Früher Diebstahl- Unverwüstliche - UHER-Erinnerungenangeboten.Es gab sie als Report 4000...

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1961 brachten die Uher Werke in München eine Bandmaschine auf den Markt, die Generationen von Journalisten als Arbeitsgerät dienen sollte. Bis heute genießt die „4000 Report“ den Nimbus der Unverwüstlichen KLASSIKER Die Unverwüstliche von Tobias Zoporowski E s ist nicht ganz vier Jahre her – ich befand mich im letzten Drittel meines Journalistikstudiums und war als Tutor in den Rundfunkstu- dios meiner Hochschule be- schäftigt – als mich ein Kommi- litone um technischen Rat frag- te. Um den Hals trug er eine auf- fallend gut gepflegte Ledertasche mit einem geprägten „Uher“- Logo, darin befand sich – Sie ah- nen es bereits – ein „Report Mo- nitor“, baugleich mit unserem Fotomuster. Sein Begehr: Er kam von einem Interviewtermin zurück und wollte nun sein Bandgerät an unser hochmodernes, digitales Studiomischpult anschließen, um sein Interview mit ebenso moderner Software schneiden zu können. Auf meine verwun- 48 STEREO 2/2007 derte Nachfrage, warum er kein Reportagegerät mit MD- oder DAT-Laufwerk (die man kosten- los entleihen konnte) verwendet habe – welches außerdem zur bequemen Nachbearbeitung ei- nen Timecode für die Software ausgeben könne – antwortete er mit einem verächtlichen „du weißt wohl nicht, was ein Uher Report ist, oder?“ Zack, erwischt! Recht hatte er. Obschon ich selbstverständlich vom untadeligen Ruf des wohl am weitesten verbreiteten mobi- len Tonbandgerätes gehört hat- te, hatte ich „die Legende“ bis da- to noch nie live zu Gesicht be- kommen. In den Augen des Kol- legen ein unverzeihlicher Fehler, den ich inzwischen allerdings er- folgreich ausmerzen konnte. Anfang 1953 wurde die „Uher Werke München GmbH“ zu- Uher sich nie so recht befreite. Während die großen Revox-, ASC- und Tandberg-Maschinen jener Zeit zu Traumgeräten der HiFi-Liebhaber avancierten, wiesen die Topserien von Uher, beispielhaft zu nennen das „Ro- yal de Luxe“, zwar ebenso kom- plexe und innovative Technik dings bereits Ende 1953 ein Ton- bandgerät entwickeln, das erfor- derliche Know-how und ent- sprechend präzise Fertigungs- maschinen waren ja vorhanden. Das „Uher 95“ feierte 1955 auf der Düsseldorfer Rundfunkmes- se Premiere, der Geschäftsbe- reich Industrieteile wurde dann ziemlich schnell komplett aufge- geben. Uher trat allerdings zu einer Zeit auf den Markt, als Grundig bereits auf dem Weg zum Bandgeräte-Weltmarktfüh- rer war und etwa vier Jahre Ent- wicklungsvorsprung aufweisen konnte. Ein Manko, von dem auf, galten jedoch stets als unzu- verlässiger als ihr Wettbewerb und konnten sich somit nicht an der Spitze etablieren. Wohl auch diesen unglückli- chen Umständen ist es zu ver- danken, dass wer heute – Jahr- zehnte später – den Namen Uher nennt, im Grunde das erfolg- nächst als Gewerbebetrieb zur Herstellung von Getriebe- und Zubehörteilen für die Auto- und Maschinenindustrie gegründet. An HiFi dachte damals nie- mand. Parallel zu diesem Tätig- keitsbereich ließen die damali- gen Geschäftsführer Wolfgang Freiherr von Hornstein und Rechtsanwalt Dr. Hans Ziegler – das Stammkapital hielt Carl Theodor Graf zu Törring – aller- Uher 4000 Report Transportables und extrem robustes Tonbandgerät, Bauzeit: 1961 bis 1999 in zahlreichen Versionen und Sonder- ausführungen, Neupreis 1961: etwa 700 DM, 1999: um 1300 Euro Einzug der Compact Cassette: Das Report 124 konnte sich als Nachfol- ger nie wirklich durchsetzen Früher Diebstahl- schutz: An drei Stellen war die Seriennummer eingeschlagen Der Pötter Perfomat ist nur eines von vielen Derivaten, die zumeist im Son- derauftrag gefertigt wurden Arbeitsgerät für Filmteams: Das „1200 Synchro“ zeichnete den Ton exakt parallel zum Kamerabild auf Bereitstellung auf www.uher-erinnerungen.de mit freundlicher Genehmigung der Redaktion STEREO

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Page 1: Früher Diebstahl- Unverwüstliche - UHER-Erinnerungenangeboten.Es gab sie als Report 4000 (Mono),4200 (Zweispur), 4400 (Vierspur), IC (elektroni-sche Laufwerkssteuerung hielt Einzug)

1961 brachten die Uher Werke in München eine Bandmaschine auf den

Markt, die Generationen von Journalisten als Arbeitsgerät dienen sollte. Bis

heute genießt die „4000 Report“ den Nimbus der Unverwüstlichen

K L A S S I K E R

Die Unverwüstlichevon Tobias Zoporowski

Es ist nicht ganz vier Jahreher – ich befand mich imletzten Drittel meines

Journalistikstudiums und warals Tutor in den Rundfunkstu-dios meiner Hochschule be-schäftigt – als mich ein Kommi-litone um technischen Rat frag-te. Um den Hals trug er eine auf-fallend gut gepflegte Ledertaschemit einem geprägten „Uher“-Logo, darin befand sich – Sie ah-nen es bereits – ein „Report Mo-nitor“, baugleich mit unseremFotomuster.

Sein Begehr: Er kam von einemInterviewtermin zurück undwollte nun sein Bandgerät anunser hochmodernes, digitalesStudiomischpult anschließen,um sein Interview mit ebensomoderner Software schneidenzu können. Auf meine verwun-

48 STEREO 2/2007

derte Nachfrage, warum er keinReportagegerät mit MD- oderDAT-Laufwerk (die man kosten-los entleihen konnte) verwendethabe – welches außerdem zurbequemen Nachbearbeitung ei-nen Timecode für die Softwareausgeben könne – antwortete ermit einem verächtlichen „duweißt wohl nicht, was ein UherReport ist, oder?“

Zack, erwischt! Recht hatte er.Obschon ich selbstverständlichvom untadeligen Ruf des wohlam weitesten verbreiteten mobi-len Tonbandgerätes gehört hat-te, hatte ich „die Legende“ bis da-to noch nie live zu Gesicht be-kommen. In den Augen des Kol-legen ein unverzeihlicher Fehler,den ich inzwischen allerdings er-folgreich ausmerzen konnte.

Anfang 1953 wurde die „UherWerke München GmbH“ zu-

Uher sich nie so recht befreite.Während die großen Revox-,ASC- und Tandberg-Maschinenjener Zeit zu Traumgeräten derHiFi-Liebhaber avancierten,wiesen die Topserien von Uher,beispielhaft zu nennen das „Ro-yal de Luxe“, zwar ebenso kom-plexe und innovative Technik

dings bereits Ende 1953 ein Ton-bandgerät entwickeln, das erfor-derliche Know-how und ent-sprechend präzise Fertigungs-maschinen waren ja vorhanden.

Das „Uher 95“ feierte 1955 aufder Düsseldorfer Rundfunkmes-se Premiere, der Geschäftsbe-reich Industrieteile wurde dannziemlich schnell komplett aufge-geben. Uher trat allerdings zueiner Zeit auf den Markt, alsGrundig bereits auf dem Wegzum Bandgeräte-Weltmarktfüh-rer war und etwa vier Jahre Ent-wicklungsvorsprung aufweisenkonnte. Ein Manko, von dem

auf, galten jedoch stets als unzu-verlässiger als ihr Wettbewerbund konnten sich somit nicht ander Spitze etablieren.

Wohl auch diesen unglückli-chen Umständen ist es zu ver-danken, dass wer heute – Jahr-zehnte später – den Namen Uhernennt, im Grunde das erfolg-

nächst als Gewerbebetrieb zurHerstellung von Getriebe- undZubehörteilen für die Auto- undMaschinenindustrie gegründet.An HiFi dachte damals nie-mand. Parallel zu diesem Tätig-keitsbereich ließen die damali-gen Geschäftsführer WolfgangFreiherr von Hornstein undRechtsanwalt Dr. Hans Ziegler –das Stammkapital hielt CarlTheodor Graf zu Törring – aller-

Uher 4000 ReportTransportables und extrem robustesTonbandgerät, Bauzeit: 1961 bis 1999in zahlreichen Versionen und Sonder-ausführungen, Neupreis 1961: etwa700 DM, 1999: um 1300 Euro

Einzug der Compact Cassette: Das

Report 124 konnte sich als Nachfol-

ger nie wirklich durchsetzen

Früher Diebstahl-

schutz: An drei

Stellen war die

Seriennummer

eingeschlagen

Der Pötter Perfomat ist nur eines vonvielen Derivaten, die zumeist im Son-derauftrag gefertigt wurden

Arbeitsgerät für Filmteams: Das„1200 Synchro“ zeichnete den Tonexakt parallel zum Kamerabild auf

Bereitstellung auf www.uher-erinnerungen.de mit freundlicher Genehmigung der Redaktion STEREO

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fähigkeit zusätzlich litt. Über dasSchicksal von Uher schrieb UlrichWienforth seinerzeit: „In den Achtzi-gern hatte Assmann den Markenna-men Uher an verschiedene HiFi-Anbieter lizensiert, was für einigeVerwirrung sorgte. So brachte etwaHarman eine Reihe hochwertigerHiFi-Komponenten unter dem Uher-Logo, während der Otto-Versand bil-lige Importware (unter anderem zumBeispiel Radiowecker und Mini-Türmchen) mit dem bekanntenSchriftzug schmückte. All diese Pro-dukte sind aber längst vom Marktverschwunden – der Name Uher ist,jedenfalls was den HiFi-Bereichangeht, Geschichte.“

Unter dem Label „Atis-Uher“ fir-miert heute ein Unternehmen, dassich auf professionelle Telekommu-nikationslösungen spezialisiert hatund in der IT-Branche zuhause ist.

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Nützliche Links:www.tonbandmuseum.infowww.uher-bandmaschinen.dewww.tonband.nethttp://de.wikipedia.org/w/in-dex.php?title=Uher

und seitlich – nicht hinten! – an-gebrachte Anschlüsse. Bestim-mungsgemäß als Reportagegeräteingesetzt war die kleine Uheroftmals in unwirtlichen Gegen-den unterwegs und wurde auchschonmal auf dreckigem Unter-grund abgestellt. Da war es einSegen, wenn die Buchsen nichtsabbekamen, was nicht in sie hin-ein gehörte.

In ihrer langen Bauzeit – tat-sächlich wurde die Report Mo-nitor, zuletzt als Vierspur-Ste-reo-Luxusversion, bis Anfang1999 im inzwischen stillgelegten

Die ehemals großen Namenaus Deutschland sind heutevom Markt verschwunden

Markensterben

Im STEREO-Sonderheft „30 JahreHiFi-Geschichte“, das im Jahr 2004

anlässlich unseres Jubiläums er-schien, beleuchtete Kollege UlrichWienforth den Niedergang so großerMarken wie Braun, Grundig, Telefun-ken oder Nordmende. Sie alle trafmehr oder minder das gleicheSchicksal: Waren sie über Jahrzehn-te technologische Vorreiter gewe-sen, verpassten sie in den achtzigerJahren zunehmend den Anschlussan die Konkurrenz aus Fernost.

Zudem zeichnete sich schondamals ab, dass der Fertigungsstan-dort Deutschland immer teurerwurde, worunter die Wettbewerbs-

Werk Buchbach in Oberbayerngebaut – in zahllosen Variantenangeboten. Es gab sie als Report4000 (Mono), 4200 (Zweispur),4400 (Vierspur), IC (elektroni-sche Laufwerkssteuerung hieltEinzug) sowie in kaum über-schaubaren Sonder-anfertigungen fürverschiedenste pro-fessionelle Anwen-dungen.

Die „Report Syn-chro“ etwa dienteFilmteams zur sepa-raten Aufzeichnungder Tonspur und erhielt ihrStartsignal via Synchronisati-onsbuchse von der Kamera. EinFeature, das den „Schnipselmän-nern“ am Schneidetisch späterdie Arbeit ungemein erleichter-te. Auch Nachbauten wie der„Pötter Perfomat“ erfüllten Spe-zialaufgaben, basierten aber im-mer auf der Ur-Version.

Selbst 40 Jahre nach ihrem Er-scheinen ist die robuste Uher –allen highendigen Nagras undStellavox’, die natürlich ob ihrerfaszinierenden Optik der Reporteiniges voraus hatten, zum Trotz– immer noch weltweit oft imEinsatz. Ob als unkaputtbaresArbeitsgerät für ganze Journalis-tengenerationen oder als liebe-voll gehegtes HiFi-Fossil – Mu-sik wiedergeben konnte sie näm-lich auch ganz hervorragend, zu-mindest bei einer Bandge-schwindigkeit von 19 cm/s – vie-le Reports haben bis heute über-lebt. Und erzielen in funkti-

reichste Produkt des Hauses, dasab 1961 angebotene mobileBandgerät „Report“ meint.

Mit diesem Maschinchen hat-ten die Münchner einen Volltref-fer gelandet. Die Standardver-sion „4000S“ kam mit drei Köp-fen, konnte nur Halbspur-Mo-no, verfügte aber schon vomStart weg über vier wählbareBandgeschwindigkeiten, ein ro-bustes Vollaluminiumchassisund wurde stets in einer massi-ven Tasche aus dickem Leder ge-liefert. Nicht nur das machteEindruck: Vor allem die profes-sionelle Kundschaft freute sichüber ein geringes Gewicht vonnur 4,5 Kilogramm

Weitsicht: UmVerschmutzun-gen zu vermei-den, waren die

Anschlüsse seit-lich angebracht

Das Uher Stammwerk in München in den siebziger Jahren. Das „Report“wurde noch bis Anfang 1999 gebaut. Letzter Neupreis: um 2600 Mark

onstüchtigem Zustand mit allemzeitgenössischen Zubehör rechtstattliche Preise.

Heutige Interessenten solltenvor allem auf intakte Wickeltel-ler (der linke reißt gern) und un-versehrte Netzteile achten. De-

ren Gehäuse warenaus Bakelit gefertigtund halten Stoßbe-lastungen in der Re-gel nicht mehr aus.Sollten hier Risseauftreten, ist höchsteVorsicht geboten:Stromschlag droht!

Es gibt aber zahlreiche Spezialis-ten, die sich mit der Wartungund Reparatur der alten Spulen-dreherin auskennen. Dannbleibt sie noch für viele Genera-tionen „die Unverwüstliche“!

Unser Fotomuster 4400 Report Moni-tor ist mit illuminierten Instrumentenund Stereoton eine der späten Luxus-versionen. Zwei Mikrobuchsenerlauben professionelles Arbeiten

Gangschaltung: Mit diesem „Joy-stick“ wurde bei den frühen Reportsdie Bandgeschwindigkeit gewählt

Uher Report 124Mit dem Modell hieltenCassette und Autorever-se-Funktion Mitte derSiebziger Einzug ins Re-port. Wegen Gleichlauf-mängeln konnte es sichaber nie durchsetzen.

SSTTIICCHHWWOORRTT

Bereitstellung auf www.uher-erinnerungen.de mit freundlicher Genehmigung der Redaktion STEREO