Frontobasale Verletzungen und posttraumatische Liquorfisteln · Tachosil Duraverschluss Kalotte...
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Frontobasale Verletzungen und posttraumatische Liquorfisteln
Fortbildungstagung Seeheim 16. 11. 2013
1950 2012
Frontobasale Verletzungen Epidemiologie
� 2-3% aller Kopfverletzungen � 6% aller schweren Schädel-Hirn-Traumen � 10% aller Mittelgesichtsverletzungen � Erwachsene : Kinder = 10 : 1
Frontobasale Verletzungen
Knochen Sinus Orbitainhalt
Os frontale Sinus frontalis Bulbus
Os nasale Sinus sphenoidalis HN II, III,IV,VI
Os sphenoidale Ethmoidalzellen
(n. olfactorius)
Verletzungsmuster (N=167)
Os frontale: 87
Rhinobasis: 162
Orbitadach: 48
Keilbeinflügel: 55
Olfactorius (einer): 110
Olfactorius (beide): 57
Opticus: 7
Oculomotorius: 5
Mittelgesicht: 103
� Relativ seltene Verletzung mit abnehmender Häufigkeit im klinischen Alltag
� Heterogenes Verletzungsmuster
� Klinisch oft inapparent
� Symptomatik teils nach Jahrzehnten
Frontobasale VerletzungProblematik
Frontobasale Verletzungen Neurochirurgische Versorgung – Warum?
� Die Indikation zur Versorgung ergibt sich aus der Annahme, dass dieunbehandelte offene Kommunikation zu aufsteigenden infektiösenKomplikationen führt, deren Spontanverlauf gefährlicher ist, als dasdes operativen Eingriffs zum Verschluss der Verletzung.
� Diese Annahme begründet sich aus der klinischen Erfahrung, welchevorwiegend in der frühen und Vor-CT-Ära gemacht wurde.
� Zu dieser Zeit hatten intrakranielle Infektionen jedoch eine wesentlichhöhere Letalität und Morbidität als heute.
� Die Indikationen sind jedoch nie im Sinne der EBM überprüft worden.
Trotzdem ist die Versorgung dieser Verletzungen beim Vorliegen bestimmterVoraussetzungen und nach entsprechender Diagnostik sinnvoll und indiziert
Frontobasale VerletzungenDiagnostik (frische Verletzung)
Bei komplexen Verletzungen unmittelbare Beteiligung der Nachbardisziplinen � HNO � MKG � Augen � Plastische Chirurgie
Zur klinischen Untersuchung und Planung der radiologischen (und weiterer) Untersuchungen sowie von � Art � Umfang � Zeitpunkt
der operativen Versorgung
Frontobasale VerletzungenLokalisation der Fistel
� Klinisch
� CT (nativ, Dünnschicht, 3-D)
� MRT (T2-gewichtet)
� Zisternographische Untersuchungen
� Fluoreszenzverfahren
Liquorfistel: klinischer Nachweis
� Nur 50 - 60% innerhalb der ersten 48 Stunden
� Nur 80 - 90% innerhalb der ersten 3 Monate
� Selbst nach Jahren noch möglich
� 41 Jahre: Calhoun KH et al., 1988
� Nur 90 - 95% auf der Frakturseite
Dietz 1966, Grote 1966, Dietz 1970,Laun 1982, Loew 1984, Probst 1994
CT-Zisternographie
• Korrekte Diagnose: 68 - 92%
• ICP-Steigerung: Kontraindikation
• Risiken Lumbalpunktion (z.B. Infektion)
Gosshaja 1980, Manelfe 1982Ahmadi 1985, Chow 1989
Nasale LiquorfistelDiagnostisches Vorgehen
VerdachtsdiagnoseKlinisch (Rhinorrhoe, rez. Meningitis)3D - Dünnschicht – CT
Sicherung der DiagnoseFrakturnachweisPneumenzephalusBeta-Transferrin (nasaler Liquor)
Lokalisation der FistelCT (1,5 mm)MRT (T2)Zisternographie
Operative BehandlungIndikationen
• Persistierende Liquorhinorrhoe (> 7 Tage trotz Lumbaldrainage)
• Perforierende Verletzungen
• Frakturen mit ausgeprägter Dislokation
• Liquorhinorrhoe
• Pneumenzephalus
• Basale Fraktur
• Meningitis
2 von 4
Ziele der chirurgischen Behandlung
• Verschluss der Liquorfistel• Rekonstruktion knöcherner Defekte• Vermeidung zusätzlicher Schäden
• Gehirn• Hirnnerven
• Behandlung weiterer Verletzungen• Intrakraniell• Extrakraniell
• Berücksichtigung kosmetischer Gesichtspunkte
Frontobasale Verletzungen Operative Behandlungsprinzipien
Verzögerte Versorgung (2-3 Wochen)Ausnahmen: Perforierende Verletzung, Raumforderndes Hämatom
Defekt < ca. 1 cm und exakt lokalisiertExtrakranieller Zugang (ggf. endoskopisch; HNO-NCH)
Defekt > ca. 1 cm oder nicht exakt lokalisierbarTranskranielle neurochirurgische Versorgung
Frontobasale VerletzungenNeurochirurgische Versorgung
Bifrontale KraniotomieKleine basale Defekte (< 2 cm)
Intraduraler Zugang3schichtiger Verschluss:Muskelplombe + freier Lappen + FibrinkleberTachosil
Große basale Defekte (> 2 cm)Intra- und extraduraler Zugang4schichtiger Verschluss:Freier Muskellappen(Gestielter) Eigenknochen oder Metall-MeshFreier Lappen + FibrinkleberTachosil
Duraverschluss KalotteFreier Muskel oder Fascia lataTachosil
Knochenverschluss KalotteAlt: Eigenknochen (Split-Bone, CAD-CAM-Plastik)Frisch: Metall-Mesh
One-Stage Operation mit MKG, HNO (diese zuerst)
Basale DefektdeckungMethoden
100
62
38
22
0
20
40
60
80
100
kein Verschluß Fibrin Muskel Muskel + Fibrin
Nielers et al. 1988
Proz
ent o
ffen
Klinische Ergebnisse (167 Fälle)
3
4
4
2
3
4
10
0 5 10 15 20
Verstorben
Re-OP
Meningitis
Infektion
Defizit permanent
Neurol. verschlechtert* > 1 P. GCS
Neurol. verschlechtert* 1 P. GCS
N =* durch OP
Zu beachten
• Multidisziplinäres Vorgehen in Diagnostik und Therapie
• Komplexe Verletzungen bedürfen großer Erfahrung
• Operative Behandlung, wenn möglich, verzögert • Indikationen beachten
– Art des Zugangs – Art der Defektdeckung (Knochen, Dura)