdezuletzt viel spekuliert: Über seine man-gelnde Erfahrung in der Steuerung derschlingernden Fernsehsender, über sei-nen Führungsstil und seine Ausdrucks-weise („Get the shit done“), mit dem sichaltgediente Vorstände wie das „Urge-stein“ Albert nicht anfreunden konnten –und deshalb gingen. Der Zeitpunkt seinerAbberufung kam dennoch überraschend.

Erst zu Wochenbeginn hatte das Unter-nehmen noch einen neuen Geschäftsver-teilungsplan für den Vorstand bekanntge-geben. So sollte Conze zusätzlich einigeVerantwortungsbereiche von Albert über-nehmen. Doch dann haben sich in dieserWoche die Ereignisse überschlagen.Denn im Zuge der jüngsten Turbulenzenim Vorstand geriet AufsichtsratschefBrandt selbst immer stärker in die Kritik,hatte er doch dem Treiben lange tatenloszugesehen. Ihm könnte auf der Hauptver-sammlung im Juni die Abwahl drohen.

Hinter den Kulissen machen dem Ver-nehmen nach inzwischen die Großaktio-näre ihren wachsenden Einfluss geltend.Allen voran verlangte die italienische Ber-lusconi-Holding Mediaset, die knapp einFünftel der Anteile unter ihre Kontrollegebracht hat, einen Führungs- und Kurs-wechsel. Der Konkurrent aus Mailandwird von der Familie des früheren Minis-terpräsidenten Silvio Berlusconi regiertund will eine europäische Fernsehallianzunter Beteiligung von Pro Sieben Sat 1schmieden. Conze hat diese Pläne stetsabgelehnt. Auch die Metro-Investoren umden tschechischen Milliardär Daniel Kre-tinsky haben den Kursverfall der Pro Sie-ben Sat 1-Aktie genutzt und ihren Anteilauf inzwischen 10 Prozent ausgebaut.Weitere Zukäufe wären günstig möglich,

denn die Pro Sieben Sat 1-Aktie ist – abge-sehen vom Höhenflug am Freitag – imfreien Fall. Die Czech Media Invest, hin-ter der auch der Investor Patrik Tkac undder Slowake Roman Korbacka stehen,war erst im vergangenen Herbst eingestie-gen. Ihr wird am ehesten zugetraut, einÜbernahmeangebot für den Pro Siebe Sat1-Konzern abzugeben. Denn genau dasist die Mediengruppe unter Conze gewor-den: ein Übernahmekandidat. Unter sei-ner Regie gab es nicht nur einen beispiel-losen Exodus von Führungskräften. Auchder Aktienkurs hat gelitten, büßte dereinstige Dax-Konzern doch fast zwei Drit-tel seines Wertes ein.

Zur Vorstellung der mauen Jahres-bilanz vor knapp drei Wochen sprach Con-ze noch davon, dass der „Umbau zum di-versifizierten Digitalkonzern“ gut gelun-gen sei. Doch auch davon kann nach derjüngsten Kehrtwende nicht mehr längerdie Rede sein. Denn wie der Konzernebenfalls bekanntgab, soll das operativeGeschäft wieder stärker auf den Unterhal-tungssektor im deutschsprachigen Raumausgerichtet werden. Der Schwerpunktliege hier auf Live-Formaten und lokalenInhalten. Unter anderem über die Strea-ming-Plattform Joyn solle die digitaleReichweite ausgebaut werden. Die Inter-netbeteiligungen, die in der NucomGroup gebündelt sind, sollen dagegen „zugegebener Zeit“ veräußert werden. Schonheute ist etwa das Datingportal Parshipmit den Marken Parship, Eharmony undElite-Partner mit einem Unternehmens-wert von zuletzt mehr als 700 MillionenEuro groß genug, um aus der Nucom her-ausgelöst zu werden. Letztlich könnte diegesamte Nucom leicht abgespalten wer-den. Damit liegt der Konzern – fein file-tiert – für Investoren zur Übernahme be-reit. Ob es dazu kommt, ist in der gegen-wärtigen Wirtschaftskrise ungewiss.

Einstweilen soll unter neuer Führungwieder mehr Ruhe einkehren am Firmen-sitz in Unterföhring. Das neue Trio ausVorstandssprecher und FinanzvorstandBeaujean, dem UnterhaltungsfachmannLink und der Personalchefin Schefflermuss sich nun mit der Neuausrichtungdes Konzerns befassen. Wie lange dasTeam in dieser Besetzung zusammenblei-ben kann, weiß heute niemand. Die Lustauf weitere Folgen der „Vorstands-Soap-Opera“ ist den Pro Sieben Sat 1-Mitarbei-tern längst vergangen.

Herr Flöther, Bundestag und Bundesrathaben das Corona-Insolvenz-Ausset-zungsgesetz beschlossen. Bis Ende Sep-tember dieses Jahres muss niemand mehrInsolvenz wegen Zahlungsunfähigkeit be-antragen. SechsMonate keine neuenKun-den – das ist für Sie und Ihre Kollegendoch ein Albtraum, oder nicht?Dieses Gesetz ist von der Grundidee rich-tig. Für die meisten Unternehmen wird esaber für den Fall der Zahlungsunfähigkeitauch zukünftig besser sein, Insolvenz zubeantragen. Denn ohne Cash nutzt einemUnternehmen auch die Aussetzung der In-solvenzantragspflicht nichts.

Was ist denn falsch an dem Gesetz?Es beginnt schon damit, dass als Stichtagfür den Eintritt der Corona-bedingtenZahlungsunfähigkeit der 31. Dezember2019 gewählt wurde. Da hat in Deutsch-land noch niemand an Corona gedacht.Das wird wohl leider viele Trittbrettfah-rer auf den Plan rufen.

Kann jemand, der seit Januar Insolvenzbeantragt hat, diesen Antrag jetzt wie-der zurückziehen?Genau. Bis zur Eröffnung des Insolvenz-verfahrens können Insolvenzanträgeohne weiteres zurückgenommen werden.Jetzt könnten also Trittbrettfahrer, die inden ersten zwölf Wochen des Jahres Insol-venz angemeldet haben, wieder einenRückzieher machen. Insolvenzrechtlichist der Stichtag 31. Dezember Humbug.

Aber es geht nicht nur um den Termin?Natürlich nicht, es geht um den Inhalt.Und da ist erstens zu sagen, dass jemand,der zahlungsunfähig ist, nicht dadurchzahlungsfähig wird, dass er nicht denGang zum Insolvenzgericht antretenmuss. Faktisch ist er ja zahlungsunfähig –und bleibt es auch.

Er muss es nur nicht sagen. Was ist soschlimm daran?Die Insolvenz ist das Signal an den Markt:„Ich kann nicht mehr zahlen.“ Und umge-kehrt das Signal, dass ich jedem Ge-

schäftspartner, der nicht insolvent ist, ver-trauen kann, dass er seinen Zahlungsver-pflichtungen auch nachkommt.

Man könnte doch gegen Vorkasse liefern.Das würde die Situation für den zahlungs-unfähigen Kunden ja noch verschlim-mern. Er kann schon nicht seine laufen-den Verbindlichkeiten zahlen und mussjetzt auch noch in Vorkasse treten. Dieserhöht den Liquiditätsbedarf drama-tisch.

Also muss hier jetzt der Staat einsprin-gen mit seinem Geld?Das meiste Geld kommt ja als Kredit. DerKredit bläht die Passivseite des Unterneh-mens auf. Mit allen negativen Folgen: Zuviel Fremdkapital und höhere Verbindlich-keiten führen zu niedriger Eigenkapitalquo-te und schwindender Kreditwürdigkeit.

Aber im Gesetz steht doch ein sogenann-tes Leistungsverweigerungsrecht. Da-nach muss man seinen Zahlungsver-pflichtungen nicht mehr nachkommenbis September.

Das stimmt nur zum Teil. Das Leistungs-verweigerungsrecht gilt nur für Verbrau-cher und Kleinstunternehmen. Nur diesedürfen bei wesentlichen Dauerschuldver-hältnissen, wie etwa Verträge über dieLieferung von Strom und Gas oder überTelekommunikationsdienste, die Zahlungaussetzen. Es handelt sich aber nur umeine Stundung, keinen Erlass der Leis-tung. Zudem umfasst dies nicht Zahlun-gen für Lieferungen oder Mieten.

Aber auch wenn das Großunternehmennicht zahlt, darf der Gläubiger bis Sep-tember sein Geld nicht durch Insolvenz-antrag versuchen einzutreiben.Dies ist ein reines Feigenblatt. Das außer-gerichtliche wie das gerichtliche Mahnver-fahren einschließlich Zwangsvollstre-ckung bleiben ja möglich. Also gezahltwerden muss weiter, da die Forderungenbestehen bleiben.

Aber es kann doch sein, dass ein Unter-nehmen ohne das Damoklesschwert derInsolvenz freier entscheiden kann undvielleicht eher auf die Beine kommt.

Das Gegenteil ist der Fall. Der Gesetzge-ber hat zwar die Pflicht zum Insolvenzan-trag ausgesetzt und damit dem Manage-ment die Gefahr des Vorwurfs einerschuldhaften Insolvenzverschleppungund selbst die einer Insolvenzanfechtunggenommen, aber die Gefahr des soge-nannten Eingehungsbetrugs bleibt.

Was ist ein Eingehungsbetrug?Jeder Manager darf nur solche Geschäfteeingehen, die er auch einhalten kann.Aber welche Verbindlichkeiten kann dasManagement eines faktisch zahlungsunfä-higen Unternehmens noch eingehen, diees hinterher auch erfüllen kann?

Erst mal einen Kredit von Herrn Scholzaufnehmen.Wenn ein Manager davon ausgehen muss,dass er diesen Kredit nicht wird zurück-zahlen können, darf er ihn nicht anneh-men. Auch das wäre Betrug – es sei denn,er weist den Vertragspartner ausdrück-lich darauf hin.

Das gilt für alle Geschäfte?

Ja. Wenn ein heute zahlungsunfähigesUnternehmen einen Vertrag abschließt,den es voraussichtlich nicht erfüllenkann, oder Leistungen in Anspruchnimmt, die es nicht bezahlen kann,macht sich das Management strafbar undpersönlich haftbar. Der Versuch, zah-lungsunfähigen Unternehmen mit Kredi-ten helfen zu wollen, die nicht mit zu-künftigen Erlösen zurückgezahlt werdenkönnen, läuft deshalb ins Leere und ver-schlimmert die Situation. Am Ende blei-ben nur noch leere Hüllen mit vielenSchulden übrig, weil sich Gläubiger vor-her alles geholt haben.

Gibt es dazu eine Alternative?Ja, das bestehende Schutzschirmverfah-ren im Rahmen des Insolvenzrechts.

Welchen Vorteil hat dieses Verfahren?Erst einmal bedeutet es für das Manage-ment weniger Haftung in dieser schwieri-gen Zeit, weil das Schutzschirmverfahrenein echtes Moratorium kennt. Zum zwei-ten kann jedes insolvente Unternehmenunabhängig von seiner Größe alle Dauer-schuldverhältnisse beenden – und zwarwirklich beenden, und nicht nur einfrie-ren, wie es das neue Gesetz vorsieht.Wenn man dann noch die Entlastungdurch das Insolvenzgeld hinzunimmt,dann bekommt ein Unternehmen einereelle Chance zu einer nachhaltigen Re-strukturierung.

Aber in der Insolvenz muss der Inhaberoder Manager seine Macht abgeben.Nicht im Schutzschirmverfahren. Hierwird die Eigenverwaltung angeordnet,das Management bleibt also am Ruder.Zugleich kann kein Unternehmer dannmit dem neuen Geld der Bundesregie-rung seine Gesellschafterdarlehen ablö-sen, also als Erstes seine Schäfchen insTrockene bringen.

Das darf er jetzt?Ja. Das könnte nur durch eine Insolvenz-anfechtung rückgängig gemacht werden.Diese hat man aber mit dem neuen Ge-setz auch ausgesetzt.

Wird das Gesetz jetzt eine Insolvenzwel-le verhindern?Das kann heute niemand sagen. Viele wer-den sich mit Staatshilfe zunächst weiter-schleppen und dann entweder bei Auslau-fen des Gesetzes oder spätestens bei Auf-stellung des Jahresabschlusses, wenn derWirtschaftsprüfer die enorme Verschul-dung bemängelt, in die Insolvenz gehen.Es ist zu befürchten, dass die Insolvenz-welle einfach nur verzögert eintritt.

Die Fragen stellte Georg Giersberg.

Ende der „Soap-Opera“? Rainer Beaujean (l.) kommt, Max Conze geht. Fotos dpa

„Am Ende bleiben nur Hüllen mit Schulden“

Kurswechsel in UnterföhringWarum Max Conze Pro Sieben Sat 1 verlässt / Von Henning Peitsmeier, München

kön./sdie./joja. MÜNCHEN/FRANK-FURT/DÜSSELDORF. Seit zwei Wo-chen sind die meisten Türen im Einzel-handel verschlossen. Das bekommennun die gewerblichen Vermieter zu spü-ren. Die Sportartikelhersteller Adidasund Puma, der Modehändler Hen-nes & Mauritz und die Schuhhandelsket-te Deichmann haben angekündigt, dieMietüberweisungen zu stoppen.

Adidas werde vorsorglich temporärdie Zahlungen dort aussetzen, wo die ei-genen Geschäfte geschlossen seien, sagteeine Unternehmenssprecherin. Das sindviele. Adidas und die SchwestermarkeReebok betreiben weltweit 2500 eigeneLäden. Wegen der behördlichen Auf-lagen sind diese in Europa, Nord- undLateinamerika, in vielen Schwellenmärk-ten, in Australien und Neuseeland ge-schlossen. Man sei in Gesprächen mitden Vermietern. Es gebe unterschiedli-che Vorgehensweisen, von Zahlungs-stopp über Aufschub bis hin zu Teilzah-lungen. Es entbehrt nicht einer Ironie,dass diese Vorgehensweisen nicht für Chi-na gelten, von wo die Corona-Pandemieausgegangen ist. Dort sind die 12 000 Lä-den der Adidas-Partner und die 500 eige-nen Läden wieder geöffnet. Die Drei-Streifen-Marke reagiert mit Kostenein-schnitten auf die Folgen der Krise, derenDauer noch nicht absehbar ist. Adidasverhandelt derzeit auch mit den Betriebs-räten über Kurzarbeit (F.A.Z. vom 26.März). Der Vorstand hat am Freitag ange-kündigt, vorübergehend die Hälfte seinermonatlichen Vergütung aufzuschieben.

In gleicher Weise handelt Puma, diein Deutschland 24 eigene Läden be-treibt. „Ab April werden wir die Miet-zahlungen vorerst aussetzen; wir wer-den im Gespräch mit unseren Vermie-tern in Deutschland versuchen, einetragfähige Lösung zu finden, wie wir die-se für uns alle schwierige Situation meis-tern können“, heißt es auf Anfrage.Durch die seit Mitte März behördlich an-geordneten Schließungen sei der statio-näre Handel völlig zum Erliegen gekom-men. Dabei ist für Puma noch nicht ab-sehbar, wann der Betrieb überhaupt wie-deraufgenommen werden kann.

Der größte europäische Schuhhänd-ler Deichmann hat die Vermieter seiner

rund 1200 Geschäfte unterrichtet, eben-falls ab April als präventive Maßnahmedie Miet- und Nebenkostenzahlungenvorübergehend einzustellen. So solle diewirtschaftliche Handlungsfähigkeit si-chergestellt werden, obwohl das Unter-nehmen gesund sei. Derzeit gibt es Be-triebsferien, von April an dann Kurzar-beit. Auch Hennes & Mauritz kündigteals mächtige Textilhandelskette den Mie-tenstopp für seine 460 geschlossenenGeschäfte in Deutschland an und han-delt in anderen Ländern ähnlich.

Ende vergangener Woche hatten in ei-nem gemeinsamen Appell Dachverbän-de aus Handel, Handwerk und Immobi-lienwirtschaft von der Politik gefordert,dass Krisenfonds auch auf die „Proble-me gewerblicher Immobilien“ ausgerich-tet sein sollten. „Über Nacht sinken Um-sätze auf null, monatliche Ausgaben fürPersonal, Mieten und Unterhaltung invier-, fünf- oder sogar sechsstelligerHöhe laufen aber kaum gebremst wei-ter“, schrieben der Deutsche Industrie-und Handelskammertag, der Städte-bund, der Handelsverband HDE, der Ei-gentümerverband Haus und Grund, derVerband kommunaler Unternehmen,der Zentralverband des Handwerks undder Immobilienverband ZIA. InsolventeUnternehmen würden schlagartig alsMieter ausfallen. Es brauche individuel-le Lösungen „zum dauerhaften Erhaltder Mietverhältnisse“.

Mancher Vermieter kommt bedräng-ten Firmen indes von selbst entgegen:„Ingka Centres“ hat angekündigt, aufalle Mietzahlungen zu verzichten. IngkaCentres ist die Immobiliengesellschaftdes schwedischen Möbelkonzerns Ikeaund zählt zu den größten Betreibernvon Einkaufszentren auf der Welt. Ihrgehören 45 Immobilien in 15 Ländern.In Deutschland zählt etwa das „LuvShopping“ in Lübeck dazu. Mit der Aus-setzung der Mietkosten sollen die Aus-wirkungen der Krise gemildert werden.„Wir sind der Ansicht, dass uns hier ge-meinsam eine Verantwortung trifft“,ließ der Großvermieter wissen. DieStundung betrifft neben der Miete auchdie Nebenkostenpauschale und gilt solange, bis die offiziell angeordneteSchließung wiederaufgehoben ist.

Das Aussetzungsgesetzfür Insolvenzen bringtvielen Unternehmenkeine Vorteile,warnt Fachanwalt undBranchensprecher LucasFlöther – im Gegenteil.

Adidas und Puma setzenMietzahlungen ausZusammenbruch im Handel trifft Ladenvermieter

Quelle: Creditreform Foto Sven Döring/Agentur Focus/F.A.Z.-Grafik swa.

Unternehmensinsolvenzenin Deutschland

2007

2008

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2010

2011

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2016

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2018

2019

29150

29580

32930

32060

30120

28720

26120

24030

23180

21560

20140

19410

18830

Lucas Flöther

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Page 29: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 · SEITE 29Finanzen

Seite 30 Seite 35Seite 34Seite 31

Die EZB will die Institute dazuanhalten, auf Ausschüttungen zuverzichten.

Wer erbt bei Paaren ohneKinder? Die Schwiegermutterhat gute Karten.

Die Corona-Pandemie könnteden Deutschen Fußball-Bundschwer treffen.

Wanda verkauft dasIronman-Label anamerikanische Unternehmen.

BANKEN VOR DIVIDENDENSPERRE DIE VERMÖGENSFRAGE

Dax

in Punkten

26.3.20 27.3.20

F.A.Z.-Index 1820,32 1751,69

Dax 30 10000,96 9632,52

M-Dax 21426,13 20618,22

Tec-Dax 2592,21 2506,46

Euro Stoxx 50 2847,78 2719,50

F.A.Z.-Euro-Index 102,67 98,71

Dow Jones 22552,17 21865,07 a

Nasdaq Index 7797,54 7569,58 a

Bund-Future 171,02 172,73b

Tagesgeld Frankfurt -0,47 % -0,47 %

Bundesanl.-Rendite 10 J. -0,36 % -0,47 %

F.A.Z.-Renten-Rend. 10 J. -0,06 % -0,11 %

US-Staatsanl.-Rend. 10 J. 0,85 % 0,74 % a

Gold, Spot ($/Unze) 1629,32 1628,55

Rohöl (London $/Barrel) 29,31 27,59b

1 Euro in Dollar 1,0981 1,0977

1 Euro in Pfund 0,9135 0,8974

1 Euro in Schweizer Franken 1,0634 1,0581

1 Euro in Yen 120,18 119,36

a) Ortszeit 11 Uhr, b) Ortszeit 17 Uhr

Bundesanleihe

Rendite 10 Jahre

30.12.19 27.3.20 30.12.19 27.3.20

DAS FÜLLHORN VERSIEGT

Schon jetzt belasten Kurzarbeitoder gar ein Verdienstausfalldie Budgets vieler Familien.

Das kann immer bedrohlich werden.Doch gerade die hohen Schulden, dieauf den Schultern so vieler Immobi-lienbesitzer lasten, dürften derenNächte oft schlaflos machen. Dieniedrigen Zinsen haben den Traumvom Eigenheim für immer mehr Men-schen überhaupt erst wahr werdenlassen. Fachleute warnen gleichwohlvor Panik. Viele Geldhäuser zeigtensich gesprächsbereit und kulant.Auch sie haben wenig Interesse an ei-nem Scherbenhaufen. So lässt sichdie monatliche Rate vielfach reduzie-ren, wie durch eine geringere Tilgung– selbst wenn dies nicht vereinbartwar. Viele Maßnahmen jedoch grei-fen nur auf kurze Sicht. Daher wirdsich zeigen, wie umsichtig die Ban-ken ihre Darlehen vergeben haben.Was die Krise mit den hohen Immobi-lienpreisen macht, vermag ohnehinnoch niemand zu sagen. Doch sind Fi-nanzierungen nicht allzu eng auf Kan-te genäht, dann dürften sie auch die-se unsicheren Zeiten überleben. Undgerade jetzt zeigt sich, was die Sicher-heit und Geborgenheit der eigenenvier Wände bedeuten kann. KünftigeImmobilienbesitzer sollte dies abervor zu viel Leichtsinn warnen.

NOTBREMSE IN DER KRISE

An den Aktienmärkten herrscht im-mer ein Auf und Ab. Das bietetChancen und lässt sich in norma-

len Zeiten wie ein sanftes Gleiten übereine träge wogende See gut verkraften. Innormalen Zeiten. Doch derzeit ist der See-gang ziemlich stark, hoch und wieder run-ter geht es im Zeitraffermodus. Und diemeisten Investoren sind seekrank.

In dieser Woche schwankte der amerika-nische Aktienmarkt auf Schlusskursbasisum bis zu 15 Prozentpunkte, der deutschemit gut 12 Punkten etwas weniger stark. Nor-mal ist eine Schwankungsbreite im niedri-gen einstelligen Bereich. Schaut man auf dieHöchst- und Tiefststände, so lag die Schwan-kungsbreite um 22 Prozent. Kursanstiegeum 10 Prozent wie am Dienstag sind zwarangenehm, aber alles andere als normal. Anknapp 84 Prozent der Börsentage zwischen1896 und 2020 betrug die Veränderung desDow-Jones-Index zwischen minus 1 undplus 1 Prozent. Eine Kursbewegung vonmehr als 9 Prozent gab es im Durchschnittrund zweimal in einem Jahrzehnt.

In einem Bärenmarkt wie jetzt sindgroße Aufwärtssprünge allerdings nor-mal. Als die Finanzkrise die Märkte imOktober 2008 in Weltuntergangsstim-mung versetzt hatte, und ebenso im Zugeder Weltwirtschaftskrise der dreißigerJahre gab es auch Tage mit Kursgewin-nen von mehr als 10 Prozent. Dass diesekein Indiz für eine Erholung sind, konnte

man nicht nur im Lauf dieser Woche se-hen. Bärenmärkte verlaufen ebenso wieBullenmärkte nicht linear. Technisch be-trachtet, wurde der Bärenmarkt nach derFinanzkrise in den Vereinigten Staatendurch einen Bullenmarkt unterbrochen.Und der Bärenmarkt nach der Weltwirt-schaftskrise unterteilt sich technisch infünf Episoden.

Derzeit hängt der Markt an den Lippender Politik. Je nachdem, ob dort ein Lä-cheln oder eine eher sauertöpfische Mienezu sehen ist, bewegt er sich in die eine oderdie andere Richtung. Es ist dies auch eineder Nebenwirkungen der Rettungsaktio-nen nach der Finanzkrise. Die Märkte ha-ben sich daran gewöhnt, dass (leider nichtnur) in kritischen Phasen Hilfe herbeieilt.Weil aber der Konjunkturschock der Pan-demie nicht so recht durch die klassischeGeldpolitik zu bekämpfen ist, geht jetztder Blick zu den Regierungen. Auf die Stär-ke der Wirtschaft vertrauen die Börsenschon lange eher weniger. Eine ungute Si-tuation, die vor dem nun erfolgten Ein-bruch eine merkwürdige Art von Euphoriebewirkte: „FOMO“ – Fear of missing out,die Angst, Kursanstiege zu verpassen. Je-der erwartete zwar den Markteinbruch,und doch kauften alle weiter, auch man-gels Alternativen. Und immer wieder hießes, weil es keine Euphorie gebe, könne esauch keinen Bärenmarkt geben. So kannman sich irren. MARTIN HOCK

Aktie 20.3. 27.3. in %CTS Eventim 31,78 41,00 29,01Salzgitter 8,77 11,10 26,57Sixt St. 40,08 50,50 26,00Fresenius 28,43 34,88 22,67Wacker Chemie 35,29 43,23 22,50thyssenkrupp 3,81 4,65 22,25Daimler NA 22,68 27,20 19,96SMA Solar Techn. 21,34 25,54 19,68Puma 46,86 55,95 19,40

die Corona-Krise nach Einschät-zung von Ökonomen den Anstiegder Mieten und Immobilienpreisedämpft?

die Bundesländer Geld aus demDigitalpakt für die Digitalisierungder Schulen auch für Online-Lernplattformen nutzen wollen?

trotz der Pandemie die Scout24-Aktionäre eine Dividende von 90Cent je Anteilschein erhalten unddamit 26 Cent mehr als im Vorjahr?

Steuerberater die Abgabe vonSteuererklärungen für das Jahr 2018auf Antrag bis Ende Mai verschiebenkönnen?

Sven Simonis bei der SchweizerBank Credit Suisse am 1. April 2020den Chefposten im deutschen AssetManagement übernimmt?

die brasilianische Zentralbankwegen der Corona-Pandemie ihreWachstumsprognose für 2020kassiert hat?

gemeinsam mit Borussia Dort-mund, RB Leipzig und BayerLeverkusen auch die Bayern20 Millionen Euro in einen Topfeingezahlt haben, der in Notgeratenen Vereinen helfen soll?

einige Großbanken ihre Pläne zumAbbau vieler Jobs wegen derCorona-Krise auf Eis gelegt haben?

sich viele Menschen in Niedersach-sen nach einem Aufruf der Land-wirtschaftskammer angesichts derCoronavirus-Krise als Erntehelfergemeldet haben? ins.

Gewinner Kurse1) am Veränd.

Nur die RuheVon Kerstin Papon

Aktie 20.3. 27.3. in %Leoni NA 7,47 6,73 -9,88Fuchs Petrolub Vz. 34,26 30,90 -9,81Symrise Inh. 83,94 79,36 -5,46Telefonica Deutschl. 2,28 2,16 -5,19Dt. EuroShop NA 11,93 11,38 -4,61Knorr-Bremse 79,13 76,17 -3,74Norma Group NA 16,68 16,13 -3,30Deutsche Telekom NA 12,09 11,70 -3,18Brenntag NA 32,22 31,42 -2,48

BÖRSENWOCHE

Gerade in diesen Zeiten zeigtsich für viele Menschen derWert und die Sicherheit der ei-genen vier Wände. Sie müssen

dort leben, arbeiten, die Kinder betreuen.Vor allem die Hausbesitzer mit Gartendürften sich freuen. Doch viele Eigen-heimbesitzer plagen große Sorgen. Wasmacht die Corona-Krise mit dem Preisder Immobilie? Kann ich meine Ratenüberhaupt bezahlen, wenn ich nun vielweniger oder gar nichts verdiene? Wie ku-lant wird die Bank sein? War es das mitmeinem Traumhaus?

„Natürlich sind wir keine Propheten,aber die Erfahrungen mit vergangenenKrisen zeigen, dass Häuslebauer erst ein-mal Ruhe bewahren sollten“, sagt Ste-phan Scharfenorth, Geschäftsführer desBaufinanzierungsvermittlers Baufi24.de.Die meisten Finanzierungen stünden aufsicherem Fundament, so dass kurzzeitigeLohnausfälle nicht automatisch den Ver-lust des Eigenheims bedeuteten. Zudemhätten Finanzinstitute schon reagiert undsignalisierten Lösungsbereitschaft. Sie bö-ten zum Beispiel tilgungsfreie Monate.Auch Beratungshilfe gibt es vielerorten.

Max Herbst von der FMH-Beratung rätEigenheimbesitzern, sich erst einmal zu-rückzulehnen und abzuwarten. Habe manbeachtet, dass Flexibilität, Liquidität undSicherheit die wichtigsten Säulen der Fi-nanzierung seien, zahle sich dies nun aus.Dann könne man die monatliche Tilgung,wie vertraglich vereinbart, reduzieren.„Angenommen es handelt sich um einDarlehen von 400 000 Euro mit einemZins von 1 und einer Tilgung von 3 Pro-zent“, sagt Herbst. Dann seien dies 333Euro an Zinsen und 999 Euro an Tilgungim Monat und eine Rate von 1332 Euro.Senke man die Tilgung zum Beispiel auf 1Prozent, müsse man noch 666 Euro zah-len. Dies verlängere zwar die Darlehens-dauer, doch vor allem bleibe die Finanzie-rung gesichert. Aber es kämen auch wie-der bessere Zeiten.

Die Hypothekenzinsen sind dabei zu-letzt gestiegen. Waren es laut FMH am10. März noch rekordtiefe 0,62 Prozentfür zehn Jahre lang feste Zinsen, sind esnun im Bundesdurchschnitt 0,77 Prozent.Angesichts der umfangreichen Hilfspake-te des Staates und der damit stark steigen-den Verschuldung habe die Unsicherheitzugenommen, sagt Herbst. Dies spiegeltsich in niedrigeren Kursen zehnjährigerBundesanleihen und damit höheren Ren-diten. Da sich der Hypothekenzins daranorientiert, ist auch er gestiegen. Zudemhätten viele Banken im Zuge der Kriseihre Marge erhöht, sagt Herbst. Dennochsei der Bauzins historisch noch immer

sehr niedrig. Was geschieht, wenn maneine Tilgungsveränderung nicht verein-bart hat? Dann sei man zwar zunächst ineiner unangenehmeren und schwierige-ren Situation, sagt Herbst. Doch kaum einGeldhaus werde sich derzeit einem sol-chen Ansinnen widersetzen. Die Instituteseien ja daran interessiert, dass eine Fi-nanzierung funktioniere. Wichtig sei esaber, frühzeitig das Gespräch zu suchen,bevor eine Rate ausfalle.

Manche Bankpartner böten den Kun-den auch die Aussetzung der Tilgungoder eine Stundung an, sagt der Finanz-dienstleister Dr. Klein. Bei einer Tilgungs-aussetzung werde die Rückzahlung des

Darlehens eine Zeitlang ausgesetzt. Dannfalle nur der Zinsanteil der Rate an. Dieswerde mancherorten auch dann gewährt,wenn diese Option nicht vertraglich ver-einbart sei. Bei einer Stundung entfälltdie gesamte Monatsrate (Zins und Til-gung). Diese gestundeten Raten würdenspäter meist an die Kreditlaufzeit ange-hängt, sagt Dr. Klein. Bisweilen müsseder Rückstand dann kurzfristig zusätzlichzur regulären Monatsrate bezahlt wer-den. Tatsächliche Änderungen des Til-gungssatzes gälten dagegen langfristig, essei denn, die Bank zeige sich kulant. VieleKreditnehmer hätten sich gegen plötzli-che Arbeitslosigkeit auch mit einer Rest-

schuldversicherung abgesichert, die maxi-mal 12 bis 18 Monate zahle, heißt es vonBaufi24.de. Hier könne es jedoch bis zudrei Monate bis zur ersten Zahlung dau-ern, sagt Scharfenorth. Ein Sicherheits-polster von drei bis vier Nettogehälternsei daher essentiell.

Viele Eigenheimbesitzer sorgen sichzudem, dass durch die wirtschaftlichenFolgen von Corona auch der Preis der Im-mobilie sinkt. Zahlreiche Immobilien-preise dürften fallen, sagt Herbst. VieleMenschen dürften ihre Immobilienpläneerst einmal zurückstellen und sich zwei-mal überlegen, ob sie in einer solchen Si-tuation eine so große und langfristige

Verpflichtung eingehen sollten, und ihreBarmittel lieber behalten. Derzeit sei esnatürlich schwierig vorherzusagen, wiesich die Immobilienpreise weiter entwi-ckelten, sagt Carsten Engmann, Beratervon Dr. Klein in Frankfurt. Regional dürf-te es dabei aber große Unterschiede ge-ben. In Frankfurt zum Beispiel rechne ernicht mit einem Preisrutsch, weil sichhier die wirtschaftliche Lage nach derKrise schneller erholen dürfte als in länd-lichen Regionen.

Aktuell sei dabei die Nachfrage trotzder Verunsicherung weiter hoch. Docheinige Interessenten nähmen die Finan-zierungszusage der Bank nicht an undverschöben die Investition. Dies betreffevor allem Neubauten, weil hier Bauverzö-gerungen und nachträgliche Preissteige-rungen befürchtet würden. Für Bankenwiederum stelle die wirtschaftliche Be-drohung ganzer Branchen die Bewer-tungskriterien in Frage, sie müsstenneue Einschätzungen vornehmen. InHamburg beobachtet Frank Lösche,ebenfalls Experte von Dr. Klein, ein ab-nehmendes Angebot. Wer einen zeitli-chen Puffer habe, werde seine Immobilielieber später verkaufen wollen, schon al-lein, um keine Besichtigungstermine ver-einbaren zu müssen. Außerdem würdenviele Notartermine abgesagt. Dennochgeht er davon aus, dass die Stadt Ham-burg beliebt bleibe.

Wie eine Analyse von Dr. Klein zeigt,die der F.A.Z. exklusiv vorliegt, war Ham-burg unter allen Bundesländern im Vor-jahr gemessen an den durchschnittlich ge-zahlten Preisen weiterhin Spitzenreiter.Die hinteren Plätze teilen sich zwar Sach-sen-Anhalt und das Saarland. Nirgendwosonst seien die mittleren Preise für Woh-nungen im Jahresvergleich aber so starkgestiegen wie im Saarland (plus 18,5 Pro-zent). Bei Ein- und Zweifamilienhäusernliegt das kleinste Flächenland mit einemAnstieg um knapp 11 Prozent hinter Ber-lin mit 19,5 Prozent.

Auf Sicht von fünf Jahren müssten dieDeutschen aber in allen Bundesländernfür die eigenen vier Wände inzwischenwesentlich tiefer in die Tasche greifen,sagt Dr. Klein. Die Spanne für Wohnun-gen reiche von plus 23,6 Prozent in Nord-Rhein-Westfalen bis zu 75,2 Prozent inBrandenburg. Auf Sicht von zehn Jahrenliegt Bayern mit einem Anstieg um fast150 Prozent vorn. Vor allem Neubautensind deutlich teurer geworden.

Interessant zudem: Fast überall gebendie Deutschen für Wohnungen mehr Geldaus als für Häuser. Am größten war derUnterschied im Vorjahr in Bayern. ImDurchschnitt waren es je Quadratmeterweniger als 3000 Euro für ein Haus undfür eine Wohnung 4322 Euro.

Die Börse

Schon gehört, dass . . .

maf. FRANKFURT. Europäische Unter-nehmen mit klangvollen Namen wie Uni-lever, Sanofi, Bertelsmann, Nestle oderPhilips haben in den zurückliegenden Ta-gen ohne Probleme neue Anleihen bege-ben. Doch mussten sie den Investoren hö-here Risikoaufschläge und damit mehrZinsen bieten, dafür fiel die Nachfragesehr stark aus. Nach Zählung der Com-merzbank summierten sich die Emissio-nen neuer Unternehmensanleihen in derzurückliegenden Woche auf rund 30 Milli-arden Euro.

Nur in der ersten vollen Januarwocheseien es mehr Emissionen gewesen, be-richtet Commerzbank-AnleihestrategeMarco Stöckle. Das ist aber fast in jedemJahr so, weil sich die Unternehmen gleichzum Jahresbeginn die nötigen Mittel amAnleihemarkt sichern. Die beherzten In-

terventionen der amerikanischen Noten-bank Fed und der Europäischen Zentral-bank (EZB) in Verbindung mit den fiskal-politischen Ankündigungen wie zum Bei-spiel den Wirtschaftsstabilisierungsfondsin Deutschland haben nach Ansicht vonStöckle dem Markt auf jeden Fall zumin-dest eine kurze Verschnaufpause ver-schafft.

DZ-Bank-Analyst Markus Roß nenntebenfalls die zahlreichen Stützungspake-te der Regierungen und Notenbanken alswichtige Unterstützung. Diese hätten denUnternehmen ein Fenster geöffnet. Da-vor habe rund drei Wochen Flaute beiNeuemissionen von Unternehmensanlei-hen geherrscht. Auch die EZB und ihreKäufe von Unternehmensanleihen habenseiner Ansicht nach sicherlich dazu beige-tragen, dass Unternehmen die Gunst der

Stunde nutzen konnten, um sich in dieserZeit mit Liquidität einzudecken. Sie hät-ten aber zum Teil hohe Neuemissionsprä-mien zahlen müssen, was auf der anderenSeite auch für eine hohe Nachfrage nachden Anleihen gesorgt habe, fügt Roß hin-zu. Zum Teil sollen die Emissionen umdas Zehnfache überzeichnet gewesensein.

Die Neuemissionsprämien haben nachBeobachtung der Commerzbank zwi-schen 0,4 und 0,65 Prozentpunkten gele-gen. Zurzeit gilt nach den Worten vonCommerzbank-Stratege Stöckle ganz klar„Cash ist King“, worunter er die Siche-rung hoher Kassenbestände versteht.„Die Unternehmen, für die derzeit derMarkt offen ist, haben dies genutzt, umauch über diesen Kanal Liquidität einzu-sammeln“, sagt Stöckle. Es handele sich

dabei primär um starke Investment-Gra-de-Namen aus Sektoren, die in Relationweniger stark unter ökonomischen Coro-na-Fallout leiden. „Investment Grade“steht am Anleihemarkt für investitions-würdig. Dazu zählen Schuldner, die einRating von mindestens „BBB–“ bei Stan-dard & Poor’s (S&P) oder „Baa3“ beiMoody’s aufweisen können. Unterhalbdieser Bonitätsnoten spricht der Markt sa-lopp vom Ramschbereich.

So klangvoll die Namen der Emitten-ten waren, es befand sich kein Autokon-zern darunter. Am Freitag stufte S&P dasRating von Daimler von „A–„ auf „BBB+“und das von BMW von „A+“ auf „A“ her-ab. Nach einem Bericht der Nachrichten-agentur Bloomberg soll Daimler derzeitmit Banken über eine Kreditlinie über 10Milliarden Euro verhandeln.

Verlierer Kurse1) am Veränd.

che. SINGAPUR. Asiens drittgrößteVolkswirtschaft hat den Leitzins in ei-nem einzigen Schritt massiv gekürzt.In einer Video-Sondersitzung senkteIndiens Notenbank ihn um 75 Basis-punkte auf nun 4,4 Prozent. Vor ei-nem Jahr hatte er noch bei 6,25 Pro-zent gelegen. „Wir müssen ganz klareinen großen Angriff starten, um ge-gen dieses Virus zu Felde zu ziehen, in-dem wir konventionelle und unkon-ventionelle Wege gehen und fortge-setzt im Kampfmodus bleiben“, sagteGouverneur Shaktikanta Das. AmTag zuvor hatte die Regierung erklärt,knapp 3 Prozent der jährlichen Wirt-schaftsleistung einzusetzen, um dieFolgen von Corona zu mildern. ZumVergleich: Der reiche Stadtstaat Singa-pur oder auch Amerika nehmen eingutes Zehntel in die Hand. Das zweit-größte Land der Erde stellt nun in ei-nem ersten Schritt umgerechnet 20Milliarden Euro bereit. „Wir wollenniemanden hungrig sehen, und wirwollen niemanden ohne Geld in sei-nen Händen sehen“, sagte Finanzmi-nisterin Nirmala Sitharaman.

Das benachbarte Pakistan hat sei-nen Leitzins innerhalb einer Wochezum zweiten Mal auf nun 11 Prozentgesenkt. Zugleich bat die Regierungden Internationalen Währungsfonds(IWF) um eine weitere Kreditlinie,diesmal 1,4 Milliarden Dollar. Paki-stan zählt offiziell gut 1252 Infizierte,Indien meldet 799 Fälle. Um die rund800 Millionen Bedürftigen angesichtsder Ausgangssperre zu unterstützen,will Indiens Regierung 5 KilogrammWeizen oder Reis an jeden verteilenund ein Kilogramm Linsen an jede Fa-milie. Angestellte im Gesundheitssek-tor werden mit umgerechnet bis zu61 000 Euro versichert. Darüber hin-aus sollen 83 Millionen Familien mitkostenlosen Gasflaschen versorgt wer-den. Hinzu kommt Bargeld für rund200 Millionen Frauen und Alte. DieZahlung von Steuern wird aufgescho-ben, die Minimalanforderungen fürSparkonten werden abgebaut.

Traumhaus in Gefahr

Unternehmen holen sich 30 Milliarden EuroHohe Nachfrage der Anleger / S&P stuft Ratings von Daimler und BMW herab

Akut seekrank

Südasien senktdie Zinsendrastisch

Die Corona-Krise dürfte Eigenheimbesitzern schlaflose Nächte bereiten.Monat für Monat müssen sie eine fest vereinbarte Rate zahlen,

um ihre Darlehen abzubezahlen. Doch häufig finden sich Lösungen.

Von Kerstin Papon, Frankfurt

Hauspreise

1) Durchschnitt.

Anstieg zwischen2009 und 2019in ProzentNeubau und Bestand1)

2019 gegen-über 2018in Prozent

Euroje m2

2019

Hamburg 76 5 3858

Berlin 113 19 3725

Baden-Württemberg 77 10 2948

Bayern 78 9 2939

Hessen 64 10 1548

Brandenburg 78 9 2419

Nordrhein-Westfalen 47 8 2361

Sachen 58 7 2155

Bremen 74 8 2132

Rheinland-Pfalz 58 10 2109

Niedersachsen 67 8 2089

Mecklenburg-Vorpommern 71 8 1969

Schleswig-Holstein 67 8 2364

Thüringen 63 5 1770

Sachsen-Anhalt 59 7 1667

Saarland 48 11 1550

Quelle: Dr. Klein/Foto Ullstein/F.A.Z.-Grafik Brocker

1) Nicht bereinigte Originalkurse ohne Kurszusätze; erfasst werden die im F.A.Z.-Index enthaltenen Titel. Aktien mit Kursen von weniger als1 Euro sind nicht berücksichtigt. Quelle: F.A.Z.

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Page 30: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

SEITE 30 · SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGFinanzen

Herr Viebig, was wollen Ihre Kundenin diesen Tagen von Ihnen wissen?Die Kunden interessieren sich vor al-lem für zwei Themen: Wie werden sichdie Corona-Krise, die Weltwirtschaftund damit der Crash an den Finanz-märkten weiterentwickeln? Zudem fra-gen Sie, inwieweit wir Verluste in ihrenPortfolios durch eine wirksame Struktu-rierung nach Ländern und Sektorenund eine verantwortliche Titelauswahlabfedern konnten.

Und was antworten Sie Ihren Kun-den?Trotz unserer Überzeugung für langfris-tiges Investieren in Aktien haben wirunsere Portfolios zunehmend defensi-ver ausgerichtet, als die Kursschwan-kungen zunahmen . . .

sprich: die Verluste . . .. . . und mit Blick auf das deutlich gestie-gene Rezessionsrisiko konjunkturanfäl-lige Unternehmen durch eher defensive-re Titel ersetzt. Wir rechnen aber mit ei-ner Stabilisierung der konjunkturellenLage auf Sicht von etwa zwei, drei Quar-talen. Die Aktienkurse werden sich er-holen, nachdem sie Stressniveaus ver-gangener Zeiten erreicht haben, sichdas Wachstum der Infektionszahlendeutlich abschwächt und die Panik anden Märkten weicht.

Wie tief können die Aktienindizesnoch fallen?Natürlich kann niemand das genaueTiefniveau in Zeiten von extremer Pa-nik an den Märkten exakt bestimmen.Wir wissen aber aus der Vergangenheit,dass in Stressphasen wie etwa in derFinanzkrise 2008/2009, in denen Volati-litätsindizes Werte über 75 Prozent an-zeigen, Kurs-Buchwert-Verhältnisse(KBV) von unter 1-mal in Europa undungefähr 1,9-mal in den VereinigtenStaaten erreicht haben. Anders als dasKurs-Gewinn-Verhältnis beruht dasKBV nicht auf unsicheren Gewinnschät-zungen, sondern misst den Börsenwertam Substanzwert eines Unternehmens,eben den gebuchten Vermögenswertenabzüglich der Schulden in der Bilanz.

Warum passt die Orientierung amKBV zur Corona-Krise?Bei dem Virus handelt es sich andersals bei der Finanzkrise 2008/2009 um ei-nen externen Schock auf die Realwirt-schaft. Die Panik an den Märkten wirdhoffentlich weichen, wenn die Infekti-onszahlen sich verlangsamen werdenund die Marktteilnehmer sehen wer-den, dass die umfangreichen Hilfsmaß-nahmen der Politik und der Zentralban-ken wirken werden. Aber bis es zurWirtschaftserholung kommt, haltenwir uns zur Orientierung an ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von eins in Euro-pa.

Wie weit sind die Aktienindizes nochdavon entfernt?Die 30 Dax-Gesellschaften kommen zu-sammen auf einen Buchwert des Daxvon 8000 bis 8200 Punkten. Bei unter8000 Punkten sind deutsche Aktien fürmittelfristige Investoren mit einem Zeit-horizont von ein bis fünf Jahren wiederattraktiv. Wann die Panik aus den Märk-ten kurzfristig weicht, ist natürlichschwer zu bestimmen. Fällt der S&Paber unter 1900 Punkte, dann überwie-

gen auch dort für mittelfristig orientier-te Anleger eher die Chancen als die Risi-ken aus fundamentaler Sicht, da wirStressniveaus vergangener Zeiten er-reicht haben.

Während wir sprechen, steht der Daxbei etwa 8400 und der S&P 500 bei2350 Punkten. Der Dax ist demnachseinem Tiefpunkt nahe, der S&P 500dagegen noch nicht?Das zeigt, dass amerikanische Aktienbereits vor Ausbruch der Krise relativteuer waren. Die größten Probleme se-hen wir aber im Bereich der Unterneh-mensanleihen. Selbst Unternehmenwie Exxon und Pepsi haben zur Siche-rung ihrer Liquidität zuletzt 8,5 Milliar-den und 6,5 Milliarden Dollar in Formvon sogenannten Commercial Papers,sehr kurzfristigen Schuldtiteln, aufge-nommen. Die amerikanische Noten-bank hat daraufhin die Commercial Pa-per Funding Facility wieder aktiviert,um die Liquidität am Markt für sehrkurzfristige Schuldtitel zu sichern. Dieumfangreichen Zinssenkungen und Li-quiditätsunterstützung durch die Fede-ral Reserve Bank und die EuropäischeZentralbank sind von großer Bedeu-tung für die Stabilität an den Märkten.

Wann trauen Sie sich wieder an Ak-tien?Es gibt erste positive Signale aus China,dass die Wirtschaft dort wieder inGang kommt. Natürlich muss man dieoffiziellen Zahlen kritisch hinterfra-gen. In Gesprächen mit den Vorstän-den von Unternehmen, die in China tä-tig sind, hören wir aber immer wieder,dass der Auslastungsgrad in den Fabri-ken wieder steigt und ungefähr 70 Pro-zent der Kapazitäten wieder genutztwerden. Auch der Verbrauch von Kohlesteigt wieder langsam, und der Verkehrin China nimmt wieder zu.

Das heißt, zumAktien verkaufen ist eszu spät?Für mittel- und langfristige Anleger: de-finitiv. Wir haben in den vergangenenTagen begonnen, vorsichtig nach undnach Qualitätsaktien nachzukaufen,weil niemand weiß, wann und wo derTiefpunkt erreicht ist. Dabei ist unserHaus darauf spezialisiert, Qualitäts-aktien zu kaufen und diese lange zu hal-ten. Zu diesen Kerninvestments gehö-ren weder Bank- noch Automobilaktien.Wir meiden zyklische Unternehmenund Unternehmen mit hohem Kreditrisi-ko.

Wie definieren Sie Qualitätsaktien?Die Unternehmen müssen wachsen,eine gute Profitabilität aufweisen undmindestens ihre Eigenkapitalkosten ver-dienen. Qualitätsaktien weisen zudemeine geringe Verschuldung auf und ha-ben meist ein sehr langfristiges, stabilesGeschäftsmodell. Diese Kriterien erfül-len in vielen Fällen Unternehmen ausdem Pharma- und Technologie-Sektor.

Können Sie Beispiele nennen?Pharmaunternehmen wie Roche oderTechnologieunternehmen mit einem di-gitalen Geschäftsmodell wie Amazon,die obendrein derzeit so etwas wie Kri-sengewinner sind, aber auch Ever-greens wie Nestle, Johnson & Johnson,Thermo Fisher oder Wolters Kluwer.

Das Gespräch führte Hanno Mußler.

„Unter 8000 Dax-Punktensind Aktien attraktiv“Chefanlagestratege Jan Viebig von Oddo-BHF überStress an den Kapitalmärkten und positive Signale

Die Bankenaufseher der Euro-päischen Zentralbank (EZB)planen in der Corona-Krisemit ihren noch nicht absehba-

ren wirtschaftlichen Schäden eine Aus-schüttungssperre für Banken. Darüber ha-ben die Aufseher am Freitag beraten. IhreEntscheidung lag bis Redaktionsschlussdieser Ausgabe noch nicht vor. Jedoch hat-te die EZB in den vergangenen Tagen ver-lauten lassen, dass die Banken angesichtsdes sich eintrübenden Ausblicks verant-wortungsvoll mit der zusätzlichen finan-ziellen Flexibilität umgehen sollten. DieEZB hatte verschiedene Erleichterungenbezüglich der Eigenkapitalanforderungenbeschlossen, damit die Banken Unterneh-men und Haushalte weiterhin mit Kredi-ten versorgen sowie mögliche Verlusteaus Kreditausfällen und der Verwerfun-gen an den Finanzmärkten auffangen kön-nen. Nach Angaben der EZB setzen dieErleichterungen Eigenkapital von 120Milliarden Euro frei, die nach ihrer Vor-stellung nicht zur Erhöhung von Dividen-den und Boni dienen sollen. Vielmehrsoll dadurch eine zusätzliche Kreditverga-bekapazität der Banken von 1,8 BillionenEuro geschaffen werden.

Auch der Europäische BankenverbandEBF forderte seine Mitglieder dazu auf,für das laufende Jahr auf Gewinnausschüt-tungen zu verzichten. Bei Entscheidungenzur Dividende für das Jahr 2019 mahnte

der Verband in einem Brief an die EZB-Bankenaufsicht zur Vorsicht, um keineSpekulationen über die Krisenfestigkeitder Institute hervorzurufen. Die EZB dürf-te aber auch die Dividenden für das zu-rückliegende Jahr im Blick haben. So hat-te in dieser Woche schon der Präsident derdeutschen Finanzaufsicht Bafin, Felix Hu-feld, die Banken aufgefordert, Ausschüt-tungen von Dividenden, Gewinnen undBoni sorgfältig abzuwägen. Die EZB-Auf-seher können neben einem Verbot auchdie Dividendenentscheidung aufschieben,bis sich die Auswirkungen der Corona-Kri-se und damit die Folgen für das Eigenkapi-tal der Banken besser einschätzen lassen.Die meisten Banken haben zwar schonihre Dividenden für das Jahr 2019 ange-kündigt, aber über die Ausschüttung ent-scheiden die Hauptversammlungen. Mitder drohenden Rezession lässt sich eineAbsage der Dividende für das Jahr 2019

rechtfertigen. Das haben Unternehmenwie MTU Aero Engines vorgemacht.

Die von der EZB regulierten deutschenInstitute wie Commerzbank und AarealBank hielten am Freitag ausdrücklich anihren Dividendenvorschlägen für dieHauptversammlungen im Mai fest. DieDeutsche Bank verzichtet wegen ihres ho-hen Verlusts für das Jahr 2019 auf eine Di-vidende. Commerzbank und Aareal Bankwollen ihre Dividenden angesichts vonGewinnrückgängen kürzen: die Com-merzbank deutlich von 20 Cent auf 15Cent und die Aareal Bank leicht von 2,10auf – nach einem Kursrückgang von 50Prozent jetzt sehr üppige – 2,00 Euro. Die-se Dividendenvorschläge sind in den Ge-schäftsberichten 2019 niedergelegt, diebeide Banken in den vergangenen Tagenveröffentlicht haben. Seither hat die Dis-kussion über Dividenden aber an Dyna-mik gewonnen. Mit Blick auf die Empfeh-

lungen der Bafin, des EBF sowie mögli-cher Anordnungen der EZB sagte eineSprecherin der Commerzbank: „Wirschauen uns das Thema genau an und ent-scheiden dann verantwortungsvoll.“ DieAareal Bank, mit einer Kernkapitalquotevon 19,6 Prozent besser gegen Kreditaus-fälle gewappnet als die Commerzbankmit 13,4 Prozent, äußerte sich ähnlich.

Die Banken dürften der Anordnungder EZB folgen. Dazu zählen auch dieZentralinstitute der Sparkassen und derVolksbanken. Diese schütten in der Regelsehr wenig von ihrem Gewinn aus, die DZBank etwa weniger als 20 Prozent an ihreEigentümer, die Volks- und Raiffeisen-banken. Während die Dividende der Lan-desbanken nicht nur an Sparkassen, son-dern auch an Bundesländer fließt, bleibtes bei der DZ Bank mit den Volksbankenvollständig im Bankensystem und stehtals Haftungsmasse für Verluste bereit.

kpa. FRANKFURT. Ungeachtet der im-mer weiter zunehmenden Ausbreitung desCoronavirus auf der ganzen Welt, hat sichder Markt für Börsengänge in den erstenMonaten dieses Jahres vor allem in Asienoffenbar noch vergleichsweise gut entwi-ckelt. Allerdings hatten sich lange Zeitauch die internationalen Aktienmärkterecht immun gezeigt und viele große Indi-zes noch Rekordhöhen erreicht. Erst imMärz rutschen viele Börsen tief ins Minus.Indem noch der Schwung des vierten Quar-tals ausgenutzt worden sei, habe sich derMarkt für Börsengänge vor allem in denersten zwei Monaten dieses Jahres nochganz gut entwickelt, sagt Paul Go, Leiterdes Geschäfts für Börsengänge des Prü-fungs- und Beratungsunternehmens EYauf der Welt. Die unerwarteten und neuar-tigen Ereignisse rund um das Coronavirushätten dann aber zusammen mit anderenFaktoren so große Marktturbulenzen ver-ursacht wie seit der Finanzkrise nichtmehr. Diese extreme Volatilität am Aktien-markt mache nun jegliche Ambitionen, andie Börse zu gehen, hochgradig unsicher.Insgesamt wagten nach den Daten von EY

im traditionell ohnehin weniger aktivenersten Quartal auf der ganzen Welt 235 Un-ternehmen den Sprung auf das Parkett –ein Plus von 11 Prozent gegenüber demVorjahr. Das Emissionsvolumen kletterteum fast 90 Prozent auf 28,5 Milliarden Dol-lar. Trotz der Corona-Krise sei die Zahlder registrierten Börsendebüts sogar konti-nuierlich gestiegen, von 75 im Januar, über77 im Februar auf 83 im März.

Börsenkandidaten und Investoren seienvon der Krise kalt erwischt worden, sagtMartin Steinbach, Partner von EY. Die Ver-schärfung dieser Krise und die enorme Vo-latilität an den Aktienmärkten habeschließlich die Aktivität besonders imstark exportorientierten Europa ge-bremst. Dabei hätten hierzulande Unter-nehmen schon kurz davor gestanden, ihreBörsenpläne zu veröffentlichen. Alternati-ve Wege an die Börse, die eine Kapitalauf-nahme und die Erstnotiz am Aktienmarktzeitlich voneinander trennten, dürftennun stärker in den Fokus rücken, sagtSteinbach. So habe das Tübinger Biotech-Unternehmen Immatics im März angekün-digt, zunächst mit einem schon börsenno-

tierten Unternehmen zu fusionieren undsich anschließend zum Handel an der Nas-daq zu registrieren. Ihren Börsengang ab-gesagt hatten der Autozulieferer Vibra-coustic und der Chemiekonzern Atotech,der in Amerika an den Markt wollte(F.A.Z. vom 25. Februar).

Auch wenn die Krise gerade in Asien ih-ren Anfang nahm, fanden dort im erstenQuartal mehr als zwei Drittel aller Börsen-gänge statt, vor allem in Schanghai. 159Unternehmen wagten in Asien den Gangauf das Parkett (plus 13 Prozent) mit ei-nem zum Vorjahresquartal verdoppeltenEmissionsvolumen von 18,1 MilliardenUS-Dollar. Bemerkenswert sei, dass gera-de China trotz der starken Ausbreitungdes Virus und der zum Teil massiven Be-schränkungen des öffentlichen Lebens derstärkste Mark für Börsengänge auf der gan-zen Welt gewesen sei. EinschließlichHongkongs sammelten hier 90 Börsenneu-linge rund 13,2 Milliarden Dollar ein, etwadoppelt so viel wie im Vorjahreszeitraum.

In den Vereinigten Staaten gab es im ers-ten Quartal unverändert 24 Börsengänge,das Emissionsvolumen stieg hier um 39

Prozent auf 7,3 Milliarden Dollar. In Euro-pa sank die Zahl der Debüts von 24 auf 18,das Volumen verdreifachte sich jedoch auf1,2 Milliarden Euro. In Europa und Ameri-ka gab es in der zweiten Hälfte des MonatsMärz nur noch einen einzigen Börsen-gang, den des schwedischen Medizintech-nikunternehmens Monivent.

Der größte Börsengang der Welt im ers-ten Quartal war laut EY der des chinesi-schen HochgeschwindigkeitsbetreibersBeijing-Shanghai High Speed Railway mit4,4 Milliarden Dollar im Januar. Das zweit-größte Debüt fand in Thailand statt, eben-falls im Januar. Hier erlöste der Einzel-händler und Betreiber von Einkaufszen-tren CRC rund 2,3 Milliarden Dollar. Deramerikanische ArzneimittelentwicklerPPD erzielte schließlich im Februar mitseinem Börsengang 1,9 Milliarden Dollar.Insgesamt gab es nach Daten von EYsechs Transaktionen mit einem Volumenvon mehr als einer Milliarde Dollar. Dergrößte Börsengang in Europa, der briti-sche Hersteller von intelligenten Strom-zählern Calison, kam auf ein Volumenvon 436 Millionen Dollar.

Dunkler Horizont: Die Aussichten von den Frankfurter Bankentürmen haben sich verdüstert. Foto Wonge Bergmann

Viele Börsendebüts, vor allem in ChinaEine Zuggesellschaft erlöste 4,4 Milliarden Dollar

Banken vor Dividendensperre

mfe. FRANKFURT. Das Bundesfinanz-ministerium und die Steuerbehördender Bundesländer sind aus Sicht von Ha-ckern interessante Angriffsziele. „Regie-rungsinstitutionen, auch solche im Fi-nanzressort, sind potentielle Ziele vonCyberangriffen staatlicher und nicht-staatlicher Akteure“, schreibt das Bun-desministerium der Finanzen MitteMärz in einer Antwort auf eine Anfragevon Abgeordneten der FDP-Bundestags-fraktion. Aus Sicht des FinanzpolitikersMarkus Herbrand (FDP) tut die Regie-rung zu wenig, um die Finanzbehördenvor Gefahren zu schützen. „Der Hoheits-bereich des Finanzministers ist ein Filet-stück für Internetkriminelle und staatli-che Spionage und gehört zu den beson-ders von Cyberangriffen gefährdetenGeschäftsbereichen der Bundesregie-rung“, sagte Herbrand der F.A.Z. DerBundestagsabgeordnete bemängelt vorallem, dass es keine nennenswerte Zu-sammenarbeit zwischen Bund und Län-dern gebe, um Gefahren abzuwehren.So habe die Bundesregierung nach demfolgenschweren Cyberangriff auf die Fi-nanzverwaltung in Niedersachsen im Ja-nuar sich weder nach der Situation er-kundigt noch Hilfe angeboten.

Zu den Zielen möglicher Angriffekönnten laut Antwortschreiben der Bun-desregierung die hochsensiblen perso-nenbezogenen Daten der Finanzämterzählen, aber auch die auf Ebene derobersten Bundesbehörden liegenden Er-kenntnisse über die nationale und inter-nationale Steuer- und Haushaltspolitik.Details über möglicherweise besonderssensible oder gefährdete Informationen

und Datenbanken wollte die Bundesre-gierung nicht nennen, um Angreifernkeine weiteren Hinweise auf aus derenSicht lohnende Ziele zu geben. Jedochnannte die Regierung beispielhaft zweiwichtige Verfahren des Bundesfinanzmi-nisteriums. Dabei handele es sich umdie beiden Systeme für die Personal-und die Dokumentenverwaltung. So trä-fe ein Ausfall des Personalverwaltungs-systems die Beschäftigten in den Behör-den persönlich, da dieses etwa die Vergü-tung und Besoldung, Arbeitszeiten, Fort-bildung oder den Arbeitsschutz erfasse.

Die Sicherheit der Informations- undKommunikationssysteme ist laut derAntwort der Bundesregierung von ho-her Bedeutung für Staat, Wirtschaft undGesellschaft in Deutschland. Das imJahr 2015 geschaffene IT-Sicherheitsge-setz sehe daher unter anderem Maßnah-men zum Schutz der Bundesbehördenvor. Das setze die Bundesregierung mitpräventiven Maßnahmen um und entwi-ckele diese ständig weiter. Genannt wer-den etwa Systeme, die Schadsoftwareund Angriffe erkennen sollen. Da sichdie Rahmenbedingungen ständig änder-ten, müssten auch die Schutzmaßnah-men ständig angepasst und ergänzt wer-den. Das zeigt sich etwa mit Blick aufdas System Elster, mit dem Bürger undUnternehmen Steuererklärungen elek-tronisch an die Finanzämter schicken.Die Daten werden laut Bundesregie-rung verschlüsselt übertragen, zudemwerde ständig geprüft, ob die dafür ge-nutzten Algorithmen die Vorgaben desBundesamts für Sicherheit in der Infor-mationstechnik (BSI) erfüllen.

pik. FRANKFURT. Im Juni 2018 hatdas Bundesfinanzministerium das vierJahre zuvor verabschiedete Gesetz zurReform der Lebensversicherung evalu-iert. Darin hat es Sympathie dafür er-kennen lassen, die Abschlussvergütun-gen der Versicherungsvermittler zu de-ckeln. Der Gedanke dahinter: Wenn dieNiedrigzinsen die Erträge für Kundenund Aktionäre schwinden lassen, müs-sen daran auch die Vertriebler beteiligtwerden. Seither aber ist wenig passiert,die Bundesregierung hat die Anpas-sung der Reform verschleppt.

Die Branche und Teile der Oppositi-on sind aber weiterhin in Sorge, dassdie Bundesregierung einen Deckel ein-führt, der alle Vertriebsarten (Ange-stellte, Vertreter, Mehrfachagent undunabhängige Makler) über einenKamm schert. Um sich mehr Klarheitzu verschaffen, hat die Vorsitzende desBundestags-Finanzausschusses BettinaStark-Watzinger (FDP) eine Kleine An-frage an das Finanzministerium gerich-tet. Die Antwort zeigt auf Basis vonZahlen der Finanzaufsicht, was Vermitt-ler in Deutschland verdienen. Am we-nigsten erhielten die Angestellten mitdurchschnittlich 1,9 Prozent der Bei-tragssumme. Es folgten die Ausschließ-lichkeitsvermittler, auch Vertreter ge-nannt, die nur im Auftrag eines Versi-cherers verkaufen. Sie kommen durch-schnittlich auf 3,2 Prozent der Beitrags-summe. Mehrfachagenten, die Policeneiner Reihe von Anbietern vermitteln,kommen durchschnittlich auf 3,5 Pro-

zent. Am höchsten dotiert sind Makler,unter die auch die großen Finanzvertrie-be fallen und die ausschließlich im Auf-trag des Kunden handeln. Sie kamen zu-letzt nach den Zahlen auf 4,5 Prozent.Die Spanne ist allerdings größer als inden anderen Vertriebswegen und liegtzwischen 2 und 5,2 Prozent. In einzel-nen Fällen seien sogar Abschlussprovi-sionen von 7 Prozent der Beitragssum-me nachgewiesen worden. Makler kom-men anders als Vertreter ohne besonde-re Unterstützung durch die Produkt-geber aus und müssen auch selbst fürihre Marketingaktivitäten aufkommen.

„Die Ergebnisse zeigen, dass Mehr-aufwand in der Beratung höher vergü-tet wird“, sagt Stark-Watzinger zu denZahlen. „Das ist gerecht und entsprichteiner fairen Preisbildung am Markt.“Verbraucher könnten sich gemäß ihrerZahlungsbereitschaft das passende Mo-dell aussuchen, sie sehe keine Rechtfer-tigung für einen Provisionsdeckel. „DerMarkt funktioniert“, sagte sie. Ein De-ckel beträfe aus ihrer Sicht Mehrfach-agenten und unabhängige Makler stär-ker, da dieser nicht nach Vertriebsfor-men differenziere. Ausnahmen in Höhevon 7 Prozent seien unerfreulich. „Hiermuss man im Einzelfall prüfen, wie die-se Provisionen zustande gekommensind und gegen Missbrauch eingreifen“,sagte Stark-Watzinger. „Einzelneschwarze Schafe rechtfertigen abernicht, die gesamte Branche mit einemDeckel zu überziehen und einen funk-tionierenden Markt zu zerstören.“

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Die Aufseher der EZBwollen die Institute dazuanhalten, in derCorona-Krise aufAusschüttungen zuverzichten.

Von Markus Frühauf und

Hanno Mußler, Frankfurt

Finanzämter Ziele für HackerFinanzpolitiker fordert wirksamere Abwehr

FDP gegen ProvisionsdeckelVermittler sollen differenziert vergütet werden

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Page 31: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

Mehr als 400 000 Paare heira-ten in Deutschland jedesJahr. Die Frauen sind dabeiim Schnitt 32 Jahre alt, die

Männer 34. Das geht aus Zahlen des Sta-tistischen Bundesamts für das Jahr 2018hervor. Dabei stecken die Paare oft vielZeit in die Hochzeitsplanung. Schließlichgilt es, ein ausgefallenes Kleid, den pas-senden Anzug und den entsprechendenBlumenschmuck zu finden. Und dannwird hin und her überlegt, wo die einzel-nen Gäste sitzen werden – Onkel Franzsoll schließlich so weit weg wie möglichvon Onkel Otto plaziert werden, alleinder Harmonie wegen.

Weiter als bis zum Hochzeitstag den-ken viele Paare jedoch nicht. Vor allemzu Beginn eines gemeinsamen Lebens-wegs nicht daran, ein Testament zu ver-fassen. Ohnehin verzichtet laut Umfra-gen ein Großteil der Bundesbürger dar-auf, den letzten Willen zu Papier zu brin-gen. Das mag sicher daran liegen, dasssich viele ungern mit der Endlichkeit deseigenen Lebens auseinandersetzen. Aberauch einige Irrtümer dürften dazu beitra-gen, von einem Testament abzusehen.Ein besonders weit verbreiteter Irrtumbetrifft verheiratete Paare ohne Kinder.

Fataler Irrtum droht

„Viele Ehepaare glauben, dass durch dieEhe alle weiteren Verwandten vom Erb-recht ausgeschlossen sind“, sagt ElmarUricher von Uricher Rechtsanwälte inKonstanz. Ein fataler Irrtum. Denn derüberlebende Ehepartner kann mitnich-ten allein über das Erbe verfügen. Liegtkein Testament vor, greift die gesetzlicheErbfolge. Und die sieht in dem Fall vor,dass nicht nur der Ehepartner, sondernauch weitere Verwandte erben. Konkret:die Schwiegereltern oder – falls diese ver-storben sind – deren weitere Abkömmlin-ge. Und je nachdem, wie gut das Verhält-nis zur angeheirateten Verwandtschaftist, ist Ärger programmiert.

Denn der überlebende Partner bildetdann mit den Schwiegereltern oderSchwager oder Schwägerin eine Erbenge-meinschaft. Diese muss einvernehmlichentscheiden, wie das Erbe verteilt wird.Das mag bei Konten und Depots noch re-lativ einfach sein. Doch bei Immobilien,Autos und anderen Sachwerten wird esschnell schwierig. „Bei kinderlosen Ehe-paaren ohne Testament entsteht nachdem Tod des Erstversterbenden tatsäch-lich oft Streit“, berichtet Michael Henn,Vizepräsident der Deutschen Anwalts-,Notar- und Steuerberatervereinigung fürErb- und Familienrecht (DANSEF).„Denn der länger lebende Ehegatte ist zu-erst überrascht und dann auch empört,dass die Schwiegereltern ihren gesetzli-chen Erbanspruch geltend machen.“Doch von Anfang an.

Stirbt ein Partner eines kinderlosenEhepaares, erben die Schwiegerelternmit. Hat das Ehepaar oder die eingetrage-

ne Lebenspartnerschaft eine Zugewinn-gemeinschaft vereinbart – was der Fallist, wenn kein Ehevertrag vorliegt –, er-hält der überlebende Ehepartner dreiViertel des Erbes. Ein Viertel geht an dieSchwiegereltern. Sollten diese nichtmehr leben, sind Geschwister und dannNichten und Neffen des Verstorbenen amZug. „Ich empfehle in der Beratung hierauch stets, sich nicht darauf zu verlassen,dass der Ehepartner das einzige Kind sei-ner Eltern ist“, sagt Fachanwalt Henn.Denn erfahrungsgemäß tauchten in Erb-fällen immer wieder nichteheliche Kin-der auf, von deren Existenz den Beteilig-ten vorher nichts bekannt war. Hat dasEhepaar Gütertrennung vereinbart, istder überlebende Ehegatte deutlichschlechter gestellt: Dann erbt er nur dieHälfte. Die andere Hälfte geht an dieSchwiegereltern.

Mehrere Erben bilden eine Erbenge-meinschaft. Und die kann nur gemein-schaftlich über das Erbe entscheiden.Ausnahmen bilden lediglich Hochzeitsge-schenke und der Hausrat. „Hausrat undHochzeitsgeschenke gehen als Voraus di-rekt an den Ehegatten und unterfallennicht den erbrechtlichen Regelungen“,sagt Georg Englert von der Grub Bah-mann Rechtsanwaltspartnerschaft inLudwigsburg. Allerdings fällt es mitunterschwer zu beweisen, dass die sündhaftteure Uhr oder das Diamantcollier tat-sächlich Hochzeitsgeschenke waren.

Krux der Aufteilung

Das restliche Hab und Gut wird entspre-chend geteilt. Bei gemeinsamen Kontenund Depots des Ehepaares ein einfachesUnterfangen. Denn diese können ingleichwertige Teile unterteilt werden. Da-bei wird der Einfachheit halber davonausgegangen, dass das Ersparte den Ehe-partnern jeweils zur Hälfte gehört – so-fern nichts anderes nachgewiesen wer-den kann. Letzteres ist oft schwer. Wardas Ehepaar lange verheiratet, lässt sichdie Herkunft des gemeinsamen Vermö-gens nicht mehr so einfach herleiten.Also etwa, wenn im gemeinsamen Ver-mögen auch der Verkaufserlös einer Im-mobilie steckt, die die Ehefrau vor vielenJahren geerbt hat. „Gelingt der Ehefraunach dem Tod ihres Mannes nicht derNachweis, dass ein Teil des Vermögensauf dem Konto aus ihrer Sphäre stammt,partizipieren die Verwandten auch andiesem Vermögen“, sagt Uricher.

Deutlich schwieriger gestaltet sich dieAufteilung bei Sachwerten wie Schmuck,Autos oder etwa Immobilien. Besondersprekär kann die Situation für den überle-benden Ehepartner werden, wenn das Ei-genheim Teil des Erbes ist. Da denSchwiegereltern dann ein Viertel des Ei-genheims gehört, können diese Miete ver-langen oder sich ihren Teil der Immobilieauszahlen lassen. Verfügt der überleben-de Ehepartner jedoch nicht über ausrei-chend Geld oder einigt sich die Erbenge-

meinschaft nicht, wie mit dem Haus um-gegangen werden soll, kommt es zu einerTeilungsversteigerung. „Die Immobiliewird dann geschätzt, ausgeschrieben, ver-steigert“, sagt Englert. Der Meistbieten-de erhält den Zuschlag. Die beteiligtenErben haben die Möglichkeit, mitzubie-ten. Der überlebende Ehegatte erhältdann zwar den Großteil des Verkaufserlö-ses – verliert jedoch sein Haus, in dem ermitunter bis zu seinem Lebensende woh-nen wollte.

Zu Teilungsversteigerungen kommt esauch, wenn sich die Erbengemeinschaftnicht einigen kann, wie Oldtimer,Schmucksammlung oder andere Sachwer-te aufgeteilt werden sollen. „Nach der ge-setzlichen Regelung kann jeder Miterbejederzeit eine Teilungsversteigerung be-antragen“, sagt Erbrechtsexperte Henn.Er beobachtet in seiner Beratung, dassviele Streitigkeiten oft auch Jahre späterentstehen – nach dem Tod der Schwieger-eltern. Denn dann würden Geschwisteroder Nichten und Neffen auf die Auszah-lung des Erbes bestehen.

Ausschlagen ist erlaubt

Natürlich können die Schwiegerelterndas Erbe ausschlagen. Dafür haben siesechs Wochen nach Bekanntwerden desErbfalls Zeit. „Schlagen die Schwiegerel-tern das Erbe aus, wird der länger leben-de Ehegatte jedoch nicht automatisch Al-leinerbe“, gibt Fachanwalt Englert zu be-denken. Denn dann treten an deren Stel-le sonstige Abkömmlinge. Letztendlichmuss sich dann nicht mit den Schwieger-eltern, sondern mit den Geschwisternoder letztendlich den Nichten und Nef-fen des Verstorbenen geeinigt werden,wie das Erbe aufgeteilt wird.

Verhindern lassen sich Streitigkeitennur, wenn das Ehepaar ein Testamentmacht und sich gegenseitig als Alleiner-ben einsetzt. „Pflichtteilsberechtigt sinddann nur noch lebende Eltern des ver-storbenen Ehegatten“, sagt FachanwaltEnglert. Geschwister, Nichten und Nef-fen gehen leer aus. Sollten die Schwieger-eltern also nicht mehr leben, kann derüberlebende Ehepartner allein über dasErbe verfügen.

Aber auch wenn sich die Ehepartnerim Testament gegenseitig als Alleinerbeneinsetzen, steht den Schwiegereltern einPflichtteil zu. Dieser entspricht der Hälf-te des gesetzlichen Erbteils – im Fall ei-ner Zugewinngemeinschaft wäre diesalso ein Achtel. Der entscheidende Vor-teil besteht darin, dass dieser leichter aus-gezahlt werden kann. „Zudem wird derPflichtteilsanspruch in der Praxis oft-mals nicht geltend gemacht“, sagt Henn.

Ein Testament ist auch empfehlens-wert, wenn die Ehepartner unterschiedli-che Nationalitäten oder einen weiterenWohnsitz im Ausland, also etwa eine Fin-ca auf Mallorca oder in der Toskana, be-sitzen. Seit 2015 ist die europäische Erb-rechtsverordnung in Kraft. Seitdem ist

nicht mehr die Nationalität für das anzu-wendende Erbrecht ausschlaggebend,sondern der gewöhnliche Aufenthaltsort.„Wenn beispielsweise das Ehepaar dieWintermonate in der eigenen Wohnungin Spanien verbringt, kann schnell Streitdarüber entstehen, welches Erbrecht nunAnwendung findet“, sagt FachanwaltHenn. Und nicht immer entspricht dasspanische oder italienische Erbrechtdann dem letzten Willen des Verstorbe-nen. „In diesem Fall empfiehlt sich einekonkrete Festlegung in einem Testament,welches Recht Anwendung finden soll,um Konfliktsituationen möglichst auszu-schließen“, sagt Uricher. Im Übrigenlohnt sich der Zusatz ohnehin in jedemTestament – auch wenn in jungen Jahrennoch nicht über eine Finca auf Mallorcanachgedacht wird. Schließlich weiß nie-mand, wie sich das Leben entwickelt –und eventuell sind die eigenen vier Wän-de unter der spanischen Sonne im Alterdann ja Realität.

Testamente sind oft fehlerhaft

Ein Testament können Ehepartner hand-schriftlich gemeinsam verfassen. Dannkönnen sie es allerdings auch später nurgemeinsam ändern. Oder aber jeder Ehe-partner schreibt sein eigenes Testamentund setzt den anderen jeweils als Allein-erben ein. „Wenn es gemeinsames Ver-mögen wie etwa Immobilien gibt, emp-fiehlt sich ein gemeinschaftliches Testa-ment“, sagt Uricher. Dieses muss mit derHand geschrieben werden. Ein am Com-puter verfasstes oder auf der Maschinegetipptes Dokument mag optisch viel-leicht besser aussehen – das Testamentist dann aber nicht gültig. Ein beurkunde-tes Testament hat den Vorteil, dass dannin der Regel kein Erbschein erforderlichwird, was die Abwicklung des Nachlassesbeschleunigen kann. Zwingend notwen-dig ist dies aber nicht. Es empfiehlt sich,sich von einem Erbrechtspezialisten bera-ten zu lassen. „Denn viele Testamentesind fehlerhaft“, sagt Uricher. Auch soll-te das Testament beim Nachlassgerichthinterlegt werden, damit dieses im Ernst-fall gefunden wird.

Ein fachlicher Rat ist sinnvoll – schließ-lich gibt es bei einem Testament etliche As-pekte zu beachten. So weist etwa Fachan-walt Henn darauf hin, dass kinderlose Paa-re bei der Errichtung eines Testaments, indem sie sich gegenseitig zu Alleinerbeneinsetzen, auch immer daran denken soll-ten, den zweiten Erbfall – also, wenn derzweite Ehepartner stirbt – eindeutig zu re-geln. Die Notwendigkeit verdeutlicht er aneinem Beispiel: Bei einem Unfall überlebtder eine Ehepartner den anderen um ei-nen Tag. Laut Testament wird der längerlebende Ehegatte Alleinerbe. Nach dessenTod erbt dann aber ausschließlich dessenVerwandtschaft. So sieht es die gesetzli-che Erbfolge vor. Die gesetzlichen Erbendes erst verstorbenen Ehegatten gehendann leer aus.

DIE VERMÖGENSFRAGE

Foto Visum

Wenn die Schwiegermutter erbtEhepaare ohne Kinder gehen oft davon aus, dass sie beim Tod des Partners Alleinerbe sind.

Ein Irrtum, der im Ernstfall zu Streitigkeiten führt.

Von Barbara Brandstetter

BRIEFE AN DIE HERAUSGEBER

Zu „Erst vertuscht und dann bekämpft“von Friederike Böge (F.A.Z. vom 23.März): Danke für die detaillierten undmutigen Hintergrundinformationen zuder Entstehung des Coronavirus. Mitseltener Klarheit werden hier die Schat-tenseiten der gegenwärtigen chinesi-schen Politik (System) aufgezeigt. Deut-lich ist zu sehen, wie von Anfang an inWuhan von lokalen wie hohen staatli-chen Stellen versucht wurde, unzweifel-hafte Symptome und Tests, die auf ei-nen hoch ansteckenden Erreger hinwei-sen, zu unterdrücken. Somit ging kost-bare Zeit verloren. Wissentlich wurdeder Tod vieler Menschen, ganz zuschweigen von den wirtschaftlichen Fol-gen, in Kauf genommen.

Die einzigen, die sofort blitzschnellgehandelt haben, sind die Taiwanesen,die wie keine zweite Nation das kommu-nistische System am besten kennen. Beiden allabendlichen Talk-Shows vermis-se ich die – nicht mal ansatzweise – kla-ren Aussagen und Positionierungen wiein der F.A.Z. Man kann mit den Händengreifen, wie abhängig wir in Europa vonder größten „Werkbank“ der Welt sind.Nirgendwo taucht die Frage danach auf,wie sich ein drittes Szenario nach Sarsund Corona verhindern lässt. Ich binnicht sicher, ob die Menschheit eineWiederholung nochmal wirtschaftlichund gesellschaftlich übersteht.

HORST HAGEDORN, METTINGEN

Dankbarkeit ist wohl der Auslöser mei-nes ersten Leserbriefes. Ich bin 87 Jah-re alt, gehöre seit Corona der Risiko-gruppe an und erlebe, wie auch ummeinetwillen vor allem junge Men-schen auf ihre Annehmlichkeiten undGewohnheiten, Vorteile und Verdiens-te verzichten, nicht immer freiwillig,doch meistens einsichtig. Was kannich tun? Als Olaf Scholz sichtlich be-wegt seine Milliarden freigab, kam mireine Idee: Ich könnte von meiner Ren-te auch etwas dazugeben, andere si-cher genauso. Als mündige Bürgerinwill ich zu dem Staat stehen, ich habeseine Gründung erlebt und war da-mals begeistert über das Grundgesetz.Für Überschwemmungs- und Erdbe-benopfer in aller Welt spenden wirDeutschen reichlich.

Warum nicht auch in eigener Sachefreiwillig geben, sogar dem Finanz-amt! Man müsste ein Konto mit den

nötigen Worten dazu einrichten undgenau da weiß ich nicht, wie man dasorganisiert, daher der Brief. Mit derBitte um Nachdenken und herzlichenGrüßen.

RUTH ROY, AACHEN

Zu „Ärzte befürchten Mangel an Inten-sivbetten“ (F.A.Z. vom 26. März): Dasgern gebrauchte Schlagwort ist leicht ir-reführend – es sind genug Betten vor-handen, es stehen auch „unmoderne“Beatmungsmaschinen genug herum,und es ist auch noch Raum vorhanden,der seit Jahren geschlossen und verklei-nert wurde. Was seit vielen Jahren fehlt,ist das „teure“ Personal im Pflegebe-reich (weniger im Ärztebereich).

Ich war 47 Jahre lang als Chirurg imKrankenhaus, immer in Verantwortungfür eine Operative Intensivstation tätig.In den letzten Jahrzehnten mussten wirständig „Betten“, das heißt Behand-lungsmöglichkeiten schließen, habenausgebaute Intensivplätze zum Abstel-

len teurerer Geräte benutzt, wir muss-ten Engpässe überwinden, Operationenverschieben und nach Notwendigkeit„triagieren“. Das Personal war den Kos-tenträgern zu teuer, die Vergütung zuknapp. Und jetzt auf einmal fehlt es? An(Intensiv-)Betten? Als Zugehöriger zur„Risikogruppe“ der Alten bin ich froh,dass ich nicht mehr diese Verantwor-tung tragen muss, und halte mich an die– zu spät – verordneten Einschränkun-gen, die mir im Ernstfall eine bessereChance auf Behandlung geben sollen.Welche Einsichten kommen jetzt? Aufjeden Fall kommt, wie alle paar Jahreverstärkt, die nächste Grippewelle!

PROFESSOR DR. WOLF STELTER,

BAD SODEN/TAUNUS

Oliver Jungen fragt in seinem Artikel„Viel Bedarf, wenig Absatz“ (F.A.Z.vom 23. März): „Warum gehören Bü-cher nicht deutschlandweit zur Grund-versorgung, wie es Berlin und Sachsen-Anhalt mit der Erlaubnis, Buchhandlun-gen offen zu halten, zumindest andeu-ten? Bedarf sei unbestreitbar da, hörtman allerorten – Hausarrest ist Lese-zeit, nicht nur für Kinder.“ Haben dieBundesländer und die Bundesregierungvergessen, dass zur Ernährung auch geis-tige Nahrung gehört? Bücher könnenauch heilsame Wirkung haben, die indiesen schwierigen Zeiten dringend ge-brauchte Lebenshilfe sein kann. Warumwerden der Börsenverein des deutschen

Buchhandels, die Kultusministerkonfe-renz der Bundesländer und die Kultur-staatsministerin Monika Grütters nichtaktiv, den stationären Buchhandel offenzu halten? Den Schaden haben nichtnur die Buchhandlungen, sondern auchdie Verlage mit massiven Umsatzeinbrü-chen. So wird – absichtslos? – der Bo-den für Amazon bereitet, der den überle-benden Buchhandel inklusive Buch-preisbindung, ruinieren wird. Will mandas? Das Unternehmen kündigte letzteWoche an, dass allein in den Vereinig-ten Staaten kurzfristig 100 000 Mitarbei-ter gesucht werden.

RICHARD GRÜBLING, VERLAGSLEKTOR,

FRANKFURT AM MAIN

Europas Abhängigkeiten

Inzwischen haben es wohl alle verstan-den: Durch die im Kern vernünftigenMaßnahmen in Bund, Ländern und Ge-meinden zur Bekämpfung des Coronavi-rus sind ganze Branchen, Berufs- undAltersgruppen existenziell gefährdet. Soblutet zum Beispiel die Gastronomieaus. Dramatisch ist die Situation geradevon mittelständischen Betrieben, vonKleinunternehmern, von all jenen, diein Kunst und Kultur freiberuflich tätigsind oder als Einzelkämpfer die Kreativ-wirtschaft am Laufen halten. Die Listederer, deren Atem in kurzer Zeit auszu-gehen droht ist lang.

Verdienstvoll sind die Zusagen ausBundes- und Landesregierungen, nie-manden „über die Wupper gehen zu las-sen“. Doch – realistisch betrachtet –sind irgendwann einmal auch die größ-ten Reserven aufgebraucht. Auch gren-zenloses Schulden machen verbietetsich, will man zukünftige Generationennicht noch mehr belasten. Durch unsereAlterspyramide und den Klimawandelrollt ohnehin eine Kostenlawine insbe-sondere langfristig auf die Jüngern zu.

In vielfältigen Appellen wird Solida-rität beschworen. Zu Recht. Solidaritäthaben wir in jüngerer Vergangenheitim Zusammenhang mit der Realisie-rung der Deutschen Einheit über denSoli bewiesen. Dieser „Soli“ hat Erfol-ge gezeitigt und niemanden von unsverarmen lassen.

Die wirtschaftlichen Belastungenaus der Corona-Krise werden immen-

se Dimensionen erreichen. Zu vermu-ten ist, dass zur Abfederung der wirt-schaftlichen Schäden zumindest ver-gleichbare Anstrengungen notwendigsind wie nach der Wiedervereinigungoder der Finanzkrise. Anders als fürdie Finanzkrise gibt es für Corona kei-ne „Schuldigen“.

Daher müssen wie nicht nur in unse-rem ideellen oder alltäglichen Verhal-ten im Umgang miteinander solidarischsein, sondern auch auf materiellem Ge-biet. Welche Partei wagt sich aus der De-ckung und arbeitet auf einen „Corona-Soli“ hin? Ich würde sie wählen, wennauch das übrige Programm stimmt. Ein„Corona-Soli“ sollte so konstruiert sein,dass die Gebeutelten nicht belastet,jene Wirtschaftszweige oder Berufs-gruppen, die „mit einem blauen Auge“davon kommen, aber gefordert werden.Dazu gehören sicher auch Angestelltemit festen Verträgen, Beamte, auch bes-ser gestellte Rentner.

Wenn Hunderttausende, möglicher-weise Millionen nicht mehr aus nochein wissen, wenn die demokratischenKräfte deren ökonomische Not nicht inden Griff bekommt, birgt dies zwangs-läufig die Gefahr einer Radikalisierung.Nutznießer könnten jene populistischenKräfte sein, die unsere soziale und de-mokratische Rechtsordnung aushebelnwollen. Diese Folge der Corona-Kriseist vermeidbar, wenn wir alle bereitsind, auch auf wirtschaftlichem Gebietsolidarisch zu handeln.

DR. BERNHARD CONRADS, MARBURG

Vielen Dank dafür, dass Sie auch unterden extrem schwierigen Umständender Coronakrise meine geliebte F.A.Z.weiter auf diesem exzellenten Niveaukreieren und produzieren. Bei den vie-len Unsicherheiten des gegenwärtigenAlltags ist die F.A.Z. für mich derzeitnicht nur die wichtigste Quelle für Infor-mationen und Denkanstöße, sondernauch ein seelischer Halt.

Ich wünsche Ihnen Gesundheit!

DR. ALBIN SCHÄFER, BAD DÜRRHEIM

Es fehlen nicht die Betten

Wer ist bereit für einen Corona-Soli?

Bücher haben auch heilsame Wirkung

Seelischer Halt

Rente als Spende

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 · SEITE 31Finanzen

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Page 32: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

SEITE 32 · SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGFinanzen

26.3. 27.3.

Frankfurt / Schweizer Aktien Zürich

A. B. Foods (GB) 19,35 21,68Accor (F) 26,39 29,17ACS (E) 15,98 16,08Adecco Group NA (CH) 38,64 36,97Aegon (NL) 2,41 2,35Aeroports de Paris (F) 104,60 97,95Ageas (BE) 31,60 32,35Air France-KLM (F) 5,23 4,93Airbus (NL) 72,14 68,66Akzo Nobel (NL) 59,50 57,50Alfa Laval AB (SE) 15,64 15,81Alstom (F) 38,47 37,75Andritz (A) 26,54 26,88Anglo American (GB) 15,03 15,00Antofagasta (GB) 7,73 8,29AP Moeller-Maersk (DK) 744,40 797,00ArcelorMittal (L) 8,59 8,36Arkema (F) 59,76 59,20Aryzta NA (CH) 0,363 0,364Assa-Abloy AB (SE) 16,70 16,44Atlantia (I) 11,31 11,83Atlas Copco A (SE) 28,34 29,81Atos (F) 62,12 62,18Aviva (GB) 2,80 3,04Babcock Int. (GB) 3,95 4,09BAE Systems (GB) 5,69 5,72Bâloise NA (CH) 127,80 126,50Banco Sabadell (E) 0,512 0,505Bank of Ireland (IRL) 1,96 1,96Bankia Para (E) 0,931 1,05

Bankinter (E) 3,40 3,23Barry Callebaut NA (CH) 1910 1845BB Biotech NA (CH) 52,70 52,00BHP Group (GB) 13,83 13,29Bollore (F) 2,59 2,57Bouygues (F) 30,35 28,47Brit. Land (GB) 3,80 3,85BT Group (GB) 1,45 1,43Bunzl (GB) 15,19 16,75Burberry Group (GB) 15,00 14,82Bureau Veritas SA (F) 16,46 17,98Caixabank (E) 1,83 1,76Capgemini (F) 80,00 77,40Capita PLC (GB) 0,373 0,395Carlsberg B (DK) 98,78 98,22Carnival PLC (GB) 13,80 11,40Carrefour (F) 14,69 14,28Casino Guich. (F) 35,00 34,53Centrica (GB) 0,469 0,451CEZ Inh. (CZ) 15,41 15,08Christian Dior (F) 336,00 329,00Clariant NA (CH) 15,85 15,57CNP Assurances (F) 9,54 9,54Coca-Cola HBC (CH) 19,25 17,99Coloplast (DK) 124,80 125,05Colruyt (BE) 48,75 50,38Compass Group (GB) 12,42 13,28Crédit Agricole (F) 7,20 7,44Credit Suisse NA (CH) 8,66 8,05Danske Bank (DK) 9,68 9,82Dassault Systems (F) 126,55 128,35DNB ASA (N) 9,07 9,35DSM (NL) 98,44 97,74Easyjet (GB) 7,15 6,74Edenred (F) 37,11 38,11

EdF (F) 7,50 7,15EDP (PT) 3,51 3,48Electrolux B fr (SE) 11,15 11,36Ems-Chemie (CH) 591,00 582,00Enagás (E) 17,84 18,17Endesa (E) 17,94 19,28Equinor ASA (N) 10,60 9,93Ericsson B fr (SE) 6,86 6,70Erste Group Bank (A) 18,78 18,43Eutelsat Comm. (F) 8,75 8,74Exor (NL) 47,09 48,26Experian Group (JE) 26,10 25,88Ferguson PLC (JE) 57,92 60,42Ferratum Oyj (FI) 4,55 4,04Ferrovial (E) 22,45 21,96Fiat Chrysler (NL) 6,93 6,61Flughafen Zürich (CH) 110,80 112,20Fortum (FI) 13,47 13,16Fresnillo PLC (GB) 8,11 8,11GALP (PT) 9,25 9,48Gazprom ADR (RU) 4,15 4,01GBL (BE) 66,84 72,06Geberit NA (CH) 445,40 425,50Gecina (F) 129,40 120,00Generali (I) 12,50 12,50Getinge (SE) 16,90 16,61Getlink (F) 11,32 11,74Givaudan NA (CH) 2974 2865Gjensidige Forsikr. (N) 14,79 14,63Glencore (JE) 1,50 1,39Grifols (E) 28,81 29,82Hargreaves Lans. (GB) 15,41 14,82Heineken Hold. (NL) 63,00 67,05Heineken N.V. (NL) 72,68 72,02Hellenic Telecom (GR) 11,76 11,73

Hennes & Mauritz (SE) 11,75 11,81Hermes International (F) 634,00 642,40Hexagon B (SE) 37,42 37,09Icade (F) 73,80 77,90Iliad (F) 126,75 126,75Imerys (F) 24,62 23,58IMI (GB) 7,85 8,23Immofinanz (A) 14,88 15,42Int. Cons. Airlines (E) 3,00 2,38InterCont. Hotels (GB) 38,04 39,10Investor B fr (SE) 39,86 40,02ITV (GB) 0,688 0,772JCDecaux (F) 16,50 16,64Jeronimo Martins (PT) 15,53 15,62Johnson, Matthey (GB) 20,20 19,56Julius Bär NA (CH) 35,33 33,92KBC Group (BE) 46,33 47,54Kerry Group A (IRL) 94,05 99,85Kingfisher (GB) 1,78 1,68Kinnevik AB B (SE) 14,35 15,11Klepierre (F) 19,62 18,63Komercni (CZ) 18,30 18,44Kon. Vopak (NL) 45,02 45,57Kone (FI) 48,64 50,28Kuehne + Nagel NA (CH) 136,25 131,70LafargeHolcim (CH) 36,06 34,24Land Securities (GB) 6,38 6,37Legal & General (GB) 2,15 2,31Legrand (F) 56,04 57,94Lindt & Spr. NA (CH) 80600 78100London Stock Ex. (GB) 78,72 76,84Mapfre (E) 1,61 1,56Marks & Spencer (GB) 1,19 1,23Mediaset (I) 1,79 1,91Mediobanca (I) 5,42 5,44

Michelin (F) 78,88 76,48Natixis (F) 3,59 3,73Naturgy Energy (E) 16,63 16,48Next (GB) 45,76 44,53Nordea Bank Abp (FI) 4,98 5,05Norsk Hydro (N) 1,99 1,87Novozymes B (DK) 38,75 40,60OC Oerlikon NA (CH) 7,59 7,33OCI N.V. (NL) 11,48 10,72OMV (A) 25,40 24,30Orkla (N) 7,14 7,32Österreich. Post (A) 30,70 30,95Pandora A/S (DK) 28,67 29,09Pargesa Hold. Inh. (CH) 65,75 63,25Partners Group (CH) 697,40 663,20Pearson (GB) 5,67 5,72Pernod Ricard (F) 135,95 132,30Peugeot (F) 12,28 11,96Porsche Vz. 40,97 37,90Poste Italiane (I) 7,98 7,78Proximus (BE) 19,92 20,11Publicis Group (F) 25,44 22,84Randstad Hold. (NL) 28,60 31,62Red Eléctrica (E) 14,61 15,86Relx (GB) 18,58 18,58Renault (F) 18,96 18,19Repsol YPF (E) 7,60 7,25Rexel (F) 7,86 8,18Richemont (CH) 55,12 52,90Rolls-Royce Group (GB) 4,52 4,21Royal Bk. of Scotl. (GB) 1,33 1,33Royal KPN (NL) 2,10 2,12RTL Group (L) 30,68 29,60Ryanair Holdings (IRL) 9,80 9,12Sage Group (GB) 6,25 6,50

Sainsbury PLC (GB) 2,15 2,25Saipem (I) 2,28 2,30Sampo (FI) 27,28 26,10Sandvik (SE) 13,16 12,58SCA B fr (SE) 8,78 8,50Schibsted (N) 16,03 16,34Schindler PS (CH) 215,30 209,80Schroders (GB) 26,95 28,29Scor SE (F) 20,90 20,29Scot.&South. En. (GB) 15,23 14,30SE Banken A fr (SE) 6,20 6,29SeaDrill (BM) 0,446 0,426Semperit (A) 9,90 10,20SES S.A. (L) 5,91 5,64SGS NA (CH) 2288 2215Sika (CH) 161,10 156,85Skanska B fr (SE) 14,23 14,07SKF B fr (SE) 12,40 12,42Smith & Nephew (GB) 15,01 15,02Snam Rete Gas (I) 3,89 3,96Sodexo (F) 62,24 62,92Solvay (BE) 68,00 63,66Sonova Hold. NA (CH) 170,80 172,10Standard Ch. PLC (GB) 4,92 5,23Standard Life (GB) 2,68 2,62STMicroelectronics (NL) 18,53 19,01Stora Enso Oyj (FI) 8,56 8,33Subsea 7 (L) 3,82 4,00Suez Environm. (F) 10,07 9,80Sulzer NA (CH) 61,60 58,20Svenska Handelsbk. (SE) 7,71 7,60Swatch Group Inh. (CH) 193,95 186,45Swedbank A (SE) 10,28 10,38Swiss Life NA (CH) 327,80 322,00Swiss Re NA (CH) 71,40 70,68

Dax 30, M-Dax und Tec-DaxBörsenwert Xetra Xetra Ums.Ges.

52 Wochen in Mrd. Landeswähr. KGV 26.3.20 27.3.20 Tages Veränd. in % seit 52 Wochen Div.- Tsd.St.

Tief Vergleich Hoch Gesamt Streubes. 2019 2020 Schluss Schluss Hoch Tief 26.3. 30.12.19 Hoch Tief Div. Rend. 26.3.

11,3 11,5 Dax 30 10000,96 9632,52 9886,18 9541,83 –3,7 –27,3 13795,24 8255,65 405,60 4,21 163564

41,88 24,80 21,4 23,6 Adidas NA I 214,60 208,95 214,90 206,30 –2,6 –27,9 317,45 162,20 3,351x 1,60 130564,17 64,02 8,3 7,8 Allianz vNA I P 157,96 153,82 155,52 151,00 –2,6 –29,6 232,60 117,10 9,001x 5,85 271037,74 37,74 10,7 11,4 BASF NA I P 43,08 41,09 42,11 40,81 –4,6 –39,0 74,61 37,36 3,201x 7,79 774849,78 49,78 7,9 7,1 Bayer NA I P 51,74 50,67 51,90 50,11 –2,1 –30,4 78,34 44,86 2,801x 5,53 482323,07 9,00 27,0 26,7 Beiersdorf 95,54 91,56 94,32 90,84 –4,2 –14,1 117,25 77,62 0,701x 0,76 64427,40 14,53 5,6 6,4 BMW St I 47,30 45,52 46,49 45,13 –3,8 –37,8 78,30 36,60 3,501x 7,69 263012,94 6,99 6,5 10,1 Continental 68,77 64,70 67,68 64,07 –5,9 –43,9 157,40 51,45 4,751x 7,34 8664,98 4,59 9,1 21,3 Covestro 29,60 27,20 29,28 26,90 –8,1 –34,4 55,78 23,54 2,401x 8,82 2451

29,10 21,59 5,6 6,8 Daimler NA I P 29,59 27,20 29,14 26,98 –8,1 –44,9 60,00 21,02 3,251x 11,95 1137012,19 10,44 0,0 56,2 Deutsche Bank NA 6,34 5,90 6,19 5,83 –7,0 –14,7 10,37 4,45 0,111x 1,87 2268222,35 21,29 19,7 18,2 Deutsche Börse NA I 125,40 117,65 123,75 115,15 –6,2 –16,1 158,90 92,92 2,701x 2,29 111127,94 22,20 10,8 9,7 Deutsche Post NA I 24,21 22,60 23,75 22,23 –6,7 –33,6 35,00 19,10 1,151x 5,09 770455,72 37,94 11,5 10,7 Deutsche Telekom NA W I P11,97 11,70 11,95 11,53 –2,3 –19,7 16,75 10,41 0,701x 5,98 2295624,21 20,27 14,2 13,5 E.ON NA 9,25 9,17 9,48 9,09 –0,9 –3,8 11,56 7,60 0,431x 4,69 1652819,44 13,35 10,3 9,9 Fresenius I 34,47 34,88 34,99 33,58 +1,2 –30,5 52,82 24,25 0,801x 2,29 425317,58 12,13 13,3 12,7 Fresenius M. C. St. 57,54 57,76 58,64 56,12 +0,4 –12,4 81,10 53,50 1,171x 2,03 32367,64 5,69 6,2 6,4 HeidelbergCement 39,02 38,53 39,23 37,52 –1,3 –40,7 73,52 29,00 2,101x 5,45 1431

12,76 12,50 13,1 14,8 Henkel Vz. 71,90 71,64 72,06 69,98 –0,4 –22,3 97,80 62,24 1,851x 2,58 91416,75 16,72 15,0 17,0 Infineon NA W 14,37 13,39 14,02 13,31 –6,8 –34,1 23,07 10,13 0,271x 2,02 1326880,15 79,96 20,7 18,8 Linde PLC (IRL) I P 156,10 150,75 157,80 149,85 –3,4 –21,0 208,60 130,45 0,96$2x 1,00 17494,33 3,89 3,4 7,3 Lufthansa vNA 9,70 9,05 9,51 9,03 –6,8 –44,9 22,70 8,02 0,801x 8,84 9209

11,72 11,72 16,3 14,2 Merck 93,50 90,68 92,28 89,14 –3,0 –13,9 125,95 76,22 1,251x 1,38 7187,81 7,74 14,2 16,7 MTU Aero Engines 151,05 147,15 150,90 141,15 –2,6 –42,2 289,30 97,76 2,851x 1,94 561

26,34 26,33 9,4 9,4 Münch. Rück vNA I 186,80 182,50 183,15 175,35 –2,3 –30,6 284,20 141,10 9,251x 5,07 119314,21 12,77 13,9 14,3 RWE St. 23,96 23,12 23,84 22,77 –3,5 –15,5 34,64 20,05 0,701x 3,03 4279

122,69 101,97 20,0 18,2 SAP W I P 103,96 99,87 104,04 98,85 –3,9 –17,0 129,60 82,13 1,501x 1,50 587262,01 59,29 10,8 11,6 Siemens NA I P 76,73 72,95 76,08 72,27 –4,9 –37,4 119,90 58,77 3,901x 5,35 472921,74 19,30 3,7 5,3 Volkswagen Vz. I 113,70 105,42 112,76 104,64 –7,3 –40,2 187,74 79,38 4,861x 4,61 185723,19 23,19 19,6 15,5 Vonovia NA 43,89 42,76 43,40 41,96 –2,6 –10,9 54,48 36,71 1,441x 3,37 233912,31 11,45 22,6 17,1 Wirecard W 101,50 99,66 101,50 97,60 –1,8 –7,3 162,30 79,68 0,201x 0,20 2428

16,8 17,9 M-Dax 21426,13 20618,22 21253,12 20369,24 –3,8 –27,2 29438,03 17714,91 574,69 2,79 73213

0,89 0,81 6,3 6,5 Aareal Bank 15,66 14,90 15,35 14,49 –4,9 –50,7 31,90 12,28 2,101x 14,09 78153,42 39,46 11,1 12,0 Airbus (NL) I P 72,50 68,21 74,48 65,10 –5,9 –48,4 139,40 47,70 1,651x 2,42 11092,30 2,30 20,5 20,3 alstria office REIT 13,29 12,97 13,08 12,63 –2,4 –22,6 19,09 9,89 0,521x 4,01 6946,90 5,42 7,3 7,3 Aroundtown (L) 4,71 4,49 4,65 4,32 –4,6 –43,7 8,88 2,88 0,071x 1,56 89701,62 1,21 10,9 11,0 Aurubis 36,39 35,97 36,75 35,86 –1,2 –34,3 58,00 30,05 1,251x 3,48 2004,36 2,70 26,0 23,8 Bechtle W 104,50 103,80 105,70 102,00 –0,7 –17,1 149,00 79,35 1,001x 0,96 1654,85 4,71 10,0 10,6 Brenntag NA 33,29 31,42 33,26 31,14 –5,6 –35,2 50,82 28,68 1,201x 3,82 4261,38 1,31 25,7 23,8 Cancom W 36,48 35,88 36,86 35,30 –1,6 –31,8 57,10 31,20 0,501x 1,39 2577,51 3,07 43,6 39,4 Carl Zeiss Meditec W 91,05 83,95 90,85 83,50 –7,8 –26,2 122,10 67,70 0,551x 0,66 2784,49 3,56 5,9 7,4 Commerzbank 3,81 3,59 3,73 3,54 –5,9 –35,0 8,26 2,80 0,201x 5,58 123602,76 1,13 24,8 20,9 Compugroup Medical W 53,00 51,80 54,40 51,70 –2,3 –18,7 74,80 46,46 0,501x 0,97 1263,94 2,24 27,6 K.A. CTS Eventim 40,24 41,00 41,00 38,20 +1,9 –26,9 61,55 25,54 0,621x 1,51 393

13,69 8,45 0,0 0,0 Delivery Hero 72,24 69,20 71,06 67,88 –4,2 –1,9 81,62 31,50 0,001x 0,00 6010,93 0,83 5,8 6,9 Dt. Pfandbriefbank 7,38 6,92 7,35 6,85 –6,2 –52,5 15,74 5,83 1,001x 14,45 1668

11,99 11,99 23,3 22,7 Dt. Wohnen Inh. 33,92 33,34 33,71 32,82 –1,7 –8,5 42,40 27,66 0,831x 2,48 15771,20 0,85 7,3 8,8 Dürr 18,05 17,38 18,09 17,38 –3,7 –42,8 42,26 15,72 1,001x 5,75 5858,50 3,49 9,9 10,1 Evonik Industries 19,18 18,24 18,83 17,99 –4,9 –33,0 27,59 15,13 1,151x 6,30 11452,96 2,04 77,2 59,2 Evotec W 20,63 19,54 20,70 19,37 –5,3 –15,2 27,29 17,17 0,001x 0,00 9813,48 1,40 8,0 14,0 Fraport 39,00 37,68 39,30 37,23 –3,4 –50,3 79,26 27,59 2,001x 5,31 4662,02 2,02 9,3 8,8 freenet NA W 16,75 15,79 16,70 15,61 –5,7 –22,7 21,64 13,67 1,651x 10,45 7092,15 2,15 18,8 18,7 Fuchs Petrolub Vz. 33,56 30,90 33,32 30,56 –7,9 –30,0 45,76 25,56 0,951x 3,07 2203,28 2,73 16,0 16,5 GEA Group 18,96 18,20 18,65 17,76 –4,0 –38,3 30,32 13,16 0,851x 4,67 7861,76 1,71 14,6 13,7 Gerresheimer 56,00 56,20 56,50 54,60 +0,4 –18,6 74,80 50,65 1,151x 2,05 1293,04 1,87 16,4 15,2 Grand City Prop. (L) 19,25 18,08 19,09 17,73 –6,1 –15,4 24,00 13,82 0,221x 4,56 5042,34 1,30 17,4 14,9 Grenke NA 55,65 50,55 55,35 49,90 –9,2 –45,2 104,40 40,50 0,801x 1,58 216

15,68 15,68 12,1 12,1 Hannover Rückv. 135,00 130,00 133,00 127,80 –3,7 –24,6 192,80 98,25 5,251x 4,04 33133,51 5,03 20,1 18,4 Healthineers W 36,09 33,51 36,03 33,24 –7,2 –21,8 45,20 28,50 0,801x 2,39 8272,74 1,09 9,5 8,4 Hella 27,12 24,68 26,84 24,60 –9,0 –50,0 50,85 20,24 3,351x 13,57 2684,17 3,53 0,0 66,9 HelloFresh 25,95 25,15 26,90 24,80 –3,1 +34,8 28,40 7,88 0,001x 0,00 15524,15 2,06 6,4 6,4 Hochtief 60,60 58,80 60,40 57,65 –3,0 –48,3 135,00 41,58 4,981x 8,47 2781,59 1,32 7,0 8,2 Hugo Boss NA 25,06 22,57 25,15 22,39 –9,9 –47,8 65,18 19,11 2,701x 11,96 7391,04 1,01 12,0 27,7 K+S NA 5,78 5,41 5,79 5,37 –6,4 –51,3 18,61 4,50 0,251x 4,62 16444,52 2,48 8,6 10,0 Kion Group 40,73 38,27 39,54 37,78 –6,0 –37,8 66,64 33,20 1,201x 3,14 372

12,28 3,66 19,6 21,3 Knorr-Bremse 78,11 76,17 78,42 75,90 –2,5 –16,1 103,70 70,79 1,751x 2,30 2433,14 3,13 8,7 9,4 Lanxess 37,45 35,91 36,97 35,51 –4,1 –40,0 64,58 25,68 0,901x 2,51 6226,49 6,40 18,1 14,2 LEG Immobilien 98,32 94,08 97,14 91,88 –4,3 –10,9 118,55 75,12 3,531x 3,75 2412,59 1,18 5,7 14,5 Metro St. 7,36 7,20 7,35 7,03 –2,2 –49,8 16,35 6,10 0,701x 9,72 11973,01 2,87 0,0 65,7 MorphoSys W 96,45 91,40 96,65 90,15 –5,2 –27,9 146,30 65,25 0,001x 0,00 2434,91 2,30 45,0 42,8 Nemetschek W 43,50 42,50 43,52 42,20 –2,3 –27,7 69,05 32,46 0,271x 0,64 4371,98 1,33 0,0 59,4 Osram Licht NA 32,80 32,67 33,40 32,25 –0,4 –26,0 48,08 20,50 0,001x 0,00 2011,61 1,27 3,8 4,7 ProSiebenSat.1 6,76 6,92 7,50 6,76 +2,3 –50,3 15,95 5,72 1,191x 17,20 35468,44 4,63 32,2 28,4 Puma 57,15 55,95 57,75 54,25 –2,1 –18,1 84,30 40,00 0,351x 0,63 4238,30 8,05 26,0 24,1 Qiagen (NL) W 36,79 36,44 36,85 36,24 –1,0 +19,6 39,19 22,54 0,001x 0,00 13005,41 1,57 K.A. K.A. Rational 490,40 476,20 488,80 469,80 –2,9 –33,6 740,00 377,20 9,501x 1,99 302,76 2,72 9,0 10,4 Rheinmetall 63,40 63,34 66,30 62,30 –0,1 –38,1 118,60 43,23 2,101x 3,32 2492,42 0,86 43,5 0,0 Rocket Internet 18,01 17,60 17,98 17,52 –2,3 –20,4 26,40 16,00 0,001x 0,00 1974,64 1,16 6,8 7,1 RTL Group (L) 30,62 30,00 31,00 29,58 –2,0 –31,8 52,55 26,88 3,002x 13,33 2297,94 7,22 68,3 57,3 Sartorius Vz. W 215,80 212,00 214,40 203,20 –1,8 +11,1 243,20 147,60 0,621x 0,29 1005,64 5,38 32,9 28,9 Scout24 NA 53,15 52,45 53,50 51,30 –1,3 –11,0 65,75 42,00 0,641x 1,22 4162,00 1,38 10,9 12,9 Siltronic NA W 70,00 66,52 69,62 65,60 –5,0 –25,9 109,10 46,56 5,001x 7,52 2981,88 1,25 10,4 14,1 Software W 25,91 25,43 26,67 25,34 –1,9 –18,2 35,03 21,60 0,711x 2,79 197

10,75 9,81 33,8 28,3 Symrise Inh. 81,22 79,36 81,66 78,76 –2,3 –15,4 100,05 71,20 0,901x 1,13 5862,51 2,51 15,8 15,0 TAG Immobilien 18,16 17,15 18,01 16,95 –5,6 –22,6 25,18 14,16 0,751x 4,37 6686,90 3,35 59,1 46,8 TeamViewer W 33,91 34,50 34,59 33,44 +1,7 +8,2 37,23 21,38 0,001x 0,00 5896,42 1,78 0,0 0,0 Telefonica Deutschl. W 2,17 2,16 2,23 2,13 –0,7 –16,5 2,97 1,72 0,271x 12,52 123842,90 2,29 0,0 0,0 thyssenkrupp 5,08 4,65 5,02 4,60 –8,4 –61,4 14,47 3,28 0,001x 0,00 52678,57 1,82 16,2 14,5 Uniper NA 24,57 23,43 24,28 23,05 –4,6 –20,6 30,64 20,76 0,901x 3,84 5124,85 2,52 11,7 10,9 United Internet NA W 25,62 24,99 25,98 24,07 –2,5 –14,7 37,25 20,76 0,051x 0,20 9012,59 1,08 47,8 24,5 Varta W 63,20 64,00 64,90 61,20 +1,3 –47,3 128,00 37,96 0,001x 0,00 1538,55 4,99 87,8 75,7 Zalando 36,24 33,82 36,02 33,07 –6,7 –25,1 49,09 27,33 0,001x 0,00 627

21,5 19,8 Tec-Dax 2592,21 2506,46 2572,95 2493,58 –3,3 –16,9 3302,94 2128,29 46,96 1,87 67874

3,17 0,78 8,3 8,3 1&1 Drillisch 19,13 17,94 19,03 17,61 –6,2 –21,6 34,48 13,29 0,051x 0,28 6380,87 0,85 28,5 25,6 Aixtron NA 8,00 7,71 7,88 7,60 –3,6 –9,5 11,59 6,01 0,001x 0,00 8161,09 0,77 43,9 39,3 Isra Vision 49,96 49,56 50,20 49,50 –0,8 +27,5 51,20 29,70 0,151x 0,30 1050,84 0,75 11,5 11,5 Jenoptik 14,64 14,72 15,23 14,45 +0,5 –42,2 36,80 12,99 0,351x 2,38 4320,99 0,47 31,7 28,4 New Work 164,00 177,00 178,00 166,00 +7,9 –39,4 380,50 162,00 5,701x 3,22 110,75 0,40 0,0 35,4 Nordex 7,51 7,04 7,63 6,89 –6,2 –41,7 15,75 5,55 0,001x 0,00 5941,25 0,54 26,7 22,3 Pfeiffer Vacuum 138,50 126,60 138,50 125,00 –8,6 –20,4 163,30 104,40 2,301x 1,82 131,48 1,19 71,9 52,8 RIB Software NA 28,60 28,46 28,62 28,46 –0,5 +25,9 29,60 13,75 0,181x 0,63 4771,09 0,67 22,4 19,0 S&T (A) 18,04 16,45 18,48 16,13 –8,8 –22,7 26,18 13,20 0,161x 1,16 321

Internationale Finanzmärkte

Dax im Jahresverlauf (Xetra)

Schluss: 9632,52 30.12.2019: 13249,01 52 Wochen Hoch/Tief: 13795,24/8255,65

Encavis 9,80 9,08Epigenomics NA 1,10 1,07Euromicron NA – –Exceet Group (L) 4,20 4,20Fabasoft (A) 21,50 21,50Ferratum Oyj (FI) 4,55 4,04Fielmann 53,10 50,50First Sensor 38,30 37,90Fortec 12,70 12,90Francotyp-Postalia 3,08 3,12Fuchs Petrolub St. 28,90 27,95Fyber N.V. (NL) 0,278 0,278Gateway Real Est. 4,00 3,96Geratherm Medical 9,20 10,40Gesco NA 12,90 13,14GFT Technologies 7,53 7,25Gigaset 0,283 0,241GK Software 39,80 39,60Global Fashion Grp. (L) 1,16 1,07Godewind Immob. 6,35 6,29Grammer – 16,00H+R 3,75 3,95Hamborner Reit 7,77 7,86Hamburger Hafen 13,37 12,52Hapag-Lloyd NA 63,40 65,20Hawesko 23,70 23,20Heidelb. Druck 0,584 0,548Heidelberg Pharma 5,74 6,06Henkel & Co. 64,00 64,30Highlight Comm. (CH) 3,62 3,74HolidayCheck Gr. 1,31 1,35home24 3,21 2,90Hornbach Hold. 39,10 36,85Hornbach-Baum. 14,95 14,60Hypoport 270,50 261,00Indus Holding 23,00 22,65Init Innovation 19,45 19,95Innogy 43,03 43,00Instone Real 14,40 14,00Intershop Communic. 1,81 1,85

InTiCa Systems 4,54 4,70InVision 12,40 12,00IVU Traffic Techn. 10,55 10,30Jost Werke 20,95 19,76Jungheinrich 13,82 12,66KAP 16,40 14,80Klöckner & Co. NA 3,13 3,22Koenig & Bauer 17,93 16,68KPS NA 5,52 5,42Krones 47,02 48,04KUKA 28,15 27,35KWS Saat 45,35 45,00Leifheit 18,60 19,60Leoni NA 7,07 6,67Logwin NA (L) 125,00 124,00LPKF Laser&Electr. 16,25 15,80Manz 12,14 11,78Masterflex 3,98 3,86MAX Automation 3,15 3,12MBB 48,30 47,60Mediclin 4,08 4,08Medigene NA 4,36 4,31Metro Vz. 8,72 8,34MLP 4,47 4,52Mologen konv. 0,093 –MVV Energie NA 26,50 25,30Nexus 28,60 27,80NFON 9,22 8,90Norma Group NA 15,60 16,30OHB 32,00 34,70OVB Holding 14,60 14,60Paion 1,87 1,77paragon GmbH 9,11 8,52Patrizia 19,70 20,66Petro Welt Techn. (A) 1,77 1,73PNE NA 3,90 3,84ProCredit Holding ° 4,88 5,05Progress 16,30 16,10PSI Software NA 16,80 17,15PVA TePla 8,00 7,75

Qingdao Haier (CN) 0,65 0,666QSC NA 0,972 0,94R. Stahl NA 17,50 15,50Rhön-Klinikum 17,64 17,86ROY Asset Hold. – 0,24SAF Holland (L) 3,66 3,44Salzgitter 11,19 10,74Sartorius St. 205,00 207,00Schaeffler Vz. 5,63 5,32Schaltbau Hold. 24,90 24,20Secunet 118,00 117,00Serviceware 8,44 8,24SFC Energy 9,22 9,00SGL Carbon 2,41 2,39Shop Apotheke (NL) 52,40 49,90Singulus Δ 4,00 3,79Sixt Leasing 17,94 18,58Sixt St. 57,75 50,85Sixt Vz. 37,50 35,15Sleepz 0,138 0,168SLM Solutions Gr. 6,58 7,00SMA Solar Techn. 27,60 25,82SMT Scharf 7,82 7,84SNP 43,35 42,65Softing 5,68 5,36Stabilus (L) 34,36 33,00Steinhoff Intern. (NL) 0,054 0,059Stemmer Imaging 12,30 11,50Stratec 65,10 71,10Ströer & Co. 47,60 43,24STS Group 2,20 2,30Südzucker 12,27 12,18Surteco Group 17,52 18,54Süss MicroTec NA 6,98 6,89Syzygy 5,14 5,24Takkt 6,52 7,05Talanx NA 31,36 30,18technotrans NA 11,40 11,08Tele Columbus NA 2,28 2,26Teles 0,14 0,126

TLG Immobilien 14,86 14,42Traton 13,93 13,04United Labels 0,846 0,814USU Software 13,40 12,35Vapiano 0,896 0,731Va-Q-Tec NA 9,44 8,82Verbio 8,27 7,86Villeroy & Boch Vz. 10,85 11,20Viscom 6,22 6,82Vita 34 NA 10,80 10,25Volkswagen St. 128,00 119,70Voltabox 4,15 4,21Vossloh 30,45 30,80Wacker Chemie 44,79 42,36Wacker Neuson NA 9,88 9,49Washtec 33,50 34,00Westwing Group 3,22 3,41windeln.de konv. 2,28 2,78Wüstenr. & Württemb. 13,96 13,36YOC 2,74 2,78Zeal Network 21,70 22,20zooplus 93,70 101,40

Scale2G Energy 36,10 35,00Artec Technologies 2,20 2,66Beta Systems Software 18,00 19,00Blue Cap 13,20 13,50Cliq Digital 3,10 3,10Consus Real Estate 5,06 4,90cyan 15,14 14,14Daltrup & Söhne 2,05 2,02Datagroup IT Serv. 50,60 48,65Datron 7,40 7,40Delignit 4,80 4,80Deutsche Rohstoff 8,32 8,04Dt. Grundst. Aukt. 11,00 12,90DVS Technology 13,20 13,60Edel 1,52 1,38EQS Group 60,00 60,00

Ernst Russ 0,56 0,52FCR Immobilien 10,50 10,40FinLab 10,85 10,60flatex 22,15 23,30Formycon 20,90 20,10German Startups Gr. 1,22 1,27Heliad Eq.Part. konv. 4,00 3,82HELMA Eigenheimbau 32,40 32,10IBU-Tec Advanced 8,70 8,40JDC Group 4,69 4,80Lloyd Fonds 3,26 3,16MagForce 2,51 2,61Mensch & Maschine 39,70 38,40MIC konv. 1,05 1,03MPC Münchmeyer 1,12 1,17Mutares 8,12 7,89mVISE 1,86 1,90MyBucks (L) 0,60 0,372Mynaric 34,90 34,90Nabaltec 19,60 19,75Nanogate 3,33 3,16Noratis 17,30 17,70Nürnb. Bet. vink. NA 62,50 63,50Nynomic 13,65 13,55Ökoworld NA Vz. 13,45 13,15Pantaflix 1,40 1,42publity 33,20 33,35RCM 1,94 1,90Scherzer & Co. 1,40 1,35The Naga Group 1,01 1,12Tonkens Agrar 3,46 3,44Vectron Systems 6,50 5,80Williams Gr. Prix (GB) 12,10 12,10

Deutsche Börsen

Kurse in Euro / Schweizer Franken

Biotest St. 17,75 18,20Biotest Vz. 18,92 18,50BMW Vz. Δ 38,86 37,40Borussia Dortmund 5,44 5,30Capsensixx 6,65 6,50Ceconomy St. 2,17 1,96Ceconomy Vz. 2,34 2,62Cenit 9,42 8,80Centrotec 10,60 10,58CeWe Stiftung 89,10 83,90Comdirect Bank 12,82 12,82Corestate Capital (L) 28,10 26,95Creditshelf 55,00 56,00CropEnergies 7,65 7,66Data Modul 32,60 33,40Deag Dt. Entert. 3,42 3,65Delticom 2,18 2,89Demire Real Estate 4,64 4,75Dermapharm Holding 36,40 34,82Deutsche Industrie REIT 17,00 16,70Deutsche Konsum REIT 13,80 14,80Deutz 3,46 3,40DFV Dt. Familienvers. 18,50 17,20Dialog Semic. NA (GB) 24,17 24,03DIC Asset NA 9,75 9,31Diebold Nixdorf (USA) 3,99 3,40DMG Mori 40,10 40,00Dr. Hönle 26,50 26,15Drägerwerk St. 56,60 59,20Drägerwerk Vz. 86,20 93,60Dt. Beteiligung 26,55 27,25Dt. EuroShop NA 12,30 11,33DWS Group 23,73 22,11Eckert & Ziegler 143,00 135,80Ecotel Communic. 5,60 5,90EDAG Engineer. (CH) 7,49 7,84Einhell Germany Vz. 42,60 44,40Elmos Semicond. 17,40 17,36ElringKlinger NA 4,42 4,14elumeo 1,29 1,20

26.3. 27.3.Schluss/Kassa 17.41 h

Prime Standard11 88 0 Solutions 1,13 1,143U Holding 1,37 1,254 SC 1,61 1,604basebio 1,45 1,54A.S. Création NA 11,00 11,30Accentro Real Est. 7,70 7,70ad pepper media (NL) 2,52 2,32Adler Modemärkte 2,81 2,82Adler Real Estate – 6,94ADO Properties (L) 16,21 16,05ADVA Optical Net. 5,06 5,15Ahlers NA 1,53 1,62Akasol 32,20 30,17All for One Group 32,20 33,50Alzchem Group 16,60 15,50Amadeus Fire 80,50 77,30Artnet NA 3,00 2,70Atoss Software 135,00 127,00Aumann 7,39 7,25Aves One 7,90 8,10Axel Springer vNA 61,90 56,35B.R.A.I.N. Biotechn. 6,13 6,03Basler 37,45 36,65Bastei Lübbe 1,87 1,92Bauer 10,42 10,72BayWa NA 27,60 30,00BayWa vNA 27,20 28,00BB Biotech NA (CH) 49,72 50,00Beck, Ludwig 26,00 25,80Befesa (L) 26,45 25,25Bertrandt 31,20 30,95Bet-at-home.com 26,40 27,50Bilfinger 15,83 15,00Biofrontera NA 3,01 2,90

Tagesgewinner Veränd. %New Work +7,93ProSiebenSat.1 +2,31CTS Eventim +1,89TeamViewer +1,74

Tagesverlierer Veränd. %Hugo Boss NA –9,94Grenke NA –9,16Hella –9,00S&T –8,81

52-Wochen-Gewinner Veränd. %HelloFresh +201,56Delivery Hero +116,79RIB Software NA +108,50Varta +74,39

52-Wochen-Verlierer Veränd. %K+S NA –66,46Hugo Boss NA –62,96thyssenkrupp –61,58Hochtief –58,27

Statistik (aus dem HDAX)

Europäische BörsenSwisscom NA (CH) 513,60 515,00TechnipFMC (GB) 6,17 5,99Telecom Italia (I) 0,37 0,354Telekom Austria (A) 6,20 6,46Telenet (BE) 26,80 27,26Telenor (N) 12,65 12,61Telia Comp. (SE) 3,25 3,15Tenaris (L) 5,01 5,65Terna (I) 5,35 5,50Tesco (GB) 2,31 2,55Thales (F) 70,72 72,60TomTom (NL) 7,17 6,95Tullow Oil PLC (GB) 0,14 0,13UCB (BE) 67,22 75,70UniCredit (I) 7,98 7,79United Utilities (GB) 8,65 9,53UPM-Kymmene (FI) 23,56 23,52Valeo (F) 16,10 15,80Vallourec (F) 1,05 1,01Veolia Environnem. (F) 19,38 18,90Vestas Wind (DK) 75,50 73,38Vienna Insurance (A) 16,40 16,04Vifor Pharma NA (CH) 132,90 130,65Voest-Alpine (A) 18,18 17,33Volvo B (SE) 10,37 10,36Wärtsilä (FI) 6,58 6,56Wendel (F) 72,95 77,55Whitbread (GB) 32,15 32,76Wienerberger (A) 14,50 14,58Wolters Kluwer (NL) 59,48 59,16WPP (JE) 5,96 5,90Yara (N) 27,02 27,65

Börsenkennzahlen von Bloomberg (Stand 11.00 h). Alle Angaben ohne Gewähr. k.A.=keine Angaben;W = auch im TecDAX enthalten;I = auch im Euro Stoxx 50enthalten;P = auch im Stoxx Europe 50 enthalten; Δ = 1Euro; Die Dividenden sind die letztgezahlten Ausschüttungen in Landeswährung bereinigt um Kapital-maßnahmen. Hochzahl hinter Dividende: Zahl der Ausschüttungen je Jahr; Dividendenrendite: Brutto-Dividendenrendite auf Basis der letztgezahlten Jahresdividende;Das 52-Wochen-Hoch/Tief wird berechnet auf Basis von Tageshoch- und -tiefkursen bereinigt um Kapitalmaßnahmen; Börsenkapitalisierung: Berechnung ausschließlich mit der relevanten Gattung (x Streubesitzfaktor);KGV: Kurs/Gewinnverhältnis auf Basis der Ergebnisse je Aktie vor Goodwillabschreibung. Dividendenrendite und KGV berechnet von vwd auf Basis von Verlaufs- bzw. Schlusskursen am Börsenplatz Xetra bzw. Frankfurt.

52 Wochen 52 Wochen 26.3. 27.3. Veränd. in %

Tief Vergleich Hoch Hoch Tief Schluss 17.41 h 26.3. 31.12.

Deutsche Indizes2517,26 1497,44 F.A.Z. 1820,32 1751,69 –3,8 –28,24002,81 1756,29 F.A.Z.-Auto- und Zulieferind. 2291,09 2154,11 –6,0 –40,0272,98 119,14 F.A.Z.-Banken 163,03 152,29 –6,6 –23,7

6461,83 3882,46 F.A.Z.-Bau und Immobilien 4824,07 4696,23 –2,7 –22,53066,21 1897,42 F.A.Z.-Chemie und Pharma 2196,31 2142,13 –2,5 –28,1577,71 263,87 F.A.Z.-Erneuerb. Energien 375,52 346,83 –7,6 –33,8695,99 270,49 F.A.Z.-Grundstoffe 337,54 324,76 –3,8 –47,5

2032,29 1107,88 F.A.Z.-Handel undVerkehr 1390,72 1303,14 –6,3 –34,77991,54 4692,01 F.A.Z.-IT und Elektronik 5919,18 5666,77 –4,3 –25,12731,25 1642,65 F.A.Z.-Konsum, Medien 2073,02 2000,51 –3,5 –22,81121,00 527,89 F.A.Z.-Maschinenbau 675,66 654,62 –3,1 –38,6

43922,32 22312,37 F.A.Z.-Versicherungen 29661,11 28821,02 –2,8 –29,31152,04 737,98 F.A.Z.-Versorger,Telekom. 863,78 842,55 –2,5 –16,6

13795,24 8255,65 Dax 30 10000,96 9632,52 –3,7 –27,329438,03 17714,91 M-Dax 21426,13 20618,22 –3,8 –27,23302,94 2128,29 Tec-Dax 2592,21 2506,46 –3,3 –16,97699,45 4574,14 H-Dax 5550,97 5343,00 –3,7 –27,9

13088,65 7841,39 S-Dax 9325,16 8961,24 –3,9 –28,41285,55 770,27 C-Dax 934,46 900,28 –3,7 –27,3

13798,10 8292,41 Late Dax 9997,49 9867,59 –1,3 –25,929364,92 17696,56 Late M-Dax 21299,76 21342,42 +0,20 –25,23302,64 2153,57 LateTec-Dax 2587,62 2572,24 –0,59 –15,4

13068,34 7973,14 Late S-Dax 9257,44 9282,41 +0,27 –25,893,30 11,57 VDAX-New 57,24 62,18 +8,6 +338,7

359,99 205,95 DivDax (Perf.) 251,53 241,21 –4,1 –31,65679,57 3386,30 Prime-All-Share 4100,15 3948,63 –3,7 –27,83933,30 2664,30 Tec-All-Share 3215,22 3129,06 –2,7 –15,69896,94 5451,04 Classic-All-Share 6698,55 6429,15 –4,0 –33,02445,22 1555,11 GEX (Preis) 1796,83 1730,05 –3,7 –26,3

Europäische Indizes143,44 84,10 F.A.Z.-Euro 102,67 98,71 –3,9 –27,7235,40 138,06 F.A.Z.-Euro Performance 168,60 162,09 –3,9 –27,5

3867,28 2302,84 Euro Stoxx 50 (Europa) 2847,78 2728,65 –4,2 –27,13539,89 2260,11 Stoxx Europe 50 (Europa) 2725,52 2638,92 –3,2 –22,5421,41 252,89 Euro Stoxx (Europa) 308,87 297,02 –3,8 –26,5433,90 268,57 Stoxx Europe 600 (Europa) 321,38 310,86 –3,3 –25,2

1742,76 1080,01 S&P Euro 350 (Europa) 1297,05 1254,78 –3,3 –25,21182,10 710,47 Euronext 100 (Europa) 881,91 843,39 –4,4 –26,3632,12 389,60 AEX Index (Amsterdam) 482,99 464,93 –3,7 –23,1949,20 469,55 Comp. Index (Athen) 573,35 550,85 –3,9 –39,9

10755,56 6685,93 OMX Index (Helsinki) 7748,14 7501,61 –3,2 –24,0124536,63 81936,40 Nat. 100 Index (Istanbul) 91527,59 88125,04 –3,7 –23,0

1276,39 900,29 OMXC 20 Ind. (Kopenhagen) 1027,87 1019,60 –0,80 –10,23726,67 2396,38 PSI-GERAL (Lissabon) 2789,36 2756,40 –1,2 –18,11562,16 988,42 S&P UK (London) 1171,42 1111,81 –5,1 –26,9

10100,20 5814,50 IBEX 35 (Madrid) 7033,20 6777,90 –3,6 –29,02601,43 1435,72 DJ ItalyTitans 30 (Mailand) 1761,38 1706,31 –3,1 –29,71651,82 808,79 RTS Index (Moskau) 1017,03 955,34 –6,1 –38,36111,41 3632,06 CAC 40 (Paris) 4543,58 4351,49 –4,2 –27,2735,16 473,20 All-Sh. Priceind. (Stockholm) 546,41 529,96 –3,0 –22,2

62009,90 35588,11 WIG Index (Warschau) 41202,98 40886,90 –0,77 –29,33308,91 1622,95 ATX Index (Wien) 2056,49 1987,01 –3,4 –37,7

11270,00 7650,23 SMI (Zürich) 9203,98 8996,37 –2,3 –15,3Übersee Indizes

29568,57 18213,65 Dow Jones (NewYork) 22552,17 21862,59 –3,1 –23,49736,57 6771,91 Nasdaq 100 (Nasdaq) 7897,13 7660,53 –3,0 –12,39838,37 6631,42 Nasdaq Com. (Nasdaq) 7797,54 7566,34 –3,0 –15,73393,52 2191,86 S&P 500 (NewYork) 2630,07 2554,39 –2,9 –20,9

119593,10 61690,50 Bovespa (São Paulo) 77946,20 73623,60 –5,5 –36,745955,41 32646,96 Mexiko SE (Mexiko) 35706,57 34228,83 –5,5 –21,417970,51 11172,73 TSX Comp. Ind. (Toronto) 13371,17 12733,95 –4,8 –25,41748,15 969,08 SET Index (Bangkok) 1091,96 1099,76 +0,71 –30,4

30280,12 21139,26 Hang-Seng (Hongkong) 23254,37 23375,31 +0,10 –17,16636,33 3911,72 Jakarta SE (Jakarta) 4338,90 4545,57 +4,8 –27,83044,38 1701,43 S&P S. Africa 50 (Johannesb.) 2051,54 1989,88 –3,0 –28,99119,27 7491,94 SSE 180 (Schanghai) 7916,41 7953,54 +0,47 –10,42277,23 1439,43 Kospi (Seoul) 1686,24 1717,73 +1,9 –21,81673,79 1095,26 Stoxx Singapore 20 (Singapur)1217,75 1238,72 +1,7 –23,77289,70 4429,10 All Ordinaries (Sydney) 5135,20 4874,20 –5,1 –28,3

12197,64 6203,95 TaiwanWeighted (Taipeh) 9736,36 9698,92 –0,38 –19,224115,95 16358,19 Nikkei 225 (Tokio) 18664,60 19389,43 +3,9 –18,0

Aktien-IndizesHeimatbörse Frankfurt

52Wochen 26.3. 27.3. 27.3. Ver.

Vergleich Dividende Schluss 17.41 h 17.41 h in %

AB Inbev 0,802x 42,40 38,74 38,74 –7,5

ABB NA 0,80F1x 18,37 17,66 – –

Ahold Delhaize 0,302x 20,19 21,28 21,17 +5,8

Air Liquide 2,4091x 109,90 106,90 105,80 –5,3

Amadeus IT 0,562x 46,52 44,20 44,58 –4,4

ASML Hold. 1,052x 249,00 229,50 230,85 –6,2

AstraZeneca 1,464£2x 6882,00 6805,00 75,72 +1,0

AXA 1,341x 16,36 15,49 15,53 –4,8

Banco Santander 0,102x 2,46 2,31 2,30 –6,6

BBVA 0,102x 3,28 3,10 3,10 –5,6

BNP Paribas 3,0251x 30,98 29,88 29,73 –3,6

BP 0,105$4x 337,00 300,85 3,44 –6,9

Brit. Am. Tobacco 0,526£2x 2733,50 2588,00 29,26 –1,1

CRH 0,632x 24,43 23,20 23,29 –1,1

Danone 1,941x 58,56 55,72 56,52 –3,7

Diageo 0,274£2x 2684,00 2512,50 28,23 –4,6

Enel 0,162x 6,28 6,16 6,14 –1,3

Engie 0,752x 10,60 9,85 9,94 –6,2

Eni 0,432x 8,71 8,22 8,50 –2,5

Essilor-Luxottica 2,051x 109,65 102,55 101,45 –6,2

GlaxoSmithKline 0,23£4x 1501,20 1443,00 16,28 –1,8

HSBC Hold. 0,21$4x 497,90 466,55 5,23 –4,0

Iberdrola 0,0271x 9,11 8,83 8,85 +4,1

Inditex 0,442x 24,00 22,99 22,77 –3,6

ING Groep 0,242x 6,00 5,48 5,44 –7,5

Intesa Sanpaolo 0,1971x 1,63 1,57 1,55 –4,3

Kering 3,502x 492,35 479,50 474,55 –1,9

Lloyds Bank.Group 0,011£2x 37,56 34,40 0,39 –4,8

L’Oréal 3,851x 254,60 239,70 237,10 –6,2

LVMH Moët Hen. 2,202x 363,70 341,65 337,85 –6,3

National Grid 0,166£2x 941,70 937,00 10,30 +2,9

Nestlé NA 2,45F1x 98,70 97,44 – –

Nokia 0,054x 2,87 2,68 2,69 –4,0

Novartis NA 2,95F1x 76,92 76,00 – –

Novo-Nordisk AS B 5,35DKK2x 384,00 382,75 51,15 –0,4

Orange 0,302x 11,47 10,94 10,84 –2,4

Philips Electr. 0,851x 35,65 35,31 35,21 –0,2

Prudential 0,14£2x 1084,00 1031,50 11,92 +13

Reckitt Benckiser 0,73£2x 5970,00 6010,00 67,51 +2,8

Relx 0,136£2x 1770,00 1693,50 18,58 ±0,0

Rio Tinto 1,775£2x 3750,00 3528,00 39,50 –4,4

Roche Hold. GS 9,00F1x 297,40 296,65 – –

Royal Dutch Shell A 0,47$4x 15,79 14,58 14,72 –6,2

Safran 1,822x 91,92 87,00 87,12 –3,1

Sanofi S.A. 3,071x 77,70 77,00 76,64 –0,2

Schneider Electr. 2,351x 81,78 79,48 78,90 –5,3

Société Générale 2,2151x 17,68 16,26 16,30 –7,8

Telefónica 0,202x 4,28 4,13 4,09 –4,2

Total 0,664x 33,00 32,25 31,86 –1,7

UBS Group 0,701x 9,53 9,07 – –

Unilever 0,414x 43,24 42,61 42,32 –0,9

Unilever plc. 0,347£4x 4023,50 3931,50 44,05 –2,8

Vinci 0,792x 75,86 71,62 71,54 –5,9

Vivendi 0,5011x 19,27 18,18 18,52 –0,3

Vodafone 0,038£2x 123,60 116,08 1,28 –4,6

Zurich Insur. Grp 19,00F1x 338,00 323,40 – –

Euro Stoxx 50, Stoxx Europe 50

Übersee Börsen

Dow Jones Industrial Average New York (USD)

26.3. 27.3.

Heimatbörse

Abb Vie 73,83 74,14Abbott Labor 75,81 74,97Accenture 171,34 164,37Aflac Inc. 35,77 35,55Agilent Technol. 73,72 71,83Air Products & Chem.201,34 193,99Alibaba 195,32 191,19Allergan 175,54 175,50Allstate 89,50 89,87Altria Group Inc. 36,64 36,34Am. Electric Power 81,80 81,77Am. Intl. Group 27,51 25,71AMD Inc. 47,50 47,25Americ. Tower Reit 222,20 214,56Aon PLC 165,70 163,74Apache Corp. 5,76 5,01Archer-Daniels 34,46 33,76Arconic 17,72 16,50AT&T 30,60 29,92Baker Hughes 12,40 12,03Bank of America 22,72 21,76Bank of N.Y. Mellon 33,00 32,63Barrick Gold 19,58 19,34Baxter Int. Inc. 80,17 79,02Becton D.& C. 219,35 219,12Berkshire Hath. A 276095 270476Berkshire Hath. B 183,90 180,46Blackrock 451,90 432,78Boston Scientific 31,42 30,93BP PLC 24,42 22,89Bristol-Myers Sq. 52,25 53,09Capital One 57,87 55,53Carnival Corp. 17,82 14,61Cdn Pacific Railw. 219,42 210,62Centurytel 9,29 8,90

Charles Schwab 34,16 33,89Chubb Ltd. 109,22 109,65Cigna Corp. 169,54 163,17Citigroup 46,02 44,73Colgate-Palmolive 63,82 65,76ConAgra Brands 27,85 27,11ConocoPhillips 32,09 29,28Corning Inc. 21,81 20,83Crown Castle Intern. 142,47 136,66CVS Caremark 58,31 58,62Danaher Corp. 138,66 138,80Deere & Co. 139,09 133,92Dell Techs 42,54 39,31Dominion Energy 72,44 72,55Duke Energy 81,19 79,80Eaton Corp. 78,25 74,35Emerson Electric 48,80 46,33FedEx Corp. 125,60 120,86Ferrari N.V. 157,18 152,65Ford Motor 5,25 5,11Franklin Resources 18,22 17,80Freeport-McMoRan 6,99 6,41Gap Inc. 8,45 7,82General Dynamics 133,16 130,60General Electric 8,12 7,64General Mills 50,00 51,40General Motors 22,56 21,56Grainger Inc. 249,02 245,00Halliburton 7,05 6,36Harmony G.ADR 2,69 2,40Hershey Co. 132,45 130,90Hess Corp. 36,68 35,02Honeywell Intl. 137,40 132,61HP Enterprise 10,53 9,81HP Inc. 17,94 16,96Illinois Tool Works 150,49 141,99Int. Paper 31,01 30,69Intercont. Exch. 79,82 80,08Johnson Controls 27,00 26,28Kellogg 58,76 57,71Kimberly-Clark 124,01 124,46

Kroger Co. 29,00 29,24Lilly (Eli) 134,35 133,88Lockheed Mar. 350,33 347,49Loews 35,41 33,94Lowe’s 88,11 85,71Macys 5,94 5,49Marsh & McL. 85,86 86,62MasterCard 263,18 247,48Medtronic PLC 91,94 90,42MetLife 32,53 31,61Morgan Stanley 35,71 33,95Newmont Corp. 48,28 47,60Nextera Energy 231,10 230,27Norfolk South. 146,92 143,53Northrop Grumman 321,19 305,12Occidental P. 12,83 11,86Omnicom 56,35 52,26Oracle Corp. 50,48 49,38Parker Hannifin 130,55 119,73PepsiCo 120,26 121,02Philip Morris 71,16 69,31PP&L Res. 24,67 24,66PPG Ind. 89,76 85,62ProLogis 77,69 77,07Raytheon Co.New 155,20 144,37Schlumberger 15,52 14,04Sherwin Will. 466,14 462,57Snap 11,95 11,69Southern Co. 55,14 55,06Sprint Corp. 8,61 8,36State Street 49,42 48,37Stryker 163,33 158,95Sysco 53,48 50,10Target Corp. 96,07 94,72Teva Pharmac. 7,90 7,66Texas Instr. 107,76 100,95Trane Technologies 86,88 83,86Truist Financial 34,28 33,06Twitter 26,41 25,05Union Pacific 142,49 139,89UPS 99,78 97,13

Valero Energy 45,60 45,71Waste Managem. 97,68 94,68Wells Fargo 30,90 29,60Western Digital 44,29 43,31Weyerhaeuser 18,28 17,56Williams Cos. 14,25 14,23Yum! Brands 75,75 69,78

Nasdaq (USD) 26.3. 27.3.

Adobe 322,67 306,00Alphabet Inc. A 1163 1118Amazon.com 1955 1915Ameritrade 35,04 34,99Amgen 198,49 200,10Applied Mater. 49,20 46,12ASML Hold. 275,90 254,16Autom. Data 137,06 130,48Baidu Inc. 101,82 98,74Biogen Inc. 304,94 303,81Booking Hold. 1406 1297Broadcom 243,17 236,08Cerner Corp. 61,04 61,45Cincinnati Fin. 78,72 76,31Cognizant Techn. 49,82 47,29Comcast A 36,74 35,30Costco 292,30 286,72CSX Corp. 58,57 56,00eBay 30,16 30,19Facebook 163,34 156,46Fiserv Inc. 97,69 95,07Gilead Science 73,86 73,92Illumina 274,42 268,47Intuit Inc. 248,39 231,01Intuitive-Surgical 501,47 499,39Kraft Heinz Co 24,77 24,43Liberty Global A 17,54 16,72Marriott Intl. 82,81 81,77Mondelez Intern. 48,90 47,96Netflix 362,99 362,97Northern Trust 75,35 73,36NortonLifeLock 18,73 19,25

NVIDIA Corp. 257,24 255,21NXP Semiconduct. 89,72 83,54Paccar Inc. 60,45 58,94Paychex 65,66 61,45PayPal 100,63 94,23Qualcomm Inc. 68,98 67,28Ryanair 59,29 54,28Starbucks 69,90 65,65T. Rowe Price 101,34 97,63Tesla 528,16 505,45Vertex Pharm. 224,49 219,87Wynn Resorts 71,51 65,49

Hongkong (HKD) 26.3. 27.3.

Bank of China 2,92 2,91BOC (HK) 21,45 21,60CCB 6,24 6,27China Mobile 56,15 56,15China Nat. Offs. Oil 7,55 7,75CK Hutchison 49,85 52,70Hang Seng Bank 131,70 132,30Ping An Insur. 75,75 75,60Sun Hung K.P. 99,90 100,60

Tokio (JPY) 26.3. 27.3.

Canon Inc. 2374 2422Honda Motor 2528 2565Japan Tobacco 1945 2018Mitsub. UFJ Fin. 439 450Mizuho Financ. 134 136Nissan Motor 380 386NTT Docomo 3305 3475Softbank 3778 3887Sony Corp. 6400 6688Sumitomo Mit.Fin. 2883 2935Toyota Motor 6718 7029

Letzte Kursfeststellung um 17.41 Uhr.

Zinsen, Renditen, Terminkontrakte und Indizes

Emissionsrendite Anleihen, Hypothekenpfandbriefe Daten der EZB; Laufzeit in Jahren1-2 2-3 3-4 4-5 5-6 6-7 7-8 8-9 9-10

25.03.2020 0,13 -0,09 0,01 0,06 0,07 0,12 0,15 0,27 0,2526.03.2020 0,11 -0,07 0,01 0,05 0,08 0,10 0,13 0,25 0,24

F.A.Z.-Renten-RenditeRestlaufzeit*) 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Öffentliche AnleihenHoch 52 Wochen 0,21 -0,29 -0,34 -0,22 -0,08 0,07 0,29 0,28 0,50 0,69Tief 52 Wochen -0,67 -0,75 -0,80 -0,76 -0,66 -0,60 -0,53 -0,54 -0,46 -0,6125.03.2020 -0,26 -0,30 -0,35 -0,22 -0,08 0,05 0,04 -0,07 0,07 -0,0426.03.2020 -0,25 -0,29 -0,34 -0,22 -0,08 0,03 0,03 -0,08 0,09 -0,0627.03.2020 -0,28 -0,33 -0,41 -0,29 -0,14 -0,02 -0,03 -0,15 0,05 -0,11Hypotheken- und öffentliche PfandbriefeHoch 52 Wochen 0,12 -0,06 0,14 0,06 0,12 0,46 0,70 1,01 0,88 0,88Tief 52 Wochen -0,46 -0,41 -0,48 -0,51 -0,47 -0,34 -0,32 -0,22 0,01 -0,1925.03.2020 0,11 -0,06 0,00 0,00 0,01 0,46 0,60 0,41 0,35 0,2626.03.2020 0,12 -0,06 -0,01 0,00 -0,01 0,42 0,59 0,40 0,37 0,2627.03.2020 0,11 -0,09 -0,04 -0,05 -0,05 0,36 0,45 0,36 0,34 0,22

*) In Jahren. Die in die Berechnung einbezogenen Papiere haben Restlaufzeiten von einem halben Jahr weniger biszu sechs Monaten mehr als die angegebenen vollen Jahre. – Berechnung vom 31. Oktober 1995 an mit Stückzinsen.

EZB-DatenEZB-Zinsen (ab 16.03.2016)Spitzenrefinanzierung 0,25 %Einlagefazilität –0,50 %Hauptrefinanzierung 0,00 %Mindestreserve (Verzinsung) 0,00 %Hauptrefinanzierungsgeschäft (Refis)7 Tage (fällig 01.04.) 1.055 Mio.; 98 Tage (fällig26.03.) 2.282 Mio.; 91 Tage (fällig 30.04.)547 Mio.; 91 Tage (fällig 28.05.) 808 Mio.Wachstum Euro-Geldmenge M 3Jahresrate 01/2020 5,20 %3 Monats Durchschnitt 01/2020-01/2020 5,20 %Referenzwert für das Geldmengenwachstumder 3 Monats-Jahresrate 4,50 %Notenumlauf im Euro-Raumzum 20.03.2020: 1305 Milliarden Euro.Euro-Inflationsrate 1,20 %

New Yorker GeldmarktUSA Primerate 3,25 %

USA Tagesgeld 0,05 %

Treasury Bills in %

3 Monate 0,00; 6 Monate 0,04; 1 Jahr 0,13;

Renten-Indizes26.03.20 27.03.20Schluss Schluss Rendite

Rex-Gesamt 144,0673 145,0384 -0,5693Rex-Performance 493,9551 497,2790 -0,5693

25.03.20 26.03.20FAZ-Anleihen 111,6300 112,1400 –

Umsätze der dt. Börsealle Kurswert Anteil in %Börsenplätze in Mio. Euro Xetra Parkett

25.03. 26.03. Ffm

Aktien im Dax 30 7415 5748 98,27 0,47Aktien im M-Dax 1516 1217 98,07 0,69Aktien im Tec-Dax 1940 1683 98,30 0,55Terminmarkt (Stand: 17.41 Uhr) P-C-Ratio: 1,12Aktienoptionen Put: 810522 Call: 722040

Leitzinsen im AuslandDänemark 0,00 % (Diskont); Großbritannien 0,10% (Repo-Satz); Japan -0,10 % (Diskont); Kanada0,25 % (Diskont); Norwegen 1,00 % (DepositeRate); Schweiz -0,75 % (Leitzins); Schweden 0,00% (Pensionssatz); USA 0,25 % (Federal FundRate);

Devisenkurse für 1 Euro 27.03.20 Notenpreise für 1 EuroInterbk.kurse (17 Uhr) EZB aus Sicht der Bank

Geld Brief kurs Währung Ankauf Verkauf

1,1068 1,107 1,0977 Am. Dollar* 1,0351 1,16721,8029 1,8039 1,8209 Austr. Dollar* 1,7148 1,92515,6479 5,6559 5,5905 Bras. Real* 5,1453 6,8480,8912 0,8914 0,8974 Brit. Pfund* 0,8593 0,93381,9482 1,9632 1,9558 Bulg. Lew* 1,7311 2,17127,8448 7,8648 7,7894 Chin. Yuan* 6,7506 9,12397,4625 7,4628 7,4606 Dän. Krone* 7,1164 7,87498,5771 8,5821 8,5095 Hongk. Dollar* 7,2016 10,003683,456 83,616 82,8695 Indische Rupie

153,570 154,430 Isländ. Krone 138,930 177,070119,720 119,750 119,360 Jap. Yen* 114,010 128,1601,5567 1,5573 1,5521 Kan. Dollar* 1,4799 1,63997,6119 7,6168 7,614 Kroat. Kuna 6,2001 9,351326,012 26,027 25,8329 Mex. Peso* 20,7245 29,65691,8365 1,838 1,8548 Neus. Dollar* 1,578 2,148511,568 11,571 11,6558 Norw. Krone* 11,209 12,2244,526 4,528 4,5306 Poln. Zloty* 4,0608 5,1805

4,8345 4,8395 4,8375 Rumä. Leu*87,5726 87,5816 86,3819 Russ. Rubel* 77,294 96,10510,9972 11,0002 11,0158 Schw. Kron.* 10,5396 11,69911,0593 1,0596 1,0581 Schw. Franken* 1,0222 1,10271,5806 1,5821 1,5762 Sing. Dollar* 1,3938 1,8352

19,4841 19,4941 19,3415 Südaf. Rand* 17,5158 21,505831,8706 34,3706 Taiwan Dollar 24,9324 41,174935,980 36,050 35,769 Thail. Baht* 28,565 41,74327,294 27,314 27,299 Tsch. Krone* 23,442 29,8627,144 7,147 7,0935 Türk. Lira* 6,7562 7,5035

355,730 355,930 355,650 Ungar. Forint* 301,890 431,840* Interbankenkurse von der Commerzbank, Notenpreise der Deutschen Bank

Intern. Devisenmärkte Anleihen

Intern. WarenmärkteTitel Vortag aktuell ± %

TR/J CRB 134,13 131,45 –1,99S&P GSCI Index (Spot) 266,17 260,96 –1,96DAXglobal® Gold Miners 242,02 228,59 –5,55American Gold Bugs (HUI) 207,56 206,32 –0,60Gold, Spot (€/Unze) 1476,9 1471,2 –0,39Gold, New York ($/Unze) 1651,2 1631,0 –1,22Silber, NY ($/Unze) 14,68 14,57 –0,72Kupfer, NY ($/lb) 2,18 2,17 –0,37

Schalterpreise 26.03.2020 27.03.2020in Euro Ankauf Verkauf Ankauf Verkauf

Barrengold 1kg 46910,00 48490,00 47030,00 48580,00Barrengold 10g 462,90 526,30 464,10 527,201/1 Nugget/Maple/Krüger 1441,30 1596,60 1445,00 1599,501/2 Nugget/Maple/Krüger 720,50 819,10 722,30 820,601/4 Nugget/Maple/Krüger 357,70 415,30 358,70 416,001/10 Nugget/Maple/Krüger 139,80 170,30 140,20 170,601/1 Britannia/Eagle/Philh. 1441,30 1574,30 1445,00 1577,201/2 Britannia/Eagle/Philh. 720,50 819,10 722,30 820,601/4 Britannia/Eagle/Philh. 357,70 415,30 358,70 416,001/10 Britannia/Eagle/Philh. 139,80 171,80 140,20 172,1020-Mark-Stück 330,85 417,58 331,72 418,36Vreneli 261,98 324,72 262,67 325,32Sovereign (neu) 331,10 368,61 331,96 369,291 Dukaten Österreich 152,86 184,47 153,26 184,8120 Pesos Mexiko 669,69 768,91 671,42 770,34Barrensilber 1kg* 407,50 576,20 406,50 572,99Platin Koala 612,74 917,40 619,70 936,28

Stand 11.30 Uhr Quelle: Deutsche Bank, *Degussa Goldhandel

Münzen, Barren

Kurse in Euro

Heimatbörse Frankfurt

52Wochen 26.3. 27.3. 27.3. Ver.

Vergleich Dividende Schluss 17.41 h 17.41 h in %

3M Co. 1,47$4x 136,18 133,73 119,62 –1,7American Express 0,43$4x 93,29 89,25 80,63 –7,3Apple Inc. 0,77$4x 258,44 251,24 226,60 –1,2Boeing Co. 2,06$4x 180,55 167,12 150,10 –8,6Caterpillar Inc. 1,03$4x 110,50 106,77 95,26 –2,9Chevron Corp. 1,29$4x 76,38 71,46 64,02 –3,3Cisco Systems 0,35$4x 40,58 39,41 35,14 –1,5Coca Cola Co. 0,41$4x 44,29 43,17 38,98 –1,2Disney Co. 0,88$1x 105,36 99,09 90,43 –4,3Dow Inc. 0,70$4x 29,68 28,21 25,58 –4,6Exxon Mobil Corp. 0,87$4x 38,82 36,70 33,12 –2,5Goldman Sachs 1,25$4x 165,79 161,15 145,46 –1,8Home Depot 1,50$4x 195,21 190,90 170,90 –2,4IBM 1,62$4x 112,89 109,82 100,55 ±0,0Intel Corp. 0,33$4x 55,54 53,69 48,29 –2,9Johnson & Johnson 0,95$4x 126,57 123,39 111,08 –1,6McDonald’s 1,25$4x 167,35 166,15 149,94 –0,3Merck & Co. 0,61$4x 73,53 72,32 64,80 –0,9Microsoft 0,51$4x 156,11 152,34 137,68 –1,2Morgan (J.P.) 0,90$4x 98,12 91,75 83,05 –4,6Nike 0,25$4x 84,30 83,74 73,00 –4,8Pfizer 0,38$4x 31,75 31,05 28,10 –1,7Procter & Gamble 0,75$4x 107,38 110,11 99,00 +5,5Travelers Comp. 0,82$4x 98,67 99,79 88,14 +1,7United Technologies 0,74$4x 104,64 100,00 89,45 –3,9UnitedHealth 1,08$4x 255,39 241,91 223,75 +1,1Verizon 0,62$4x 53,54 52,57 47,15 –0,5VISA 0,30$4x 168,88 163,12 145,98 –3,5Walgreens Boots 0,46$4x 45,67 44,74 40,72 +0,8Walmart Inc. 0,54$4x 109,82 109,98 99,09 +1,1

UnternehmensanleihenZins- 27.03. 27.03.

Zins Laufzeit termin 17.41 h Rend.

2,25 Adidas 14/26 8.10. 102,53 1,83402 BASF SE 12/22 5.12. 101,21 1,53644,5 Bilfinger 19/24 14.6. 91,37 6,93021 BMW 16/22 15.2. 97,91 2,14842,177 BP 14/21 28.9. 101,53 1,13675,17 Coba 12/28 6.12. 117,30 2,88694 Coba 17/27 30.3. 90,00 5,77773,125 Continental 13/20 9.9. 99,00 5,42441,875 Daimler 14/24 8.7. 99,82 1,91842 Dt. Bahn 12/23 20.2. – –2,375 Dt. Bank 13/23 11.1. 95,73 4,02531,625 Dt. Börse 10/25 8.10. 106,68 0,39932,875 Dt. Post 12/24 11.12. 104,92 1,77280,625 Dt. Telekom 17/24 13.12. – –1,875 Evonik 13/20 8.4. 99,88 7,64855,25 EWE 09/21 16.7. 106,09 0,50815,875 Fraport 09/29 10.9. 136,00 1,71302,875 Fresenius 13/20 15.7. 98,51 8,29642,125 Fresenius 17/27 1.2. 103,08 1,64488 Heid. Druck 15/22 15.5. 84,00 18,05147,5 Heid.Cem. 10/20 3.4. 98,55 –1,5 Heid.Cem. 16/25 7.2. 97,55 2,03472,3 ING-DiBa 12/20 3.4. 100,00 2,27403 JP Morgan 14/26 19.2. 103,52 2,35223 K+S 12/22 20.6. 78,50 15,07552,625 Lanxess 12/22 21.11. 98,76 3,11950,25 Lufthansa 19/24 6.9. 88,50 3,06272,125 Nestlé 13/21 10.9. 102,00 0,72762,375 Peugeot 16/23 14.4. 94,26 4,43526,5 RWE 09/21 10.8. 104,25 3,23571 SAP SE 15/25 1.4. 101,97 0,59913,25 Schaeffler 15/25 15.8. 93,91 4,64971,75 Siemens 13/21 12.3. – –3,125 Talanx 13/23 13.2. 104,54 1,49703,961 Telefonica 13/21 26.3. 102,83 1,06122,75 ThyssenKr. 16/21 8.3. 97,03 6,10272,875 Vier Gas 13/25 12.6. 109,60 0,97224,625 VW 14/26/unb. 24.3. 96,01 –1,75 Würth 13/20 21.5. 92,43 –

Öffentliche Anleihen6,25 Bund v. 94/24 4.1. 126,50 -0,67905,625 Bund v. 98/28 4.1. 149,30 -0,56895,5 Bund v. 00/31 4.1. 166,13 -0,47441,5 Bund v. 13/23 15.5. 107,03 -0,71742 Bund v. 13/23 15.8. 109,38 -0,73421,75 Bund v. 14/24 15.2. 109,68 -0,70461,5 Bund v. 14/24 15.5. 109,15 -0,68152,5 Bund v. 14/46 15.8. 168,88 -0,08220,5 Bund v. 15/25 15.2. 105,82 -0,66890,5 BLSA Nr.47 15/25 5.2. 102,43 -0,00103,75 Hessen 11/21 12.4. 104,22 -0,32520,375 Hessen 16/26 6.7. 100,21 0,34191,25 NRW 14/25 14.3. 106,88 -0,13343,375 KfW 11/21 18.1. 103,06 -0,42512,125 KfW 13/23 15.8. 108,10 -0,26161,25 KfW 16/36 4.7. 115,28 0,2868

Benchmark-Anleihen26.03. 27.03. 27.03. 30.12.19

Laufzeit Rend. Rend. Kurs Rend.

Deutschland2 Jahre -0,65 -0,71 101,40 -0,625 Jahre -0,54 -0,65 103,32 -0,4810 Jahre -0,36 -0,47 104,81 -0,1830 Jahre 0,11 -0,03 100,92 0,32Frankreich2 Jahre -0,58 -0,65 101,25 -0,595 Jahre -0,27 -0,40 102,04 -0,3010 Jahre 0,09 -0,07 100,66 0,1130 Jahre 0,83 0,68 122,31 0,92Großbritannien2 Jahre 0,12 0,13 100,86 0,585 Jahre 0,22 0,22 102,11 0,6510 Jahre 0,39 0,36 145,95 0,7730 Jahre 0,84 0,77 125,19 1,35Japan2 Jahre -0,25 -0,18 100,53 -0,135 Jahre -0,12 -0,11 100,98 -0,1310 Jahre 0,00 0,01 100,92 -0,0230 Jahre 0,42 0,42 99,43 0,41USA2 Jahre 0,31 0,29 100,18 1,595 Jahre 0,49 0,44 100,32 1,7010 Jahre 0,85 0,74 107,25 1,9230 Jahre 1,44 1,31 117,09 2,39

Renditen/KreditzinsenUmlaufrendite der Bundesanleihen27.03.2020 (26.03.20) -0,44 % (-0,32 %)3 bis 5 Jahre -0,69 % (-0,56 %)5 bis 8 Jahre -0,60 % (-0,45 %)8 bis 15 Jahre -0,45 % (-0,32 %)15 bis 30 Jahre -0,11 % (0,01 %)Spareinlagen (3 M Kündigungsfr.): ca. 0,01 %*Private Dispositionskredite etwa 9,28 %*Sparbriefe1 Jahr 0,11 %*2 Jahre 0,17 %*3 Jahre 0,26 %*4 Jahre 0,29 %*5 Jahre 0,40 %*Festgeld bis 5 000 Euro1 Monat 0,08 %*3 Monate 0,08 %*6 Monate 0,09 %*1 Jahr 0,11 %*Ratenkredite bis 5 000 Euro3 Jahre, effektiv etwa 0,00 %*5 Jahre, effektiv etwa 0,00 %*Ratenkredite bis 10 000 Euro3 Jahre, effektiv etwa 0,00 %*5 Jahre, effektiv etwa 0,00 %*

Hypothekarkredite auf Wohngrundstücke (effektiv,100 % Auszahlung): Fest 5 Jahre 0,76 %*; Fest 10Jahre 0,77 %*. *ungefähr: Zinssätze sind instituts-abhängigEurolibor/Libor vom 26.03.2020Euro 3 Mon. -0,2957 6 Mon. -0,2460Dollar 3 Mon. 1,3746 6 Mon. 1,0576Basiszins nach § 247 BGB (01.01.2020) –0,88 %

Terminkontrakte26.03.20 27.03.20Schluss Verlauf

Euro-Bund-Future 171,02 172,75Euro-Bobl-Future 134,64 135,26DAX-Future 10040,00 9641,00S&P500-Future 2608,00 2525,70

in Prozent 26.03. 27.03.

Eonia1 Woche -0,460 -0,4601 Monat -0,460 -0,4603 Monate -0,480 -0,4806 Monate -0,490 -0,49012 Monate -0,500 -0,510

Quelle: DZ Bank AG

Swaps

Nach den kräftigen Kursgewinnen der vergange-nen Tage sind Europas Anleger am Freitag ausFurcht vor der Corona-Pandemie wieder in De-ckung gegangen. Der deutsche Aktienindex gab biszum Handelsschluss um 3,7 Prozent auf 9633 Punk-te nach. „Mit der Flut an negativen Nachrichten istes für viele Anleger schwierig, sich momentan aufAktien zu stürzen“, sagte Milan Cutkovic, Analystbeim Brokerhaus Axi Trader. „Es bestehen jedeMenge berechtigte Zweifel, dass es sich bei den star-ken Pluszeichen der vergangenen Tage schon umden Beginn einer nachhaltigen Erholung handelt.“Obwohl Regierungen und Notenbanken in Rekord-zeit Hilfspakete beschließen, fragen sich nicht nurAnleger, ob die Billionen an Euro und Dollar aus-reichen, sollte es zu einer schweren Rezession samtInsolvenzwelle kommen. Damit die Erholung am

Markt anhalte, seien positive Virusnachrichten un-erlässlich, sagte Robert Greil, Chefstratege bei derPrivatbank Merck Finck.

In der Hoffnung auf frischen Wind bei Pro Sie-ben Sat.1 stiegen Anleger wieder bei der TV-Sen-derkette ein. Die Aktien schossen um bis zu 11 Pro-zent auf 7,50 Euro in die Höhe und waren damitSpitzenreiter im Nebenwerte-Index M-Dax. Nachmonatelangen Querelen setzte das Unternehmenseinen Vorstandschef Max Conze vor die Tür.

Nach der stärksten Rally seit den 1930er Jahrennutzten einige Anleger am Freitag an der WallStreet die Gelegenheit zu Gewinnmitnahmen. DieLeitindizes Dow Jones, Nasdaq und S&P 500 fielenim frühen Geschäft zwischen 3 und 4 Prozent. Zuden Verlierern gehörte Boeing mit einem Kursver-lust von 4,6 Prozent. F.A.Z.

Anleger gehen an Aktienmärkten in Deckung

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Page 33: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

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*Preise vom Vortag / letzt verfügbar

BNP Paribas Real EstateINTER ImmoProfil € 57,58 / 54,84 0,49

PB Balanced €* 52,80 / 50,29 –9,77PB Europa €* 39,05 / 37,19–27,04PB Eurorent €* 55,73 / 54,11 –4,01PB Megatrend €* 106,69 / 101,61–18,32PB Triselect €* 42,38 / 40,36–11,38

C&P Funds (Creutz & Partners)C&P Funds ClassiX €* 50,04 / 48,12–19,10C&P Funds QuantiX €* 102,68 / 98,73–22,11

Cat Dutch Resid II €* 10,25 / 10,25 0,20Cat.Scandia Chance €* 13,13 / 13,13 –0,31Catella Bavaria € 10,87 / 10,35 0,49Catella European R € 14,96 / 14,96 0,40Catella MAX € 19,80 / 18,86 0,48Catella Mod Wohnen € 10,30 / 10,30 0,19Catella Nachh Immo € 11,11 / 10,79 0,75Catella Parken Eur €* 10,99 / 10,47 0,29Catella Wohnen Eur € 10,47 / 10,47 0,29Focus HealthCare €* 8,57 / 8,57 –0,12FocusNordicCities € 1,46 / 1,46 –3,31Immo-Spez-Süddeut. €* 13,15 / 13,15 0,31Multiten. Stiftung €* 13,84 / 13,18 0,08PaRhei Dutch Resid €* 11,69 / 11,69 0,09Sar Sust Prop-EuCi €* 1246 / 1246 –0,18Wirtsch.-reg SüdDE €* 12,00 / 11,43 0,09

Commerz RealhausInvest € 44,53 / 42,41 –0,16

Precious Metal $* 83,33 / 83,33–29,42

DAVIS FUNDS SICAVGlobal A $* 34,72 / 32,72–21,53Value Fund A $* 48,58 / 45,79–23,62

www.deka.de I Tel. 069 / 7147-652Aktfds RheinEdit I €* 84,37 / 82,31–21,95Aktfds RheinEdit oA €* 33,75 / 33,75–22,00Aktfds RheinEdit P €* 42,13 / 40,02–21,97AriDeka CF €* 55,68 / 52,90–22,93ARIDEKA TF €* 140,04 / 140,04–22,98BasisStrat Aktien €* 102,69 / 98,98–21,31BasisStrat Flex CF €* 99,15 / 95,57–15,84BasisStrat Re.TF A €* 92,32 / 92,32 –5,11BerolinaRent Deka €* 38,33 / 36,99 –6,59BW Zielfonds 2020 €* 36,99 / 36,26 –8,32BW Zielfonds 2025 €* 40,57 / 39,77–12,05BW Zielfonds 2030 €* 42,55 / 41,72–16,83Deka-Deut.Bal. CF €* 106,82 / 103,71 –4,72Deka-Deut.Bal. TF €* 102,52 / 102,52 –4,75Deka-Dividen.Rh.Ed €* 79,52 / 76,65–21,92Deka-Dtschl Akt Str €* 81,07 / 77,21–24,53Deka-Eurol.Bal. CF €* 55,20 / 53,59 –5,82Deka-Eurol.Bal. TF €* 106,89 / 106,89 –5,84Deka-Europa Akt Str €* 55,03 / 52,41–22,42DekaFonds CF €* 83,51 / 79,34–25,42DekaFonds TF €* 196,15 / 196,15–25,47Deka-Glob Akt Str €* 32,51 / 30,96–20,19Deka-Global Bal CF €* 99,34 / 96,45 –4,13Deka-Global Bal TF €* 95,37 / 95,37 –4,17Deka-MegaTrends AV €* 1064 / 1064–19,31Deka-MegaTrends CF €* 74,78 / 72,08–19,68Deka-Multi St G PB €* 102,77 / 100,26 –1,02Deka-Nachh ManSel €* 95,07 / 91,63–15,61Deka-PB Defensiv €* 110,30 / 108,14 –5,44Deka-PB Man.Mandat €* 97,31 / 94,48–23,79Deka-PB Multimana. €* 104,45 / 101,41–15,00Deka-Sachwer. CF €* 99,92 / 97,01 –4,56Deka-Sachwer. TF €* 95,15 / 95,15 –4,57DekaSe:Konservativ €* 86,44 / 85,58 –8,08DekaSpezial CF €* 317,31 / 305,84–21,88Deka-Strat.Inv. CF €* 114,47 / 110,33–11,50Deka-Strat.Inv. TF €* 107,70 / 107,70–11,55DekaTresor €* 86,26 / 84,16 –3,55Div.Strateg.CF A €* 131,15 / 126,41–21,65DivStrategieEur CF €* 74,17 / 71,49–21,73DivStrategieEur S €* 75,09 / 73,26–21,68Euro Potential CF €* 111,96 / 107,91–25,71EuropaBond CF €* 116,77 / 113,37 –6,18EuropaBond TF €* 41,27 / 41,27 –6,23EuroRent-EM-Invest €* 44,50 / 42,89–11,84Frankf.Sparinrent €* 50,64 / 49,89 –4,97Frankf.Sparinvest €* 107,25 / 102,14–27,01GlobalChampions CF €* 181,66 / 175,09–16,77GlobalChampions TF €* 161,13 / 161,13–16,82Mainfr. Strategiekonz. €* 147,99 / 147,99–11,88Mainfr. Wertkonz. ausg€* 101,91 / 101,91 –0,31Multi Asset In I A €* 83,77 / 81,33–14,08Multi Asset In S A €* 83,55 / 81,12–14,05Multi Asset In.CFA €* 83,68 / 81,24–14,10Multirent-Invest €* 31,36 / 30,45–13,15Multizins-INVEST €* 30,22 / 29,34 –8,68Nachh Mlt Asset CF €* 90,57 / 87,93–11,77Nachh Mlt Asset TF €* 87,83 / 87,83–11,81Naspa-Akt Glob CF €* 62,30 / 60,34–19,12Naspa-Akt Glob TF €* 89,37 / 89,37–19,16Naspa-Fonds €* 37,64 / 36,72–14,84RenditDeka €* 24,29 / 23,58 –6,21RenditDeka TF €* 30,53 / 30,53 –6,35RentenStratGl TF €* 86,46 / 86,46–12,08RentenStratGlob CF €* 89,67 / 87,06–12,06RentenStratGlob PB €* 88,81 / 87,07–12,05RentSpezHInc9/20CF €* 99,91 / 98,43 –2,91RheinEdition Glob. €* 29,04 / 29,04–17,38Rntfds RheinEdit €* 29,29 / 28,26 –4,46Rntfds RheinEdit oA €* 28,90 / 28,90 –5,06Technologie CF €* 39,61 / 38,18–16,27Technologie TF €* 30,99 / 30,99–16,67UmweltInvest CF €* 127,20 / 122,60–19,85UmweltInvest TF €* 111,73 / 111,73–19,90VAG-Weltzins-INV €* 82,44 / 82,44 –9,45Weltzins-Invest I €* 24,86 / 24,86 –9,93Weltzins-Invest P €* 23,97 / 23,27 –9,88Weltzins-Invest T €* 30,85 / 30,85 –9,98

Deka Intern. (Lux.) (Deka-Gruppe)1822 Str.Cha.Pl. €* 97,27 / 93,53–24,031822 Str.Chance €* 69,53 / 67,18–16,001822 Str.Ert.Pl. €* 45,37 / 44,26 –8,691822 Str.Wachstum €* 49,94 / 48,49–11,581822-Struk. Ertrag €* 42,02 / 41,20 –5,61BasisStr.Renten CF €* 99,70 / 98,71 –5,09BasisStr.Renten TF €* 1279 / 1279 –5,10BasisStrat Re.TF A €* 92,32 / 92,32 –5,11Berol.Ca.Chance €* 50,43 / 48,96–14,00Berol.Ca.Premium €* 56,44 / 54,53–23,54Berol.Ca.Sicherh. €* 41,80 / 40,78 –7,97Berol.Ca.Wachst. €* 38,50 / 37,47–11,84DekaDeNebenwerte CF€* 161,77 / 155,92–23,88DEKA-E.AKT.SPEZ.CF €* 101,24 / 97,58–21,93Deka-Eu.Stocks CF €* 32,88 / 31,69–21,97DekaEuAktSpezAV €* 97,81 / 97,81–21,93DekaEuAktSpezCF(A) €* 142,93 / 137,76–21,84Deka-Europa Neb AV €* 96,93 / 96,93–25,98Deka-EuropaVal.TF €* 38,59 / 38,59–21,47Deka-FlexZins CF €* 959,34 / 954,57 –1,60Deka-FlexZins TF €* 956,16 / 956,16 –1,60DekaGlobAktLRCF(A) €* 160,92 / 155,10–19,89Deka-Indust 4.0 CF €* 126,07 / 121,51–18,17Deka-Indust 4.0 TF €* 118,79 / 118,79–18,22Deka-Inst Zielk CF €* 990,78 / 988,31 –0,05Deka-Inst Zielk TF €* 988,16 / 988,16 –0,05Deka-Mul Asset Ert €* 95,89 / 94,94 –3,39Deka-NachhAkt CF €* 160,38 / 154,58–18,01Deka-NachhRent CF €* 123,70 / 120,68 –9,81Deka-RentEu1-3CF A €* 1076 / 1050 –2,66HMI Chance €* 51,93 / 50,42–18,07HMI Chance+ €* 49,21 / 47,55–19,79HMI Ertrag+ €* 38,24 / 37,49 –5,95HMI Wachstum €* 43,14 / 42,09 –8,30Köln Str.Chance €* 52,61 / 51,58–14,59Köln Str.Ertrag €* 43,15 / 42,30 –8,38Köln Str.Wachstum €* 40,94 / 40,14–11,25KölnStr.Chance+ €* 41,23 / 40,42–23,55Naspa Str.Chan.Pl. €* 85,77 / 84,09–23,45Naspa Str.Chance €* 45,53 / 44,64–16,72Naspa Str.Ertrag €* 45,69 / 44,79 –8,51Naspa Str.Wachstum €* 43,51 / 42,66–12,00UnterStrat Eu CF €* 97,59 / 94,06–21,12Wandelanleihen CF €* 66,34 / 64,41–17,54Wandelanleihen TF €* 61,25 / 61,25–17,58

DWS Cpt DJE Gl Akt €* 270,76 / 257,86–15,86DWS Deutschland €* 166,22 / 158,30–29,46DWS ESG Investa €* 123,59 / 117,70–29,35DWS Europ. Opp LD €* 280,99 / 267,61–26,22DWS Glbl Value LD €* 209,67 / 199,68–25,10DWS Inv.EURSMC LC €* 191,82 / 182,23–29,75DWS Inv.Gl Grow LC €* 90,43 / 90,43–14,27DWS Mlt Asst Inc Kont€* 88,85 / 85,43–15,76DWS Multi Oppor FC €* 224,79 / 224,79–14,42DWS Stiftungsf. €* 44,29 / 43,00–12,01DWS Top Asien €* 162,00 / 155,76–13,60DWS Top Dividen LD €* 109,60 / 104,37–19,12DWS Top Europe €* 118,36 / 113,80–25,98DWS Vermbf.I LD €* 159,11 / 151,53–18,79DWS VermMan-Bal €* 110,17 / 105,93–14,26DWS VermMan-Def €* 99,31 / 96,41 –8,30DWS VermMan-Dyn €* 112,73 / 107,36–18,75DWS Zinseinkommen €* 100,69 / 97,75 –4,73FOS Rend.u.Nachh. €* 107,60 / 104,46–11,42Global Hyb Bd LD €* 35,75 / 34,71–14,99Multi Cred USD LD $* 101,50 / 98,45–11,13Qi LowVol Europe LC €* 116,40 / 110,86–19,33Offene Immobilienfondsgrundb. europa IC: € 41,33 / 39,36 –1,01grundb. europa RC € 41,23 / 39,27 –1,06grundb. Fok Deu RC € 54,89 / 52,28 –1,58grundb. Fokus D IC: € 55,20 / 52,57 –1,54grundb. global IC: € 55,46 / 52,82 –0,81grundb. global RC € 55,09 / 52,47 –0,85

www.dje.lu I [email protected]. 00352 26925220DJE - Concept PA € 109,82 / 104,59–11,41DJE Gold&Stabfd PA F 119,92 / 114,21 –7,25DJE-Ag&Ernährung PA € 122,83 / 116,98–21,86DJE-Alpha Glob PA € 222,94 / 214,37–12,64DJE-Asia Hi Div PA € 186,51 / 177,63 –9,86DJE-Div&Sub P € 391,53 / 372,89–13,57DJE-Europa PA € 295,49 / 281,42–18,25DJE-Gold&Ressou PA € 124,60 / 118,67–16,61DJE-Mittel&Innov PA € 137,92 / 131,35–15,43

[email protected] Comf.Bal. €* 134,73 / 129,55–12,36Gothaer Comf.Dyn. €* 134,88 / 128,46–15,13Gothaer Comf.ErtT €* 124,83 / 121,19 –8,27Gothaer Mlt Sel A €* 127,03 / 122,14–10,78

Gutmann KapitalgesellschaftPRIME Val Growth T € 132,78 / 126,45–11,89Prime Values Inc T € 131,49 / 127,66 –9,19

HANSAINVESTantea - R €* 87,44 / 83,28–14,71Eff-Spiegel Aktien €* 88,20 / 84,00–21,19Eff-Spiegel AnlMix €* 96,92 / 92,30–11,47HANSAertrag €* 28,15 / 27,20–11,32HANSAsmart Sel G €* 46,80 / 44,57–15,03NAT-B Div Deutschl €* 39,26 / 37,39–25,71OLB Zinsstrategie €* 69,50 / 68,81–10,86Strat Welt Secur €* 19,52 / 19,14–12,72Strat Welt Select €* 20,40 / 19,43–13,80TBF Gl Technol $ R $* 112,10 / 106,76–13,38TBF SM. POWER € R €* 39,63 / 37,74–26,59

HANSAINVEST LUX S.A.Interbond €* 109,29 / 105,59 –3,52

www.hauck-aufhaeuser.comAW Stks AlphPls OP €* 45,85 / 43,67 –3,13ERBA Invest OP €* 35,02 / 33,35 –7,90EuroSwitch Bal.Pf. €* 54,66 / 52,31–12,57EuroSwitch Subst. €* 58,72 / 55,92–17,23EuroSwitch WldProf.OP€* 59,36 / 56,53–21,50FFPB Multitre Flex €* 10,01 / 9,53–11,60H&A Akt.Sm.Cap EMU €* 97,88 / 93,22–21,27H&A Dynamik Plus B €* 93,81 / 89,34–17,32

H&A Rend. Pl. CI €* 108,95 / 105,27–11,89H&A Renten Gbl €* 121,85 / 119,46 –6,92H&A Untern. Eur. €* 132,64 / 126,32–14,47H&A Wandel.Eur. A €* 75,59 / 73,39–12,78MB Fd Max Value €* 108,28 / 103,12–31,54MB Fund Flex Plus €* 54,22 / 53,68–13,95MB Fund Max Global €* 73,91 / 70,39–20,16MB Fund S Plus €* 93,82 / 89,35–37,24Millen Glb Opp P €* 224,05 / 217,52–13,93PTAM Bal. Pf. OP €* 59,98 / 57,12–14,71PTAM Def.Portf.OP €* 59,94 / 57,09 –8,58

Telefon +49 89 287238-0www.hellerich.de, [email protected] A € 695,11 / 662,01–12,44Sachwertaktien A €* 169,14 / 161,09–17,96

www.hwb-fonds.com | [email protected] +49 651 1704 301 | +352 48 30 48 30HWB Alex.Str.Ptf R €* 74,69 / 71,13 –6,67HWB Alex.Str.Ptf V €* 74,72 / 71,16 –6,66HWB DfdsV.V.Vici R €* 57,66 / 55,98 –0,99HWB DfdsV.V.Vici V €* 57,65 / 55,97 –1,01HWB Europe Pf. €* 4,43 / 4,22 –4,32HWB Glb.Conv.Plus €* 84,91 / 82,44 –8,48HWB Inter.Pf. €* 4,58 / 4,36 1,40HWB Pf. Plus CHF F* 63,48 / 60,46 –3,55HWB Pf. Plus R €* 92,80 / 88,38 –3,64HWB Pf. Plus V €* 92,78 / 88,36 –3,63HWB Vict.Str.Pf. R €* 1275 / 1214 –0,66HWB Vict.Str.Pf. V €* 1276 / 1215 –0,66HWB Wdelan + R €* 47,05 / 45,68 –8,39HWB Wdelan + V €* 47,05 / 45,68 –8,41

IFM Independent Fund Management AGACATIS FV Akt.Gl. €* 195,49 / 186,18–32,94

INKA Intern. KapitalanlagegesellschaftAktien Welt €* 41,02 / 39,07–18,42DuoPlus V €* 81,87 / 81,87–15,11HiYld Spez INKA €* 8903 / 8479–17,91INKA Tertius €* 1134 / 1060–33,10StSk. Dü. Abs. Ret. €* 115,65 / 110,14 –7,23

www.ipconcept.com I Die Fonds-DesignerME Fonds PERGAMONF€ 605,87 / 577,02–19,29ME Fonds Special V € 2486 / 2368–17,86Multiadv-Esprit € 129,53 / 123,05–15,70Multiadv-Priv. Inv € 323,40 / 308,00–12,07PVV CLASSIC € 40,71 / 40,71–14,98PVV Effizienz Inv € 40,90 / 40,90–15,99

Deka Immobilien InvestmentDeka Immob Europa €* 49,16 / 46,70 0,17Deka Immob Global €* 57,24 / 54,38 –0,04Deka-Immob Nordam. $* 56,28 / 54,25 0,18WestInv. InterSel. €* 50,01 / 47,51 0,02

Deka-Vermögensmanagement GmbHDeka-BasAnl Def €* 95,35 / 95,35 –1,75Deka-BasAnl Z A100 €* 92,31 / 90,50–10,79Deka-BasisAn D A30 €* 95,99 / 94,11 –7,73Deka-BasisAn D A50 €* 95,54 / 92,76 –9,89Deka-BasisAn D A70 €* 95,27 / 91,61–11,60Deka-BasisAnl A100 €* 148,16 / 141,10–21,49Deka-BasisAnl A20 €* 100,16 / 98,20 –6,78Deka-BasisAnl A40 €* 104,48 / 101,44 –7,99Deka-BasisAnl A60 €* 111,70 / 107,40 –9,27Deka-MM ausgew CF €* 94,43 / 91,46–15,37Deka-MM defensiv CF €* 95,51 / 92,73–13,17Deka-PB Wert 4y €* 106,13 / 103,54 –3,64Deka-PfSel ausgew €* 91,00 / 88,35–14,36Deka-PfSel dynam €* 88,70 / 86,12–18,30Deka-PfSel moderat €* 92,96 / 91,14 –9,90DekaStruk.5Chance €* 139,43 / 136,70–15,79DekaStruk.5Chance+ €* 201,47 / 197,52–24,18DekaStruk.5Ertrag €* 96,40 / 94,51 –5,48DekaStruk.5Ertrag+ €* 97,54 / 95,63 –8,22DekaStruk.5Wachst. €* 100,61 / 98,64–11,08Hamb Stiftung D €* 893,62 / 876,10 –9,13Hamb Stiftung I €* 826,21 / 810,01 –9,13Hamb Stiftung P €* 83,51 / 80,30 –9,15Hamb Stiftung T €* 103,43 / 99,45 –9,15Haspa TrendKonz P €* 94,65 / 91,01 –3,81Haspa TrendKonz V €* 99,87 / 96,03 –3,78Keppler Gl Val-Inv €* 27,65 / 26,33–22,90Keppler-EmMkts-Inv €* 29,88 / 28,46–21,08LBBW Bal. CR 20 €* 41,30 / 40,49–10,40LBBW Bal. CR 40 €* 44,57 / 43,70–13,17LBBW Bal. CR 75 €* 49,82 / 48,84–17,82Priv BaPrem Chance €* 118,55 / 111,84–14,79Priv BaPrem Ertrag €* 50,12 / 48,19 –5,92

www.dws.de I Tel. 069 - 91 01 23 [email protected] I Fax 069 - 91 01 90 90Deut.Inv.China Bds €* 113,99 / 110,57 –2,91Deut.Inv.EMC LC $* 145,45 / 141,08–15,54Deut.Inv.Gl.B.LDHP €* 87,73 / 85,10 –6,09Deut.Inv.I Conver. €* 160,10 / 155,30–10,29Deut.Inv.I EU B Sh €* 147,51 / 143,09 –2,27Deut.Inv.I EU CO B €* 158,16 / 153,41 –9,47Deut.Inv.I Top Div €* 194,07 / 184,36–17,82Deut.Inv.I Top Eu. €* 179,24 / 170,27–21,63Deut.Inv.IGlblEqLC €* 219,52 / 208,55–18,11Deut.Inv.IH.YLD C. €* 138,43 / 134,28–16,11Deut.Inv.II EuT.Di €* 144,81 / 137,57–20,13Deut.Inv.II UST.Di €* 184,32 / 175,10–20,30DI LowVol Wld LC €* 119,97 / 113,97–16,67Dt Float R.Nts LC €* 81,77 / 80,95 –3,77DWS Akkumula €* 1099 / 1047–18,90DWS Akt.Strat.D €* 308,22 / 293,53–29,67DWS ALPHA Rent.Gl. €* 128,27 / 125,75 –3,29DWS Co.Kaldemorgen €* 144,90 / 137,65 –9,90

DJE-Renten Glob PA € 144,82 / 141,98 –2,17DJE-Sht Term Bd PA € 114,91 / 113,77 –2,46DJE-Zins&Divid PA € 145,01 / 139,43 –7,26D-RentSp EM 3/2021 €* 94,61 / 93,21 –8,72LuxTopic-Akt Eu B € 1081 / 1081 –3,23

www.ethenea.comTelefon 00352-276921-10Ethna-AKTIV A € 125,76 / 122,10 –9,51Ethna-AKTIV T € 132,05 / 128,20 –9,51Ethna-DEFENSIV A € 128,64 / 125,50 –9,35Ethna-DEFENSIV T € 158,48 / 154,61 –9,35Ethna-DYNAMISCH A € 77,95 / 74,24 –9,62Ethna-DYNAMISCH T € 81,02 / 77,16 –9,62

First Private Invest. Manag. KAG MBHFP Aktien Global A €* 83,55 / 79,57–29,33FP EuroAkt.Staufer €* 74,69 / 71,13–29,04FP Europa Akt.ULM €* 65,50 / 62,38–30,57FP Wealth B €* 59,20 / 57,48–22,10

www.flossbachvonstorch.deTel. +49 221 33 88 290Bond Opport R €* 130,53 / 126,73 –7,06Curr Diversif Bd R €* 95,97 / 93,17 –6,23Der erste Schritt R €* 109,17 / 108,09 –2,57Dividend R EUR €* 140,97 / 134,26–16,22Fundament RT €* / 163,63–15,97Global Conv Bond R €* 139,64 / 132,99 –9,25Global Quality R €* 198,79 / 189,32–16,01MuAsset-Balanced R €* 157,47 / 149,97–10,39MuAsset-DefensiveR €* 132,02 / 128,17 –8,58MuAsset-Growth R €* 175,44 / 167,09–11,41Multiple Opp II R €* 143,01 / 136,20 –9,22Multiple Opp R €* 260,02 / 247,64 –9,19

Fonds Direkt SicavSkyline Dynamik € 147,40 / 147,40–24,89

www.franklintempleton.de I [email protected] I Tel. 0800 / 073 80 02FRK Gl.Fd.Stra.A d €* 9,77 / 9,26–16,08FRK India Fd. A d €* 46,73 / 44,28–34,59FRK Mut.Europ. A a €* 15,68 / 14,86–27,14TEM East.EuropeA a €* 19,29 / 18,28–31,96TEM Em.Mkts Bd A d €* 5,01 / 4,86 –9,43TEM Front.Mkts.A a $* 13,13 / 12,44–28,65TEM Gl.Bd. A d €* 14,61 / 14,17 –4,70TEM Gl.Tot.Ret AYd €* 6,82 / 6,62 –6,86TEM Gr.(Eur) Aa €* 15,31 / 14,51–18,00TEM Gr.(Eur) Ad €* 15,26 / 14,46–18,02

LM RARE EM Infr X€ €* / 63,39–31,97LM WA EM LCDpt AU$$* / 90,44 –1,11LM WA Gl HY A Euro €* / 97,81–16,91MC As L-T Unc M€da € / 13,54–15,24MC Eur.Abs.a A (PF) €* / 85,03–17,73QS Em Mk Eq At €* / 83,98–23,36QS MV EuEq GIF At €* / 146,61–23,19QS MV GlEq GIF At $* / 142,31–23,06QSInvMA EUBl Aa(A) €* / 101,65–14,03QSInvMA EuConAa(A) €* / 102,49–10,93QSInvMA EUPrfAa(A) €* / 101,06–16,60QSMV APexJ EqGIFAt €* / 104,66–17,95RARE Infr Val A€A €* / 10,26–24,15Roy.USSCapOp At $* / 123,18–34,35Royce US SmCo At $* / 127,86–29,10WA Asian Op At €* / 212,42 –7,93WA ECore+Bd Aa(D) €* / 107,27 –6,63WA Em Mk TRB At H €* / 117,94–15,18WA EmMkt CorpBd At $* / 100,36–15,25WA Eur HY A a(D) €* / 84,69–19,26WA Gl Credit At(H) €* / 118,10 –9,66WA Gl M St Aa(M) H €* / 74,87–15,58WA GlCore+Bd Aa(A) $* / 100,44 –6,72WA Inf.M. Aa(A) $* / 118,95 –5,67WA Macro OpBd Aa €* / 94,14–15,05WA Multi-Asset Cr. A €* / 86,94–20,59WA ShD BChip At H €* / 95,39 –4,06WA ShD HI BF AtH €* / 115,92–17,03WA US Cor+Bd At $* / 157,77 –7,49WA US CorBd At $* / 142,16 –4,39WA US Gov.Liq A $* / 109,60 0,05WA US HY Aa(D) $* / 66,45–19,50Weitere Anteilsklassen und Fonds unterwww.LeggMason.de

LRI Invest S.A.Gul.Dem.Sicherheit €* 109,47 / 106,80–11,19Gul.Dem.Wachstum €* 122,38 / 122,38–14,57LBBW Alpha Dyn. T €* 53,73 / 51,17–18,66LBBW Bond Sel. T €* 63,91 / 62,05 –4,33LBBW Equity Sel. I €* 83,16 / 83,16–19,74LBBW Equity Sel. T €* 73,41 / 69,91–19,61LBBW Glb.Rsk.Par.T €* 49,11 / 47,68–12,45LBBW Opti Re. A €* 50,69 / 49,94 –3,68LBBW Opti Ret.T €* 51,91 / 51,14 –3,69M&W Capital €* 58,76 / 56,50–21,29M&W Privat C €* 124,75 / 119,95–13,29NW Global Strategy €* 81,97 / 78,07–17,21

www.lvm.de I Tel. (0251) 70249Euro-Kurzläufer €* 28,43 / 28,34 –1,80Europa-Aktien €* 20,11 / 19,10–23,50Euro-Renten €* 36,80 / 35,70 –6,52Inter-Aktien €* 26,88 / 25,54–17,12Inter-Renten €* 35,44 / 34,38 –5,09ProBasis €* 28,55 / 27,55 –9,97ProFutur €* 26,90 / 25,96–17,78

PVV Untern. Plus € 42,71 / 42,71–14,94

[email protected] I Tel. 069-7104110Leading Cities Inv € 113,35 / 107,44 0,19

www.LBBW-AM.de I [email protected]. Str. Eurol. R €* 30,88 / 29,41–31,64Multi Global R €* 92,75 / 90,05–16,06RentaMax R €* 66,51 / 64,26 –9,78Rohstoffe 1 R €* 23,21 / 22,10–26,68RS Flex R €* 40,70 / 39,32 –6,35RW Rentenstrategie €* 113,54 / 112,42 –8,37W&W Int Rentenfds €* 52,35 / 50,53 –2,23

Legg Mason Dublin FundsLegg Mason Global Funds PlcBW Gl Def. HY S(IH) €* / 79,91–15,87BW Gl Dyn.US Eq. A $* / 110,52–22,48BW Gl Fi In Prt €* / 136,88–12,81BW GlCredOp A €* / 88,03–17,43BW GlFixIn AbRe Ah €* / 88,30 –9,24BW GlSovCred A $* / 89,35–14,82CB TacDivInc At $* / 96,88–28,49CB US Ag Gr At $* / 170,15–21,71CB US Appr At $* / 198,16–19,74CB US Eq Sust.L A(A) $* / 151,09–18,85CB US LCapGr At $* / 275,74–16,44CB Value At $* / 86,68–25,36EnT Gl Alt Inc Str A €* 84,96 / 84,96–13,39LM BW GlIncOpt A € €* / 98,34 –8,95

Telefon 089/2489-2489Dividende A €* 41,15 / 39,19–27,72EM Rent Nachh. €* 48,14 / 46,29 –9,89ERGO Vermög Ausgew€* 48,52 / 46,43–15,16ERGO Vermög Flexi €* 46,61 / 44,39–17,82ERGO Vermög Robust €* 51,01 / 49,05 –9,00EuroBalance €* 51,44 / 49,46–11,62EuroCorpRent A €* 53,28 / 51,48 –9,24EuroErtrag €* 63,95 / 61,79–14,09EuroFlex €* 43,05 / 42,62 –4,25EuroInvest A €* 69,83 / 66,50–30,12EuroKapital €* 39,50 / 37,62–16,83EuroRent A €* 30,69 / 29,65 –6,25FairReturn A €* 54,10 / 52,52 –9,27Glb Real Est Val A €* 38,58 / 37,46GlobalBalance DF €* 60,27 / 57,95–13,12GlobalChance DF €* 52,78 / 50,27–23,33Nachhaltigkeit A €* 91,58 / 87,22–27,42ProInvest €* 144,12 / 137,26–27,52VermAnlage Komfort €* 57,82 / 55,86 –9,23VermAnlage Ret A €* 64,36 / 61,88 –8,16

Meridio FundsGreen Balance P € 98,65 / 93,95–21,01

Metzler Asset Management GmbHRWS-Aktienfonds €* 73,80 / 70,29–14,21RWS-DYNAMIK A €* 27,01 / 25,72–20,33RWS-ERTRAG A €* 14,74 / 14,31–10,06

MK Lux S.A.Plutos Edelm&Rohst €* 34,73 / 34,73–17,72Plutos MultiChan €* 70,57 / 70,57–11,30Plutos MultiChan I €* 111,31 / 111,31–10,15Plutos T-VEST Fund €* 47,64 / 47,64–21,11

Monega Kapitalanlageges.mbHAI Leaders €* 88,16 / 88,16–14,90ARIAD Active All I €* 76,41 / 76,41–29,85ARIAD Active All R €* 34,87 / 34,02–29,79ASVK Subst&Wachst €* 39,21 / 37,34–21,36Barmenia Nachh.Bal €* 51,17 / 50,17–13,20Barmenia Nachh.Dyn €* 51,51 / 50,50–17,88Bueno Gb. Strategy €* 45,02 / 45,02–12,37C-QUAD Qua.Eu Fl I €* 84,93 / 84,93–13,48C-QUAD Qua.Eu Fl R €* 43,53 / 42,26–13,54C-QUAD Qua.Gl Fl I €* 87,38 / 87,38–14,46C-QUAD Qua.Gl Fl R €* 44,77 / 43,47–14,49DEVK Anlageko Re €* 48,52 / 47,57–13,82DEVK Anlagekon RMa €* 45,89 / 44,55–22,04DEVK Anlkon RenPro €* 47,14 / 45,99–18,17Equity for Life I €* 82,45 / 82,45–22,73Equity for Life R €* 42,60 / 41,36–22,73FairInvest I €* 44,30 / 44,30–19,31FO Core plus €* 98,20 / 98,20 –7,96Greiff Syst All I €* 94,48 / 94,48–10,34Greiff Syst All R €* 96,67 / 93,85–10,36Guliver Demo. In.R €* 108,52 / 103,35–18,45Guliver Demo.In.I €* 100,21 / 100,21–18,41HQAM G.Eq.DM4. (I) €* 85,54 / 85,54–19,59HQAM G.Eq.DM4. (R) €* 42,52 / 42,52–19,61Innovation I €* 45,45 / 45,45–20,58L&P Val EM SmCap I €* 33,87 / 33,87–26,05L&P Val EM SmCap R €* 34,78 / 33,77–26,19Landert Active Eq €* 44,50 / 44,50–23,56Landert Bond Opp I €* 47,21 / 47,21 –8,11Landert Bond Opp P €* 56,18 / 54,54 –8,25Lazard Global Corp €* 93,83 / 93,83–11,63Lupus alpha R I €* 114,23 / 109,84 –6,36Lupus alpha R R €* 54,80 / 52,69 –6,42Monega BestInvEURA €* 52,41 / 49,91 –7,88Monega Chance €* 35,50 / 33,97–16,87Monega Dä.C.B.LDR €* 48,77 / 48,05 –6,58Monega Dän.Co.Bds €* 99,05 / 99,05 –4,20Monega Dän.Co.BdsI €* 100,00 / 100,00 –6,55Monega Dän.Co.BdsR €* 50,03 / 49,29 –4,21Monega Ertrag €* 57,26 / 55,32 –7,34Monega Euro-Bond €* 53,54 / 51,98 –5,12Monega Euroland €* 35,97 / 34,75–21,70Monega FairInv.Akt €* 45,24 / 43,09–19,33Monega Germany €* 62,58 / 60,46–22,86Monega Glob Bond I €* 102,82 / 102,82 –5,70Monega Glob Bond R €* 51,64 / 49,89 –5,72Monega Innovation €* 57,48 / 55,54–20,61Monega Mi.&Im.F.I €* 101,18 / 100,18 0,12Monega Mi.&Im.F.R €* 51,57 / 50,07 0,06Monega Rohstoffe €* 32,67 / 31,41–19,73PRIV ETF-DAk gl(I) €* 94,49 / 94,49 –4,80Privacon ETF Akt I €* 98,74 / 98,74–17,53Privacon ETF Akt I €* 81,57 / 81,57–27,48Salomon Strategy €* 44,17 / 44,17–13,88Sentiment Ab.R.(I) €* 92,07 / 92,07 –7,82Sentiment Ab.R.(R) €* 45,87 / 44,75 –7,86Short Tra.SGB A €* 45,78 / 45,33 –1,24Sparda OptiAnAusEA €* 47,02 / 46,10–11,13SWuK Prämienfond C €* 83,36 / 83,36–13,70Top Dividend €* 43,63 / 41,55–26,91Top Dividend T €* 49,11 / 46,77–26,97Tresono – Aktien E €* 1067 / 1067–22,45Tresono – Rent Int €* 815,49 / 815,49 –7,76VM Sterntaler €* 134,34 / 129,17–13,47VM Sterntaler II €* 105,90 / 101,83–13,35VM SterntalerEurol €* 106,88 / 102,77–17,80WahreWerteFonds I €* 102,09 / 102,09 –7,96WahreWerteFonds R €* 49,49 / 47,59 –8,43WGZ Corporate M R €* 93,30 / 91,92–11,69WGZ Mittelst.-Rent. €* 89,91 / 89,91–11,68

MultiSelectMS Welt-Aktien I €* 104,46 / 99,49–20,07

LiLux Convert €* 210,15 / 204,03–12,03LiLux-Rent €* 205,46 / 199,48–12,56

Nomura Asset Management DeutschlandAsia Pacific €* 135,25 / 128,81–21,06Asian Bonds €* 69,36 / 67,34 –6,75Real Protect €* 94,39 / 92,54 –2,77Real Protect R €* 92,13 / 90,32 –2,79Real Return €* 583,47 / 572,03 –3,42

am.oddo-bhf.comAlgo Global DRW-€ €* 90,15 / 85,86–23,21Basis-Fonds I €* 134,46 / 134,46 –3,35DC Value One I(t) €* 178,12 / 178,12–11,01DC Value One P(t) €* 167,29 / 159,32–10,85ETFplus Portf Balan €* 60,06 / 58,31 –7,66EURO ShTm Bd FT DR€* 97,48 / 96,51 –3,85FMM-Fonds €* 461,61 / 439,63–13,88FT EuroGovernm. M €* 53,86 / 52,29 –2,69KapitalPrivatPortf €* 51,86 / 49,39 –8,87O.BHF € ShTe Bd FT €* 111,74 / 110,63 –3,85O.BHF AlgoEur CRW €* 255,99 / 243,80–23,67O.BHF AlgoGlob CRW €* 58,31 / 55,53–23,21O.BHF FRA EFF €* 172,57 / 164,35–23,07O.BHF Green Bd CR €* 308,88 / 299,88 –6,30O.BHF MoneyMark CR €* 69,60 / 69,60 –0,09O.BHF MoneyMark DR€* 47,98 / 47,98 –0,10O.BHF MoneyMark G €* 4965 / 4965 –0,08Polaris Mod DRW-€ €* 65,56 / 63,65 –7,96Portf Opportunity €* 67,11 / 63,91–10,90S&H GlobaleMaerkte €* 54,21 / 51,63–14,94Sch&Ptnr Glob Def €* 61,61 / 58,68 –9,04Schmitz&PtnrGloOff €* 53,20 / 50,67–10,17Substanz-Fonds €* 1016 / 986,74–15,39Vermögens-Fonds €* 696,29 / 676,01–13,83Westfalicaf. Ak.Re €* 55,94 / 55,39–10,10

ODDO BHF Asset Management Lux.BHF Flex. Alloc.FT € 72,74 / 69,28–12,28BHF Flex. Ind. FT € 66,75 / 64,81–12,80BHF Rendite P.FT € 51,69 / 50,18 –8,24Grand Cru € 147,53 / 146,07–16,04Grand Cru (CHF) F 106,65 / 105,59–16,02O.BHF POLARIS BAL € 70,40 / 68,35–13,91O.BHF POLARIS DY € 74,11 / 71,95–12,36ODBHF Em.Co.Dem.CR € 74,04 / 70,51–15,91SMS Ars selecta € 43,26 / 41,60–15,75

www.oekoworld.deGrowing Mkts 2.0 € 146,98 / 139,98–20,92Klima € 78,46 / 74,72–14,35Öko Rock‘n‘Roll € 147,37 / 140,35–12,81ÖkoVision Classic € 182,41 / 173,72–14,76Water For Life C € 159,80 / 152,19–21,39

SEB Conc. Biotech. €* 95,15 / 94,21–11,77SEB Euro.Eq.Sm.Cap €* 268,68 / 266,02–26,08SEB Gl.Chance/Risk €* / 1,27–21,22SEB TrdSys®Rent.I €* / 55,09 –2,38SEB TrdSys®Rent.II €* 57,57 / 55,62 –2,44

www.starcapital.de I 0800 - 6941900SC Argos € 131,90 / 128,06–11,26SC Lo/Sh Allocator € 138,93 / 134,88 –6,42SC Priamos € 140,30 / 133,62–18,24SC Strategy 1 € 133,95 / 130,05–14,54

UBS Funds Services Lux S.A.UBS (L) EM Eq P AA $* 96,97 / 94,15–23,93UBS (L) EM Eq P XA $* 102,11 / 99,14–23,89UBS (L) GCB AD T2 €* 143,04 / 138,87–14,31

www.union-investment.deTel. 069 589 98-6060Geno AS:1 €* 78,01 / 75,74–15,49Priv.Fonds:Flex. €* 94,67 / 94,67 –7,22Priv.Fonds:FlexPro €* 114,13 / 114,13–12,05PrivFd:Kontr. €* 121,44 / 121,44 –8,82PrivFd:Kontr.pro €* 138,02 / 138,02–11,46Uni21.Jahrh.-net- €* 29,13 / 29,13–20,26UniDeutschl. XS €* 147,24 / 141,58–22,21UniDeutschland €* 165,96 / 159,58–23,80UniEu.Renta-net- €* 54,47 / 54,47 –5,06UniEuroAktien €* 61,65 / 58,71–21,67UniEuropa-net- €* 60,19 / 60,19–19,22UniEuroRenta €* 67,29 / 65,33 –3,19UniEuroRentaHigh Y €* 31,54 / 30,62–16,06UniFav.:Akt. -net- €* 82,98 / 82,98–19,17Unifavorit: Aktien €* 137,36 / 130,82–19,15UniFonds €* 45,23 / 43,08–21,45UniFonds-net- €* 64,49 / 64,49–21,47UniGlobal €* 221,61 / 211,06–18,63UniGlobal-net- €* 127,18 / 127,18–18,59UniJapan €* 50,59 / 48,18–12,80UniKapital €* 107,61 / 105,50 –4,60UniKapital-net- €* 38,53 / 38,53 –4,22UniNachhaltig A Gl €* 98,84 / 94,13–19,38UniNordamerika €* 313,02 / 298,11–19,56UnionGeldmarktfds €* 47,66 / 47,66 –0,77UniRak €* 117,31 / 113,89–15,62UniRak Kons.-net-A €* 105,12 / 105,12–11,67UniRak Konserva A €* 108,50 / 106,37–11,65UniRak -net- €* 61,36 / 61,36–15,65UniRenta €* 21,08 / 20,47 –1,59UniSel. Global I €* 67,51 / 65,54–23,28UniStrat: Ausgew. €* 58,25 / 56,55–14,35UniStrat: Dynam. €* 47,00 / 45,63–19,30UniStrat: Konserv. €* 66,62 / 64,68 –9,51UniStrat:Offensiv €* 44,26 / 42,97–22,64

Union Investment LuxemburgAktien Europa A €* 90,38 / 86,08–20,41PrivatFonds: Nachh €* 50,56 / 50,56 –8,13PrivFd:Konseq. €* 95,80 / 95,80 –1,05PrivFd:Konseq.pro €* 106,16 / 106,16 –8,07Uni.Eur. M&S.Caps €* 42,09 / 40,47–27,26UniAbsoluterEnet-A €* 41,56 / 41,56 –7,37UniAbsoluterErt. A €* 42,15 / 41,32 –7,32UniAsia €* 67,90 / 64,67–15,92UniAsia Pac.net €* 114,74 / 114,74–18,64UniAsia Pacific A €* 116,43 / 111,95–18,62UniAusschü. net- A €* 42,34 / 42,34–19,78UniAusschüttung A €* 42,80 / 41,55–19,75

UniCommodities €* 35,99 / 34,28–19,41UniDividAss net A €* 44,40 / 44,40–21,21UniDividendenAss A €* 46,46 / 44,67–21,19UniDyn.Eur-net A €* 53,07 / 53,07–17,11UniDyn.Europa A €* 90,32 / 86,85–17,08UniDyn.Gl.-net- A €* 39,30 / 39,30–17,02UniDynamic Gl. A €* 64,33 / 61,86–16,98UniEM Fernost €* 1305 / 1243–27,01UniEM Osteuropa €* 1641 / 1563–28,61UniEMGlobal €* 75,71 / 72,10–25,84UniEuRe Corp A €* 48,78 / 47,36–11,05UniEuRe Emerg Mkt €* 41,28 / 40,08–15,62UniEuRe Real Zins €* 59,29 / 57,56 –9,01UniEurKap Corp-A €* 35,33 / 34,64 –6,98UniEurKap.Co.net A €* 35,25 / 35,25 –7,00UniEuroAnleihen €* 56,32 / 54,68 –6,74UniEuroAspirant €* 38,91 / 37,78–10,45UniEuroKapital €* 64,18 / 62,92 –2,65UniEuroKapital-net €* 40,46 / 40,46 –2,51UniEuropa €* 1904 / 1813–19,43UniEuropaRenta €* 50,46 / 48,99 –5,19UniEuroSt.50 A €* 44,65 / 42,93–19,75UniEuroSt.50-net €* 36,13 / 36,13–19,77UniFavorit: Renten €* 21,55 / 21,13–15,43UniGlobal Div A €* 99,11 / 94,39–19,14UniGlobal Div-netA €* 93,71 / 93,71–18,93UniGlobal II A €* 96,13 / 91,55–18,61UniIndustrie 4.0A €* 50,32 / 48,38–14,92UniMarktf. A €* 47,03 / 45,22–17,16UniOpti4 €* 96,48 / 96,48 –1,47UniOptimus-net- €* 673,49 / 673,49 –1,99UniRak EM net A €* 134,77 / 134,77–23,84UniRak Em. Mkts €* 142,06 / 136,60–23,81UniRak Na.Kon. A €* 105,89 / 103,81–10,09UniRak Nach.K-net- €* 104,14 / 104,14–10,12UniRak Nachh.A net €* 74,91 / 74,91–14,03UniRak NachhaltigA €* 79,11 / 76,81–14,02UniRenta Corp A €* 96,56 / 93,75 –9,06UniRes: Euro Corp. €* 39,59 / 39,59 –5,11UniReserve: Euro A €* 488,28 / 488,28 –1,85UniReserve: USD $* 1035 / 1035 –1,54UniSec. Bas. Ind. €* 93,87 / 90,26–22,09UniSec. BioPha. €* 121,34 / 116,67–13,94UniSec. High Tech. €* 114,35 / 109,95–15,67UniStruktur €* 95,72 / 92,93–11,18UniVa. Europa A €* 40,98 / 39,40–25,98UniVa. Global A €* 90,50 / 87,02–20,86UniVa.Euro.-net-A €* 39,72 / 39,72–26,01UniVa.Glb-net-A €* 86,44 / 86,44–20,82UniWirts.Aspirant €* 24,49 / 23,78–12,37

Union Investment Real EstateUniImmo:Dt. €* 98,19 / 93,51 –0,11UniImmo:Europa €* 57,13 / 54,41 0,02UniImmo:Global €* 53,38 / 50,84 0,12

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www.allianzglobalinvestors.deAdifonds A €* 100,42 / 95,64–23,03Aktien Europa A €* 68,61 / 65,34–33,54Concentra A €* 95,66 / 91,10–22,46Europazins A €* 56,54 / 54,89 –3,40Flexi Rentenf. A €* 88,48 / 85,49 –7,87Fondak A €* 144,31 / 137,44–22,42Global Eq.Divid A €* 93,53 / 89,08–22,76Industria A €* 87,02 / 82,88–20,40Interglobal A €* 319,97 / 304,73–17,41Kapital Plus A €* 62,10 / 60,29 –8,15Mobil-Fonds A €* 49,27 / 48,30 –1,59Nebw. Deutschl.A €* 247,84 / 236,04–25,16Rentenfonds A €* 86,73 / 84,61 –4,99Rohstofffonds A €* 46,70 / 44,48–23,86Strategief.Stab.A2 €* 51,62 / 50,12 –8,99Thesaurus AT €* 774,55 / 737,67–23,04Verm. Deutschl. A €* 136,47 / 129,97–25,56Wachstum Eurol A €* 107,29 / 102,18–18,99Wachstum Europa A €* 112,52 / 107,16–18,40

Allianz Global Investors GmbHLuxembourg BranchBest Sty Eur Eq AT €* 112,20 / 106,86–22,26Best Sty US Eq AT €* 190,12 / 181,07–22,06Dyn Mu Ass Str15 A €* 105,85 / 102,77 –8,03Dyn Mu Ass Str50 A €* 123,13 / 118,39–12,50Dyn Mu Ass Str75 I €* 1227 / 1227–16,67Enh ShTerm Euro AT €* 106,56 / 106,56 –0,82Euro Bond A €* 12,10 / 11,75 –4,63Europe SmCap Eq A €* 165,68 / 157,79–27,31European Eq Div AT €* 209,45 / 199,48–26,14Fl Rate NoPl-VZi A €* 95,71 / 95,71 –1,51Glb Agricult Tr. A €* 116,87 / 111,30–21,48Glb ArtIntellig AT €* 119,74 / 114,04–16,48Glb Mu-Ass Cre-AH2 €* 88,03 / 85,47–11,55Glb SmCap Eq AT $* 10,19 / 9,70–24,92Income & Gro A USD $* 9,57 / 9,20–16,74Income Gr A-H2-EUR €* 95,36 / 91,69–17,16

Alte Leipziger Trust€uro Short Term €* 42,65 / 42,23 –2,34Aktien Deutschland €* 91,57 / 87,21–22,07AL Trust €uro Relax €* 49,76 / 48,31 –9,58AL Trust Stab. €* 58,91 / 57,19–13,53AL Trust Wachst IT €* 49,45 / 49,45AL Trust Wachstum €* 68,29 / 65,66–17,48Trust €uRen IT €* 47,72 / 47,72Trust €uro Renten €* 44,99 / 43,68 –7,89Trust Akt Europa €* 40,45 / 38,52–22,77Trust Chance €* 70,09 / 66,75–21,29Trust Chance IT €* 50,77 / 50,77Trust Glb Inv IT €* 50,03 / 50,03Trust Glbl Invest €* 81,60 / 77,71–22,58Trust Stab IT €* 48,40 / 48,40

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Allgemeine ErläuterungenInvestmentfonds nach Kapitalanlagegesetzbuch(KAGB)Whrg.: Währung (A = Australischer Dollar, € = Euro,F = Schweizer Franken, £ = Brit. Pfund, ¥ = Japani-sche Yen, P = Polnischer Zloty, S = SchwedischeKrone, $ = US-Dollar).Ausg.: Ausgabepreis eines Fondsanteils zum ange-gebenen Tag.Rückn.: Rücknahmepreis eines Fondsanteils zum an-gegebenen Tag.Perf.: Performance auf Basis der letzten verfügbarenNAVs (Nettoinventarwerte). Berechnung nach BVI-Methode.* Fondspreise etc. vom Vortag oder letzt verfügbar.Ausgabe / Rücknahmepreise werden bei mehr als vierVorkomma- ohne Nachkommastellen abgebildet.Alle Angaben ohne Gewähr, keine Anlageberatung und-empfehlung.

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Page 34: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

SEITE 34 · SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGSport

In der ältesten Publikumswahl Deutsch-lands ist der Hengst Rubaiyat zum „Ga-lopper des Jahres 2019“ gekürt worden.42 Prozent der abgegebenen Stimmengingen an den Vollblüter aus dem Köl-ner Stall von Trainer Henk Grewe. Der-bysieger Laccario kam auf 38 Prozent,der Schlenderhaner Alson, im Vorjahrimmerhin Sieger in einem Gruppe-I-Rennen in Frankreich, erhielt nur 20Prozent. Rubaiyat steht damit in einerReihe von großen Namen des deutschenGaloppsports: Danedream, Acatenangooder Orofino, der als bislang einzigesPferd von 1981 bis 1983 dreimal den be-gehrten Titel gewann. Die achtziger Jah-re waren auch die Hochzeiten der Wahl,die 1957 ins Leben gerufen wurde. Siebasierte auf der Idee des PR-Chefs desHauses Aral, Oswald Heske. Das Unter-nehmen war damals Sponsor eines derbekanntesten Rennen Deutschlands,des Aral-Pokals. Die erste Wahl fiel aufdie Stute Thila, anfangs entschieden nurdie Sportjournalisten. Dann nahm sichder WDR-Galoppexperte Adi Furler derSache an und brachte sie als Publikums-wahl ins Fernsehen. Mit überragendemErfolg: Bei der Wahl von 1980, als Ne-bos siegte, kamen bei der „Sportschau“1,4 Millionen Postkarten an.

Doch wie der Galoppsport im Allge-meinen rückte auch die Wahl zum „Ga-lopper des Jahres“ über die Jahre im-mer mehr an die Seite. Das Fernsehenberichtet schon lange nicht mehr. Dochin diesem Jahr gelang es dem Galopp-Dachverband in Köln, der seit jüngstemals „Deutscher Galopp“ firmiert, nebendem Fachblatt „Sport-Welt“ noch einenMedienpartner zu gewinnen: die„Bild“-Zeitung. So vermeldete der Ver-band eine so hohe Publikumsbeteili-gung wie seit acht Jahren nicht mehr,ohne genaue Zahlen zu nennen.

Der 2017 geborene Rubaiyat ist nachEsclavo 1978 erst das zweite zweijähri-ge Pferd überhaupt, das zum „Galopper

des Jahres“ gewählt wurde. Er starteteim vergangenen Jahr viermal und bliebungeschlagen. Zuerst in einem kleinenRennen in Dresden, dann im Düsseldor-fer Junioren-Preis auf Listen-Ebene –und schließlich mit dem Preis des Win-terfavoriten in Köln (Gruppe 3) unddem Cran Criterium (Gruppe 2) in Mai-land auf internationalem Topniveau.Die Gewinnsumme betrug 245 000Euro. So viel Geld hat in Deutschlandnoch kein Zweijähriger hereingeholt.Rubaiyat steht im Besitz von Darius Ra-

cing, dem Rennstall von StefanOschmann, Vorstandschef des Pharma-zie-Unternehmens Merck in Darm-stadt. Die Ehefrau des passionierten Be-sitzers und Züchters stammt aus Iran,und so tragen viele seiner Pferde persi-sche Namen: Rubaiyat ist nach einerpersischen Gedichtform benannt.

Gezüchtet wurde Rubaiyat vom Ge-stüt Karlshof, sein Trainer Grewe wur-de im Vorjahr erstmals Champion sei-ner Zunft. „Rubaiyat ist ein sehr unkom-pliziertes Pferd. Im täglichen Trainingzeigt er nur das Nötigste – entwickeltim Rennen dann aber einen riesigenEhrgeiz“, sagt Grewe. Aus der geplan-ten Siegerehrung am Ostermontag inKöln wird allerdings nicht. Der Renn-tag musste wegen des Coronavirus abge-sagt werden. Und so ist auch ungewiss,wann Rubaiyat seine erstaunliche Renn-karriere fortsetzen kann.

Flotter Aufstieg:So viel Geld wieRubaiyat hat inDeutschlandnoch keinZweijährigerhereingeholt.

Foto Imago

Es hat vermutlich nur wenigeMänner im internationalenSportgeschäft gegeben wie DickEbersol. Ein Typ mit der Risiko-

bereitschaft eines Zockers und den Visio-nen eines Medienmenschen, der den Wan-del als Chance begreift. Und der mit einerseltenen Mischung aus Zielstrebigkeitund Geschmeidigkeit beim Griff in dievolle Schatulle seines Arbeitgebers denKraftstoff mobilisierte, der etwas bewegt:ganz viel Geld.

Trotzdem hat man ihm am Ufer desGenfer Sees, wo vor einem Jahr am Sitzdes Internationalen Olympischen Komi-tees (IOC) ein gläserner Prachtbau eröff-net wurde, kein Denkmal gesetzt. Auchdieses Projekt wäre ohne die fünf Milliar-den Dollar, mit denen Ebersol als Chefder Sportabteilung des amerikanischenFernsehsenders NBC allein zwischen2000 und 2012 das IOC alimentierte, ver-mutlich gar nicht umgesetzt worden.Denn mit seinem Engagement legte Eber-sol das Fundament für eine Dauerbezie-hung, auf deren Basis man zwei Jahrenachdem er in Rente gegangen war, einenNachfolgevertrag aushandelte. Der wärein diesem Jahr mit den Spielen von Tokioausgelaufen und war Grundlage desTransfers von weiteren 4,38 MilliardenDollar von New York nach Lausanne.

Wie sehr einer fehlt wie der 73-Jährige,der einst schwer verletzt den Absturz miteinem Privatflugzeug überlebt hatte, wirdbesonders in schwierigen Zeiten klar.Wenn etwa wegen einer Pandemie drän-gende Entscheidungen getroffen werdenmüssen und nicht ausgesessen werdenkönnen. Wenn die von IOC-PräsidentThomas Bach gern beschworene finan-zielle Stabilität Olympias auf dem Spielsteht. Und wenn Erklärungen wie jenevon 2014 auf den Prüfstand geraten, als ermit Ebersols Nachfolgern einen weiterenAnschlussvertrag über 7,75 MilliardenDollar – Laufzeit bis 2032 – abschloss:„Wir denken langfristig“, hatte der ehema-lige Fechter den Abschluss kommentiert.„Uns gibt es seit 120 Jahren. Und wir wol-len hier noch sehr viel länger bleiben.“

Auf dem Papier existiert die NationalBroadcasting Corporation ebenfallsschon eine ganze Weile. Gegründet 1926als das erste amerikaweite Radio-Netz-werk, auf das man 1941 als Fernsehpio-nier das erste Programm aus bewegten Bil-dern aufsattelte. Mit dem IOC konnteNBC allerdings lange Zeit nicht viel an-fangen. Erst Ebersol sah in den Olympi-schen Spielen eine besondere Qualität,als sich der Medienkonsum in Amerikaauf zahllose Plattformen zu verteilen be-gann: Die Veranstaltung sei das letzteFernsehereignis, für das sich noch die gan-ze Familie vor dem Bildschirm zusam-menfinde. Und noch etwas: „60 Prozentder Zuschauer sind Frauen, und nur 40Prozent sind Männer.“ Der wichtigsteGrund, weshalb die werbetreibende In-dustrie so viel Geld zahlt, um währendder Übertragungen von den OlympischenSpielen ein möglichst großes Publikum zuerreichen. Das Resultat: Obwohl NBCenorme Summen für die Rechtepakete be-zahlte, war man fast jedes Mal in derLage, unterm Strich ein leichtes Plus zumachen.

Die Besitzverhältnisse bei NBC habensich in den letzten beiden Jahrzehnten er-heblich verändert. Aus einem Einzelun-ternehmen wurde eine Tochterfirma imSchubladenschrank sehr viel größererKonglomerate der Unterhaltungsindus-trie. Inzwischen gehört NBC dem Kabel-

netzbetreiber Comcast, das der Abteilungeinen neuen Markennamen spendierte.Das Ganze heißt jetzt NBCU. Der vierteBuchstabe steht für Universal, eine derFirmen, die zwischendurch in der Fusions-geschichte eine Rolle spielte und derenNamen man unter anderem mit auf Holly-wood eingestimmte Freizeitparks in Ver-bindung bringt.

Chef Brian Roberts betrachtet dasSportrechtegeschäft denn auch eher ausder Helikopter-Perspektive und wirdnicht nervös, wenn Krisen drohen. NBCUmacht nur rund ein Viertel des Umsatzesdes Gesamtkonzerns aus. Und innerhalbdieser Sparte ist das Geschäft mit demIOC nur ein Teilaspekt. „Wir sind versi-chert“, sagte er Anfang März bei einerKonferenz. „Wir sollten kein Geld verlie-ren, wenn es keine Olympischen Spielegibt.“ Man würde höchstens „in diesemJahr keinen Gewinn“ machen, wenn diemehr als 1,25 Milliarden Dollar ausblei-ben, weil die verkauften Werbeminutenstorniert werden. Emotional investiert indie vom IOC propagierten olympischenWerte ist Roberts nicht. Anders als Eber-

sol, der sich auf dem Höhepunkt des Be-stechungsskandals um die Spiele von SaltLake City in die Reformkommission derOrganisation wählen ließ und parallel beierzürnten amerikanischen Politikern inWashington für bessere Stimmung sorgte.

Der einzige Schlag ins Kontor droht ei-ner neuen Streaming-Plattform namensPeacock, die im April an den Start gehensollte, um sich im Juli zu den Olympi-schen Spielen von ihrer Schokoladenseitezu zeigen. Die Verschiebung der Großver-anstaltung sorgt dafür, dass die Pläne fürdie umfangreichen Marketing-Aktionenrund um das Projekt in der Mülltonne lan-den. Das sei jedoch im Vergleich zu den„noch nie dagewesenen Verpflichtungen,mit denen wir alle konfrontiert sind, umdie Verbreitung von Covid-19 weltweiteinzudämmen“, nicht so tragisch, ließ derKonzern am Dienstag in einer offiziellenStellungnahme verlauten. „Wir haben kei-ne Zweifel, dass das IOC und das Organi-sationskomitee in Tokio im nächsten Jahrbemerkenswerte Spiele auf die Beine stel-len werden“ und das olympische Feuerfür „ein Licht am Ende dieses Tunnels sor-gen“ werde. Vieles deutet darauf hin, dass

die Verschiebung um nicht mehr als einJahr eine Konzession an den amerikani-schen Rechtepartner war, dessen Milliar-den rund die Hälfte des weltweiten Ge-schäfts des IOC mit Fernsehrechten aus-machen. Beim Blick auf den amerikani-schen Sportkalender wurde rasch klar,dass – vorausgesetzt, die Dinge normali-sieren sich in der zweiten Jahreshälfte2020 – NBCU dann keinen Platz mehr imProgramm hätte. Denn dann will mansich voll auf die Übertragungen der Natio-nal Football League konzentrieren, die ineiner Zeit spielt, die Medienberichten zu-folge seit Jahr und Tag als Option im Ver-trag mit dem IOC ausgeschlossen war.

Derweil geht beim Sender das Lebenweiter. Und sei es mit Interviews aus demHomeoffice. Eines publizierte NBCU amDonnerstag über den offiziellen Twitter-Kanal @NBCOlympics. ChefreporterMike Tirico befragte die SchwimmerinKatie Ledecky. Die fünffache Goldmedail-lengewinnerin gab sich verhalten optimis-tisch: Die verschobenen Spiele würdensich hoffentlich auch noch in einem Jahrals Sportfestival inszenieren lassen, „dasdie Welt zusammenbringt“.

Zum Trainieren geht Niko Kappel derzeitin den Keller. Zu Hause in Welzheim, einehalbe Autostunde von Stuttgart entfernt,hat er sich seinen persönlichen Paralym-pics-Stützpunkt eingerichtet, ein Gym mitGeräten zum Krafttraining, vielleichtzwölf Quadratmeter groß und mit Gummi-matten aus dem Baumarkt ausgelegt.Selbst die Kugel wird dort unten gestoßen,was man sich – gegen die Wand und ohneTageslicht – als strapazierend für Geistund Putz vorstellen kann. Aber Kappel, Pa-ralympics-Sieger von 2016 und zweimali-ger Behindertensportler des Jahres, ist gu-ter Dinge, nicht nur wegen der heimischenImprovisation, auf die er „ein bisschenstolz“ ist. Vor allem fühlt er sich befreitdurch die Nachricht vom Dienstag dieserWoche: Die Verschiebung der Olympi-schen und der Paralympischen Spiele inTokio – das war für den 25 Jahre alten Kap-pel „die absolut beste und richtige Ent-scheidung“, allerdings auch eine, die ersich früher gewünscht hätte. Es habe zulange gebraucht, bis der Sport „zur Ver-nunft gekommen“ sei und zur Einsicht,dass diese Spiele „nicht zumutbar“ seien,„für die Sportler und für die Gesellschaft“.Ende vergangener Woche war er deshalbselbst mit der Forderung nach Verschie-bung an die Öffentlichkeit gegangen. „Ichhätte nicht gedacht“, sagt er, „dass es,nachdem man sich so spät Gedanken indiese Richtung gemacht hat, dann soschnell geht.“ Innerhalb der Para-Leicht-athleten, sagt Kappel, werde die Verschie-bung „fast einhellig“ begrüßt.

„Es gab unter den Sportlern neben al-ler individuellen Traurigkeit ein großesAufatmen“, sagt auch Friedhelm JuliusBeucher, der Präsident des Deutschen Be-hindertensportverbands (DBS). Am Mon-tag hatte der DBS mit einem Appell andas Internationale Paralympische Komi-tee (IPC) eine Verschiebung gefordert.

„Wir haben Athleten, die zur Risikogrup-pe gehören“, sagt Beucher mit Blick aufdiejenigen Sportler, die etwa über ein ge-schwächtes Immunsystem verfügen (sie-he F.A.Z. vom 20. März). Darüber hinaushätten sich dieselben Probleme gestelltwie für die olympischen Athleten auch,aber zum Teil mit besonderer Zuspitzung.Die Möglichkeiten, zu trainieren, seien be-schnitten gewesen. „Mit Prothesen kannman auf einer Tartanbahn gut sprinten,im Wald und im Park eher nicht.“ Das Do-ping-Kontrollsystem sei dysfunktional ge-worden. „Die Tür zu weltweitem Dopingwar weit aufgemacht.“ In der Qualifikati-on sei keine Gerechtigkeit mehr herzustel-len gewesen. Die Verschiebung der Spielesei „alternativlos“ gewesen. Aus Gründen

der Gerechtigkeit, aber zuallererst zumSchutz der Gesundheit, wie der frühereVorsitzende des Bundestags-Sportaus-schusses betont.

Allerdings hatte sich auch die PositionBeuchers und des DBS recht plötzlich denRealitäten angepasst. Noch am Mittwochhatte der Verbandschef zwar deutliche Be-denken geäußert, den Zeitpunkt für eineAbsage aber noch nicht für gekommen ge-halten. Am Wochenende habe er dannviel Phoenix gesehen, so viel wie seit sei-ner Zeit als Abgeordneter nicht mehr, sagtBeucher. Was er dort hörte, die Entwick-lung der weltweiten Corona-Zahlen, dieWarnungen der Virologen, ein Sport-Gro-ßevent sei potentiell „der größte Viren-Herd der Welt“, habe die Lage verändert.„In diesem Moment war es unstrittig, dasses nicht mehr ging.“ Inzwischen hattensich auch prominente Sportler zu Wort ge-meldet, Kappel etwa, oder Denise Schind-ler. Beucher weist darauf hin, dass sich derDBS öffentlich früher positioniert habe alsandere Spitzenverbände des deutschenSports. Aber eben dennoch ziemlich spät.

Vor allem aber vollzog das IPC erst mitder Entscheidung des IOC eine kommuni-kative Kehrtwende. Die Verschiebung sei„absolut richtig“, schrieb Präsident An-drew Parsons am Dienstag an die Nationa-len Paralympischen Komitees. „Die Ge-sundheit und das Wohlergehen desmenschlichen Lebens müssen immer unse-re oberste Priorität sein, und die Durchfüh-rung einer Sportveranstaltung jeglicherArt während dieser Pandemie ist einfachnicht möglich.“ In den vergangenen Tagenund Wochen hat er sich stets als verlässli-cher Beifahrer Thomas Bachs erwiesen.Anders als beim Ausschluss der russi-schen Athleten vor den Spielen in Rio2016, als Parsons’ Vorgänger Philip Cra-ven ein weltweit beachtetes Zeichen imSinne des sauberen Sports gesetzt hatte,

liegt Parsons auf IOC-Linie. KugelstoßerKappel sagt mit Blick auf IOC und IPC:„Ich hätte mir vom gesamten Konstruktmehr Transparenz und mehr Einsicht zueinem früheren Zeitpunkt gewünscht.“

Allerdings blieb Parsons auch kein ech-ter Handlungsspielraum. Die Paralympi-schen Sommerspiele, mit 4000 Teilneh-mern nach Olympia das zweitgrößte Mul-ti-Sportevent der Welt, sind vertraglichan das IOC gebunden, die Kontrakteüber die gemeinsame Austragung ist imMärz 2018 bis 2032 verlängert worden,für das IPC ein „historischer Schritt“ – ei-gene Host-City-Verträge gibt es abernicht, und innerhalb des IOC hat das IPCnur eine Stimme. Eine eigenmächtigeVerschiebung war somit gar nicht mög-lich. Dafür versichert das IPC, dass die ge-meinsame Austragung zum neuen Zeit-punkt, wann immer der sein wird, garan-tiert sei: „Die Spiele gibt es nur als Paar,also werden sich die Paralympics imnächsten Jahr wie geplant an die Olympi-schen Spiele anschließen.“

Wann das sein wird, richtet sich folglichnach dem IOC. DBS-Chef Beucher findet,dass die Spiele aus klimatischen Gründen„eigentlich nicht im Sommer stattfindendürfen“, bei einer Verlegung in das Früh-jahr 2021, wie offenbar vom IOC favori-siert, sieht er bereits terminliche Nöte her-aufziehen, was die Qualifikation angeht.„Das wird eng, völlig klar.“

Beuchers Wunschlösung wäre ein weite-rer Aufschub bis in den Herbst oder sogarins übernächste Jahr – aber daran glaubter selbst nicht. „Das Diktat des Geldeswird entscheiden.“ Auch für Kappel kämeFrühjahr 2021 noch zu früh. Bevor dieSpiele weitergehen können, müsse erst einImpfstoff gegen das Virus gefunden sein.„Das sollte zwingendermaßen Vorausset-zung sein“, sagt er. Denn: „Ich glaubenicht, dass es von allein verschwindet.“

Die Corona-Pandemie hat auch den Tri-athlonsport mit voller Wucht getroffen.Sportlich und wirtschaftlich. ZweiNachrichten haben das in den vergange-nen Tagen auf besondere Weise verdeut-licht. Die erste: Das traditionsreicheLangstreckenrennen in Roth, das am 5.Juli ein Feld präsentieren wollte, wie esdas in dieser Güte in Europa noch nie-mals gab, ist abgesagt. Die Franken ha-ben die nötige Konsequenz gezogen, siehätten noch warten und auf Zeit spie-len können, wie das andere Veranstal-tungen tun, doch sie sahen keine Chan-ce mehr, einen fairen Wettkampf auszu-richten. Und sie sahen sich auch mora-lisch verpflichtet, das Wohl von Athle-ten und Tausenden Helfern vor wirt-schaftliche Interessen zu stellen.

Dagegen kämpft der Ironman Frank-furt, der für den 28. Juni terminiert ist,noch um sein Rennen. Ein wahrschein-lich aussichtsloser Kampf, der vor al-lem einem geschuldet ist: der ange-spannten wirtschaftlichen Lage desIronman-Imperiums. Mit ihr hat auchdie zweite Nachricht dieser Tage zu tun,die in der Triathlon-Szene für großesAufsehen sorgte. Sie lautet: Die ameri-kanischen Investmentunternehmen Ad-vance, das auch Großinvestor bei Disco-very und damit dem TV-Sender Euro-sport ist, und Orkila Capital überneh-men die Marke Ironman vom chinesi-schen Sportvermarkter Wanda SportsGroup. Über die Höhe des Kaufpreiseswurde Stillschweigen vereinbart, In-sider schätzen ihn auf rund 700 Millio-nen Dollar, 50 Millionen mehr, als Wan-da vor fünf Jahren für den Kauf desIronman-Labels bezahlt hatte. Was wieein ganz gutes Geschäft klingt, ist inWahrheit das Eingeständnis der hoch-verschuldeten Wanda-Gruppe, mit demVerkauf die Notbremse gezogen zu ha-ben. Noch Mitte Februar, vor der Zuspit-zung der Corona-Krise, hatte Wandaals Preis für sein Ironman-Geschäfteine Milliarde Dollar aufgerufen, nach-dem die Athletenvereinigung Professio-nal Triathlon Organisation mit demamerikanischen Milliardär Michael Mo-ritz im Rücken schriftlich ihr Interessean einer Übernahme hinterlegt hatte.Das Geschäft kam nicht zustande.Noch fühlte sich Wanda in einer star-ken Position, trotz einer exzessiven Ex-pansion in den vorangegangen Jahrenunter anderem mit der Übernahme desSportvermarkters Infront für eine Milli-arde Euro, die zu einer Gesamtverschul-dung des Unternehmens in Höhe von968 Millionen Dollar geführt hatte, wieder Finanzdienstleister Bloomberg vor-rechnete. Die demonstrativ zur Schaugestellte starke Position der Chinesenfegte das Coronavirus in Windeseilehinweg. Grund ist der Qualifikations-modus für die Ironman-Weltmeister-schaft, die jedes Jahr im Oktober aufHawaii stattfindet und für viele Triathle-ten eine Art Lebensziel darstellt. Beirund vierzig Ironman-Rennen rund umden Globus können sich Profis und Al-tersklassenathleten für den magischen

Wettkampf auf Hawaii qualifizieren,die Startgebühren liegen in exorbitan-ter Höhe, in Frankfurt bei mehr als 550Euro. Das Problem: Die meisten Ren-nen mit Tausenden Startplätzen sindoft über Nacht ausverkauft, und die Ge-bühren müssen bei der Anmeldung be-zahlt werden.

Weil Ironman nun eine Veranstal-tung nach der anderen verschiebenoder absagen muss, stehen nicht nurhohe ungedeckte Kosten, sondern auchRückzahlungen an Athleten in Millio-nenhöhe im Raum. Bis heute versuchtWanda – der endgültige Abschluss desDeals mit den neuen Investoren wirdvorbehaltlich behördlicher Genehmi-gungen in den nächsten Wochen erwar-tet – diese Rückzahlungen zu umgehen,indem den Athleten lediglich angebo-ten wird, sie umzubuchen. Die offiziel-le Verlautbarung liest sich so: „Ange-meldete Athleten für Veranstaltungen,die aufgrund von Covid-19 durch dieörtlichen Gesundheitsbehörden ver-schoben werden, werden automatischauf das neu angesetzte Datum übertra-gen. Für diejenigen, bei denen das neueDatum nicht funktioniert, werden wirVerschiebungen in die gleiche Veran-staltung im nächsten Jahr zulassen. An-gemeldete Athleten für Veranstaltun-gen, die (. . .) abgesagt werden, werdenautomatisch auf das gleiche Rennen imJahr 2021 verschoben.“ Ob dieses Ge-schäftsgebaren einer rechtlichen Über-prüfung standhält, ist zweifelhaft. InAthletenkreisen wird es den Finanzpro-blemen von Wanda zugeschrieben, vomVerkauf an die beiden Investorengrup-pe erhoffen sie sich einen anderen Um-gang, ähnlich wie in Roth: Die dortigenVeranstalter haben allen verhindertenStartern angeboten, die Anmeldege-bühr von rund 500 Euro zurückzuerstat-ten und einen Startplatz für das nächsteJahr zu garantieren – verbunden mitder Bitte, auf einen Teil der Rückzah-lung zu verzichten, um dem Rennen dasÜberleben zu sichern.

Bei Comcast, der Mutter von NBC Universal, sieht man Olympia aus der Helikopterperspektive. Foto AFP

Nun im persönlichen Stützpunkt: NikoKappel hat umgebaut. Foto dpa

Hart getroffen: der Triathlonsport mitStars wie Jan Frodeno Foto Reuters

Dann eben nächstes Jahr

„Impfstoff sollte zwingend Voraussetzung sein“Verschiebung der Paralympics: Kappel stellt Forderung vor Austragung der Spiele / Von Christian Kamp, Frankfurt

Wie ein GedichtDer ungeschlagene Hengst Rubaiyat ist„Galopper des Jahres“ / Von Peter Mühlfeit, Köln

Für NBCU, den amerikanischen Haussender Olympias, hält sichder Schaden durch die Verlegung der Spiele von Tokio in Grenzen.Von Jürgen Kalwa, New York

Notbremse in der KriseWanda verkauft das Ironman-Label an amerikanischeUnternehmen / Von Michael Eder, Frankfurt

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Page 35: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 · SEITE 35Sport

Wird der Profi-Fußball ein Gesund-schrumpfen nach der Corona-Krise erle-ben?Der Dreiklang schneller, höher, weiterhat einen schönen Ursprung in der olym-pischen Idee. Aber zuletzt ist er perver-tiert worden. Es ging in der Kommerzia-lisierung des Sports nur noch darum,eine weitere Schippe draufzulegen. Daswar krank. Ich wünsche mir eine Rückbe-sinnung auf die Werte, die der Sport derGesellschaft liefern kann. Darauf solltegeschaut werden und nicht darauf, wieman noch mehr verdient. Vor der Krisehatten wir die extreme Entzweiung vonFunktionären und Fans im Fußball. Viel-leicht merken nun beide Seiten, dass ih-nen ohne Fußball sehr viel fehlt. Okay,die einen sind sicher mehr geschäftsge-trieben, die anderen denken an ihre Fan-belange, aber sie könnten ja beide fest-stellen: Ohne Fußball geht es nicht.Wenn ich aber lese, dass der Kölner Ge-schäftsführer Horst Heldt sagte, viel-leicht sei die Krise eine Chance, dass wiranders über die 50-plus-1-Regel nach-denken, denke ich: Hilfe, da hat einergar nichts verstanden. So würde dochdie selbe Kommerzialisierungs-Schleifemit einem anderen Finanzstrom weiterge-dreht, ob Scheich oder Oligarch oder Fi-nanzinvestor. Ein Verein ist doch nichtdeswegen solide aufgestellt, weil die Kos-tenseite immer weiter nach oben gedrehtwird.

Was ist ungesund an der Finanzierungder Fußballklubs?Im Fußball ist die Abhängigkeit vom Fern-sehgeld extrem ungesund. Der 1. FSVMainz 05 hat gerade verkündet, dass60 Prozent des Etats aus TV-Geldernkommt. Es wird dramatisch, wenn dieseGelder wegbrechen. Die Vereine habeneine riesige Kostenseite. Die Schalkeretwa haben 125 Millionen Euro Gehalts-kosten für die Profimannschaft plus Stab,Dortmund hat 198 Millionen Euro. Dassind nicht nur die Spieler. Aber man kannsich vorstellen, wie viel auf die Spielerentfällt. Bei allen Vereinen ist es so, dassdie Schraube auf der Einnahmenseite bisaufs Letzte nach oben gedreht ist, um ir-gendwie die Ausgabenseite decken zukönnen. Sie kommen von einer Kostensei-te und versuchen, die Einnahmen irgend-wie dahin zu kriegen. Und nicht anders-herum. Das ist kein nachhaltiges und se-riöses wirtschaftliches Handeln.

Wird das jemals anders sein?Ich befürchte nicht. Deswegen habe ichauch gesagt, ich hoffe darauf, dass sichnach der Krise etwas ändert. Den Glau-ben daran habe ich verloren. Es geht näm-lich zu sehr um Eitelkeiten, Posten, Posi-tionen. Das sind Charakterzüge, die zuweit verbreitet sind im gesamten Sport-Business, als dass ein gemeinsames solida-risches Rückbesinnen stattfinden kann.Die Gruppe, die sich zurückbesinnen

müsste, ist auch zu groß. Man müssteauch Vereine wie Paris St-Germain unddie Premier League mit ins Boot nehmen,damit sich die Schraube gesamtheitlich zu-rückdreht. Wenn die Vereine der Fußball-Bundesliga etwas solidarischer und mitweniger Geld weitermachen, werden sieeuropäisch erst recht abgehängt, wobeiman sich dann fragen müsste, ob das wirk-lich so schlimm ist oder ein gutes und ge-sundes Zeichen.

Kann das „E-Gaming“ ein Gewinnerder Krise sein?In der digitalen Welt geht der Sport wei-ter. Aber auch hier sind Maßnahmen ge-troffen worden. Teams sind in Häusern zu-sammengezogen, sie unterliegen auch derAnordnung, Distanz zu halten. Sie trainie-ren und spielen von zu Hause. GewisseWettbewerbe laufen weiter. Was aber fürdie Begeisterung gesorgt und großräumi-ge Vermarktung ermöglicht hat, zu gro-ßen Veranstaltungen in gefüllten Arenen,das findet momentan auch nicht statt.Das ist zwar nur ein Part des E-Sports,aber ein wichtiger. Ich würde schon sa-gen, dass der E-Sport ohne größere Schä-den durch die Krise geht, aber ich würdeihn deswegen nicht als großen Gewinnerbezeichnen.

Könnte es nicht sein, dass Stars undFans sogar näher zusammenrücken, zu-mindest in der digitalen Welt?

Erste Anzeichen sehe ich schon. Ich neh-me mehr nahbare Social-Media-Aktivitä-ten von Fußballern wahr, als es in derVergangenheit der Fall war. Sie zeigensich nicht auf Luxusreisen, mit ihrenschönen Frauen oder mit neuen Sport-wagen. Das kann helfen, Nähe zu errei-chen. Es gibt sehr gute Beispiele gerade– Kimmich und Goretzka gründen eine

Spendenin-itiative und spenden zumStart selbst eine Million Euro, die Natio-nalmannschaft gibt 2,5 Millionen. Nurdie NBA (die nordamerikanische Basket-ball-Profiliga/ d. Red.), die war wiederschneller. Da haben die Spieler die Ge-hälter des gesamten Stabs (der Verei-ne/d. Red.) übernommen, schon vorzwei Wochen. Das ist ein Zusammenrü-cken von Sportlern und Fans. Man mussnatürlich bedenken: Wir solidarisierenuns über das Thema, weil wir alle im sel-ben Boot sitzen.

Die DFL hat sehr schnell von der Exis-tenzbedrohung durch die Corona-Krisegesprochen. Gilt das für Basketball, Eis-hockey, Handball und Volleyball nichtnoch viel mehr?Im Grunde ja. Der Mittelstand als Partnerder Klubs dieser Ligen leidet unter derKrise am meisten. Bevor dort entlassenwird, werden Marketing- und Sponso-ring-Etats zurückgefahren. Das spürendann die Vereine sofort. Die Klubs in denProfiligen unterhalb des Fußballs sind de-finitiv in der Existenz bedroht – viel mehrals die des Fußballs. Da sehe ich ein paarVereine, die nicht überleben werden, soll-te alles so bleiben, wie es ist, was ihre fi-nanziellen Verpflichtungen angeht.

Müssen die Ligenverbände in den gro-ßen Sportspielen ihre Lizenzierungsvor-gaben deswegen verändern?Ja. Es wird gerade gesagt und geschrie-ben, Vereine in Handball, Basketball, Eis-hockey und Volleyball werden nicht über-leben. Dazu sage ich: Die Existenz stehtund fällt auch mit einer Lizenz, die ich er-halte, und den Anforderungen. Man mussüber eine oder zwei Übergangssaisonssprechen, in denen veränderte Lizenzie-rungsbedingungen gelten: geringere Ei-genkapitalquote, weniger hauptamtlicheTrainer, was auch immer. Man muss dasalles neu definieren und in zwei Jahrenwieder strenger regulieren. Das ist eineStellschraube über alle Ligen hinweg: Wel-

che Anforderungen finanzieller Art stelleich meinen Vereinen in dieser Krise? Siemüssen erfüllbar bleiben. Dann spielenin der Handball-Bundesliga eben Klubs,die nicht mehr zehn, acht oder drei Millio-nen Euro Jahresetat haben, sondern acht,sechs oder anderthalb Millionen: Haupt-sache, es gibt eine Liga und Spielbetrieb.Darüber hinaus werden die Vereine mer-ken, mit welchem Partner sie durch dickund dünn gehen können.

Ihr Unternehmen berät große Kundenwie Hyundai und Zurich Versicherun-gen, die im Sportumfeld werben und wer-ben wollten. Was hören sie von denen,werden Verträge gekündigt, weil nachund nach alle Sportveranstaltungen aus-fallen?Vertragskündigungen oder Rückzahlun-gen von Vertragssummen werden nichtdiskutiert. Unsere Kunden fragen eher umHilfe, nach dem Motto: Was machen wirdenn jetzt? Wie lösen wir das? Und wirmüssen eine Antwort liefern. Da es in vie-len Sportumfeldern noch nicht klar ist,wann und ob überhaupt verschobene Ver-anstaltungen stattfinden werden, arbeitenwir für fast alle Kunden an Plänen für ver-schiedenen Szenarien. Also komplette Ab-sage von Events, kurzfristige oder langfris-tige zeitliche Verschiebung, Events mit Zu-schauern oder unter Zuschauerausschluss.

Die Fragen stellte Frank Heike.

Karsten Petry istGeschäftsführervon OctagonDeutschland,einer Beratungs-agentur fürSportmarketing.

Foto Octagon

In einer virtuellen Versammlung viaInternet hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) seine Mitarbeiter nachF.A.Z.-Informationen am Donners-

tag schon mal auf mögliche Krisenszena-rien in der Corona-Pandemie vorbereitet.Der Verband mit Hauptsitz im FrankfurterStadtwald zählt inzwischen fast 450 Ange-stellte, die wie viele andere Betriebe imLand derzeit von zu Hause aus arbeiten.Auch Worte wie Kurzarbeit und Gehalts-verzicht sollen in der Netzsitzung gefallensein, wobei DFB-Generalsekretär Fried-rich Curtius zuvor mitgeteilt hatte, dassdies in der aktuellen Situation „nochnicht“ in den Blick geraten sei. Aber wasist derzeit schon klar.

Der größte nationale Sportfachver-band der Welt, unter dessen Dach mehrals sieben Millionen Sportler in fast25 000 Vereinen kicken und der stetsüber eine erhebliche Wirtschaftskraft ver-fügt hat, kämpft ebenfalls gegen die fi-nanziellen Folgen der Krise. Nicht nurim Milliardengeschäft Bundesliga zitterndie Klubs. Im DFB, der stets aus dem Vol-len schöpfen konnte, breitet sich dieFurcht vor hohen Verlusten aus. Auch fürseinen neuen Präsidenten Fritz Keller,Winzer und Gastronom aus Südbaden,ist dies zum Start eine heikle Last.

Das Management hat intern Finanz-berechnungen angestellt. GeneralsekretärCurtius und Schatzmeister Stephan Osna-brügge tragen dafür vor allem die Verant-wortung. Auf Anfrage sagt Osnabrügge,im Rahmen der Überlegungen zu mögli-chen finanziellen Folgen der Krise seiman von der kaufmännisch vorsichtigenPlanungsannahme ausgegangen, dassmöglicherweise erst im Herbst wieder Län-derspiele stattfinden könnten. Die DFB-Pokalspiele dieser Saison (beide Halbfi-nals und das Finale stehen aus) würden in

diesem Szenario verschoben werden. Imschlechtesten Fall gehe man von einemVerlust von rund 55 Millionen Euro vorSteuern aus. „So optimistisch ich auch bin,dass wir einen solchen Betrag aus unserenRücklagen kompensieren könnten, so rea-listisch und verantwortungsvoll müssenwir auch sein. Deshalb müssen wir unsjetzt intensiv damit beschäftigen, auf wel-che Maßnahmen und Projekte wir aus Kos-tengründen verzichten können“, sagteOsnabrügge der F.A.Z. Wo eingespartwerden sollte, ließ der Rechtsanwalt ausBonn nicht durchblicken.

Rund 351 Millionen Euro Einnahmenverzeichnete der DFB laut Finanzberichtfür das Jahr 2018. Die Rücklagen betru-gen zu dieser Zeit 132 Millionen Euro.Aufgrund von Nachzahlungen an das Fi-nanzamt wegen der WM-Affäre 2006 vonmehr als 20 Millionen Euro (nach einerrechtlichen Überprüfung könnte der Be-trag im besten Fall wieder zurückfließen)dürften die Rücklagen etwas geschmol-zen sein, aber immer noch bei mehr als100 Millionen Euro liegen. Nicht alles da-

von ist aber frei verfügbar, sondern zumBeispiel für den Bau der neuen Akade-mie zweckgebunden.

Ein möglicher Verlust von 55 MillionenEuro würde den DFB nach Steuern mitetwa 40 bis 45 Millionen Euro konkret be-lasten. Dieser Verlust müsste mit der Auf-lösung von Rücklagen ausgeglichen wer-den, sollte aber verkraftbar sein. Es gingeum Fehleinnahmen aus Sponsorenverträ-gen und Fernsehgeld aus Wettbewerbenwie dem DFB-Pokal. So ist auch die Euro-pameisterschaft auf das nächste Jahr ver-schoben worden. Für seine Freundschafts-spiele verfügt der DFB über eine Ausfall-versicherung (Eintrittskarten, Medienver-marktung) bis zu Schäden in Höhe von 12Millionen Euro. Das deckt den möglichenEinnahmeverlust komplett ab. Zwei derdrei Testspiele sind mittlerweile schon ab-gesagt worden.

Der im vergangenen Jahr begonneneund 150 Millionen Euro teure Neubauder DFB-Akademie auf der alten Frank-furter Pferderennbahn soll unter dieserVerlustannahme fortgesetzt werden kön-

nen. Hier sei man vollständig im Zeit-und Kostenplan, sagt Osnabrügge. 75 Mil-lionen Euro sollen aus eigenen Mittelnkommen. Mitte des Jahres soll der Roh-bau fertig sein. Um zudem die 21 Landes-verbände des DFB, die zur Organisationdes Amateurfußballs besonders vomGeld von oben abhängig sind, zu unter-stützen, werde die jährliche Förderungvon insgesamt zwölf Millionen Euro jetztflexibel nach Bedarf ausgezahlt, sagt derDFB-Schatzmeister. Allerdings habenjene Landesverbände ein Problem, in de-ren Einzugsgebiet Klubs der ersten undzweiten Liga liegen. Solange die Liga un-terbrochen ist oder ohne Zuschauerspielt, gibt es auch keine prozentualeBeteiligung an Ticketeinnahmen.

Viel heftiger käme es für den DFB unddie Landesverbände, wenn die Corona-Pandemie noch im Herbst und auch imWinter keine Spiele der Nationalmann-schaft und keine Partien im DFB-Pokalermöglichte. Von September bis Dezem-ber dieses Jahres soll die DFB-Elf immer-hin sechs Spiele in der Nations League be-

streiten. Ob der europäische Fußballver-band Verluste kompensieren würde, istbislang nicht bekannt.

An einer direkten finanziellen Rettungder dritten Liga, für die der DFB zuständigist, wird sich der Verband nicht beteiligen.Zuletzt wurde zwar über Hilfen aus denDFB-Rücklagen nachgedacht, dies wurdeallerdings aufgrund unterschiedlicher ge-setzlicher Bestimmungen wieder verwor-fen. Schließlich würde die Gemeinnützig-keit des DFB einer solchen Hilfe im Wegstehen. Zuschüsse dürfen nicht an wirt-schaftliche Geschäftsbetriebe im Profifuß-ball fließen, Kredite könnten zwar gege-ben werden, aber nur mit Zinsaufschlag –und dafür wäre eine Banklizenz nötig.„Uns sind als Dachverband Grenzen ge-setzt, den Wirtschaftsbetrieb einzelnerFußballunternehmen aufrechtzuerhalten,sosehr wir deren Sorgen und Nöte sehenund verstehen“, sagt Osnabrügge. DieseKrise betreffe im Kern alle Wirtschafts-zweige, somit auch den Fußball in Gänze.Demnach würden auch für die Klubs deroberen Ligen dieselben Regeln gelten wiefür alle anderen Wirtschaftsunternehmen.So rät der DFB den von einer Insolvenz be-drohten Vereinen, sich über ihre Hausban-ken um staatlich gesicherte Förderkreditezu bemühen. Auch das Kurzarbeitergeldkommt in Frage.

Drittligaprofis sind aber keine Fußball-millionäre, sondern verdienen etwa zwi-schen 30 000 und 100 000 Euro im Jahr.Der DFB sagt, er fokussiere sich auf un-terstützende Maßnahmen, zum Beispielneue Regeln im Lizenzierungsverfahrenund mögliche Sonderregelungen in derSpielordnung für krisenbedingte Insol-venzen. Damit kriselnde Vereine nichtgleich aus dem Wettbewerb eliminiertwerden. Ob das allerdings reicht, vermagderzeit niemand zu beantworten.

„Es wird keine solidarische Rückbesinnung im Fußball geben“Der Beratungsexperte Karsten Petry über die Folgen der Corona-Krise für Ballsportarten und wie sie damit umgehen sollten

Das Füllhorn versiegt

Keine Länderspiele, kein DFB-Pokal – keine Einnahmen: Auch der reichste Verband muss da neu rechnen. Foto dpa

Barça kürzt GehälterNach dem Scheitern von Verhandlun-gen über einen Gehaltsverzicht mitseinen Stars hat der FC Barcelonadem Team und vielen Mitarbeiterndie Arbeitszeit und damit den Lohngekürzt. Der spanische Fußballmeis-ter begründete die Eingriffe in dieVerträge mit den wirtschaftlichen Fol-gen der Coronavirus-Pandemie. Lautspanischem Recht können Unterneh-men im Falle höherer Gewalt zu sol-chen Mitteln greifen. Zuvor hatte derKlub keine Einigung über eine freiwil-lige Gehaltskürzung erzielen kön-nen, wie spanische Medien berichte-ten. Auch die spanische Liga hat we-gen der Corona-Krise den Spielbe-trieb vorläufig ausgesetzt. Zudem feh-len dem FC Barcelona die Einnah-men aus der Champions League, vonSponsoren und aus weiteren Quellenwie dem Vereinsmuseum, um seinteures Ensemble entlohnen zu kön-nen. Es wird erwartet, dass weiterespanische Klubs dem Beispiel des FCBarcelona folgen. Die Vereinsspitzegab zudem bekannt, dass die Anlagendes Vereins den Gesundheitsbehör-den der Region Katalonien zur Verfü-gung gestellt worden seien. Spanienist eines der am heftigsten von Co-vid-19 betroffenen Länder. dpa

Pause für JuniorenteamsDer Deutsche Fußball-Bund (DFB)hat wegen der Coronavirus-Pande-mie weitere Termine seiner Junioren-Teams abgesagt. Nach den entspre-chenden Maßnahmen für den Märzkönnen auch im April und Mai sowieteilweise auch im Juni keine Spieleoder Lehrgänge stattfinden. Diese Re-gelung gilt laut Verbandsmitteilungvom Freitag für alle Mannschaftenvon der U 21 bis zur U 15. „An obers-ter Stelle steht die Gesundheit – nichtnur der jungen Spielerinnen und Spie-ler sowie Beteiligten, sondern vor al-lem der gesamten Gesellschaft“, sag-te DFB-Generalsekretär FriedrichCurtius: „So sehr wir die Absage derLänderspiele und Lehrgänge unsererweiblichen und männlichen U-Natio-nalmannschaften für April, Mai undteilweise Juni bedauern, so überzeugtsind wir, dass dies im Moment die ein-zig richtige Entscheidung ist.“ dpa

Russland setzt ausRussland wird kommende Woche dieDoping-Kontrollen bei seinen Athle-ten aussetzen, und auch die Anhö-rung vor dem Internationalen Sport-gerichtshof Cas soll nach Angabenaus Russland erst im Juni stattfinden.Die Welt-Anti-Doping-Agentur(Wada) hatte Russland für vier Jahrefür internationale Großwettkämpfewie Olympische Spiele und Weltmeis-terschaften gesperrt – nur Sportler,die sich unabhängigen Kontrollen un-terziehen, sollen als neutrale Athle-ten zugelassen werden. Gegen das Ur-teil hat Russland Berufung beim Caseingelegt. Ursprünglich war der Ter-min im April oder Mai erwartet wor-den. dpa

Meetings verschobenDer Leichtathletik-Weltverband hatweitere drei Meetings der DiamondLeague wegen der Coronavirus-Kriseverschoben. Wie World Athletics amFreitag mitteilte, sind die Veranstal-tungen in Stockholm (24. Mai), Nea-pel/Rom (28. Mai) und Rabat (31.Mai) betroffen. Bereits zuvor warendie drei ersten Meetings der Premi-um-Serie in Qatar und China ausdem Terminkalender gestrichen wor-den. dpa

In Kürze

Der Deutsche Fußball-Bund durfte stets aus dem Vollen schöpfen,aber die Corona-Krise könnte den Verband schwer treffen.

Der Akademie-Bau belastet den Haushalt.

Von Michael Ashelm, Frankfurt

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Page 36: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

SEITE 36 · SAMSTAG, 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGSport

Und? Auch schon ins heimi-sche Bücherregal geschautdiese Woche? Interessant,

was sich im Laufe eines Lebens rundum den Sport dort ansammelt. Schonder erste Griff ins Verstaubte brachteein wahres Fossil zutage: den Sport-Brockhaus, 4. neu bearbeitete Aufla-ge aus dem Jahr 1984. Den brauchtedamals, wer mitreden wollte. Heutesagt man: Warte, ich google das maleben. Damals sagte man: Warte, ichschlage das mal nach. Die Seiten ha-ben den Gilb, aber das Gedächtniswird mit dem Blättern von Seite zuSeite frischer. Wer damals zum Bei-spiel noch alles lebte: Johan Cruyff,ein blutjunger, drahtiger Typ auf demSchwarzweißfoto. Jupp Derwall. Mu-hammad Ali. Der Deutsche Turn-und Sportbund der DDR. Der italieni-sche Radrennfahrer Felice Gimondi,der 1965 mit 22 Jahren die Tour deFrance gewann, trägt auf seinem Fotoein altmodisches Stoffkäppchen, wiesie im Radsport einst üblich waren.Unter R plötzlich ein smart aussehen-der Typ namens Gaston Roelants ausBelgien, Olympiasieger 1964 in To-kio (!) über 3000 Meter Hindernis. Erlebt übrigens noch und wurde inzwi-schen in den Adelsstand erhoben,wie ein Blick ins Internet ergab.

CHAPEAU

Bei den neueren Exemplarenfanden wir ein Buch mit ei-nem heroisch blickenden al-

ten Herrn auf dem Titelbild. Es istSepp Blatter, der Mann aus dem Wal-lis, der eine halbe Ewigkeit maßgeb-lich in einem Fußball-Weltverbandwirkte, in dem sich eine Menge Leuteden Hosensack vollstopften, wie mandas in seiner Schweizer Heimat zu sa-gen pflegt. Der Autor des 2015 er-schienenen Bandes, Blatters Wegbe-gleiter Thomas Renggli, „garantiertnicht für eine unvoreingenommeneSichtweise“, wie es da heißt, und eswird dann auch sehr beschaulich. Dawird erzählt, wie sich Blatter in ei-nem Altherren-Klub von Rentnernim Alter von 91 bis 96 Jahren fröhlichzum Thema Qatar und Korruptiongrillen ließ. Und wie sehr es ihn lan-ge wurmte, dass in seiner persönli-chen Statistik als Fußballspieler keineinziges Länderspiel auftaucht. Dar-um bat er seinen Freund, den legendä-ren Köbi Kuhn, ihn einmal für dieNati aufzustellen. Er wolle auch nurauf der Bank sitzen und nicht mitspie-len. Köbi trainierte das Schweizer Na-tionalteam übrigens von 2001 bis2008. Damals war Blatter 65 bis 72Jahre alt. Köbi Kuhn lehnte glückli-cherweise ab. Aber ist doch unerhört!

Von Evi Simeoni

ATTAQUE

Am schlimmstensind die Sams-tage. Woran er-kennt man sienoch? Dem, derimmer zu Hauseist, wird die Wo-che konturlos.Sie hat keinen

richtigen Anfang, kein richtiges Endemehr. Vor Corona fühlte sich jeder Tagein wenig anders an. Jetzt verliert sich dasnach und nach, vor allem das Samstagsge-fühl. Dieser Tag hatte vielleicht mehr alsjeder andere der Woche etwas ganz Eige-nes, sogar einen eigenen Sound. Geradean klaren Frühlingstagen konnte man ihndurch offene Fenster und Gärten herein-wehen hören. Den Sound des Fußballs.

Die Torschreie und Wortlawinen derReporter, grundiert vom KlangkörperZehntausender Stadionbesucher – diesesKlanggemälde aus unzähligen Radios ge-hört gerade im Frühling, wenn die Bun-desliga in ihre finalen Wochen geht, zumSoundtrack der Samstags-Republik. Dasstimmliche Dramatisieren des Banalen,das Millionen Hörer in seinen Bannschlägt, ist Erzählkunst in Echtzeit undhöchster Verdichtung. Sie vermag etwasReales, Bildhaftes, aber Unsichtbares inWort und Stimme zu verwandeln und inder Phantasie des Zuhörers in Bilder zu-rückzuverwandeln. So erschafft sie denKlang des Wochenendes, die Musik einessorglosen Alltags.

Nun ist sie verstummt. Die Welt wirdleiser. Niemand schreit mehr. Schon garnicht tausendfach. Selbst die Vögel amMorgen, die man nun hört, da kaum einAuto mehr fährt, singen leiser als in unse-rer Erinnerung; aber vielleicht nur, weiles so wenige geworden sind, ganz ohnePandemie.

Endlich mal Ruhe, so etwas wünscht ersich ja gern, der beruflich, sozial, famili-är, nicht zuletzt sportlich ruhelose Parade-mensch der Moderne. Oft wird er alsMensch im Hamsterrad beschrieben – einlustiges Bild, weil der Hamster in seinemKäfig sich ja auch ohne jede Kenntnis sei-nes Body-Mass-Index wie sein Frauchenoder Herrchen auf dem Heimtrainer fithält. Auch die Leistungssportler, geradein Profiligen wie im Fußball, Handballoder Basketball, klagen oft über denStress, die Reisen, die Termine. Endlichmal Ruhe, das wär’s! Nun haben wir siealle, Sportler wie Nichtsportler, aber esist die falsche. Und wir merken, dass dieerzwungene äußere Ruhe innere Unruhenicht beendet, sondern verstärkt.

Corona schafft, was seit 75 Jahren nie-mand schaffte: den Sport stillstehen zulassen. Müssen wir uns an diese Stille,diesen Stillstand gewöhnen? Ist es einVorgeschmack auf eine Welt ohne Sport?Oder zumindest ohne den Sport, wie wirihn kannten? Es gäbe gewiss nicht weni-ge, denen das sogar gefiele. Für sie istSport immer wieder dasselbe. Ein Null-summenspiel. Einer gewinnt, die ande-ren verlieren. Wozu die ganze Aufre-

gung? Diese Haltung übersieht, dass derSport einem großen Teil der Welt etwasüber das reine Ergebnis, über Titel undRekorde hinaus liefert. Gefühle natürlichund Geschichten und Entertainment, vorallem aber auch etwas, das man erst be-merkt, wenn es fehlt. Es ist die Gestalt,die der Kalender des globalen Wett-kampfsports der gelebten Zeit gibt. Sportstrukturiert den Alltag, die Woche, dasJahr. Das vermissen wir, neben vielem an-deren, gerade auch.

Was gäben wir nicht dafür, nun einfacham Wochenende irgendwo Live-Sport zusehen. Einfach um zu spüren, dass Wo-chenende ist. Uns laut über einen seltsa-men Handelfmeter zu erregen. Meditativbeim Snooker die Ausführung des nächs-ten Stoßes zu erwarten. Gelassen die Rad-profis wie Nachfahren der Eisläufer in ei-nem Breughel-Gemälde durch Flanderngleiten zu sehen. Es stimmt, es ist irgend-wie immer wieder das Gleiche. Aber die-ses Gleiche fehlt.

Wie bei Sisyphos rollt immer wiederder gleiche Stein den Berg hinunter, nurdass der Mensch der Moderne den quälen-den Teil der Übung an den Berufssportlerausgelagert hat. Wenn wir ihm dabei zuse-hen, fühlen wir uns vergnügt, erregt, ge-bannt, kurz: lebendig. Wir, der Sisyphosauf dem Sofa, der den Sisyphos im Stadi-on beobachtet. Den einen wie den ande-ren muss man sich als einen glücklichenMenschen vorstellen.

Das heißt: derzeit also als einen un-glücklichen. Wie dem aktiven Sportler istdem passiven Sportler gerade ein Stückseines Lebens abhandengekommen. Wersich über die Jahre intuitiv seinen eigenengefühlten Sportkalender angeeignet hat,funktioniert vegetativ wie eine Pflanze,die stets weiß, welche Jahreszeit ist. Ihmreicht ein kurzer Blick auf den Sport, dergerade läuft. Ist es Skispringen und derKopf noch leicht benebelt, ist Neujahr.Wird an Lauberhorn und Hahnenkammatemraubend abgefahren und dazwischenbei einer Handball-WM oder -EM zuge-packt, ist die Rückkehr der Fußball-Bun-desliga nicht mehr weit, nach dem SuperBowl auch die der Champions League.Und dann ist bald schon März, und dageht es ja erst richtig los.

Na ja: ginge, müssen wir nun präzisie-ren und den inneren Kalender vorerst blo-ckieren. Die Radprofis, die uns von der Ri-

viera bis Roubaix den Frühling kurzweiliggestalten sollten, kommen nicht vomFleck. Die Snooker-WM im April ist auchschon passé. Fußball? Nur noch in Nicara-gua und Weißrussland. Und der Rest desvon Corona gerupften großen Sportsom-mers 2020 verflüchtigt sich von Tag zuTag mehr. Was uns darin noch erwartet:keine Fußball-EM, kein Olympia, besten-falls noch ein Fußball-Saisonfinale in en-gem Takt und leeren Stadien, ein Restpro-gramm als Rettungsschirm für eine ganzeBranche.

Und vielleicht, nach dem Plan vonFrankreichs Sportministerin, eine Geis-ter-Tour de France. Wie das wohl wäre?Stundenlange Übertragungen einer Rund-fahrt durch ein menschenleeres Land?Ein Film aus apokalyptischer Zukunft?Mad Max hat umgesattelt, fährt nun Renn-rad? Vielleicht schaute man sich das trotz-dem an. Der Sofa-Sportler wäre bis dahinwohl mürbe genug von der doppeltenQual: endlich viel Zeit zu haben und denliebsten Zeitvertreib nicht mehr.

Sport 2020 oder: Das großeNichts. Manche tun einfach,als wäre auch nichts. Die spa-nische Sportzeitung „Marca“diskutiert in ihrer Online-Ausgabe die Aufstellungen

fürs längst abgesagte Länderspiel gegenDeutschland. Auf der Website des FC Bay-ern kann man 2:24 Minuten lang den Pro-fis beim „Cyber-Training“ zusehen, dasim Videoclip aber eigentlich gar nicht socybermäßig aussieht, eher wie eine stink-normale Betriebsvideokonferenz, nur inSportkleidung und auf Heimtrainern stattBürosesseln – während dazu noch amFreitagvormittag eine Uhr die Zeit biszum nächsten Bayern-Spiel herunter-zählt. Acht Tage, fünf Stunden und 34 Mi-nuten hieß es da um fünf Minuten vorzwölf. Bis zum längst abgesagten Spiel inDortmund.

Sport, wie aus der Zeit gefallen. Kaderfür Länderspiele, die es nicht gibt. Count-downs für Liga-Gipfel, die es nicht gebenwird. Wenn doch, weiß niemand, wann.Und wer dann Lust darauf haben wird.Auf einen deutschen „Clásico“ vor dergrößten Stehplatztribüne der Welt, aufder niemand stehen, hüpfen, johlen wird?Fußball wird Fernsehspiel, Kammerspiel.Lustspiel war gestern.

Gegen diesen Phantomschmerz ist je-der rollende Ball als Medizin recht. AmMontag lief sogar nochmal Live-Fußballbei Dazn. Newcastle United Jets gegenMelbourne City, das letzte Spiel, ehe auchAustralien den Spielbetrieb einstellte. Ei-nes ohne Zuschauer, ohne menschlicheGeräusche also, so dass das abendlicheZirpen unzähliger Grillen einen neuenStadion-Sound schuf. Einen schönen Tref-fer schoss ein gewisser Nick Fitzgerald,der auf seinem Newcastle-Trikot mit derAufschrift „Football for Fires“ Werbungfür ein Benefizspiel machte – und demRest der Welt damit auch in Erinnerungrief, dass Corona nicht alles ist. Ja, dass esam anderen Ende der Welt nicht die einzi-ge und bisher nicht mal die schlimmsteKatastrophe des Jahres 2020 ist. Ob dasPromi-Spiel für die Opfer der verheeren-den Brände wie geplant am 23. Mai statt-finden kann? Ronaldinho wird es jeden-falls wohl nicht schaffen. Der einst trick-reichste Fußballer der Welt sagte zu, sitztnun aber wegen Passfälschung in Para-guay in eisenharter Manndeckung.

Ronaldinho spielt trotzdem im Dazn-Programm, als Sieger der Champions Lea-gue mit Barcelona 2006. Wie die Preppersind auch die Sparten- und Regionalsen-der mit reichlich Konserven eingedeckt.Die machen sie nun auf. Bei Dazn zumBeispiel laufen nun alle Final-Highlightsder Champions League. Besonders se-henswert, weil fast schon vergessen: dasgrandiose Tor von Dejan Savicevic 1994.Und die gymnastische Meisterleistungvon Patrick Kluivert ein Jahr später nachseinem Siegtor für Ajax. Er schafft es, imJubelsprint sein Trikot um 180 Grad zudrehen, ohne es auszuziehen, Arme raus,wieder rein, und so, warum auch immer,die Nummer 15 nach vorn zu bringen – alldas, bevor die ersten feiernden Mitspielerihn einfangen. Auch diese Albernheitenvon Sportlern gehören zum Glück, Sportzu schauen.

Vergessenkönnen ist gnädig, so lässtsich manches von dem, was nun aus Altbe-ständen als Ersatznahrung angebotenwird, noch mal schauen, als wär’s das ers-te Mal. Das nutzt sich ab, je näher mander Gegenwart kommt. Auch deshalbwohl lässt Sport1 die für die Osterzeit an-gekündigten historischen WM-Highlightsmit dem deutschen WM-Sieg 2014 enden.Für das Aus gegen Südkorea vier Jahre

später gibt es zum Glück keinen Sende-platz.

Ach, was gäbe man da nicht für ein we-nig frischen Sport. Irgendwann sind alleKlopapierwitze erzählt, und nach demZellstoff geht auch der Gesprächsstoffaus in diesen gleichförmigen Zeiten. Derleichte Stoff für das Gezwitscher des All-tags, den Schwatz mit dem Nachbarn, dasGeplapper mit den Kollegen über solchschöne Nichtigkeiten wie Fußball.

Aber es geht nicht anders.Der Sport, heißt es, brin-ge Menschen zusammen.Das ist das Schöne, aberauch das Tückische dar-an. Vielleicht sogar: das

Tödliche. Stimmen aus Italien schürten indieser Woche den Verdacht, dass das Cham-pions-League-Spiel zwischen Atalanta Ber-gamo und dem FC Valencia am 19. Februarfür die desaströse Corona-Verbreitung inder Lombardei und in Spanien als „biologi-sche Bombe“ gewirkt habe. So nennt esGiorgio Gori, der Bürgermeister von Berga-mo, der am härtesten von Covid-19 getrof-fenen Stadt. 44 000 dichtgedrängte Zu-schauer im Stadion boten dem Virus einenNährboden für die Verbreitung in Nordita-lien, wo erst vier Tage später die erste Coro-na-Infektion entdeckt wurde. Die Epide-mie sei in Bergamo „genau zwei Wochennach diesem Spiel explodiert“, stellte derMediziner Francesco Le Foche fest. Es ent-stand der Begriff vom „Spiel null“.

Der Nullpunkt war es nicht. Noch dreiWochen später, am 11. März, fand die Par-tie des Titelverteidigers FC Liverpool ge-gen Atlético Madrid vor vollbesetztenRängen an der Anfield Road statt. Die Er-innerung an die Bilder von vielen tausendfrenetisch feiernden Fans aus Madrid, ausder zu jenem Zeitpunkt schon verseuch-testen Metropole Europas, lässt schau-dern. Ebenso wie die Berichte, dass sichder Großteil aller skandinavischen Coro-na-Erkrankten beim Skifahren angesteckthabe – in Italien, in Österreich, dort vorallem in Ischgl, wo man das einträglicheWintergeschäft auch nach deutlichen Hin-weisen auf Infektionsherde lieber nochein bisschen laufen ließ.

Ist Fußball, ist Skifahren nun schlecht?Nein, es ist ja nicht der Sport, es ist die Ge-selligkeit, die er erzeugt. Und die Gier,daran zu verdienen. Das Bierchen da-nach, das Après-Ski-Gebussel, das Ge-schäft mit Sportfans und Sporttouristen.Nun ist, wie alles andere, auch der Sportin Quarantäne. Allerdings gehört er zuden Teilen unseres Lebens, die so etwasnicht sehr gut vertragen. Er braucht Bewe-gung und Begegnung. Aber Klagen hilftauch nichts. Die Katastrophe ist nicht derSport, ist auch nicht der Nicht-Sport. DieKatastrophe ist Corona. Und der Sportder Stunde heißt deshalb: No sports.Nicht im Fernsehen, nicht im Stadion,nicht im Verein, nicht im Fitnessstudio.Der Freund des Sports muss das aushal-ten. Es ist sein persönlicher Marathon. Erhat gerade erst begonnen.

Heuteein Baron

Gesternein Herrscher

Blickin das

Samstag (Auswahl)

ARD: 18.20 Uhr: Fußball-EM 2016, Deutsch-

land – Italien.

ZDF: 23 Uhr: Aktuelles Sportstudio (Gast:

Athletensprecher Max Hartung)

DRITTE PROGRAMME, SWR, 15 Uhr, Fuß-

ball-Klassiker, DFB-Pokalfinale, 14. Juni

1997: VfB Stuttgart – Energie Cottbus; HR,

17.15 Uhr: Das Pokalwunder der Eintracht.

Sonntag (Auswahl)

ZDF: 17.10 Uhr: Sportreportage.

DRITTE PROGRAMME: SWR (SR), 18:45

Uhr: Die Nummer 1 in Europa an der Platte

– die goldenen Jahre des ATSV Saarbrü-

cken; SWR, 21:45 Uhr: Der Sport in der Coro-

na-Falle, mit Karla Borger (deutsche Meiste-

rin Beachvolleyball), Niklas Kaul (Zehn-

kampf-Weltmeister USC Mainz), Matthias

Ginter (Fußball-Nationalspieler Bor. Mön-

chengladbach) und Miroslav Klose (Fuß-

ball-Weltmeister 2014) im SWR Fernsehen;

NDR, 23.35 Uhr: Sportclub, Trip to Tokio,

der verschobene Traum.

EUROSPORT: 9:30 Uhr: Radsport, Giro d‘Ita-

lia 2019; 10.30 Uhr: Radsport, Tour de

France 2019; 11.30 Uhr: Vuelta a España

2019; 23 Uhr: Olympische Winterspiele in

PyeongChang 2018.

Sport 1: 11 Uhr, Doppelpass, live, Fußball-

Talk mit Moderator Thomas Helmer; 15

Uhr: 16.15 Uhr: Doku „Inside United Volleys

– Profisport zwischen Traum und Wahn-

sinn“, Film über die Frankfurt United Vol-

leys.

Viel Zeit haben – und den liebstenZeitvertreib nicht mehr: Das ist hart. Es gehtnicht nur um das Entertainment. Sportstrukturiert den Alltag, das Jahr, gibt demKalender Gestalt. Der Freund des Sportsmuss die Leere aushalten –der Marathon hat gerade begonnen.

Von Christian Eichler, München

Nichts

Sport im Fernsehen

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Page 37: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28 03 2020

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Manche Tätigkeiten funktionieren nicht gut inheimischer Isolation. Das kann auf die Psyche schlagen.Gespräch mit einer Personalprofessorin.

Verreisen kann derzeit kaum jemand – wie schön wärees, den beantragten Urlaub einfach rückgängig zumachen! So leicht ist das aber nicht. Die Karrierefrage

Deutsche Studenten im Ausland erzählen,wie die Corona-Krise ihren Alltagdurcheinandergewirbelt hat.

Der junge Mann ist sympa-thisch und so naiv, wie er-folgsverwöhnte 17-Jährige

nun mal sind, die modelmäßig ausse-hen und das auch wissen. Arzt möch-te er werden. Das erzählt der Gymna-siast seit Jahren ungefragt jedem.Dazu fühle er sich berufen – das anre-gende Umfeld, die fordernden Fälle,die toughen Kollegen, das sei seins!Das Wissen, wie es sich als Arzt so ar-beitet, speist er aus Serien und machtsich darüber lustig – „klar, das sindmedizinische Märchenstunden“,grinst er abgeklärt. Jetzt mal imErnst: Freunde seiner Eltern sind Ärz-te, die bewundere er sehr. Nicht zu-letzt aufgrund ihres Sozialstatus unddes ansehnlichen Gehalts, wie er imLauf seines Geplappers fallenlässt.Auch seine Mutter wird nicht müdezu erwähnen, dass Carl, nennen wirihn so, Medizin studieren will. EtwasGlanz der künftigen Gottheit inWeiß, davon zeugt das eitle Beben inder mütterlichen Stimme, fällt auf dieFamilie.

Seit Corona ist das alles anders.Die Mutter schweigt sich über CarlsBerufspläne aus und stapft aus demRaum, um abermals die Hände zuschrubben. Der Sohn aber redet. Bil-der chinesischer Krankenhausflureund italienischer Intensivstationen ha-ben sich ihm eingebrannt: erschöpfteÄrzte in Schutzanzügen an BettenTodkranker. Grausame Entscheidun-gen darüber, wer an Beatmungsgeräteangeschlossen wird. Triage? Vorhernie gehört. Sachliche Virologen, dieNeuerkrankungen vorrechnen. Nein,so hart und gänzlich unglamourös hatsich Carl das mit der Medizin nichtvorgestellt. Extrovertiert, wie er ist,denkt er aktuell heftig darüber nach,Lehrer zu werden. Früher erschienihm das piefig. Nun schwärmt er inhöchsten Tönen vom wenig technik-affinen Englischlehrer, der sich in Re-kordtempo aufs Online-Unterrichteneingestellt hat. Nun punktet der kreati-ve Biologielehrer, der gute Tutorialsbestreitet. Quasi über Nacht findetCarl den Pädagogenberuf „ungeheuerkreativ“, „wirklich herausfordernd“,„super sinnvoll“, Lehrer seien „Hid-den Champions“. Dass es bei ihnennicht um Leben und Tod gehe, störtihn nicht. Eher im Gegenteil. Will-kommen in der Wirklichkeit!

Carl hat eine harte Lektion gelernt.Die ehrgeizige Frau Mama arbeitetnoch dran. „Wobei ... Biolehrer kön-nen ja auch promovieren ...“ Sie sagtdas mehr zu sich als zu ihrem geläuter-ten Sohn.

DURCH CORONA DROHT DER BOREOUT „ICH HATTE 30 STUNDEN, UM DA RAUSZUKOMMEN“WAS PASSIERT IN DER KRISE MIT MEINEM URLAUB?

60Prozent derBeschäftigten,die in derCorona-Krise

im Homeoffice arbeiten, kommengut damit klar. Rund 28 Prozentsagen, es funktioniere für sieschlecht oder „eher schlecht“.Quelle: Civey-Umfrage im Auftragdes TÜV Rheinland

Willkommen in

der Wirklichkeit!

Von Ursula Kals

Die vordere Tür bleibt ge-schlossen. „Kein Ticket-verkauf im Bus“ stehtauf dem Schutz-Schild.So fühlt sich die Aache-ner Busfahrerin Marion

Köhnen einigermaßen sicher. „Ich sitzehinter einer Fahrertrennscheibe.“ Dasssich morgens keine Schüler mehr hinteroder neben ihr drängeln und die Studen-tenlinien Richtung Uniklinikum fast men-schenleer sind, entlastet die 54 Jahre alteFahrerin zusätzlich. Es gibt die Empfeh-lung, Tickets per App zu kaufen, um per-sönliche Kontakte zu vermeiden. „DieOma ohne App, das sage ich Ihnen ganzehrlich, die nehme ich einfach umsonstmit“, sagt Köhnen.

Marion Köhnen arbeitet in einem derBerufe, über die bis vor kurzem kaum ei-ner sprach, die jetzt aber in aller Mundesind. In vielen Bundesländern gilt deröffentliche Personennahverkehr als „sys-temrelevant“, ebenso wie Berufe im Ge-sundheitswesen, bei der Feuerwehr undPolizei, in der Justiz, IT, Logistik, Ver-und Entsorgung, Ernährung und Hygie-ne. Manche Bundesländer, etwa Nord-rhein-Westfalen, sehen auch in Journalis-ten eine kritische Gruppe. Abends, wennes dunkel wird, versammeln sich dieserTage in vielen Städten Menschen auf ih-ren Balkonen und an geöffneten Fensternund klatschen Applaus für die „systemre-levanten“ Berufsgruppen, vor allem fürdie ansonsten wenig beachteten Schwes-tern und Pfleger in den Krankenhäusern,für Putzkräfte auf Klinikfluren, für Kassie-rerinnen im Lebensmittelgeschäft – undauch für Busfahrerinnen wie Marion Köh-nen. Denn viele von ihnen haben noch et-was gemeinsam: Nicht nur ist ihre Tätig-keit in Krisenzeiten von essentieller Be-deutung für das Überleben von Menschenund der Gesellschaft. Die meisten von ih-nen sind auch einem überdurchschnitt-lich hohen Ansteckungsrisiko ausgesetzt,weil sich ihre Tätigkeit nun einmal nichtin den sicheren vier Wänden eines Home-office verrichten lässt.

Das gilt auch für die Beschäftigtender Großstadt-Apotheke im SüdwestenDeutschlands, in der die 26 Jahre alteLena-Maria Altin arbeitet. Auch hier hatsich der Ansturm zuletzt etwas beruhigt.„In den vergangenen Wochen haben sichviele mit Medikamenten, die sie regelmä-ßig nehmen müssen, eingedeckt“, sagt Al-tin. Aktuell klingele vermehrt das Tele-fon, aber Kunden, die Bonbons oder Na-senspray kaufen, kämen kaum noch. DieRuhe kommt nach zuvor hektischen Ta-gen. Als Gesundheitsminister Jens Spahn(CDU) für Risikopatienten eine Pneumo-kokken-Impfung, die gegen viele Erregervon Lungenentzündung hilft, empfohlenhatte, ging es in der Apotheke hoch her:Bei dem vorgesehenen Impfstoff gab esgerade einen Lieferengpass. Viele Patien-ten hätten stattdessen einen vergleichba-ren Stoff bekommen, der eigentlich fürNeugeborene vorgesehen ist, sagt Altin.Fieberthermometer seien ebenfalls eineWeile sehr gefragt gewesen, und nachdemdie Weltgesundheitsorganisation kurzzei-tig vor der Einnahme des SchmerzmittelsIbuprofen gewarnt hatte, wollten plötz-lich alle Paracetamol haben.

„Eine neue Bewertungberuflicher Risiken“Seit vergangener Woche sind auch in derApotheke, in der Altin beschäftigt ist, Ple-xiglaswände installiert. Medikamentegebe es nur noch durch eine Durchreiche.Schutzausrüstung ist knapp, aber vorhan-den. „Eine Kollegin telefoniert jeden Mor-gen unsere Großhändler ab und fragtnach Kitteln, Atemschutzmasken undDesinfektionsmittel“, berichtet Altin. Co-rona-Infizierte oder ihre Kontaktperso-nen dürfen nur durch die Notdienst-Klap-pe bedient werden, alle zwei Stunden des-infiziert das Team alle Oberflächen undTürgriffe.

Plexiglas, Desinfektionsmittel und Kun-denabstand – all das könnte bleiben, auchnach dem Abflauen der Corona-Krise,glaubt Britta Matthes, die Leiterin derForschungsgruppe „Berufliche Arbeits-märkte“ am Institut für Arbeitsmarkt-und Berufsforschung in Nürnberg, daszur Bundesagentur für Arbeit gehört. Siesieht nicht weniger als eine kompletteNeuordnung der Berufswelt herannahen.„Es wird eine neue Bewertung berufli-cher Risiken durch Infektionswahrschein-lichkeiten geben“, ist sie überzeugt. Mat-thes befasst sich derzeit intensiv mit derFrage, wie hoch die Ansteckungsgefahr inverschiedenen Berufsfeldern ist. Sie sagt,es sei schwierig, die „Stärke“ beruflicherKontakte zu messen, und unterscheidetsieben Kategorien solcher Kontakte; an-gefangen mit Berufen, in denen körperli-che Berührung unvermeidlich ist, wieetwa im Fall von Pflegepersonal, bis hinzu Kontakten, bei denen lediglich mit an-deren Menschen in Projekten zusammen-gearbeitet wird – und die mittlerweilegrößtenteils durch elektronische Kommu-nikationswege ersetzt sein dürften. „Amstärksten gefährdet sind diejenigen, dieengen körperlichen Kontakt zu Infizier-ten haben oder zu Materialien von Infi-zierten.“ Sie nennt medizinisches Perso-nal, Reinigungskräfte und Bestatter. Das

zweithöchste Risiko habe die Gruppe je-ner Berufstätigen, die Menschen zu Hauseaufsuchen: „Beispielsweise Handwerker,Putzkräfte, Lebensmittellieferanten oderMitarbeiter des Jugendamtes, die in Kri-senfällen zu Familien hingehen müssen.“Erst an dritter Stelle auf der Skala der ge-fährdetsten Arbeitnehmer stuft sie Men-schen ein, die in ihrem Alltag eine hoheKontaktintensität mit vielen anderen,aber ganz überwiegend gesunden Men-schen haben, so etwa Bus- und Bahnfah-rer oder Kassierer im Supermarkt. „Siekönnen relativ gut geschützt werden, zumBeispiel durch die Plexiglasscheiben, diejetzt immer häufiger in den Läden auftau-chen. Ein Risiko für sie ist aber beispiels-weise das Bargeld, auf dem sich die Virenmöglicherweise halten und per Schmierin-fektion weitergegeben werden.“

Im Grundsatz bestätigt Matthes jeden-falls: Das Ansteckungsrisiko ist tenden-ziell vor allem in den Berufen hoch, diejetzt gerade als „systemrelevant“ bezeich-net werden.

Medizinisches Personalals „Kanonenfutter“Bildlich hat das kürzlich der französischeArzt Alain Colombié in den sozialen Me-dien deutlich gemacht: Nackt und nur miteiner Kopf- und Armbinde bekleidet, po-siert er auf einem Foto. Er bezeichnetsich selbst als „Kanonenfutter“, das medi-zinische Personal werde ohne jeglichenSchutz in den Kampf gegen Corona ge-schickt. Die öffentlichen Töne in Deutsch-land sind derzeit noch weniger drastisch.

Aber auch hierzulande betonte der Ar-beitsminister Hubertus Heil (SPD) vergan-gene Woche in einem Interview mit denZeitungen der Funke Mediengruppe:„Leistungsträger sind nicht nur Krawat-tenträger, sondern auch diejenigen, diejetzt im Supermarkt an der Kasse sitzen,die in Krankenhäusern Zusatzschichtenschieben oder weiterhin unseren Müll ent-sorgen.“ Zum Teil auch hierzulande ohnebesonderen zusätzlichen Schutz vor demVirus. So berichtete etwa eine KölnerArzthelferin davon, dass sie bis zum ver-gangenen Freitag ohne Schutzkleidung ar-beiten musste, sich schließlich geweigerthabe und nun erst seit diesem Dienstagdie entsprechende Ausrüstung zur Verfü-gung gestellt bekommt.

Nicht nur sind Menschen in sogenann-ten systemrelevanten Berufen besonders

gefährdet, sich selbst mit dem Corona-virus anzustecken. Sie werden auch –zumindest in „normalen“ Zeiten – nichtsonderlich wertgeschätzt und unterdurch-schnittlich bezahlt. Im Median verdienenetwa Verkäufer in Deutschland der Platt-form Gehalt.de zufolge 28 000 Euro brut-to im Jahr, Krankenpfleger 38 500 Euro(siehe F.A.Z. vom 23. März). Damitliegen die Einkommen deutlich unterdem durchschnittlichen Jahresbrutto-lohn von vollzeitbeschäftigten Arbeit-nehmern in Höhe von 46 500 Euro, dersich aus der vierteljährlichen Verdienster-hebung der statistischen Landesämterablesen lässt. Es gibt indes Ausnahmen:Für die zweifellos auch systemrelevantenOberärzte etwa weist Gehalt.de einJahresbrutto von 121 000 Euro aus. DasDeutsche Institut für Wirtschafts-forschung (DIW) Berlin hat zudem in ei-ner aktuellen Analyse die derzeitigeWichtigkeit von Berufen ins Verhältniszu deren Prestige gesetzt. Heraus kam:Die systemrelevanten Berufsgruppenweisen im Schnitt ein klar geringeresPrestige auf als der Gesamtdurchschnittaller Berufe. „Besonders auffällig ist dasgeringe Ansehen für Reinigungsberufe,aber auch für Berufe im Bereich Post undZustellung sowie für FahrzeugführerIn-nen im Straßenverkehr“, schreibt dasInstitut.

Das bekommt auch die BusfahrerinMarion Köhnen teilweise zu spüren. Diemeisten Fahrgäste hätten es zwar gut auf-genommen, dass sich die Fahrer abschot-ten. Wenige hätten allerdings auch „ge-gen die Tür getreten, den Kopf geschüt-telt oder mir einen Vogel gezeigt“, sagtsie. „Die haben den Ernst der Lage nichtverstanden und nicht, dass das zu unseraller Schutz ist.“ Im Homeoffice säße essich jetzt sicherer, aber trotz oder geradeaufgrund des Publikumsverkehrs mag sieihre Arbeit. „Es ist ein Wahnsinnsgefühl,so ein Fahrzeug zu steuern, ich finde dastoll, ich wollte nichts anderes mehr tun.Auch jetzt nicht.“

Systemrelevant für diedigitalen KontakteWas Fachleuten wie Britta Matthes aller-dings wichtig ist in diesen Tagen: DieGleichung systemrelevant = hochanste-ckend geht nicht für alle Berufe auf. Wasbeispielsweise Denise Dittrich mit ihremTeam stemmt, ist im ganz wörtlichen Sin-ne systemrelevant. Dittrich ist stellvertre-tende Leiterin in der Informationstech-nik der Rheinisch-Westfälischen Hoch-schule (RWTH) Aachen. „Systeme undBetrieb“ heißt ihre Abteilung. Dittrichhält buchstäblich die Systeme der Hoch-schule am Laufen, legt den Grundsteindafür, dass Bildung in diesen Zeiten digi-tal stattfinden und dass ein kompletterUni-Betrieb weiterarbeiten kann. „DerBereich Bildung wird gern vergessen“,sagt Arbeitsmarktforscherin Matthes mitBlick auf die Wichtigkeit von Berufsgrup-pen. „Gerade geht die Debatte nur überdie Grundversorgung mit Gesundheits-dienstleistungen, Nahrungsmitteln undvielleicht noch Produkten aus dem Bau-markt.“ Dabei sei Bildung in der mittle-ren Frist ebenfalls zu den Grundbedürf-nissen zu rechnen – und keinesfalls zuvernachlässigen.

Am vergangenen Montag gab es fürDittrich und ihre Kollegen eine Premie-re, die ITler haben das Programm „Micro-soft Teams“ installiert und nach einerWoche intensiver Vorbereitungszeit da-mit begonnen, allen Mitarbeitern imHomeoffice unkomplizierte Kommunika-tion miteinander zu ermöglichen. „Wirhatten das schon länger technisch vorbe-reitet, jetzt musste es schnell gehen“,sagt Dittrich. Ein Großteil der Hoch-schulmitarbeiter sitzt mittlerweile imHomeoffice, Denise Dittrich war eineder Ersten, denn sie wohnt im KreisHeinsberg, den manche „Corona-Hot-spot“ nennen.

Dittrichs Team kümmert sich an derRWTH um die Netzwerk-Infrastruktur, dieServersysteme, die Anwendungen, umalles, was windowsbasiert ist, dasMailsystem und das Campus-Manage-mentsystem, worin die Studierenden dieNoten erfassen, ihre Prüfungsergebnisseerfahren, sich online zu Veranstaltungenanmelden. Gefragter denn je ist die digita-le Lehr- und Lernplattform der Uni, die ak-tuell stark ausgebaut wird. „Wir sind unterHochdruck dabei, damit das läuft. Das Di-gitalisieren der Vorlesungen für mehr als160 Studiengänge wird im Akkord fokus-siert.“ Zweimal in der Woche schaltensich ihre 13 Mitarbeiter zusammen, sonstnach Bedarf und Thema. „Wir chattenfast die ganze Zeit. Noch leiden wir nichtdarunter, keinen persönlichen Kontaktzu haben.“ Was ihr noch wichtig ist: „Soein Homeoffice kann nur gut funktionie-ren, wenn alle mitspielen. Darauf musssich der Einzelne einlassen, sonst ist manirgendwie allein.“

Isoliert und digital verbunden – dasscheint das neue Motto dieser Zeit zusein. Arbeitsmarktforscherin Britta Mat-thes fände es deshalb auch berechtigt,wenn die Leute auf den Balkonen für IT-ler wie Denise Dittrich mitklatschten,die unsere digitalen Kontakte aufrecht-erhalten. Immerhin sind es die einzigenKontakte, die vielen Berufstätigen der-zeit noch bleiben.

Für mehr Sicherheit des Personals: Verhaltenshinweise an der Tür einer Apotheke. Foto Katja Hoffmann/Laif

In der Corona-Krise sind die Selb-ständigen stark in den Blick der Öf-fentlichkeit gerückt. Schließlich tra-gen sie anders als Angestellte ihr ei-genes unternehmerisches Risiko.Das Statistische Bundesamt hat die-se Woche Zahlen dazu veröffent-licht, wie groß der Betroffenenkreisüberhaupt ist. Demnach waren imJahr 2018 von den 41,9 Millionen Er-werbstätigen in Deutschland 4 Millio-nen selbständig. Das waren 9,6 Pro-zent. Von ihnen waren 2,2 Millionenals sogenannte Solo-Selbständige tä-tig, führten also ein Ein-Personen-Unternehmen ohne Angestellte. DerRest hatte entweder einen oder meh-rere Beschäftigte.

Die meisten Selbständigen warenden Angaben zufolge Freiberufler imBereich von wissenschaftlichen odertechnischen Dienstleistungen. Da-nach folgten der Handel, der nachder Definition der Statistiker auch Au-towerkstätten mit einschließt, unddas Baugewerbe. Unter den Freiberuf-lern bangen in der Corona-Krise vorallem diejenigen um Aufträge, diemit abgesagten Veranstaltungen zukämpfen haben, etwa im Kulturbe-trieb. nab.

NINE TO FIVE

Corona-Helden

4 MillionenSelbständige

Die Berufswelt ordnet sich in der Krise neu.Auf einmal zählen nur noch zwei Dinge: Wie riskant ist

eine Tätigkeit – und wie wichtig für das Überlebenvon Mensch und Gesellschaft?

Von Nadine Bös, Benjamin Fischer, Ursula Kalsund Jessica von Blazekovic

ZAHL DER WOCHE

NR. 75 · SEITE C 1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG 28. MÄRZ 2020Beruf und Chance

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SEITE C 2 · 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGBeruf und Chance

Der 31. März istbei manchem rot im

Kalender markiert. Denndas Datum bedeutet für viele

Arbeitnehmer: Urlaub aus demVorjahr, den sie bis zu diesem Stichtagnicht genommen haben, verfällt endgültig– und ohne Ersatz. Der letzte Märztag giltals allerletzte Gelegenheit, übriggebliebe-nen Urlaub einzulösen.

Derzeit dürften es aber noch viel weitergehende Urlaubsfragen sein, die den Be-schäftigten Kopfzerbrechen bereiten:Nicht nur manch teure und mit viel Vor-freude geplante Reise musste wegen derCorona-Krise abgesagt werden. In vielenUnternehmen ist es nicht möglich, denschon genehmigten Urlaub für Oster- oderPfingstferien wieder zurückzunehmen.Zwar haben viele Menschen wegen Kon-taktbeschränkungen, Reisewarnungenund stornierten Flügen überhaupt keineLust auf Urlaub in den eigenen vier Wän-den, rein rechtlich gesehen, bleibt jedochvielen kaum eine Alternative. Denn eineinmal genehmigter Urlaub gilt – für beideSeiten. Beschäftigte können ihn genausowenig rückgängig machen wie Chefs. Daskommt in der derzeitigen Lage Arbeit-gebern zugute, die verhindern möchten,dass in Zeiten nach der schlimmstenCorona-Krisenwelle massenhaft Urlaubabgebaut wird und die Unternehmensfluresich deshalb leeren. Von dieser Regelungkennt das Bundesurlaubsgesetz nach Anga-ben des Deutschen Gewerkschaftsbundes(DGB) nur eine einzige Ausnahme: Er-krankt der Arbeitnehmer während des Ur-laubs, kann er aus diesem Grund nicht frei-nehmen, und der Urlaubsanspruch bleibtbestehen. Wie es sich aktuell verhält,wenn der Arbeitnehmer nicht krank ist,aber unter Quarantäne steht, ist dem DGBzufolge nicht ganz klar, eine Quarantänekönne aber den Verhandlungsspielraumvon Mitarbeitern vergrößern.

Klar ist, dass Chefs, selbst wenn sienicht auf schon vereinbarten Osterurlau-ben bestehen, sicherlich immerhin dar-auf pochen werden, zumindest den Rest-

urlaub aus dem Vorjahr zu nehmen. EineÜbertragung über den Jahreswechsel hin-aus ist nämlich auch normalerweise nurunter bestimmten Umständen möglich.Denn die übliche Urlaubs-Deadline ist ei-gentlich schon Ende des Jahres. „Ein Ur-laubsjahr endet nach gesetzlicher Vorga-be mit dem Ablauf des jeweiligen Kalen-derjahrs“, sagt Florian Christ, Fachan-walt für Arbeitsrecht bei der Reiserer Bie-singer Rechtsanwaltsgesellschaft in Hei-delberg. Das heißt: Laut Bundesurlaubs-gesetz müssen Arbeitgeber ihren Mitar-beitern den bezahlten Jahresurlaub imlaufenden Kalenderjahr gewähren – undArbeitnehmer müssen diesen auch imLaufe des Jahres in Anspruch nehmen.Es gibt jedoch Ausnahmen: Aus soge-nannten dringenden betrieblichen Grün-den lassen sich Urlaubstage auf dasnächste Kalenderjahr übertragen. DerChef kann seinem Mitarbeiter im laufen-den Jahr beispielsweise den Urlaub ver-wehren, wenn er seine Hilfe beim Fertig-stellen eines Projekts benötigt. Auchmöglich: Der Chef ist auf alle helfendenHände angewiesen, um den Jahresab-schluss zu erstellen oder das Saisonge-schäft zu bewältigen – und lehnt deshalb

Urlaubsanträge ab. „Dann haben Arbeit-nehmer das Recht, ihre offenen Urlaubs-tage noch bis Ende März des Folgejahreszu nehmen“, sagt Christ.

Auch bestimmte persönliche Gründekönnen es Arbeitnehmern ermöglichen,ihren Resturlaub mit ins nächste Jahr zunehmen. Etwa wenn ein Arbeitnehmerfür längere Zeit krank war. „Wenn Mitar-beiter erkranken, darf ihr Urlaub nicht er-satzlos gestrichen werden“, sagt Christ.Die restlichen Urlaubstage lassen sichdann nicht nur bis zum 31. März des dar-auffolgenden Jahres einlösen, sondernbleiben sogar 15 Monate gültig.

Wer denkt, dass er Urlaubstage überein Kalenderjahr hinaus ansammelnkann, um sich einfach eine besonders lan-ge Auszeit zu leisten, der irrt. Falsch liegtauch, wer davon ausgeht, dass er sichrestliche Urlaubstage auszahlen lassenkann. „Manch einer behauptet, keinenUrlaub zu brauchen, oder möchte lieberein Extragehalt bekommen, um zum Bei-spiel größere Anschaffungen zu finanzie-ren oder offene Rechnungen zu be-gleichen“, sagt Stephan Weber, LeiterProduktentwicklung beim Berliner Soft-wareentwickler Payfit, der ein digitales

Tool zur Gehaltsabrechnung und Arbeits-zeiterfassung vertreibt. „Aber das ist un-zulässig. Urlaub ist dafür da, sich zu er-holen.“ Urlaub soll die eigene Arbeits-kraft und Gesundheit erhalten – und da-mit ist es auch im Interesse von Arbeitge-ber und staatlichem Gesundheitssystem,dass Beschäftigte ihn einlösen. EinzigeAusnahme: Kündigt ein Unternehmenseinem Mitarbeiter, kann es sein, dass esihm seine offenen Urlaubstage nichtmehr gewähren kann. Dann muss es denResturlaub abgelten.

In Sachen Urlaubsanspruch müssen Ar-beitgeber wie Mitarbeiter bestimmtenPflichten nachkommen. „Arbeitnehmersollten ihren Urlaub mindestens 14 Tagevor geplantem Antritt bei ihrem Chef be-antragen. Der wiederum sollte sich inner-halb von sieben bis zehn Tagen dazu zu-rückmelden“, sagt Weber. Arbeitgebermüssen ihre Mitarbeiter daran erinnern,ihren Urlaub zu nehmen. Das haben Rich-ter des Europäischen Gerichtshofs(EuGH) vor rund einem Jahr entschie-den. „Wenn sie das nicht tun, dürfen Rest-urlaubstage nicht automatisch EndeMärz verfallen“, sagt Weber.

Rechtsanwalt Christ empfiehlt Be-schäftigten einen Blick ins Kleingedruck-te des eigenen Vertrags. „In vielen Ar-beitsverträgen gehen die Bestimmungenzugunsten der Arbeitnehmer über die ge-setzlichen Vorgaben hinaus.“ Das kön-nen zum Beispiel mehr Urlaubstage seinals gesetzlich vorgeschrieben. Im Vertragkann aber auch stehen, dass Urlaub aufsnächste Jahr übertragen werden oder ge-nerell nicht verfallen kann.

Die Corona-Krise kann allerdings lautChrist sogar zu dem ansonsten seltenenFall führen, dass Arbeitgeber ihre Mitar-beiter in den Urlaub schicken können,auch wenn sie ihn eigentlich erst späterbeantragen wollten. Denn in der jetzigenAusnahmesituation dürfen Arbeitgeberihre Mitarbeiter dazu anhalten, ihre be-stehenden Urlaubsguthaben zumindestin Teilen abzubauen. Erst dann könnensie nämlich Kurzarbeit einführen, erklärtChrist. Das hat knallharte Gründe: „Esgeht aktuell vorrangig um den Erhalt vonArbeitsverhältnissen, nicht um die indivi-duelle Urlaubsplanung Einzelner.“

Muss ich trotzder Krise meinenUrlaub nehmen?

Frau Stock-Homburg, Burnout ist jabekannt. Sie beschäftigen sich mit demGegenteil, demBoreout.Was ist das ge-nau, und wird das durch Corona gera-de ein ganz wichtiges Phänomen?

Boreout und Burnout hängen eng zu-sammen. Wenn Menschen zu wenig ge-fordert werden, zu wenig Input von au-ßen bekommen und zu wenig lernen,droht womöglich ein Boreout. Ist es zuviel von allem, steigt die Gefahr für einBurnout. Wir untersuchen eigentlichSzenarien, wonach Menschen im Jahr2030 noch für vier Stunden Arbeit amTag haben werden. Da stellt sich dieFrage, wie wir damit umgehen, auchum Boreout zu vermeiden. Doch dieCorona-Isolation führt nun plötzlichschon ganz aktuell zu einer großenBoreout-Gefahr.

Was ist das Besondere an der aktuel-len Lage durch Corona?

Keiner weiß, wie lange die Phase an-dauert, wann sozusagen ein Licht amEnde des Tunnels in Sicht ist und dieMaßnahmen zur Isolation gelockert wer-den. Solche extreme Unsicherheit inVerbindung mit immer neuen Maßnah-men können Menschen traumatisieren.

Was sind die Anzeichen für Boreout?Es gibt im Grunde drei wichtige Fa-

cetten: Langeweile, eine Sinnkrise undUnklarheit über die eigenen Entwick-lungen. Im Falle von Corona also Lange-weile zu Hause, eine Sinnkrise auf-grund der Bedrohung und Unklarheitdarüber, dass die Menschen nicht wis-sen, wo die Reise hingeht.

Wer von seiner Arbeit gelangweilt ist,muss also noch lange nicht Boreout ge-fährdet sein?

Nein, manche Menschen langweiltvielleicht ihr Job, aber sie verstehen,dass eine aktuelle berufliche Situationeinem übergeordneten Ziel, zum Bei-spiel einem nächsten Entwicklungs-schritt, dient. Gefährlich wird es, wenn

sie das Gefühl haben, in einer Sackgassefestzustecken, und keine Perspektivemehr sehen.

Nun ist Boreout kein klinischer Be-griff. Welche Auswirkungen hat Bore-out auf die Gesundheit?

Boreout selbst kann relativ schnell be-hoben werden, und zwar dadurch, dassman den Tätigkeitsbereich verändert,wie zum Beispiel durch einen Projekt-oder Abteilungswechsel oder notfallsdurch Kündigung. Kritisch sind die Fol-gen von Boreout, wenn dieser Zustandüber eine längere Zeitdauer anhält. Hiersprechen wir von psychologisch gravie-renden Auswirkungen, wie Depressio-nen und Angststörungen, unter denenin Deutschland bereits heute jeder Vier-te leidet.

Wie kann man selbst gegen die Gefahrvorgehen?

Es gibt im Grunde zwei wichtige An-satzpunkte, durch die jeder einzelnesich mental fit für die Krise machenkann: psychologische und physischeFaktoren, die eng miteinander zusam-menhängen. Bei der ersten Gruppe vonMaßnahmen geht es darum, mental einGefühl der Kontrolle zurückzuerlangen.Dies kann durch das Pflegen sozialerKontakte erreicht werden, derzeit natür-lich eher digital statt persönlich. Zudemkann man sich in der Gesellschaft ein-bringen, indem man Risikogruppenhilft, etwa durch Einkaufen. Man kannErfolgserlebnisse schaffen, zum Bei-spiel, indem man neue Dinge machtoder lernt. Dazu kommen noch physi-sche Faktoren: Man muss in Bewegungbleiben.

Welche Folgen befürchten Sie, wenndie derzeitige Phase noch länger an-dauert?

Je länger diese Phase andauert, destogrößer wird die Gefahr, dass eine ganzeGeneration psychologisch traumatisiertwird. Es geschieht derzeit viel zu wenig,um den Menschen bewusst zu machen,wie wichtig es ist, sich mental nicht hän-genzulassen, weil sie vielleicht ihrer Ar-beit und ihren Hobbys nicht richtig nach-gehen können. In der öffentlichen Dis-kussion werden psychische Sekundär-schäden leider stark unterschätzt undkaum bedacht.

Hat die aktuelle Situation in diesemSinne auch etwas Positives?

Im Grunde hat uns eine mögliche Zu-kunft früher eingeholt, als wir dachten,wenn auch durch einen anderen Auslö-ser. Wir sollten jetzt die Chance nutzen,uns für ein Phänomen zu wappnen, vondem wir dachten, dass es erst in relativweiter Zukunft zu einem großen Themawerden wird. Mit den genannten Maß-nahmen kann man viel auffangen.

Das Gespräch führte Benjamin Fischer.

Die TU Darmstadt führt eine Online-Studie

zu den Auswirkungen der Corona-bedingten

Einschränkungen für Arbeitnehmer durch.

Die Teilnahme ist unter folgendem Link

möglich: www.cofit4u.de.

Ruth Stock-Homburg ist Professorinfür Marketing und Personalmanage-ment an der Technischen UniversitätDarmstadt. Foto Jakub Kaliszewski

Foto

ddp

DIE KARRIEREFRAGE

„Corona-Isolation führtzu Boreout-Gefahr“Personal-Professorin Ruth Stock-Homburg spricht überdie psychologischen Gefahren der aktuellen Krise.

Bis zum 31. März müssen Arbeitnehmer ihrenResturlaub abtragen. Darauf hat dieses Jahr

fast keiner Lust. Ebenso wenig auf Osterferien.Aber viele haben keine andere Wahl.

Von Kristina Wollseifen und Nadine Bös

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FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG 28. MÄRZ 2020 · NR. 75 · SEITE C 3Campus

Wäschekorb als Schreibtisch

An der Ramon-Llull-Universität in Barce-lona ist das Coronavirus schon Thema,bevor es ganz Spanien in den Griffnimmt. Ende Februar sitzt Maike Stemm-ler in einem Seminar und diskutiert mitanderen Studierenden am Beispiel derweit entfernten Gesundheitskrise inChina, wie sich in Zeiten von ständigenVeränderungen Prognosen machen las-sen. „Da war das noch nicht so wirklichreal“, sagt sie. „Und jetzt ging das allesrelativ schnell.“

Stemmler studiert normalerweise imMasterstudiengang Medienwissenschaftin Bonn. Für ein Auslandssemester istdie 25-Jährige aber Anfang Februar nachBarcelona gekommen. Seit Mitte März istihre Gastuniversität wegen der Corona-Krise geschlossen, die sich in Spanienmittlerweile beinahe so verheerend ent-wickelt wie in Italien. Das Land hat dieAusgangssperre verhängt. Stemmler darfihre Wohngemeinschaft, in der sie mitdrei Mitbewohnern lebt, nur noch zumEinkaufen verlassen. „Draußen gehensich die Leute absichtlich aus dem Weg,so eine Art Menschenslalom ist das“,sagt sie. Im Supermarkt gebe es Plastik-handschuhe, die müsse jeder anziehen.„Man schleicht durch die Regale. Danngeht man wieder.“ Alles fühle sich an wiein Zeitlupe, sagt sie.

Drinnen gewöhnt sich die WG lang-sam an den neuen Alltag. „Gegen 14 Uhrmacht sich jeder Mittagessen. Um 18 Uhrmachen meine Mitbewohnerin und ichSport.“ Ihre Unikurse macht Stemmlernun online. „Das hilft, um eine Tages-struktur zu haben. Aber ich habe keinenSchreibtisch im Zimmer.“ Ursprünglichhatte sie geplant, in der Bibliothek zu ler-nen. Damit sie im Stehen arbeiten kann,steht ihr Laptop auf einer Kombinationaus Abstelltisch und umgedrehtem Wä-schekorb. Nicht mehr aus dem Haus zugehen ist alltäglich geworden. „Ich weißgerade nicht, wie viel Grad es draußenist“, sagt sie. „Es ist aber auch ein biss-chen egal.“ Als die spanische Regierungam vergangenen Wochenende weitere Re-gelungen erlässt, meldet Stemmler sichmit einer kurzen Nachricht: „Ausgangs-sperre wurde um 15 Tage verlängert.“ BisMitte April soll sie dauern. Diesen Sams-tag ist Stemmler schon zwei Wochen inQuarantäne.

Einreise mit Herzklopfen

Einige Wochen durch Südostasien zu rei-sen und dann für ein Semester an derChung-Ang-Universität in Seoul zu stu-dieren – das war der Plan von MatthiasWeitkämper. Als seine Gastuniversitäterst den Semesterstart auf Mitte März ver-

schiebt und dann die Kurse erst mal nuronline anbietet, verlängert der 25-Jähri-ge seine Reise. Aber nach drei Tagen aufder philippinischen Insel Palawan istSchluss. Die philippinische Regierunggibt bekannt, dass alle Flughäfen schlie-ßen. „Ich hatte 30 Stunden, um da rauszu-kommen. Hinterher hieß es zwar, dassTouristen auch nach der Frist ausreisenkönnen, aber das wussten wir zu diesemZeitpunkt nicht.“ Weitkämper kann sichfür diesen Tag kein neues Ticket mehrkaufen, alle Flüge vom kleinen Inselflug-hafen sind ausgebucht. „Die Vorstellung,vier Wochen auf den Philippinen zu sit-zen – man weiß ja nicht, ob es bei denvier Wochen bleibt –, das war schon ir-gendwie dramatisch“, sagt der Student.Ein Airline-Mitarbeiter rät ihm zu einemanderen Flughafen auf der Insel, sechsStunden entfernt, aber länger geöffnet.Dort angekommen kann er über einenZwischenstopp nach Seoul fliegen. DerMasterstudent, der eigentlich Unterneh-menskommunikation in Mainz studiert,überlegt zu diesem Zeitpunkt, ob er nachDeutschland zurückfliegen soll. Dennauch die nächtliche Einreise in Südkoreaverläuft nicht ganz ohne Herzklopfen.„Die haben sich da echt sehr, sehr genaumeinen Reisepass angeschaut, mit drei

Leuten.“ Am nächsten Tag kann er sichdas erste Mal entspannen. „In der Stadtwar alles weitgehend normal. Die Lädenwaren geöffnet, die Leute haben in Cafésgesessen.“

Weitkämper entscheidet sich, in Seoulzu bleiben. „Es wirkt so, als hätten die dasrelativ gut im Griff hier“, sagt er. In derStadt dürfe er sich frei bewegen, aber ermüsse das koreanische Gesundheitsminis-terium jeden Tag per App informieren:„Da muss man ankreuzen, ob man Fieberund andere Symptome hat oder nicht.“

Kurz vor der Sperre ausgereist

„Es ist nicht ganz das Auslandssemester,das ich mir vorgestellt habe“, sagt LuisaWalz. Die 24-Jährige ist für ein Semesteran der Luiss-Universität in Rom einge-schrieben – nun macht sie die Kurse dortvom Schreibtisch in Deutschland aus. Alssich das Coronavirus Ende Februar in Ita-lien ausbreitet, handelt Walz’ Gastuniversi-tät schnell. Noch in Italien kann Walz ihreKurse über das Internet weiter besuchen:„Man betritt virtuell den tatsächlichen Vor-lesungsraum und kann mit dem Professorund anderen Studenten chatten.“

Anfang März wird das öffentliche Le-ben in Rom merklich eingeschränkt. „Ge-

schäfte, Kinos und Museen waren zu, dasitalienische Leben konnte man nicht mehrwirklich genießen“, sagt sie. In einer Barwerden sie zu dritt an einen Tisch fürsechs gesetzt. „Die Kellner haben sich ent-schuldigt, aber erklärt, dass sie keine ande-re Wahl haben.“

Die Masterstudentin, die Managementan der Universität Mannheim studiert,fühlt sich nicht mehr wohl. Gemeinsammit ihrem Freund, der sie zu dem Zeit-punkt besucht, fliegt Walz nach Deutsch-land zurück. Dass das problemlos klappt,ist Zufall. „Ich bin am 9. März morgensausgereist. Am Abend wurde verkündet,dass ab dem 10. März die Ausgangssperregilt. Damit hatte, glaube ich, niemand ge-rechnet.“

Zurück in Deutschland bleibt Walz für14 Tage zu Hause. Inzwischen ist klar, dasssie das gesamte Semester von Deutsch-land aus absolvieren kann. „Ich bin wirk-lich positiv überrascht, dass das so gutklappt“, sagt sie über ihr Online-Studium.Sogar Zusatzleistungen wie Essays könnesie online einreichen. Sie plant nicht mehrdamit, zurückzugehen, zumindest nichtfür eine längere Zeit. „Meine Abreise warsuper spontan, ich habe nur Handgepäckmitgenommen. Ich muss irgendwannnoch die anderen Sachen holen.“

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Treffen Sie die Entscheidungen. Statt sie nur auszuführen.

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Herr Geifes, aktuell befinden sich vie-le deutsche Studierende imAuslandsse-mester – würden Sie ihnen angesichtsder aktuellen Corona-Virus-Pande-mie empfehlen, nach Deutschland zu-rückzukommen?Zunächst möchte ich Studierende inDeutschland, die ein Auslandssemes-ter planen, bitten, die weltweite Reise-warnung des Auswärtigen Amtes ernstzu nehmen und nicht auszureisen. Al-len geförderten DAAD- und Erasmus-Studierenden, die im Ausland sind, ha-ben wir eine Rückkehr freigestellt undbitten sie zugleich nachdrücklich bei ih-rer Entscheidung die weitere dynami-sche Entwicklung zu berücksichtigen.Grundsätzlich soll niemandem ein fi-nanzieller Nachteil entstehen, wenn erin der aktuellen Situation sein Semes-ter wegen der Corona-Krise abbrichtund zurückkommt.

Wie stellen Sie das sicher?Die Stipendienmonate, die ein Studie-render bereits hinter sich hat, müssennicht zurückgezahlt werden, auchwenn das Stipendienziel oder dieMindestaufenthaltsdauer durch denAbbruch nicht erreicht werden kann.Das bezieht sich sowohl auf unsereDAAD-Stipendien als auch auf Eras-mus. Die Stipendien des DAAD er-halten die Studierenden monatlich. ImErasmus-Förderprogramm bekommendie Studierenden je nach Hochschuleeinen Großteil ihres Gesamtstipen-diums am Anfang. In der aktuellen Si-tuation sehen wir, dass sich die EU-Kommission sehr flexibel zeigt, um fi-nanzielle Nachteile zu vermeiden.Dazu stehen wir mit den Heimathoch-schulen in Kontakt.

Soziale Distanz ist das Gebot der Stun-de. Viele Unis verlegen aufgrund deraktuellen Situation ihre Lehre ins In-ternet. Wirkt sich das auf die Stipen-dien und die Anerkennung von Kursenim Ausland aus?Die Europäische Kommission hat Mit-te März für Erasmus eine neue Rege-lung erlassen: Man kann sein Stipen-dium weiter erhalten, wenn man dasLehrangebot der Gasthochschule on-line wahrnimmt. Diese Regelung giltunabhängig davon, ob man sich imGastland oder im Heimatland aufhält –allerdings unter der Voraussetzung,dass die belegten Online-Kurse die ver-einbarten Lernziele nach wie vor erfül-len. Die Europäische Kommission undwir appellieren an alle Hochschulen,dies pragmatisch und im Sinne derStudierenden auszulegen. Wir setzenhier auf den guten Willen der Hoch-schulen, das, was möglich ist, möglichzu machen.

Manche Studierende haben derzeit kei-ne andere Wahl, als ihren Auslands-aufenthalt abzubrechen. Jetzt sind siebesorgt. Können sie später wieder fi-nanziell gefördert werden?

Auch hier muss man zwischenDAAD-Stipendien und Erasmus unter-

scheiden. Bei den längeren DAAD-Sti-pendien kann man den Aufenthaltunterbrechen und die Förderung zumspäteren Zeitpunkt erneut erhalten –sofern noch mindestens zwei Stipen-dienmonate „offen“ sind. Dafür mussman sich nicht neu bewerben, dasStipendium wird ausgesetzt. AlsErasmusstudent kann man insgesamtjeweils bis zu zwölf Monate imBachelor, im Master und in der Pro-motion gefördert werden. Wer einAuslandssemester nach einem Monatabbricht, aber ursprünglich vier Mona-te geplant hat, dem stehen in seinemaktuellen Bildungsgang noch elf Mona-te zur Verfügung. Das muss dann neubeantragt werden.

Wird es für Studierende schwierigerwerden, ein Stipendium zu be-kommen, wenn zu einem späteren Zeit-punkt neue Bewerber mit Nachholernin Konkurrenz stehen?

Ob es zu einem Engpass kommt,kann ich im Moment nicht absehen.Auch das Gegenteil ist möglich:Gegebenenfalls senkt die aktuelleKrise die Bereitschaft der Studie-renden, ins Ausland zu gehen. Wir wis-sen es derzeit nicht. Was wir wissen:Wir sind dazu da, Mobilität zu fördern.Wenn diese Krise überwunden ist,bleiben wir dabei, dass akademischeMobilität etwas Gutes und Wichtigesist. Wir werben weiter dafür, im Aus-land zu studieren und nach Deutsch-land zu kommen, wenn die Rahmenbe-dingungen dafür wieder gegeben sind.Von diesem Mehrwert sind wir über-zeugt.

Stephan Geifes ist Direktor der Nationalen

Agentur für EU-Hochschulzusammenarbeit

beim Deutschen Akademischen Austausch-

dienst (DAAD).

Das Gespräch führte Kim Maurus.

Am Anfang durften sie alle noch raus, jetzt ist ihr Alltag durch die Corona-Krise eingeschränkt: Die deutschen StudierendenMatthias Weitkämper (links), Maike Stemmler (rechts oben) und Luisa Walz (rechts unten). Fotos Privat

In der Corona-Krise ständig aufs

Neue gefordert: Stephan Geifes vomDAAD. Foto DAAD

30 Stunden, um da rauszukommenViele Studententräumen von einemSemester im Ausland.Aber jetzt funktCorona dazwischen.

Von Kim Maurus

„Möglich machen,was möglich ist“Was der Deutsche Akademische AustauschdienstStudenten im Ausland in Corona-Zeiten empfiehlt.

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