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FREIE UNIVERSITÄT BOZEN FAKULTÄT FÜR BILDUNGSWISSENSCHAFTEN (Laureatsstudiengang Bildungswissenschaften für den Primarbereich) DAS SELBSTKONZEPT VON KINDERN UND SEINE AUSWIRKUNGEN IN DER GRUNDSCHULE Betreuer eingereicht von Prof. DDDr. Werner Wiater Miriam Raffaelli Schlagworte: Selbstkonzept, Selbstwertgefühl, Verhalten Session: I Akademisches Jahr: 2009/2010

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FREIE UNIVERSITÄT BOZEN

FAKULTÄT FÜR BILDUNGSWISSENSCHAFTEN

(Laureatsstudiengang Bildungswissenschaften

für den Primarbereich)

DAS SELBSTKONZEPT VON KINDERN UND SEINE

AUSWIRKUNGEN IN DER GRUNDSCHULE

Betreuer eingereicht von

Prof. DDDr. Werner Wiater Miriam Raffaelli

Schlagworte: Selbstkonzept, Selbstwertgefühl, Verhalten

Session: I

Akademisches Jahr: 2009/2010

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Abstract

Ziel gegenständlicher Arbeit ist es herauszufinden, ob das Selbstkonzept von

Kindern Auswirkungen nimmt auf das Verhalten, das sie in der Grundschule

einnehmen. Der theoretische Teil befasst sich mit dem Versuch den Begriff des

Selbstkonzepts zu definieren. Weiteres vermittelt er eine Übersicht über

verschiedene Modelle und Konzepte des Aufbaus und gibt einen Einblick in die

Entstehung des Selbstkonzepts. Im Nachfolgenden werden unterschiedliche

Ansätze aus der Literatur aufgezeigt, die die Auswirkungen eines geringen oder

hohen Selbstkonzeptes auf das Verhalten erklären. Für die Untersuchung wurde

mit Schülerinnen und Schülern ein Fragebogen zum Selbstkonzept beantwortet.

Die Lehrpersonen wurden anhand eines Fragebogens und eines

Leitfadeninterviews zum Verhalten der Kinder befragt. Es zeigte sich in allen

Klassen, dass die Schüler/innen mit dem höchsten Selbstkonzept auch von den

Lehrpersonen positiv eingeschätzt wurden. Auswirkungen des Selbstkonzepts

zeigten sich vor allem auf die Leistungen der Kinder sowie auf die Bereiche des

Lern-, Arbeits- und Sozialverhaltens.

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Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort und Danksagung .........................................................................5

2. Einleitung .................................................................................................7

2.1. Gegenstand........................................................................................7

2.2. Hypothese und Ziele der Arbeit...........................................................8

2.3. Struktur der Arbeit...............................................................................8

3. Begriffsentwicklung.................................................................................11

3.1. Annäherung an eine Begriffsdefinition ..............................................11

3.2. Realselbst und Idealselbst ................................................................15

3.3. Abgrenzung zu anderen Konstrukten................................................16

4. Historischer Rückblick ............................................................................17

4.1. William James ..................................................................................17

4.2. Der symbolische Interaktionismus ....................................................18

4.3. Die Attachment - Theorie und die Persönlichkeitsentwicklung ..........18

5. Die Struktur des Selbstkonzepts.............................................................19

5.1. Das hierarchische Modell von Shavelson, Hubner und Stanton........19

5.2. Der modifizierte symbolische Interaktionismus nach Felson .............21

5.3. Die Frankfurter Selbstkonzeptskalen von Deusinger.........................23

5.4. Die entwicklungspsychologische Perspektive von Susan Harter.......23

6. Theorien über die Entstehung des Selbstkonzepts .................................25

6.1. Das Selbstkonzept als Informationsverarbeitungsprozess ................25

6.2. Erfahrungsorganisation in konzeptionellen Systemen.......................30

6.3. Die Bedeutung des Kontextes für die Selbstkonzeptentwicklung ......31

6.4. Das Selbstwertgefühl als wertvolle Ressource..................................32

6.5. Konzepte eines vielstimmigen Selbst................................................33

7. Einflussfaktoren in der Entstehung des Selbstkonzepts..........................35

7.1. Individuelle Einflussfaktoren..............................................................35

7.1.1. Der kognitionspsychologische Ansatz .........................................35

7.1.2. Das Konzept integrierter Leistungsmotivation .............................37

7.1.3. Geschlechtsspezifische Ausprägung...........................................37

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7.2. Gesellschaftliche Faktoren................................................................38

7.2.1. Eltern-Kind Beziehung ................................................................38

7.2.2. Lehrerverhalten und das Selbstkonzept von Schülern.................44

7.2.3. Die Bedeutung der Mitschüler für das Selbstkonzept ..................45

8. Selbstkonzept und Schule ......................................................................50

8.1. Schule als System ............................................................................52

8.2. Auswirkungen des Selbstkonzepts auf das zukünftige Verhalten......53

8.3. Auswirkungen des Selbstkonzepts auf den Umgang mit Kritik ..........54

8.4. Auswirkungen auf die Auswahl und das Verhalten in bestimmten

Situationen........................................................................................54

8.5. Auswirkungen auf die Bereitschaft zu Anstrengung und Risiko.........55

8.6. Selbstkonzept und Leistung..............................................................55

8.7. Auswirkungen auf die Motivation Leistung zu erbringen....................56

8.8. „Die sich selbst erfüllende Prophezeiung“.........................................57

8.9. Erlernte Hilflosigkeit ..........................................................................58

8.10. Die Interaktion mit den Mitschülern...................................................59

8.11. Klassenklima und Selbstkonzept ......................................................59

9. Beschreibung der Untersuchung ............................................................60

9.1. Gegenstand und Ziel der Arbeit ........................................................60

9.2. Der qualitative Forschungsansatz.....................................................61

9.3. Wahl der geeigneten Methode..........................................................63

9.3.1. Methodische Vorgehensweise ....................................................63

9.3.2. Kategorisierung der Untersuchung im qualitativen

Forschungsansatz.......................................................................64

9.3.3. Qualitative und quantitative Forschung .......................................65

9.4. Hypothese ........................................................................................66

9.5. Kriterien und Modelle für die Konstruktion der Fragebögen ..............68

9.6. Erstellung der Verfahren zur Datenerhebung....................................75

9.6.1. Konstruktion des Fragebogens zum Selbstkonzept.....................75

9.6.2. Konstruktion des Fragebogens zum Verhalten............................77

9.6.3. Offenes Interview ........................................................................78

9.7. Forschungsfeld .................................................................................80

9.7.1. Auswahl der Untersuchungsgruppe ............................................81

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9.7.2. Durchführung der Untersuchung .................................................83

9.8. Vorgehensweise bei der Auswertung................................................83

10. Ergebnisdarstellung................................................................................86

10.1. Grundschule Auer, 4. Klasse A .........................................................90

10.2. Grundschule Auer, 4. Klasse B .........................................................97

10.3. Grundschule Branzoll, 4. und 5. Klasse ..........................................106

10.4. Grundschule Truden, 4. und 5. Klasse............................................114

10.5. Grundschule Margreid, 4. Klasse....................................................127

11. Diskussion............................................................................................134

11.1. Kritischer Rückblick auf die methodische Vorgehensweise.............134

11.2. Allgemeiner Ausblick auf die Ergebnisse ........................................135

11.3. Klassenvorstellung..........................................................................136

12. Schlussbemerkung ...............................................................................142

13. Literaturverzeichnis ..............................................................................144

14. Abbildungsverzeichnis ..........................................................................148

15. Tabellenverzeichnis..............................................................................148

16. Anhang.................................................................................................149

17. Eidesstattliche Erklärung ......................................................................156

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1. Vorwort und Danksagung

Der entscheidende Anlass, der mich dazu bewog für meine Laureatsarbeit das

Thema Selbstkonzept zu wählen, lag in meiner persönlichen Berufserfahrung. Ich

arbeitete ein Schuljahr an der Grundschule von Margreid und unterrichtete eine

4. und 5. Klasse. Die 4. Klasse bestand aus nur 9 Schülern, davon 5 Buben und

4 Mädchen. Vor allem ein Junge stellte damals eine große Herausforderung für

mich dar, denn es war meist unmöglich ihn zu etwas zu bewegen. Der Junge war

in der Klasse sehr auffällig und störte den Unterricht maßgeblich. Abgesehen von

Zwischenrufen, ständigem Aufstehen und Herumgehen im Klassenraum,

Arbeitsverweigerung und Ablenken der anderen Kinder bestürzten mich vor allem

die Verhaltensweisen, die er sich gegenüber an den Tag legte. Des öfteren

schlug er den Kopf gegen eine Bank oder die Wand. Seine familiäre Situation

war sehr instabil und problematisch, was mich natürlich dazu brachte mehr

Verständnis für ihn aufzubringen. Doch keine Maßnahme griff und die Situation

schien hoffnungslos zu sein. Strafen, Mitteilungen, oder sonstige Konsequenzen

zeigten keine Wirkung. Als ich ihn eines Tages in einem persönlichen Gespräch

fragte, was los sei und warum er sich so verhielt antwortete er: „Ich bin dumm!“

Diesen Satz und diese Situation werde ich nie wieder vergessen, denn er

gewährte mir einen besonderen Einblick in das Gefühlsleben dieses Jungen.

Im Laufe des Schuljahres war ich sehr oft mit meiner mangelnden

Professionalität konfrontiert und es lag auf der Hand, dass der Junge besondere

Hilfe benötigte, wusste aber nicht wie ich sie ihm erteilen konnte. Zudem war ich

nicht die Einzige, die auf sein Verhalten mit dem Ankündigen von negativen

Konsequenzen reagierte. Dem gesamten Klassenrat war klar, dass der Junge die

gesamte Aufmerksamkeit auf sich lenkte, die er von uns so offensichtlich forderte

und wahrscheinlich dringend brauchte.

Heute bin ich froh, dass ich die Möglichkeit hatte das Studium an der Universität

zu absolvieren, an Professionalität zu gewinnen und Handlungsweisen zu

erlangen. Ich konnte verschiedene Konzepte analysieren und darüber

reflektieren. Ein erster Dank geht an alle Professoren, die mit Überzeugung und

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fachlichem Wissen dazu beigetragen haben, dass ich mich heute auf den

Lehrerberuf vorbereitet fühle.

Ein besonderes Dankeschön geht an Herrn Prof. DDDr. Wiater, für die Betreuung

meiner Laureatsarbeit und für die wertvollen Ratschläge.

Bedanken möchte ich mich auch bei den Direktoren der Grundschulsprengel, für

das Vertrauen, das sie mir entgegengebracht haben und für das Einverständnis

meine Untersuchung an einigen Grundschulen des Sprengels durchführen zu

können. Ein herzliches Danke möchte ich auch an alle Lehrpersonen richten, die

sich für die Bearbeitung der Fragebögen Zeit genommen haben sowie an alle

Schülern die mir Einblick gewährt haben in das Bild, das sie von sich selbst

haben.

Für die moralische und aufmunternde Unterstützung bedanke ich mich bei

meiner Familie und Verwandtschaft, meinem Freund und all meinen Freunden

von ganzem Herzen, vor allem bei meiner Freundin Silvia, die immer ein offenes

Ohr für mich hatte, mir beratend und motivierend zur Seite stand.

Last but not least möchte ich noch meinen ehemaligen Schülern erinnern, denen

ich sehr dankbar bin. Durch sie fühlte ich mich zum Lehrerberuf hingezogen und

hab mich für ihn entschieden.

Miriam Raffaelli Juni 2010

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2. Einleitung

2.1. Gegenstand

Im Laufe der Ausbildung zur Grundschullehrerin an der Fakultät für

Bildungswissenschaften kam ich im Rahmen der Vorlesungen mit

unterschiedlichen Fachbereichen in Berührung. Die Dozenten versuchten uns

Studenten stets die Wichtigkeit ihres Faches zu vermitteln, indem sie betonten,

wie wichtig die Erziehung der Kinder in diesem Bereich sei. Wir fühlten uns

teilweise überfordert, denn wir hatten keinen Durchblick mehr in einem „Meer“

von Anforderungen an uns Erziehern.

Zu den hohen Anforderungen, die die Erziehungsarbeit allgemein an

Lehrpersonen stellt, kommen aktuelle Problematiken dazu. Die Medien sind

überfüllt mit Schlagzeilen über skandalöse Verhaltensweisen von Jugendlichen

und Kindern. Zudem werfen brisante Themen, wie die Reformen des

Schulwesens in Italien, die Bildungsdebatte in Deutschland und auffällige Pisa-

Ergebnisse der nordischen Länder immer wieder neue Fragen auf. Was die

Erziehungsdebatte weiter anheizt, sind Aspekte einer sinkenden Lern- und

Leistungsmotivation der Schüler, schlechte Schulleistungen, Schulverweigerung

und Schulangst, die immer mehr Schüler befällt. Die persönliche

Auseinandersetzung mit diesen Themen, führte bei mir zu der Überzeugung,

dass vor allem präventive Maßnahmen gefragt sind.

Und somit kam ich wieder auf die Aufgaben einer Lehrperson. Sollte man

allerdings vor allem Wert auf den Sportunterricht, auf die Schulung der logischen

Denkfähigkeit oder auf die Förderung der kommunikativen Fähigkeit legen? Oder

sollte die interkulturelle Erziehung, Fremdsprachen oder das lernmethodische

Vorgehen im Vordergrund stehen? Diese Liste schien mir unendlich lang und ich

fragte mich, was wohl das Wichtigste war.

Ich kam zum Entschluss, dass ein Aspekt von besonderer Bedeutung war,

nämlich die Förderung des Selbstkonzepts. Der Kern des Problems lag für mich

in der Frage: Wie kann sich ein Schüler inhaltliche und soziale Kompetenzen

aneignen, wenn er noch mit sich selbst am stärksten beschäftigt ist? Es ist

wissenschaftlich weit verbreitet, dass das Selbstkonzept von Kindern,

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Jugendlichen und Erwachsenen Einfluss auf das Verhalten hat. In diesem

Zusammenhang schreibt Laskowski (2000): „Es ist also davon auszugehen, daß

[sic] die Vorstellungen, die Menschen über sich selbst entwickeln

(Selbstkonzepte), einen bedeutenden Einfluß [sic] auf die künftige

Selbstwahrnehmung und auf die Handlungskonstitution der Menschen ausüben.

Man könnte sogar soweit gehen zu behaupten, daß [sic] die Selbstkonzepte

eines Menschen für die Wahl und für den Erfolg seiner Handlungen tendenziell

wichtiger sind als seine intellektuellen und physischen Fähigkeiten und zum Teil

auch wichtiger als die situativen Gegebenheiten“ (Laskowski, 2000, S.9). Aus

diesem Grund entschied ich mich für das Thema Selbstkonzept von Kindern und

seine Auswirkungen in der Grundschule, letztendlich auch deshalb, weil ich mir

einen großen persönlichen Lernzuwachs versprach.

2.2. Hypothese und Ziele der Arbeit

Zielsetzung meiner Arbeit ist es vor allem aufzuzeigen, dass sich Kinder mit

einem positiven Selbstkonzept auch positiv im Unterrichts- und Schulgeschehen

einbringen. Sie verfügen über emotionale Kompetenzen, die es ihnen erleichtern,

mit den verschiedenen Anforderungen der Schule, wie z.B. Frustrationstoleranz,

Empathie, Ausdauer, Konzentrationsfähigkeit, Anpassungs- und

Einordnungsfähigkeit, Motivation, u.v.m. klar zu kommen.

Oft wird von Lehrpersonen der Anspruch erhoben, dass sie zu wenig Zeit haben,

sich mit der Kompetenzförderung im emotionalen Bereich zu beschäftigen, da sie

durch einen rigiden Lehrplan eingeschränkt werden. Allerdings möchte ich

aufzeigen, wie wichtig es ist, sich mit der Förderung des Selbstkonzepts von

Kindern auseinander zu setzen. Auch wenn man dadurch vorerst „Zeit verliert“,

wird man diese Zeit später kompensieren können. Die Kinder müssen zunächst

ausgeglichen und reif für die Schule sein. Erst dann können sie den inhaltlichen

Anforderungen gerecht werden.

2.3. Struktur der Arbeit

Diese Arbeit beruht auf einem theoretischen und empirischen Teil und umfasst

insgesamt elf Kapitel. Das erste Kapitel hat die Begriffserklärung des Wortes

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Selbstkonzept zum Inhalt und den Versuch, das Wort von ähnlichen und

synonym verwendeten Wörtern wie Selbstwirksamkeit und Identität abzugrenzen.

Wie daraus ersichtlich wird, fällt die Eingrenzung schwer, da in der

wissenschaftlichen Literatur sehr unterschiedliche Definitionen der Begriffe

vorherrschen.

Das zweite Kapitel umfasst einen historischen Rückblick auf Theorien und

Modelle, welche die Selbstkonzeptforschung geprägt haben. Die Rede ist von

William James und George Herbert Mead sowie von Autoren wie Bowlby und

Ainsworth.

Der dritte Teil geht auf die Struktur des Selbstkonzepts näher ein. Einblick wird

dabei vor allem in verschiedene Theorien des Konstruktes Selbstkonzept

gewährt sowie belegt, worauf sie beruhen. Leitende Namen in den empirischen

Überprüfungen des Themas sind vor allem Shavelson und Marsh, Felson, Harter

sowie Deusinger.

Im vierten Kapitel werden verschiedene Theorie über die Entstehung von

Selbstkonzepten aufgezeigt. Modelle, die auf unterschiedliche Sichtweisen

zurück gehen, sind der Prozess der Informationsverarbeitung nach Filipp, die

Erfahrungsorganisation in konzeptionellen Systemen, das Konzept eines

vielstimmigen Selbst, die Bedeutung des Kontextes für die

Selbstkonzeptentwicklung sowie das Selbstwertgefühl als wertvolle Ressource.

Im nachfolgenden Abschnitt werden die Einflussfaktoren in der Entstehung des

Selbstkonzepts behandelt und erklärt, wie viele und welche Faktoren eine

entscheidende Rolle spielen. Dabei wird zwischen individuellen und

gesellschaftlichen Faktoren unterschieden.

Am Ende des Theorieteils werden die Auswirkungen des Selbstkonzepts auf die

Entwicklung des Kindes sowie auf das Verhalten in der Grundschule genauer

beschrieben. In diesem Zusammenhang wird auf die Arbeit von Beane und Lipka

hingewiesen und die Tabelle präsentiert, mit welcher versucht wurde,

Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen mit einem schwachen oder

starken Selbstkonzept festzuhalten. Dieses Modell wurde aus der Literatur

übernommen, da es eine wichtige Rolle im Diskussionsteil darstellt.

Der empirische Teil besteht aus vier Kapiteln. Das Forschungsinteresse hat zum

Ziel genauer herauszufinden, ob das positive Verhalten von Kindern mit deren

Selbstkonzept in Verbindung gebracht werden kann. Dazu wird mit Schülern der

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vierten und fünften Klassen ein Fragebogen beantwortet, der Aufschluss über ihr

Selbstkonzept gibt. In einem nächsten Schritt wird die Einschätzung der

Lehrpersonen anhand eines Fragebogens und eines vertiefenden Interviews

eingeholt. Das Selbstkonzept der Kinder und das Verhalten, das die Schüler in

der Klasse zeigen, wird verglichen und in Verbindung zueinander gebracht.

Im ersten Teil wird die Untersuchung genauer beschrieben. Die Kategorisierung

der Vorgehensweise in den qualitativen Forschungsansatz wird genauer

veranschaulicht. Die Hypothese, das Forschungsfeld, sowie die Verfahren zur

Datenerhebung werden detailliert dargelegt. Leitende Modelle bei der

Konstruktion der Fragebögen sind dabei die Arbeiten von Deusinger, Baldering

und Harter.

Im zweiten Abschnitt des empirischen Teils werden die Daten präsentiert. Dabei

werden die Resultate jeder Klasse gebündelt erörtert, da dies ein besseres

Verständnis und eine bessere Übersicht verschafft.

Im Diskussionsteil wird nochmals näher auf einzelne, interessante Fälle

eingegangen, wobei versucht wird einzelne Aspekte in Bezug zur Theorie zu

stellen. In der Schlussbemerkung wird ein allgemeines Fazit aus der

Untersuchung gezogen sowie aufgezeigt, welche Aspekte in einer weiteren

Untersuchung vertieft werden könnten.

An dieser Stelle möchte ich zwei wichtige Hinweise zur Arbeit geben:

Der Lesbarkeit und besseren Verständlichkeit Willen, habe ich im Text nur die

männliche Form verwendet. Fehlen weitere Präzisierungen, sind immer beide

Geschlechter gemeint.

Des Weiteren stammen die Hinweise zur Verwendung von fremden Quellen nur

selten aus der Originalliteratur. Leider basierte fast jedes Buch überwiegend auf

Aussagen weiterer Autoren, was die Arbeit erschwerte. Trotz der Bestellung über

die Fernleihe der Universitätsbibliothek konnte leider nicht mehr jeder Hinweis

überprüft werden. Daher stammen meine Zitate häufig aus der Sekundärliteratur.

Dabei handelt es sich vor allem um englischsprachige, teilweise um ältere

Literatur. Zahlreiche Veröffentlichungen stammen aus den 70er und 80er Jahren.

Allerdings werden sie von neueren Autoren vielfach verwendet und nehmen

heute noch einen wichtigen Stellenwert in der aktuellen Forschung ein. Ich bitte

daher um Ihr Verständnis.

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Theoretischer Teil

3. Begriffsentwicklung

3.1. Annäherung an eine Begriffsdefinition

Der Begriff des Selbstkonzepts ist sehr komplex und wird in der

wissenschaftlichen Literatur sehr unterschiedlich verwendet. Es gibt bis heute

noch keine einheitliche Definition, was eine Eingrenzung erschwert.

Es gibt auch keinen einheitlichen Gebrauch des Begriffs. Seine Verwendung in

der Literatur wird vor allem durch die Begriffe Selbst, Identität und

Selbstwertgefühl erweitert. Die Schwierigkeit liegt hierbei vor allem in der

Abgrenzung, da die Begriffe synonym oder aber auch völlig unterschiedlich

benutzt werden.

Beispielsweise definiert Haußer (1995) Identität „als die Einheit aus

Selbstkonzept, Selbstwertgefühl und Kontrollüberzeugung eines Menschen (...)“

(Haußer, 1995, S.66), während Whitbourne & Weinstock (1982) den Begriff

Identität synonym zu Selbstkonzept verwenden (Whitbourne & Weinstock, 1982;

zitiert nach Laskowski, 2000). Krupitschka hingegen schreibt:

„Identitätsentwicklung umfaßt [sic] die Bemühungen des Individuums um

Authentizitätsfindung und Selbstaktualisierung unter gleichzeitiger

Berücksichtigung der gesellschaftlichen Anforderungen. Selbstkonzeptbildung

und Selbstkonzepte stellen damit einerseits eine unerläßliche [sic]

Entwicklungsvoraussetzung für Identitätsfindung und Identität dar, andererseits

repräsentieren sie selbst jenen Teilbereich der Identität, der sich auf die

individuelle Eigenartigkeit der identifizierbaren, selbsterfahrenen, selbst- und

fremdbewerteten Merkmalsausstattungen einer Persönlichkeit bezieht“

(Krupitschka, 1990).

Auch kann nicht anhand der Literatur geklärt werden, ob das Selbstkonzept

lediglich beschreibende oder auch bewertende Aspekte beinhaltet. Laut Wild,

Hofer und Pekrun (2006) handelt es sich um eine „Gedächtnisstruktur (...) die alle

auf die eigene Person bezogenen Informationen enthält. (...). Die affektiv-

evaluativen Komponenten des individuellen „Selbst“ fasst man meist unter dem

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Begriff des Selbstwertgefühls oder auch des Selbstvertrauens zusammen“ (Wild,

Hofer & Pekrun, 2006, S. 225). Entsprechend trennen Frey und Benning (1983)

die Begrifflichkeiten des Selbstkonzepts und Selbstwertgefühls klar voneinander,

da ersterer einen beschreibenden Aspekt beinhaltet und der zweite einen

bewertenden (Frey & Benning, 1983). Nach Rustemeyer (1993) bleibt trotz der

Trennung beider Begriffe, „diese Unterteilung zumindest empirisch relativ

folgenlos“ (Rustemeyer, 1993, S. 5).

Trotz all der Unklarheiten und Meinungsverschiedenheiten kann man sich auf

eine Definition berufen, die zu den empirisch überprüftesten zählt:

Mit dem Selbstkonzept des Menschen meint man das Wissen und

Urteilen des Menschen über die eigene Person, alle Kognitionen und

Rückschlüsse bezüglich seiner Persönlichkeitsmerkmale, seiner

kognitiven Schemata, seiner sozialen Rollen und seiner Beziehungen.

(...)

In jedem Falle sind das soziale Feedback und die Art, wie der Einzelne es

bewertet und damit umgeht, bei der Entwicklung des Selbstkonzeptes

bedeutsam. Verknüpft mit dem Wissen um die eigene Person (aktuelles

Selbst) ist es auch das Wissen des Individuums darüber, wie es

idealerweise sein könnte oder sollte (mögliches Selbst, Idealselbst), das

motivierend oder psychisch belastend wirkt. Das allgemeine

Selbstkonzept des Menschen strukturiert sich in ein physisches

Selbstkonzept, ein soziales Selbstkonzept, ein emotionales Selbstkonzept

und ein intellektuelles Selbstkonzept, ist also bereichsspezifisch bestimmt

(Wiater, 2007, S. 187).

Ergänzend dazu werden weitere Definitionen angeführt, die zusätzliche Aspekte

in den Versuch einer Begriffsklärung einführen, sowie einige bestätigen werden.

• Eggert (1996) gibt folgende Definition:

Das Selbstkonzept umfasst beim Menschen das hierarchisch geordnete

System seiner Wertvorstellungen und Selbstwertgefühle. Es dient der

Regulation der Handlungen und stellt sowohl die bewusste und

unbewusste Repräsentation von Erfahrungen mit sich selbst in der

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Biographie eines Individuums dar, als auch seine zukunftsorientierten

Erwartungshaltungen (Eggert, 1996; zitiert nach Eggert, Reichenbach, &

Bode, 2003, S. 14f).

• Nach Tausch & Tausch (1977) ist das Selbstkonzept: „...die

zusammengefaßte [sic], konzentrierte, aber änderbare Summe der

tausendfachen Erfahrungen eines Menschen mit sich selbst und über sich:

Wie er ist, wie er lebt, was er kann und was er nicht kann“ (Tausch und

Tausch, 1977; zitiert nach Laskowski, 2000, S. 13).

• Schulz von Thun (1982) schreibt: „Am besten eignet sich die

sozialpsychologische Kategorie der Einstellung, um das ‚Selbstkonzept’ zu

fassen. Einstellungen sind bekanntlich durch ihre drei Komponenten definiert:

Kognitive, affektive und aktionale Komponente (Verstand, Gefühl, Verhalten)“

(Schulz von Thun, 1982; zitiert nach Laskowski, 2000, S. 14).

• Laut Dönhoff-Kracht (1980) beruht das Selbstbild eines Menschen auf nicht

überprüfte Erfahrungen, die wiederum leitend sind für das eigene Verhalten,

sowie für die Erwartung an die Reaktion anderer. Das Selbstbild beinhaltet

ein Bezugs- und Orientierungsschema, nach dem eigene Erfahrungen

verarbeitet werden. Zusätzlich beinhaltet das Selbstbild eine

Strukturierungsfunktion:

Mittels des Selbstbildes wird die Art und Weise vorstrukturiert, in der der

Mensch seiner Umwelt als handelndem Objekt gegenübertritt. Die

affektive (evaluative) Komponente zeigt sich in der Wertungsfunktion des

Selbstbildes: Ein Bild von sich selbst zu haben bedeutet immer zugleich,

sich selbst zu bewerten (Dönhoff-Kracht, 1980; zitiert nach Laskowski,

2000, S. 15).

• Rustemeyer (1993) beschreibt das Selbstkonzept als mehrdimensionales

Konstrukt, welches sich mit dem Alter weiterentwickelt (Rustemeyer, 1993).

Aus diesen verschiedenen Definitionen lassen sich allgemeine Thesen zum

Selbstkonzept ableiten:

• Das Selbstkonzept ist ein Konstrukt über die eigene Person, welches

aufgrund von Erfahrungen gebildet wird.

• Es beinhaltet kognitive, soziale, emotionale und physische Komponenten.

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• Das Selbstkonzept entsteht aus der Interaktion mit der Umwelt.

• Unabhängig von der spezifischen Begriffserklärung, lassen sich

beschreibende und bewertende Aspekte erfassen.

• Man unterschiedet das Realselbst, also wie man glaubt selbst zu sein, vom

Idealselbst, welches beschreibt, wie man gerne sein möchte.

• Das Selbstkonzept kann motivierende oder psychisch belastende

Auswirkungen haben.

• Der Mensch wird durch das Selbstkonzept in seinen Handlungen geleitet und

bekommt durch seine Handlungen Informationen über sich selbst

rückgemeldet.

• Der Prozess der Selbstkonzeptbildung geschieht unbewusst.

• Das Selbstkonzept ist ein mehrdimensionales Konstrukt (Eggert,

Reichenbach & Bode, 2003).

In gegenständlicher Arbeit schließt die Verwendung des Begriffes Selbstkonzept

auch den Begriff Selbstwert ein. Trotz der gemeinsamen Verwendung wird

trotzdem genauer auf die Bedeutung eingegangen:

Die Bewertung, die das Individuum sich selbst gegenüber vornimmt und

in der Regel über einen längeren Zeitraum beibehält, wird als sein

Selbstwert bezeichnet. Der Beginn für Selbstwertzuschreibungen (gut-

böse) liegt bereits im 2. Lebensjahr und ergibt sich einerseits aus

bewertenden Feedbacks, die das Kind erfährt (= kontingenter Selbstwert),

und andererseits aus direkten Erfolgs- oder Versagens- Erfahrungen (=

wahrer Selbstwert); hinzu kommen positive oder negative Affekte bei ihm

und die Einordnung der Wahrnehmung in das Real- und Idealselbst des

Kindes (Menschen). Die Struktur des Selbstwerts weist ein intellektuelles

Selbstwertgefühl, ein soziales Selbstwertgefühl, ein emotionales

Selbstwertgefühl und ein physisches Selbstwertgefühl auf (Wiater, 2007,

S. 187).

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3.2. Realselbst und Idealselbst

Wie man bereits aus der in Kapitel 1 genannten Definition des Begriffs

Selbstkonzept ableiten kann, wird das Selbstkonzept in der

Selbstkonzeptforschung oft in ein Real- und ein Idealselbst unterteilt.

In Bezug auf das Realselbst unterscheidet man:

• Körperliche Eigenschaften: Größe, Gewicht, Körperbild, Haarfarbe

• Psychische Verfassung: Einstellungen, Werte, Fähigkeiten, Persönlichkeit,

Gewohnheiten

• Komponente der sozialen Identität: Geschlecht, Alter, Beruf,

Staatszugehörigkeit, Religion, usw. (Rosenberg, 1979; zitiert nach

Krupitschka, 1990)

• Ausdehnung des Selbst: alles, von dem man glaubt, dass es einem gehört

(Allport, 1958; James, 1890; Rosenberg, 1979; zitiert nach Krupitschka,

1990).

Das Idealselbst umfasst die Vorstellung der als positiv empfundenen Merkmale,

die vom Menschen angestrebt werden (Neubauer, 1976; zitiert nach Krupitschka,

1990).

Rosenberg (1979) unterscheidet zusätzlich drei weitere Komponenten des

Idealselbst:

• eine erreichbare Wunschvorstellung

• eine unrealistische Wunschvorstellung und

• eine moralische Vorstellung, die den individuellen, gesellschaftlichen und

kulturellen Bedingungen entspricht (Rosenberg, 1979; zitiert nach

Krupitschka, 1990).

Laut Ogilvie (1987) gibt es zusätzlich ein „unerwünschtes Selbst“, das heißt eine

Vorstellung von einer Situation oder Erfahrung, die man nicht mehr erleben

möchte (Ogilvie, 2987; zitiert nach Krupitschka, 1990, S. 15).

Das Idealselbst ist wie das unerwünschte Selbst handlungsleitend, das heißt der

Mensch hat Vorstellungen, die er erreichen (oder eben nicht erreichen) möchte.

Dies gelingt ihm durch gesteckte Ziele, die er verfolgt (ebd.).

Die Handlung enthält auch einen interpretativen und evaluativen Aspekt. Ist der

Unterschied zwischen Real- und Idealselbst zu groß, kann dies negative

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Auswirkungen auf die Person haben (Horney, 1945; Rogers, 1976; zitiert nach

Krupitschka, 1990). Higgins (1987) fand heraus, dass die Abweichung des

Idealselbst vom Realselbst zu Enttäuschung, Unzufriedenheit und Traurigkeit

führt, während die Abweichung des geforderten (moralischen) Selbst zum

Idealselbst eher zu Furcht, Ruhelosigkeit und Bedrohung führt (Higgins, 1987;

zitiert nach Krupitschka, 1990).

3.3. Abgrenzung zu anderen Konstrukten

Nachdem erläutert wurde, wie der Begriff des Selbstkonzepts unterschiedlich

definiert werden kann, ist es notwendig, den Begriff des Selbstkonzepts von

anderen Konstrukten abzugrenzen. Im schulischen Bereich spricht man sehr oft

von Selbstwirksamkeit. Der Begriff, der von Bandura (1997) geprägt worden ist,

meint im Wesentlichen den Glauben an die eigenen Fähigkeiten zur Bewältigung

von schwierigen Situationen (Bandura, 1977; zitiert nach Trautwein, 2003).

Selbstwirksamkeit entsteht in direktem Kontakt mit der Situation, wird nur in

geringem Maße von außen beeinflusst und ist auf Kompetenz und Leistung

ausgerichtet (Bandura, 1997; zitiert nach Trautwein, 2003). Die

Selbstwirksamkeit dient der Kontrolle des Verhaltens, da sie Einfluss auf das

Verhalten nimmt. Über die Erlebnisse zur eigenen Selbstwirksamkeit kann die

Person wiederum Rückschlüsse auf das Verhalten ziehen und dieses eventuell

abändern. Nur wer daran glaubt, aufgrund der eigenen Fähigkeiten etwas

erreichen zu können, wird auch dementsprechend Anreize haben und

Schwierigkeiten bewältigen können (Mummendey, 2006).

Das Selbstkonzept ist im Gegensatz dazu eher auf Allgemeines bezogen und hat

einen stärkeren Vergangenheitsbezug. Zusätzlich spielen beim Selbstkonzept

verschiedene Bereiche sowie die soziale Umwelt eine große Rolle (Marsh,

1990a; zitiert nach Trautwein, 2003).

Betrachtet man allerdings in empirischen Studien die Items, lässt sich feststellen,

dass diese sehr ähnlich ausfallen. Beispielsweise unterscheidet sich hierbei die

Operationalisierung der sozialen Selbstwirksamkeit: „Auch in einer ganz neuen

Klasse kann ich schnell Freunde finden“ (Satow, 1999; zitiert nach Trautwein,

2003, S. 25), von der Operationalisierung des Selbstkonzepts sozialer

Anerkennung: „Ich kann machen, was ich will, irgendwie komme ich bei meinen

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Klassenkameraden nicht an!“ (Fend & Prester, 1986; zitiert nach Trautwein,

2003, S.25).

Trotz all der Unterschiede ist es wichtig, auch die Gemeinsamkeit von

Selbstkonzept und Selbstwirksamkeit aufzuzeigen. Diese umfassen: die

wahrgenommene Kompetenz, die Inhaltsspezifität und Vorhersagbarkeit von

Motivation, leistungsfördernde Emotion und Leistung (Mummendey, 2006). Auf

einige Punkte wird später näher eingegangen.

4. Historischer Rückblick

4.1. William James

Die Annahmen des Psychologen William James (1892/1999) sind im Bereich der

Selbstkonzeptforschung sehr bekannt. Viele neuere Forschungen beziehen sich

auf seine Aussagen. Vor allem drei Schwerpunkte sind in James Theorie von

besonderer Bedeutung:

• die Unterscheidung zwischen „I“ und „Me“,

• der hierarchische Aufbau des Selbstkonzepts sowie

• die Bestimmung von Determinanten des Selbstwertgefühls.

Unterscheidung „I“ und „Me“: Das „I“ beschreibt laut James den Menschen als

Subjekt. Es handelt sich um eine aktive Instanz, die auf die Wahrnehmung und

das Handeln Einfluss hat. Aus dem „I“ ergibt sich das „Me“. Dieses stellt den

Menschen als Objekt dar und bezieht sich auf das Selbstbild einer Person, das

sich aus der Wahrnehmung und Interpretation der Umwelt ergibt. Unter „Me“-

Komponente versteht man das Selbstkonzept.

Der hierarchische Aufbau des Selbstkonzepts: Durch den vielseitigen Austausch

mit der Umwelt kommen verschiedene Facetten des Menschen zum Ausdruck.

James nimmt hier eine Dreiteilung vor:

• Das materielle Selbst (Körper, Kleidung, Haus und weiterer Besitz, jedoch

laut James auch die Familienangehörigen)

• Das soziale Selbst (Anerkennung und Beachtung durch andere Menschen):

In diesem Zusammenhang gibt James zu Bedenken, dass es sehr viele

unterschiedliche Personengruppen gibt, in die man eingebunden ist, deren

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Meinung für das soziale Selbst wichtig sind. Es handelt sich also um

Annahmen darüber, was andere Menschen von einem denken.

• Das geistige Selbst (Zustände und Ausformungen des Bewusstseins)

Die Bestimmung von Determinanten des Selbstwertgefühls: James versteht

darunter die affektive Einstellung, die jede Person zu sich hat. Diese

Determinanten entstehen in der Auseinandersetzung mit Erfolg und Misserfolg

und der Stellung der Person in der Welt. Dabei handelt es sich um einen

subjektiven Prozess, denn als Grundlage dient die Betrachtung von eigenen

Fähigkeiten und Eigenschaften. Die globale Selbstbeurteilung wird dabei von

zwei Faktoren beeinflusst: von der Qualität in den einzelnen Bereichen sowie der

Wichtigkeit, die man den Bereichen verleiht (James, 1892/1999; zitiert nach

Trautwein, 2003, S. 13f).

4.2. Der symbolische Interaktionismus

Eine der wichtigsten Vertreter des symbolischen Interaktionismus sind George

Herbert Mead (1934) und Cooley (1902). Im Gegensatz zu William James, der

behauptet, dass der Mensch auf den Grad der Beeinflussung des

Selbstwertgefühls durch bestimmte Selbstkonzepte selbst Einfluss nimmt,

verdeutlicht der symbolische Interaktionismus den Einfluss der sozialen Umwelt

auf die Selbstkonzeptentwicklung. Das Selbstbild des Menschen sei demnach

eine Darstellung durch andere Menschen.

Der Mensch bildet sich nicht unabhängig von seinen Mitmenschen eine Meinung

von sich selbst, sondern dass er sich dabei auf die Bewertung der eigenen

Person durch eben jene Mitmenschen bezieht. Diese Bewertung der anderen

übernimmt der Mensch für sich selbst. Der Prozess der Übernahme der

Bewertungen in das eigene Selbstkonzept besteht aus drei Bildern: dem

Selbstbild, dem Fremdbild sowie dem angenommenen Fremdbild (Cooley, 1902;

Mead, 1934; zitiert nach Trautwein, 2003).

4.3. Die Attachment-Theorie und die Persönlichkeitsentwicklung

Genauso wie im symbolischen Interaktionismus wird auch in der Attachment-

Theorie dem sozialen Aspekt besondere Wichtigkeit verliehen. Die Attachment-

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Theorie wird vor allem herangezogen, wenn man bezüglich des Selbstkonzepts

auf die Bedeutung von Bezugspersonen eingehen möchte. Von daher nimmt die

Attachment-Theorie einen wichtigen Stellenwert in der Entwicklungspsychologie

ein. Wichtige Vertreter sind Ainsworth (1978) und Bowlby (1969).

Laut Attachment-Theorie spielen Bezugspersonen für die Entwicklung der

Persönlichkeit eine besondere Rolle; sie beeinflussen sie je nach Art der

Bindung. Dabei wird unterschieden:

• die sichere Bindung,

• die vermeidend- unsichere Bindung und

• die ambivalent- unsichere Bindung.

Kinder, die von klein auf eine sichere Bindung entwickeln, erleben ihre

Bindungsperson als freundlich, wohlwollend und verlässlich und bilden ein

positives Selbstkonzept aus. Die Beeinflussung des Selbstkonzepts und der

Interaktionen ist laut Theorie lang andauernd (Ainsworth et al., 1978; Bowlby,

1969; zitiert nach Trautwein, 2003).

5. Die Struktur des Selbstkonzepts

5.1. Das hierarchische Modell von Shavelson, Hubner und Stanton

Noch in den 60er Jahren wurde angenommen, dass es sich beim Selbstkonzept

um ein eindimensionales Konstrukt handelt (Wilgenbusch & Merrell, 1999; zitiert

nach Frühauf, 2008). Diese Ansicht wurde erstmals von der Forschungsarbeit

durch Shavelson im Jahre 1982 widerlegt. Formuliert wurden sieben Annahmen,

die die Ergebnisse aus verschiedenen Forschungen in einem Modell resümierten

(Shavelson & Bolus, 1982; zitiert nach Frühauf, 2008).

Shavelson, Hubner und Stanton erstellten 1976 eine Struktur, die hierarchisch

organisiert war.

An oberster Stelle des Modells steht das allgemeine Selbstkonzept, welches oft

mit Selbstwertgefühl gleichgestellt wird. Dies zeigt auf, dass in diesem Modell

nicht eine trennende Sicht von beschreibenden und bewertenden Anteilen

erfolgt. Unterteilt wird es weiterhin in einen akademischen und einen nicht-

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akademischen Zweig. Das nicht-akademische Selbstkonzept unterteilt sich

wiederum in ein körperliches, emotionales und soziales Selbstkonzept. Das

akademische Selbstkonzept schließt laut Shavelson verschiedene

Unterrichtsfächer ein: Mathematik, Physik, Biologie, Deutsch und Englisch. Für

die einzelnen Schulfächer lässt sich eine weitere Gliederung von

differenzierteren Selbstkonzepten vornehmen. Auf der nicht-akademischen Seite

kann man das körperliche Selbstkonzept nochmals in körperliche Fähigkeiten

und körperliche Erscheinung zerlegen, das emotionale Selbstkonzept bezieht

sich auf Selbstkonzepte bestimmter Gefühle und das soziale Selbstkonzept auf

das Ansehen durch Kameraden und weitere wichtige Personen (Shavelson et al.,

1976; zitiert nach Frühauf, 2008).

Das Modell von Shavelson, Hubner und Stanton (1976) wurde im Jahre 1985 von

Marsh und Shavelson überarbeitet. Während der Zweig des nicht- akademischen

Selbstkonzepts unverändert blieb, unterlag vor allem der akademische Zweig

einer Überprüfung durch verschiedene Studien. Somit zeigte sich auf der

höheren Ebene des schulischen Selbstkonzepts eine spezifischere Unterteilung

in ein mathematisches und ein verbales Selbstkonzept. Neben den

Abbildung 1: Das überarbeitete, hierarchische Modell nach Marsh und

Shavelson (Marsh & Shavelson, 1985; zitiert nach Frühauf, 2008, S.13)

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fächerspezifischen Selbstkonzepten wurde noch ein allgemeines, schulisches

Selbstkonzept in der differenzierteren Ebene angefügt. Die Zuteilung der

einzelnen Fächer kann unterschiedlich angepasst werden (Marsh & Shavelson,

1985; zitiert nach Frühauf, 2008).

Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung von Shavelson und Marsh (1985),

können mit den sieben Annahmen von Shavelson und Bolus (1982) in

Verbindung gebracht werden.

Diese Annahmen stimmen teilweise mit den Thesen überein, die aus den

verschiedenen Definitionen in Kapitel 1 abgeleiten wurden.

• Das Selbstkonzept ist strukturiert/organisiert.

• Es ist mehrdimensional.

• Es ist hierarchisch organisiert, von der Wahrnehmung des Verhaltens bis zu

generalisierten Schlüssen.

• Die Stabilität nimmt mit zunehmender Hierarchieebene zu.

• Es umfasst beschreibende und bewertende Anteile.

• Es ist von anderen Konstrukten unterscheidbar (ebd.).

Kritik am Modell von Marsh und Shavelson

Die hierarchische Organisation des Modells konnte durch die Ergebnisse der

Studie von Shavelson nicht bestätigt werden. Die Korrelation zwischen den

verschiedenen Selbstkonzeptfacetten nahm mit zunehmendem Alter ab. Daraus

schlossen die Forscher, dass das Selbstkonzept multidimensional organisiert ist;

allerdings besteht noch Unklarheit über die hierarchische Struktur (Marsh &

Shavelson, 1985; zitiert nach Trautwein, 2003).

5.2. Der modifizierte symbolische Interaktionismus nach Felson

Neuere Studien von Shrauger und Schoeneman (1979) untersuchten die direkte

Übereinstimmung der drei Bilder, die im symbolischen Interaktionismus

angenommen wurden und konnten nachweisen, dass es keinen direkten Bezug

gab. Vor allem erkannte man, dass das Selbstbild in erster Linie nicht mit dem

Fremdbild übereinstimmt, sondern mit dem angenommenen Fremdbild.

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Allerdings gibt es keine Gleichheit zwischen dem angenommenen und dem

tatsächlichen Fremdbild (Shrauger & Schoeneman, 1979; zitiert nach Trautwein,

2003). Felson (1985) sprach somit von „Projektion“ des Selbstbildes auf das

angenommene Fremdbild (Felson, 1985; zitiert nach Trautwein, 2003).

Diese mangelnde Übereinstimmung geht laut Felson auf die fehlende

Rückmeldung der anderen über die eigene Person zurück. Dem symbolischen

Interaktionismus zufolge sollte das Fremdbild als Selbstbild übernommen

werden. Dies ist laut Felson allerdings nicht praktikabel, weil gesellschaftliche

Konventionen kritische Rückmeldungen eher verbieten. In seiner Studie fragte er

Kinder, ob ihnen von einem Schulkameraden beispielsweise gesagt wurde, dass

sie gut aussehend (oder nicht) waren. Er fand Beweise dafür, dass eine

aufrichtige, offene Kommunikation bereits im Kindesalter vermieden wird.

Allerdings gibt es laut Felson (1993), trotz der oben angeführten Argumentation,

auch Möglichkeiten, Informationen über das Fremdbild zu erhalten:

• Als wichtigen Faktor erkannte er enge Freunde oder den Lebenspartner.

• Als zusätzliche Quelle nannte er dritte Personen, die über die Aussagen von

anderen berichten, sofern diese nicht von der sozialen Erwünschtheit verzerrt

werden.

• Als dritte Rückmeldung zählen institutionalisierte Rückmeldungen, die für das

Fremdbild Wert erlangen, wenn soziale Vergleiche angestellt werden.

• Als letzte Möglichkeit Rückmeldungen zu bekommen zieht Felson den

indirekten Weg der Selbsteinschätzung in Betracht. Jeder Mensch erkennt

oder schließt auf gewisse Standards, die in einer Gruppe zählen. Hält er sich

an diese „Vereinbarungen“, kann er selbst auf das Fremdbild schließen

(Felson, 1993; zitiert nach Trautwein, 2003).

Felson kam somit zu allgemeinen Aussagen über das Selbstkonzept. Der

Mensch hat laut Felson ein Motiv der korrekten Selbsteinschätzung, welches

aufgrund der Kommunikationsbarrieren Beeinflussungen ausgesetzt ist. In Bezug

auf das Selbstwertgefühl sagt er, dass der Mensch bestrebt ist, ein positives Bild

von sich zu entwickeln. Allerdings kann falsche oder mangelnde Rückmeldung

oft zu fehlerhaften Selbstbildern führen. Felson konnte in Bezug auf die

Selbstwerterhöhung feststellen, dass Menschen mit einem eher hohen

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Selbstwertgefühl durch fehlende oder unklare Rückmeldungen dazu neigen, sich

positiv darzustellen (ebd.).

5.3. Die Frankfurter Selbstkonzeptskalen von Deusinger

Im Gegensatz zum Modell von Marsh und Shavelson sind die Frankfurter

Selbstkonzeptskalen von Deusinger (1986) so erstellt, dass sie kein

hierarchisches Modell vorgeben, sondern eher auf einem netzwerkartigen Aufbau

basieren. Es handelt sich um zehn verschiedene Selbstkonzeptbereiche, die

getrennt voneinander beobachtet werden können (Deusinger, 1986).

5.4. Die entwicklungspsychologische Perspektive von Susan Harter

Harters wissenschaftliche Arbeit spielt in der Erweiterung der

Selbstkonzeptforschung eine große Rolle. Die Forscherin nahm Bezug auf die

Arbeiten von James und Piaget und entwickelte ihre Theorie der

Selbstkonzeptentwicklung, wobei sie den Prozessen und der Struktur von

Selbstkonzepten große Bedeutung schenkte (Harter, 1983; zitiert nach

Trautwein, 2003).

Auf der Grundlage der von Piaget (1980) beschriebenen Phasen (präoperational,

konkret- operational, und formal- operational), die von Case (1992, 1992)

reformuliert wurden, beschrieb sie die Entwicklung des Selbstkonzepts von der

frühen Kindheit bis zur späten Adoleszenz. Dabei formulierte sie für jede Phase

die Struktur/Organisation, inhaltliche Hauptaspekte sowie die Veridikalität. Der

Bezug zu Piagets Phasen brachte neuen Diskussionsstoff in die

Selbstkonzeptforschung. Dabei wurde vor allem auf folgende Aussagen Wert

gelegt:

• Die Kontinuität in der Entwicklung steht im Vordergrund. Man geht nicht mehr

von drei wichtigen strukturellen Veränderungen aus, sondern spricht von

verschiedenen Entwicklungsstufen.

• Die Intelligenzentwicklung in den verschiedenen Bereichen kann

unterschiedlich sein. Man nimmt an, dass in jedem Alter eine obere Grenze

der Entwicklung besteht.

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• Die Übergangsprozesse von einer Stufe in die nächste werden detaillierter

beschrieben (Harter, 1998, 1999; zitiert nach Trautwein, 2003).

Neben der Entwicklung des Selbstkonzepts legte Harter das Hauptaugenmerk

auf die Entwicklung des Selbstwertgefühls. Sie nahm die Aussagen von Cooley

(1902) und James (1982/1999) als Grundlage für die Aussage, dass das

Selbstwertgefühl als Prozess von Erfolg und Anspruch entsteht. Dies bedeutet,

dass das Selbstwertgefühl in einem bestimmten Bereich mit der Wichtigkeit in

Korrelation steht, welche die Person dem Bereich beimisst. Im Sinne des

symbolischen Interaktionismus legt Harter auch großen Wert auf den Beitrag der

sozialen Umwelt.

Aufgrund von Ergebnissen eigener sowie fremder Studien konnte Harter

nachweisen, dass Schüler jenen Bereichen, in denen sie sich nicht besonders

kompetent einschätzen, bzw. sie ein vergleichsweise niedriges Selbstkonzept

haben, weniger Wichtigkeit verleihen und sich dadurch selbst schützen. Dieser

Prozess der Abwertung, der bereits von James postuliert wurde, konnte durch

Harters Studien bestätigt werden. Allerdings konnte sie herausfinden, dass es

Bereiche gibt, in denen der Prozess der Abwertung nicht stattfinden kann, da sie

von der Mehrheit der Befragten als sehr wichtig eingestuft wurden. Dazu zählen

vor allem schulische oder sportliche Fähigkeiten, die Anerkennung von

Mitschülern, das Aussehen und das Verhalten. Diesen Aspekten kann man somit

nur sehr schwer eine unbedeutende Wichtigkeit beimessen, da auch der

Vergleich mit anderen nur sehr schwer umgangen werden kann.

Harter wollte außerdem der Frage auf den Grund gehen, welche Selbstkonzepte

mit dem Selbstwertgefühl am meisten übereinstimmen. Das von Harter erstellte

Self-Perception-Profile wurde im Jahre 1993 von Asendorpf & Aken übersetzt

und im deutschen Sprachraum angewandt. Eine hohe Korrelation zwischen dem

Selbstwertgefühl und dem Selbstkonzept ergab sich im Bereich des Aussehens,

der schulischen Begabung, der sozialen Anerkennung, des Verhaltens, sowie der

Sportkompetenz.

Die unterschiedlichen Selbstkonzepte entstehen hauptsächlich aus der

Interaktion mit der sozialen Umwelt, während sich das Selbstwertgefühl aus dem

positiven Feedback von Seiten anderer entwickelt. Als mögliche Quellen für die

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Beeinflussung des Selbstwertgefühls beschrieb Harter die Eltern, die

Gleichaltrigen, die Klassenkameraden und die Lehrpersonen.

Harter bestätigte durch ihre Studien das Modell des „looking-glass-self“ von

Cooley, welches besagte, dass eine hohe Übereinstimmung zwischen der

Anerkennung der sozialen Umwelt und dem Selbstwertgefühl besteht. Allerdings

muss Kritik angebracht werden, denn die wahrgenommene Anerkennung durch

die Person kann sich von der tatsächlichen Anerkennung auch stark

unterscheiden. Zudem konnte nicht festgestellt werden, ob die Rückmeldungen

direkt in das Selbstwertgefühl integriert werden oder ob sie das Selbstwertgefühl

indirekt über eine Einordnung in das Selbstkonzept beeinflussen.

Harter warnte auch vor zwei möglichen Folgen der Beeinflussung des

Selbstwertgefühls:

• Eine mangelnde elterliche Unterstützung kann zu einem negativen

Selbstwertgefühl führen.

• Die hohe Abgleichung der Fähigkeiten an der sozialen Umwelt sowie die

mangelnde Entwicklung von eigenen Standards können eine starke

Orientierung an den Bezugspersonen zur Folge haben (ebd.).

6. Theorien über die Entstehung des Selbstkonzepts

6.1. Das Selbstkonzept als Informationsverarbeitungsprozess

Filipp (1984) geht bei der Entwicklung des Selbstkonzepts als

Informationsverarbeitungsprozess davon aus, dass jeder Mensch über die

eigenen Sinne Informationen aus der Umwelt aufnimmt und diese zu einem

umfangreichen Konstrukt ausbildet. Somit rührt das Wissen über die eigene

Person, über Gegenstände und andere Personen von zahlreichen interaktiven

Erfahrungen zwischen Person und Umwelt her.

Aus allen Informationen, die man durch Erfahrungen mit der Umwelt sammelt,

bilden sich zusammenhängende Kategorien, d.h. alle Erfahrungen, die man in

einer bestimmten Situation macht, werden zu übersituativen Selbstkonzepten

generalisiert. Diese verhelfen dem Menschen dazu, ein konstantes Bild von sich

aufzubauen, welches ihm ermöglicht, sich von anderen Menschen abzutrennen.

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Erst wenn der Mensch weiß, wer er ist, kann er Urteile über sein Handeln treffen:

interpretieren, planen, Möglichkeiten erkennen und kontrollieren.

Somit kann der Mensch ohne Selbstkonzept keine Handlungen ausführen, da

ihm die nötigen Informationen fehlen würden. Sogar negativ ausfallende

Selbstkonzepte sind handlungsleitend und dem Menschen eine Lebenshilfe

(Filipp, 1984; zitiert nach Laskowski, 2000).

Filipp (1984) benennt fünf Quellen selbstbezogener Informationen, die für den

Aufbau des Selbstkonzepts nötig sind. Dabei unterscheidet man die

Zuweisungen von Eigenschaften durch direkte und indirekte Äußerungen anderer

Personen. Damit sind Beschreibungen und Bewertungen gemeint, die einem

direkt übermittelt werden, sowie jene, die man aus dem Verhalten der anderen

schließen kann.

Weiter nennt sie die Beschreibungen und Bewertungen, die man sich selbst

zuschreibt. Diese können als Resultat von Vergleichen, aus der

Selbstbeobachtung sowie durch selbstbezogenes Denken entstehen. Ersteres ist

stark von der Bezugsgruppe abhängig, in der man sich befindet. Vergleicht man

sich mit anderen, kann man sich selbst besser oder schlechter einschätzen. Aus

der Selbstbeobachtung entstehen Eigenschaftszuweisungen, wenn man an sich

selbst etwas Besonderes bemerkt, z.B. kann man sich selbst als eifersüchtig

bezeichnen, wenn man es als störend empfindet, dass der Partner andere

Frauen anspricht. Durch selbstbezogenes Denken können auch Beschreibungen

und Bewertungen aus der Verallgemeinerung einzelner Erkenntnisse entstehen.

Eine Person, die sich als redegewandt und kontaktfreudig ausgibt, zieht vielleicht

den Schluss, sie sei eine extrovertierte Person (ebd.).

Diese Beschreibungen nehmen in der wissenschaftlichen Literatur einen großen

Stellenwert ein. Welche Quelle allerdings die größte Bedeutung für die

Entwicklung des Selbstkonzeptes einnimmt, ist noch unklar und steht für viele

Autoren weiterhin zur Diskussion.

Beschreibungen und Bewertungen von anderen werden in der Kindheit nicht

direkt in Selbstbeobachtungen umgewandelt, sie spielen jedoch für die

Entwicklung des Kindes eine große Rolle. Eigenschaftszuweisungen werden

aufgrund des bisher gebildeten Selbstkonzepts sowie vom Attributionsverhalten

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aufgefasst. Frühe Erfahrungen beeinflussen somit die Selbstzuweisungen von

Eigenschaften.

Außerdem ist es wichtig einen Blick darauf zu werfen, wann Be- und

Entwertungen von Personen eine Rolle spielen. Der urteilenden Person muss

zunächst Kompetenz zugewiesen werden. Es muss überprüft werden, ob die

Zuweisungen mit anderen übereinstimmen, ob sie von eigenen

Selbstzuweisungen abweichen oder ob die Zuweisung für andere

Selbstkonzeptbereiche der Person wichtig ist.

Trotz allem kann man nicht genau definieren, welche der selbst bezogenen

Informationen ein stärkeres Gewicht einnehmen und für die Entwicklung des

Selbstkonzepts bedeutsam sind. Informationen werden gefiltert, sortiert oder

auch verfälscht aufgenommen.

Die Einflussfaktoren für die Bewertung der selbstbezogenen Informationen sind:

• die Bedeutung, die man der Umwelt erteilt (Fischer, 1984; zitiert nach

Laskowski, 2000);

• die subjektive Bedeutsamkeit von Beziehungen, Erfahrungen, Ereignissen

(Haußer, 1995, S. 21);

• die emotionale Betroffenheit in der jeweiligen Situation (ebd.).

Die Gründe, ob die selbst bezogenen Informationen aufgenommen und in das

Selbstkonzept eingebaut werden oder nicht, gehen auf die Wesensart der

Information zurück. Dabei werden zwei Gruppen von Informationen

unterschieden, die aufgenommen werden:

• Informationen, die mit dem bestehenden Konzept übereinstimmen:

Selbstkonsistenz (Whitbourne & Weinstock, 1982; zitiert nach Laskowski,

2000)

• Informationen, die das Selbstwertgefühl schützen oder erhöhen:

Selbstwerterhöhung (Dittes, 1959; zitiert nach Laskowski, 2000)

Bei dem ersten Modell würde eine Person, die eine gute Note erhalten hat, den

Grund dafür auf die „leichte Prüfung“ zurückführen, während eine Person, die

nach dem zweiten Modell handelt, eine gute Note als Bestätigung für die eigene

hohe Leistung ansehen würde.

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In der wissenschaftlichen Literatur gibt es eine klare Trennung zwischen den

Befürwortern und den Kritikern der beiden Modelle.

Für Filipp (1984) reichen die beiden Modelle einzeln nicht aus um die

Verarbeitung von Informationen zu beschreiben, sehr wohl aber das

Zusammenspiel beider Modelle. Während das Prinzip der Selbstkonsistenz dazu

führt, dass Menschen ihre Erlebnisse interpretieren, Handlungen erklären und

planen sowie Unsicherheiten in Griff halten, führt das Prinzip der

Selbstwerterhöhung zu einer höheren Bewertung der eigenen Person, was

genauso einem positiven Wohlgefühl dient (Filipp, 1984; zitiert nach Laskowski,

2000).

Auch Regan (1976) verfolgt das Prinzip der Integration beider Modelle. Während

ein Mensch, der über ein gut ausgebildetes Selbstkonzept verfügt, nach dem

Modell der Selbstkonsistenz vorgeht, handelt einer mit einem schlecht definierten

Selbstkonzept nach dem Modell der Selbstwerterhöhung (Regan, 1976; zitiert

nach Laskowski, 2000).

Frey und Benning (1983) fanden in ihren empirischen Untersuchungen

Reaktionen, die sich auf beide Modelle bezogen, wobei das Modell der

Selbstwerterhöhung öfter vorkam. Somit gingen sie von der Annahme aus, dass

der Mensch tendenziell dazu neigt, seinen Selbstwert zu erhöhen.

Das Prinzip der Selbstkonsistenz wird vor allem in drei Fällen verfolgt:

• wenn sich die Person zu diesem Teilbereich des Selbstkonzepts sicher ist;

• wenn eine Widerlegung der Einschätzung möglich ist;

• wenn Personen in der Öffentlichkeit auftreten und eine positive

Selbstdarstellung anstreben (Frey & Benning, 1983).

Stahlberg, Osnabrügge und Frey (1985) sind Vertreter beider Modelle und

fanden in ihren Untersuchungen Beweise dafür, dass Menschen meist

selbstwertdienlich handeln. Allerdings zeigen Handlungen nach dem Prinzip der

Selbstkonsistenz langfristig auch Auswirkungen auf die Selbstwerterhöhung. Das

lässt sich damit erklären, dass Menschen durch die Selbstkonsistenz Defizite

wahrnehmen können, die sie in Zukunft beheben können.

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Konsistenz orientiert handeln Menschen:

• wenn sich die Person über etwas genau informieren will, weil sie das

angestrebte Ziel ohne diese Information nicht erreichen würde z.B. eine

Prüfung nicht bestehen.

• wenn es um eine strategische Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit geht.

• wenn die Selbstzuschreibung von anderen oder sich selbst widerlegt werden

könnte.

• wenn das globale Selbstwertgefühl eher in eine Richtung – entweder positiv

oder negativ – neigt (Stahlberg, Osnabrügge & Frey, 1985; zitiert nach

Laskowski, 2000).

Thomas (1989) geht von der Annahme aus, dass die Bedeutung der

Zuschreibung für die Integration in das Selbstkonzept ausschlaggebend ist. Ist

die Zuschreibung zentral, dann geht die Person nach dem Prinzip der

Selbstkonsistenz vor (Thomas, 1989; zitiert nach Laskowski, 2000).

Rustemeyer (1993) fügt den zwei Dimensionen eine dritte an: das Motiv nach

realistischer Informationseinholung. Dieses beschreibt die Notwendigkeit, sich in

spezifischen Situationen wie z.B. bei Prüfungen detaillierte und wahrheitsgetreue

Informationen einzuholen. Dadurch kann die Person der Situation angemessen

handeln, was ansonsten nicht möglich wäre.

Rustemeyer spricht von einer Integration aller drei Modelle, wobei er eine

„Rangliste“ erstellt:

• Das Modell der Selbstwerterhöhung: Die meisten Informationen werden nach

diesem Prinzip verarbeitet.

• Das Modell der Selbstkonsistenz wird durch spezifische Bedingungen

ausgelöst.

• Das Modell der Realitätsorientierung wird nur in sehr spezifischen Fällen

benutzt (Rustemeyer, 1993).

Rustemeyers Modell wurde durch folgende Erkenntnisse erweitert:

• Der Mensch steht in ständiger Interaktion mit seiner Umwelt und nimmt

wesentlichen Einfluss auf die Wahl von Situationen. Beispielsweise

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entscheidet er bewusst, sich nicht in sehr kritisch-reflexive Situationen zu

begeben.

• Aufgrund der freien Wahl der Situationen gibt Rustemeyer zu bedenken,

dass die Testpersonen in Untersuchungssituationen diese Wahl nicht treffen

können und man somit die experimentelle Überprüfung mit weiteren

Feldstudien erweitern müsste.

• Die beiden oben genannten Überlegungen lassen vermuten, dass dem

Modell der Selbstkonsistenz eine größere Bedeutung zukommt, da sich der

Mensch vorwiegend in Situationen begibt, die mit seinem Selbstkonzept

übereinstimmen (ebd.).

6.2. Erfahrungsorganisation in konzeptionellen Systemen

Erfahrungen, die wir im Laufe unserer Entwicklung machen, werden bewusst

oder unbewusst geordnet und zu einem Konstrukt zusammengefügt. Dies gilt als

Grundlage für unser Handeln, denn dadurch können wir unser Leben steuern.

Ansonsten würde sich der Mensch chaotisch und orientierungslos verhalten.

Nach Epstein (1984) umfasst das Wissen von der Wirklichkeit Subtheorien über

die eigene Person, über die Umwelt und über die Wechselwirkung zwischen

beiden (Epstein, 1984; zitiert nach Laskowski, 2000).

Laut Filipp, bildet der Mensch sein Selbstkonzept auf der Basis der Interaktionen

mit anderen wichtigen Personen. Die Autorin spricht vom Selbstkonzept „als die

geordnete Menge aller im Gedächtnis gespeicherter Informationen“ (Filipp, 1984;

nach Laskowski, 2000, S. 49).

Nach Stahlberg, Gothe, Frei, (1988) spricht man in der neueren Forschung vom

Selbstkonzept als System von Teilkonzepten. Somit kann der Mensch ein

Konzept zu verschiedenen Teilbereichen, wie Sport, Aussehen, musische

Fähigkeiten, usw. ausbilden (Stahlberg, Gothe & Frei, 1994).

Diese Subtheorien fassen sich nach Neubauer (1976) mit zunehmendem Alter zu

einem Gesamtkonzept aus, wobei die einzelnen Teilbereiche differenziert bleiben

und je nach Situation spezifisch aktiviert werden können (Neubauer, 1976; zitiert

nach Laskowski, 2000).

Nach Filipp (1988) und Rustemeyer (1993) können diese Teilbereiche

unterschiedliche Ausrichtungen annehmen. Dies bedeutet, dass man sich in

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einigen Fächern und Bereichen als sehr kompetent erlebt, während man in

anderen Bereichen nicht gut zurecht kommt (Rustemeyer, 1993). Es wurden

auch Selbstkonzepte entdeckt, die je nach Situation aktiviert werden. Dabei

gelten Selbstkonzepte für einige wenige oder für viele Situationen (Filipp &

Brandtstädter, 1975; zitiert nach Laskowski, 2000).

Somit kann der Mensch auch ein, in den unterschiedlichen Bereichen,

differenziertes Selbstkonzept haben. Einige Menschen erwecken allerdings den

Eindruck, dass sie ein generalisiertes Konzept von sich entwickelt haben. In den

Untersuchungen von Filipp und Brandstädter (1975) bestätigt sich diese

Annahme, dass aus der situativen Selbstwahrnehmung ein allgemeines

Selbstkonzept abgeleitet werden kann (Filipp & Brandstädter, 1975; zitiert nach

Laskowski, 2000).

6.3. Die Bedeutung des Kontextes für die Selbstkonzeptentwicklung

In der Selbstkonzeptforschung wurden Untersuchungen zum Einfluss der

Kontextfaktoren auf die Entwicklung des Selbstkonzepts getestet. Es konnte

bewiesen werden, dass der Kontext einen wichtigen Faktor darstellt, der

miteinbezogen werden muss. Unterschiedliche Kontexte, wie die Familie, die

Schule, die Klasse, die Gleichaltrigen Gruppe, usw. bringen auch

unterschiedliche Anforderungen mit sich (Trautwein, 2003).

Untersucht wurden in der pädagogischen Psychologie die unterschiedlichen

Leistungsnormen in den Schulstufen des deutschen Schulsystems. Es konnte ein

Zusammenhang mit dem Selbstkonzept entdeckt werden. Der Effekt wurde als

„big-fisch-little-pond effect“ bezeichnet (Köller, 2000; Marsh, 1990; Schwarzer &

Jerusalem, 1983; zitiert nach Trautwein, 2003). In der Studie wurden

Gymnasiasten beim Schulübertritt in die höhere Schule untersucht. Schüler die in

der Grundschule zu den besten gehörten, zeigten einen Abfall spezifischer

Selbstkonzepte, da im Gymnasium die Leistungsnorm höher war und sie somit

nicht mehr zu den Besten gehörten. Umgekehrt verzeichnete man ein höheres

Selbstkonzept bei Hauptschülern, die sich nun nicht mehr mit den besseren

Schülern vergleichen mussten (Trautwein, 2003).

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6.4. Das Selbstwertgefühl als wertvolle Ressource

In den Arbeiten von Jonathon D. Brown (1993) steht das Selbstwertgefühl, als

affektive Ressource im Mittelpunkt des Interesses. Das Selbstwertgefühl wird laut

Brown bereits in früher Kindheit erworben und nimmt wesentlichen Einfluss auf

bereichsspezifische Selbstkonzepte, sowie auf den Prozess der

Informationsverarbeitung. Weiteres gilt das Selbstwertgefühl als wichtiger Faktor

der Persönlichkeit. Das Selbstwertgefühl ist ein entscheidender Wert für das

zukünftige Verhalten: es nimmt eine anpassende Funktion in Zusammenhang mit

der Umwelt ein, es dient der Psychoregulation, es filtert und interpretiert

Informationen, damit die positive Einstellung aufrecht erhalten bleibt und

beeinflusst die eigene Evaluation (Brown, 1993; zitiert nach Trautwein, 2003).

Brown beschrieb in Zusammenarbeit mit anderen Autoren (Taylor und Brown,

1988, Brown und Dutton, 1995) die Fähigkeit einer Person, nicht als alleiniger

Faktor für das Bewältigen einer Aufgabe. Genauso benötige es Motivation und

Ausdauer. Dabei definieren sie eine Selbstüberschätzung als positiven Faktor, da

er im Gegenzug zu einer realistischen Einschätzung dazu führt, dass das

Herangehen an Arbeiten mit Schwung und Elan vollzogen wird. Im Umgang mit

der sozialen Umwelt, könne eine Selbstüberschätzung allerdings problematisch

werden (Taylor & Brown, 1988; Brown & Dutton, 1995; zitiert nach Trautwein,

2003).

Zudem konnten die Autoren beweisen, dass der Mensch dazu neigt,

Informationen so aufzunehmen, dass sie das eigene positive Selbstwertgefühl

bestätigen und aufrecht erhalten. So könne der Mensch auch Einfluss nehmen,

auf die Auswahl von Situationen die entweder positives oder negatives Feedback

einbringen. Allerdings gibt es auch Studien, die aufzeigen, dass Menschen in

Testsituationen den Vergleich mit besseren Menschen anstreben, obwohl

dadurch ihr Selbstwertgefühl abgestuft wird (Festinger, 1954; zitiert nach

Trautwein, 2003).

Brown stellte fest, dass die Tendenz sich als positiv darzustellen, von der

einzelnen Person abhängig ist. Menschen mit einem hohen Selbstwertgefühl

können besser mit Informationen über die eigene Person umgehen. Somit stellt

das Selbstwertgefühl nach Brown selbst den entscheidenden Faktor dar, damit

es aufrecht erhalten bleibt. Dies indem das Selbstwertgefühl die Selektion von

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Informationen durchführt. Menschen mit einem hohen Selbstwertgefühl benutzen

in stärkerem Maße Strategien der Selbstwerterhöhung (Brown, 1993; zitiert nach

Trautwein, 2003).

6.5. Konzepte eines vielstimmigen Selbst

Im Gegensatz zu anderen theoretischen Ansätzen zur Erklärung des

Selbstkonzeptes, spricht der Autor Hermans (1996) von einem

Beziehungsgeflecht innerer Stimmen oder Positionen.

Hermans spricht in Zusammenhang mit dem Selbstkonzept von einem

dialogischen Selbst. Das Selbstkonzept umfasst laut ihm emotionale und

kognitive Strukturen. Das dialogische Selbst meint, das Einnehmen von

verschiedenen Positionen zu einem gewissen Thema. Beispielsweise reagiert

eine Mutter auf die Anfrage des Sohnes, sich das Auto ausborgen zu können, mit

einem Standpunkt von Hilfsbereitschaft und Furcht. Sie würde gern ihrem Sohn

die Möglichkeit geben, allerdings fürchtet sie sich vor Unfällen. In ihr vollzieht

sich der innere Dialog, der sie beide Seiten abwägen lässt.

Dabei handeln die verschiedenen Teile des dialogischen Selbst relativ autonom.

Diese Teile können übereinstimmen, sich gegenseitig ausschließen und haben je

nach Wichtigkeit eine andere Wirkung auf die Person.

Das dialogische Selbst kann unterschiedliche Perspektiven einnehmen, was zu

einer detaillierteren Sichtweise führt. Die Positionen des dialogischen Selbst

können auch von anderen Personen beeinflusst werden. Dabei werden

Meinungen nicht einfach übernommen, denn der Prozess der Standpunktfindung

ist ein persönlicher Vorgang (Hermans, 1996; zitiert nach Laskowski, 2000).

Für jeden dialogischen Prozess braucht es auch ein Beziehungsschema,

welches die Verbindung zum thematischen Aspekt darstellt. Nach Hermans

handelt es sich um internalisierte Strukturen, die aus der Vergangenheit

entstanden sind. Das dialogische Selbst organisiert die drei unterschiedlichen

Schemata, die sich aus äußeren Faktoren bilden: Selbstbild, Bild von anderen

Personen, interpersonale Skripte. Letztere sind stereotype Beziehungsmuster, in

Form einer kognitiven Struktur (Hermans, 1996; zitiert nach Laskowski, 2000, S.

77).

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Durch diese neue Betrachtungsweise des Selbstkonzepts, lassen sich Prozesse

und das Verhalten von Personen erklären, die sich nicht nur auf eine Situation

beziehen. Somit stellen unterschiedliche Selbstkonzepte Positionen des

dialogischen Selbst dar. Da der Mensch dazu neigt, das zu erreichen, was er als

positiv und wünschenswert empfindet, muss es Möglichkeiten geben,

Vergangenheit und Zukunft zu integrieren. Der Mensch kann sich somit in der

Zukunft vorstellen und schauen, ob die aktuellen Handlungen dort noch Sinn

ergeben.

Hermans sieht nicht das Selbstkonzept als die treibende Kraft, sondern den

Dialog der sich aus dem interpersonalen Skript ergibt. Das Selbst eines

Menschen sieht er als Abbild der Bezugsgruppe. Aus der inneren Diskussion

bekommt der Mensch eine Rückmeldung über sich und gewinnt eine Vorstellung

über andere Personen (Hermans, 1996; zitiert nach Laskowski, 2000).

Bezieht man sich auf die Gedanken, entsteht oft der Eindruck als handelt es sich

um ein Kollektiv innerer Stimmen. Nach Kaufmann (1993) beeinflusst das

Selbstkonzept das innere Gespräch. Hierbei muss man das innere Gespräch

unterteilen: man unterscheidet eine Form des inneren Dialogs mit sich selbst von

einem inneren Dialog mit anderen Personen. Nach Kaufmann werden in der

frühen Kindheit Rollen, Beziehungen, Objektinteraktionen wahrgenommen, die

leitend sind für die späteren inneren Dialoge. Waren diesen frühen Erfahrungen

besonders negativ geprägt, wird der innere Dialog eher kritisch ausfallen.

Objektrepräsentationen sind sozial erlernt und entstehen aus direkten und

interpretierten Informationen. Der innere Dialog hat somit Auswirkungen auf das

Erleben von verschiedenen Situationen. Dies wirkt sich wiederum auf Gefühle

und auf das Verhalten aus. Fehlt die innere Stimme, die für die Ausgeglichenheit

zuständig ist, überwiegen vor allem negative und belastende Gedanken.

Zusätzlich fehlt oft das Maß an realistischer Einschätzung. Kritik wird dadurch

selbst dramatisiert und als nicht angebracht angesehen. Dies hat Einfluss auf

das Selbstkonzept, auf das Selbstwertgefühl und auf ein allgemeines

Kontrollgefühl (Kaufmann, 1993; zitiert nach Laskowski, 2000).

Laut Kaufmann bilden die selbst-kommunikativen Prozesse die Basis für die

Selbstregulation und für die Funktionstüchtigkeit. Fehlt allerdings die

ausgleichende, die Balance herstellende Stimme, fehlt die Fähigkeit zur

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Selbstregulation. Somit sieht Kaufmann vor allem die Aufgabe darin, diese

ausgleichende Funktion herzustellen, anstatt kritisierende Stimmen zu

eliminieren. Diese werden nämlich auch benötigt, da sie den Menschen vor

unüberlegten Handlungen schützen (ebd.).

7. Einflussfaktoren in der Entstehung des Selbstkonzepts

Die Entstehung des Selbstkonzeptes wird von folgenden Faktoren beeinflusst:

• individuellen Einflussfaktoren;

• gesellschaftlichen Einflussfaktoren.

Die individuellen Faktoren werden anhand des kognitionspsychologischen

Ansatzes, des Konzeptes integrierter Leistungsmotivation und unter

geschlechtsspezifischem Blickwinkel erläutert.

Zu den gesellschaftlichen Einflussfaktoren zählt man den Einfluss der Eltern, der

Schule und der Gleichaltrigen. Letzter Aspekt wird vor allem aus dem

Gesichtspunkt der Mitschüler dargelegt.

7.1. Individuelle Einflussfaktoren

7.1.1. Der kognitionspsychologische Ansatz

Die kognitive Motivationsforschung konnte zwei Typen von Kausalattribution

erkennen. Dabei wird zwischen erfolgsmotivierten und misserfolgsängstlichen

Personen unterschieden (Weiner, 1975; zitiert nach Laskowski, 2000).

Erfolgsmotivierte Personen haben einen stärkeren Glauben an das eigene

Gelingen, was wiederum ihre Leistungsmotivation positiv beeinflusst. Sie suchen

eher Situationen aus, in denen sie ihr Können unter Beweis stellen können.

Erfolge werden demnach eigenen Fähigkeiten zugesprochen, Misserfolge eher

externen Faktoren.

Misserfolgsängstliche Menschen fürchten sich vor Misserfolg und haben einen

geringeren Glauben an die eigenen Fähigkeiten. Sie versuchen Misserfolge zu

vermeiden, was zu einer niedrigen Leistungsmotivation führt. Dementsprechend

suchen sie sich eher leichte Aufgaben oder Aufgaben mittlerer

Schwierigkeitsgrade aus. Misserfolge werden auf mangelnde Fähigkeiten

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zurückgeführt, Erfolge eher auf andere Faktoren (Weiner, 1976; Heckhausen,

1980; zitiert nach Laskowski, 2000).

Weiner und andere Autoren haben die Ursachenzuschreibungen von Misserfolg

und Erfolg kategorisiert. Dabei unterscheiden sie personenabhängige Faktoren

(internal und external) und umweltbedingte Faktoren. In die Tabelle ordnen sie

vier bedeutende Attributionsmöglichkeiten ein: Begabung,

Aufgabenschwierigkeit, Anstrengung und Zufall.

Tabelle 1: Ursachenzuschreibungen von Misserfolg und Erfolg (Weiner, 1994, S.

270)

Lokation

Stabilität internal external

stabil Fähigkeit Aufgabenschwierigkeit

variabel Anstrengung, Stimmung,

Müdigkeit, Krankheit Zufall

Die Stabilität nimmt Einfluss auf die zukünftige Erfolgserwartung. Bei stabilen

Ursachen wird man bei Misserfolg die Erwartungen an eine nächste Situation

senken, bei Erfolg erhöhen. Instabile Ursachen hingegen führen bei

misserfolgsängstlichen Personen eher zur Bestätigung der

Attribuierungstendenz, bei Erfolg bleibt der Glaube an die eigene Fähigkeit

erhalten.

Eine internale Zuschreibung von Erfolg führt zu sehr starken, positiven Gefühlen,

wie z.B. Stolz. Bei Misserfolg hingegen kann dies zu Beschämung führen. Bei

externaler Attribuierung wird Erfolg und Misserfolg nicht als besonders

bedeutsam empfunden (Rudolph, 2003).

Die Attribuierungstendenz der Personen nimmt Einfluss auf die

Leistungsmotivation. Das Thema der Leistungsmotivation wird im Kapitel 8

„Schule und Selbstkonzept“ näher beschrieben.

Die Ursache der Ausbildung von Attribuierungstendenzen konnte aufgrund

forschungstechnischer Probleme niemals vollständig erhoben werden. Nach

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Haußer sind die Ermutigung des Leistungsverhaltens sowie Selbstständigkeit

wichtige Faktoren in der Entstehung (Haußer, 1983). Zusätzliche Faktoren sind:

elterliche Erziehung (später wird näher darauf eingegangen), unter anderem die

elterliche Ermutigung, elterliche Erwartungen, Kompetenzüberzeugungen

gegenüber dem Kind, Toleranz, emotionale Wärme, und nicht zuletzt das

Belohnungs- und Bekräftigungsverhalten (Weiner, 1994).

7.1.2. Das Konzept integrierter Leistungsmotivation

Nach Harten-Flitner (1978) bildet sich die Leistungsmotivation in Zusammenhang

mit der Entwicklung sozialer Kompetenz aus. Leistung ist gesellschaftsbedingt

und legt dem Kind Gütemaßstäbe vor. Auch Erfolgs- und

Misserfolgszuschreibungen werden dem Kind von den Eltern auferlegt. Das Kind

versteht, dass es den Handlungsausgang auf sich selbst beziehen muss. Sobald

Sanktionen benutzt werden, entwickelt das Kind bei Misserfolg zusätzliche

Scham und Angst. Auch der Wettbewerb, der dem Kind nahe gelegt wird, hat

ungünstige Auswirkungen auf das Selbstkonzept des Kindes. Kinder können mit

Wettbewerb noch nicht ausreichend umgehen. Sie verstehen gewisse

Bedingungen noch nicht, welche auferlegt werden. Der Wettbewerb führt dazu,

dass Kriterien der Selbsteinschätzung an Wert verlieren und der soziale Bezug in

den Vordergrund tritt. Der soziale Vergleich führt zu Geltungsstreben und zu

einer Leistungsmotivation, die lediglich auf Lob ausgerichtet ist (Harten-Flitner,

1978).

7.1.3. Geschlechtsspezifische Ausprägung

Männer und Frauen werden in der Gesellschaft unterschiedlich eingeschätzt, sei

es was die Erwartungen, die an sie gestellt werden, anbelangt, als auch die

beruflichen Positionen und tendenziellen Charakterzuschreibungen. Dabei

werden Frauen oftmals als unsicherer beschrieben als Männer. Die

Selbstkonzeptforschung konnte bei Männern und Frauen allerdings in neuerer

Zeit zunehmend weniger Unterschiede aufzeigen.

Tiedemann und Faber (1995) untersuchten Mathematikleistungen auf

geschlechtsspezifische Ausprägungen. Dabei konnten sie aufzeigen, dass die

Mädchen im höheren Alter wesentlich niedrigere Leistungen aufzeigten als

Jungen, trotz anfänglich gleicher Leistung im mathematischen Bereich. Dabei

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untersuchten sie auch das Attributionsverhalten beider Geschlechter und fanden

heraus, dass sich Mädchen grundsätzlich schlechter einschätzen als Jungen,

auch wenn die Ergebnisse der Mädchen höher waren. Mögliche Gründe dafür

könnte die Erwartungshaltung der Lehrpersonen hinsichtlich der Fähigkeiten der

Jungen sein. Dadurch würden Jungen ein eher günstiges Selbstkonzept

bezüglich der mathematischen Fähigkeiten aufbauen, während Mädchen ihr

Selbstkonzept negativ ausprägen (Tiedemann & Faber, 1995).

Schneidergruber (1990) untersuchte 10 Selbstkonzeptfaktoren und fand bei

Verhaltens- und Entscheidungssicherheit sowie bei Empfindlichkeit und

Gestimmtheit ein niedrigeres Selbstkonzept bei Mädchen. In den anderen

Bereichen allerdings (allgemeine Leistungsfähigkeit, allgemeine

Problembewältigung, Standfestigkeit gegenüber Gruppen und bedeutsamen

anderen, Kontakt- und Umgangsfähigkeit, Irritierbarkeit durch andere, Gefühle

und Beziehungen zu anderen, Wertschätzung durch andere und allgemeine

Selbstwertschätzung) gab es keine geschlechtsspezifischen Unterschiede

(Schneidergruber, 1990; zitiert nach Laskowski, 2000).

7.2. Gesellschaftliche Faktoren

7.2.1. Eltern-Kind Beziehung

Die Eltern-Kind Beziehung zählt bei den verschiedenen Autoren zu dem am

stärksten akzeptierten Faktor der Beeinflussung des Selbstkonzepts. Frey und

Benning (1983) erklären, dass erste selbstbezogene Einstellungen durch das

Interaktionsgeschehen mit den Eltern zustande kommen (Frey & Benning, 1983).

Das Selbstkonzept eines Kindes wird vom Verhalten und der Sprache der

Bezugspersonen beeinflusst: durch Be- und Entwertungen, die dem Kind

entgegengebracht werden (Tarr Krüger, 1993; zitiert nach Laskowski, 2000).

Das Kind realisiert die Trennung zwischen sich und die anderen durch die ersten

Berührungen eigener Körperteile oder Objekte. Es entwickelt ein Schema von

seinem eigenen Körper und gelangt somit zu einer ersten Kategorisierung seiner

selbst. Im zweiten Lebensjahr wird diese Trennung sprachlich unterstützt, was

sich vor allem durch das Benutzen des Pronomens „ich“ zeigt (Filipp, 1980; zitiert

nach Laskowski, 2000).

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In dieser Zeit ist es für die positive Entwicklung der Selbstwahrnehmung und der

Selbstbewertung äußerst wichtig, dass das Kind Konstanz und Zuverlässigkeit in

den kognitiven und emotionalen Eindrücken erfährt (Haußer, 1983).

Die Eltern reagieren aufgrund ihrer Persönlichkeit auf die Äußerungen des

Kindes. Diese Äußerungen enthalten Beziehungsbotschaften der Eltern für das

Kind und vermitteln somit erste Einschätzungen (Schulz von Thun, 1982; zitiert

nach Laskowski, 2000). Diese werden auf naive Weise vom Kind aufgenommen

und in die Selbstkonzeptvorstellungen integriert. Die kognitiven Fähigkeiten sind

noch nicht genügend ausgereift um Äußerungen zu betrachten, abzulehnen oder

zu kritisieren. Kinder können Verhaltensweisen der Eltern nicht auf deren

emotionalen Zustand zurückführen und beziehen somit alles auf sich. Sie

verstehen nicht, dass z.B. eine mütterliche Äußerung mit eigenen kindlichen

Erfahrungen zu tun hat (Laskowski, 2000).

Zudem nehmen Eltern vor allem in ihrer Funktion als Vorbilder eine wichtige

Rolle ein. Kinder identifizieren sich mit ihren Bezugspersonen, in sehr vielen

Fällen mit der Mutter. Sie handeln im Einklang mit den Vorstellungen ihrer

Identifikationsfigur. Entscheidungen werden so gefällt, wie die Kinder glauben,

dass sich das Modell entschieden hätte. Dies beeinflusst die

Selbstwahrnehmung, die Selbstkonzeptbildung, das Selbstwertgefühl und

Kontrollüberzeugungen des Kindes sehr stark (Haußer, 1983).

Diese ersten Selbstkonzeptvorstellungen werden durch den Kontakt mit anderen

Personen erweitert, indem das Kind direkte oder indirekte Botschaften erhält. Es

schließt durch diese Botschaften auf sein eigenes Sein. Zu viele negative

Bewertungen können in dieser Zeit dazu führen, dass das Kind ein negatives

Selbstkonzept entwickelt (Schulz von Thun, 1982; zitiert nach Laskowski, 2000).

Diese Vorstellungen dienen später als Basis, auf der neue Erfahrungen

abgeglichen werden. Somit kommt dieser Zeit eine sehr große Wichtigkeit zu

(Epstein, 1984; zitiert nach Laskowski, 2000).

Auch wenn Autoren wie Bohleber (1992) eine solche Entwicklung als

ausschließliche Prädiktoren für zukünftiges Verhalten anerkennen, kann man

nicht von dieser Ausweglosigkeit ausgehen. Allerdings kann man von einem

großen Teil der Selbstkonzeptvorstellungen ausgehen, die weiterbestimmend

sind.

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Handlungen, die zukünftig ausgewählt werden, entsprechen sehr oft auch dem

Attributionsverhalten. Ein Kind, das vor allem die Botschaft empfangen hat, es

sei für die Eltern eine Zumutung, wird wahrscheinlich für solche Botschaften eher

sensibel sein und sich in seinem Selbstkonzept bestätigt fühlen, wenn ihm diese

Einstellung entgegengebracht wird (Laskowski, 2000).

Im Folgenden werden einige spezifische Einflussfaktoren genauer beschrieben,

da ein Zusammenhang zur Selbstkonzeptentwicklung vorliegt.

Elterliche Zuwendung und Bestätigung

Aus psychoanalytischer Sicht nimmt die Responsivität der Mutter auf kindliche

Gefühle Auswirkungen auf das Selbstkonzept des Kindes. Ein Kind, welches vor

allem als „Zuhörer“ dient, bei dem die Mutter nicht sensibel auf die Äußerungen

des Kindes reagiert, erlebt, dass sein Verhalten keine Auswirkungen hat. Eine

Mutter, die hingegen die Gefühle des Kindes widerspiegelt, gibt dem Kind die

Chance, eigene Gefühle kennen zu lernen und diese zu strukturieren. Es kann

somit psychische Prozesse besser nachvollziehen und kann sich, die Umwelt

und die Interaktion mit der Umwelt besser verstehen (Müller-Braunschweig,

1975; zitiert nach Laskowski, 2000).

Die Elternliebe ist abhängig von den Erwartungen, welche sie an das Kind stellen

oder nicht. Erfährt das Kind, dass es von den Eltern nur dann geliebt wird, wenn

es den Erwartungen entspricht, entwickelt es ein anderes Bild von sich als ein

Kind, welches bedingungslos geliebt wird.

Das Verhalten der Eltern hat Auswirkungen auf die Persönlichkeit und auf das

zukünftige Verhalten des Kindes. Es kann zu inneren Selbstbewertungen

kommen wie z.B. „Ich kriege aber gar nichts geregelt.“ Sind die Bezugspersonen

offen, tolerant, liebevoll und akzeptieren das Kind bedingungslos, so entwickelt

sich beim Kind eher ein positives Selbstwertgefühl (Epstein, 1984; zitiert nach

Laskowski, 2000).

Studien über indigene Völker, in denen Mütter ihre Kinder bei körperlichen

Arbeiten am Körper tragen, konnten aufzeigen, dass diese Kinder allgemein viel

gelassener und ruhiger waren. Es zeigten sich auch positive Auswirkungen auf

die Frustrationstoleranz und eine erhöhte Zufriedenheit. Körpernähe beruhigt

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Kinder vor allem durch die Schaukelbewegungen, die sie bereits aus der Zeit der

Schwangerschaft kennen, und durch den Herzschlag der Mutter.

Eltern, die der Einstellung sind, man solle die Kinder nicht verwöhnen,

vernachlässigen laut Liedloff (1995) ihre Bedürfnisäußerungen. Kinder reagieren

auf Nicht-Beachtung vor allem mit Unzufriedenheit, Vertrauensmangel, größerer

Ängstlichkeit, Aggressionsbereitschaft, Selbstabwertungs- und

Resignationstendenzen.

Allerdings verweist Liedloff auch darauf, dass Körpernähe nicht auch ständige

Aufmerksamkeit notwendig macht. Bei der Verrichtung von Alltagsarbeiten

werden Kinder in das tägliche Leben miteinbezogen. Sie werden in ihrer

sprachlichen, geistigen und sozialen Kompetenz gefördert. Dies wirkt sich

wiederum positiv auf das allgemeine Selbstkonzept aus. Durch diese ersten

Erfahrungen werden dem Kind bereits Fähig- und Fertigkeiten bekannt, wodurch

eine selektive Aufmerksamkeit auf Bereiche gefördert wird, die für das spätere

Leben wichtig sind (Liedloff, 1995; zitiert nach Laskowski, 2000).

Als letzter Punkt der elterlichen Zuwendung und Bestätigung zählen die

Auswirkungen von echtem oder mangelhaftem Interesse der Eigenheiten des

Kindes. Darunter versteht man vor allem die Verhaltensweisen der Eltern ihren

Kindern gegenüber, die die Frage aufwerfen: Respektieren die Eltern die

Eigenheiten der Kinder, indem sie zwar Regeln setzen, aber ihnen zugleich auch

die Möglichkeit bieten, sich frei zu entfalten? Kinder brauchen Respekt,

Bestätigung, Ermutigung, damit sie lernen sich selbst Grenzen zu setzen,

Entscheidungen zu treffen, sich gegenüber anderen abzugrenzen und ein

positives Selbstkonzept zu entwickeln (Ladisich-Raine, 1990).

Elterliche Erwartungen

Ein weiterer wichtiger Prädiktor für ein positives Selbstkonzept ist die

Kontrollüberzeugung, die ein Kind entwickelt, d.h. der Glaube, auf die Umwelt

Einfluss nehmen zu können. Diese Wirksamkeitsgefühle entstehen in frühester

Kindheit, wenn das Kind bemerkt, dass es durch sein Verhalten Reaktionen der

Mutter auslösen kann. Je nach Ausprägung der Reaktion der Mutter entwickelt

sich ein starkes oder schwaches Gefühl der eigenen Wirksamkeit (Bohleber,

1992).

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Die elterliche Bewertung der Handlungsweisen des Kindes beeinflussen

wesentlich die Kontrollüberzeugung des Kindes und die Entwicklung von Erfolgs-

oder Misserfolgserwartung. Negative Bewertungen von Seiten der Eltern fördern

somit die Ausprägung eines negativen Selbstkonzeptes. Für eine positive

Entwicklung der Kontrollüberzeugungen des Kindes ist es vor allem notwendig,

die Erwartungen an das Kind auf dessen Entwicklungsstand abzustimmen

(Laskowski, 2000). Sind die Anforderungen an das Kind zu hoch, wird dieses vor

allem Misserfolge erleben (Brophy & Good, 1976; zitiert nach Laskowski, 2000).

Diese Misserfolge führen weiterhin zu der Ansicht, dass es niemals, ob mit oder

ohne Anstrengung, die Anforderungen der Eltern erreichen kann. Es erkennt

nicht den positiven Effekt von Anstrengungsbereitschaft und kann auch das

Wohlgefühl nicht spüren, etwas erreicht zu haben. Da es noch nicht die zu hohe

Anforderung von Seiten der Eltern kritisch durchblicken kann, wird es sich als

unzulänglich halten, da es die von den Eltern auferlegten Aufgaben nicht

bewältigen kann. Es wird ein negatives Attributionsverhalten entwickeln und

weiterhin an einen möglichen Erfolg zweifeln. Diese Selbsterwartungen werden

in das Selbstkonzept integriert, was zu einer negativen Ausprägung führt

(Laskowski, 2000).

Eine Unterschätzung der kindlichen Fähigkeiten kann genauso dazu führen, dass

das Kind Erfolge nicht schätzt und mit Misserfolgen nie zurechtkommen muss.

Bei auftretenden Misserfolgen wird es sie schwer verkraften und ein niedriges

Durchhaltevermögen entwickeln (Petermann & Petermann, 1989; Seligmann,

1986; zitiert nach Laskowski, 2000).

Eine weitere Auswirkung des elterlichen Verhaltens auf das Kind sind die

geschlechtsspezifischen Erwartungen der Eltern. Bei Jungen wird Aggressivität

vielleicht eher als Durchsetzungsfähigkeit interpretiert als bei Mädchen. Daraus

folgt bei Mädchen öfter eine Ermahnung bei aggressiven Verhaltensweisen als

bei Jungen. Mädchen bewerten sich somit eher negativ und neigen dazu diese

Verhaltensweisen nicht mehr zu zeigen. Jungen hingegen fühlen sich eher

positiv bewertet, da die Akzeptanz höher ist.

Kinder neigen dazu diese Rollenerwartungen zu übernehmen, da sie bei

Ablehnung Sanktionen erwarten, hingegen bei Rollenkonformität Lob und

Anerkennung erfahren. Schneidergruber konnte in den 90er Jahren durch eine

Studie nachweisen, dass Mädchen öfter bestraft und getadelt werden, da die

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Erwartungen an sie meist höher sind als an Jungen. Bei Jungen wird

aggressives, dominantes und überhebliches Verhalten länger toleriert als bei

Mädchen. Als Konsequenz dieses Verhaltens neigen Mädchen eher dazu ein

negatives Selbstkonzept aufzuweisen. Mädchen reagieren demzufolge sensibler

auf Kritik und weisen eine negative Attributionsform auf.

Elterliches Erziehungsverhalten

Schneidergruber (1990) untersuchte den Zusammenhang zwischen den

elterlichen Erziehungsmitteln und dem Selbstkonzept von Kindern. Dabei

unterschied er mütterliche und väterliche Erziehungsmittel und benutzte zur

Erhebung des Selbstkonzeptes die im vorherigen Kapitel genannten

Selbstkonzeptaspekte. Es zeigte sich ein Zusammenhang des Selbstkonzepts

mit allen untersuchten Aspekten. Bei mütterlichen, einschränkenden

Erziehungsmitteln zeigten Jungen und Mädchen vermehrt negativ ausgeprägte

Auswirkungen auf das Selbstkonzept als bei väterlichen. Es ließ sich allerdings

kein Zusammenhang zwischen Lob von Seiten der Eltern und Selbstkonzept des

Kindes feststellen, nur im Bereich „Leistungsfähigkeit und Wertschätzung durch

andere“. Dies erklärte man sich mit der Tatsache, dass Eltern ihre Kinder vor

allem in diesen Bereichen loben (Schneidergruber, 1990; zitiert nach Laskowski,

2000).

In den Untersuchungen von Darpe und Schneewind (1978) und Helmke und

Väth-Szusdziara (1980) konnte ein positiver Zusammenhang von elterlichem Lob

und ein positives Selbstkonzept, sowie negative Auswirkungen auf das

Selbstkonzept von Kindern durch inkonsistentes Elternverhalten aufgewiesen

werden (Darpe & Schneewind, 1978; Helmke & Väth-Szusdziara, 1980; zitiert

nach Laskowski, 2000).

In Bezug auf die Auswirkungen elterlicher Erziehungsstile konnten Tausch und

Tausch (1971) herausfinden, dass der laissez-faire-Erziehungsstil (Eltern

kümmern sich wenig um das Kind, es ist sich selbst überlassen, keine

Überprüfung der Regeln) sich eher ungünstig auf das Selbstkonzept von Kindern

auswirkt (Tausch & Tausch, 1971; zitiert nach Laskowski, 2000). Dasselbe gilt für

den autoritären Erziehungsstil (Kind wird stark eingeengt, Wert des Kindes wird

nicht anerkannt, hohe Erwartung an Konformität, Sanktionen an Macht orientiert)

(Rosenberg, 1965; zitiert nach Laskowski, 2000). Die positive Auswirkung des

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demokratischen Erziehungsstils auf ein positives Selbstkonzept wurde erkannt.

Dabei werden die Kinder in ihrem Sein akzeptiert und wertgeschätzt, aufgestellte

Regeln sind konsistent und ihre Einhaltung wird überprüft (Neubauer, 1976;

Dönhoff-Kracht, 1980; zitiert nach Laskowski, 2000).

Die Selbstständigkeitserziehung nimmt in der Entwicklung von

Wirksamkeitsgefühlen eine große Rolle ein. Damit das Kind Vertrauen zu sich

fassen kann, braucht es die Möglichkeit selbstständig etwas erledigen zu dürfen

(Laskowski, 2000). Largo (1997) unterstreicht die Wichtigkeit dem Kind

entwicklungsgerechte Selbstständigkeit zuzuschreiben. Dadurch erkennt es den

Einfluss, den es auf die Umwelt nehmen kann und fühlt sich nicht ausgeliefert

und abhängig (Largo, 2002).

7.2.2. Lehrerverhalten und das Selbstkonzept von Schülern

Genauso wie die Interaktionen mit der Umwelt und das Verhalten der Eltern

Auswirkungen auf das Selbstkonzept des Schülers zeigen, spielt auch die

Lehrer- Schüler Beziehung eine wichtige Rolle. Die Erwartungen des Lehrers an

den Schüler sind ausschlaggebend für die Behandlung, die dem Schüler

zukommt. Höhn (1973) sowie Hofer (1969) konnten aufzeigen, dass Schüler, die

laut Einschätzung der Lehrer lernbereit sind, stärker gefördert werden (Höhn,

1973; Hofer, 1969; zitiert nach Eggert, Bode & Reichenbach, 2003).

Dies hat Konsequenzen auf das Selbstkonzept des Schülers. Trifft eine hohe

Lehrererwartung auf einen leistungsstarken Schüler, so wird dies als günstig

interpretiert. Dies steigert die Anstrengungsbereitschaft des Schülers und somit

seine Ergebnisse. Diese werden vom Lehrer als Bestätigung seiner Erwartung

interpretiert.

Ungekehrt hat eine niedrige Lehrererwartung negative Folgen auf das

Selbstkonzept. Der Schüler fühlt sich entweder bestätigt und sieht sich nicht

verpflichtet sich anzustrengen oder fühlt sich missverstanden und resigniert

(Krupitschka, 1990).

Der Schüler gleicht in einem Prozess die Bezugsnorm, die in der Klasse herrscht,

mit der Einschätzung seinereigenen Fähigkeiten ab. Sieht er sich als

leistungsstark, wird er mit hoher Motivation an neue Aufgaben herangehen. Der

Lehrer wird auf dieses Verhalten mit Lob reagieren. Ein positiver Kreislauf

entwickelt sich und führt dazu, dass der Schüler ein positives Selbstkonzept

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aufbaut. Gelegentliche Misserfolge können durch eine hohe Frustrationstoleranz

überwunden werden.

Schüler mit einer leistungsschwachen Einstellung neigen eher dazu, Erfolge mit

dem Faktor Zufall zu erklären. Das Selbstkonzept bleibt eher misserfolgsorientiert

(Eggert, Reichenbach & Bode, 2003).

Lüdtke und Köller (2002) konnten positive Auswirkungen der individuellen

Bezugsnorm, im Gegensatz zur sozialen Bezugsnorm, erkennen. Bei dieser zeigt

die Lehrperson vor allem Entwicklungsfortschritte aufgrund der individuellen

Bezugsnorm auf. Der Schüler lernt den Effekt der Anstrengung kennen und sieht

den Zusammenhang zwischen Erfolg und Anstrengung. Der Schüler wird darin

motiviert gute Leistungen zu erbringen (Lüdtke & Köller, 2002).

7.2.3. Die Bedeutung der Mitschüler für das Selbstkonzept

Während die Beziehung zu den Lehrpersonen in der Schulklasse einen

bedeutenden Teil der Interaktionen darstellt, gibt es noch einen wesentlicheren:

die Beziehung zwischen den Schülern. Dabei unterscheidet man den formellen

Bereich, wo das institutionell geregelte Lernen stattfindet, von dem informellen

Bereich. Der informelle Bereich beschreibt die Beziehungen der Schüler

untereinander (Gordon, 1969; Hurrelmann, 1971; Petillon, 1980; zitiert nach

Krupitschka, 1990).

Der informelle Bereich ist geregelt durch Normen, die verschiedene Funktionen

beinhalten:

• Es sind die Erwartungen der Mitglieder der Gruppe über ein erwünschtes

Verhalten (Müller & Thomas, 1974; zitiert nach Krupitschka, 1990).

• Sie schränken das Verhalten ein, da Verletzung mit Sanktionen verbunden

sind (Homans, 1968; zitiert nach Krupitschka, 1990).

• Sie entlasten die Situation, indem sie Regeln für das Verhalten vorgeben und

Schüler somit vor ständigen Entscheidungen bewahren (Fend, 1976;

Hurrelmann, 1971; zitiert nach Krupitschka, 1990).

Aus den informellen Normen ergeben sich unterschiedliche Gruppenstrukturen,

die sich nach Petillon (1980) folgend charakterisieren:

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• Einfluss, Macht und Entscheidungen

Diese Schüler verfügen über eine besondere Macht in der Klasse. Sie

nehmen Einfluss auf Meinungen und Entscheidungen in der Gruppe und

können ihre eigenen Vorstellungen meist gut durchsetzen.

• Kommunikation

Darunter versteht man Kommunikationsstrukturen zwischen den Schülern,

die darüber entscheiden, welche und wie viele Informationen für die

einzelnen Schüler bestimmt sind.

• Erwartungen und Rollen

Allmählich entwickeln sich zwischen den Schülern Vorstellungen darüber,

welches Verhalten man von welchem Schüler erwarten kann. Es entstehen

Typologisierungen, wie z.B. Angeber, Streber, Angsthase, die das

Selbstkonzept und Selbstwertgefühl des Schülers wesentlich beeinflussen

können.

• Sympathiebeziehungen

Je nach Ansehen, das ein Schüler in der Klasse hat, werden ihm gewisse

Gefühle entgegengebracht, wie Ablehnung oder Zuneigung. Dabei konnten

Merkmale bei Schülern gefunden werden, die eine hohe Interaktion zur Folge

haben, wie z.B. gleiche Wertvorstellungen, wünschenswerte Eigenschaften

usw. (Petillon, 1980; zitiert nach Krupitschka, 1990).

Aufgrund dieser Beschreibungsmerkmale kann man die Position der Schüler in

der Klasse genau ermitteln. Schüler mit einer zentralen Position innerhalb der

informellen Klassenstruktur haben auch mehr Einfluss auf die Interaktionen

zwischen den Schülern, während es unbeliebte Schüler gibt, die aus dem

Klassengeschehen ausgeschlossen werden (Petillon, 1982a; zitiert nach

Krupitschka, 1990). Langfristig ungünstige Beziehungsverhältnisse führen zu

einem niedrigen Selbstbild und zu einer geringen Selbstwertschätzung des

Schülers (Krupitschka, 1990).

Einen weiteren wesentlichen Faktor für die Entwicklung und Ausprägung des

Selbstkonzepts stellt das Klassenklima dar. Nach Dreesmann (1979, 1982)

versteht man darunter einen emotionalen Faktor, der in der Interaktion von

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Schülern und Lehrern zustande kommt. Er ist nur schwer erfassbar, aber für den

Schüler wichtig und spürbar (Dreesmann, 1979; zitiert nach Krupitschka, 1990).

Dreesmann beschreibt noch weitere Faktoren, die auf das Klassenklima Einfluss

haben: Kooperation im Unterricht, Kritik am Lehrer, Lenkung durch den Lehrer,

Förderung des Selbstvertrauens, erlebte Kameradschaft, Konkurrenzdenken

zwischen den Schülern, Schwierigkeitsgrad des Faches, Disziplin und

Verständlichkeit bezüglich Ablauf des Unterrichts (Dreesmann, 1979; zitiert nach

Krupitschka, 1990, S. 56).

In einer Längsschnittstudie von Lange, Kufner und Schwarzer (1983) konnte

bewiesen werden, dass in klimanegativen Klassen ein geringeres

Selbstwertgefühl und niedrigere Erfolgszuversicht, sowie das Gefühl von

Hilflosigkeit, Angst und Kontrollverlust vorhanden sind, als in klimapositiven

Klassen (Schwarzer, 1983).

Die Erfahrungen, die ein Schüler macht, werden wesentlich vom

Beliebtheitsfaktor bestimmt, der ihm zukommt. Die Mitschüler sind für den

einzelnen Schüler in dreierlei Hinsicht von Bedeutung:

• für Fremdeinschätzungen und -bewertungen

• für soziale Vergleichsprozesse

• für die Zuwendung und Anerkennung.

Die Schüler haben die Möglichkeit - im Gegensatz zu den formellen schulischen

Normen - außerschulische „Normen“ geltend zu machen, die es erlauben, das

schulische Versagen zu kompensieren und somit Anerkennung zu bekommen

(Krupitschka, 1990).

Die Gleichaltrigen als Vergleichsmöglichkeit sind gleichfalls bedeutsam für die

Entwicklung des Selbstkonzeptes. Der Aufbau von Körperselbst, das

Sprachverhalten, Wettbewerb und Kooperation unterliegen dem Vergleich und

bieten somit eine Möglichkeit zur Entwicklung von Selbst- und Umweltkonzepten

(Mrazek, 1987; McCandless, 1969; Petillon, 1982a; Staub, 1982; zitiert nach

Krupitschka, 1990).

Die Interaktion mit den Mitschülern hat Auswirkungen:

• auf das Selbstkonzept

• auf das Ausmaß der Selbstsicherheit

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• auf Aspekte der Persönlichkeit, die mit dem Selbstkonzept

zusammenhängen (z.B. Angst)

• auf zukünftiges Verhalten gegenüber Mitmenschen (Krupitschka, 1990).

Die Austauschtheorie (Blau, 1964; Thibaut & Kelley, 1959) versucht zu erklären,

wie sich Beliebtheit und Selbstkonzept von Schülern gegenseitig beeinflussen

(Argyle, 1972; Petillon, 1978; Petillon & Wagner, 1979; Prose, 1974; zitiert nach

Krupitschka, 1990). Das Selbstkonzept des Schülers nimmt Einfluss auf dessen

Verhaltensweisen. Aufgrund dieser Verhaltensweisen wird der Schüler von

seinen Mitschülern als möglicher Interaktionspartner eingestuft (Krupitschka,

1990). Dabei fließen in die Entscheidung Wahrnehmungen über die eigene

Person mit ein: wie sehr dieser dem eigenen Idealbild entspricht oder wie sehr er

das eigene Selbstbild vervollständigt. Auch schulische Normen wie z.B.

Angepasstheit an Regeln beeinflussen das Wahlverhalten der Schüler

(Neubauer, 1976; Petillon & Wagner, 1979; zitiert nach Krupitschka, 1990).

Dadurch erhält der Schüler auch Informationen über die Fremdsicht von anderen.

Dies kann bei Übereinstimmung mit dem eigenen Selbstbild zu einer Bestätigung

führen oder bei Inkongruenz zu einer Verunsicherung (Krupitschka, 1990).

Eine lang anhaltende und stabil wahrgenommene Einschätzung von Seiten der

Mitschüler und Lehrer kann auf das eigene Selbstbild wesentlich Einfluss

nehmen und somit Interaktionen und das Partizipationsverhalten der Schüler

beeinflussen (Petillon & Wagner, 1979; zitiert nach Krupitschka, 1990).

Nach Petillon (1978) lassen sich zwischen Beliebtheit, Selbstbild und

Schulleistung direkte Verbindungen erkennen:

• Ein positiv geprägtes Selbstkonzept wirkt sich auf die soziale Attraktivität der

Schüler aus und erhöht die Chancen bei den Mitschülern beliebt zu sein.

• Gute Schulleistungen bauen das Selbstkonzept auf. Ein höheres

Selbstkonzept fördert auch die Anstrengungsbereitschaft des Schülers.

• Die Beliebtheit von leistungsstarken Schülern ist im Vergleich zu

leistungsschwachen Schülern höher. Dies kann Auswirkungen auf die

Erfolgszuversicht sowie auf das Vertrauen zu den eigenen Fähigkeiten

haben (Petillon, 1978).

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Diese Auswirkungen können vor allem bei Schülern mit einem negativen

Selbstkonzept dazu führen, dass ein Kreislauf entsteht.

Schüler mit niedrigem Selbstwertgefühl haben eine höhere Misserfolgserwartung

und glauben nicht an ihre Fähigkeiten („Mir versagt sicher wieder die Stimme!“).

Dies belastet auch die sozialen Kontakte, da diese Fähigkeiten in Interaktionen

ständig gebraucht werden. Auftretendes Stottern oder Erröten führt zu einer

bestimmten Wahrnehmung bei den Schulkameraden und verringert soziale

Attraktivität. Da Unterricht auch eine soziale Situation ist, kann dies natürlich

auch negative Folgen für die kognitive Leistung bedeuten (Krupitschka, 1990).

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8. Selbstkonzept und Schule

Das Selbstkonzept eines Schülers:

• beeinflusst die schulische Leistung, die Persönlichkeitsentwicklung sowie

außerschulische Bereiche

• entsteht in der frühen Kindheit aus emotionalen und selbstbezogenen

Erfahrungen

• gliedert sich in der Schule in einen selbst-, fächer- und sozial bezogenen

Teil.

Das Wissen des Lehrers über das Selbstkonzept eines Kindes nimmt

wesentlichen Einfluss auf ein tieferes und differenziertes Verständnis für die

Lebenssituation und den Kontext, in dem das Kind aufwächst, wirkt sich positiv

auf Qualität und Zufriedenheit im Leben aus, fördert eine Steigerung der

schulischen Leistungen und schafft die Voraussetzungen für eine Verbesserung

des Selbstkonzepts (Eggert, Reichenbach & Bode, 2003). Hattie (1992) und

Waibel (1994) konnten aus einer Meta-Analyse erkennen, dass durch geeignetes

Erzieherverhalten das Selbstkonzept gestärkt wird. Obwohl unterschiedliche

Ergebnisse über Stärke und Wirkung vorliegen, konnte man aus der Studie

schließen, dass ein Unterricht, in dem den Schülern ihre Lernfortschritte

aufgezeigt werden, für das Selbstkonzept förderlicher ist, als eigens

durchgeführte Trainingsprogramme zur Stärkung der Persönlichkeit (Hattie,

1992; Waibel, 1994; zitiert nach Dubs, 2009).

Beane und Lipka (1984) entwarfen eine Gegenüberstellung des Verhaltens von

Kindern und Jugendlichen mit einem eher niederen oder starken Selbstkonzept.

Diese Tabelle wird wie folgt aus der Veröffentlichung von Dubs (2009)

übernommen, da sie eine bedeutende Rolle in den weiterführenden Reflexionen

einnimmt.

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Tabelle 2: Verhaltenweisen von Kindern und Jugendlichen mit einem starken

oder schwachen Selbstkonzept (Beane & Lipka, 1984; zitiert nach Dubs, 2009, S.

80f)

Kinder und Jugendliche mit einem

tendenziell wenig entwickelten

(schwachen) Selbstkonzept neigen zu

folgendem Verhalten:

Kinder und Jugendliche mit einem

tendenziell gut entwickelten (positiven)

Selbstkonzept neigen zu folgendem

Verhalten:

• sind abhängig von Lehrkräften und

anderen „Autoritäten“

• wollen Standards, die andere

setzen, immer entsprechen

• vermeiden es, eigenen Meinungen

und Standpunkte zu vertreten

• verwerfen neue Ideen oder

alternative Erklärungen häufig

• kritisieren andere, um selbst besser

dazustehen

• vermeiden es, neue und

komplizierte Probleme aufzugreifen

• vermeiden Führungsrollen in

Gruppen, selbst wenn sie dazu

aufgefordert werden

• vermeiden es, über persönliche

Interessen und Vorlieben zu sprechen

• stellen selten Fragen, die andere zu

Stellungnahmen herausfordern

• sind wenig interessiert an anderen

Dingen als solchen, die von Dritten

aufgeworfen werden

• können sich nicht in die Gefühle

anderer eindenken

• bringen sich selbst immer wieder

ungewollt in schlechte Situationen

• sind risikobereit und risikofreudig

• bringen auch unpopuläre Ideen

zum Ausdruck

• suche nach neuen Problemen

• lieben die Zusammenarbeit in

Gruppen

• hinterfragen sich und ihre Ideen

selbst

• finden sich in kritischen und

widersprüchlichen Situationen

zurecht

• übernehmen Führungsrollen

• bringen ihre Interessen ein

• drücken Ideen und Erfahrungen mit

eigenen Beispielen aus

• übernehmen Verantwortung

• sind an neuen Ideen interessiert

und prüfen sie offen

• setzen sich mit den Gefühlen

anderer auseinander

• glauben, dass sie von anderen

geschätzt werden

• vermeiden für sie schädliche

Situationen

• vernachlässigen destruktive

Gruppen

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• versuchen sich immer wieder selbst

zu bestätigen

• geben rasch auf, wenn ein Problem

schwierig wird

• sind bei Problemlösungen stark von

anderen abhängig

• drücken sich über sich häufig

negativ aus

• über- oder unterschätzen ihre

Arbeit und Leistungen

• sind über die eigene Zukunft

pessimistisch

• sind sehr inkonsistent und ändern

häufig ihre Meinung

• sind oft entscheidungsunfähig

• können sich sozial schlecht

einpassen und sind scheu sowie

überempfindlich gegenüber Kritik

• haben eine tiefe Motivation

• haben Mühe, Lob und Tadel zu

akzeptieren

• sind negativ gegenüber

Wettbewerb

• haben eine schlechte Einstellung

zur Schule und Lehrkräften

• freuen sich am Erfolg anderer

• ziehen Aufgaben durch

• haben Vertrauen in ihre Arbeit und

Leistungen

• zeigen die eigene Arbeit anderen

gerne

• haben von sich ein positives

Selbstbild

• beurteilen ihre Arbeiten und

Leistungen fortwährend

• nehmen Lob mit Stolz entgegen

und Tadel an, ohne verletzt zu sein

• setzen sich realistische Ziele

• sind optimistisch in Bezug auf ihre

Zukunft

8.1. Schule als System

Schule ist eine gesellschaftliche Institution, da Schule für die Gesellschaft, von

der sie beeinflusst wird, wichtige Funktionen übernimmt. Leistung spielt in

unserer Gesellschaft eine große Rolle. Der Begriff Leistung ist für die

Selbstkonzeptentwicklung ein wesentlicher Faktor und muss somit genauer

erläutert werden. Im Allgemeinen kann man sagen, dass sich die Bedeutung des

Begriffs auf folgende Aspekte bezieht:

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• Leistung ist ein hoher Wert.

• Leistung verschafft Einkommen.

• Leistung verschafft gesellschaftliche Anerkennung.

• Leistung sichert einen hohen sozialen Status (Eggert, Reichenbach & Bode,

2003, S. 55).

Der Leistungsgedanke, der den Kindern von der Gesellschaft bzw. den Eltern

vermittelt wird, prägt ihr Selbstkonzept, welches wiederum Auswirkungen zeigt

auf:

Lernmotivation, Anstrengungsbereitschaft, Einsatzbereitschaft, Zufriedenheit,

Verhalten zum Lehrer, Anerkennung durch die Eltern oder Bezugspersonen

sowie von der Lerngruppe. Das Verhalten, welches ein Kind an den Tag legt, ist

außerdem von seiner persönlichen Meinung über Leistung und vom Vertrauen zu

seinen Fähigkeiten abhängig (Eggert, Reichenbach & Bode, 2003, S. 55).

Zusätzlich wirkt sich das Selbstkonzept auf folgende Bereiche aus:

• die Ursachenerklärung von Misserfolg und Erfolg

• den Umgang mit Kritik

• die Auswahl und das Verhalten in bestimmten Situationen

• die Interaktion mit den Mitschülern

• die Interaktion mit den Lehrpersonen

• die Interaktion mit der Familie

• die Bereitschaft zu Anstrengung und Risiko

• die gesetzten persönlichen Ziele

• die Motivation Leistung zu erbringen und

• die Wege bzw. Mittel um gesetzte Ziele zu erreichen (ebd.)

8.2. Auswirkungen des Selbstkonzepts auf das zukünftige Verhalten

Das Selbstkonzept beeinflusst wesentlich das Erleben und die Wahrnehmung

unserer Umwelt. Unsere Erfahrungen geben Kategorien vor, nach denen die

Umwelt erlebt und interpretiert wird (Laskowski, 2000).

Schüler mit negativem Selbstkonzept nehmen negative Erfahrungen als

Bestätigung auf und integrieren das Erlebte in das Selbstkonzept. Positive

Erfahrungen sind mit dem negativen Selbstkonzept nicht vereinbar und werden

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entweder nicht beachtet, als falsch gedeutet oder so ausgelegt, dass sie sich in

das Selbstkonzept einfügen lassen.

Im Gegensatz dazu sind Schüler mit positivem Selbstkonzept nicht so anfällig für

Misserfolge. Mögliche Misserfolge werden als nicht besonders schlimm

empfunden. Die positive Selbsteinschätzung sowie die Zuschreibung für den

Erfolg werden nicht besonders schnell abgeändert.

Das Erleben einer Person nimmt auch Einfluss auf die Auswahl von zukünftigen

Situationen und somit auf das Verhalten. Schüler, die schlechte Erfahrungen mit

einer Lehrperson gemacht haben, werden versuchen sie eher zu vermeiden

(Eggert, Reichenbach & Bode, 2003).

8.3. Auswirkungen des Selbstkonzepts auf den Umgang mit Kritik

Das Selbstkonzept hat auch Auswirkungen auf die Reaktion einer Person

bezüglich Kritik. Ein negatives Selbstkonzept macht es Personen schwer mit

Kritik konstruktiv umzugehen. Diese Personen geben kritischen Aussagen einen

sehr hohen Stellenwert, beurteilen die Kritik auf persönlicher Ebene und sind

nicht imstande sachliche Äußerungen auch als solche wahrzunehmen (Schulz

von Thun, 1982; zitiert nach Laskowski, 2000).

Menschen mit einem ungünstigen Selbstkonzept sind auch empfänglicher für

negative Äußerungen von Seiten der Umwelt. Positive Signale werden nicht zur

Kenntnis genommen. Diesen Menschen muss erst vermittelt werden, dass Kritik

als Form der Kommunikation verstanden und auf inhaltlicher Ebene bearbeitet

werden kann (Eggert, Reichenbach & Bode, 2003).

8.4. Auswirkungen auf die Auswahl und das Verhalten in

bestimmten Situationen

Menschen verhalten sich ihrem Selbstkonzept entsprechend. Die Situationen

werden von ihren Einstellungen und Erwartungen bezüglich sich selbst und ihren

Fähigkeiten beeinflusst. So wird sich beispielsweise ein Schüler mit negativem

Selbstkonzept eher nicht trauen ein Mädchen anzusprechen, während dies für

einen Schüler mit hohem Selbstkonzept kein Problem darstellt. Dieses etablierte

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Selbstkonzept führt auch dazu, dass man oft in ähnliche Situationen gerät und

somit die Bestätigung für das niedere Selbstkonzept bekommt (Hobmair, 1997).

Die Verhaltensweisen einer Person lassen auf deren Selbstkonzept schließen

(Döhnhoff-Kracht, 1980; zitiert nach Eggert, Reichenbach & Bode, 2003).

8.5. Auswirkungen auf die Bereitschaft zu Anstrengung und Risiko

Die Bereitschaft sich anzustrengen und Risiken einzugehen ist abhängig vom

Selbstkonzept in Bezug auf die eigenen Fähigkeiten. Ein Schüler, der sich selbst

nichts zutraut und seinen Fähigkeiten nicht vertraut, wird eine eher geringe

Risikobereitschaft aufweisen. Jedoch üben auch die Einstellung der Familie und

die Zugehörigkeit zu einer Gleichaltrigengruppe einen bedeutenden Einfluss auf

die Risikobereitschaft aus (Eggert, Reichenbach & Bode, 2003).

8.6. Selbstkonzept und Leistung

Einen wichtigen Einflussfaktor des Selbstkonzepts, stellt die Einschätzung der

eigenen Leistungsfähigkeit dar. Manchmal spricht man auch von

Fähigkeitsselbstkonzept und meint damit den Bereich der Selbstwahrnehmung

der sich auf die eigenen Fähigkeiten und Leistungen bezieht. Im Bereich der

Schule erlangt das Fähigkeitsselbstkonzept an Bedeutung, da es sich um die

Einschätzung handelt die der Schüler zu den verschiedenen Fächern hat. Dies

kann sich allerdings nicht nur auf kognitive Fähigkeiten beziehen, sondern auch

auf soziale Kompetenzen. Das Fähigkeitskonzept umfasst neben einer

informativen Komponente (Jopt, 1978; zitiert nach Krupitschka, 1990), die dem

Schüler Rückmeldung über sein Können gibt, eine dynamische und motivationale

Komponente, die sein weiteres Handeln steuert (Sorrentino & Higgins, 1986;

Weiner, 1986; zitiert nach Krupitschka, 1990).

Allerdings gibt es auch hier eine kontroverse Diskussion: einige Autoren sind der

Meinung, dass die positive Ausprägung des Fähigkeitskonzeptes positive

Auswirkungen auf die Leistung hat, während andere denken, dass ein positives

Fähigkeitskonzept aus guten Leistungen entsteht. Dabei kann man davon

ausgehen, dass eine Wechselwirkung zwischen Selbstkonzept und

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Fähigkeitskonzept vorliegt (Schöne, Dickhäuser, Spinath & Stiensmeier-Pelster,

2003).

In der Untersuchung von Skinner (1998) konnte aufgezeigt werden, dass positive

Kontrollüberzeugungen Auswirkungen auf die Leistung zeigten. Dadurch konnte

ein Kreislauf aufgezeigt werden, indem sich Leistung und Fähigkeitskonzept

bedingen. Zusätzlich ergab die Studie, dass ein warmes und unterstützendes

Verhalten der Lehrpersonen Einfluss nahm auf die Kontrollüberzeugungen der

Kinder und somit auf die Leistungen (Skinner, 1998; zitiert nach Oerter &

Montada, 2008).

Krupitschka konnte in ihrer Untersuchung einen Zusammenhang von

Schulleistungen und Fähigkeitskonzept in den Fächern Mathematik und Deutsch

erkennen. Dabei konnte eine geringere Korrelation zwischen dem globalen

Selbstkonzept und den Schulleistungen gefunden werden. Lediglich die Skala

des Selbstwertgefühl zeigt im Gegensatz zu den anderen Bereichen,

Korrelationen mit den Leistungen (Krupitschka, 1990).

8.7. Auswirkungen auf die Motivation Leistung zu erbringen

Nach Heckhausen (1974) gibt es im Prozess der Motivation fünf

Handlungsschritte:

Aufforderung -> Motivierung -> Ausführung -> Selbstbewertung -> Weitere

Folgen (Heckhausen, 1974; zitiert nach Laskowski, 2000, S. 89)

Nach der Ausführung der Handlung bewertet die handelnde Person die eigene

Aktivität. Dies geschieht anhand der beschriebenen Erwartungshaltungen.

Laut Meyer (1973) versteht man unter Leistungsmotivation „die situativ

anregende Tendenz, leistungsbezogenes Verhalten zu vollziehen oder zu

unterlassen. Leistungsbezogen ist Verhalten immer dann, wenn das Individuum

dessen Resultat anhand von selbst oder von anderen auferlegten

Gütemaßstäben, die es als verbindlich erachtet, einschätzt. Dabei kann der

Handlungseffekt Erfolg- oder Misserfolg sein“ (Meyer, 1973; zitiert nach Eggert,

Reichenbach & Bode, 2003, S. 58).

Die Leistungsmotivation ist abhängig von Erfolg und Misserfolgserlebnissen der

Personen. Wer meist schlechte Erfahrungen in einem Bereich gemacht hat, wird

kaum motiviert sein, im selben Bereich einen neuen Versuch zu wagen (Eggert,

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Reichenbach & Bode, 2003). Motivation ist aber nach Covington (2000) der

ausschlaggebende Faktor für das Lernen in der Schule. Genauso wichtig ist die

Rückmeldung (Lob, Anerkennung), die der Schüler von seiner Lernumgebung

bekommt. (Covington, 2000; zitiert nach Eggert, Reichenbach & Bode, 2003).

Somit entwickeln Menschen mit einer erfolgszuversichtlichen Einstellung ein

positives Selbstkonzept, das auch bei Misserfolg aufrecht erhalten wird.

Misserfolgsängstliche Kinder zeigen geringe Lernbereitschaft, vermeiden

Anstrengung und zeigen kaum Ausdauer, da sie den lohnenden Effekt der

Anstrengung nie erlebt haben (Weiner, 1975; zitiert nach Laskowski, 2000).

8.8. „Die sich selbst erfüllende Prophezeiung“

Die Wahrnehmung und das Verhalten von Personen wird von ihrem

Selbstkonzept bestimmt, genauso wie Personen dazu neigen, das Verhalten an

das Selbstkonzept anzupassen (Epstein, 1984; Schulz von Thun, 1982; zitiert

nach Laskowski, 2000). Demzufolge kann es zu einer sich selbst erfüllenden

Prophezeiung kommen.

Beispielsweise kann ein Mensch mit einem niederen Selbstkonzept von sich

denken und sagen, dass er technisch unbegabt sei. Er wird sich demnach auch

nicht Situationen stellen, in denen seine technische Fähigkeit gefragt sind. Eher

wird er sich Hilfe bei anderen Personen holen. Dies führt dazu, dass er seine

Fähigkeiten nicht weiter ausbauen kann. Es bildet sich ein Rückstand zu anderen

Personen (Schulz von Thun, 1982; zitiert nach Laskowski, 2000).

Sollte sich besagte Person trotzdem an die Situation heranwagen, werden ihn

eintretende Schwierigkeiten bald zum Aufgeben verleiten, was sich auf sein

Selbstkonzept negativ auswirkt. Er wird sich in seiner Aussage bestätigt fühlen.

Die Folge davon ist, dass sein Vertrauen weiter absinkt und er sich zukünftig

noch seltener an eine technische Aufgabe herantrauen wird.

Personen mit einem positiven Selbstkonzept trauen sich meist Erfolg in einer

Situation zu. Auftretende Probleme werden nicht mit den eigenen Fähigkeiten in

Verbindung gebracht, sondern als reine Information aufgenommen. Das

Bemühen solcher Personen das Problem zu beheben wird länger andauern als

bei Menschen mit einem schlechten Selbstkonzept. Das Gelingen bestärkt das

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bereits positive Selbstkonzept. Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten steigt

und beeinflusst somit das zukünftige Verhalten positiv (Laskowski, 2000).

Das fehlende Vertrauen zu den eigenen Fähigkeiten führt sehr schnell zu einer

Einschränkung im Verhalten. Personen mit einem schlechten Selbstkonzept

wagen sich nur an Aufgaben, die sie sicher bewältigen können. Sie sind in ihrer

Lebensführung und Weiterentwicklung stark limitiert (Schulz von Thun, 1982;

zitiert nach Laskowski, 2000).

8.9. Erlernte Hilflosigkeit

Die Theorie Seligmans besagt, dass Kinder die Einstellung entwickeln, zwischen

Verhalten und Konsequenz bestehe kein direkter Zusammenhang, wenn sie des

öfteren die Erfahrung machen, dass ihr Verhalten und ihre Handlung keine

Veränderung nach sich zieht. In diesen Kindern entsteht leicht der Eindruck, dass

sie Vorfälle nicht beeinflussen können. In der Regel suchen Kinder die Mängel

bei sich selbst und assoziieren negative Emotionen mit den Aufgaben und den

Personen, welche die Aufgabe stellen. Das Verhalten wird von Versuch und

Irrtum gelenkt (Seligman, 2004).

Kategorien der Gefühle von Hilflosigkeit sind:

• Überzeugung von der Unkontrollierbarkeit des Ergebnisses

• Wunsch, mit der Situation fertig zu werden

• Wunsch, die Bemühungen aufzugeben

• Verlust der Selbstkontrolle

• Hoffnung, eine Lösung zu finden

• Glaube an persönliche Unfähigkeit

• Wunsch, der Situation zu entkommen

• Ärger über sich selbst

• Ärger gegenüber externalen Objekten (Heckhausen, 1989, S. 491)

Frustration führt beim Kind dazu, dass Ergebnisse eher dem Zufall, dem

Schicksal, dem Glück zugeschrieben werden und nicht der eigenen Handlung.

Den Ergebnissen werden externe Faktoren attribuiert. Somit werden Erfolge nicht

überprüft, wie sie zustande gekommen sind, sondern einfach ohne Reflexion

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hingenommen. Menschen, die keine Kontrollmöglichkeit erkennen, fühlen sich

ausgeliefert und bedroht (Laskowski, 2000).

8.10. Die Interaktion mit den Mitschülern

Unser Selbstkonzept determiniert den Umgang mit anderen Personen. Denkt

jemand, dass er von anderen nicht ernst genommen oder nicht beachtet wird,

verhält er sich auch dementsprechend. Er wird in seinem Umgang mit anderen

unsicher und eher ängstlich wirken, wahrscheinlich auch misstrauisch und

vorsichtig reagieren.

Die Konsequenz dieses Verhaltens ist meist, dass auch die soziale Umwelt mit

Rückzug reagiert. Dies bestätigt wiederum das negative Selbstkonzept der

Person. Auf diese Weise geraten Personen in einen Teufelskreis und ziehen sich

manchmal sozial stark zurück (ebd.).

8.11. Klassenklima und Selbstkonzept

Ein Teil des Selbstkonzeptes bei Kindern bildet sich durch die Anerkennung von

Seiten der Mitschüler. Die Beziehungen der Schüler spiegeln sich vor im

Klassenklima wider.

Dabei konnte man einen Zusammenhang zwischen Merkmalen eines positiven

Unterrichtsklimas und einer positiven Selbstbewertung der Schüler erkennen

sowie zwischen einer realistischen Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und

der Unterrichtsgestaltung der Lehrperson.

Ein positives Selbstkonzept kann bei einem Kind zu sicherem Auftreten und

aktiver Kontaktaufnahme führen. Dies steigert sein Ansehen und kann dazu

führen, dass viele Gleichaltrige die Interaktion mit ihm suchen. Dies steigert

wiederum sein Selbstkonzept, da das Kind merkt, dass es akzeptiert wird.

Selbstkonzept und Beliebtheit bedingen sich gegenseitig und wirken in zirkulärer

Form. Dies gilt für positive Selbstkonzepte wie für negative (Wideamna, 1992;

zitiert nach Eggert, Reichenbach & Bode, 2003).

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Empirischer Teil

9. Beschreibung der Untersuchung

9.1. Gegenstand und Ziel der Arbeit

In der Grundschule begegnet man immer öfter auffälligen Kindern, sei es in

passiver oder aktiver Weise. Diese Kinder erschweren einen reibungslosen

Unterricht sehr, da sie entweder immer wieder auf sich aufmerksam machen oder

eher unbeteiligt im Klassenzimmer sitzen. Jegliche Art von Unterrichtsmethode,

jeder Versuch der Förderung scheint sinnlos und scheitert. Im Schulalltag fallen

sie durch aggressive Verhaltensweisen, Hilflosigkeit, Einsamkeit, usw. auf. Eine

konstruktive Arbeitsweise ist sehr problematisch, da Kritik auf diese Kinder sehr

verletzend wirkt. Hierbei ist es von größter Bedeutsamkeit herauszufinden, was

diese Kinder bewegt und welche Ursachen ihren Verhaltensweisen zugrunde

liegen.

Diese Thematik soll Gegenstand des empirischen Teils meiner Laureatsarbeit

sein. Ziel ist es, aufzuzeigen, dass ein positives Selbstkonzept Auswirkungen auf

das Verhalten der Schüler und somit auf die Perzeption und Einschätzung der

Lehrpersonen zeigt. Ich möchte mit dieser Arbeit die Wichtigkeit eines positiven

Selbstkonzeptes sowie der seelischen und geistigen Gesundheit aufzeigen und

bewusst machen, dass eine Problematik in diesen Bereichen den Wissenserwerb

negativ beeinflussen kann.

Um dieser Thematik auf den Grund zu gehen, habe ich mich dafür entschieden,

eine qualitative Forschung durchzuführen. Die qualitative Forschung versucht

den subjektiv gemeinten Sinn zu verstehen, das soziale Handeln und soziale

Milieu zu beschreiben und Strukturen zu rekonstruieren (Lüders & Reichertz,

1986; zitiert nach Lamnek, 2005). Allerdings habe ich bei der Datenerhebung

nicht ausschließlich qualitative Methoden gewählt. Die Verwendung beider

Ansätze entsprach den Anforderungen der Untersuchung besser.

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9.2. Der qualitative Forschungsansatz

Ausgehend von der Klassifikation des empirischen Teils in die qualitative

Forschung, wird folgend das Thema aufgrund wissenschaftlicher Basis

dargestellt.

Laut Ackermann und Rosenbusch (2002) handelt es sich bei der qualitativen

Schul- und Unterrichtsforschung um „einen wissenschaftlichen Arbeitsbereich,

der von den Methoden und generellen Zielvorstellungen her der empirischen

Sozialforschung zugerechnet werden kann und von der Thematik her versucht,

Aufschluss über das Erleben und die Handlungen von Menschen im

pädagogischen Kontext von Schule mittels spezifischer empirischer Instrumente

zu gewinnen“ (Ackermann & Rosenbusch, 2002, S. 31).

Qualitative Methoden der Sozialforschung werden vor allem dann eingesetzt,

wenn man versucht einen ganzheitlichen Einblick in einen erforschten, sozialen

Bereich zu bekommen, ohne dabei die Eigenschaften des Kontextes außer Acht

zu lassen. Dabei legt man vor allem Wert darauf, die Bedeutungen der Personen

zu ermitteln, die in den untersuchten sozialen Feldern agieren. Der

Forschungsgegenstand wird ohne leitende Hypothese untersucht, indem man

den Blick vor allem auf die Realität richtet und versucht aus dieser allgemeine

Aussagen abzuleiten. Die Fragestellung ergibt sich aus dem untersuchten

Gegenstand.

Im Gegensatz dazu, ist quantitative Forschung theorie- und hypothesengeleitet.

Ereignisse, Abläufe und Zusammenhänge der sozialen Wirklichkeit werden

zergliedert, dimensioniert und gemessen. Die Fragestellung wird von Hypothesen

abgeleitet, die aufgrund von Variablen mit Methoden der Datenerhebung

überprüft werden. Diese meist numerische Auswertung dient dazu, die

Hypothese zu überprüfen (Terhart, 2003).

In der wissenschaftlichen Literatur findet man verschiedene Kennzeichen oder

Prinzipien der qualitativen Forschung. Lamnek (2005) spricht von sechs

zentralen Prinzipien:

• Offenheit: die Offenheit bei Vorgehensweisen des qualitativen

Forschungsansatzes meint vor allem, dass die Methoden nicht standardisiert

werden, damit die befragten Personen nicht in ihrer

Beantwortungsmöglichkeit eingeschränkt werden. Zusätzlich soll sich die

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Hypothese im Laufe des Forschungsprozesses entwickeln, um neue

Erkenntnisse nicht auszuschließen, sondern miteinbeziehen zu können.

• Forschung als Kommunikation: Kommunikation zwischen Forscher und zu

Erforschendem wird im qualitativen Ansatz als Möglichkeit gesehen, die in

den Forschungsprozess miteinbezogen werden kann. Die

Interaktionsbeziehung soll nicht aufgrund hoher Standardisierung möglichst

ausgeschlossen werden, denn sie gilt nicht als Störfaktor.

Die Subjektivität der Interaktion gilt als Bestandteil der empirischen

Untersuchung. Somit akzeptiert man die Perspektivenabhängigkeit der

Wirklichkeit (Flick, 2005).

• Prozesscharakter von Forschung und Gegenstand: nicht nur die

Kommunikation gilt als wesentlicher Bestandteil der in den

Forschungsprozess miteinbezogen werden soll, sondern auch die

Prozesshaftigkeit der untersuchten Phänomene. Dies bezieht sich nicht nur

auf den Forschungsprozess, sondern auch auf den Gegenstand selber. Die

Informationen, die man von der untersuchten Person erhält, gelten als

persönliche Konstruktion und Reproduktion der sozialen Welt.

• Reflexivität von Gegenstand und Analyse: von der Reflexivität spricht man

beim Forschungsgegenstand sowie bei der Forschungsanalyse. Bei der

Analyse erscheint es mehr als Aufforderung, beim Gegenstand entsteht die

Reflexivität aus der theoretischen Konzeptualisierung. Bereits das

menschliche Handeln geschieht reflexiv, sei es durch Sprache oder

nonverbalen Gesten. Somit ist die Bedeutung von Kontexten abhängig. Zum

Verständnis des menschlichen Handelns muss man sich also auf die

Bedeutungsebene einlassen.

• Explikation: die Explikation in der qualitativen Forschung meint die Darlegung

der einzelnen Handlungsschritte des Untersuchungsvorgehens. Dies

ermöglicht die Nachvollziehbarkeit der Interpretation und schafft die

Voraussetzung für die Intersubjektivität der Ergebnisse.

• Flexibilität: im qualitativen Forschungsprozess gelten die Präzisierung des

Problems, die Steuerung der Untersuchung, die Erhebung der Daten, die

Interpretationen als Entstehungsprozess aus dem sozialen Leben. Im

Untersuchungsprozess werden neue Erkenntnisse als richtungsweisend

verstanden. Dies bedeutet nicht, dass die Vorgehensweise wahllos

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vonstatten geht, sondern dass eine zunehmende Einschränkung mit dem

Forschungsfortschritt gemacht wird. Aufgrund dessen werden standardisierte

Verfahren eher abgelehnt, da die Forderung nach Flexibilität vielfach von der

Verwendung der Verfahren abhängig ist (Lamnek, 2005).

9.3. Wahl der geeigneten Methode

Nach Blumer (1969) kann man von drei Voraussetzungen bei der Suche nach

einer geeigneten Methode ausgehen.

Als erste Voraussetzung muss die Wahl der Methode an folgende Aspekte

gebunden werden: die Definition von Schlüsselobjekten, die kritische

Problemauswahl und -formulierung, die zu erhebenden Daten und benötigten

Mittel, die Beziehung zwischen den festgelegten Daten, die Interpretation der

Ergebnisse unter Verwendung theoretischer Konzepte.

Als wichtige zweite Voraussetzung beschreibt Blumer den Anspruch an die

Methodologie, die wissenschaftliche Suche an die empirische Welt anzupassen.

Man sollte Prämissen, Probleme, Daten, Korrelationen, Interpretationen nicht als

gegeben annehmen, sondern versuchen, die Validität sicherzustellen.

Lösungswege für diesen Anspruch sind:

• an einem Modell wissenschaftlicher Forschung festzuhalten,

• sich für die Wiederholung von Forschungsprojekten einzusetzen,

• sich auf das Testen von Hypothesen zu verlassen oder

• so genannte operationale Vorgehensweisen anzuwenden.

Als letzte Voraussetzung gilt das Wissen, dass nicht das Modell, sondern die

tatsächliche Erforschung der empirischen Welt ausschlaggebende und wichtige

Ergebnisse liefert. Somit darf nicht die Methode das Ergebnis beeinflussen

(Blumer, 1969; zitiert nach Lamnek, 2005).

9.3.1. Methodische Vorgehensweise

Die Erhebungstechniken sind auch in der qualitativen Forschung sehr

weitreichend. Lamnek schreibt, die Auswahl eines bestimmten Verfahrens zur

Datensammlung sei von der Fragestellung abhängig. Aufgrund dessen werden

unterschiedliche Verfahren benutzt, die sich am Besten für die Untersuchung

eignen (Lamnek, 2005).

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Im ersten Teil der empirischen Erhebung wird eine Fragebogenerhebung

vorgenommen. Schüler vierter und fünfter Klassen einer Grundschule werden

einen Fragebogen ausfüllen, der Aufschluss über ihr Selbstkonzept geben wird.

Diese Methode eignet sich vor allem dafür, einen Wert zu ermitteln, der für die

weitere Untersuchung nützlich sein kann. Es gibt in diesem Bereich einige

bewährte Fragebögen, die bereits durchgeführt und getestet wurden. Aufgrund

dessen werden im ersten Teil der Untersuchung bereits erstellte Fragebögen

angewandt, die in einem weiteren Kapitel näher beschrieben werden. Auf die

Vorgehensweise wird später genauer eingegangen.

In einem zweiten Teil, wird jeweils eine Lehrperson der Klasse darum gebeten,

einen Fragebogen zu beantworten, in dem sie das Verhalten der Kinder

einschätzen soll. Dabei handelt es sich um Fragen mit vorgegebenen Antworten

sowie Möglichkeiten, selbst eine freie Einschätzung zu geben. Dies dient vor

allem dazu, eine vergleichbare Basis zu schaffen, die es ermöglicht, eine

allgemeine Einsicht in die Verhaltensweisen der Schüler zu bekommen.

In einem dritten Schritt werden aufgrund der ausgewerteten Daten einzelne

Schüler ausgesucht, über die in einem vertiefenden Interview mit den

Lehrpersonen weitere Informationen eingeholt werden.

9.3.2. Kategorisierung der Untersuchung im qualitativen Forschungsansatz

Nachdem in der Untersuchung unterschiedliche Methoden angewendet werden,

wird folgend die Ausrichtung des Forschungsansatzes in der qualitativen

Sozialforschung beschrieben. Die quantitativen Ansätze werden im theoretischen

Teil nicht näher beschrieben, da trotz der Verwendung der Fragebögen die

Auswertung und der Ansatz vor allem im qualitativen Bereich liegt.

Am Besten lässt sich die Untersuchung am Beispiel der Einzelfallstudie erklären.

Dies, da am meisten Merkmale mit der Vorgehensweise in der empirischen

Untersuchung dieser Arbeit übereinstimmen. Die Einzelfallstudie ist an sich keine

Methode, sondern kann eher als Verfahren kategorisiert werden. Sie bedient sich

unterschiedlicher Methoden, die von der jeweiligen Forschungsfrage abhängen

(Brüsemeister, 2008). Demzufolge spricht man bei der Einzelfallstudie von einem

Approach, bzw. einer vielschichtigen, methodischen Zugangsweise. Der

Approach spricht gegen eine Erhebung, die versucht, möglichst viele Fälle zu

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erheben und zu beschreiben. Untersuchungsgegenstand ist ein einzelner Fall.

Die Einzigartigkeit des Individuums wird nämlich in den Mittelpunkt gerückt.

Zentralität gewinnt das handelnde Individuum, welches in spezifischer Weise

wahrgenommen und interpretiert wird (Lamnek, 2005).

Allerdings setzt sich auch die wissenschaftliche Forschung in der

Sozialforschung zum Ziel, nicht eine Person in ihrer Einzigartigkeit zu erfassen,

sondern auch „extrem-, ideal-, oder durchschnittstypische Handlungsmuster zu

identifizieren“ (Lamnek, 2005, S. 312). Diese Handlungsmuster sollen zwar am

Individuum zu erkennen sein, sie sollen aber nicht einmalig vorkommen. Von

zentraler Bedeutung ist allerdings nicht das Nachweisen, sondern das

Herausarbeiten von besonderen Handlungsmustern. „Insoweit ist die

Einzelfallstudie als elementarer Baustein jeder qualitativen Studie anzusehen,

denn eine qualitative Befragung von dreißig Personen etwa besteht aus dreißig

Einzelfallstudien, die sich der gleichen Erhebungstechnik bedienen und

analytisch miteinander verbunden sind“ (Lamnek, 2005, S.313).

Zusätzlich bietet sich in der Einzelfallstudie an, verschiedene Methoden zu

verwenden. Diese Befunde können direkt aufeinander bezogen werden, da die

Daten von einer einzigen Untersuchungseinheit herrühren. Durch dieses

Vorgehen wird man der geforderten Methodentriangulation gerecht. Diese

besagt, dass durch unterschiedliche Verfahren detailliertere Informationen

eingeholt werden können. Mängel an einer Methode können somit durch eine

andere kompensiert werden. Zusätzlich soll vermieden werden, dass Ergebnisse

von der Methode beeinflusst werden. Benutzt man unterschiedliche Verfahren

können mögliche künstlich geschaffene Produkte vermieden werden (Lamnek,

2005).

9.3.3. Qualitative und quantitative Forschung

Die qualitative und quantitative Forschung verfolgt zwei unterschiedliche

Ansätze. Während der quantitativen Forschung vorgeworfen wird in künstlichen

Situationen Mengen von Daten zu produzieren, die von der wirklichen Situation

entfernt sind, ist die qualitative Forschung für die quantitative viel zu interpretativ

und kann keine verallgemeinerbaren Ergebnisse schaffen. Allerdings hat sich in

beiden Ansätzen eine weitläufige Forschungspraxis gebildet. Zusätzlich hat sich

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aus dieser Situation eine neue Perspektive eröffnet: die Verbindung von

qualitativen und quantitativen Methoden in den Untersuchungen (Flick, 2005).

Möglichkeiten der Nutzung beider Ansätze sind:

• Die Erkenntnistheorie und Methodologie

• Forschungsdesigns, die beide Ansätze kombinieren, integrieren

• Forschungsmethoden, die beide Ansätze in sich tragen

• Verknüpfung von Ergebnissen aus dem Gebrauch qualitativer und

quantitativer Methoden

• Verallgemeinerung

• Bewertung der Qualität anhand qualitativer oder quantitativer Merkmale

(Flick, 2005, S. 381)

In der vorliegenden Arbeit wird das Hauptaugenmerk hauptsächlich auf die

Verknüpfung der Ergebnisse gelegt. Der Fragebogen eignete sich besser um

einen Wert zum Selbstkonzept von Kindern zu bekommen.

Der Fragebogen der Lehrpersonen war nicht standardisiert und ließ die

Möglichkeit einer freien Antwort. Aufgrund dessen könnte man diesen auch

schon dem qualitativen Vorgehen zuordnen.

Das offene Interview gehört eindeutig in den Bereich der qualitativen Forschung,

da es nicht standardisiert ist.

9.4. Hypothese

Im Gegensatz zur quantitativen Forschung, in der bereits vorab formulierte

Hypothesen überprüft werden, wird die Hypothese in der qualitativen Forschung

im Laufe des Forschungsprozesses gebildet.

Als wichtigste Quelle für die Hypothesenbildung gilt die erste Sozialisation mit

dem Gegenstand der untersuchten Umwelt. Der Forscher ist sich bewusst, dass

er in diesen Gegenstandsbereich noch wenig Einblick hat und somit über wenig

Wissen darüber verfügt.

In der so genannten zweiten Sozialisation, dem Forschungsprozess, versucht er

diesen Gegenstandsbereich so gut wie möglich kennen zu lernen. Dabei wird er

erst durch das Kennen Lernen und Einleben in diese Umwelt mehr darüber

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erfahren. Die Handlungen sind dabei nicht von bereits formulierten Hypothesen

geleitet, denn diese entstehen aus dem Beobachteten.

Hypothesen sind somit bedeutende Elemente des Forschungsprozesses. Die

Offenheit ist im Forschungsprozess dafür von großer Wichtigkeit, denn dadurch

kann man einen Austausch zwischen den erhobenen Daten und dem Wissen

über den Forschungsgegenstand aufrecht erhalten. Mit fortschreitendem

Prozess, wird dieses Wissen ständig detaillierter, präziser und kann auch

modifiziert werden. Aufgrund dessen bewähren sich offene Methoden, die Raum

lassen für neue und auch unerwartete Informationen (Lamnek, 2005).

Allerdings spielt die Hypothese, als Möglichkeit der Überprüfung auch in der

qualitativen Forschung eine Rolle, „wenn die Auswertung qualitativ erhobener

Daten als abwechselnder Vorgang der Bildung und Überprüfung von

Interpretationshypothesen bezeichnet wird“ (Soeffner, 1982; zitiert nach Lamnek,

2005, S. 91).

In diesem Fall wählt man am Anfang der qualitativen Forschung eine eher breite

Vermutung, um diese im Laufe des Forschungsprozesses zu präzisieren. Der

Forscher soll ständig zu neuen Erkenntnissen, Fragestellungen und Hypothesen

kommen (Lamnek, 2005).

Wie bereits in der Einleitung beschrieben, lag das Interesse an diesen

Forschungsgegenstand vor allem darin, zu überprüfen, ob Zusammenhänge

zwischen dem Selbstkonzept von Kindern und dem Verhalten in der Schule

bestehen. Aus zeitlichen und organisatorischen Gründen gab es nicht die

Möglichkeit, das Forschungsfeld aufgrund von Protokollen, Beobachtungen, usw.

zu erkunden und somit eine ständige Modifizierung der Hypothese vorzunehmen.

Daher wurde der Forschungsgegenstand vor allem in Betracht auf die

Überprüfung der anfänglichen Vermutungen untersucht. Nach der Erhebung zum

Selbstkonzept und der ersten Einschätzung von Seiten der Lehrpersonen konnte

jedoch folgende Hypothese aufgestellt werden:

Sachhypothese: Ein positives Selbstkonzept führt zu positiven Auswirkungen

auf die Verhaltensweise eines Grundschülers.

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Dabei muss man präzisieren, dass die Einteilung des Selbstkonzepts in einen

positiven, einen neutralen und einen negativen Bereich, wie später näher

beschrieben wird, nicht als absolut hergenommen werden darf. Der Wert eines

Schülers kann nicht direkt mit seinem Verhalten in Verbindung gebracht werden.

Vielmehr soll sich umgekehrt zeigen, dass Schüler die ein positives Verhalten

zeigen, auch ein positives Selbstbild von sich haben.

9.5. Kriterien und Modelle für die Konstruktion der Fragebögen

Bei der Arbeit mit einem Fragebogen wird den Versuchspersonen eine

strukturierte Vorlage gegeben, damit sich alle anhand derselben

Verhaltensweisen, Eigenschaften und Merkmalen beurteilen (Mummendey,

1987; zitiert nach Konrad, 2006). Der Fragebogen lässt sich laut Konrad (2006)

nach unterschiedlichen Merkmalen unterscheiden:

• Nach dem Grad der Standardisierung:

- Schwach standardisierter Fragebogen: das Thema wurde bestimmt,

allerdings weder die Anordnung der Fragen, noch die

Antwortmöglichkeiten.

- Teilstandardisierter Fragebogen: Formulierung und Reihenfolge ist klar

vorgegeben, Antwortmöglichkeiten nicht.

- Vollstandardisierter Fragebogen: Formulierungen, Reihenfolge und

Antwortmöglichkeiten sind bereits definiert.

• Nach der Kommunikationsform:

- Man unterscheidet entweder die schriftliche von der mündlichen

Befragung oder das persönliche Interview von der schriftlichen Befragung.

- Der Fragebogen wird mit dem Probanden im Einzelversuch durchgeführt:

mündliche Befragung, mündliche Beantwortung.

- Fragebogen mit schriftlichen Fragen und schriftlicher Antwort, als

schriftliches Interview.

- Befragung in der Gruppe.

- Der Fragebogen wird über Telefongespräch geführt.

- Der Fragebogen wird schriftlich vorgegeben und schriftlich beantwortet,

wobei der Interviewer nicht anwesend ist z.B. postalische Befragung.

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• Nach dem angestrebten Gültigkeitsbereich:

- Ziel der Fragen ist es, Informationen über Personen zu erhalten:

individual- diagnostischer Fragebogen.

- Ziel der Fragen ist es, Informationen über Gruppen zu bekommen.

• Nach dem Inhalt der angestrebten Aussagen:

- Man möchte Informationen über Personen oder Gruppen erhalten anhand

einer fakten-, wissens-, oder kenntnisorientierten Fragestellung.

- Man möchte Informationen über Personen oder Gruppen erhalten,

anhand meinungs- und einstellungsorientierter Fragestellung.

- Man möchte Informationen über den Befragten erhalten, über Vorlieben,

Interessen, Persönlichkeitsmerkmale anhand eines

persönlichkeitsorientierten, diagnostischen Fragebogens (Konrad, 2006).

Grundlagen für die Erstellung des Fragebogens zum Selbstkonzept

Um den Fragebogen der Schüler zu erstellen, wurden bereits erstellte und

geprüfte Modelle herangezogen. Diese sind bereits standardisiert und

entsprechen den Gütemaßstäben der Validität, Objektivität und Reliabilität. Die

Erstellung der Bereiche beruht somit auf den Bereichen die in den

wissenschaftlichen Messinstrumenten vorkommen. Die Konstruktion der

Fragebögen beruht somit auf folgende drei Autoren:

• Deusinger, I. (1986). Die Frankfurter Selbstkonzeptskalen (FSKN). Göttingen:

Hogrefe

• Asendorpf, J.B. & Aken, M.A.G.v. (1993). Self Perception Profile for Children

– deutsche Fassung (SPPC-D). Berlin: Humboldt-Universität, Institut für

Psychologie

Hierbei handelt es sich um den Fragebogen zur Erfassung des

Selbstkonzepts bei Kindern, der von Harter (1985) erstellt worden ist.

Asendorpf und Aken (1993) haben diesen in die deutsche Sprache übersetzt.

• Baldering, D. (1993). Selbstkonzepte von Kindern im Grundschulalter. Ein

Vergleich zwischen psychisch auffälligen Kindern und Kindern der

Normalpopulation. Frankfurt am Main: Lang

In der Veröffentlichung von Baldering wurde der Selbstkonzeptfragebogen

nicht abgedruckt. Allerdings beschreibt sie die einzelnen Bereiche, die sie

überprüft hat.

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Folgend wird jedes Konzept einzeln vorgestellt. Dabei wird nicht genauer auf die

einzelnen Items eingegangen, welche die Autoren erstellt haben. Die Items

wurden aus den wissenschaftlichen Messinstrumenten entnommen und können

im Anhang der vorliegenden Arbeit eingesehen werden.

Die Frankfurter Selbstkonzeptskalen von Deusinger

Deusinger hat ihren Fragebogen zum Selbstkonzept aufgrund von zehn

Selbstkonzeptskalen erstellt. Die Bereiche sind:

• Allgemeine Leistungsfähigkeit: beschreibt die Einstellung der Person zur

eigenen Leistungsfähigkeit. Eine entscheidende Rolle spielen hierbei

Gefühle, Kognitionen, Bewertungen, Beurteilungen, usw. des Menschen über

sich selbst. Dabei geht die Autorin davon aus, dass Personen sich

spezifische Bereiche vorstellen können, in denen sie sich genauso

„leistungsfähig“ und „intelligent“ wie andere erscheinen oder sich als

Versager vorkommen. Dabei kann man sich auf den Intellekt, auf die

handwerkliche Geschicklichkeit und auf die körperlichen Fähigkeiten

beziehen. In einigen Items, wird die soziale Interaktion mit anderen

miteinbezogen, durch den Vergleich „mit anderen“.

Man geht von einer zentralen Position der Leistungsfähigkeit aus und nimmt

an, dass Beeinflussungen der anderen Bereiche vorliegen könnten.

• Allgemeine Problembewältigung: bezieht sich auf die Einstellung zu den

eigenen Fähigkeiten, um Probleme des Alltags alleine meistern zu können.

Der Proband wird befragt, ob er auch Schwierigkeiten in der Zukunft

bewältigen wird. Dabei soll durch die Skala das vergangene, gegenwärtige

und zukünftige Erleben des Befragten in Bezug auf die Problembewältigung

bestimmt werden. Auch hier können sich die problematischen Situationen

voneinander unterscheiden, man geht jedoch von einem vergleichbaren

Gefühl aus. Diese Skala könnte eng mit der allgemeinen Lebenstüchtigkeit

zusammenhängen und auch das Selbstwertgefühl des Menschen

beeinflussen. Man nimmt einen engen Zusammenhang der Skala mit der

allgemeinen Leistungsfähigkeit an.

• Verhaltens- und Entscheidungssicherheit: beschreibt die Einstellung die man

zur eigenen Sicherheit hat in Bezug auf die Bewertung des Verhaltens oder

in Situationen in denen man Entscheidungen treffen muss. Diese Skala wird

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im Gefüge und der Dynamik der Einstellung der eigenen Person als zentral

angesehen. Man nimmt eine Verbindung zur allgemeinen

Problembewältigung an, zur allgemeinen Leistungsfähigkeit, zur allgemeinen

Selbstwertschätzung sowie zur Standfestigkeit gegenüber Gruppen und

anderen bedeutsamen Personen. Je höher der Wert in einem Bereich, desto

höher in einem anderen. Fühlt sich der Proband in seiner

Entscheidungssicherheit standfest, wird sich dies auch vor anderen

Personen zeigen.

• Allgemeine Selbstwertschätzung: diese Skala bezieht sich auf die

Selbstachtung, Gefühle der Zufriedenheit oder Unzufriedenheit, Gefühle von

Nützlichkeit, die der Mensch zu sich selbst hegt. Dabei nimmt man an, dass

es eine Beeinflussung des Selbstwertgefühls durch den erlebten, sozialen

Status geben wird. Vermutlich wird das Selbstwertgefühl von anderen

Bereichen beeinflusst, wie von der Leistungsfähigkeit, der

Problembewältigung und der Verhaltens- und Entscheidungssicherheit.

Genauso wird die Selbstwertschätzung Einfluss nehmen auf psychosoziale

Selbstkonzepte. Je positiver die Selbstwertschätzung ausfällt, desto weniger

wird man einer Person aus dem Weg gehen, aus Angst, dass diese geistig

überlegen ist.

Eine Person mit positiver Selbstwertschätzung wird sich selbst als

vertrauenswürdig erscheinen und somit keine Schwierigkeiten damit haben,

zuzugeben, dass sie einen Fehler begangen hat. Es steht in Verbindung zu

der Empfindlichkeit und Gestimmtheit. Die positive Selbstwertschätzung lässt

die Empfindlichkeit sinken und beeinflusst die Gestimmtheit. So wird sich die

Person selbst als fröhlich gestimmt beschreiben und in ihren Gefühlen nicht

leicht verletzlich erscheinen.

• Empfindlichkeit und Gestimmtheit: diese Skala erfasst Kognitionen und

Emotionen des Individuums in Bezug auf den Grad der Sensibilität,

Verletzbarkeit und Gestimmtheit. Der Proband schätzt sich selbst als fröhlich,

weniger verletzbar und weniger empfindlich ein, wenn er ein positives

Selbstkonzept aufweist. Ein negatives Selbstkonzept führt zu der

entsprechend gegensätzlichen Einschätzung der Eigenschaften.

• Standfestigkeit gegenüber Gruppen und bedeutsamen anderen: diese Skala

beschreibt besonders die psychosoziale Situation des Probanden, seine

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Einstellungen und Verhaltensweisen in sozialen Situationen. Die

Standfestigkeit beschreibt Emotionen und Kognitionen, die der Proband

gegenüber Personen oder Gruppen hegt und ob er seine Einstellungen

vertreten und durchsetzen kann. Ein negatives Selbstkonzept geht mit

Ängstlichkeit, Irritierbarkeit und geringer Sicherheit einher. Es wird

angenommen, dass ein Zusammenhang zu den Skalen der Irritierbarkeit

durch andere, und Verhaltens- und Entscheidungssicherheit besteht. Eine

geringere Irritierbarkeit führt zu einer höheren Standfestigkeit, genauso wie

eine höherer Verhaltens- und Entscheidungssicherheit zu einer geringeren

Irritierbarkeit führen kann.

• Kontakt- und Umgangsfähigkeit: diese Skala versucht die psychosoziale

Situation des Probanden zu erfassen, indem Kognitionen und Emotionen

erfasst werden, welche die Fähigkeit und Sicherheit in Interaktionen sowie in

geselligen Situationen beschreiben. Ein positives Selbstkonzept weist auf die

Einschätzung des Probanden hin, sich als geschickt, sicher und

ungezwungen zu bewerten.

Man nimmt einen Zusammenhang zu der Wertschätzung durch andere an.

• Wertschätzung durch andere: diese Skala beschreibt Kognitionen und

Emotionen in Bezug auf die Wertschätzung, das Ansehen, das Vertrauen der

eigenen Person, welches man durch andere vermittelt bekommt. Ein

positives Selbstkonzept weist darauf hin, dass sich der Proband von seiner

Familie und Bezugspersonen geliebt fühlt.

• Irritierbarkeit durch andere: diese Skala beschreibt Einstellungen der eigenen

Person zur wahrgenommenen Beeinflussung durch andere auf

Vorstellungen, Emotionen und Verhaltensweisen. Gemeint ist die Wichtigkeit,

auf andere einen guten Eindruck zu machen, anderen sympathisch zu sein,

die empfundene Verschiedenheit von anderen, die Verunsicherung bei

geistiger Überlegenheit durch andere und die Unsicherheit wenn jemand

Kontakt aufnehmen möchte. Man nimmt einen Zusammenhang zu den

Skalen der eigenen Standfestigkeit, der Verhaltens- und

Entscheidungssicherheit an.

• Gefühle und Beziehungen zu anderen: versucht Emotionen, Kognitionen,

Auffassungen zu Personen der Umwelt zu erfassen. Man nimmt eine

Beeinflussung der Skala durch die Irritierbarkeit durch andere, die allgemeine

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Leistungsfähigkeit, die Problembewältigung und die Wertschätzung an. Die

Person wird sich als irritierbar wahrnehmen, wenn sie sich anderen

unterlegen fühlt. Je erfolgreicher sie sich in der Leistungsfähigkeit und

Problembewältigung erkennt, desto weniger wird sie sich gegenüber anderen

unterlegen fühlen (Deusinger, 1986, S. 32ff).

Selbstkonzeptfragebogen für Kinder von Baldering

Der erstellte Selbstkonzeptfragebogen von Baldering für Kinder beruht auf

Überlegungen von Deusinger (1980, 1985, 1986). Die Bereiche orientieren sind

laut Baldering nach der Lebenswelt und dem Entwicklungsstand von Kindern

zwischen sechs und zehn Jahren:

Tabelle 3: Übersicht über die einzelnen über- und untergeordneten Bereiche

des Selbstkonzepts (Baldering, 1993, S. 50)

Selbstkonzept

A. Körperselbst

B. Leistungskonzepte

C. Soziales Selbst

D. Emotionales Selbst

E. Interessenkonzepte

1. Selbstkonzept der äußeren Erscheinung

2. Selbstkonzept der vegetativen Befindlichkeit

3. Selbstkonzept der physischen Leistungsfähigkeit

4. Selbstkonzept der intellektuellen

Leistungsfähigkeit

5. Moralisches Selbst

6. Selbstkonzept der Selbstsicherheit

7. Selbstkonzept der Kontakt- und

Umgangsfähigkeit

8. Selbstkonzept der Wertschätzung durch andere

9. Selbstkonzept der Selbstbehauptungs- und

Durchsetzungsfähigkeit

10. Selbstkonzept der emotionalen Gestimmtheit

11. Selbstkonzept des Angsterlebens

12. Selbstkonzept des Alters

13. Interessenkonzept

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Folgend werden die Bereiche Balderings (1993) vorgestellt, die nur mit

Erklärungen versehen sind, wenn sie sich von den Beschreibungen Deusingers

unterscheiden:

• Selbstkonzept der äußeren Erscheinung: versucht Merkmale des eigenen

Körpers zu erfassen.

• Selbstkonzept der vegetativen Befindlichkeit: zeigt sich im bewerteten

Wohlbefinden des Kindes.

• Selbstkonzept der physischen Leistungsfähigkeit: bezieht sich auf die

körperliche Aktivität und Körperbeherrschung.

• Selbstkonzept der intellektuellen Leistungsfähigkeit: beschreibt die

Leistungen, die ein Kind erbringt. Es wird angenommen, dass es wesentlich

von Erfahrungen in der Schule beeinflusst wird.

• Moralisches Selbst: versucht die Einstellung des Kindes zu erfassen in

Bezug auf das Einhalten sozialer Regeln.

• Selbstkonzept der Selbstsicherheit: meint die Sicherheit in verschiedenen

sozialen Situationen.

• Selbstkonzept der Kontakt- und Umgangsfähigkeit: versucht vor allem, die

Kontakt- und Umgangsfähigkeit mit Gleichaltrigen zu erfassen.

• Selbstkonzept der Wertschätzung durch andere: bezieht sich auf die soziale

Akzeptanz durch Familie und Gleichaltrige.

• Selbstkonzept der Selbstbehauptungs- und Durchsetzungsfähigkeit:

versucht, den Umgang mit frustrierenden sozialen Situationen zu erfassen.

• Selbstkonzept der emotionalen Gestimmtheit: bezieht sich auf kindliche

Auffassungen zu emotionaler Gestimmtheit und Empfindlichkeit.

• Selbstkonzept des Angsterlebens: versucht, die vom Kind erlebte Angst zu

erfassen. Bei günstigen Selbstkonzepten beschreibt sich das Kind als

weniger ängstlich.

• Selbstkonzept des Alters: Jedes Lebensalter geht mit eigenen, besonderen

Aufgaben, Rollen, Problemen einher. Eine ausgedrückte Zufriedenheit mit

dem Alter weist auf Zufriedenheit mit der allgemeinen Lebenssituation hin.

• Interessenkonzept: Das Interessenskonzept soll die allgemeine

Interessiertheit des Kindes erfassen, ob es an der Ausübung von Tätigkeiten

Freude erlebt oder nicht (Baldering, 1993).

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Self-Perception Profile for Children nach Harter – deutsche Fassung von

Asendorpf und Aken

Der Selbstkonzeptfragebogen von Harter gliedert sich in fünf Bereiche. Diese

können aufgrund nicht auffindbarer Literatur nicht genauer beschrieben werden.

Sie dienen jedoch dazu, eine weitere Gliederung der Bereiche des

Selbstkonzepts aufzuzeigen.

• Kognitive Kompetenz

• Sportkompetenz

• Peerakzeptanz

• Aussehen

• Selbstwertgefühl (Asendorpf & Aken, 1993)

9.6. Erstellung der Verfahren zur Datenerhebung

9.6.1. Konstruktion des Fragebogens zum Selbstkonzept

Die Erstellung des Fragebogens beruht auf die vorgestellten Modelle von

Deusinger, Baldering und Harter. Allerdings konnte kein Fragebogen

übernommen werden, da

• der Fragebogen von Deusinger aus insgesamt 78 Items besteht. Dies

erschien mir für Schüler einer 4. oder 5. Klasse zu lang und umfangreich.

Aufgrund dessen, musste eine Auswahl getroffen werden. Die Items für den

eigenen Fragebogen wurden, mit einigen sprachlichen Abänderungen, aus

dem Fragebogen von Deusinger ausgewählt.

• in der Veröffentlichung von Baldering die einzelnen Bereiche beschrieben

wurden, der Fragebogen jedoch nicht abgedruckt wurde, da eine spätere

Veröffentlichung folgen sollte. Dies wurde bis heute nicht gemacht. Leider

konnte die Autorin auch nicht persönlich kontaktiert werden, da notwendige

Informationen fehlten. Die Auswahl der Bereiche erfolgte jedoch auf der

Basis ihrer Einteilung.

• der Selbstkonzeptfragebogen von Harter diente der Formulierung der Items,

allerdings waren die Bereiche zu wenig ausführlich.

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Nach Einsichtnahme aller Bereiche wurden folgende in den Fragebogen

aufgenommen:

• Allgemeine Leistungsfähigkeit: Dieser Bereich hängt stark mit den

schulischen Leistungen zusammen. Da dieser Aspekt in der Schule sehr

wichtig ist und auch von sozialen Vergleichen abhängig ist, wurde er mit in

den Fragebogen aufgenommen.

• Sozialer Aspekt: Die soziale Akzeptanz oder das Gefühl zugehörig zu sein,

beeinflusst das Selbstkonzept eines Kindes bedeutsam. Dieser Aspekt wurde

von allen Autoren genannt, jedoch unterschiedlich angewendet. Während

Deusinger und Baldering den Bereich aufspalten, wird er bei Harter als

vollständiger Punkt angeführt. Der Bereich der Verhaltens- und

Entscheidungssicherheit beinhaltet auch einen sozialen Aspekt.

• Selbstwertschätzung: Der Punkt wird von Deusinger und Harter angeführt

und erscheint sehr wichtig. Die Items die von den Autoren benutzt werden,

sind ausschlaggebend für den bewertenden Teil des Selbstkonzepts.

• Emotionale Gestimmtheit: Der Bereich der emotionalen Gestimmtheit wird

bei Baldering aufgeteilt in drei Unterbereiche. Die Items sind vor allem auf die

emotionale Gestimmtheit ausgerichtet. Ein Item befragt die Furcht vor Dingen

und erfasst somit den Bereich des Angsterlebens. Der Bereich des Alters

wurde ausgeschlossen, da er für Kinder einer 4. und 5. Klasse zu unkonkret

sein kann.

• Äußere Erscheinung: Der Bereich wird von Baldering und Harter angeführt.

Die Bewertung des Aussehen kann das Selbstkonzept stark beeinflussen.

• Problembewältigung: Dieser Bereich enthält Items über das

Attributionsverhalten. Die Wichtigkeit der Erfolgs- und

Misserfolgserwartungen von Personen wird in der Literatur stark mit der

Leistungsfähigkeit in Verbindung gebracht. Aufgrund dessen erschien dieser

Aspekt in der Grundschule sehr wichtig.

• Verhaltens- und Entscheidungssicherheit: dieser Bereich verbindet die

Sicherheit in sozialen Situationen sowie die Selbstbehauptungs- und

Durchsetzungsfähigkeit.

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Beantwortungsmodus und Skalenniveaus

Bei dem Fragebogen für Schüler handelt es sich um einen voll standardisierten

Fragebogen, da die einzelnen Bereiche, die Fragenreihenfolge und die

Antwortmöglichkeiten vorgegeben sind. Der Fragebogen wurde mit den Kindern

im Einzelgespräch durchgeführt. Ihnen wurde die Frage laut vorgelesen und sie

konnten anhand von vorbereiteten Karten, auf denen die vier

Antwortmöglichkeiten standen, ihre Entscheidung treffen. Ziel war es,

Informationen über den einzelnen Schüler und über sein Selbstkonzept zu

bekommen.

Als Antwortmöglichkeiten wurden ähnliche Skalen wie bei Deusinger gewählt.

Die Autorin benutzt in den Frankfurter Selbstkonzeptskalen sechs Abstufungen:

trifft sehr zu, trifft zu, trifft etwas zu, trifft eher nicht zu, trifft nicht zu, trifft gar nicht

zu.

Da sechs Skalierungen eine sehr detaillierte und präzise Entscheidung von den

Kindern verlangen würde, wurden nur vier Skalen verwendet: trifft sehr zu, trifft

etwas zu, trifft eher nicht zu, trifft gar nicht zu. Auch die Autorin Harter benutzt im

Selbstkonzeptfragebögen vier Antwortmöglichkeiten.

Bei jedem Bereich gab es zwei positiv gepolte und zwei negativ gepolte Items.

Bei den negativ gepolten Items bekam das Kind für „trifft sehr zu“ einen Punkt,

für „trifft etwas zu“ zwei Punkte, für „trifft eher nicht zu“ drei Punkte und für die

Antwort „trifft gar nicht zu“ vier Punkte. Bei positiven Items drehte sich die

Punktevergabe dementsprechend um, also für „trifft sehr zu“ vier Punkte, usw.

Diese Kategorisierung zur Auswertung der Bereiche fand auf Grundlage des

Bewertungssystems von Baldering statt (Baldering, 1993, S. 64f).

9.6.2. Konstruktion des Fragebogens zum Verhalten

Der Fragebogen, der für die Lehrpersonen erstellt wurde, befindet sich in der

Kategorisierung zwischen dem teil- und dem vollstandardisierten Fragebogen.

Hierbei werden das Thema, die Antwortreihenfolge, die Antwortmöglichkeiten

vorgegeben, allerdings gibt eine Antwortmöglichkeit die Chance, selbst etwas

anzumerken.

Der Fragebogen wurde den Lehrpersonen ausgeteilt und von ihnen schriftlich

beantwortet. Am vereinbarten Termin wurden die ausgefüllten Fragebögen

abgegeben. Jeder Fragebogen hatte zum Ziel, Informationen über einen

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einzelnen Schüler zu bekommen. Dies damit nachher der beantwortete

Fragebogen des Schülers mit dem der Lehrperson verglichen werden konnte.

Dabei sollten die Lehrpersonen ihre Antworten auf Beobachtungen und

Einschätzungen der Kinder basieren.

Der Fragebogen war auf zehn Fragen über die Verhaltensweisen der Schüler

aufgebaut. Dabei ging es vor allem darum, den Schüler in den

unterschiedlichsten Situationen wahrzunehmen. Diese Situationen wurden selbst

erstellt. Auch die Antwortmöglichkeiten wurden vorgegeben. Allerdings sollten

diese nur zur Orientierung dienen. Die Lehrpersonen hatten die Möglichkeit, eine

freie Antwort auf den Bogen zu schreiben.

Folgende Situationen wurden abgeklärt:

• Unterrichtsstörungen

• Integration der Kindern in die Klassengemeinschaft

• Verhalten im Klassenverband

• Konflikte

• Teamverhalten

• Schulalltag

• Herausforderungen

• Angebrachte Kritik

• Verhalten gegenüber Lehrpersonen

• Gesetzte Ziele

Am Ende des Fragebogens sollten die Lehrpersonen eine allgemeine

Einschätzung zu den Bereichen des Selbstkonzepts geben. Die Bereiche waren

nicht so detailliert unterteilt wie beim Fragebogen der Schüler. Sie sollten

einschätzen: den Glauben an die eigenen schulische Leistung, die Akzeptanz in

der Klasse, die Einschätzung der körperlichen Fähigkeiten, das Aussehen, sowie

eine allgemeine Einschätzung bezüglich des Selbstkonzepts abgeben. Der

genaue Aufbau des Fragebogens kann im Anhang eingesehen werden.

9.6.3. Offenes Interview

Das Interview ist in der Sozialforschung „ein planmäßiges Vorgehen mit

wissenschaftlicher Zielsetzung, bei dem die Versuchsperson durch eine Reihe

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gezielter Fragen oder mitgeteilter Stimuli zu verbalen Informationen veranlaßt

[sic] werden soll“ (Scheuch, 1967; zitiert nach Lamnek, 2005, S.330).

Die Formen des Interviews sind sehr vielfältig, weshalb sie nicht in ihrer

Vollständigkeit angeführt werden können. Man kann die unterschiedlichen Arten

an Merkmalen festmachen, die eine Einteilung erleichtern.

Die Tabelle 4 veranschaulicht die Merkmale der Interviews, die in der qualitativen

Forschung eingesetzt werden:

Tabelle 4: Übersicht über die verschiedenen Formen des Interviews im

qualitativen Ansatz (Lamnek, 2005, S. 331)

Dimensionen der

Differenzierung Formen des Interviews

Intention des Interviews • Ermittelndes

• Vermittelndes, evtl. Aktionsforschung

Standardisierung • Halb standardisiertes

• Nicht- standardisiertes

Struktur der zu Befragenden • Einzelinterviews

• Gruppeninterview, evtl. Gruppendiskussion

Form der Kommunikation • Mündlich

Stil der Kommunikation,

Interviewerverhalten

• Weiches

• Neutrales

Arten der Fragen • Offenes

Kommunikationsmedium bei

mündlichen Interviews

• Face-to-face, persönliches

Die Befragung der Lehrpersonen wird als Leitfadeninterview durchgeführt. Das

Leitfadeninterview wird eingesetzt, wenn man Informationen über einen

speziellen Gegenstand benötigt. Es besteht aus offenen Fragen, die das

Interview leiten und nicht führen sollen. Durch den Einsatz kann die

Vergleichbarkeit mit anderen Interviews erhöht werden und zusätzlich schafft

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man durch den Leitfaden eine Struktur. Allerdings muss der Interviewer nicht

streng nach den vorbereiteten Fragen vorgehen. Es liegt in seiner Hand zu

entscheiden, wann die interviewte Person unterbrochen oder etwas nachgefragt

wird. Ausschweifungen der Person sollten nicht im falschen Moment

unterbrochen werden (Mayer, 2009).

Entwicklung des Leitfadens: Der Leitfaden dient dem Interviewer als

Gedächtnisstütze. Er soll einerseits verhindern, dass der Interviewer

unvorbereitet und unkompetent erscheint und andererseits, dass

Themenbereiche vergessen werden (Meuser und Nagel, 1991, 1997; zitiert nach

Mayer, 2009).

Das Konzept für die Leitfadenerstellung sollte sich aus eigenen theoretischen

Überlegungen, anderen Untersuchungen und eigenen Felderkundungen

ergeben. Hierbei soll Wert gelegt werden auf realitätsnahe Bedingungen sowie

zentrale Aspekte des Themas. Bei der Erstellung des Leitfadens sollte die

zugrunde liegende Problemstellung immer im Vordergrund bleiben. Dies

verhindert, dass zu viele Aspekte eines Themas aufgeworfen werden. Ansonsten

besteht die Gefahr, dass es zu einer Frage-Antwort Situation kommt, ohne den

Platz für sich entwickelnde Fragen zu lassen. Zu lange Leitfaden führen auch zu

einer problematischen Situation bei der Auswertung (Mayer, 2009).

9.7. Forschungsfeld

Für die Untersuchung wurden Schulen im Unterland Südtirols kontaktiert. Die

Lehrpersonen waren mir bereits von vergangenen Praktika oder aus

persönlichen Gründen bekannt und somit war die Wahrscheinlichkeit höher, dass

die Lehrpersonen sich bereit erklärten, die einzelnen Fragebögen zu

beantworten.

Im Voraus setzte ich mich mit den Direktoren der Grundschulsprengel Auer,

Neumarkt und Leifers in Kontakt, um die Erlaubnis einzuholen, die Lehrpersonen

kontaktieren zu dürfen. Daraufhin habe ich mich persönlich bei den

Lehrpersonen gemeldet und einen Termin vereinbart. So konnte ich die

Lehrpersonen der 4. Klassen der Grundschulen Auer, Truden, Branzoll und

Margreid für die Untersuchung gewinnen. Den Lehrpersonen konnte ich beim

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ersten Treffen die Fragebögen austeilen und erklären. Ich habe dabei mit jedem

Beteiligten den Abholtermin persönlich vereinbart.

Die Lehrpersonen haben daraufhin, den von mir vorbereiteten Elternbrief den

Schülern verteilt und wieder unterschrieben eingesammelt. An jeweils einem

Vormittag konnte ich die Fragebögen mit den Schülern beantworten.

Um die Anonymität zu gewährleisten, habe ich die Lehrpersonen gebeten, die

Schüler in alphabetischer Reihenfolge dran zu nehmen. Somit entspricht

Fragebogen 1 dem Kind Nr. 1 im Lehrerregister. Auch ich habe die Kinder in

alphabetischer Reihenfolge befragt. Somit war es nicht notwendig, den Namen

des Befragten auf die Bögen zu schreiben.

9.7.1. Auswahl der Untersuchungsgruppe

In der Forschung versucht man in der Auswahl der Versuchspersonen eine

Grundgesamtheit der Population darzustellen. Da dies aus verschiedenen

Gründen oftmals nicht möglich ist, verwendet man die Stichprobe, stellvertretend

für die Gesamtheit der Menschen oder der interessierten Gruppe. Merkmale, die

in der Gesamtheit als wesentlich gelten, sollten hier wiedergegeben sein.

Im qualitativen Ansatz verwendet man das Verfahren des „Theoretical sampling“.

Dem liegt die Überzeugung zugrunde, dass es ausreicht einen Fall bekannt zu

machen, der die Überzeugungen des Forschers detaillierter und vertiefender

darstellt (Lamnek, 2005). Die erste Einzelfallstudie wird dabei aufgrund ihrer

passenden Brauchbarkeit ausgewählt. In dieser Phase der Untersuchung können

allerdings nur Vermutungen angestellt werden. Die erste Einzelfallstudie liefert

die Handlungsperson und somit die weitere Untersuchungseinheit für die

Forschung. Liegt das Interesse vor allem darin, bei den Untersuchungspersonen

dasselbe Handlungsmuster zu erkennen, wird versucht, die Einheit aufgrund

einer Ähnlichkeit in Bezug auf das Untersuchungselement auszuwählen. Die

Auswahl erfolgt somit nicht zufällig, sondern beruht auf theoretischen

Überlegungen (ebd.).

Die Stichprobe wurde für die Untersuchung bewusst ausgewählt. Dabei war es

mir wichtig, vor allem Lehrperson zu kontaktieren, die ich bereits kannte, da der

Aufwand für das Ausfüllen der Fragebögen einige Zeit verlangte. Zusätzlich

sollten diese Lehrpersonen eine 4. Klasse oder 5. Klasse Grundschule

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unterrichten. Aufgrund von diesen Auswahlkriterien kontaktierte ich die Schulen

und Klassen. Nach erfolgter Untersuchung sieht die Stichprobe wie folgt aus:

Tabelle 5: Übersicht über die untersuchten Klassen

GS Auer 4A

4. Klasse

GS Auer 4B

4. Klasse

GS Branzoll

4. Klasse

GS Truden

4. Klasse

GS Margreid

4. Klasse

13 Schüler

7 Mädchen

6 Jungen

(ein Schüler

hat an der

Befragung

nicht

teilgenommen)

16 Schüler

8 Mädchen

8 Jungen

(ein Schüler

hat an der

Befragung

nicht

teilgenommen)

6 Schüler

2 Mädchen

4 Jungen

14 Schüler

8 Mädchen

6 Jungen

(ein Schüler

hat an der

Befragung

nicht

teilgenommen)

13 Schüler

7 Mädchen

6 Jungen

(zwei Schüler

haben an der

Befragung

nicht

teilgenommen)

5. Klasse 5. Klasse

9 Schüler

8 Mädchen

1 Junge

(drei Schüler

haben an der

Befragung

nicht

teilgenommen)

1 Mädchen

12 Befragte 15 Befragte 12 Befragte 14 Befragte 11 Befragte

INSGESAMT: 66 befragte Schüler

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9.7.2. Durchführung der Untersuchung

Am Tag der Befragung stellte ich mich kurz den Kindern in der Klasse vor. Ich

erklärte ihnen, dass ich gerade dabei war, eine Befragung zum Bild, das Kinder

von sich selbst haben, durchzuführen. Ich erläuterte kurz den Vorgang und wies

alle Kinder darauf hin, dass dies kein Test sei und sie bei dieser Befragung nichts

falsch machen konnten. Daraufhin bin ich mit jedem einzelnen Schüler in einen

Ausweichraum gegangen und habe die Befragung durchgeführt, die pro Kind

zirka zehn Minuten dauerte.

Die Schüler wurden gebeten, Platz zu nehmen und ihren Namen zu nennen. Ich

erklärte ihnen kurz, dass ich ihnen einfache Sätze aus dem Alltag vorlesen würde

und sie dann einschätzen dürften, ob der Satz zutrifft, etwas zutrifft, eher nicht

zutrifft oder gar nicht zutrifft. Dabei hatten sie 4 Kärtchen vor sich liegen, mit

denen ich die Antwortmöglichkeiten veranschaulichte.

Daraufhin führte ich ein Beispiel an, an dem die Kinder sich einschätzen durften.

Mir war es wichtig aufzuzeigen, dass es Items gab mit einer negativen oder einer

positiven Ausprägung.

Ich erklärte den Kindern nochmals, dass es keine richtigen und keine falschen

Antworten gibt und es mich nur interessierte, wie sie die Situation einschätzten.

Zum Schluss wies ich die Kinder darauf hin, dass ich ihre Antworten notierte, da

ich sie nicht vergessen wollte.

9.8. Vorgehensweise bei der Auswertung

Aus dem im Kapitel „Beantwortungsmodus und Skalenniveau“ beschriebenen

Bewertungssystem ergibt sich die Schlussfolgerung, dass je mehr Punkte der

Proband erreicht, desto höher und positiver ist sein Selbstbild.

Bei vier Items pro Bereich kann der Schüler mindestens 4 Punkte erreichen und

höchstens 16. Somit wird das Selbstkonzept bis zu 8 Punkten als negativ

bewertet und ab 12 Punkten als positiv. Zwischen 9 und 11 Punkten gilt das

Selbstkonzept als neutral.

Für jeden Fragebogen wird zusätzlich ein allgemeiner Wert ermittelt. Dieser wird

anhand einer Auswertungsschablone ermittelt. Die Punktezahlen sind hier so

aufgelistet, dass nicht mehr die positive oder negative Ausprägung der Items

beachtet werden muss. Die Punkte in jedem Bereich werden summiert und in

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eine Tabelle eingetragen. Am Ende summiert man die Punkte der einzelnen

Bereiche und gelangt zu einer Gesamtzahl. Dieser Wert dient der Erstellung

einer Rangliste, in der alle Schüler einer Klasse vorkommen. Für die Einteilung

des Selbstkonzeptes in ein negatives, ein neutrales und ein positives Selbstbild

werde ich mich an dieses Vorgehen halten, indem der Wert bei dem das neutrale

Selbstkonzept beginnt und wieder aufhört, mit den Bereichen multipliziert wird.

Daraus ergeben sich für den Fragebogen gegenständlicher Arbeit:

7 Bereiche mit jeweils 4 Items, also 28 Items und 4 Skalenniveaus:

Niedrigster Wert: 28 Punkte

Höchster Wert: 112 Punkte

Da der neutrale Bereich zwischen 9 und 11 liegt ergibt sich daraus: 9 x 7 = 63

und 11 x 7 = 77.

negativ neutral positiv

28 63 77 112

Die Ergebnisse der Fragebögen der Schüler über das Selbstkonzept dienten

dem Vergleich mit der Einschätzung der Lehrpersonen. Dadurch sollte geprüft

werden, ob ein Zusammenhang zwischen einem positiven Selbstkonzept und

einer positiven Einschätzung der Lehrperson über das Verhalten des

betreffenden Schülers vorhanden ist. Interessant waren dabei vor allem jene

Fälle, die beim Fragebogen einen niederen oder höheren Wert erreicht hatten.

Es war nicht möglich, jeden einzelnen Fall im Ergebnisteil anzuführen und

genauer darauf einzugehen. Darüber hinauskann mit dem Fragebogen keine

vollständige Übereinstimmung vorausgesagt werden, weshalb bereits die zu

überprüfende Hypothese nicht von einer absoluten Korrelation ausging.

Weiteres soll dieser Wert nicht starr betrachtet werden, da keine Begründung

vorliegt, eine Einteilung nach diesem Verfahren vorzunehmen. Es dient lediglich

der leichteren Kategorisierung und Einteilung der Schüler.

Bei der Auswertung des Fragebogens war eine statistische Auswertung nicht

nötig, da diese nicht den Zweck erfüllen würde. Deshalb habe ich mich dafür

entschlossen das Tabellenkalkulationsprogramm EXCEL zu verwenden. Dieses

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bietet auch verschiedene Auswertungsmöglichkeiten und verfügt somit für diese

Untersuchung über ausreichende Funktionen, um Summen zu bilden und die

Werte darzustellen.

Zusätzlich findet eine inhaltliche Überprüfung statt. Es wird überprüft, ob die

Antworten der Fragebögen innerhalb eines Bereiches kohärent sind und sich

nicht widersprechen. Dabei geht es vor allem um eine inhaltliche Analyse.

Wichtig ist vor allem darauf zu achten, ob die beiden positiven Items und die

negativen Items übereinstimmen und sich nicht gegenseitig ausschließen.

Beispielsweise wäre es nicht stimmig, wenn ein Schüler angibt mit sich

unzufrieden zu sein und gleichzeitig froh darüber zu sein, wie er ist.

Hierbei wird darauf geachtet, ob die Antworten der Kinder in sich stimmig sind,

d.h. ob sie nicht gegensätzliche Antworten gegeben haben. Dabei werden nur

Antworten als nicht kohärent definiert, die sich durch mindestens zwei Punkte

(zwei Skalenwerte) voneinander unterscheiden. Bei Antworten mit einem

Unterschied von einem Punkt (ein Skalenwert), kann dies auch auf eine

bewusste Entscheidung des Schülers basieren. Zusätzlich sind nur Items

vergleichbar, die nicht verschiedene Dinge ansprechen. Z.B. kann man nicht

Items wie „Ich bin ein fröhlicher Mensch“ mit „Ich fürchte mich vor vielen Dingen“

vergleichen, da sie zwei verschiedene Thematiken ansprechen.

Aufgrund dessen wird durch eine kurze Beschreibung der sieben Bereiche des

Fragebogens aufgezeigt, nach welchen Kriterien die Fragebögen auf ihre

Stimmigkeit hin überprüft werden. Diese Beschreibung entstammt aus einer

ersten Auswertung der Befragung der Schüler. Diese allgemeinen Aussagen,

sollen dem Untersuchungsprozess neue Impulse und Gedankengänge

verschaffen. Dieses Vorgehen wird durch den qualitativen Ansatz legitimiert.

Da das Selbstkonzept laut Deusinger (1986) als multidimensional beschrieben

worden ist, müssen die Werte der einzelnen Bereiche nicht übereinstimmen. Das

Kind kann sich selbst als leistungsfähig ansehen und trotzdem der Meinung sein,

dass es nicht viele Freunde hat und es ihm schwer fällt, Kontakte aufzunehmen.

Deshalb kann nicht eine Korrelation zwischen den Bereichen überprüft werden.

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Eine weitere Überprüfung des Fragebogens der Schüler findet durch den

Vergleich mit den Fragebögen der Lehrperson statt. Anhand dessen kann man

sehen, ob ein positives oder ein negatives Selbstbild auch mit der

dementsprechenden Einschätzung der Lehrperson einher geht. Ist dies nicht so,

werden im Interview weitere Informationen über den Schüler eingeholt. Die

Lehrperson kann persönlich nochmals Rückmeldung geben, warum sie das

Verhalten des Schülers folgendermaßen eingeschätzt und warum ihrer Ansicht

nach der Schüler sich so eingeschätzt hat.

Stimmt die Einschätzung überein, kann man davon ausgehen, dass die

Informationen, welche die Kinder gegeben haben richtig sind. Sehr interessante

Einzelfälle werden in den Interviews von den Lehrpersonen detaillierter und

präziser beschrieben.

10. Ergebnisdarstellung

Die Präsentation der Ergebnisse wird nun in vier verschiedenen Schritten

durchgeführt:

• Präsentation der Ergebnisse der Selbstkonzeptfragebögen in Tabellen: In der

ersten Zeile der Tabelle sind die sieben Bereiche des

Selbstkonzeptfragebogens aufgelistet. In jeder weiteren Zeile wird ein

Schüler dargestellt, welchen Wert er pro Bereich erreicht hat. In der letzten

Spalte werden die Gesamtwerte aufgezählt, die bereits in einer Reihenfolge

aufgelistet sind. An den ersten und somit oberen Stellen in der Rangliste sind

die Schüler mit dem niedersten Selbstkonzept. Die Liste geht vom niedersten

zum höchsten Selbstkonzept.

• Überprüfung der Übereinstimmung der Aussagen der einzelnen Fragebögen

der Kinder: Die Items, die von den Kindern nicht stimmig beantwortet

wurden, werden in der Tabelle zum Selbstkonzept gelb markiert und

zusätzlich aufgelistet. Die Bewertung erfolgt nach folgenden Kriterien:

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Allgemeine Leistungsfähigkeit

Die ersten beiden Items können nicht verglichen werden, da erstes auf einen

sozialen Vergleich beruht und zweites auf einen persönlichen. Die negativen

Items können in Gegensatz zu den positiven Items völlig unterschiedlich

ausfallen. Es wird angenommen, dass die Frage „Ich kann mich an mehr

Misserfolge erinnern, mit „trifft zu“ oder „trifft etwas zu“ beantwortet wird, da

man sich oft besser an Misserfolge erinnern kann, als an Erfolge

(Misserfolge bleiben besser im Gedächtnis haften, da wahrscheinlich das

negative Gefühl stärker ist).

Sozialer Aspekt

Kinder antworten sehr kohärent. Es scheint kein Zusammenhang zu geben

zwischen der sozialen Beliebtheit und dem was andere über einen denken.

Es gab Kinder, die sich als sehr beliebt wahrgenommen haben, denen es

wichtig war, was andere über sie dachten und welche, denen es überhaupt

nicht wichtig war. Gibt der Schüler an viele Freunde zu haben, muss dies

nicht auch direkt damit einher gehen, dass der Schüler mit seiner Beliebtheit

bei anderen zufrieden ist, da jeder Schüler ein subjektives Maß hat.

Selbstwertschätzung

Das erste Item beinhaltet das Wort „manchmal“ und beschränkt somit die

Situation auf einige Male. Deshalb wird es nicht als unstimmig empfunden,

wenn sich Kinder manchmal als schlechte Menschen fühlen (wenn sie z.B.

gegen Regeln verstoßen) und trotzdem zufrieden mit sich sind. Werden alle

vier Items als treffend beantwortet, bzw. die ersten zwei Items mit „trifft zu“

oder „trifft etwas zu“ und die und die unteren zwei Items mit „trifft zu“, gilt die

Frage als nicht stimmig.

Emotionale Gestimmtheit

Die ersten drei Items werden von den Kinder sehr stimmig beantwortet.

Dabei scheint es keinen Zusammenhang zu geben, zwischen dem

emotionalen Zustand und der Furcht vor Dingen. Kinder können sich wohl

fühlen, aber sich trotzdem vor vielen Dingen fürchten.

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Äußere Erscheinung

Die Beantwortung dieses Bereiches fällt eindeutig sehr oft positiv aus.

Auffällig viele Kinder erreichen die höchste Punktezahl. Die Beantwortung

der vier Items lässt sich vergleichen, da z.B. das positive und das negative

Item zum Aussehen nicht unterschiedlich beantwortet werden kann.

Problembewältigung

Die vier Items können nur teilweise verglichen werden, da sie verschiedene

Themen ansprechen. Eine vermehrte Hilfestellung beim Erledigen der

Aufgaben, scheint nicht damit einherzugehen, dass sich die Schüler nicht auf

eine neue Aufgabe freuen können. Es ist sehr schwer abzuschätzen ob die

Kinder einen Unterschied zwischen einer Aufgabe und einer

Herausforderung erkennen, denn diese Items werden von einigen Kindern

nicht stimmig beantwortet.

Verhaltens- und Entscheidungssicherheit

Die ersten zwei Items scheinen nicht mit dem dritten und vierten Item

zusammenzuhängen. Viele Kinder, die sich ansonsten sehr positiv

einschätzen, geben an es sei schwer, die eigene Meinung zu sagen und

schließen sich den anderen Kindern an, auch wenn sie anderer Meinung

sind.

• Darstellung der Fragebögen der Lehrpersonen und Überprüfung der

Übereinstimmung: Hierbei werden die Einschätzungen der Lehrpersonen in

drei Kategorien unterteilt:

- Positiv: die Eigenschaftswörter können eindeutig als positiv

gewertet werden.

- Neutral: die Eigenschaftswörter können eindeutig als neutral

gewertet werden.

- Negativ: die Eigenschaftswörter können eindeutig als negativ

gewertet werden.

Jeder Bereich der von der Lehrperson eingeschätzt wurde, wird somit als

positiv, neutral oder negativ bewertet und mit einem Punkt von eins bis drei

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89

kategorisiert. Nach diesem Kategoriensystem bekommt jeder Schüler einen

Gesamtwert zugeteilt, der in einen Mittelwert umgewandelt wird. Dieser

Mittelwert dient dazu, das Verhalten als positiv, neutral oder negativ

einzuschätzen. Dabei wird das Verhalten bei einem Wert von eins als

negativ, bei zwei Punkten als neutral und bei drei Punkten als positiv

bewertet. Der Mittelwert wird je nach dem auf- oder abgerundet. Dieser Wert

soll nur als Richtlinie betrachtet werden. Er soll jedoch das Verhalten eines

Schülers nicht in positiv, neutral, oder negativ „kategorisieren“. Deshalb

werden die Mittelwerte nicht exakt zum Vergleich übernommen, da dieser

Wert nicht aussagekräftig genug ist. Die Gründe für das Verhalten der Kinder

können aus dem Fragebogen nicht erkannt werden.

In einer vierten Zeile der Tabelle wird nun eine Aussage darüber getroffen,

ob der Wert des Selbstkonzepts mit dem Wert zum Verhalten übereinstimmt.

Sind dabei große Unterschiede zwischen den Werten, bzw. ein eher hoher

Wert im Selbstkonzept und ein eher niederer Wert im Verhalten, oder

umgekehrt, wird das als nicht stimmig bewertet. Diese Fälle geben die

Grundlage für das Gespräch mit den Lehrpersonen vor.

• Darstellung der Interviews: die Interviews werden paraphrasiert und wichtige

Aussagen zusammengefasst.

Dabei wird jeder Schritt pro untersuchte Klasse durchgeführt, da alle Schritte

zusammenhängen. Dies dient der Übersichtlichkeit, Lesbarkeit und

Verständlichkeit des Textes.

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90

10.1. Grundschule Auer, 4. Klasse A

Präsentation der Ergebnisse der Selbstkonzeptfragebögen

Tabelle 6: Ergebnisse der Selbstkonzeptfragebögen, GS Auer, 4. Klasse A

Überprüfung der Übereinstimmung der Aussagen der einzelnen

Fragebögen der Kinder

Grundschule Auer, 4. Klasse A, Vp. 5/w

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Emotionale Gestimmtheit Ich bin meistens schlecht gelaunt. 1 ���� 3 4 Ich fühle mich meistens wohl. ���� 2 3 4 Ich bin ein fröhlicher Mensch. 1 ���� 3 4 Ich fürchte mich vor vielen Dingen. 1 ���� 3 4

Allg

emei

ne

Leis

tung

sfäh

igke

it

Soz

iale

r A

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t

Sel

bstw

erts

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zung

Em

otio

nale

G

estim

mth

eit

Äuß

ere

Ers

chei

nung

Pro

blem

bew

ältig

ung

Ver

halte

ns-

und

Ent

sche

idun

gssi

cher

heit

Ges

amtw

ert

Vp. 3/m Hat die Einverständniserklärung der Eltern nicht gebracht

Vp. 11/m 10 10 10 11 10 10 9 70

Vp. 1/w 11 15 11 13 14 11 8 83

Vp. 7/w 10 14 12 14 14 9 10 83

Vp. 13/m 10 12 11 10 16 13 11 83

Vp. 2/w 11 13 14 11 15 11 10 85

Vp. 5/w 11 13 13 11 16 11 11 86

Vp. 9/w 11 13 11 14 15 13 10 87

Vp. 12/m 11 15 12 12 13 12 12 87

Vp. 8/w 14 10 14 13 16 12 10 89

Vp. 4/w 13 11 14 15 16 13 10 92

Vp. 6/m 12 12 14 14 16 13 11 92

Vp. 10/m 14 14 14 15 16 13 13 99

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91

Grundschule Auer, 4. Klasse A, Vp. 7/w

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Selbstwertschätzung Manchmal denke ich, dass ich ein schlechter Mensch bin.

1 ���� 3 4

Ich halte nicht viel von mir selbst. 1 ���� 3 4 Ich bin zufrieden mit mir. ���� 2 3 4 Ich bin froh darüber, so zu sein, wie ich bin. ���� 2 3 4

Grundschule Auer, 4. Klasse A, Vp. 8/w

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Problembewältigung Ich fürchte mich vor neuen Herausforderungen.

1 ���� 3 4

Ich kann mit Schwierigkeiten gut fertig werden. 1 ���� 3 4 Ich freue mich auf neue Aufgaben. ���� 2 3 4 Ich brauche bei neuen Aufgaben sehr oft Hilfe. 1 2 ���� 4

Grundschule Auer, 4. Klasse A, Vp. 12/m

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Selbstwertschätzung Manchmal denke ich, dass ich ein schlechterMensch bin.

1 2 ���� 4

Ich halte nicht viel von mir selbst. 1 ���� 3 4 Ich bin zufrieden mit mir. ���� 2 3 4 Ich bin froh darüber, so zu sein, wie ich bin. 1 ���� 3 4

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Äußere Erscheinung Ich bin zufrieden damit, wie ich aussehe. ���� 2 3 4 Ich bin zufrieden mit meiner Größe und meinem Gesicht.

1 ���� 3 4

Manchmal hätte ich gerne einen anderenKörper.

1 2 3 ����

Ich möchte gern anders aussehen. 1 ���� 3 4

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92

Grundschule Auer, 4. Klasse A, Vp. 13/m

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Selbstwertschätzung Manchmal denke ich, dass ich ein schlechter Mensch bin.

1 ���� 3 4

Ich halte nicht viel von mir selbst. 1 ���� 3 4 Ich bin zufrieden mit mir. 1 ���� 3 4 Ich bin froh darüber, so zu sein, wie ich bin. ���� 2 3 4

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Problembewältigung Ich fürchte mich vor neuen Herausforderungen.

1 ���� 3 4

Ich kann mit Schwierigkeiten gut fertig werden. ���� 2 3 4 Ich freue mich auf neue Aufgaben. ���� 2 3 4 Ich brauche bei neuen Aufgaben sehr oft Hilfe. 1 2 ���� 4

Darstellung der Fragebögen der Lehrpersonen und Überprüfung der

Übereinstimmung

Tabelle 7: Ergebnisse der Fragebögen zum Verhalten, GS Auer, 4. Klasse A

Versuchsperson Gesamtwert zum

Selbstkonzept Gesamtwert zum

Verhalten Bewertung

Vp. 11/m 70 2,5 positiv Stimmt nicht überein

Vp. 1/w 83 3 Positiv Stimmt nicht überein

Vp. 7/w 83 2,4 Neutral Stimmt überein

Vp. 13/m 83 1,8 Neutral Stimmt überein

Vp. 2/w 85 2,5 Positiv Stimmt überein

Vp. 5/w 86 2,7 Positiv Stimmt überein

Vp. 9/w 87 2,4 Neutral Stimmt fast überein

Vp. 12/m 87 2,2 Neutral Stimmt fast überein

Vp. 8/w 89 3 Positiv Stimmt überein

Vp. 4/w 92 2,4 Neutral Stimmt nicht überein

Vp. 6/m 92 2,6 Positiv Stimmt überein

Vp. 10/m 99 2,7 positiv Stimmt überein

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Kind Nr. 11 erreicht von allen untersuchten Klassen den niedersten Wert im

Selbstkonzept. Die Einschätzung der Lehrperson ist hoch und liegt schon im

positiven Bereich. Kind Nr. 1 erreicht auch einen positiven Wert im

Selbstkonzept, liegt jedoch in der Rangliste an zweiter Stelle. Das Verhalten wird

als sehr positiv (Mittelwert 3) eingestuft. Von 83 bis 87 Punkte ist der Wert für das

Selbstkonzept im positiven Bereich. Unternimmt man einen Klassenvergleich

liegt dieser Punktewert im mittleren Bereich der Rangliste. Auch die

Einschätzungen der Lehrpersonen sind außer bei Kind Nr. 13 schon eher im

positiven Bereich. Das Verhalten von Kind Nr. 4 wird als neutral eingeschätzt, der

Schüler liegt mit 92 Punkten im höheren Bereich der Rangliste zum

Selbstkonzept. Hierbei stimmt dies nicht überein. Die Schüler mit den zwei

besten Werten im Selbstkonzept werden auch von den Lehrern positiv

eingeschätzt, weshalb hier eine Übereinstimmung vorliegt.

Darstellung der Interviews

Interviewpartner: Lehrperson der 4. Klasse A an der Grundschule Auer

Interviewer: Miriam Raffaelli

Erstellt am 14. Mai 2010

M.R.: Wie lange unterrichten Sie bereits diese Klasse? Welche Fächer

unterrichten Sie?

LP: Ich unterrichte die Klasse seit einem Jahr in den Fächern Deutsch, Kunst und

Technik und Sport und Bewegung.

M.R.: Wie würden Sie die Kinder, Ihrer Ansicht nach, in Bezug auf das

Selbstkonzept einschätzen? Wer ist Ihrer Meinung nach der Schüler mit

dem höchsten/niedersten Selbstkonzept?

LP: Der Schüler mit dem niedersten Selbstkonzept ist meiner Meinung nach Kind

Nr. 12 und mit dem höchsten Kind Nr. 8.

M.R. (zeigt der Lehrperson die erstellte Rangliste): Kind Nr. 11 hat von allen

untersuchten Kindern die niederste Punktezahl im Selbstkonzept erreicht.

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Wenn Sie sich diese Liste von Schülern anschauen, fällt Ihnen etwas auf?

Verwundert Sie etwas?

LP: Das verwundert mich sehr! Auch die Platzierung von Kind Nr. 12. Die

Platzierung von Kind Nr. 6 und Nr. 10 ist meiner Meinung nach richtig.

M.R.: Kommt Ihnen vor, dass die Rangliste zum Selbstkonzept auch in

Verbindung gebracht werden kann, mit dem Verhalten das die Kinder

zeigen?

LP: In diesem Fall kommt mir die Platzierung von Kind Nr. 1 sehr komisch vor,

genauso wie bei Kind Nr. 2. Ich kann die Liste gut nachvollziehen, außer bei

einigen Fällen.

M.R.: Ich habe diese Liste mit Ihren Einschätzungen verglichen und mir ist

aufgefallen, dass Sie Kind Nr. 11 sehr gut eingeschätzt haben. Wenn Sie die

Liste Ihrer Beschreibungen lesen, fällt Ihnen noch etwas Besonderes zum

Kind ein? Könnten Sie das Kind etwas differenzierter beschreiben?

Beschreibung des Fragebogens der Lehrpersonen zum Verhalten von Kind Nr.

11: Der Schüler ist im Unterricht aktiv, arbeitet fleißig mit, stört aber durch sein

eifriges Verhalten oft den Unterricht. In der Klasse ist er beliebt, er hat viele

Freunde. Er verhält sich verantwortungsbewusst und übernimmt im

Klassenverband Aufgaben. Bei Konflikten holt er Hilfe. In der Gruppe verhält er

sich kooperativ. Im Schulalltag traut er sich spezielle Aufgaben zu und bietet

anderen seine Hilfe an. Bei neuen Aufgaben beginnt er gleich mit dem Erledigen

und probiert die Übung zuerst alleine. Bei Kritik reagiert er oft gleichgültig, kommt

aber auch gut damit zurecht. Den Lehrpersonen gegenüber ist er meist

respektvoll. Er setzt sich meistens Ziele und versucht diese auch zu erreichen.

LP: Der Schüler ist sehr selbstkritisch. Er setzt sich selbst sehr unter Druck.

Wenn er etwas nicht versteht, dann blockiert er sich, er kommt nicht weiter. Dies

wenn er etwas unbedingt möchte und merkt, dass es nicht gleich funktioniert.

Seit einiger Zeit, zwei oder drei Monaten merkt man, dass der Schüler ständig im

Mittelpunkt stehen möchte, er ständig im Unterricht rausschreit.

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M.R.: Ist Ihnen dieses Verhalten vor allem in letzter Zeit aufgefallen?

LP: Es geht so phasenweise. Am Anfang vom Schuljahr war es sehr auffällig,

dann ging es eine Zeit lang besser. Jetzt zurzeit fällt es wieder sehr stark auf.

Der Schüler beginnt mit dem Erledigen der Aufgaben sehr schnell und arbeitet

auch sauber. Man muss ihn immer beschäftigen, sonst kommt sein Verhalten

wieder zum Vorschein.

In letzter Zeit schließt er auch oft andere Schüler aus, er „mobbt“ sie schon fast.

Manchmal kann er sein Verhalten zurück halten und oft geht es einfach mit ihm

durch. Ich habe mit ihm einige Male gesprochen und er sagt, es bricht einfach

aus ihm raus.

M.R.: Könnten Sie vielleicht auch bei Kind Nr. 6 eine genauere

Einschätzung geben?

Beschreibung des Fragebogens der Lehrpersonen zum Verhalten von Kind Nr. 6:

Der Schüler ist im Unterricht aufmerksam, stört ab und zu den Unterricht. In der

Klasse ist er beliebt und übernimmt im Klassenverband Aufgaben. Konflikte löst

er selbstständig. Im Team ist er kooperativ, kann die Regeln meistens einhalten.

Im Schulalltag traut er sich spezielle Aufgaben zu und bietet seine Hilfe an. Bei

neuen Aufgaben beginnt er gleich mit dem Erledigen. Er kommt gut mit Kritik

zurecht. Gegenüber den Lehrpersonen ist er respektvoll. Er setzt sich meistens

Ziele und versucht diese auch zu erreichen.

LP: Schüler Nr. 6 hat auch eine sehr große Persönlichkeit. Er ist bei allen beliebt.

Seine Aufgaben erledigt er sehr ordentlich, gewissenhaft. Er nimmt Inhalte rasch

auf. Er ist sicher einer der leistungsstarken Schüler. Auch ihn muss man ständig

beschäftigen. Er ist ein Schüler der zu sich steht, da er bei gewissen Mädchen

sehr beliebt ist und diese ihn überall einbeziehen.

Lehrperson geht weiter zur Beschreibung von Kind Nr. 10:

Der Schüler ist im Unterricht aktiv und aufmerksam. Er ist in der Klasse beliebt

und übernimmt Aufgaben im Klassenverband. Er löst Konflikte selbstständig. In

der Gruppe verhält er sich kooperativ und kann Regeln einhalten. Im Schulalltag

traut er sich spezielle Aufgaben zu. Bei neuen Aufgaben probiert er die Übung

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zuerst alleine und holt dann eventuell Hilfe. Er fühlt sich bei Kritik angegriffen.

Gegenüber Lehrpersonen verhält er sich respektvoll. Er setzt sich meistens Ziele

und versucht diese auch zu erreichen.

LP: Der Schüler ist sehr gewissenhaft und fragt auch sehr oft nach. Wenn man

z.B. heute sagen würde etwas ist weiß und morgen es ist gelb, dann fällt dies

Schüler Nr. 10 sicher auf. Er ist wirklich sehr genau. Er hat auch einen sehr

hohen Gerechtigkeitssinn. Wenn er selbst oder andere ihm ungerecht behandelt

vorkommen, dann weint er. Bei ihm muss man wirklich besonders auf die

Wortwahl achten und sehr sensibel auf ihn eingehen. Er ist leistungsmäßig auch

einer der guten Schüler.

M.R.: Wie würden Sie die Rangliste in Bezug auf das Verhalten abändern?

LP: Kind Nr. 1 würde ich sicherlich an den ersten Stellen setzen, genauso wie

Kind Nr. 2 und Nr. 8. Kind Nr. 6 würde ich ein bisschen niederer einstufen und

Kind Nr. 13 ein bisschen weiter in die Mitte. An die Stelle mit der niedersten

Platzierung hätte ich vielleicht Kind Nr. 7 gesetzt. Der Rest passt so sehr gut.

M.R.: Warum hätten Sie bei Ihrer anfänglichen Einschätzung Kind Nr. 12,

als den Schüler mit dem niedersten Selbstkonzept vermutet?

LP: Kind Nr. 12 schätzt sich sehr oft falsch ein, er betrachtet vieles negativer als

es ist. Er sagt oft „ich kann das nicht“, usw. Er kommt mir unsicherer vor wie

andere Schüler. Auch Kind Nr. 4 hätte ich vom Verhalten in die Rangliste zum

Selbstkonzept etwas niederer eingestuft.

Im Allgemeinen kann man sagen, dass ich sehr ruhige und gute Schüler

unterrichte.

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10.2. Grundschule Auer, 4. Klasse B

Präsentation der Ergebnisse der Selbstkonzeptfragebögen

Tabelle 8: Ergebnisse der Selbstkonzeptfragebögen, GS Auer, 4. Klasse B

Allg

emei

ne

Leis

tung

sfäh

igke

it

Soz

iale

r A

spek

t

Sel

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erts

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nale

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estim

mth

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Ers

chei

nung

Pro

blem

bew

ältig

ung

Ver

halte

ns-

und

Ent

sche

idun

gssi

cher

heit

Ges

amtw

ert

Vp. 10 Hat die Einverständniserklärung der Eltern nicht gebracht

Vp. 4/w 12 6 9 9 14 11 12 73

Vp. 1/m 10 13 12 12 12 13 11 83

Vp. 2/w 13 13 10 12 15 12 11 86

Vp. 14/m 12 14 14 12 14 10 10 86

Vp. 5/m 10 16 12 12 16 12 9 87

Vp. 6/m 12 14 13 12 15 12 10 88

Vp. 3/w 13 14 13 13 15 11 11 90

Vp. 12/w 11 11 14 15 15 14 12 92

Vp. 13/m 12 13 16 12 15 13 12 93

Vp. 15/m 11 13 16 12 16 13 13 94

Vp. 9/w 14 14 15 14 13 13 13 96

Vp. 11/w 12 13 16 13 16 14 14 98

Vp. 16/m 13 13 16 14 16 12 14 98

Vp. 7/w 16 12 16 15 16 13 14 102

Vp. 8/m 16 10 16 16 15 15 14 102

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98

Überprüfung der Übereinstimmung der Aussagen der einzelnen

Fragebögen der Kinder

Grundschule Auer, 4. Klasse B, Vp. 2/w

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Problembewältigung Ich fürchte mich vor neuen Herausforderungen. 1 ���� 3 4 Ich kann mit Schwierigkeiten gut fertig werden. 1 2 ���� 4 Ich freue mich auf neue Aufgaben. ���� 2 3 4 Ich brauche bei neuen Aufgaben sehr oft Hilfe. 1 2 3 ����

Grundschule Auer, 4. Klasse B, Vp. 4/w

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Emotionale Gestimmtheit Ich bin meistens schlecht gelaunt. 1 2 ���� 4 Ich fühle mich meistens wohl. 1 2 3 ���� Ich bin ein fröhlicher Mensch. 1 ���� 3 4 Ich fürchte mich vor vielen Dingen. 1 ���� 3 4

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Problembewältigung Ich fürchte mich vor neuen Herausforderungen. 1 ���� 3 4 Ich kann mit Schwierigkeiten gut fertig werden. 1 2 ���� 4 Ich freue mich auf neue Aufgaben. ���� 2 3 4 Ich brauche bei neuen Aufgaben sehr oft Hilfe. 1 2 ���� 4

Grundschule Auer, 4. Klasse B, Vp. 5/m

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Selbstwertschätzung Manchmal denke ich, dass ich ein schlechter Mensch bin.

1 ���� 3 4

Ich halte nicht viel von mir selbst. 1 ���� 3 4 Ich bin zufrieden mit mir. ���� 2 3 4 Ich bin froh darüber, so zu sein, wie ich bin. ���� 2 3 4

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99

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Emotionale Gestimmtheit Ich bin meistens schlecht gelaunt. 1 ���� 3 4 Ich fühle mich meistens wohl. ���� 2 3 4 Ich bin ein fröhlicher Mensch. ���� 2 3 4 Ich fürchte mich vor vielen Dingen. 1 ���� 3 4

Grundschule Auer, 4. Klasse B, Vp. 7/w

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Problembewältigung Ich fürchte mich vor neuen Herausforderungen. 1 ���� 3 4 Ich kann mit Schwierigkeiten gut fertig werden. 1 ���� 3 4 Ich freue mich auf neue Aufgaben. ���� 2 3 4 Ich brauche bei neuen Aufgaben sehr oft Hilfe. 1 2 3 ����

Grundschule Auer, 4. Klasse B, Vp. 9/w

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Problembewältigung Ich fürchte mich vor neuen Herausforderungen. 1 ���� 3 4 Ich kann mit Schwierigkeiten gut fertig werden. ���� 2 3 4 Ich freue mich auf neue Aufgaben. ���� 2 3 4 Ich brauche bei neuen Aufgaben sehr oft Hilfe. 1 2 ���� 4

Grundschule Auer, 4. Klasse B, Vp. 15/m

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Emotionale Gestimmtheit Ich bin meistens schlecht gelaunt. 1 ���� 3 4 Ich fühle mich meistens wohl. ���� 2 3 4 Ich bin ein fröhlicher Mensch. ���� 2 3 4 Ich fürchte mich vor vielen Dingen. 1 ���� 3 4

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100

Darstellung der Fragebögen der Lehrpersonen und Überprüfung der

Übereinstimmung

Tabelle 9: Ergebnisse der Fragebögen zum Verhalten, GS Auer, 4. Klasse B

Versuchsperson Gesamtwert

zum Selbstkonzept

Gesamtwert zum Verhalten Bewertung

Vp. 4/w 73 2,0 Neutral Stimmt überein

Vp. 1/m 83 2,5 Positiv Stimmt fast überein

Vp. 2/w 86 2,8 positiv Stimmt fast überein

Vp. 14/m 86 2,6 positiv Stimmt fast überein

Vp. 5/m 87 1,9 Neutral Stimmt nicht überein

Vp. 6/m 88 2,4 positiv Stimmt fast überein

Vp. 3/w 90 2,7 positiv Stimmt überein

Vp. 12/w 92 2,6 positiv Stimmt überein

Vp. 13/m 93 2,5 positiv Stimmt überein

Vp. 15/m 94 1,9 Neutral Stimmt nicht überein

Vp. 9/w 96 2,6 positiv Stimmt überein

Vp. 11/w 98 2,4 Neutral Stimmt nicht überein

Vp. 16/m 98 2,7 positiv Stimmt überein

Vp. 7/w 102 2,8 positiv Stimmt überein

Vp. 8/m 102 2,6 positiv Stimmt überein

Kind Nr. 4 erreicht einen sehr niederen Wert im Selbstkonzept, genauso wie in

der Einschätzung von Seiten der Lehrpersonen. Von 83 bis 88 Punkten kann das

Selbstkonzept als positiv eingeteilt werden. Hierbei ist die Neigung in einen

bestimmten Bereich zu gering um Aussagen über die Übereinstimmung treffen

zu können. Interessant ist Kind Nr. 15 welches, im Vergleich zur Klasse den

negativsten Wert im Verhalten erreicht, im Selbstkonzept hingegen eine hohe

Stellung in der Rangliste einnimmt. Genauso verhält es sich mit Kind Nr. 11,

wessen Verhalten als neutral eingeschätzt wird. Bei Kind Nr. 7 und 8 gibt es eine

gute Übereinstimmung. Kind Nr. 7 erreicht den höchsten Wert im Verhalten

gemeinsam mit Kind Nr. 2.

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101

Darstellung des Interviews

Interviewpartner: Lehrperson der 4. Klasse B an der Grundschule Auer

Interviewer: Miriam Raffaelli

Erstellt am 13. Mai 2010

Dauer: 39 Minuten

M.R.: Wie lange unterrichten Sie bereits diese Klasse? Welche Fächer

unterrichten Sie?

LP: Ich unterrichte die Klasse zum ersten Mal in den Fächern Deutsch, GGN und

Musik.

M.R.: Wie würden Sie die Kinder, Ihrer Ansicht nach, in Bezug auf das

Selbstkonzept einschätzen? Wer ist Ihrer Meinung nach der Schüler mit

dem höchsten/niedersten Selbstkonzept?

LP: Ein hohes Selbstkonzept hat sicherlich Kind Nr. 8 und mit dem niedersten

wahrscheinlich Kind Nr. 9

M.R. (zeigt der Lehrperson die erstellte Rangliste): Wenn Sie sich diese Liste

von Schülern anschauen, fällt Ihnen etwas auf? Verwundert Sie etwas?

LP: Sehr überrascht bin ich über Kind Nr. 11. Die letzten drei sind leistungsmäßig

die besten Schüler. Kind Nr. 11 ist ein Integrationskind. Sie ist ein sehr

unsicheres Mädchen. Auch die Eltern sagen, sie hätte Angst vor vielen Dingen.

Deshalb erstaunt es mich sehr, dass sie mit den Kind Nr. 16, 7 und 8

gleichgestellt ist.

M.R.: Im Fragebogen zum Selbstkonzept gibt Kind Nr. 11 an sich vor vielen

Dingen zu fürchten, allerdings gibt sie an integriert zu sein, froh darüber zu

sein wie sie ist, mit den eigenen Leistungen zufrieden zu sein, usw.

LP: Ich finde Ihre Einschätzung wirklich sehr interessant.

Auch Kind Nr. 3 wundert mich etwas. Ich würde Sie eher in den oberen Bereich

zu den Schülern Nr. 16, 7 und 8 geben. Ihr Auftreten erscheint mir sehr sicher,

sie weiß was sie will.

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102

M.R.: Das Ergebnis von Kind Nr. 3 ist sehr gut. 90 Punkte sind schon eher

im hohen Bereich.

LP: Okay, dann stimmt das schon überein. Auch bei Kind Nr. 2 wundert mich die

Positionierung, da ich sie auch höher einschätzen würde. Wobei sich die

Schülerin sehr oft zu tief einschätzt. Sie traut sich zu wenig zu, wobei sie eine

sehr gute Schülerin ist. Sie ist auch überall beliebt. Bei ihr weiß ich, dass sie sich

immer viel geringer einstuft. Sie ist im Unterricht schon eher zurückhaltend, aber

sie ist aufmerksam dabei. In der Gruppe übernimmt sie viel Verantwortung auch

für ihren Zwillingsbruder Kind Nr. 1. Sie ist allerdings nicht aufbrausend, sondern

eher still. Sie hat ansonsten überhaupt keine Schwierigkeiten sich an Regeln zu

halten, sich anzupassen. Sie ist sehr selbstkritisch und ein „gut“ ist für sie kein

„gut“. Sie legt sehr großen Wert auf die Noten.

Kind Nr. 15 ist auch ein Integrationskind. Er kann seine Fähigkeiten auch sehr

schlecht einschätzen. Er hat große Schwierigkeiten sich zu organisieren. In der

Gruppe Verantwortung zu übernehmen, überfordert ihn sehr. Er selbst schätzt

sich allerdings sehr gut ein.

M.R.: Ich habe diese Liste mit Ihren Einschätzungen verglichen und mir ist

aufgefallen, dass Ihre Aussagen nicht mit dem Ergebnis von Kind Nr. 5

überein stimmen. Können Sie dies nachvollziehen?

LP: Mir ist öfter vorgekommen, im Gespräch mit dem Schüler, dass er seine

Schwächen nicht richtig erkennt. Im Fach Deutsch hat er z.B. sehr große

Schwierigkeiten. Wenn wir gemeinsam die Lernberatung machen, erwartet er

sich immer sehr gute Noten, wie ausgezeichnet.

Im sozialen Bereich ist der Schüler sehr gut integriert, er ist sehr beliebt. Im

Unterricht ist er sehr auffällig, zappelig, schreit raus.

Er hat keine Konflikte. Ihn mögen alle ganz fest.

M.R.: Kind Nr. 4 hat einen sehr geringen Wert im Selbstkonzept erreicht.

Dabei fallen auch ihre Einschätzungen nicht immer positiv aus. Wenn Sie

die Liste Ihrer Beschreibungen lesen, fällt Ihnen noch etwas Besonderes

zum Kind ein? Könnten Sie das Kind etwas differenzierter beschreiben?

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103

Beschreibung des Fragebogens der Lehrpersonen zum Verhalten von Kind Nr. 4:

Die Schülerin verhält sich im Unterricht sehr unterschiedlich. Manchmal fällt sie

kaum auf, manchmal sehr. Sie ist nicht in die Klassengemeinschaft integriert und

hat große Schwierigkeiten, Kontakte zu knüpfen. Im Klassenverband verhält sich

die Schülerin zurückhaltend, fühlt sich in der Gruppe nicht angesprochen. Sie

fühlt sich nicht Teil der Gemeinschaft, trägt nicht dazu bei, dies zu verbessern.

Sie nimmt Konflikte nicht ernst oder holt Hilfe. Die Schülerin kann Regeln

einhalten, ist in der Gruppe sehr stur und arbeitet alleine. Sie verhält sich im

Schulalltag eher passiv. Neue Aufgaben probiert sie zuerst alleine. Sie kommt

gut mit Kritik zurecht. Den Lehrpersonen gegenüber ist respektvoll und teilt sich

ihnen gerne mit. Sie setzt sich manchmal Ziele und versucht diese auch zu

erreichen.

LP: Zurzeit ist die Schülerin sehr zappelig. Die Kinder regen sich darüber auf. Sie

hingegen reagiert auf die Äußerungen der anderen Kindern nicht betroffen. Sie

lacht darüber. Es kommt mir so vor als sei es nur eine vorgespielte emotionale

Kälte. Mir kommt vor, in ihr geht sehr viel vor. Wenn sie z.B. tobt und ich sie frage

woher es kommt sagt sie vielleicht zuerst, wenn sie sehr glücklich ist, nachher

wenn sie sehr wütend ist. Die Wut kommt bei ihr wenn sie z.B. träumt. Sie kommt

von diesem Traum nicht mehr weg. Andererseits sagt sie, sie möchte in der

Klasse gerne auffallen. Ich hab sie noch nie betroffen gesehen, oder weinen

sehen. Wahrscheinlich gibt sie es nicht preis. Bei ihr arbeiten wir mit einem

Psychologen zusammen. Zurzeit ist es richtig auffällig. Wenn alles leise ist, dann

zappelt sie herum. Mir fällt es vor allem seit circa zwei Monaten auf, wobei

andere Lehrpersonen mir berichten, dass sie dieses Verhalten schon länger

zeigt. Ihr Verhalten ist sehr ambivalent, manchmal kritzelt sie ins Heft, manchmal

ist sie so blockiert, dass sie die einfachsten Sachen nicht mehr versteht.

Lehrperson geht weiter zur Beschreibung von Kind Nr. 7:

Die Schülerin arbeitet fleißig mit, ist im Unterricht aufmerksam und aktiv. In der

Klasse ist sie eher schon beliebt. Sie verhält sich hilfsbereit,

verantwortungsbewusst und übernimmt im Klassenverband Aufgaben. Sie hat

kaum Konflikte und löst diese wenn dann selbstständig. In der Gruppe ist sie

kooperativ, kann Regeln einhalten und wirkt vermittelnd. Im Schulalltag engagiert

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sich sozial, übernimmt besondere Funktionen, traut sich spezielle Aufgaben zu

und bietet anderen ihre Hilfe an.

Sie beginnt bei neuen Aufgaben gleich mit dem Erledigen und freut sich die

Aufgabe erledigen zu können. Sie kommt gut mit Kritik zurecht. Lehrpersonen

gegenüber ist sie respektvoll, zurückhaltend und schüchtern. Sie setzt sich Ziele

und versucht diese auch zu erreichen.

LP: die Schülerin hat im sprachlichen Bereich ein großes Talent. Sie schreibt

fehlerlose Aufsätze. Was sie hört, nimmt sie gleich auf und hat es meist

verstanden.

Lehrperson geht weiter zur Beschreibung von Kind Nr. 8:

Der Schüler arbeitet fleißig mit, ist im Unterricht aufmerksam und aktiv. In der

Klasse ist er eher schon beliebt. Er ist hilfsbereit, verantwortungsbewusst,

bestimmend und übernimmt im Klassenverband Aufgaben. Bei Konflikten

reagiert er aggressiv. Er kann Regeln einhalten, wirkt in der Gruppe vermittelnd

und ist sehr bestimmend. Er traut sich spezielle Aufgaben zu und bietet seine

Hilfe an. Bei neuen Aufgaben beginnt er gleich mit dem Erledigen und freut sich

die Aufgabe erledigen zu können. Er kommt gut mit Kritik zurecht. Den

Lehrpersonen gegenüber ist er respektvoll und teilt sich ihnen gerne mit. Er setzt

sich Ziele und versucht diese auch zu erreichen.

LP: Der Schüler reagiert bei Konflikten vielleicht aggressiv, er lässt sich jedoch

auf ein Gespräch ein und versucht die Tipps anzunehmen, die man ihm gibt.

Er meldet sich im Unterricht sehr oft. Von den Leistungen her ist Kind Nr. 7

besser. Beim Computer kennt er sich sehr gut aus. Er weiß sehr viel, liest

zuhause nach.

M.R.: zeigen die Schüler ein positives Verhalten vor allem im Arbeits- und

Lernverhalten?

LP: Ja. Weder Kind Nr. 7 noch Kind Nr. 8 sind besonders beliebt in der Klasse.

Bei Kind Nr. 8 muss man darauf achten, dass er nicht mit anderen streitet.

Beispielsweise streitet er sich oft mit Kind Nr. 4. Manchmal grenzt er andere oft

aus. Manchmal ist er von sich ein bisschen eingenommen, sehr bestimmend.

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105

Manchmal auch zu bestimmend. Wenn man mit ihm spricht, zeigt er sich sehr

verständlich.

M.R. Können sie diese Rangliste nachvollziehen oder finden Sie, dass sie

keine Aussagekraft besitzt?

LP: Doch ich kann die Liste gut nachvollziehen. Ich kann mir die Positionierungen

der Kinder schon erklären. Jedes Kind hat seine Besonderheit. Es ist oft eine

Herausforderung. Drei Kinder haben eine Funktionsdiagnose, abgesehen von

den Schülern Nr. 16, 7 und 8 sind fünf Kinder sehr leistungsschwach, die

anderen im mittleren Bereich. Ich habe bei einigen Kindern psychologische

Beratung eingeholt. Allerdings kann ich sagen, dass kein Kind unberechenbar ist.

Sie sind alle verschieden und benötigen eine eigene Förderung. In der

Lernberatung kommt mir vor, kann man mit allen gut sprechen.

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106

10.3. Grundschule Branzoll, 4. und 5. Klasse

Präsentation der Ergebnisse der Selbstkonzeptfragebögen

Tabelle 10: Ergebnisse der Selbstkonzeptfragebögen, GS Branzoll, 4. + 5.

Klasse

4. Klasse

Allg

emei

ne

Leis

tung

sfäh

igke

it

Soz

iale

r A

spek

t

Sel

bstw

erts

chät

zung

Em

otio

nale

G

estim

mth

eit

Äuß

ere

Ers

chei

nung

Pro

blem

bew

ältig

ung

Ver

halte

ns-

und

Ent

sche

idun

gssi

cher

heit

Ges

amtw

ert

Vp. 5/m 10 14 13 12 16 9 9 83

Vp. 1/m 11 12 11 13 16 12 10 85

Vp. 3/w 11 12 15 13 16 11 11 89

Vp. 6/m 11 14 14 11 16 8 10 84

Vp. 2/m 14 13 14 14 15 12 13 95

Vp. 4/w 12 16 16 13 16 13 9 95

5. Klasse

Vp. 7/m Schüler war nicht anwesend

Vp. 13/w Schüler war nicht anwesend

Vp. 10/w Schülerin war nicht anwesend

Vp. 15/w 10 11 12 13 13 10 12 81

Vp. 8/w 12 13 13 10 16 9 8 81

Vp. 9/w 12 12 15 13 14 12 13 91

Vp. 12/w 12 9 13 12 14 9 7 76

Vp. 14/w 12 11 14 12 14 12 10 85

Vp. 11/w 13 14 14 14 15 15 16 101

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107

Überprüfung der Übereinstimmung der Aussagen der einzelnen

Fragebögen der Kinder

Grundschule Branzoll, 4. Klasse, Vp. 6/m

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Emotionale Gestimmtheit Ich bin meistens schlecht gelaunt. 1 ���� 3 4 Ich fühle mich meistens wohl. 1 ���� 3 4 Ich bin ein fröhlicher Mensch. ���� 2 3 4 Ich fürchte mich vor vielen Dingen. 1 ���� 3 4

Grundschule Branzoll, 5. Klasse, Vp. 14/w

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Emotionale Gestimmtheit Ich bin meistens schlecht gelaunt. 1 ���� 3 4 Ich fühle mich meistens wohl. ���� 2 3 4 Ich bin ein fröhlicher Mensch. ���� 2 3 4 Ich fürchte mich vor vielen Dingen. 1 ���� 3 4

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Problembewältigung Ich fürchte mich vor neuen Herausforderungen. 1 ���� 3 4 Ich kann mit Schwierigkeiten gut fertig werden. ���� 2 3 4 Ich freue mich auf neue Aufgaben. ���� 2 3 4 Ich brauche bei neuen Aufgaben sehr oft Hilfe. 1 ���� 3 4

Grundschule Branzoll, 5. Klasse, Vp. 15/w

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Selbstwertschätzung Manchmal denke ich, dass ich ein schlechter Mensch bin.

1 ���� 3 4

Ich halte nicht viel von mir selbst. 1 ���� 3 4 Ich bin zufrieden mit mir. ���� 2 3 4 Ich bin froh darüber, so zu sein, wie ich bin. ���� 2 3 4

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108

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Äußere Erscheinung Ich bin zufrieden damit, wie ich aussehe. ���� 2 3 4 Ich bin zufrieden mit meiner Größe und meinem Gesicht.

���� 2 3 4

Manchmal hätte ich gerne einen anderen Körper. 1 2 ���� 4 Ich möchte gern anders aussehen. 1 ���� 3 4

Darstellung der Fragebögen der Lehrpersonen und Überprüfung der

Übereinstimmung

Tabelle 11: Ergebnisse der Fragebögen zum Verhalten, GS Branzoll, 4. + 5.

Klasse

In diesem Fall kann man sehr gut beobachten, dass im Bereich des

Selbstkonzepts bei einem Wert zwischen 76 und 89 Punkten auch das Verhalten

als neutral eingeschätzt wird. Bei 2,8 und 2,9 Punkten im Verhalten stimmt der

Wert des Selbstkonzepts mit 91, 95 und 101 Punkten sehr gut überein. Nur Kind

Nr. 2 erreicht genauso wie Kind Nr. 4 auch 95 Punkte, sein Verhalten wird jedoch

nicht neutral eingeschätzt.

Versuchsperson Gesamtwert zum

Selbstkonzept Gesamtwert zum

Verhalten Bewertung

5/m 83 1,6 Neutral Stimmt überein

6/m 84 2,3 Neutral Stimmt überein

1/m 85 1,7 Neutral Stimmt überein

3/w 89 2 Neutral Stimmt überein

2/m 95 2,4 Neutral Stimmt nicht überein

4/w 95 2,8 Positiv Stimmt überein

12/w 76 1,9 Neutral Stimmt überein

8/w 81 2,1 Neutral Stimmt überein

15/w 81 2 Neutral Stimmt überein

14/w 85 2,9 Positiv Stimmt überein

9/w 91 2,9 Positiv Stimmt überein

11/w 101 2,9 Positiv Stimmt überein

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109

Darstellung des Interviews

Interviewpartner: Lehrperson der 4. und 5. Klasse an der Grundschule Branzoll

Interviewer: Miriam Raffaelli

Erstellt am 10. Mai 2010

Dauer: 35 Minuten

M.R.: Wie lange unterrichten Sie bereits diese Klasse? Welche Fächer

unterrichten Sie?

LP: Diese Klasse ist im heurigen Jahr zusammen geschlossen worden. Die 4.

Klasse unterrichte ich seit drei Jahren und die 5. Klasse seit einem Jahr. Heuer

unterrichte ich Deutsch, GGN, Musik und Sport und Bewegung.

M.R.: Wie würden Sie die Kinder, Ihrer Ansicht nach, in Bezug auf das

Selbstkonzept einschätzen? Wer ist Ihrer Meinung nach der Schüler mit

dem höchsten/niedersten Selbstkonzept?

LP: Der Schüler mit dem niedersten Selbstkonzept ist sicherlich die Nr. 1 von der

4. Klasse und das höchste Kind Nr. 4. In der 5. Klasse hatte sicherlich Kind Nr.

11 das höchste Selbstkonzept.

M.R. (zeigt der Lehrperson die erstellte Rangliste): Wenn Sie sich diese Liste

von Schülern anschauen, fällt Ihnen etwas auf? Verwundert Sie etwas?

LP: Allzu viel abgefehlt habe ich nicht. Die mit dem höchsten habe ich erraten.

Mir kommt vor, Kind Nr. 5 hat kein starkes Selbstwertgefühl, aber er überspielt es

immer wieder durch Grobheiten. Durch dieses grobe Verhalten habe ich gemeint,

dass er imstande ist, es zu überspielen und sich so stark fühlt. Bei Kind Nr. 1 ist

dies nicht der Fall, weshalb ich gemeint hatte, dass er in der Rangliste tiefer liegt.

Er hat auch weniger Kontakt mit anderen Schülern.

Die Platzierung von Kind Nr. 12 passt sehr gut. Sie hat familiäre Probleme und ist

auch in der Klasse nicht integriert. Sie hat Phasen in denen sie überhaupt nicht

mehr lacht. Heuer in der Klasse ist mir vorgekommen, es geht relativ gut. Am

Anfang hat sie sich geöffnet. Dies hat auch die Mathematiklehrerin gesagt, die

sie schon länger unterrichtet, dass es besser geht, sie sich mehr traut, mehr sagt

und sich mehr äußert. In Februar – März hatte sie eine Phase in der sie sich

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110

mehr zurück gezogen hat. Zurzeit geht es wieder besser. Wie gesagt, sie hat

nicht viele Kontakte mit den anderen, zweitens Probleme in der Familie und das

wird schon alles dazu beitragen. Sie ist eher abwartend, so „Lass mich in Ruhe“.

M.R.: Können Sie die Liste nachvollziehen?

LP: Ja kann ich sehr gut. Es spiegelt das was ich im Kopf habe gut wieder. Es

wundert mich ein bisschen, dass sich Kind Nr. 6 so nieder eingeschätzt hat. Das

finde ich überraschend.

M.R.: Kommt Ihnen vor, dass die Rangliste zum Selbstkonzept auch in

Verbindung gebracht werden kann, mit dem Verhalten das die Kinder

zeigen?

LP: Ja, Kind Nr. 11 fällt in der Klasse aufgrund ihrer Reife auf. Sie zeigt auch ein

sehr gutes Lernverhalten. Im Gegensatz dazu, sind die anderen noch eher

kindlich. Denen ist sie einen Schritt voraus. Sie arbeitet lieber alleine, weil sie so

schneller weiter kommt. Das macht sie lieber wie Partnerarbeit. Ansonsten ist sie

in der Gruppe sehr integriert. Sie ist sehr beliebt. Von mir aus, ist sie jedoch von

der Reife her allen überlegen.

Kind Nr. 4 hingegen ist nicht so reif wie Kind Nr. 11, allerdings ist sie in der 4.

Klasse ihren Mitschülern voraus. Sie hat wahrscheinlich teilweise bedingt durch

die Familie, einen bestimmenden Charakter. Das was sie sagt, wird auch getan.

Wahrscheinlich hat sie auch aufgrund dessen ein gutes Selbstwertgefühl. Wenn

die anderen das machen was ich will, werde ich mich wahrscheinlich stark

fühlen.

Kind Nr. 8 hat die ersten zwei Jahre in Auer die Montessori Schule besucht und

musste viele Defizite aufholen, als sie zu uns kam. Sie ist auch sehr

zurückgezogen. Allerdings kommt mir vor, dass sie diese Haltung ein bisschen

selbst auswählt. Sie möchte nicht immer und überall dabei sein.

Kind Nr. 15 ist sehr zweigeteilt. Auf der einen Seite merkt sie, dass sie nicht so

flott ist wie andere und auf der anderen Seite möchte sie immer bei alles

mitmachen und sich durchsetzen. Sie hat z.B. große Schwierigkeiten in

Mathematik. Da glaube ich, merkt sie, dass sie etwas nicht kann und verhaltet

sich dementsprechend. In Deutsch ist sie sehr gut, weil sie auch viel liest. Ihr

Verhalten ist fächerbezogen.

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Beschreibung des Fragebogens der Lehrpersonen zum Verhalten von Kind Nr. 5

Der Schüler verhält sich im Unterricht zurückhaltend und passiv, er stört andere

Kinder. Er ist eher schon in die Klassengemeinschaft integriert. Im

Klassenverband verhält er sich bestimmend. Er reagiert bei Konflikten aggressiv

und jähzornig. Im Team will er sein Recht immer durchsetzen. Er bietet seine

Hilfe anderen an. Gegenüber neuen Aufgaben und Herausforderungen äußert er

sich negativ zu seinen Fähigkeiten. Er fühlt sich bei Kritik angegriffen. Den

Lehrpersonen gegenüber ist er meist respektvoll. Er setzt sich manchmal Ziele

und versucht diese zu erreichen.

LP: Kind Nr. 5 hat große Schwierigkeiten im Lernen. Er sucht sich seine

Freundschaften durch die Stärke und fühlt sich dadurch bestätigt. Zu Hause wird

er überbehütet. Er ist der Kleine. Deshalb hat er das Los lassen nie gespürt. Er

fällt immer wieder durch das Schlagen auf, er wird furchtbar jähzornig. Er muss

immer im Mittelpunkt stehen.

Kind Nr. 1 hat eine Funktionsbeschreibung. Auf der einen Seite fühlt er sich

stark, so „ich bin ich“ und beim Lernen zeigt er große Schwächen, da sagt er

auch oft „Das kann ich nicht“. Vor den anderen fühlt er sich schon wohl, da tretet

er auch selbstsicher auf. Er hat Lernschwächen, aber die glaube ich, stören ihn

nicht besonders. Außer es geht um Noten. Ansonsten fühlt er sich schon stark

und weiß was er kann, so „ich kann gut kochen“, sagt er öfters.

Kind Nr. 9, ist auch im vorderen Feld. Sie ist eine gute Schülerin, ein sehr

selbstsicheres Mädchen. Sie lässt sich von anderen auch nicht recht

beeinflussen. Sie ist eine starke Person. Ihr ist es egal wenn die anderen etwas

machen, sie tut das was sie will. Sie ist in allen Fächern recht gut. Sie ist so

unkompliziert, ein einfaches Mädchen.

Schüler Nr. 2 ist von sich sehr eingenommen (lacht). Er spricht sehr gerne. Er

weiß immer alles, manchmal kommt es mir so vor, als ob ein Erwachsener reden

würde. Er fühlt sich ganz sicher, obwohl er in der Gruppe nicht so recht integriert

ist. Ich glaube, das ist ihm auch gar nicht so wichtig. Mir kommt vor, er weiß,

dass er viel Wissen hat. Das interessiert ihn gar nicht so, was andere sagen. Er

hat zuhause sein Baumhaus. Er lebt manchmal in einer anderen Welt, in einer

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Phantasiewelt, einer richtigen Kinderwelt. Er hat auch keinen Fernseher zu

Hause. Er liest sehr viel. Beim Schreiben kommen richtig tolle Sachen.

M.R.: Die Schülerinnen Nr. 4 und 11 weisen den höchsten Wert im

Selbstkonzept auf. Wenn Sie die Liste Ihrer Beschreibungen lesen, fällt

Ihnen noch etwas Besonderes zum Kind ein? Könnten Sie das Kind etwas

differenzierter beschreiben?

Beschreibung des Fragebogens der Lehrpersonen zum Verhalten von Kind Nr. 4:

Die Schülerin ist im Unterricht aktiv und arbeitet fleißig mit. Sie ist in der Klasse

beliebt. Im Klassenverband verhält sie sich bestimmend und übernimmt

Aufgaben. Bei Konflikten holt sie Hilfe. Sie kann Regeln einhalten, ist aber auch

stur und gibt nicht nach. Sie traut sich spezielle Aufgaben zu. Sie holt bei neuen

Aufgaben Hilfe. Mit Kritik kommt sie gut zurecht. Gegenüber den Lehrpersonen

verhält sie sich respektvoll. Sie setzt sich Ziele und versucht diese auch zu

erreichen.

LP: Kind Nr. 4 ist sehr bestimmend. Wenn sie sagt etwas wird so gemacht, dann

ist das auch so. Wenn man sie kritisiert ist sie anfänglich schon beleidigt. Sie ist

sehr verantwortungsbewusst. Wenn man zu ihr sagt „mach das“, kann man sich

sicher sein, dass etwas ordentliches heraus kommt.

M.R.: Hat die Schülerin mit ihrem bestimmenden Verhalten auch Erfolg in

der Klasse?

LP: in der 4. Klasse auf alle Fälle. Bis jetzt war sie drei Jahre alleine. In der

fünften nicht so... aber sie hat mittlerweile damit gelernt umzugehen, dass sie

nicht alles bestimmen kann. Bis jetzt konnte sie immer bestimmen und alle sind

nach ihrer Pfeife gesprungen. Die Schüler der fünften lassen sich nicht viel von

ihr sagen. Aber sie akzeptiert das schon, weil sie wahrscheinlich auch sieht, dass

die ein Jahr älter sind.

Lehrperson geht weiter zur Beschreibung von Kind Nr. 11:

Die Schülerin ist im Unterricht aktiv und arbeitet fleißig mit. Sie ist in der Klasse

beliebt. Sie verhält sich verantwortungsbewusst und übernimmt Aufgaben. Sie

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113

löst Konflikte selbstständig. Im Team verhält sie sich kooperativ, arbeitet aber

lieber alleine. Sie traut sich spezielle Aufgaben zu. Sie freut sich bei neuen

Aufgaben, diese erledigen zu können. Mit Kritik kommt sie gut zurecht.

Gegenüber den Lehrpersonen verhält sie sich respektvoll. Sie setzt sich Ziele

und versucht diese auch zu erreichen.

LP: Diese Beschreibung passt sehr gut. Sie macht sehr viel Sport, sie schwimmt.

Sie macht schon Leistungssport. Sie geht alle Tage zum Trainieren. Das gibt ihr

wahrscheinlich auch einen bestimmten Auftrieb. Könnte ich mir vorstellen.

M.R.: Könnte man sagen, dass beide Schülerin ausgeglichen sind?

LP: Kind Nr. 11 schon. Kind Nr. 4 weniger. Durch ihr bestimmendes Verhalten

würde ich sagen, dass sie nicht so ausgeglichen ist. Kind Nr. 11 ist die ruhigere,

reifere Schülerin.

M.R.: Sie schreiben auch, dass beide Schülerinnen im Unterricht gut

mitarbeiten?

LP: Kind Nr. 11 ist sicher fleißiger. Auch Schülerin Nr. 4 ist sehr zielgerichtet. Sie

arbeitet schnell, zum Teil sehr gewissenhaft. Kind Nr. 11 arbeitet fehlerlos, so ist

es bei Kind Nr. 4 nicht, aber es gibt ein Jahr Unterschied. Sie sind beide auf

Leistung aus um gute Noten nach Hause zu bringen. Kind Nr. 11 zeigt auch das

sichere Verhalten, das ruhigere. Kind Nr. 4 zeigt eine innere Hektik. Ihr Vater ist

sehr bestimmend und manchmal habe ich den Eindruck ahmt sie dieses

Verhalten nach. Bei mir traut sie sich nicht, aber bei anderen Lehrern ist sie oft

schon vorlaut.

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114

10.4. Grundschule Truden, 4. und 5. Klasse

Präsentation der Ergebnisse der Selbstkonzeptfragebögen

Tabelle 12: Ergebnisse der Selbstkonzeptfragebögen, GS Truden, 4. + 5. Klasse

Allg

emei

ne

Leis

tung

sfäh

igke

it

Soz

iale

r A

spek

t

Sel

bstw

erts

chät

zung

Em

otio

nale

G

estim

mth

eit

Äuß

ere

Ers

chei

nung

Pro

blem

bew

ältig

ung

Ver

halte

ns-

und

Ent

sche

idun

gssi

cher

heit

Ges

amtw

ert

Vp. 10/w Eltern haben nicht ihr Einverständnis gegeben

Vp. 3/m 10 9 11 12 11 11 8 72

Vp. 7/m 12 12 11 12 13 11 9 80

Vp. 12/m 10 13 13 10 15 10 9 80

Vp. 11/w 12 13 12 12 13 10 9 81

Vp. 5/w 12 12 14 16 8 13 13 88

Vp. 8/w 12 15 12 14 14 12 9 88

Vp. 14/w 12 12 15 12 16 12 10 89

Vp. 6/m 10 16 11 12 16 12 13 90

Vp. 1/w 12 14 14 13 14 14 10 91

Vp. 15/wa 12 12 14 13 16 15 9 91

Vp. 2/m 12 13 14 15 15 13 14 96

Vp. 9/w 13 13 16 15 16 13 11 97

Vp. 13/m 14 15 14 15 16 14 13 101

Vp. 4/w 13 13 16 16 16 14 14 102 a Vp. 15/w ist die einzige Schülerin der 5. Klasse

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115

Überprüfung der Übereinstimmung der Aussagen der einzelnen

Fragebögen der Kinder

Grundschule Truden, 4. Klasse, Vp. 1/w

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Äußere Erscheinung Ich bin zufrieden damit, wie ich aussehe. ���� 2 3 4 Ich bin zufrieden mit meiner Größe und meinem Gesicht.

���� 2 3 4

Manchmal hätte ich gerne einen anderen Körper. 1 ���� 3 4 Ich möchte gern anders aussehen. 1 2 ���� 4

Grundschule Truden, 4. Klasse, Vp. 3/m

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Emotionale Gestimmtheit Ich bin meistens schlecht gelaunt. ���� 2 3 4 Ich fühle mich meistens wohl. ���� 2 3 4 Ich bin ein fröhlicher Mensch. 1 ���� 3 4 Ich fürchte mich vor vielen Dingen. ���� 2 3 4

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Äußere Erscheinung Ich bin zufrieden damit, wie ich aussehe. ���� 2 3 4 Ich bin zufrieden mit meiner Größe und meinem Gesicht.

���� 2 3 4

Manchmal hätte ich gerne einen anderen Körper. 1 2 ���� 4 Ich möchte gern anders aussehen. 1 ���� 3 4

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Problembewältigung Ich fürchte mich vor neuen Herausforderungen. 1 ���� 3 4 Ich kann mit Schwierigkeiten gut fertig werden. 1 ���� 3 4 Ich freue mich auf neue Aufgaben. ���� 2 3 4 Ich brauche bei neuen Aufgaben sehr oft Hilfe. 1 ���� 3 4

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116

Grundschule Truden, 4. Klasse, Vp. 7/m

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Selbstwertschätzung Manchmal denke ich, dass ich ein schlechter Mensch bin. 1 ���� 3 4

Ich halte nicht viel von mir selbst. 1 ���� 3 4 Ich bin zufrieden mit mir. 1 ���� 3 4 Ich bin froh darüber, so zu sein, wie ich bin. ���� 2 3 4

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Äußere Erscheinung Ich bin zufrieden damit, wie ich aussehe. 1 2 ���� 4 Ich bin zufrieden mit meiner Größe und meinem Gesicht. 1 ���� 3 4

Manchmal hätte ich gerne einen anderen Körper. 1 2 3 ���� Ich möchte gern anders aussehen. 1 2 3 ����

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Problembewältigung Ich fürchte mich vor neuen Herausforderungen. 1 ���� 3 4 Ich kann mit Schwierigkeiten gut fertig werden. 1 ���� 3 4 Ich freue mich auf neue Aufgaben. ���� 2 3 4 Ich brauche bei neuen Aufgaben sehr oft Hilfe. 1 ���� 3 4

Grundschule Truden, 4. Klasse, Vp. 8/w

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Selbstwertschätzung Manchmal denke ich, dass ich ein schlechter Mensch bin. 1 2 ���� 4

Ich halte nicht viel von mir selbst. 1 ���� 3 4 Ich bin zufrieden mit mir. 1 ���� 3 4 Ich bin froh darüber, so zu sein, wie ich bin. ���� 2 3 4

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117

Grundschule Truden, 4. Klasse, Vp. 11/w

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Äußere Erscheinung Ich bin zufrieden damit, wie ich aussehe. ���� 2 3 4 Ich bin zufrieden mit meiner Größe und meinem Gesicht.

���� 2 3 4

Manchmal hätte ich gerne einen anderen Körper. ���� 2 3 4 Ich möchte gern anders aussehen. 1 2 3 ����

Grundschule Truden, 4. Klasse, Vp. 12/m

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Emotionale Gestimmtheit Ich bin meistens schlecht gelaunt. ���� 2 3 4 Ich fühle mich meistens wohl. 1 ���� 3 4 Ich bin ein fröhlicher Mensch. ���� 2 3 4 Ich fürchte mich vor vielen Dingen. 1 ���� 3 4

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Problembewältigung Ich fürchte mich vor neuen Herausforderungen. ���� 2 3 4 Ich kann mit Schwierigkeiten gut fertig werden. 1 ���� 3 4 Ich freue mich auf neue Aufgaben. ���� 2 3 4 Ich brauche bei neuen Aufgaben sehr oft Hilfe. 1 ���� 3 4

Grundschule Truden, 4. Klasse, Vp. 14/w

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Emotionale Gestimmtheit Ich bin meistens schlecht gelaunt. 1 ���� 3 4 Ich fühle mich meistens wohl. ���� 2 3 4 Ich bin ein fröhlicher Mensch. ���� 2 3 4 Ich fürchte mich vor vielen Dingen. 1 ���� 3 4

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Darstellung der Fragebögen der Lehrpersonen und Überprüfung der

Übereinstimmung

Tabelle 13: Ergebnisse der Fragebögen zum Verhalten, GS Truden, 4. + 5.

Klasse

Aus der Tabelle lässt sich erkennen, dass der Schüler mit dem negativsten

Selbstbild von den Lehrpersonen positiv eingeschätzt wird. Bei Schüler Nr. 7, 12

und 11 stimmen beide Werte überein. Ihr Selbstkonzept wird bereits als positiv

erachtet, allerdings sind sie im Klassenvergleich in der Rangliste einen niedere

Position ein. Die Beschreibungen der Lehrpersonen zum Verhalten fallen eher

neutral aus, also teils negativ und teils positiv. Schüler Nr. 5 schließt mit 88

Punkten in der Rangliste des Selbstkonzepts sehr gut ab und wird auch von den

Lehrpersonen sehr positiv eingeschätzt. Interessant ist die Platzierung von Kind

Nr. 6, welches mit einem sehr hohen Wert im Selbstkonzept einen niederen Wert

im Verhalten erreicht. Des Weiteren ist der Unterschied bei Kind Nr. 9 mit einem

sehr hohen Wert im Selbstkonzept und einer neutralen Einschätzung im

Verhalten sehr groß.

Versuchsperson Gesamtwert zum

Selbstkonzept Gesamtwert zum

Verhalten Bewertung

Vp. 3/m 72 2,7 Positiv Stimmt nicht überein

Vp. 7/m 80 2,3 Neutral Stimmt überein

Vp. 12/m 80 1,7 Neutral Stimmt überein

Vp. 11/w 81 2 Neutral Stimmt überein

Vp. 5/w 88 3 Positiv Stimmt fast überein

Vp. 8/w 88 2,2 Neutral Stimmt überein

Vp. 14/w 89 2,7 Positiv Stimmt überein

Vp. 6/m 90 1,8 Neutral Stimmt nicht überein

Vp. 1/w 91 2,2 Neutral Stimmt nicht überein

Vp. 15/w 91 2,5 Positiv Stimmt überein

Vp. 2/m 96 2,9 Positiv Stimmt überein

Vp. 9/w 97 1.9 Neutral Stimmt nicht überein

Vp. 13/m 101 2,9 Positiv Stimmt überein

Vp. 4/w 102 2,5 positiv Stimmt überein

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Darstellung des Interviews

Interviewpartner: zwei Lehrpersonen der 4. und 5. Klasse an der Grundschule

Truden

Interviewer: Miriam Raffaelli

Erstellt am 18. Mai 2010

Dauer: 52 Minuten

M.R.: Wie lange unterrichten Sie bereits diese Klasse? Welche Fächer

unterrichten Sie?

LP1 und LP2: Seit der ersten Klasse, wobei die Schülerin der 5. Klasse erste seit

heuer zu uns gekommen ist.

LP1: Ich unterrichte die Fächer Mathematik und Musik.

LP2: Ich unterrichte die Fächer Deutsch, GGN, Kunst und Technik und Sport und

Bewegung.

M.R.: Wie würden Sie die Kinder, Ihrer Ansicht nach, in Bezug auf das

Selbstkonzept einschätzen? Wer ist Ihrer Meinung nach der Schüler mit

dem höchsten/niedersten Selbstkonzept?

LP1: Mit dem negativsten würde ich sagen Kind Nr. 9.

LP2: Ja, genau. Kind Nr. 11 vielleicht nicht mehr. Die Kinder ändern sich mit der

Zeit. Wahrscheinlich beide, die am selbstkritischsten sind.

LP1: Mit dem positivsten wahrscheinlich Kind Nr. 2.

LP2: Ja, in deinem Bereich sicher. Wahrscheinlich auch Kind Nr. 13.

LP1: Von den Mädchen vielleicht Nr. 4. Wobei sie auch selbstkritisch ist. Ich

vermute allerdings Kind Nr. 9 und 11 eher nieder ein und Kind Nr. 2 und 13 eher

hoch.

M.R. (zeigt den Lehrpersonen die erstellte Rangliste): Wenn Sie sich diese

Liste von Schülern anschauen, fällt Ihnen etwas auf? Verwundert Sie

etwas?

LP2: wir sind total falsch gelegen.

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LP1: Schau, Kind Nr. 4, 13 und 2 sind sehr hoch. Die haben wir auch so

eingeschätzt.

LP2: Kind Nr. 9 schätzt sich sehr oft nieder ein. Kind Nr. 3 und 7 finde ich sehr

überraschend. Wobei ich auch den Fragebogen der Kinder nicht genau kenne.

M.R. stellt kurz den Fragebogen nochmals vor.

LP2: das ist wirklich sehr interessant.

M.R.: Ich habe diese Liste mit Ihren Einschätzungen verglichen und mir ist

aufgefallen, dass Sie Kind Nr. 3 sehr gut eingeschätzt haben. Verwundert

sie diese Positionierung etwas?

LP1: Ja, sehr!

LP2: Der Schüler ist sehr integriert. Könnten wir den Fragebogen von Kind Nr. 3

sehen?

M.R. stellt den Fragebogen von Kind Nr. 3 vor.

LP2: Die Beantwortung finde ich sehr komisch. Wird er die Fragen verstanden

haben? Ich stelle in Frage, ob er die Fragestellung richtig verstanden hat. Das

kann bei ihm ausschlaggebend sein, da er sprachlich schwach ist. Vielleicht hat

er die Verneinung nicht verstanden. Ich habe sonst ein sehr sicheres Gefühl,

dass er sich eigentlich gut einschätzt. Ich finde das sehr überraschend bei ihm.

Es könnte auch bei Kind Nr. 9 sein, dass sie vielleicht bei einer Umfrage, dem

Druck nicht stand hält und gut dastehen möchte. Das könnte ich mir bei ihr

vorstellen. Normalerweise schätzt sie sich auch niederer ein.

LP1: Sie neigt schon eher dazu.

LP2: Ich glaube, dass bei Kind Nr. 3 ein Problem sprachlicher Natur vorliegt.

Wobei er bei Kritik schon sehr empfindlich ist. Der Vater ist sehr streng. Er ist

auch öfters zu mir nach Hause gekommen, als der Junge etwas angestellt hat.

Er sagt er wäre gerne beliebter und er hat viele Freunde. Mir kommt vor er ist

sehr beliebt in der Klasse. Aber vielleicht möchten mehr Kinder das höchste Ziel

erreichen. Ich sehe ihn z.B. auch nie schlecht gelaunt. Dass er sich vor vielen

Dingen fürchtet, kann ich gut nachvollziehen. Er nimmt sich Kritik sehr zu Herzen.

M.R.: Bei Kind Nr. 3 sind drei Bereiche nicht stimmig beantwortet worden.

LP1: Er ist auch kaum in Konflikte verwickelt und kann auch nachgeben.

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M.R.: Ab 80 Punkten kann man das Selbstkonzept als positiv bewerten.

LP2: Das Gefühl glaube ich, haben wir auch in dieser Klasse, dass sich auch alle

in der Klasse wohl fühlen. Mit Ausnahme von Kind Nr. 1 von man öfter in letzter

Zeit hört, dass sie sich von vielen Kleinigkeiten draus bringen lässt. Z.B. ist ihr

die Saftflasche ausgeronnen, dann wollte sie gleich schon nach Hause gehen.

Das war für sie ein großes Unglück.

M.R.: Können Sie die Liste nachvollziehen oder eher nicht?

LP2: Im Allgemeinen schon, dass sich die Schüler positiv einschätzen

LP1: Einige Fälle kann ich gut nachvollziehen, z.B. die unteren fünf, abgesehen

von Kind Nr. 9. Den hätte ich eher nieder eingestuft. Kind Nr. 3 hingegen eher

höher. Vielleicht auch Kind Nr. 12.

LP2: Bei Kind Nr. 12 glaube ich schon, dass er innerlich mit sich in Konflikt ist.

LP1: Oft überschätzt er sich, kommt mir vor. Bei den Arbeiten ist er oft überzeugt,

dass alles passt, er arbeitet sehr flott und nachher passt es oft meistens nicht so

recht. Ich glaube, dass er sich oft selber nicht richtig einschätzen kann. Deshalb

hätte ich gesagt, dass er sich beim Fragebogen auch eher überschätzt.

Der Rest stimmt eigentlich schon.

LP2: Ich frage mich was in Kind Nr. 9 vorgegangen ist. Könnten wir den

Fragebogen sehen?

M.R. stellt den Fragebogen von Kind Nr. 9 vor.

LP2: sie antwortet wirklich so, wie man es sich nicht erwarten würde. Sie sagt oft

von sich: „Bin ich dumm!“ Sie zeigt ein verunsichertes Arbeitsverhalten.

M.R.: Könnte es sein, dass die Schülerin so geantwortet hat, wie sie

gemeint hat, dass ich es hören wollte?

LP2: Das könnte ich ihr sehr gut zutrauen. Heuer geht es ein bisschen besser,

aber bis letztes Jahr noch, war jeden Tag die Frage wer nun ihre Freundin sei,

richtig Tränen sind gekullert. Unter den Mädchen gab es öfter so

„Eifersüchtelein“, wenn ein paar Mädchen die Köpfe zusammen gesteckt haben

aber ohne dass sie zueinander gehässig waren. Kind Nr. 9 hat von mir aus stark

das Bedürfnis im Mittelpunkt zu stehen.

LP1: Ja!

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LP2: Wenn man den Fragebogen ihrer Mutter zeigen würde, würde sie

wahrscheinlich auch nicht ihre Tochter darin wiedererkennen.

M.R.: Kommt Ihnen vor, dass die Rangliste zum Selbstkonzept auch in

Verbindung gebracht werden kann, mit dem Verhalten das die Kinder

zeigen?

LP2: Kind Nr. 3 z.B. ist sehr unauffällig und unproblematisch, eingegliedert und

ich bin überzeugt er fühlt sich wohl.

LP1: Kind Nr. 7 eigentlich auch.

LP2: Bei Kind Nr. 7 kommt mir vor, dass eine negative Erfahrung im

Leistungsbereich Auslöser sein kann für ein Wohlbefinden, was sich dann im

sozialen Bereich zeigt, wie z.B. keine Geduld haben.

LP1: Vom Verhalten her ist Schüler Nr. 7 schon der Schüler mit dem wir am

meisten Schwierigkeiten haben.

LP2: Wenn er zum Beispiel die Hausaufgabe vergisst, was auch häufig passiert,

„geht er in die Luft“.

LP1: wenn du uns fragen würdest, mit wem wir am meisten Reiberein haben,

dann wäre es Kind Nr. 7.

LP2: ich hätte ihn aber selbstbewusster eingeschätzt. Im sportlichen Bereich

glänzt er z.B. mit seinen Leistungen. Ich war überzeugt, dass ihm das einen

große Auftrieb gibt.

LP1: Im Gegensatz dazu, hat man mit den unteren Schülern schon weniger

Schwierigkeiten.

M.R.: Kind Nr. 13 und Nr. 4 haben den höchsten Wert im Selbstkonzept

erreicht. Wenn Sie nun die Liste Ihrer Beschreibungen lesen, fällt Ihnen

noch etwas Besonderes zum Kind ein? Könnten Sie das Kind etwas

differenzierter beschreiben?

Beschreibung des Fragebogens der Lehrpersonen zum Verhalten von Kind Nr.

13: Der Schüler arbeitet im Unterricht fleißig mit, ist aktiv und aufmerksam. Der

Schüler ist in die Klassengemeinschaft integriert. Er verhält sich

verantwortungsbewusst und ist hilfsbereit. Er löst Konflikte selbstständig. In der

Gruppe verhält er sich kooperativ, kann Regeln einhalten und wirkt vermittelnd.

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Im Schulalltag traut er sich spezielle Aufgaben zu. Bei neuen Arbeiten beginnt er

gleich mit dem Erledigen und freut sich, die Aufgabe erledigen zu können. Er

kommt mit Kritik gut zurecht. Gegenüber Lehrpersonen verhält er sich respektvoll

und zurückhaltend. Er setzt sich Ziele und versucht diese auch zu erreichen.

LP2: Bei ihm ist wirklich alles sehr positiv. Er ist sehr einsichtig, gibt nach.

LP1: Ich würde nochmals so ankreuzen, wie ich es gemacht habe.

LP2: Im sportlichen Bereich glänzt der Schüler nicht so wie die anderen, wobei er

sich immer sehr anstrengt um mithalten zu können.

LP1: Der Schüler ist von den Leistungen her top. Er spielt sich damit nicht auf.

LP2: Er nimmt in der Klasse auch keine besondere Vorbildfunktion ein.

Geschätzt wird er von allen und mögen tun ihn auch alle. Da ist Schüler Nr. 2

beliebter, den wollen alle als Freund haben.

LP1: Im positiven Sinne fällt er sehr gut auf, bei ihm läuft alles wie am

Schnürchen. Negativ fällt er eigentlich nie auf.

M.R.: Wie verhält es sich bei Schülerin Nr. 4?

Beschreibung des Fragebogens der Lehrpersonen zum Verhalten von Kind Nr. 4:

Die Schülerin ist im Unterricht aufmerksam, fällt aber kaum auf. Sie hat viele

Freunde. Sie verhält sich verantwortungsbewusst und bestimmend. Sie löst

Konflikte selbstständig. Im Team will sie das eigene Recht immer durchsetzen.

Sie traut sich im Schulalltag spezielle Aufgaben zu. Bei neuen Aufgaben beginnt

sie gleich mit dem Erledigen und probiert die Übung zuerst alleine. Bei Kritik fühlt

sie sich angegriffen. Gegenüber den Lehrpersonen ist sie zurückhaltend. Sie

setzt sich Ziele und versucht diese auch zu erreichen.

LP1: Die Schülerin Nr. 4 ist schon eher ein Mittelpunkt für die Klasse. Sie mag es

auch und sucht es sich deshalb. Im Unterricht fällt sie kaum auf, weil sie sehr

angepasst ist. Nicht in einer negativen, also schüchternen Weise, sondern schon

im positiven Sinne. Sie erscheint auch deshalb so selbstbewusst, weil sie, wenn

sie eine Meinung hat, vertretet sie diese auch. In dem Sinne hat sie viel

Selbstvertrauen und eine Position inne in der Klasse.

Bei Kritik ist sie eher beleidigt, als das sie es einsehen würde.

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LP2: Ja, sie würde nie schlecht antworten, das getraut sie sich nicht, dazu hat sie

zu viel Respekt.

M.R.: Welche Rolle nimmt sie in der Klasse ein?

LP1: Das könnte schon sagen.

LP2: Bei den Mädchen, ist sie bei diesen Eifersüchteleien im Mittelpunkt.

LP1: Sie kann sich auch getrauen zu sagen, das ist so... weil die anderen

machen das mit.

LP2: im Grunde nutzt sie dies aber auch nicht aus.

LP1: das nicht...

LP2: wenn man ihr bei der Lernberatung sie auf etwas hinweist, dann reagiert sie

in dem Moment nicht so darauf. Aber man merkt in nächster Zeit, dass sie

versucht es besser zu machen. Zurzeit sitzt sie neben einem anderen Mädchen

und man merkt, dass die anderen eifersüchtig sind.

Aber auch, bei Kind Nr. 5 wundert es mich, dass sie so tief eingestuft wurde.

LP1: Kind Nr. 5 schätzt sich leistungsmäßig sehr oft nieder ein. Ansonsten vom

sozialen her, fällt sie sehr positiv auf.

M.R.: Auch ich habe mich bei Kind Nr. 5 etwas gewundert, weil die

Einschätzungen sehr gut waren. Wobei 88 Punkte im Selbstkonzept sehr

gut sind.

LP2: Dass kein Kind in der Klasse ist, das Probleme mit sich selber hat oder sich

unwohl fühlt in der Gruppe, das wussten wir eigentlich schon. Auch, dass

niemand ausgeschlossen wird oder schlecht behandelt wird. Oder

leistungsmäßig sehr große Schwierigkeiten hat.

M.R.: Bei Kind Nr. 6 hingegen war die Einschätzung des Verhaltens nicht

mit dem hohen Wert im Selbstkonzept stimmig.

LP1: Er ist im Prinzip ein sehr guter Schüler, aber er hat sich selbst oft nicht im

Griff.

LP2: Wenn er aber manchmal so rausschreit, dann geschieht dies im Eifer.

Ansonsten ist er ein feiner Schüler. Immer bereit Kompromisse einzugehen. Bei

Sport, wenn Spiele ausgemacht werden, wo andere bestimmend sind, wie eben

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Kind Nr. 3, dann gibt er schnell nach. Er geht auch meistens den Weg mit dem

geringsten Widerstand. Er kommt auch mit niemandem in Konflikt.

LP1: ER kann seine Leistungen richtig abrufen, bei Tests gibt er dann

Höchstleistung.

M.R.: Gibt es einen Schüler der in der Klasse eine Vorbildfunktion

einnimmt?

LP2: Viele eigentlich!

LP1: Für uns Lehrer ist sicherlich Kind Nr. 13 ein „Musterschüler“. Dies ist er

jedoch nicht bei den anderen.

LP2: Bei den Mädchen ist es sicher Kind Nr. 4.

LP1: Bei den Jungen ist es meiner Meinung nach so, dass sie sich nicht die

aussuchen die leistungsmäßig sehr gut sind, sondern die ansonsten interessant

sind. Bei den Mädchen stimmt es schon eher damit zusammen, dass sie die

aussuchen, die auch in der Schule brav sind. Bei den Buben ist dies meist nicht

der Fall. Kind Nr. 3 und 12 wären solche Vorbilder für die anderen Buben.

LP2: Bei Sport merkt man das, da schauen sie alle zu ihnen auf. Sie sind immer

die ersten die gewählt werden. Die müssen nie Angst haben, dass sie wie Kind

Nr. 11 zum Schluss übrig bleiben.

LP2: Könnten wir den Fragebogen von Kind Nr. 12 sehen?

LP1: manchmal kann er schon auch ehrgeizig sein.

LP2: nur hat er nicht die Ausdauer dazu.

LP1: und auch nicht den Erfolg! Manchmal beginnt er sehr gut zu arbeiten, wenn

er aber sieht es geht nicht so ganz, gibt er wieder auf.

LP2: wie man sieht ist er auch mit seinen Leistungen zufrieden. Es gab erst

einen Zwischenfall, bei dem er die Mädchen beschimpft hat.

LP1: Er verkraftet nur sehr wenig. Bei der letzten Präsentation habe ich gesehen

wie er einen Schüler der ersten Klasse gehänselt hat. Als ich ihn drauf

angesprochen habe, war er sehr beleidigt. Austeilen das kann er schon, aber

einstecken müssen, das kann er nicht.

LP2: Andererseits ist er wieder sehr nett zu den jüngeren Schülern. Manchmal

fällt es mir mit ihm sehr schwer. Ich kann ihn nicht richtig einschätzen. Der

Fragebogen stimmt sehr gut überein mit dem was wir so sehen. Er ist wirklich

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sehr angreifbar. Einmal hat er unter dem Tisch geweint, weil ihn eine Schüler der

ersten Klasse aus der Gruppe geworfen hat.

Er sagt, er sei oft schlecht gelaunt.

LP1: Er ist aber sehr einsichtig. Wenn man mit ihm spricht, dann ist er sehr

bereitwillig. Bei Konflikten, im ersten Moment, kann man nicht mit ihm sprechen.

Sobald er sich beruhigt hat, ist er meist bereit nochmals darüber zu sprechen, die

Fehler einzusehen und Frieden zu schließen.

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10.5. Grundschule Margreid, 4. Klasse

Präsentation der Ergebnisse der Selbstkonzeptfragebögen

Tabelle 14: Ergebnisse der Selbstkonzeptfragebögen, GS Margreid, 4. Klasse

Allg

emei

ne

Leis

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sfäh

igke

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Soz

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und

Ent

sche

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cher

heit

Ges

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ert

Vp. 5/m Mutter hat nicht ihr Einverständnis gegeben

Vp. 9/w Mutter hat nicht ihr Einverständnis gegeben

Vp. 10/m 10 10 13 12 11 13 13 82

Vp. 11/m 11 11 12 12 14 13 10 83

Vp. 6/w 12 15 14 12 11 11 11 86

Vp. 1/w 12 12 15 13 16 12 9 89

Vp. 2/w 12 14 13 13 16 12 10 90

Vp. 8/m 13 13 12 12 15 11 14 90

Vp. 3/w 15 11 16 14 16 10 9 91

Vp. 13/w 12 15 13 14 15 12 10 91

Vp. 4/m 14 13 14 12 14 13 13 93

Vp. 12/w 14 13 16 13 16 12 11 95

Vp. 7/m 14 14 15 14 16 15 11 99

Überprüfung der Übereinstimmung der Aussagen der einzelnen

Fragebögen der Kinder

Grundschule Margreid, 4. Klasse, Vp. 1/w

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Emotionale Gestimmtheit Ich bin meistens schlecht gelaunt. 1 ���� 3 4 Ich fühle mich meistens wohl. ���� 2 3 4 Ich bin ein fröhlicher Mensch. ���� 2 3 4 Ich fürchte mich vor vielen Dingen. 1 2 ���� 4

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Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Problembewältigung Ich fürchte mich vor neuen Herausforderungen. 1 ���� 3 4 Ich kann mit Schwierigkeiten gut fertig werden. ���� 2 3 4 Ich freue mich auf neue Aufgaben. ���� 2 3 4 Ich brauche bei neuen Aufgaben sehr oft Hilfe. 1 ���� 3 4

Grundschule Margreid, 4. Klasse, Vp. 4/m

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Problembewältigung Ich fürchte mich vor neuen Herausforderungen. 1 ���� 3 4 Ich kann mit Schwierigkeiten gut fertig werden. 1 ���� 3 4 Ich freue mich auf neue Aufgaben. ���� 2 3 4 Ich brauche bei neuen Aufgaben sehr oft Hilfe. 1 2 3 ����

Grundschule Margreid, 4. Klasse, Vp. 10/m

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Emotionale Gestimmtheit Ich bin meistens schlecht gelaunt. 1 ���� 3 4 Ich fühle mich meistens wohl. ���� 2 3 4 Ich bin ein fröhlicher Mensch. ���� 2 3 4 Ich fürchte mich vor vielen Dingen. 1 ���� 3 4

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Äußere Erscheinung Ich bin zufrieden damit, wie ich aussehe. ���� 2 3 4 Ich bin zufrieden mit meiner Größe und meinem Gesicht.

���� 2 3 4

Manchmal hätte ich gerne einen anderen Körper. 1 ���� 3 4 Ich möchte gern anders aussehen. ���� 2 3 4

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Grundschule Margreid, 4. Klasse, Vp. 11/m

Trifft sehr zu

Trifft etwas

zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar

nicht zu

Selbstwertschätzung Manchmal denke ich, dass ich ein schlechter Mensch bin. 1 ���� 3 4

Ich halte nicht viel von mir selbst. 1 ���� 3 4 Ich bin zufrieden mit mir. ���� 2 3 4 Ich bin froh darüber, so zu sein, wie ich bin. ���� 2 3 4

Darstellung der Fragebögen der Lehrpersonen und Überprüfung der

Übereinstimmung

Tabelle 15: Ergebnisse der Fragebögen zum Verhalten, GS Margreid, 4. Klasse

In dieser Klasse sind die Werte zum Selbstkonzept im Allgemeinen sehr hoch.

Der Bereich reicht von 82 bis zu 99 Punkte. Auffällig ist, dass alle Kinder sehr

positiv eingeschätzt werden, abgesehen von 2 Schülern die jedoch mit 2,2 und

2,4 im neutralen Bereich sind.

Versuchsperson Gesamtwert zum

Selbstkonzept Gesamtwert zum

Verhalten Bewertung

Vp. 10/m 82 2,5 positiv Stimmt überein

Vp. 11/m 83 2,5 Positiv Stimmt überein

Vp. 6/w 86 2,5 Positiv Stimmt überein

Vp. 1/w 89 2,2 Neutral Stimmt überein

Vp. 2/w 90 2,4 Neutral Stimmt überein

Vp. 8/m 90 2,5 Positiv Stimmt überein

Vp. 3/w 91 2,9 Positiv Stimmt überein

Vp. 13/w 91 2,5 Positiv Stimmt überein

Vp. 4/m 93 3,0 Positiv Stimmt überein

Vp. 12/w 95 2,6 Positiv Stimmt überein

Vp. 7/m 99 3,0 Positiv Stimmt überein

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130

Darstellung des Interviews

Interviewpartner: Lehrperson der 4. Klasse an der Grundschule Margreid

Interviewer: Miriam Raffaelli

Erstellt am 11. Mai 2010

Dauer: 27 Minuten

M.R.: Wie lange unterrichten Sie bereits diese Klasse? Welche Fächer

unterrichten Sie?

LP: Ich unterrichte diese Klasse seit der ersten. Ich bin mit ihnen gestartet. Ich

unterrichte die Fächer Deutsch, GGN und Kunst und Technik. Ich hatte sie bis

heuer auch in Sport und Bewegung. Das habe ich abgegeben, weil wir heuer

einen Lehrer für dieses Fach haben.

M.R.: Wie würden Sie die Kinder, Ihrer Ansicht nach, in Bezug auf das

Selbstkonzept einschätzen? Wer ist Ihrer Meinung nach der Schüler mit

dem höchsten/niedersten Selbstkonzept?

LP: Ich könnte mir vorstellen, dass von den Mädchen Kind Nr. 1 ein tiefes

Selbstkonzept hat. Sie traut sich nicht sehr viel zu. Bei den Buben könnte es Kind

Nr. 10 sein, oder vielleicht Kind Nr. 8. Das positivste... Ich könnte mir vorstellen,

dass sich Kind Nr. 3 gut einschätzt und von den Buben vielleicht Kind Nr. 7, der

ein klares Bild von sich kennt.

M.R. (zeigt der Lehrperson die erstellte Rangliste): Wenn Sie sich diese Liste

von Schülern anschauen, fällt Ihnen etwas auf? Verwundert Sie etwas?

LP: Kind Nr. 10, das hatte ich mir gedacht und Kind Nr. 7 einer von den besten.

Aber, was mich jetzt sehr überrascht ist, dass Kind Nr. 6 so weit unten

anzufinden ist. Überrascht mich sehr. Sie ist sonst eine sehr aufgeschlossen,

ausgeglichene Schülerin. Die so weit unten zu sehen und z.B. Kind Nr. 12 so

weit oben, die ansonsten so: „Schau mich bloß nicht an“, oder die in der ersten

Klasse sich festklammerte: „Bleib bitte hier, wenn der Lehrer kommt!“ Das

überrascht mich jetzt sehr. Und Kind Nr. 8 in der Mitte, das freut mich sehr. Ich

hatte eher gedacht, dass Kind Nr. 8 sich niederer einschätzt. Ich habe z.B. heuer

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vom Turnlehrer gehört, dass er sich oft negativ zu sich äußert. Deshalb freut es

mich so im Mittelfeld anzutreffen.

Ansonsten hätte ich vielleicht Kind Nr. 12 mit Kind Nr. 3 getauscht.

M.R.: Kommt Ihnen vor, dass die Rangliste zum Selbstkonzept auch in

Verbindung gebracht werden kann, mit dem Verhalten das die Kinder

zeigen?

LP: Beim Höchsten, kann man das sicher sagen, z.B. bei Kind Nr. 7 sicher und

auch Kind Nr. 10. Kind Nr. 10 ist der Schüler, bei dem Aushilfslehrer sich am

schwersten tun. Die Klasse ist sehr fein, wirklich eine angenehme Klasse, ein

feines Arbeitsklima. Wer am ehesten probiert und die Grenzen sucht ist Kind Nr.

10. Dadurch, dass ich ihn nun seit vier Jahren unterrichte, treten diese Probleme

bei mir nicht mehr auf. Aber ich konnte auch schon beobachten, dass es so ist.

M.R.: Ich habe diese Liste mit Ihren Einschätzungen verglichen und mir ist

aufgefallen, dass Sie Kind Nr. 7 auch sehr gut eingeschätzt haben. Wenn

Sie die Liste Ihrer Beschreibungen lesen, fällt Ihnen noch etwas

Besonderes zum Kind ein? Könnten Sie das Kind etwas differenzierter

beschreiben?

Beschreibung des Fragebogens der Lehrpersonen zum Verhalten von Kind Nr. 7:

Der Schüler ist im Unterricht aktiv, arbeitet fleißig mit, ist aufmerksam. Er hat

viele Freunde. Im Klassenverband verhält er sich verantwortungsbewusst, ist

hilfsbereit und übernimmt Aufgaben. Er löst Konflikte selbstständig. In der

Gruppe verhält er sich kooperativ, kann Regeln einhalten und wirkt vermittelnd.

Er traut sich spezielle Aufgaben zu und bietet seine Hilfe an. Er freut sich neue

Aufgaben erledigen zu können und kommt mit Kritik gut zurecht. Gegenüber den

Lehrpersonen ist er respektvoll. Er setzt sich Ziele und versucht diese auch zu

erreichen.

LP: Ich glaube, das beschreibt ihn sehr gut: aktiv, im Unterricht immer

aufmerksam, viele Freunde. Sie sind sowieso untereinander eine ganz tolle

Gruppe. Verantwortungsbewusst, hilfsbereit, Konflikte kann er lösen, Regeln

einhalten. Er ist auch ein ganz großes Vorbild für die Klasse. Er nimmt sicher

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eine Vorbildfunktion ein und ich glaube das hängt alles mit dem zusammen, dass

die Klasse so ist.

M.R.: Wie zeigt sich diese Vorbildfunktion?

LP: Es ist irgendwie ein Ansporn für die anderen mit ihm mitzueifern. Sowohl im

Arbeits- und Sozialverhalten. Das ist irgendwie ansteckend für die Klasse, es

schwappt positiv über. Auch die Mädchen suchen ihn und arbeiten mit ihm gut

zusammen, die sich auch in bestimmten Sachen gerne mit ihm messen.

M.R.: Finden Sie also, dass seine Positionierung gut übereinstimmt mit

dem Verhalten, das er zeigt?

LP: Ja, bei ihm ganz sicher. Das ist ganz sicher stimmig. Was mich ein bisschen

nachdenklich stimmt, ist z.B. Kind Nr. 6 und 11 so weit unten zu sehen.

M.R.: Ihre Klasse hat von allen untersuchten Klassen am Besten

abgeschnitten. Könnten Sie vielleicht etwas besonderes zum Klassenklima

berichten?

LP: Ich glaube, dass sich alle Kinder wohl fühlen, dass keine Ängste vorhanden

sind. Sie konnten mittlerweile die Sicherheit aufbauen, dass wenn mal etwas

fehlt, der Schuh drückt, sie kommen können und man darüber spricht. Es ist eine

Vertrauensbasis da, es läuft harmonisch ab.

Die Klasse ist für alles zu begeistern. Ob man Stationen macht, ob man ihnen

Arbeitsblätter gibt, wo sie alleine oder mit Partner arbeiten. Man kann sie einfach

für alles begeistern. Man kann in die Klasse gehen und unterrichten.

Ich bin auch heuer in der 2. Klasse, nur für drei Stunden, da ist es ganz anders.

Mit der 4. Klasse bin ich aufgewachsen, man kennt sich seit vier Jahren. Ich

komme in die Klasse und für mich ist es wie eine Erholung. Vielleicht spiegelt

sich dies auch in der Rangliste wieder, dass sie sich sicher fühlen. Es kommt

niemand mit Bauchweh, es braucht keiner vor etwas Angst zu haben. Das ist

eine ganz wichtige Voraussetzung.

Könntest du mir vielleicht zeigen, wie sich Schülerin Nr. 6 eingeschätzt hat? Es

interessiert mich wo sie sich nicht gut einschätzt.

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M.R. zeigt der Lehrperson den Fragebogen von Schülerin Nr. 6. Diese schätzt

sich in den Bereichen der äußeren Erscheinung eher nieder ein, genauso wie in

der Problembewältigung und Verhaltens- und Entscheidungssicherheit.

LP: Die Schülerin ist sehr oft mit den Schülerinnen der 5. Klasse zusammen. Die

sind schon reifer wie sie selbst. Vielleicht vergleicht sie sich mit denen und sieht

wie diese Mädchen sind, schon mit dem kleinen Spiegel, usw. Sie ist in

Mathematik eher schwach, das bringt sie ein bisschen durcheinander.

M.R.: Glauben Sie, dass die Einschätzung Ihrer Teamkollegin gleich

ausfallen würde? Könnte beim Verhalten des Kindes ein fachspezifischer

Unterschied vorliegen? Verhält sich das Kind in anderen Fächern anders

als bei Ihnen?

LP: Was das Verhalten anbelangt, sind sie sicher gleich. Jeder Lehrer kommt in

die Klasse und sagt, es sei richtig fein. Es kommt die Englischlehrerin, die in sehr

vielen Schulen unterrichtet, die Italienischlehrerin rein... man kommt rein und

kann arbeiten. Die Leistungen sind von Fach zu Fach verschieden. Wie gesagt,

Kind Nr. 6 ist in Deutsch super und in Mathematik hat sie große Schwierigkeiten.

An was es nun liegt, ob es fachbezogen oder ob Ängste da sind, die sie

blockieren, das kann man nicht sagen. Aber vom Verhalten sind sie sonst bei

allen gleich. Am ehesten z.B. Kind Nr. 10, der wie gesagt, manchmal probiert die

Grenzen zu überschreiten. Wir haben einen Lehrausgang gemacht und einen

Vormittag meditativ verbracht mit der Religionslehrerin. Er hat überall mitgemacht

und hat alles gepasst und bei der abschließenden Rückmeldung, wo jedes Kind

sagen kann was ihm am besten gefallen hat, sagt Kind Nr. 10 ihm hätte am

besten die Pause gefallen. Man sieht, er zeigt ein provokantes Verhalten um zu

sehen was passiert. Zuhause wird er sehr streng erzogen. Bei mir im

Klassenverband hat er, genauso wie jedes Kind seinen Platz und bei mir tritt

dieses Verhalten nicht auf. In dieser Situation konnte ich miterleben, wie es so

sein kann. Von den Leistungen ist er ein Kämpfer, er schaut seine Arbeiten flott

zu erledigen.

Wie gesagt, jeder Schüler ist auf seine Art eine ganz toller Schüler und in der

Gruppe richtig fein.

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11. Diskussion

11.1. Kritischer Rückblick auf die methodische Vorgehensweise

Der empirische Teil gegenständlicher Laureatsarbeit bezieht sich hauptsächlich

auf eine qualitative Untersuchung, da die Auswertung der Daten nach diesem

Prinzip vorgenommen wurde. Die Untersuchungsmittel waren dabei nicht

ausschließlich auf den qualitativen Ansatz ausgerichtet. Es kamen Methoden des

quantitativen und qualitativen Ansatzes zur Anwendung. Dieses Vorgehen war

für mich sehr lehrreich und nützlich, denn ich hatte auf diese Weise verschiedene

Zugangsweisen zum Thema.

Durch den Fragebogen zum Selbstkonzept der Schüler konnte ich einen Einblick

gewinnen in das Bild, das Kinder von sich haben. Dabei war es oft schwer zu

erkennen, ob die Schüler „sozial erwünschte“ Antworten gegeben oder ob sie

den Fragebogen auf ihre wirkliche Lebenssituation bezogen haben. Darüber

hinaus mussten die Schüler eine kognitive und sprachliche Leistung vollbringen,

der vielleicht nicht alle Schüler gewachsen waren. Dies erkennt man an den

Fragen, die von den Kindern als nicht stimmig beantwortet wurden. Dabei

handelt es sich um die Bereiche „Selbstwertschätzung“, „Emotionale

Gestimmtheit“, „Äußere Erscheinung“ und „Problembewältigung“. Diese Items

müssten sicherlich nochmals auf die Klarheit überprüft und bearbeitet werden.

Aufgrund dessen, war es für mich von Vorteil, die Rückmeldungen der

Lehrpersonen zur Einschätzung des Verhaltens nutzen zu können. Ich konnte

dadurch einen allgemeinen Einblick bekommen und die Einschätzungen als

Grundlage für die weiterführenden Interviews gebrauchen. Sehr gefreut hat mich

die große Unterstützung und Bereitwilligkeit der Lehrpersonen, die mir zugute

gekommen ist. Ich hatte das Gefühl, dass alle versucht haben, sich in die

Situation der Schüler einzufühlen und ihre Aufgabe gewissenhaft zu erledigen.

Dadurch hatte ich die Möglichkeit, eine große Anzahl von Schülern zu

untersuchen.

Die Interviews erwiesen sich als sehr nützlich um die Untersuchung abzurunden.

Durch diese qualitative Vorgehensweise konnte ich wichtige Informationen

erhalten, die anhand des Fragebogens nicht erforschbar gewesen wären. Dieses

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vertiefende Gespräch konnte verhindern, dass voreilige Schlüsse gezogen

wurden.

11.2. Allgemeiner Ausblick auf die Ergebnisse

Bevor ich auf die Ergebnisse der einzelnen Klassen eingehen werde, möchte ich

ein allgemeines Fazit aus der Untersuchung ziehen. Beachtet man die

Gesamtwerte zum Selbstkonzept aller untersuchten Schüler erkennt man, dass

abgesehen von vier Schülern, alle im positiven Bereich liegen. Dabei liegen die

Werte zwischen 80 und 102 Punkten. Von allen Lehrpersonen bekam ich bei den

Schülern mit einem sehr hohen Wert ( von circa 95 Punkten aufwärts) eine

positive Rückmeldung zum Verhalten der Kinder. Im mittleren Bereich (von circa

80 bis 95 Punkten) war es für die Lehrpersonen schwer, von der Rangliste zum

Selbstkonzept auf das Verhalten der Kinder zu schließen. Ein Grund dafür

könnte die Punkteverteilung sein, die sich oft nur wenig voneinander unterschied.

Darüber hinaus möchte ich nicht den Eindruck vermitteln, dass der Fragebogen

eine hundertprozentige Aussagekraft aufweist, da ich glaube, dass dies kein

Fragebogen könnte.

Des Weiteren führe ich diese Tatsache vor allem darauf zurück, dass jedes Kind

unterschiedliche Stärken und Schwächen, Fähigkeiten und Fertigkeiten hat und

nicht einem sozialen Vergleich unterzogen werden kann. Als Grundlage für die

Beobachtung sollte vor allem die individuelle Bezugsnorm dienen. Jedes Kind

sollte individuell beobachtet und gefördert werden. Deshalb werde ich in der

Diskussion zu den Ergebnissen der einzelnen Klassen nur auf einige wichtige

Fälle eingehen, die Aussagekraft besitzen. Weitere Informationen können in der

Ergebnisdarstellung eingeholt werden.

Mit meiner Untersuchung wollte ich vor allem aufzeigen, dass ein Grund für das

Verhalten von Schülern im Unterricht, das Bild ist, das sie von sich haben.

Wichtig ist mir diese Erkenntnis, da es Lehrpersonen davor schützt, das

Verhalten von Kindern auf deren Charakter zu beziehen und voreilige Urteile zu

schließen. Einem Kind, dass ein schlechtes Bild von sich hat, sollte geholfen

werden. Jedes Kind sollte die Möglichkeit haben, sich positiv zu sehen.

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11.3. Klassenvorstellung

Grundschule Auer, 4. Klasse A

Die Ergebnisse der 4. Klasse A in Auer bestätigen nur teilweise meine

Forschungsfrage. Drei Schülerinnen die bei der Auswertung des Fragebogens

eine mittlere Positionierung erreichen, zeigen in der Klasse ein sehr positives

Verhalten.

Der Schüler mit dem niedersten Selbstkonzept wird von der Lehrperson

anfänglich als sehr positiv eingeschätzt. Im Gespräch ergibt sich, dass der

Schüler öfters im Unterricht unkontrolliertes Verhalten zeigt. Der Schüler ist sehr

selbstkritisch und verhält sich phasenweise eher auffällig. Die Lehrperson sagt,

der Schüler würde andere Kinder in letzter Zeit ausschließen. Zusätzlich

beschreibt die Lehrperson den Schüler als sehr eifrig und motiviert. Wie man aus

der Tabelle 2 nach Beane und Lipka sehen kann, zeigen Kinder mit einem

geringen Selbstkonzept ein sehr motiviertes Verhalten. Durch dieses Verhalten

stört der Schüler manchmal den Unterricht, da er auffällig ist und ohne sich an

die Gesprächsregeln zu halten, einfach rausschreit. Dieses eifrige Verhalten führt

beim Schüler manchmal dazu, dass er Schwierigkeiten hat und sich blockiert,

wenn das Lösen der Übung nicht auf anhieb klappt. Diese Aussagen der

Lehrperson sind mit der niederen Einstufung des Schülers in der Rangliste zum

Selbstkonzept stimmig, denn anscheinend zeigt der Schüler ein problematisches

Verhalten in Bezug auf seine Leistungen. Allerdings weist der Schüler auch

Verhaltensweisen auf, die eher auf ein positives Selbstkonzept hinweisen. Er

verhält sich in der Gruppe kooperativ, arbeitet gerne im Team und übernimmt

auch gerne besondere Aufgaben. Die Situation von Kind Nr. 11 könnte einerseits

die vorliegende Hypothese widerlegen, da sich trotz einem offensichtlich

niedrigen Selbstkonzept des Schüler positive Verhaltensweisen zeigen,

andererseits könnte die Beantwortung des Schülers zum Selbstkonzept nicht

richtig sein. Da jedoch auch Schüler Nr. 11 mit 70 Punkten im neutralen Bereich

des Selbstkonzepts liegt, könnte es sein, dass der Schüler vor allem im Bereich

der Leistungen ein negatives Selbstkonzept aufweist. Dies würde die Theorie

einer multidimensionalen Struktur des Selbstkonzepts bestätigen, welche besagt,

dass das Selbstkonzept in den verschiedenen Bereichen auch unterschiedlich

geprägt sein kann.

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Kind Nr. 10, mit dem höchsten Selbstkonzept in der Klasse, wird von der

Lehrperson als leistungsmäßig unter den besten Schülern beschrieben. Hier

zeigt sich eine Auswirkung des positiven Selbstkonzepts auf die Leistungen des

Kindes. Allerdings könnten auch, wie im Theorieteil beschrieben, die guten

Leistungen Auswirkungen auf ein positives Fähigkeitskonzept haben.

Grundschule Auer, 4. Klasse B

Die Aussagen der Lehrperson der 4. Klasse B der Grundschule Auer spiegeln

das Forschungsinteresse gut wider. Der Gesamtwert zum Selbstkonzept von

Kind Nr. 4 stimmt mit den Aussagen der Lehrperson gut überein. Trotz der

unstimmigen Antwort beim Selbstkonzeptfragebogen, würde die Schülerin nie

einen besonders hohen Wert erreichen. Deshalb kann die Positionierung der

Schülerin im Klassenvergleich als Kind mit dem niedersten Selbstkonzept

beschrieben werden. Die Schülerin zeigt ein sehr ambivalentes Verhalten im

Lern-, Arbeits- und Sozialverhalten. Die Lehrperson beschreibt ihre Äußerungen

als gespielte, emotionale Kälte. Sie ist nicht in die Klassengemeinschaft integriert

und trägt selbst nicht dazu bei, etwas daran zu ändern. Die Schülerin wird

psychologisch betreut. Laut Beane und Lipka zeigen Kinder mit einem niedrigen

Selbstkonzept ein inkonsistentes Verhalten und ändern häufig ihre Meinung. Es

fällt ihnen schwer, sich an eine soziale Gruppe anzupassen. Aufgrund der

Beschreibungen der Lehrperson erscheint das Verhalten der Schülerin sehr

wechselhaft. Zusätzlich scheint es so, als würden sie die Äußerungen der

anderen Kinder nicht sonderlich stören. Nur wenige Verhaltensweisen werden

von der Lehrperson als positiv beschrieben. Dieser Fall bestätigt die Hypothese

der Untersuchung. Wie bereits im Absatz zur Hypothesenformulierung

festgehalten, kann man jedoch nicht davon ausgehen, dass die Ursache für das

auffällige Verhalten von Schülerin Nr. 4 ein schlechtes oder neutrales

Selbstkonzept ist. Vielmehr kann man aber annehmen, dass ein

mitbestimmender Grund für das auffällige Verhalten der Schülerin, ihr niedriges

Selbstkonzept ist.

Kind Nr. 2 und 3 werden von der Lehrperson sehr positiv beschrieben. Bei Kind

Nr. 2 führt sie die niedere Einstufung in der Rangliste zum Selbstkonzept auf die

selbstkritische Haltung der Schülerin zurück. Dies kann man auch aus Tabelle 6

erkennen: die Schülerin erreicht im Bereich der Selbstwertschätzung den

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geringsten Wert. Bei Schülerin Nr. 2 kann kein Zusammenhang zwischen

Selbstkonzept und Verhalten erkannt werden. Dieser Fall senkt den

Bestätigungsgrad der Hypothese. Allerdings weist auch Kind Nr. 2 im

Fragebogen im Bereich der Problembewältigung eine unstimmige Antwort auf.

Kind Nr. 3 erreicht einen hohen Wert von 90, weshalb auch diese Schülerin

unabhängig von der eher niederen Positionierung in der Rangliste die

Forschungsfrage bestätigt.

Auch die Schüler mit dem höchsten Selbstkonzept, Kinder Nr. 16, 7 und 8

werden von der Lehrperson als positiv beschrieben. Die Schüler werden vor

allem im Lern- und Arbeitsverhalten sehr gut eingeschätzt.

Grundschule Branzoll, 4. und 5. Klasse

Die Ergebnisse der 4. und 5. Klasse in Branzoll bestätigen die Forschungsfrage.

Sei es in der getrennten Auflistung beider Klassen, als auch in der

gemeinsamen, nehmen Schülerinnen Nr. 4 und 11 die höchsten Positionen ein.

Die Lehrperson beschreibt das Verhalten der beiden Schülerinnen als sehr

positiv. Beide Schülerinnen nehmen im Vergleich zu den Gleichaltrigen eine

besondere Position ein. Ein positives Verhalten zeigen die Schülerinnen auch im

Lern- und Leistungsverhalten. Vor allem Schülerin Nr. 11 zeigt sich

ausgesprochen reif. Auch wenn sie lieber alleine arbeitet, verhält sie sich in der

Gruppe kooperativ und verfügt über gute soziale Kompetenzen. Die Schülerin

kann mit Kritik sehr gut umgehen. Sie übernimmt besondere Aufgaben und

verhält sich verantwortungsbewusst. Sehr viele Beschreibungen entsprechen

den Aussagen von Beane und Lipka.

Bei Schülerin Nr. 4 bestätigt sich die Hypothese genauso. Die Schülerin ist zwar

sehr bestimmend, jedoch kommt sie auch gut mit der Meinung anderer zurecht,

wie die Lehrperson im Interview erklärt hat. Trotz dieser Beschreibung zur

Verhaltens- und Entscheidungsfähigkeit der Schülerin, schätzt diese sich in

diesem Bereich des Fragebogens nicht besonders positiv ein. Sie sagt, dass sie

sich eher der Meinung anderer anschließt und sich auch manchmal nicht getraut,

ihre Meinung vor anderen zu sagen.

Der Schüler Nr. 5 wird von der Lehrperson als aggressiv beschrieben, wobei

diese augenscheinliche Stärke ihrer Meinung nach, eine innere Unsicherheit

verstecken soll. Entsprechend den Aussagen von Beane und Lipka fühlt sich der

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Schüler auf Kritik angegriffen. Er äußert sich zu seinen Fähigkeiten negativ. Der

Schüler möchte sein Recht immer durchsetzen, was ein Hinweis darauf sein

könnte, dass sich der Schüler schlecht in Situationen anderer einfühlen kann.

Zusätzlich ist der Schüler in der Klasse zwar integriert, er hat aber nicht

besonders viele Freunde. Ein Grund dafür könnte sein, dass sich der Schüler

sozial schlecht anpassen kann. Auch Schüler Nr. 5 bestätigt das

Forschungsinteresse. Auch in diesem Fall kann man sagen, dass der Schüler ein

auffälliges Verhalten zeigt, was darauf beruhen könnte, dass der Schüler ein

eher niederes Selbstkonzept hat.

Grundschule Truden, 4. und 5. Klasse

Schüler Nr. 3 erreicht in der Rangliste zum Selbstkonzept nur 72 Punkte. Die

Lehrpersonen beschreiben den Schüler jedoch sehr positiv und schätzen ihn

sehr selbstsicher ein. Sie führen diesen negativen Wert auf sprachliche

Kenntnisse zurück und auf Verständnisschwierigkeiten von negativen und

positiven Items. Allerdings beschreiben sie den Vater des Jungen als sehr

streng, was darauf deuten könnte, dass der Schüler sehr selbstkritisch ist. In

diesem Fall kann die These nicht bestätigt werden, da Kind Nr. 3 von den

Lehrpersonen sehr positiv eingeschätzt wird. Die Lehrpersonen konnten die

Beantwortung des Jungen nicht nachvollziehen, was darauf hinweisen könnte,

dass der Junge die Fragen nicht verstanden hat. Im Fragebogen scheinen auch

drei Bereiche als zueinander nicht stimmig auf. Dieser Fall könnte jedoch auch

als Widerlegung der Hypothese gelten. Der Schüler schätzt sich sehr negativ ein

und erreicht in fast keinem Bereich einen positiven Wert.

Hier könnte man das Verhalten des Jungen darauf zurück führen, dass er

vielleicht ein überangepasstes Verhalten zeigt, da von zu Hause aus, das

Leistungsmaß sehr hoch gesetzt wurde. Leider fehlen ausreichende

Informationen, um die Situation näher zu schildern.

Schülerin Nr. 9 erreicht eine hohen Wert im Selbstkonzept und wird von den

Lehrpersonen als eher unsicher beschrieben. Hierbei können sich die

Lehrpersonen gut vorstellen, dass sie sich selber besser darstellen wollte, als sie

sich selbst findet. Ansonsten würde dieser Fall darauf hinweisen, dass die

Schülerin trotz einem sehr positiven Selbstkonzept in der Klasse ein eher

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auffälliges Verhalten zeigt. Die Lehrpersonen bezweifelten diese Positionierung

stark, weshalb keine genauere Aussage getroffen werden kann.

Kinder Nr. 13 und 4 erreichen die höchste Positionierung in der Rangliste zum

Selbstkonzept. Die Lehrpersonen erklären, dass auch Kind Nr. 15 und Nr. 2 zu

den am leistungsmäßig besten Schülern gehören. Die Einschätzungen aller vier

Schüler fallen sehr positiv aus. Alle zeigen ein sehr gutes Verhalten im Lern- und

Arbeitsbereich. Dabei nimmt die Schülerin Nr. 4 in der Klasse unter den Mädchen

eine leitende Funktion ein. Schüler Nr. 13 hingegen ist bei den anderen Schülern

zwar beliebt, allerdings nicht so sehr wie andere Schüler.

Bei Schüler Nr. 12 zeigt sich, dass er sich eher nieder eingestuft hat und auch

von den Lehrpersonen als eher auffällig beschrieben wird. Er kann mit Kritik sehr

schlecht umgehen, was in der Literatur als Zeichen für ein schlechtes

Selbstkonzept gedeutet wird. Die Lehrpersonen erzählen, dass er rasch aufgibt,

wenn ein Problem zu schwierig wird. Auch Beane und Lipka sprechen dieses

Verhalten einem Kind mit einem niedrigen Selbstkonzept zu. Auch die

Überempfindlichkeit bei Kritik oder in diesem Fall, bei Ermahnungen deutet

darauf hin.

Grundschule Margreid, 4. Klasse

Die Klasse der Grundschule Margreid erreicht den höchsten Wert aller

untersuchten Klassen. Die Lehrperson beschreibt die Klasse als sehr angenehm.

Die Schüler lassen sich sehr schnell motivieren, sie sind für alles zu begeistern.

Die Arbeitshaltung und Motivation der Schüler sei sehr hoch. Die Äußerungen

der Lehrperson weisen auf eine sehr angenehme und von Sicherheit geprägte

Atmosphäre hin. Die Schüler kommen zu ihr, um Probleme zu besprechen.

Diese Aussagen entsprechen sehr gut den Befunden in der Literatur. Laut

Skinner nimmt ein warmes und unterstützendes Verhalten von Lehrpersonen

Einfluss auf Kontrollüberzeugungen und Leistungen der Kinder. Nach Covington

ist die Rückmeldung, die der Schüler von seiner Lernumgebung erfährt auch

ausschlaggebend für die Motivation. In dieser Klasse könnte somit das auffällig

positive Selbstkonzept von Kindern mit einer sehr unterstützenden und

harmonischen Lernumgebung in Verbindung gebracht werden. Laut Lüdtke und

Köller, zeigt sich ein positiver Effekt von individuellen Bezugsnormen: die

Lehrperson zeigt den Schülern individuelle Lernfortschritte auf und stellt keinen

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sozialen Vergleich an. Aufgrund dessen sind die Schüler weniger

misserfolgsorientiert, da sie nicht ständig den Vergleich zu den anderen Schülern

suchen.

Schüler Nr. 10 wird von der Lehrperson als der Schüler beschrieben, mit dem

Aushilfslehrer am meisten Probleme haben. Sie selbst sagt, sie kenne den

Schüler gut und er hätte bei ihr, wie alle Schüler, eine feste Position in der

Klasse. Er wäre jedoch der einzige, der versucht, Grenzen auszutesten und

dessen Verhalten am ehesten auffällt. Sein Verhalten kann jedoch nicht auf ein

schlechtes Selbstkonzept zurückgeführt werden, da der Schüler ansonsten ein

eher überangepasstes Verhalten an den Tag legen müsste. Dieses Verhalten

lässt sich viel mehr darauf zurück führen, dass sich der Schüler in einem Prozess

der Loslösung befindet und Grenzen testet, um zu schauen wie weit er diese

überschreiten kann. Ansonsten wird auch das Verhalten von Kind Nr. 10 sehr gut

eingeschätzt.

Schüler Nr. 7 hingegen erreicht die höchste Punktezahl und wird auch von der

Lehrperson unter allen Schülern am positivsten beschrieben. Er sei für andere

Schüler ein positives Vorbild. Auch bei der Beantwortung des Fragebogens

zeigte sich der Schüler besonders reflexiv. Er überlegte bei den Äußerungen,

brachte oft Beispiele an und machte den Eindruck als würde er die Fragen sehr

gewissenhaft beantworten. Diese Erklärungen wurden auch von der Lehrperson

bestätigt. Die Beschreibungen stimmen gut mit den Aussagen von Beane und

Lipka überein. Der Schüler übernimmt in der Klasse eine Führungsrolle,

übernimmt Verantwortung, wirkt zwischen den Schülern vermittelnd, traut sich

spezielle Aufgaben zu. Kind Nr. 7 bestätigt die Hypothese.

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12. Schlussbemerkung

Die Auseinandersetzung mit dem Thema „Das Selbstkonzept von Kindern und

seine Auswirkungen in der Grundschule“ war für mich sehr lehrreich. Ich hatte

selbst nicht erwartet, dass die Ergebnisse so aussagekräftig sind. Es gab

ausreichend Fälle, die meine Hypothese bestätigen und aufzeigen, dass ein

positives Verhalten in der Schule mit einem positiven Selbstkonzept in

Verbindung gebracht werden kann.

Mit der Erarbeitung dieses Themas wollte ich aufzeigen, wie wichtig es ist, sich

Zeit zu nehmen für Projekte und Übungen zur Stärkung des Selbstkonzepts und

der Persönlichkeit. Durch die theoretische Beschäftigung mit dem Thema konnte

ich jedoch erkennen, dass es wichtiger ist, Lob und Anerkennung in richtigem

Maße einzusetzen und den Kindern individuelle Lernfortschritte aufzuzeigen, als

eigens dafür vorgesehene Trainingsprojekte zu organisieren. Sicher können

diese auch förderlich sein und sind von großem pädagogischen Wert. Allerdings

muss man immer versuchen, den Kindern Erfolgsmöglichkeiten zu verschaffen,

damit sie auch kein falsches Attributionsverhalten entwickeln. Ist dies nicht

vorhanden, wird wahrscheinlich auch kein Projekt die Situation verbessern

können. Dies konnte am Beispiel der Schule in Margreid sehr gut verdeutlicht

werden.

In einigen Situationen konnte ich das Selbstkonzept von Kindern nicht immer mit

einem positiven Verhalten in Verbindung bringen. In diesen Fällen war es sehr

schwer herauszufinden, weshalb die Kinder sich selbst eher tief eingeschätzt

hatten, von den Lehrpersonen allerdings sehr positiv bewertet wurden.

Manchmal zeigten die Kinder keine Hinweise, dass sie ein eher negatives Bild

von sich selbst haben und wurden somit von den Lehrpersonen anders beurteilt.

Dieser Aspekt könnte in einer weiteren Untersuchung sicherlich erläutert werden,

indem man genauere biografische Informationen einholt, sei es von Seiten der

Lehrpersonen wie von Seiten der Eltern. Der Einbezug der Eltern wäre sicher

eine sehr interessante Erweiterung, da man somit noch besser Ursache-

Wirkungszusammenhänge feststellen könnte.

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Darüber hinaus wäre es sehr interessant, qualitative Interviews mit den Kindern

zu führen, um ihre Bewegungsgründe genauer zu verstehen. In diesem Fall

könnte man auch erforschen, welchen Attributionsstil die Kinder verfolgen.

Ein weiterer Aspekt, der einer Fortführung bedürfte, ist das Fähigkeitskonzept.

Sehr viele Lehrpersonen erklärten, dass die Schüler mit dem positivsten

Selbstkonzept auch am leistungsstärksten sind. Es wäre sehr interessant zu

untersuchen, wie sehr der Erfolg in Bezug auf die Leistungen das Selbst- und

Fähigkeitskonzept der Kinder beeinflusst. In fast allen Fällen zeigte sich auch ein

positives Verhalten, allerdings waren die Schüler vielleicht nicht so sehr beliebt

und integriert wie andere. Nur an der Grundschule von Margreid, nahm der

Schüler mit dem positivsten Selbstkonzept eine Vorbildfunktion ein, wonach auch

die anderen Schüler streben.

Einen weiteren Aspekt, den man in diesem Zusammenhang vertiefen könnte, ist

es, zu untersuchen wie sehr Lehrpersonen die am meisten

erfolgszuversichtlichen und leistungsstarken Kinder fördern und damit einen

positiven Kreislauf in Gang bringen. Damit könnte man aufzeigen, ob positive

Leistungen von Schülern Auswirkungen auf das Fähigkeitskonzept von Kindern

haben und somit auf eine ständige Verstärkung des Schülers Einfluss nehmen.

Der in Frage kommende Ansatz zur Erklärung dieses Phänomens wäre die

Transaktionstheorie.

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14. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Das überarbeitete, hierarchische Modell nach Marsh und Shavelson

(Marsh & Shavelson, 1985; zitiert nach Frühauf, 2008, S.13)........20

15. Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Ursachenzuschreibungen von Misserfolg und Erfolg (Weiner, 1994, S.

270) ..................................................................................................36

Tabelle 2: Verhaltenweisen von Kindern und Jugendlichen mit einem starken

oder schwachen Selbstkonzept (Beane & Lipka, 1984; zitiert nach

Dubs, 2009, S. 80f)...........................................................................51

Tabelle 3: Übersicht über die einzelnen über- und untergeordneten Bereiche

des Selbstkonzepts (Baldering, 1993, S. 50) ....................................73

Tabelle 4: Übersicht über die verschiedenen Formen des Interviews im

qualitativen Ansatz (Lamnek, 2005, S. 331)......................................79

Tabelle 5: Übersicht über die untersuchten Klassen...........................................82

Tabelle 6: Ergebnisse der Selbstkonzeptfragebögen, GS Auer, 4. Klasse A ......90

Tabelle 7: Ergebnisse der Fragebögen zum Verhalten, GS Auer, 4. Klasse A ...92

Tabelle 8: Ergebnisse der Selbstkonzeptfragebögen, GS Auer, 4. Klasse B ......97

Tabelle 9: Ergebnisse der Fragebögen zum Verhalten, GS Auer, 4. Klasse B .100

Tabelle 10: Ergebnisse der Selbstkonzeptfragebögen, GS Branzoll, 4. + 5.

Klasse ...........................................................................................106

Tabelle 11: Ergebnisse der Fragebögen zum Verhalten, GS Branzoll, 4. + 5.

Klasse ...........................................................................................108

Tabelle 12: Ergebnisse der Selbstkonzeptfragebögen, GS Truden, 4. + 5. Klasse

......................................................................................................114

Tabelle 13: Ergebnisse der Fragebögen zum Verhalten, GS Truden, 4. + 5.

Klasse ...........................................................................................118

Tabelle 14: Ergebnisse der Selbstkonzeptfragebögen, GS Margreid, 4. Klasse

......................................................................................................127

Tabelle 15: Ergebnisse der Fragebögen zum Verhalten, GS Margreid, 4. Klasse

......................................................................................................129

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16. Anhang

• Fragebogen der Schüler zum Selbstkonzept

• Untersuchungsanleitung

• Fragebogen der Lehrpersonen zum Verhalten der Schüler

• Leitfaden für das Interview am Beispiel der Grundschule Auer, 4. Klasse A

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FRAGEBOGEN SCHÜLER/INNEN

VPNr./Geschlecht: Alter (Monate): Klasse/Ort:

Datum:

Trifft sehr

zu Trifft

etwas zu Trifft eher nicht zu

Trifft gar nicht zu

Allgemeine Leistungsfähigkeit Ich bin so schlau und intelligent wie andere. 1 2 3 4 Ich bin mit meinen eigenen Leistungen zufrieden. 1 2 3 4 Ich erreiche oft nicht, was ich mir vornehme. 1 2 3 4 Ich kann mich an mehr Misserfolge erinnern, als an Erfolge. 1 2 3 4

Trifft sehr zu

Trifft etwas zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar nicht zu

Sozialer Aspekt Es fällt mir leicht, Kontakte mit anderen Menschen zu schließen. 1 2 3 4 Ich wünschte, ich wäre beliebter. 1 2 3 4 Ich habe viele Freunde. 1 2 3 4 Es ist mir wichtig, was andere über mich denken. 1 2 3 4

Trifft sehr zu

Trifft etwas zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar nicht zu

Selbstwertschätzung Manchmal denke ich, dass ich ein schlechter Mensch bin. 1 2 3 4 Ich halte nicht viel von mir selbst. 1 2 3 4 Ich bin zufrieden mit mir. 1 2 3 4 Ich bin froh darüber, so zu sein, wie ich bin. 1 2 3 4

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Trifft sehr

zu Trifft

etwas zu Trifft eher nicht zu

Trifft gar nicht zu

Emotionale Gestimmtheit Ich bin meistens schlecht gelaunt. 1 2 3 4 Ich fühle mich meistens wohl. 1 2 3 4 Ich bin ein fröhlicher Mensch. 1 2 3 4 Ich fürchte mich vor vielen Dingen. 1 2 3 4

Trifft sehr zu

Trifft etwas zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar nicht zu

Äußere Erscheinung Ich bin zufrieden damit, wie ich aussehe. 1 2 3 4 Ich bin zufrieden mit meiner Größe und meinem Gesicht. 1 2 3 4 Manchmal hätte ich gerne einen anderen Körper. 1 2 3 4 Ich möchte gern anders aussehen. 1 2 3 4

Trifft sehr zu

Trifft etwas zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar nicht zu

Problembewältigung Ich fürchte mich vor neuen Herausforderungen. 1 2 3 4 Ich kann mit Schwierigkeiten gut fertig werden. 1 2 3 4 Ich freue mich auf neue Aufgaben. 1 2 3 4 Ich brauche bei neuen Aufgaben sehr oft Hilfe. 1 2 3 4

Trifft sehr zu

Trifft etwas zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar nicht zu

Verhaltens- und Entscheidungssicherheit Ich kann meine Fähigkeiten sehr gut einschätzen. 1 2 3 4 Ich kann mich in den meisten Fällen schnell und sicher entscheiden. 1 2 3 4 Es fällt mir schwer meine Meinung vor anderen zu sagen. 1 2 3 4 Ich schließe mich oft der Meinung anderer an, auch wenn ich etwas anderes denke. 1 2 3 4

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Fragebogen für Lehrpersonen

Kind Nr.:

Alter:

Klasse/Ort:

Datum:

Wie verhält sich das Kind im Unterricht?

q zurückhaltend/passiv

q aktiv

q fällt kaum auf

q stört den Unterricht

q stört andere Kinder

q arbeitet fleißig mit/eifrig

q aufmerksam

q ambivalent

q anderes:________________________________

Ist das Kind in der Klassengemeinschaft integriert? Ist das Kind beliebt?

q nein

q ja

q eher nicht

q eher schon

q Das Kind hat viele Freunde

q Das Kind hat nicht viele Freunde

q anderes:________________________________

Wie verhält sich das Kind im Klassenverband?

q zurückhaltend

q bestimmend

q schüchtern

q hilfsbereit

q verantwortungsbewusst

q übernimmt Aufgaben

q anderes:________________________________

Wie geht das Kind mit Konflikten innerhalb der Klasse/im Schulalltag um?

q stellt Konflikten aus

q reagiert aggressiv

q holt Hilfe

q löst Konflikte selbstständig

q zieht sich zurück

q anderes:________________________________

Wie zeigt sich das Teamverhalten des Kindes?

q kooperativ

q stur/gibt nicht nach

q kann Regeln einhalten

q hält sich nicht an Regeln

q will immer sein Recht durchsetzen

q wirkt vermittelnd

q arbeitet lieber alleine

q gibt leicht nach, nicht bestimmend

q anderes:________________________________

Wie verhält sich das Kind im Schulalltag?

q engagiert sich sozial

q übernimmt besondere Funktionen

q traut sich spezielle Aufgaben zu

q bietet seine Hilfe an

q anderes:________________________________

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Wie verhält sich das Kind gegenüber neuen Aufgaben, Herausforderungen?

q fürchtet sich

q beginnt gleich mit dem Erledigen

q traut sich Aufgaben nicht zu

q weigert sich die Aufgabe zu erledigen

q äußert sich negativ zu seinen Fähigkeiten

q freut sich, die Aufgabe erledigen zu können

q holt Hilfe

q probiert die Übung zuerst alleine zu erledigen

q überlegt lange, bevor es beginnt

q anderes:________________________________

Wie verhält sich das Kind, wenn Kritik geäußert wird?

q gleichgültig

q fühlt sich angegriffen

q weint

q kommt gut damit zurecht

q anderes:________________________________

Wie verhält sich das Kind den Lehrpersonen gegenüber?

q respektvoll

q zurückhaltend

q schüchtern

q anderes:________________________________

Setzt sich das Kind Ziele und versucht diese auch zu erreichen?

q ja

q nein

q manchmal

q selten

q meistens

q anderes:________________________________

_______________________________________________________________________________ ______

Wie schätzen Sie das Selbstkonzept des Kindes ein, in Bezug auf:

... den Glauben an die eigene schulische Leistung? (traut sich das Kind das Lösen von Aufgaben zu)

Hoch 1 2 3 4 Nieder

...die Akzeptanz in der Klasse? (wie geborgen, akzeptiert fühlt sich das Kind in der Klasse)

Hoch 1 2 3 4 Nieder

...die Einschätzung der körperlichen Fähigkeiten?

Hoch 1 2 3 4 Nieder

...das Aussehen?

Hoch 1 2 3 4 Nieder

Allgemeine Einschätzung:

Hoch 1 2 3 4 Nieder

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Untersuchungseinleitung

Hallo, ich bin Miriam. Wir kennen uns ja schon von der Schulstunde her. Setz

Dich doch einfach mal.

Erst mal vielen Dank, dass Du hier mitmachst.

Sagst Du mir bitte, wie Du heißt?

Ich lese dir jetzt ein paar Sätze vor zu verschiedenen Situationen im Alltag. Dabei

interessiert mich was du denkst. Es gibt keine richtigen und keine falschen

Antworten und weil jedes Kind anders ist, gibt es eben ganz unterschiedliche

Antworten.

Nachdem ich dir den Satz vorgelesen habe, kannst du entscheiden ob die

Aussage auf dich zutrifft oder nicht. Dabei kannst du zwischen 4 verschiedenen

Antwortmöglichkeiten entscheiden (Kärtchen vorlegen und dabei laut vorlesen):

Trifft sehr zu

Trifft etwas zu

Trifft eher nicht zu

Trifft gar nicht zu.

Vielleicht machen wir ein Beispiel, damit du es auch ganz gut verstehst:

Ich bin in der Schule sehr fleißig.

Jetzt kannst du dich für eine Antwort entscheiden: Trifft sehr zu, trifft etwas zu,

trifft eher nicht zu, trifft gar nicht zu (mit Finger auf Kärtchen deuten).

(Abwarten, bis sich das Kind entschieden hat)

Bevor wir aber anfangen solltest Du noch wissen, dass ich mir Deine Antworten

aufschreiben werde, damit ich sie nicht vergesse.

Ganz wichtig ist auch, dass Du weißt, dass Du hier nichts falsch machen kannst,

es geht nur um Deine Meinung.

Bist Du bereit?

Gut, dann fangen wir an.

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Leitfaden für Interview an Lehrpersonen

1. Wie lange unterrichten Sie bereits diese Klasse? Welche Fächer unterrichten Sie?

2. Wie würden Sie die Kinder, Ihrer Ansicht nach, in Bezug auf das Selbstkonzept

einschätzen? Wer ist Ihrer Meinung nach der Schüler mit dem höchsten/niedersten

Selbstkonzept?

3. Wenn Sie sich diese Liste von Schülern anschauen, fällt Ihnen etwas auf?

Kind 10 82 Punkte im Selbstkonzept Kind 11 83 Punkte im Selbstkonzept Kind 6 86 Punkte im Selbstkonzept Kind 1 89 Punkte im Selbstkonzept Kind 2 90 Punkte im Selbstkonzept Kind 8 90 Punkte im Selbstkonzept Kind 3 91 Punkte im Selbstkonzept Kind 13 91 Punkte im Selbstkonzept Kind 4 93 Punkte im Selbstkonzept Kind 12 95 Punkte im Selbstkonzept Kind 7 99 Punkte im Selbstkonzept

Verwundert Sie vielleicht diese Liste? Hätten Sie die Kinder anders eingeschätzt? Was

würden Sie an der Liste ändern?

4. Wenn Sie die Liste Ihrer Beschreibungen lesen, fällt Ihnen noch etwas besonderes

zum Kind ein? Könnten Sie das Kind etwas differenzierter beschreiben?

Kind 7, m

Der Schüler ist im Unterricht aktiv, arbeitet fleißig mit, ist aufmerksam. Er hat viele

Freunde. Im Klassenverband verhält er sich verantwortungsbewusst, ist hilfsbereit und

übernimmt Aufgaben. Er löst Konflikte selbstständig. In der Gruppe verhält er sich

kooperativ, kann Regeln einhalten und wirkt vermittelnd. Er traut sich spezielle

Aufgaben zu und bietet seine Hilfe an. Er freut sich neue Aufgaben erledigen zu

können und kommt mit Kritik gut zurecht. Gegenüber den Lehrpersonen ist er

respektvoll. Er setzt sich Ziele und versucht diese auch zu erreichen.

5. Ihre Klasse hat von allen untersuchten Klassen am Besten abgeschnitten. Könnten Sie

vielleicht etwas besonderes zum Klassenklima berichten?

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17. Eidesstattliche Erklärung

Ich, Miriam Raffaelli, erkläre hiermit an Eides statt im Sinne des Artikels 47 des D.P.R. Nr.

445/2000, dass ich die vorliegende Laureatsarbeit selbständig angefertigt habe. Die aus

fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken und Formulierungen sind

als solche kenntlich gemacht.

Die Arbeit wurde bisher weder in gleicher noch ähnlicher Form einer anderen

Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht.

Mir ist bewusst, dass ein Verstoß rechtliche Konsequenzen nach sich zieht.

____________________ ____________________

Datum Unterschrift Student/in