Freigeist Frühling 2008D - lernwerkstatt.ws · schulalltag die leichtigkeit der musik...

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zeitschrift für freie pädagogik herausgegeben von der lernwerkstatt im wasserschloss pottenbrunn – für aktives und selbstbestimmtes lernen ausgabe frühling 2008 Einzelverkaufspreis: Eur 4,50 Jahres-Abo (4 Ausgaben): Eur 16.– anders lernen Foto: Theo Feldner

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zeitschrift für freie pädagogikherausgegeben von der lernwerkstatt im wasserschloss pottenbrunn – für aktives und selbstbestimmtes lernen

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Medieninhaber und Herausgeber (Verleger): Verein „Mit Kindern wachsen“ - Initiative für aktives und offenes LernenVerlagspostamt: 3140 Pottenbrunn Aufgabepostamt: 3100 St. Pölten

Redaktion: Elisabeth & Bert Ehgartner, Ilse Baechle, Kay Mühlmann, Luise Muschailov (Cartoon), Maria Altmann-HaideggerFon/Fax [email protected] Lernwerkstatt im Wasserschloss PottenbrunnJosef-Trauttmansdorff-Str. 103140 Pottenbrunn

Schulinfo/Aboservice: Fon/Fax [email protected] Kto 22996, Sparkasse Herzogenburg, BLZ 20219 IBAN: AT 382021900000022996, BIC: SPHEAT21

Anzeigen: Gert Lanser, Fon 02732-81661, [email protected]

Layout: Marion LanserDruck: Druckhaus Schiner/KremsGedruckt nach den Richt linien des österreichi-schen Umweltzeichens!

Offenlegung gemäß §25 Mediengesetz: Der Verein „Mit Kindern wachsen“ ist zu 100% Inhaber dieser Zeitschrift. Es erscheinen keine weiteren Medien.

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editorial„Lernen braucht Vielfalt“, lautet das Motto einer gemeinsamen Initiative, in der wir als Mitglied des Netzwerks (Bundesdachverband für selbstbe-stimmtes Lernen) für Chancengleichheit im Bildungssystem eintreten. Und wie es aussieht, kommen wir diesem Ziel immer näher. Es geht nicht mehr um die Frage ob unsere Lehrer bezahlt werden, son-dern bereits um die formellen Details. In den nächsten Monaten stehen unseren Vertretern des Netzwerks hier mit den Vertretern von Unterrichtsministerin Claudia Schmied intensive Verhandlun-gen bevor. Und dann kommt es darauf an, dass auch Finanzminister Wilhelm Molterer seine Zustimmung gibt. Höchste Zeit wäre es jedenfalls, dass mit der Ungerechtigkeit endlich Schluss ist, dass wir als Eltern beinahe die gesamte fi nanzielle Last unserer Initiativen selbst tragen müssen. Zusätzlich zu unseren Steuerabgaben, mit denen wir das öf-fentliche Schulsystem bezahlen. Die Hoffnung lebt also – und wenn der Fahr-plan hält, können wir ab dem Schuljahr 2009/10 mit einer kräftigen Entlastung unserer Budgets rechnen.Diese Ausgabe des Freigeist ist vor allem der Jahreszeit verpfl ichtet: dem Frühling, der mit Wucht ins Land zieht und sein alljährliches Wunder der Erneuerung vollbringt. Wie vereinzelte Wildkirschen stechen unsere Initiativen hervor aus dem Forst des Regelschul-Systems. Und viele davon seit langer Zeit. Wir sind gerade da-bei unsere eigene Tradition zu schaffen.Demnach widmet sich der Freigeist den verschiedenen Wegen, die jeder für sich zur Blüte führen, wenn sie ernsthaft, selbstrefl exiv und mit wachem Blick auf das Wohl und die Entwicklung unserer Kinder begangen werden. Die Kernaufga-be einer Schule ist es, einen fruchtbaren Boden zum Lernen und zur persönlichen Entfaltung zu bieten. Einen Boden, der kräftigen Wuchs ermöglicht. Eine Umge-bung, die das Licht durchlässt und einen Dünger, der organisch und individuell die

Bedürfnisse der Heranwachsenden nährt.Diesem „anderen Lernen“ geben wir in dieser Ausgabe viel Raum. Lucia Glaser und Theo Feldner aus dem Betreuerteam beschreiben einige der Facetten des Lernens in der Lernwerkstatt. Claudia Gerhartl von der Wiener SchülerInnen-schule, sowie Doris Baumann-Rudlof vom Grazer Regenbogenhaus stellen ihre Initiativen und damit auch ihre jeweiligen Zugänge zum Lernen vor. Die Wissenschaftlerin Hanna Risku von der Donau-Uni Krems gibt schließlich Ein-blick, wie drastisch sich das Verständnis von Lernkompetenz im Lauf der letzten drei Jahrzehnte geändert hat: vom Leit-bild einer mechanischen Intelligenz, die das reibungslose Abrufen gespeicherter Daten anstrebte, bis zur jüngsten Er-kenntnis, dass wirkliches Lernen nur in authentischen Situationen möglich ist, wo die Lernenden auch selbst eine aktive Rolle übernehmen können.Angesichts der eingangs beschriebenen spannenden Situation der freien Schu-len möchten wir diese Frühlings-Num-mer auch zum Anlass nehmen, hier ein verbindendes Medium für gemeinsames Handeln vorzustellen. Wir verschicken den Freigeist deshalb – mit freundlicher Unterstützung des Netzwerks öster-reichweit an alle Eltern, die ihre Kinder in freien Schulen haben und damit das Ihre dazu beitragen, die pädagogische Szene in unserem Land zu erneuern. Wir würden uns sehr freuen, wenn Ihr die Gelegenheit wahrnehmt, über Ideen, Le-serbriefe oder eigene Artikel die Vielfalt des Lernens im Land zum Ausdruck und damit zur weiteren Blüte zu bringen. Und wer den beiliegenden Aboschein einzahlt, wird pünktlich zum Beginn je-der neuen Jahreszeit mit einer druckfri-schen Ausgabe von Österreichs einziger Zeitschrift für freie Pädagogik belohnt. Herzlichen Dank und anregende Lek-türe mit dem Freigeist. ★

Bert Ehgartner für die Redaktion

liebe leserInnen!

frei mich auf eine Person, eine Situation oder einen Gegenstand voll und ganz einzulassen. Ein solcher Prozess braucht viel Vertrauen – Vertrauen in mich selbst und Vertrauen in die Umgebung.Ein Bild, das mir dazu einfällt: Wenn eine Tür verschlossen ist und ich den Schlüs-sel dafür nicht fi nde, werde ich die Fülle und das Neue im nächsten Raum nicht kennen lernen können. Ich denke, die Idee der Lernwerkstatt ist jene, eine vertraute, vorbereitete Umgebung zu schaffen für alles was ge-lernt werden möchte. Lernen lässt sich oft nicht ganz in Worte fassen und ist, meiner Meinung nach, nicht nur Lesen, Schreiben und Rechnen. Dennoch, in der

ren! Schon fast genussvoll bin ich mit dem Schlepplift hochgefahren, um dann jauchzend die Piste hinunter zu gleiten. Der Gedanke, dass es beim Lernen wohl ums WOLLEN gehen muss, hat mich auf meinen Pistenstreifzügen begleitet.Welch ein Wunder – ich bin von der „Wintersportvermeiderin“ zur begeis-terten Schneeliebhaberin (und vor allem: Schneewochenliebhaberin!!!) geworden! Was ich dabei aufs Neue vor Augen geführt bekommen habe ist, wie Lernen funktioniert!Es gibt für alles eine Zeit und ich bestim-me wann, wo und wie ich dafür bereit bin. Wenn ich bereit dazu bin, dann sind mei-ne Sinne und mein Herz offen, mein Wille

ich bin hier um zu lernen

Die Entscheidung war klar und hat sich für mich angefühlt, als würde sich ein Kreis schließen, als

würde ich nun Boden betreten, auf dem etwas wachsen kann – für mich und für ein größeres Ganzes.Ich hatte das Gefühl, dass ich von Kin-dern am meisten lernen kann. Also woll-te ich unbedingt einen Job annehmen, der mir diese Gelegenheit bieten kann.Dieses Gefühl, von Kindern viel lernen zu können, hat sich in den letzten sechs Mo-naten bestätigt: Ich bin hier um zu lernen.Nach vier Jahren Regelschule und sechs Jahren Studium wollte ich wieder an ei-nen Ort zurückkehren, wo Lernen in alle Lebensbereiche dringen kann, auf allen Ebenen und in vielfältigen Ausprägun-gen möglich ist.Hier lerne ich von und mit Kindern. Ich lerne Ehrlichkeit, Zuhören, vertraut wer-den, vertraut sein, zu meiner Meinung stehen, präsent sein, im Hier und Jetzt sein, geordnet und strukturiert sein, hilfsbereit sein, für andere Menschen da sein, Unterstützung geben und nehmen, konsequent sein, offen sein, kompetent sein, Konfl ikte begleiten können, Gefüh-le hinter Aussagen erkennen können, Nein sagen, Ja sagen, Lebensfreude zei-gen, Wut ausdrücken, nach langer Zeit wieder einmal Gleichungen lösen, mit Material, ohne Material, mich ganz auf das goldene Perlenmaterial oder den Re-chenrahmen vertiefen können und mich danach zufrieden und ausgeglichen fühlen. Ich lerne Kinder, Jugendliche, Er-wachsene jeden Tag aufs Neue kennen, ich lerne Gespräche führen, ich lerne die Herausforderung der Teamarbeit und der Elternarbeit kennen, ich habe

wird mir an meinem derzeitigen Arbeits-platz eine Fülle angeboten.Ein weiterer schöner Aspekt des Lernens ist derzeit für mich das Entdecken und Er-kennen meiner „Abneigungen“ und Ängste und die Möglichkeit diese zu überwinden.Das aktuellste Beispiel dafür ist das Schifahren, das ich schon lange als The-ma mit mir herum geschleppt habe.Als Kind bin ich ein paar Mal mit meinem Vater im Rahmen seiner Arbeit als Sozi-alpädagoge auf Schikurs mitgefahren. Doch dann hat es mich jahrelang gar nicht mehr gefreut.Ich weiß nicht mehr genau warum, aber ich habe plötzlich Angst davor gehabt mit dem Lift zu fahren und steile Hänge waren mir auch ein Graus. Genau aus diesem Grund bin ich in meinen Lern-werkstattzeiten nie bei der Schneewo-che dabei gewesen.Aber diesen Jänner habe ich die Chance genützt! Ich habe ja gewusst: Mit der Arbeit, die ich in der LWS nun mache, nütze ich die Gelegenheiten über meine Ängste und Schatten zu springen, sie kennen zu lernen, um sie dann verab-schieden und über Bord werfen zu kön-nen. Genau das habe ich bei der letzten Schneewoche getan. Ich bin zum ersten Mal dabei gewesen – diesmal als Betreuerin. Ich muss zuge-ben, am Anfang war mir das Schigebiet Hochfi cht mit all seinen Pisten und Lif-ten nicht ganz geheuer, doch dann habe ich mich einfach auf die Begeisterung und Lust der Kinder eingelassen, bin neben ihnen hergefahren, hab mich ins Abenteuer gestürzt und mich von ihrem offenen, genüsslichen Zugang anstecken lassen. Und siehe da: Ich KANN Schifah-

Gelegenheit Ideen umzusetzen, Material selber herzustellen, zu meinen Fehlern zu stehen, meine Talente neu zu ergrün-den, aufrichtig zu mir und zu anderen zu sein, entschlossen zu sein, Töpfern auf der Töpferscheibe zu lernen oder Perlen-tiere basteln zu können, mit Jugendli-chen in einer Fremdsprache zu sprechen und sie dadurch für mich auch wieder auffrischen zu können (momentan biete ich für die Sekundaria Französisch an), für meinen Traum, dass das Aufwachsen der Kinder in einem liebevollen, freien Rahmen stattfi nden kann, aktiv etwas beizutragen und aus dem gewachsenen Verein der Lernwerkstatt Erfahrungen mitzunehmen und zu sammeln – Tag für Tag lernen einfach ICH zu sein!Es gibt für mich unzählige Gründe in einer freien Schule arbeiten zu wollen und doch scheint es mir, als könnte ich alle diese Gründe unter dem Begriff „LERNEN“ zusammen fassen. Kein Wun-der also, dass ich bei der letzten Team-Supervision (in Bezug auf ein Motto für meine Arbeit im neuen Jahr) die Bildkar-te „Lernen“ gezogen habe. Diesbezüglich

Genau zehn Jahre ist es nun her, dass ich mich mit 15 Jahren, nach langen Überlegungen, entschieden habe von der Lernwerkstatt in das BORG-Krems zu wechseln. Ein guter Grund, warum ich nun als Betreuerin in die LWS zurück gekommen bin, ist das Lernen. Lucia Glaser

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Volksschule Egelsee/Krems, die ich vor Gründung der Lernwerkstatt zweiein-halb Jahre besuchte, reduzierte sich die Bedeutung dieses Wortes allein darauf. Dort, schien mir, wussten die Lehrerin-nen genau, was Lernen heißt, denn das sei eine sehr ernste, anstrengende Sa-che, da muss man genau hinhören, was die Lehrerin sagt und vor allem genau das tun, was sie sich ausgedacht hat.Ich habe oft Sätze gehört wie zum Bei-spiel: „Was hast du denn schon alles in der Schule gelernt? – Kannst du schon lesen? – Kannst du schon schreiben?“. Aha, dachte ich mir, das ist also wichtig. Das ist Lernen. Aber – das kann es doch nicht gewesen sein!?Heute ist Lernen für mich wie ein großer, dicker, alter Baum mit tiefen Wurzeln, die etwa für Vertrauen, Gemeinschaft, Sicherheit, Offenheit, Zufriedenheit, Liebe und Entdeckungslust stehen.Die Äste könnten Namen tragen. Namen wie Kennen-Lernen, Können-Lernen, Ge-ben und Nehmen, Beobachten, Tun, Be-greifen, Verstehen, Verinnerlichen und Veräußerlichen. Die Früchte möchte ich als Freude bezeichnen. Die sind es auch, die mich satt machen und die ich gerne ernte, um mit anderen zu teilen. ★

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Lucia Glaserist die erste LWS-Absolventin, die nun als Betreuerin in der LWS arbeitet

Lernen ist wie ein großer, alter Baum

Zurück am Ort des Lernens

Es gibt für mich unzählige Gründe in einer freien Schule arbeiten zu wollen und doch scheint es mir, als könnte ich alle diese Gründe unter dem Begriff „Lernen“ zusammenfassen.

Antonia Stängl

interesse ist die Schneiderei. Selbst hat sie schon im Vorjahr alle in Frage kommenden Schulen herausgefunden, studiert und dann wieder abgewählt. Ihr Hauptinteresse besteht darin, das Handwerk solide zu erlernen. Der Weg einer normalen Lehre erschien uns re-lativ einschränkend (sowohl für den Lehrling als auch den Meister) – es gibt allerdings die Möglichkeit, direkt zur Ge-sellen- oder Meisterprüfung anzutreten, nachdem man sich die nötige Fertigkeit angeeignet hat.Nun wird Mirjam ab nächstem Schuljahr ein Volontariat in einer Schneiderei be-ginnen - die Meisterin, von der sie gerne lernen möchte, hat sie bereits gefunden. Parallel werden wir gemeinsam ihren Werkraum zu Hause nach Bedarf er-weitern, damit sie zu Hause gut arbeiten kann. Im WIFI werden Kurse angeboten, die auch schon ihr Interesse angezogen haben: Schnitte zeichnen, Farb- und Stilberatung.Dann gibt es auch noch die Idee, ob sie sich vielleicht auch parallel auf die Ma-tura vorbereiten möchte. Dieser Gedan-ke ist relativ neu, man wird sehen, ob sie ihn weiterverfolgt.

Jugendliche gehen aufs GanzeDieses letzte Schuljahr hat ziemlich viele Projekte aufgebracht, sodass Mirjams Stundenplan so enorm ist, dass ich ihn wahrscheinlich nicht bewältigen würde. Alle ihre Aktivitäten sind selbst gewählt. Die immense Verdichtung dieses Jahr hat wohl auch einen psychischen Hin-tergrund: „Das ist mein letztes Jahr und ich will das noch alles unterbringen!“Mich als leidende Mutter hat hier Rainer Patzlaffs Aussage über das Jugendalter („Was Kinder zukunftsfähig macht“) etwas entspannt. Er beschrieb das Ju-gendalter als die Phase, wo sie eben auf´s Ganze gehen müssen/wollen, wo der Jugendliche die Grenzen des Mög-lichen auslotet. Wahrscheinlich kann ich mich glücklich schätzen, dass Mirjams „Extreme“ sich auf das Lernen bezie-hen…meine weiteren Kinder werden mich noch ganz anderes lehren.

Es folgt eine Kurzzusammenfassung, was Mirjam dieses Schuljahr alles lernt /tut (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):• Tanzen in der LWS – v.a. hip-hop• Singgruppe in der LWS• Englisch (mittels eines wunderbaren

Lernprogramms CD plus Buch) – muss jeden Tag gemacht werden mindes-tens eine halbe Stunde – ein guter Grund um 6 Uhr aufzustehen!

• Französisch Angebot in der Schu-le (muss sein, weil es ja die letzte Gelegenheit ist und unsere Jungbe-treuerin authentische Begeisterung rüberbringt)

• Spanisch (für die im April geplante Barcelona Reise…ich glaube Englisch ruht derweil)

• Für besagte Reise war sehr viel Or-ganisationsarbeit zu leisten. Zuerst eine Mappe über Barcelona zusam-menstellen, denn das war natürlich nicht das einzige attraktive Reiseziel. Mit Reisebüros telefonieren, billige Flüge und Hostels herausfi nden. (Die Professionalität mit der diese Anfragen über die Bühne gingen, war beeindruckend.)

• Zur Zeit geht es gerade ums Geld verdienen. Die Sekis sind dabei, soviel Geld wie möglich zu verdienen, damit wir Eltern nicht den ganzen Kosten-aufwand haben: da gehts um Kuchen backen, kochen, bei Veranstaltungen verkaufen, Putzen gehen, beim Re-novieren helfen,… (letztens hätte ich spontan jemanden zum Fensterputzen gebraucht: niemand hatte mehr Zeit)

• Andere Fächer, die grade in der LWS aktuell sind: Mathematik, Physik, Chemie, Rechtschreiben, Deutsche Grammatik, Geographie

Für die ersten Lebensjahre bis hin zur Pubertät war es für mich relativ einfach vorstellbar, wie Lernpro-

zesse innerhalb alternativer Pädagogik ablaufen. Immerhin habe ich mich in-tensiv mit Pikler, Montessori, Wild etc. beschäftigt. Jetzt, wo ich eine Tochter habe, die beginnt diese ungebrems-te Lernfreude auch auf vermeintlich „schulische“ Fächer zu übertragen, bin ich doch immer wieder leicht irritiert.Mit Begeisterung Latein lernen? Deutsch und Geschichte, Englisch und Mathema-tik? Wo ich auch hinsehe, Mirjam macht da im Wesentlichen keinen Unterschied. Sicher, es gibt Fächer, die ihr Interesse mehr fesseln – die Sinnhaftigkeit von Physik hat sich ihr noch nicht offenbart. Glücklicherweise merkt sie, dass ein gro-ßer Teil bei Physik eh Mathematik ist – da wäre sie wieder in einem ihrer Elemente.Vielleicht erinnert sich manch einer an einen Artikel, den ich vor etwa fünf Jahren geschrieben habe, als Mirjam die Erkenntnis hatte, wie unglaublich viel sie bereits lernt. „Sag mal, Mama, was lernen die in einer normalen Schule überhaupt? Nur lesen, schreiben und rechnen? Ich lerne hier ja viiiiel mehr: tonen (töpfern) und weben, stricken und auf der Kugel balancieren, Floß bauen und…..“Wie gesagt, diesem Teil ihrer Entwicklung konnte ich auch noch gut folgen. Seit ein bis zwei Jahren ist aber alles anders. Mir-jam hat eine klare Entscheidung getrof-fen, dass sie zum Schulschluss weg geht. Vielleicht ist es doch diese Perspektive, die sie dazu veranlasst sich mehr und mehr mit „normalen“ Schulfächern zu befassen. Unser Signal ist zwar eindeutig: wir erwarten und wünschen auch nicht, dass sie in das Regelschulsystem wech-selt, aber dennoch: Mirjam will es wissen.

So werden öffentliche Lehrpläne stu-diert, ich habe auch von einer Internet-recherche gehört, es ist ganz klar: Mirjam möchte wissen, wo sie steht. Andere Lern-werkstatt Abgänger streben eine höhere Schule an, auch dadurch wird der Lehr-plan natürlich interessant. Und in dieser Entwicklung beginnen also all die Spiele, die sie die ganzen Jahre über gespielt hat, Namen zu bekommen: Namen, die mich verunsichern: Mathematik, Englisch, Ge-schichte, Chemie… Und innerhalb dieser Namen schlummern weitere Namen, die auch nicht immer zu meiner Entspannung beitragen: Algebra, Pythagoras, Gravita-tionsgesetz und so weiter.Sehr eigen war auch die Lateinphase. Als sie begann mich in lateinischen Sätzen anzusprechen und eine Antwort erwartete oder nach der lateinischen Übersetzung eines Wortes fragte. Ich war ja auch bloß auf einem neusprach-lichen Gymnasium mit sechs (!) Jahren Lateinunterricht. Alles erfolgreich ver-drängt. Mirjams Lateinphase dauerte nicht sehr lange, sonst wäre ich viel-leicht sogar noch auf den Geschmack gekommen, Latein zu spielen.

In mir löst das alles viel aus, wird zu einer weiteren Ebene der Auseinandersetzung mit meiner eigenen Schulgeschichte. Aber auch eine weitere Ebene der pä-dagogischen Fragen. Soll und kann es ein Ziel sein, dass Jugendliche nach der Lernwerkstatt irgendwie auf „Schiene“ im öffentlichen System landen? Gibt es nicht auch danach bessere und effi zien-tere Wege zu lernen?Ich wurde von einer Lernwerkstatt Be-treuerin gefragt: „Und wenn Mirjam Dir heute eröffnen würde, sie möchte jetzt ins BORG gehen, wäre das eine Kata-strophe für dich?“Nun eine Katastrophe vielleicht nicht, aber ich würde schon sehr genau nach-fragen und wissen wollen, ob das wirklich der Weg unter den vielen möglichen ist, der ihr selbst die größte Freude macht. Wenn das so ist, steht es mir natürlich nicht zu, im Weg herumzustehen.Was wir allerdings schon tun als interes-sierte Eltern: wir informieren uns genau über die unterschiedlichen Ausbildungs-wege in Österreich. In Mirjams Fall ist das einfach. Ihr handwerkliches Haupt- Fo

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• In der Bücherei hatte Mirjam kürzlich eine glorreiche Idee: sie borgt sich jetzt einfach nur mehr historische Romane aus, dann ist die Lesezeit auch gut genützt (Katharina die Große, Erzher-zogin Sophie und die Päpstin waren schon an der Reihe)

• Regelmäßige Zeit mit ihrem Pferd ist natürlich Pfl icht (was es dabei alles zu lernen gibt, erzähle ich ev. ein andermal)

• Seit kurzem hat Mirjam ein Eltektromo-ped (dem gingen Recherchen voraus, Mopedkauf, Fahrstunden, Führerschein-prüfung…). Sie trägt sich mit dem Ge-danken, eine eigene Firma zu gründen (mit väterlicher Unterstützung), da es in NÖ noch keinen Vertrieb dafür gibt. Bei Interesse: sie bastelt an einer Internetseite (www.stroMoped.at), mit einem Link auf der LWS-Seite ist dem-nächst zu rechnen.

• Last but not least: die Theaterbegeis-terung ist ungebrochen, es folgen zahlreiche Aufführungen im Frühling. (Nicht zu vergessen die Arbeit an der Bühnenfassung von Schneewittchen und das Nähen zahlreicher Kostüme im Vorjahr.)

Mehr oder weniger zaghafte Versuche mei-nerseits, den Stundenplan eventuell ein we-nig zu reduzieren sind meist auf völlig taube Ohren gestoßen. Obwohl, das regelmäßige Babysitten scheint sie in letzter Zeit doch ein wenig eingeschränkt zu haben. ★

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ungebremste lernfreudeWir sind hier in der Lernwerkstatt aus Überzeugung. Aus Überzeugung darüber, dass der in unserer Welt „normale“ Weg zu lernen, nicht der beste sein kann. Aus Überzeugung darüber, dass es einen Weg gibt, wie Kinder in ihrer Lebens- und Lernfreude ungebremst durch das Leben gehen können.

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Antonia Stänglist Diplompädagogin, Mutter von 4 Kindern, pädagogische Referentin der LWS und in der Begleitung von Eltern tätig.

Das letzte Schuljahr in der Sekundaria

Mirjam plant ihre Zukunft

Die Begeisterung für das Theater mit den Pistatschios ist ungebrochen

In meiner Schulzeit war ich ein durch-schnittlicher Mathematiker, in der Grundschule war Rechen leicht für

mich, im Gymnasium habe ich nicht allzu viel verstanden. Aber irgendwie hat es mich immer schon begeistert, diese Ahnung, dass alles mit allem zu-sammenhängt, dass alles so wundervoll ineinander passt. Und es war die Mathe-matik, die mir offenbarte, dass alles eins ist. Oft hatte und habe ich den Eindruck, als könnt ich die Mathematik hören. Wie eine herrliche Symphonie durchklingt sie den Kosmos. Tief in mir war dieses Wissen gespeichert, dieser Ausdruck von Vollkommenheit. Da man Mathematik eigentlich so gut wie gar nicht braucht und jede/r mit minimalen Kenntnissen gut durch den Alltag kommt – es sei denn als Schüler oder Schülerin – kam Mathematik nach der Matura in meinem Leben kaum vor, bis ich die Montessorimaterialien ken-nen lernte. Das war in Südamerika, im Pesta und der 14-jähige Raphael Wild war mein erster Lehrer. Diese Erfahrung brachte mit einem mal diese ganze Sym-phonie von Zahlen und Formen in mir zum Klingen. Ich rechnete, spielte und forschte, staunte und eine tiefe Freude kam in mir auf. Und das ist mir geblieben, diese Freude und Lust an der Mathematik und am Rechnen. Ich genoss das Privileg, ganz ohne Vorgaben und Bewertungen von außen, ganz aus meinem inneren Impuls heraus, mich dieser Welt hinzu-geben, in vollen Zügen! Ich kam mir vor wie ein Künstler und so geht es mir auch heute noch, Mathematik ist für mich ein künstlerischer, kreativer Ausdruck.

Wer gerade vor einer Hausübung sitzt oder sich auf eine Schularbeit vorbe-reitet und Mathematik hasst, der kann das wohl nicht nachvollziehen. Ja, man sollte Mathematik als Pflichtgegenstand einfach abschaffen, zumindest die so

genannte höhere Mathematik, oder sie den Menschen so zugänglich machen, dass sie erfahrbar wird. Durch dieses intensive Rechnen mit Ma-terial erfuhr ich ganz neue Seiten der

Sachen und ich staune immer aufs Neue, was da zu Tage tritt. Eine völlig neue Art mit dieser, oft als trocken und kühl be-zeichneten, Wissenschaft umzugehen.Ausgestattet mit diesen reichen Er-fahrungen der Freude und Liebe zu dieser Art der Mathematik, ist es mir unmöglich geworden, Mathematik unter Zwang und äußerer Verpflichtung zu vermitteln. Ich habe auch darin Erfah-rung gesammelt und erlebt, wie in mir selbst die Begeisterung erloschen ist und Mathematik zu dem wurde, wie es viele erleben, schal und öd! Diese Erfahrung bestätigte mich zu tiefst in dem, was ich immer schon spürte: Die Freiwilligkeit und die Eigeninitiative sind heilig. Man kann Lernen nicht verordnen! Ja, die Ei-geninitiative ist der Motor des Lernens.Oft habe ich erlebt, dass SchülerInnen von freien Schulen sagten: „Mathematik ist so interessant und schön, schade, dass ich mich früher nicht intensiver damit beschäftigt habe.“ Oder wenn Erwachsene mit den Montessorimate-rialien vertraut werden, höre ich immer wieder: „Wenn ich das als Kind schon kennen gelernt hätte, ja dann…“In mir bestätigt sich immer mehr der Verdacht, dass das wirkliche Interesse für Mathematik bei vielen erst spä-

Neben diesem ganzheitlichen Nutzen lieferte das Experimentieren mit den ver-schiedenen Materialien natürlich auch eine Fülle an mathematischen Erkennt-nissen. Es ist immer wieder ein großer Genuss, wenn neue Aha-Erlebnisse sich einstellen, ein richtiger Kick, der nach mehr verlangt. Die Grundrechnungsar-ten mit unterschiedlichen Materialien zu erforschen und zu erfassen bringt eine wunderbare Basis für alle weiterführen-de Mathematik. Wer in dieser Art viele Erfahrungen macht, für den wird Mathe-matik immer mehr zu einem Genuss und zu einem wirklichen Abenteuer. Und dann offenbart sich die Lebendig-keit und diese verspielte Kreativität und Schöpferkraft der Mathematik, die immer nach neuen Ausdrucksformen sucht, ähn-lich wie die Musik und andere Kunstarten. So ist dann die Mathematik viel mehr als nur ein hervorragendes Werkzeug für die Wissenschaft und die Technik.Aus diesem Erleben entstanden immer wieder neue Materialien, Spielarten des Rechnens, die immer wieder neue Er-fahrungsmöglichkeiten brachten. Es sind große, begehbare Materialien entstan-den, wo Menschen selbst zu „Perlen“ wer-den, sich gemeinsam als Zahl empfinden. Zurzeit experimentiere ich viel mit diesen

Mathematik. Ich spürte, wie die Tätigkeit des Rechnens, zum Beispiel das Legen ei-ner großen Division, mich tief erfüllte. Ich wusste längst, wie das geht, kannte längst die schönen Muster, die da entstehen, hatte keine neuen mathematischen Erkenntnisse, und doch machte ich es immer wieder. Es

ist wie Meditation, ich genieße die Ruhe in mir und die Ordnung, die so entsteht – ein wirklich heilsames Geschehen. Diese Art des Rechnens schult auch die Genauigkeit und die Konzentrationsfähigkeit.

ter erwacht und „erstaunlicherweise“ erst dann, wenn man es nicht mehr „braucht“, wenn man aus der Schule draußen ist, aus diesem unglaublich starken kollektiven Feld von Schule als Ort, wo man lernen soll und vielleicht auch noch bewertet und benotet wird. Die Montessorimaterialien sind genial und wunderschön, doch wenn Kinder mit ihnen arbeiten müssen und ihnen gegen ihren Willen Mathematik beigebracht wird, ver-lieren die Materialien ihren Glanz und ihre Bestimmung sofort. Welchem Erwachse-nen würde wohl das Herz aufgehen, wenn er später diesen Materialien begegnete?Die Freiwilligkeit macht den Menschen aus! Das heißt nicht, dass man sich als BetreuerIn verstecken sollte und man nur zu warten braucht bis die Kinder oder Jugendlichen etwas tun wollen.Für mich sind begeisterte, interessierte, lernende und wissende BetreuerInnen das Herzstück der vorbereiteten Umgebung, Erwachsene, die sich einbringen und die Materialien beleben – aber: immer mit dem tief empfundenen Respekt, dass nie-mand diese Begeisterung teilen muss. ★

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die freiheit und die mathematikMathematik ist Meditation, heilsames Geschehen, großer Genuss. Den richtigen Kick bietet sie aber nur jenen, die sich freiwillig darauf einlassen.Theo Feldner

Versunken in Mathematik entsteht heilsame Ordnung

Aha-Erlebnisse stellen sich ein – ein Kick der nach mehr verlangt Montessori-Materialien sind genial

Theo Feldnerbegeistert mit seinem „MaTHEOmatik“-Angebot die Jugendlichen der Lernwerkstatt.

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Vor 29 Jahren entstand aus dem Wunsch, Kinder bei der Ent-wicklung einer freien und selbst bestimmten Persönlichkeit zu unterstützen, die Idee, eine eigene Schule zu gründen und nicht mehr auf die staatliche Erziehungsgewalt zu vertrau-en. Die SchülerInnenschule wurde gegründet – als selbst verwalteter Verein von engagierten Eltern und LehrerInnen. Schon bald erhielt die Schule, die sich den so genannten Glocksee-Lehrplan aus Hannover zum Vorbild genommen hatte, Öffentlichkeitsrecht bis zur 9. Schulstufe. Der Glock-see-Lehrplan wurde ausgewählt, weil er den BetreiberInnen der neuen Schule so viel Freiheit wie möglich bot: keine Zerstückelung des Lehrstoffes in zahlreiche Einzelfächer, sondern nur vier Fachbereiche: Natur, Ästhetik, Sprache und Gesellschaft. Das Werkcollege, nun im 4. Jahr, ist die logische Fortsetzung und bietet die Möglichkeit, so lange die alternative Schul-bank zu drücken, bis die individuellen (Lern-)Ziele erreicht sind. Derzeit besuchen etwa 40 Schülerinnen und Schüler die SchülerInnenschule und das Werkcollege, sie haben da-bei 500m² in einer alten Lokomotivfabrik zur Verfügung, die heute das größte alternative Kulturzentrum Europas beher-bergt – das Werkstätten- und Kulturhaus (WUK) im 9. Wiener Gemeindebezirk.

Da die SchülerInnenschule wie auch das Werkcollege keinem bestimmten pädagogischen Konzept unterworfen sind, be-fi nden sie sich ständig im Wandel und passen sich den Wün-schen und Bedürfnissen der jeweils Beteiligten an.In den Anfangszeiten gab es noch Klassen, die SchülerInnen mussten zu ExternistInnenprüfungen antreten und daher den Lernstoff der Regelschule lernen. Als die Schule das Öffent-lichkeitsrecht erhalten hatte, wurden die Jahrgangsklassen aufgelöst und durch lose Lerngruppen ersetzt, Noten wurden mal abgeschafft, dann wieder eingeführt, ebenso war die Teilnahme am Unterricht mal völlig freiwillig, dann wurde wieder darauf geachtet, dass die Kinder sich am Unterricht beteiligen. Es gab Jahre, wo die SchülerInnen sich ihren Lehrstoff hauptsächlich selbständig aneigneten, es gab Pro-jektunterricht, offene Lernformen, soziales Lernen, gearbeitet wurde mit allen möglichen Materialien, die Lernräume wur-den gewidmet und umgewidmet, es wurde vieles ausprobiert, wieder verworfen. Das Rad wurde mehrmals neu erfunden, je nachdem, wer gerade mit welchen Ideen zur Lebendigerhal-tung der Schule beitrug.Nicht umsonst prangt auf dem Dach des WUK der Spruch: Experimentieranstalt für immer. Was für das ganze Haus gilt, gilt ganz besonders auch für die Schule.

Heute können sich Kinder in der SchülerInnenschule und im Werkcollege ganz ihren individuellen (Lebens-)Zielen widmen: Hauptschulabschluss, Matura, Beendigung der Schulpfl icht, Vorbereitung auf den Beruf oder eine andere Schule, vor allem aber werden sie dabei unterstützt, ihre Persönlichkeit, ihre Stärken und Interessen zu entwickeln, die Schule bietet ihnen einen Lebens- und Lernraum, der sie einerseits behütet und beschützt und sie andererseits täglich neu herausfordert.Gelernt wird in kleinen Gruppen mit ganz unterschiedlichen Methoden. Es gibt genauso Frontalunterricht wie selbständi-ges Arbeiten in Gruppen oder alleine, die Materialen sind zum Teil für alle frei zugänglich und jederzeit zu verwenden.Es gibt einen Stundenplan mit vier Lerneinheiten am Vormit-tag und zwei am Nachmittag. Blockprojekte zu bestimmten Themen (Trickfi lm, 2. Weltkrieg, Zirkus, Gender,…) setzen diesen außer Kraft.Jedes Kind stellt sich seinen Stundenplan individuell zusam-men, die Einheiten, für die sich ein Kind entschieden hat, sind verpfl ichtend zu besuchen.Wer einen Abschluss mit Notenzeugnis braucht, hat darauf zu achten, dass er/sie sich den Lehrstoff, der dem jeweiligen Abschluss entspricht, ausreichend angeeignet hat.

Beim wöchentlich stattfi ndenden Plenum, an dem alle Kinder teilnehmen, üben sie sich in Demokratie, lernen, Protokoll zu führen, eine Gruppe zu leiten, eine Diskussion zu moderieren, Konfl ikte zu lösen, Beschlüsse zu fassen und zu exekutieren.Und vor allem lernen sie: denken und Verantwortung zu übernehmen.

Nährere Infos hier:www.schuelerinnenschule.at

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experimentieranstalt für immerIm Wiener WUK fi ndet sich mit der SchülerInnenschule eine der traditionsreichsten Alternativschulen Österreichs. Um die „richtige“ Art des Lernens rauszufi nden, wurde im Lauf der Jahre kräftig experimentiert. Claudia Gerhartl

Das Netzwerk, der Bundesdachverband für selbstbe-stimmtes Lernen ist ein Zusammenschluss von Elternschul- und Unterrichts-Initiativen, die einen respektvollen Umgang mit Kindern praktizieren. Jede dieser Schulen hat aufgrund ihrer Geschichte, ihres Status (Privatschule mit oder ohne Öffentlichkeitsrecht) und selbstverständlich auch aufgrund

der Entscheidungen der jeweils agierenden Eltern, Kinder und BetreuererInnen ein etwas anderes Konzept. Auch die Lernwerkstatt im Wasserschloss gehört dem Netzwerk an.Wir wollen im Freigeist diese Schulen vorstellen und damit ein Gesamtbild der pädagogischen Vielfalt im Land, die das Regelschulwesen ergänzt, ermöglichen.

Claudia Gerhartlist Pädagogin

und Direktorin der SchülerInnenschule, sie hat zwei Töchter,

unterrichtet Deutsch, Philosophie,

Mädchenprojekt und Geschichte.

das netzwerk

Die SchülerInnenschule wurde 1979 gegründet und ist seit 1982 im Wiener Werkstätten- und Kulturhaus (WUK) behei-matet. Somit ist sie neben der Freien Schule Hofmühlgasse und dem Schulkollektiv eine der ältesten demokratischen Alternativschulen Österreichs.

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Die Zwischenziele, die es in der Regel-Volksschule für die erste, zweite und dritte Schulstufe gibt, werden hingegen bei uns nicht kontrolliert. All diese Jahre können für das genutzt werden, was die Natur vorsieht: für Rollenspiele, für kreativen Ausdruck im Werken, in der Bewegung, in Musik, Tanz, Theater, Geschichten lesen und selber schreiben, rechnen, basteln…. Es gibt Zeit und Ruhe, Konfl ikte auszutragen, Projekte zu kreieren, draußen oder drinnen zu lernen. Innere Bilder können verarbeitet werden. Es wird gespürt, gestaunt, geplant, gewerkt, geredet, gelebt, gelernt. Dem Alter entsprechend zuerst alleine, dann meist mit „Dus“, zum Schluss mit „Wirs“. Eigeneinschätzung und Eigensinn können langsam reifen. Formales Lernen, abstrakte Aufgaben sind von der Natur her erst nach dem ersten Lebensjahrzehnt sinnvoll.Die Fortschritte der Kinder mit ca. 10 Jahren innerhalb des „Crashkurses“ begeistern die Kinder, deren Eltern und auch mich jedes Jahr von Neuem. Genau deshalb, weil sie vorher nicht „mussten“, sind sie sehr konzentriert und neugierig bei der Sache. Oft gibt es von den Eltern der Abgänger aus dem Re-genbogenhaus die Rückmeldung, dass diese „Lust aufs Lernen“ auch beim Übertritt in die weiterführenden Schulen erhalten bleibt. Darüber bin ich besonders froh. Die Kinder wissen, wie sie am besten lernen, denn wir verwenden viel Zeit für Strate-gien und Tricks in den Crashkursstunden. Sie haben die Gewiss-heit, Fehler machen zu dürfen und diese selbst entdecken zu

Doris Baumann-Rudlof

Den theoretischen und wissenschaftlichen Hintergrund un-serer Begleitung im Regenbogenhaus Graz stellt die Neurobi-ologie dar, deren Ergebnisse wir in der praktischen Arbeit mit den Kindern umsetzen. Unser Schulprojekt besteht seit bald 18 Jahren:Es gibt die Knotzelstube für Kinder im Alter zwischen 0 und 4 Jahren. Einmal wöchentlich zwischen 15 und 17 Uhr kom-men Eltern mit ihren Kindern ins Haus. Für die Kinder ist die „vorbereitete Umgebung“ der Turnsaal, für die Eltern gibt es Gelegenheit, Fragen zu stellen und Antworten zu fi nden: gemeinsam mit den PädagogInnen, sowie Eltern von Regen-bogenhauskindern. Dann gibt es die Kindergartengruppe mit maximal 15 Kindern und die Schulgruppe mit 30 Kindern der ersten bis vierten Schulstufe. Im Lauf der Jahre habe ich gemerkt, dass die Kids etwa ab dem 10. Lebensjahr die innere Kraft haben, in kurzer Zeit all das zu erlernen, was in den Regelschulen am Ende der vierten Schulstufe erreicht ist. Wir leben in Österreich und meiner Meinung nach ist es unumgänglich neben dem Lesen und der Fähigkeit sich über Sprache und Text auszudrücken, auch die Rechtschreibung zu beherrschen. Ebenso ist es wichtig, neben dem lustvollen Lösen mathematischer Rätsel auch das schnelle Rechnen am Papier zu beherrschen.

Der CrashkursDeshalb habe ich gemeinsam mit den Kindern in den letzten sieben Jahren den „Crashkurs“ entwickelt. Die Ergebnisse der gemeinsamen Arbeit sind so gut, dass ich diesen Kurs auch mit jenen Kindern mache, die nicht in öffentliche Schulen übertreten, sondern im Alternativschulbereich bleiben und eine Sekundaria besuchen.

Hier die Beschreibung des „Crashkurses in der Regenbogen-schule Graz“:Jedes Jahr sind bei uns fünf bis acht Kids in der vierten Schulstufe. Für diese SchülerInnen gibt es zwei- bis dreimal pro Woche für jeweils eine Stunde zum ersten Mal Lehrervor-gaben in einem klaren Fachunterricht. Ein Deutsch- und ein Mathematikheft werden geführt, der Atlas und das Wörter-buch werden verwendet. Jede Woche wird eine Hausaufgabe vergeben, die auch kontrolliert wird. Es gibt zum ersten Mal

für das Regenbogenhauskind Feedback für Leistungen am Papier, sogar Schularbeiten und Noteneinschätzungen! Denn am Ende des Crashkurses gibt es auf Wunsch ein Notenzeug-nis! Die Lehrplanziele der vierten Schulstufe an Regelschulen werden in unserem „Crashkurs“ erreicht. Es sind dies diesel-ben „messbaren Ziele“ (Probeschularbeiten, Schularbeiten, Diktate….) am Blatt wie in der Regelschule, nur mit dem Unterschied, dass die Kinder älter sind. Die Fortschritte sind deshalb unglaublich schneller, weil auf ihre körperliche und geistige Reife Rücksicht genommen wird. Im Nu erlernen die Kids die drei Schriften, sie achten auf die Rechtschreibung und schaffen Rechenoperationen mit großen Zahlen.

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lernen im regenbogenhaus graz - die daseinspädagogik können. Denn Lernen ist Leben. Und Lernen ist nicht Schule und Schule soll schon gar nicht das Leben sein, nicht wahr?

Vertrauen der ElternBei den bisherigen Beschreibungen habe ich von den Kindern und PädagogInnen im Regenbogenhaus gesprochen. In all den Jahren habe ich jedoch erkannt, dass die Eltern jene sind, die es bei unserem etwas anderen Weg des Lernens am schwersten haben. Denn sie haben eine andere Schule durchwandert und erleben ihr Kind nun in der Regenbogen-schule. Sie sind selbst nicht dabei, wenn gerade wunderbare „Lernschritte“ gemacht werden. Und vor lauter Tuntuntun erzählen die Kinder im Volksschulalter zuhause eher wenig. Darum ist es das wichtigste, die Eltern möglichst oft und gerne mitzunehmen in diese neue Form des Lernens. Denn der Gedulds-, der Vertrauensfaden der Eltern ist es, der dick gewebt sein muss!Darum habe ich im November 2007 das Buch über die Da-seinSpädagogik „Prinzen und Prinzessinnen sind da“ heraus-gegeben. Da gibt es viele praktische Beispiele, wie Lernen im Regenbogenhaus passiert und Aufmunterungen für Eltern, die Schulen und Kindergärten gründen wollen.

Auf unsere homepage www.regenbogenhaus.org habe ich auch eine Leseprobe gestellt. Im Frühling gibt es an vier Wo-chenenden ein Seminar / einen Gedankenaustausch über die „DaseinSpädagogik“ im Regenbogenhaus Graz, wofür sich noch Interessierte per Mail anmelden können: [email protected]

Das Netzwerk, der Bundesdachverband für selbstbe-stimmtes Lernen ist ein Zusammenschluss von Elternschul- und Unterrichts-Initiativen, die einen respektvollen Umgang mit Kindern praktizieren. Jede dieser Schulen hat aufgrund ihrer Geschichte, ihres Status (Privatschule mit oder ohne Öffentlichkeitsrecht) und selbstverständlich auch aufgrund

der Entscheidungen der jeweils agierenden Eltern, Kinder und BetreuererInnen ein etwas anderes Konzept. Auch die Lernwerkstatt im Wasserschloss gehört dem Netzwerk an.Wir wollen im Freigeist diese Schulen vorstellen und damit ein Gesamtbild der pädagogischen Vielfalt im Land, die das Regelschulwesen ergänzt, ermöglichen.das netzwerk

Doris Baumann-Rudlofist Gründerin und Leiterin des

Grazer Regenbogenhauses

Der Elternbeitrag liegt bei nur 180 € / Monat

Abstrakte Aufgaben sind erst ab 10 sinnvoll

In kurzer Zeit erlernen die Kinder den Volksschulstoff

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Familie Muschailov

unser weg in die lernwerkstatt

„Erstens: Liebe. Zweitens: das Gefühl, beschützt zu sein. Und drittens: das tiefe Wissen um eine Zugehörigkeit.“

bezog, nebensächlich und bald verges-sen war. Und wir waren uns deswegen - schon bevor wir Kinder hatten - einig, dass dies die richtige Schulform für uns sein würde. Der Rest des Weges ist eben ziemlich gerade, wie gesagt. Wir wollten aufs Land. Eine Alternativschule musste dort zu finden sein, das war ein wichti-ges Kriterium.Unsere Tochter Muriel geht begeistert in die Schule und ich mache mir manchmal Sorgen, warum wir keine Sorgen haben, dass sie nicht genügend lernt. Doch irgendwelche Sorgen muss man sich machen, sonst wären wir ja keine guten Eltern, oder? ★

Luise Muschailov

möglichst viel neben der Schule verdie-nen konnte, um etwas zum Familienbud-get beizutragen. Er hat dann die Matura außerhalb der Schule gemacht, wegen eines ihm unsympathischen Lehrers (oder waren es die schlechten Noten? Egal, das läuft fast auf das Gleiche hinaus).Durch die Maturaschule haben wir uns kennen gelernt – da soll noch einer sa-gen, Matura wäre nicht lebensnotwen-dig. Damals studierte ich Pädagogik, machte eine Montessoriausbildung und verschlang die „Wilds“ und Piaget.Elazar verstand auch sofort, was Alter-nativpädagogik bedeutet - vielleicht weil er wirklich hauptsächlich fürs Leben und für sich gelernt hatte und alles Lernen, das sich nur auf die Schule

Es gibt verschlungene, abenteuerliche, romantische und interessante Wege. Unser Weg in die Lernwerkstatt ist eher eine Asphaltstraße. Oder doch romanti-scher: eine Allee. Gerade. Eine Strecke, bei der man als Beifahrer gerne mal einnickt, in der Hoffnung in interessan-teren Gegenden wieder aufzuwachen.In meiner Kindheit konnte ich in der Bi-bliothek meiner Eltern Bücher finden wie: Erich Fromm, Krishnamurti, „Bewusst fruchtbar sein“ (den Autor habe ich vergessen, das Buch war sehr informativ) und Summerhill. Mein Vater war Bud-dhist, meine Mutter katholisch und beide später religionslos, jedoch gläubig. Mein Vater erzählte gerne, dass er selten die Schule besuchte, sondern lieber in Wald und Flur herumstrich und sämtliche Pflanzen lernte. Er ist heute Botaniker an der Uni und war einer der schlechtesten Schüler. Meine Mutter brüstete sich mit Geschichten, wie sie sich durch gekonntes Vortäuschen eines Ohnmachtsanfalls Prüfungen entziehen konnte. Sie ist heute Pädagogin.Wir drei Schwestern bekamen für einen Fünfer in der Schule 100 Schilling. Für einen Vierer 50 Schilling. Für einen Ein-ser gab es nichts, außer ein „Kann ja mal passieren.“ So wurde mein Blick auf das übliche Schulsystem, durch das ich mich wie alle anderen Kinder mehr oder we-niger durchquälte, schon früh auf den Kopf gestellt. Meinen Eltern fehlte nur die Alternative – und die habe ich heute für meine Kinder!Elazar, mein Mann, war in seiner Schul-zeit damit beschäftigt, zuerst eine ihm völlig fremde Sprache nach einer Flucht aus Aserbaidschan zu lernen. Um dann später der Frage nachzugehen, wie er

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„Man kennt nur die Dinge, mit denen man sich vertraut gemacht hat“, sagt der Fuchs zum kleinen Prinz.Dieser Satz, den ich schon so oft gehört habe, bestimmt in meiner Anfangsphase als Betreuerin in der Lernwerkstatt meinen Alltag. Das „Kennen-Lernen“ ist eine besondere Art des Lernens und die fi nde ich hier in der Schule in all ihren vielfältigen Erscheinungsformen. Das Schöne daran ist, dass ich dabei „füchsisch“ vorgehen kann und mir Zeit dazu lassen kann, mich vertraut machen kann und jeden Tag ein Stück-chen näher rücken darf.

Die Schneewoche im Jänner war für mich eine wunderbare Gelegenheit in einem intensiven einwöchigen Rahmen das Phänomen „Kennen lernen“ zu erfahren, zu beobachten, zu spüren und selbst zu erleben.

Ich habe es genossen, Kinder und Jugendliche anders und näher kennen zu lernen! Da gab es zum Beispiel viel Zeit für gemütliche Plauderrunden auf den Sofas im Gemeinschafts-raum, wo scheinbar plötzlich ein Kind, das ich davor in der Schule als ganz schüchtern und scheu erlebt habe, seinen Kopf in meinen Schoß gelegt hat oder während eines Spa-ziergangs zum Supermarkt ins benachbarte Dorf vergnüg-liche und vertrauliche Ge-spräche mit einem Mädchen stattgefunden haben, das ich bisher noch nicht von dieser Seite kennen gelernt habe.

Im Laufe der Woche gab es eine ganz große, aufregende und spannende Herausforderung des Kennenlernens, die ich beobachten durfte: Im Quartier war außer der Lernwerkstatt noch eine tschechische Schulklasse mit Jugendlichen unter-gebracht. Zuerst entstand nicht viel Kontakt – doch nach etwa drei Tagen wurden diese Jugendlichen, die eine andere, unbekannte Sprache sprachen, immer interessanter. Im Ge-meinschaftsraum wurden sie zuerst mal im Vorbeigehen oder von der Ferne beäugt - genau beobachtet – doch dann wur-den die Sofas schon zusammengerückt und ein neugieriges Gespräch begann.

Tanja lief als Berichterstatterin immer hin und her und hat uns BetreuerInnen auf dem Laufenden gehalten, was „da drüben“ im Sofaraum gerade passierte: „Die sind ja voll nett!!! – Sie können nicht so gut Deutsch und deshalb müssen wir gaaanz langsam sprechen, damit sie uns verstehen!“ und schon zischt Tanja wieder zu der Gruppe der Jugendlichen und Kinder, die gerade dabei war, sich einander anzunähern. Nach einer Wei-le kommt sie ganz aufgeregt zurück: „Wir versuchen es jetzt mit Englisch! Ja! Und sie haben uns sogar gerade gefragt, ob wir heute auf ihr Abschiedsfest kommen wollen!!!“.Am nächsten Tag sind die tschechischen Jugendlichen ab-gereist. Zum Abschied hat Tanja für ein Mädchen ein Bild gezeichnet und es ihr vor der Abreise zum Bus gebracht.

Für mich war es total spannend, diesen Prozess des Kennen Lernens zu beobachten. Diese vielen kleinen und großen Schritte, die es braucht, die Nähe und die Ferne, das Beo-bachten und das Dabeisein, das Sprechen und das Schwei-gen, das Berühren und das Berührtsein, das Lachen und das Weinen und vor allem diese strahlenden Augen und offenen Herzen. ★ Lucia Glaser

vom kennen-lernen

schulalltag

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fi nden nun wieder einige Seminare in Wien statt, darunter zum ersten Mal in Europa auch ein Sing–Seminar. Denn natürlich ist es auch Duncans feste Überzeugung, dass jeder singen kann.Im Seminar für Songwriting macht er wieder alle Vorurteile zunichte. So bringt er den Teilnehmern binnen kurzem die gesamte Harmonielehre, Melodielehre und Songwriting bei. Es ist ganz leicht einen Song zu schreiben! Und anschließend erzählt er noch, wie man seine eigene Musik richtig verkauft ohne sich in große Gefahren zu bege-ben. Doch so toll das klingt, bleibt es einem nicht erspart nach so einem Se-minar zu üben. Denn man versteht jetzt zwar, wieso die Gitarre so klingt wie sie klingt oder wie man einen kompletten Song in 5 Minuten schreibt, aber üben muss man trotzdem noch immer. Doch was und wie oft? Damit sich die Teilneh-mer diese Fragen nicht stellen müssen, hat Lorien einen täglichen Übungsplan zusammengestellt und dieser dauert maximal 10 Minuten. Danach kann man nach ein paar Wochen schon gemütlich mit ein paar Leuten jammen.Für mich waren die Seminare eine große Bereicherung. Obendrein haben sie viel Spaß gemacht. ★

Also was ist jetzt diese „Begabung“? Genau bei diesem Punkt beginnt Lorien Duncan mit seinem Seminar:

nämlich, dass jeder ein Instrument er-lernen kann, wenn er das nur will. Beet-hoven wurde taub und das hat ihn auch nicht gehindert gute Musik zu machen. Letzte Woche besuchte ich das Seminar „Die Musiklehre-verstehen“ von Lorien Duncan. Und das, was ich dort in drei Ta-gen lernte, war ca. der 2-Jahres Stoff in einer herkömmlichen Musikschule. Wir lernten als Erstes wie Musik entsteht. Also was Klangkörper und Frequenzen sind und die gesamte Musik-Geschichte bis in die heutige Zeit. Wir begannen wirklich bei den Roots und arbeiteten uns durch die gesamte Musiktheorie. Von allen Akkorden und Tonleitern

bis hin zum eigentlichen Spielen. Man bekommt ein gesamtes Bild von Musik und nicht nur Ausschnitte davon, wie es in den meisten Musikschulen so ist. Loriens musikalische Fähigkeiten sind sicher top, aber noch erstaunlicher sind seine Fähigkeiten Menschen etwas mit so einer Leichtigkeit beizubringen. So bringt er innerhalb eines Wochenen-des einer Gruppe von 80 Personen, die noch keine Note in ihrem Leben gespielt haben, die gesamten Grundlagen der Musik bei, von Akustik bis zu Tonleitern. Am Schluss können alle Teilnehmer langsam aber doch am Kla-vier spielen und verstehen auch, was sie tun.

Das heißt aber nicht, dass dieses Semi-nar für Fortgeschrittene uninteressant ist, denn man beginnt das gesamte Thema Musik anders zu betrachten. So erzählt er zum Beispiel, dass Musik eine konkrete Sprache ist und Noten wie Bü-cher zu lesen sind.Privat als auch geschäftlich ist Lorien Duncan Musiker, Komponist, Produzent, Musikwissenschaftler und Ausbilder. Sein Ziel ist es Musik Menschen näher zu bringen und er wirft dabei alle Vor-urteile über Bord. Lorien ist der Ansicht, dass kein Mensch unmusikalisch, unta-lentiert oder zu jung oder zu alt ist, um Musik zu verstehen und ein Instrument zu erlernen. Er sieht es als seine Lebensaufgabe an, andere von seiner Forschungsarbeit pro-fi tieren zu lassen. Und diese dauert nun schon lange. 1954 wurde er in London geboren und bereits mit 4 Jahren nahm er Klavierunterricht. Seine Musikausbil-dung führte ihn an das St. Lukas Lehrer - College in Exeter und hier begegnete er zum ersten Mal unnötigem Ernst und einer enormen Komplexität, die seiner Meinung nach heute fester Bestandteil der modernen Musikausbildung ist. 1971 begann seine Beschäftigung mit Musikgeschichte. Vor allem mit dem Ziel, herauszufi nden, wo die viele Falschin-formation in der Musikausbildung herstammt. Duncan entschied sich, das konventionelle Lehrerausbildungssys-tem zu verlassen und begeistert inzwi-

schen viele Interessierte auf der ganzen Welt.Er bietet neben dem „Das Musik-verstehen-Semi-nar“ noch das Wochen-endseminar „Das Songwri-ting-verstehen-Seminar. Erfolgreich komponieren und texten“ an. Ende April

Konrad Gerger

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spenden aufruf

Das Schuljahr schreitet in zügigen Schritten voran. Bestän-diges Tun im Alltag der LWS. Kinder und Jugendliche sieht man dienstags konzentriert an ihren Stücken in der Schmiede arbeiten. Im Bastelbereich wurden für den Osterhasen Geschenke zum Verstecken vorbereitet, in der Werkstatt sind es Tonsachen, die entstehen, auch aus Wachs gegossene Hasen konnte man se-hen, hin und wieder schlich sich eine Wachselfe dazwischen.

Ein geeignetes Verstau- u. Aufhebkammerl des Veranstal-tungs-Arbeitskreises (Verak) existiert bereits in den Ge-hirnwindungen der Zuständigen vom Gebäude-Arbeitskreis (Gebak). Überhaupt vieles ist in den Köpfen planfertig - allein die Umsetzung lässt oft lange auf sich warten oder scheitert. Material fehlt, oder es gibt keine fi nanziellen Ressourcen.

Sie ahnen es, liebe Leserinnen und Leser: an dieser Stelle folgt der Aufruf an Sie!Der Ideenreichtum der Kinder, Jugendlichen und Betreuer ist groß. Und wenn Sie beispielsweise weiße T-Shirts haben, so wären diese bei uns gut aufgehoben; es fi nden sich rasch welche, die diese zu wahren Kunstwerken designen. Ge-schenkpapier und Servietten sind sehr willkommen, ebenso Perlen jeglicher Art, ob groß, klein, bunt, einfärbig, matt oder glänzend. Wolle in allen Farben ist äußerst beliebt bei unse-ren WeberInnen, KnüpferInnen und StrickerInnen! „Der eine trägt Holz, der andere wärmt sich daran“ meinte damals Wilhelm Busch. Und in der Tat benötigen wir viel Holz: Feuerholz für den Außenbereich, Bastelholz für die Werkstatt.

Und wenn Sie, liebe LeserInnen, gerade den Osterputz hin-ter sich haben, dann könnte das eine oder andere, welches im hinteren rechten Eck Ihrer Garage hervorlugte oder im obersten Regal des Kellers achtlos lag, durchaus nützlich für uns sein.

Dazu kontaktieren Sie bitte:Susanne Schreiber [email protected]. 02742/71103

Sie kann Ihnen Auskunft geben, wann und wo Sie Ihre Schät-ze für uns abgeben können. Und wenn sich keine Materialien fi nden ließen, so haben Sie die Möglichkeit, uns mit einer fi nanziellen Zuwendung zu un-terstützen. Zur Erleichterung der guten Tat haben wir einen Zahlschein beigelegt.

Für heute ein herzliches Danke und eine sonnige Zeit!

die leichtigkeit der musik?Wie viele Menschen haben es nicht einmal versucht ein Instrument zu lernen, weil ihnen gesagt wurde, dass sie nicht die Begabung dazu hätten oder zu kleine Finger haben? Sicher eine ganze Menge. Viele glauben dann niemals ein Instrument erlernen zukönnen, weil sie ja nicht die „Begabung“ dazu haben.

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Die Seminare fi nden im Klavierhaus Reisinger,Koenigsklostergasse 7, 1060 Wien statt.Weitere Info unter: www.klavierhaus.info und 01/5878628

Konrad GergerEhemaliger Schüler der Freiraumschule in Kritzendorf, KreaMont in St.Andrä-Wördern und WeMont in Wien. Derzeit im Audio ORG Brigitte-nauer Gymnasium.

„Kein Mensch ist unmusikalisch oder zu alt für Musik“

Musiklehrer Duncan Lorien

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Ein Argument ist immer wieder, dass es jetzt viel mehr alleinerziehende Mütter gibt als früher. Doch stimmt das? Gab es früher nicht genauso viele Frauen, die gezwungen waren ihre Kinder (ihre Söhne) alleine groß zu ziehen, da der Vater z. B. im Krieg war (der 2. Weltkrieg ist noch nicht so lange her)? Wenn es heute eine gewisse Orientie-rungslosigkeit der Buben gibt, so glaube ich, liegt sie nicht nur in der Nichtanwe-senheit der Väter bzw. der männlichen Vorbilder, sondern es handelt sich um ein prinzipielles gesellschaftliches Problem.Das Rollenbild des Mannes war früher völlig klar: Familienoberhaupt, Ernährer, „Richter“. Egal ob anwesend oder nicht, es gab ein klares Bild für Buben vom Mann sein (der „starke Mann“). Und damit eine Orientierung, wohin der Weg gehen soll. Mit diesem Bild kann und will sich kein Mann heute noch identifizieren. Frauen

und Männer wollen sich partnerschaftlich auf gleicher Ebene begegnen, sie wollen sich Aufgaben, Pflich-ten und Freuden, die eine Familien mit sich bringt, teilen, Männer sollen (und wollen) nicht „stark“ sein, sie benennen immer mehr ihre Gefühle und stehen zu ihren Schwächen. Andererseits ist es eine Zeit des Umbruchs. Sich als Mann einzu-gestehen schwach, verletzlich zu sein, be-deutet auch scheinba-ren Machtverlust und erzeugt Angst. Allzu schnell ist mann wie-der bereit in das alte Muster „ich bin der „starke“ Mann – ich regle (richte) alles“ hi-neinzurutschen. Auch frau kann Angst be-kommen, wenn sie sich ihrer Eigenverantwor-tung stellen soll und der innere Ruf nach einem „starken Mann – der alles regelt“ ist

genauso schnell wieder da. Also was sollen, was wollen die Männer sein? Stark oder schwach? Oder von beiden etwas? Wie sieht das aus? Ich würde nicht von einer Orientie-rungslosigkeit der Buben, sondern von einer Neuorientierung der Männer und der Familien sprechen. Wir suchen alle einen neuen, anderen Weg, um in der heutigen Zeit gut Mutter oder Vater, Frau oder Mann sein zu können, mit all unseren Schwächen und Stärken. Ich denke, genau das spiegeln uns auch unsere Kinder und ich denke auch, dass genau dieses Bemühen und Ringen von uns ihnen weiterhelfen wird, noch einen Schritt weiter gehen zu können, als wir es vielleicht schaffen werden..

Zugang zu den KulturtechnikenIch weiß nicht, ob Buben einen ande-ren Zugang zu Kulturtechniken (Lesen

– Schreiben – Rechnen) haben als Mäd-chen. Ich weiß nur, dass Mädchen wie Buben gleich lernen. Sie lernen durch konkretes Tun und durch Nachahmung. Ich glaube nicht, dass Buben mehr Struktur und Anweisungen brauchen. Das würde bedeuten, dass das männ-liche Geschlecht generell mit Selbst-bestimmtheit schwerer umgehen kann. Das weigere ich mich zu glauben.Wenn Kinder rangeln, raufen, kämpfen wollen, egal ob Mädchen oder Buben, so ist das ihr Ausdruck im Moment. Das darf sein und soll innerhalb der vereinbarten Grenzen seinen Raum bekommen. Einige Kinder finden über eine Theater-rolle zur geschriebenen Sprache, andere über ein Ritterbuch, wieder andere über eine Bauanleitung. Wenige schon mit vier, andere mit sieben, viele mit zehn oder zwölf. Ich versuche Kindern als Menschen zu begegnen, sie zu sehen, mich einzufüh-len, ihre Wahrnehmung der Welt und Wirklichkeit zu erspüren und darauf zu reagieren. Egal, ob das Verhalten typisch Mädchen oder typisch Bub ist.Dass Buben erst später als Mädchen einen Umgang mit den Kulturtechniken suchen und finden ist auch im Regel-schulsystem so. Es ist bloß durch das „Antrainieren“ der Fähigkeiten etwas kaschiert. Es gibt Studien, die aufzeigen, dass 70 Prozent der zehnjährigen Buben im Regelschulsystem kleine bis enorme Leseschwächen aufweisen, während es bei den Mädchen nur 20 Prozent sind. Diese Studien zeigen auch auf, dass Buben viel schwerer im normalen Schul-system zurechtkommen und viel mehr Auffälligkeiten zeigen (bis zur komplet-ten Schulverweigerung). Wahrscheinlich deswegen, weil sie dazu angehalten werden, etwas zu tun, das nicht ihrer Entwicklung und ihrem inne-ren Zeitplan entspricht. ★

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Mich berührt immer wieder das Grundvertrauen und die Of-fenheit, die Neugierde und das

Interesse an allen Dingen, das schon ganz kleine Kinder mitbringen. Mit welcher Be-geisterung sie einen Stein berühren und befühlen, ihn betasten können, ihn in den Mund stecken und ihn schmecken, ihn genauestens untersuchen können. Bei ei-ner für uns oft nicht sinnvollen Handlung lernen so kleine Kinder schon unglaublich

viel. Sie erkunden, ob der Stein sich kalt oder warm anfühlt, ob er hart oder weich ist, wie schwer er ist. Wenn wir sie in ih-rem Entdeckerdrang nicht stören, erfah-ren sie schon viel von unserer Welt ohne dass wir ihnen Bücher vorlesen oder die Welt erklären müssen. Sie lernen im kon-kreten Tun, sich in ihrer Welt bewegend, im geborgenen Schutz ihrer Eltern. Irgendwann so zwischen einem und eineinhalb Jahren erkennen Kinder, dass es zwei Sorten von Menschen gibt: Mädchen und Buben. Obwohl diese Er-kenntnis auf ihr gemeinsames Spiel noch

keinen Einfluss hat, beginnt schon eine Beschäftigung mit dem Thema. Sie wol-len wissen, ob die Mama und der Papa ein Mädchen oder ein Bub sind und nachdem das geklärt ist, beginnt auch schon eine erste konkrete Orientierung im Rollen-bild. Mein Sohn war etwa lange davon überzeugt ein Mädchen zu sein, so wie seine großen Schwestern. Doch nachdem er erkannt hat, dass er und der Papa Buben sind, zeigte dies auch konkrete Folgen. Er stellte beispielsweise fest, dass der Papa nie Kleider anzieht. Daraufhin schenkte er mir sein rosa Lieblingskleid. Nach dem konkreten Tun ist die Nachah-mung die zweite Kraft, durch die Lernen passiert. Kinder beobachten andere Kinder, Jugendliche, Erwachsene und im Besonderen uns Eltern in unserem Sein, in unseren alltäglichen Beschäf-tigungen, in unseren Begegnungen mit anderen, in unseren Beziehungen und im Austragen unserer inneren und äußeren Konflikte. Kinder ahmen uns nach. Buben zwar auch ihre Mütter und Mädchen ihre Väter. Trotzdem ist es noch mal interessanter, zu sehen wie GeschlechtsgenossInnen mit einem Thema, einem Problem oder mit einer Alltagssituation umgehen.

MännermangelVielleicht beginnt hier ein Ungleich-gewicht im Aufwachsen zwischen Mädchen und Buben. Mädchen haben wesentlich mehr Möglichkeiten unter-schiedlichste Frauen kennen zu lernen und sich an ihnen zu orientieren. Sei es durch die meist anwesende Mutter, oder durch BetreuerInnen in Kindergruppe und Schule, die überdurchschnittlich

häufig weiblich sind. Sei es durch die Tatsache, dass Frauen aufgrund ihrer Mutterschaft sich eher als Väter ein so-ziales Netz von Freundinnen, Tanten und Omas schaffen, um in dringenden Fällen auch mal abkömmlich zu sein. Das erste Lebensjahr im Leben eines Kindes ist die Zeit der Mutter, der weib-lichen Energie. Das heißt nicht, dass die Väter in dieser Zeit unwichtig sind. Im Gegenteil, sie haben eine unglaubliche Bedeutung für ihre Frau und für ihr Kind. Indigene Völker sagen, 10 Monde trägt eine Frau das Kind in sich und 10 Monde braucht die Frau, um wieder aus ihrer Kraft schöpfen und den Blick wieder nach außen wenden zu können. In dieser Zeit brauchen die Frauen den Schutz, die Liebe und die Hilfe ihrer Männer um so mehr, um das an ihr Neu-geborenes weitergeben zu können. Na-türlich haben auch Väter schon in dieser Zeit eine innige Beziehung zu ihrem Kind. Und diesen Aufgaben kommen die heutigen Väter mehr nach als je zuvor. Früher waren Väter und Männer kaum präsent im Leben von Kindern. Und trotzdem haben wir heute den Ein-druck, dass vor allem Buben, unter dem „Vatermangel“ oder „Männermangel“ in ihrem Umfeld leiden.

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lernen buben anders als mädchen?Die Frage mal anders gestellt: wie lernen Kinder? Wie begegnen Kinder der Welt? Angela Gaisrucker

Angela Gaisruckerist Mutter von 3 Kindern und Kunst- & Montessori-pädagogin

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Wahre Begeisterung für alle Dinge

Mein Sohn dachte lange, er sei ein Mädchen

Buben und Mädchen folgen ihrem Zeitplan

gegenwärtig sind und Sprüche wie „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“ ausge-dient haben. Vielleicht können selbst in diesen Familien Väter ihre Gefühle nicht frei fl ießen lassen, wenn ihnen das Herz schwer oder leicht wird. Wie heißt es so treffend: „Es nützt nichts, seine Kinder zu erziehen, sie machen ei-nem ja doch alles nach.“ – „No woman, no cry“... mal anders betrachtet.Ich arbeite seit 10 Jahren mit Kindern und Jugendlichen. Und stets fi el mir auf, dass Burschen meine Nähe und Gegenwart - als Mann - gesucht haben. Ich war lange Zeit der einzige Mann in einem Team von Sozialpädagoginnen.Burschen suchen die Nähe von Män-nern. Und sie hungern danach ganz sie selbst sein zu dürfen. Mit allem was dazu gehört: cool, wild und hart, aber auch weich, zärtlich und verletzlich. Ich selbst hatte bis vor wenigen Jahren keine Ahnung, was mein Mannsein nun von meinem Jungensein unterscheidet. Ich fühlte mich fern von den gesell-schaftlich anerkannten Männerbildern, ich passte da so überhaupt nicht hinein.Ich hatte einfach keine Ahnung, wie sich das anfühlen sollte: dieses ominöse Mannsein. Ich denke, ich war cirka 20 Jahre in der Pubertät. Wahrscheinlich klingt sie gerade aus.

Wie die Schwelle vom Jungendasein zum Mannsein übersteigen, wenn mir kein Mann zur Seite steht, der den Weg vor mir gegangen ist? Der von den Ängsten und Einsamkeiten weiß. Und von der Stärke, die nur aus uns herauswächst, wenn wir Dinge abschließen und los-lassen können. Wenn wir bereit für das Neue werden.

Was weiß die Raupe von ihrem Leben als Schmetterling?Virtuelle Helden führen uns in die Irre. Sie sind Vorbilder, die vielleicht mit Mythen zu tun haben, aber sie schließen Dich halt nicht in den Arm, wenns dafür Zeit wird. Auch wenn wir unbegleitet sind, versu-chen wir unseren Weg zu fi nden. Leich-ter ist es jedoch, wenn wir von Älteren begleitet werden. Es erspart uns nicht die Einsamkeit und den Schmerz, aber möglicherweise stärkt es das Vertrauen in die Kraft des Lebens.Ein anderer Weg ist die bewusste Be-gleitung von Jungen und Mädchen in diesem Schwellenraum des Übergangs zum Erwachsenwerden. Die meisten Na-turvölker kennen Initiationsriten. Und auch in unserer Kultur gab es diese. Sie alle rühren an die Frage:Bist Du bereit Dein kindliches Ich ster-ben zu lassen? Was brauchst Du, um

zu erfahren, dass Du in etwas Größeres eingebettet bist, das Dich trägt? Die Antworten auf diese Fragen können wir nur in uns fi nden. Sie stellen sich an allen Lebensübergängen immer wieder neu und an jeder Schwelle ist es hilfreich Orientierung und Begleitung von erfah-renen Menschen geschenkt zu bekom-men, auch wenn wir letztlich unseren Weg allein gehen müssen. Beim Geboren werden, beim Erwachsen werden, beim Altern und beim Sterben.Aus meiner eigenen Erfahrung und vielen Begleitungen von Burschen weiß ich, dass die Orientierungslosigkeit bei Jungen größer ist als bei Mädchen. Das Fehlen von Männern, auf die sich ein Junge wirklich verlassen kann, das ge-sellschaftliche Tabu, dass Burschen tief empfi ndenende Wesen sind, die ihre Ge-fühle auch zeigen wollen und das große Angebot von absolut irrealen Männer-vorbildern können Burschen in einen Irr-garten treiben, aus dem der Weg zurück ein sehr langer und mühsamer ist.Seltsam, wie weit Mann gehen muss, um sich nahe zu kommen… ★

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Stefan und Philipp Lirsch, zwei junge Brüder, haben gemeinsam ein Stück erarbeitet, das sich dem Mann und

den Rollen, in die er verstrickt ist, widmet. Eindrucksvoll zeigen sie in kurzen, colla-geartigen Sequenzen die unterschiedli-chen, oft clichebehafteten Rollen, in die der männliche Mensch „hineingelebt“ wird, um in unserer Gesellschaft als Mann gelten zu können - und die daraus entste-henden seelischen Schmerzen.Ich war betroffen und die Tränen stan-den mir bis zum Hals. Weiter trauten sie sich nicht. Ich denke, dass eine derartige Nähe und Intensität, wie sie hier in dieser Performance demonstriert wurde, vielen von uns Angst macht. Viele Burschen und Männer, die ich kenne, haben in ihrer Kindheit und Jugend selten bis niemals echte Nähe erfahren. Weder körperlich noch seelisch. Am ehesten noch geistig (aber da sind wir schon wieder im Kopf , oft fern von unseren Gefühlen...). Wie viele von uns Männern (und Frauen) hatten in der Kindheit einen sie beglei-tenden Mann zur Seite? Einen echten Mann aus Fleisch und Blut. Einen Mann, der mit uns lachte und weinte, der es liebte mit uns Zeit zu verbringen, der uns von seinem Menschsein kosten ließ, des-sen Freude und Schmerz wir unmittelbar erfahren durften?

Ich nicht. Mein Vater auch nicht. Ebenso wenig wie meine Mutter, meine Groß-mütter und die meisten meiner Freun-de. Ich hab nachgezählt: in meinem Freundes- und Bekanntenkreis ist das Verhältnis 26:11. Kein guter Schnitt, würde ich sagen.

Irreale VorbilderIch stillte meinen Vaterhunger durch Superheldencomics. Interessanterweise sind auch Superman & Co alle vaterlos und auch in Entenhausen gibt es keine Väter. Und wenn ich mich so umsehe, dann scheint mir die Zahl der virtuellen Männer(helden) indirekt proportional zur Zahl der persönlich und emotional anwesenden Männer aus Fleisch und Blut zu sein.Philipp sagt in der Performance „man(n) wird mensch“: „Ich mag Kinder sehr gern. Aber wenn ich eigene Kinder hätte, dann muss ich ja den ganzen Tag arbeiten, um die Familie erhalten zu können. Und dann seh ich meine Kinder kaum mehr...“Seit einigen Jahrhunderten treibt die Entwicklung der Arbeitswelt Männer (und zunehmend auch Frauen) aus dem Haus, an einen Arbeitsplatz fern von der Familie. Zurück bleiben unsere Kinder.Wie viel Zeit und Kraft bleibt am Beginn

und Ende eines Arbeitstages für Nähe und Einlassen auf das Sein unserer Kinder? Ich weiß von mir: meine Kraft ist begrenzt.

Wie wird ein Junge zu einem Mann?Ich bin ein Mann. Ich bin keine Frau. Ich habe auch die Bedürfnisse eines Mannes. Ich habe menschliche und spe-zifi sch männliche Bedürfnisse. Ich war ein dicker Junge mit Hasen-zähnen. Ich interessiere mich kaum für Sport. Autos sind mir egal. Ich zeige ger-ne Gefühle und rede über das, was mich innerlich bewegt. Ich war sehr schlecht in der Schule und Karriere interessiert mich bis heute nicht wirklich.All das ist keine ideale Ausgangslage, um in unserer Gesellschaft als echter Mann anerkannt zu werden. Vor allem, wenn Männer fehlen, die dir erlauben so zu sein, wie du bist. Männer, die dir vorleben: Es gibt so viele Arten ein Mann zu sein und jeder Mann ist einzig- und eigenartig. Jeder Mann hat seine eigene Art. Ich hätte mir als Junge oft einen eigenartigen Mann aus Fleisch und Blut an meiner Seite gewünscht.Wieso hören fast alle Burschen irgend-wann auf, offen zu weinen? Spätes-tens mit acht Jahren versuchen sie, sich die Tränen zu „verbeißen“. Selbst in Familien, in denen Väter emotional

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mensch wird mann wird Gedanken zum Thema und dem Stück „man(n) wird mensch“ von Stefan und Philipp Lirsch, das kürzlich in der Lernwerkstatt aufgeführt wurde. Roland Helmuth Richter

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Roland Helmuth Richterist Tarotkarten-berater, Sozial-pädagoge und begeisterter LWS-Vater seiner Tochter Anna

Männer suchen das Glück im Konsum von ständig neuen Stimulantien, sie fl üchten vor Verantwortung, sie fl üchten vor den Ansprü- chen und Forderungen der Frauen.

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Dem Konnektionismus kann eine gewis-se „Hirnlastigkeit“ vorgeworfen werden: Letztlich basiert auch hier die Intelligenz auf Zuständen im Bewusstsein des Indi-viduums. Der Mensch wird als ein relativ isolierter Agent gesehen, der für sich Denk- und Handlungsschemata aufbaut und anhand dieser agiert. Die Nachfol-ger des Kon nektionismus, die Vertreter der Situated Cognition, lehnten sich ge-gen diese Sicht des Menschen als Sche-ma-Ablage auf: Statt Interpretation stehen hier Aktion und Kooperation im Vordergrund, und die Rolle der aktiven Strukturie rung der Umwelt wird betont. Gehirn, Körper und Umwelt sollten nicht mehr als isolierte Einheiten gesehen werden, sondern als ein interaktives System, das erst als Ganzes Intelligenz hervorrufen kann.

Ansatz 3: Situated, Embodied CognitionDen dritten Haupttrend der Kogniti-onswissenschaft stellt die Situ ative Kognition dar, die in den späten 1980er Jahren entstand. Hier ist nicht nur das Gehirn als „Sitz der Denkmaschine“ der Untersuchungsgegenstand, sondern die Inter aktion mit der Umwelt. Sie wird im

Konzept Situierten Lernens als Raum in-terpretiert, in dem Erfahrungen gemacht und Kompetenzen entwickelt werden können. Zwei grundlegende Annahmen der bisherigen Kognitionswissenschaft werden dabei widerlegt: Dass das Gehirn Informationen über die Umwelt speichert und intelligentes Handeln zentral steuert. Wir sind nicht intelligent, weil wir unse-ren gewohnten Schemata folgen, sondern weil wir diese nur als erste Erwartung nutzen, um aber danach relativ fl exibel in der gegebenen Umwelt zu navigieren. Wir haben zwar Ziele, folgen jedoch keinen Schemata, um diese zu erreichen.Laut des Ansat zes der Situated Cogniti-on ist einer der Hauptursachen unserer Intelligenz unsere Fähigkeit, Wissen an die Umwelt zu delegieren und externe Hilfsmittel einzu setzen. Dadurch re-duzieren wir die Notwendigkeit, sie im Gedächtnis zu spei chern, zu suchen und zu bearbeiten. Menschen handeln nicht nach abstrahierbaren Prozeduren, son-dern kommen aufgrund von situati ven Hinweisen zu intelligenten Lösungen. Sie scheitern aber unter Umständen bei der Benützung von Geräten, die „plan-mäßiges“ Handeln vor aussetzen.

Eine ideale Lernsituation im Sinne dieses Ansatzes entsteht, wenn unterschiedlich erfahrene Lerner und Könner in einem vertrauensvollen Umfeld miteinander und mit realen Materialien interagieren und etwas gemeinsam gestalten. Im Sprachenunterricht werden Alltagssitu-ationen wie das Einkaufen durchgespielt, eine Lernwoche als Praktikantin in der örtlichen Polizeistation lässt die Her-ausforderungen der Arbeitswelt erahnen und die Erstellung und der Verkauf der Schulzeitung trainiert das Lösen von Problemen und Konfl ikten. Wichtig ist dabei, dass die Erfahrung refl ektiert wird und Erfolgserlebnisse zelebriert werden.Im Bereich der Lerntheorien brachte der Ansatz der Situated Cognition eine Umwälzung mit sich: Insbesondere zeigte sich, wie abhängig das Lernen von authentischen Situationen ist, in denen der/die Lernende eine legi time Rolle übernehmen kann und somit sozial in die Situation und Kooperation einge-bunden ist. Die Herstellung, Simulation und Refl exion solcher Rollen und Ak-tivitäten gilt seither vielen als das an-gestrebte Ziel moderner PädagogInnen und BildungsforscherInnen. ★

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Die Kognitionswissenschaft unter-sucht die Fähigkeit von Menschen und Tieren, sich intelligent zu ver-

halten. Sie beschreibt nicht nur das beo-bachtbare Verhalten, sondern versucht, die Ent wicklung intelligenter Verhal-tensweisen zu erklären. Sie entstand in den 60er Jahren als Gegenreaktion zum psychologi schen Behaviorismus, der den Menschen als konditionalisiertes Wesen und als Gewohnheitstier beschrieb.Die ersten Kognitionswissenschaftle-rInnen lehnten sich gegen das Bild des Menschen als „Fließbandarbeiter“ auf: Bereits die Gestalt psychologie hatte ge-zeigt, dass intelligente Lösungen nicht nur auf der Wieder holung gelernter Reaktionen basierten. Alles wies darauf hin, dass mechanisches Training nicht allein zur Erlernung von Fähigkeiten genügen und Kompetenz nicht gleich-bedeutend mit starren Reaktionsabfol-gen und Routinen sein kann.Das Pendel der Wissenschaft über Intelli-genz und Expertentum schlug in die ge-genseitige Richtung. Was der Behavioris-mus ignoriert hatte, sollte der Gegenstand der Kognitionswissenschaft schlechthin werden: die inneren menta len Prozesse.

Ansatz 1: SymbolmanipulationDie „Symbolmanipulation“ ist der erste und damit älteste Ansatz im Bereich der Kognitionswissen schaft. Sie gilt heute in der Wissenschaft in dieser Form als überholt, sorgt jedoch weiterhin für die stärksten Metaphern und Mo delle der Kognition in der Allgemeinheit. Die Orientierungen der Kognitionswissen-schaft, die als „Symbolmanipulations-ansatz“ zusammengefasst werden kön-

nen, gingen vom menschlichen Denken und Handeln als Manipulation von inter-nen Symbolen aus. Hier war das Lernen auf eine Frage der Gedächtniskapazität und der Fähigkeit komplexer Regelan-wendung reduziert. Je mehr Daten und Regeln im Gehirn gespeichert und je besser die Regeln auf diese Symbole an-gewendet werden konnten, desto höher die Kompetenz. Es ging um komplexe interne Ver arbeitungsprozesse ähnlich einem Computer.Die Probleme des Symbolmanipulations-ansatzes – des Bildes der Intelligenz als rechnerische Leistung – waren vielfältig. Das Modell funktionierte höchstens bei normierten Sprachen und Handlungen, in denen keine Variation oder Interpreta-tionsmöglichkeiten erwünscht sind (z.B. militärische Befehle, automatisierte Wettervorhersagen). Die Symbolmani-pulation entsprach dem Bild des Lernens aus den 1970er Jahren.

Ansatz 2: KonnektionismusDer Konnektionismus nimmt die reale Struktur des Gehirns als Ausgangspunkt und versucht zu erklä ren, wie die Akti-vierungen dieses bemerkenswerten Neu-ronennetzwerks intelli gentes Handeln zu Wege bringen. Zwei grundlegende Unterschiede zum Ansatz der Symbol-manipulation seien hervorgehoben:1. Das Denken vollzieht sich hier nicht als eine regelbasierte Manipulation von Symbolen, sondern besteht aus dynamischen Aktivierungs prozessen auf der nicht-sprachlichen Ebene. Denk-inhalte und Begriffe sind dann nur vage begrenzt und defi nierbar. Das Bekannte am Begriff hilft uns auf die Sprünge, der

Sinn des Wahrgenommenen entsteht jedoch erst im Kontext. Konnektionis-tische Netzwerke geben eine Erklärung dafür, dass bloße Andeutungen genü-gen, um im Menschen umfassende Mus-ter in Gang zu setzen und diverse Inter-pretationsmöglichkeiten aufzuwerfen.2. Die Bedeutungen und Annahmen im Gehirn sind durch die individuelle Erfahrung entstanden; sie sind letztlich vom Individuum konstruiert. Auch wenn sie noch so konventionell erscheinen, tragen sie doch die Merkmale der kul-turellen und sozialen Situationen, in denen sie vom Individuum aufgebaut, d.h. gelernt und verwendet wurden.

Dieser Ansatz, der in den 80er Jahren seinen Höhepunkt erlebte und der heute noch oft als die moderne Kogni-tionswissenschaft dargestellt wird, hat bereits in den verschiedensten Lebens- und Wissenschaftsbereichen Gehör und An erkennung gefunden: So etwa im Fremdsprachenunterricht, in dem nicht mehr nur in alter Manier auf das Pauken von Symbolen und Regeln gesetzt, son-dern auch das kommunikative Sprechen, Verstehen, Reden und Lesen geübt wird.Das Lernen basiert laut diesem Ansatz auf der eigenen Erfahrung – der geübten, refl ek tierten Aktivierung von fl exiblen Schemata. Erst durch das dabei erfahrene Feedback – verbunden mit den Emotio-nen, die mit Erfolgen und Misserfolgen verknüpft sind – können Handlungssche-mata gebildet werden, die als erfolgreiche Rahmen für die Handlung dienen. Theo-retische Refl exion verallgemeinert und beschleunigt das Lernen, kann aber das erfah rungsbasierte Lernen nicht ersetzen.

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vom pauken zur partizipationDas Verständnis von Lernkompetenz änderte sich in den letzten Jahrzehnten beträchtlich: Der Fokus auf Gedächtniskapazität und Regelanwendung wich der Einsicht, dass Lernen abhängig von authentischen Situationen ist, wo die Lernenden eine legitime Rolle übernehmen können. Hanna Risku

Univ.-Prof. Dr. Hanna Risku ist Leiterin des Departments für Wissens- und Kommunikations-management, sowie Vizerektorin für Lehre und Weiter-bildung der Donau-Universität Krems

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Das Aufbauen isolierter Denkschemata ist eine Lerntechnik von gestern

Im Bereich der Lerntheorien brachte der Ansatz der Situated Cognition eine Umwälzung mit sich: Insbesondere zeigte sich, wie abhängig das Lernen von authentischen Situationen ist, in denen der/die Lernende eine legi-time Rolle übernehmen kann und somit sozial in die Situation und Kooperation eingebunden ist.

Am Krampustag des Vorjahres war Jesper Juul zu einem Workshop in St. Pölten. Ilse Baechle

Mit Jesper Juul verbinden die meisten das kompeten-te Kind. Kompetent in seinem Tun und Sein, seiner Entwicklung mit sich und den anderen. Es sind die

Erwachsenen, die zu lernen haben. Das Verhalten der Kinder, auch wenn es uns immer wieder als unangebracht erscheint, in Botschaften zu übersetzen. Doch was heißt das? Stellen wir uns folgende Situation vor: Mutter hat einen Abendter-min und ihre beiden Kinder möchten nicht, dass sie geht. Beschimpfen sie, zornen, schreien und weinen, dass sie ja eh immer weg ist, usw. Botschaften können sein, „ich will noch eine Geschichte, sei bei mir, wenn ich schlafen gehe. Ich fühle mich nicht sicher, wenn du weg bist….Die Botschaft ernst nehmen. „Ich sehe, dass du jetzt traurig bist, weil ich fort muss.“ Kinder wollen nicht beruhigt werden! Sie möchten in ihren Gefühlen und Emotionen wahrgenom-men werden. Dies ist eine beständige Herausforderung für alle Erwachsenen. In der Familie noch mehr, wenn es um mehrere Kinder geht.Jesper Juul erinnerte uns daran, dass wir keine perfekten Menschen und Eltern sein müssen, und Fehler zulässig sind. Und nur dann, wenn wir uns den eigenen Fehlern stellen, können wir auch respektvoll unseren Kindern begegnen. Auch wenn es theoretisch völlig klar ist, so war es doch ein wichtiger Impuls daran erinnert zu werden, wie viele „man´s“ in der täglichen Kommunikation mit Kinder und Erwachsenen sich einschleichen; „Man tut das nicht“ – „Ich will nicht, dass du das tust“ ICH mit meinem Gefühl werde wahrgenommen! MAN kann jeder sein!Buben und auch Mädchen raufen gerne. Die Möglichkeit dies angemessen (ohne Aggression im Sinne von Gewalt) machen zu dürfen trägt sehr zu einem entspannten Sein, auch im späteren Leben der Person bei. Ein heißes Eisen im Bereich der Pädagogik stellt das Thema Grenzen dar. Ein Aufatmen war spür- und hörbar, als Jesper Juul klar aussprach, dass Grenzen notwendig sind, Sicherheit und Schutz bieten (vor allem auch für die Eltern selbst, siehe Buchtipp). Seminar und Vorträge waren restlos überbucht. Viele Interes-sierte bekamen keinen Platz mehr. Doch die Wahrscheinlich-keit ist groß, dass Jesper Juul im Herbst 2008 oder im Frühling 2009 wieder im Raum St. Pölten zu erleben sein wird. Mehr davon in einer der nächsten Freigeist Ausgaben! ★

Ilse BaechleBehinderten- u. MontessoripädagoginMutter von 3 LWS und 2 Waldfexxx Töchtern

„fehler sind zulässig“

Das Besondere an der Spielwerkstatt, die 1991 in Herzogenburg gegründet wurde, ist unter anderem, dass hier die Eltern in das Kindergartengeschehen miteinbezogen werden und ein reger Austausch zwischen BetreuerInnen und Eltern möglich ist. Neben den alle zwei Monate stattfi ndenden Elternabenden, gibt es nach Bedarf Gespräche zwischen Betreuern und einem Elternpaar bezie-hungsweise Elternteil. Die Bewegungs-, Spiel- und Gestal-tungsmöglichkeiten für die Kinder sind sehr weit gefächert: Es gibt einen Bastelraum mit Waschraum, Küche mit Esstisch, einen Montessoribereich, ein Musikzimmer, Verkleidungsecke, Kauf-mannsladen, einen Bewegungsraum mit vielfältig umbaubaren Holzelementen (Hengstenbergmaterialien) und Polster. Im circa 2000 qm großen Garten rund um das Haus gibt es eine große Sand-kiste, ein Trampolin, eine Werkstatt, ein Holzhäuschen, einen Brunnen mit Bach-lauf, jede Menge Fortbewegungsmittel und noch einiges mehr. Es gibt klare zeitliche Strukturen, zum Beispiel eine gemeinsame Aufräumzeit und eine Schlussgeschichte, innerhalb derer sich aber jedes Kind individuell entscheiden kann, wo es wann sein möchte und was es gerne tun will. Es wird in seinem Vorhaben begleitet, aber nicht angeleitet. Das heißt, es wird so gut als möglich nichts vorweggenommen, was das Kind sich selbst erarbeiten kann. Es gibt kein Programm, sondern Angebote, zum Beispiel zu basteln oder zu musizieren. Derzeit zwei mal in der Woche (je nach Wetterlage) gibt es auch die Möglichkeit einer kleinen Wanderung in die angren-zende Aulandschaft neben der Traisen.

Die Aufgabe der Betreuerinnen besteht darin, eine vorbereitete Umgebung für den Entdeckungs- und Forscherdrang der Kinder bereitzustellen und für Si-cherheit und Geborgenheit zu sorgen. Bei Konfl ikten zwischen den Kindern geht es in erster Linie darum zu vermit-teln, das heißt die einzelnen Bedürfnisse aufzuzeigen und nicht zuletzt dafür zu sorgen, dass klare Regeln und Grenzen eingehalten werden. Für 20 Kinder sind täglich drei Betreue-rInnen da. Zurzeit sind noch Plätze frei. Die Öffnungszeiten: 7.45 – 12.30 Uhr.Für weitere Informationen: Spielwerkstatt PottenbrunnSchlossallee 11, Tel.: 02742/43802www.lernwerkstatt.ws/SWS

Katrin MarchatMutter von 2 Kindern, eines davon besucht die Spielwerkstatt

werkstätten gibt es viele ...

Katrin Marchat

... für die 3- bis 6-Jährigen gibt es die Spielwerkstatt Pottenbrunn. Seit September 2000 als Privatkindergarten geführt, stützt diese Einrichtung ihr pädagogisches Konzept auf die Erfahrungen von Maria Montessori, R. u. M. Wild und anderen.

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buch tipp

Was ein authentisches Nein von Elterm bei Kindern aller Al-tersstufen bewirkt und wie wir damit umgehen können, wenn unsere Kinder zu uns Nein sagen, ist Thema des neuesten Buches von Jesper Juul.Im Originaltitel heißt das Buch “Die Kunst, mit gutem Gewis-sen nein zu sagen”. Was für mich noch weit deutlicher macht, was Jesper Juuls Botschaft an uns Eltern ist: Nein ist eine lie-bevolle Antwort, du brauchst kein schlechtes Gewissen dabei zu haben und deine Kinder werden es dir danken (wenn auch nicht sofort und direkt). Zum Nein sagen sind wir Eltern ja tagtäglich mehr oder we-niger oft genötigt, aber - “mit gutem Gewissen”? Ohne Ärger darüber, dass wir Nein sagen “müssen”, ohne Schuldgefühle, dass wir unserem Kind einen Wunsch versagen müssen? Kann ich zu meiner 5jährigen Tochter sagen: “Nein, ich will jetzt nicht mit dir spielen, ich will lieber die Zeitung fertig lesen.” – und mich dabei gut fühlen? Manche Eltern würden arge Bedenken bekommen ob der Zurückweisung ihres Kin-des. Oder aber mit hochkommendem Ärger reagieren: “Siehst du nicht, dass ich gerade lese, später spiel ich was mit dir!”Was aber bekommt das Kind mit einem NEIN? • Eine klare Botschaft, • eine persönliche Aussage,• eine Mutter/Vater, die/der für ihre/seine eigenen Bedürfnisse einsteht.Das ist sehr viel für einen einzigen Satz.Juul räumt dabei auch mit der Vorstellung auf, es ginge vor allem darum, Kindern “Grenzen zu setzen”. Vielmehr ist es Aufgabe der Eltern, ihre eigenen Grenzen zu wahren. Nein zu sagen, wenn wir Nein meinen, heißt vor allem, Ja zu sich selbst zu sagen und die eigene Persönlichkeit zu schützen. Ein echtes Ja und ein echtes Nein sind letztlich zwei Seiten der-selben Medaille: Beide haben dieselbe Existenzberechtigung und sollten stets mit derselben inneren Überzeugung ausge-sprochen werden. Sind wir dazu nicht in der Lage, hat das weitreichende Konsequenzen: Wir untergraben unsere eigene Integrität, verlieren unser Selbstbewusstsein, schwächen das Vertrauen und die Nähe zu unserem Partner oder unseren Kindern und versäumen etwas ganz Wichtiges: unseren Kin-dern ein Vorbild darin zu sein, wie man für sich selbst und das, was man für richtig hält, eintritt.Jesper Juul möchte Eltern mit diesem kleinen Büchlein (128 Seiten, Kösel Verlag, 2008) ermutigen, ein ehrliches NEIN als JA zu sich selbst zu verstehen.

Liesl Ehgartner

Jesper Juul:

Nein aus LiebeWas ein authentisches Nein von Elterm bei Kindern aller Al-m Backangebot in der Küche - Emma und

Ayana beim Teig rühren

Mathematischer Bereich - Jakob bei der Arbeit mit den Zahlenstempeln

Au-Ausfl ug, Matti und Mathias warten darauf, dass die Blätter aus dem Wasserstrudel wieder auftauchen

Der Garten bietet viele unterschiedliche Bewegungsmöglichkeiten und Erfahrun-gen - Noam und Nikolas beim Balanceakt über dem großen Rohr und Thomas nimmt durch Zuschauen daran teil

kinder mund

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Bitte schickt uns Euren „Kindermund“ an [email protected]

Luis (3) ist vollkommen ins überaus wilde Rollenspiel vertieft. Da hält er plötzlich inne, stellt sich vor den Spiegel und sagt: “In echt bin ich eh kein Räuber, in echt bin ich nur ein Spielmensch!”

Leonie (7) putzt sich die Zähne und liest den Text auf der Zahn-pasta-Tube: „Schau Mama, die Zahnpasta ist voll gut, die hat Cari-tas-Schutz!“

Reinhard räumt den Dachboden auf. Elias (3) hilft mit: „Gell, Papa, du kannst mich gut gebrauchen, oder?“ Und nach einer Weile: „Ich bin ein guter Gebraucher, oder Papa? “

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eh normalAlso, wir haben uns entschlossen unser Haus zu verkaufen. Er hat lange gedau-ert, dieser Prozess der Trennung. Über 2 Jahre haben wir gezögert, hin und her überlegt oder einfach gewartet, ob nicht etwas passiert. Nur Lotto gespielt haben wir nicht. Der ewige Stress und das dau-ernde auf jeden Cent schauen zu müssen hat unsere Beziehung mit Spannung geladen. Wir haben vieles in Erwägung gezogen und Hoffnung in dies und das gesetzt. Gut, wir hätten unsere Kinder aus der Schule nehmen können – aber das war eines der wenigen Sachen, die wir nicht ernsthaft diskutiert haben.

Wir haben nach Gründen gesucht uns von unserem Heim zu trennen – zu groß, zu unfl exibel, zu viel Arbeit, zu weit weg von den Freunden der Kinder. Wir haben uns ausgemalt, wie wir uns in einer neuen Situation besser fühlen würden: Mehr Zeit und weniger Stress – nicht zu vergessen der ökologische Fußabdruck, der dann auch kleiner wäre – der dem Überleben der Eisbä-ren doch ungemein helfen würde ....

Geblieben ist uns schließlich die fi -nanzielle Realität. Da mussten wir als Erwachsene letztendlich die Konse-quenzen ziehen. Und da hat es gera-de erst angefangen weh zu tun. Das Haus unzählige Male zu zeigen und wild fremde Menschen durch unsere private Welt zu führen, ständig über alle Vorzüge des Hauses zu sprechen, wo wir doch nur sagen wollten: “Es ist ein Irrtum, ihr könnt es nicht haben!“ Und dann die Kinder. Dass wir wenig Geld hatten, haben sie noch akzeptiert. Aber wie ihnen erklären, dass wir unser Zuhause – ihr Heim nicht halten kön-nen? In etwas Kleineres umziehen – an einen neuen Ort, in eine Wohnung!

Wunder hat sich in dieser Zeit keines ereignet. Geldsegen ist keiner über uns gekommen, unsere Situation hat sich nicht unerwartet gebessert. Oder hat es dieses Wunder doch gegeben, wenn auch anders, als wir das dachten? Wir haben jemanden gefunden – eigentlich haben sie uns gefunden – nette Leute eigentlich und einen Preis ausverhan-

delt. Und wir haben eine Wohnung gefunden, die uns passt.

Wir werden uns also verändern, ver-kleinern, in einen neuen Abschnitt hi-neingehen. Unsere Kinder sind in ihrer Anschauung geteilt. Bei unserer Toch-ter überwiegt die Begeisterung, bei unserem Sohn die Skepsis. Er will nicht in einem „Hotel“ wohnen. Aber lang-sam verändern sich unsere Gefühle. Natürlich gibt es da Trauer und Verlust. Daneben aber Erleichterung und sogar eine wachsende Begeisterung. Die Luft um uns herum ist weiter gewor-den und das Atmen fällt leichter. Ein Gefühl größerer Kontrolle macht sich breit und die Gewissheit, die richtige Entscheidung für uns alle getroffen zu haben, keimt in uns. Es wird sicherlich anders und ungewohnt, aber wir füh-len uns als Familie gestärkt und neuen Herausforderungen gewachsen.

In zwei Wochen werden wir also über-siedeln. Eh normal.

Kay Mühlmann

Kilian (5): „Die Alina liebt den Phi-lipp - ich nicht!“Mutter: „Und du magst niemand?“Kilian: „Oja! Ich liebe alle, aber ich küsse sie nicht!“

Im Winterurlaub erklärt Ian (8): “Als ich noch ein Baby war, bin ich mit dem Tellerlift gefahren, aber seit ich erwachsen bin, hab’ ich das verlernt!”

P.b.b. Erscheinungsort 3140 Pottenbrunn / Aufgabepostamt 3100 St. Pölten

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freigeistforever

vorschau freigeist sommer 08

Die nächste Ausgabe des freigeist widmet sich dem Schwerpunkt „Schulschluss“: Den Abgängern unserer Schulen, der Lehrstellensuche, dem Berufseinstieg, dem Reisen, dem Umstieg in ein Gymna-sium oder eine HTL, dem Suchen und Fin-den von Wegen ins eigenständige Leben.

Wer einen Beitrag dazu leisten möchte, ist herzlich eingeladen. Besonders na-türlich jene (Ex-)Schüler, die von Ihren eigenen Erfahrungen berichten wollen.Wendet Euch bitte per mail an die Redaktion:[email protected]

wege ins leben

cartoon Luise Muschailov